SWR2 MANUSKRIPT

SWR2 Musikstunde

„Africa dream again“ Musik aus dem

Mit Susanne Herzog

Sendung: 24. März 2018 Redaktion: Martin Roth Wiederholung vom 23. Juni 2012

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SWR2 Musikstunde mit Susanne Herzog - 24. März 2018 „Africa dream again“ Musik aus dem Senegal

Senegal, , der Markt Sandaga: 0‘03

Getrockneter Fisch, gerupftes Geflügel, tropische Früchte, Erdnüsse: das alles und viel mehr gibt es in der Markthalle Sandaga von Dakar im Senegal genauso wie Zahnbürsten, Rolex Imitate oder: Musikkassetten. Wer also zu Besuch ist in der Hauptstadt Senegals und die neusten Musiktrends bereits aus ohrenbetäubend lauten Kassettenrekordern im Taxi mitbekommen hat und jetzt gerne eine CD hätte: ja, der ist beim Marché Sandaga genau richtig: dort findet man umgeben von den vielfältigsten Gerüchen und begleitet von den lautstarken Gesprächen der Händlerinnen, die Musik des Senegals. Allerdings seltener auf CD als vielmehr auf Kassette: auch heute noch das Medium Nummer eins in Afrika. In kleinen Ständen bis zur Decke vollgestopft mit Kassetten kann man auf dem Marché Sandaga die angesagten Musiktrends sehr günstig erwerben, vorausgesetzt allerdings man beherrscht die Kunst des Feilschens. 0‘55

1. Musik Pape & Cheikh <7> Yatal Gueew 3‘50 Pape & Cheikh, Gesang und Gitarren Titel CD: Mariama Virgin, 813257-2, LC 03098 WDR 5687 651

Pape & Cheikh mit ihrem Song „Yatal Gueew“: diese Musik zum Beispiel kann man auf dem Markt von Sandaga kaufen. Seit den 80er Jahren arbeiten die beiden Musiker, die mit vollen Namen Pape Amadou Fall und Cheikhou Coulibaly heißen, zusammen. Ihren Durchbruch hatten die beiden im Jahr 2000 und zwar mitten im Wahlkampf. Damals wurde – genau wie dieses Jahr – auch gewählt im Senegal: nur hieß damals der Hoffnungsträger noch Abdoulaye Wade.

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Ihr Song „Yatal Gueew“ machte das Duo seinerzeit berühmt: darin vergleichen sie den Senegal mit einem Boot, das trotz Sturm und Unruhe, den Hafen der Demokratie erreichen soll. „Wenn bei uns jemand zur Gitarre greift, dann hat er ein soziales oder politisches Anliegen.“ erklären die Musiker von Pape & Cheikh „Die akustische Gitarre ist fast ein Synonym für die politische Aussage. Es geht darum, das Volk zu beruhigen, den Leuten in schwierigen Zeiten Mut zuzusprechen, sich für das friedliche Zusammenleben verschiedener Gruppen zu engagieren, all das wird von einem Sänger mit Gitarre erwartet.“ Politische Aussage plus Gitarre: dass man da schon mal an Joan Baez, Bob Dylan oder sonstige Folkmusik aus den USA denkt, das überrascht nicht. Genau diese Zutat Folkmusik für das afrikanische Grundrezept ist es, die aus Pape & Cheikh etwas Besonderes macht. Allerdings geht’s politisch auch ohne Gitarre: das haben die zahlreichen Rapper im diesjährigen Wahlkampf im Senegal bewiesen. 1‘20

2a. Musik Positive Black Soul <9> Je ne sais pas hoch bei 0’41 raus bei 1’15 unter den Text [frei 0‘34] Positiv Black Soul, Gesang Titel CD: Salaam Island Records, 524185-2, LC 00407 WDR 5578 397

Positive Black Soul, eine RAP Band aus Dakar, war das. „Wir haben einen Namen ausgesucht, der ein positives Afrikabild ausdrückt.“ erklärt , „Wir wollen nicht mehr die Gleichung Afrika gleich Hunger, Krankheit und Krieg. Deshalb der Name Positive Black Soul.“ Dabei hat alles gar nicht so positiv angefangen: DJ Awadi so sein abgekürzter Name und Amadou Barry alias Doug E. Tee, Gründer von Positive Black Soul, waren in den 80er Jahren große Konkurrenten in der DJ Szene Dakars. Bis sie eines Tages gemeinsam bei einer Party rappten und feststellten: hey, eigentlich passen wir doch ganz gut zusammen, was soll die ewige Konkurrenz? Das

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Ergebnis: Positive Black Soul. Und das ist nur eine der rund drei- bis fünftausend RAP und Hip-Hop Gruppen in Dakar: , Pee Froiss und wie sie alle heißen. Gemeinsamkeit: sie alle rappen häufig politische oder sozialkritische Texte: Frustration über die hohe Jugendarbeitslosigkeit, über die stetig steigenden Preise und natürlich über den afrikanischen Dauerbrenner: die Korruption. Bei einer Bevölkerung, die zur Hälfte unter 25 Jahren ist und einen großen Anteil an Analphabeten hat, kann ein RAP schon mal so wichtig sein wie eine Zeitung. 1‘12

2b. Musik Positive Black Soul <9> Je ne sais pas Musik hoch bei 1’45 ausblenden bei 2’55 [frei 1‘10] Positiv Black Soul, Gesang Titel CD: Salaam Island Records, 524185-2, LC 00407 WDR 5578 397

„Y’en a marre“ nannte sich eine Bewegung des Oppositionsbündnisses bei den Wahlen Anfang des Jahres im Senegal. Und „Y’en a marre“ das heißt so viel wie „Es reicht“. Rapper und Journalisten hatten diese Bewegung gegründet, als ein Stromausfall mal wieder dafür sorgte, dass die Laptops zwanzig Stunden lang schwarz blieben. Dass es reicht, mit dieser Meinung ist „Y’en a marre“ nicht allein: das denken viele im Senegal. Auch der weltbekannte Sänger Youssou N’Dour ist einer von denen, die den greisen Abdoulaye Wade nicht mehr an der Regierung sehen wollten. „Fekke ma ci bolle“ hieß N‘Dours Motto, übersetzt: „Ich mische mich ein“. Allerdings hatte man dem Sänger bei seinem Wechsel in die Politik einen Strich durch die Rechnung gemacht: angeblich habe er nicht die 10.000 erforderlichen Unterschriften von Unterstützern zusammen bekommen. N’Dour bestreitet das. Auch wenn er nicht zur Bewegung der Rapper in Dakar gehört: N’Dour genießt ein hohes Ansehen im Senegal. Und die Jugend wird ihm allein dafür dankbar sein, dass er zahlreiche Internet Cafés eröffnet hat, in denen man nun endlich twittern und sich bei facebook vernetzen kann.

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Dass er im Senegal wirklich etwas bewegen möchte, hat N’Dour schon vor seinem Schritt Richtung Politik bewiesen: seit Jahren engagiert sich der Sänger gegen Malaria, hilft als Unicef Botschafter Kindern in Afrika und tritt immer wieder bei verschiedenen Wohltätigkeitsveranstaltungen auf. An sein Land glaubt er fest, das drückt N‘Dour auch in seinen Liedern aus. Etwa mit der patriotischen Erinnerung an die Unabhängigkeit des Senegals im Jahr 1960: vom 4. April 2004 aus betrachtet vor 44 Jahren: deshalb Youssou N’Dours Titel 4-4-44 (französisch) – 4-4-44 (deutsch). 1’42

3. Musik Kabou Guèye, <1> 4-4-44 3‘38 Youssou N’Dour, Gesang Band Titel CD: Rokku mi rokka (Give and take) NONESUCH, 9799745, LC 00286 WDR 5804 278

Spätestens 1994 wurde er schlagartig weltberühmt, Youssou N’Dour, als er im Duett mit der Sängerin Neneh Cherry und dem Song „Seven Seconds“ international einen echten Hit landete. Da hatte er schon viel erlebt: Bereits mit sechzehn sang er in Dakar in einer Band, ein paar Jahre später gründete er mit „Etoile de Dakar“ seine eigene, später dann umbenannt in „Super Etoile de Dakar“. Und als die „Goldene Stimme von Dakar“ machte N‘Dour in den 80ern in Afrika von sich Reden: die Leute liebten seine Mischung aus Mbalax – sprich traditioneller – und moderner Musik wie Jazz, Pop, Reggae, Salsa, Son und so weiter. Ein winziger Auftritt dann als Trommler beim legendären Graceland Album von Paul Simon katapultierte N’Dour damals geradewegs in die USA und nach Europa. Und dort entdeckte ihn dann Peter Gabriel, der frei heraus schwärmte: „Die schönste Stimme, die ich je gehört habe.“ Der Beginn von N’Dours internationaler Karriere. Man könnte meinen, er habe dann sofort seinem Heimatland den Rücken gekehrt, wie das ja viele machen: sie gehen zum Beispiel nach Paris, Hauptsache weg aus

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Afrika. N’Dour entschied sich anders: bis heute lebt er im Senegal und trennt auch ganz bewusst zwischen Musik für den afrikanischen und internationalen Markt: „Es macht mich manchmal richtig wahnsinnig. In Afrika müssen wir gar nicht auftreten, wenn wir keine Keyboards und andere elektrische Instrumente dabeihaben. Für euch Europäer können es gar nicht genug traditionelle afrikanische Instrumente sein. Also nehme ich Alben mit sehr langen, elektronischen Mbalax-Stücken für den Senegal auf und begebe mich für den Rest der Welt auf die Suche nach meinen afrikanischen Wurzeln.“ erklärt N’Dour in einem Interview. Das ist alles ganz bewusst kalkuliert: bis hin zu den Outfits, die auf der Bühne getragen werden. In Paris bitte traditionell afrikanische Kleidung, in den Clubs von Dakar Jeans und Turnschuhe. Und vielleicht liegt sein Wissen um die Geschmäcker auf dem Markt auch darin begründet, dass der inzwischen 52 jährige N’Dour eben nicht nur Musiker ist, sondern auch ein Geschäftsmann, man munkelt: ein knallharter. Er gründete in Dakar sein eigenes Studio, eine Plattenfirma mit dem Namen „Jololi“ [Schollo-lih] und in seinem Club „Thiossane“ [Tjo‘sann] kontrolliert er wer, wann auftritt: so viel ist klar. Aber damit nicht genug: N’Dour gehören eine Radio- und Fernsehstation und eine Zeitung im Senegal. Allerdings muss man ihm zu Gute halten: wenigstens investiert er seine Millionen in sein Heimatland, statt das Geld auf ausländischen Konten zu horten. Und auch wenn er als Geschäftsmann knallhart sein mag: eines glaubt man N’Dour definitiv: er möchte den Senegal voranbringen, damit man auch in Afrika wieder träumen kann: „Africa dream again“ singt N’Dour auf seiner jüngsten CD, mit ihm Ayo [‚Ahjo] . 2‘37

4. Musik Youssou N’Dour <8> 3’23 Africa dream again Youssou N’Dour, Gesang Ayo, Gesang Band Titel CD: Dakar-Kingston Emarcy Records, 0600753254721, LC 00699 WDR 5402 232

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„Africa dream again“, Youssou N’Dour mit Ayo auf seinem 2010 erschienenen Album Dakar – Kingston.

Das war der Sänger N’Dour, hinter den Kulissen als Musikproduzent tätig. Und ob ein Musiker es im Senegal schafft oder nicht, hängt oft entscheidend von der Förderung N’Dours ab. Natürlich kriegt er jede Menge Musikkassetten und junge Talente hoffen, dass das große Idol von ihnen begeistert sein wird. Und manchmal werden diese Träume tatsächlich war: im Fall von Cheikh Lô zum Beispiel. Über den sagt N’Dour: „Ich hörte ihn und sagte ‚wow‘“ – da war etwas in seiner Stimme, was wie eine Reise durch Burkina Faso, den Niger und Mali klang.“ Etwas Besonderes eben, etwas mit dem vielbeschworenen „Wiedererkennungswert“. Und das trifft auch schon rein äußerlich auf den Sänger Cheikh Lô zu: Lange Rasta Zöpfe, die fast bis zu seinen Knien reichen, und eine aus verschiedenen bunten Flicken zusammengesetzte Kleidung, so kommt Cheikh Lô daher. Eine Art sich zu kleiden, die ihn als Mitglied einer islamischen Bruderschaft des Senegals ausweist. Aber Cheikh Lô ist mehr als das, er ist ein echtes Original: zum Patchworkoutfit eine Art Tropenhelm auf dem Kopf, Sonnenbrille auf der Nase, Gitarre in der Hand: so schlendert der spindeldürre Sänger auf dem Video seiner Plattenfirma World Circuit [Söh’kitt] durch die Straßen Dakars. Seine Musik sei wie seine Kleidung, sagt Cheikh Lô: zusammengesetzt aus bunten Zutaten, wie ein Picknick mit Käse hier, Butter dort, ein wenig Schokolade, vielleicht ein paar Früchte. Ja, und in der Tat ist Cheikh Lô‘s Musik ein echter Schmelztiegel der Stile: von West- und Zentralafrikanischen Einflüssen über Funk bis hin zu kubanischen Rhythmen und Flamenco. Und in dieser bunten Mischung ist trotzdem Lô‘s wunderbare samtweiche Stimme stets wiederzuerkennen. 1‘35

5. Musik Cheikh Lô <3> N’Jarinu Garab 4‘28 Cheikh Lô, Gesang Band Titel CD: Bambay Gueej WORLD CIRCUIT, WCD0057, LC 02339 WDR 5638 463

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Cheikh Lô war das, einer der ganz großen Sänger des Senegals: er gehört in eine Reihe mit Omar Pene [O’mahr Pähn] , den Brüdern Touré Kunda und: . Vielleicht ist Baaba Maal der einzige, der neben N’Dour im Ausland ebenfalls bekannt ist.

Dabei war sein Vater am Anfang keineswegs begeistert von den musikalischen Ambitionen seines Sohnes: Maals Vater war nämlich neben seinem Beruf als Fischer der lokale Muezzin [‚Muh-ättsihn scharf], der die Gläubigen in die Moschee rief und deshalb so weltlichen Dingen wie der Musik gegenüber eher skeptisch eingestellt war. Die Sorge vor den wachsamen Ohren des Vaters ging so weit, dass Maal bei seinen ersten Radioaufnahmen in Dakar, den Moderator bat, seinen Namen nicht zu erwähnen, nicht dass etwa sein Vater ihn im Radio erkannt hätte. Als es schließlich doch rauskam mit der Sängerkarriere, rang Vater Maal dann dem Sohn ab, wenigstens nichts Sündiges zu singen…. Anders als der ungefähr gleichalte N’Dour ging Baaba Maal wie zahlreiche seiner Landsleute nach Paris. Anders auch als N’Dour sang er nicht in Wolof, einer der wichtigsten Landessprachen des Senegal, sondern in Pulaar, was man ganz im Norden des Senegals spricht. Dort, woher Baaba Maal stammt. Seine Musik: traditionell afrikanisch auf der einen Seite – modern auf der anderen. Baaba Maal selbst erklärt das so: „Einige der Klänge, die ich in meinem Kopf höre, kann ich nicht mit afrikanischen Instrumenten machen – der Klang des Windes, des Wassers, des fallenden Regens. Für solche Klänge brauche ich Keyboards. Aber die Talking Drum ist weiterhin da. Afrikanische Trommeln, meine Art zu singen, die Melodien – bei aller Modernität ist all das zutiefst afrikanisch.“ 1’36

6. Musik Baaba Maal <6> Fanta 4’05 Baaba Maal, Gesang Band Titel CD: missing you (mi yeewnii) Palm Pictures, PalmCD 2067-2, kein LC Privat CD

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Das war der senegalesische Sänger Baaba Maal mit einer “zutiefst afrikanischen” Musik – wie er selbst sagt: Fanta der Titel, ein Lied über eine alte Sage über einen weiblichen Geist, der in einem Fluss lebt und die Männer magisch anzieht…

Ich weiß nicht, ob es Ihnen aufgefallen ist: bisher habe ich Ihnen nur männliche Sänger aus dem Senegal vorgestellt. Aber natürlich hat das afrikanische Land auch unglaublich begabte Sängerinnen: Kiné Lam zum Beispiel, Viviane N’Dour, die Schwägerin von Youssou N‘Dour oder Coumba Gawlo. Die machte unlängst einige Schlagzeilen – zumindest im Senegal – weil sie sich bei den diesjährigen Wahlen nicht auf die Seite der Opposition schlug, sondern den seit Jahren amtierenden Präsidenten Wade unterstützte. Ungläubige Journalisten stellten ihr eine Unmenge Fragen, was sie denn an dieser altersschwachen, machtsüchtigen Figur fände. Und Gawlos Antwort kann man eigentlich nur verstehen, wenn man die afrikanische Mentalität kennt: Wade habe sie in jungen Jahren gefördert, er sei wie ein Vater für sie gewesen. Und einen „Vater“, dem müsse man doch wohl die Treue halten, oder? Auch musikalisch kommt Coumba Gawlo angepasster daher als ihre Kollegen und Kolleginnen: gut für den westlichen Markt. Denn es gibt afrikanische Musik, die ist unseren Ohren so fremd, dass sie sich außerhalb des Senegals niemals verkaufen würde. Anders die Lieder von Gawlo: ihr Remake von „Pata Pata“, dem weltberühmten Song der südafrikanischen Legende Miriam Makeba, der war vor einigen Jahren in Frankreich und Belgien sogar ein echter Sommerhit. 1‘22

7. Musik Miriam Makeba / Jerry Ragovoy <1> Pata Pata 3‘25 Coumba Gawlo, Gesang Band Titel CD: Yo Malé BMG; ariola, 74321 59582 2, LC 0116 Privat CD

„Pata Pata“, ein Remake von Miriam Makebas Megahit von 1967, gesungen von Coumba Gawlo.

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So wie Makeba mit Pata Pata die Stimmung in den Clubs seinerzeit anheizte, so sorgte auch das senegalesische Orchestre Baobab [‚Bah-obbapp] in den 70ern für eine echte Tanzwut. Ihr Credo: traditionelle Musik mit einem guten Schuss kubanischer Rhythmen versehen. Damit kam das Orchestre Baobab ganz groß raus, spielte in Clubs, aber auch bei Staatsempfängen: war total angesagt. Für die erste Störung dieses Erfolgs sorgte in den 80ern Youssou N’Dour mit seinem neuen Mbalax Mix. Bald war‘s dann endgültig aus mit dem Orchestre Baobab: der Musikgeschmack hatte sich geändert, irgendwie ging jeder seiner Wege, wie es manchmal eben so kommt im Leben. Barthelemy Attisso, einer der Sänger und Gitarrist von Baobab, erzählt: als nach fünfzehn Jahren der Anruf gekommen sei, dass man die Gruppe wieder vereinigen wolle, da sei er sprachlos gewesen. Als erstes habe er seine Gitarre von der Wand genommen und ein paar Griffe probiert. Das Ergebnis: ein einziges Fiasko: alles völlig eingerostet. Dennoch: die Finger und Kehlen der inzwischen in die Jahre gekommenen Herren wurden wieder fit gemacht und das Orchestre Baobab wiederbelebt. 2001 war das. Und natürlich, wen wundert’s, hatte Youssou N’Dour seine Finger im Spiel: als einer der Produzenten und auf der ersten CD nach der Wiedervereinigung ist er auch als Sänger zu hören. Dabei hätte das Orchestre Baobab doch einigermaßen sauer auf N’Dour sein müssen, schließlich war er es gewesen, der in den 80ern ihren Musikstil mit seinem Mbalax in die Ecke gedrängt hatte. Wie auch immer: man fand zusammen. Und auch wenn die Rapper und Hiphopper Dakars diese Musik vielleicht eher als die Musik ihrer Großväter ansehen, das Orchestre Baobab klingt wunderbar - damals wie heute – der Stil ist immer noch der gleiche: kubanische Rhythmen und afrikanische griot Sänger: das kann nicht schief gehen! 1‘55

8. Musik Laye Mboup <1> Pape Ndiaye 3’41 Orchestre Baobab Titel CD: Made in Dakar World circuit records, WCD 078, LC 02339 Privat CD

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Das Orchestre Baobab mit Pape Ndiaye, eines der ersten griot Lieder, die eine moderne Band gespielt hat.

Seinerzeit im Senegal ein echter Schock für’s Publikum, heute natürlich Normalität. Da machen die griots, diese traditionelle Kaste von Musikern und Sängern, die früher in Westafrika für die Unterhaltung der Könige und die Übermittlung des kulturellen Erbes zuständig waren, diese griots machen heutzutage noch ganz andere Experimente. Einer solchen griot Familie gehört auch der Koraspieler Soriba Kouyaté an. Allerdings will der damit nicht wirklich viel zu tun haben: „Ich spiele zwar die Kora, aber nicht so, wie sie immer gespielt wurde.“ sagt Kouyaté. Mit seinem Vater, einem berühmten Koraspieler bereiste er früh die ganze Welt und kam in Berührung mit den verschiedensten Kulturen. Das hat Soriba Kouyaté geprägt: „Auf der Kora sollte man klassische Musik genauso spielen können, wie Blues, Jazz, Funk, Reggae und arabische Musik. Um es einfach zu sagen: man sollte in der Lage sein, alle Stile zu spielen.“ Und wer jetzt die klassischen Koraklänge dieses afrikanischen Harfeninstruments im Ohr hat, der wird sich wundern, wie Kouyaté die in ein ganz anderes musikalisches Umfeld einbettet. 1‘09

9. Musik Soriba Kouyate <11> Saint Louis – Dakar 3‘41 Soriba Kouyate, Kora Band Titel CD: Kanakassi 9272-2, LC 07644-ACT WDR 5638 256

St. Louis – Dakar, ein Song vom senegalesischen Koraspieler Soriba Kouyaté und seiner Band.

Kouyaté ist ja besonders vom Jazz beeinflusst: Die große Kubawelle allerdings, die ist an ihm vorbeigeschwappt: mit umso größerem Schwung traf diese Welle dafür

11 die Gruppe Africando: zusammengewürfelt aus verschiedenen westafrikanischen Nationen, darunter immer Musiker und Sänger aus dem Senegal. Nicht nur gut hörbar ist ihre Musik – eine wunderbare Mischung aus westafrikanischen Klängen und kubanischen Rhythmen, allen voran die Salsa, sondern auch tanzbar. Und das ist in Afrika sehr wichtig: denn ein Konzert, ohne tanzendes Publikum: das ist völlig unmöglich. Und da die Salsawelle längst den Westen erreicht hat, findet der Sound von Africando auch unter den Salseros hierzulande seine Anhänger. Mit der latino Fassung von Khaleds „Aicha“ schoss die Beliebtheitskurve der Combo endgültig in die Höhe. Immer gern gesehen bei Africando: verschiedenste Gastsänger. Unter ihnen auch der senegalesische Sänger Ismael Lô. Am Ende der heutigen SWR 2 Musikstunde eine feurige Salsa gesungen in Wolof, einer der Landessprachen im Senegal. Und man möchte es bei der positiven Musik kaum glauben: Ismael Lô beklagt in diesem Lied den frühen Tod eines Freundes. Salsa und Senegal: Africando mit Ismael Lô. 1’16

10. Musik Ismael Lô <3> Lote Lô 5’14 Ismael Lô, Gesang Africando Titel CD: Martina Next music, Sono, CDS 9113, kein LC

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