Sonderabdriick aus ,,Historische Vierteljalirschrift. 1909. 3. Heft Druk und Verlag von B. G. Toubner in Leipzig.

Der ProzeB gegen Johann Phiipp Pahn urni Konsorten 1806. Von Theodor Bitterauf. Der Friede von PreBburg war gesehiossen, aber noch nicht in allen seinen Teilen zur Ausfiihrung geialTgt. Wiihrend Napo- leon in Hoiland und Italien die Veriinderungen vornahm, die er far gut fand, und in Paris Verhaudlungeu mit PreuBen, England und RuBland stattbatten, wiihrend der Rheinbund a1s das einzig plausible Mittel, aile Beunruhigungen zu entfernen und aile Inter- essen zu sehUtzen" 1 unter Dach und Fach gehracht wurde, horchte man ângstlich auf die affentliche Meinung in Deutschland, die immer bedrohlieher kiang. Englisehe Emissiire und Agenten der Bourbonen, die von Hamburg naeh Norddeutschland kamen und narnentlich in Braunschweig, Berlin und Dresden ihr Unwesen trieben, verbreiteteu insgeheim die Schrifteu von DAiitraigues: Réponse au Moniteur, Fragments de Polybe usw. oder die ,,Erklii- rung Ludwigs XVffl. von Frankroieh". In Berlin zirkulierten gesehriebene Pamphlete, die einen franzôsischeu Emigranten zum Verfatser hatten: Bonaparte et lécho, oder Testament de lEm- pereur Napoléon. Die Bayrouther Zeitung vom 9. Januar braehte einen Artikel, in Wien soi ein Aufstand ausgebrochen, die Fran- zosen seien zum Verlassen der Stadt gezwungen, General Clarke ums Leben gebracht worden. Der Redakteur dieser Zeitung, der nicht franzosenfeindlicb war, mufite 8ich nach den Diktaten des Polizeipriisidenten dieser Provinz richten, der die Frauzosen ver- abscheute. In PreuBen und Sachsen war der europitisehe Aufseber viel gelosen, ein Organ, das sich die unscbicklichsteu Ausfiiile gegen Frankreieh und seinen Kaiser erlaubte. ,,Mebrere Num-

1 Projet de note pour la cour de Vienne. Paris 20 jouillet 1806, Paris Arch. des aif. etr. Vienne 1806 6 cfrs. mois. Il Il DocumentIl Il Il Il M III l l il 1 Il Ill 0000005753253 Der ProzeB gcgen Johann Pbilipp Paim und Konsorten 1806. 367 mern", lautet ein Bericht hiertiber, der selbst vor Augen kani, ,,sind ein aligemeiner Kriegsruf gegen Frankreich; was wird gescheben, wenn utsere Arniee erst Deutschland verlassen hat." Denn noch war, formel! gana mit Recht, Stiddeutseliland von don franzijsischen Truppen besetzt, und obwohi man ilber die Disai- plinlosigkeit der .Arinee nicht kiagen kounte, w ar die Last, die don einzelnon Provinzen dadurch aufedegt wurde, eine sehi betriiebt- liche. Aber in Paris kounte man sich unter dam Eindruek der von alleu Seiten einlaufenden Alarmnachricbten nicht entschlieen, die Truppen zuiiickzuberufen. ,,So ungeduldig ich auch die Riick- kehr der Armec erwarte", schreiht Napoleon am 16. Juli au Soult, ,,so selle ich doch ein, daB ihre J-leimkehr sich uiooli uni einigo Tage verziigern muB, bis die [)inge in Deutschland in Ordnuiig gebracht sind." Der General, un den diese Zeilen gerichtet sind, hutte schon am 13. Juni von Passau ans dein Fiirsten von Neuf- chatel in Mtinehen Mitteilung gemacht von einer Schrift, die ge- heini feilgeboten werde uni! grofien Absatz linde: Die Franzosen in Wien.1 Man behauptet, ftigte er hinzu, es sel eine furehtbare Giirung in Wie.u, veranlaBt durch des rapide Fallen des Papier- geldes. Die Eruennung des Kardinals Fesch zum Koadjutor des Erakauziers muche tiefen Eindruck. Man spreche davon, da6 Na- poleon Kaiser von Deutschland werde, man sage tifFeiltliell in Wien, die Kaiserkrone sej ftir imurjer vetloren fur des Haus Osterreich; der gegeuiwiirtige Kaiser werde in den jetaigen Umstiinden die griiBten Opfer bringen, uni das Gewitter zu beschwiiren. Einer der besten .Autoren von \Vien, oie Haunoveraner, hutte ein au

Rapports le police, Archives nationales, Paris. A. F. 1V, 1496, 1497. Spiitere Beschwerdon speziell über die Bayreuther Zeitung: Cor- respondance de Napoléon 1. Bd. 12, p. 16e. 1765. 13, p. 456 n. 10347. Zum folgenden: R. Graf Pu Moulin Eckart, Miinchen nui Vorabeiid des Rhein- bundes in Forschunen mir (iech. Bayeras. narneutlich Bd. S n. 11. Correspondance de Nap. 11, Bd. 12, p. 518 n, 10504. Per in diesem Schreiben erw3.bute Rapport von Soult folgt weiter unteti. Die weiterhin im Text zitierten Berichte finden sich in den Akten des Kriegsgericht gegen Paim und Genosse.n, Paris Archives nationales 1311182. (Ministère de la justice: Procédure et jugement contre des distributeurs et colporteurs de libelles contre larmée française en Allemagne, août 1806). (iemeint ist wohi: Die Franzosen zti Wien. Eine historiscbe Skizze nach den Berichten cines Augenzeugen entworfen durch M. J. 0. H. Pho- topai 1806, und nicht die bei J. C. 1-finriebB in Leipzig 1806 ersehienene mit demolben Titel. 368 rI1e(lOr Bitterauf. Anspielungen reiches Stiie.k zur Auffiilirung eingereieht und wandte sich, ais er bei der Polizei auf Schwierigkeiten stieB, an (lie Kai- serin, die das Stck las, dann selbst radierte und iinderte, was zu gewagt ersehien, und es dem Kaiser tibergab. Einige Ta ge spiiter wurde der Dichter zur Audienz zugelassen, und der Kaiser sagte ibm. die ljmstiinde erlaubteti in diesem Augenblick die Auffh- rung nicht aber in drei oder hichstens vier Monaten wirde der Autor entschiidigt` werden fur den Verlust. den diese Verzigerung ibm bereiten kinne. Am 7. Juli sandte Soult eineu langen Be- richt an den Kaiser, dessen auf Bayera beztigiiche Teile er Ber- thier mitteilte, uni ihu Uber die Agitation aufzuklUren, die man seit einiger Zeit in diesem Staate bemerkto. ,,Die.-,,e Agitation", schrieb er, ,,besteht wirklich, so wie E. H. mir die Ehre erwies es zu sagen, und ich habo nicht mehr den geringsteu Zweifel, daB der Wiener Hof sie liervorrtift dnrch aile erdeukiichen Mittel. Man macht daraus in den Bureaus der Regiorung kein Geheimuis mûr, und man heiBt das préparer les esprits. Man muB in Miin- chen das grUBte MiBtrauen hegen gegen ailes, was cinen i5ster- reichisehen Charakter triigt; ebenso gegen Personen, die vor dem Pre8burger Frieden durch ibre Hesitzungen in Sc,lwabeii und Tirol sich in Abhuingigkeit vom Hanse Ôsterreich befanden; ieh habe in niciner Korrespondenz einige davon genanat. Die Kriegs- geruichte in den 5.3terreichisclieii Provinzen erfleuer)i sich, und seit korzern sjnd die Baueru in MiZhren mit Piken hewaffnet. Aile Soontage sammeit mea sie in den Bezirken zu Uhungen. Offi- ziere und Soldaten sagen laut, die Armee des Erzherzogs Karl, die sich in Italien befind, werde in kurzem die deutsche riichen fUr (lie im letztcn Feldzug erlittene Schmach und Erniedrigung. Ieh kaun midi tiiuschen, aber ich glaube fest, daB die isterrei- ehischo Regierung sieb auf den Krieg vorbereitet nuci daB das Ereignis nicht mehr ferne ist; ich glauhe auch, da g sie nui- danu in ihren AnsprUclien nachiassen und mitmit den erkhirten Feinden Seinei- Majestiit (les Kaisers und KUnigs aufrichtig (wenigsteiis dem Auscheine nach) breeheu wird, wenn sie von neuem ihre Haupt.stadt bedrobt sieht. Bis dahin oder bis zur Riiumung Deutsch- lands durch die Armee S. M. wird es in Bayeru, in Seliwaben, in Tirol und besonders in den abgetretenen Provinzen eine sehr starke Bewegung geben, welche (lie Agenten des Wiener lofes und von England mit ihren abscheulie.hen Pamphleten hervorrufen, Der Prozeil gegen Johann Philipp Paim und Konsorten 1806. 36 und zu diesen GrUnden wird sich der freilich durchsichtige Vor- wand gesellen, von der immer melir waehsenden Ersehiipfung der Einwohner, dessen man sich mit Vorteil zu bedienen nicht ver situmen wircL" Über das Treiben der üsterreichischen Emissre in Bayeru war man in Mtnchen schon vorher uuterrichtet; hatten sic sich doch bis in die bayrische Hauptstadt selbst gewagt. ,,Seit ctwa vierzehn Tagen", schreibt der franzisische Gesandte Otto an Berthier am 4. Juli, ist die Stadt MUnchen der Schau- iIatz mehrerer Intrigen geworden, die sehr hrgerlich werden kniiten. Zahireiche isterreichische Agenten sind tinter verscbie- denen Vorwiinden gekommen und bedienen sich der kUhusten Mittel, uni Meiiiung zu verderben und das Volk- gegen die groe Armee auJ gegen die bayrisehe Regierung aufzuhetzen. Diese Agenten haben Korrespondenzen in Tirol, Schwaben, Hegens- burg und besonders in Augshurg. Sie lassen infâme Libelle zir- kulieren, in denen die Absichten des Kaisers mit Jeu sehwirze- sten Farben und beleidigendsteii Ausdrilckeu gesehildert werden. Der Hauptgegenstand dieser Libelle ist, Jas Volk zum Aufstancl zu bririgen und einige Detachements unserer Armec massakriereu zu lassen. Uni Verfasser dieser Schriften hesser zu verbergen, triigt man Sorge, Diatriben til)er Osterreichs Schwehe, Uiivorsichtigkeit usw. einzuflechten; aber man spricht mit Emphase von England und dem Nutzeu semer Beziehungen zum Kontiucijt. Es ist mir un- mig1ieh, an der Existenz dieses Komplott.es und der Brandschrifteu zu zweifeln, von denen ici einige gelesen habe; aber ich bin nicht gleich sicher über die Mitteilungen, die man mir Uber die Haupt- agenten in Ôsterreich maeht. Man neant mir chien Herrn von Steigentesch, einen Usterreicb ischen Obersteu, der mehrere Wochen vor dem Marsch des Generals Mack an (]en Innmn nach Miinchen kani Dieser Miljtjjr ist wieder in Munchen; or bat net Geld mitgebracht unter dem Vorwand, Gûter zu kaufen. Mari hat mir auch einen anderen ôsterreichischeu Offizier genaunt, namens Hua- biB, der mit semer Frau und zwei Schwesterii augekomumen ist, die aile geneigt sind, ilerru von Steigentesch zu uuterstiitzen. Es wre sehr n[itzlich, Euer Guaden, dieso Leute iiherwaehen zu lassen. E. H. wird vielleicht auch von der Wichtigkeit iiberzeugt sein, aile Aufinerh sain keit der MarschUile auj dieses Komplott zu richten und in ibren .Kaiitonnements ciao sehr akt.ive Polizei zu organisieren. l3esonders in Au gsburg, der alten kaiserlichen Stadt, Ut9tor. VierteIjahrchrift. ii.. . 370 Theodor Bitteraiif. scheinen die Intrigen der Ôsterreieher cinen ernsthafteren Cha- rakte.r angenoinmen zu haben, und die groBe Zahi der Gefangenen, die in Schraben zerstreut sind, wUrdeii eine Katastrophe, wenn nicht leic.ht, 50 (loch jil den Augen der fbelgesinnten wahrschein- lich machen. Joli darf Sic nicbt mi ungewissen lassen, daB die betriichtliche AnzaM von Pamphleten, die verschwenderisch bis in die Hiitten der Bauern verhreitet werden, die iffeutIiche Mci- nung in Bayera vollstiindig veriindert hat. Die Unzufriedenheit zeigt sich tiberail und selbst ohne Schonung gegen (leu Knig, dessen Popularitiit die schwersten Angriffe erfahreu hat."1 \\rir wisen heute aus 8sterreichischen Quellen selbst, daB Stadion ais Leiter der auswiirtigen Politik des Kaiserstaates einen notion Krieg mit Frankreich damais fur uuvermeidlich hicit, und daB or schon im Miirz 1806 cincu Vertrauten nach Bayeru und Wiirttemberg sandte, die 5ffentliche Meinung zu bearbeiten. Ein hingerer Bcrieht des von Otto erwiihnten Obersten Steigentesch ans dem •Tahre 1806 tiel spiiter 1509 mit den Papieren Stadioris

Andere Beriebte Ottos (Paris, archives des affaires ttrangères, Ba- vière 106 u. Supplement clam) sind verwertet in 1)u Moulins Rheinbund- studien und Bitterauf, Gesehielite des Rheiubundes I. VgL auch R. Graf Du Moulin Eckart, Zum huntlertsten rfodestage Paims. Deutschland in semer tiefen Erniedrigung. 2. Neuabdruck, Stuttgart 1906. - Schon am 13. Mirz schreiht Otto: Der \Vuiich des Voikes in Ôsterreich sei nach Krieg. I)as Ministerium niihrt sorgfiiltig cliese kriogerischen Neigungen, aber es erbirgt sizie wahron Absicht:it nach aullen bis zur Reorganit4ation semer milititrisehen Streitkritfte, an der es unter der Haut! arbeitet. Die tbe1 des letzten Krieges hitten Ôsterreich mehr Energie und einen ffentlicheu Geist gegeben, der vorher nicht existierte uw. Am 11. Juil: Ôsterreichische Spione wurdcn ans i\liinchen ausgewiesen, alter e q seheinen noeh soiche da au sein. weil eine gauz gebeime Unterredung zwischen mir und cinem Mi- nister des Kiinigs in die Ôffentlichkeit gedriingen jet. Am 18. Juil erwiihnt Otto ein Libeil, (las er sehon in der Depeache n. 5G (fehit) besprochen hat inid dessen Vertsser ibm eiri Ôsterreicher au sein echeint. I)as Kommis- sariat von Passau informierte (las Ministerium, daB viele Exemplare durch ffent1iche Boten • die von Linz und anderen èsterreicbischen St5dten kom- men, an die Bürger der Stadt vcrteilt worden. Pamphlete jede.r Art kommen auf diesem Weg. Sic solien clas bayrische Volk gegen die franaosiache Armee aufreizen und gegen die eigene Hegierung. Auf dem Lande ver- mebrcm sich die Streitigkeit.en, und man hat einige Aufriihrer sagen hbren, man mOsse eilie Yendée in Ba y cru machen. Die isterreichischen liommissare, die die Mènchener Polizei vertrieben bat, nehmeu andere Na- men an und verbreiten sieb in Schwaben, besonders in Ulm und Gdnzbnrg usw. Der ProzeB gegen îohanu Philipp Paim und Konorteu 180. 371 don Franzosen in die Hiude, So ist es begreiflich, daB aueh die bayrisehen Behirden sich zum Eiiischreiten geuiitigt salien, soi es auf einen direkten Befehi des Knigs, wie Koininandant Binot spter vor dem Kiiegsgericht in seinem Phidoyer behauptete, oder ans eigeuer Initiative, wie tua» ans einem Schreiben des General- landeskoinmissiirs von Schwaben au (leu bayrisehen Herrscher voni 21. Juil wird folgern drfen. Ais die Polizeidirektion in Augs- burg unterrichtet wurde, daIs in der Stageschen Buchiiantflung daselbst zwei Flugschriften tinter dent Titel ,,Betrachtuugen Uber Napoleon Bonapartes bis jetzt ungehinderte Forts ehritte" und ,,Deutschland in semer tiefon Erniedrigung" feilgeboten wurdeu, erteilte sie dom Polizeiaktuar Herhst de» Auftrag, die erste Schrift, deren Inhait ibr bereits bekaunt war, au konfiszieren, von der anderen aber ein Exemplar in Vorlage au bringen und die ibrigen tinter Siegel zu »ehmen. Herbst fand jedoch von (leu Betrachtungeii kein einziges, von dem auderen BUehIeiu nur drei Exemplare, (lie or besehlagnahmte. Noch am gleiehen Tage, 16. Juli, wurde der Konimis Friedrich von Jenich in Gegeuwart des provisorisehen Polizeidirektors Freiherrn von Andrian und des Poli zeioffiz ianten Friedrich Benz einem \Terhir unterzogen. Et gab an, laut einem dom Aktuar Herbst Ubergebenen Ori ginalfakturazettel eieii die ,,Betrachtungeu" in Wien in der Kupferschen Buchhaudlung auf- gelegt worden; de» Verlagsort der zweiteu BrosehUre kenite or uicht, da die Faktura nur die Unterschrift Anonymus entliielt; ebensowenig kinne er die Verfasser beidet Schriften angeben. Die ,,Betrachtungen" habe or vor ungefhr zwei Mouaten unmittel- bar von Wien, jedoeh durch die Riegersebe Buclihandiung mittels EinsehluB in 4 Exeinplareu, die zweite Pièce aber vor nngefiihr Tagen durch die Steinselie Buchhandluug in Nürnberg niittels des Nirnbergei Botan in 12 Exeuiplaren erhalten. Die erhaltenea

S. im ailgemeinen Fournier in dessen Historischen Studien und Skizzen 1885, p. 253-300: Aus Siiddeutschlands E"ranzoseneit. Steigenteschs 8e- richt ver0ffent.lichte Du Moulin, Forseh. z. bayr, Geseli., Bd. 8, p. 288ff. Vgl. das Scbreiben Berthiers an Montgelas d. d. Munich, le 15,jouillet, bei M. Dumas, Précis des événements militaires XV, 38e. Napoleon Boriapartes bis jetzt ungehinderte Fortschritte zur [Juter- jochung aller Staaten und Vifiker von Europa und die Verbindungen der noch freyen Monarchen zur Rettung der Vd]ker. Von eiaem Deutschen. Er8tes lleft. Zweyte echte verbesserte Auflage. -Erfurt und Naumbnrg mi Kommissionsbureau (Oktober i05). 25 372 Theodor Bitterauf. Exeniplare der ersten Schrift wurdeu siimtlieh abgesetzt zum Preise von 30 Kreuwrn, von der anderen mir 9 uni einen Gui- den. Da der Verleger von ,,Deutschland" ibm nicht hekaunt soi, svisse or gegenwirtig nicht, wohiu or den Geldhetrag einsenden mUsse; aber or erwarte von demselbeu auf der niichsten Michaelis- messe eine nilhere Anweisung. Er vermutete sehIie1ich, daB diese Stiicke noch an mehrere Buchhandiungen versandt worden seieu; naiuentlich von ,,Deutschland" soliten mehrere Pakete nach MUnchen und Salzburg addressiert worden sein; ein soiches Paket habe auch die Riegersche Buchhandlung erhalten. Demzufolge wurde noch an demselben Tage Johann Simon Rieger verhrt, und am folgenden Tage die Untersuchung auf aile tibrigen Augsburger BuchMndler ausgedehnt, ohne daB dabei wesentlich neue Momente zutage gef6rdert worden wiiren.2

Die Kilufer der Betrachtungen varen: Frhr. y. Brugg!ach in Lands- berg, Pfleger Stail in Welden, k, Rechnungskommissar y. Grauvogi und Schulichrer Stark in . ,,Deutschland" wurde von der Buchhand- hung an folgende Kunden ais an ihre rege1maigcn Abnelimer versandt, wo- hei es zweifelbaft var, ob sic dese Bicber behielten ocler sie wieder zuriick- senden wiirden w. HeuB in Memmingen, y. Sicherer in Kloterlio]zen, Karl Heu8ner in Edrungen, SekrcUtr Aiifahrer in Landshut, Graf Loesch in Jetzn- dorf, Y. Bek in Babenhausen, Frhr. y . Briigglaeh in Landsberg, Pioger Stall in Welden, Mathias Bachschmidt in Keuf heuren. Man sieht daraus, wie sich die Agitation tatsichlich weit jus Land erstreckte. Job. Situ. Itieger batte die ,,Bctrachtuugen" direkt von der Kupfer. sehen Buchhandiung in Wien und Euricks akademiseher Buchbandlung in Lin, .,Deutschland" durch die Stagesehe Buchhandlung in je 12 Exemplaren erhalten. Er kannte weder die Verftsser beider Schriften, noch den Ver- loger der aweiten, doch habe or erwartet, dai dieser, wie es bei anonymen Schriften oftmaiB der Fafl sei, sich seinerzoit um Bezabiung me1dtn werde. Von ,,Deutschland" batte er ein Exempiar einem Augshurger Handhungsbedienten, den er nur von Anseben, njcht (lem Narnen nach kanute, verkauft und eines dom Buebhandler Dol! geliehen. Die iibrigen Buc.hbiundler wurden aufgefordert, ,,bei iliren biirgerlichen Pflichten und bai sonstiger sehwerer %erantwortung zu erklttrcn, oh sic vorgedachte Schriftcn besitzen, in wel- chem Fali sie auszuuiefern wiLrcn." Der Buchhiindier Nikolaus l)oiI gab su, daB ev ciii Exempiar von ,,Dcutsclilanct" auf eunige Stunden sich zum Lesen eutlich, das er aber selion gestern zuriickgeschickt habe. Er besiize heide Sehrifven niclit und unterwerfe sich je.der Visitation. Dieselbe Erkliirung gaben Daniel 1IeiiIin, Gescbiiftsfiihrer der Frankischon Buchhandlung, Christof Krazfelder, Christ. Fr. Biirgleu, Ulr. Al. Eurisch, P. P. Bollinger, J. A. Rieger. Dagegen batte Vins. Mayr. Buchhalter dot Veit-Riegerschen Buehhaudiung, vor nngefahr 3 Wuchen 4 Exemplare der Betrachtungen or- Der Prole6 gegen Johann Philipp Paim und Konsorten 1806. 373

Die Augsbnrger Polizeidinktiou hatte sieh au ibrem Vor- gehen wegen der beiden Schriften veranlaft gesehen, da, wie sie sich ausdrtickt, ihr inhait gegen tien Kaiser Napoleon gerichtet sei; aber mit der Konfiskation der aufgefundenen Exeinplare hielt sie die Sache fUr erledigt; Jenisch wurde nicht verhaftet, und Frei- herr y. Andrian machte nur den Vorschlag, duB in Zukunft die Buchhiindler gelialt.en sein soflteu, aile aionymen Schriften, insbesondere die politisehen luhuits, unter schwerer Strafe der PolizeibehUrde anzuzeigen. Der enera11andeskommissilr in mm bestiitigte die MaBregeln der Polizei in Augsburg und dehnte sie -tuf aile Buchhantllungen in dei Provinz ans, naehdein er sicli halten, von denen et cmos in die Sehweiz, das andere an den Rhein ver- gchjckt batte. Senator und Buclihandier Joh. Balth. Schnsidt bekundete, or lauter Bethbûchl verkaufe, und daher von denen vorgezeigte zween Werke nicht die geringste Wissentchaft besitze". Kein Exemplar der be- zeichnoten Schrifteu au kennen oder zu besitzen gahen ferner an: Cassian KSchltr, Buchh alter dot- Woltlschen Buchhaudlung, .Jos. Plazer in Fit-ma Plazers Witwe u. Sohn, Jos. Ant. Moy, Jos. Ant. Goil, Inhaber der 1go. \Vagnerschen Buchhandlung, Gg. Holzsnaier, Buchhalter der Igu. Veitsehen Buclihiaudiung, Joli. Bapt. Merz, letzterer mit dom Zueatz, ,,dall et- sich sehoit soit ungefkhr einem Jahr bioS mit Schah und Gebeth-B0ehern, dan Kristeulehr-Schan- kungen aissehuieSend hefasse". Ais man in Erfahrung brachte, daB der Magister Sam. Bachmaier, Lehrer am Gymnasium zu St. Anna, sich chou- ialls mit dem Buchhandel befasse, wurde auch er verh6rt; or erkmrte je- doch, keine der beiden Schriftcu gesehen zu haben, isoeh viol weniger sieh mit ihrer Verbreitung au befassen. - Vorstehendes nach dem ,,Protokoll, gebalten bei 41Cr k. Polizeidirection in Augsburg am 16. Juli 1806" nehst ..Continna•tio, don 17. Juli 1806" im Panser Nationalarehir a. a. O. Vgl. dazu: Ans don Vorakten zum Brauuauer Kriegsgericlit. Bdrsenblatt f6r d. d. Buchhandel, Leipzig 1870 u. 181 u. 184 (urspr6nglich in der Allgemeinen Zeitung 1870 erschieneu). FOr die Literatur ilber Paim im aligemeinen vorweise ici ein fOr allemal auf die Zusammenstellung von J. Braun, BOt-- senblat.t f. è. d. Buchhaudel, 1906, S. 8031ff. Das Buch von J. Racki, Der NUroberger Buchhindler Johann Philipp Paim, ciii Oplèr napoleonisclier WillkOr, Niirnberg, bringt einzcine noue arehivalisehe Hiuweise, enttiiuscbt aber durci Mangel an Literaturkenntnis und Unzuliungliclikeit des Stand- pnnktes. Die Akten des Kriegsgerichtes henutzte scion vor mir der fra.u- zôsisehe Hauptmann E. (iachot zu dent im Correspondant, Paris 1906 vom 25. aout: Napoléon et les pamphlétaires allemands eu 1806. - Lexé- cution du libraire Paim, aber nicht iminer mit kiarer Hervorhebung der Hauptmomente. - Bei meinen Arbeiten bu Panser Nationalarchir bat miels in selbstlosester Waise der Archivar Charles Schmidt, dot- Geschicht.schreiber des Gro6herzogtums Berg, untersttitzt, wof0r ibm aucli an dieser Stelle mein herziichster Dank ausgesprochen soi, 374 [heodor Bitt-erauf.

dnrch die LektUre der Libelle iiherzeugt hatte, ,,dafi ilir Inhait nehsf dom, daB sie mit Anztiglichkeiten gegen die allerh6chsten Regenten-Personen angefifllt sind, die Tendenz habe, die Sffent- liche Stimmung zii vergiften, den iifferitlichen Glauben an den Friedensseh1iiBmiBi geii Statenbestand zu sehwiicheu, Ijuzufriedon- heit und Geringschiitzung des TJntertans gegen die Regierung zu erzeugen, und ihre Verbre.itung claher entschieden schiidlich sei." Wenn Moutgelas das Protokoil (iber die Yerh6re in Augsburg nachher (lem frauziSsisehen (iesandten mitteilte, so gesc.hah es riur, mn zu beweiseii, daB die hayrisehe Regierung niclit blind sel gegen die Intrigen der Osterreicher, und daB sie ihiien entgegeu- treten wolle, so gut sie kiinne; die Folgen, die dieses Protokoil spater ftir Paim haben werde, konute der bavriehe Staatsmnnn uiimglich voraussehen, und weuri min erwiigt, wie die Regieruiig nachher zum Sehutze der cigenen Tintertaneii :iiifgetreten ist, wird man kaum (leu Vorwurf gegen sie aufreeht erhalten kinneu, daB sic sic.h zum Schergen des franziisischen Kaisers erniedrigt habe. Auch Otto, der bel diesem AnlaB wie spiiter 1809 in dom Kampfe gegen die norddentschen Gelehrten iii Bayern eine groBe Zurflckhaltung an den Tag legteiiendelte nui pflichtgemiiB, wenn er von dem Protokoli am 28. •Juli 2 dom Kriegsminister Berthier Mitteilung maebte, der dartiber an den Kaiser beriehtete. Nach der i riigeli Erzdhluug eines bayrisehen Komniissiirs, die Schrifteu seien von den Buch- hiiudlenn Kiipfer und Eurich umsonst versandt worden, lieB Otto in cinem weiteren Sehreibeu direkt nach Flause voni 29. Juli die Worte eunfli(!Ben: ,,Es ist jetzt Mar, daB diese Schriften in Oster- reich verfaBt und gedruckt rerden. Don Bewe.is enthiUt ein Brief an den Fiirsten von Neufehatel. Dieser Minister hit Befehi go- gegeben, deii Buchhandler Stein numittelbar nach der Besetzung von Nurnberg festzulielimen. Der Fürst Bernadotte bat eine Be- lohnung von 1000 Taleru ausgesetzt ftir die Entdeckung der Ver- fasser dieser Libelle." Die Wirkung dieser Nachriehten nui Napoleon nach alleni, wes er von der Agitation in Deutschland schon vorher gehrt batte, hiBt sieh begreifen. Seine Ifauptwut richtete sich gegen ()sterreicb, uud (loch konnte er es nul- mit einer sehr starken

Fr. y. Leyden an dcii Kiunig von Bayern, tflm am 21. Juil 1o6 (Ahshrift) bei den Akten des Kriegsgerichts. Gedruckt b pi Du Moulin, Forschungen z. Geseb. Bayerns XI. 60. Der ProzoE3 gegen Johann Philipp Paim und Konsorten 1806. 375

Note an Metternich bekimpfen. Talleyrand soUte darin die Em- prmig des Kaisers ausdrlckeu, daB der Wiener lof zu so feigen Mittein greife, und (lie Verhaftung und eernplarische Bestrafung der Verfasser und Verbreiter dieer Schmiihschriften fordern. Dieselbe Mahnung soute Talleyrand an (leu Senat von Niirnhcrg riehten und durch die Drohung verstiirken, wenn ilii niclit sofort Folge geleistet werde, wolle der Kaiser die Stadt vor der Riu- muug Dentscblands exemplarisch strafen. 2 Noch vor der dauern- tien Besetzung Ntirnbergs durcli die franziSsischen Truppen unter General Frère seit dom 11. Miirz) batte Otto die Stadt unter ihrem gegenwrtigeu Regiment ais eineu Herd der Intrigen ftir dieZ5,sterreichische Partei und ftir den reiehstmmittelbaren Add denunzïert, und aIs ihr Schicksal bereits durch die Rheinbunds akte be.siegelt war, batte Marsehali Bernadotte uaeh wioderholten Beschwerdeu des Generals Frère und auf die Mitteilungen des Grafen von Thtirheim von den unter don Bûrgern verbreiteten Lihellen die A bsicht. ausgesprochen, or wolle den Kaiser selbst auf (leu Geist dieser allen üsterreicliischeu und englisclieu Intrigen zugiinglichen Iteichsstadt aufmerksarii machen. Auch wenn dieser Bericht noch nicht in Paris eingetroffeu war, ist Napoleons zwete VerfLlgung an Tallevrand vom 5. August begreiflich und dureh- aus korrekt. Aber wjr besitzen noch ein drittes Sehreibeu vOm gleichen Tage von ihni, das an Berthier gerichtet ist und auf den ersten Blick don Schein erwecken kinnte, das ganze spiitêre Kriegsgericht soi nur cine leere Farce gewesen: Ais wie der Kaiser pfeifet Sa tanzt das Kriegsgericht. Zum Verstiindnis wird man wohl eine weitere offizielle Kund- gebung vom 43. August heianziehen dtirfeu, einen Artikel im Jour- nal de Paris, der unzweifelhaft ans des Kaisers eigcner Feder ge-

Décision d. d 5 août 1806. Correspondance de Napoléon l". 13, 36 U. 10593. Corrsspondance 13, 37 n 11!594. Zuin folgenden siehe Du Moulin, Forsehungen XI. b9, Racki, S. 42 und im ailgemeinen Dr. (g. Schrdtter, Die letzten Jabre der Reichsstadt Nflrnberg usw. in ?.Iitteilungen des Ver- eius fOr Geschichte der Stadt Niirnbcrg, 17. Ileft, 1906. Correspondance 13, 37 n. 10597. Worte ans dein Gedicht: Paims Tod bei Ditfurth, die historiachen Voiksiieder vota Eude des siebenjohrigen Krieges 1763 bis zum Brande von Moskau 1812. Berlin 1872, S. 289 n. 130. 376 Theodor Bitterauf. ftosseri ist.1 Danach hielt er den Buchhiiiidler Stem (Paim) in Ntirnberg fur einen Korrespondenten der Wiener irnd Linzer Firma, jene Schmhsehriften, clic mit der iisterreichische.n Propa- ganda zuniiehet nichts zu tun haben, erseheinen ihm ais ein Ans- titi des Komplottes, von dem man ibm herichtet batte, und er glaubte in ihnen die iisterreichischen Spione sellst zu hekiirnpfen. So erkliiren sicli die Worte an Berthier: ,,Es ist kein gewhn1iehes Verbrechen, wenn nian in den Orten, wo sich die franzi3sisehen Arineeri hefinden, Schmiihschriften verbreitet, um die Einwohner gegen sie aufzureizen; es ist ein Verbrechen des flocbverrats."2

Da éber diesen Artikel vielfach irrige Anschauungen verbreitet sind, teile ich ihu im Wortlaut mit: Allgsburg 26 jouillet. On a saisi chez le libraire Stag lin grand nombre de libelles allemands dont il a inondé la. Souabe. Ce libraire les avait reçus de son correspondant Stein de Nurem- berg, lesquel les tenait des libraires Kupfor de Vienne et Eurieb de Lintz, villes dans lesquelles ou fabrique ces libelles. Cest un singulier moyen qu emploie la maison dAutriche pour reconnaître la mo,lération et la gé- nérosité de lEmpereur \apoléon que celui dexciter par des libelles les habitants (le la Souabe coutre ses armées. Quelle triste ressource! LEmpe- reur dAutriche, trop loyal, ignore ces manoeuvres; mais les ministres (lui dirigent le cabinet et qui restent ennemi de leur nation finiront par en entrainer la ruine. Au reste, les libraires Kupfer et Eurich, pourront un jour payer cher cette déloyale conduite. LEmpereur a fait traduire devant une commission militaire les colporteurs de ces libelles comme coupables davoir tenté din- surger le pays contre larmée. Certes, si larmée française avoit voulu in- surger les pays contre les gouvernements, elle naurait pas eu besoin de libelles. - Mglicherwoise wurde zu diesem Artikel auch von deii rapports de police (Paris, Archives nationales AFIV 1497) das Bulletin vom 6. August benutzt, von deiu gerade der Teil ither das Ausland lieute mit der Schere herausgt.schnitten ist. l)as Bulletin vom 9. August verweist unter ,.Exté- rieur. Allemagiie. Journal séditieux" dat-auf zuriick: ,,NB. Man bat frûher von verechiedenen Lihellen geaprochen, die in Deutschland zirkulieren (Bul- letin rom 6. August)", und daB Stein hier genannt wnrdo, macht das Bul- letin vom 29. August wahrscheinlicb: . Arrestation de Stria. Le Sr. Stem, libraire à Nuremberg, a été désigné comme un des distribu- teurs des libelles seditieux qui sinprimaient en Allemagne (Bulletin du 6. août). La gensdarmerie annonce quil a été arrêté le 19., conduit le 20. à Anspach et de là à Braunau pour être jugé par la commission militaire. Vgl. M. Busch, Tagebuchbliitter 11. 39: ,,Alle Autoritkten auï dem Gebiete des Vfflkerrecbts, von Vatel bis auf Bluntschli und Haller stimmen darin ulberein, dafI die sehonende Behandlung der friedlichen Bevlkerung auf der Voraussetzung beruht., dail zwischen den Soldaten und dcii Zivi- listen rifle vollkommen deutlich erkeunhare Demarkationslinie e.xistiere . Der Proze8 gegen .Tohann Philipp Pam und Konsorten 1806. 377 lob glaube nieht, daB Napo]eon die Schrift ,,Deutschland" wirk- Iich gelesen bat, da es nicht naehweisbar ist, daB sic auch nur in T.Jbersetzung oder auszugsweise vorlliug nach Paris mitgeteilt wurde; den Verfisser zu eraieren, war, nachdem Otto ihn in Oster- reich gesncht batte, eiu vergehiiches Bemilhen und irneb der Ge- setzgehun g der fran75sisohen Revolution gar n ic.ht n otwendig. Denn das Gesetz vom 2. Germinal 1V (17. April 1796) batte zur TnterdrUekuug der PreBdelikte bereits jenes Systeni der stufen- weiseu Verantwortlichkeit (responsabilité pour cascades) hegrtindet, das in der belgisc.hen Rechtsentwiekluug sieh bis heute behauptet bat. Danac.h ist der.jenige, welcher eine Druckschrift erseheinen lBt, fur don Inhait anonymer Artikel verantwortlich, und gleiche Strafen werden den Verbreitern und Verkiiufern usw. angedroht. Es gait also, wenigstens frauzsischen TJntertanen gegenuiher, weun man den Verfasser nitht ernieren konnte, die Haftung in der Reihenfolge: Verleger, Drucker, Ve.rbreiter. Aber Napoleon geht in seineiil Briefe an Berthier noch weiter, wenn er erwartet, daB dieser die Bnchhiindler von Augshurg und Nuirnberg hercits ver- hafton hieB, und sie vor ein Kriegsgeric.ht zu stellen befiehit. Dazu batte er don bayrischen und wtirttembergischeii T5ntertanen gogeniiber kein Recht, und das bat er wohl selhst spitter eingesehen, indem or sic auf die Rekiamationen ihrer Regierungen hin don zustiindigen Gerichten iiberlieB. Anders steht die Sache mit Paim. Da (lie Zivilhesitzergreifung semer Stadt von seiten Bayerns noch nic.ht erfolgt war, war er auch noch kein bayrischer lntertan.2

Der Soldat kann verlangen, daB man ih, weno er nicht mehr in der Lage ist, zu schadou, mit Schonung behandie." 1 Vgl. Fr. Zimmermann, Die Grundbcgriffe des franzUsisc.h-belgichen Prestrafrcchts. Breslau 1907 (Strafrechtliche Abhandlungeu, hegrindet von Prof. H. Bennecke, 11nft 81). Dao übeysiebt z. B. R. Sehr5cler, wenn er in seinem Lehrbiic.h der dentschen Rechtsgeschichte, 3.Aufi., S. 855 zum Beweis des Satzes, da ,,die [email protected] sich dom Kaiser- Protektor gegenfiber in dem Zustando vollkommenster Reehtlosigkeit hefanden," in einer Anmerkuug hinzufiigt: Vgl. die von Napoleon befohiene Ermordung des llerzoga y. Enghien (I) und des Buchh5ocllers Paim." DaB iibngens jouer Satz auch falseh ist, ge- deuke ieh nocb in oiner Unersuchung über die Verfassung des Rheinbundes darzutun. Auf clic Kiageti der eigenen Agnaten Ohor die Auffiihrung des Flerzngs von Anhalt-Kbthen, der nach Reinhards Wort dem Zwerg dao 0e- wand des Ricsen anlegte, verfilgte Napoleon 25. Marz 1811: Man nmb diese 378 Theodor Bitteraiif. Die Wirksamkeit des Rates der freien Reichsstadt hatto zwar nach der Okkupation dnrch die franz6sisehen Truppen noch fortgedauert, aber andereysejts war dureh die Ratifikation der Rbeinbundsakte von seiten Frankreichs die Selbstiindigkeit der Stadt in Napoleons Augen hereits verniehtet, und wenn Bayern das Gebiet von Nürn- berg ans der Hand des Kaisers entgegennehmeu soUte, se konnte er in cliesem Zwischenzustand die oberste Polizeigewait fUr sieb wohl usurpieren und die zweifelhafte staatrecht1iche Grundiage fUr sieh ausbeuten. Berthier batte Napoleons Brief noeh nicht in Hiinden, ais ibm Marschall Davout von seinein Hauptquartier Ôttingen am 8. August ein neues Pamphlet iii franziisischer iJbersetzung zukoin- men liel3: ,,Die Genealogie der kaiserlichen Majestiiten und Hoheiten". Am 4. August batte zwischen 12 url(1 1 Uhr der Bote von Donau- wiirth, Leonhard Sattich, dem Karrer Sonnenmeyer in Misttingen cinen anonvmen Brief gegeberi. Das Erstaunen des Geit1iehen

Sache den.i Knig von Sachseu schicken und ihn beauftragen, daa er sioh unformiert Iher (lie Mittel sie zu beendige.n." Vgl. auch Montgelas, Denk- wfirdigkeiten, P. 299f. Die Schrift wnrcle nebet Sattiehs Verhr am S. Auguet dem Obersten Saunier iibergeben und Iiegt bei den Akten des Kriegsgerichte. Der IJm- schlag enthiilt von Schoderers Hand die Aufschriit: ,,wird empfnhlen zur fibergab an Sr. Hoeli EhrwUrden den Hcrrn Magister Sonne-mayer" und auf der Innenseite: ,,Lesen Sie es bis zur retour des Boethe. Die Scltrift selbet, ein Oktavheft von S Doppelbliittern, deren erstes ursprUaglieh leor, die Ver- inerke der Untersuchungekommission aufnebrnen muf3te, ist weder von Schoderer noch von lde.rckle geschriebeu. Die fluichfige Ilandschrift und die arge \crstiimmelung der Namcn hit darauf schiieflen. daB das Pam- phlet oft abgoschriebeu wurde. Nach lem Bulletin (le Paris von 4. Sept. (Arc]. Nat.. AFIV 1498) batte der Kaufann Lunk von Heilbronu nach sci- nem (;cstiindnis die .,Genalogie" von dem Kaufmann Gaspard in Stuttgart erhalten und an Merekie weitergegeben, der sic fIr Schoderer durch einen gewissen Miiller in Neckarsuim kopieren lieB. Der Inhait ist fUr die Entstebung der Napoleon feindiichen Legende iiicht uninteressant; sa witd die Vorliebe Napoleons fUr den Sol» der spiiteren Knigin Hortense daraus erkliirt, daB er dieses Kindes Vater, GroBvater, Obeirn und Pate soi. Der einzige mir bekannte l)nuck, der dciii Manuskript gegenfiber eunzelue ge- ruugfiigige Zusittze, Uuistellungen und weitere Vcrstflmmohungen aufweist. bat dei Tite]: (eneahogie oder Staminbauin der franziischen kaiserlichen Majestlten und Iloheiten 1514. 8 0 5 S., und ich glaube kaum, daB friiher ci» Verleger dafflr aufzutreiben war, vgl. meinO Ge.chic.hte des Rhein- bundes r. 447 Der Prozeb gegen Johann Pbilipp Paim und Konsorten 1806. J79 fiber diese Sendung verimlaZte den hci ibm einquartierten Artil- leriemajor Vasservaz, naeh dem Inhait su fragen, und ais Sonnen- meyer ibm ciuzeine Stellen iibersetzt batte, sandte der Offizier, schon durcli cinen rrages})efelii von Jeu ,,unerscliipflichen Libellen" uuterric.htet, auf seinem besten Pferde seinen Diener sur Verfol- gung des Boten ans, der selion nach einer Viere1stunde su- riickgebracht wurde. Man ftihrte ihu vor den Komrnandan- ten dci 1. Division des 3. Armeekorps, General Morand, in N6rdlingen, und dieser bebielt ihn in Haft. Bei seinem Verhiir am 6. August gestand Sattich, das Paket nebst 24 Kreuzern fur (lie Bestellung VOfl dem }Iandelsmann Josef Schoderer in Douau- virth erhalteu su haben. Dieser hatte semer Frau gesagt, sveun ihr Manu verhaftet wiirde, soUe er angeben, ein Unhekanuter hahe ibm Jeu Brief ausgehilndigt. Sehon am niiehsten Tag bat der bayrische Regierungrat Scliafberger dcii Platzkommandcnten von Ni5rdlingen uni nilheren Aufschlul3 liber die Verhaftung und fuhrte su Sattichs Gunsten an, er sei ciii reehtschaffener Manu, der in seinem Berufe iiiemals su Kiagen AulaB gegeben hube. Morand antwortete darauf am 8. August, die Verhaftung sei eine einfache PolizeimaBregel, aber mail habe sic ais unbegrfiiidet schon wieder aufgehobeu. In Wirklichkeit hatte die Freilassung den Zweck, Schoderei sicher zu machen, der sich in (Ter Nacht voni 6. zum 7. August don Nachforschungen des maréchal de logis J. Guillegoz dureh die Fluclit ontzogen batte. lu Jeu folgenden Tagen betrieb der Schwadronschef Saunier auf Befehl (les Bri- gudegenerals DAnitaue, spiiter des Marsehalis Davout selbst seine Verfolgung bis nach Angsburg, und am 14. gclallg es drei Gen- darinen, ihn vor seinem Rause in Donaawirth su verhaften. Eine Haussuchung an demselben Tage in Gegenwart des Regierungs- rates Schaf berger und des lolizeisckretiirs Leonhaid Krirner so- wie der Franzoseu Saunier und Guillegoz fl5rderte nur 5 Briefe poli- tisehen luhaits zutage., zwei von Sonnenmeyer und drei unterzeichuet von Me.rckle. 1)as war der Ll3wenwirt. Joli. Seb. Merekie von

Das Vorstehende nach deii offizilleu Schreiben und Protokollen bei den lJnteruchungsakten. I)adurch werden vieltach ±rihe.re Darste.11ungen. so noch Rack-1, p. 87 if., berichtigt. Vgl. aueh J. Traber, Kaufuiann Josef Scho- derer von Don auwaith, der UefihrteJ. Ph. Patins, 1906. Ein maudatdarrêt gegen Schoderer roui 9. Augut euthilt iolgendes Signatèment: Joseph Schoderer. âgé do 38 à 40 ans, taille de ô pieds trois pouces, cheveux et sourcils cha- 380 Theodor Bitterauf. Neckarsuim, der das Mauuskript Schoderei e.rst angeboten und in den letaten Tageri des Juli (ibersciiiekt hatte. Iii seinem Ver- hr behauptete Schoderer am 15. August, morgens nui 9 Uhr, er habe es in seineu Sekretir gesperrt, ohne einen Blic.k darauf u werfen, und erst naeh der Veinbestellung fUr den Neffen des Pfariers wieder daran gedaeht. Die AuBerungeii gegeniher der Frau Sattieh bestritt eT; erst ais sic ihn von der \Terhaftllng ihres Mannes wegen des Briefes unterrichtete, habe er ihr gesagt: 1ch bin unschuldig; aber wenn ich die tJrsache bin, lascen Sic ihrem Gemahi 4 Gulden in seinem Oef.ngnis zukommen \Virk- lich widerrief Fruit Sattich ihre frtiheren Angaben vor dem Platz- kommandanteri und den LokalbehUrden: man habe sie in ihrer Aufregung falsch verstanden, und Schoderer habe ihr vor der Arrotierung ibres Gemahis kein Geld angeboteu. Sein Verschwin- den nach der Verhaftung des Boten motivierte Shoderer mit Ge- tains, front haut et peu garni, nez assez gros, bouche, grande, teint bour- geonné, regard eu dessous, air mélancolique, ayant les cheveux on queue. Die bescblagnahmten Briefe zeigen die Briefschroiber ais harmiose, phili- srése Neuigkeitskriimer. Der erste f4rief an Schoderer iautet:,,Moettingen, (]en 22.22. Juli 1806. Mein unterschrjebenes Conto habe samt ciem Fi%leiu Wein richtig erhallcn: und ich seucle schon wieder das Fiilein, uni es ru fiillen, und mir ru senden. Herr Sebastiani von Augsburg war bey mir in der vorigen Woche und er wolIle mir durchaus Wein senden. icli sagte ibm aber, ich wUrde so gut von Ihoen bedient, daB ich unniéglich von einein anderen Weinhitnuller mir kénnte Wein briuigen lassen. Leider ichein es, daB der KriEg wictier sèinen Aufang nehrnen werde. Es sollon schon groBe Anstaltn dazu getroffen wercien. (mott erbarme Dich unser in (nade. Schreiben Siu mir, was Sic wissen. Ich bin 1hz Freund und Diener M. Son- nenmayer." Der zweite Brief des Pfarrers vom 3. August bandait wieder vom Wain; sein Neveu will den gleichen WTein komnien lassen ,,und durcli diose Gelegenheit sende ich Ibnen niein Fiilllein unit der Bitte, es genan messen und mit dem gewiilinlichen Wein f011en ru lassen. DaB wieder Franzosen au uns kommen, erschreekt midi nicht. Denn dieses war schon lange be.- fohien; aber wenn sie nicht baldigst foutmarsebieren, so sorge ich, wir mue- ton sic uioch lange behaiton. Wissen Sie gar nichts neues Ihuen empfiehlt oeIl bestens usw." Von Merekies Briefen an Schoderer ist der zweite vom 12. Juli unuvesentlieh; der erstc, d. d. Neckareulm 1. Juli, kaufminnischen Inhalts, hat folgende Naehschrift: ,.Wenu Ihnen die Uenealogie der franzisischen KaiBerlichou Fainilie, und ein Ego noch nicht bekannt ist, 50 kaun Ihnen soiches versehaffen." Die Nacheclirif t des dritten Briefes vom 23. mli lautet: ,,Neuerdings kommen uioch 500e Manu Frauzosen vom Ricin her1ber ais Erganzuugs-Truppen. Mati spricht stark von einem neucu unvernieidlicheu Krieg. Auch hiurzulandc sind die Fruchten um ein merkliches gefallen." Der ProzeO gegen Johann Pbilipp Paim und Konsorteii 1806. 381 schiSten er Sei in Ingolstadt gewesen, uni (las Weinmagazin eines iingarisehen Kaufuauns, der ihn eiue Suinme Gelci schul&lete, mit Beschlag zu belegen. Er bedauerte, die Sehrift nicht gelesen zu haben; wenn aie etwas gegen die Person des Kaisers der Fran- zosen enhie1t, fur deii er (lie grLBte Achtung hege, h.tte or aie sonat ma Feuer geworfen und iiiemaudeui mitgeteilt. hutte or in die Recht schaffenheit Merckles den geringsten Zweifel gesetzt, su hitte ev ibn nicht gebeten, dus enipfohlene Manuskript zu schieken; sein Vertiauen auf diesen allein hahe seine tranrige Lage ver- chuldet. Nac.h dem Abscbhil3 der Voruntersuchung sandte Saunier uoch ani 15. Àugust durch Guillegoz Schoderer und die auf ibn bezuiglichen Papiere au die Militrkommissiou in Braunau. Berthier hatte niimiicli unch Empfaug des Briefes von Napo- bon, dessen ltecht.suuffasung or sich gauz zu eigen mnchte, ain 12. August den Zusammentritt einer Milifiirkornmision in deni ter- reichisehen Grenzstiidtchen Braunau verfugt. Ein Militiirgericht Latte Napole.on selbst befohien, da ein. anderes sieh kaum gefun- den hutte: aueh war jeder peinJichc Gerichtshof, der franzsische Gesetze auf die Liinder anwenden wollte, in denen (lie Franzoseu nur ais befreundete Truppen arizusehen waren, gehrandruarkt.. Der Kaiser konnte sich hier zugleieh auf ein Dekret vom G. Juli 104 stflt,zen, deni daun die dureb Berthier verordnete Zusamniensetzung des Kriegsgerichts durchaus entsprach. Je ehi Oberst dieses Go-

l Siehe das Décret imperial relatif à létablissement de commissions militaires spéciales pour le jugement des espions et des embaucheurs, au palais de St. Cloud le 17. messidor an XII im Bulletin des lois de lEmpire français 4. Serie T. 1 [Paris, brumaire an 13] pag. 112 n. 77. Die Erwihnung dieses Dekrets ixn Urteil gab SotIen, Johann Philipp Paim, Buchhilndler ru Niirnherg etc., Narnberg 1814 1 p 116, AnlaB ru der Bernerkung: ,,Es erheflt hieraus unwiclersprechlieh, daB faims Verhaftung und Vcrurteihing auf Na- poleons un mi tte Ibare u ausdriicklichen Jbfchl erfolgtc. Die spitteren ,,Palniforscher" haben daraus einen Blut.befehl voin G. Juli 1800, konstruiert, und noch Itacki a. e. 0. 18 meint, es handie sich um die Eiusetzung eiuer auBerordentiielien Koinniission eigeus aus AnlaB der durch dits Jalir 1806 geschaffenen Lige. Und iloch batte schon Sodens Rereusent in der (Halle- sehen) Allgenieineu Lite.raturze.itnng, Novemier 1814, n. 256, der sich Ober- haupt, wenn man etwa Du Moulin ausnimmt, durci die klarste Auffassnng der Becht.sla.ge in der deutschen Palmiiteratur auszeichnet, bemerkt, daB ein Dekrct vum Revolutionsjahr 12 ocler vom christiichen Jahr 1801 wohi 382 Theodor Bitterauf. richtshofes soute niimlich aus der Armee der Marsehiille Berna- dotte, Mortier, Ney und Davout, drei Obersteu und ein. Adjutant kommaudant, uni Fuuktiouen des Referenten (rapporteur) zu versohen, aus dem horps des Marsehalis Soult ausgewiihlt werden. Dem Vorwurf, das franzisische Gesetz sei auf befroundeteni Ge- blet gegen die Einwohner nicht verwendbar, suchte Berthier zu begegnen, indem er die Kommission an einern noch von Frank- reicli zur(ickgehalfenen Orte vereinigte. Gleichzeit.ig hutte er dern General René I3efehl gegeben, den Buehhiindler Stag (Jenisch) uach Braunau zu ftihren ami Bernadotte, Stem (Paim) von Ntirn- berg ehendahm zu bringen; die drei Obersten soilten bis zum Eintreffim ihrer Kameraden mit der Iust.ruktiou (les Prozesses einst- weile.n bèginnen. Schoderer, der noch nicht verhaftet war, crschieu deni Kriegsminister in diesem Zeitpunkt aIs eincr der Hauptagenten, der Luifrflhirerisehe Schrifteji redigiert und verbreitet hatte. ,,Cet homme, sclireibt er an Soult am 12. Àugust, ,,est regardé comme le plus coupable de tous ainsi que vous le verrez par les pièces no. 1, 2 et 3." Und doch muBte es noch zweifelliaft erscheinen, ob mon semer habhaft wtrde; daher die Absicht in eineni Brief an Davout voni gleichen Tage ausgesprochen wird, un laile semer Uneinbringlichkeit ihu in contumaciani zu verurteilen. Dasselbe Mittel bheb gegen lami, iiber dessen Entweichuug von Berna- dotte zwei Tage spiiter Nachricht eingetroffen war. Fast sehien es, ais soute der ganze ProzeB u.nblutig verlaufen. Von Jeniseb ûberzengtesich Berthier, daf3 ,,ie nommé Stag sogenannter Buch- hiindler in Augsburg" mir der Kominis der Witwe Stag war; er beftnd sieb iiberdies bereits in Ntiiieheu im (iefiingnis, und die bayrischen Beliiirden itiacliten ibm den Proze. Die Obersten, die Soult am 13. Auguot zu Mitgliedern der Kommission ernannt batte, Lemorois, Latiille und LHuillier, und ihr Refereut, Adjutant- koinmaudant Billot, Generalstabschef der ersten Division des vierten Korps der groen Arnice, waren daller der Meinung, die Militiir- kominissiolE habe sieh mit dein Full Jenich tiberhaupt nielit ab- zugehen; aber Soult verwies ihnen diesea Irrtum: ihr Urteil mUsse sieh ouf aile Angekiagten erstrecken, die dureb die Instruktioii den Befehl zu eincm Todesurteil aber eine Schrift, die 1806 erscbeint, nieht entbaten kOnne: ,,Hier war von keinem Geriehtshofe, sondern von einer scheu1iehen Ausgeburt der Revolutionszeit, von einer Militarkommi8sion die Rade usw." Der lrozcB gegen Joharm Philipp Paim und Konsorten 1806. 383 des Prozesses hioBgestellt waren; sie miiehteii darauf nur die Ietrten Schreiben des Kriegsministers ansehen) Und sehon liatte auch Paim sein Ungltiek erreicht. Leider lassen uns ilber die niiheren Urnstiinde, tinter denen es zu semer Verhaftung kam, die Akten (les Kriegsgerichtes un Stich, so da wir auf spiirliche, ungeunue und h3chst parteiische Mitteilungen von deutseher Seite allein augewiesen sind, 2 Seit dem 9. Juli sehon war Generai Frère auf ihn ais gefiihrlicheu Franzosenfeind aufrnerksam gemacht, aber ciii wirksanies Eunschreiten gegdn Palrn seheiterte an dem Widerstaud der Nflrnberger Behiirden. [Juge- hindert koniite et sich wie alliilirIich zur Miinehener Jakobiduit hegeben, und dort erbielt er Kuude von clem Vorgehen gegen (lie Augsburger Buchhnd1er, und von einer Haussuehung, die bel ihrn

Berthiers Verbalten erhellt ans ilrei Schreilen an Soult vom 12. August, von denen die be.ideu erstn ungenan, wohl nacb dem Konzept, veriffent- licht sind bei M. Damas, Précis des événemens militaires etc. T. XV (Cam- pagne de 1806 et 1807 T. J p. 399-402, und einem Brief an Davout mit demselben Datum. Ein viertes Schreiben an Soult, wohl von demselhen Tag, aber mit Freilassung fur das Datuni, soute oifenbar sofort auf die Kunde von Schoderers eventueller Gefangennabme abgeben; ,,Le nommé Schoderer, principal colporteur des libelles, a été arrêté et conduit à Bran- flan. Cest dailleurs un mauvais sujet qui servira dexemple." Auerdem: copie dun ordre de Mr. le maréchal Soult etc. au quartier générai Çi Passau, le 1E. aoiit 1806. Berthier an Soult 14. August und Soult an Binot 19. und 21. August, sLrntIich bel den ProzeZakten. tYber don Streit awisehen frais- zdsischen und bayrisehen BehOrden uin Jeniseh sie.he don angefuihrteu Auf- satz: Ans den Vorakten zam Bra.unauer Blutgericht.. Die Angaben (achots a. n. 0. 782 f. ans mir nioht zugnglichen Aktcn des Panser Kriegsarchivs verme.hreu nur die Verwirrung. Die Haussuehung durcli vier Ratsherrn fand nach dem bei Soden S. 10, zitierten Bnief der Iran PaIm ans 28. .Iuli sta.tt und kounte dann nicht von Berthier veranlaZt sein. Gachot, der den deutschen Monographien dies Datum nachsehxeibt, beriebtet aber von einer (doch kaum zweiten?) Haussuchung am 4. Angust, was mit deiii Rat8verlae voua 4. August bi Racki S. 47 zu vereinigeu wiire; danu ist sic auf den von Otto ans 99 Joli erwihnten Befehi Berthiers au- riickzufuih.ron. Dagegen irrt Gachot, wenn en Paim vor dom 9. August von Miinchen zuriickseiii 1ht. Die positive Angabe von Soden S. 106 suite Pechs Brief vom 7. AugusÉ (zuletzt bel ltackl S. 47 if. gedruckt), der nach Miinclien gerichtet ist, wie der Vorsc.hlag, sein Prinzipal moge sich von dem Knig von Bayeru ein Diplom erwirken etc., durchaus wahrscheinlich macht. Ans Mflnchen haben wir einen J3nief Palms (Racki S. 46), der, wenn kein weiteres Schreihen verloren gegangon ist, vom 5. August herr6.hrt. S. auch Montgelas, Denkwiirdigkeiteu S. 131. tg

384 Theodor Bitteraul. selbst vorgenommen wordcn war. Die Varnungen der bayeriseben Behiirden seheintn auch ihre Wirkung niclit verfehit zu liaben, da er seinen Buchhalter Pecli zur besondereu Vorsieht ermahnte. Vo n dem Artikel im Journal de Paris vom August kanu er aber erst iii Ntirnberg unterriclitet vorden sein, wohiii er arrt 9. August zuriickgekehrt war. Waruni er sein sicheres Versteck in dem unter preuBiseher Jlerrsehaft stehenden wieder verliel3, ist nicht redit ersichtlich. Vielleicht geschah es, weil or jetzt jene Tintersuchung gegen sich selhst beantragen wolite, von der Frau Paim in ibrer Eingabe an den franzisischen Gesaudten sprieht. Aber dazu war es schon zu spiit. Am 19. August wurdo er zwische.n zwei und drei Uhr verhaftet, am folgenden Tage nach Ausbach transportiert, utid scion mn 21. trat er von hier in Begleitung des Regimentsquartiermeisters Lupin und eines Gendarnien die Reise nach Braunau an. Iiizwischen hatte das Vorgehen gegen die Augsburger Buch- hindler und die Einsetzung cilles Kriegsgeriebtes in Brauuau mm ganzeu Kinigreich Bayern unter der Beviilkerung die griiBte Sen- sation gemacht; man wuBte, daB sie die Bâcher mit dem }ost- karren von Linz iuid von \Vien erhalten hatten, daB sic (lie ihiien zugesandten Sehriften uieist iiielit selbst zu lesen ptlegteri, und hielt sic dahe.r Ilir unsehuldi .g Geringer war die Tcilnahrne fuir Schoderer, und Otto erwartete keitie Rekiamatiorien zu seinen Gunsten niehr vom 1ublkum und der lie gierung. 3 Spiiter hat man danu gegen (las Kriegsgericht und nainentlich gegen Binot, ,,den die Natur zu einem zweiten Robespierre geschaffen" , die

Dies Datuin ist ans der genauen Angabe lalms selhst in seinem Ver- ber vor Binot (Gachot 784) mardi 19. aoii (der 10, Augnst 180 war wirk- lich Dienstag) sichergestelit, ebenso tindet es sich in dem tiiher angeGihrten Bulletin de la police rom 1 9. August, in eiuem weitereii Bulletin vom 4. Sept. (Areb. Nat. A. F. IV 1498), i.md darauf IiiBt schlieBen feriier ein llrief von Soult an Billot voin 19. August. Der nacli Sophie Palms Erzhhlung vom 12. Oktober 1893 (ledrazzi, Beitriige 7.. Gescli. des Buc.hhiindiers Paim Lei Enthtillung desen L)eiikmals zu Braunau a. I., wiedrholt geilruckt) aligernein von dcii dentsheii Schriftstellein akzeptiertc 14. August erseheint schou dshalh unmi glieh, weil eine Verscbleppung von acht. Tagen bi zum Trans- port nach Brauuau der Eue des gauzen Vorgehens schlecht entsprocben hhtte. Uttos l3ericht rom 17. August, Arch. des aif. étr. Sod.en, e. a. 0. S. 13. Vgl. dazu (lie AuBerungen in Krcmers lage- bueh lici Traber, e. & O. S. tu. Meba

Der Prozc gegen Johann Phulipp Paim und Konsorten 1806. 38 sehwersten Vorwflrfe erhoben, und doeh haben diese Miinner nur ihre Schuldigkeit getan. Von seinem Standpunkte konnte Otto iiacliher mit Becht behaupten: Die Verbreitung âlinficher Schrifteri in oinern von einer fremden Armee besetzten Lande wurde immer ais die peinliehste und straffiilligste Spionage betraehtet, und cm gewhn1iches Kriegsgoricht hutte zu jeder anderen Zeit über die Sehutdigen entechieden; aber der Ftirst von Neufchatel wolite aile mi3gliche Feierlichkeit und forclerte die in Deutschland komrnan- dierenden Marschâlle auf, in ihreri versehiedenen Korps clurch Billigkeit und Miif3igung ausgezeichnete Offiziere zu dieser Kominission zu ernennen. 1 Sehr riehtig bemerkt gauz vereiuzelt auch cille deutsche Stinime schou mi Jahre 1814: Die Kommis- sion ,,hatte nicht zu untersuchen, oh und mit welchem Recht sieb dits Hoer in Franken aafhalte, noch weniger die Staatsverhltnisse zwischen Frankreich und Deutschland, und am wcnigsteu ob Paine mach deutscheii Gesetzen strafbar sei. Fur die Nilitiirkommission war genug, daB die Armee in Deutschland und Paini in ihrer llaft war. Zur Bestimmung ihres lJrteils kam es mur auf zwei Fragem an: 1. let die Armee und der Kaiser in der Flugschrift beleidigt? Das lehrte der Augenscheiu. 2. lst sic von Paim verhreitet? Das war erwiesen und unleugbar. Daraus ergab sich von selbst, daB die Kornmission, und wenn sic aus dcii edeisten Miinne.rri bestand, siicht frei sprecheu kounte. Auch bedurfte es, um ihii zu ver- (lammen, keiner Verletznng des iiuBeren Verfahrerl8 von seiten der Militiirkomiuissioii •" 2 Die Instruktion schloB sieh genau an den Wortiaut von Napoleons Brief an , und das Beweismateriai, dits

Ottos Ber. rom 11. Sept. Arch. des aif. étr, Jlalleache Literatur.citiing 1514. n. 256. Man vgi. Napoleons Bri ,,fCor. 13,37 mit écu beulen Briefen Berthiers an Soult bpi M. Dumas a. a. 0. S. 399 f. und der Instruktioii, unterzeichuet von Soult! Passau 15. août, Ordres et instructions pour la commission extra- ordinaire qui doit se réunir à i3raiinap. Dort heiBt es: Enfin le rapporteur fera remarquer iv la commission, que lintention de lempereur est, que les coupables arr.tés soient jugés et exécutés dans les 21 heures, et quant aux absents que linstruction de la procédure fera reconnaître comme complices, quils doivent être jugés et condamnés par contumace, la sentence portante; que partout où il y a une armée, le devoir du chef étant de veiller il sa conservation et à sa sûreté, lesindividus tels et tels convaincus davoir tenté de soulever les habitants de la Souabe contre larmé. française sont con- damnés à mort. Si par linstruction de la procédure il est constaté que les libraires Hiator. Vierteljabrichrifi. 1909. i. 26 386 Theodor Bitterauf.

Binot in seinem Pliidoyer gewissenhaft heuiitzte, enthielt kaut eine Lùcke. Auch das Redit der Verteidigung wurde den persr lieh ersehienenen Angeklagten, Schoderer und Pt1m, nicht vei kUrzt. Auf eine Anfrage Biitots, oh niait ihueit Verteidiger g witbren dUrfe, hatte Soult am 21. August geantwortet. er "eh darin keisic Schwierigkei , wenngleich der Fiirstministe.r in seine Depesehen iiicht davosi sprach. Schoderer erhielt auch dcii ilofra Erdel ans Passau ais Rechtsbeistand, und das Kriegsgericht tri fi keiue Schuld, wenn der voit Paim erbetene Ànwat, ebonfails au Passau, uieht rechtzeitig erschien. Schoderer war hei seiiier letzten VerhUr im Militiirgefiingnis in Brauuau am 21. Augus bei seinen friihereii Aiigaben stehe.n geblieben. Paim hat h kauritlich noch in seineru letzten Schreibeii an seine Frau cm halbe Stunde vor seinem Tode daran festgehalten, er habe di Schrift: ,,Deutschland in semer tiefeii Erniedrigung" xiieht verleg In seinem \Tei.hdr vor Binot an, 23. August 2 Ubergah er zu seine Entiatung oin Paket mit dreierlei Schriften 1, das er zur Speditio Kupfer de Vienne et Erieh (!) de Lintz ont envoyé et distribué de ces 1 belles contre lempereur Napoléon et son armée, ils seront aussi condamn à mort par contumace lequel jugement sera exécuté, sils sont saisis dat les lieux où se trouvera larmée française. La commission ordonnera p son jugement, que la sentence portai peine de mort contre les auteurs, colporteurs, distributeurs de ces libelles leurs complices, soit sur le champ mise à exécution à légard de ceux qi sont déjà saisis, et quelle le soit pour les autres aussitôt quils auront y être arrêtés; elle ordonnera aussi, que traduction de la sentence soit fail en allemand et que des exemplaires en soient répandus et affichés dar toute lAllemagne ...... Le délit que la commission doit juger est dune trop grande évidenc daprès les pièces qui sont produites pour que M. M. les colonels qui e tont partie naient pas la conviction intime, que les coupables qui lui soi amenés, en sont les auteurs, et que comme atteints du crime de sédition de haute trahison envers len pereur, notre auguste souverain, et son armé Us ont mérité la peine capitale, conformement aux lois militaires, et ils sent ront aussi quun pareil exemple de sévérite et (je justice est nécessaire poi arrêter les dangéreux effets de ces perfides insinuations. S. auch Binoi Rapport, der von Gachot a. a. O. S. 7813 if. mir auszugsweise verliffentiici ist,, weshalb ich ihn in der Beilage folgeri lasse. Information vom 21 August hei den Kriegsakten. Dus Protokoil liber (las Verhr liegt nicht vor; das Datum gil Gachot S. 784; der Inhalt erhcllt nus Binots Rapport. Anecdotes sur Buonuparte. Et best.ias agri dedi ei ut serviant 111 Jerem. XXVII. 6. Londres,lr Mars 1800. - K13nnen die Europiiisehen Machb Der ProzeB gegen Johanii Phiipp Paim und Konsorten 1806. 387 an einc Mannheimer Firma ans Regensbnrg erhalten hatte, und dessen Inhait ihm ebenfails unhekaiint gebiiehen war. Damit wollte er beweisen, daB ein Buchhuindler in seinem Magazin oft verbotene Schriften ohne sein Vorvissen haben kiinne. Floute ist aus dem Briefwechsel zwisc.hen PaIm und seiiiern Buchliaiter Pech einwandfrei festgestellt, daB die Brosehuire aus seinem Ver- lage stammt.. Die Art semer \Terteidiguug erinnert nur allzusehr an sein Verhalten in einem âlinlichen laile im •Jahre 1798.2 Damais weigerto er sich, der Saizburger Regierung don Verisser oder Verleger der Sehrift: Gber bffeurliche .Lehraiistalten, jus- besondere über Lektionskataloge auf Universititeii" zu nennen, und ais ans seinem Buieherverlags- und Kom mission szettei ihm bewiescu wurde, daB er selbst der Verleger sei, fllhrte er aus, man nehme es damit nicht so geiian und bezeichne iiicbt selten Bâcher ais eigenen Verlag, die man in botriichtiichen Partien von anderen an sich gebracht habe. Wenn im Jahre 1806 Justizrat KieBiing Paim net, er soue angeben, Verleger und Drucker niclit zu kennen, und versicherte, (lie Angabe des Venfassers mache ihii nach don franzsischen Gesetzen gauz frci, so ist die letzterc Meinuiig irrig. Nach dem Gesetz vom 28. Germinal IV war die Verfolgung des Verlegers durchaus herechtigt, solange der unhokaunte Verfasser iiieht in der Gewait des Gerichtes war. Paim htto sich also durch eine Denunziation nieht retten kiinuen, und es ist ganz verkehrt, wenn man ibn ais eretes Opfer des Zeugniszwanges der Pressa verherrlieht bat. 4 Durci sein Leugnen schnitt Paim selbst dem Kniegsgenicht jede weitere Frage ah naeh dein Vertsser, und be.s. England und Ôsterreich, ruhig zusehen und ohne Starung des politiachen Gieichgewicht.s verstatten, daB die Niederlande, lIolland und dits linke Rhein- ufer uiiter franzsiscber Botmigkeit. bleibe. 1800. - Gesprache. eines Dorf- barbiers aber 3eistIiclikeit und Adel und derselben GOter. 1800. Siebe die Briefe bei Racki S. 46 f. Korrespondent von und fOr Dent schiand, Nürnberg, vom 1. Nov. 1863, n. 561. Siehe den Brief Ieclis vom 7. August, Scion Soden spricht S. 108 vol, dcm Ungrund des allgeniein ver- breiteten Gcr0chts. ale oh Faim sich geweigert habe, den Namen des Ver- fassers jener Flugechrift zu nennen, und die.ses ihm den rl•Od zugezogen hiit4e." Dai; pat freilich achlücht su der sonst aligemein verbreiteten Le- gende, der aiich Du Moulin, Zum hundert.sten Todestage Paims, and ich selbet, Gesch. d. I(heinbnndes 1 431, nocli gefolgt sind. Den richtigen Sachverhalt erkannte zucrst Dr. E. Beicke ha 1rankischen Kunier 1i06 voin 26. August. .6 388 Tlieodor Bitterauf. wenn man ihni auch keinen Glauben beimaB, so kounte mati au weitere Nachforschung cloch verzichten schon nach deni franziisi sehea Recht an sic-h, und daim, weil Otto ja den Verfsser ii Osterreich gesucht hatte; die Aktenstllcke, die dem Kriegsgerich vorgelegt waren, wurden überhaupt keiner weiteren Nachpriifun irnterzogeu. Über Paims Charakter fiilit ein Urteil nach den un heute au Gebote stehenden Quellen iiuBerst sciiwer. Wahrscheiij lich gehSrt er zu jenen damais nicbt. seltenen 1iinnern, die de kritisehe Geist der Aufklruug schon lange in die Opposition g driingt hatte; das Auftreteii der Franzosen und namentlieh di Gestalt des Frauzoseukaisers gal) ihrem Widerspruchsgeist neu Nahru.ng, und so wurdeii sic, vas ihuen selbst vielleicht filih€ ferne gelegen batte, deutsche Patrioten. Aber das Nationalgefiil jener Zeit war ein anderes ais heutzutage, und ais der Druck de Fremdherrsc.baft bescitigt war, hat es nicht die Friche getrage die man davon erwartete. lnimerhiii war es stark genug, di franz6sische Herrschaft au beseitigen, und dus ist sein Verdiens Napoleon aber erkaiinte frdhzeitig die Gefahr, die ihm von diese Seite drohte, und daraus erklilrt sich sein Vorgehen gegen Pab und seine Genossen. Die Entscheidnngsgrihide des Tjrteils ware ,,nic.ht sowcibl gegen Paim aIs gegen eine sogenanute Lehre ode mit anderen Worten, gegen die Feinde Napoleons gerichtet"; s sagt der Rezensent Sodens schon 1814. Paim wurde dus Opft der besonderen politisehen und inilitiirisehen Verhiiltnisse suint Zeit. Die Verantwortung ftir seineri Tod trifFt in absteigendei Grade Napoleon, Berthier, Soult, und in gewissem Siime auc Otto. Man kanu es Napoleon nicht verargen, wenn er, durch eir in einzelnen Punkten unzuverhissige Bericltterstattuug getiluseb 80 handeite, wie ei• gehaudeit bat. DaB or aber nieht daraul au ging, die Bheinbundsfirsten reclitios au machen, beweist die B guadigung Selioderers und die Uberweisung von Jeiuisch, Merckl

tber .ienieh und Schoderer siehe die friiher angefiihrten Schrifte Diedorf, cin Gef1hrte von Paim [Schoderer] im Bayerland. 14. Jg. 1003 n. etht1t apokryphe Aktenstdcke, die 1eder auch Racki S. 124 f. fur eeht hLI uibcr Merckle und Ljijk: W. Ganzhorn. der Lweiiwirth P. H. MErckle v Neckarsuini und der Kaufwann G. Link von Heilbronn etc. llcilhronu 187 Zvvei wiirzlmrgische TJnterthanen, deren Auslieferung der am groBherzoglich4 Hofe bevollmiiehtigte Minister IIiringer aw 16. Auguet wegen Verbreitur der Brochdre ,,Deutschlaiid u. s w" gefordert liatte, wurdco gerettet, mdc Der ProzeB gegen Johann Phili1p Palin und Konsorten 1806. 389 und dem durch letzteren in die Angelegenheit verwickelten Kauf- niann Link ans Heilbronn an die heimischen Behiirden zur Ab- inteilung. Berthier erkliirle die Milde seines Gehieters daraus, daB die von den Genannten verbreiteten Schriften gegen (lie aller- hi$chste Person S. M. geriebtet waren und nicht (lie Tendenz hatten, die deutsche BevIkerung gegen die franzsische Armee aufzuwiegelu 1; in Wirkliehkeit war der Zweek des Kaisers, ein Exempel zu statuieren, mit dem Tode (les einen erreicht, der keine so wirksamen Fiirsprecher 2 gefunden hatte ais seine Leideusgenossen. Auch eine geschicktere Verteidigung hitte ihn kaum zu retten vermocht; wenn er aber, wie Otto behauptet, seit lange bekannt war ais ,,propagateur de tous le libelles répandus en Allemagne pour soulever les peuples contre leurs souverains et contre les Français", so hutte er mindestens nach wiederholten Warnungen Von versehiedenen Seiten vorsichtiger sein mlissen. Aber was er auch gefehit haben mag, sein Name lebt ha deutschen Voike fort ais ,,Opfer napoleonischer T yrannei", und man hat lungsf beohachtet, daB Napoleon durch diesen Akt die Neigung der Siiddeutschen verlor. Aber aueh un Norden erregte Palms Schicksal die Ge- muter aufs lebhafteste, Vier Wochen nach seineni Tode, am 26. September, fand der franzisische Gesandte Laforest in Berlin im Kasino, dem Treffpunkt der guten tesellschaft, eine Subskrip- tionsliste zugunsten der Witwe ausgelegt, und die Verwirrung die gro&erzog1iehen Behrden die Untersuchung selbst in die 1and nahmen. Vgl. S. Gôbel in Archiv d. hist. Vereins von Unterfranken u. Aschaffenburg. Bd. :8 (Würzburg 1896) S. 263 f. Schreiben an Otto 9. Sept. Arch. des aif. étr. Bavière, supplément 1805/6. DaB die Bemerkuug Jenisch gegenèber nicht zutriift, branche ich nicht in bemerken. 2 Lin Schreiben von ialins Gattin an Otto (zuerst bei Soden, S. iii if., zuletzt bei Racki, S. 67 if.) blieb unheantwortet. Die Vorstellungen des Rates der Stadt Nurnberg bei Bernadotte (Rac.kl, S. 72 f.) waren von vornhereiu un nue falsehe Adresse gerichtet; vollenda das Ilandschreihen Max Josefs von Bayeru vom 25. Angust, das den k. Generaikommissar y. Thftrheim ermh- tigte, soweit or tunlich fade, sich mèglichst nachdrCcklic.h bei demsclben Marschall zu verwenden (Rackl, S. 7.3 f.), kam in spiit. Fftr Palm8 letzte Stunden ist auch der Racki unbekannt gebliebene Bericht des Totengrbers Techaumer, znerst 1843 in verschiedenen B1ttern gedruckt, heranzuzieben. Dail daB Urttil schon drei Stunden nach der Mitteilung an Paim voUstreckt wurde, mèchte ich nus der a1gemeinen Parteinahme der Bewohner Braunaus ftir den Verurteilten eckiaren. 390 Theodor Bit.terauf.

des Diplomaten war grenzenlos, ais mail ihn liber den Sachverhai aufkliir±e, da er riicht deutsch vorstand. Seine Meinung lihe diesen ,,Affront" driiekt ein anderer Franzose dahin ans: ,,I1 (Laforest prétend, que cest h cabale qui entraîne le chef et cest la natio] entière qui veut; il ny n las un seul opposant. Voilà du moin une cabale puissante." Andrerseits ist freilich die Frage berech tigt, oh nicht gerade clic Strenge gegen PaTin es wai die nachhe whrend der Krisis von Eylau und de, folgenden Monat.e (lei Fianzosen die Iluhe des deutscheu Volkes gewiilirleistete.

Beilage. Rapport de Mr. ladjutant commandant Binot, rapporteu dans laffaire des prévenus de distribution de libelles sur 1 territoire occupé par la grande armée. Messieurs! Nommé rapporteur dans laffaire importante qui von rassemble aujourdhui, je vais essayer de mettre sous vos yeux dans tou son jour un complot infâme et bien réel qui existe pour soulever les ha bitants de la Souabe et de la Bavière contre larmée française. Cest pou en venir à ces fins, que plusieurs agents se Pont répandus dans les ville principales de lAllemagne doù ils distribuent leurs libelles ,jusquaux point où ils peuvent atteindre. ( l est surtout à Augsbourg, ancienne ville impériale, que ces intrigue paraissent avoir pris un caractère plus sérieux. Le nombre considérabh des pamphlets répandus avec profusion jusque dans les cabanes des paysan n entièrement changé lesprit public en Bavière, le mécontentement s manifeste partout et même salis réserve. Une brochure allemande se vend à Vienne; elle -est intitulée le Français à Vienne. Cest un libelle injurieux contre notre auguste em pereur et son armée. Deux libelles étaient colportés en Souabe; le premier a pour titre Réflexions sur les efforts de Napoléon pour subjuguer toue les états et peuple.: de lEurope; le second: lAllemagne dans son plus grand avilissement Daprès les ordres de Sa Mt. le Roi de Bavière la régence de Souabe cherché à connaître les auteurs et colporteurs de ces écrits infImes. Ayan appris, que plusieurs exemplaires avaient été vendus par la librairie Sta à Augsbourg, elle a présent au commissaire de police (le cette ville d faire subir un interrogatoire à ce libraire: il résulte de cet interrogatoir

Brief des Agenten Perlet d. d. Berlin 27. Sept. 1806 in dem Bulleth de police vom 10. Oct. (Areh. Nat. A. F. 1V 1498). So Bignon in semer histoire de Franco, dci in der franzêeischer Literatur den Fali Paim am ohjektivsten betrachtet, 60 wie Lanfreys Urtei. nui einseitigsten und durch Sachkenntnis nicht getriibt ist. Der ProzeB gegen Johann Philipp Pahn und Konsorten 1806. 391

e. dont Mr. le bou. de Mont-gelas n donné connaissance à Mr. Otto, m de en Bavière comme il est rapporté dans la lettre du 28 jouillet d., ue le libelle n. 1 n été publié à Vienne dans la librairie (le Kupfer et due celui n. 2 a été envoyé à Augsbourg par le libraire Stein de Nuremberg. On n déposé en outre que plusieurs envois de ces écrits ont été faits à Munich et à Salzbourg, par les messagères de Vienne et de Nuremberg. Par le même interrogatoire il se trouve que lindividu arrêté et interrogé nest pas le libraire Stag, mais bien Frédéric Jenisch, commis de librairie de la veuve Stag; au reste ceci ne change rien à Fidendité de la personne et le crime est le même. Un autre libraire dAugsbourg nommé Steiger a aussi avoué que (loure exemplaires de ces pamphlets lui avaient été adressés par les mêmes voies, il résulte de sa déposition, que la librairie dEurichs à Lintz est en relation avec celle de Kupfer ô. Vienne pour faire distribuer ces écrits, en les envoyant à divers libraires dAllemagne. Un troisième libraire dAugsbourg, nommé Weith , a déposé que les dits libelles avaient été envoyés par le libraire Euricks de Lintz et quil en avait adressé quelques exemplaires en Suisse et (lu coté du Rhin. Ces deux pamphlets émanent donc évidement, le premier (le lAutriche par le moyen de Kupfer de Vienne et Euricks de Lintz qui les faisaient parvenir è St.ag, leur agents et à dautres libraires dAllemagne. Le second sort de la librairie de Stein de Nuremberg. Une observation qui se trouve dans une lettre de Me. Otto et qui prouve lue le complot était bien tramé et venait dautorités supérieures, cest que les libelles dont il est question sont envoyés gratuitement par les libraires Kupfer et Eurick. Un pamphlet dun autre genre a paru dans le commencement de ce mois; cest une prétendue généalogie de notre auguste empereur et de sa famille contenant de plates injures, maladroitement méchantes. Un exemplaire en tut apporté anonyme chez le pasteur de Mettingen qui eu fit part aussitôt à un major dartillerie logé (heu lui; cet officier fit courir après le messager, on latteignit et il fut conduit à Nordlingen près le général Morand. On lintcrroga et il avoua tenir le paquet quil avait remis au pasteur de Mr. Schoderer, négociant de Donavertlie. Tels sont, M, M., les faits dont javais à vous donner connaissance. Eux seuls suffiraient, sans doute, pour établir la culpabilité des prévenus. Mais je vais y joindre quelques réflexions sur les libelles qui vous sont présentés et qui forment la pièce matérielle et principale du délit. Jajouterai enfin le résumé (les preuves acquises sur chacun des individus, et jappellerai votre sévérité sur les coupables, auteurs ou colporteurs de ces écrits. Il ne sagissait rien moins, M. M., que de soulever les paisibles habitants de. la Ilavière et de la Souabe contre Farinée française. Les intentions de Sa M sont empoisonnées; les réflexions et les expressions

So schreibt auch Otto; gemeint ist J. S. Rieger. Veit-Ricger. 39 Theodor Bitterauf.

les plus outrageatites ny sont pas ménagées, et le gouvernement havaro y est avili et maltraité. Lauteur anon yme, quelquefois se couvrant du manteau dci patriotism fait un appel au peuple de lAllemagne, lui représente son prétend abaissement et lengage à rompre ses entraves et à reprendre sa liberté; ma changeant de style et de masque, il devient politique et sème lalarme si les prétendus projets denvahissement (le notre auguste empereur. Lexagération, la calomnie sont les moyens quil emploie; le désint ressement le plus profond semble régner dans ses écrits. Lintérêt d Peuples , le maintien des autorités sont donnés pour seuls motifs. Le piège est grossier et ne peut séduire lhomme éclairé des ville mais la masse générale, avide de nouveautés, simple dans sa croyance, reço avidement des suggestions perfides qui lui sont présentées sous les coulcu de la vérité et de lintérêt quinspire sa situation. Voilà ce quon appel ,.préparer les esprits. Le mécontentement, le mépris des chefs étant n cessaireinent la suite de semblables menées, il ne faut plus alors quul étincelle pour causer un incendie, mettre en révolte un peuple doux bon contre une armée brave et disciplinée et faire couler des flots de san Combien sont donc coupables ceux qui peuvent ainsi commander sang-froid le meurtre et lassassinat. Les libelles saisis dans la librairie Stag, lenvoi-qui en a été fait Plusieurs libraires, linterrogatoire de Frédéric Jenisch démontrent évid ment que cet individu était un des principaux colporteurs el distrihuteu de ces libcllc. Ce même interrogatoire et les factures fournissent égaleme la preuve que Kupfer, libraire à Vienne, et Euricks, libraire à Lintz, étaie] en correspondance pour répandre ces écrits en Allemagne. Les dépositioi de Steiger et de Veit, libraires dAugsbonrg, viennent ît leur charge. Le libraire Stem de Nuremberg ici présent, a fait à la librairie Sta à Augsbourg, Par la messagerie de Nuremberg lenvoi de douze exicinplairc du libelle B. , intitulé lAllemagne dans son plus profond avilissemen Linterrogatoire de Frédéric Jeuisch sert à cet égard de pièce de convictk suffisante. Stein a produit, comme pièce à décharge, un paquet de tro espèces de libelles que M. Preux, commis dans les bureaux de la légati( de la Diète de Ratisbonne, avait envo yés il y a plus (lun an à M. Schwane et Goetz, libraires à Mannheim, et qui lui étaient revenus dec le renvoi qui était fait à M. Preux par ce libraire de Manheim, lui, Stei luisant la commission, ignorant dabord son contenu et ensuite le devinai par un des exemplaires qui séchappe par un des coins du paquet déchir Il argue de là et il veut prouver à la commission que souvent les libraire qui sont en même temps commissionnaires, peuvent recevoir, expédier i avoir dans leurs magasins des libelles ou autres livres défendus et lignori absolument. Mais comment se fait-il (lue Stein garde cc paquet pendax six mois? cornaient ne découvre-t-il son contenu quau moment (le se servir pour sa justification? Car sil la connu avant, il est coupable é navoir pas dénoncé le nommé Preux et livré à la police tous les exen plaires quil pouvait avoir. Je regarde donc ces preuves matérielles comir. plutôt à charge quà décharge Deux des libelles sont eu allemand; l)er ProzeB gegen Johann Philipp Palin und Konsorten 18(G. 393 troisième est en français et réunit tout ce que la calomnie a du plus noir et de plus sôt en même temps contre notre auguste empereur, Certes, M. M., les intentions du commis de légation Preux nétaient pas pures en cherchant è. multiplier de semblables écrits et je ne puis mempêcher rie le dénoncer à qui de droit. Dans son interrogatoire, le nommé Stein déclare quil nest que le successeur de Stem, libraire décédé, dont il porte ]e nom, mais que le sien est Jean-Philippe Paim. Cet usage est commun en Allemagne, dans les villes de commerce; au reste, la différence de noni ne change pas lindividu. Johann Philipp Palni est bien le même qui, sous le nom de Stem, est convaincu davoir fait parvenir plusieurs exemplaires des libelles à la librairie Stag dAugsbourg, et davoir eu chez lui un paquet renfermant trois espèces de libelles, dont jai eu lhonneur de vous parler plus haut. Lautre délit qui se lie avec ceux, que je viens davoir lhonneur de vous dénoncer, parcequil tend an même but, est celui de Schoderer, négociant à Donaverthe, présent devant vous. Un manuscrit intitulé: Généalogie de lempereur Napoléon et de sa famille, est saisi chez le pasteur de Metting, qui, lui même, le remet aussitôt quil la reu au major dartillerie qui logeait chez lui. Le com- missionaire qui lavait apporté est arrêté, interrogé, et déclare quil le tient de Schoderer; celui-ci sévade aussitôt larrestation du coxnmissionaire et ne reparaît que lorsque son élargissement semble lui promettre sécurité. Arrêté lui môme, il avoue avoir envoyé au pasteur de Mcttiiig le manuscrit dont il est ci-dessus question, mais quil le tenait du nommé Merckle, aubergiste à Neckarsulm, quil nen connaissait que le titre, quil lavait envoyé sans le lire au pasteur de Metting; mais Schoderer (levait savoir limportance de cet écrit; toutes ses précautions servent de preuves; il écrit au pasteur sur lintérieur (le lenveloppe: ,,Lisez jusquau retour du messager" et ne signe pas, il recommande à la femme du messager de dire à son mari quil ne nomme pas celui qui lui avait remis ce manuscrit; il sévade à la nouvelle de larrestation du conunissionaire et ne rentre à Donaverthe quaprès son élargissement. Sil neut su que le titre, comme il le prétend, eût-il mis tant

Comme la commission doit mesurer sa sévérité à la nature et lénormité du délit quil me sembla avoir suffisamment démontré et prou et considérant., en outre, que partout où il y a une armée, le devoir chefs est de veiller à sa sûreté et à sa conservation, la commission ét convoquée à ces fins: Je conclus à ce que Frédérje Jenisch, commis de la librairie St dAugsl)ourg, Jean-Philippe Paim, sous le nom de Stem, libraire à Nure berg, Kupfer, libraire à Vienne en Autriche, Euric.ks, libraire à Lin Schoderer, négociant à Donaverthe, et Merckle, aubergiste à Neckarsu) soient condamnés à la peine de mort. Je conclus, en outre, à ce quil s imprimé en langue française et allemande six mille exemplaires du jugera pour être répandus en Allemagne et que les dénommés ci-dessus soit condamnés aux frais de la procédure et de limpression. Ladjutant commandant rapporteur (le la commission militaire. L. Binot..