Nicolas Collins Oehring, Nicolas Collins, Lou Reed, Konrad Sprenger SONIC ARTS LOUNGE Der New Yorker Performer, Kompo- MERZBOW a.k.a., Masami Akita, (Jörg Hiller) NICOLAS COLLINS/ALVINLUCIER nist und Klangkünstler, Jahrgang Radu Malfatti, Bernhard Guenter, Der Komponist, Musiker und Pro- 1954, studierte bei Mario Bertoncini (nuova conso- duzent ist 1977 in Lahr geboren Nicolas Collins ARNOLDDREYBLATT Komposition und arbeitete viele nanza) und Keiji Hainoand zusam- und lebt heute in . Sprenger Roomtone Variations Jahre mit David Tudor und der men. Der Schwerpunkt der Arbeit machte als Produzent Aufnahmen für Computer und Instrumentalisten (2013) Gruppe Composers Inside Electro- von Friedl liegt beim inside-piano, mit Künstlern wie Ellen Fullman, T HEO RCHESTRAOFExCITEDSTRINGS nics zusammen. Collins ist Pionier den Spieltechniken und Möglich­ Arnold Dreyblatt, Robert Ashley Fassung für Klavier im Berghain (2014) UA 15’ in der Verwendung von selbstent- keiten des Innenklaviers. und Terry Fox. Er spielte mit Bands 18 03201422UHR wickelten elektronischen Schalt- wie Ethnostress oder Ei sowie mit Reinhold Friedl, Klavier kreisen, sogenannten Handmade dem Künstlerkollektiv Honeysuckle Electronics, Mikrocomputern, Arnold Dreyblatt Company. Seit 2000 spielt er regel- BERG HAIN Radiogeräten, aufgelesenem geboren 1953 in , ist Kom- mäßig mit den Komponisten Alvin Lucier Klangmaterial und verfremdeten ponist, Performer und Bildender Arnold Dreyblatt und Ellen Fullman. MAERZMUSIKFESTIVALFÜRAKTUELLEMUSIK Musikinstrumenten. Unter ande- Künstler. Er studierte bei Pauline Gegenwärtig konzentriert er sich The Bird of Bremen Flies Through the Hou- rem hat er eine Kombination von Oliveros, und Alvin auf Live-Performances mit ses of the Burghers Posaune und Computer entworfen, Lucier und lebt seit 1984 in Berlin. computerge­steuerter, mehrkanali- (1972) Realisation für Fixed Media Innerhalb der zweiten Generation die es ihm erlaubt, gesampelte ger E-Gitarre. Seine Musik und von Nicolas Collins und Volker Straebel (2014) UA 11’ Klänge mittels der Posaune zu der New Yorker Minimal Komponis- inst­ allative Arbeit wurde in renom- steuern. In den 1990er Jahren lebte ten entwickelte er einen ganz eige- mierten internationalen Galerien Auftragswerk des Elektronischen Studios der TU Berlin, Fachgebiet und arbeitete Collins vorwiegend in nen kompositorischen Ansatz. Ende und Kunsthallen für zeitgenössi- Audiokommunikation, mit Unterstützung des DAAD Europa, vor allem in Amsterdam der 1970er erfand er eine Vielzahl sche Kunst präsentiert. und Berlin, wo er Gast des Künst- an neuen Instrumenten, Auffüh- lerprogramms des DAAD war. Er ist rungstechniken sowie ein Arnold Dreyblatt & Chefredakteur des Leonardo Music Stimmungs­system und formierte Joachim Schütz Journal und Professor am Art Insti- und leitete zahlreiche Ensembles Der Musiker und Produzent, geboren The Orchestra of Excited Strings tute of Chicago. unter dem Titel „The Orchestra of 1969 in Hamburg, spielt E-Gitarre Excited Strings“. Seine Musik sowie Electronics live und im Studio. konrad Sprenger (Jörg Hiller) beschreibt er als transzendent und Seit 1990 ist er Mitglied der Band Alvin Lucier ekstatisch, sie steht unter dem Ein- Metabolismus. Als Produzent und Litotes (2012) Der US-Amerikaner, Jahrgang 1931, fluss der amerikanischen Avant- Künstler arbeitet er u.a. mit Ellen ist ein Komponist, dessen Stücke garde und wird oft als rock-orien- Fullman, Ja König Ja, Pantha du Arnold Dreyblatt und Installationen den Akt des tierter Minimalismus beschrieben. Prince, Turner, Jeans Team, Cluster Hörens auf besondere Weise erfahr- Seit 1984 ist er auch als Performer Bomb Unit, Konrad Sprenger, Nodal Excitations (1979) bar machen. In vielen seiner Werke und Bildender Künstler aktiv. Arnold Dreyblatt, Mense Reents, wie der „Music for Solo Performer“ Gegenwärtig hat er eine Professur Phillip Sollmann, Samara Lubelski, Ensemble Kompositionen aus dem Jahr 1965, in der Lucier für Medienkunst an der Muthesius Die Vögel, Depeche Mode, Animal mit seinen Gehirnstr­ ömen und Kunsthochschule in Kiel inne. Collective, AA Records und Phan- Spedition mittels einfacher Übertragungs- tom & Ghost zusammen. Seit 1993 Fast in Place technik Perkussions­instrumente arbeitet er für Filmproduktionen. Odd Shuffle zum Klingen bringt, werden physi- The Orchestra of kalische Prozesse Ursprung der Excited Strings Sustain klanglichen Ereignisse. Oft gleichen Das Orchester in der Besetzung mit Robin Hayward Name Game seine Stücke experimentellen Ver- Arnold Dreyblatt (Excited Strings Der Tubist und Komponist, geboren suchsanordnungen, in denen Bass, Electronik), Konrad Sprenger 1969 in Brighton, England, lebt seit Arnold Dreyblatt, Excited String Bass / Elektronik eigentlich Unhörbares hörbar (Jörg Hiller), (Perkussion, digital 1998 in Berlin. Er führte völlig neu­ gemacht wird. Seit 1982 arbeitet gesteuerte E-Guitarre), Joachim artige Spieltechniken für Blechblas- Konrad Sprenger (Jörg Hiller), Berliner Festspiele Alvin Lucier in seinen Werken auch Schütz (modifizierte E-Guitarre) instrumente ein, insbesondere Perkussion / digital gesteuerte E-Gitarre Ein Geschäftsbereich der Kulturveranstaltungen des Bundes in Berlin GmbH mit Interferenztönen, die sich aus und Robin Hayward (mikrotonale durch die Entdeckung des Joachim Schütz, modifizierte E-Gitarre Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien dem Zusammenklang von Sinus­ Tuba) hat Dreyblatt im Jahr 2009 Geräuschventils und später, im Robin Hayward, mikrotonale Tuba Intendant Dr. Thomas Oberender aus einer langen Zusammenarbeit Jahr 2009, durch die Erfindung der tönen und traditionell gespielten Kaufmännische Geschäftsführung Charlotte Sieben ersten ganz und gar mikrotonalen Instrumenten ergeben. mit den Musikern heraus für In Zusammenarbeit mit Technische Universität Berlin − gemeinsame Aufführungen und Tuba. 2012 erfand er das „Hayward Fachgebiet Audiokommunikation – Elektronisches Studio. Künstlerischer Leiter Matthias Osterwold Projekte formiert. Das Ensemble Tuning Vine“, ursprünglich als eine In Kooperation mit Berghain Organisationsleitung Ilse Müller Reinhold Friedl spielte erstmalig in dieser Beset- Visualisierung des harmonischen Mitarbeit Ina Steffan / Hélène Philippot / Chloë Richardson / geboren 1964, lebt seit 1987 in Ber- zung bei Nymusikk in Oslo und Raums, den die mikrotonale Tuba Marie von der Heydt Programmberatung Volker Straebel lin. Er studierte Klavier, Mathema- beim Festival Impakt in Utrecht. Als impliziert. Seine Herangehensweise an das Instrument und seine Mög- Redaktion Barbara Barthelmes / Melanie Uerlings / Christina Tilmann tik und Musikwissenschaft in Stutt- Trio (ohne Robin Hayward)folgten Technische Leitung Matthias Schäfer / Andreas Weidmann gart und Berlin und gründete und weitere Konzerte bei vielen interna- lichkeiten ist u.a. mit der CD „Valve leitet das Ensemble Piano-Inside- tionalen Festivals. Nun begrüßt das Division and States of Rushing“ Grafik Ta-Trung, Berlin Out und Zeitkratzer. Als Pianist und Ensemble erneut Robin Hayward gut dokumentiert. 2005 gründete Christine Berkenhoff (Berliner Festspiele) / Fleck · Zimmermann Komponist arbeitete er mit Künst- im Bunde und präsen­tiert bei er das Blechbläserensemble lern wie etwa Lee Ranaldo (Sonic MaerzMusik erstmalig die „Motor Zinc & Copper Works. Programm- und Besetzungsänderungen vorbehalten Youth), Phill Niblock, Helmut Guitar“ von Konrad Sprenger. Das Gesamtprogramm des Festivals ist zum Preis von 5 € erhältlich

MM14_6stg_18.03._SAL_CollinsLucierDreyblatt__RZ.indd 1 BFS_MM14_Titelseiten_Abendzettel_11-20_RZ.indd 6 03.03.201428.02.14 10:44:28 11:58 Roomtone Variations Nodal Excitation

In „Roomtone“ werden die Resonanzfrequenzen des Konzertsaals per Computer in Echtzeit nachgezeichnet. Im Frühjahr 1979 wurde ich gebeten, ein Solostück bei einem New Yorker Performance Festival aufzuführen. Dies geschieht mittels akustischer Rückkoppelungen, das Ergebnis wird in einem linierten Notensystem Ich hatte damals ein ganzes Repertoire an einzelnen perkussiven Spieltechniken und Techniken mit dem an die Wand projiziert. Die stärksten, resonanzreichsten Töne erscheinen als erste auf der linken Seite des Bogen entwickelt. Diese verbanden sich zu einer kontinuierlichen rhythmischen Technik, mit deren Hilfe ich Notensystems, die schwächsten am rechten Ende. Sobald die Notenlinien gefüllt sind, beginnen die Musiker Obertonakkorde über den Grundtönen hervorrufen konnte. Diese Technik basiert auf einer Kombination Variationen über die Töne, die jeweils in dem projizierten Notensystem markiert werden, zu improvisieren aus Bogenstrichen und Bogenschlägen, bei denen ein kurzes Stück des Bogens in Kontakt mit der Saite und bewegen sich auf diese Weise allmählich durch die dem spezifischen Raum digital abgehörte „architek- gebracht wird und dabei auf und ab bewegt wird. Wenn das Schlagen des Bogens betont wird, überlagert tonische Tonreihe“. Mein Dank gilt Nick Didkovsky und Georg Hajdu für ihr intelligentes MaxScore- der unharmonische Charakter des Anschlags den Klang, und wenig Resonanz wird erzeugt. Wenn ein langer Notenschreibprogramm. Abschnitt des Bogenhaars die Saite berührt, ist das Klangresultat ebenfalls resonanzarm. Nachdem ich die- ses Stück eine längere Zeit nicht aufgeführt hatte, begann ich es Ende der 1990er Jahre wieder zu spielen Nicolas Collins und weitete dabei allmählich seinen Umfang und seine Dynamik aus.Die durchgehende Grundschwingung wird zu jeder Zeit bei allen Saiten beibehalten; jegliche Änderung in der Tonhöhe geschieht in der Obertonst- ruktur. Eine Verkürzung der klingenden Saite wird nie durch „sordiniertes“ Spiel oder Spiel auf dem Griffbrett erzielt. Vielmehr werden einzelne Oberton- und Partialtonschwingungen einbezogen und dem Instrument entlockt. Diese werden zuweilen an den Schwingungs­knoten der Saiten isoliert.

Arnold Dreyblatt

Alvin Lucier © Kai Bienert

RMSIM 1, Der Vogel von Bremen fliegt durch die Häuser der BüRGER

Zu den weniger bekannten Kompositionen Alvin Lucier nicht an eine erneute Realisation Alvin Luciers gehört ein Stück mit dem rätsel- gedacht zu haben. Unsere Fassung, die mit haften Titel „RMSIM 1, Der Vogel von Bremen Zustimmung des Komponisten als Auftrags- fliegt durch die Häuser der Bürger“, wobei werk des Elektronischen Studios der TU Berlin RMSIM als „Raum-Simulation“ aufzulösen ist. entstand, stützt sich auf zeitgenössische Pro- Das Stück entstand als Auftragskomposition grammnotizen Luciers sowie Aufzeichnungen für Radio Bremen und wurde am 6. Mai 1972 von Nic Collins, der als Student Luciers dessen im Rahmen des Festivals Pro Musica Nova Vorlesung „Introduction to Electronic Music“ uraufgeführt. im Frühjahrs­semester 1973 besuchte. Im Archiv von Radio Bremen findet sich ein Die Realisation entstand im Austausch mit Stereo-Mitschnitt der Aufführung mit der dem Komponisten und Kollegen des Fach­ Bezeichnung „computer-gesteuertes sound gebiets Audiokommunikation der TU Berlin, environment“ und der Hinweis, dass das vier- die uns bei der Anwendung aktueller Software kanalige Steuer-Tonband an der Wesleyan zur Raumsimulation unterstützten. Nicolas Collins © Kai Bienert Dreyblatt – The Orchestra of Exited Strings © Pieter Kers Universität in Middletown, Connecticut, an „RMSIM 1“ geht aus vom Bild eines Vogels, der der Lucier bis zu seiner Emeritierung lehrte, durch verschiedene Räume fliegt. Der Vogel ist Spedition Arnold Dreyblatts Orchestra of Excited Strings spielt in einem 20-tönigen erstellt wurde. Ob bei der Uraufführung ein gleichzeitig Verursacher und Hörer der Klänge. System, das nicht gleichschwebend temperiert ist und auf dem Oberton- Ton­band abgespielt wurde oder eine live- Wir folgen unserem Quellmaterial durch Fast in Place spektrum basiert. Für sein Ensemble hat er neue Musikinstrumente elektronische Performance stattfand, lässt wechselnde Raumakustiken, die durch dieses Litotes (2012) Odd Shuffle erfunden, herkömmliche Instrumente abgeändert und neuartige Spiel- sich nicht mehr rekonstruieren. Dem Pro- artikuliert werden und es zugleich in seinen techniken entwickelt. Das Tonsystem von Dreyblatt geht vom dritten, grammzettel einer Aufführung am 9. Mai 1973 klanglichen Eigenschaften unterschiedlich Das Stück erforscht rhythmische Muster, die auf euklidischen Algorithmen basieren, Sustain fünften, siebten, neunten und elften Oberton und deren Vielfachen aus. an der ist zu ent­nehmen, beleuchten. um eine Art kognitive Unsicherheit durch metrische Dissonanzen hervorzurufen. Die in mathematischer Relation stehenden Obertöne werden in ihren dass „RMSIM 1“ als „Echtzeit Raumklang Kon- Konrad Sprenger behandelt die Gitarrensaiten als Frequenzgeneratoren, die durch Name Game tonalen Bezügen hörbar wahrgenommen, wenn sie transponiert werden trollsystem“ konzipiert war, bei dem Konzert Volker Straebel verschiedene elektronisch gesteuerte, mechanische Aktionen in Bewegung gesetzt und über einem Grundton erklingen. aber der Stereo-Mix einer 4-Kanal-Aufnahme werden. Die Musik bezieht sich auf die insistierenden Rhythmen von Minimal Music, Die ersten vier Ensemblestücke wurden für die „excited string“-Bass, gespielt wurde. Das Original-Band wurde Krautrock und Techno und deren gemeinsame Absicht, eine Art von Transzendenz modifizierte E-Gitarre, Schlagzeug und für die über Computer gesteuerte mit einem PDP-10 Rechner von DEC (Digital durch vorwärtstreibende, ein breites Klangspektrum umfassende Klänge zu erzielen. mehrkanalig verstärkte Gitarre komponiert. Für das letzte Stück „Name Equipment Corporation) erzeugt. Das speziell für Konrad Sprenger angefertigte Instrument wurde von ihm entworfen Game“, spielt Dreyblatt die Obertonreihen mit einem Hammond-Drawbar- Von „RMSIM 1“ ist keine Partitur überliefert. und von Sukandar Kartadinata und Daniel van den Eijkel in Berlin gebaut. Emulator, der den Klang einer klassischen Hammond-Orgel nachahmt. Zur Entstehungszeit von „RMSIM 1“ scheint

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