SWR2 Oper : „

Sendung: Sonntag, 13. Dezember 2020, 20.03 Uhr Redaktion: Bernd Künzig

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„Roberto Devereux“ heißt die dritte und letzte der historischen Opern des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti, in der er sich mit dem Schicksal des englischen Herrschergeschlechts der Tudors befasste. Nach Heinrich VIII. im „Erstling“ der „“ steht in dieser Oper als Herrscherfigur seine Tochter Elisabeth I. im Zentrum. Sie war schon eine entscheidende Figur in der Oper „Maria Stuarda“, aber dort in der Konfrontation mit der Titelfigur: ein Wettstreit zweier Operndiven. Hier nun, im „Roberto Devereux“, ist die englische Regentin, die jungfräuliche Königin, das Epizentrum der ganzen Handlung und eine Partie, die auch heute noch eine Primadonna Assoluta erfordert. In unserer heutigen Aufnahme wird Edita Gruberova diese Rolle übernehmen. 1837 wird die Oper in Neapel uraufgeführt. Ein großer Erfolg für den Komponisten, der allerdings nicht über die schwierigen Lebensumstände Donizettis hinwegtäuschen soll, in der sie entstanden ist. In der Tat befand er sich in einer schweren Lebenskrise. Im Jahr zuvor waren seine Eltern gestorben. Seine Frau Virginia erlitt eine Totgeburt und auch das danach auf die Welt kommende Kind starb bei der Geburt. Und ihm folgte dann auch noch seine Frau selbst mit nur 28 Jahren. Wir wollen nicht zynisch erscheinen: vielleicht ist aber Donizetti gerade in dieser Krise seine vielleicht größte Operntragödie gelungen, die nicht mit dem Tod der Protagonistin endet, sondern in Verzweiflung und Untergang. Es geht um die letzte große Liebe Elisabeths zu Robert Devereux, dem Earl of Essex, die in Verrat und Untreue und seiner Hinrichtung enden wird. Die Königin stürzt sie in tiefe Bitterkeit, aus der heraus sie beschließt, für immer die jungfräuliche Königin zu bleiben. Mit ihr stirbt schließlich auch das Geschlecht der Tudors auf dem englischen Königsthron aus.

Zum Verständnis der Opernhandlung ist die historische Vorgeschichte wichtig. Robert Devereux wurde als Günstling der Königin als Statthalter in das rebellische Irland geschickt. Dort hat er mit den Aufständischen auf eigene , ohne Billigung der Königin und ihrer Berater, einen Waffenstillstand geschlossen. Deshalb wird er zurückbeordert und wartet nach einem erneuten Aufstandsversuch der Iren auf seinen Prozess wegen Hochverrats in London. Soweit die Vorgeschichte und Rahmenbedingungen.

Im ersten Akt befinden wir uns am Hof in Westminster. Sara, die Hofdame der Königin und Gattin des Herzogs von Nottingham, ist schwer gerührt und kann sich ihrer Tränen nicht erwehren. Gerade hat sie die Geschichte der Fair Rosamond Clifford, der Geliebten von König Heinrich II. vorgetragen und in deren traurigem Schicksal ihr eigenes wiedergespiegelt gefunden. Sie ist nämlich in Robert Devereux verliebt, der auch noch der beste Freund ihres Gatten ist. Die hinzukommende Königin erklärt, dass sie Robert eine Audienz gewähren wird und versuchen will, ihn von der Anklage zu befreien, wenn sie sich seiner Treue versichern kann. Denn auch sie ist ihn verliebt und nur diese Liebe würde sie überhaupt noch am Leben halten, wie sie völlig ahnungslos ihrer Rivalin um die Gunst Roberts erklärt. Deshalb hat sie sich auch bislang geweigert, das ihr vom Rat vorgelegte Todesurteil zu unterzeichnen. Es waren ja Zeiten, in denen man rasch seinen Kopf verlieren konnte. In ihrer Audienz versichert sie Robert, dass der Ring, den sie ihm einst geschenkt hat, das Pfand seiner Sicherheit ist. Die Königin träumt sich in die längst verflossenen Tage ihrer Liebesbeziehung zurück. Und Robert ist ungeschickt: er reagiert leichtfertig, weil er glaubt, die Königin kenne sein Verhältnis zu Sara. Da erkennt sie, dass sie sich nur seiner Treue, nicht aber seiner Liebe versichern kann. Voll Zorn stürzt sie davon, um das Todesurteil zu unterzeichnen.

Der nichtsahnende Nottingham kommt jetzt hinzu, hocherfreut seinen besten Freund nach seiner Rückkehr umarmen zu können und erkennt dessen Verzweiflung. Nottingham berichtet ihm von seinen eigenen Sorgen: seine Frau Sara sei ohne erkennbaren Grund schwermütig. Sie sei neulich über einem von ihr selbst gestrickten blauen Schal zusammengebrochen. Der zurückgebliebene Robert gerät nun in noch größere Verzweiflung.

Im zweiten Bild schleicht sich Robert in die Gemächer Saras. Er wirft ihr Untreue vor. Doch Sara erklärt ihm, dass Elisabeth sie gezwungen habe, Nottingham zu heiraten. Er hingegen

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3 würde ja immer noch den Ring tragen, den ihm die Königin geschenkt hat. Robert streift ihn ab und wirft ihn auf den Tisch als Beweis seiner Liebe zu Sara. Sie gibt ihm darauf ihren blauen Schal als Liebespfand. Aufgrund seiner aussichtslosen Lage beschließt er zu fliehen.

Es folgt der erste Akt aus Gaetano Donizettis „Roberto Devereux“ mit:

Elisabeth, Königin von England: Edita Gruberova Herzog von Nottingham: Ettore Kim Sarah, Herzogin von Nottingham: Delores Ziegler Robert Devereux, Graf von Essex: Don Bernardi Es singt der Chor der Opéra du Rhin.

Das Orchestre Philharmonique de Strasbourg spielt unter der Leitung von Friedrich Haider.

Musik: Gaetano Donizetti: „Roberto Devereux“, 1. Akt (62:22)

Im SWR2 Opernabend heute „Roberto Devereux“ von Gaetano Donizetti, dem letzten Teil seiner Trilogie über das englische Herrschergeschlecht der Tudors und Elisabeth I. Trotz der schwierigen Entstehungsumstände zählt die Oper zu den gelungensten Schöpfungen Donizettis. Jedenfalls ist sie ein Musterbeispiel für sein Verständnis einer historischen Oper. Wie viele seiner Zeitgenossen war auch er von den romantischen Strömungen seiner Zeit fasziniert. In Italien spielte dabei die englische Romantik eine zentrale Rolle. Gespensterhaftes in Schlössern und nächtliches Geschehen war auch dort beliebt. Ein Musterbeispiel für diese Tendenz ist Donizettis zurückliegende Oper „Lucia di Lammermoor“. Sie beruht auf einem romantischen Roman Walter Scotts. In der Musik überwiegt denn auch Stimmungshaftes. Klanglich werden Naturstimmungen heraufbeschworen. Der Wind heult, der Regen rauscht und das Gewitter kracht herein. Äußere Stimmungen werden zur Wiederspiegelung des inneren seelische Geschehens und der Wahnsinn gehört geradezu zum Normalfall der in extreme Höhen getriebener Stimmlagen.

Davon unterscheidet sich das historische Tableau des „Roberto Devereux“ nun grundlegend. Hier gibt es diese äußeren Stimmungslagen nicht. Alles ist hier auf das historische Geschehen konzentriert, aus dem die emotionalen Konflikte erwachsen. Auf die Einflüsse der englischen Romantik geht schlussendlich das historische Geschehen zurück. Wie die zeitnahe große Oper, für die Gioachino Rossini mit seiner Schiller-Vertonung des „Guillaume Tell“ einen wichtigen Grundstein legte, gelingt es auch Donizetti in seinen historischen Sujets Tableaus, also geschlossene Bilder zu entwerfen, mit denen die bislang übliche Abfolge musikalischer Nummern, verbunden durch Rezitative, aufgelöst werden kann. Hier sind es schon geschlossene Abläufe, die in Richtung des Musikdramas zielen. Also eines Ablaufs, der das Sprechtheater in die Oper überführt. Und so basiert der „Roberto Devereux“ auch auf heute wahrscheinlich zu Recht vergessenen französischen Theaterstücken. 1829 war ein Stück um Elisabeth und den Earl of Essex aus der Feder eines gewissen Jacques Arsène Francois Polycarpe Ancelot erschienen. Der Name ist so lang wie heute belanglos. Vorausgegangen war dem im Jahr 1787 eine Tragödie von Jacques Lescène. Entscheidend ist, dass der italienische, literarisch sehr begabte Autor Felice Romani aus diesem Stoff ein Opernlibretto formte. Allerdings nicht für Donizetti, sondern für Saverio Mercadante im Jahr 1833. Für Donizetti hatte Romani wiederum die wichtigsten Libretti geschrieben, so auch für den ersten Teil seiner Tudor-Trilogie „Anna Bolena“. Zum Zeitpunkt des „Roberto Devereux“, also 1837, hatte sich Romani aus dem Librettogeschäft zurückgezogen. Der Vielbeschäftigte war damals mit der Herausgabe einer Literaturzeitschrift befasst. Den Text für Donizettis Oper verfasste deshalb Salvatore Cammarano, der auch ein von Verdi häufig engagierter Librettist werden sollte. Wahrscheinlich nicht zu Unrecht hatte sich Cammarano an Romanis Libretto für Mercadante orientiert. Allerdings so stark, dass ihm das sogar Plagiatsvorwürfe

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4 einbrachte. Jedenfalls bewährt sich die architektonische Geschlossenheit der Szenen ganz wunderbar für den kompositorischen Einfallsreichtum Donizettis. Dabei wurde man ursprünglich direkt nach einer kurzen Einleitung ins Geschehen geworfen, als seien wir hier im Sprechtheater: Der Vorhang geht auf und schon beginnt die Rede, in diesem Fall die Klangrede. Erst späteren Aufführungen ließ Donizetti eine brillante Ouvertüre folgen, die nicht motivisch mit dem Weiteren verbunden ist, sondern thematisch. Wie wir auch in unserer Aufnahme gehört haben: die Ouvertüre basiert auf der englischen Nationalhymne mit ihrem Thema „God save the queen“. Und musikalisch lenkt Donizetti damit die Ohren ganz auf Elisabeth. Alle anderen Figuren sind zwar wichtig, aber dieses historische Kammerspiel konzentriert sich auf den Verfall und Untergang der Königin.

Zu Beginn des zweiten Akts erwartet die Hofgesellschaft Nachricht über das Schicksal Devereux. Elisabeth tritt genau in dem Moment auf, als Lord Cecil verkündet, man habe den Angeklagten trotz seiner Verteidigungsreden zum Tode verurteilt. Walter Raleigh berichtet ihr auch, dass man bei seiner Verhaftung bei ihm einen blauen Schal gefunden habe. Elisabeth befiehlt Robert zu sich, während Nottingham von der Königin die Unterschrift unter das Urteil einzufordern hat. Verzweifelt versucht er die Königin zur Gnade zu bewegen. Sie will natürlich nicht, weil sie den Beweis seiner Untreue, eben jenen blauen Schal vor sich hat. Und sie konfrontiert Robert mit diesem Liebespfand. Nottingham und Robert sind beide entsetzt. Robert, weil er den Zorn der Königin fürchtet, Nottingham weil er die Untreue seiner Frau erkennt und sich von seinem Freund hintergangen fühlt. Im allgemeinen Aufruhr zieht Nottingham sein Schwert und will sich auf Robert stürzen. Doch der verweigert jede Auskunft über die Herkunft des Liebespfands. Elisabeth lässt ihn abführen und unterschreibt das Urteil.

Im zweiten Akt von Gaetano Donizettis „Roberto Devereux“ singt Edita Gruberova Königin Elisabeth, Ettore Kim ist der Herzog von Nottingham und Don Bernardi Robert Devereux. Benoît Boutet ist Lord Cecil und Merin Kazbek Walter Raleigh. Der Chor der Opèra du Rhin und das Orchestre Philharmonique de Strasbourg. Der Dirigent ist Friedrich Haider.

Musik: Gaetano Donizetti: „Roberto Devereux“, 2. Akt (25:53)

Das war der zweite Akt aus der Oper „Roberto Devereux“ von Gaetano Donizetti. Im SWR2 Opernabend spitzt sich das Schicksal der Tudors mit der Tragödie von Elisabeth I. zu. Donizettis Oper war nach ihrer Uraufführung ein enormer Erfolg beschieden. Und die Richtung des Musikdramas sollte nicht ohne Einfluss bleiben. Ein Komponist wie Giuseppe Verdi konnte schon während seiner Anfänge die Technik Donizettis sehr genau kennen lernen. Als sein Erstling „Oberto“ 1839 in Mailand geprobt wurde, fanden gerade Aufführungen des „Roberto Devereux“ an der Scala statt. Und gerade für seine historischen Stoffe bis zum sehr viel späteren großen Geschichtspanorama des „Don Carlos“ konnte Verdi bei seinem Vorläufer lernen, wie man die Haupt- und Staatsangelegenheit mit dem intimen Kammerspiel verbindet. Genau dafür ist der „Roberto Devereux“ ein geradezu geniales Beispiel in Hinblick auf die formale Architektur. Hinzu kommt nun Donizettis unerreichte Fülle an melodischer Einfallskraft, die diese historische Oper auch zu einem Höhepunkt des Bel Canto macht.

Auf den ersten Blick mag es nun erstaunen, dass die Oper sich nicht über die Mitte des 19. Jahrhunderts hinaus im Repertoire behaupten konnte, im Gegensatz zu anderen Werken Donizettis. Immerhin: seine „Lucia di Lammermoor“ sollte selbst in Gustave Flauberts großem Frauenroman „Madame Bovary“ eine zentrale Rolle spielen. Lange Zeit galt der „Roberto Devereux“ dagegen als ein Geheimtipp. Und es dauerte bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, dass das Stück eine Renaissance erleben sollte. Das hängt sicher auch mit den enormen vokalen Ansprüchen zusammen, die Donizetti hier nahezu an alle Partien

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5 stellt, insbesondere aber an die Sängerin der Elisabeth. Und die Primadonna Assoluta war zu Ende des 19. Jahrhunderts etwas aus der Mode gekommen. Hier überwiegen der lyrische oder der hochdramatische Sopran. Beide sind eigentlich ungeeignet für diese emotionalen wie hochartifiziellen Vokalkünste. Im Grunde braucht es, salopp gesagt, eine gut geschmierte Gurgel, um mit Tempo und Höhe klar zu kommen. Man muss sich das als eine Kombination aus all den Virtuositäten der barocken Stimmkunst und dem emotionalen Totaleinsatz der Romantik vorstellen. Letztlich war es eine überragende Sängerin wie Maria Callas, die dem Bel Canto wieder eine Bühne schuf. Und das zu Beginn ihrer Weltkarriere in Verbindung mit dem Regisseur und Filmemacher Luchino Visconti, der die italienische Oper des frühen 19. Jahrhunderts wieder ernst nahm und sie den routinierten Schlampereien der damals üblichen Aufführungspraxis entriss. Eine Oper wie der „Roberto Devereux“ verlangt eben nicht nur Aufmerksamkeit für die musikalische Sorgfalt, sondern eine ebensolche für seine szenische Umsetzung. Musik und Szene, Handlung und Stimme erzwingen hier eine bedingungslose Einheit. Donizettis Bel Canto-Oper ist dabei nicht anders zu realisieren als ein Musikdrama des Gesamtkunstwerkers Wagner. Das wird allzu oft verkannt im Kontext eines veräußerlichten Starbetriebs geölter Gurgeln. Das ließ sich nun weder von Maria Callas und ihrer beseelten Hingabe an die Rollen sagen und genauso wenig von Edita Gruberova, die sich mit der gleichen bedingungslosen Hingabe für eine Wiederbelebung des Bel Canto und der Primadonna Assoluta eingesetzt hat. Das ist auch in unserer Aufnahme unter der Leitung ihres Mannes Friedrich Haider zu hören, die wir nun mit dem dritten Akt beschließen. Und damit auch das Schicksal der englischen Königin.

Roberto fleht in einem Abschiedsbrief Sara an, Elisabeth den Ring zurückzugeben und sie damit an ihr Versprechen der Unversehrtheit zu erinnern. Nottingham entreißt ihr den Brief und ihre Unschuldsbeteuerungen überzeigen ihn nicht. Schlimmer: er will sie so lange gefangen setzen, bis Roberts Kopf fällt. Robert hofft in seinem Gefängnis im Tower indes noch immer auf ein Gelingen der Mission Saras. Er selbst will nur noch Saras Ehre retten und sich dann von Nottingham töten lassen, um auch den Freund von seiner Treue zu überzeugen. Doch alles ist zu spät. Raleigh lässt den Verurteilten zum Schafott führen.

Elisabeth sucht derweil voller Reue einen Ausweg aus dem Verhängnis. Sara stürzt herein, übergibt den Ring und gesteht, dass sie ihre Rivalin sei. Jetzt will Elisabeth einen Hinrichtungsaufschub anordnen. Doch ein Kanonenschuss signalisiert den Vollzug des Urteils. Nottingham triumphiert. Elisabeth lässt Sara und ihren Mann abführen. Und jetzt überwältigt sie der Alptraum: sie sieht in einer Vision den enthaupteten Robert. In ihrem Wahn verzichtet sie auf den Thron und überlässt ihn ihrem Widersacher Jakob Stuart, dem Sohn von Maria Stuart, die Elisabeth ebenfalls hinrichten ließ. Sie küsst den Ring und fällt ohnmächtig nieder.

Die Mitwirkenden des letzten Aktes:

Elisabeth, Königin von England: Edita Gruberova Herzog von Nottingham: Ettore Kim Sarah, Herzogin von Nottingham: Delores Ziegler Robert Devereux, Graf von Essex: Don Bernardi Sir Walter Raleigh: Merin Kazbek Ein Page: Francis Richert

Es singt der Chor der l'Opéra du Rhin. Das Orchestre Philharmonique de Strasbourg leitet Friedrich Haider.

Musik: Gaetano Donizetti: „Roberto Devereux“, 3. Akt (41:04)

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Das war der letzte Akt aus Gaetano Donizettis Oper „Roberto Devereux“. Wir hörten Edita Gruberova als Elisabeth, Königin von England: Der Herzog von Nottingham war Ettore Kim. Delores Ziegler sang seine Frau Sara. Robert Devereux, Graf von Essex: Don Bernardi, Sir Walter Raleigh: Merin Kazbek, ein Page: Francis Richert. Es sang der Chor der 'Opéra du Rhin. Das Orchestre Philharmonique de Strasbourg. Der Dirigent war Friedrich Haider.

Gaetano Donizetti war nun nicht der einzige Komponist, der sich auf der Opernbühne mit der Beziehung von Elisabeth I. zum Lord Essex befasste. Im 20. Jahrhundert sollte ihm der Engländer Benjamin Britten mit seiner Oper „Gloriana“ folgen. Die Oper war ein Auftragswerk des Royal Opera House Covent Garden in London aus Anlass der Krönung von Elisabeth II. 1953. Nun wählte Britten für diesen Auftrag ausgerechnet die unglückliche Beziehung einer Vorgängerin auf dem englischen Thron mit einem ihrer Günstlinge. Nicht alle nahmen das damals mit Wohlwollen zur Kenntnis. Und sicher hatte Britten auch die Absicht, der frisch gekrönten Königin eine Art Lehrstück vorzuspielen. Denn der Komponist war als eher linksgerichteter Intellektueller nicht gerade ein glühender Anhänger der Monarchie.

Das Libretto von William Charles Franklin Plomer basiert auf dem Roman über Elisabeth und Essex von Gilles Lytton Strachey und hält sich weitaus mehr an die historischen Fakten als der „Roberto Devereux“ Donizettis. So ist Robert Devereux hier bereits verheiratet, das Verhältnis mit der Königin liegt länger zurück. Die Oper konzentriert sich auf den Ehrgeiz von Essex, nach Irland geschickt zu werden, wo er den Auftrag der Königin, den Aufstand niederzuschlagen, nicht erfüllt. Das wird ihm zu Verhängnis und Elisabeth lässt ihn hinrichten. Brittens Oper ist dabei eine nicht unaufwändige Mixtur aus großer historischer und politischer Oper einerseits und einer Kammeroper andererseits, in der das komplexe Verhältnis zwischen der Königin und Essex zwischen persönlicher Intimität und politischer Karriere zerrissen wird. Britten hatte aber noch einen weiteren Grund, sich dieser historischen Epoche zuzuwenden. Er war ein großer Bewunderer der Kultur des elisabethanischen Zeitalters, und das historische Outfit bietet ihm hier die Möglichkeit sich kompositorisch in Form von Tänzen und Liedern mit der Musik des Hofes auseinanderzusetzen. „Gloriana“ ist eine der üppigsten und mit ihren historischen Stilimitaten auch eine der schillerndsten Partituren Brittens. Umso erstaunlicher, dass „Gloriana“ bis heute zu den äußerst selten gespielten Werken des Komponisten zählt. Eigentlich zu Unrecht. Britten versuchte Abhilfe zu schaffen, in dem er die Instrumentalsätze der Oper in einer Suite zusammenstellte. Wir hören diese Suite mit dem Tenor Robert Murray und der BBC Philharmonic unter der Leitung von Edward Gardner.

Musik: Benjamin Britten: Sinfonische Suite nach Themen aus der Oper "Gloriana" (25.13)

Das war die „Sinfonische Suite nach Themen der Oper ‚Gloriana‘“ von Benjamin Britten. Der Solist war Robert Murray. Es spielte die BBC Philharmonic. Der Dirigent war Edward Gardner.

Redakteur des Opernabends: Bernd Künzig

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