AIDS Informations dienst NovemberlDezember 1988 4 DM

Deutsche AI DS-Hilfe eY. A I D S Infodienst Inhalt

Redaktion Hilfe und Beratung

D.A.H. gegen Antikörpertests S. 4 GRG beeinträchtigt Aufklärung D.A.H. Mitglied 'im DPWV S.63 S. 4 ~.ugendliche gut inIormiert S. 65 6. bundesdeutscher Hurenkongreß S. 5 AiZtinnen werdem AIDS-Berater S.67 "AIDS-Datei" gelöscht S. 6 Verwechslung bei HIV-Test S.68 "AIDS-Gestapo" S. 9 "AIDS-HandSchuhe" S.70

Medizin und Forschung

Neuinfektionen rückläufig . S.12 Art

Politik und Gesellschaft

Rita Süssmuths Abschied S.25 AlDS-Ringyorlesung in Kiel S.76 Ursula Lehr neue Ministerin S.27 Kondom-Alarm in Frankreich S.79 Urteil des Bundesgerichtshofes S.31 Kondom im Kugelschreiber S. 79 AlDS-Enguete-Kommission S.39 HIV-Modell MogelIJackung? S.43 AIDS-Hilfe gegen GRG S.45 Uberprüfung oer Drogengesetze? S.47 ProstItution als Beruf S.49 Deutsch-Deutsche AIDS-Konferenz S.51 Fall-Statistik des BGA S.4O/41/42

Internationales

UDSSR verlangt HIV-Test S.53 Massentests in Großbritannien S.53 New York gibt Fixern Nadeln S.55 Australien: Gratis-Heroingabe S.56 US-Immigration: Unfair Laws S.57 EG-Norm für Kondome S. 62

Abonnement-Bestellschein S.82 Informationsbestellung S.83

Impressum

Herausgeber: Deutsche AIDS-Hilfe e.V., Bundesverband der regionalen AlDS-~ilfen RedaktIon: Klaus P. Graf Michael Lenz Druck: Oktoberdruck GmbH, Berlin Satz: Danny Lee L~wis, Berlin Der AIDS-Informationsdienst erscheint monatlich. Einzelexemp'lar:. DM 4,- b J ahrfürl?sab ol!nglie!Ddent DM 37.50/ für Institutionen DM 75,- - Bestellschein am Enöe dIeser Ausga e - MIt e er kostenlos. Angemeldet bei der VG Wort, München.

Redaktionsadresse

AIDS-Informationsdienst, Deutsche AIDS-Hilfe e.V .J..~estorstr. 8 - 9, 10oo57B6er~d 31 Telefon: (030) 89 69 06 - 35 -- Telefax (030) 89 69 Uö - 42 -- Telex: 186 aI s d A I D S Infodienst Redaktion

Guten Tag Positiv überrascht hat uns die riesige Anzahl der Kreuze bei der Frage, ob man beim Lesen des Info­ aus Berlin Dienstes auch lachen darf: 82% (!) sagen:"Klar. Satire und ein gewisser Sarkasmus helfen mir, die Belastun­ gen psychisch besser zu verarbeiten. '" An dieser Stelle begraßt Sie der Neue im Referat Der Trend geht eindeutig in die Richtung, aus Presse/Öffentlichkeitsarbeit. Ich heiße Michael Lenz, dem AIDS-Info-Dienst eine Zeitschrift zu machen, die bin 33 Jahre alt und seit Mitte März dieses Jahres ,.eher allgemeinverständlich sein (soll) und am Infor­ als Sachbearbeiter im Pressereferat unter anderem für mationsstand und den Lesegewohnheiten von Prak­ die Herstellung des Info-Dienstes zuständig. Im AIDS­ tikern und/oder interessierten Laien sein {soll)"'. Das Bereich tätig bin ich seit 1985. Zunächst als Ehrenamt­ wünschen sich 78%, wohingegen 15 % der Ansicht sind, ler in der Deutschen und der Berliner AIDS-Hilfe, die der neue Info-Dienst solle eher dem Standard wissen­ ich von Juli bis Dezember 1986 im Beirat der D.A .H. schaftlicher Fachzeitschriften entsprechen. vertreten durfte. Seit Mai 1986 bin ich Mitherausgeber Soweit die Trendmeldung. Die exakte Auswertung der unabhängigen AIDS-Monatszeitschrijt vor-sicht. der Anregungen und Wünsche und die sich daraus Nach dieser kurzen Vorstellung meiner Person nun ergebenden Konsequenzen für das Konzept des neuen zum eigentlichen. Objekt der Begierde" - dem AIDS­ AIDS-Info-Dienstes werden wir in der nächsten Aus­ Info-Dienst. Leider noch immer nicht auf dem aktu­ gabe, die in der zweiten Juni-Hälfte erscheinen wird, ellen Stand, jedoch sind wir zuversichtlich, recht bald vorstellen. Für Ihre Mithilfe, auf die wir angewiesen wieder auf der Höhe der Zeit zu s~n. sind, mächte ich nochmals ganz herzlich danken. Recht bald wird auch die Neukonzeption des Info­ Dienstes verwirklicht werden. Die Auswertung der h'~~32 ~ Fragebögen wird Ende Mai abgeschlossen sein und das MeZ ---= -- Ergebnis werden wir in der nächsten Ausgabe vorstel­ len. Jedoch läßt sich breits jetzt ein bestimmter Trend feststellen. Bevor ich darauf eingehe, mächte ich ein ganz herzliches Dankeschön denen sagen, die den Fra­ gebogen zur Neukonzeption ausgefüllt und zurückge• BGH-Urteil erschüttert schickt haben. Immerhin ist ein RacJdauf von rund 300 Frageb6gen (20%) zu vermelden. Basis der AIDS-Hilfe­ Erkennbar ist das Interesse an einer Zeitschrift, Arbeit die, neben aktueller Berichterstattung zu allen AIDS­ relevanten Themen, diskussions- und kommentier­ Berlin/IUrlsruhe (:lid). Als einen Schlag ins Ge­ freudig sein soll. Die Hit-Liste des Themenspek­ .sicht aller Menschen mit HIV und als Katastrophe trums wird angeführt vom Interesse an AIDS­ für die künftige Beratungs- und Betreuungsarbeit Rechtsproblemen (44%), dicht gefolgt von .Präsenta• der AIDS-Hilfen bezeichnete die Deutsche AIDS­ tion und Diskussion neuer Aufklärungsmaterialien Hilfe e.V. (D.A.H.) die Entscheidung des Bundes­ und -strategien" (43%). 37% legen Wert auf die Do­ gerichtshofes vom 04.11.1988. Der Erste Strafsenat kumentation und Kommentierung (partei)politischer des Bundesgerichtshofes hält es danach grundsätz• Strategien zur AIDS-Bekämpfung. An der .Debatte lich für möglich, Sexualität HIV-positiver Men­ um psychosoziale Aspekte der Beratungs- und Be­ schen mit anderen Nicht-Virus-Trägern als ver­ treuungsarbeit, Sterbebegleitung, Angehörigenarbeit suchte gefährliche Körperverletzung zu bestrafen. usw." sind 41% interessiert, und 16% favorisie­ Dabei hat es das oberste Bundesgericht offen gelas­ ren .Beiträge zu philosophischen und religiösen Fra­ sen, welche Sexualpraktiken unter den Straftatbe­ gen nach Tod und Sterben "'. Erstaunt waren wir, stand fallen sollen und welche nicht. daß nur 7,77% an der ,.Debatte um selbstorga­ Menschen mit HIV sehen sich, außer der er­ nisierte Positivenarbeit" und bloß 10,8% an der heblichen psychischen Belastung, nun auch noch ,.selbstverständnisdiskussion der AIDS-Hilfen'" inter­ einer strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt und essiert sind. Ohne der Auswertung und Bewertung der müssen dies zurecht als einen weiteren Schritt zu Fragebögen vorgreifen zu wollen, mag ein Grund für einer allgemeinen Diskriminierung begreifen. Die dieses Ergebnis der sein, daß nur 25% der AIDS-Hilfen Deutsche AIDS-Hilfe e.V. betont, daß die Verant­ die Fragebögen zurückgeschickt haben. wortung für die HIV-Übertragung nicht allein den

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Menschen mit HIV aufgebürdet werden darf. Wenn getestete) und erkrankte Menschen, als deren Inter­ heutzutage zwei Menschen miteinander Sex haben, essenvertretung die AIDS-Hilfe verstärkt auftreten wissen sie, daß jeder für sich selbst verantwortlich müsse, gesellschaftlichen und politischen Repres­ ist. Schuldzuweisungen, wie sie der Bundesgerichts­ sionen ausgesetzt sind, sondern AIDS auch dazu hof vornehmen läßt, müssen als unzulässige Diskri­ benutzt wird, alternative Lebensformen zu diskri­ minierung abgelehnt werden. mmleren. Die Deutsche AIDS-Hilfe befürchtet darüber• hinaus, daß das Urteil die Vertrauensbasis für die Beratung, und Betreuung und auch für die ärztli• che Behandlung nachhaltig erschüttert. Menschen mit HIV können sich anderen Personen nicht mehr "Nur Dumme lassen sich anvertrauen, wenn sie befürchten müssen, damit gleichzei tig Straftaten zuzugeben. noch testen" Die Deutsche AIDS-Hilfe fordert in die­ sem Zusammenhang ein gesetzliches Aussagev­ Göttingen (aid). Die TeilnehmerInnen des 12. ereigerungsrecht für MitarbeiterInnen der AIDS­ bundesweiten Positiven-Treffens, das vom 16. bis Beratungsstellen. 20. November in Göttingen stattfand, kritisierten das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) im Revi­ sionsverfahren gegen Linwood B. auf das Schärfste. Das Urteil widerspreche der Politik der Ver­ nunft und der Aufklärung, wie sie von der Bun­ desregierung immer wieder vertreten werde, kom­ Deutsche AIDS-Hilfe mentierte eine Teilnehmerin des Treffens. Das BGH-Urteil gebe vermeintlich Nicht-Infizierten, gegen Antikörpertests d.h. Nichtgetesteten, eine Scheinsicherheit und verleite zum ungeschützten Geschlechtsverkehr. Berlin/Hamburg (aid). "Aufgrund des BGH­ "Unwissenheit schützt nach diesem Urteil zwar vor Urteils wird die Deutsche AIDS-Hilfe e.V. in Strafe, aber nicht vor einer Infektion. Nur Dumme Zukunft aus politischen Gründen vom HIV­ lassen sich jetzt noch testen, denn nach diesem Ur­ Antikörper-Test abraten. Die D.A.H. hat bisher teil ist der Getestete der Dumme", sagte eine Teil­ immer eine differenzierte Haltung zum Test ein­ nehmerin des Treffens. genommen und ihre Beratung darauf ausgerichtet, Starke Befürchtungen wurden laut, daß auf­ dem Einzelnen die für ihn persönlich beste Ent­ grund dieses Urteils die Lebenssituation für HIV­ scheidung zu ermöglichen. Das BGH-Urteil hat positiv-getestete Menschen noch unzumutbarer nun klargemacht, daß in dieser Sache zur Zeit nicht wird. Zwischenmenschliche Beziehungen, Liebe zu differnziern ist. Das Urteil zeigt, daß der Test und Sexualität würden durch den Karlsruher Richt­ letztendlich nur zur politischen Repression dient." erspruch unerträglich belastet. "Auch Positive ha­ Mit dieser Resolution, die mit überwältigen• ben ein Recht auf Sexualität und Liebe", betonte der . Mehrheit der Delegierten der 78 regionalen Birgitt Seifert, eine der Organisatorinnen des Tref­ AIDS-Hilfe-Gruppen verabschiedet worden ist, zog fens. die Mitgliederversammlung der D.A.H., die am 13.11.88 in Hamburg stattfand, die Konsequenz aus dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 4. No­ vember 1988, in dem die Verurteilung eines mit HIV-Infizierten Amerikaners wegen teilweise un­ geschützten Sexualverkehrs bestätigt worden war. D.A.H. Mitglied im Es war die einhellige Meinung aller An­ DPWV wesenden, daß durch dieses Urteil ein weite­ res Mal deutlich werde, daß die gesellschaftlich­ Frankfurt/Berlin (aid). Zum Welt-AIDS-Tag am emanzipatorische Funktion der AIDS-Hilfen in 1. Dezember 1988 wurde die Deutsche AIDS­ Zukunft in erheblichem Masse gefordert sei. In die­ hilfe e.V, der Bundesverband der regionalen AIDS­ sem Zusammenhang wurde noch einmal verdeut­ Hilfe-Gruppen, als Mitglied im deutschen Paritäti• licht, daß nicht nur bereits infizierte (bzw. positv schen Wohlfahrtsverband (DPWV) aufgenommen.

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Die Zusammenarbeit der Verbände auf Bundese­ Präventionsarbeit der AIDS-Hilfen und auch all er bene verstehen beide Organisationen als Weiterent­ anderen damit befassten Stellen erwarten. wicklung der bereits bestehenden Kontakte. An die Mitglieder des Deutschen Bundestages Damit vollzog die fünf Jahre alte Selbsthilfe­ wandte sich der Vorsitzende der Deutschen AIDS­ organisation AIDS-Hilfe mit den zur Zeit 78 Re­ Hilfe, Professor Dieter Runze, mit dem dringen­ gionalgruppen einen Schulterschluß mit den in den Appell, das Gesundheitsreformgesetz in der dem Wohlfahrtsverband zusammengeschlossenen vorgesehen Form nicht zu verabschieden. Professor Selbsthilfegruppen. "Für die Deutsche AIDS-Hilfe Runze kritisierte unter anderem die "umfassende ist es wichtig, mit anderen Organisationen zusam­ Sammlung empfindlichster Daten", die nach sei­ menzuarbeiten, die ebenfalls aus dem Selbsthilfe­ ner Auffassung "mit der Notwendigkeit der Kon­ Gedanken entstanden sind, um so verstärkt die Be­ trolle ärztlicher Abrechnungen (ohnehin nur als lange der Menschen, deren Interessen wir vertre­ Stichproben vorgesehen) nicht begründet werden" ten, gegenüber Gesellschaft und Politik einbringen könne. Der D.A.H.-Vorsitzende verwies in die­ zu können", erklärte der D.A.H-Vorsitzende Pro­ sem Zusammenhang auf die Entscheidung des Bun­ fessor Dr. Dieter Runze. desverfassungsgerichtes zum Volkszählungsgesetz Die beiden Organisationen hatten den weltwei­ 1983, in dem es heißt, " ...alle Stellen, die zur ten WHO-AIDS-Tag als Beginn der Mitgliedschaft Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Da­ festgelegt, um so durch den Beginn der Zusammen­ ten sammeln, (müssen) sich auf das zum Errei­ arbeit einen symbolischen Beitrag zu diesem Tag zu chen des angegebenen Ziels auf das erforderliche leisten. Dem Aufruf der Weltgesundheitsorganisa­ Minimum beschränken", (BVerfG vom 15.12.1983, tion nach mehr Kommunikation und Kooperation 1BVR 209/83 u.a.). in AIDS-relevanten Fragen wurde damit Rechnung Aus diesen Gründen kündigte der D.A.H.­ getragen. Vorsitzende an, daß "die Deutsche AIDS-Hilfe den Nach Vorgesprächen zwischen den Vorständen Gesetzentwurf und - sollte er so verabschiedet wer­ der beiden Bundesorganisationen werden in Zu­ den - das Gesetz mit allen ihr zur Verfügung ste­ kunft die Angelegenheiten, die die AIDS-Thematik henden Mitteln bekämpfen" werde. betreffen, innerhalb des DPWV jeweils in Abstim­ mung mit der Deutschen AIDS-Hilfe behandelt werden. 6. bundesdeutscher Hurenkongreß

Gefahren durch Gesund­ Berlin (aid). Vom 11. bis 13. November fand heitsreform in Berlin im Jagdschloß Glienicke am Wann­ see der 6. bundesdeutsche Hurenkongreß statt. Berlin (aid). Menschen mit HIV oder AIDS sind Über 60 Frauen aus mittlerweile 15 Prostituierten­ nach Ansicht der Deutsche·n AIDS-Hilfe (D.A.H.) Selbsthilfe-Projekten diskutierten drei Tage lang in eklatanter Weise durch das geplante Gesund­ Ziele und Strategien der Hurenbewegung. Schwer­ heitsreformgesetz (GRG) bedroht. Das besonders punkt war die Frage der Legalisierung der Prosti­ bei der AIDS-Problematik wichtige vertrauens­ tution. volle Arzt-Patienten-Verhältnis werde durch im Einigkeit bestand in der Forderung nach Auf­ Gesetz vorgesehene Datensammlung empfindlich nahme der Prostituierten in die Renten- Kranken­ beeinträchtigt. "Bereits jetzt überlegen Kranke und Invaliditätsversicherung. "Wir werden arbeits­ und Infizierte, ob sie sich dem Arzt anvertrauen und sozialrechtliche Schritte in diese Richtung können, ohne daß etwa ihre Diagnose und ver­ verstärken. " abreichte Medikamente später ,auf Knopfdruck' Ein vier Punkte umfassender Forderungskata­ mit ihren Namen und weiteren Daten freigegeben log wurde von den Teilnehmerinnen des Huren­ werden", fasste D.A.H.-Vorstandsmitglied Vii Meu· kongresses beschloßen. rer die in jüngster Zeit in Beratungsgesprächen ge­ Die Kongreßteiinehmerinnen bezeichneten es machten Erfahrungen zusammen. Dies lasse kata­ als einen "Skandal", daß ausländische Kolleginnen strophale Auswirkungen auf die Aufklärungs- und wegen Prostitution ausgewiesen werden können

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und forderten die Abschaffung der entsprechen­ Absage aller Bundesländer an die bayer ische AIDS­ den Gesetze. Zum Sex-Tourismus in die ,,3. Welt" Zwangspolitik. wurde vorgeschlagen, "eine ständige Flugbegleite­ Die AIDS-Hilfe forderte jedoch ein weiteres rin aus unseren Reihen in den ,Bums-Bombern', Mal, den HIV-Antikörpertest nicht als Mittel der die die Herren Touristen im Umgang mit Präser• Ausgrenzung einzusetzen. vativen und im anständigen Benehmen gegenüber Frauen trainiert". Weiter forderte der Kongreß neue Arbeitsplätze für Kolleginnen, in denen die in der Prostitution er­ worbenen Qualifikationen und Kompetenzen zum "AIDS-Datei" gelöscht Zuge kommen können. Als Beispiele wurden "Sex­ Therapie für bislang benachteiligte MitbürgerIn• Hannover (aid). Als "richtungsweisenden Schritt" nen (Knast, Altersheim, Psychiatrie), Fachbera­ hat die Deutsche AIDS-Hilfe (D.A.H.) die Ansicht tung in der Kulturindustrie, Sexualberatung und des niedersächsischen Innenministeriums bezeich­ Aufklärung in Bildungseinrichtungen und in der net, die gespeicherten Daten von HIV-Infizierten Jugendarbeit" genannt. im polizeilichen Informationsdienstes zu löschen. Verstärkt werden soll in Zukunft die regionale "Nur in einer angstfreien Atmosphäre können und bundesweite Öffentlichkeitsarbeit der Huren­ Aufklärung und Information über AIDS-Präven• bewegung. So ist geplant, jährlich am 2. Juni, dem tion erfolgreich wirken", erklärte der Referent Jahrestag des Generalstreiks der Prostituierten in der D.A.H., Hans Hengelein. Zudem würde die Frankreich 1975, als Aktionstag zu etablieren. Die Speicherung der Daten Infizierte und Kranke zu Bewegung sei inzwischen so stark, so die Kongreß• "Kriminellen abstempeln". Teilnehmerinnen, daß die Medien nicht länger auf Nach Angaben der AIDS-Hilfe geht die die 2-3 ,Vorzeigehuren' angewiesen seien. Löschung der "AIDS-Datei" auf Erfahrungen der Es wurde angekündigt, daß ein Konzept für Landespolizeibehörden zurück, wonach "eine sol­ das Umsteigen von Prostituierten in Vorberei­ che Datei in der Praxis keinen Nutzen habe". Be­ tung sei. Im Rahmen eines für 1989 geplanten reits am 7.Dezember 1987 hatten die Datenschutz­ Treffens der bisher konkretisierten und funktio­ beauftragten des Bundes und der Länder die Spei­ nierenden Umstiegs-Modellen der Prostituierten­ cherung personenbezogener AIDS-Daten proble­ Gruppen HYDRA, Berlin, und HWF, Frankfurt, matisiert und den Nutzen einer solchen Datei zum soll das Konzept vorgestellt werden. Schutz von Polizeibeamten bezweifelt. Niedersach­ sen ist damit des erste Bundesland, das eine existie­ rende "AIDS-Datei" löschen will.

Gesundheitsminister . ' gegen Zwangsmaßnahmen Landesfachbeirat ohne AIDS-Hilfen? Berlin (aid). Die von der 59. Konferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Mini­ Hannover (nah). Die niedersächsiche Landesregie­ ster und Senatoren der Länder im November rung plant die Berufung eines "Landesfachbeirats 88 bekanntgebene Entschliessung zu "staatlichen AIDS", dem ein Vertreter der AIDS-Hilfen of· Eingriffsmaßnahmen" im Zusammenhang mit fenbar nicht angehören soll. Dies hält die Nie­ AIDS ist in großen Teilen von der Deutschen dersächsiche AIDS-Hilfe, der Landesverband von AIDS-Hilfe e.V. (D.A.H.) als weitere Schritte zu ei­ 14 AIDS-Hilfen, für unbefriedigend. In einem nem adäquaten Umgang mit der Thematik begrüßt Schreiben an den niedersächsichen Sozialminister worden. Die Gesundheitsminister- und -senatoren Hermann Schnipkoweit wiesen sie auf die in den hatten sich in der Entschließung gegen die Stimme AIDS-Hilfen vorhandene Sachkenntnis und die Bayerns für die Vorrangigkeit der breitgefächerten "erhebliche Nähe zu Betroffenen und Gefährdeten" Aufklärung als Mittel der AIDS-Prävention ausge­ hin, die der Minister diesem "Gremium" nicht sprochen. Besonders erfreut ist die D.A.h. über die vorenthalten" sollte.

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Es dränge sich die Frage auf, sagte Karl-Heinz Bewußtsein für die Betroffenen zu wecken und Stiebritz, Sprecher der Niedersächsischen AIDS­ daran zu arbeiten, in Köln ein möglichst liberales Hilfe, ob "wir die Mohren" sind, die, "nachdem Klima zu schaffen und zu erhalten. "Wir wollen sie vier Jahre lang ihre Schuldigkeit getan haben, zu AIDS in Köln eine kölsche Antwort finden," nun gehen können. Weil die Etablierten genügend sagte Bernd Offermann, Sprecher der AIDS-Hilfe von uns gelernt haben?" Köln, "geprägt von einem Gedanken der Toleranz Der Landesfachbeirat habe die Aufgaben, so Mi­ und der Hilfe in Not". nister Schnipkoweit, die Landesregierung über Er­ gebnisse der Forschung zu unterrichten, bei Vor­ beugungsmaßnahmen zu beraten und bei der Pla­ nung von Betreuung zu unterstützen. Angehören sollen dem Beirat allerdings nur Vertreter aus den Bereichen Medizin, Sozialwissenschaften und Stop-AIDS-Projekt Drogenhilfen und zwar von Universitäten, Ärz­ teschaft, Gesundheitsämtern, Kirchen und Wohl­ Köln (:.lid). Die Mitgliederversammlung der Deut­ fahrtsverbänden. schen AIDS-Hilfe hat ohne Gegenstimme dem Projektantrag der Kölner AIDS-Hilfe für ein "Stop AIDS-Projekt" in der Rheinmetropole zuge­ stimmt. Damit wird der Antrag dem Gesundheits· ministerium vorgelegt. Es handel t sich um eine Rock around AIDS "schwulenpolitische Offensive zur Veränderung des Gruppenklimas in der Szene sowie Kommunika­ Hannover (nah). Ende November veranstaltete tion, welche zu einer Akzeptanz und dauerhaften die Stadt-Jugendpflege Ronnenberg ein Benefiz­ Durchsetzung von Safer Sex führen soll", erläuterte Rock-Konzert zugunsten der Niedersächsischen Bernd Offermann von der Kölner AIDS·Hilfe das AIDS-Hilfe. In der Aula der Hinrich-Wilhelm­ geplante Projekt. Kopf-Schule am Sportpark in Empelde traten Stop-AIDS-Projekte werden derzeit im anglo­ die Gruppen "Chayana", "Chucklin' Power" und amerikanischen Raum durchgeführt, nachdem ein "Yosemity" auf. Pilotprojekt in San Francisco überaus erfolgreich In einem Dankschreiben an die Veranstalter gab gelaufen ist. In Köln sollen rund 5000 schwule und der Landesverband der 14 niedersächsichen AIDS­ bisexuelle Männer einbezogen werden. Hilfen seiner Genugtuung darüber Ausdruck, daß auch auf dem "platten Land" das AIDS-Problem von den Jugendlichen und den mit Ihnen Zusam­ menarbeitenden gesehen wird. .' Gründerzeitstil Kölsche Antwort Köln (aid). Beratungsstelle, die Ambulanz und die Büros des Mobilen Betreuungszentrums (MBZ), Köln (:.lid). Am Welt-AIDS-Tag wurde am 1. De­ sowie die Büros des "Stop-AIDS-Projektes" der zember 88 die lange "Köln-Rolle" in einem riesigen Kölner AIDS-Hilfe e.V. haben seit Januar 89 eine Karree über zwei Rheinbrücken und beiderseits des neue Anschrift: Beethovenstr. 1, 5000 Köln 1. Rheins entrollt. Das knapp zwei Kilometer lange, Es handelt sich um ein ganzes Haus im bunt bemalte Stoffband war in Monate langer Ar­ Gründerzeitstil, welches, außer dem Erdgeschoß, beit unter anderem von namhaften Künstlern ge­ der AIDS-Hilfe und ihren Projekten komplett staltet worden. Mit der "Köln-Rolle" soll symbo­ zur Verfügung steht. Den 20 hauptamtlichen und lisch an die AIDS-Toten erinnert und die Gesell­ über 100 ehrenamtlichen Mitarbeitern stehe, so die schaft gemahnt werden, die AIDS-Kranken nicht Kölner AIDS-Hilfe, endlich mit den neuen Räum• zu vergessen und ins Abseits zu drängen. lichkeiten ein angemessener Ort zur Verfügung. Darüber hinaus nahm die AIDS-Hilfe Köln den Auch die 10 HIV-Positiven-Selbsthilfegruppen Welt-AIDS-Tag zum Anlaß, um in einem Rah­ können sich nun verstärkt in einem eigens für die­ menprogramm von Veranstaltungen zu versuchen, sen Zweck bereitgestellten Raum treffen.

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Neue Räume des besonderen Klimas in Bayern ist es deshalb not­ wendig, daß sie sich ein eigenes Forum schaffen, Krefeld (aid). Auch die AIDS-Hilfe Krefeld hat um überhaupt gehört zu werden", sagte Guido Vael neue Räume gefunden und im September letz­ weiter. Sehr zur Freude der Männer und Frauen ten Jahres bezogen. Seitdem lautet die Anschrift: der vor-sieht-Lokalredaktion kündigte Vael an, die AIDS-Hilfe Krefeld e.V., Steinstraße 46, Post­ MüAH werde "im Rahmen ihrer Möglichkeiten" fach 108, 4150 Krefeld 1. die Arbeit der Lokalredaktion fördern und un­ Trotz neuer Anschrift haben sich weder die Te­ terstützen. lefonnummer - 02151-77 50 20 - noch die Büro• Der Lokalteil umfasst vier Seiten und wird, und Beratungszeiten geändert. wie vor-sicht, einmal im Monat erscheinen. Wie die Herausgeber der AIDS-Zeitschrift mitteilten, sind für Sommer' 89 weitere Lokalteile in Ber­ lin und Hamburg in Planung. Kontakt vor-sicht München: Klaus FuhrJlWU1, Burg-Elz-Weg 5, Rosa Switchboard 8000 München 70. Frankfurt (:lid). Ein neues schwules Projekt in Franfurt hat im September 88 seine Arbeit auf­ genommen: das SWITCHBOARD, was soviel wie "Schalttafel" bedeuted, und eben diese Funktion Verdienstorden für Sabine soll es für die schwulen Männer in Frankfurt ein­ nehmen. Die drei Bereiche ,Informa tions- und Be­ Lange ratungsbüro', ,Treffpunkt der Frankfurter Schwu­ lengruppen' und ,Cafe als offener Treff' sind die Berlin (:lid). Sabine Lange, Gründungsmitglied der Schwerpunkte der SWITCHBOARD-Arbeit. Berliner AIDS-Hilfe e.V. und der Deutschen AIDS­ Das SWITCHBOARD verstehe sich als Teil der Hilfe e.V., ist im Oktober 1988 mit dem Verdienst­ schwulen Subkultur Frankfurts, in dem die unter­ orden des Landes Berlin ausgezeichnet worden. Ge­ schiedlichen schwulen Lebensformen Raum "für ehrt wurde Frau Lange, die seit über drei Jahren sich selbst und für den Austausch untereinander als ,Streetworkerin' arbeitet, für ihren Einsatz für finden" charakterisiert Achim Teipelke von der die "AIDS-Kranken in unserer Stadt", sagte der da­ Frankfurter AIDS-Hilfe die Ziele der neuen Ein­ malige Regierende Bürgermeister von Berlin, Eber­ richtung. Dies diene der Selbstachtung der schwu­ hard Diepgen (CDU), anläßlich der Ordensverlei­ len Männer, sagte Teipelke weiter, da ohne die hung. Diepgen: "Ein solcher Einsatz für Menschen Achtung vor Anderen verantwortungsvolle sexu­ in Not ist alles andere als alltäglich." elle Praxis und Solidarität mit Kranken nicht denk­ Die Deutsche AIDS-Hilfe e.V., die Sabine -' bar seien. Lange bereits 1986 die Ehrenmitgliedschaft ange­ Das schwule Projekt SWITCHBOARD wird tragen hatte, gratulierte "ganz herzlich" und gab von der AIDS-Hilft; Frankfurt in Zusammenarbeit der Hoffnung Ausdruck, daß die "Ordensverlei­ mit Frankfurter Schwulengruppen getragen. hung dazu beiträgt, die lVaft zu behalten, die Sie für den Alltag nötig haben". Sabine Lange selbst sagte, sie hoffe, daß die Aus­ zeichnung ein Zeichen setze und die Diskriminie­ rung bestimmter Gruppen verhindere. vor-sicht mit Münchner Der Verdienstorden, der 1988 zum zweiten Male Lokalteil an zwanzig verdiente Berliner Persönlichkeiten ver­ geben worden war, wurde vom Berliner Senat München (:lid). Die Münchner AIDS-Hilfe (Mü• anläßlich der 750-Jahr-Feier der Stadt 1987 gestif­ AH) begrüße es sehr, daß die Zeitschrift vor-sicht tet. nun mit einem Münchner Regionalteil erscheine, sagte Guido Vael vom Vorstand der MüAH. In den Medien werde zwar viel über AIDS geschrieben, aber dies geschehe immer über die Köpfe der Men­ schen mit HIV und AIDS hinweg. "In Anbetracht

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Bayerische Polizei: "AIDS­ Im Zentrum der durchgeführten Untersuchun­ gen steht dabei die Analyse der Wechselbezie­ Gestapo" hungen zwischen den Stammzellen des Knochen­ marks und den die Blutbildung regulierenden T­ Würzburg (.ud). Als "AIDS-Gestapo",,,bewaffnete Lymphozyten und Makrophagen, die durch HIV Polizei-Jäger", "Phobiker" die im letzten Gebüsch direkt befallen werden. nach "Abweichlern " jagen, und mit "der ganzen Eke1haftigkeit bewaffneter, uniformierter Männ• lichkeit" werden sich künftig bayerische Polizeibe­ amte straflos bezeichnen lassen müssen. In all die­ Schnellere Pflegegeld­ sen Punkten stellte das Landgericht Würzburg in der Berufungsverhandlung am 1. Dezember 1988 Entscheidungen das Verfahren gegen zwei Redakteure des Würzbur• ger Stadtmagazins "Herr Schmidt" ein (Az.: 1 Os Berlin (.ud). Durch "organisatorische Straffung" 100 Js 842/87). des Verfahrens können hilfebedürftige Personen Gleichzeitig blieb das Gericht jedoch trotz Ver­ jetzt damit rechnen, daß Anträge auf Pflegegeld weis auf die vom Duden geregelte Umgangssprache schneller bearbeitet werden, sagte der Präsident bei einer hohen Verurteilung von 50 Tagessätzen a des Landesamtes für soziale Aufgaben, Henning 40 DM für den Autor und den verantwortlichen Hoffmann, Mitte November letzten Jahres vor der Redakteur wegen des Begriffs "Bullenauftrieb". Presse. Mit Unterstützung der Deutschen AIDS-Stiftung Zur Bearbeitungszeit des Landesamtes kommt "Positiv leben", die 3000 DM Prozeßkostenhilfe nach Worten von Hoffmann noch einmal der gewährte, gehen die beiden Redakteure vor dem gleiche Zeitraum in den Bezirksämtern hinzu. Bayerischen Obersten Landesgericht in Revision. So könnten sogenannte Eilt-Fälle von AIDS­ Der inkriminierte Artikel "Razzia im Park: Erkrankten vom Landesamt innerhalb von zwei Schwulenszene wird ausgedünnt" in "Herr Schmidt" Wochen bearbeitet werden. Die Betroffenen bekä• 10/87 bezog sich auf eine von neun Polizeibeam­ men die Unterstützung frühestens nach vier Wo­ ten zur mitternächtlichen Stunde in einem Würz• chen. "Zur Hilfe der Betroffenen sind alle Über• burger Park durchgeführten Razzia gegen Schwule legungen legitim", sagte Hoffmann , auch ob die Ende August 1987. Zusammenfassung des Verfahrens beim Landesamt eine Optimierung bringen könne. Das Landesamt betreut über 350000 Menschen nach dem Schwerbehindertengesetz und dem Sozia­ len Entschädigungsrecht. Pflegebedürftige werden je nach Schwere ihrer Behinderung unterstützt. Pappenheimpreis an AIDS­ Forscher

München (.ud). Mit dem Artur Pappen heim-Preis, der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und On­ kologie, wurde 1988 der Wissenschaftler Dr.med. Arnhold Ganser vom Zentrum der Inneren Me­ dizin am Klinikum der Johann-Wolfgang-Goethe­ Universität in Frankfurt ausgezeichnet. Gegenstand der Arbeiten von Dr. Ganser bil­ den die Auswirkungen der HIV-Infektion auf die blutbildenden Stammzellen des Knochenmarks. Die dadurch verursachte Störung der Reifung der Blutkörperchen ist oftmals Ursache für Kompli­ kationen, die zum Abbruch der chemotherapeuti­ schen Behandlung bei AIDS-Patienten führen.

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V olkswirtschaftliche Kosten von AIDS Am schwersten wiegt die entgangene künftige Wirtschaftsleistung

K ö I n (hO. Die indirekten Ko­ Milliarden DM). Diese Differen­ sten der AIDS-Epidemie sind für zen ergeben sich unter anderem die Volkswirtschaften weitaus daraus, daß verschiedene An­ gra\ierender als die direkten Ko­ nahmen über die Dauer des KIi­ sten für Behandlung, Forschung nikaufenthalts zugrundeliegen. und Aufklärung der Be\'ölke• Pro Patient bewegen sich die rung, stellt die Schweizerische Schätzungen zwischen 50000 Rüchersicherung in Zürich fest. und 80000 Dollar (rund 67000 l ' nter indirekten Kosten ,'ersteht bis rund 136000 DM). die Gesellschaft im wesentlichen In den meisten Ländern wird .. die entgangene künftige Wirt­ heute wesentlich mehr für schafrsleistung" der Erkrankten. AIDS-Forschung und -Informa­ tion der Bevölkerung als für die In einer Lntersuchung mit Behandlung der Erkrankten aus­ dem Titel ... -\IDS: Stand der Epi­ gegeben. In den USA nahm bei­ demie und mögliche wirtschaft­ spielsweise der Anteil von For­ Iiche Folge n" \'eröffentlicht der schung und Information an allen international operierende Versi­ AIDS-bezogenen Regierungs­ cherun i!.s- und Rückversiche• ausgaben von 50 Prozent im rungskonLern (Töchter in der Jahr 1986 auf 63,5 Prozent im Bundcsrepublik sind unter ande­ Jahr 1988 zu, wobei sich die Ge­ rem die .. Vereinte" und die samtausgaben innerhalb dieser .. \tagdeburger") neueste Schät• zwei Jahre von 468 Millionen /uni!.l'n über Verlauf und Kosten Dollar auf 1.467 Milliarden Dol­ der --\.IDS-Epidemie sowie deren lar (rund 2,7 Milliarden DM) ,-\.U S\\ irkungen für die Volks­ mehr als verdreifachten. \\inschaften und insbesondere Die indirekten Kosten mißt die \ 'ersil'herungen (Sigma Wirt­ die Schweizer Rück in ihrer Stu­ sc h ~lI 't s:, tudi e n 8 88). die an den wegen Invalidität Die umfangreichsten Kosten­ oder vorzeitigem Tod verloren­ Derl'chnungen gibt es für die gegangenen Lohnsummen. Beim l S-\.. Jber sie geben Hinweise Vergleich verschiedener U nter­ 3u l' die Situation in den westeu­ suchungen über die Lohnsum­ ...00 ropäi:,(hen Industrieländern. In men. die ein Patient bei fonge­ :l \\'csteuropa lägen ähnliche Be­ setzter Tätigkeit hätte verdienen .n c: dingungen \ or. allerdings mit ei­ können . stellt sich heraus, daß Q) rJJ r~~'r \ ','U l1Qe runQ \'on drei Jah­ sich diese ,.Kosten" auf das H ren , sn die-Schv.':'eizer Rück. I Sechs- bis Achtfache der durch­ :l Zu Jl'n Jlre .... tc:n Kustc:n wur­ schnittlichen Behandlungsko­ Q) Z Jen 10 den USA eine Reihe \'on sten pro Patient belaufen. ~ S t ud len mit unterschiedlichsten Dabei wird berücksichtigt, 00 c: Res ult3ten wrötTentlicht. Die daß HIV -Infizierte weder die :l Sc!1ätzunQen tur die kumulati­ gleichen durchschnittlichen .,..,.j..J \en me-dizinischen Behand­ Lohnmuster noch dieselbe be­ Q)CO Iune s"oste n bis 1991 schwanken rufliche Beschäftigung aufweisen NCO /wischen 6.3 Milliarden Dollar wie die Mehrheit der Bevölke• (rund Il \lilliarden DM) und rung in der gleichen Altersklasse. -i5 .-t \ll1li:lrden Dollar (rund 78 .. Weit unter dem Durchschnitt

10 A I D S Inrodienst Medizin und Forschung

kann die Lohneinbuße bei Dro­ re Zukunft sei aber ungewiß, Plasma. Doch hauptsächlich. so ...00 gensüchtigen liegen. während sie sollte sich die Krankheit in wei­ die Schweizer Rück. seien die :J bei anderen Personengruppen tere Bevölkerunr,sgruppen aus­ Personen versicherer betroffen. .0 c: zum Teil über dem Durchschnill breiten, könne die Volkswin­ also in erster Linie die Kranken­ QJ zu stehen kommt.- schaft eines Landes stärker tan­ und Lebensversicherungen. rJJ Pro Patient wird ein Lohn­ gien werden. H Sie sähen sich drei Problem­ I ;ummenausfall von zwischen Anders dagegen wird die Si­ ebenen gegenüber: :J 541 000 Dollar (rund 920000 tuation für Städte mit einer gro­ QJ Z DM) und 623000 Dollar (rund ßen Anzahl HIV-Infiziener auch • Die künftige Erhöhung der 1,1 Milliarden DM) angenom­ in Westeuropa gesehen. ~Um die Sterblichkeit und der Morbidi­ 00 men. Dabei ist der vorzeitige bereits Anfang der neunziger tät. also des zahlenmäßigen Ver­ c: Tod fLlr 90 Prozent dieses Aus­ Jahre anfallenden Ausgaben dek­ hältnisses zwischen hlankcn OO :J falls verantwonlich. Aus den ge­ ken zu können, müssen die Be­ und Gesunden. zwingt die Gl'­ c: W :J 'H schätzten AIDS-Erkrankungen hörden nach neuen Einnahme­ seilschaften zu besonderen N QJ co der Jahre 1981 bis 1991 ergibt quellen suchen. Dies wird zu hö• Rückstellungen. _deren Finan­ WNCO QJ sich so ein geschätzter Lohnver­ heren Steuern und höheren Tari­ zierung aber nicht immer sicher­ rJJ QJ rl lust von 146 Milliarden Dollar fen der Krankenversicherer füh, gestellt isc WW rl ... N (rund 250 Milliarden DM). ren-, so die Schweizer Rück. 0 ... 0\ Wönlich heißt es dazu bei der • Die _Anti selektion- tx-im ",-,:

11 AI D S Infodienst ______Medizin und Forschung

- Die in den USA durch AIDS verursachten Kosten

Mia. US-$ Anteil am Kostentypen Jahr (in Preisen Blp4) von 1986) in Prozent

1 Direkte AIDS-Kosten ) 1986 1,7 0,04 1991 8,0 - InOlllinal1 1 Gesamte materielle ) AIDS-Kosten 1986 8,5 0,20 1991 48,8 1,04 2 Direkte Kosten aller ) Infektionskrankheiten 1980 7,0 0,35 2 Direkte Kosten aller ) Krankheiten 1980 · 344,2 17,06 2 Gesamte materielle ) Kosten aller Infektionskrankheiten 1980 14,9 0,74 2 Gesamte materielle ) Kosten aller Krankheiten 1980 668,3 33,13 3 Staatliche Ausgaben für ) das Gesundheitswesen 1986 458,2 10,92

') Studie von SCltorsky und Rice. ' ) Studie von Rice et al. ') National Center for Health Statistics. ') BruttoInlandsprodukt Quelle: Schweizer Rück. Sigma

F.0rtset zun g AIDS / Professor Meinrad Koch: Ar z te Zeitun g 29 . 11. 88 Zahl der Neuinfektionen ist zur Zeit rückläufig B e r I i n (HML). Die rück• dreijährigen Kontrollphase sei es läufige Zahl von HIV-Neuinfek­ bei dem Rest "nur" zu zehn tionen darf kein Anlaß zur Neuinfektionen gekommen. Entwarnung sein. Durch Beibe­ Bundesweit waren Ende Sep­ haltung von Aufklärung und tember dieses Jahres 26291 Prävention könne die Immun­ AIDS-Infektionen registriert, schwäche angesichts fehlender davon in Berlin 5466. Mit 215 Therapiemöglichkeiten "unter AIDS-Kranken pro eine Million Kontrolle gehalten werden". Einwohner herrschen an der Dies sagte Professor Meinrad Spree allerdings "amerikanische Koch vom Nationalen AIDS­ Verhältnisse". Problem der ano­ Zentrum in Berlin. nymen Zählung seien Doppel­ Wie Koch aufeiner Veranstal­ meldungen. Koch geht bundes­ tung der Innungskrankenkässe weit von rund 75000 Infektionen weiter ausführte, hat sich die aus, davon 15000 allein in Ber­ Ausweitung von AIDS völlig an­ lin. ders entwickelt als zunächst vor Das HI-Virus sei in die allge­ ein paar Jahren angenommen. meine Bevölkerung bisher kaum Die Zahl der Neuinfektionen sei eingedrungen. Koch schließt 00 rückläufig, die Verdopplung der dies auf HIV-Untersuchungen H AIDS-Fälle habe sich von sechs von Blutspenden. Auf 100000 ::l .D auf 13 Monate verlangsamt. Konserven kämen ein bis 'zwei C aJ Nach Schätzungen Kochs sind p0sitive Befunde. "Meist han­ [fJ H mehr als die Hälfte der gemelde­ delt es sich um Spender, die ei­ I ::l ten Infektionen sogenannte Alt­ nen Verdacht auf diese Weise aJ falle von vor 1984/ 85. Nach Be­ bestätigt haben wollten." Z obachtung des Robert-Koch-In­ Nach amerikanischen Erfah­ 00- stitutes seien Ne_uinfektio.nen rungen sei "Armut der Nährbo• C ::l stark rückläufig. den für AIDS". In den Slums der .j.J Koch nannte auch Indizien für Großstädte, wo die "Liebe das ·rl aJOO ein verändertes sexuelles Ver­ Brot der Armen ist", dringe der NOO halten. Nach einer Studie waren Virus in die allgemeine Bevölke• aJ O .j.J ..... 1984/85 von 800 homosexuellen rung ein. Ein "anständiges sozia­ N • Männern mehr als die Hälfte H ..... les Netz", so Koch, sei die "beste :

12 AI D S Infodienst ______Medizin und Forschung Hamburgs Kassen wollen Kosten für Methadon-Therapien nicht tragen Von Egmont heitsministeriums und der Lan­ zum Wochenende die passende. Schulze Pellengahr desstelle gegen die Suchtgefahren Dosis mit nach Hause. zur Substitutionsbehandlung Für die Kassen ist dieses Ver­ "Erst aus der Zeitung haben wir heißt es, daß Methadonprogram­ fahren "absolut nicht akzepta­ von der geplanten Drogensubsti­ me weder einen wirksamen Bei­ bel", wie Behrends sagte. "Für tution mit Methadon erfahren, trag zur Suchtrehabilitation noch die Ärztekammer auch nicht", obwohl wir die Kosten fur diesen zur AIDS-Prophylaxe leisten wie Pressesprecher Dieter .W. Drogenersatz-Therapie tragen könnten. Schmidt sagte. Maßgeblich seien sollten." Anfangs fUhlten sich die Inzwischen geht die Hambur­ die von Sachverständigenkom• Hamburger Krankenkassen nur ger AOK noch einen Schritt wei­ mission und Kammer herausge­ "überfahren". Inzwischen formu­ ter. Gegenwärtig läßt sie bei der gebenen Behandlungsrichtli­ lieren sie selbstbewußt ihren nien. Und die sähen eine Verab­ Vorbehalt gegen das Substitu- ~ reichung des Ersatzmittels nur tionskonzept, das unter der Fe- t 'Hintergrund '." unter Aufsicht eines Arztes vor, derfUhrung der Ärztekammer \? ...... ~....: der in der Drogentherapie be­ Hamburg angelaufen ist. sondere Kenntnisse hat. Verstö• Die Kassen sind strikt dagegen, Staatsanwaltschaft juristisch ße gegen die Empfehlung würde die Kosten für die EinzeI­ prüfen, ob nicht mit der Kosten­ die Kammer mit dem Entzug der therapien zu trage'L Der Sprecher übernahme fUr eine Methadon­ Genehmigung für die Therapie der Arbeitsgemeinschaft der 'behandlung möglicherweise der ahnden. Harn burger Krankenkassen, Tatbestand der "Beihilfe zu ei­ Dagegen bestätigte der Ge­ AOK-Direktor Dr. Behrend Beh­ ner Körperverletzung" erfüllt schäftsfUhrer der Apotheker­ rends, zur ÄRZTE ZEITUNG: wird. Schließlich werde durch kammer, Dr. . Hans-Günther "Methadon kann zur Heilung Methadon die Drogensucht Helling, daß einige wenige Apo­ nichts beitragen. Die gesundheit­ nicht geheilt, sond~rn nur auf­ theken den Patienten die Wo­ lichen Gefahrdungen werden so­ rechterhalten. Dabei verweist chenenddosis aushändigen. Er gar noch erhöht, deshalb kann es die AOK auf ein Urteil des könne sich vorstellen, daß dies nicht Aufgabe der Kassen sein, Oberlandesgerichts Stuttgart, in Absprache mit dem behan­ diese Behandlungsmethode zu das den Tatbestand der Körper• delnden Arzt geschehe. leicht­ bezahlen." verletzung bei Aufrecherhalten sinnig sei das schon, abhängigen Mit ihrer Ablehnung stehen einer Tablettensucht als erfüllt Patienten in diesem Ausmaß zu die Hamburger Kassen nicht al­ ansah. vertrauen, fUgte Helling an. Je­ lein. Auch KV-Chef Dr. Klaus Die Kassen verneinen jedoch doch dürfe man den betroffenen Voelker sieht in der Substitution nicht nur ihre Zuständigkeit als Apothekern keinen Vorwurf keine kassenärztliche Leistung, Kostenträger, sie kritisieren das daraus machen, wenn sie aus so­ fUr die die gesetzliche Kranken­ Hamburger Konzept auch im zialem Engagement bereit seien, versicherung aufzukommen Detail. So entspreche dieses die von der Arztekammer befür• habe. Konzept nicht dem, was ver­ wortete kontrollierte Drogen­ Das Problem der Kostenüber• sprochen worden sei. substitution zu unterstützen. nahme besteht fUr die Kassen Den Kassen geht es dabei vor Methadon als neue Droge auf noch nicht konkret. Denn zur allem um die Praxis der Metha­ dem Dealermarkt - für die Ham­ Zeit befinden sich nur rund ein donabgabe an die Patienten. So burger Kassen ist das kein Hirn­ Dutzend Patienten in der seit sei die kontrollierte tägliche Ab­ gespinst, sondern eine reale Ge­ dem Frühsommer möglichen gabe der Substanz an die Patien­ fahr. Ob man dies in der Ham­ Methadon-Einzeltherapie. Ob es ten nicht gewährleistet, heißt es. burger Ärztekammer auch so überhaupt zu einem Mengenpro­ Inzwischen werde nämlich die sieht, war nicht zu erfahren. Da­ blem kommen wird, ist zumin­ Tagesdosis nicht mehr aus­ für ließ Geschäftsführer ' Dr. dest derzeit fraglich. Dennoch: schließlich von den behandeln­ Klaus-H. Damm mitteilen, zur Die Krankenkassen bauen vor. den Ärzten verabreicht, einge­ Zeit sei die Kammer nicht be­ Inhaltlich stützen sich die Kas­ schaltet seien auch Apotheken. reit, weitere Auskünfte zur Dro­ sen in ihrer Ablehnung gegen die Und die gäben den Patienten gensubstitution zu geben. Substitutiontherapie auf die in Baden-Württemberg vertretene Ärzt e Zeitun g , Ne u-Isenburg , Linie. In einem Argumentations­ katalog des Stuttgarter Gesund- 2 . /3 .11.1988

13 A I D S Infodienst Medizin und Forschung

AIDS / Erste Ergebnisse der von den Laboratorien gemeldeten Daten liegen vor Schnelle HIV-Ausbreitung nicht feststellbar () Ü S H I du rf (Rö). Einc Wie der Epidemiologe auf der nicht drogenabhängig oder ho­ 0110 Habermehl von der Freien explosionsarli!:c AusbreilUng Medica in Düsseldorf mitteilte, mosexuell sind, neu mit HIV in­ Universität Berlin auf der glei­ des IIIV-Erregcrs in der Hcvöl• gab es am 31. Oktober in der fiziert werden. Andere Untersu­ chen Veranstaltung berichtet kerun!: der Hundesrepublik Bundesrepublik 26911 HIV-ln­ chungen ließen jedoch auf eine hat, sind in der Bundesrepublik Deutschland hat bisher nicht fizierte. Ihr mittleres Alter lie~t Ausbreitung von HIV in Bevöl• Deutschland erst 35 solcher In­ slallgcfunden. Es ist jedoch si­ zwischen 25 und 29 Jahren. DIe kerungsteile schließen, die nicht fektionen bekannt geworden. (' her, daß auch etliche Personen, gemeldeten Personen sind damit den klassischen Risikogruppen Mit dem zur Zeit verwendetCII die nicht zu dcn Risikogruppen um durchschniltlich zehn Jahre angehörlen. Wie berichtet wor­ Screening-Test auf HIV-I wür• gehören, infiziert sind. jünger, als die AIDS-Kranken. den ist, sind bei Untersuchungen den die gegen HIV-2 gerichtl!len Diesen Schluß hat Dr. Helmut Daraus könne jedoch nicht etwa von 22 128 Schwangeren 21 Antikörper bei etwa zwei Drilld M a:-.e iner aus der vorltiuligen geschlossen werden, daß die La­ HIV-Infektionen festgestellt der Patienten erkannt, weil dil' Auswerlung der Ikrichte über tenzzeit zehn Jahre betrage, worden. Kemproteine dieses Virus zu positive AIDS-Antikörperlests warnt Maxeiner, denn der Zeit­ Das als zweites AIDS-auslö• etwa 60 Prozent denen des HIV I gaogen, die in Erfüllung der La­ punkt dcr Inlektion sei ja unbe­ sende Virus erst kür/lieh ent­ homolog sind. Es stehe aber be­ borbcrichtspllirht an das Bun­ kann\. Aus der Statistik sei auch deckte HIV-2 ist in der Bundes­ reits t:in Test fUr HIV-2 I.ur Va­ lksgesundhcitsamt in Balin ge­ kein Trend ablesbar, daß jetzt republik so gut wie nicht ver­ fUgung, ein Scrcening allcr Blut­ schickt worden sind. deutlich mehr Personen, die breite\. Wie Professor Dr. Karl- spenden auf HIV-2 sei geplant. Ärzte Zeitun g , Ne u-Isenbu rg 24.11. 88

HIV-infizierte Kinder Wann und wie Sie die impfen sollen

Auch "IV-infizierte Kinder sollten Popo-Impfung erhalten. Vorsicht je­ geimpft werden, bei symptomatischer doch, wenn Aids-Kranke in der Wohn­ Erkrankung allerdings nur mit inakti­ gemeinschaft leben! Hier sollte man vierten l.mpfstoffen (Hepatitis B, Diph­ sicherheitshalber den Salk-Impfstoff therie, Tetanus, Polio nach Salk) . Eine verwenden. passive Immunisierung gegen Wind­ Neugeborene von HIV-positiven pocken und Masern empfiehlt sich, Müttern sofort aktiv und passiv gegen wenn die Ansteckungsgefahr erhöht Hepatitis B impfen, da meistens das ist. Infektionsrisiko besonders groß ist. Kinder mit asymptomatischer HIV­ H. Stickl (Lazarettstr. 62 . 8000 München 19) : Zur Infektion können die normale Ma­ Schutzimpfung von Kindern mit HlV-lnfektion. Zschr. sern-Mumps-Röteln- sowie die orale f. Allg. Med. 64 (1 988) 400-401.

Ärztliche Praxis , Gräfelfi ng , 10 .11. 88

14 A I D S Infodienst Medizin und Forschung

Die Ne ue Ärz tliC he , Frankfurt Welche Prognose haben Kinder 24 .11. 88 ' von HIV -infizierten Frauen? Die frühzeitige Diagnose der Im­ Mortalitätsrate dieser Kinder ist munschwäche bei Kindern ist außer• besonders hoch. Dabei ist unklar, ordentlich schwierig. Bis zu 15 Mo­ ob der Befall des zentralen Nerven­ naten nach der Geburt können sie systems einen schweren Infektions­ die HIV-Antikörper ihrer Mutter verlauf widergibt oder aber "per im Blut haben. Das Risiko der se" weitere Komplikationen verur­ Virusübertragung von einer HIV- ' sacht. Je früher die Symptome bei positiven Mutter auf ihr Kind wird den Kindern ausbrechen, um so in einer multizentrischen europäi• fulminanter und ungünstiger ist schen Studie mit 24 Prozent, in ei­ der klinische Verlauf. Das Krank­ ner italienischen Untersuchung mit heitsstadium der Mutter spielt für rund 33 Prozent angegeben. Die Er­ die Prognose des Kindes nach den gebnisse dieser Studien wurden jetzt vorliegenden Befunden offensicht­ in "The Lancet" veröffentlicht. lich keine Rolle. Widersprüchlich sind bislang die Knapp ein Drittel der erkrank­ Befunde zur teratogenen Wirkung ten Kinder zeigt bereits vor Ablauf des HIV. Erhöhte Mißbildungsra• Für Aids-Patienten fehlen von 9 Lebensmonaten klinisch An­ ten, besonders Fehlbildungen am zeichen einer HIV-Infektion. Als Herzen, sind ve rmutlich eher auf in Kliniken die Betten den Mißbrauch intravenöser solche werten die Autoren der mul­ Für Aids-Patienten gibt es in den tizentrischen Studie chronische Rauschmittel der HIV -infizierten Frankfurter Kliniken nicht genügend Lymphknotenschwellung, Leber­ Mütter als auf das Virus selbst zu­ Betten. Zu diesem Schluß kamen Vertre­ oder Milzvergrößerung, chroni­ rückzuführen. Unklar bleibt, ob ter verschiedener. Kliniken, Verbände die Infektion intrauterin oder über• und Selbsthilfegruppen, die sich jetzt auf scher Durchfall. angeworbene Mi­ Einladung der Kassenärztlichen Vereini­ krozephalie. Wachstumsverzöge• wiegend während der Geburt er­ gung Hessen (KVH) zu einem Gespräch rung oder eine Abnahme der T­ folgt. Die italienische Studie liefert zusammenfanden, um die künftige Arbeit Helfer-Zellzahl zu Gunsten der T­ schwache Indizien für ein erhöhtes besser koordinieren zu können. Suppressor-Zellzahl. Mehr als die Infektionsrisiko bei vaginaler Ent­ bindung und beim Stillen vergli­ Die Betten-Kapazität reiche offensicht­ Hälfte der gesunden Kinder HIV­ lich nicht aus, heißt es in einer abschlie­ infizierter Mütter war bereits nach chen mit Kaiserschnitt und "l1a­ ßenden Stellungnahme der KVH. Beson­ etwa 10 Monaten Antikörper-ne• schengefütterten" Kindern. ders das Angebot an Wohn- und Pflege­ gativ. Die Übertragung während Wichtige Fragen zum Risiko der einrichtungen für HIV-Infizierte Drogen­ Infektionsübertragung und zu pro­ abhängige sei "noch Il!-.angelhaft". Wäh• der Schwangerschaft und Geburt rend niedergelassenen Arzte, die HIV-In­ wird nach den Ergebnissen dieser gnostischen Parametern sind im­ fizierte betreuen, keine Probleme bei der Untersuchung weder durch den mer noch nicht eindeutig geklärt: Zusammenarbeit mit Ambulanzen und Gesundheitszustand der Mutter. Beeinl1ußt das Krankheitsstadium Pflegediensten hätten, sei die stationäre der Mutter die Wahrscheinlichkeit Unterbringung drogenabhängiger Patien­ das Stadium ihrer HIV -Erkran­ ten "äußerst problematisch". Auch die Ab­ kung noch durch die Art der Ge­ der Übertragung ? Spielt die Art sicht, schwerkranken Drogenabhängigen burt oder das Stillen beeinl1ußt. der Entbindung eine entscheidende Ersatzdrogen zu verschreiben, stoße im­ Die Aussagekraft dieser Befunde Rolle ? Sind vorzeitige Geburten mer wieder auf Schwierigkeiten. ft ist durch die insgesamt niedrige und geringes Geburtsgewicht mit Fallzahl von 296 untersuchten schlechter Prognose eines infizier­ Fra nk f urter Rundscha u, 30 .11 . 88 Kindern jedoch eingeschränkt. ten Kindes verbunden? Die Anga­ Bislang fehlen praktikable Tests. ben zum Risiko der Infektions­ die eine Virusinfektion auf andere übertragung zwischen 24 und 33 Weise nachweisen können. Mole­ Prozent in Europa, 41 Prozent in kularbiologisch~ Analysemetho­ den Vereinigten Staaten jedoch den befinden sich in der Prüfung, sind alarmierend. mab vielversprechend ist möglicherwei• se die "Polymerase Chain Reac­ C.S. Peckham et al. : Mother-to­ tion", durch die sich sensibel Virus­ child transmission of HIV infec­ gen-Sequenzen in den Zellen von tion - The European Collaborative Erkrankten auch bei negativem Study. The Lancet 8619 (1988), S. Antikörpertest nachweisen lassen. 1039 - 1058. P.A. Tovo et al. : Epidemiology. c1inical Bei den betroffenen Kindern ist features and prognostic factors of pae­ der Befall des zentralen Nervensy­ diatric H IV infection. The Lancet 86 I9 stems prognostisch ungünstig. Die (1988). S. 1039 - 1058.

15 A I D S Infodienst Medizin und Forschung

Neben der Besserung der Aids-kranke Kinder neurologischen (Gang, Koor­ dination) und intell ektuellen Defizite kam es auch zur Bes­ serung der immunologischen Intelligenz und Motorik Parameter: Abfall der Immun­ globulinspiegel, Anstieg der Helfer-Lymphozyten, Ver­ unter Zidovudin deutlich besser minderung von Lymphkno­ tenschwellung und Hepato­ BETHESDA - Vor all e m die aufgrund der kurzen Halb­ Durch Testungen wurde bei splenomegalie. Ferner wurde Enze phalopathie von Aids­ wertszeit des Medikaments allen 13 betroffenen Kindern ein verbesserter Appetit mit kranken Kinde rn kann durch (ca. 1 Stunde) gewählt. 21 eine Besserung der inteiJektu­ Gewichtsabnahme registriert. die kontinuierliche Infusion Aids-kranke Kinder im Alter ellen Fähigkeiten nach sechs­ Die einzige schwere Ne­ von Zidovudin · - teilweise von 14 Monaten bis 12 Jahren monatiger Behandlung fest­ benwirkung bestand in der dramatisch gebessert wurden mit verschiede nen gestellt. Durch die Positronen­ Knochenmark-Toxizität, die werden. Dosen (0,5, 0,9, 1.4, 1,8 mg Emissions-Tomographie wur­ zu einer dosislimitierenden Die kontinuierliche Zufuhr pro kg KG pro Stunde) be­ de die Besse rung der Enze­ Neutropenie bei höheren des Medikame nts übe r ein e handelt. phalopathie verifiziert. AZT-Dosierungen führte. t relll bei r!!, IHOCI rd Jll Jll i.'rbel n ! Unte r dcr Thcrapie ka m I ~ S Pumpe wurde von P. A. Pizzo zur de utlichen Besserung des und Mitarbeitern, National schwerwiegendsten Aids­ Cancer Institute in Bethesda, Symptoms bei Kindern, näm• Die Ne ue Är ztliChe , Fra nk f ur t , lich der Enzephalopathie. 05 . 11.1988

Bayern lehnt eine Therapie mit Methadon weiter ab

MÜNCHEN - Bayern ist nach daß diese Therapieentscheidung wie vor gegen die Substitutionsthe­ beim Arzt zu liegen habe. rapie Drogensüchtiger mit Metha­ Die Forderung von Frau Süss• don. Auf einer Veranstaltung des muth, die Frage nach einer Aus­ Gesundheitspolitischen Arbeits­ weitung der Indikation: von Me­ kreises (GPA) der CSU bezeichne­ thadon sorgfältig zu prüfen, hätte te es der Drogenbeauftragte des In­ eine Änderung des Betäubungsmit• nenmlOlsteriums, Ministerialrat telgesetzes zur Folge. Denn nach W. Konrad. als einen Irrtum, daß dem Gesetz sei die Indikation von mit dieser Therapie Drogenabhän• Methadon die Behandlung schwe­ gigkeit und Beschaffungsprostitu­ rer Schmerzzustände, die Über• tion gemindert werden könnten. brückungsbehandlung von Dro­ Hier ersetze lediglich ein Suchtmit­ genabhängigen , wenn lebensbe­ tel das andere. Der Pharmakologe drohliche Entzugserscheinungen Professor Wolfgang Forth sprach vermieden werden müssen sowie sich jedoch dann für eine Metha­ die Entzugsbehandlung schwerer don-Substitution aus, wenn an Opiatabhängiger. Professor Hell­ Aids erkrankte Süchtige einer Ent­ muth Kleinsorge bemerkte, daß es zugsbehandlung nicht mehr zu­ rechtswidrig sei, wenn der Staat gänglich sind . Er wie auch Profes­ eine systematische Untersuchung sor Hanns Hippius wiesen jedoch mit einem Arzneimittel anstrebe, darauf hin, daß eine Therapie mit bei einer vom Bundesgesundheits­ Methadon nur durch Kliniken ge­ amt nicht zugelassenen Indikation. schehen kann. Hippius betonte. bö

Die Ne ue Ärztliche , Fr a nk f ur t , 28 .11. 88

16 A. I D S Infodienst Medizin und Forschung

Internationales Symposium für Kinder- und Jugendpsyehiatrie in Würzburg Die Psyche ist bei Kindern mit AIDS häufig zuerst betroffen W ü r l bur!! (Rö). Kinder­ lizien. Nach einer Erhebung der Jahr zu deullichen Entwiek­ ärzte und Psychiater werden in Universitätsklinik Derlin-Char. lungsretardierungen gekommen Zukunft häufiger psych"patho­ loltenburg habe jede 200. sei. besonders beim Sprach ver­ logische Krankheitshilder "or Schwangere ohne Risikoanam­ halten und in der Sensomotorik. sirh sehen. die medizinische nese einen positiven HIV-Test Auch seien dementive Abbau­ Ersts~ ' mpt"me einer HIV-Infek­ gehabt. Weiterhin gelte. daß 60 prozesse zu beobachten. wobei tion sind und erst zur Diagnose Prozent HIV-positiver Schwan­ früher bereits beherrschte Fähig• der Erkrankunll führen werden. gerer ihre Kinder infizienen. keiten wieder verloren gingen . Die Durchseuchung mit dem sagte Ellinger auf der von Ci ba Die hirnorganische Symptoma­ HI-virus bei Frauen ohne Risi· Geigy unterstützten Veranstal­ tik werde oft in ihrem Beginn koanamnese nehme erschrck­ tung. übersehen oder als psvchogen kend zu . hat Dr. Thomas ElIin­ Geschehe dies schon sehr früh mißgedeutet. Im Verläuf der ger von der Klinik fur Ju­ in utero. bildeten sich typische H IV -Enzephalitis gingen die gendpsyehiatrie der Universität kraniofaziale Mißbildungen aus. psychoreaktiven Phänomene zu­ Würzburg dort auf dem 8. Inter· Ebenfalls manifestiere sich die rück und wUrden abgelöst von nationalen Symposium fur HIV -Infektion neuropsychia­ einer psyehoorganischen Sym. Psychiatrie des Kindes- und Ju­ trisch. Ellinger zitiene Studien, ptomatik der .. AIDS-Lethargie" gendalters gewarnt. wonach es bei Kindern nach an­ mit Verlust affektiver Resonanz· So sei in New York bereits amnestisch eher unauffälligem fähigkeit , Abstumpfung der Ge· jede 60. Schwangere mit HIV in - erstem Lebensjahr im zweiten fuhle und Persönlichkeitsverfall. Är zt e Zeit un g , Ne u-Isenb urg 15 .11. 88 ein Bestätigungstest mit dem Western-Blot oder dem Immun­ fl uoreszenztest. Weiter sagte Runkel, daß seit Är z t e Zei tung , Ne u-Isenburg November 1985 bei 552 Ver­ 31.10 . 88 storbenen Bulbi zur potentiellen Keratoplastik entnommen wor­ überraschend hohe AIDS-Rate in Franken den seien. Bei keinem Toten habe klinisch oder anamnestisch ein Verdacht auf eine HIV- oder Hepatitis B-Infektion bestan­ Bei Hornhautspendern' den. Doch von diesen 552 un­ auffälligen Spendern seien' beim Hepatitis-Schnelltest 43 Perso­ ist ein HIV-Test nötig nen postiv gewesen. Das ent­ spreche 7,79 Prozent. Im Bestä• M ü n c h e n (Kys). Eine rou­ An der Universitätsaugenkli­ tigungs-Hepatitis-Langzeit-Test tinenmäßige serologische Unter­ nik in Erlangen habe man seit hätten sich davon noch sieben suchung auf HIV-Antikörper November 1985 wegen der mög• Personen (2, 17 Prozent) als posi­ und HBs-Antigene bei Horn­ lichen Gefahr einer AIDS- oder tiv erwiesen. Das HIV-Elisa­ hautspendern fordert Dr. Wolf­ Hepatitis-übertragung poten­ Screening habe sieben Spender gang Runkel. Der Referent aus tielle Hornhautspender routi­ (1 ,27 Prozent) als positiv ermit­ der Augenklinik der Universität nenmäßig serologisch unter­ telt, drei seien mittels Western­ Erlangen begründete diese For­ sucht. Gleichzeitig mit dem Blot-Test gesichert worden. Das derung mit den Ergebnissen sei­ Transplantat entnehme man entspreche 0,54 Prozent. ner Studie, die er auf der Tagung fünf Milliliter Vollblut zur Un­ Eine HIV -Infektion über eine der Vereinigung Bayerischer Au­ tersuchung auf HIV-Antikörper Hornhauttransplantation ist laut genärzte in München vorgestelItt und Hepatitis B-Antigene. Be­ Runkel möglich. Zwar sei bis hat. reits einige Wochen nach der In­ heute dadurch noch keine H IV­ Bei 552 potentiellen Horn­ fektion mit HIV, so Runkel, bil­ Infektion bekannt geworden, hautspendern aus der fränkisch• deten sich die entsprechenden sagte der Referent abschließend. ländlichen Region, die ohne kli­ Antikörper und blieben bis zum Da aber die Zahl sowohl der Ke­ nisch-anamnestischen Anhalt Finalstadium positiv. Nachge­ ratoplastiken als auch der HIV­ für eine HIV- oder Hepatitis-In­ wiesen habe man die HIV-Anti- Träger zunehme, sei nach den fektion waren, wurden im Bestä• Ergebnissen der Erlanger Studie tigungstest 2, 17 Prozent als posi­ körper mittels Screening mit eine serologische Spenderunter­ tiv auf Hepatitis-AG ermittelt dem kommerziellen Elisa-Test. suchung auch bei unauffälliger und 0,54 Prozent auf HIV-Anti­ Fiel dieser positiv aus, erfolgte Klinik und Anamnese obligat. körper.

17 A I D S Infodienst Medizin und Forschung

Aidsvirus-infiziert im Mutterleib Erfahrungen mit HIV-positiven Kindern

Experten schlitzen, daß 600 Kinder in Human Immunodeficiency Viru. noch im Aidsviren bei Säuglingen, die weniger als Dabei gibt es, darin waren sich Aryo Ru­ der Bundesrepublik mit dem Aidsvirus Mutterleib auf den Fötus übertragen, aber 15 Monate alt sind, nachzuweisen. Falls binstein und IIse Grosch-Wörner einig, (HIV) infiziert sind. 40 aids kranke Kinder man weiß nicht, wann genau und wie. Sel­ die Mutter infiziert ist, sind bei ihrem keinerlei Hinweise auf eine besondere Ge­ unter 14 Jahren waren dem Bundesge­ tener kommt es zu einer Ansteckung wäh• Baby fast immer Antikörper nachweisbar, fährdung anderer Kinder oder Erwachse­ sundheitsamt bis zum 31. 10. 1968 gemel­ rend des Geburtsvorgangs oder beim Stil­ die lediglich dem mütterlichen Blutkreis­ ner durch ein HIV-positives Kind. In de n det. In der Gruppe der Fünf- bis Vierzehn­ len. Eine HIV-positive Frau muß keines­ lauf entstammen, also noch nicht auf eine New Yorker Elendsvierteln schlafen infi­ jährigen sihd mit einer Ausnahme nur wegs in jedem Fall ein infiziertes Kind ge­ Infektion hinweisen müssen. In der Regel zierte und nichtinfizierte Geschwister in Jungen von der Krankheit betroffen, bären. Auf 30 bis 60 Prozent der Kinder werden die Kinder dem Arzt erst vorge­ einem Bett; die hygienischen Zustände meist Hämophile, die durch verseuchte wird das Virus übertragen. stellt, wenn sie bereits die typischen Sym­ sind oft katastrophal, dennoch ist kein Blutprodukte ange"teckt wurden. Dieser Die amerikanischen Ärzte haben nur ptome zeigen (Gewichtsverlust, daue rnder Fall von gegenseitiger Ansteckung be­ Übertragungsweg ist seit 1985 praktisch Vermutungen über die Ursache dieses Durchfall, Lymphknotenvergrößerung, kannl Eine Erklärung für die une rwartet bedeutungslos geworden, da die Viren Phänomens: Viele Frauen sind mit HIV Bewegungsstörungen, schwere bakterielle geringe Gefährdung vermuten einige Wis­ durch Erhitzen abgetötet werden. Unter und HTLV I (human T-ceillymphotrophic und virale Infektionen). senschaftler darin, daß auch die Anzahl den kranken Null- bis Vierjährigen dage­ virus) coinfiziert. Möglicherweise be­ Vor der Geburt infizierte Kinder schei­ der übertragenen Viren für eine Anstek­ gen sind die Mädchen in der Überzahl. schleunigt HTLV I die Übertragung des nen gemeinsame physiognomische Merk­ kung Bedeutung hat. Man weiß, daß das HI-Virus. Die Annahme, eine Schwanger­ male auszubilden, die einen ersten An­ Virus sehr empfindlich ist und in der Dramatische Situation' schaft beschleunige das Ausbrechen der haltspunkt für weitergehende Untersu­ Außenwelt nur wenige Minuten überlebt. Krankheit, wird durch die Erfahrungen chungen geben könnten. Durch die üblichen Desinfektionsmaß­ WesenUich dramatischer als in der Bun­ Rubinsteins nicht bestätigt. Es sei unmög• nahmen wird es abgetötet. Wenn man von desrepublik ist die Situation derzeit in den lich, Vorhersagen über die positive oder Anders als bei Erwachsenen der Infektion weiß und bei Verletzungen USA. Allein in New York rechnet man in negative Auswirkung einer Schwanger­ die entsprechenden Maßnahmen ergreift, diesem Jahr mit 1000 infizierten Kindern. schaft zu treffen. Auch eine Abtreibung Symptomatik und Verlauf einer pädia­ sehen Ärzte keinen Grund. ein infiziertes Auf einem Kongreß für Sozialpädiatrie in würde das Immunsystem stark belasten; trischen HIV-Infektion unterscheiden Kind von Gleichaltrigen fern zuhalten. München berichtete kürzlich der New ein elhisches Dilemma lür die Mediziner, sich nämlich von denen Erwachsener. Treten Anzeichen der Krankheit auf, so ist Yorker'Mediziner Ario Rubinstein über die guten Gewissens weder zur Abtrei­ Nach den Beobachtungen der amerikani­ der Schutz des Kindes vor allen möglichen den aktuellen Forschungsstand bei pädia­ bung noch zur A.ustragung eines mög­ schen Wissenschaftler entwickelt sich ein begleitenden Infektionen vordringlich. trischen HIV-Infektionen. Rubinstein und licherweise kranken Kindes raten können. Teil der Kinder in den ersten zwei Jahren Dann, meint Grosch-Wörner, müsse eher seine Mitarbeiter haben weltweit die größ­ Während in der Bundesrepublik immer ganz normal. Nach ~twa zwei Jahren ver­ das kranke Kind vor seinen Spielkamera­ te Erfahrung in der psychosozialen und mehr infizierte Frauen eine Schwanger­ zögert sich die Entwicklung, schließlich den geschützt werden, als umgekehrt. medizinischen Betreuung gesammelt. Die schaft unterbrechen, entscheidet slch die kommt es zum Stillstand und sogar zum SABRINA RAeHLE Mehrzahl der kleinen Patienten stammt Mehrheit der Betroffenen in den USA, ihr Rückschritt. Viele der von Rubinstein un­ aus den Elendsvierteln der Bronx: 78 Pro­ Kind zu bekommen. . tersuchten Kinder kommen bereits mit zent der Kinder wurden durch die Mutter Es 1st kaum möglich, mit den herkömm• Gehirnschäden unterschiedlichen Ausma­ infiziert. Am häufigsten wird das HIV, das lichen Testverfahren eine Infektion mit ßes auf die Welt. 50 Prozent von ihnen fal­ len bei den üblichen neurologischen Un­ tersuchungen nicht als hirngeschädigt auf. Der rapide körperliche und geistige Ver­ fall wird allerdings an deutschen Kindern nicht beobachtet. Die kleinen Patienten, die an der Freien Universität Berlin von IIse Grosch-Wörner betreut werden. sind vielmehr weitgehend gesund und entwik­ kein sich so, daß sie in Kindergarten oder Schule gehen könnten - wenn man sie ließe. Die beste medizinische Betreuung ersetzt nicht das Spiel mit den Nachbars­ kindern und kann die Stigmatisierung der Betroffenen nicht ausgleichen: Amerika­ nische und deutsche Experten beklagen Vorurteile und fehlende Sachkennlnis der Bevölkerung, die zur totalen isolation des Kindes führen, sobald die Krankheit be­ kanntwird. Menschen, die sich um Aidskranke kümmern, werden ihrerseits aus dem UNNÖTIG AUF DISTANZ gehen viele Menschen zu Aidsviru,-infizierten Kin­ sozialen Leben ausgegrenzt. In den USA dern. Diese vier haben in den U~A Gerichte in Anspruch nehmen müssen, um leben viele infizierte Kinder in Kranken­ durchzusetzen, daß sie die Schule besuchen dürfen, Photo: Archiv häusern, obwohl sie noch gesund sind. be­ richtete Frau Phyllis Susser, die Initiato­ rin eines Helms für aidskranke Babys in Brooklyn. Die Folge seien schwere psychi­ Süddeutsche Ztg . München sche Schäden. 21 .11. 88

18 F., I D S Infodienst ______Medizin und Forschung

iI? Urin ,ausgeschieden werde. Pilzinfektionen hei AIDS e~gne es SIch auch zur Therapie Ärzte Zeitung , Neu - Isenburg emer Candidurie. 4 . / 5 .1 1. 88 Neues Mittel auch Darüber hinaus ist nach Aus­ sage von Gudrun Just Flucona­ bei opportunistischen zol a~ch, we~en der guten Li­ quorg~nglgkeIt bei Pilzinfektio­ Mykosen erfolgreich nen mIt cerebraler Beteiligung zu empfehlen. So hätten andere Fra n k f ur t (adi). Bei 80 Untersu~hu~gen gezeigt, daß es bis 90 Prozent aller AIDS-Pati­ auch, b~I , emer Kryptokokken­ enten entwickelt sich im fortge­ Menmgltls helfe. schrittenen Stadium eine Candi­ AIDS / Insemination da-Infektion der Mundhöhle und des ösophagus. Bei nahezu allen ,Binden sich die Patienten wird also eine inter­ mittierende oder Langzeitthera­ HI-Virenan pie mit einem Antimykotikum notwendig. Samenfäden? Wie Dr. Gudrun Just von der Universitätsklinik Frankfurt Montpellier (AFP). ,.Zwar sagte, scheint das neue Antimy­ haben wir im Inneren des Sa­ kotikum Fluconazol verschiede­ menfadens das die AIDS­ nen Studien zufolge bei oropha­ Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg Krankheit auslösende HI-Virus ryngealer Candidiasis von 23 . 11 . 88 nicht gefunden, doch haben wir AIDS-Patienten das zu halten, festgestellt, daß es sich an der was man sich von, ihm ver­ Hülle der Samenfäden festsetztm spricht. So berichtete die Wis­ AIDS / Dermatologie kann", berichtete der französi• senschaftlerin auf einer vom sche Wissenschaftler Dr. Mauri­ Pharmauntemehmen Pfizer un­ ce Auroux von der Klinik Bice­ terstützten Veranstaltung in Eine HIV-Infektion tre bei Paris auf der vierten Eu­ F~ank~urt auch über die Ergeb­ romedizin-Konferenz in Mont­ nIsse eIgener Untersuchungen an zeigt sich häufig pellier. 44 HIV -positven Patienten mit Aus diesem Grund hält es der kljnisch und kulturell nachge­ zuerst an der Zunge Wissenschaftler für verfrilht, bei wIesener Candida-Infektion, D ü s sei dorf (Rö). Eine solchen Paaren dem Wunsch Diese Patienten waren in 50 Haar-Leukoplakie bei einem nach künstlicher Befruchtung zu Therapi,ezyklen 5 bis 35 Tage jungen Mann spricht mit ziemli­ entsprechen, bei' denen der lang mIt dem neuen Medika­ cher Sicherheit für eine HIV-In­ Mann beim HIV -Antikörpertest ment, das auch parenteral ange­ fektion. positiv reagiert und der HIV­ wandt werden kann, behandelt Die L~ukopla~ie sei fast genau Nachweis bei der Frau nicht ge­ worden, so ~pe z lfisch wIe ein positiver lingt. ,Nach diesen Untersuchungen AntIkörpertest, da man diese .wIrkt Fluconazol bei Mundsoor J::Iauter~rankung fast ausschließ• Är ~ te Zeitung , Neu-Isenburg gu!: Am Ende der Therapie war lich bel HIV -Infizierten finde 22 .11.88 bel nur fünf Patienten noch ein sagte der Münchner AIDS-Spe~ M und~oor festzusteHen. Insge­ zialist Professor Dr. Frank-Det­ samt acht Patienten gaben noch lef Goebel auf der VeranstaItung Beschwerden an, was jedoch in AIDS '88 in Düsseldorf Ursache Zusammenhang mit einer sei die Infektion mit dem Ep­ gleichzeitigen Chemotherapie zu stein-Barr-Virus. sehen sei, sagte Gudrun Just. Die Haar-Leukoplakie trete Auch nach längerer Thenipl'e typischerweise am Rand oder an mit dem neuen Antimykotikum, der. Unterseite der Zunge auf das zur Zeit in der klinischen " DIe Erkrankung läßt auch eine Prüfung ist, traten keine uner­ Prognose zu: Das Vollbild AIDS wünschten Begleiterscheinungen bricht etwa zwei Jahre danach auf, was für eine gute Verträg• aus", sagte der Münchner Exper­ lichkeit spreche .. te. Das Medikament hat eine Auch eine Herpes-Zoster-Er­ Halbwertszeit von etwa 30 Stun­ kranku,ng ,sei se~r verdächtig, den, muß also nur einmal täglich wenn sIe bIlateral m Erscheinung gegeben werden. Da es zu einem trete oder von oben nach unten hohen Prozentsatz unverändert mehrere Segmente erfasse.

19 A. I D S Infodienst Medizin und Forschung

Die Abwehrschwäche öffnet Mykosen Tü~ und 1;or Pilzbefall als schwere Komplikation bei Aids / Lunge und Gehirn besonders gefährdet

Das Krankheitsbild des erworbenen Verwunderlich ist das nicht. Pilzen 00 Immunversagens, Aids, hat die ärztliche kommt in der Natur die Rolle der "Müll• 00 Aufmerksamkeit auf bisher leicht überse­ verwerter" zu: Alles, was morsch und hene und fälschlich als nebensächlich morbide ist, zersetzen sie. Gesunde Lebe­ eingestufte Infektionserreger gelenkt: auf wesen schützen sich vor den allgegen­ Pilze, die bei Befall innerer Organe wärtigen Pilzkeimen mit ihrem körperei• schwere, nicht selten sogar tödlich ver­ genenAbwehrmechanismus, dem Immun­ laufende System-Mykosen, wie die Pilz­ system. Ist dagegen die Körperabwehr erkrankungen im Körperinnern genannt geschwächt, etwa durch eine schwere Er­ werden, auslösen. Ein Workshop in kältung, eine große Operation oder eben Frankfurt am Main beleuchtete jetzt die durch eine HIV-Infektion, dann haben medizinischen und medikamentösen Pilze leichtes Spiel beim Befall innerer Möglichkeiten der Bekämpfung von Pilz­ Organe. 'Dazu getlÜgeH' wenige ' Sporen infektionen bei Aids. aus dem nächsten Blumentopf, dem Vo­ Nahezu jeder, der mit dem HIV abge­ gelbauer oder dem Schimmel in der Zim­ kürzten Aids-Erreger, dem humanen Im­ merecke. mundefiziem;-Virus, infiziert ist, be­ In Wissenschaft und Forschung ist das kommt mit dem Fortschreiten der Ab­ schon eine Weile bekannt. Daraus wurde wehrschwäche eine System-Mykose. Nach zum Beispiel die Konsequenz gezogen, Angaben von Dr. Gudrun Just von der Blumentöpfe und Herbarien aus Kran­ Frankfurter Universitätsklinik werden kenhäusern zu verbannen. Wenn trotz­ neun von zehn Patienten von einem weiß• dem System-Mykosen nicht selten tödlich lichen Soor im Mund- und Rachenraum, enden, so hängt dies zumeist damit heimgesucht, einem untrüglichen Zei­ zusammen, daß die Ärzte aufgrund ihrer chen für einen Befall mit Candida-Pilzen. Ausbildung bei entsprechenden Krank­ Der Mund-Soor isl so typisch, daß ihn heitsbildern an Pilzerkrankungen in der die Ärzte sogar als Signal dafür benut­ Regel zuletzt denken. Der Grund: Die zen, daß der "Höhepunkt" der HIV-Infek­ Schulmedizin ist noch zu sehr fixiert auf tion, der endgültige Zusammenbruch des bakterielle und virale Infektionen. Immunsrstems mit Entwicklung des 50- An der Erkennbarkeit liegt es jeden­ ge'nanrite'n Aids-Vollbildes, " uniriittelba~ falls nicht, daß Pilzinfektionen meistens bevorstehe, bemerkte Professor Eilke spät und mitunter auch zu spät diagnosti­ Helm, 'die am gleichen Klinikum eine ziert und behandelt werden. Wie der Frei­ schon seit 1982 auf Aids-Fälle speziali­ burger Mikrobiologie-Professor .Johannes sierte Station leitet. Der Candida-Befall Müller bei dem Workshop mitteilte, be­ des Mundes ist zwar nicht lebensbedroh­ stehen für die klinisch häufigsten Pilz­ lich, aber als Dauerzustand für die Pa­ infektionen zumeist gleich mehrere tienten unerträglich, weil er starke Nachweisverfahren, so daß eine genaue Schmerzen, besonders beim Schlucken, Diagnose praktisch immer möglich ist. bereitet. Nur: die Arzte müssen von vorn he rem Schwerste Formen einer Hirnhaut-Ent­ daran denken daß Pilze im Spiele sein zündung und anderer Schäden des Zen­ können. In diesem Punkte gibt es bei tralnervensystems, die unbehandelt das Aids mittlerweile kein Manko mehr, weil Leben kosten können, lösen sich im Ge­ sich in Ärztekreisen herumgesprochen hirn festsetzende Pilze der Art Cryptococ­ hat daß kaum ein HIV-Infizierter von cus neoformans aus. Knapp jeder zehnte Pil~en verschont bleibt. Und auch hin­ Aids-Patient muß hierzulande mit einer sichtlich der Behandlung der System­ solch gravierenden System-Mykose rech­ Mykosen stehen inzwischen wirksame nen, berichtete Gucirun Just. Medikamente - sogenannte Antimykoti­ Während Berliner Ärzte schon mehr ka - zur Verfügung. als zwanzig Fälle dokumentiert haben, Vor allem Azolstoffe haben sich be­ sind an der Frankfurter Klinik bisher währt auch wenn die auf dem Markt be­ vier Fälle entdeckt worden. Für die Verei­ findli~hen Präparate noch ziemlich nigten Staaten und Afrika nannte die nebenwirkungsreich sind und nur oral Ärztin ein wesentlich häufigeres, bei verabreicht werden können, wie Gudrun zwanzig Prozent liegendes Vorkommen Just anmerkte. Weltweit stehen derzeit eines Kryptokokkenbefalls des Gehirns. jedoch zwei weitere Az~!e in der klini­ Andere System-Mykosen, verursacht schen Prüfung, die die Arztin aufgrund durch Aspergillen, Kokzidien oder Histo­ eigener Erfahrungen bei besserer Ver- plasmen, sind bei Aids entweder so selten oder so arm an Krankheitsbeschwerden, träglichkeit als mindestens ebenso wirk­ daß sie oftmals erst nach dem Tode der sam einstufte. Patienten bei der Obduktion festgestellt Problematisch bleibt bei den Aids­ wurden. Sollte sich allerdings herausstel­ Kranken die Diagnose der Kryptokokko­ len, worauf Privatdozent Hartrnut Müller se im Gehirn. Wenn die Patienten über von der Pathologie der Universität erste Beschwerden zu klagen beginnen, Frankfurt hinwies, daß der Erreger der ist es vereinzelt für eine erfolgreiche Be­ Pneumocystis-carinii-Pneumonic, an der handlung schon zu spät. Ein führender deutscher Mykologe, Professor Friedrich die meisten Aids-Kranken versterben, als t Pilz und nicht wie bisher als Protozoon Staib vom Bundesgesundbeitsam in Ber­ einzuordnen ist, dann stünden die lin, plädiert darum in der Fachwelt fur System-Mykosen an der Spitze aller eine Frühdiagnose mit sofort anschlie­ Aids-Todesursachen. ßender Therapie: Alle Kryptokokken

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nisten sich zuerst in der Lunge ein, ehe sie von dort über die Blutbahn Absiede­ lungen im Gehirn bilden. Bei dem Workshop ging' darauf der Freiburger Professor Müller ein. Die Ant­ wort, die er erteilte, war einleuchtend: Nur ein kleiner Teil der Kryptokokken in der Lunge streut später bis ins Gehirn. Aids-Patienten, die ohnehin mit Arznei­ mitteln "vollgepumpt" würden, nun noch vorbeugend mit Medikamenten gegen einen möglichen Kryptokokken-Befall des Gehirns zu belasten, sei unvertretbar. Am Rande der Zusammenkunft gab Professor Helga Rübsamen vom Georg­ Speyer-Haus in Frankfurt, eine inter­ national anerkannte KapaziUt auf dem Geblet'tier HIV:J)jagnostik, vor den Jour­ nalisten bekannt, daß es Anzeichen fur die 'EXistenz eines dritten Aids-Erregers, HIV-3, gebe. Aus der Zellprobe einer an Aids erkrankten Frau aus Ghana habe sie ein Virus isoliert, das in seinen ger.e­ tischen Eigenschaften ebenso weit von HIV-2 wie von dem Affen-Aids-Yirus ent­ fernt sei. Da die genetische Yerwandt­ schaft etwas enger als zwischen HIY-l und HIV-2 sei, wage sie vorerst nur von "HIY-2,6" zu sprechen. Doch habe sie be­ Die Neue Ar ztliche , Frankfurt, reits bei einem Fachblatt alle Einzelhei­ 8 . 11. 88 ten zur Prüfung der Eigenständigkeit von HIV-3 eingereicht. Die Publikation erwar­ te sie nicht vor Dezember. Was die Schwere des Krankheitsver­ HIV-Befragung von Zentren für laufes nach Infektion mit den drei HIV­ Typen angeht, sieht Helga Rübsamen bis· her keine greifbaren Unterschiede. Damit Hämophile zeigt "günstigen Trend'~ trat'sie Spekulationen in Fach- und Lai­ enkreisen über ein weniger schweres Die Zahl der Aids-Kranken unter ren (C DC Stadium III ). Die neuen Krankheitsgeschehen bei HIY-2 im Ver­ hältnis zu HIY-l entgegen. den Hämophilie-Patienten hat von Zahlen zur altersmäßige n Vertei­ DlETER DIETRICH Oktober 1987 bis Oktober 1988 um lung der H IV -Infiz ierten deuten zirka 40 Prozent von 183 auf 245 Landbeck zufolge ebenfall s auf zugenommen, Somit ist auch bei die­ ei ne Entspannung hin . Nach der Frankfurter Ru ndscha u, 8 .11.88 sen Zahlen (Aids definiert als Sta­ allerdings noch vo rl äufi gen Au s­ dium IV Abis E des Center for we rtung entfielen vo n den insge­ Disease Control, CDC) im letzten samt I 146 erfaßten HIV-Infizier­ Jahr keine Verdopplung eingetre­ ten (1987 - I 170) nur 46 auf die ten. Ob die Entwicklung hier "pa­ Gruppe der unter 10jährigen, wä h­ rallel zu den TodesflilIen verlaufe", rend in den drei folgenden Lebens­ könne aufgrund des nur unzurei­ dekaden jeweils rund 300 Infizierte chenden Zahlenmaterials aus den ve rzeichnet wurden (11 bis 20 Jah­ Jahren 1984 bis 1986 nicht beurteilt re: 306, 21 bis 40 Jahre: 613). Die werden. Dies meinte Professor G. gerin ge Inzidenz im ersten Lebens­ Landbeck, Direktor der Abteilung jahrzehnt ist Landbeck zufolge ne­ für Gerinnungsforschung und On­ ben dem Geburtenrückga ng vo r al­ kologie, Universität Hamburg, auf lem auf den Fortfall der Infek­ dem 19. Hämophilie-Symposium. ti onsgefahr durch Virusinakti vie­ rung bei den Konze ntraten und Die dritte Gruppe sind die HI V­ nic ht etwa auf ausgebliebene Ant­ Infizierten. Insgesamt wurden bis wo rten vo n pädiatri sc hen Abtei­ Oktober 1988 I 146 infizierte Hä­ lunge n zurückzufüh re n. Überra­ mophilie-Patienten registriert. da­ schend sei aber die ge ringe Zahl ge­ vo n wa ren 855 asymptomati sch meldeter HIV-Infizierter aus der (CDC Stadium II ). 46 hatten eine Gruppe der Patie nten. die älter als persistieren<;l e ge neralisierte 40 Jahre sind . Mög li che Ursache Lymphadenopathie (C DC Sta­ sei, daß ältere "krankheitserfahre­ dium III . "Aids-related complex"), ne" Hämophile seltener die Be­ während 245 an Aids erkrankt wa- handlungszentren aufsuchten. rum

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AIDS / Therapie von Drogenkranken München will psycho-somatische Station errichten

M ü n ehe n (sto). Ge~en (GPA). Der Drogenbeauftragte von Einmalspritzen durch den seien daher nach dem Ar/.nei­ 1\ Icthadlln-Pro~ramme fiir d il' des ba yrischen Innenministe­ Apotheker. sagte Conrad. Wer mittelgesetz gar nicht zulässig. Suhstituti()nshehand lun~ vlln riums Winrricd Conrad erklärte. also vom .. needle-sharing" weg "Seit es AIDS gibt. war die Be­ Drogenabhängigen hat sich der durch die Gabe von Methadon wolle. könne sich im Handel reitschaft rur eine Drogenthera­ Leiter der psychiatrischen Kli­ werde unter Umständen die Spritzen besorgen. pie noch nie so groß", berichtete nik der Universität München Sucht sogar verlängert. Die l3e­ Der ehemalige Hauptge- die Vertreterin des Gesundheits­ Professor Dr. Hanns Hippius reitschaft fUr eine Therapie sehäftsfUhrer der Medizinisch­ amtes der Stadt München, Edith :tus~csprnchcn . schwinde. die Sucht aber blcihe. Pharmazeutischen Studienge­ von Lörrelholz. Das Problem sei Das schließe nicht aus. daß in Eine Substitutionsbehandlung. sellschaft (M PS) Proressor Dr. aber. daß es noch immer zu we­ medizinisch indizierten Einzel­ bei der der Abhängige aur Me­ Hellmuth KJeinsorge, wies dar­ nig Therapieplätze gebe und daß fallen Methadon gegeben werde. thadon umgestellt werde und aufhin, daß L-Polamidon in der in vielen Fällen Mittel rehlten. sagte Hippius bei einer Veran­ keine weitere l3ehandlung errol­ ßundesrepublik für die Substitu­ In München werde jetzt die Ein­ staltung des gesundheitspoliti­ ge. sei uni'ulässig. tionsbehandlung nicht zugelas­ richtung einer psycho-somati­ schen Arbeitskreises der CSU Nicht strarbar sei die Abgabe sen sei . Substitutionsprogramme sehen Station geplant. Är zte Ze i t un g , Ne u-Isenburg 28 . 11.88

Ärztl iche Pr axis , Gr äfe lfi ng , 01.11. 88

würde zudem aktivierte Ma­ HIV krophagen und Lymphozyten zur Verfügung stellen, die zu­ mindest in vitro ausgespro­ Lues und Herpes erhöhen chen empfänglich für das Re­ trovirus sind. Maßnahmen zur Vermeidung von Trepone­ Infektionsrisiko drastisch men- und HSV-2-Erkrankun­ gen könnten sehr wohl dem SEA lTLE - Ulzerierende akuter Proktitis sowie 111 Erwerb von HIV-Infektionen venerische Krankheiten sind weitere asymptomatische Ho­ steuern helfen. mit einem stark erhöhten mosexuelle, die zum Anti­ HIV-Infektionsrisiko verbun­ HIV-Test kamen. den. Hinsichtlich der Sexual­ Diese ohne weiteres ein­ praktiken (oral-analer Sex, re­ leuchtende Verknüpfung ist zeptiver Analverkehr) unter­ nun auch epidemiologisch be­ schieden sich HIV-Seropositi­ legt: In einer Klinik für sexuell ve und Seronegative nicht. übertragbare Erkrankungen Aber: In beiden Gruppen war an der University of Washing­ ein signifikanter Zusammen­ ton in Seattle untersuchten W. hang zwischen HIV-Infektion E. Stamm und, Kollegen zwi­ und anamnestisch oder sero­ schen 1983 und 1988200 ho­ logisch gesicherter Syphilis mosexuelle Männer wegen oder Infektion mit Herpes

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Wie gefahrdct ist das Klinikpersonal? Risiko einer HIV-Infektion durch N adeJstichverletzung minimal

At la n t 11 (Je). Klinikperso­ Die amerikanische Forscher­ Im Falle einer solchen Exposi­ nal, das während der Betreuung gruppe folgert, daß das Risiko, ' tion ist eine mindestens sechs­ von AIDS-Kranken mit lIlV-in­ nach einer Verletzung und Expo­ monatige Nachkontrolle not­ fiziertem Blut in Kontakt gekom­ sition von HIV -infiziertem Ma­ wendig. Der Prävention solcher men ist, hat offenhar nur ein un­ terial selbst an AIDS zu erkran­ Ereignisse durch größere Sorg­ ter 0,5 Prozent ~{'I{'J!encs Risiko, ken, derzeit noch als eher gering falt sollte nach Ansicht des ame­ seIhst HIV-posith zu werden. einzuschätzen ist. rikanischen Wissenschaftler­ Dies ist das Ergebnis einer teams entscheidendes Gewicht überwachung. die seit 1983 am beigemessen werden. Centers for Disease Control in Atlanta gelaufenen ist und über die Dr. Ruth;JllIle MarclIs . im Är z t e Zei tung, Ne u-Isenburg New England Journal ofMedici­ 17.11. 88 ne (319. 1988. 1118) berichtet. Bis zum 31. Juli 1988 wurden Frankfurter Rundschau, 18 . 11. 88 1201 Fälle von HIV-Exposition bei Krankenschwestern, Ärzten. Medizinstudrnlc.ll, Laborassi- stentinnen lind Blutentnah- Illeschwestern dokumentiert. Aids-Test nicht für alle Meistens h.1nde' c- es sich um eine Nadelstichverletzung. mit­ unter aber auch um Schnittver­ Krankenhaus-Mitarbeiter \ctzungen mit scharfen Objek­ ten. eine Kontamination ofTener Unterschiedliche Regelung in Frankfurter Hospitälern Wunden oder Schleimhautkon­ takt mit infiziertem Blut oder Anders als bei der Universitätsklinik, lung von HIV-Positiven verhindern. Von wo sich jeder neue Mitarbeiter einern den bereits beschäftigten Mitarbeitern Ktjrperfl iissigkei t. HIV·Test unterziehen muß, wird eine sol­ des städtischen Krankenhauses in 37 Prozent dieser Expositio­ che Untersuchung von den anderen Höchst werde nur denjenigen Ärzten, nen wären bei genügender Sorg­ Krankenhäusern in Frankfurt nicht ver· Krankenschwestern und -pflegern zu falt vermeidhar gewesen. langt. Das geht aus einern Magistratsbe­ einern wiederum anonymen Test geraten, Nur vier der BetrofTenen wur­ richt vom Donnerstag hervor. die HIV-positive Patienten untersuchen, Die Grünen hatten wissen wollen, wie behandeln und pflegen, schreibt der Ma· den seropositiv, wie die Nach­ im städtischen Krankenhaus in Höchst gistrat. kontrolle mit HIV -Tests ergeben bei Beschäftigten und Patienten mit Was die Patienten anbelangt, heißt es, hatte. In der Regel trat zum Zeit­ HIV-Tests verfahren werde. Nach Anga­ daß HIV-Tests grundsätzlich nur nach punkt der Serokonversion ein ben des Magistrats wird zukünftigen Mit­ einern Aufklärungsgespräch und einer akutes AIDS-Syndrom mit Fie­ arbeitern in Höchst nur dann ein anony­ schriftlichen Einwilligung vorgenommen mer Test empfohlen, wenn sie zuvor ent­ würden und zwar auch nur dann, wenn ber und Krankheitszeichen auf. weder mit Patienten in Berührung ge· ein entsprechender "diagnostischer Ver­ Bei 'zwei dieser vier Fälle war kommen sind, die mit der Immunschwä­ dacht" vorliege. es zur Nadelstichverletzung chekrankheit Aids infiziert waren oder Unter den freigemeinnützigen Kran· während Reanimationsbemil­ aber Angehörige aus einer sogenannten kenhäusern wird nach Auskunft des Ma­ hungen gekommen. In beiden Risikogruppe betreuten. Dies geschehe, gistrats fast in allen Punkten ebenso ver­ damit der Betreffende bei einern später fahren wie am Städtischen Krankenhaus Fällen war der Klinikangestellte auftretenden Versicherungsfall ein nega· mit erheblichen Mengen HIV­ tives Testergebnis für den Zeitpunkt der infizierten Blutes in Berührung Übernahme vorlegen könne. " Veranstaltungen" gekommen. Die Universitätsklinik, die seit zwei Jahren einen HIV·Test verlangt, begrün• Insgesamt sind dem Center for det ihren Standpunkt damit, daß sie sich heute auf Seite 21 Disease Control 17 AIDS-Fälle vor ungerechtfertigten Schadensersatz­ ansprüchen schützen wolle. Nur durch in Höchst. Allerdings soll es auch Klini· bekannt, die sich bei der Betreu­ einen Test vor der Einstellung könne ge­ ung von AIDS-Patienten durch ken .geben, die die Behandlungen abbre· währleistet werden, daß nicht ein bereits ehen, wenn der Patient einen HIV-Test eine Verletzung mit HIV-konta­ Infizierter später behaupte, sich während verweigert. minierten Körperflüssigkeiten der Arbeit im Krankenhaus angesteckt Grundsätzlich gilt, daß in allen Kran­ infiziert haben. zu haben. Die Tests sollen nicht, wie Ver­ kenhäusern die hygienischen Verhältnis• waltungsdirektor Reinhard Schwarz sei­ se dergestalt sein müssen, daß eine In­ nerzeit ausdrücklich betonte. die Einstel- fektion mit Aids ausgeschlossen ist. ft AI D S Infodienst ______Medizin und Forschung Blutkonserven enthalten zwar Hepatitisviren aber kein HIV Von Ulrike Hennemann fusion geeignet ist, oder nur flir ger ausgelöst werden, flir die es Laborzwecke verwendet werden noch keine Nachweismethoden Bei der Behandlung mit Blut­ darf. gibt. präparaten besteht das größte Jede Blutspende kommt an­ Nach dem Spenderscreening Risiko immer noch in der über• schließend zum Screening, er­ werden Präparate ohne lebende tragung von Krankheiten. Dabei klärte Seid!. Hierbei werden be­ Zellen, etwa Albumin oder ver­ erscheint die Gefahr einer Hepa­ stimmte Infektionen wie die schiedene Gerinnungsfaktoren, titis-B dem Patienten heute eher AIDS auslösenden HI-Viren unterschiedlichen Inaktivie­ harmlos im Vergleich zu der und Hepatitis oder Lues identifi- rungsverfahren unterzogen, zum Vorstellung, sich durch eine Beispiel durch Erhitzung oder Bluttransfusion mit AIDS zu in­ Kontakt mit Detergentien. Da­ fi zieren. Inzwischen jedoch sind Hintergrund . -. nach sind die Präparate virussi­ die Blutpräparate im Vergleich cher. Laut Seidl müssen solche zu früher wesentlich sicherer ge­ Verfahren aber wichtige Anfor­ worden. Professor Dr. Siegfried ziert. Der HIV -Antikörpertest derungen erflillen: Seidl, der ärztliche Leite~ des zeigt aufgrund der verzögerten o Alle vorhandenen Viren sol­ Blutspendedienstes in Hessen, Antikörperbildung jedoch nur len dabei inaktiviert werden. hält das Risiko einer AIDS­ dann eine AIDS-Infektion an, o Die biologische Aktivität übertragung durch Spenderblut wenn die Ansteckung des Spen­ muß erhalten bleiben. heute nur noch für minimal ders mindestens sechs Wochen o Es darf keine Eiweißdenatu• (Pharmazeutische Zeitung, 133, zurückliegt und dieser auch rierung eintreten. 1988, 67). nicht zu den seltenen Non-Re­ Auch Immunglobulinpräpara• Schon bei der Auswahl der spondern gehört, bei denen gar te sind frei von Viren, obwohl Spender gibt es verschärfte keine Antikörperbildung ein­ sie nich.t eigens in~ktiviert wer­ Richtlinien, die im letzten Jahr tritt. Das Risiko einer nicht er­ den. Seldl flihrt dies darauf zu- ' vom wissenschaftlichen Beirat kannten Infektion läßt sich nach rück, daß Immunglobuline Anti­ der Bundesärztekammer und Darstellung des Wissenschaft­ körper gegen zahlreiche Viren vom Bundesgesundheitsamt neu lers aber noch mehr verringern: enthalten und somit ein eigenes gefaßt wurden. So sind heute au­ Es gibt jetzt auch einen HIV­ Inaktivierungspotential besit­ ßer -HIV -Infizierten und ihren Antigen-Test, mit dem das Virus zen. Sexualpartnern, die grundsätz• selbst nachweisbar ist. Bei Präparaten mit lebenden lich kein Blut spenden dürfen, Immer noch verhältnismäßig Zellen wie Blutkonserven, vorübergehend auch Personen hoch ist dagegen die Gefahr ei­ Thrombozyten- und Leukozy­ ausgeschlossen, die in den letz­ ner transfusionsbedingten Hepa­ tenkonzentraten -oder gefrore­ ten sechs Monaten Blut- oder titis. Die durchschnittliche Er­ nem Frischplasma können die Blutpräparate erhalten haben, krankungsrate der Patienten be­ bisher entwickelten Virus-Inak­ einen schweren Unfall hatten, trägt nach Angaben von Seidl tivierungsverfahren allerdings sich tätowieren, akupunktieren, zwischen vier und 11 Prozent, nicht angewendet werden. Die Ohr oder Nase durchstoßen lie­ bei Patienten mit Herzoperatio­ Funktion der Blutzellen würde ßen - oder an bösartigen Krank­ nen bis zu 20 Prozent: Hämo• dabei beeinträchtigt oder zer­ heiten leiden. Auch wer an Tu­ phile, die sehr viel Blut und stört. Somit bleibt bei solchen berkulose, Lues oder Brucellose Blutpräparate infundiert be­ Behandlungen für die übertra• erkrankt ist oder zu den Dauer­ kommen, sind zur Zeit sogar zu gung von AIDS noch immer ein ausscheidern von Typhus- und 90 Prozent Hepatitis-infiziert. geringes Restrisiko bestehen. Enteritiserregern zählt, darf Auch sei festgestellt _worden , so Die Wahrscheinlichkeii -für die­ nicht spenden. sagte Seidl, daß die Mehrzahl sen Infektionsweg wird jedoch Darüber hinaus ist noch ein der Post-Tran_sfusions-Hepatiti­ höchstens auf Werte zwischen 1 vertraulicher Spenderselbstaus­ den nicht durch B-Viren son­ zu 300 000 und 1 zu 3 Millionen schluß eingeflihrt worden, bei dern durch Non-A-Non_-B-Erre- geschätzt. denen jeder Spender auf einer Art Wahlzettel nach der Blut­ Ärzte Zeitung , Neu-Isenburg spende anonym angibt, ob er 7.11. 88 glaubt. daßsein Blut zur Trans-

24 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft Warum konnte sie nicht

nein sagen? Di e Ze it , Ha mbucg , 8 .1 2 . 88

Enttäuschung über Rita Süssmuths Abschied ins Ehrenamt / Von Margnt Gerste

tär hatten sie ins Kabinett geholt, um junge Wäh• arum, verdammt noch mal, konnte Rita lerinnen mit einer modernen, emanzipatorischen Süssmuth dem Kanzler nicht nein sagen? Frauenpolitik zu gewinnen. Die CDU, das hatte W Warum hat sie sich eines Amtes begeben, Geißler verstanden, darf sich der Frauenbewegung in dem sie für Frauen, linke, liberale, konservati- nicht länger verschließen; in Rita Süssmuth fand , ve, so wichtig war wie keine Ministerin vorher, er jene konservative Politikerin, der man das En ­ J;cwie es wohl auch keine nach ihr sein kann? Und gagement glaubte. Schnell galt sie als kompetent hat sie nicht stets in Wort und Tat, noch unter und selbstbewußt, unabhängig und integer, ge­ den feindseligsten und äußerst verletzenden Be­ scheit und kämpferisch - so wurde in und dingungen, glaubhaft bekundet, wem sie politisch anderswo über keinen Politiker geredet. Die "ef­ dienen will? fektvollste Propagandistin der Frauensache seit Und nun dies. Der Wechsel ins politisch bedeu­ Alice Schwarzer", ein "medienpolitis<;hes Ereig­ tungslose Amt der Parlamentspräsidentin. Die Fe­ nis" und die weibliche Identifikationsfigur wurde ministinnen, die grünen Frauen, die konservativen sie irritiert genannt. Schon bald gewann sie die Parteischwestern kommentieren ihn herb: Uner­ Sympathie und Achtung der zunächst brüskierten hört! Sie hätte lieber zurücktreten sollen. Ich sehe altgedienten CDU-Politikerinnen in Bonn; Grüne schwarz für die Frauenpolitik, ganz schwarz. Ein entdeckten in ihr gar eine Bundesg,~nossin ("sie schmerzlicher Verlust, unwahrscheinlich, daß wir hat die Frauenfrage einer breiten Offentlichkeit eine wiederkriegen, die so kämpft. Das darf doch deutlich gemacht, auch solchen Gruppen, zu de­ nicht wahr sein! Ich hätte sie lieber weiterhin im nen wir gar keinen Zugang haben"); Sozialdemo­ Kabinett gesehen, nun ist sie an den Rand ge­ kraten blickten neid voll auf eine Frau, wie ihre drängt. Ich bin traurig. Partei sie selber gut brauchen könnte. Traurig ist auch Rita Süssmuth - und purer Mit dem öffentlichen Ansehen wuchsen die in­ Unsinn die Behauptung, sie verlasse erleichtert ihr neren Spannungen. Rita Süssmuth, die über der Haus. Sehr ernste Augen, ein von Schlaflosigkeit offenen Austragung von Konflikten immer den gezeichnetes Gesicht: Der Konflikt zwischen zwei Konsens sucht und partei politische Polemik haßt, Loyalitäten und ihre Entscheidung quälen sie ist das bei weitem angesehenste Regierungsmit­ noch, während Kohl schon bräsig-fröhlich sich ob glied (nur von Genscher übertroffen). "Manchmal seiner originellen Personalpolitik lobt. denke ich" , so sagte sie kürzlich, "es wäre besser, Warum also konnte sie nicht nein sagen? War­ ich käme in dieser monatlich vom ZDF und vom um mußte ausgerechnet sie einem Kanzler aus Spiegel veröffentlichten Sympathieskala gar nicht ärgster Bedrängnis helfen, der sie doch auch gede­ vor, denn mit der Beliebtheit nimmt die Zahl der mütigt und verächtlich gemacht hat - etwas, das Feinde enorm zu." Und dies nicht nur aus\purem ihr, wie sie vor wenigen MO'naten einmal bekann­ Neid, sondern auch weil sie christdemokratische te, am meisten angst mache? Der Widerspruch be­ Tabus verletzte. Zum Paragraphen 218 nimmt sie rührt sie Momente lang äußerst schmerzhaft. eine sehr viel differenziertere Position ein als die Dann sagt sie: "Nur aus Pflicht." Sie hat sich ge­ selbsternannten Lebensschützer ("am Ende steht wehrt bis zum Schluß, doch als niemand sonst die ganz persönliche Entscheidung der Frauen, sich bereit fand, wurde aus ihrem Nein ein Ja, nicht Paragraphen und Richterspruch"); die Pille .nur aus Pflicht". Pflicht zur parlamentarischen auf Krankenschein forderte sie; zusammen mit Demokratie und ihren Institutionen, denen eine CDU/CSU-Parlamentarierinnen. Grünen und, So­ "enorme Beschädigung" drohte. Abstrakie Phra­ zialdemokraten plädiert sie dafür - gegen die ei­ sen der Selbsttröstung ? "Der Staat ist nichts Ab­ gene Mannschaft - , Vergewaltigung in der Ehe straktes", belehrt sie freundlich. Aber sie gibt genauso unter Strafe zu stel~en .wie auße~halb der auch zu: "Letztlich kann ich die Frage nach dem Ehe' eine Feministin nennt sie Sich und Simone de Warum meiner Entscheidung nicht beantworten." Bea~voir ihr Vorbild; Quoten sind nicht ausge­ So verdient ihre Schwäche, ihr Nicht-nein-sagen­ schlossen und ihr Frauenbild unterscheidet sich können zu etwas, das sie nicht wollte, und ihre diametral' von dem der CDU-Mehrheit; der jüng• Qual, die sie nun damit hat, auch Respekt. ste Aufschrei kam, weil sie öffentlich über eine - Wie gnadenlos die Politik Menschen benutzt, dringend notwendige -: neu~ Dr.oge?politik nach­ sie erhebt, fallenläßt oder verschiebt, dafür ist die gedacht hat. Sie legte Sich mit Blschofen und UIl:­ ganz außergewöhnliche Karriere der Professorin ternehmern an und einmal auch aufs heftigste mit ein beredtes Beispiel. Kohl und sein Generalsekre- Franz losef Strauß samt seiner ganzen CSU. Der

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Beifall kam meist von der falschen Seite, während FAZ und Welt sc häumten: Will Frauen in den Be­ sen drei Jahren: Wo bist du dir treu geblieben? Wo stehst du jetzt? Ich bin", resümiert die 51jäh• ruf drängen, ist gegen Kinder, vertritt alleinleben­ rige Politikerin langsam und mit fester Stimme, de Yuppies und ehrgeizige Karrieristinnen. "im Denken nicht abgerückt." Jenes Interview Aber die erste Frauenministerin der Republik dient ihr wie ein Prüfstein. "Ich finde mich noch hat auch Frauen enttäuscht, die auf sie setzten. immer darin wieder", sagt sie; zu Memmingen Daß sie sich abspeisen ließ mit Kompetenzen von des Kanzlers Gnaden, verärgerte viele ihrer An­ und was da Skandalöses geschehe - Frauen, die abgetrieben haben, stehen am Pranger und wurden hängerinnen. Was sie ihnen nach Tschernobyl sag­ te, klang nicht anders als die Kommentare des verurteilt - habe sie im Parlament deutlich ihre Meinung gesagt. restlichen Bonner Chors: nach purer Beschwichti­ gung. Der frauenfeindliche Entwurf zu einem Wovon aber die Wissenschaftlerin, die sie war, 218-Beratungsgesetz stammt aus ihrem Haus: Die­ noch nichts wußte, ist "die Gewissensnot, dieser doppelte Druck: Ist das, was ich tue, vertretbar? ses Unternehmen zum Zweck innerparteilicher Verurteilt ist man aber schon im voraus." - "Das Befriedung - sie wollte es nicht, aber hat auch Durchhalten", so bilanziert sie, "hat sich aber ge­ hier nicht nein gesagt. Jetzt schlummert der Ent­ lohnt. Ich habe so viel erreicht wie nie zuvor in wurf in Bayern, sie ist nicht unzufrieden darüber. meinem Leben." Millimeterweise und zäh, Zoll Was Rita Süssmuth aber in den vergangenen zwei Jahren vielleicht am härtesten gefordert hat, um Zoll kämpfend - zuletzt darum, die Erzie­ hungsjahre fest in der Rente zu verankern - ge­ war die Auseinandersetzung um Aids. Daß sie gen Norbert Blüms Widerstand. eine humane und vernünftige Politik durchgestan­ Und nun? "Es geht weiter", sagt sie trotzig, im den hat gegen all die Gauweilers, auch gegen den Präsidium ihrer Partei, als Vorsitzende der Frau­ Kanzler, der gern populistischem Gebrodel nach­ en-Union. Macht, wenn auch noch so wenig, öf• gibt, ist ein großes Verdienst. Angst und Zweifel fentliche Präsenz mit entsprechender politischer haben sie manchmal gepackt. "Wann immer ich in Signalwirkung ist das nicht. Aber von der Politik dieser Gefahr stand, wenn ich nicht mehr weiter­ mag sie wohl nicht mehr lassen. wußte, habe ich mich an ein Erlebnis erinnert, das Nun darf sie im neuen Ehrenamt als das allerwichtigste war in diesen drei Jahren", sagt Parlamentspräsidentin ihren Kanzler zur Ordnung sie. Es war ein Besuch in Auschwitz. "Eine Aus­ rufen, falls er wieder einen Redner der Opposition grenzung in der Aids-Politik darf es niemals ge­ der "Volksverhetzung" zeiht; könnte sie für ein ben." Im übrigen spiegelt sich in ihrem Umgang Stück überfällige Demokratievollendung sorgen, mit dem hochemotionalen Thema Aids ein Men­ indem sie den Grünen - beispielsweise - Zu­ schenbild und ein Verständnis von Politik, das un-' gang zum Präsidium verschafft. Auch eine Rede ter Konservativen nicht verbreitet ist: Sie setzt zum 40. Geburtstag der Bundesrepublik vom For­ eher auf politische Mündigkeit, die Fähigkeit zur mat Weizsäckerscher Rhetorik und Nachdenklich­ Aufklärung als auf immer schärfere Gesetze. keit ist ihr zuzutrauen. Nicht wenig, nicht ganz "Kann ich bleiben, die ich bin?" hatte sich Rita unbedeutend, sicher. Süssmuth im ersten großen Interview gefragt, das Dennoch bleibt die enttäuschte Frage: Warum, sie ausgerechnet Alice Schwarzer in Emma gab. verdammt noch mal, hat sie nicht nein gesagt? "Das sind zwei sehr unterschiedliche Existenzen", sagt sie heute, "Politik machen geht wahnsinnig an die Substanz. Ich habe mich oft gefragt in die- Fortsetzung: Die Zeit, 8.12.88

Rita Süssmuth: Ein Ja "nur aus Pflicht" Aufnahm.: Sven Siman

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Der Spiegel , Hamburg, Nr. 49; 5 .12 . 88

DEUTSCHLAND "Wer etwas leistet, setzt sich durch"

Mit seiner einsamen Entscheidung, die Professorin Ursu­ diszipliniert: Offener Protest blieb aus. Der Kanzler sieht la Lehr als neue Famllienmlnlaterin zu berufen, hat Hel­ sich In seiner Autorität gestärkt. Die künftige MInIste­ mut Kohl Unionsabgeordnete verärgert - und zugleich rin gilt als kompetente Nachfolgerin Rlta Süssmuths.

ie Revolution fand auf dem Flur Doch auf dem kurzen Weg vom Abge­ suche verkündet: .. Das war eine sehr D statt. ordnetenhochhaus zum Fraktionssaal . gute Entscheidung." Kaum hatten die Nachrichtenagentu­ . verflüchtigte sich der Geist des Auf­ Das fanden sogar die Fraktionsfrau­ ren gemeldet, daß bei der ruhrs. Keiner stand auf und ging unter en. Zwar mäkelte in der Aussprache ih­ Auswahl der neuen Familienministerin Protest hinaus. Die CDU/CSU-Parla­ re Sprecherin Ursula Männle, Art und wieder einmal die Bundestagsfraktion mentarier zeigten Helmut dem Mächti• Weise der Entscheidung seien .. nicht in übergangen hatte, rotteten sich in den gen ihren Zorn auf ihre Weise: Sie Ordnung"; die Berufung der Seitenein­ Gängen des Langen Eugen Dutzende klatschten etwas weniger heftig. steigerin müsse .. den Eindruck erwek­ von Unionsabgeordneten zusammen: Der massige Kanzler hatte am Diens­ ken, daß sich Parlamentsarbeit für uns Jetzt sei das Maß voll. Man werde de­ tag vergangener Woche die zierliche Psy­ nicht auszahlt". Aber Frau Lehr sei monstrativ die Fralctionssitzung verlas­ chologie-Professorin aus Heidelberg "eine ausgezeichnete Wahl". sen, wenn der Kanzler die Außenseiterin durchs Gedränge vor sich hergeschoben Daß dann nach der Sitzung die Ab­ Ursula Lehr als seine Kandidatin vor­ und in breiter Selbstzufriedenheit vor geordneten wieder maulten (Erich stelle, gelobten sie sich. der Fraktion das Ergebnis seiner Talent- Maaß: "Wir sind doch alles Deppen, so muß das doch aussehen") - den Kanzler kümmert es nicht. Ihm hat es mal wieder richtig Spaß gemacht. Alle sollen sehen, daß Kanzler-De­ mokratie in Bonn herrscht, Kohl und sonst keiner entscheidet. Schon gar nicht hat die Damenriege der Fraktion das Sagen, die ihm die 61jährige stock­ konservative KatholiIon Roswitha Ver­ hülsdonk ins Kabinett drücken wollte. Mit Frau Lehr hat der Kanzler nach der Berufung von Walter Wall mann, Rita Süssmuth, Klaus Töpfer und Ru­ pert Scholz zum fünften Mal einen CDU-Ministerposten von außen be­ setzt. Die Fraktion darf sich darauf ge­ faßt machen, daß sie wieder das Nach­ sehen haben soll. Bei seiner Umschau unter den Schönen des Landes hatte Kohl auch mit der Paderborner Germa­ nistik-Professorin Gertrud Höhler über einen Wechsel nach Bonn gesprochen; aber das Familienministerium lag der Literatin nicht. Kohl mag von ihr den­ noch nicht lassen. Er denkt daran, 1990 das Kabinett umzubauen und der Dame das Bildungsministerium anzu­ vertrauen. Auch die Heidelbergerin Ursula Lehr Designierte Miniaterin Lehr, Vorgingerin Süssmuth: .Lächelnder Ausdruck" ist ganz nach Kohls Geschmack. Pro-

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Fortsetzung : Der Spiegel Nr. 49; 5 .12 . 88

Süddeutsche Zeitung Ehrenformation fessorin ist sie wie Rita Süssmuth - wich­ Universität, für deren Lehrstuhl .. Geron­ die auch Mitverfasserin des Familienbe­ tig für den Kanzler mit dem TItel-TIck. tologie" der CDU-Ministerpräsident richts seiner Regierung und der CDU­ Jetzt hat er wieder vier Profs am Kabi­ Lothar Späth Frau Lehr vor zwei Jahren Leitsätze zum christlichen Menschen­ nettstisch (Waldemar Schreckenberger, gewonnen hat, nennt sie der Dozenten­ bild war. , Klaus Töpfer, Ursula Kollege Axel Zimmermann eine Ihre .. Bonner Längsschnitt-Studie" Lehr). "freundliche, aber harte Frau". Selbst über das A1twerden gilt als Standard­ Die neue Kandidatin für das Ministe­ wenn sie "traurigste Dinge" sage, behal­ werk für Psychologiestudenten. Aus ih­ rium für Jugend, Familie, Frauen und te sie "so einen lächelnden Gesichtsaus­ rer Erkenntnis .. Altwerden ist keine Gesundheit, die am 9. Dezember ge­ druck". Krankheit" leitet die Professorin politi­ meinsam mit dem neuen FDP-Wirt­ Das auch unterscheidet sie von Rita sche Forderungen ab: Alte Menschen schaftsminister ver­ Süssmuth. Der sah man die Betroffen­ sollten nicht abgeschoben, sondern eidigt wird, bietet in Kohls Augen nur heit an, wenn sie von Aids-Kranken oder "gefördert und gefordert" werden. Vorteile. Die Expertin für Gerontologie, Drogenabhängigen redete. Mag es der Ursula Lehr kämpft seit vielen Jahren der Wissenschaft vom Altem, hat in den Entwicklungspsychologin im Vergleich gegen eine weitere Senkung des Renten­ vergangenen Jahren, in denen Wirt­ zu Frau Süssmuth an Ausstrahlung feh­ alters: .. Vorzeitiger Ruhestand schadet schaft und Wissenschaft die Alten als len - sie soll ihr überlegen sein in Durch­ in vielen Fällen dem Wohlergehen." Sie Klientel entdeckten, auf 'einer Vielzahl setzungskraft und Organisationstalent; wendet sich einerseits gegen den mono­ von Kongressen Erfahrung gesammelt. speziell die letztere Begabung mochten tonen Alltag in Altersheimen, anderer­ Die 58jährige soll nun einer wachsen­ auch enge Helfer Rita Süssmuth nicht seits steht sie der, von Norbert Blüm ge­ den, vor allem von der Union umworbe­ nachsagen. förderten, .. Pflege zu Hause" skeptisch nen Wählergruppe als fürsorgliche Inter­ gegenüber: .. Der Tochter wird hier eine essenwahrerin dienen. Ehemalige Mitarbeiter halten Ursula zusätzliche Last aufgebürdet." Kohl glaubt fest daran, daß ihn die Lehr für "weniger liberal als Rita Süss• Die Tatsache, daß es in der Bundesre­ Neue nicht - wie Rita Süssmuth - mit ei­ muth". Ihr individualpsychologisches publik immer mehr alte Menschen gibt, genwilligen Ansichten zu Aids, Frauen Credo laute"Wer etwas leistet, setzt sich sieht sie nicht als Problem, sondern als oder Hasch-Konsum nerven wird. Frau durch". Ursula Lehrs Lebenslauf scheint Chance. Dank der modemen Verhü• Lehr soll Politik gut darstellen; viel zu diese These zu bestätigen: die vierte tungsmethoden gebe es zwar immer we­ tun in der Gesetzgebungsarbeit hat ihr Klasse des Gymnasiums übersprungen, niger Kinder, aber das sei, meint sie im mit Kompetenzen schwach ausgestatte­ Abitur mit fünf Einsern, Heirat, Promo­ Gegensatz zu den Bevölkerungspoliti• tes Ministerium ohnehin nicht. Politisch tion, Professorin für Psychologie. kern ihrer Partei, .. keinesfalls" ein überleben kann sie nur dank einer vom Bereits zu SPD-Zeiten war Ursula Grund zur Beunruhigung. Kanzler abgeleiteten Autorität - das Lehr, laut Kohl CDU-Mitglied seit ih­ Sie werde einen neuen Schwerpunkt weiß Kohl, und Frau Lehr wird es auch rem 19. Lebensjahr, Beraterin des Fami­ im Familienministerium schaffen, kün• bald wissen. lienministeriums. "Sie hat uns auch zu digte Ursula Lehr an, die Altenpolitik. Bei der Fakultät für Sozial- und Ver­ Oppositionszeiten die Treue gehalten", Da kann sie allerdings mit Norbert haltenswissenschaften der Heidelberger lobte der Kanzler die Frau seiner Wahl, Blüm aneinandergeraten, dessen Ar-

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beitsministerium bisher vor allem dafür die Vorgängerin konkrete Pläne, die den zuständis ;rt. ~orschlägen anderer Ressorts entgegen­ Studenten belegten die Gerontologin liefen. In den letzte Woche verkündeten .. Eckwerten für ein Gesetz über biologi. mit dem Spitznamen .. Die Altersbrem­ M seM, einem Werbeslogan der Pharmafir­ sehe Sicherheit waren die Streitpunkte ma Pharmaton; das Schweizer Unter­ ausgeklammert; sie sollen im nächsten nehmen stellt geriatrische Produkte her Frühjahr ausgeräumt werden. und förderte deswegen das Wirken der Für Kohl sind das Petitessen. Er zählt Professorin. Weil auch die Pharmafirma auf Frau Lehrs Durchsetzungswillen Sandoz mit dem Bildnis Ursula Lehrs wenn e.s im ~a~ljahr ~9~ darum geh~ für ihr durchblutungsförderndes Mittel ~em Fmanzmmlster elOlge Milliarden .. Hydergin forteMwarb, sahen Sozialde­ für Wahlgeschenke abzutrotzen die als mokraten die Neue - die sie ansonsten höheres Kinder- und Erzieh~ngsgeld loben - auf der .. Sponsorliste der Phar­ ~nters Volk gestreut werden sollen. Für maindustrieM. Ihn zählt auch, wie er an der Fraktion Daß die neue Ministerin die Herzen und auch an CDU-Generalsekretär Hei­ der Jugend gewinnt, ist wenig wahr­ ner Geißler vorbei die Kandidatin aus­ scheinlich. Die von ihr abgelehnte vorge­ wählte, die er schon 1985 als neue Fami­ zogene Altersgrenze für Rentner sollte ja lienministerin ausgeguckt hatte. Doch Arbeitsplätze für Jüngere schaffen. Und damals war Geißler, bis dahin General­ was sollen junge Leute mit ihrem Wahl­ sekret!ir und Familienminister in Perso­ spruch "Leistung zähltManfangen - an­ ~a.luOl~n, noch stark genug, seine Favo­ gesichts von Jugendarbeitslosigkeit und ntm Sussmuth durchzudrücken. überfüllten Universitäten? Jetzt wurde er nicht einmal mehr ge­ Fraglich ist auch, ob die Professorin fragt. Am Donnerstag abend vorletzter jüngere fortschrittlichere Frauen zu be­ Woche rief Kohl bei Frau Lehr an am geistern vermag . .. Sie ist ganz bestimmt F~ei~ag wurden die bei den sich im 'per­ keine FeministinM, wissen frühere Mitar­ sönlichen Gespräch einig. Den CDU­ beiterinnen. Ihr Wissenschaftsverständ• Generalsekretär, von dem Kohl weiß nis sei altbacken: Der einzelne müsse ge­ daß er sein Regierungsschaffen mit fordert werden, der gesellschaftspoliti­ w~chsender Skepsis beobachtet, infor­ sche Rahmen spiele dabei eine unterge­ mIerte der CDU-Parteivorsitzende erst ordnete Rolle. am folgenden Montag, einen Tag vor der öffentlichen Bekanntgabe. Auf dem Essener CDU-Parteitag 1985 sorgte Ursula Lehr jedoch mit einer für Geißler verstand es als Affront - und CDU-Verhältnisse mutigen These für so war es wohl auch gemeint. Öffentlich Aufregung: Nicht die Kinder, die von ei­ bek~nnte der CDU-General, ihm wäre ner berufstätigen Mutter versorgt wer­ es h~ber gew~sen, wenn lovely Rita im den, entwickelten sich schlechter, son­ Ka~mett gebheben wäre - als Aushänge• dern jene, .. die übermäßig betreut und schIld der Partei für die Jugend und für betüttelt werdenM. Die künftige Ministe­ fortschrittliche Frauen. rin, die sich während ihrer Ausbildung Kohl mißtraut weiterhin Geißlers Öff• um ihre zwei Kinder kümmerte, kennt nungskonzept. Er möchte lieber die kon­ die schwierige Beziehungskiste zwischen servative Stammwählerschaft sichern Beruf und Familie. Engagiert wendet sie und am rechten Rand nichts abbröckeln sich gegen das konservative Frauenbild lassen. Deshalb wollte er, schon zu Jah­ der treusorgenden Mutter, Ehefrau, resbeginn, seinen ungeliebten Manager Hausfrau. gerne loswerden; als es um die Nachfol­ Mit einem Dauerthema wurde die Mi­ ge von Manfred Wörner ging, machte nister-Novizin bereits am Tag ihrer Vor­ der Kanzler dem CDU-General ein stellung bekanntgemacht. Als Vorredner fö~liches An~ebot, als Verteidigungs­ einer rechten Fraktionsgruppe forderte mll~lIster auf dIe Hardthöhe zu ziehen. Jürgen Todenhöfer, die neue Kabinetts­ GeIßler lehnte ab, Scholz kam ins Amt. dame solle die Abtreibungspraxis in Die eigenwillige Art seiner Personal­ ,...; Karlsruhe überprüfen lassen, weil die auslese hält der Kanzler weiterhin für Q) verfassungswidrig sei. Außerdem solle 00 s~ine St!irke - u~d die Haltung der Frak­ Q) sie das von ihrer Vorgängerin - widerwil­ tion, dIe nur 10 seiner Abwesenheit ''-; lig - erarbeitete Beratungsgesetz zum 0. grummelt, gibt ihm recht. Jetzt hofft er Cf) Abtreibungsparagraphen 218 zügig und daß sich der aufgestaute Unmut gege~ i-< ohne weitere Zugeständnisse an die den alternden Fraktionschef A1fred Q)CO FDP durchs Parlament befördern. Dregger richtet, den Kohl gern auf den &::lCO Standpunkte und Standfestigkeit muß Stuhl des Parlamentspräsidenten abge­ " N 00 .-< Ursula Lehr erbringen, wenn der Ge­ schoben hätte. Sollte es zum Aufstand C • setzentwurfzur Regelung der Fortpnan­ und zum Sturz Dreggers kommen der :llf) N zungsmedizin beraten wird ; Rita Süss• Kanzler wäre wieder der Gewinner: ' Hel­ ..., . ~ mut der Große. Q)(J\ muth wollte gegen heftige Widerstände UJ..::t die Befruchtung von Eizellen mit dem Letzte Woche wurde Kohl im Bundes­ ..., haus gefragt, wer denn jetzt der Erzbi­ i-< • Samen eines Dritten verbieten lassen. o i-< Auch in Sachen Gentechnologie hatte schof von Köln werde. Kohls Antwort: ~z .. Gott sei Dank bin ich dafür nicht auch noch zuständig. M 29 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft

Staatssekretär büßt Kompetenzen ein Gauweiler gibt Polizei-Führung ab Künftig für Gewässer-und Lebensmittelkontrolle zuständig

Von Egon Scotland CSU in der Außenpolitik, aber auch nicht, München, 18. Oktober - Peter Gauweiler, in der Innenpolitik oder in Fragen des dem von Franz Josef Strauß vor zwei Asylrechts, der Ausländerpolitik, der inne­ Jahren berufenen umstrittenen Innen­ ren Sicherheit auch nur einen Abstrich zu staatssekretär, soll die Kompetenz für die machen." bayerische Polizei entzogen' werc\en. Das Die neue "Doppelspitze", verlautete einen Tag vor der Wahl von als Parteichef und Max Streibl als bayeri­ Finanzminister Max Streibl zum neuen scher Ministerpräsident, wird nach An­ Ministerpräsidenten und der Umbildung sicht des CSU-G.eneralsekretärs den bis­ des Kabinetts auf 7 von 23 Positionen herigen Kurs konsequent weiterführen. übereinstimmend aus CSU- und Regie­ Von da her werde es auch in Zukunft in rungskreisen in München. Gauweiler darf Bayern keine Chancen für rechte Grup­ zwar im Innenministerium bleiben, ist pierungen geben. aber künftig zuständig für Bereiche wie Der SPD-Vorsitzende Hans-Jochen Wasserwirtschaft, Lebensmittelkontrolle Vogel hat dagegen dem designierten CSU­ und Straßenbau , Seine Rolle übernimmt Vorsitzenden Theo Waigel erhöhte Auf­ der.44 Jahre alte Jurist Günter Beckstein merksamkeit für die Entwicklung am aus Nürnberg, bisher stellvertretender rechten Rand des Parteienspektrums Vorsitzender der CSU-Fraktion, der als empfohlen, Vogel sagte in Bonn, hier kom­ Repräsentant eines liberaleren Kurses me eine "SChwere Aufgabe" auf Waigel zu. gilt. Neuer Staatssekretär in der Staats­ Nach Ansicht des südbayerischen SPD­ kanzlei wird dem Vernehmen nach der 64 / Bezirksvorsitzenden steht die Jahre altE' Justizstaatssekretär Wilhelm CSU vor einern Richtungsstreit. Bei der Vorndran, stellvertretende Ministerpräsi• Entscheidung für den neuen Parteivorsit­ dentin Justizministerin Mathilde Berg­ zenden habe die CSU die innerparteilichen hofer-Weichner. (Ausführlicher Bericht Konflikte noch 'unter den Tisch gekehrt im Bayernteil) und "Einigkeit inszeniert", sagte Glotz in Die CSU will auch unter ihrer neuen einem Gespräch mit dem Deutschen De­ Führung in der Bonner Koalition eigen­ peschen Dienst in München, In Zukunft ständige Positionen im Bereich der Innen­ müßten aber auch in der CSU kontroverse und Außenpolitik offensiv vertreten, Der Diskussionen geführt werden, Der Stil'der Generalsekretär der Partei, Erwin Huber, Partei werde sich über kurz oder lang sagte am Dienstag in einem Interview des ändern. Die CSU habe zwischen einer Saarländischen Rundfunks, die CSU suche "populistischen Ruppigkeit" und einer zwar keinen Dauerkonflikt mit der "neuen Nachdenklichkeit" zu entscheiden, Schwesterpartei und auch nicht mit dem sagte Glotz. Der designierte Parteichef Koalitionspartner, sei aber seit dem Tod Theo Waigel müsse darum hart g'egen die von Franz Josef Strauß "von der Spitze bis "Macher-Attitüden" von CSU-Politikern zur Basis" geschlossener denn je, "Es gibt wie Gerold Tandler oder Edmund Stoiber für uns keinen Anlaß, von den bewährten, kämpfen, wenn er den christlichen Kon": deutlich beschriebenen Positionen der servativismus beibehalten wolle,

Süddeutsche Zeitung, München 19.10.88

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Aids, das Restrisiko und ein Promille Der Bundesgerichtshof wendet strenge Maßstäbe für ungeschützten Geschlechtsverkehr an Von Ursula Knapp (Karlsruhe)

Zunächst schien im Saal bau des Karls­ 1m Sommer des gleichen Jahres be­ Autobahn gefahren und hatte dort einen ruher Bundesgerichtshofs (BGH) alles so suchte er einen Männerc1ub. Mit einem Kleinwagen erfaßt. Wies heu war wegen zu sein ",.. ie immer. Die fünf Bundesrich­ (unbekannt gebliebenen) Italiener hatte fahrlässiger Tötung vom Landgericht ter nahmen in ihren roten Roben hinter er dort Oral- und Analverkehr, zunächst München zu einem Jahr mit Bewährung dem erhöhten Richtertisch Platz, zu ihrer ohne, vor der Ejakulation mit Kondom. verurteilt worden. Typischerweise neh­ Rechten die beiden Verteidiger. Der An­ Zu einem ähnlich verlaufenden Kontakt men die Gerichte in solchen Fällen Fahr­ geklagte selbst war nicht erschienen; das kam es einige Monate später mit einem lässigkeit an. Zwar kennen Autofahrer ist bei Revisionsverfahren vor dem BGH zweiten Mann. Bei dem unbekannten Ita­ abstrakt die Gefahr von Alkoholfahrten. durchaus üblich. Denn es geht hier nicht liener ist es unk.lar, bei dem zweiten Sie hoffen aber darauf, daß schon nichts mehr darum, ob und wie der Angeklagte Partner weiß man es: Er wurde nicht an­ passieren wird. Sie wollen bequem nach etwas getan hat. Es geht hier nur noch gesteckt. Allerdings hatte der Angeklagte Hause kommen, aber nicht andere Ver­ darum, wie sein Tun rechtlich zu bewer­ ihnen beiden nichts von seiner Infektion kehrsteilnehmer verletzen. Genau diese ten ist. Das tragen die Verteidiger, die gesagt, wie er selbst einräumte. Fahrlässigkeit wollte Widmaier nun auch Richter und die Anklage aus. Vor dem Soweit der "Sachverhalt", wie es in der für seinen Mandanten anerkannt haben. BGH tritt ein Vertreter der Bundesan­ Juristensprache heißt. Das Landgericht Die Anklage hob dagegen auf das Rest­ waltschaft als Ankläger auf. Nürnberg-Fürth hatte den Mann wegen risiko ab, das der Angeklagte seinen "versuchter gefährlicher Körperverlet• Partnern zugemutet habe. Es sei be­ Als der Vorsitzende des Ersten Strafse­ zung" zu zwei Jahren Gefängnis verur­ kannt, daß auch bei unterbrochenem Ver­ nats, Horst Schauenburg, die "Strafsache teilt, und zwar ohne Bewährung. Das ho­ kehr Samen austreten und sich damit B" aufgerufen hatte und der äußerst he Strafmaß löste schon damals Kritik eine Infektionsgefahr ergeben könne. förmliche und zurückhaltende Bundes­ aus. Aber auch der Schuldspruch selbst Auch der Tschernobyl-Unfall hätte stati­ richter Reinhard Granderath als Bericht­ erregte Aufsehen. Hier geschah juristisch stisch nur einmal in zehntausend Jahren erstatter den Fall schilderte, wurde dem etwas Neues. Wer wegen einer Körper• eintreten dürfen. Dennoch sei er nach Beobachter jedoch deutlich, daß es hier verletzung verurteilt wird, muß sie nicht wenigen Jahren geschehen. So verhalte um et\.\'as Neues ging: um Aids, um Se­ nur begangen haben, er muß sie auch ge­ es sich auch mit dem statistischen Risiko xualität unter Männern und um den Ver­ wollt oder zumindest bewußt einkalku­ der Aids-Ansteckung. "Aber niemand", such, all das in die Paragraphen des liert, "billigend in Kauf genommen" ha­ konterte Widmaier, .. würde heute die Strafgesetzbuchs einzuordnen. ben. Genau das bestritt die Verteidigung. Kernkraftwerk-Betreiber wegen vorsätz• Da es juristisch um Einzelheiten ging, In seinem engagierten Plädoyer führte licher Körperverletzung anklagen, wenn mußte Richter Granderath die Einzelhei­ der Revisionsspezialist Gunter Widmaier es erneut zu einem Unfall kommt, obwohl ten schildern. Auch die Berichterstatterin (Karlsruhe) aus,.daß das Infektionsrisiko das Risiko bekannt ist." kommt nicht ganz drum herum. Ein frü• beim völlig ungeschützten Geschlechts­ Die Richter des Ersten Strafsenats herer Vietnam-Soldat, der inzv.~schen als verkehr nach damaliger Kenntnis bei folgten der Verteidigung nicht. Was der Zivilist in der Bundesrepublik lebt, erfuhr einem Promille lag. Dieses Risiko habe alkoholisierte Autofahrer, der Raser an im Frühjahr 1986 anläßlich eines freiwil­ sein Mandant aber durch Vermeiden der richterlicher Milde erwarten kann, gilt ligen Aids·Tests von seiner HIV-Infek­ Ejakulation noch verringert. Er habe für den Aids-Infizierten nicht. Strafurtei­ tion. Sein Arzt, ebenfalls Amerikaner, einen Partner also gerade nicht anstek­ le soHen dafür sorgen, daß sich Menschen klärte ihn über die tödliche Ansteckungs­ ken wollen oder dies billigend in Kauf nach der Rechtsordnung verhalten. Man­ gefahr auf. Niemals, so riet der Arzt ein­ genommen. "Im Straßenverkehr spricht fred Bruns, Bundesanwalt und Mitglied dringlich, dürfe er ohne Kondom Sexual­ bei vergleichbarem Risiko niemand von der Aids-Enquete-Kommission im Deut­ verkehr haben. In der Folgezeit infor­ bedingtem Vorsatz", sl1gte Widmaier all­ schen , bezweifelt, daß dieses mierte sich der inzwischen 47jährige spielungsreich. Urteil das gewünschte Ergebnis haben Mann selbst durch englischsprachige Die anwesenden Juristen verstanden wird. "Es wird eher dazu führen, dilll die Broschuren. Dort habe er ,gelesen, daß wohl den Hinweis. Otto Wiesheu, ehema· Gefährdeten nicht mehr zum Test gehen." Sexualverk.ehr ohne Ejakulation (511- liger Generalsekretär der CSU, hatte 1983 Aids, Homosexualität, Geschlechtsver­ menerguß) nur ein geringes Risiko dar­ bei einer Alkoholfahrt einen Menschen kehr wird sich schlecht in Strafparagra­ stelle. getötet. Mit 1,69 Promille war er auf die phen einordnen lassen.

Frankfurter Rundscha u, 5.11.88

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Zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit Urteil gegen Aids-Kranken vor dem BGH in der Revision

Von Helmut Kerscher Verurteilung wegen des Versuchs einer Karlsruhe, 3. November - Zum erstenmal gefährlichen, als vorsätzlich begangenen hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit Körperverletzung in Betracht:-- Fahrlässige der ·Immunschwächekrankheit Aids be­ Körperverletzung ist hingegen nur bei faßt und eine für den heutigen Freitag mit einer wirklich geschehenen Verletzung, Spannung erwartete Entscheidung ange­ wozu auch eine Infektion gehören kann, kündigt. Es geht dabei um die aufsehener­ möglich. Im denkbar harten Urteil des regende Verurteilung eines Aids-Kranken Nürnberger Gerichts hatte es geheißen, zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren der Mann habe eine Ansteckung seiner ohne Bewährung, die das Landgericht Sexualpartner "billigend in Kauf genom­ Nürnberg-Fürth vor einem Jahr ausge­ men". Er habe zur Befriedigung seines sprochen hatte. Das Gericht hatte ihm Geschlechtstriebs auf ungeschützte Kon­ vorgeworfen, in Kenntnis seiner Infektion takte nicht verzichtet. in drei Fällen ungeschützten Geschlechts­ Demgegenüber betonte Rechtsanwalt verkehr ausgeübt und damit den Tatbe­ Widmaier, der Angeklagte habe in den drei stand der versuchten gefährlichen Kör• zur Verurteilung führenden Fällen einen perverletzung erfüllt zu haben. Auf die Samenerguß in den Körper seines Sexual­ Revision des ·Verurteilten, eines 46jähri• partners bewußt vermieden. Der Mann gen amerikanischen Homosexuellen, ver- . habe also das damals auf 1:1000 geschätzte handelte jetzt der BGH über die Frage der Ansteckungsrisiko bei einem ungeschütz• Strafbarkeit seines Verhaltens. ten Verkehr "minimiert". Sein Verhalten Der Mann, der in Nürnberg als ziviler sei "bewußte Fahrlässigkeit, nicht mehr". Koch bei der US-Army angestellt war, Verteidiger Karl Heinz Becker, der den hatte sich im Sommer 1986 bei der Be­ Aids-Kranken in Nürnberg vertreten hat­ handlung einer Geschlechtskrankheit te, rügte außer zahlreichen Verfahrungs­ freiwillig einem Aids-Test unterzogen. verstößen die Strafzumessung. Die .. ex­ Der Befund war positiv ausgefallen. Ein trem hohe Strafe" sei gerade nicht geeig­ Militärarzt hatte ihn über die Folgen auf­ net, einen Beitrag zur Abschreckung zu geklärt und vor sexuellen Kontakten ohne leisten. Es sei entscheidend, wie gerade die Kondom gewarnt. Die Form dieser Aufklä­ Risikogruppen auf ein solches Urteil rea­ rung und anderer damals üblicher Emp­ gierten. Bei ihnen hätten sich bereits ne­ fehlungen spielte jetzt in der Verhandlung gative Auswirkungen gezeigt. Er kritisier­ ebenso eine wichtige Rolle wie die damali­ te auch, daß seinem Mandanten die übli• ge und heutige Kenntnis über die Risiken che Strafmilderung beim bloßen Versuch der bisher bekannten Übertragungswege. eines Delikts gegenüber dessen Voll­ Dementsprechend kennzeichnet eine de­ endung verweigert worden sei. tailgenaue Darstellung homosexueller Der Vertreter der Bundesanwaltschaft Praktiken die vier je halbstündigen Vor­ plädierte für eine Bestätigung des Nürn• träge von einem der.fünf Strafrichter, von berger Urteils. Es gehe nicht um eine den beiden Verteidigern und dem Vertre­ schematisierende Betrachtung des Sexu­ ter der Bundesanwaltschaft. Anders konn­ alverhaltens von Aids-Kranken, sondern ten sich die Juristen vor zahlreichen Zu­ um das Verhalten gerade dieses Ange­ hörern den komplizierten Rechtsfragen klagten. Dieser habe sich gleichgültig ge­ nicht nähern, von denen besonders die genüber der Gesundheit seiner Sexual­ Abgrenzung zwischen vorsätzlichem und partner gezeigt und nur auf den Zufall fahrlässigem Handeln im Vordergrund vertraut. Zur Bedeutung der Wahrschein­ stand. Von dieser Unterscheidung, die im lichkeit eines Risikos zog er die Katastro­ Strafrecht sehr häufig zu treffen ist, hing phe im Atomkraftwerk Tschernobyl her­ in diesem Fall die Strafbarkeit des Man­ an. Dazu meinte Rechtsanwalt Widmaier, nes ab. die Betreiber eines Atomkraftwerks wür• Da nämlich bei keinem der beiden er­ den sich wohl sehr dagegen verwahren, wähnten Sexualpartner eine HIV-Infizie­ wenn man ihnen für einen solchen Fall rung festgestellt wurde, kam nur eine Vorsatz nachsagen wollte.

Süddeutsche Ze itung, Mün che n, 04 .11. 1988

32 AI D S Infodienst Politik und Gesellschaft Staatsanwaltschaft liegt unterm Bett Grundsat~urtei/ des Bundesgeflchtshofs: U,ngeschulz!er Sex von HJV.lnfizierten ist strafbar / Harte Linie bei Aids-Urteilen bestätigt / Geflcht SPflCht von " versuchter gefahrlicher Korperverletzung " / Deutsche Aids-Hilfe: Schlag ins Gesicht aller Infizierten

Karlsruhe (dpa/taz) - Unge- perverletzung. Das LandCTericht . schützter Sex von HIV -Infizierten sei außerdem zutreffend "davon ist strafbar. Und selbst wer das au.sgegangen, daß der Angeklagte Ansteckungsrisiko durch Koitus mit "bedIngtem Vorsatz" gehan­ interruptus herabsetzt oder teil­ delt und die lebensbedrohliche weise ein Kondom benutzt. steht Gef~hrdung seiner Partner billig­ mit einem Bein im Gefängnis. end 10 Kauf genotnmen habe. Die Dies ist der Tenor der gestrigen Frage des Vorsatzes müsse bei Grundsatz-Entscheidung des ähnlich gelagerten Fällen injedem Bundesgerichtshofes. Die Karl s­ Einzelfall geprüft werden. ruher Richter bestätigten damit schränkte das Gericht ein. Kriti­ die Rechtsauffassung des Nürn• ker dieser Rechtsposition hatten berger Landgerichtes. das vor ei­ mehrfach darauf hingewiesen, nem Jahrden 47jährigen Koch der ~aß im vorliegenden Fall kein US-Army, Linwood B. . zu zwei Jahren Knast verurteilt hatte. Der Vorsatz, sondern grobe Fahrläs• sigkeit vorliege. BGH hatte sich erstmals mit der strafrechtlichen Verurteilung ei­ Das Gericht ging auch auf das sta­ nes HIV -Infizierten befaßt. Das tistische Ansteckungsrisiko ein, das zwar niemand genau kennt, Urteil wird deshalb Maßstäbe für das aber z.B . beim deutschen die künftige Rechtsprechung der Aids-Zentrum auf 1: 100 bis Landgerichte setzen . Der Fall I: 1000 pro Sexualkontakt ge­ wurde vom BGH trotz der Bestäti­ schätzt wird. Auch bei einem rein gung im Grundsatz wieder an das statistisch gering eingeschätzten Landgericht zurückverwiesen. Ansteckungsrisiko könne jeder weil die Gefängnisstrafe von zwei ungeschützte Sexualkontakt der­ Jahren als zu hart angesehen jenige sein, der eine Ansteckung wurde . Die Deutsche Aids-Hilfe zur Folge hat. erklärte der BGH. hat das Urteil als "Katastrophe" Vorsichtige Distanz ließ das Ge­ und .. Schlag ins Gesicht aller richt mit der Formulierung erken­ Menschen mit HIV" scharf kriti­ nen. daß das Urteil des Nürnber• siert. ger Gerichts "nicht zwingend. Die Infektion des homosexuel­ aber schlüssig-~ sei. niese SchJüs-' len Amerikaners war 1986 bei ei­ sigkeit sei aber für den BGH aus­ nem freiwilligen Aids-Test fest­ reichend. DieFragederEigenver­ gestellt worden. hieß es. Danach antwortlichkeit der Partner des sei er eingehend belehrt worden . Angeklagten wies das Gericht zu­ Zur Verhandlung standen jetzt rück : Man dürfe nicht von einer zwei Sexual-Kontakte, bei denen "eigenverantwortlichen Selbst­ er teilweise ungeschützten Anal­ gefährdung" ausgehen. Einen Tö• und Oralverkehr hatte. Linwood tungsvorsatz schloß der BGH aus. B. hatte allerdings vor der Ejaku­ Die Deutsche Aids-Hilfe kriti­ lation ein Kondom aufgezogen , sierte in.ihr~r Stellungnahme, daß es der BGH offen gelassen habe, bzw . beim Oralverkehr Koitus in­ welche Sexual praktiken künftig terruptus praktiziert. Bei seinen unter den Straftatbestand fallen beiden Partnern konnte bis heute und welche nicht. Weiter heißt es: keine Ansteckung festgestellt .. Wenn zwei Menschen miteinan­ r werden. Dennoch schloß *11

Warnung vor Gleichgültigkeit Der Bundesgerichtshol hat gesprochen - und alle sind so klug wie ::uvo;': Ungeschüt::ter Geschlechtsverkehr eines H IV-Infizier­ ten , der um die Inlektion lI'eiß, mit einem über die Inlektion nicht auf"geklärten Partner kann als versuch te schwere Körperverlet• ::ung bestrafi \t'erden. Falls der Partner infbert wird, handelt es sich dann natürlich um vollendete Körperverlet::ung. An diesem Urteilsspruch ist nichts Sensationelles: die Juristen waren sich von vornherein relativ einig, \I'ie die bewußte Gelährdung eines nichtsahnenden Partners strafi'ech tlich ge\\'ertet werden müßte. Damit sind aber längst nicht alle Probleme aus dem Weg ge­ räumt. Der Vorsit::ende des 1. Strafsenats hat darauf hingewie­ sen, daß die Frage des Vorsat::es in jedem Einzelfall geklärt wer­ den müsse. Und hier \t'ird es dann schwierig. Wenn jemand mit einem Messer herumfuchtelt und dabei zufällig einen anderen triffi, lI'ird man getrost von Fahrlässigkeit sprechen können, die die Strale für die Köperverlet::ung reduziert. Aber gilt das auch für einen H I V-Infi::ierten , der von seinem Arzt eindringlich auf die Risiken hinge\\'iesen worden ist und strikte Verhaltensmaßre• geln bekommen hat , und dennoch ohne Kondom verkehrt ? Oder kann man ihm ::ugute halten, daß er in einer bestimmten Situation möglichent'eise schlicht die Gefahr verdrängt, subjektiv sogar ::eit\l'eise vergessen hat 1 Wie soll man es werten, wenn der Part­ ner vielleicht gar nicht hat hinhören, die Warnung nicht hat zur BGH befaßt sich Kenntnis nehmen wollen? Die Gerichte werden vo rfast unlösbare mit Aids-Urteil Probleme der Wahrheitsfindung gestellt. BMIAP Karlsruhe, 4, Nov. Einen Vorteil hat der Spruch des Bundesgerichtshof allerdings: In einer mündlichen Verhand­ lung vor dem Ersten Strafsenat hat Die so oft beschworenen "Desperados", die entweder bewußt die sich der Bundesgerichtshof gestern Infektion weitergeben wollen ("wenn es mich erwischt hat, sollen zum ersten Mal mit der strafrechtli­ chen Verurteilung eines Aids-Infi­ andere nicht besser davonkommen" ) oder denen es egal ist, ob sie zierten befaßt. ihre Partner infizieren oder nicht, haben es jetzt von der obersten Die Bundesrichter müssen über Instanz, daß sie sich damit strafbar machen. Und auch der - nach­ die Revision eines Homosexuellen träglich rationalisierende - Rückgriff auf die Statistik, wonach entscheiden, der vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu zwei Jahren der Infizierte nicht damit rechnen müsse, daß er bei einem einma­ Freiheitsstrafe verurteilt worden ligen Kontakt gleich das Virus weitergibt, wird von den Richtern war. Er hatte mit zwei verschiede­ nen Partnern, die von seiner HIV­ nicht anerkannt. Einmal kann einmal zuviel sein - diese Statisti­ Infektion nichts wußten, unge­ kerweisheit, oft genugim Zusammenhang mit der Sicherheit von schützte sexuelle Kontakte ge­ Kernkraftwerken beschworen - gi/t erst recht für Aids. Hier ist es pflegt. Das Landgericht verurteilte ihn wegen versuchter, gefährlicher immerhin in die Macht des einzelnen gestellt , das Restrisiko aus­ Körperverletzung in drei Fällen, zuschalten. weil sich eine Infizierung seiner Die abgewiesene Argumentation der Verteidigung, wer in Ho­ Partner nicht feststellen ließ. Seine Revision stützte der Ange­ mosexuellenkreisen verkehre, nehme das Risiko bewußt in Kauf, klagte, der bei der US-Armee als erinnert im übrigen fatal an die Behauptung, eine Frau in Mini­ Koch beschäftigt ist, sowohl auf rock und Stöckelschuhen gehe bewußt die Gefahr ein, vergewal­ Verfahrensmängel als auch auf sachlich-rechtliche Mängel. Der tigt zu werden. Dem Bundesgerichtshofist zu danken, daß er Vor­ Bundesgerichtshof will seine Ent­ urteilen keine rechtliche Relevanz einräumt. Renate Schulze scheidung heute verkünden.

Die Neue ÄrztliChe, Frankfurt, Berliner Morgenpost, 4.11.88 08.11.1988

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AIDS-Infizierte machen sich bei ungeschütztem Sexualverkehr strafbar Bundesgerichtshof bestätigt Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung Karlsruhe (dpa/Reuter). AIDS-Infizierte, die - zeit~eise Geschlechtsverkehr ohne Schutz~it- ungeschützte Sexualkontakte mit gesunden tel aus. Partnern haben, müssen mit einer Verurteilung Bei beiden Partnern konnte jedoch eine wegen gefährlicher Körperverletzung rechnen. Ansteckung nicht festgestellt werden. Das Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Landgericht war jedoch überzeugt, daß der einem gestern verkündeten Urteil. Er bestätigte Mann vorsätzlich die gefährliche Körperverlet• damit zugleich im wesentlichen die Verurtei- zung herbeizuführen versucht habe und es sich lung eines 47 Jahre alten homosexuellen US-Amerikaners durch das Landgericht Nürn- deshalb nicht bloß um eine grobe Fahrlässigkeit berg-Filrth, der trotz seiner AIDS-Infektion in handele. Dieser Auffassung schloß sich nun­ drei 'Fällen ungeschützten Verkehr mit männ- mehr der Bundesgerichtshof in sein.er Entschei­ lichen Partnern hatte. Lediglich die Freiheits- dung an. Das Landgericht sei zutreffend' davon strafe von zwei Jahren wurde von den Bun- ausgegangen, daß der Angeklagte mit beding­ desrichtern als zu hoch erachtet und die Sache tem Vorsatz gehandelt, also die Lebensgefähr• aus diesem Grund an das Landgericht zur dung seiner Sextialpartner durch eine mögliche Neuverhandlung in einer anderen Strafkammer AIDS-Infizierung billigend in Kauf genommen zurückverwiesen. habe.' , Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshof Die Deutsche AIDS-Hilfe e,V., der Bundes- verwarf damit die Revision des bei der verband der regionalen AIDS-Hilfen mit Sitz US-Armee beschäftigten Mannes, dessen Ver- in Berlin, protestierte gegen die Entscheidung. halten das Landgericht als versuchte gefährliche Sie nannte sie eine "unzulässige Diskriminie­ Körperverletzung gewertet hatte. Seine Infek- rung" und einen .schlag ins Gesicht aller tion war im Frühjahr 1986 bei einer freiwilligen AIDS-Infizierten". Die Verantwortung für eine AIDS-Untersuchung festgestellt worden. Ob- Ansteckung mit AIDS könne nicht allein bei wohl der behandelnde Arzt ihn darauf hinwies, dem Träger des Virus liegen, sondern heute sei . daß für seine Partner eine große Ansteckungs- jeder der Sexpartner für sich selbst verantwort­ gefahr bestehe und er Geschlechtsverkehr nur lich. Die AIDS-Hilfe bemängelte auch, daß der noch mit Kondomen haben dürfe, übte der BGH nicht definiert habe, welche Sexual­ Infizierte mit zwei Männem, die er über seine praktiken unter den Straftatbestand fallen Infizierung nicht aufgeklärt hatte, zumindes_t _ sollten: (Aktenzeichen: 1 StR 262/88)

Der Tagesspiegel, Berlin, Sexualkontakt ohne 05.11. 1988 Schutz strafbar Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg, Bundesgerichtshof zu Aids-Fall 4 .11.1988 spreche unter anderem, daß auch bei KARLSRUHE. 4. November (dpa). freiwilligen Aids-Untersuchung festgestellt statistisch gering zu veranschlagendem Aids-Infizierte, die ungeschützte Sexual­ worden. Obwohl der behandelnde Arzt ihn Ansteckungsrisiko ,jeder ungeschützte kontakte mit gesunden Partnern haben, darauf hinwies, daß er für den Rest seines Sexualkontakt derjenige von vielen sein müssen mit einer Verurteilung wegen Lebens ansteckend sei und bei Geschlechts­ kann, der eine Virusübertragung zur Folge gefahrlieher Körperverletzung rechnen. verkehr immer ein Kondom benützen haben kann" . Schließlich dürfe auch nicht Das hat der Bundesgerichtshof in einem am müsse, hatte der HIV-Infizierte mit zwei davon ausgegangen werden, daß bei den Freitag verkündeten Urteil entschieden: Er Männenl, die er über sei ne Infizierung Personen, die sich mit - zu den Aids­ bestätigte damit zugleich .im wesentlichen nicht aufgeklärt hatte, teilweise ungeschütz• Risikogruppen gerechneten - Homosexuel­ die Verurteilung eines 47 Jahren alten ten Verkehr. len einließen, eine "eigenverantwortlich homosexuellen Amerikaners durch das Bei beiden Partnern konnte zwar eine gewollte Selbstgefahrdung" vorliege. Landgericht Nürnberg-Fürth, der trotz Infizierung nicht festgestellt werden; das DerVorsitzende des I. Strafsenats, Horst seiner Aids-Infektion in drei Fällen unge­ Landgericht hielt den Amerikaner jedoch Schauenburg, wies in der mündlichen schützten Verkehr mit männlichen Part­ für überführt, er habe bei seinen Partnern Entscheidungsbegründung ausdrücklich nern hatte. Lediglich die Freiheitsstrafe von ,jeweils versucht, diese an ihrer Gesundheit darauf hin, daß die Ausführungen des zwei Jahren wurde von den Bundesrichtern zu beschädigen". Der Mann, habe also Lanqgerichts Fürth " nicht zwingend, aber als zu hoch erachtet und die Sache aus 'vorsätzlich die gefahrliehe Körperverlet• schlüssig" seien, Dies müsse für das diesem Grund an das Landgericht zur zung herbeizuführen versucht und nicht Revisionsgericht - also den Bundesgerichts­ Neuverhandlung vor einer anderen Straf­ bloß grob fahrlässig gehandelt. . hof - genügen. Im' übrigen müsse auch in kammer zurückverwiesen. Dieser Auffassung schloß sich nunmehr Zukunft jedes Gericht im Einzelfall prüfen, Der I. Strafsenat des Bundesgerichtshofs der Bundesgerichtshof in seiner Entschei­ ob in ' ähnlich gelagerten' Fällen beim verwarf damit die Revision des bei der dung an. Das Landgericht sei zutreffend Angeklagten Vorsatz gegeben sei. Hierüber amerikanische'n Armee als Koch beschäf• davon ausgegangen, daß der Angeklagte habe der Bundesgerichtshof nicht entschie­ tigten Mannes, dessen Verhalten das Land­ mit bedingtem Vorsatz gehandelt, also die den und nicht entscheiden können, da es gericht als versuchte gefahrliche Köqx:rver• Lebensgefahrdung seiner Sexualpartner nur um einen Einzelfall gegangen sei, letzung gewertet hatte. Die Inr'ektion des durch eine mögliche Aids-Infizierung billi­ (Aktenzeichen: I StR 262/88 vom 4, Mannes war im Frühjahr 1986 bei einer gend in Kauf genommen habe. Dafür November 1988)

35 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft Aids-Hilfen lehnen Aids-Tests ab Reaktion auf BGH-Urteil / Anhörung in Bonn /600 Kinder sind infiziert

cra FRANKFURT A. M., 14. November. der Test letztlich nur zur politischen Re' Die Experten forderten unter anderem Die Deutsche Aids-Hilfe will in Zukunft pression dient." eine Weitergabe von Informationen über de n HJ\'-Antikörpertest nicht mehr emp­ Kinder mit Aids auszuschließen. Gleich­ fehlen. Bei der Mitgliederversammlung BONN, (dpa). Die *Gefahr, sich bei Kin- zeitig verlangten sie, die Mitarbeiter der des Bundesverbandes am Wochenende dern anzustecken, die mit dem Aids-Virus Jugendämter besser über die Immun­ zogen die Delegierten der 78 regionalen HIV infiziert sind, ist nach den bisheri­ schwächekrankheit aufzuklären und kla­ Aids- Hilfen-Gruppen mit diesem Be­ gen Erkenntnissen gering. Dies sei prak­ re Handlungsanweisungen zu .geben. Die schluß die Konsequenz aus dem Urteil tisch "auszuschließen", erklärten Medizi­ Betroffenen stießen in den Amtern oft des Bundesgerichtshofes vom 4. Novem­ ner vor der Enquete-Kommission des auf "panische Reaktionen", und ausrei­ ber, in dem die Verurteilung eines HIV­ Bundestages zu Aids am Montag in chende Hilfe unterbleibe aus Unkenntnis. infizierten US-Bürgers wegen teilweise Bonn. Dennoch hätten solche Kinder, ih­ Als "makaber" bezeichnete es Irene Hu­ ungeschützten Sexualverkehrs bestätigt re Familien oder Pfleger unter weitge­ ber vom Verband für behinderte Pflege­ worden war. hender Ablehnung durch ihre Umgebung kinder, daß die Höhe der Zahlungen an In der am Montag veröffentlichten Re, zu leiden. In der Bundesrepublik gibt es Pflegeltern häufig vom jeweiligen Ge­ solution heißt es, daß die Deutsche Aids­ nach Schätzungen rund 600 HIV-infizier­ sundheitszustand des Kindes abhängig Hilfe von dem Test aus politischen Grün• te Kinder. gemacht werde. Aids-Tests bei Kindern den abrate. Sie habe "bisher immer eine Nachbarn und Freunde zögen sich häu• sollten nur in Einzelfällen vorgenommen differenzierte Haltung zum Test einge­ fig von den Betroffenen zurück, sobald werden. Kinder dürften nur bei "gewich­ nommen und ihre Beratung darauf aus­ eine HIV-Infektion bekannt werde, be­ tigen Gründen", etwa bei einer erwiesen­ gerichtet, dem einzelnen die für ihn per­ richteten Sozialarbeiter, Pädagogen und en Infektion der Eltern, nach eingehen­ sönlich beste Entscheidung zu ermögli• Psychologen bei der Anhörung. Einzelne der Beratung und mit Einwilligung der chen. Das BGH-Urteil hat nun klarge­ Familien seien sogar von ihren Wohnor­ Betroffenen getestet werden, meinte macht. daß in dieser Sache zur Zeit nicht ten weggezogen, da sie die Ablehnung Karl-Heinz Struzyna vom Arbeitskreis zu differenzieren ist. Das Urteil zeigt, daß nicht mehr ausgehalten hätten. zur Förderung von Pflegekindern.

Frankfurter Rundschau, 15.11.88

Är zt e Ze itung, Neu-Isenburg, Die Neue Ärztliche, Frankfurt, 15.11. 1988 18.11.1988

Protest gegen BGH-Urteil Aids-Hilfe will AIDS-Hilfe rät nicht von Test abraten BERLIN - Das Urteil des Bun­ mehrzumIDV-Test desgerichtshofs, das die Verurtei­ Hamburg (eb). Die Deutsche lung eines HIV-Positiven wegen AIDS-Hilfe soll Ratsuchenden ungeschützten Sexualverkehrs be­ nicht mehr empfehlen, sich stätigte, nimmt die Deutsche Aids­ HIV -Tests zu unterziehen, ha­ Hilfe zum Anlaß, künftig in ihren ben die Delegierten der 78 regio­ Beratungsstellen vom HIV-Test nalen AIDS-Hilfe-Gruppen bei abzuraten. Dieser Beschluß wurde der Mitgliederversammlung des auf einer Versammmlung de.s Bun­ Bundesverbandes in Hamburg desverbandes der 78 regionalen beschlossen. Damit protestieren Aids-Hilfe Gruppen in Hamburg sie gegen den Spruch des Bun­ gefaßt. Er widerspricht eklatant desgerichtshofes, der ein Strafur­ den Bemühungen der Bundesregie­ teil gegen einen HIV -Infizierten rung, die sich nun über die weitere wegen teiweise ungeschüzten Förderung der Aids-Hilfe durch Geschlechtsverkehrs bestätigt, öffentliche Mittel Gedanken ma­ chen dürfte. IbnIS.Sch .

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I U Mit sei nem I llt ei l ( li vo m ~ . Novcmhcr tont e r, .. dal.\ auch hei statisti sch geri ng veran'chlage noel11 Anstec kungsri,iko jl> I

37 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft rechten Ordnung durdl di e sex ue ll e I.lI ~t. richlslHlf in ihren Pliidllye rs gewarnt hai · illlmer im Vordergrllnd gestanden h;dl en. vor-sicht 10/88, Berlin te ,l. Sei ll I Irt cil wirkt in g'l/l/ anderer Rid,· Das lührt hci der ,\IIlS-Priivention / ll ei­ IUli g ahschreckend , als sich das der Bundes­ ncr Ilaltul1g, die der individuelkn Verant­ gericht shofwohl vorgestellt hat . Es hesliirkt wortung mil.ltraut und stalldessen auf di e die l.eidltsi llnige n lind schreckl !!er:I'-"'I'\',":il.l h"t l" l'S :II, \' h :1I1)!l' khlit . ,k, re" und was .. ni cht sa re" ist. Daf'iir mul.I wi e Sorglosigkeit der heidcn Parlncr des Ange­ auch sonst auf das Ausmal.1 des Ri sikos ah­ klagten strafausschlielkndc Bedeutung geslellt werde n. Dieses li egt na ch heuti gem bei7umessen. Wi ,senssland heim pcnetri erend en Vagi · nal - und Analve rk ehr mil Kondomen ll/l ­ Anders als die 'J(jtllng auf Verlangen ist bei te rl1:l111 solcher (iefahren , di e im allgemei· uns die Bei hilfe l um eigenverantwortlich nen als .. normale Lebensrisiken" hinge· gewollten Seihst mord nicht stralhar. Da­ nOn ll11 Cn werd en. Da sseihe gi lt fl'rr andere rau s hat die Rechl sprcdlllllg gl' f"l gert. da 1.\ Sl'xlI:dl'rakliken. wenn es dahl' i ni eh l 11 1111 :l11 .. h di.. f\lilwilk"111' ;11' ,'il'.,,"vl'I:,nlll'tlll Sa lllt 'nl· II·.1I11 ill (k ll l\.iIPl'1 d l'~ 1':IIIIIl"\ li eh gl'lI'o llll' II "dl'1 ill I\ :lu l ge llllllllll l' nen kommt. l'ine entsprechend e Strafvorschrif't Selhstve rl et7ungen und Selhstgeliihrdun­ kiinnle deshalh etwa wi e folgt lautcn : III V­ gcn ni cht stralbar ist. Di ese Redllsligllr ist inli/iert e Miinner müssen beim pcnelrie· aher 11:1 (h Aull'assung des Bundesge ridlls­ rend en Vaginal- und Analverkehr ein Kon · hofs nicht auf den Nü rnherger Fall üher­ dom be nut7e n und hei anderen penelri c­ tragha r, weil der Angeklagte ei n .. [ihe rl ege­ rend en Sexualprakliken daflir sorgen. dal.l nes Wissen" gehabt ha he und sei ne Part ner es ni cht l um Samenergu l.1 in den Kiirper ih· deshalh das Au smal.l ihre r l'i ge l1 gcl:ihr­ rer Partner kommt. III V·inli/ierl e !'rauc li dung nicht voll ühersehen hiill en. I>amil dürfen in penelri erenuen Vaginal - und signalisie rt der Bundesgeridllshof, da 1.\ hei Analverkehr nur ei nwilligen. wenn ihre AIDS auch Leichtsinn ,nit den f\lill cln des I'arlner dahei ein KOlldom benut7e n. l.uwi· Strafrechts geschüt7.t werden soll , ohwohl derhandlungen werden mit ... hestraft . Di e gegen AI \)S nur die eige ne Vorsorge I.uv e r­ AIDS­ Stralharkeil entl:i llt . wenn sich der andere Hissig schüt7.en kann : nenn man darf sich Te il leichlferl ig aur den ungeschützten (je· bei AIDS auf nichts verlassen, wenn man sc hl ec1l1 sve rk ehr ein!(elassen hat. sich mil lJnhekanntcn aufscxl1ellc Kontak­ Prävention Es e rscheint aul.lcrd elll si nnvo ll. die Straf­ tc cinliil.\t. Das gilt sogar fiir negative Tcst- verfolgung wie hei der Parallelvorschrift 7eugnisse, we il der IIIV-Antikiirpe rt est aur Di l'se I. lI s; II}l1l1 Cnhiinge sind den lI e!rollc ­ nen nichl ve rhorgen gehli chen . Schon da s des ~ 6 (jeschl ec htskr(j vo n ei nem Strafan ­ fri sc he Infekt ionen ni ch t anspricht und weil Urteil des Nürnherger Landgerichts hall e I rag al1h iingig 7U machen. Sonst sind iihnli­ die 7. eugni sse durch jeden nachfolgend en hre it e Di sku~sione n llili er den Il o mo­ che ..Il excnjagden" wi e in dem Nürnherger G eschl echt sverkehr e nt wertet werden . Fall ni ch t aus7. uschliel.len . J) (1f t halle di e Seihst wenn deshalb der Angeklagle sein en sexuell en aus!!e liisl, oh cs angesichts der (iefa hr de r rigid en SI rafvl't' folgll ng von " Po ­ I'oli /ei auf der SlIche na ch lI elaslun!!Sleu· P:lrlncrn lInter Vorlage eincs e nt sprechc' n­ gen den (jiisl en ,ahlreicher Lokale Farbfo­ de n TestLc ugni sses gUlgliiubig ve rsiche rt si tiven" ni cht hesser se i. ga r ni cht 7. um 'Ic st 7U gehen. J)i e~e Di skussion ist durch das togralie n des Beschuldigten mit dem Be· hiill c, da 1.1 er nicht inli zie rt ist . hiill e das an lJrte il de~ BUlHl csgerichtsllOfs neu heleht merk en ge ze igl: .. Der l1at AI J)S . Jeder, der delll Auslllal.1 ihrer Sorglosigkeit ni cht s mit ihm e lwa ~ zu 1'"1 gehaht hat . kannjcI7t geiindert. Tatsiichlich hallen sie solche Fra­ worde n. Si e hat auf der Mitgliedcrve r­ sammlun g der Deu tsch en AIDS· llilfe am davo n ausgehen, daß er auch AIDS hat '''. In gen aber gar nicht geste llt. gan7. abgesehen 12 .1 13 . Novemher I'IRR in Ilamhurg zu dem ei nem solchen Klima ist Aulk1 iirung und davon, dal.l ein er vo n ihnen seinerseits an Beratung niehl mehr miigli ch. einer fri sc hen (jonorrhiie lill , wa s sl'i ne ei­ Beschlu1.l gel'ii hrt . di e Ilrganisation soll e gene .. lltworsidlligke it " noch lInt crstreicht. den III V-i\ntikiirpertl'st in I.lIkllnft ni cht I\l1l1lc rkul1gcll : Wer sich aher so sorgl( ), auf ungeschlit / ten me hrelllpfchlen. Damit ist das eingelrcten. wovor auch die Verteidiger den Bundesge· 1I1 I Ja d, e ,chritH ir he Iineil'hegriim lllng (je ~c hledllsverkehr mit I Inhckannlen ein · noch nidll vo rli egt. ~ tlilll sich dico.;e liil.lI . der ist ebensowenig ~c hut zhedli lfti g Ihllldcsanwalt S l c lllll1~l1ahl1l c nur auf die mündliche wi e der Freier. der e iner Pro ~ titu ie rt e n ei n t Irt l'il ... h c).!r tilldllll~ und dir Prc ...... l..'l' l · Allfgeld 7ahll. damit sie in ein en III1!!C ' k liilllll!!. schlil /.ten (j es chl e chtsver~l'hr einwill ig t 121 NJW I'IRR , 2.1 11 : i\ IH) I'IHR. 27R ((,) . Ilier Schut7. durch das Strafrecht I U sig­ 1.1) NJW I'I RR. 2.11.1 nalisieren, ve rstiirkt nu I' die verhii ngnisv ol ­ '(41 vg l. im ei n/eln cn Brun ,.NJW 19R 7.hQ .1 . le Tenden7. . stall selbst vorsichtig 7U sein, (,'14 die Vorsorge Drillen zu liherlasse n. I~I Di e Inl d litln ,wa hr ,c h ci nlirh~ e it c n li c~c ll ve rl11utlich pro I·.i nlclkonlakt im P rCl l11ill chcrcirh : V!! I. \\lcrer. Schl1lidt Der BundesgerichtsllOf hai / Ud Clll vii llig lind Kii rn er. AI!'O I'lRR . 1 ~4. 211 6. 2 111 . aul.ler ach I gelassen, daLl vo rsiit71i ches Il an­ ",wie in Ern" BlIrk cl IlIr'g.1. Der dein nur den Inlizierten na chgewiesen wer· i\IDS· Ktlml'l ex - Dimcn, i" ncn ci ner den kann. die sich hahen lestcnlassen. Ersl lletl rohlln(! - l'ranklürt/Main. Berllll : Verlag llll"cin (jmhll . I\)R8 . 229. 2411 das positive Testergehnis machl aus den zu schlitzenden .. ull sc huldige n" (jesunden 2· t2 ((' 11Irlln' . N.lW I'I R7. (,')1. (,'}.I. ,,,wil' 228 1. pol ent ielle Sexualsl ra f't iitl'r. di e konl roll ie rt 22X) : I kllll)! 111 B," kt'l I hlltnolc ~ I. ulld ve rli }lgt werden müssen. Ohnc 'lesl .12'1 . .1 ·11 kei ne St rafve rfolgu ng'

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Enquete-Kommission legte ihren Zwischenbericht vor: Absage an Blüms Konzept zur Gesundheitsreform BMlAFP Bonn, 9. Nov. Kirschner (SPD). Die Kommission Zwischenberichts am 31. Oktober Eine deutliche Absage hat die schlug statt dessen die Erstellung war ein handfester Krach vorausge­ Enquete-Kommission zur "Struk­ von "Positivlisten" vor, einer Zu­ gangen. Damals stimmten alle fünf turreform der Gesetzlichen Kran­ sammenfassung der von den Kran­ Koalitions-Abgeordneten bei der kenversicherung" gestern den tra­ kenkassen zu bezahlenden Medika­ Abstimmung jeden einzelnen genden Säulen des Gesundheitsre­ mente. Punkt des Konzepts mit "Nein" ab formkonzepts von Bundesarbeits­ Den Ergebnissen des Zwischen-. oder enthielten sich der Stimme. minister Norbert Blüm erteilt. berichts hatten sich alle anwesen­ Sie kündigten an, bis zum Jahres­ Mit der Vorlage ihres 500 Seiten den Sachverständigen, darunter ende einen in sich geschlossenen umfassenden Zwischenberichts auch die von der Koalition berufe­ Minderheitenbericht vorzulegen. sprach sich die IBköpfige Kommis­ nen Experten, angeschlossen. Die Es sei keine Zeit gewesen, den sion mehrheitlich gegen Festbeträ• Abgeordnete Heike Wilms-Kegel Hauptbericht durchzuarbeiten, er­ ge für Arzneimittel und auch die (Grüne) klärte auf, daß nicht eine klärte die CDU-Abgeordnete Edi­ geplanten Vorsorgeuntersuchun­ der verabschiedeten Optionen dem tha Limbach das Abstimmungsver­ gen zur besseren Prävention aus. Regierungskonzept entspreche. halten. Für den Zeitdruck machte Die Selbstbeteiligung der Versi­ In CDU-Kreisen wurde zugege­ der SPD-Abgeordnete Kirschner cherten könne "keine sinnvolle ben, daß es "schon etwas peinlich wiederum die Regierungskoalition Steuerung" des Arzneimittel­ ist, wenn die Koalition in einer En­ verantwortlich, die der Kommis­ verbrauchs einleiten, sagte der Vor­ quete-Kommission in die Minder­ sion zwei Beratungstage gestrichen sitzende des Gremiums, Klaus heit gerät". Der Gesamtlesung des hatte.

Berliner Morgenpost , 9 .11.88

Deutsche'A I DS-Hilk nimmt Stellung zu Vorwürfen von Mitgliedern der AIDS-Enquetekommission HIV-Test darf kein Mittel zur Ausgrenzung sein

B ~ r I i n (t:h). Nil"hl I"IIn \ ' ~r­ stolkn se i um! ~ u polemischen nim ml. wie die KOl11mi ssio ns­ AI DS-Prävel1ti on die Erziehung anlwurlun).!slusi).!kl·il, sund~rn '\ußcrungen gdtihrt habe. Die milgli eder dns IlIn. sc hafft gena u ~ ur Eigenveranlwortli chkeil und \'un (kr Sur).!l' 11111 dil' Rl'l' hll' .. 1- El1lpli..'hlung sl,i ni cht da~u ge­ das Klima. das wir ab Folge des damil die A nsleckungsvorsorge I~r \'1111 AIDS hdrtltT~II~1I I\kll­ dal'lll. Ml'nsclll:n mit HIV oder Karlsruher Uneils be lUrchlet der Sexualparlner der einzige er­ schen )'!cJlrii).!1 sichl dil' Dcul,t'lI~ A I DS / u "gellihrli chcr Körper• haben", sagle DAH-Vorstands­ lo lgversprechende Weg se i. ,\ I DS-II ilr~ (DA 11) ihn' EIIII'­ \'nlet/ung a uf~ urul~n" . wie dil' milglied U li Mcurcr. Der Anlikörpertcsl a ls Milll'l fchlulI).!, \'1111 '\nlikiifJll' rl~Sls ah­ Mi tgl il'lk I' (kr A I DS- Enq uetc­ Die DAH hälle die T"stwar­ der m e di ~i nis c h e n Din~rential­ I.IISl'llClI, nachdclII d~r Bllnd~s).!~­ kOl11mi,sio n ProJ(:ssor Dr. WolI~ nung ausgesprochen. damit di:tgnose sei für die DAH nie rit-hlshur ~in Slrafllrll'i1 ).!~).!l' lIl·i­ gang Stille und NOI'ber! Ei mer ~li c hl diejenigen. die positiv ge­ umstrilIen gewe5l'n. Trol~ der II~II 11I\'-llIlIl.icrl~n \\~).!cn Il'il­ (171)1') hehauptel hiillen. Il:Sle t seien-oder in Zukunft ein Angriffel1 der Konunissionsmil­ \I ~iSl' un).!l'st'llüILlclII Cl'­ "Wer unsere Ell1pfehlungen. posi li ves Testcrgebni s l' rhi.:lten glieder und d es bayerischen In ­ schkchlsl'l'rkl'llrs hl'sliil i).!1 haI. unll'r dl' n gegcnwiinigen Um­ - aurgrund des Karlsruhcr Ur­ nenministers Edmund $lO iber Dil' DA II ~ei l' r ~ taunl. daB slii n,.kn \'on einem Test :tbzuse­ teil s "mit einem lkin bereits im müsse die DAH abcr bei ihrer illre lü'solu ti lln s dh~t hl'i A IDS­ hen. als I'rovokntion zu .harten. Gefängni s stehe n". Die DAH Warnung \'01' dem Test :t ls Mit­ L\IJl'rtl'n auf LJn\'l'I'~Wnd n is gl'- adll1 ini strati\'en Mnllnahmen' bekrä liigte. daß im lkreich der ld der Ausgren/ung biciben. Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg, 18 .11. 88

39 AI D S Infodienst ______Service

Zentrales AlDS-Fallregister des Nationalen Referenzzentrums für die Epidemiologie von AIDS am BGA (NRE-AlDS) (Nordufer 20, 1000 Berlin 65, Tel.: 030/4503 370)

Tab.1:

Gesamtzahl aller seit 01.01.82 registrierten AIDS-Fälle in den Bundesländern und Berlin(-West) (Stand: 30.11.1988)

AIDS-Fälle davon weiblich verstorben

Baden-Württemberg 148 28 68 Bayern 462 19 182 (München) (354) (U) (135) Berlin 544 22 197 Bremen 66 6 24 Hamburg 243 8 112 Hessen 379 27 185 (Frankfurt) (249) (16) (124) Niedersachsen 129 13 65 Nordrhein-Westfalen 568 45 222 Rheinland-pfalz 74 8 21 Saarland 23 4 12 Schleswig-Holstein 32 1 11

Gesamtzahl 2668 181 1099

Tab.2:

Verteilung nach Infektionsrisiko aller seit dem 01.01.82 gemeldeten Fälle (Stand: 30.11.1988)

Fallzahl

männlich weiblich % gesamt 1. Homo- oder Bhexuelle Männer 1922 72,0 2. Fixer 173 96 10,1 2a.Homosexuelle Fixer 26 1,0 3. Hämophile 135 5,1 4. Empfänger von Bluttransfusionen! Plasmaderivaten 43 26 2,6 5. Heterosexuelle Kontakte mit Partnern aus 1.-4. 54 27 3,0 6. Prae- oder perinatale Infektion 16 8 0,9 7. Mangelnde AngabenlUnbekannt 118 24 5,3

2487 181

Gesamtzahl 2668

(\ 4" A AI D S Infodienst ______Service

Tab.3:

Altersverteilung aller seit dem 01.01.82 registrierten AIDS-Fälle (Stand: 30.11.1988)

Zahl der Patienten % von

Alter männl. weibl. Gesamtzahl

0-11 Monate 1 3 0,1 %

1-4 Jahre 14 7 0,8 %

5-9 Jahre 7 1 0,3 %

10-12 Jahre 1 0 0,0 %

13-14 Jahre 6 0 0,2 %

15-19 Jahre 22 0 0,8 %

20-29 Jahre 431 72 18,9 %

30-39 Jahre 915 55 36,4 %

40-49 Jahre 771 17 29,5 %

50-59 Jahre 254 10 9,9 %

über 60 Jahre 54 14 2,5 %

unbekannt 11 2 0,5 %

gesamt: 2668 2487 181 100,0 %

Tab.4:

Klinische Manifestation des Immundefektes aller seit dem 01.01.1982 registrierten Fälle (Stand: 30.11.88) .

Manifestation Fallzahl % gesamt Patienten % verstorben des Immundefektes verstorben

Opportunistische 1870 70,1 769 Infektionen (01)

Karposi-Sarkom (KS) 458 17,2 167

01 und KS 142 5,3 76

Malignome 83 3,1 45

Neurolog. Symptomatik 81 3,0 33 A ' 41 AI D S Infodienst Service

Inter. Pneumonie 6 0,2 ° HIV-Wasting­ Syndrom 28 1,0 9

Gesamtzahl 2668 100,0 % 1099

Tab.5: Registrierte AlDS-Erkrankungs- und Todesfälle pro Halbjahr in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (-West), Angaben nach Diagnosedatum (Stand: 30.11.1988)

Halbjahr der Zahl der AIDS-Fälle davon verstorben gemeldet: Diagnosestellung a) pro Halbjahr b) Anzahl b) %

unbekannt Vor 1981 3 3 100,0 1981 Gesamt 1 1 100,0 1982 Jan.-Juni 5 4 80,0 Juli-Dez. 8 7 87,5 1983 Jan.-Juni 23 17 73,9 Juli-Dez. 20 15 75,0 1984 Jan.-Juni 48 37 77,6 Juli-Dez. 76 58 76,3 1985 Jan.-Juni 124 85 68,5 Juli-Dez. 178 103 57,9 1986 Jan.-Juni 232 142 61,2 Juli-Dez. 302 169 56,0 1987 Jan.-Juni 414 169 40,8 Juli-Dez. 519 153 29,5 1988 Jan.-Juni 462 101 21,9 Juli-Dez. 252 34 13,5

Gesamtzahl 2668 1099 41,2 % a) Zeitpunkt, an dem die ärztliche Diagnose entsprechend der "CDC-Detinition tür einen Fall von AIDS" gestellt wurde b) Nachmeldungen werden erwartet

42 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft . . . Das HIY-Modell als Mogelpackung? Heanng der Alds-Enquete-Kommission zum Umgang mit Infizierten / Neues HIV-Modell ist heftig umstritten /50 Schwerpunktpraxen sollen 2.000 HIV-Infizierte als Modell-Versuch betreuen / Die inneren Konflikte der Berater und Helfer waren kein Thema bei der Anhörung

ein solches Problem müsse in der Be­ brandete Unmut auf. Insbesondere ratungssituation mitdemHIV -Positi­ Helga Rübsamen-Waigmann, Leite­ __ (tu) - Es war eine Anhärung vengelöst werden: • Wir können hier rin des Georg-Speyer-Hauses, dem iber UDd. DidIt mit den Bctroff.eoen, sofort wieder einpacken, wenn wir organisierenden Kerns des Frankfur­ aluichdie Enqlletctcvnmission Aids meinen, das Erfahren eines stange­ ter ModeUs, fühlte sich provoziert. dca Bllndestaga vergangene Woche fundenen ungeschützten SexuaIver­ Frau Rübsamen-Waigmann, die über die Situation der HIV- Infizier­ kehrs berechtige zum Auflösen des mittlerweile an 500 PatientInnnen ten und deren .Beratung, Betreuung Arbeitsbündnisses mit dem HIV -Po­ forscht, begründete das HIV -ModeU sitiven, weil die Rechtslage es erfor- und VersorgungM informierte. Je­ dert. M . mit der Notwendigkeit, Interven­ denfalls widersprch niemand im Saal tionsmöglichkeiten in den Verlauf 1903 des Langen Eugen einem der ge­ der Wektion zu finden . Insbesondere ladeoen Experten, der feststeUte : Im Minelpunkt der Anhörung frühe Folgeerkranlrungen der Infek­ • Ich gebe mal davon aus, daß hier im standen die sogenannten HIV-Mo­ tion' die sogenannten Opportunisti­ Raum niemand persönlich betroffen deUe, insbesondere das Frankfurter schen Infektionen, ließen sich bei ist." Erstaunlich war der ruhige Ver­ Pilotprojekt. Im Oktober 1987 hane frühzeitiger Diagnose und Behand­ lauf der Hearings der Korrunission, der Bundesdrogenbeauftragte und lung gut überstehen. Andere Medizi­ deren Mitglieder von Vertretern der Ministerialdirigent im bundesge­ ner widersprachen hier entschieden. Aids-Hilfen bis hin zu bayerischen sundheitsrninisterium Manfred Der Berliner Arzt Heinz Harald Ab­ Hardlinern reichten. Der große Kon­ Franke diese Modelle vorgeschla- holz wies darauf hin, daß derartige flili blieb aus, obwohl der Umgang gen. Sein Minsterium fördert ihren Folgeerkranlrungen nicht im Drei­ mit Infizierten oder HIV -Antikörper• Ausbau mitMillionenmineln - wäh• monatsrythmus zu diagnostizieren postitiv-Getesteten eines der heiße• rend gleichzeitig Projekte im Bereich seien, dann müsse man den Positiven sten Themen der gegewärtigen Aids­ der Aufklärung zusammengestri­ in noch viel kü!7.Cren Abständen ein­ Debatte ist. Aber das in den letzten chen oder erst gar nicht bewilligt wer­ besteUen. Es sei daher eher sinnvoU, Monaten immer beliebter gewordene den, wie das Kölner SlOpp-Aids-Pro­ die betroffenen Gruppen zu informie­ KOIlSU"Ukt des .DesperadosM oder jekt (s . taz6. 7 .88). In fiinfModellre­ ren, Erkrankungen nicht zu ver­ .UnbelehrbarenM spielte keine gionen soUen bis zu 2.000 HIV -Infi­ schleppen, sondern gleich den eige­ Rolle. Gemeint sind damit angeblich .zierte in rund 50 Schwerpunktpraxen nen Arzt aufzusuchen. Vertreter der durchs Land ziehende HIV -infi­ zusammengefaßt werden. Gefunden Aids-Hilfen wiesen insbesonsere auf zierte, die im Wissen um ihre Infek­ werden die Positiven, indemübernie• ungelöste DatenschulZprobleme in tion andere Menschen rücksichtslos dergelassene Änte Patienten zum den HIV-Modellen hin und kehrten infizieren. Materialisierte Angaben Testen angehalten werden. den fiir den Infizierten destabilisie­ dieses Konstrukts sind die inden letz­ renden Charakter hervor, den eine ten Monaten in Bayern abgeurteilte So .gefischte M Infizierte sollen Dreimonatsmineilung seiner Labor­ Münchner Prostituierte Sonja oder dann an eine der Schwerpunktpraxen wertehaben kann. Schließlich konnte der Amerikaner Linwood B., dem in überwiesen werden, von der sie im man sich nicht des Eind!':! ~kg~ro- , Nürnberg der Prozeß gemacht Dreimonatsabstand bestellt werden . ren, die HIV -ModeUe seieneineFort­ wurde. Diese Versuche, HIV-Posi­ Diese erminelt dann die Laborwerte setzung der Aids-politischen Linie tive als gemeingefährliche Subjekte zur Beobachtung des Infektionsver­ des Frankfurter Professors Wolfgang darzusteUen, kam nur oebuIös als .zu laufs bei einem großen Patientenkol­ Stille(. Testen! Testen! Testen! ")mit vClbessernde gesamtgeseUschaft­ lektiv. Zugleich soUen die Positiven anderen Mitteln. liche Lage Min den Ausführungen ei­ angeleitet werden, .eigenes Fehlver - Der Berliner Soziologe Rolf Ro­ niger Experten der Aids-Hilfe zur halten" aufzugeben. Schließlich wer­ senbrock, wie Stille Mitglied der En­ Spraclle . den sie informiert, daß sie sich durch quete, wies penetrant darauf hin, daß ungeschützten SexuaIverkehr mit ei­ Dochhierunddaschiendereigent­ es unverantwortlich sei, mit einem nemPartnerstrafbarrnachen. Anrak­ massenhaften Gebrauch des Antikör• liebe Konflikt durch. Als der Frank­ tiv soll das Programm fiir die Betrof­ furter Drogenbenter Walter Kinder­ pertests Positive zu schaffen, denen mann seine inneren Konflikte auf den fenen durch das Versprechen der man dann aber nicht helfen könne. Tisch packte und fragte, wie er sich Lebensverlängerung minels .diäti- .Daß Sie das HIV -Modell unterstüt­ denn verhalten soUe, wenn er von ei­ scher Lebensführung" sein, was zen, Herr Stille", trat er dem KoUe­ nem HIV -I.n1gierten Drogengebrau­ meint: ausreichend Schlaf, sportliche gen gegen das Schienbein, • wundert cher wisse, der seine Freundin weder Betätigung und gesunde Ernährung. mich nicht, denn Sie propagieren ja informiere noch schütze. SOU er die Dies wird aber nicht als ohnehin sinn­ alles, was nurdie ZahlderTests maxi­ Betroffene in Kennmis setzen oder voUe Lebensführung verkauft, son­ miert. " soUersichandie Schweigepflichthal­ dern als ärztlich verordnete. Thera­ ten. Der Rechtsaußen der Enquete, pie". Derartige HIV-ModeUe arbei­ Die Tageszeitun g , Berli n , derCSU-AbgeordneteGeis, war hier ten seit Dezember in Frankfurt und 31.10 . 88 mitschneUemRatzuSteUe: .Brechen seit Januar in KölnIBonn. In Harn­ Sie Ihre Schweigepflicht, Herr Kin­ burglBremen ist die Errichtung eines dermann! " Der dem liberalen Flügel vergleichbaren Projekts arn Wider­ der Enquete zugehörige Bundesan­ stand der Selbsthilfegruppen ge­ walt Manfred Bruns woUte hingegen scheitert, in Berlin versucht der Bund einen solchen Bruch nur als letztes zur Zeit vorbei am Senat ein solches Mittel verstanden wissen. Der Hei­ ModeU durchzusetzen. deiberger Psychologe Ulrich Cle­ Als Uli Meurer, Positivenreferent ment, als Sachverständiger geladen, der Berliner Aids-Hilfe, das Konzept vertrat schließlich die Auffassung, als • Mogelpackung " bezeichnete,

43 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft

Bericht der Aids-Kommission bahnt der Vernunft einen Weg

Von Margit Conrad (SPD) - auf die Ebene gruppenspezifi­ tel für die Aids-Forschung um zwei scher Aufklärung, die insbesondere Millionen Mark kürzen will. In dieser Serie kommen die Bundes­ die Lebensweisen der Betroffenen, Der Bericht hat auch den sensi­ tagsabgeordneten zu Wort. die akade­ ihre Sprache, ihre Medien und ihre blen Bereich der intravenös Dro­ mischen Heilberufen angehören. Es gesamte Infrastruktur akzeptieren genabhängigen, ihre besondere sind drei Xrzte (davon zwei Xr z­ und in die Aufklärungsarbeit inte­ Gefährdung und die schwierige Si­ tinnen) undfunf Apotheker (darunter grieren muß; tuation, dort helfend und aufklä­ eine Apothekerin ) . Damit wird ein Fo­ - auf die Ebene individueller Auf­ rend zu arbeiten, aufgegriffen. Die rum geschaffen. in dem sich diese An­ klärung und Beratung. Gerade die­ Kommission hat hier eine Fülle gehörigen freier Heilberufe nicht nur ser Bereich wird von der Kommis­ zu sozial- und gesundheitspolitischen. von Vorschlägen zusammengetra­ sondern auch zu allgemeinpolitischen sion als vordringlich angesehen, da gen, wobei besonders erfreulich ist, Themen äußern . die persönliche Bt;ratung - nicht daß das Thema "Substitutionsthe­ mißzuverstehen als "Test-Bera­ rapie für Drogenabhängige" ohne In der vergangenen Woche dis­ tun&" - nach allen bisherigen ~r­ ideologische Scheuklappen disku­ kutierte der Deutsche Bundestag fahrtingen die besten Erfolge 1m tiert werden konnte. Die Kommis­ über den von der Enquete-Kom­ Hinblick auf notwendige Verhal­ sion hat sich in dieser Frage mit mission Aids vorgelegten Zwi­ tensänderungen zeigt. Dabei ist da­ Mehrheit für ein breites Angebot schenbericht. Unverkennbar ist der für Sorge zu tragen, daß die abso­ von Methadonvergabe ausgespro­ Bericht als Versuch zu werten, zu lute Anonymität und Freiwilligkeit chen, das gemeinsamen Vorschlägen und der Beratung gesichert ist. - am jeweiligen Einzelfall orien­ Empfehlungen über Partei grenzen Vor diesem Hintergrund kommt tiert ist; hinweg zu gelangen. Der Mehr­ die Aufklärungskampagne der - nur in den Händen von in der heitsbericht der Kommission ist zu Bundesregierung im Zwischenbe­ Drogenarbeit erfahrenen Medizi­ begrüßen, da er nicht nur frei ist richt nicht in allen Punkten gut nerIn);len liegen darf; von jeglicher Diskriminierung ge­ weg: Kritisiert wird insbesondere - nur im Zusammenhang mit in­ genüber den Betroffenengruppen, die wenig deutliche Sprache der tensiver psychosozialer Betreuung sondern noch darüber hinaus geht, bisherigen Aufklärungsmaterialien angeboten werden darf und indem er verschiedene sexuelle und der fehlende Bezug zum Milieu - nicht als Konkurrenz oder Alter­ Verhaltensweisen und geschlechtli­ der Bdroffenengruppen. Hinge­ native zu Drogenentzugsprogram­ che Ausrichtungen akzeptiert und wiesen wird in dem Bericht weiter­ men verstanden werden darf. son­ diese weder bewertet noch hinter­ hin auf die Defizite, die hinsichtlich dern vielmehr eine Ergänzung der fragt, sie statt dessen vielmehr zum notwendiger Aufklärung, Bera­ herkömmlichen Therapien dar­ Ausgangspunkt der Überlegungen tung und Betreuung auf seiten von stellt. hinsichtlich der Bekämpfung der Ärzten und krankenpflegerischen Der Zwischenbericht der Aids­ Krankheit macht. Berufen existieren. Enquete-Kommission darf wohl zu Grundsätzlich kommt die Kom­ Der Bericht gibt zudem vielfälti• Recht als Dokument bezeichnet mission dabei zu dem Ergebnis, ge Empfehlungen, in welchen Be­ werden, das allen staatlichen daß der einzige Weg· zur Verhinde­ reichen die natur- und sozialwis­ Zwangsmaßnahmen eine Absage rung von Neuinfektionen in einer senschaftliche Forschung unter­ erteilt und damit der Vernunft in qualifizierten Aufklärungskam• stützt und erweitert werden muß. der Aids-Politik einen Weg bahnt. pagne besteht. Deutlich wird dabei, daß die Kom­ Prävention durch Aufklärung ist mission eine forcierte Förderung · Margit Conrad ist Xrztin und seil . die eindeutige und wichtigste Emp­ der sozialwissenschaftlichen For­ 1987 Bundestagsabgeordnete. Für fehlung der Kommission, die weit­ schung durch das Bundesgesund­ die SPD-Fraktion gehört sie dem gehend darin einig war, daß Auf­ heitsministerium für erforderlich Haushaltsausschuß und als .Helh'er­ klärung sich erstrecken muß: hält. Dringend notwendig und tretendes Mitglied dem Ausschuß - auf die Ebene allgemeiner, weit­ überfällig ist es, die sozialpsycholo­ . für Jugend. Familie. Frauen und Ge­ gestreuter Botschaften nach dem gischen Aspekte in Verbindung mit sundheit an . Sie ist Mitglied in der "Gießkannenprinzip", die vor al­ Enquete-Komhlission .. Aids" . lem dehysterisierend wirken sollen Krankheit ·und deren Auswirkun­ und verdeutlichen müssen, daß re­ gen auf den Krankheitsverlauf zu untersuchen. Die Neue Är ztliche Frankfurt, levante' Übertragungswege nur im 31.10. 88 ' ungeschützten Geschlechtsverkehr Vor dem Hintergrund dies·er zu­ und bei der gemeinsamen Nadelbe­ sätzlichen F orschungsschwer­ nutzung bestehen; Schutzmöglich• punkte ist es nicht angebracht, daß keiten müssen bereits hier genannt das Bundesgesundheitsministeri­ werden; um - wie bisher geplant - die Mit-

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Ein Weg der Vernunft und der Menschlichkeit Bundestag diskutiert den Zwischenbericht der Aids-Enquete-Kommission

BONN - Die geringere Rate an Aufklärungsdefizite werden vor al­ In der Bundesrepublik waren HIV-Neuinfektionen in der Bun­ lem in der allgemeinen Bevölke• Ende September 2488 Aids-Er­ desrepublik im Vergleich zu den rung, aber nach wie vor auch in Ri­ krankte anonym registriert. Nach Nachbarländern darf kein Anlaß sikogruppen gesehen. Mehrere Angaben des Gesundheitsministe­ zur Entwarnung sein. Das betonte Redner sprachen zugleich das Pro­ riums sind davon 1045 bereits ge­ Bundesgesundheitsministerin Süss• blem an, daß ungezielte Aufklä­ storben. Durch die Laborberichts­ muth bei der Beratung des Zwi­ rung auch zu einem Prozeß der Ab­ pflicht über HIV-Tests sind außer• schenberichts der Aids-Enquete­ stumpfung und Gleichgültigkeit dem 26291 Infektionen bekannt, Kommission im Bundestag. Ver­ führen kann. Die SPD-Abgeordne­ wobei es allerdings Doppelzählun­ treter der Unions-, FDP- und te Conrad kritisierte insbesondere gen geben kann. Die Zahl der Infi­ SPD-Fraktionen betonten, daß die Aufklärung für Jugendliche als zierten wird auf 30 000 bis 100000 dieser Bericht - er wurde nun an "nicht lebenspraktisch" .' geschätzt. Die bayerische Regie­ die Ausschüsse überwiesen - zwar Während sich der FDP-Abge­ rung behält ihren Maßnahmenka• ein Kompromißpapier, aber kein ordnete Eimer vehement dafür ein­ talog zur Aids-Bekämpfung bei. Es schlechtes sei . Kommissionsvorsit­ setzte, freiwillige Tests zu empfeh­ könne überhaupt keine Rede da­ zender Voigt bekräftigte, daß der len, betonte Frau Wilms-Kegel von von sein, daß sich nach der Ablö• Zwischenbericht eine Grundlage den Grünen, das Recht auf Daten­ sung von Peter Gauweiler als auch für vorurteilsfreies Handeln dar­ schutz für den einzelnen habe für für die Aids-Bekämpfung zustän• stelle. ihre Fraktion Vorrang vor epide­ digen Staatssekretär in der bayeri­ Frau Süssmuth erhielt Unter­ miologischen Untersuchungen. schen Aids-Politik etwas ändere, stützung fUr eine Politik, in der Die Grünen widersprächen ferner sagte Innenminister Stoiber im Aufklärung und Beratung im Vor­ ,jeder Form von Panikmache, Hy­ Münchner Landtag. Die getroffe­ dergrund stehen. Sie selbst sagte, sterie und allen Versuchen, ein un­ nen Maßnahmen bezeichnete er man müsse den Weg der Vernunft ausweichliches, allgegenwärtiges "erfolgreich" und als eine "Politik und der Menschlichkeit gehen. Infektionsrisiko zu suggerieren". aus einem Guß". ari/dpa

Die Neue Ärztli che, Frankfurt, 31.10.88

Aids-Hilfe gegen Blüms Reform wtr BONN, 28. Oktober. Die Deutsche Aids-Hilfe befürchtet .. katastrophale Aus­ wirkungen auf die Aufklärungs- und Prä­ ventionsarbeit", wenn das Gesundheitsre­ formgesetz so verabschiedet wird, wie es von Minister Norbert Blüm (CDU) vorse­ legt worden iI~l In einem Appell an die Bundestagsabgeordneten forderte der Vorsitzende der Aids-Hilfe, Dieter Runze, am Donnerstal, daß die Daten von Kran­ ken nur in eingeschränktem Umfang er­ hoben werden dürften. Würden die je~i­ gen Pläne Wirklichkeit, so gäbe es bald ein .. lückenloses Gesundheits- bezie­ hungsweise Krankheitsprofil" über jeden Versicherten. Viele Infizierte und Aids-Kranke, schrieb Runze, hätten Angst, daß diese Daten dann dazu verwendet werden, .. Verfolgungs- und Zwangsmaßnahmen" gegen sie einzuleiten. Für die Betroffe­ nen würde dadurch der Gang zum Arzt erschwert, und es könne keine optimale Behandlung stattfinden. Damit beein­ trächtige der Gesetzentwurf auch .. das Grundrecht auf körperliche Unversehrt­ heit.... RlS

Frankfurter Rundschau, 29 . 10.88

45 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft

Betreuung bundesdeutscher Drogensüchtiger in den Niederlanden Abhängige wollen aus Angst vor repressiven Maßnahmen nicht zurück A m s t erd a m (PSG). Mit - größtenteils Heroin- und Ko­ sätzlich, die Rückkehrbereit• Hilfsangeboten an den Grenzüb• kainkonsumenten - wird durch schaft zu fördern. ergangssteIlen, ambulanten The­ häufigen Polizeieinsatz minima­ Während vor zehn Jahren rapie-Einrichtungen und Dro­ le medzinische Versorgung so­ noch 50 Prozent der Kosten fur gcn-Substitutionsprogrammen wie Ausschluß von niederländi• die AM oe aus bundesdeutschen soll deutschen Drogenabhängi• schen Therapie- und Auffang­ Kassen bestritten werden konn­ gen in den Niederlanden die häusern der Aufenthalt immer te, ist es heute nur noch ein Rückkehr in die Bundesrepublik schwerer gemacht. Fünftel des Etats. Zuschüsse des erleichtert werden. Als Folgen stellte AMOe bei auswärtigen Amtes, der Land­ Das fordert die Jugend- und den 617 im Jahr 1987 betreuten schaftsverbände Rheinland und Drogenberatung AMOe des deutschen Drogenabhängigen Westfalen-Lippe sowie des Bun­ Deutschen Hilfsvereins in Am­ eine zunehmende Verwahrlo­ deshilfswerkes rur Straffälligen• sterdam in ihrem Jahresbericht sung sowie risikoreicheren Dro­ hilfe mit insgesamt 84 000 DM 1987. Die Stiftung bemüht sich genmißbrauch fest. Zur Rück• (1987) reichten nicht einmal aus, seit jetzt zehn Jahren um die Be­ kehr in die Bundesrepublik seien um die Steigerung der Lohnko­ treuung deutscher Süchtiger in Süchtige oft nur dann bereit, sten und laufenden Ausgaben zu der niederländischen Großstadt. wenn ihnen die "allgegenwärtige decken. Löwenanteil der Ge­ Die Situation deutscher Dro­ Angst vor repressiven Maßnah• samtausgaben von 491 000 Gul­ genabhängiger in Amsterdam men", Polizei und Justiz genom­ den trägt die Gemeinde Amster­ hat sich in den letzten Jahren men werden könne, und das her- dam mit 369 000. verschärft. Erhöhte physische, kömmliche Therapieangebot . Der geringe Kostenbeitrag aus psychische sowie soziale Ver­ verbessert werde. der Bundesrepublik ist den nie­ elendung der deutschen Süchti• Ein großer Teil der deutschen derländischen Behörden und gen sei die Folge der "Entmuti­ Drogensüchtigen ist nach Erfah­ Hilfsorganisationen seit Jahren gungspolitik", mit der die Nie­ rung von AMOe mit dem HI­ ein Dom im Auge und aus hol­ derländer seit 1985 vor allem ge­ Virus infiziert: 86 Prozent inji­ ländischer Sicht ein Bele~ dafiir, gen ausländische Drogenabhän• zierten Rauschgifte intravenös, daß der deutschen Seite das gige in der Pröblemstadt Am­ und unbenutzte Spritzen sind in Schicksal deutscher Abhängiger s'terdam vorgehen. Rund 7000 der Szene Mangelware. Die ' im Nachbarland recht gleichgül• ausländischen Drogensüchtigen HIV -Infektion erschwere es zu- tig ist.

Är zte Zeitun g , Neu -Isenburg , 28 . /29 . 10 .1988

46 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft

Freigabe von Rauschgift diskutiert Die Ne ue Ärzt liChe , Frankfurt, 3 .11.1988 Berliner Experte für freien Verkauf in Apotheken

HAMBURG - Ra uschgift soll könne ebenfall s gesenkt we rden. nach Ansicht des Berliner D rogen­ Steuern, die beim Verkauf von experten Berndt Georg Thamm in Rauschgift eingenommen würden, Apotheken frei zu kaufen sein . In sollten für Aufklärung, Vorbeu­ der neuesten A usgabe des Maga­ gung und Hilfseinrichtungen ve r­ Frankfurter Allgemeine Ztg ., zins "Stern" tritt der Sozialpäd­ wendet werden. Nach Thamms 07 . 11.1988 agoge, der nach eigenen Anga ben Ansicht sollten sich mehrere Län­ seit Mitte der achtziger Jahre die der gleichze itig zur Freigabe von Überprüfung der Bundes regierung in Rauschgiftfra­ Rauschgift entschließen, um einen gen berät, wei ter dafür ein, den " Drogentourismus" zu ve rmeiden. Drogengesetze? Konsum von R auschgift nicht Forderungen nach ei ner Legali ­ mehr zu bestrafen. Beim Verkauf sierung von Ra uschgift si nd schon fy. BONN. 6. November. Für einschnei­ dende Veränderungen an der bisherigen von Rauschgift unter staatli cher seit länge rem in der Dis kussion, Kontrolle würde nur reine Ware an DrogengeseLZgebung hat sich Gesundheits­ sind aber unter Ex perten sehr um­ ministerin Süssmuth im .,Spiegel" ausge­ den Käufer kommen, argumentiert stritten. So warnte der Präsident sprochen. Sie kündigte eine Überprüfung Thamm in dem Magazin. Dadurch des Bundeskriminalamts, Heinrich des Betäubungsmittelgesetzes an und sagte, könne die Zahl der D rogentoten Boge, jetzt in einem Gegenbeitrag die Besei tigung der heute bestehenden gesenkt werden. Staatlich kontrol­ vor einer Freigabe von Rauschgift. Strafandrohung gegen Drogensüchtige, die lierter Rauschgiftverkauf entziehe Der Drogenkonsum würde zuneh­ Haschi sch nähmen, müsse geprüft werden. auch dem Schwarzmarkt den Bo­ men. die Za hl der Drogentoten Frau Süssmuth ist auch dafür, das Verbot und die Strafandrohung gege n den Besitz den. Die Beschaffungskriminalität steigen. dpa jrob von Fixer-Nadeln zu beseitigen . Ferner will sie künftig nicht nur den Rauschgiftsüchti• gen helfen, die von ih rer Sucht loskommen und si ch einer entsprechenden Therapie unterziehen wollen. sondern auch denen, Fr a nkfurter Rundscha u, 9 . 11 . 88 die weiter drogensüchtig bleiben wollen. Hierfür will sie in den nächsten drei Jahren 30 Millionen Mark bereitstellen. Das Geld Streit über Haschischrauchen soll dazu eingesetzt Werden , Drogenabhän• DÜSSELDORF, 8. November (AP). gi gen Häuser zur Verfügung zu stellen, in Bundesbildungsminister Jürgen Mölle­ denen sie schlafen und sich reinigen, aber mann hat Gesundheitsministerin Rita auch Essen sowie ärztliche Hilfe erhalten Süssmuth vorgeworfen, mit ihren Überle­ können. Weiter hat sich Frau Süssmuth gungen zur Legalisierung des Haschisch­ dafür ausgesprochen. "darüber nachzuden­ rauchens die gesellschaftliche Akzeptanz ken", ob die Ersatzdroge Methadon künf• "weiche r Drogen" zu fördern. Möllemann sagte am Dienstag in Düsseldorf, er leh­ tig all denen zur Verfügung gestellt werden ne eine Legalisierung dieser Rauschmit­ soll e. für die eine Entzugstherapie "aus tel grundsätzlich ab. Bei ihnen handele es welchen Gründen auch immer" .nicht i.n sich um Einstiegsdrogen, die am Beginn Frage komme: Bisher, sagte Frau Süss• nahezu jeden Weges in die Suchtkrank­ muth, sei es nur möglich, Methadon jenen heit stünden. Drogenabhängigen zu verabreichen, bei Süssmuth hatte angekün'digt, sie werde denen akute Lebensgefahr bestehe. Auf den prüfen, ob Haschischrauchen straffrei ge­ Einwand. Methadon-Gegner behaupteten, stellt werden solle. Sie bekräftigte am daß der Süchtige, der die Ersatzdroge Dienstag in Bonn, sie sei gegen eine Le- erhalte, kein Interesse mehr an einer galisierung weiCher Drogen. Es gehe Entzugstherapie habe, erwiderte Frau Süss~ nicht um die Legalisierung, sondern um muth, eine "sinnvolle Substitution muß an die Strafpraxis, sagte das Ministerium therapeutische Begleitung gebunden sein", zur Kritik Möllemanns. Von insgesamt Zugleich sagte Frau ' Süssmuth, daß sie rund 28 000 Strafverfahren jährlich gegen gegen eine generelle Legalisierung der Drogentäter würden heute schon etwa Drogen sei und daß man, bevor man 8000 Verfahren, die meisten wegen Ha­ hierüber nachdenke, andere Wege suchen' schischbesitzes, gegen Zahlung einer Geldbuße oder Ableistung einer sozialen müsse. In der Praxis gebe es heute schon so Arbeit eingestellt. etwas wie eine Duldung bei .,weichen Drogen" wie Haschisch; es müsse überlegt "Die allermeisten di eser Drogentäter werden. ob das Betäubungsmittelgesetz werden nie wieder in ihrem Leben straf­ fällig", hieß es. Wenn sie jedoch zu Geld­ nicht der häufig praktizierten Duldung oder Gefängnisstrafen verurteilt würden angepaßt werden müsse. Der gewerbsmäßi• könne dieser "Strafmakel" den Lebens: ge Handel mit Drogen müsse selbstver­ weg junger Menschen entscheidend . ständlich verboten bleiben. Gegen Dealer durchkreuzen. könne man gar nicht hart genug vorgehen, A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft

Bundestag / Haushaltsauschuß will höhere Gesundheits- und Sozialausgaben Etat für die AIDS-Bekämpfung soll 1989 auf 184 Millionen Mark steigen Bon n (vo). Wenn der Bun­ der Gegen-Gutachter nach der 3. serten Versorgung chronisch destag morgen die Sozial- und Novelle des Arzneimittelgeset­ Kranker und Krebskranker Gesundheitsministerien-Etats zes. Für die Aufbereitung des ebenso geben wie eine bessere 1989 behandelt, dann liegt ihm wissenschaftlichen Erkenn tnis­ onkologische Zusammenarbeit. auch eine Empfehlung des Haus­ materials fur Arzneimittel sind Die Forschung im Gesund­ haltsausschusses vor. Dieser hat nun drei statt 2,5 Millionen heitswesen wird mit sieben (bis­ zahlreiche Veränderungen der Mark geplant. Die Ausgaben fur her sechs) Millionen Mark un­ Haushaltsansätze für das Bun­ die AIDS-Bekämpfung sollen terstützt. Die Erstattung flir Lei­ desarbeits-, das Bundesgesund­ sich von 173,9 auf 183,9 Millio­ stungen bei Krankheiten von heits- und das Forschungsmini­ nen Mark, die Hilfen fur die Heimkehrern erhöht sich von 46 sterium vorgeschlagen, die in der Aussiedler auf 332 (bisher 275) auf 76 Millionen Mark. Der Zu­ Regel vom Bundestag auch so Millionen Mark erhöhen. schuß an die knappschaftliche verabschiedet werden. Beim Arbeitsministerium Rentenversicherung beträgt nun Das Bundesgesundheitsmini­ sind die Etatansätze flir Maß• 9,6 Milliarden Mark (vorher sterium soll dem Bundesgesund­ nahmen zur Bekämpfung von 9,47 Milliarden). heitsamt danach mehr Geld flir Krankheiien auffällig erhöht Die Ausgaben fur Forschungs­ die Arbeiten an Nachzulassun­ worden: nämlich in funfPositio­ aufgaben im Gesundheitswesen gen von Arzneimitteln geben: nen von 55,5 Millionen auf 63,5 sollen zwar bei 150 Millionen Anstatt 1,9 nun vier Millionen Millionen Mark. Da wird es Zu­ Mark bleiben, werden aber weit Mark flir die anteiligen Kosten schüsse flir Modelle zur verbes- über 1993 hinaus "gestreckt". Är zte Zeitung , Ne u-Isenburg , AIDS-Hilfe protestiert 23 .11.88 Bundesmittel für AIDS-Programm Ärzte Zeitung , Neu-Isenburg , wurden abgelehnt . 9 .11.88 Hannover (ara). Rund eine Million DM, die vom Bundesge­ sundheitsamt flir die Pflege und Betreuung von AIDS-Kranken bewilligt worden waren, hat die Fr ankfurt er Rund scha u, 9 .11. 88 Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege in der Stadt Hannover (AGFW) zurückge• Kondome als Entwicklungshilfe WIesen. BONN, 8. November (AP). Die Pille und Die AFGW - ein Zusammen­ Kondome gehören zu Produkten, die von der Bundesregierung im Rahmen der schll,lß mehrerer deutscher Hilfs­ Entwicklungshilfe bereitgestellt werden. werke - begründet diese Ableh­ Wie das Bundesministerium für wirt· nung damit, daß sie beflirchtet, schaftliche Zusammenarbeit in einer mit dem flir ein Modellprogram­ jetzt in Bonn veröffentlichten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der mes bereitgestellten Geld nicht Grünen ferner mitteilte, wurden seit 198"; auszukommen. Dann müßten über 37,9 Millionen Monatspackungen die Verbände Eigenmittel zu­ von Antibaby·Pillen deutscher Hersteller schießen. Dazu war die Mehr­ geliefert. Darüber hinaus wurden 1,75 Millionen Kondome für Maßnahmen deT heit nicht bereit. Die "Hannö• Familienplanung in der Dritten Welt zur versche AIDS-Hilfe" äußerte in Verfügung gestellt. Empfängerländer einer Presseinformation ihre deutscher Lieferungen waren Banela­ Enttäuschung über die Entschei­ desch, Thailand, Tansania, Zimbabwe. Kenia, Togo, Ruanda, Kongo und Hain. dung der AFGW. Sie will jetzt die einen entsprechenden Antrag auf der­ versuchen, das Programm fur artige Unterstützung gestellt hatten. Hannover zu retten.

48 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft Prostitution - ein Beruf wie jeder andere? Auf dem Hurenkongreß am Wochenende in Berlin wurde die Legalisierung des Gewerbes gefordert / Aber verschärfte staatliche Kontrollen befürchtet / Aussteigerprojekte sind unter den Frauen umstritten, weil sie das Selbstbewußtsein des Berufsstandes gefährden können Soll Proslilulion ein Beruf wie je­ Rentenversicherungen würden daß der Slaal durch die Legalisie­ schlechlern. elwa indem durch puncto -Aussteigeprojekte» wie der andere werden? In einer Ab­ sie nicht aufnehmen wollen . das rung viel mehr Kontrollmöglich• eine Legalisierung Arbeitszeilen die Berliner -Hydra-. Einige schlußerklärung forderten die Arbeits-undSozialrechtwürdesie keiten über das Gewerbe be­ feslgelegt würden und sich die Frauen kritisierten. daß solche sechzig Frauen. die sich am Wo­ diskriminieren. komme . Bisher mußten sich Pro­ Frauen ihre Zeit nicht mehr selbst Projekte nichl das SelbslbewußI• chenende zu einem bundesweilen Trotz der Erklärung. die von stituierte einmal wöchentlich bei einleilen könnten . Eine Gefahr sein der Prostiluierten. sondern »Hurenkongreß- im Schloß Glie­ Selbsthilfegruppen wie der Berli­ den Gesundheitsämtern untersu­ wäre auch •daß Frauen. dieeigent­ das Stigma von der unfreiwillig in nicke Irafen . die Legalisierung ner »Hydra» oder -Nuuen und chen lassen. Bei einer Legal isie­ Iich aussteigen wollen. bei den Ar­ die Prostilution gedränglen Frau des Gewerbes. Gleiche »Rechte» Nüuchen- beflirwortet wird. stre­ rung kämen jede Menge gewerbe­ beitsämlern weiler in den Beruf förderten . häuen Huren lediglich. wenn es ben nicht alle Proslituierten nach polizeiliche Konlrollen hinzu. hereinvermiuelt würden und sie In der gemeinsamen Abschluß• darum gehl. Slcu~rn zu zahlen . einer rechllichen Gleichslellung. Darüber hinaus könnten sich daher keinen Anspruch auf Ar­ erklärung forderten die Teilneh ­ Die geselzlichen Krankcn- und Eine Reihe von Frauen befürchlet. die Arbeilsbedingungen vcr- beitslosengeld häuen. merinnen neue Arbeitsplälze. in Bei dem Kongreß ging es auch denen »endlich die in der Proslilu ­ umdas Verhältnis zuden ausländi• lion erworbenen Qualifikationen Bombays Prostituierte, schen Prostituierten. vor allem zu und Kompetenzen zum Zuge kom­ . gingen auf die Straße Thailänderinnen und Philippinin­ men-. Solche Arbeitsplälze könn­ nen . Generell lehnten die Kon­ len zum Beispiel Sexlherapien Neu-Delhi (dpa). Hunderte von Prostituierten greßleilnehmerinnen die Existenz sein flir bislang »benachlciligle aus der westindischen Hafenstadt Bombay des Au sländergeselzes. das diese Milbürgerlnnen im Knasl. im Al ­ gingen gestern auf die Straße. Nach Angaben Frauen zu Illegalen machl. ab . tersheim sowie in der Psychia ­ der Nachrichtenagentur UNI verließen sie die Dennoch kamen - so berichlete trie-; oder Aufklärungsarbeit im Bordelle, um auf ihre verzweifelte Lage auf­ die Teilnehmerin Pieke Bier­ Dienst von SaferSex beiJugendli­ merksam zu machen. 1972 hatten sich Prosti­ mann - SI immen auf. nach denen chen; oder aber Fachberalungen tuierte der Metropole erstmals vergeblich an deulsche Prosliluierte Auslände• -für Filmund J;!ühne •• woes umdie rinnen oftmals als unerwünschle Darstellung der Arbeil gehl» . die öffentlichkeit gewandt. Konkurrenz empfinden. Ein ähn­ Außerdem wollen die Teilneh­ Der Protestmarsch, der im berüchtigten Iicher Unmul richtete sich auch merInnen als Hurenbewegung Vergnügungsviertel von Bombay begann, dau­ gegen drogenabhängige Prosli­ slärker an die Öffenllichkeil Ire­ erte mehr als vier Stunden. Die Prostituierten luierte. Sie würden von einigen len . Geplanl sind auch Demon­ forderten bessere medizinische Vorsorge ange­ Frauen nicht als »richlige» Projti­ strationen zum Gedenken an den sichts der wachsenden Zahl von AIDS-Fällen tuierte anerkannl . sondern gälten Generalslreik der französischen und staatliche Darlehen, die ihnen den Ausstieg als -Beschaffungprostiluierte-_ Prostiluierten vom 2. Juni 1975. aus dem illegalen Gewerbe ermöglichen sollen. Unslimmigkeit gab es auch in EIi,." Klllph"ck Nach Schätzungen gibt es in Indien etwa eine Million Prostituierte. Die Tageszeitung, Berlin, 15.11.1988 Frankfurter Rundschau, 17.11.88

Die Neue Ärztliche, Frankfurt, 25.10.1988 Abtreibung auch "Suchtprävention für Frauen" ohne HIV -Test Aktionswoche in 11: ünchen / Ärzte beteiligt FRANKFURT - Krankenhäu• ser dürfen einen Schwangerschafts­ MÜNCHEN - Mit einer Ak­ gigen Patienten sind sogar zwei abbruch nicht verweigern, wenn tionswoche unter dem Motto Drittel weiblich. Die Tendepz ist in die Patientin einen Aids-Test ab­ "Suchtprävention für Frauen" will allen drei Bereichen steigend. Noch lehnt. Eine Rechtsgrundlage für das Gesundheitsreferat der Stadt bis zum 30. Oktober will das Ge­ solche Praktiken gebe es nicht, sag­ München dem dramatischen An­ sundheitsreferat über die Gesell­ te Sozialminister Schnipkoweit vor stieg der Zahl suchtkranker Frau­ schaftskrankheit "Sucht bei Frau­ dem Lan·..:... in Hannover. Ein en Rechnung tragen. Ein Drittel en" aufklären, Problembewußtsein routinemäßi!; :r HIV -Test sei fach­ der 1,8 Millionen Alkoholkranken wecken und Hilfsangebote unter­ lich nicht begründet. Er könne zu­ und ein Drittel der 80 000 Drogen­ breiten. Auch der ärztliche Kreis­ dem nur dann vorgenommen wer­ abhängigen in der Bundesrepublik und Bezirksverband bietet eine den, wenn dies medizinisch ange­ sind nach Angaben des Münchener Fortbildungsreihe an. Dabei soll es zeigt sei und die Patientin einwilli­ Gesundheitsreferenten Dr. Tho­ nicht nur um die medizinische, son­ ge. Das Einverständnis könne nur mas Zimmermann Frauen. Von dern auch um die psychosoziale nach eingehender Aufklärung ein­ den 500000 medikamentenabhän- Betreuung gehen. ip geholt werden. red.

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Kühne Hypothese Der Spiegel , Hamb urg, (Nr. 35/1988, Aids: Ein Bordell-Betreiber Ober Aids und Prostitution : Nr. 39/1988, Le­ 17 . 10.1988 serbriefe) Leserbriefe Nach meiner Kenntnis als praktischer Frauenarzt in der City einer westdeut­ schen Großstadt möchte ich mich der Meinung Ihrer Leserbriefschreiberin In­ grid Bartos voll anschließen, die mitteil­ te, daß keine der bislang I S bis 2S HIV­ positiven Prostituierten in Frankfurt von sich behauptet, das Virus beim Ge­ Weltfremder Unsinn? schlechtsverkehr eingefangen zu haben. (Nr. 39/1988, Aids : Kripo-Fahnder im Rot­ Vielmehr seien alle heroinabhängig. licht-Milieu) In meiner Praxis sind seit vier Jahren über 800 Aids-Tests durchgeführt wor­ Ihre Schilderung der erfolgreichen den. In dieser Zeit wurden sieben HIV­ .. Bewährungsanstrengungen" der positive Tests registriert. Es handelte Münchner Dime Sonja Schmid zeigt die sich um fünf drogenabhängige Mädchen vertraute SPIEGEL-Mischung von ra- und zwei Homosexuelle. s.cher ~arte i nahme und wenig Nachdenk­ Keine der bei uns kontrollierten Mäd­ hehkelt und geht dabei sogar weiter als chen aus dem .. Gewerbe" hat sich infi­ besonnenere Sprecher dieses Gewerbes. ziert, obwohl damals, also etwa seit Es dämmert heute nämlich den nicht in­ 1984, nur in den Eros-Centern mit Kon­ fizierten Prostituierten, daß die bewußte dom gearbeitet wurde. Heute wird es in oder nonchalant in Kauf genommene den mir überschaubaren Bereichen etwa ~ort~esetzte Verbreitung von HIV durch so sein, daß 70 Prozent der Mädchen, ob mfizlerte Kolleginnen (wie in anderen Lä':ldern vielfach nachgewiesen) über ge­ me~nsame Kunden gerade sie selbst am in Klubs oder Saunen oder freiberuflich Süddeutsche Zeitung , Mü nchen, tätig, mit Kondom und der Rest ohne meisten gefährdet. Geht dieses unsolida­ Kondom arbeitet. rische Verhalten unbehindert weiter 10. 11. 1988 können sie sich fast ausrechnen wan~ Ich bin deswegen auch der Meinung, (nicht ob!) sie selbst infiziert sein wer­ daß das Risiko einer Ansteckung durch den. Wie die ärztlic~~ Standesvertretung Prozeß gegen aids kranke normalen Geschlechtsverkehr ohne von betrügerischen Arzten, wie die Taxi­ Dirne eingestellt Kondom zwar nicht unbedingt gleich fah~ervereinigung von betrügerischen Null ist, aber doch wesentlich geringer, TaXifahrern, so werden die Selbsthilfeor­ Überraschende Wendung im Fall der als es die Panikmache der früheren Jahre ganisationen der Prostituierten sich von HIV-positiven Prostituierten Sonja S. Die glauben machen wollte. Kolleginnen absetzen müssen, die durch Staatsanwaltschaft stellt das Verfahren Im übrigen möchte ich die vielleicht küh• lebensgefährliche Rücksichtslosigkeit al­ gegen die 24jährige ein. Sonja S. war, we­ ne Hypothese auf den Tisch legen, daß le so Tätigen, ihre Freier, deren Umfeld nige Tage nach Verbüßung einer Haftstra­ es HIV-Infektionen schon seit vielen und damit in der Verlängerung unzählige ' fe wegen "versuchter gefährlicher Körp e r ~ Jahrzehnten, vielleicht schon länger, ge­ Menschenleben gefährden. Nur Zyniker verletzung in Tateinheit mit seuchenpoli ­ geben hat. Sie wurden eben nur nicht können dem tatenlos zusehen. In der zelhch u ntersagter Prostitution". von diagnostiziert und erkannt. Die Diagno­ ganzen Bundesrepublik hat sich derweil emem K r imj~@ lh \l up * on:uni s.silr , im Z uge sen werden erst seit dem Vorhandensein herumgesprochen, daß die von Ihnen so. emer sogenannten ve"fde"ckien EF_m~ttl~?I'l" von entsprechenden Tests gestellt, und verfehmten Maßnahmen der Absondf:­ zur ProiitltutlO n . an~ . und ~ an n es finden deshalb auch erst seit dieser rung uneinsichtiger Infizierter letzL ch sofort wiede.r in . H~ ft 'iie~:fit :w~rd e'Jj5 Zeit Untersuchungen statt, an die früher nur unter Mißachtung geltender Gesetze Nun aber ste llt~ ' sic'hlfierati{diiB";:"\flif\#s' kein Mensch auch nur im Traume dach­ zu ,umgehen sind. Die Aufregung, des im "Pressedienst der Grünen im Landtag" te. Daher rührt das nur scheinbar explo­ SPIEGEL darüber, daß die bayt",rische heißt. die Mitarbeiter des Münchner Ge­ sionsartige Ansteigen der HIV-Infek­ P?lizei in Erfüllung ihres Auftra;~es auf sundheitsamtes das Gericht schon in der tion. Wie gesagt, eine Hypothese. die Beachtung deutschen Rech~ sieht ist ersten Verhandlung "offensichtlich falsch informiert" hätten. Sonja S. hatte\damals Kötn DR. GERT MüllER-MÖHRfNG also völlig unangebracht. Die darüber Frauenarzt h!naus indirekt aufgestellte Forderung, nicht gegen ein Berufsverbot verstoßen die Beamten müßten mit den infizierten (Straftat), sondern allenfall s gegen die Un­ Dirnen erst schlafen, um diese der Prosti­ tersagung gewerblicher Unzucht (Ord-' tution überfuhren zu können, ist ein SO nungswid rigkeit). Der Rechtsanwalt ' der w.eltfre~der Unsinn, daß die ganze da. Betroffenen, Andreas Grob, hat nun wegen hmter hegende Ideologie ad absurdum "bewußter Fehlinfo rmation" gegen die geführt wird. Mitarbeiter des Gesundheitsamtes Straf­ anzeige erstattet. München DR. M. G. KOCH Bayerisches Staatsministcrium des fnnern Die Einstellung des Verfahrens ko m­ mentierte die Landtagsabgeordnete Chri­ stine Scheel, die sich des Falles angenom­ men hatte, mit den Worten: "Es tut gut zu erleben, daß in Bayern einem von allen Seiten "Vorverurteilten Opfer der von der Staatsregierung geschürten Aids- H ys t e~ rie Recht im Wortsinne widerfährt." fok

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Gemeinsame AIDS-Konferenz von Experten beider deutscher Staaten Koordination bei Vorbeugung und Bekämpfung erörtert Köln (dpa). Wissenschaftler aus der DDR und Automaten in öffentlichen und in Firmentoilet­ der Bundesrepublik haben gestern in Köln ten aufzustellen. Außerdem werde es Fernseh­ Möglichkeiten einer gemeinsamen Zusammen­ spots über den Schutz gegen AIDS geben. arbeit bei der AIDS-Bekämpfung erörtert. Fünf Zugleich wurden zwei weitere Präservativ• Teilnehmer aus der DDR und acht westdeutsche Marken vom Markt genommen, weil sie keinen Experten diskutierten in Köln zwei Tage lang sicheren Schutz gegen AIDS-Ansteckung ge­ über Aufklärungsmaßnahmen zur Vorbeugung währen. Bereits in der vergangenen Woche gegen AIDS und die psychosoziale Betreuung wurden fünf Marken zurückgezogen, nachdem und Beratung von HIV-Infizierten und AIDS­ sich bei Tests rund ' ein Drittel von 41 Kranken. Das Kölner Treffen war bereits die untersuchten Marken als möglicherweise dritte deutsch-deutsche AIDS-Konferenz. Die durchlässig für HIV-Viren erwiesen hatte. In beiden ersten fanden in diesem Jahr in der DDR Frankreich greifen Studien zufolge bislang nur statt. neun Prozent der Männer zum Kondom, Ein Vertreter der Ost-Berliner Universitäts• gegenüber etwa 68 Prozent in Japan. klinik wies darauf hin, daß es zwischen den Frankreich meldet nach Zahlen der UNO­ beiden deutschen Staaten jn der Struktur des Gesundheitsorganisation (WHO) nach den USA Gesundheitswesens und der Verbreitung der und Uganda die meisten AIDS-ErkriiJ!.kungen. Krankheit Unterschiede gäbe. So seien in der Evin schätzte jüngst, daß in drei Jahren die Zahl DDR nur fünf AIDS-Erkrankte und vier AIDS­ der AIDS-Toten die Zahl der Verkehrsopfer Tote, dazu insgesamt 51 HIV-Infizierte bekannt. übersteigen dürfte. Gegenwärtig gäbe es zwi­ In der DDR gebe es ein ,Netzwerk von schen 150 000 und 200 000 Infizierte in Frank­ regionalen Konsultationseinrichtungen" für die reich. Die Regierung hatte Anfang des Monats medizinische, soziale und psychologische Be- bereits ein Programm zum Kampf gegen die treuung, jedoch keine privaten Stiftungen. Mit Seuche beschlossen, das allein für 1989 Aus­ I diesen 15 landesweiten Einrichtungen sei der gaben von umgerechnet 205 Millionen DM ,Bedarf abgedeckt". Aufklärungsarbeit geschehe vorsieht. wie in der Bundesrepublik durch Medien wie Fernsehen und Presse, aber auch durch Merk­ Institutsleiter tnflziert blätter und Broschüren. La Jolla (dpa). Der Präsident des berühmten Salk-Instituts in La Jolla (Kalifornien), in dem Paris startet Anti-AIDS-Kampagne zur Zeit an einem Impfstoff gegen AIDS Paris (dpa). Frankreich hat eine Kampagne gearbeitet wird, hat sich bei einer Blut­ für den häufigeren <:iebrauch von Präservativen transfusion selbst den tödlichen HIV-Virus zum Schutz gegen die Immunschwächekrank• zugezogen. Wie die Sprecherin des Instituts am heit AIDS gestartet. Gesundheitsminister Evin Donnerstag mitteilte, hat Doktor de Hoffmann gab gestern drei Maßnahmen bekannt, um die den Vorstand am Mittwoch über seine Infek­ mit anderen Ländern vergleichsweise geringe tion, die er sich 1984 bei einer Operation der Kondombenutzung zu fördern: Eine Senkung Herzkranzgefäße zugezogen hatte, unterrichtet • der Mehrwertsteuer auf Kondome von fast 19 und ist mit sofortiger Wirkung von seinem Amt auf 5,5 Prozent, den Kondomverkauf auch in zurückgetreten. De Hoffmann hatte das Institut Supermärkten, sowie die Aufforderung an zusammen mit Doktor Salk, dem Entdecker des Hersteller und Importeure, Präservativ- Impfstoffes gegen Kinderlähmung, gegründet. Der Tagesspiegel , Be r lin, 19 .11. 88

51 A I D S Infodienst Politik und Gesellschaft Papst-Worte zu Empfängnisverhütung stoßen in Bonn auf Kritik

Abgeordnete nennt Verweis auf Enthaltsamkeit wegen Aids gefährlich

.. BONN, 16. November (dpa). Jüngste samkeit als Mittel zur Geburtenkontrolle n UtZe. Die Ausbreitung des Aids-Virus sei Außerungen von Papst Johannes Paul II. sei dabei wenig lebensnah. Die alleinige zum Thema Empfängnisverhütung sind nun einmal dadurch zu verhindern oder Propagierung der Enthaltsamkeit zum zu verlangsamen, daß es keinen unge­ bei den Bonner Parteien auf teilweise Schutz vor Aids und das Verbot der Be­ heftige Kritik gestoßen. Der Papst hatte schützten Geschlechtsverkehr gebe. nutzung von Kondomen sei sogar "objek­ Distanz zu den Äußerungen des Pap­ am vergangenen Wochenende - auch tiv gefährlich". vor dem Hintergrund der Immunschwä­ stes ließ auch der familienpolitische Die Grünen-Abgeordnete Regula Bott, Experte der CDU/CSU-Fraktion, Paul chekrankheit Aids ~ noch einmal das Sprecherin des Fraktionsvorstandes, warf katholische Verbot künstlicher Empfäng­ Hoffacker, erkennen. Er stimmte dem nisverhütungsmittel bekräftigt. Vor ka­ dem Papst vor, er erkläre sich selbst zum Papst zwar zu, daß Enthaltsamkeit vor tholischen Moraltheolpgen hatte er im "Risikofaktor", wenn er hier den Gläubi• einer Übertragung der todbringenden gen seiner Kirche Gehorsam abverlange. Krankheit schütze. Da aber nicht alle Vatikan von einer Doktrin gesprochen, Das "dogmatische Beharren" des Papstes "die nicht vom Menschen erfunden, son­ Menschen der katholischen Religionsge­ dern von Gott in die Natur des Menschen auf dem Verzicht empfängnisverhütender meinschaft angehörten und die Forderun­ selbst eingeschrieben worden ist". Mittel sei "gegenaufklärerisch und ge­ gen des Papstes übernähmen, seien Ver­ fährdet die ohnehin verunsicherten Gläu• hütung und Kondome in vielen Fällen Für die SPD erklärte dazu die stellver­ bigen in unverantwortlicher Weise". eine bessere Hilfe. tretende Fraktionsvorsitzende Renate Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Schmidt auf Anfrage der Deutschen Irmgard Adam-Schwaetzer sagte, es sei Presse-Agentur (dpa), es dürfe daran ge­ dem Papst natürlich unbenommen, seine zweifelt werden, .ob das "päpstliche Fest­ Überzeugung im Hinblick auf die Emp­ halten an der scholastischen Theologie fängnisverhütung zu verkünden. Aller­ vergangener Jahrhunderte noch zeitge­ dings sei es für sie sehr fraglich, ob er da­ mäß ist". Der Verweis auf die Enthalt- mit den Menschen dieser Welt wirklich Frankfurter Run dscha u, 27.11. 88

"Gefühle und Lust warten nicht" SPD und Grüne kritisieren die Aids-Politik der Bundesregienmg BonD (ap, dpa) - Ihre Kritik Wilms-Kegel, die Aids-Politik ministerin Süssmuth (CDU) an der Aids-Außdirung der Re- der Regieru~ sei nicht genü• wies die Kritik zurück und be­ gierung bei jungen Menschen er- gend koordimert ...Wir fordern tonte,sie habe im Kampf gegen neuerten SPD und Grüne in der Außdärungsmaßnabmen, die Aids viel Positives in der Bun­ Debatte llber den Zwischenbe- .du Ziel haben, die Eigenverant- desrepublik bewirkt. Der Bericht ·· wortuns der Bürger zu fOrdern", richt ..d er Enquete-K. o~slon erldärte die Ärztin. Sie bezwei- der Enquet~Kommission, der "Aids ~ Do~e~ 1Dl Bun- felte unter anderem entschieden nach dem Willen der .Abgeord­ d~tag. Sie openel! IDlt Wort~ den Wert von ~d8-Handschu­ neten ein Beitrag zur sachlichen wie .. Enthaltsamkeit und Treue • hen" im Auto. Bundesverkehra­ Disku88ion der Seuche sein soU, rügte die SPD-Abgeordnete Mar- minister Wamke wiaae offen­ bestätige vielmehr die Regie. git Conrad ...Gefühle, Sehnsucht sichtlich nicht, daß die von ihm rungspolitik. Sie bedauerte, daß und Lust warten nicht bis auf geforderten PVC-Einmal hand­ sie bei ihren Außdärungskampa• die Hochzeitsnacht", gab sie .zu schuhe im Durchschnitt mit drei gnen von kirchlicher Seite ver· bedenken. Für die Grünen kriti- Löchern pro Stück die Fabrik dächtigt werde, lediglich Wer· sierte die Abgeordnete Heike verließen. Bundesgesundheita- bung mr Kondome zu betreiben. Kölner St ad t anzeiger, 28 .10 . 88

52 A I D S Infodienst Internationales

Sonderkommission kritisiert Verstöße gegen medizinische Normen Blinder AIDS-Alarm deckt gravierende Vorsorgemängel in der Sowjetunion auf Mo s kau (dpa). Eine Unre­ Stadt an der Baikal-Amur-Magi­ Gummihandschuhe getragen. gelmäßigkeit im Immunsystem strale verbreitet, weil angenom­ Die Milch der angeblich mit einer werdenden Mutter hat vor men werden mußte, daß Hun­ AIDS-Infizierten hätten auch einigen Wochen die fernöstliche derte von Menschen der Anstek­ Babys anderer Mütter getrun­ St~dt Tynda in Wallung ver­ kungsgefahr ausgesetzt worden ken. setzt. Erst einige Tage, nachdem seien, schrieb das Blatt. Eine zur Zum Glück habe eine wieder­ die Frau im örtlichen Kranken­ Klärung des Falles eingesetzte holte Blutuntersuchung bei der haus der Stadt ein Kind geboren Sonderkommission habe haar­ Frau nach der Entbindung ge­ hatte, wurde in der Stadt das Ge­ sträubende Verstöße gegen me­ zeigt, daß es sich nur um einen rücht verbreitet, daß die Frau dizinische N<;>rmen aufgedeckt. "Knick des Immunsystems" ge­ eine "AIDS-Infizierte" sei. Injektionsnadeln und -spritzen handelt haben müsse, wie er bei In der Stadt brach leichte Pa­ seien in der Klinik praktisch Schwangeren manchmal vor­ nik aus, bis sich vier Wochen nicht sterilisiert worden. komme, hieß es in dem Artikel später herausstellte, daß es sich Der Arzt, der bei der Entbin­ weiter. um einen blinden Alarm gehan­ dung geholfen habe, habe da­ Der Fall habe aber erneut be­ del~ hatte, schrieb jetzt die Ge­ nach mit denselben Instrumen­ wiesen, daß man in der UdSSR werkschaftszeitung "Trud". ten noch mehrere weitere Frau­ "für eine aktive Bekämpfung der Die"AIDS-Nachricht" habe en operiert. AIDS-Seuche nicht vorbereitet" sich deswegen so schnell in der Die . Hebamme habe keine seI.

Berliner MOr genpost, 12.11.1988

UdSSR verlangt von Reisenden aus dem: Ostblock Vorlage eines AIDS-Tests Auch Briten und Dänen betroHen - Bayern VorbUd bei Schutzmaßnahmen Moskau (dpa~ Die Sowjetunion hat mit den . gung eingerichtet worden. der unter anderem Mitgliedsliindern des Rates für gegenseitige die Devise ausgegeben habe: .sterben sie nicht Wlttschaftshllfe sowie mit Großbritannien. Dä- aus Unkenntnis." Bis zum Jahresende sollen nemark und einigen weiteren Staaten verein- nach Angaben Kondrusews etwa 1000 Alos- I hart. von allen aus diesen Undern in die UdSSR Labors im ganzen Land eingerichtet werden. ' Einreisenaen die Vorlage eines AlOS-Tests zu Als die entscheidende Schwachstelle der verlangen. Die Bürger der Bundesrepublik sind sowjetischen AIDS-Bekämpfung bezeichnete hiervon aber nicht betroffen. Dies gab der Kondrusew den Mangel an Kondomen. Nur ein Stellvertretende sowjetische Gesundheitsmini- Drittel des vom Gesundheitsministerium fest­ ster und Seuchenexperte Kondrusew in einem gestellten Bedarfs von 600 Millionen Präserva• gestern in der Parteizeitung .Prawda" veröffent- tiven sei in diesem Jahr geplant und hergestellt lichten Interview bekannt. Die Zeitung schrieb. worden. Auf eine entsprechende Frage der viele Leser hätten in letzter Zeit schärfere Parteizeitung .Prawda~ sagte Kondrusew nicht Schutzmatlnabmen gegen die Ausbreitung der ohne Ironie: .Wenn es so weitergeht. können : Krankheit gefordert. Dabei sei auch Bayern als wir unseren Landsleuten nur einen Verzicht auf Vorbild genannt worden. - Geschlechtskontakt empfehlen". In der UdSSR Nach der bisherigen Praxis müssen sich sind nach dem Bericht der .Prawda" zur Zeit Ausländer -auf AIDS untersuchen lassen. wenn 80 HIV-Virusträger registriert. Zwei AlDS­ sie lä.Qger als drei Monate in der UdSSR bleiben Kranke sind inzwischen gestorben. Dabei han­ wollen. Kondrusew sagte. in seinem Ministe- delt es sich um eine Prostituierte aus Leningrad rium sei ein Beraterstab für die AlDS-Vorbeu- und ein viermonatiges Kind aus Odessa.

Der Tagesspiegel , Berli n, 14.11.1988

53 A I D S Infodienst Internationales Massen-Aids-Tests in Großbritannl,n Die Regierung Thatcher entscheidet sich fOr anonyme Massentests in den Kranke".,f,usem .' Britischer Arzteverband Au8ert sich positiv / Recht auf Testverweigerung noch offen . ,. Sprecher des unabhängigen Ter­ ethischen Bedenken im Interesse AUI London Ro" ' ••Ich rence-Higgins-Trust die Aussa­ neuer Erkenntnisse Ober die Ver­ Die britische Regierung hat am gebaft der auf diesem Wege ge­ breitung des HIV-Virus zurück- Mittwoch bekanntgegeben, dem­ wonnenen Daten an . Lediglich gestellt: ' .' ", . nächst anomye Aids-Tests durch­ Expenen auf dem Gebiet der me­ In GroßbritanDien,wo jetzt der zuführen, um neue Erkenntnisse dizinischen Ethik kritisienen die tausendste Patient an Aids gestor­ über die Ausbreitung des HIV -Vi­ Abkehr der Regierung Thatcher ben ist, wird die ZAhl der Virus-·, rus zu erlangen. In Zukunft wer­ von einer Politik der freiwilligen Träger auf rund SO.OOO geschätzt. den hundenausende Blutproben Aids-Tests. Die Regierung, so er­ Regierung und Aids-Expenen aus einer repräsentativen Aus­ kIäne lan Kennedy , Professor für versprechen sich von den neuen wahl aller KranIcenhäuser des Medizinisches Recht und Ethik Massentests Ausldlnfte darüber, Landes nach Entfernung der Spen­ am Londoner Kings College, habe wie weit die Epidemie bereits in deridentifikation auch auf den hier dem Druck der Versicl)e­ sogenannten Nicht-Risikogrup­ Aids-Virus hin getestet werden. rungsindustrie nachgegeben, die pen fongeschrittC?,n ist. Bisher, so Da zu wissenschaftlichen Zwek­ sämtlicheTeilnehrneranfreiwilli• ein Sprecher des Arzteverbandes, ken lediglich Geschlecht, Alter gen Aids-Tests mit erhöhten Prä• arbeiteten diejenigen, die für die und W ohnregion der SpenderIn­ mien bestrafen wollte. Gesund­ Aids-Bekämpfung wichtige Vor­ nen bekannt sein wird, ist eine Be­ heitsminister Kenneth Clark hat entscheidungen treffen müßten, nachrichtigung der festgestellten mit seiner Entscheidung solche "noch völlig im Dunkeln". Virus-Träger nicht möglich. Ob Patienten die Möglichkeit Die Tageszeitung, Berlin, eingeräumt werdensoll , ihre Blut­ 25 . 11. 1988 proben ausdrücldich von diesem Aids-Test auszunehmen, ist noch unldar. Während der britische Großbritanni en Ärzteverband die Einführung die­ ser unfreiwilligen, anonymen Klinikpatienten Massentests als "progressiven Schritt zur Bekämpfung von werden bald alle Aids" begrüßte, zweifelte ein auf AIDS getestet London (dpa). Die britisc he Reg ierung will mit anonymen Tests die Ve rbreitung der Im ­ munsc hwächc AIDS erfassen. Aids~ TeSts 'ohne Einwilligung Nach Anga ben der Regierun g LONDON, 24. 'November (dpa). Die bri­ so ll en a ll e Pati en ten. die in eine tische Regierung will mit anonymen Tests die Verbreitung der Jmmunschwä• Klini k einge liefe rt \\'erden. sowie che Aids erfassen. Laut Regierung vom all e Blutspend er auf den AIDS­ Donnerstag wird bei allen Patienten, die ErrL'ger hin getestet werden. in eine Klinik eingeliefert werden, sowie Die Pati enten we rde n ni cht bei Blutspendern künftig eine Blutprobe für eine Untersuchung auf den Aids,Erre­ übe r das Erge bni s dieses anony­ ger entnommen. men und unfre iwilli ge n Tes ts in ­ Damit soll ein Überblick gewonnen fo rmiert. Die Ankündigung der werden, ,wie verbreitet das Aids-Virus in ' anonymen AIDS-Tests wu rde Großbritannien ist Die Patienten werden nicht über das Ergebnis dieses anonymen von der Briti sc hen Ärzteverei ni ­ und unfreiwilligen Tests informiert. gun g begrüßt. .. Wir haben se it lange m darauf gedrä ngt'", sagte Frankfurter Ru ndschau, 25 . 11. 88 ei ne Sprec herin. Kritik wurde von Mensc henrec htsverbänden ge übt. Die Zahl der bekannten AIDS-Fäll e ist in Großbritanni­ en in den \'erga nge nen zwölf Monaten um 66 Prozent auf 1862 Krank e ges ti ege n. Är zte Zeitung , Neu- Isenburg , 28 .11.1988

53 a AI D S Infodienst ______Internationales

Studentenumfrage / Wie stehen die DDR-Jugendlichen zu AIDS? Kondome kaufen oft die Mädchen oder die Mütter B e r I i n (IWE). Die meisten einer anderen Untersuchung. ei­ samt sei AIDS fur junge Leute Jugendlichen in der DDR hilben nem sogenannten Assoziations­ "nicht das Thema Nummer keine oder nur geringe Angst vor test. sollte herausgefunden wer­ eins". der Immunschwächeerkrankung den, woran Jugendliche denken, Die Einstellung der DDR-Ju­ AIDS. \\!ie der Soziologe Profes­ wenn sie das Wort AIDS hören. gendlichen zum Kondom hat sor Dr. Kurt Starke jetzt in ei­ Angst stand hier nur an siebter sich nach Angaben Starkes nem Gespräch mit der Ost-Berli­ Stelle der Nennungen. ,.deutlich geändert". Der Kon­ ner .,Jungen Welt" mitgeteilt Die meisten .DDR-Jugendli­ dom verbrauch habe sich in den hat, gaben in einer schriftlichen ehen haben laut Starke ein gutes letzten zwei bis drei Jahren fast Befragung \'On Studenten nur Wissen über AIDS. Er bezeich­ verdoppelt und werde weiter acht Prozent große Angst an. nete es als sehr unwahrschein­ stejgen. Die Hälfte der Studenten Pro­ lich und in vielen Gebieten der Uberraschenderweise seien zent antwortete. daß sie keine DDR als ausgeschlossen, daß sie Mädchen aufgeschlossener als Angst vor Ansteckung habe. Mit sich mit HIV infizieren. Insge- Jungen, denen es peinlich sei, beim Kauf gewissermaßen das eigene Sexualleben zu offenba­ ren. Nicht selten kauften heute Mädchen, junge Frauen und auch "praktische Mütter" Kon­ dome. Interessant sei, daß beim genannten Assoziationstest jeder zweite Jugendliche im Zusam­ Neue AIDS-Richtlinien menhang mit AIDS an Kondo­ in der DDR in Kraft getreten me gedacht habe. Berlln (IWE). Eine neue AIDS-Richtlinie des Widersprüchlich sind die Ost-Berliner Gesundheitsministeriums ist am DDR-Angaben über die Häufig• 1. November in der DDR in Kraft getreten. Sie regelt die ärztliche Beratung und medizinische keit von AIDS im eigenen Land. Betreuung der HIV-Infizierten und enthält Starke 'nannte 54 HIV -Träger, Auflagen und Verhaltensvorschriften filr diesen Personenkreis. Der Richtlinie zufolge sind die "davon sechs Erkrankte, davon HIV-Inflzierten verpflichtet, die ihnen genannte drei Verstorbene". Vor kurzer AlDS-Konsultationseinrichtung bei auftreten­ Zeit hatte der Ost-Berliner Der­ den Krankheitssymptomen umgehend zu einer matologe Professor Niels Sön• Kontrolluntersuchung aufzusuchen sowie sich nichsen von sieben erkrankten "regelmäßig solchen Kontrolluntersuchungen zu DDR-Bürgern gesprochen. unterziehen. Außerdem müssen sie der zustän• digen Bezirks-Hygieneinspektion sowie der Im Dezem ber vergangenen Konsultationseinrichtung unverzüglich jeden Jahres hatte die DDR-Nachrich­ Wohnungswechsel mitteilen. Sie dürfen Ge­ tenagentur ADN von 70 AIDS­ schlechtsverkehr nur mit Kondom ausüben und Infizierten berichtet, davon sei­ müssen mit dem Risiko einer Verletzung en allerdings 45 Ausländer. Die verbundene Sexualpraktiken vermeiden. Sie Zahl der Infizierten oder Er­ dürfen kein Blut, kein Sperma und keine Organe spenden und müssen behandelnde krankten in der DDR wird seit­ Arzte und Zahnirzte auf ihre HIV-lnfektion dem verschwiegen. hinweisen. Är zte Zeitung, Neu-I senburg, Der Tagesspiegel, Ber1i n, 10.11.1988 11.11.1988

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HIV -Tests in der US-Armee US-Jugend hält sich nicht an SaferSex Die falsch-positive Washington (Reuter) - In den USA droht nach Angaben des Leiters des öffentlichen Rate kann deutlich Gesundheitsdienstes, Everett Koop, in fünf bis acht Jahre!! eine drastische Zu­ gesenkt werden nahme der Aids-Erkrankungen, weil die Was hin g ton (Je). Wer­ Jugend die Aufrufe zu sicheren Sexual­ den bei der HIV-Testung strenge praktiken nicht beachte. In einem Inter­ view der Nachrichtenagentur Reuter sagte Kautelen angelegt, kann die er, bis 1993 würden schätzungsweise Falsch-Positiven-Rate auf unter 365000 Amerikaner - jeder tausendste 1:100000 gesenkt werden. US-Bürger - mit der tödlichen Immun­ Dr. Donald S. Burke und Mit­ schwächekrankheit angesteckt sein. In arbeiter aus den US-Städten diesem Jahrhundert werde es wohl keinen Washington, Atlanta und Chica­ Impfstoff dagegen geben.' Alle anderen go hatten von 1985 bis 1987 Erwartungen seien reines Wunschdenken. 135187 Armee-Aspiranten im Er sei enttäuscht, daß sich die Jugend Alter von 17 und 18 Jahren in unberührt davon zeige, daß in großen Wer­ bekampagnen, in Fernsehshows und Lie­ einem Screening-Programm auf dern Safer Sex propagiert werde, sagte HIV untersucht (NEJM 319, Koop. Die Statistik weise aus, daß Syphil­ 1988,961). Diejungen Leute ka­ lis und Tripper 1987 unter den 14- bis men alle aus Gebieten mit nied­ 24jährigen die höchste Steigerungs rate riger HIV-Häufigkeit. Nur 15 seit 16 Jahren gehabt hätten. Das deute der Bewerber waren positiv. Le­ auf einen starken Anstieg auch der Aids­ diglich bei einem von ihnen lag Infektionen hin. ein falsch-positives Ergebnis vor. Kontrolliert wurde mit der Süddeutsche Zeitung, Mün chen, Radioimmunopräzipitations• 24.10.1988 methode und mit einem Immu­ noassay auf dem Boden eines molekular geklonten und expri­ mierten Virushüllenpolypeptids. Die Forscher betonen, daß jede Laborbestimmung in mehreren New York gibt Fixern NadelD Schritten mehrfach überprüft NEW ' YORK, 8. November (dpa). Die wird, daß strenge Kriterien für Gesundheitsbehörde von New York hat die Annahme einer Testpositivi­ am Montag damit begonnen, an 200 He­ tät angelegt werden, und daß im­ roinabhängige Injektionsnadeln zu ver­ teilen, um zu prüfen. ob sich auf diese mer eine Zweitbestimmung er­ Weise die Verbreitung von Aids eindäm• folgen muß. men läßt. Das gemeinsame Benutzen von Nadeln ist neben sexuellen Kontakten Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg, der Hauptübertragungsweg für die tödli-, 07.11.1988 che Immunschwächekrankheit. Laut Ge-' sundheitsdezernent Dr. Stephen C. Jo·: seph sind schon mehr als die Hälfte der rund 200 000 Heroinabhängigen in New York mit dem HI-Virus infiziert. Das zunächst auf ein halbes Jahr be­ schränkte Testprogramm ist der erste, Versuch in den USA, die zunehmende: Verbreitung der Immunschwächekrank• heit innerhalb der heterosexuellen Be­ völkerung durch Ausgabe von Injektions­ nadeln zu bremsen, Die 200 Testperso­ nen, die außerdem an einem Beratungs­ programm teilnehmen sollen, erhalten sterile Nadeln, wenn sie ihre gebrauchten abgeben. Frankfurter Rundschau, 09.11. 88

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Bisher sind rund 500 Menschen in Australien an AIDS gestorben Regierung will gesamte Bevölkerung zwangsweise auf HIV testen lassen Me Ibo u r n e (stw). Die au­ Infizierte ermittelt worden, von auf, ihre Krankheit ihrem Ar­ stralische Laborregierung er­ denen etwa die Hälfte inzwi­ beitgeber und ihren Kollegen zu wägt derzeit, die gesamte Bevöl• schen an AIDS gestorben ist. verheimlichen, um keine Unru­ kerung des Fünften Kontinents Die Gegner der Pflichttests he in den Betrieb zu bringen und auf das HI-Virus testen zu las­ führen an, daß diese von einem sich keiner Diskriminierung aus­ sen. Bei einer Bevölkerungzahl großen Teil der Bevölkerung als zusetzen. Diskriminierengen we­ von 16,3 Millionen werden die ein verläßliches Mittel gegen die gen AIDS hätten der Wirtschaft Kosten einer solchen Massenun­ Krankheit angesehen werden bereits einen Millionenschaden tersuchung auf umgerechnet könnten, so daß die Bürger da­ zugefügt. rund 300 Millionen DM veran­ nach nichts weiter für ihren Wer, so heißt es in der Emp­ schlagt. Schutz gegen eine Ansteckung fehlung weiter, mit dem Virus Auch ausländische Touristen tun würden. infiziert sei , solle an der Arbeits­ und Einwanderer werden sich Fast gleichzeitig mit der Be­ stätte genauso behandelt werden dem Plan zufolge aufHIV unter­ kanntgabe des AIDS-Positions­ wie jeder andere auch und dürfe suchen lassen müssen. Wer infi­ papiers der Regierung haben d~r wegen seiner Erkrankung nicht ziert ist, wird nicht einreisen Arbeitgeberverband und der Ge­ entlassen werden. AIDS-Kranke dürfen. Das Bundesparlament ·in werkschaftsbund auf einer ge­ sollten ihren Beruf bis zum Ein­ Canberra und die sechs Länder• meinsamen Sitzung beschlossen, tritt in die Endphase ihres Lei­ parlamente werden sich in die­ den Arbeitgebern nahezulegen, dens ausüben dürfen. Arbeitneh­ sem Monat mit dem Plan befas­ die von ihnen Beschäftigten mer, die sich diskriminiert füh• sen. Bisher war nur eine Ptlicht­ nicht auf HIV testen zu lassen len, können Einspruch bei der untersuchung auf TBC gesetzlich und die Infizierten nicht zu dis­ eigens für solche Fälle geschaffe­ vorgeschrieben. In Australien kriminieren. Weiter fordern sie nen Behörde für Chancengleich­ sind bislang mehr als 1000 HIV- die infizierten Arbeitnehmer heit erheben. Ärzte Zeitung , Neu- Isenburg, 4. /5 .11.1988

AIDS-Bekämpfung Kostenlos Heroin Australien erwägt für Süchtige Gratis-Heroingabe CANBERRA, 3. November (AP) . Irr Rahmen eines Experiments will die Melbourne (stw). In Australi­ australische Gesundheitsbehörde einige~ en erwägen die mit der AIDS­ ausgewählten Rauschgiftsüchtigen ko· stenlos Heroin zur Verfügung stellen, um Bekämpfung betrauten Medizi­ so der Ausbreitung des Aids-Virus entge· ner des Bundesgesundheitsmini­ genzuwirken. Wie die Behörde am Don· steriums die kostenlose Verab­ nerstag mitteilte. soll das Experiment An· reichung von Heroin an Drogen­ fang nächsten Jahres beginnen. Die Abgabe von Heroin in vorbereiteten süchtige. Sie wollen damit der Einwegspritzen soll als Grundlage für weiteren Verbreitung des HI-Vi­ eine Studie dienen, mit deren Hilfe dar­ rus vorbeugen. Bei den Injektio­ über entschieden werden soll, ob ein sol­ nen sollen Einweg-Spritzen ver­ ches Programm in größerem Rahmen der Verbreitung der Immunschwächekrank• wendet werden. Um das Vorha­ heit Einhalt gebieten kann. Ein Sprecher ben durchführen zu können, be­ .der Behörde SChätzte, daß im Großraum nötigt das Bundesministerium Sydney zwischen ein und drei Prozent die Zustimmung der australi­ der Heroinsüchtigen vom Aids-Virus be­ fallen sind. Insgesamt sind in AustraJien schen Landesregierungen. rund 1000 Aids-Fälle aktenkundig. Die Hälfte der Erkrank1en ist bereits· gestor­ Är zte Zeitun g, Neu - Isenburg , ben. 11. /12. 11. 1988 Frankfurter Rundschau, 3.11. 88

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U.s. New York Native , 28 .11.1988 Immigration Laws Unfair to Infected The first case Wheelock described was cannot obtaiIi work here because of her that ofPeter, a successful contemporary immigration', status. Soon she will be Immigration Swiss artist who fell in love with an forced to return to Trinidad'where treat­ Officials Given Power American girl while she was a student in ment for AIDS is rudimentary, Wheelock his country and married. Peter's wife, told the commissioners. to Discriminate Marie, eventually persuaded hirn to move Wheelock said the HIV regulation af­ to the U.S. and begin the process of fects all immigrant and fiancee visa ap­ by Jim Whelan naturalization. The couple assumed the plicants, all refugees, alilegalization or road to naturalization would be slow and "Amnesty" applicants and all applicants steady, however, when Peter presented for Permanent residency. Wheelock noted On August 28,1987, the Department of himselffor his immigration interview he that the same law endows the INS with Health and Human Services substituted was informed that the medical exam that discretionary power to grant a waiver to HIV infection for AIDS on the list of he had willingly submitted showed that an applicant who may fall short of the contagious diseases that render an alien he was HIV seropositive, that he could criterion for eligibility in any area, with inadmissible for immigration to the u.s. not gain citizenship and he would soon be exception of "dangerous and contagious under the Immigration and Nationality required to leave the country. diseases." . Act. In efTect this constitutes a form of The second case history Wheelock pre­ Wheelock further contended that the government sanctioned discrimination aented was that of Luis, an immigrant cases he described illustrate how the against those infected with a virus that from Colombia. Wheelock reported that policy ofTers no recognition of the pro­ hasn't been proved to be the cause of after finding out about the 1986 "Am­ bable fact that whatever antibodies are AIDS. Furthermore, since the official nesty" law, which allowed aliens with present in the alien, it is probably the Centers for Disease Control definition of constant residency since 1982 to apply result of events that occurred in the AIDS is no longer exclusively limited to for citizenship, Luis immediately Unites States. "We are the exporter of persons who test positive for HIV, this gathered the required documentation AIDS:' said Wheelock, "not the im­ action pi aces one branch of the govern­ and made application. After his initial porter:' ment at odds with another in determin­ interview Luis had all the requisite tesk Therefore, the INS discretionary power ing how such tests are to be interpreted. and examinations performed and dutiful­ endowed by waivers is discriminatory The New York City Commission on ly werit to see one of the doctors on the because it allows the immigration of­ Human Rights held two days of public list of designated physicians supplied to ficials to judge persons not infected with hearings to study the issue of discrimi­ hirn for the purpose of a medical HIV more deserving of citizenship than nation based on immigrant status and screening. those who have probably contracted the national origin on Tuesday 11/15 and Even with the presentation of these American brand ofHIV while pursuing Wednesday 11/16. Appearing before the materials an applicant may be denied a career in this country, reasoned panel of commissioners to discuss the legalization if medical qualifications are Wheelock. issue of HIV infection and its interre­ not met, noted Wheelock. In the course of In addition to this form of discrimi­ lationship with immigration status was a ten minute interview, the physician in­ nation in the law, another level already Dr. James Wheelock of the Gay Men's formed Luis that the results of his tests exists in the immigration laws toward Health Crisis, Ine. were "reactive" and that this is "horrible HIV infected people. Though the "Am­ Wheelock who has _worked at the news." While still in excellent health nesty" law of 1986 allows aliens who can GMHC for over three years told the Luis was barred from working in the u.s. prove constant residency within the U.S. commissioners that he has personally for more than six months after which he for at least 6 years to make citizenship counselled "literally hundreds of persons must go back to Bogota never to come to application, immigration laws already in for whom HIV sero-condition has become the U.S. again. efTect aHow an. alien to apply for citi­ a crucial factor in their post ure with The last case was that of Christa who zenship if heJshe can prove 16 years of regard to the Immigration and Natural­ came to the U.S. on a student visa from continuous residency. The INS does not ization Service (INS)." Giving a few case Trinidad. In the course offive years she require aliens who have lived in this examples, Wheelock illustrated how "the earned a masters degree and fell in love . country for that long to meet any medical ill conceived and discriminatively im­ with an American who later died of criteria at aH in their applications plemented policy on the part of the pneumonia. After her lover's death, f01: cit~eI\Ship, Wheelock told the com, Department·of Justice and INS" is used Christa learned that he had AIDS and missioners. • to discriminate against foreign nationals that she had developed ARC. She is who are HIV positive. presently deportable on two grounds and

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MEDIAWATCH

National Institute on Drug Abuse; the National In­ stitute of Allergy and Jnfectious Diseases; and the Food The Real Epidemie and Drug Administration. Science magazine recently reported on the increased Within these agencies, the process for awarding funding being allocated nationally for "AIDS" research grants has also been skewed by the amount of money ("No Longer Ignored, AIDS Funds Just Keep Growing;' available. Booth reports that the National Institute of by William Booth, November 11). Funding for "AIDS" Allergy and Infectious Diseases has different criteria for research in the next national budget will approach $1.3 awarding "AIDS" and "non-AIDS" grants; "AIDS" billion; the National Institutes for Health (NIH) will grants are awarded to proposals with approval ratings receive the "lion's share," $609 million. that have "significantly lower scores" than the "non­ "Slowly, and then with growing urgency, Congress AIDS" grants awarded~'AIDS " grants are not required and the Reagan Administration have come to commit to meet the same high standard of quality as "non­ enormous resources to a disease that in the Uni ted AIDS" grants. States largely affiicts homosexual men and drug ad­ Booth reports that Gallo and other investigators do dicts;' writes Booth. not think that research quality is "truly suffering." Comparing the surge in "AIDS" funding to that ofthe "When a field suddenly grows, this always happens," War on Cancer in the 1970s, Booth notes that it is oc­ Gallo told S cience. "There's some junk . . . . But it gets curring while funding for other biomedical research and filtered out." public health programs is "tight . .. limited to small in­ All ofwhich reinforces our notion that it's pretty easy creases designed to simply keep up with inflation." He to let $8 million rationalize away doubts about HIV, and does not question the validity of this decision. rationalize the suppression of scientists who question Two-thirds ofthe $1.3 billion will pay for research on "AIDS" dogma. the "AIDS virus and its impact on the immune system;' clinical trials for "AIDS" drugs and vaccines, and The Caged and epidemiologie studies. "The remaining third of the AIDS budget ($440 The Kinky million) will go toward information campaigns and We used to think the daytime soap The Young and the prevention projects, which will attempt to accomplish Restless should have been called, by the looks of its the very difficult job of altering people's sexual and characters, The Aging and the Alcoholic. Horne sick for drug-using behaviors," writes Booth, assuring us that the first time in months, we joined a million horny behavior modification continues to be a major goal of housewives to tune in and discover a whole new plot governmentalresearch. line: Ayoung husband has vanished, causing his wife, Ofthe $124 million assigned to the National Cancer who believes he has deserted her for another woman, to Institute, "$8 million goes to support AIDS research in have a miscarriage. In fact, we learn, he has been kid­ the laboratory headed by Robert Gallo." napped by his childhood sweetheart and first wife who, These figmes provide perhaps the best explanation for maddened with unrequjted love, holds hirn prisoner in the suppression ofresearchers like Dr. Peter Duesberg a large iron cage that fills up half her living room. No (a professor of molecular biology at the University of underclass loonies, these are obviously the petite California at Berkeley) who question that HIV causes bourgeoisie. The cage, like the rest ofthe living room, is "AIDS." . tastefully furnished in Country French and the hus­ "AIDS money is largely responsible for the band, in the episode we saw, was still wearing aleast a phenomenal resurrection of the Centers for Disease thousand dollars worth of Barney's best, although he Control (CDC), which during the AIDS epidemie has had lost his necktie and was beginning to smash up gone from an often ignored agency to one of the most some ofthe fine furnishings. This is from CB8, the same visible in the federal government;' notes Booth. network where controversy has raged for months Qve!' Other government agencies that have been "re­ whether a program condemning violence against homo­ surrected" by "AIDS" funding include the Alcohol, sexuals might be too risque for a broadcast audience. Drug Abuse, and Mental Health Administration; the

New York Native , 28.11.1988

58 A I D S Infodienst Internationales THE GAY PRESS

A survey ofthe 15-plus gay Ilewspapers that arrive at EIsewhere in the gay press, the most distressing the Native offices revealed that not ane o{them so much example ofjournalistic collaooration with a wronghead­ as mentioned the possibility that HIV may not be the ed establishment is an item wh ich appeared in several cause of"AIDS." Not one had an article about Chronic papers (we will refer to the November 11 Washington Fatigue Syndrome, a world-wide epidemie of immune Blade story here, "Group Announces Revised AIDS Info dysfunction; not one provided any information about Cards for Police") about "AIDS information cards" Human Herpes Virus-6, the putative cause ofChronic which are being issued to police. Fatigue Syndrome and an agent that has been im­ The Human Rights Resource Center, described as a plicated even by Robert Gallo as a "co-factor" in "AIDS!' "national clearinghouse for law enforcement agencies No one wrote about Sal Catapano's lifesaving typhoid and educational institutions;' is publishing pocket-sized vaccine therapy for "AIDS;' or about physicians like cards to be carried by police. These cards "identify the Stephen Caiazza who prolong life by treating "AIDS" as level of risk assoCIated with activities that are com­ if it were tertiary syphilis. No one questioned the monly required ofpolice officers and suggest simple pro­ legitimacy of AZT therapy. cedures to guard against infection." Sad to say, most ofthe gay press simply swallows the Kevin Berrill, director ofthe National Gay and Les­ meager and possibly fraudulent information released bian Task Force's Anti- violence Project, said he "hopes by government scientists about "AIDS" and its treat­ Gay community groups will encourage their local law ment. There are many reasons that the debate about enforcement agencies to distribute the cards and to HIV as a cause of "AIDS" has been suppressed by the adopt sensible AIDS policies." scientific community; looming largest is the $1.3 billion Unless police officers routinely engage in intimate in the federal budget for HIV research (see above). No sexual contact, or exchange bodily fluids, with the peo­ one likes to admit they have made amistake; but when pie they are arresting, this seems at best an exercise in the price for not correcting an error is lives lost futility. We should be more concerned about the unnecessarily, shouldn't a few voices be raised in policeman who might catch a cold from a detainee. But protest? . who's worried about rhinov iruses, anyway? C'mon, folks, exercise a little critical thinking here. Bay Windows (November 10) had a heartening story Try a little investigative journalism. Your life may de­ by Deli Richards (" Never Will Gay Student be Forced pend upon it. Out Again") about Fairfax High School in Los Angeles. • Five years ago, a bright gay student dropped out of A late-breaking exception to the above diatribe: the school recause of the harrassment he received from Advocate (November 21) has a news story in the other students. A 54-year-old teacher, Virginia Uribe, . Helquist Report, "HIV Infection May Not Lead to was so upset by this that she started "Project 10;' AIDS." a program aimed at eliminating discrimination against The story reports that Dr. Luc Montagnier (co­ gay and lesbian students. discoverer of HIV) and Dr. Max Essex of Harvard Uribe counsels gay and lesbian students, and provides University "objected to the recent CDC projections that training to other teachers so that they learn to deal with 99 percent ofthe people infected with HIV would even­ adolescent homosexuality in a non-judgmental way. tually die of AIDS!' Uribe hopes to see programs such as Project 10 spread Montagnier said that by avoiding "co-factors" across the nation, and is currently developing national (unspecified) and using "a combinat;u!1 ur antivirals and educational materials. The National Education Associ­ immunosümulants" persons with HIV infections can ation supports the idea that co unseling on sexual avoid dying from "AIDS." Essex said that "as many as orientation should exist in every high school in thc five percent" ofpeople infected with HIV may have a country. natural resistance, thereby lowering the CDC estimate The Washington Blade also had a dopey front-page ar­ by a whopping four percent. . ticle entitled, "Activists Hope Bush will be better on The Advocate did not refer to Essex's personal finan­ AIDS than Reagan" (by Lou Chibbaro, Jr., November cial investment in HIV. He has a financial interest in In HIV not only in terms of federal research grants, but Oh, right. George Bush, whom analysts like Garry also as a partner (with William Hazeltine) in founding Wills in Time (November 21 )say "embraced" the cause Cambridge BioScience, a biotechnology company dedi­ offundamentalist Pat Robertson, is going to make life cated to HIV research. As of April, 1988, Essex's stock easier for gay communities everywhere. And Dan in Cambridge BioScience was worth $2 million ("The Quayle, whose in-Iaws are devotees offundamentalist AIDS Windfall;' by Barry Werth, in the June 1988 New evangelist Co!. Thieme-these two men under the in­ England Monthly). fluence ofthe religious right are going to make things better for people with "AIDS?" • For anyone who didn't notice, the Israeli government was recently overtaken by the religious right wing in an Fo rtsetzun g : New York Native , election. It could happen here. • 28 .11.1988

59 A I D S Infodienst Internationales

Der Kampf des Iren Norris für Homosexuelle

entsprechende Gesetze geändert wor­ Mut hat er, der Mann - und Ausdau­ den - auf Geheiß des Straßburger Eu­ er: Sonst hätte er nicht 14 Jahre lang ropäischen Gerichtshofs für Menschen­ einen Kampf gekämpft, den viele seiner rechte und einer heftigen protestanti­ Freunde scheuten und die meisten für schen 'Kampagne des Pastors Ian Pais­ aussichtslos hielten. Nun hat er seinen ley (. Rettet Ulster vor der Sodomie") Kampf, zu guter Letzt, gewonnen. Er zum Trotz. Mit ein bißchen Hilfe aus hat, mit Rückendeckung des Europä• Straßburg, meinte Senator Norris da­ ischen Gerichtshofs für Menschenrech­ mals, müsse sich auch im Süden der In­ te, seinem Land unerwartet eine Re­ sel etwas machen lassen: Und das euro­ form beschert. Eine elementare Reform zudem: In der Repuhlik Irland. in der päische Gericht gab ihm Recht. Mit bis zum heutigen Tag Ehescheidung einer Acht-zu-Sechs-Mehrheit verfügte verboten und Abtreibung verfassungs­ Straßburg jetzt, die betreffenden Geset­ widrig ist, soll künftig zumindest Homo­ ze der Republik Irland schränkten ele­ sexualität (unter Erwachsenen) nicht mentare Menschen- und Bürgerrechte mehr strafbar sein. unzulässig ein und seien umgehend zu David Norris, Englisch-Dozent am ändern. Freute sich Norris: "Das kommt Trinity College Dublin, James-Joy­ nicht.nur der Würde und der Freiheit ce-Experte, Architektur-Enthusiast, der Homosexuellen in Irland zugute, Bürgerrechtler und Mitglied des iri­ sondern der Würde und der Freiheit schen Senats, hat in der Tat Erstaunli­ aller Iren - weil es uns eine tolerantere ches zuwege gebracht. In einer Gesell­ und pluralistischere Gesellschaft be­ schaft, deren moralische Normen bis scheren wird." heute von einer extrem konservativen Bestürzt über das Urteil zeigte sich, Katholischen Kirche bestimmt werden, wie zu erwarten stand, die irische Sit­ und deren Gesetzen zufolge gleichge­ ten-Lobby, die in den vergangenen Jah­ schlechtlicher Verkehr mit langjähriger ren erfolgreich Liberalisierung auf an­ Haft bestraft werden kann, hat Norris deren Gebieten, wie beim Abtreibungs­ sich nicht nur stets zu den eigenen Nei­ und Scheidungsrecht, blockiert hatte. gungen bekannt, sondern über lange Mitten in der gegenwärtigen Aids-Epi­ Zeit hin geduldig die öffentliche Mei­ demie, klagte etwa der einflußreiche nung zu beeinflussen gesucht. Auch die­ Verband "Familien-Solidarität", werde jenigen seiner Landsleute, denen er jede "Maßnahme zur Ausbreitung der und sein Anliegen nicht recht geheuer Homosexualität" schwel'W1egende Fol­ waren, konnten ihm ihren Respekt gen haben. Die irische Re.git;rung, die nicht versagen: Seine freimütige, bered­ sich nicht gern demonstrativ m Gegen­ te, witzige Art und sein unermüdliches satz zur Kirche bringt, das Straßburger Eintreten für Bürgerrechte und größere Urteil aber auch nicht ignorieren kann, Liberalität machten ihn in ganz Irland ging erst einmal auf Tauchstation. Die zu einer prominenten Figur. Rechtslage nach dem Urteil des "über• aus bedeutenden Gerichtshofs", erklärte In seiner zentralen Kampagne, gegen Außenminister Brian Lenihan, werde die antiquiert-viktorianischen. über 120 nun "mit aller Sorgfalt gepriift". Jahre alten Schwulen-Gesetze seines PETER NONNENMACHER (London) Landes, blieb dem Dubliner Senator an­ fangs allerdings jeglicher Erfolg ver­ sagt, Weder die Parlamentarier noch die Richter der irischen Republik ver­ Frankfurter Rundschau, 29.11.88 mochte Norris für eine neue Haltung, für einen Bruch mit den alten Wertvor­ stellungen zu gewinnen. Im Jahr 1983 lehnte Irlands Oberster Gerichtshof, mit drei zu zwei Stimmen, Norris' Be­ gehren ab, das Homosexuellen-Gesetz für verfassungswidrig zu erklären . • Homosexualität", verkündeten die iri­ schen Richter in ihrem Urteil, "ist von der christlichen Lehre schon immer als moralisch falsch verurteilt worden. Auch von der Gesellschaft ist sie über viele Jahrhunderte hinweg als Verstoß gegen die Natur und als äußerst ernstes Vergehen betrachtet worden." Zum Zeitpunkt dieses Spruchs waren im (britisch regierten) Nordirland just

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Är zte Zeitung, Neu-Isenburg, Empfehlung von WHO-Experten 11. + 12.11. 1988 AIDS-Vorsorge braucht Hilfe von Prostituierten Gen f (rmb). über Möglich• hörden geeignet: Sie hätten mehr keiten, AIDS und andere Ge­ Kontakte. würden die Probleme schlechtskrankheiten im Prosti­ besser kennen und könnten die tuiertenmilieu einzudämmen, notwendigen Informationen an­ diskutierte kürzlich in Genf eine schaulicher an den Mann oder internation'ale Gruppe von So­ die Frau weitergeben, ziologen und Medizinern. Denn nach wie vor gelte, daß Die Experten der WeItgesund­ der sicherste Schutz gegen AIDS heitsorganisation (WHO) be­ und andere Geschlechtskrank­ richteten. daß Er.ce Oktober heiten der grundsätzlicne Ge­ weltweit 124 114 Fälle gemeldet brauch von Kondomen und gewesen seien. Sie erklärten, ein eventuell Spermiziden sei. Und Verbot der Prostitution sei da liegt nach Angaben der ebenso sinnlos wie die in einigen Kommssion noch sehr viel im Ländern eingeführten Zwangs­ Ar~en: Anhänger des Islams ver­ test für diese Risikogruppen, weigern aus religiösen Gründen Dieses Yerbot dränge Prostitu­ das Präservativ, Prostituierte ierte nur in den für Aufklärungs• verzichten bei ihrem Freund kampagnen schwer zugänglichen darauf. um den Gegensatz zwi­ Untergrund, Der auf einer Karte schen Berufund Liebe hervorzu­ bestätigte negative HIY -Test heben, oder aus echtem oder könne außerdem Prostituierte vermeintlichen Konkurrenz­ und Kunden in trügerischer Si­ druck und finanziellen Gründen, cherheit wiegen, Auch bei intelligenten Männern Empfehlenswert ist nach Auf­ seien die Argumente gegen das fassung der Wissenschaftler. mit Tragen eines Kondoms oft frei den Prostituierten beiderlei Ge­ von jeder Rationalität. schlechts .. offen. ehrlich. re­ Wie Dr. Jan H. Yisser vom spektvoll und eng zusamrnenzu­ holländischen Gesundheitsmi­ arbeiten," Erfahrene Prostituier­ nisterium erklärte. ist eine Än­ te seien hervorragend als Helfer derung dieses risikoreichen Yer­ und Berater der Gesundheitsbe- haltens ohne die Mitarbeit der Prostituierten kaum möglich. Forderungen der Kirche finden immer mehr Gehör

AIDS läßt die D'änen wieder ~ 00 I-< ;::l ..0 an eheliche Treue glauben c: Q) Kopenhagen(AFP~D~ sich die Ablehnung von Seiten­ (fJ Angst vor AIDS hat auch die sprüngen seit 1987 radikal ver­ H, ;::l Einstellung vieler Dänen zur stärkt. Dies hänge mit der Ver­ Q) ehelichen Treue entscheidend breitung der Immunschwäche• z verändert. krankheit zusammen. ~ 00 Während 1985 nur 46 Prozent AIDS habe das Verhalten der c: ;::l der Befragten eheliche Untreue Dänen pnz entscheidend verän• +-JOO '.-i 00 als Grund für eine Scheidung be­ dert, die sich, mittlerweile den Q)O' trachteten, waren es nach einer Forderungen der Kirche angenä• N..-i in der Tageszeitung ,.Berlingse hert hätten, die nicht in Kondo­ Q)..-i +-J ..-i Tidende" veröffentlichten Gal­ men, sondern in einem treuen N • 1-<0 lup-Umfrage~bereits 61 Prozent. Eheleben den besten Schutz vor :<..-i Nach Angaben von Gallup hat Ansteckung sieht.

61 A I D S Infodienst Internationales Aids-Rekord erschreckt die Franzosen PETER RUGE, Paris Die Welt, Hamburg, 14.11.1988 Die Zahl der Aids-Toten in Frank­ EG-Norm fÜr Kondome reich wird. sich nächstes Jahr sprung­ haft verdoppeln: 12 000 Sterbefälle AP, Straßburg werden erwartet. Die Prognose hat Einen einheitlichen Standard rur ein monatelanges Schweigen um die­ europäische Kondome hat der bri­ se tödliche Krankheit durchbrochen. tische Europaabgeordnete Glyn Ford Frankreich zeigt sich aufgeschreckt. verlangt. "Die Europäische Kommis­ sion hat die Pflicht, klare Regeln auf­ Nach einer vom Pariser Gesund­ zustellen, indem sie Mindestanforde­ heitsministerium vorgelegten Stati­ rungen festlegt", sagte er am Diens­ stik wird eine Entwicklung deutlich, tag in Straßburg. Eine Untersuchung die verschiedene Experten bereits der französischen Verbraucherbera­ von einer "Epidemie" sprechen las­ tung habe ergeben, daß von 41 Prä• sen. 1981 wurden 21 Aids-Tote ge­ servativmarken nur sechs sicher ge­ zählt, 1988 waren es bereits 6000 Tote. wesen seien. Von jetzt an wird sich diese Zahl in Frankreich alle elf Monate ver­ doppeln. In einigen Regionen wie im Die Welt, Hamburg, 17.11.1988 Pariser Ballungsraum sowie an der COte d' Azur sogar alle sechs Monate. Viele ,,Normalbürger" Von der Weltgesundheitsorganisa­ tion (WHO) wird den Franzosen be­ scheinigt, daß die Aids-Ausbreitung bei ihnen den höchsten prozentualen Zuwachs in Europa hat. Zuriickge­ Arzt wegen des Todes einer führt wird das auf zwei Umstände: Drogensüchtigen verurteilt Das Sexualverhalten habe sich nicht STRASS BURG. 9. November (dpa). geändert, die meisten Franzosen wür• Wegen des Todes ' einer drogensüchtigen den Vorkehrungen abJehnen. Prostituierten. die eine Überdosis schmerz­ Die Regierung Rocard hat daher stillender Medikamente' eingenommen hat­ verkünden lassen, daß sie mehr für te. ist ein 63 Jahre alter Mediziner in die Aufklärung in der Öffentlichkeit Straßburg zu einem Jahr Haft mit Bewäh• tun will, aber auch der Zugang zu den Verhütungsmitteln soll erleichtert rung und einjährigem Berufsverbot verur­ werden. Denn die Zahl der Aids-Trä• teilt worden. Nach Angaben des Gerichts ger in Frankreich wird inzwischen vom Mittwoch. hatte der praktische Arzt auf 150 000 bis 300 ~ Personen ge­ aus Eckbolsheim zwischen März und schätzt. Was aber die Arzteschaft alar­ September 1986 der 33 Jahre alten Frau riert: Etwa zehn Prozent der Kran­ "aus Mitleid" insgesamt 868 Ampullen des ken sind "Normalbürger". rezeptpflichtigen Mittels verschrieben, um Große Namen unter den französi• sie von ihrer Heroinsucht abzubringen. schen Ärzten, wie der Krebsforscher Die Anklage lautete auf fahrlässige Tö­ Prof. Schwartzenberg, fordern daher tung' und Verletzung des Betäubungsmit- die "generelle ' Zwangsuntersu­ telgesetzes. . . chung" , um dieser Epidemie Herr zu werden. Claude EviIi, der Gesund­ heitsminister, bleibt aber dabei: Der Frankfurter Allgemeine Ztg . staatliche Gesundheitsdienst bietet 10 .11.1988 die "freiwillige und aponyme" Unter­ suchung an. 113 Zentren sind in Frankreich gebildet worden. Diese Vorsorge- und Therapiestätten sollen rasch erweitert werden. Ziel ist es vorerst, die Schwangeren und die zum Militärdienst Einberufenen zum kostenlosen Test zu überreden. Auf eine obligatorische und systema­ tische Erfassung von Aids-Kranken soll jedoch weiter verzichtet werden.

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Ärzte Zeitung , Neu- Isenburg , SPD ruft zum Widerstand Gesundheitsminister 21.11.1988 gegen die Gesundheitsreform BONN, 17 . Oktober (dpa). Der SPD-Vor­ AIDS-Prä,rention stand hat die Reform im Gesundheitswe­ sen in der von der Bundesregierung ge­ soll primär durch planten Form am Montag in Bonn ent­ scl"\ieden abgelehnt und alle Parteimit­ glieder aufgerufen, die Öffentlichkeit Aufklärung erfolgen gegen diesen "Generalangriff" auf das Be r li n (eb). Die Deutsche Krankenversicherungssystem zu mobili­ AIDS-Hilfe hat den Entschluß Auch die Absage der Gesund­ sieren. Milliardenbeträge würden in die heitsminister an die Testung von falsche Richtung umverteilt, rügen die der Gesundheitsministerkonfe­ Sozialdemokraten. Die vorgesehene Ko­ renz begrüßt. wonach breitgefa­ Beamtenanwärtern, Ausländern stenverlagerung zu Lasten der Patienten cherte Aufklärung als Mittel der und die besondere Regelung für sei "nichts anderes als ein kaltschnäuzi­ AIDS-Präwntion Vorrang ha­ die Anwendung des Bundesseu­ ger Versuch, die Öffentlichkeit hinters chengesetzes ließen nach An­ Licht zu führen". ben soll. Der Entschluß fiel ge­ Die Bundesregierung, die CDU/CSU gen die Stimme Bayerns. sicht der Deutschen AIDS-Hilfe und die FDP hätten "endgültig jeden Besonders erfreut sei die die HolTnung zu, daß nun ein Sinn für die soziale Wirklichkeit in unse­ AIDS-Hilfe auch darüber, daß .,Prozeß der Enthysterisierung" rem Lande verloren", so der SPD-Vor­ die Gesundheitsminister sich ge­ eingeleitet werde. stand. Wenn sich die Koalition mit ihren gen die bayerische "AIDS­ Trotzdem fordert die Deut­ Absichten durchsetze, bleibe das Solidar­ sche AIDS-Hilfe weiterhin, den prinzip auf der Strecke. Der Grundsatz, Zwangpolitik" ausgesprochen daß die Gesunden für die Kranken ein­ hätten. Denn diese Zwangspoli­ HIV -Antikörpertest nicht als treten, werde dann hi~fä)) i g . Die vorgese­ tik. so heißt es einer Mitteilung ~ittel der Ab- und Au~grenzung henen Härte- und Überforderungsklau• der Deutschen AIDS-Hilfe, for­ emzusetzen. sondern dIe Aufklä• seln seien ein sicheres Indiz dafür, daß rung und die Befahigung zu ei­ das Gesetz soziale Härten produzieren dere keineswegs die Befähigung und Menschen überfordern werde. Be­ des einzelnen zu eigenverant­ genverantwortlichem Handeln sonders schlimme Beispiele seien die ge­ wortlichem Handeln. Sie verhin­ vor staatliche und juristische planten Regelungen beim Zahnersatz EingriITspraktiken zu setzen. und bei der Kieferorthopädie. Die Patien­ dere diese vielmehr. ten müssen hier die Arztrechnungen zu­ nächst selbst bezahlen und erhalten nur einen Teil von den Krankenkassen zu­ Frankfurter Rundschau, 18 . 10 . 88 rück.

Ärztliche Zeitung , Neu - Isenburg , 31.10. 1988 Strukturreform und Datenschutz / Deutsche AIDS-Hilfe: GRG beeinträchtigt Aufldärungsarbeit Bon n (rv/ b). Der Vorstand kassen zur SchalTung des jeder­ Die geschilderten Maßnah• der Deutschen AIDS-Hilfe ap­ zeit per Computer überprüfba• men sind für die Deutsche pellierte jetzt an den Bundestag, ren "gläsernen Menschen". AIDS-Hilfe ein Verstoß gegen d,as Gesundheits-Reformgesetz Kritik übt Runzel auch an der das Grundgesetz. Das in Artikel (GRG) in seiner jetzigen Fas­ geplanten Aufzeichnung verord­ zwei verankerte Persönlichkeits• sung nicht zu verabschieden. In neter Leistungen. Die Erfassung recht und das Recht auf infor­ einem Schreiben an alle Abge­ von Diagnose, Therapie und mationelle Selbstbestimmung ordneten führte Professor Dieter Verordnungen ergebe ein lük• werde in unzulässiger Weise Runze, Chef der Organisation, kenloses Krankheitsprofil. In mißachtet. Nach Angaben von vor allem datenschutzrechtliche der Einführung eines bundesein­ Runzel haben bereits viele Bedenken ins Feld. heitIichen Arzneimittelkennzei­ AIDS-Patienten gegenüber den Alle GRG-Bestimmungen chens sowie der Verpflichtung Selbsthilfegruppen ihre Besorg­ über die umfassende Sammlung des Apothekers, dieses auf das nis über diese Entwicklung geäu• und Speicherung persönlicher Rezeptblatt zu übertragen, sieht ßert. Sie fürchten, daß die Einlei­ Daten haben nach Meinung der der Professor ein weiteres Indiz tung von Zwang und Verfol­ AIDS-Hilfe "katastrophale Aus­ für Verstöße gegen den Daten­ gungsmaßnahmen demnächst wirkungen" für die Aufklärungs• schutz. Seine Begründung: "Per jederzeit möglich sei. Deshalb und Präventionsarbeit der Knopfdruck kann jederzeit fest­ müsse das Gesetz mit allen zur Selbsthilfegruppen zur Folge. gestellt werden, wer welches Me­ Verfügung stehenden Mitteln Das GRG zwinge die Kranken- dikament erhält." bekämpft werden.

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Experten auch darin, daß Gesund­ heitserziehung fächerübergreifend stattfinden sollte, anstatt in die Biolo­ giestunde und eventuell noch den Aids leistet der Sportunterricht verbannt zu werden. Die Frage, ob Gesundheitserzie­ hung Aufgabe der Lehrer oder der Ärzte ist, stellt sich für den VBE und Gesundheitserziehung plädieren den NAV erst gar nicht. Sie für Kooperation. Dabei sei der Arzt Experte für biomedizinisc~ Xr~en Schützenhilfe und der Lehrer Fachmann für päd• und didaktisch-methodi­ ehr als 50 Prozent aller den ortansässigen Ärzten aufbauen agogische . Grundschüler leiden an Hal­ mit dem Ziel, basisnahe "Keimzel­ sche Fragen allerdings tungsschwäche; jedes sech­ len" der Gesundheitserziehung zu Mangelhaft ist derzeit M dieses praxis nahen die Ausbildung in Gesundheits­ Kind hat Übergewicht; Bluthoch­ schaffen. Trotz noch ste der Pädagogik- als ist bereits bei Kindern immer Ansatzes sind sich die Verbände erziehung sowohl im druck . Das Fach Schlagzeilen wie diese zei­ gesundheits- und bildungspoliti­ auch im Medizinstudium häufiger' wird man in daß eine durch falsche Ernäh• schen Dimension ihrer Aktion be­ Gesundheitserziehung gen, - vergeb­ rung und fehlende Bewegung ge­ wußt. Denn Gesundheitserziehung den meisten Studienplänen Vorsorge­ einer Umfrage un­ kennzeichnete Lebensweise schon im die wichtigste Säule in der lich suchen - nach fast 40 Prozent Kindesalter schwere, manchmal so­ medizin - soll in der Bundesrepublik ter Lehrern haben Konse­ nie etwas gar irreversible Gesundheitsschäden kein Fremdwort mehr sein. " während ihres Studiums Erziehung Es gibt einige, wenige hervorrufen kann. quent dort angewandt, wo davon gehört. , im zum Beispiel an der Wie jedes menschliche Verhalten stattfmdet, also in der Familie Ausnahmen, wie soll wird auch das Gesundheitsverhalten Kindergarten und in der Schule, Universität Mainz. den durch Lernprozesse geprägt, die in sie den Grundstock dafür liefern, Hier gibt es im Fachbereich Sport mit ihren frühester Kindheit einsetzen. Die Zivilisationskrankheiten eine Abteilung für Sportmedizin und sollte nach Ansicht von nicht mehr bezahlbaren Folgekosten Gesundheitserziehung. Das Fach Ge­ Vorbeugung Dr. Er­ Experten deshalb so früh wie mög• Herr zu werden", erklärt dazu sundheitserziehung erfreue sich bei lich erfolgen, da bereits in der Kind­ win Hirschmann, Bundesvorsitzen­ den Studenten wachsender Beliebt­ heit gesundheitsschädigende Verhal­ derdesNAV. heit; trotzdem habe es innerhalb der tensweisen eingeübt werden, die spä• Denn, daß die Schäden auch schon Universität einen schweren Stand, Pro­ ter nur noch sehr schwer korrigiert bei Kindern auftreten können, wird sagte der Leiter der Abteilung, werden können. durch eine Studie der Weltgesund­ fessor Klaus Jung, in einem Gespräch Bereits seit einigen Jahren versu­ heitsorganisation belegt: Bei einer mit der WELT. chen zahlreiche Experten, diese Er­ Untersuchung von mehr als 18000 Damit dieses Thema in der Schule kenntnis in die Praxis umzusetzen. Obduktionsfällen wurden bei zehn aber kein Zufallsprodukt bleibt, mehr Es gibt eine beeindruckende Vielfalt Prozent der zehn- bis fünfzehnjähri• oder weniger abhängig von den Nei­ von Initiativen und Institutionen, die gen arteriosklerotische Gefäßverän• gungen der. Lehrer und dem Engage­ sich für eine Gesundheitserziehung derungen gefunden. Heute weiß man, ment der Arzte, ist eine qualifizierte in Schule und Kindergarten einset­ daß die Risikofaktoren für Herz­ Ausbildung notwendig. Um die hoch­ zen. Doch waren viele der bisherigen Kreislauf-Erkrankungen wie Überge• gesteckten Ziele zu erreichen, müs• Maßnahmen gemessen an ihrem Auf­ wicht, Bluthochdruck, erhöhte Blut­ sen lerntheoretische Ansätze entwik­ wand wenig effektiv. fette, Alkohol- und Nikotinabusus be­ kelt werden, die ein praktikables Dieser Ansicht sind zumindest Ver­ reits im frühen Kindesalter bestehen Konzept dafür liefern, wie in der treter des Verbandes für Bildung und können. Schule zu Gesundheit erzogen wer­ Erzieher (VBE) und des Verbandes Sonst besteht die Gefahr, Aus diesen Gründen sind die ~he­ den kann. der ruedergelassenen Ärzte Deutsch­ daß dieses Thema zu einem mehr matischen Schwerpunkte der AktIon lands (NAV). Um diese Lücke zu oder weniger "trockenen" Unter­ schließen und mit der Überzeugung, • Ernährung richtsfach verkommt, dessen Inhalte daß besonders den Lehrern und Ärz­ • Bewegung die Schüler bereits in der Pause beim ten große Verantwortung hierbei zu­ • Umweltb~wußtsein Genuß von Cola und Milchschnitte kommt, schlossen sich die beiden • Psyche . möglichst schrell vergessen. Verbände im Januar 1985 zu der Inzwischen ist jedoch el!l neu~s nicht kommt, ist Die Damit es dazu Aktion Schule und Gesundheit - Thema dazugekommen: Aids. von Professor Jung hat der nach den Worten Arzte und Lehrer für Prävention" zu­ lmrnunschwächeerkrankung ganz besonders wichtig: " Es in der Schule eines sammen. Gesundheitserziehung kommt darauf an, bereits Kindern zu Aktualität verholfen. In zunächst drei Bundesländern - zu unverhoffter vermitteln, daß ein gesundes Leben Nordrhein-Westfalen, Bayern und Am Beispiel dieser lnfektion~kran~­ ganz einfach mehr Spaß macht. " Verbin­ deutlich, wie wichtI.g Pr~­ dem Saarland will die Aktion heit wird ANNETTE PORCHER-SPARK dungen zwischen Schulkollegien und vention sein kann. Einig sind sich die Die We lt, Hambu rg , 1 5.11.1988

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Bei der AIDS-Aufklärung bevorzugen De r Tages s piegel , Be rli n, Schüler Fachleute von außerhalb 30 .10 .1988 Zwischenbericht der Begleitforschung zum Schoolworker-Projekt erschienen Ein erster Zwischenbericht der Begleitfor­ werden möchten, rund 36 Prozent erklärten, daß schung zum AIDS-Aufklärungs programm an sie Fachleute von außerhalb der Schule bevor­ Schulen ist jetzt erschienen. Wie berichtet, zugen würden. Am besten fänden die Schüler hatten im Juni 1987 zunächst 67 sogenannte laut Umfrageergebnis eine Zusammenarbeit von Sch60lworker mit Informationsveranstaltungen Lehrern und Fachleuten von außerhalb. Diese über AIDS an Schulen begonnen. Der Fach­ Lösung halten mehr als 41 Prozent für wün• bereich Erziehungs- und Gesundheitswissen­ schenswert. schaften der FU befragte 1178 Schüler der Sozialsenator Fink wertete dieses Ergebnis Klassen 9 bis 11 über ihr Wissen zum Thema als Bestätigung für das Schoolworker-Konzept. AIDS. Danach gaben 30 Prozent der Schüler Die Tätigkeit der arbeitslosen Le~er und Ärzte, an, Angst vor der Krankheit zu haben. Infor­ die als ABM-Kräfte an dem Programm teilnah­ mationslücken zeigten vor allem jüngere und men, war zunächst auf ein Jahr begrenzt. Im ausländische, besonders türkische Schüler. April dieses Jahres war dann die Entscheidung 35 Prozent der befragten Schüler nannten die gefallen, die Aufklärungskampagne an Schulen Lehrer als wichtigste Informationsquelle, für weitere drei Jahre fortzusetzen, allerdings 19 Prozent erwähnten in diesem Zusammen­ mit weniger Personal. Der Senat finanzierte hang die Mütter und 12 Prozent gaben Freunde 20 Stellen aus Haushaltsmitteln. Insgesamt an. Besonders vertrauenswürdig erschien den sollten sich die Kosten für die Weiterführung Schülern die Information durch Lehrer des Projekts bis 1991 auf 5,25 Millionen DM (14 Prozent), auch bei dieser Frage standen die belaufen. Mütter an zweiter Stelle (13 ~ozent) und Nachdem zunächst nur die Klassen 9 bis 11 Fernsehen und Freunde kamen an dritter Stelle besucht worden waren, wurde das Programm Qeweils 12 Prozent). inzwischen erweitert, damit auch Schüler der Das persönliche Gespräch wird bei der Klassen 7 bis 13 über AIDS informiert werden Aufklärung über AIDS offensichtlich bevorzugt. können. Außerdem besuchen die Schoolworker Allerdings gaben nur 9 Prozent der Schüler an, auch Kindertagesstätten und Jugendfreizeitein­ d~ sie von ihren Lehrern über AIDS aufgeklärt richtungen. Bi

Die Verunsicherung drücke sich auch in Siidde utsche Ze itung, Mün chen, Aids macht Jugendliche der Bereitschaft aus, vor dem ersten Ge­ vorsichtiger schlechtsverkehr mit einem neuen Part­ 17 .11.1988 Berlin (Reuter) - Die BedrojlUng durch die ner über Aids zu sprechen. Knapp 40 Immunschwächekrankheit Aids hat die Prozent der sexuell aktiven Schüler hätten Einstellung der Jugendlichen zur Sexuali-' angegeben, sie würden .. bestimmt" über . tät verändert. Zu diesem Ergebnis kommt die Immunschwächekrankheit sprechen. eine Studie von zwei Wissenschaftlern der 80 Prozent der Jungen und Mädchen seien Freien Universität Berlin. Die Befragung zudem bereit, auf Wunsch des Partners von 400 Schülern habe ergeben; daß die 15- einen Aids-Test vornehmEm zu lassen. Ein bis 18jährigen über die Krankheit lind die 'holter Anteil der Befragten habe. allgege­ Ansteckungswege gut informiert seien. 77 ben, ein Kondom benutzt zu haben. Sechs Prozent der Jugendlichen mit s'exuellen Prozent benutzten Kondome ausschließ• Erfahrungen hätten angegeben, vorsichti­ lich, um sich vor einer Infektion mit dem ger geworden zu sein. Aid:;-Virus zu schützen.

Ärzte Zeitung, Neu-Ise nburg, 08.'11.1988 Berlin / Studie zum Aufklärungsstand der Schüler zum Thema AIDS Die' Jugendlichen sind inzwischen gut informiert 8 er li n (HML). AIDS hat J ugendfiehen zeigten sich durch Nach der Befragung neigt of­ Wunsch des ncuen Partners nach die Einstellung von .1 ugendli­ die Bank sehr gut informiert und fenbar nur eine kleine Minder­ einem HIV-Test würden abcr 80 ehen :tur Sexualität verändert. wußtcn über die Hauptinfek­ heit wr Promiskuität. Etwa die I'rozen I der Befragtcn nachgc­ Zu diesem Ergebnis kommen tionswege Bescheid", zieht Pro­ Hälfte der über 16jährigcn hattc ben. Die "Gauweiler-Linie" hai drei Wissensl'haftler des Fach­ fessor Dr. Hans Oswald Bilan:t. Geschlechtsverkehr mil bi s 7U an der Spree ollen bar keine hereiches Er:tiehungs- und Un­ Naeh der Auswertung werden zwei Partnern. 77 Prozenl dieser Chance. Denn die Mehrheit der terrichtswissenschaften der Frei­ aber Kondome nur von sechs Gruppe wollte :twar in Zukunft Jugendlichen lehnt Zwangsmaß• en Universität (FU) Berlin in ei­ Prozent der Jugendlichen allein Vorsicht walten lasscn, aber nur nahmcn und Isolation ab. Und ner Begleitstudie für den Berli­ aus Gründen der AIDS-Präven• 39 Prozent vor dem ersten Ge­ nur fünf Prozent würden einen ner Gesundheilssenat. tion genutzt. Die FU-Wissen­ schlechtsverkehr mit dem neuen H I V-Infizierten Panner sofort Die Wissenschaliler befragten schaftier ~egen davon aus, daß Partner "ganz bestimmt" über verlassen. Dagegen schell 40 425 Berliner Gymnasiasten, Ge­ Präservative hauptSächlich zum AIDS sprechen. Bei 57 Prozent Prozent der Mädchen und 27 samt- und Hauptschüler im Al­ Schutz vor ungewollten Schwan­ sollte dies von der jeweiligen Si­ Prozent der Jungen darin über­ ter von 15 bis 18 Jahren. "Dic gcrschaften angewandt werdcn. tuation abhängig sein . Dem haupt gar keinen Grund.

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Är zte Zeitun g , Ne u-Isenburg , AIDS-Beratung 14 . / 15 .10 . 1988 "Aids-Hilfe" In Hamburg-Nord startet Aktionen gibt es demnächst für die Kranken Schöneberg - Bausenator Witt­ einen Elternkreis wer wird sich wundern: Morgen früh um 7.30 Uhr steht ein Prit­ Harn bur g (öl). Seit einem schenwagen mit Wohnkulisse vor Jahr besteht jetzt die AIDS-Be­ seiner Tür. Die Berliner Aids-Hilfe ratungste))e des Bezirkes Ham­ wird ihm eine Szene vorspielen: burg-Nord. Während dieser Zeit "Ein Aids-Kranker auf Wohnungs­ hat die Ärztin Christa Heinzl suche" . Anlaß für diese und andere Aktionen in Schöne berg ist der rund 400 persönliche Beratungs­ morgige Welt-Aids-Tag. Er soll gespräche geführt. Ihr bisheriges künftig an jedem 1. Dezember aus­ Fazit: .,Fragen nach Ansteckung gerufen werden. an der Türklinke sind seltener "Zu Weihnachten werden einige geworden." Aids-Kranke ohne Bleibe auf der Die Ratsuchenden lassen mei­ Straße schlafen müssen", vermutet Schöne bergs Gesundheitsstadtrat stens den HIV-Test machen, um Dr. Reinhold Grün (AL). Eine Teil­ eine Infektion als Folge von schuld daran trage der Senat, der flüchtigen Beziehung auszu­ Wohnungsprogramme bislang schließen. Nach Ansicht Christa nicht realisiert habe. 20 Menschen, Heinzls muß der HIV -Test mit die dringend Parterre-Räume brau­ chen, stehen bei der Aids-Hilfe be­ einer ausführlichen Beratung reits auf der Liste - 537 Erkrankte verbunden werden, um die Aus­ leben derzeit in Berlin. wirkungen eines eventuell posi ­ Um die Bürger über die Proble­ tiven Ergebnisses mit dem Be­ matik zu informieren, startet die troffenen durchzusprechen. Organisation gemeinsam mit der Aids-Beratungsstelle morgen zwei Etwa 30 bis 60 Minuten dauen Kampagnen: 12.30 Uhr vor dem eine Beratung. Um Wanezeiten Rathaus Schöneberg, 14.30 Uhr auf zu vermeiden, gibt es in der dem Winterfeldtplatz. Hamburg-Nord-Beratungsstelle Rechtzeitig zum Welt-Aids-Tag keine festen Sprechstunden. Von ist auch eine Sonderausgabe der den 20 AIDS-Beratungsstellen Schülerzeitung "Schrittmacher" erschienen. Das vom Bezirksamt der Hansestadt richtet Ham­ rpit 2500 Mark unterstützte Projekt burg-Nord als erste einen Ge­ dreht sich ausschließlich um Aids sprächskreis für Eltern ein. In und Sexualität. Erkennungszei­ Zusammenarbeit mit Psycholo­ chen: Auf der Titelseite klebt ein gen will Christa Heinzl Eltern Kondom. Susann Mietzner darauf vorbereiten, mit ihren Kindern über AIDS zu sprechen. Berliner Mor ge npost, 30 .11.1988 Hafengesundheitsinspektoren verteilen jetzt Kondome

Informationsblätter samt Kondom verteilen neuerdings die Hafengesundheits- 00 inspektoren auf den Schiffen ; in den bremischen Häfen. .0 Mit dieser in der ~ Bundesrepublik einmaligen und ~ in Europa seltenen Aktion b sollen besonders die Q) ausländischen Seeleute Z angesprochen werden. 00 Das Faltblatt gibt es in § mehreren Sprachen, .~ ~ insbesondere auch russisch. Q) 0\ Außerdem sollen speziell N ,....; Besatzungen aus der Dritten ~ ;:::: Welt angesprochen werden. ~ cÖ Foto: dpa :

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Von Rainer Rutz Aids-Aufklärungsvideo in Dachau Dachau - "Wissen schützt und hilft" heißt der Titel eines Aids-Aufklärungsfilmes. der gestern in Dachau Premiere hatte. Im Wissen, das schützen soll Rahmen einer Konfe renz von Aids-Spe­ Film dient der Weiterbildung des Krankenhauspersonals zialisten und Pflege- und Krankenhaus­ personal aus ganz Bayern. stellte Sozial­ minister Gebhard Glück den Film im Dachauer Kreiskrankenhaus vor. Dachau Südd e utsche Zeitung , MÜ nche n, war a ls Vorstellungsort gewählt worden, 26 .11.1988 weil der etwa 20minütige Film vor Mona­ ten in den Räumen und mit Personal der ·Dachauer Klinik gedreht worden war. Der Film. der zunächst 421 bayerischen Krankenhäusern zur Verfügung gestellt werden soll. spreche damit, so Minister Glück, rund 120000 Beschäftigte an. Glück bezeichnete di ese ,.zielgruppenorientierte Aufklärung" als äußerst notwendig: "Die Angst vor Aids macht nicht halt vor den Türen unserer Krankenhäuser. Es ist we­ nig hilfreich, generell darauf hinzuweisen, daß diese Angst unbegründet isL" Zwar, so sagte der Minister, sei statistisch belegt, daß das Ansteckungsrisiko für das pflege­ Ärz t e Zeitun g , Ne u-Isenburg , personal äußerst gering sei. Immerhin sei­ 24.11.1988 en aber einer US-Studie zufolge bei 1201

Fällen vier Ansteckungsfälle bei direktem Ergebnis einer Umfrage des Marburger Bundes Kontakt mit Erkrankten im Krankenhaus bekannt geworden. Es sei also ..pharisäer• haft zu tun, als dürfe es keine Angst geben". Der Film, meinte Glück. soll e künftig für Viele junge Ärztinnen die Weiterbildung des Krankenhausperso­ nals verwendet werden. Er werde auch an die bayerischen Gesundheitsämter ver­ teilt. Ferner sei geplant, auch niedergelas­ werden A II lS-Berater senen Ärzten Zugang zu Filmkopien zu ermöglichen. Glück ging auch auf die bayerische Poli­ Bon n (rv/h). Eine hohe Per- sind. Als Grund dafür sieht der tik zur Aids-Bekämpfung ein: "Manche sonalfluktuation verzeichnen Marburger Bund, daß Frauen verbreiten wider besseres Wissen ein Gesundheitsämter in ihren größere Probleme haben, im Zerrbild der bayerischen Aids-Politik", meinte er. Dabei sei gerade die bayerische AIDS-Beratungsstellen. Vor al­ Krankenhaus eine Stelle zu fin­ Aids-Bekämpfungspolitik erfolgreich. Als lem Mediziner würden diese Tä• den. erstes Bundesland biete der Freistaat tigkeit als berufliche übergangs• über zuwenig Personal in den einen kostenlosen, freiwilligen und anony­ lösung betrachten. AIDS-Beratungsstellen klagen men Test, ferner seit 20 Monaten ein "flächendeckendes Netz von psycho-sozia­ Wie eine Umfrage des Mar­ die Gesundheitsämter in mittel­ len Aids-Beratungsstellen". burger Bundes bei 135 Gesund­ großen Städten von rund ·Der Video-Farbfilm geht auf alle Abtei­ heitsämtern ergab, sind vor al­ 150 000 Einwohnern. Sie verfli­ lungen und Untersuchungsebenen eines lem Berufs~nfanger als AIDS­ gen meist nur über einen haupt­ Krankenhauses ein, mit denen ein mögli• Berater beschäftigt. Erfahrene amtlichen Mitarbeiter. Dabei cherweise an Aids-Erkrankter in Berüh• rung kommen kann: Vom Personal in der Ärzte in gesicherten beruflichen steigt die Zahl der Ratsuchenden Aufnahme ("Durch Gesprächskontakte Positionen seien deshalb an der laut Umfrageergebnis ständig. wird HIV nicht übertragen") über ambu­ Beratungstätigkeit nicht interes­ Rund 20000 Personen nehmen lante Untersuchungen, Labor, bis hin zur siert, weil es sich meist um auf derzeit die AIDS-Beratung eines möglichen Verletzungsgef.ahr des Pflege­ personals durch achtlos weggeworfene vier Jahre befristete Stellen han­ Gesundheitsamtes täglich in An­ Spritzen. dele, erklärte der Leiter des Köl• spruch. Probleme haben die Im Anschluß zeigte der Aids-Spezialist ner Gesundheitsamtes Jan Leid!. AIDS-Berater dabei mit einer Dr. Fueßl von der Medizinischen Polikli­ Junge Mediziner würden die zunehmenden Zahl von AIDS­ nik der Universität München in ihrer Deutlichkeit kaum zu überbietende Dias Beratungsstellen schnell wieder Phobikern. von Aids-Patienten. Und ging in einer verlassen. In Einzelfallen seien Hans Leidl berichtete auch kurzen Rede auf die besondere Problema­ die vor eineinhalb Jahren beim über den aktuellen · Stand der tik des Aids-pflegepersonals ein, das "un­ vom Bund geforderten AIDS­ AIDS-Verbreitung. Bei . der geheuer belastet" werde. Der Arzt verwies W eltgesundhei tsorganisation in diesem Zusammenhang auf eine an Modellprogramm eingerichteten seiner Klinik eingerichtete therapeutische Stellen deshalb schon zum drit­ WHO waren Ende Oktober die­ Gruppe für das pflegepersonal. "auch um ten Mal neu besetzt worden, so ses-Jahres 124 114 Personen mit eventuelle Schuldgefühle des pflegeperso­ der Marburger Bund. einer AIDS-Vollbilderkrankung nals zu bekämpfen". Die Umfrage ergab außerdem, gemeldet. Die tatsächlichen In der Bundesrepublik gibt es nach einer anonymen Statistik derzeit 27 000 daß vornehmlich Ärztinnen in Zahlen seien vermutlich weit hö• HIV-Positive. Jeden Monat kommen 600 den AIDS-Beratungsstellen tätig her, erklärte Leidl. bis 700 hinzu.

67 A I D S Infodienst Hilfe und Beratung Bei Aidsverdacht künftig eine zweite Blutprobe Beratungsstelle zieht Konsequenz aus Verwechslung

Durch eine zweite Blutprobe will die Damit entspricht die Beratungsstelle städtische Aids-Beratungsstelle künftig der Forderung von Experten - darunter jede Verwechslungs möglichkeit bei ihren auch der Leiter des Hygiene-Instituts, HIV-Tests ausschließen. Das kündigte die Professor Doerr, der seinerzeit erklärt Leiterin des Gesundheitsamtes, Margare­ hatte, daß eine Verwechslung nie ganz te Peters, am Dienstag als Konsequenz auszuschließen sei. Von den Mitarbeitern aus dem Fall der Psychologiestudentin der städtischen Beratungsstelle wurde Marianne B. an. Die junge Frau war mit betont, daß es das erste. Mal sei, daß sie einem positiven Ergebnis konfrontiert ein falsches positives Ergebnis mitgeteilt worden, das sich im Nachhinein als hätten. Sie halten es für unwahrschein­ falsch herausstellte. lich, daß das negative Testergebnis, das Marianne B. hatte sich zunächst bei eigentlich Marianne B. hätte zugeordnet der städtischen Beratungsstelle Blut ab­ werden müssen, zwischenzeitlich einem nehmen lassen. Wenige Tage später wur­ HIV-Infizierten mitgeteilt wurde. Mehre­ de ihr in einem persönlichen Gespräch re Ergebnisse von Blutproben, die in dem mitgeteilt, daß sie mit dem Aids-Virus in­ fraglichen Zeitraum genommen wurden, fiziert sei. Der zuständige Arzt empfahl seien noch nicht abgeholt worden. ihr, den Test in 14 Tagen zu wiederholen. Von den 13000' Blutproben, die seit Völlig verstört wandte sich Marianne September 1985 genommen wurden, wa­ B. an die Frankfurter Aidshilfe, wo ihr ren 524 HIV-positiv. Die Betroffenen wer­ ein zweites Mal Blut abgezapft wurde. den meist zur weiteren Betreuung an Das Ergebnis dieses HIV-Tests lautete Hausärzte oder die Universitätsklinik "negativ". Daraufhin fuhr die Studentin überwiesen, wo weitere Tests üblich sind, für eine dritte Blutentnahme zum um den Zustand des Immunsystems zu Georg-Speyer-Haus. Dort wurde ihr Blut überprüfen. ft noch einmal mit unterschiedlichen Test­ verfahren untersucht. Der Befund: nega­ tiv. F l ' ~ nk furte r Rundschau, 18 . 11. 88 Die Leiterin des Gesundheitsamtes, Margarete Peters, zeigte sich ~unächst betroffen von diesem "einmaligen" Fall AIDS-Hilfe protestiert und versprach, alles zu tun, um zu klären, wie es zu den unterschiedlichen Ergeb­ nissen kommen konnte. Bundesmittel für Theoretisch kamen nur zwei Lösungen in Frage: Entweder waren bei dem einen HIV-Test unzuverlässige Verfahren ver­ AIDS-Programm wandt worden, oder aber die Blutproben waren verwechselt worden. Nachdem die wurden abgelehnt beteiligten Institute, das Georg-Speyer­ Haus und das Hygiene-Zentrum der Uni­ Hannover (ara). Rund eine versitätsklinik die noch vorhandenen Re­ Million DM, die vom Bundesge­ ste der Blutproben ausgetauscht und er­ sundheitsamt für die Pflege und neut untersucht hatten, stand fest, daß die eine Blutprobe eindeutig negativ, die Betreuung von AIDS-Kranken andere eindeutig positiv war. Damit bewilligt worden waren, hat die schied eine Erklärung durch unterschied­ Arbeitsgemeinschaft . der freien lich zuverlässige Testverfahren aus. Wohlfahrtspflege in der Stadt Das Georg-Speyer-Haus, bei dem Mari­ H!lnnover (AGFW) zurückge• anne B. vorstellig wurde, untersucht die wIesen. Blutproben der Aidshilfe, das Hygie­ ne-Zentrum die der städtischen Bera­ co Die AFGW - ein Zusammen­ >-< .tungsstelle. :,:j schluß mehrerer deutscher Hilfs­ .0 werke - begründet diese Ableh­ Nach einem Gespräch in der städti• C schen Beratungsstelle am Dienstag, an (j) nung damit, daß sie befürchtet, dem auch Marianne B. teilnahm, geht UJ H mit dem für ein Modellprogram­ Margarete Peters jetzt davon aus, daß die I mes bereitgestellten Geld nicht Blutproben im Hygiene-Institut verwech­ :::l (j) selt wurden. Um eine Wiederholung zu :z: auszukommen. Dann müßten vermeiden, sollen die Mitarbeiter der die Verbände Eigenmittel zu- städtischen Beratungsstelle ab sofort dar­ 00 schießen. Dazu war die Mehr- auf bestehen, daß bei einem positiven Er­ gebqis sofort eine zweite Blutprobe ge­ § heil nicht bereit. Die "Hannö- nommen und möglichst schnell unter­ .j...l versehe AIDS-Hilfe" äußerte in sucht wird. Erst, wenn das erste Ergebnis .~ ~ einer Presseinformation ihre bestätigt werde, soll der Klient von der N ~ Enttäuschung über die Entschei­ Infektion informiert werden. dung der AFGW. Sie will jetzt versuchen, das Programm für Hannover zu retten.

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Ambulanter Dienst ermöglicbt Patienten ein selbständiges Leben zu Hause Ein Angebot für Aids-Kranke Mehrere Hilfsdienste haben 'slch für diesen Modellversuch zusemmengeschlossen Eine neugegründete Arbeitsgemeinschaft nächst die verschiedenen Bedürfnisse des Kran­ bietet Aids-Kranken in der Region die Möglich• . ken geklärt; die Möglichkeiten reichen von häus• keit, in der eigenen Wohnung ein weitgehend licher Pflege über Putzen, Einkaufen, Kochen' selbstbestimmtes Leben zu führen. oder Kinderbetreuung bis hin zu seelsorgeri­ Unter der Bezeichnung .. Ambulante Hilfen scher Hilfe. Auch Begleitung bei Arzt- oder Be­ für Aids-KrankeM ziehen künftig die Aids-Hilfe hördenbesuchen, Unterstützung bei der 'Woh­ Nümberg-Fürth-Erlangen, der Arbeiter-Samari­ nungssuche, Angehörigen-Beratung und ähnli• ter-Bund Nürnberg, die Kreisverbände Fürth ches mehr steht in dem breiten Angebot der Or­ und Nürnberg-Stadt des Bayerischen Roten ganisationen. Kreuzes und die Zentrale Diakoniestation Nürn• .. Wir woll~~ . !:Jafül,' §9rg~n,~aß d~ .Patient ber~ an einem ~tr~n~.,p~ . Bup4f!~g~~p~n~it4- . möglichst VQQ,~ 9.~~selb'iIl~ ~ , . iBetreuern versorgt mirusteri um fördert dIesen Modellversuch · und· Wird und sich ~ . ein Vertrauensverhältnis ent­ finanziert sechs zusätzliche Sozialpädagogeo. , wickeln leann" .p)~jnt m~ Pfosieg~l ;vp'n qer Aids­ Prflftgekräfte oder lJa\1.$wirtschafterinnen" vor- . Hilfe. Auch SteHH!begleitung will efI'eArbeitsge­ erst begrenzt bis 1991. . meinschaft leisten - je nach Wunsch zu Hause "Von Aids betroffen zu sein, bedeutet einen oder in der Klinik. häufigen Wechsel zwischen Klinik und Zuhause, Fortbildungsveranstaltungensollen die Mit­ diese Situation kann neben der Krankheit eine arbeiter der Sozialstationen und die viel~n eh­ große Belastung darstellenM, meint Peter Haber­ renamtlichen Helfer der Organisationen auf die mann, einer der Kontaktleute der neuen Arbeits­ neuen AUfgaben vorbereiten. In anderen Städten gemeinschaft. Viele der Betroffenen sind zu­ versucht oft nur ein einziger Träger, die ambu­ meist jung, leben alleine und sind selten in ein lante Versorgung von Aids-Kranken zu überneh• familiäres Netz. eingebunden, das sie 'in dieser men. Durch die verbandsübergreifende Arbeit' schweren Situation auffangen könnte. Wenn sich hofft die Nürnberger Gemeinschaft, möglichst der Gesundheitszustand verschlechtert. bleibt vielen Patienten ganz individuell zu helfen. In­ für sie deshalb oft nur ein langfristiger Klinik­ teressenten können sich, an Ina Prosiegel, Irrer­ aufenthalt. straße 2-6, 85 Nürnberg, Telefon 194 11 oder an Hier will die Arbeit der neuen Gemeinschaft Peter Habermann, Untere Fischerstraße 5, 8510 einsetzen. Bei einem Hausbesuch werden zU- Fürth, Telefon 7 79 80, wenden. k. w. Nürnberger Nachrichten, 25 .11.88 Haus für Schwerkranke: Probleme mit Folgekosten kai. Die Vorbereitungen kommen zwar Frankfurter Allgemei ne Zeitung, voran, doch nach wie vor ist ein wichtiger 09.11.1988 Teil der Finanzierung ungeklärt. Die Caritas will in Frankfurt ein Haus für Schwerkranke und Sterbende - vor allem für Patienten mit Krebs oder Aids - einrichten. Die Stadt hat inzwischen, wie Dezernent Peter Rhein gesten)' dem Ge­ sundheitsausschuß berichtete. über eine ihrer Stiftungen ein Grundstück erworben. das in Erb~aupacht an die Caritas weitergegeben werden solle. Für Bau und Einrichtung des Hauses komme das Land auf. bei einer geringen Eigenbeteiligun~ der Caritas. Die Verhandlungen über die Folgeko­ sten seien jedoch noch nicht abgeschlos­ sen. sagte Rhein. Wie berichtet, hatte der Landeswohlfahrtsverband der Stadt und den Trägern der Krankenversicherung die "Finanzierungspartnerschaft" angeboten, wonach die Krankenkassen und die betei­ ligten Sozialhilfeträger sich die Kosten teilen sollten. Wie Rhein weiter ausführte, seien der Landeswohlfahrtsverband und Bei den Vorbereitungen für die medika­ die Caritas bereit, fünfzig Prozent der mentengestützte Therapie. welche die Folgekosten zu übernehmen. Die Gesprä• Stadt drogenabhängigen. mit dem Aids­ che über die Beteiligung der Krankenkas­ Virus infizierten Prostituierten anbieten sen dauerten aber noch an. Schwierigkei­ wiil, stehe das Gesundheitsamt "Gewehr ten befürchtet der Gesundheitsdezernent bei Fuß". sagte Rhein. Lediglich die für das von der Aids-Hilfe geplante Beiratsmitglieder der Kassenärztlichen Projekt eines " Hauses für das Leben mit Vereinigung und der Landesärztekammer Aids" im Gallusviertel. seien noch nicht ernannt.

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Experten bezweifeln Schutz durch "AIDS-Handschuhe" ..Aus mediz1n1scher Sicht überflüssig- - Im Gegensatz rum Bundesgebiet Berlin ausreichend versorgt Im Gegensatz zu VersorgungsengpAssen In werden, erklärte gestern ein Sprecher der Sprecher, von der Rupp. Die Senatsgesundheits­ einzelnen Regionen des Bundesgebiets sind Senatsverkehrsverwaltung. verwaltung, so ein Sprecher, schätzt die PVC-Einmalhandschuhe, die seit dem t. Okto­ Der medizinische Sinn der sogenannten PVC-Handschuhe . als .medizinisch nicht erfor­ ber fOr die Ausrilstung von AutoverbandsUsten AIDS-Handschuhe, die Im Erste-HiUe-Fall eine derlich, psychologisch aber nicht falsch· ein. Bei vorgeschrieben sind, In Berlin ohne große Ubertragung des HIV-Vlrus verhindern sollen, Uberängstlichen könne die Hemmschwelle. aus Schwierigkeiten zu erWerben. Lediglich eine ist unter Experten Außerst umstritten. Als Furcht vor AIDS einem Unfallopler nicht zu geringe Zahl von uns belragter WarenMuser, Schutz vor AIDS mißt Dr. Stein bach vom helfen, gemindert werden. Drogerien, Apotheken, Tankstellen und Firmen, Bundesgesundheitsministerium den Handschu­ Ein Sprecher der Firma Hartmann In Hel­ die Autozubehör verkaulen, hat Probleme, den hen .keine große Bedeutung" bel. Die Wahr­ den helm, eines der größten deutschen Produ­ Bedarf an Kunststoffhandschuhen zu decken. scheinlichkeit, bel einem Unfall auf einen zenten von Verbandskästen, räumte aul Anlrage Anlang des Monats, als die Verordnung des AIDS-Infizierten zu tre!!en, sei verschwindend mögliche Verarbeitungsmängel der Kunststoll­ Bundesverkehrsministeriums in Kraft trat. hatte gering. Die Verordnung diene vielmehr der handschuhe ein . •Kleine Löcher sind bei I bis es Jedoch o!!enbat Engpasse gegegeben, die psychologischen Beruhigung besonders Angst­ 2 Prozent der Handschuhe normal." 1m Gegen­ Inzwischen In den meisten Fällen durch Nach­ licher, die auch ein extremes Restrisiko aus­ satz zu Kondomen werde die Sicherheit der Iielerungen behoben sind, hiel! es. schließen wollten. Diesem .psychologischen Einmalhandschuhe weniger scharl kontrolliert. Das Bonner Verkehrsministerium hatte, wie Argument", so der Sprecher der Deutschen L1elerschwierigkeiten führte der Firmenspre­ berichtet. wegen VersorgungsschwierigkeIten AIDS-HiUe, Klaus Graf, widerspreche Jedoch cher aul eine .teuflische Hatz" zurilck. mit der den Bundesländern eine Ubergangsfrlst bis zum die Tatsache, daß Intakte Haut kein Ubertra­ die Verordnung über die Kunststolfhandschuhe t. April nAchsten Jahres empfohlen, bevor auf gungsweg lür den Virus sei: .Mit der Hand­ beschlossen worden sei. Es gebe Inlolge der Grund fehlender Kunststoffhandschuhe Bußgel• schuh-Verordnung werden Angste geschürt, AIDS-Diskusslon eine weltweite Knappheit an der verMngt werden sollten. In Berlin wird eine auch andere als die bekannten InfektIonsrisiken PVC- und Latexhandschuhen. Deshalb sei erst .schonfrist· bis zum I. November gewährt, seien möglich" . Ende des Jahres eine vollständige Versorgung danach soll bei Verstoß gegen die Handschuh­ Auch die Berliner Ärztekammer hält die aller bundesdeutschen Autolahrer mit den verordnung ein Bußgeld von 20 DM erhoben Verordnung fOr überflüssig, erklärte deren Handschuhen möglich. bk

Der Tagesspiegel , Berli n, 18 .10 . 1988

Frankfurter Run dschau , 18 . 10 . 88

Frankfurter Run dschau , 18 . 10 . 8 8 Süchtige protestierten Proteste wegen Fotos einer gegen Vertreibung Gegen die Vertreibung von Drogenab­ Aids-Toten in Leningrad hängigen aus dem Bahnhofsviertel haben MOSKAU. 17. Oktober (AP). Eine Le­ am Freitagabend die Frankfurter Aids­ ningrader Zeitung hat das Foto einer an Hilfe und eine Reihe von Betroffenen mit Aids gestorbenen Prostituierten abge­ einer Kundgebung protestiert. Einer der druckt und ihre letzten Kunden aufgefor­ Süchtigen beklagte das "erbarmungslose dert, beim sjädtischen .Gesundheitsamt Verhalten von Staat und Gesellschaft". einen anonymen Aids-Test machen zu Seit 1977 seien sie immer wieder verjagt lassen. Die 29jährige Olga Gajewskaja, worden. Derzeit gebe es so viele Süchtige die am 5. September in einem Leningra­ und Drogentote wie noch nie. Um so ver­ der Krankenhaus gestorben war, war - heerender sei es, wenn akzeptierte Bera­ soweit bekannt - das erste Aids-Opfer in tungsstellen wie die M 41 schließen müß­ der UdSSR. Die amtliche Nachrichten­ ten. Es müsse eine neue AnlaufsteIle ge­ agentur TASS berichtete am Sonntag, ihr schaffen werden. Foto solle auch in finnischen Zeitungen Hans Peter Hauschild von der Frank­ . veröffentlicht werden, da Frau Gajewska­ furter Aids-Hilfe betonte, "die Junkies ge­ ja häufig Touristen aus Finnland als hören zu uns". Er verlas einen offenen Kunden gehabt hätte. Der Abdruck des Brief an Oberbürgermeister Brück und Fotos in der "Leningradskaja Prawda" Polizeipräsident Gemmer, denen er vor­ am Samstag habe für heftige Diskussio­ warf, das Betäubungsmittelgesetz zu miß­ nen unter Medizinern, Rechtsanwälten brauchen, um suchtkranke Menschen zu und der Polizei gesorgt, hieß es. vertreiben. Weil sie ein "schickes" Frank­ furt wollten, würden die Süchtigen weg­ In Leningrad sind nach Angaben eines gejagt, "die uns allen existentiell vor Au­ Experten für Infektionskrankheiten 24 gen führen, daß es Sinndefizite und Menschen mit Aids infiziert, darunter Elend auch im postmodern-geschleckten neun Sowjetbürger. Frankfurt gibt". ft

70 A I D S Infodienst Kultur

Künstler und Galeristen spenden Gemälde und Skulpturen "Art against AIDS" wird bei Kölner Kunstmesse versteigert

I n den USA beschäftigt das "Good Year" Thema AIDS seit langem die (Aquarell auf Kulturszene: Filmschauspieler, Bütten, 38 x 32 Popstars und bildende Künstler cm, 1988) des singen. malen und sammeln für Berliner Künst• HIV-Infiziertc und Erkrankte. lers Fritz Köthe Dieser Tage regt sich die kultu­ ist eines von 8~ relle Privatinitiative für diese Werken - Ge­ Sache erstmals auch in der Bun­ mälden und desrepublik. Das Benefizprojekt Skulpturen -, heißt "Art against AIDS". die auf er Kölner Künstler und Galeristen spen­ Kunstmesse deten 83 Gemälde und Skulptu­ "Art Cologne" ren. Bei der Kunstmesse "Art am 15. Novem­ Cologne" in Köln werden am 15. ber versteigert November die Werke verstei­ werden. Der Er­ gert. Der Erlös - die Veranstalter lös, die Veran­ rechnen mit mindestens einer stalter rechnen halben Million Mark - geht an mit einer halben

die Nationale AIDS-Stiftung. /" Million Mark, Möglich wurde das Projekt .~ geht an die Na­ durch ehrenamtliches Engage­ tionale AIDS- ment. An erster Stelle ist dabei Stiftung. die Initiatorin der Kunstauktion Foto: Katalog für AIDS, leane Freifrau von Oppenheim, zu nennen. Ober Monate bat sie in bundesdeut­ schen Ateliers und Galerien um gemalte Spenden. Was dabei Rita Süßmuth stellte den Kata­ drastische Notlagen für AIDS­ herauskam, ist beachtlich: Die log vergangene Woch~ in Bonn Kranke in der USA bewirken, bildende Kunst der bundesdeut­ vor und sparte dabei nicht mit die nur private Hilfe oft vor dem schen Gegenwart ist zwar nicht Lob für die Hilfe der vielen Be­ Schlimmsten bewahrt. Einen in­ vollständig, aber doch breit ver­ teiligten, etwa eines professio­ teressanten Hinweis gab Freifrau treten: Hans-Peter Adamski, Sa­ nellen Auktionators, einer von Oppenheim. Anders als die lome, lürgen KIauke, Walter Kunstspedition, eines Versiche­ meisten US-Amerikaner würden . Dahn und Ulrich Rückriem sind rungsunternehmens, eines Buch­ viele Bundesbürger das Problem dabei sowie Altmeister losef verlages, einer Druckerei. Die AIDS immer noch den soge­ Beuys und Nagelkünstler Gün• engagierte Privatinitiative in nannten Risikogruppen zuschie­ ther Uecker. den USA für AIDS-Kranke steil­ ben und glauben, daß sie das Interessenten können alle Ex­ te die Ministerin als leuchtendes nichts angehe. Gegen diese Aus­ ponate vorab betrachten in ei­ Beispiel auch für unsere Repu­ grenzung des HIV -Problems nem 192 Seiten starken Katalog, blik dar. Dabei erwähnte sie al­ und der betroffenen Menschen der zur Auktion erschienen ist. lerdings nicht, daß fehlende ge­ wolle sie mit der Kunstauktion Bundesgesundheitsministerin setzliche Sozialversicherungen angehen. (rv/h)

Ärzte Zeitun g , Neu-Isenb urg , 02 .11.1988

71 A I D S Infodienst Kultur

"Lindenstraße" läßt Telefone der Aids-Hilfen heißlaufen lids-Erkrankung des Stars DÜSSELDORF, 31. Oktober (AP). Die ARD-Fernseh-Serie "Lindenstraße" läßt die Telefone in zahlreichen Aids-Bera­ tungsstellen heißlaufen. Wie das nord­ rhein-westfälische Gesundheitsministe­ aus der UndenstraBe löst rium in seinem in Düsseldorf herausge­ gebenen ,,Aids-Dienst NRW" am Montag berichtet, hat sich der Ansturm in eini­ gen Beratungsstellen mehr als verdop­ Welle der Aieilnah. _ pelt, seitdem die Lindenstraßenfigur Ben­ no an Aids erkrankt ist. "Regelmäßig Kerngesunder Schauspieler Bernd Tauber macIII mit seiner Rolle .tele UellSdIIIII_bdntldl montags und dienstags laufen bei uns die Telefone heiß", beschreibt Gisela Reißen ...... 1. November die Seri., montags dl. W1 • Seri. w.rd.n Menschen .r­ von der Aids-Hilfe Aachen die Reaktion Df. AlD-...... U .... derholung - ist d.r T.lefon· reicht, dl. alle bisherigen atraIe- NIIt eile , ...... Ansturm auf die Beratungs· Informationen gor nicht ~ auf die Fernsehserie. Auch die Aids-Hilfe .. AI...... Ilengro& . glstrlert hoben. Aber wenn Duisburg berichtet von einem "sprung­ Mchl _!Ir 111 ...... • .. VI.1e Anruf.r wollen sich einer Ihrer Femaeh-Ueblln- haften Anstieg der Anfragen". ..."' __ eler.Uedee- ganz allgem.ln über An· 98 von Aids betroffen Ist, Jetzt wollen sich viele Anrufer ganz strale· - ...... "...... steckungsmöglichk.lt.n In­ fühlen si. sich angespro­ grundlegend über Ansteckungsmöglich• lI.ng••• edeR ..... Ta.- forml.r.n", sogt Giselo R.I­ chen." Ein Abflauen des T. keiten informieren. ..Die Anrufer erfra­ ber-.a...... ßen von der Alds·Hllfe 11.0' lefon-Sturrna scheint schon gen Sachverhalte, von denen wir annah­ MIMe .klt die A..te bei chen. "Di. Anruf.r fragen absehbar: In Folge 156 am men, daß sie seit langem bekannt sind", :-~I1_ r Sachverhalte, von denen 27. November bekommt der berichtete sie. Offensichtlich würden ... wir annahmen, do8 si. be­ aldakrank. Benno eine Lun­ durch die Vorabendserie Menschen er­ Beson ers montags und kannt sind",lOgt si •. gen-EntzOndung, an deren reicht, die alle bisherigen Informationen dienstags - sonntags löuft Gis.1a Reihn: "Von der Folgen.ratlrbt. gar nicht richtig registriert hätten und sich erst jetzt, wo einer ihrer Fernseh­ Berliner Zeitung , 01. 11 . 88 lieblinge von der Krankheit betroffen sei, angesprochen fühlten. Auch die Produzenten der Serie selbst berichten von einem Anstieg der Anru­ ferzahlen. Die Reaktionen beim Publi­ kum seien allerdings "eher negativ". Vie­ le Anrufer beklagten sich darüber, jetzt auch schon in einer Unterhaltungssen­ dung mit dem Thema Aids konfrontiert zu werden. Ein Abflauen des stark gestie­ genen Aufklärungsinteresses ist aller­ dings schon absehbar: In Folge 156 am Wirkliche Wirkung 27. November bekommt der Aids-Kranke Wi e niedrig der Informationsstand der Be\'ölke­ Benno eine Lungenentzündung, an deren rung in achen Aids wirkhch ist. stellt der Folgen er schließlich stirbt. E:rpreß (Köln) nach der Reaktion auf eine Folge der Fe rnsehsene .. Lindenstrall e·· fest: Frankfurter Rund scha u, 11 . 11. 88 .. Mi lli onen flIa rk steckten Bund und Länder bi sher in die Anti-Aids-Kampa­ gnen. Di e Werbe spots in Funk. Fernsehen. Kinos und Zeitungen wurden nach an­ fänglicher Betuli chkei t zwar immer bes­ SE'r. frecher und eindeutiger. Doc h jetzt kam heraus: Eine einzige Folge der Seri e .Li ndenstraße' hat mehr Wirkung als a ll e Aufkl ärungsaktionen. Und es zeigte sich auch: Allen Hoffnungen zu m Trotz ist der Informationsstand der Bevölkerung er­ schreckend ni edrig. Beid es soll te den Poli ­ ti kern und Werbeprofis zu denken geben. Wenn Tausende Zuschauer zum Telephon greifen. we il Benno leid et. wie wäre dann erst die Wirkung. wenn Frauenheld Schimanski vor seinem nächsten el'oti­ sehen Abenteuer ein Kondom aus der Tasche ziehen würde?"

SUd deutsche Zeitun g , MUnchen , 02 . 11.1988

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Politiker aller Couleur trafen sich auf dem Schachbrett wieder Ungewöhnliches Schachspiel mit den Königen Kohl und Vogel zugunsten der Aids-Stiftungen / 500 Stück zu je 4750 Mark

Von unserem KorrespondenU!n Martin WinU!r

BONN, 10. November. Parteiübergrei­ Million Mark in die Kassen zu bringen. im Spiel als Springerin eingesetzt, will Die Vorstellung des Schachspiels war fend haben sich Politiker aus Regierung Helmut Kohl und Hans-Jochen Vogel auch dazu beitragen, daß die . Kluft. zwi­ für die beiden Stiftungen eine Premiere. und Opposition zugunsU!n der Deutschen als Könige, und Ot­ schen Bekenntnissen und tat..ächlichem Nac'hdem sie sich vor kurzem zu einer Aids-Stiftung und der Nationalen to Schily als Läufer oder etwa Oskar La­ Handeln" geschlossen wird. Sie mahnte Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlos­ Aids-Stiftung in einem Schachspiel zu­ fontaine als Turm und Johannes Rau als die Politiker allerdings auch, . nicht alles sen hatten, trate n sie jetzt zum erstenmol sammensU!llen lassen. Gesundheitsmini­ Springer wollen mit dafür sorgen, daß auf Spenden abzuwälzen". Die Parteien gemeinsam an die Öffentlichkeit Da~ sU!rin Rita Süssmuth (CDU) sprach am künftig mehr Geld für Einzelfallhilfen müßU!n überprüfen, wie durch staatliche Schachspiel ist entweder über die Deut­ Donnerstag auch für die anderen Partei­ zur Verfügung steht. Maßnahmen das Los der Betroffenen sche Aids-Stiftung, Pipinstraße 7, 5000 en, als sie bei der Vorstellung des Spiels­ In einer Auflage von 500 Stück sU!ht verbessert werden kann. Köln I. oder über die Nationale Aids­ beklagU!, daß es zwar eine . Menge Lip­ das Schachspiel ab sofort zum Verkauf. Waltraud Schoppe von den Grünen, im Stiftung, Adenauerallee 58, 5300 Bonn I, penbekenntnisse" zur Hilfe für Aids-In­ In seinem stolzen Preis von 4750 Mark Spiel eine Bäuerin, hält es für eine Ver­ zu beziehen. fizierte und Aids-Kranke gebe, .aber sind 2000 Mark als Spende enthalU!n. pflichtung der Politik dafür zu sorgen, Die Natio nale Aids-Stiftung hofft zu­ nur wenig Bereitschaft zu Spenden". Über den SpendenanU!iI bekommt der daß die Stiftungen immer ausreichend sätzlich zu den Einnahmen 8US dem Das soll mit dem Politiker-Schach Käufer eine Spendenquittung. Zum Spiel Geld haben. Der FOP-Vorsitzende Schachspiel auf ungefiihr eine halbe Mil­ anders werden. In aufwendigen, zwanzig wird ein .Zertifikat" geliefert, das von Lambsdorff nannU! das Schachspiel eine lion Mark aus einer Kunstauktion. Für ZentimeU!r hohen Porzellanfiguren sind den dargestellten Politikern unU!rschrie­ . erstklassige" Idee und fühlte sich auch d iese Kunstauktion. die am 15.November Christdemokraten, FreidemokraU!n, So­ ben ist. Sie wollen damit ihre UnU!rstüt­ in seiner Rolle als Läufer wohl, da dürfe im Rahmen des Kölner Kunstmorktes zialdemokraU!n und Grüne auf einem zung für die Sache der Stiftungen bekräf• er "immer geradeaus laufen". was nur stattfinden wird. sind Werke namhafte r großen Schachtlsch vereinigt, mit dem tigen. seine Bemerkung bestätigte, daß er von Künstlp.r, zum Beispiel Jasef Beuys. zur einzigen Ziel, den Aids-Stiftungen eine SPD-Geschäftsführerin , Schach kaum etwas versU!hl Verfügung gestellt worden.

Frankfurter Rundschau, 11 . 11 . 88

Mit Schach gegen AIDS Bonn (dpa). Auf 64 schwarzweißen Feldern bieten Bonner Koalitions- und Oppositionspar­ teien der I=unschwächekrankheit AIDS ge­ meinsam Schach. Zugunsten der deutschen AIDS-Stiftungen können zahlungskräftige Schachspieler .König· Bundeskanzler Kohl • .Dame· Gesundheitsministerin Rita Süssmut? und .uufer· Außenminister Genscher IDlt

'ihren 'politischen Freunden als . 20 Zentimeter hohe Porzellaniiguren gegen Oppositionsführer Vogel und führende Sozialdemokraten sowie mehrere prominente Grüne ziehen lassen, Egal. ob Opposition oder Koalition zuerst mattgesetzt I werden: Gewinner sind i=er die Deutsche I AIDS-Stiftung in Köln und die Nationale AIDS-Stiftung in Bonn, Vom Verkaufspreis des handbemalten Spieles in Höhe von 4750 DM gehen jeweils 2000 DM an sie. Käufer des in begrenzter Auflage (500 Exemplare) erhältlichen handbem"aIten Spiels erhalten außer einer Spendenquittung auch Zertifikate mit Auto- Igrammen der Politiker. Der Tagesspiegel, Berlin, 11.11.1988

72 a A I D S Infodienst Kultur

Was Männerliebe durcheinanderbringt Das Frankfurter Schauspiel bezieht das Bockenheimer Depot

Die Geschichte ist ein Theaterstück Brechts Eduard ist trotz der Dramatik Seufzer wert. Ein unschuldig.,: r Unglücks• wert. In den letzten Zipfel der Wohlstands­ der Ereignisse kein drama tisches Stück. rabe, einmal gibt ihm die Aufführung Zeit, gesellschaft verdrängt, nutzt ein junger Schicksal wird hier verhandelt. Der Eifer­ seiner Naivität in der Ruhe eines Mono­ Mann die Anonymität der Nacht und fin­ sucht kommt die Hauptrolle zu. Sie stiftet logs Ausdruck zu geben. det, fremd in der Stadt, durch ein Kippfen­ alles Unglück. In ihrem Namen läßt sich Zwischen dieses teigige Paar tritt Mor­ ster Einlaß in ein großes Haus. Es ist die nichts verzeihen. Brecht deutet das Mar­ timer. Er blickt von einem Hochstand auf städtische Oper. Der Mann weiß gar nicht, tyrium eines KÖnig~ . sieht den Graf, auf die Erde herab. Er lebt in den Höhen der wo er ist. Der Mann ist ein Akteur in Not de,m die Machthabenden gehen, und weist griechischen Philosophen. Und wir glau­ und ohne Auftrag, ein Sänger ohne Text in den Abgrund, in dem ein Mensch dem ben, mit Thomas Thieme hätt::: die Auffüh­ anderen gleich wird. .,' und Stimme, Opfer und Täter in einer Per­ rung ihren Gipfel, denn er nutzt das feste son. Sein billiges Requisit i.;t ein Streich­ Peter Palitzsch zeigt kein Lehrstück Volumen seiner Stimme und hält uns mit holz. Die Oper brennt. Die Katastrophe ist und keine Moritat. Die Bühne ist eine vier­ der Gewißheit des Verräters die Geschich­ noch lange nicht behoben. Den Pyroma­ eckige Arena, ringsum Tribünen, zer­ te vom Untergang Trojas als Spiegelbild nen bändigt die Justiz. schnitten von Treppen. Ein offener Schau­ für Eduards Fall hin und steigt aus dem platz, überspannt von einem Tierkreis­ Ein Jahr und drei Wochen später hat das aufgeschlitzten Leib einer Kuh wie aus bogen aus dem Stundenbuch des Duc de Schauspiel ein neues Quartier und eine dem Trojanischen Pferd. Berry. Die Zeit leuchtet auf und schlägt Metamorphose ist perfekt. Das hundert Aber auch Mortimer, der bald alle Fäden Jahre alte Straßenbahndepot, für dessen den Bogen übe r die Jahre zwischen 1307 der Macht in der Hand hält und in der . Backsteinarchitektur man sakrales Voka- und 1326, die Jahre des Unglücks sind. Nachfolge des Aigisthos Eduards Frau , I bular benutzt und es mit einer dreischiffi­ Herbert Kappelmüller hat das quadrati­ Anna mit Küssen in sein Lager zieht, ver­ , 'gen Basilika vergleicht, geplant als Kirche sche Zentrum der Aufführung mit goldgel­ liert seine kluge wie diabolische Kraft, der < ohne Gott, gebaut für die Fahrzeuge des ~em Getreide bepflanzt. Ein Acker für die Rosel Zech ausgeliefert ist. Sie fi..hrt ihre · Fortschritts, bietet nun dem Schauspiel Ahren, kein Feld für die Ehre. Der unge­ Verrührbarkeit vüa Anfall!! !l 0 ,·or. Sie · . Asyl. schützte Ort macht die Aufführung, die merkt, daß ihr Kampf umsonst und Morti­ . Ein halbes Rekordjahr hat man gebaut, Worte braucht, verwundbar. Das Theater mers Liebe nicht sie, sondern die Königs­ gekittet und geschönt. Das Depot hat seine tritt gegen seine Blöße an. Die Handlung, krone meint. Sie gibt sich auf. Ihr Leib rötliche Backsteinhaut gerettet. Die Aura ohnehin schwer faßbar, verhallt. Brechts schwillt von Essen und Alkohol, die könig• des Zerfalls, die Dominanz einer sich ins .. kalkiger" Witz, seine Poesie und das Deu­ liche Figur. sackt in die Breite und Plump­ Tonnengewölbe versteigenden Architek­ hmgsspiel, mit dem Brecht seine Sprache, heit einer sehr gewöhnlici:en Frau. Anna tur ist von Sicherheitsvorschriften gebän• dIe Grundlage für die Tiefenpsychologie durchlebt ein Schid:Slil, dn7.i,; ihr merkt digt und von einer Beleuchtungsmaschi­ der Charaktere ist, eindeckt, verlieren ihr man das an, Echo. Das Getöse, ein Aufstand des Adels nerie geblendet. Technik ist der oberste In Brechts Stü'.:" ha!J(m ii' ~ Vi: rräter das und der Kirche, zu dem in Frankfurt 50 Gott. Sagen, und das Erstaunliche ll!l Eduards Personen aufgerufen sind, verwandelt das Das Theater zeigt die Kontinuität von Figur ist, daß er sich sf'inen Verrätern Zeremoniell um Verrat und Sturz eines Theater. Trommel- oder l:esser Schlag­ Königs in einen sportlichen Wettkampf. nicht beugt. Er ist der eig":ltliche Rebell, zeugwirbel für ein frühes, ein vormarxisti­ Mönche, Edelleute, Fahnenträger, Hen­ der allen Vorschriften trotzt, das Essen sches Stück von Bertolt Brecht, dessen kersgesellen springen polternd wie Jung­ und das Ja zu seiner Abdankung verwei­ ;. Vorlage ein Stück des Shakespeare-Vor­ wild über die Treppen, es gill jede Stufe gert. Als Märtyrer hat man ihn nach sei­ j, läufers Christopher Marlowe ist. Lion nem Tod verehrt und von Wundern er­ '( ., Feuchtwanger hat Brecht, weil er gut Eng­ mit einem Satz. es gilt das Tempo zu hal­ I.e n, Unruhe zu stiften in unruhiger Zeit. zählt, die an seinem Grab Wirklichkeit ./ ~ Iisch konnte,' bei der Beratung geholfen. wurden. · 1924 ist an den Münchner Kammerspielen Und da steht der König: unter frommen das "Leben Eduards des Z·..ypiten von Eng­ Gesängen hat man de n Sarg des Vaters Es ist ein Fehler dieser Auuunrürig, da'U land" unter Brechts Ref!ie uraufgeführt vorbeigetragen, aber Eduard hat keine sie über Eduard hinwegsieht lind ihn zur. worden. Der Erfolg überschritt nicht ein Tränen; ihm steht da" G!ück '!I'r verbote­ Dummheit erniedrigt. r.:; ,: .t ein Fehler gewöhnliches M~ ; Pen .Eduard" ·hatte nen Liebe zu Gaveston . ~einem Günstling, dieser Aufführung, däß SI<; kr.i ; e Ruhe das Theater mit" A.n-wmen bald wieder in den Augen. Roland S. Blezingers Stirn sucht für das Erzählen dei' Handiung und vergessen. ist von der Königfi krone eingE:drückt. Pa­ sich in ständig wechselro ~ n R~ · "" '. ·gl1ngen Nscn rTsnKIUrt Kam oet Hrechlianer Iitzsch hat Eduard 7.U einem lächerlichen Attraktivität und Aufmprksamkeit durch Peter Palitzsch zurück. Zwischen 1972 und Helden gemacht. Sein Anti-Typ gehorcht Showeffekte verschafft. Das har.dJungs- ' 1900 hat Palitzsch hier die Mitbestim­ ihm mit aufgerissenen Augen und .Lä• arme Stück, in dem Leben mündlich ver­ mungsjahre mitgeprägt. Weshalb die cheln. Der König hat nur die Eigenschaft" handelt werden, verliert den f'adeii Die Brechtsehe Historie, die eine verbotene keine Eigenschaften zu haben. Soll dieser Geschichte vom "Leben l<:duard:; des Liebe zeigt und die Ftüchte des Zorns? Tor ein Märtyrer sein? . . Zweiten von England" geht unter. Eine Was geht uns dieser König an, der, ge­ Im Staunen über das Spektakel hat die Balladenverkäuferin (Ingeborg Engel­ drückt unter dem autoritären Zepter männliche Hure Gaveston seinem Herr­ mann) bittet mit dem Mikrophon um Ge- Eduards 1., sein Herz an das eines scher Eduard vieles voraus. Gaveston - hör. Eine Königin fällt zu ßode n. Ein jun­ Schlächtersohnes hängt? Fühlen wir mit kann das Höfische nicht begreifen. Ein ger Prinz gelobt Satifikation. "~ il! Schlag.­ der verzweifelt betrogenen Anna, die sich, Koloß mit einem Kränzchen im IJ.;ur, das zeugsolo erstickt alle Klagen. Ihn löst ein im ausgestellten Weißkleid der Unschuld, ist Volker Spengler, sein Rock r i;'j\~ tlt zum unglaublicher Applaus ab. du mi t Gewiß• zwischen König und Günstling drängt? In­ Knie, sein Staunen v (~r hin:ierl . d l\S Be­ heit zusagt, daß im Unter/!;lng dN Anfang teressieren uns die Edelleute, die 20 Jahre wußtsein von Gefahr. Auch dl" :';~ hlinge df'~ A"r,lif> gs liegt. Krieg führen, um Eduards Abdankung zu am Hals, auch der T0cl ist ihm ',\.lI' einen erreichen? Sü dd e utsc he Zeitun g , München , 08 .11.1988 73 A I D S Infodienst Kultur

Aufklärungsprojekt in Göttingen Theater um All )S mit * "Theater um Aids" heißt · eine bundesweit bisher einmalige Ak­ "Dreck am Stecken" tionswoche, mit der die Aids-Hilfe und die Gesundheitsämter der Mit einem bisher bundesweit ge zum AIDS-Kranken abge­ Stadt und des Landkreises Göttin• einmaligen Theaterprojekt wol­ stempelt. Witzeleien, Gerüchte gen auf die Immunschwächekrank• len die staatliche Gesundheits­ und Vermutungen breiten sich heit aufmerksam machen wollen. verwaltung und die AIDS-Hilfe aus. So beginnt das Theaterstück Sieben Theaterstücke zum Thema in Göttingen eine Woche lang "Dreck am Stecken" des Berliner "Aids" sollen vom 5. November an Schüler und Jugendliche rür die Ensembles "Reiner Stahl", das gezeigt werden, um eine bisher sozialen Folgeerscheinungen mit seiner Inszenierung gegen kaum genutzte Vermittlungsform von AIDS sensibilisieren. eine allgemeine AIDS-Hysterie zu nutzen. Rund zwei Drittel der Vom kommenden Sonntag an und Panikmache in unserer Ge­ Plätze seien bereits verkauft. Die werden mehrere Theatergruppen sellschaft ankämpfen möchte. Theaterproduktionen aus Berlin, aus dem ganzen Bundesgebiet Das "Theater um AIDS", die Köln, Hannover, Meile und Göt• Stücke präsentieren, die alle ei­ Aufführungen können Schul­ tingen setzen sich mit den gesell­ nes gemeinsam haben: sie plä• klassen umsonst sehen, will auf schaftlichen Reaktionen auf Aids­ dieren gegen die Ausgrenzung den pädagogischen Zeigefinger Kranke auseinander. In jeder Auf­ und Diffamierung von AIDS­ und auf moralische Standpau­ führung stehen Fachleute für Dis­ kranken Mitmenschen. ken verzichten. kussionen zur Verfügung. Die medizinsiche Aufklärung "J ugendgerechte Aufführun• * über die Immunschwäche• gen mit Musik und anschließen• Di e Neue Är ztliche , Fr ank f urt, Krankheit habe die Menschen der Diskussion können Berüh• 03.11.1988 weitgehend erreicht, meint Fran­ rungsängste gegenüber dem The­ co Günther von der Göttinger ma AIDS beseitigen", sagt Chri­ AIDS-Hilfe. "Jetzt geht es dar­ stine Mahler, pädagogische Mit­ um, die Solidarität mit den HIV­ arbeiterin des Gesundheitsamtes . "Theater um Aids" Infizierten zu fordern". und Ansprechpartnerin für Leh­ Göttingen - Mit einer bundes­ Und so zum Beispiel sieht das rer und Schüler. weit bisher einmaligen Aktionswo­ dann auf der Bühne aus: Ein Finanziell unterstützt werden che "Theater um Aids" wollen die Aids-Hilfe und die Gesundheitsäm• Werbebüro irgendwo in einer die Organisatoren von Bundes­ ter der Stadt und des Landkreises bundesdeutschen Stadt: Ein Mit­ gesundheitsministerin Rita Göttingen auf die Immunschwä• arbeiter fehlt seit einiger Zeit; Süssmuth, die auch die Schirm­ chekrankheit aufmerksam ma­ ohne eindeutige Anhaltspunkte herrschaft für die AIDS-Thea­ chen. wird der nicht anwesende Kolle- terwoche übernommen hat. pid

Berli ner Mo r genpos t , 03.11.1988 Är zt e Zeitun g ,. Ne u-Isenburg , 03 .11.1988

74 A I D 5 Infodienst Vermischtes

Bild , Be rli n, 27 . 10 . 1988

Von U AlTMANN. T SCHWERESuoo .... ST ACHOW 1d ies8 ~ lahr sch0!'l 321 . ~rk ronk l . l l n d 1 ~j nd 21 362 r e9 js l (ie r ~ . A id s l umTrol z 1arns So z iol. ~ i n l lter Geb h ~rd GluC.k: I - WO. KondoM,He n ,ell." IUrg.f. ,., 11 .. - Aids hai in Deulschlond 2SOO. Eme lohl, d ia sich In gut emem lieben Oeulsche wieder drouflos: .. Unsere 8urge, hoben sich on die Ald,berot.r. lI.be• • ade..... uH bisher 10ü Todesopfer gefordert, in Johr .... erdopp. 1t hOl. Und als infiziert ung_schülzi und unbe kümmert. Boy- Gefohr gewöhnt, si e verdröngt." 111., •• "lINien lOg•• , Selt.l. Aids - Das Kondom habe ich weggeworfen" len ohne." Idran . denken. Natürlich Peter Rehding (50), Club· schaue ich mir die Mädchen Berlin - Architekt '''er F. (11), h ••n: "AI. da. mit Aldl los­ Vermieter in Hamburg: "Seit genau an. Deshalb brauche ging, ha'" Ich ein KondOM In d.r Jack.ntalche gehabL .Inem Jahr Ist Aids keine Um· Ich keine Kondome." Aber •• hat lieh lang. nicht•• rg .... n. Dann ha'" Ich'. weg­ satzbremse mehr." geworfen. wUrde auch kelnl mehr "'nutzen." liebesmödchen Doris (22), Duisburg: " Unler. Marktforlcher be­ Ruhe." "Letzt., Jahr haben die Ty. Itötlgen diei.. geföhrllche Dr. Hanns Stlchler, Stutt· pen es akzeptiert, wenn ich V.rhalt.n" , lagt Claus Rlch· gart, Ichätzt, daß monatlich nur mit Gummi wollte. Jetzt t.r (56) von Kondom·H.rlt.l­ 400 M.nlch.n zum Aids-Test kommen wieder mehr Freier I.r Mapa, Z.v.n (Fromml, komm.n. Anfang '87 war.n mit den alt.n Sprüchen: ,Wal Blauel.g.I). Der Umsatz 11.­ .1 Ob.r 1000. 1011 schon passieren' und so." g. w.lt unt.r d.m von '87. L.hrerln Andrea E. (27), Ilabel (33) von der Berliner Auch b.1 London-Rubb.r In B.rlin: " Ich brauch. k.ln. Proltltulerten·Selbsthlife Mönch.ngladbach d.ut.t B.ratung. B.I m.ln.m vor­ "Hydra": Mark.tlngch.fln · Dagmor I.tzt.n Fr.und hab. Ich 'I mit . ,.Im I.tzt.n Jahr war Flaut., Lind (32) .Inen Ichl.pp.n­ Kondom v.rlucht, ab.r das j.tzt lind .1. wl.d.r da, die d.n V.rkauf an. macht. k.ln.n Spaß. Jetzt kondom·Muff.1 und Welt­ Nachlo ...nd.. Inter.... machen wlr'l ohne." m.llter Im Verdrängen." auch In Beratungutell.n - . "Bel mir Im Club wird nur Callboy Mike (25), Berlin: Dr. Wolfgang Kröhn (<41), mit Kondomen g.arb.it.t," " Ich mache's den Kundinnen Aldl-B.aultragt.r In Schles­ lagt H.lnrlch Malworm (36), auch ohne. Ich fühle mich 51 - wlg-Hollt.ln: "Wenn Rock Ch.f von 10 Mädch.n Im ch.r, denn Ich gehe alle drei Hudlon Itlrbt, Iit dl. B.völ• "V.I Sir" In Gr.v.n. "Viele Monat. zum Test." k.rung b.unruhlgt. Ab.r Kund.n d.nken: Dann kann Pilot Sven N. (31), Frankfurt: J.tzt h.rrlcht trOg.rllche Ja nlchtl pallieren - und wal· "Man kann doch nicht immer

Aids-Medikament macht Kinder schlauer N.. York - Oer amerika nische Arzt Or. Phlllp Plzzo behandelte 21 aidskranke Kinder mit dem Medi· kament AZT. Allen ging es danach deutlich besser - ohne daß die Krankheit dadurch geheilt wurde. Bemerkenswertes l:r~ebnil von Pizzos Studie: Bei funf Kindern führte AZT zu einem Anstieg des Bild , Be r lin, 27 . 10 .1988 Intelligenz·Quotienten.

75 AI D S Infodienst ______Vemtischtes

Fachschaft Medizin organisiert Ringveranstaltung AIDS-Vorlesungsreihe für Kieler Studenten Kiel (lno). In Schkswig-Hol­ noch nichl von einem Erfolg der Resonanz des Unipräsidiums Problematik in den GrilT be­ Sll:in sind grgenwärtig 30 Perso­ Aulklärung gesprochen werden. nicht zustande gekommen. kommen zu wollen. Auch eine nen an AIDS erkrankl und elwa Die AIDS-Ringvorlesun~ Während das Sexualverhalten "Kondomisierun~ der Gesell­ 3UO 11111 dl'lI1 HI-Virus inliziert. wird von do:r Kieler Fachschalt der männlichen Slud.:nlen seil schaft~ würde kellle praktikable Diese Zahlen hai der Virulogo: Medizin organisiert. Zum ersten 15 Jahren unverändert geblieben Lösung bringen. Die Anst.:k­ Pelcr Raulenberg aus Kiel in der Vortrag kamen 700 Zuhörer. sei, habe sich bei den Studentin­ kungsgefahr müsse in erster Li­ Kiekr Univo:rsiläl beim erslo:n Der Landes-AIDS-Beauftragte, nen nach "dem Wegfall eines nie durch das verantwortungsbe­ Ab,nu einer AIDS-Vorlesungs­ der Kieler Sexualmediziner Pro­ sexualrestrikti ven Erziehungs­ wußte Verhalten jedes einzelnen reiho: go:nannl. Die Verdoppc­ fo:ssor Reinhard Wille, begrüßte drucks~ eine Hinwendung zu eingedämmt werden. lungrale b.:i der Zahl dcr Erkran­ das starke Interesse. Sein Ver­ häufigerem Partnerwechsel voll­ kungen hab.: sich zwar von vier such, bereits zum Sommerseme­ zogen, so der Kieler AIDS-For­ auf 14 Monale verringert, den­ Sh!r eine AIDS-Veranstaltung scher Wolfgang Kröhn. noch !..önno: Ix: i bundesweit fUr Studienanfanger einzurich­ Kröhn warnte davor, mit "der :!6 UOO bekannten InliLierten ten, sei leider wegen fehl ender Keule des Scuchengesetzes~ die

Ärzte Zeitun g , Ne u-Isenburg , 14 .1l.1988

Politiker-Schach dem AIDS

Als Schachfigur bewunderte sich Gesundheitsministerin Rita Süss• muth (2 .v.I.). Gemeinsam mit (v .l.) Waltraut Schoppe (Grüne), Otto Graf Lambsdorff (FDP) und Anke Fuchs (SPD) stellte sie in Bonn das Spiel "Koalition/Opposition" vor. Das Schachspiel mit Porzellan­ Politikern kostet 4750 DM. Davon gehen 2000 DM als Spende an eine der beiden deutschen AIDS-S~iftungen. Foto:dpa

76 A lOS Infodienst Vemtischtes Der Professor steuerte eine Kerze bei Aids-Rolle als Zeichen der Solidarität - Längstes Bild der Welt vom 1. Dezember an aufgespannt

Von unserer Redakteurin Motive des "längsten Bildes" der Steigleder die Aktion "Kö ln -Rol­ der Forschung und Wissenscha ft Elke Pfaff W elt. das sich bereits jetzt schon le " in der Mensa der Uni versit ät. symbolisieren. verknüpft mit der als ei ne 1000 Quadratmeter Wie Schulen und andere Institu­ Hoffnung. eines Tages auch ei ne Vor wenigen Tagen hatte Lew grofle. buntbemalte Fläche prä• tionen in Köln hatte auch das wirksame Therapie für Anis­ Kopelew zu Pinsel und Farbe ge­ sentiert. Das Endergebnis wird Studentenwerk für zwei Tage Kranke zu finden. griffen. Gestern tat es der Aids­ a m 1. Dezember. dem Welt­ eine "Patenschaft" übernom• Experte und Direktor der Uni­ Aids-Tag. ausgespannt: vom men. Das bedeutet: In dieser Zeit Von einer neuen Entdec kung versitäts-Hautklinik. Professor Gleis 1 des Hauptbahnhofes liegt die Rolle. die zu ihren es handelt Sich um Antlk fJ r­ über die Hohenzoll ernbrücke. Gerd-Klaus Steigleder. um sei­ Paten unter anderem Oberbür• per. die auf den Kern des Alds­ das Kennedy-U fer. die Deutzer germeister Norbert Burger. den nen Beitrag für die "Köln-Roll e". Virus wirken und damit seine Brücke und zurück zum Ron­ Generaldirektor der Museen. ein Dokument der Solidarität Vermehrung hemmen - spra­ calli-Platz. Professor Hugo Borger. sowie chen in diesem Zusamm e nh an~ mit Aids-Infizierten un'd -Er­ zahlreiche Politiker zählt. dort krankten. zu malen. "Wir bemühen uns. die Aids­ Professor Steigleder und der Lei­ Kranken in jeder Weise medizi­ zur weiteren Bemalung aus. ter der Aids-Ambulanz. Dr. Blumen und Bäume. Himmel nisch. menschlich und sozial zu Der Arzt und W issenschaftler Heinrich Rasokat. gegenüber und Regenbogen. hell e und betreuen." Mit diesen Worten Steigleder hatte als Motiv eine dem "Kö lner Stadt-Anzeiger" dunkle Wolken sind einige der eröffnete ~estern Professor Kerze gewählt. Sie soll das Licht (siehe auch "Panorama"). Kölner Stadtanzeiger, 20 .10 . 88 Starker Medieneinfluß Viele Anrufer bei der Aids-Handschuhe AIDS-Hilfe erwähnen Es gibt sie, die die "Lindenstraße" Glückstage im Leben. Da möchte Seitdem Benno von der ARD­ man sogar TOV­ Serie "Lindenstraße" an AIDS und ASU-Prüfer erkrankt ist, erwähnen Hilfesu­ freudig umarmen, chende bundesdeutscher Bera­ weil sie am Auto tungsstellen häufig diese TV -Fi­ nichts gefunden haben. Es kann gur. "Sei~ zwei Wochen ~ibt . es aber auch passieren, daß man nach immer wIeder Anrufer, dIe sIch der "ersten Hürdeu übermütig wird. auf die Lindenstraße beziehen", So geschehen kürzlich am Römerhof: sagte Hans Peter Hauschild von "Er hat gar nicht nach meinen Aids­ der AIDS-Hilfe des Landesver­ Handschuhen gefragtu, " bemängelte" bands Hessen in Frankfurt am die überglückliche Neu-TOV-Fahrerin Dienstag zur ÄRZTE ZEI­ bei dem anschließenden ASU-Prüfer. ... GIBI~(I]:I. TUNG. =".... " Das ist ohnehin so eine Sache", hat Im Gegensatz jedoch zur Si­ ..- der geantwortet. "Fußgänger und Rad­ tuation in Nou;lrhein-Westfalen, K EIN E fahrer sind von dieser Pflicht befreit." wo einer Meldung des Gesund­ - Was denn mit den ordenUich regi­ strierten Moped- und Motorradlah­ heitsministeriums zu folge die CHANCE rern sei, war die nächste logische Frage. Telefone heiß laufen, ist in "Moment, da höre ich nach. Ich prü• Frankfurt keine Zunahme der fe hier nur ASU: sagte der Mann und co Anzeige im ~ Vorwärts" co täglichen Anrufe festzustellen. eilte von Prüfstand 9 zu Prüfstand 3, ..,Oll Hauschild: "Wir hatten heute kehrte zurück und versicherte: " Nein, ::l Der Spiegel, Hamburg , .n bisher lediglich einen Anrufer, die brauchen das nicht!' c::: der sich auf die TV -Serie bezog". Es war eine ehrliche Antwort, ohne Q) rJJ Die Berichterstattung in den 21.10.88 das eigene Nest zu beschmutzen. Aber H der gesunde Menschenverstand war, I Medien übe allerdings generell ::l starken Einfluß auf die Reaktio­ fein formuliert, erkennbar. Schon bei Q) dem TOV-Prüfer zuvor. Wenn nämlich Z nen der Ratsuchenden aus, be­ tonte Hauschild. Als die Bild­ die heftigen Dementis, Aids sei durch Oll Handverletzungen nicht übertragbar, c::: Zeitung vor geraumer Zeit die sich widerlegen sollten, wird jeder ::l '-'co Möglichkeit einer HIV -übertra• Mensch auf der Straße verbluten, s0- 'rl co gung durch Insekten erwogen fern sein Helfer keine Aids-Handschu­ Q)(J\ N o-< hatte, türmten sich bei der he mit sich führt. Was also soll diese Q).-< AIDS-Hilfe geradezu die Fragen. Verordnung für ausschließlich vierrä• '-' 0-< dige Kraftfahrzeuge? N • Wichtig sei, daß in den Medien "'C"'l die übertragungswege des Virus ,,,, 6tul;IIII :

77 A lOS Infodienst Vennischtes

Das Buch "Die Rechtsprobie­ Problem AIDS me von AIDS" der Professoren Dr. Bernd Schünemann und Dr. aus der Sicht Herd Pfeiffer basiert auf dem zum gleichen Thema im No­ von Juristen vember 1987 in Mannheim ver­ Mit der Ausbreitung der Im­ anstalteten Symposium. Die munschwächeerkrankung AIDS dort gehaltenen Referate sind in ist diese auch zu einem Politi­ diesem Werk zusammengefaßt kum und Rechtsproblem gewor­ und teilweise erheblich erweitert den. In der politischen Kontro­ und aktualisiert worden. verse steht die Frage der richti­ "AIDS-Bekämpfung im Rechtsstaat" gen AIDS-Bekämpfung. Streit­ von Günter Frankenberg, 203 Seiten, gegenstand der juristischen Aus­ erschienen im Nomos Verlag Baden· einandersetzung ist letztlich die Baden, Preis: 35 DM . Abwägung der SchutzbedÜrfnis• se ansteckungsgefährdeter Per­ "Die Rechtsprobleme von AIDS" von Bernd Schünemann und Gerd Pfeiffer, sonen gegen die Gmndrechte der 557 Seiten, erschienen im Nomos Ver­ von AIDS Betroffenen. lag Baden-Baden, Preis: 79 DM . In den letzten Wochen sind drei juristische Werke auf dem Den "Rechtsratgeber AIDS" Markt erschienen, die nachfol­ haben jetzt die Autoren Stefan gend vorgestellt werden. Reiß, Rechtsanwalt in Berlin und Mitbegründer der Deut­ "AIDS-Bekämpfung im Rechts­ schen AIDS-Hilfe, Sabine Meh­ staat, Aufklärung - Zwang - Prä• lern, juristische Beraterin im vention". Der Autor Günter Landtag von Baden-Württem• Frankenberg greift mit seiner berg, und Jürgen Wolff, Journa­ kritischen Würdigung repressi­ list in Stuttgart, bei Rowohlt her­ ver und präventiver seuchen­ ausgegeben. Im Taschenbuch rechtlicher Strategien in die ak­ werden für den Laien Urteile, tuelle Diskussion ein. Ausge­ Landesverordnungen, Richtli­ hend von den Besonderheiten nien aus ' rechtswissenschaftli­ der HIV -Infektion bestimmt er cher Literatur oder auch aus gel­ die grundsätzliche Aufgabe des tendem Recht übersichtlich und Rechts, versachlichende und lesbar zusammengefaßt. problemangemessene Regelun­ "Rechtsrat!:1eber AIDS" von Jürgen gen zu treffen. Sodann überprüft Wolff, Sablne Mehlern, Stefan Reiß, er das seuchenpolizeiliche In­ 352 Seiten, erschienen im Rowohlt Ta­ strumentarium. Das Ergebnis: schenbuch Verlag Reinbek bei Harn­ Zwangstests, Beobachtung, Ab­ burg, Preis: 12,80 DM . sonderung, Offenbarungspflich­ ten gegenüber Intimpartnern Är zte Zeitun g ; Ne u-Isenburg , und Ärzten, Kondompflicht 11.11.1988 usw. sind mangels einer hinrei­ chend bestimmten und auch auf ·die Besonderheiten der HIV-In­ fektion abgestimmten gesetzli­ chen Grundlage oder wegen Ver­ stoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unzulässig.

Berli ner Zeitung, 19 .11.1988

Ein 19jähriger, ein 21jähriger, ein 24jähriger: Die drei Chefs eines Ladens, den es mit diesem Namen noch nie gegeben hat Killn, 19 .. November verwirrend. Der Kunde kann nieren, in Drogerien oder Sex· Mühe, die Ware aus ihren - oft- die drei Kölner auch ein Tisch· 0,.1 Kill ••,_ d., 1'III .. rlg. Oll· zWIschen ISO Sorten und Quali· Shops nach Präservativen zu fra- mals "sexistisch bebilderten" feuerwerk in Form einer SektOa· v., Goi.... d., 211111.,lg. T,llla. täten wählen - trocken, super- gen. Wir wollen vor allem junge Originalverpackungen zu neh- sehe. Bei Knall und Rauch pur- Klandl u.d d.r 24111hrlg. '.1., feucht oder besonders strapazier- Leute ansprechen. men und in neutral-bunte zelt daraus ein Kondom. lucllalz•• ,ilH ••I •• Ihr.n Lad •• fahig. Es gibt Kondome mit Ge- In dem Laden gibt es keine Schächtelchen umzupacken. Ein anderer Gag: Postkarten "eondo.I". EI III dal .nl. schmack: Erdbeere, Pfefferminz anzüglichen Poster, Bildbände Tristand K1andt: "Bei uns soll mit beigehefteten Kondomen. Fac"g.lcWlII 'Ur Ko.do... . oder Banane. Die drei jungen oder Porno-Hefte. Die drei "Kon- es offen und locker zugehen." Sie werden von der Post an- Die Auswahl im "Condomi" ist Chefs: Es gibt viele, die sich ge- domisten" machen sich sogar die Neben Kondomen verkaufen stands los berordert.

78 AIDS Infodienst Vennischtes

Schärfere Prüfung von Kondomen Kondom-Alann In Frankreich Paris (afp)-Jedes zweite"rranzö• Die Verbraucher-Zeitschrift BERLIN - Das Bundesgesundheits­ sische Präservativ weist Mängel ist einer Vielzahl von Verstößen amt (BGA) hat sich für eine schärfere auf und bietet keinen Schutz vor auf die Spur gekommen. U ntersu­ der Ansteckung mit einer Ge­ chungen von 41 Marken ergaben Prüfung von Kondomen ausgespro­ schlechtskrankheit oder mit Aids. Mängel bei jeder zweiten. In den chen und strebt eine bessere Quali­ Mit dieser alarmierenden Mel­ Tests versagten die Präservative tätskontrolle bei den Herstellern an. dung hat die angesehene Zeit­ reihenweise: Nur zehn der 41 Das BGA hat die Kondom-Produzen­ schrift des französischen Ver­ Marken hielten dem Drucktest ten aufgefordert; bestimmte nötige braucherverbandes, '50 millions durch Aufblasen stand, nur 13 Prüfungen an den Produkten laufend de consommateurs', am Montag dem Dehnungstest und beim U n­ durchführen zu lassen. Weiterhin for­ die Öffentlichkeit aufgeschreckt. durchlässigkeitstest fielen 14 Die Regierung reagierte rasch: durch. dert das BGA für jedes Produkt eine Noch am selben Tag ordnete Ge­ Außerdem hapert es mit den Packungsbeilage,' die neben einer sundheitsminister Claude Evin vorgeschriebenen Angaben auf klar verständlichen Anwendungsbe­ TestsalleraufdemMarktbefindli­ der Packung über Haltbarkeit und schreibung auch Angaben zur Halt­ ehen Marken an . Schon am Diens­ Lagerungshinweise. In jedem barkeit enthält. Nach Angaben der tag wurden zwei Präservativmar• vierten Päckchen fehlt die Ge­ Stiftung Warentest,.die jetzt erneut die ken wegen Normwidrigkeit aus brauchsanweisung, was die Te­ ster · angesichts der möglicher• Sicherheit von knapp 20 Marken- Kon­ dem Verkehr genommen und die Hersteller mit einem einjährigen weise schwerwiegenden Folgen domen testete, hat sich deren Quali­ Produktions- und Importverbot von falscher Anwendung für tätsstandard inzwischen verbessert. belegt. "vollkommen unzulässig" halten.

Ärztliche Praxis, Gräfelfing, Die Tageszeitung, Berlin, 04.11.1988 17 .11.1988

Ärzte Zeitung, Neu-Isenburg, 7.11.1988

Schweiz entwickeltes Patent lei­ Ideen, Erfindungen und Neuheiten auf der Nürnberger Messe denschaftliehe Männer anspre­ chen. Im völlig hannlos schei­ nenden Kugelschreiber stecken nämlich gut getarnt zwei Präser• Vom Kondom im Kugelschreiber vative, die die Herwi-Solar­ GmbH sogar umwcltlreundlich, da aus wasserlöslichem und bis zur musikalischen Babywindel kompostierbarem Material an- Es gibt noch längst nicht alles, tienen im 40. Jahr dieser Messe bis zum computergesteuertcn bietet. ' was es eigentlich schon längst ge­ mehr Tüftler als je zuvor Wirk­ lQckenwickler. Umweltschutz und schonende ben müßte. Zumindest bei der lichkeit gewordene Mensch­ Die volle Suppen terrine und Technologie waren auch in die­ I nlernationalcn Ausstellung heitslräume und Geistesblitze. die begehrte AulSchnillplalle scm Jahr zahlreichen tüftelnden "Ideen - Erlindung.:n - Neuhei­ Dabei reichle die I)roduktpalclle müssen künliig nicht mehr müh• Genies eine Herausforderung. tcn~ (IENA), die gestern in der rund 220 Aussteller aus aller sam von Hand zu Hand um den Von Systemen zur Ablalltren­ Nürnbcrg zu Ende ging, präsen- Welt vom "Fast-Opcn-Kuvert~ Eßtisch wandern. Ein in die nung,. der Aufbereitung giftigen Tischplaue eingebautes Aieß• orgamschen Mülls unter Einsatl band, das jedes Familienmit­ der Plasmatechnik bis zum öl• glied mit einem Schalter betäti• spürgerät reichen die Problemlö- gen kann, sorgt im modernen sungen. Daß-auf der JENA nicht Haushalt rur unablässig rotie­ nur "Spinner" ihre Kuriositäten rende Schüsseln und Kannen. präsentierten, bewiesen in einer Das Leben der Hausfrau und Muller soll auch eine in Korea ~onderschau "Von der Idee zum I rodukt" ehemalige AussleIler. _entwickelte Uabywindel erleich­ deren Erfindungen heute in alk tern, die durch das Abspielen ei­ Welt ~diefert werden. So fanden ner lustigen Melodie kundtut, beispielsweise ein Grillgeräl mit wenn das Höschen voll ist. Vor Drehautomatik, eine Ski-Dieb­ Ungeduld zitternde Hände beim öffnen eines langersehnten Lie­ stahlsicherung, ein Faltkanister besbrielcs gehören bald entgültig und ein kartonsparendes Ver­ der Vergangenheit an, falls sich packungssyslem fUr Kleinlcik den Weg in die Produklionshal­ lur das "Fast Opening Kuven~ le. Wclterlolge freilich beS<:hcren ein Produzent finden sollte. Da dem Erfinder eine unerwünschte Ein .Iunktioneller Halsschmuck ge­ _Einmal sicher lieben, dann in liebe muß der EmpHinger nur noch gen lästige Mückenstiche-; Das am eingeklebten Fädchen ziehen Ucgleiterscheinung: Nachah­ schreiben- - unter diesem Molto mungen seines Geisleskindcs Amuletl wird mit einer lür lnseklen wirbl ein Schweizer Erfinder für sei· und offen ist der Uriefumsehla~ . überS<:hwemmen den Markt. lästigen Flüssigkeil gelülll, und nen Kugelschreiber, in dem zwei Unter dem. MolIO "Einmal SI­ durch die eigene Körperlemperalur umweillreundliche Präservative cher lieben, dann in Liebe Dunja Ulbrichl an die Umgebung abgegeben. slecken. schreiben~ soll ein in der

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KONDOME AUF DER WÄSCHELEINE

... und manch anderes eines Sexual-Aufklärungs• stückes zu durchbrechen. Ungewöhnliches begegnet Jugendliche wie auch Er­ dem Zuschauer in wachsene werden über die uD reck am Steckenu. ganz persönliche Betroffen­ heit, die alltäglichen Freu­ den, Lüste und Angste er­ o hat die Berliner Thea­ reicht; ohne moralischen ter-Produktion Strahl ihr Zeigefinger. Besonders gut sStück zu Sexualität und gefiel mir der Spannungsbo­ AIDS genannt. In einer sprit­ gen von anfänglich lockerer zigen Inszenierung mit einer Unterhaltung mit viel Witz bis Länge von ca. 75 Minuten hin zu Momenten, wo mir der wird von den scheinbaren Atem ausblieb. Normalitäten und Peinlich­ Ein klares, mit wenigen keiten berichtet, denen sich Mitteln sehr phantasievolles die Mitarbeiter einer Werbe­ und stimmiges Bühnenbild agentur konfrontiert sehen, sowie gelegentliche Musik­ als sie sich an ihren Auftrag einlagen unterstützen das zur AIDS-Prävention heran­ Spiel, das sowohl in seinen tasten. Details als auch in seiner Ge­ Solange es "nur" der Auf­ samtheit überzeugt. Die trag ist, werden unwillkom­ Gruppe bietet im Anschluß mene Gedanken und Ge­ an das Stück eine Diskus­ fühle schnell verdrängt, als sion an, um die Zuschauer sich aber herausstellt, daß mit ihrer Betroffenheit und ih­ der krankgeschriebene Kol­ ren Fragen nicht allein zu las­ Das Stück wurde nach ei- ;:: lege AIDS-krank ist, da heißt sen und auch um über die ei­ ner Idee von Gila Schmidt ~ es Farbe bekennen und genen Erfahrungen ins Ge­ . und Rainer Strahl im Ensem- ~c:~ .Hose runterlassen" . Wie spräch zu kommen. Die Dar­ ble entwickelt; die jetzige co elCh die "hr unto~""~II. .toll.r hilbon zuvor In der Pu.ung bcltUpkolohtigl d!. ! ehen Charaktere Rosie, Or. off-Szene in verschiederien EffäHfUngen eiHigef V'ötäUI- 11 Bock, Günther und Maria in Gruppen Theater gespielt führungen vor Jugendlichen. :E der neuen Situation vertlal­ und sich für diese Produk­ Der Berliner Theatermarkt ~ ten und wie sie darüber re­ tion erstmalig zusammenge­ hat vieles zu bieten, aber U5 den können oder eben auch funden. Im Frühjahr 1987 diese Gruppe ist wirklich ~ nicht, das wird dem Zu- wurden zwei Gruppenmit­ eine Bereicherung der Thea- ö. schauer mit brillianter glieder in ihrem Bekannten­ terszene; besonders tür die ~ Schärfe berichtet. Viele kreis mit Testergebnissen jugendlichen Zuschauer. ~ wichtige Aspekte werden an­ (HIV-POSITIV) und AIDS-Er­ Angela Gärtner :::> gesprochen und dennoch krankungen konfrontiert. Die ~ wird auf eine komplette Pro­ persönliche Auseinanderset­ In der Pumpe, dem neueröffneten . ~ blemschau verzichtet, dabei zung ging weiter, die Stücki• Kulturzentrum der AWO in der Lüt· ~ ist es den Darstellern sehr dee reifte und die Recher­ ZOwslr. 42, 1-30. Weitere Spielter- U5 gut gelungen, die Dimension mine dort am 15.+16.12. um 19.30 :;; chen begannen. Uhr ~ :g

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Das wollen wir dem ßockenheimer Depot, dessen Wände für den Schall der Stimmen noch zu kleine Ohren haben, wünschen. Der Ort ist nicht mehr so schön, wie er gewesen ist, aber schön und, wie wir gesehen h aben, sehr schwer für das Thea­ ter. VEHF:Ni\ i\UFFEHMANN lUnd iInDler noch fröhlich Von der Sintflut.bis Aids, von der Pest bis Kohl: Eine Zwischenbilanz derNürnberger Kabarett-Tage

Der peinlich platte Fehlstart zur diesjährigen Nürnberger BretU-Leistungsschau ließe sich Tschemobüll-Polka oder einen zeitgenössischen durchaus gelassen abhaken. stünde da nicht Zwiefachen zum Thema "Gib's ihmr Dazwischen gleich zu Beginn wieder die ewige Lach-Frage auf Mini-Prosa. poetisch. komisch und vor allem weit der Sketch-Matte: Sind halbherzige Zeitgeist­ weg von jedem Klischee. Humoriker wie das Duo "Maul- und Clown­ Einen wahrhaft genialischen Kleinkunst­ seuche~ Ursache oder Folge des sturheilen Ki­ schwinger durch die geläufige deutsche Katastro- cherns im Publikum? Wenn schon der Verspre­ cher Repräsentativ/Präservativ genügt, um eine repräsentative Mehrheit zum Quietschen zu Mit Geschäft zufrieden bringen. wie viele Hobby-Witzjehs werden sich Münchner Kunst- und Antiquitätenmesse wohl zukünftig noch berufen fühlen? Der Börsencrash im vergangenen Jahr hat Also: Auch wenn trotz bezahlter Fernsehge­ dem Kunsthandel offenbar nicht geschadet. viel­ bühren Eintritt erhoben wird, muß man nicht la­ mehr erwartet er für die nächsten Jahre größere chen! Aufmerksamkeit für die Anlage in alter Kunst. Andererseits ist es absolut nicht gesundheits­ Dieses Fazit zog Messeleiter Hugo Ruef zum Ab­ 'lChädlich, wenn einem ab und zu mal das lachen schluß der 33. Deutschen Kunst- und Antiquitä• . im hals stecken bleibt. Satirikerwie Werner K.ocz­ tenmesse in München. "Der deutsche Kunsthan­ wara - ein Geheimtip der Kabarett-Tage - ha­ del war mit dem Verkauf der angebotenen Aus­ ben es nachgerade darauf abgesehen. Wie ein aus stellun~sstücke all~emein zufrieden. dem Gleis geratener Theologieprofessor, in schwarzem Anzug und roten Turnschuhen. steht phengeschischtsschreibung landete Matthias er vor seinem Auditorium und doziert über das Deutschmann mit seinem 2. Soloprogramm in Nürnberger Erstaufführung: "Einer flog über's ,.sterben für Fortgeschrittene~. Absolution gibt's nicht bei dem 31jährigen Schwaben. der auch Grundgesetz." Ganz sicher kein Versuch einer Amnestie, wie der Untertitel vermerkt. sondern schon die Satirezeitschrift "titanic~ , den Kabaret­ tisten Thomas Freitag und einen bayernweit aus­ 'eher ein barock pralles Resümee der Kluft zwi­ schen Anspruch und Wirklichkeit. Wer deutsche geblendeten "Scheibenwische~ mit treffsicheren Bosheiten beliefert hat. Von bitter bis quietsch­ Geschichte und Gegenwart an diesem~Stück gut­ vergnügt ist ihm kein Thema von Pest bis Kohl, gemeinter Exillitera~ mißt. der braucht wie von der Sintflut bis Aids zu tödlich für seinen sati­ Deutschmann tatsächlich einen barocken Atem. rischen Rundschlag durch Geschichte. Philoso­ Daß er damit bei seinem Publikum offene Tü• phie und bundesrepublikanische Gegenwart. ren einrennt. ist nur auf den ersten Blick ein Warum auch. der mensch ist schließlich ein "bio­ Manko: Zuviele Ärgernisse und Schändlichkei• logischer Dosenöffner~. ten schlucken wir tagtäglich, um sie jederzeit so Möllemann und Ozonloch. Barschel und Che­ hellsichtig und erbarmungslos wie Deutschmann miekalien. Gauweiler und Sintflut. Dämlichkeit parat zu haben. Eine bittere aber amüsante Ge­ und Bosheit lauem immer und überall Mit dächtnisauffrischung also, die nicht versöhnlich, Sprachwitz und Zynismus hangelt sich der Sati­ aber tröstlich politisches Kabarett auf den Punkt redozent durch einen beängstigenden Dschungel bringt: "Mich wundert. daß ich so fröhlich bin.~ von Analogien zur finalen Frage: "Gibt es ein Le­ j.s1wu ben nach der CDU?" Wer danach schon gar keine Lust mehr hatte, erfuhr wenigstens noch von der erfreulichsten aller Möglichkeiten. aus dem Le­ ben zu gleiten: "Sterben wie Gott in Frankreich.~ An diesem letalen Punkt angekommen. säu• selt Frank Klein für sein moribundes Fenster­ springerchen:"Welt. es geht auch ohne Dich.~ Der wortkarge Münchner Kabarettist mit der ge­ schmeidigen Stingstimme bevorzugt die·absurde Komik überraschender Synthesen. "Stille Tage im Klischee~ nennt er sein kleines aber feines Programm. in dem er große Klötze in seidenwei­ cher Verpackung serviert. Ein Münchner Saufri­ tual zum Bossa Nova gehaucht. eine liebenswerte

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