Nr. 76 05.06.2003
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319376_0001_MovieNews 76 5.5.2003 10:46 Uhr Seite 2 (3,1) o ie ews nr. 76 5 6 2003 zeitung für denn studiofilm im arthouse alba • arthouse commercio • •v / / marthouse movie 1+2 • arthouse nord-süd • arthouse le paris • arthouse piccadilly • riff raff • uto 5 independent picture awards # best picture # best director Todd Haynes # best actress Julianne Moore # best actor Dennis Quaid farfar fromfrom heavenheaven# best cinematography Ed Lachman juliannejulianne mooremoore brilliertbrilliert imim schönstenschönsten filmfilm desdes jahresjahres Studiofilm-Vorpremieren Arthouse Le Paris, Zürich-Stadelhofen Sieben Tage die Woche um 12.15 Uhr www.lunchkino.ch 319376_0001_MovieNews 76 5.5.2003 10:46 Uhr Seite 1 (1,1) far from heaven Das Melodrama ist tot – es lebe das Melodrama! Nachdem sich bereits dern, wie eines Tages auskommt, auch Männer. Woraufhin sich Cathy, der Franzose François Ozon mit «8 Femmes» ehrfürchtig vor Douglas sexuell frustriert, in ihren Gärtner verliebt, der nicht nur jünger als sie, Sirk verneigte, erweist mit FAR FROM HEAVEN nun auch der US-Regis- sondern auch schwarz ist. Perfider kann ein Skandal nicht sein – drama- seur Todd Haynes dem Meister des Melodramas seine Reverenz. Das mit tischer kann es auf der Leinwand nicht zugehen: FAR FROM HEAVEN, einem Film, der so technicolorbunt leuchtet und so voller leidenschaft- mit den fünf wichtigsten «Independent Spirit Awards» ausgezeichnet, ist lichen Verlangens steckt, dass ihn Sirk aber neben der starken Geschichte wohl selber gedreht hätte – wenn Zen- nicht zuletzt auch eine schwelgerische sur und Zeitgeist es zugelassen hätten. Sinfonie von herbstlichen Farben, Ort der Handlung ist Hartford, Connec- Kostümen und Dekors. Eine pointiert- ticut; das Jahr ist 1957. «Die Whitakers» poetische Hommage an das klassische – Vater Frank ist Topmanager in einem Frauen-Genre, in der das Darsteller-Trio boomenden Technikkonzern, Cathy geht Julianne Moore, Dennis Quaid und in der Rolle als Gattin und Mutter auf, Dennis Haysbert, begleitet von Elmer die zwei Kids sind wohl geraten – sind Bernsteins kongenialer Filmmusik, zur die ideale US-Mittelklass-Familie. Doch Höchstform aufläuft. in FAR FROM HEAVEN brodelt es hinter Regie: Todd Haynes. Mit: Julianne Moore, der Fassade des Wohlanstands. Denn Dennis Quaid, Dennis Haysbert. Verleih: Frank liebt nicht nur den Alkohol, son- Monopole Pathé Films AG. cidade de deus Wenn die internationale Presse einhellig jubelt und Martin Scorseses Lebensläufe seiner Kameraden, des gewalttätigen Zé Pequeño und des- besten Werke zum Vergleich heranzieht, gilt es aufzumerken: CIDADE sen Freundes Bene nach. Er vermischt der beiden Geschichten mit drei DE DEUS von Fernando Meirelles ist ein Geniestreich. Ein Gangster- und Dutzend weiteren und schafft dabei ein wunderbar in sich verschach- Gangfilm, ein brasilianisches «Good Fellas» und «Mean Streets» eben, teltes, fiebriges und bildergewaltiges Opus. Zu Grund liegt CIDADE DE ein Film über Kriminelle und Kids, die zu Kriminellen werden. Ein Film DEUS ein auf wahren Begebenheiten beruhender Roman von Paulo auch über eine der berüchtigsten Fave- Lins, und hautnah an der Realität las von Rio de Janeiro: «Cidade de bewegt sich auch Meirelles’ Film. Die Deus», zu Deutsch: «Stadt Gottes». Hier Darsteller sind Kids aus den Favelas; hausen die Allerärmsten, herrscht das die bewegte Kamera sowie eine äus- Gesetz des Stärkeren, spielen kleine serst virtuose Montage, die in ihren Buben mit geladenen Pistolen und ent- glanzvollsten Momenten zwanzig Jahre decken Neunjährige die Lust am Töten. in eine einzige Einstellung packt, spie- Im Mittelpunkt von CIDADE DE DEUS geln die Hektik des Lebens: CIDADE DE steht Buscapé, ein dunkelhäutiger Jun- DEUS ist ein epochales Leinwandepos, ge, zu sensibel für eine Gaunerkarriere, erschütternd wie ein Erdbeben. als Aussenseiter und Fotograf aber der Regie: Fernando Meirelles. Mit: Alexandre ideale Beobachter. Beginnend in den Rodrigues, Leandro Firmino da Hora. Ver- 60er Jahren zeichnet Buscapé die leih: Frenetic Films. tadpole Oscar hat es erwischt: Wie dereinst Goethes Werther ist der Protagonist prüfung noch nicht hinter sich», belustigt sich der Vater beim Dinner an von TADPOLE in schwärmerischer Liebe zu einer verheirateten Frau ent- den Liebesabenteuern seines Sohnes: In nonchalanter Abgeklärtheit brannt. Fünfzehn Jahre alt ist er, ein Voltaire-Liebhaber und Romantiker, begegnen die Erwachsenen in TADPOLE den ersten Amouren und libi- der die Qualitäten einer Frau an deren Händen ablesen kann. Eve, die dinösen Gehversuchen des Juniors. Überhaupt hebt sich Gary Winicks Dame seines Herzens, nun aber ist bereits vierzig, die Lebenspartnerin Film äusserst wohltuend vom Gros gängiger Teenie-Lovestorys ab. Er seines Vaters und demzufolge seine zielt mit feinem Sinn für leise Zwischen- Stiefmutter. «15/40: Ein Verhältnis, das töne und einer graziösen Verbeugung du zu bevorzugen scheinst», frotzelt vor New Yorks Akademikerwelt in eine diese unwissend beim Tennisspiel: Sel- ähnliche Richtung wie die Komödien ten hat Sigourney Weaver auf der Lein- von Woody Allen und stellt in der Rolle wand derart feminin gewirkt, wie in die- des frühreifen Protagonisten einen her- ser zärtlich-queren Coming of age-Story vorragenden Aaron Stanford vor: TAD- von Gary Winick. Eve ahnt nichts von POLE ist eine wunderbar zarte Love- Oscars wirren Gefühlen, spielt vielmehr story, made in Manhattan. auf die letzte Nacht an, in der Oscar betrunken in den Armen ihrer besten Regie: Gary Winick. Mit: Aaron Stanford, Freundin landete. «Das ist wie in ‹The Sigourney Weaver, Bebe Neuwirth. Verleih: Graduate›, nur hat Oscar seine Reife- Monopole Pathé Films AG. 319376_0001_MovieNews 76 5.5.2003 10:46 Uhr Seite 1 (2,1) russian ark 96 Minuten ohne Schnitt und Pause: In Anbetracht von Alexander denschaftlich disputierend durchschreiten die beiden die prachtvollen Sokurows neustem Film kommt man nicht darum herum, von Machart Korridore und Salons und werden dabei Zeugen von Szenen aus drei und Technik zu sprechen. Sokurow – erinnert sei an «Mutter und Sohn» Jahrhunderten russischer Geschichte: Peter der Grosse peitscht einen – hatte schon immer eine Vorliebe für lange Takes und ausgewogene General aus. Katharina die Grosse hetzt durch die Proben eines Thea- Kompositionen. Doch RUSSIAN ARK sprengt den Rahmen alles bisher terstücks über ihr Leben. Die letzte Zaren-Familie sitzt beim Dinner, Dagewesenen. RUSSIAN ARK nämlich derweil die Revolution heranrollt und besteht – modernste HD-Technik macht die Gäste beim letzten königlichen Ball es möglich – aus einer einzigen, un- von 1913 Walzer tanzen. RUSSIAN ARK geschnittenen, traumhaft-gleitenden ist Kino pur. Ein Film über den Fluss der Steadycam-Fahrt, der wohl ausgetüf- Zeit und die Kraft der Imagination. Ein teltsten Kamerabewegung der ganzen Muss nicht nur für Cinephile, Kunst- bisherigen Filmgeschichte. Diese führt und Geschichts-Interessierte, sondern in einer Länge von 1300 Metern durch für alle, denen bewusst ist, dass die die fünfunddreissig Säle der St. Peters- Siebte der Höhepunkt aller Künste ist. burg Eremitage. In ihrem Zentrum stehen ein zeitgenössischer russischer Regie: Alexander Sokurow. Mit: Sergey Filmemacher und ein französischer Dreiden, Maria Kuznetsova, Leonid Mozgo- Marquis aus dem 19. Jahrhundert. Lei- voy. Verleih: Trigon-Film. Vive la France! heisst es diesen Sommer im Arthouse Nord-Süd: Bereits zum vierten Mal wird mit Unterstützung des Ambassade de France en Suisse das FESTIVAL DU CINEMAFRANÇAIS durchgeführt. Auf dem Programm steht, was das Kino unserer westlichen Nachbarn bis heute zu einem der weltweit besten macht: Heitere, komi- sche, ernste, vor allem aber innovative Filme voll Charme und Raffinesse, die vom französischen Savoir-vivre, aber auch von kleinen und grossen Dramen berichten. Es gibt Reprisen und Erstaufführungen. Ein Jacques Tati-Special zum Beispiel, in dem FESTIVAL nebst zwei kurzen auch die besten langen Filme des grossen französischen Komikers – «Playtime», «Mon oncle», «Les vacances de M. Hulot», «Jour de fête» – gezeigt werden. Aber auch ein Querschnitt durchs Allerneuste, made in France. Gespannt sein darf man auf Olivier Dahans «La vie promise», in dem Isabelle Huppert eine Pro- stituierte spielt und nach einem Mord mit ihrer Tochter zu einer Odyssee quer durch DUCINEMA Frankreich aufbricht. Oder auf Jacques Sarasins «Je chanterai pour toi», einem Doku- porträt des malischen Bluesmusikers Boubacar Traoré. Ganz besonders natürlich auf Jacob Bergers «Aime ton père», in dem sich Gérard Depardieu und dessen Sohn Guil- laume als erfolgreicher, schriftstellernder Vater und sanftmütiger, drogensüchtiger Sohn in die Haare geraten: Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind garantiert FRANÇAIS nicht nur zufällig. Spannend ist dieses Vater-Sohn-Duell und macht Spass – wie das ganze FESTIVAL DU CINEMA FRANÇAIS. AVEC LE SOUTIEN DE 5. FESTIVAL DU CINEMA FRANÇAIS 2003 L’AMBASSADE DE FRANCE EN SUISSE Mai–August 2003 im Arthouse Nord-Süd. mein letzter film Alle mögen Hannelore Elsner und seit Oskar Roehler ihr vor drei Jahren Mentor. «MEIN LETZTER FILM», meint Regisseur Oliver Hirschbiegel, «ist in «Die Unberührbare» die Hauptrolle gab, ist der deutsche Fernsehstar ein Film für Frauen, weil darin alle Themenbereiche vorkommen, die fürs Kino zurückgewonnen. In MEIN LETZTER FILM spielt Hannelore Els- eine Frau betreffen.» Doch was eine Frau betrifft, geht auch ihre Män- ner nun die Schauspielerin Marie. Marie hat nach dreissig erfolgreichen ner an; und noch etwas: Der Monolog der verlassenen Schauspielerin, Jahren die Nase voll