Schutzverantwortung Von Gemeinden Für Zielarten in Baden-Württemberg
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Schutzverantwortung von Gemeinden für Zielarten in Baden-Württemberg Empirische Analyse und naturschutzfachliche Diskussion einer Methode zur Auswahl von Vorranggebieten für den Artenschutz aus landesweiter Sicht Von der Fakultät für Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart zur Erlangung der Würde eines Doktors der Ingenieurwissenschaften (Dr.-Ing.) genehmigte Abhandlung Vorgelegt von Dipl.-Geogr. Rüdiger Jooß aus Stuttgart Hauptberichter: Prof. Dr. G. Kaule Mitberichter: Prof. Dr. T. Blaschke Prof. Dr. J. Jessen Tag der mündlichen Prüfung: 19. Dezember 2006 Institut für Landschaftsplanung und Ökologie der Universität Stuttgart 2006 für Sabine und Hannah Lotte Vorveröffentlichungen Vorveröffentlichungen der Dissertation Teilergebnisse aus dieser Arbeit wurden mit Genehmigung des Promotionsausschusses der Fakultät Architektur und Stadtplanung in folgenden Beiträgen vorab veröffentlicht: Publikationen GEIßLER-STROBEL, S.; TRAUTNER, J.; JOOß, R.; HERMANN, G. & G. KAULE (2006): Informati- onssystem Zielartenkonzept Baden-Württemberg – Ein Planungswerkzeug zur Berück- sichtigung tierökologischer Belange in der kommunalen Praxis. – Naturschutz und Landschaftsplanung 38 (12): 361-369. JOOß, R.; GEIßLER-STROBEL, S.; TRAUTNER, J.; HERMANN, G. & G. KAULE (2006): Besondere Schutzverantwortung von Gemeinden für Zielarten in Baden-Württemberg. Teil 1: An- satz zur Ermittlung besonderer Schutzverantwortungen von Gemeinden für Zielarten- kollektive der Fauna im Rahmen des Informationssystems Zielartenkonzept Baden- Württemberg“. – Naturschutz und Landschaftsplanung 38 (12): 370-377. JOOß, R.; GEIßLER-STROBEL, S.; TRAUTNER, J.; HERMANN, G. & G. KAULE (2007): Besondere Schutzverantwortung von Gemeinden für Zielarten in Baden-Württemberg. Teil 2: Va- lidierungen des Ansatzes für ausgewählte Anspruchstypen. – Naturschutz und Land- schaftsplanung 39 (2): 47-56. Tagungsbeiträge JOOß, R. (2006): Planungsorientierte Abbildung tierökologischer Verbundräume zur Aus- wahl von Vorranggebieten. Validierungsansätze und Anwendung im Rahmen des "In- formationssystems Zielartenkonzept Baden-Württemberg". In: KLEINSCHMIT, B. & U. WALZ (Hrsg.): Landschaftsstrukturmaße in der Umweltplanung. - Landschaftsentwick- lung und Umweltforschung, Bd. S19: 30-46. TU Berlin Eigenverlag, Berlin. JOOß, R. (2006): Informationssystem Zielartenkonzept Baden-Württemberg. Projektteil: Ermittlung besonderer Schutzverantwortungen von Gemeinden für Zielarten der Fau- na. - Culterra, Schriftenreihe des Instituts für Landespflege der Universität Freiburg (in Druck). JOOß, R. (2006): Suchräume für den Biotopverbund: Ein planungsbezogenes Verfahren zur Verbundanalyse von Flächenkonfigurationen aus tierökologischer Sicht. In: STROBL, J.; BLASCHKE, T. & G. GRIESEBNER (Hrsg.): Angewandte Geoinformatik 2006 - Beiträge zum 18. AGIT-Symposium Salzburg: 257-263. JOOß, R. (2005): Planungsorientierter Einsatz von Habitatmodellen im Landschaftsmaß- stab: Kommunale Schutzverantwortung für Zielarten der Fauna. In: KORN, H. & U. FEIT (Bearb.): Treffpunkt Biologische Vielfalt V. Interdisziplinärer Forschungsaustausch im Rahmen des Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Bundesamt für Natur- schutz (Hrsg.), Bonn: 177-183. JOOß, R. (2005): Kommunale Schutzverantwortungen für Zielarten der Fauna in Baden- Württemberg – ein planungsorientierter Einsatz von Habitatmodellen. In: SCHRENK, M. (Hrsg.): Beiträge zum 10. Symposion zur Rolle der Informations- und Kommunikati- onstechnologie in der Stadtplanung und Regionalentwicklung - Tagungsband CORP 2005: 683-688. JOOß, R (2004): Schutzverantwortung von Gemeinden für Zielarten – Planungsorientierte Habitatmodelle für Tierartenkollektive im Landschaftsmaßstab. - In: STROBL, J.; BLASCHKE, T. & G. GRIESEBNER (Hrsg.): Angewandte Geographische Informationsverar- beitung XVI – Beiträge zum AGIT-Symposium Salzburg 2004, Heidelberg: 287-292. JOOß, R. (2004) Ermittlung von Habitatpotenzialen für Zielartenkollektive der Fauna – Expertensysteme und empirische Ansätze im Landschaftsmaßstab. In: DORMANN, C.F.; BLASCHKE, T.; LAUSCH, A.; SCHRÖDER, B. & D. SÖNDGERATH (Hrsg.): Habitatmodelle – Me- thodik, Anwendung, Nutzen. Tagungsband zum Workshop vom 8.-10. Oktober 2003 am UFZ Leipzig, UFZ-Berichte 9/2004: 151-166. Vorwort Vorwort „Verantwortlich ist man nicht nur für das was man tut, sondern auch für das, was man nicht tut." Laotse „Schutzverantwortung von Gemeinden für Zielarten in Baden-Württemberg“ – setzt man die Kenntnis des Begriffs „Zielarten“ einmal voraus (s.u.) bleibt als einzige Unbekannte (oder ‚Merkwürdige’) dieses Dissertationstitels der Begriff „Schutzverantwortung“ übrig. Was ist (Schutz-)Verantwortung? Gerne bemüht man bei grundlegenden Fragen überge- ordnete Werke. Und obwohl die folgende Quelle nicht als das traditionsreichste Nach- schlagewerk bezeichnet werden kann, hat dort ein/e Unbekannte/r eine sehr treffende Definition hinterlassen: „Verantwortung bedeutet, die Folgen zu tragen für eigene oder fremde Handlungen. Sie drückt sich darin aus, bereit und fähig zu sein, später Antwort auf mögliche Fragen zu deren Folgen zu geben. Eine Verantwortung zieht immer eine Verantwortlichkeit nach sich, d.h. dafür Sorge zu tragen, dass die Entwicklung des Verantwortungsbereichs im gewünschten Rahmen verläuft“ (Wikipedia, August 2006). ‚Wo ist der Wendehals geblieben?’ könnte eine der „möglichen Fragen“ sein für die man später einmal „bereit und fähig“ sein sollte eine Antwort zu geben, oder: ‚Wieso gibt es keine Streuobstgebiete mehr’? Vielleicht liegen der Wendehals und die Streuobstgebiete gar nicht im „gewünschten Rahmen“ der Entwicklung? Das Bundesnaturschutzgesetz ist da bekanntlich anderer Auffassung: „Natur und Landschaft sind [...] auch in Verantwor- tung künftiger Generationen [...] so zu schützen, zu pflegen, zu entwickeln und soweit erforderlich wieder herzustellen, dass [...] die Tier- und Pflanzenwelt, einschließlich ihrer Lebensstätten und Lebensräume sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Er- holungswert von Natur und Landschaft auf Dauer gesichert sind“ (§ 1 BNATSCHG). Und selbst das Grundgesetz gibt etwas allgemeiner doch eindeutig vor: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundla- gen...“ (GG: Artikel 20A). In beiden Gesetzen wird an die Verantwortung appelliert. Dennoch muss der Sachverständigenrat für Umweltfragen in seinem Sondergutachten des Jahres 2002 eine gewisse Verantwortungslosigkeit feststellen: „Trotz vieler erfreuli- cher Einzelerfolge fällt die Gesamtbilanz der Naturschutzpolitik in Deutschland ernüch- ternd aus. In diesem Politikfeld sind vielfältige hartnäckig ungelöste „persistente“ Prob- lemlagen zu verzeichnen, die insbesondere im Verlust von wertvollen Naturflächen und Arten zum Ausdruck kommt“ (SRU 2002: 150, Tz. 388). Ähnlich drückt es der Umwelt- plan Baden-Württemberg aus: „Insgesamt ist im Gegensatz zu anderen Umweltbereichen (z.B. Gewässergüte) im Naturschutz eine generelle Trendwende bezüglich des Artenrück- gangs trotz aller bisherigen Anstrengungen und (Teil-)Erfolge nicht in Sicht“ (UVM 2000: 169). Die Gründe hierfür sind zahlreich und hinlänglich bekannt bzw. nachzulesen – bspw. im zitierten Gutachten des Sachverständigenrats. Man könnte sie kurz und knapp damit zu- sammenfassen, dass wir – als Einzelne und als Gesellschaft - neben der Verantwortung für die Natur auch andere Verantwortungen haben bspw. die, eine materielle Basis zu schaffen für uns und unsere Familien bzw. der Staat für seine Bürger – und das birgt (derzeit) Zielkonflikte. Immerhin halten 92% der Deutschen einen wirksamen Umweltschutz für sehr wichtig bis wichtig (BMU 2004: 16). Doch wenn es konkret wird, greift meist das ‚NIMBY-Syndrom’ (not-in-my-backyard) um sich (SRU 2002: 45, Tz. 77). Entscheidungsträgern geht es da nicht anders: Naturschutz ja – aber bitte woanders, ist die Essenz vieler Reden und Pro- gramme. Doch auch der Naturschutz muss selbstkritisch sein. Es erscheint wenig hilfreich das prinzipielle Problem dieser Disziplin, Entscheidungen auf Basis unsicheren Wissens treffen zu müssen, durch eine Strategie unreflektierter Maximalforderungen lösen zu wol- len. Vorwort Was kann getan werden? Konkretisierung der Ziele und, in neuerer Zeit, die Standardi- sierung von Methoden des Naturschutzes werden gefordert (z.B. PLACHTER et al. 2003) - wer hat was genau und wie in seinem ‚Hinterhof’ zu tun? Die Komplexität der Natur er- schwert die Aufgabe. Doch unterliegt der Naturschutz in Abwägungsprozessen oft allein deshalb, weil konkurrierende Nutzungen ein Regelwerk an Normen und Verfahren für sich geltend machen, dem der Naturschutz nichts entgegenzusetzen hat (PLACHTER et al. 2003: 10). Gefordert sind praxistaugliche Konzepte, die – wenn auch nicht zu ‚100% richtigen Ergebnissen’ – so doch zu einer Senkung der Fehlerquote in der naturschutz- fachlichen Bewertung führen. Der technische Umweltschutz ist einen Schritt weiter. Er hat es auch leichter, da Umwelt- gifte sich gut messen lassen und aus der Schadwirkung für den Menschen vergleichswei- se präzise Umweltqualitätsziele und –standards abgeleitet - und ‚hart’ begründet - wer- den können. Der Zielartenansatz verfolgt eine ähnliche Strategie im Bereich des Natur- schutzes. Über Schutz und Entwicklung von Zielartenkollektiven soll - im Sinne von Um- weltqualitätszielen – die Sicherung und Weiterentwicklung der biologischen Vielfalt insge- samt (zumindest der Artenvielfalt) erreicht werden. Die Zielartenhypothese lautet, dass durch die Förderung der unterschiedlich eingenischten Zielarten, aufgrund