Zeitschrift für analoge Musikwiedergabe € 9,50 analog 03.12

Die höheren Weihen: Perfektes Klangtuning via VTA, SRA und Rillenkunde

Höhepunkt: »Analog-Forum 2012«

Grenzpunkt: Ein Laufwerk am Limit des Machbaren

Wendepunkt: Die ganze »Thick As A Brick«-Geschichte

Glanzpunkt: 18 Vinyl-Empfehlungen vom Feinsten 4 AAA ANALOG 3/2012

KREFELD Im Mekka der

Leidenschaft

Ja, ist denn schon wieder… Nein, nicht Weihnachten, sondern Analog-Forum 2012!

Von Alexandra Böhmer-Wöll und Thomas Wöll Sicher hatten am 01.11.2012 viele Analoghörer Zeit, sich in Ruhe vor die eigene Anlage zu setzen, denn in vielen Bundesländern war Feiertag. Doch es kam auch schon Vorfreude auf. Denn am 3. und 4. November fand ja wieder unser Analog Forum in Krefeld statt. ANALOG 3/2012 AAA 5

Oase und Kommunikationsort zugleich: Das »Treffpunkt«-Bistro im Empfangskomitee Hotel Mercure

Langsam wird es Zeit, Fahrgemeinschaften zu bilden oder Treff- punkte auf dem Forum auszumachen. Gemeinsame Besuche in den verschiedenen Vorführräumen werden geplant.Schon jetzt gilt unser Dank Lilo, Rainer und dem gesamten Team, die wie- der einmal ein ganzes Jahr über Organisationsarbeit geleistet haben (deren aufwendige Einzelheiten hier gar nicht ausrei- chend gewürdigt werden können), um uns allen die vielseitigen Hörerlebnisse und Vortragsangebote möglich zu machen.

Es ist Samstag, der erste Tag des Forums, und wir landen mit Hilfe des Navis und einigen in Krefeld-Traar verteilten AAA- Hinweisschildern pünktlich um 10.00 Uhr auf dem ausgewie- senen Parkplatz. Dort erwartet uns schon der gut organisierte Shuttlebus-Service. Wir erreichen schnell die Hotelzufahrt und werden bereits dort von Analog-Deko begrüßt. Vor dem Haupt- eingang empfängt uns eine regelrechte Vinyl-Kaskade.

Am altbekannten Empfangstisch steht Lilo mit Info-Mate- Das analoge Konditorenkunstwerk vor dem Besuch des rial zum Forum und Schnittblumen, die von den leider viel verdienten Mitgliedes Dirk Stückrath zu wenig vertretenen Frauen, die das Forum besuchen, zum Abschied mitgenommen werden dürfen. Wir entdecken einen zum korrekten Plattenwaschen fi nden. Um uns herum wuseln Tannenbaum, geschmückt in den Vereinsfarben, überall Lak- Aussteller, die in ihren Räumen (die für die große Besucher- ritze und Blumen. In diesem Jahr wird die Lakritze in handge- masse zum größten Teil viel zu klein sind) letzte Hand an ihre formten Vinylschalen dargeboten. Sogar auf der Toilette fi ndet Anlagen legen und dafür noch auf der Suche nach Staubtü- sich Vinyl-Deko. chern, Kabeln oder dem passenden Schraubenzieher sind.

Unser Weg führt am Empfang vorbei in die „Kommandozentra- Wir beginnen nun unseren Rundgang. Solange die diversen le“ der AAA. Dort stehen die Lakritzvorräte und wir erhalten Plattenwühltische noch nicht so belagert sind, sehen wir uns unsere Namensschilder. Auch das Gepäck stellen wir erst mal erst einmal dort um. In dem großen Raum fi nden sich Zube- ab. hör für Tonbandgeräte, Infos zur Raumakustik, ein kleiner CD- Verkauf, Zeitungsstände, Waschmaschinen und natürlich die Vor der Zimmertür werkelt Rainer noch an einer Vitrine mit Händler mit einer großen Auswahl an Schallplatten. An einem Testschallplatten und Messschablonen. Die Flure sind mit vie- der Verkaufstische entbrennt gerade eine Diskussion um die len dekorierten Stehtischen bestückt, auf denen sich Infos der GEMA. Ich kaufe derweil eine Platte, obwohl mein Mann meint, verschiedenen Händler, AAA-Stammtische und eine Anleitung wir bräuchten keine mehr.

Stets freundlich und einladend: Die guten AAA-Geister Lilo Hebel und Corinna Bluhmki (re) 6 AAA ANALOG 3/2012

Der E.A.R.-Discmaster Klanglich und preislich anspruchsvoll: Die Stimmung war besser, als es aussieht: Burkhard Schwäbe präsentiert die »Eternal Alexander Voigt von »Audio Note« Arts«-Komponenten von analogen Quellen

Dann gehen wir weiter in die AAA-Lou- voller Zuhörer und es beginnt aus aktu- 6«. Er hat eine sündhaft teure und edel nge. Wie immer kann man dort Schall- ellem Anlass gerade ein Gespräch über anmutende Kette mit Lautsprechern und platten und verschiedene Ausgaben des das Plattenwaschen, da die soeben aufge- Elektronik von „Onda Ligera“ aus Lett- Vereinsmagazins kaufen, und der vor- legte Scheibe versehentlich nur auf einer land dabei. bereitete Kuchentisch in der Raummitte Seite gewaschen wurde. Im Zimmer sind lässt auf Leckeres am Nachmittag hoffen. einige Raumakustikelemente verteilt und Auch bei »Goldenote« im neuen Vertrieb Auch die Vorführanlage läuft langsam in diesem Sinne die Vorhänge mit Klebe- »World of Highend« aus Österreich schuf- warm. band hochgewickelt. ten die Geräte. Im Moment hängt aber die Schallplatte, da wohl nicht der Origi- Nach einem vorerst nur kurzen Aufent- Wir gehen nun zu »Duevel«. Schon vor nalteller in Betrieb ist. Dafür gibt es in halt in der Lounge treffen wir Uli Apel dem Raum verlockt der ausgestellte und diesem Raum nette Gespräche und, wie an seinem Messplatz. Dieser wird bereits günstige Rundumstrahler »Planets« zum bei vielen anderen Ausstellern auch, eine von interessierten Zuschauern umringt. Eintreten. Im Zimmer läuft eine Band- kleine Vinylauswahl zum Erwerb. Uli ist -wie immer- gut gelaunt und maschine. Ein Raumakustikelement löst untersucht gerade einen alten Schneid- sich von der Wand und fällt auf die Laut- Nach diesen ersten Hörerlebnissen kopf. Fotografi eren lässt er sich eben- sprecher, was die Zuhörer in ihrer Kon- machen wir im Flurbereich eine kleine falls gerne. Um ihn herum erklingen die zentration jedoch gar nicht stört. Mit dem Pause. Dort ist ein Stand für Rack-Sys- ersten Platten- und Tonbandaufnahmen einzigartigen Abstrahlprinzip ertönt die teme aufgebaut. Aus dem Raum von »A aus den verschiedenen Vorführräumen. Musik räumlich und dynamisch. Capella« dringen Diskussionsfetzen zu Ganz allgemein sei hier angemerkt, dass uns heraus. Der analoge Nachwuchs in dieses Jahr doch einige Tonbandgeräte Beim Besuch der »Hornfabrik« erzählt Person eines Enkels, der seinen Opa auf spielen und sehr viel Röhrentechnik zu der Inhaber, Herr Eder, er habe die halbe das Forum begleitet, läuft an uns vorbei. bestaunen ist. Nacht an der Technik gearbeitet, bis der Es kommen viele interessierte Besucher, Bass endlich gestimmt habe. Jetzt funk- die Taschen voller Infomaterial, zum Teil Die Hörrunde beginnen wir bei »Silber- tioniert sie und klingt ausgewogen und auch mit Fotoausrüstung, an uns vorbei, static«, den einzigen Flächenstrahlern stimmig. die ihre Erlebnisse für zu Hause festhal- der Messe. Sie werden von günstiger ten wollen. Wir treffen die ersten Stamm- und hochwertiger »Audreal«-Röhrenelek- Der Raum ist gut besucht, genauso wie tischkumpel, die sich bereits einen Vor- tronik angetrieben. Der Raum ist schon bei Herrn Boss vom Vertrieb »Audition trag angehört haben.

Schlecht gelaunt? Einfach mal bei Uli vor- Gegen Schwächeanfälle: Schwarzes Gold Erinnert irgendwie an Lakritzschnecken – beigehen... in Dosen wohl kein Zufall... 8 AAA ANALOG 3/2012

Ein absolut ungewöhnliches Konzept: Die Duevel-Lautsprecher Masse = Klasse? Rossner & Sohn gehen ans Limit (oben, unten »Duevel Planets«)

Nun interessiert uns aber »Heed«, die außerhalb des Raumes ihres Vertriebes »B&T HiFi« mit einer kompletten Kette einschließlich des Lautsprechers „Enig- ma 5“ vertreten sind. In diesem Zimmer sind Musikwünsche erlaubt, die Anlage spielt gut ohne zusätzliche Raumakus- tikelemente. Es kommt Stimmung auf, da gerade eine irische Weihnachtsplat- te aufgelegt wird. Ich kaufe mir später ein Exemplar. Wir können uns hier zum ANALOG 3/2012 AAA 9

Hören mehr Zeit nehmen, da der Besu- wollten, können wir gar nicht mehr vor- cherandrang über die Mittagszeit etwas dringen. Trotzdem ist die Stimmung auf nachlässt und nicht alle Hörplätze belegt dem ganzen Forum gut und viele Besu- sind. Irgendwann müssen wir weiter, da cher warten geduldig von den Hörräumen wir ja den Artikel schreiben und einige um einen Sitzplatz zu ergattern, wie auch Selten zu sehen: Konsequente tangentiale passable Fotos abliefern sollen. Daher wir bei »E.A.R.-Yoshino«, wo auf dem sel- Abtastung von »Bergmann Audio« halten wir uns bei »WOD-Audio« nicht so ten zu hörenden Plattenspieler »Discma- lange auf, obwohl dort ein »Bergmann«- ster« verschiedene Tonarme verglichen Plattenspieler mit einem interessanten werden. Tangentialtonarm eingesetzt wird. Derweil schiebt Uli Apel mit einem Flip- Es geht weiter zu »Eternal Arts«. Dies- chart durch die Menge, da er im Raum mal hören wir die Anlage von Dr. Schwä- von »Input Audio« einen kleinen Vortrag be zusammen mit einem Tonbandge- über UKW halten soll. Da das Zimmer rät. In der Vergangenheit hatten wir sie schon voll besetzt ist, machen wir uns auch schon mit einem Plattenspieler und zur „Kommandozentrale“ auf. einem CD-Spieler erlebt. Der Raum ist voll und die Zuhörer sind sehr aufmerk- Auf dem Weg dorthin werden wir auf sam, da Dr. Schwäbe Stücke präsentiert, unsere digitale Fotoausrüstung ange- in denen sich gezielt verschiedene Instru- sprochen (Normalerweise fotografi eren mente hervorheben sollen. Zuerst eine wir analog, heute aber nicht, da wir die Hornfabrik Eder Viola, dann ein Saxophon spielen sich Bilder schnell für das Magazin zur Ver- ganz natürlich und nicht aufdringlich in fügung stellen müssen.) und entdecken den Vordergrund. Am Ende des Stückes in der AAA-Lounge den Kuchen in Form haben wir den Eindruck, dass manche eines Tonbandgerätes. In der »Zentrale« Besucher fast geklatscht hätten. nehmen sich außer uns noch einige Hel- fer eine Auszeit und kommentieren die Wir ziehen uns nochmals in den Flur- Musik, die durch die Wand des Neben- bereich zurück, wo kleine Gruppen zur raums dringt. Kaffeepause sitzen und über die verschie- denen Musikerlebnisse und die genau Der 362 kg schwere Plattenspieler von unter die Lupe genommenen Geräte dis- »Rossner & Sohn«, den wir uns jetzt anse- kutieren. Um uns herum sind die Hörräu- hen, spielt leider noch nicht. Also gehen me mittlerweile völlig überfüllt. Zu »Wolf wir zu »Audio Note«, wo die Zuhörer von Langa«, den wir eigentlich besuchen auch mal mit geschlossenen Augen kon- Goldenote PSP

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Das kommt dabei heraus, wenn ein Holzbauspezialist Lautspre- Experte für klangvollendete Phonoanpassung: Michael Bentrup cher baut: Horn-Monumente von »LignoLab« von »MONK-Audio«

zentriert sitzen bleiben. Die Anlage hier Freunde vom Stammtisch kommen vor- baut, mal mehr, mal weniger unterstützt spielt relativ leise und wird nicht von bei, in der Hand einen Koffer voll eigener von Raumakustikelementen. Nur wenige Kommentaren von Herrn Voigt unter- Platten zum Probehören. Zu Recht erzäh- Aussteller verzichten ganz auf diese. brochen, was sehr angenehm ist. Zu len sie uns, dass man doch mit Hilfe des Hause können die meisten Analogfans ja eigenen Vinyls einen besseren Vergleich Michael Bentrup von »Monk Audio« auch nicht so aufdrehen, wie es auf dem zur eigenen Anlage zu Hause erhält. nimmt uns nun mit in seinen Raum vom Forum während der Vorführungen oft »B&T HiFi-Vertrieb«. Er legt, besonders geschieht. Wieder erholt, begeben wir uns zu Herrn zu meiner Begeisterung, die Platte „Nana Hömke, der unter anderem die britischen Mouskouri in New York“ auf. Schade, An einer Plattenwaschvorführung von »Harbeth«-Lautsprecher vertreibt. Dies- dass wir sie nicht ganz anhören können. Sven Berkner im Flur drücken wir uns mal hat er auch einen Plattenspieler aus Doch es ist schon früher Abend und wir vorbei Richtung »LignoLab«. Dort emp- eigener Fertigung dabei. Die Lautsprecher wollen uns zum Tagesabschluss noch fangen uns die überdimensionalen kennen wir von zu Hause. Es ist erstaun- mal den XXL-Plattenspieler vornehmen, Lautsprecher, die beeindruckend leise lich, wie anders, aber auch gut, sie in Kre- der jetzt in Betrieb ist. Es ist eine Son- spielen, obwohl sie bestimmt die Wand feld an einer uns fremden Kette klingen. deranfertigung für einen Privatkunden durchdrücken könnten. In diesem Raum Der durchaus menschliche und schnell und passt optisch wie klanglich perfekt bleiben viele Interessierte etwas länger, behobene Fehler, nämlich dass bei der zur aufwändigen Röhrenelektronik »Mal- denn ehrlich, wer kann sich schon solche Vorführung verschiedener Vorstufen ein Valve« von Dieter Mallach. Riesen nach Hause stellen? Kabel falsch angeschlossen ist, stört das Hörerlebnis nicht. Der Raum wird in der Danach müssen wir uns vom Forum Während einer weiteren Pause beobach- Länge ausgenutzt. Die Anlagen der ande- verabschieden und packen, bereichert ten wir die Aussteller, die sich am Nach- ren Anbieter sind in den relativ kleinen durch zwei gekaufte Schallplatten, in der mittag auch mal gegenseitig besuchen. Zimmern quer vor dem Fenster aufge- »Schaltzentrale« unsere Sachen zusam- men. Nachdem uns Lilo noch herzlich gedrückt und Corinna mir eine Blume geschenkt hat, fahren wir mit vielen neuen und zum Teil auch vom letzten Jahr aufgefrischten Höreindrücken nach Hause.

Es beeindruckte viele Besucher, zu welch moderaten Preisen die Kette von Heed richtig gut Musik machen konnte ANALOG 3/2012 AAA 11

Einer hielt die Elektrostaten-Fahne hoch: Flächenstrahler Gewagt: Exklusives High End aus Lettland von »Onda Ligera« von »Silverstatic«

Zum Schluss möchten wir gerne anmer- ne Zubehör gebührend würdigen, da das fentlich alle Aussteller wieder sehen und ken, dass wir leider keine Zeit gefunden Angebot für einen Tag einfach zu groß hören dürfen. haben, die bestimmt hervorragenden war. Bitte sehen Sie es uns nach, dass wir Vorträge anzuhören. Leider konnten wir nicht alles erwähnen und fotografi eren auch nicht alle Anlagen und das von vie- konnten. Zum Glück wird es ja wieder ein Fotos: Thomas Wöll len Ausstellern umfangreich angebote- Analog-Forum 2013 geben, wo wir hof- Bildtexte: Thomas Senft

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Der Heilige Gral

SRA – das Maß aller klanglichen Dinge?

Von Thomas Senft Radiale Abtastung von Schallplatten ist bekanntermaßen fehlerbehaftet. Im Laufe der Zeit haben sich zahllose Experten der Aufgabe verschrieben, diese Fehler bis zur Bedeutungslosigkeit zu minimieren und haben dabei aus der exakten Justage von Tonabnehmer und Tonarm eine kleine Wissenschaft gemacht. Das diesjährige Analog-Forum durfte mit Wally Malewicz einen ihrer hochkarätigsten Vertreter begrüßen.

Der Herr im dunkelgrauen Anzug mit weißem Hemd wirkt überlassen, meint „Wally“, denn dann sei der Cantilever hops, schon auffallend vornehm unter den Forumsbesuchern. Wer und das sei dann doch das noch größere Übel. das ist? Weiß ich nicht. Ich tippe auf den Vertriebsmann einer Edelschmiede, der neben seinem sündhaft teuren Equipment Als er aber zum eigentlichen Inhalt seiner Mission kommt, adäquat aussehen möchte. Er sitzt in der Hotellobby mit einem wird klar, was „Wally“ uns damit sagen wollte: Man sollte Stapel von Aufsätzen, vom dem ich mir unter strengem Blick das Analog-Hobby nicht betreiben, wenn man keinen Sinn für einen erbitte. Dass er dort zum Gespräch bereit sitzt und des- Details hat. Und von diesen gibt es jede Menge, die klangent- halb vielleicht etwas enttäuscht war, erfahre ich erst in seinem scheidend sind. am Sonntag wiederholten Vortrag. Halten wir uns aber nicht bei Banali- Dieser hat mich angelockt, weil die täten wie Aufl agekraft und Antiska- Papiere mir eine wundersame neue ting auf, sondern gehen wir gleich ans Erkenntnis versprachen, die zu noch »Eingemachte«, zu jenem Wissensvor- akkuraterer Abtastung führen soll. sprung, an dem „Wally“ uns teilhaben  lassen will. Wally Malewicz ist seit 1978 Wahl- Amerikaner mit polnischer Herkunft Unter den Klangfetischisten im Ana- und möchte daher auch schlicht logreich gibt es nur wenige, die im „Wally“ genannt werden, ein ein- korrekten vertikalen Abtastwinkel prägsamer Name, den er auch den mehr sehen als die Anforderung, zahlreichen von ihm entwickelten den Tonarm parallel zur Plattenober- Justage-Werkzeugen gegeben hat fl äche zu justieren; damit sind nach (www.wamengineering.com). Und allgemeiner Auffassung alle davon „Wally“ beginnt seinen Vortrag recht abhängigen Parameter ebenfalls rich- launig, etwa mit dem Foto einer rie- tig eingestellt. Bernhard Jünemann Q sig vergrößerten Abtastnadel, die hat auf den vorangegangenen Sei- unter einem Wust von Schmutz gar U nicht mehr zu sehen ist: Ausstat- Die »Live«-Zeichnung von W. Malewicz ´ tung eines Akademikers, der nicht lässt erkennen, dass der VTA des gewusst habe, dass man den Dia- Schneidstichels durch die Geschichte  der Schallplatte zwischen 15 und 30° manten von Zeit zu Zeit auch einmal differierte. Auch deshalb ist der SRA reinigen müsse. Aber immer noch als absolute Größe in „Wallys“ Augen besser, als dies seiner Ehefrau zu der einzig entscheidende Wert  TITEL 18 TITEL ANALOG 3/2012

VTA ca. 22° (Soll!) SRA 92°

Das Verhältnis von VTA und SRA, bezogen auf »moderne« Wally bietet eine Reihe von Justierwerkzeugen zur Einstellung Schallplatten (nach 1960) eines korrekten SRA an (Foto: www.wamengineering.com)

ten zwar ausführlich dargelegt, welche Die Abtastung sollte der Rille möglichst messtechnisch und nicht nach Gehör. Bedeutung der »Vertical Tracking Angle« genau so folgen können, wie diese vom Wie die Abbildung zeigt, sollte nach den (VTA) für optimale Klangerlebnisse hat. Schneidstichel gezogen worden ist. ausgiebigen Forschungen von Malewicz Auch nimmt er dabei bereits die genaue Dies ist durch das Prinzip der radialen und Fremer die Abtastspitze nicht exakt Unterscheidung zwischen VTA und SRA Abtastung in der Horizontalen bereits senkrecht stehen, sondern in einem (»Stylus rake angle«) vor, möchte aber eingeschränkt. Je besser der Kontakt Winkel von 92° zur Plattenoberfl äche. der Bekanntheit halber beim Begriff VTA der Abtastspitze mit den Rillenfl anken, Wenn dies die maßgebliche Bezugsgröße bleiben, weil beide ja letztlich auf dassel- desto sauberer folglich das Klangbild. für reinsten Klang und beste Räumlich- be hinausliefen. Dies aber ist durch einen korrekten VTA keit ist, dann kann ein möglicherweise nicht zwangsläufi g gegeben. Der VTA des bereits ab Werk nicht ganz korrekter Wahrscheinlich meint er dasselbe wie Schneidstichels liegt bei etwa 22°, dem- VTA ohne weiteres vernachlässigt wer- Wally Malewicz, dieser legt jedoch groß- zufolge wäre eine Einstellung zwischen den, da ja das Entscheidende allein die en Wert auf eine genaue Abgrenzung 18 und 24° korrekt. Das bedeutet aber aus Position der Nadelspitze ist. beider Begriffe voneinander. Auf seiner den oben genannten Gründen noch lange Webseite thematisiert er VTA ebenfalls nicht, dass der Winkel der Abtastspitze Fragt sich nun, wie man in diesem Mikro- als wichtigen Parameter, für seinen Vor- optimalen Kontakt zu den Rillenfl anken bereich einen Winkel von 92° überhaupt trag in Good Old Germany hat er jedoch hat. Denn dies ist auch abhängig von der exakt bestimmen will. „Wally“ emp- wegweisend Neues im Gepäck: Schliffcharakteristik der Nadelspitze. fi ehlt ein digitales Handmikroskop aus Gleich zu Beginn erklärt er VTA zur dem Hause CELESTRON (Preis: 124,- €), sekundären Kategorie. In der Zeichnung Den optimalen Winkel zwischen mit dem man die Szene aufnehmen und und auf dem Foto oben ist anschaulich Nadelspitze und Plattenoberfläche dann am Computerbildschirm den Win- dargestellt, worin der Unterschied bezeichnet „Wally“ als »Stylus Rake kel messen kann. besteht. VTA ist als der Winkel zwischen Angle« (SRA) (Vgl. Foto), zu Deutsch Plattenoberfl äche und Nadelträger defi - auch „Nadel-Steigungswinkel“. Aufgrund Platten- und schneidetechnische Indivi- niert. Dieser nun wird von Wally Male- zahlreicher Experimente und Messungen dualitäten unterschiedlicher historischer wicz deshalb nicht als entscheidender habe er gemeinsam mit Michael Fremer Schneidetechniken blieben damit unbe- Parameter eingestuft, weil der Abtast- festgestellt, dass auf SRA-Fehler zurück- rücksichtigt; ein durchaus ernst zu neh- diamant bei korrektem VTA keineswegs zuführende Verzerrungen sich als deut- mender Vorteil hingegen ist, auf diese automatisch »senkrecht« stehen muss. lich hörbarer zeigten als VTA-bedingte. Weise nicht bei jeder Scheibe Verände- Die exakte vertikale Position der Spitze Aus diesem Grunde sei SRA das Maß rungen vornehmen zu müssen – obgleich in der Rille aber sei -mit geringfügigen aller klanglichen Dinge bei der Justage Bernhard Jünemann sicher einwenden nadelspezifi schen Abweichungen- das und nicht VTA. Dies gelte nur für sphä- würde, dass es aufgrund der beschrie- Entscheidende, um verzerrungsfreie Wie- rische Diamanten nicht, weil bei die- benen Spezifi ka eigentlich gar keine dergabe, minimalen Plattenverschleiß sen die Kontaktfl ächen sehr groß seien. universelle Einstellung geben kann. Für sowie akkurateste Aufl ösung und Räum- Doch dieser Nadeltyp fi nde kaum noch Perfektionisten, denen es auch auf das lichkeit sicherzustellen. Verwendung, von daher sei der kor- letzte Quäntchen Klang ankommt, ließen rekte SRA für praktisch jeden Audiophi- sich beide Verfahren aber auch treffl ich Um nachvollziehen zu können, warum len von höchster Relevanz. Anders als kombinieren: Die Grundeinstellung nach diese Zusammenhänge von Wichtig- Bernhard Jünemann (vgl. vorangegan- der Methode von „Wally“, das gehör- keit sind, sollte man sich noch einmal genen Artikel) defi niert Wally Malewicz subjektive Feintuning etwa mit dem Folgendes vor Augen führen: also die optimale VTA/SRA-Einstellung »Ringmat«-Supportsystem.

+R ANALOG 3/2012 TITEL 19

„Wally“ am Gral der analogen Weisheit: Aufgelockert durch launige Sprüche, erläutert Wally Malewicz die Bedeutung eines korrekten SRA für vollendeten Klanggenuss.

Am Ende der Diskussion ist SRA für Dennoch sollte man dabei aber nicht Geoff Husband, zurück, indem er deren jeden nach dem klanglichen Optimum »päpstlicher als der Papst« sein wollen: Absolutheitsanspruch relativiert: „SRA/ suchenden Analogliebhaber sicherlich Denn schließlich bedeutet auch jede Wel- VTA matters of course, but in the real eine Größe, an der er nicht vorbei kommt. lung in der Plattenoberfl äche eine Verän- world not THAT much, rigidity, simpli- Anders als viele Voodoo-Tipps obendrein derung des SRA. Und aus der recht hef- city and lateral alignment are all more völlig kostenlos und technisch abgesi- tigen amerikanischen SRA-Kontroverse important.“1 chert. zieht sich einer ihrer Protagonisten, Fotos: Thomas Senft

1 www.tnt-audio.com/sorgenti/vta

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Spiel mit dem Feuer

Erfahrungen mit Verbindungskabeln und anderen Mythen

Von Thomas Senft Das Thema Klangbeeinfl ussung durch Verbindungskabel ist für jeden Audiophilen eines der verlockendsten und kritischsten zugleich. Einige Brandwunden aus 30 Jahren High-End-Erfahrung, einige Zitate und ein rein privater Kabelvergleich. ANALOG 3/2012 TECHNIK 27

Altgedient und grundsolide: Das WBT-CSS mit den hauseigenen In klangverbessernder Mission: Das HORN PRIMUS »on stage« Spreizsteckern

Ja, sie sehen meistens aus, als könnten liche Lager gespalten. Während die phy- Aber es kann noch schlimmer kommen: sie problemlos die Auslage eines der sikaffi ne Fraktion den Klingeldraht für Dass nämlich ein »billiges« Audiokabel teuersten Juweliere am Platz schmü- prinzipiell ausreichend erklärt hat, feiern genauso gut oder sogar besser klingend cken. Fingerdicke Stränge mit zahl- in der mit höheren Weihen gesegneten, erscheint als ein »highendiges«. Schließ- losen kunstvoll verdrillten Litzen, die audiophilen Sektion die magischen Ein- lich ist zum Beispiel ein Koaxialprinzip -mit Männeraugen gesehen- in puncto fl üsse regelmäßig fröhliche Urstände. etwas physikalisch Grundlegendes, das Schönheit den Vergleich mit weiblichem Das hat zweifellos etwas von Mystik1, wie sich auch für wenige Euro realisieren Halsschmuck nicht zu scheuen brauchen. so manches in der High-End-Welt, und lässt, selbst wenn man edle Metalle ein- Und was Frau dafür auf den Tisch des hat damit das Zeug für ein echtes Spiel setzt. Hauses zu legen bereit ist, ist Mann alle- mit dem Feuer. mal. Denn High-End-Signalkabel sehen Aber wo Mystik im Spiel ist, sind die nicht nur aus wie Schmuckstücke, son- Denn es ist noch nicht so lange her (und Hohen Priester in der Regel nicht weit. dern bestehen zumeist aus ebenso edlen auch noch nicht vorbei), dass Kabel für Einige Namen sind branchenbekannt, Metallen, die -selbstredend- eigentlich 1000,- Euro (pro Meter!) als die klang- und manchmal verwundert es schon ein nur der möglichst befreiten Signalleitung liche Offenbarung schlechthin gehypt wenig, wenn Herren jenseits der Sech- zugute kommen sollen. Oder hört etwa und vermarktet wurden. Ohne Gewinn- zig beschwörend vom absoluten Klang das Auge doch mit? garantie, versteht sich. erzählen. Eine clevere Idee ist es allemal, sich mit vergleichsweise überschaubaren Befreit ist man von dieser stets neuen So stellt sich zwischen beiden Extre- Investitionen den Mythos vom Klang- Sehnsucht nach dem Besseren nur, wenn men die Frage nach der Wahrheit guru und damit ein lukratives Geschäft man irgendwann einmal mit dem Thema immer wieder neu. Und schon hier wird aufzubauen. Gläubige Jünger werden sich Kabel abgeschlossen, weil die »endgül- es schwierig. Denn wer defi niert in einer schnell einfi nden, wankelmütige eben- tige« Lösung gefunden hat oder schlicht- Sphäre subjektiver Wahrnehmung, was so, womit der Kreislauf des geschäfts- weg nicht mehr von Zweifeln heimge- klangliche Wahrheit ist? Die Tester von fördernden Umsatzkarussels garantiert sucht werden möchte. Für alle anderen HiFi-Magazinen als unfehlbare Juroren? wäre. gilt die stetige Versuchung, die eigenen Wer die Investition von, sagen wir, 200,- Verbindungen könnten doch nicht die Euro je Meter nicht heraushört, wird In den Asservatenkammern von Audio- optimalen sein und sich beeinträchtigend von High-Endern schon schnell mal als philen lagern in der Summe sicher Millio- auf das Klangbild auswirken, sprich: das »Hörinvalide« abqualifi ziert. nenwerte an Kabeln, Entkopplern, Racks Potential der teuren Hardware an seiner und Spikes und sonstigem magischen vollen Entfaltung hindern. Dabei ist das Motiv nur allzu durchschei- Zubehör. nend: Dass nämlich nicht sein kann, was Seitdem dieser Gedanke in der Welt ist nicht sein darf. Wer würde gerne zuge- Was sagte kein Geringerer als Wally (etwa seit Beginn der 1980er Jahre) ist ben, einige hundert oder gar tausend Malewicz auf dem Analog-Forum: „They die Gemeinde auch in zwei unversöhn- Euro in den Sand gesetzt zu haben? tested a power cord by sound!“ Und mit

1 DUDEN-Defi nition: „Geheimlehre; religiöse Richtung, die den Menschen durch Hingabe und Versenkung zu per- sönlicher Vereinigung mit (dem Klang-)Gott zu bringen sucht.“ (Ergänzung in Klammern durch den Autor). 28 TECHNIK ANALOG 3/2012

1977 stellten wir das erste Kugelwellenhorn ironisch rollenden Augen Versprechen – die Reali- auf der IFA vor. ließ er sich diesen Satz vor tät fast immer deutlich Publikum noch einmal auf bescheidener. Seit 2012 gibt es das der Zunge zergehen. erste EINHORN! Was ich in diesem Zusammen- So – das war jetzt böse genug. Und an hang damit sagen will: Wir sollten (vor • Traumdaten dieser Stelle wird es Zeit für ein paar allem mit uns selbst) ehrlich sein und • Reale Technik Klarstellungen. Mythen erst einmal grundsätzlich miss- Wer hier schreibt, war selbst lange genug trauen. Aber auch uns selbst: Wir sollten • Innovatives Konzept ein »Jünger«, der ehrfürchtig zu den ver- selbstkritisch zu unterscheiden lernen, meintlich Wissenden aufgeschaut hat. was da in unseren Ohren klingt und was Vor allem aber war er immer einer, der vielleicht eher in unserer Imagination. seit 40 Jahren – auch noch das letzte Quäntchen Verbes- Ich denke, das ist auch eine angemes- und es geht weiter! serung aus seiner Kette herausschlagen sene Einstellung, wenn man sich auf wollte. Tonabnehmersysteme kamen und das Anhören (!) eines Kabels einlässt. gingen, Gurus klopften an die Tür und Ich habe Leute über die bessere Trans- brachten das highfi dele Weltbild ins Wan- parenz ihres neuen, teuren Kabels philo- ken, Mythen stellten sich ein und ver- sophieren hören, denen jedoch nicht auf- langten nach angemessener Bezahlung. fi el, dass die Grundtonalität ihrer Anlage Das war eine unruhige, ja meinetwegen nicht stimmte. »spannende« Zeit. Wenn man Spannung Es ist nicht zu leugnen, dass höherwer- als das Gegenteil von Zufriedenheit und tige Kabel mit stabilen, fest sitzenden den Blick bzw. das Ohr für das Entschei- Steckern besser klingen als primitive dende defi niert. Strippen. Je schwächer das Signal ist, desto wichtiger sind Leitfähigkeit und Nennen wir zwei dieser Mythen: Der Abschirmqualität einer Verbindung; und eine heißt »Japan-Pressungen«, der ande- das trifft auf Phonosignale ohne Zweifel re »Mobile Fidelity Sound Lab« (MFSL). zu. Aus diesem Grunde werden hier auch Ich habe es genossen, die Scheiben mit bevorzugt Silberkabel verwendet. der Japan-Banderole zu besitzen, denn sie wiesen mich vor mir selbst und ande- Hier und heute aber soll es um eine ren als Klang-Gourmet aus. Das Vinyl Hochpegelverbindung gehen, in meinem war leiser als das so mancher europä- Falle um die zwischen SACD-Player und ischen Pressung, darüber hinaus war Vorstufe. Zum Hören lag das Schmuck- der Mythos futsch. Stan Rickers MFSL stück PRIMUS von HORN AUDIOPHILES dann war die Königsklasse: „Direkt von bereit, eigentlich zu schön, um es hinter den Masterbändern“! Man musste schon den Geräten zu verstecken. Bei diesem hartgesotten sein, um das Dreifache für Kabel handelt es sich um eine gerichte- eine LP hinzulegen, die versprach: „An te Verbindung, das heißt die vorgegebene audiophiles´s dreams come true“. Damit Flussrichtung vom Player zum Verstär- verhielt es sich aber durchaus durch- ker sollte eingehalten werden und ist auf wachsen. Zwar besitze ich einige dieser dem dekorativen Holz angegeben. Außer- Scheiben, eine davon aber würde ich als dem möchte das Kabel etwa 40 Stunden schwächer einstufen als die normale Han- lang eingespielt werden, ein Procedere, delspressung. Der Glaube und die Erwar- das uns schon bei SWOBODA-AUDIO (vgl. tung waren so verheißungsvoll wie die Heft 02/2012) mit dem „Einbrennen“ der ANALOG 3/2012 TECHNIK 29

Das Auge hört mit: Edler Look mit Steckern von CLEARAUDIO

Kabel begegnete. Das HORN-Kabel zuletzt Gehörte? Dann Fazit: Ein Wunder ist ausgeblieben. Aber ersetzte eine WBT-CSS-Verbindung, wieder der Durchgang auch ein Flächenbrand der Unzufrieden- die fertig konfektioniert mit den her- von vorne, der sich dann heit. Ohne das Vermächtnis irgendeines vorragenden WBT-Spreizsteckern unweigerlich mit Klanger- Hohepriesters im Nacken konnte ich mich schätzungsweise 30 Euro kostete; innerungen mischt? ganz unbeschwert auf diese Reise bege- das HORN-Kabel schlägt mit etwa 140,- ben. Fest steht: Ich werde dieses Kabel Euro zu Buche, was einen gestandenen Ich bin diesen Weg klassischen behalten. Weil es ein i-Tüpfelchen ist, wie Audiophilen aber immer noch entspannt Testens bewusst nicht gegangen. Ich ich es liebe. Und manchmal wird auch lächeln lässt. habe die Kabel nicht ständig gegenei- mein Auge mithören. nander ausgetauscht und mir Notizen Auf dem musikalischen Programm stan- gemacht. Ich habe einfach den über Jahre Richtig spannend wäre jetzt ein den Klassik-SACDs von hervorragender gewonnenen Klangeindruck zugrunde Phonokabel... Aufnahmequalität wie auch Pop- und gelegt und dann mit dem HORN-PRIMUS Rock-CDs resp. –SACDs. Das Hören immer wieder gehört – und es dabei oft Fotos: iStock, Thomas Senft und erstreckte sich über mehrere Wochen auch schlicht vergessen. Ganz einfach, Horn Audiophiles in unterschiedlichen Stimmungen, aber weil ich glaube, dass ein Unterschied stets unter optimalen Bedingungen, wozu schon so signifi kant sein muss, dass er z.B. der frisch gelüftete und richtig tem- einen Grundeindruck verändert und dass perierte Hörraum gehört, um einen weite- man diesen neuen Grundeindruck auch ren Mythos von meiner Seite beizusteu- eine Woche später wieder wahrnehmen ern. Es sollte sich bei diesem Erfahrungs- sollte. Und das Wichtigste: Ist dieser neue bericht ausdrücklich nicht um einen Grundeindruck, wenn er sich den über- »Test« handeln, der Vergleichskandidaten haupt ergibt, „besser“ als der vorherige? und -sofern überhaupt möglich- objekti- Angenehmer, stimmiger oder „leben- vierbare Bedingungen erfordert hätte. diger“, wie es HORN selbst verspricht?

Womit ich bei solchen Hörexperimenten In meinem Falle war es durchaus so, dass immer Probleme habe, ist die Eindeu- ich mich anfangs schwer tat, eine Verbes- tigkeit, bestimmte Wahrnehmungen auf serung festzustellen. Schuld daran ist in genau die ausgetauschte Komponente erster Linie die übersteigerte Erwartung, zurückzuführen. Abwechselnd bewunde- die man an einen Kabelwechsel hat. Und re oder misstraue ich Kollegen, die darin eigentlich geht es ja weniger um „bes- so sicher sind oder dies zumindest vorge- ser“ als um „anders“ – und um die sub- ben. Typischer Fall: Man hört ein Musik- jektive Bewertung dieses „Anders“. Mehr stück wieder und wieder, immer unter- und mehr nahm ich insbesondere bei der brochen durch den Tausch der Komponen- Klassik wahr, dass die dargestellte Räum- ten, also z.B. Kabel, Lautsprecher, TA-Sys- lichkeit differenzierter war als zuvor. Vor tem usw. Spätestens beim dritten Hören mir entstand eine schöne, klarer umris- beginnt sich Überdruss einzustellen, sene Bühne, auf der die Plätze einzelner der beeindruckende Effekt der schönen Musiker eindeutiger zu erkennen waren, Musik beginnt zu bröckeln, ja, es kann als mir das vorher gelang. Das Klang- sogar zu hörpsychologisch bedingten bild schien insgesamt ausgewogener Gereiztheiten kommen, die zweifellos die und eine Spur lebhafter als früher. Die Bewertung des Wahrgenommenen beein- Differenzierung auch bei Orchestertutti trächtigen können. Es ist erwiesen, dass erschien mir müheloser und daher weni- auch unser Gehör ermüdet und Auszeiten ger anstrengend. braucht. Also immer ein Nachteil für das 40 AAA ANALOG 3/2012

Volle Hütte bei den HiFi-Klassikern

Einblick in die Produktionstricks legendärer Pop-Meisterwerke

Von Michael Fehlauer Dass viel mehr Musikfreunde in ein kleines Hotelzimmer passen als man selbst bei großzügigster Auslegung für möglich gehalten hätte, wurde im Raum HiFi – Klassiker während der Workshops eindrucksvoll demonstriert. ANALOG 3/2012 AAA 41

Rarität, die Wehmut aufkommen lässt: Der Röhrenvorverstärker/- Japanische Schönheit aus den Siebzigern tuner von SCOTT aus dem Jahre 1962

Referent und Tonmeister Heinrich Schlä- »Topliga« ist dabei nicht übertrieben. der menschlichen Stimme ist einfach fer aus Wien eröffnete die Reihe mit dem Da half bei der Wiedergabe von zeitlos schön. Soweit die Workshops. Vortrag „Produktionsweisen legendär- Livekonzerten schon mal der Hinweis er Pop-Produktionen“. Sein professio- „von Cassette“ weiter, weil es sonst Nicht weniger faszinierende Stimmen neller Blick auf die Entstehung einzigar- niemand für möglich gehalten hätte. Die konnten mit herausragenden Mono- tiger Soundeffekte machte klar, was diese angestöpselte BC1 als Monitorlegende aufnahmen erlebt werden. Johnny Aufnahmen heute so unverwechselbar der BBC passte für diesen Einsatzzweck Hartmanns LP »I just dropped by to say macht. Überraschend auch, welch unkon- genau. Neutral und selbstverständlich hello« zum Beispiel, nahm alle Zweifel, ventioneller Mittel sich manche Künstler gab sie alles so wieder, wie es der ob Monophonie auch räumlich sein kann. bedienten. Mit seinem Wiener Charme Tonmeister einmal abgemischt hatte. Er stand im Raum, personifi ziert als und Anekdoten rund um die Künstlerper- Ideal für unsere Workshops, die genau echte Monoaufnahme von 1963 für das sönlichkeiten, die natürlich dazugehören das abforderten. »IMPULSE«-Label. Aufgenommen vom wie der Schlagobers zur Sacher-Torte, zog Altmeister »Rudy van Gelder, himself«. Heinrich Schläfer die Hörer schnell auf Den zweiten Workshop „Das Einmessen seine Seite. von Tonbandmaschinen“, bestritten Tom D a s M o n o S e t - U p b e s t a n d i n d i e s e m J a h r a u s Schmitz und Uli Apel gemeinsam. Was so einem Mix amerikanischer und englischer Vorgeführt wurde mit einer Technics manchen von Beamerpannen frustrierten Komponenten. Als Plattenspieler spielte ein High-End-Anlage von 1976. Dazu hatte Workshophörer überraschte: Sie skiz- EMPIRE Troubador aus den USA von 1958 mein »Stereopartner« Andreas Donner zierten die Vorgehensweise »Step by Step« auf - mit dem Grado Holztonarm sowohl wahrlich Großes aufgefahren. Die Anla- per Stift am Flipchart. Erstaunlich, wie stilistisch als auch technisch im richtigen ge, bestehend aus dem Tuner ST-9600, der unkompliziert analoges Kommunizieren Zeitfenster angesiedelt. Daran hing das Vorstufe SU-9600, der Endstufe SE-9600 sein kann. DENON DL 102 MONO als moderner und dem Cassettendeck RS-9900, machte Abtaster. Erstaunlich, wie gut sich alt und mit den Spendor BC1 (WDR-Version) Dass die Sängerin Inga Rumpf eine Stim- neu verstehen können. Verstärkt über den -Monitoren klar, warum sie so einen me hat, die unter die Haut geht, ist an Monophonic, eine reine Mono-Phonostufe guten Ruf hatte. Darauf thronte der bild- sich nicht neu, wurde aber im Workshop mit variabler Entzerrmöglichkeit, wurde schöne Technics Direkttriebler SL 110, von Dirk Sommer mit einer „Sommelier das Signal direkt in den Hochpegeleingang die Konsumerversion des legendären SP du Son“ Produktion noch einmal nach- einer echten Rarität, dem SCOTT 355 10 mit einem »Acos Lustre«-Tonarm. Die- haltig in Erinnerung gerufen. Preceivers von 1962, gespeist. Wie ser HiFi-Tower ließ so manchen Besucher Ihre Stimme stand derart im Raum, dass es sich für amerikanische Geräte der in Wehmut versinken. In den Siebzigern sie mit den Ohren förmlich erfühlt wer- Röhrenära gehört, natürlich als offene spielte diese Kombi sowohl klanglich als den konnte. Klar umrissen, sehr körper- Version ohne Holzgehäuse, was bei diesen leider auch fi nanziell in der Topliga und lich und auf das rechte Maß, eben Inga, Schmuckstücken sonst unverzeihlich wäre. blieb so für viele unerreichbar. reduziert. Die authentische Darstellung Mit seinen 17 Röhren gehörte der Scott zum 42 AAA ANALOG 3/2012

Tom Schmitz in seinem Element beim Thema Bandmaschinen Trio geniale: Heinrich Schläfer, Michael Fehlauer und Andreas Donner machten »Vintage« vom Feinsten möglich.

Feinsten und Aufwendigsten, was der US aus der ersten Serie von CME Acoustics. Text: Michael Fehlauer Markt neben MCIntosh und The Fisher Dessen Kunden fi nden sich vornehmlich in Bildtexte: Thomas Senft Anfang der Sechziger zu bieten hatte. der Studioszene und unter Musikern. Fotos: Michael Fehlauer Copyright: Michael Fehlauer A l s E n d s t u f e h e i z t e e i n e L E A K S t e r e o 2 0 d e n Was bleibt? Professionelle Workshops, Lautsprechern ein, die mir Andreas Donner so manches Klassiker-Déjà-vu Erlebnis zur Seite stellte. Das passte wie für einander und eine entspannte Atmosphäre, frei geschaffen. Auch wieder Monitore als von kommerziellen Zwängen. Schöner Lautsprecher, diesmal ein Pärchen M29 geht nicht. ANALOG 3/2012 MUSIK 53

Ver gessen e Schät ze

»LAKE (I)«(1976)

Auf Augenhöhe mit internationalen Rockbands

Von Thomas Senft 1976 war der »Walk Of Fame« für Rockmusik in den Köpfen von Kennern klar mit Namen besetzt, die ausschließlich aus der britischen und US-amerikanischen Szene stammten: Ob man nun Größen wie Pink Floyd, Genesis, Deep Purple, Rolling Stones, The Who, Led Zeppelin, Dire Straits oder andere verehrte, niemandem wäre eingefallen, eine Gruppe von Rang und Namen aus Deutschland zu nennen.

Dabei ist es eigentlich auch sicher deren internationalem geblieben. Wenn LAKE heute Erfolg förderlich war, der sich in darauf stolz sind, als Vorgrup- der Anfangszeit vor allem in den pe von Joe Cocker mit auf Tour USA einstellte. gehen zu dürfen, so ist das für jemanden, der diese Grup- Bis heute ist dieses Album in pe über ihr erstes Album ken- meiner Sammlung einzigar- nen gelernt hat, eigentlich eine tig geblieben. Eine Musik, die Schande. Denn anders als der eigentlich mit nichts anderem Altstar hat LAKE von Anfang vergleichbar ist, obwohl sie sich an eigene Songs mit englischen natürlich an bereits existenten Texten geschrieben und es Stilen orientierte. gewagt, mit diesen in einer Zeit auf den deutschen Musikmarkt Wo immer Sie diese Scheibe fi n- zu kommen, als dort nur »Kraut- den können: Kaufen! Denn auch rock« angesagt war. die Aufnahme entspricht höch- sten Standards, soweit man diese Der druckvolle, aber niemals von einer Standardpressung dröhnende Westcoast-Rock erwarten kann. nistete sich in meinem Ohr durch klaren Aufbau, stimmige Vokalharmonien und ausgesprochen Titel: “Lake” brillante Einzelleistungen der Musiker an ihren Instrumenten James Hoppkins-Harrison, Gesang aus, wie ich es zuvor nur von den besten Alben der Gruppe »The Martin Tiefensee: Bass Who« kannte, die aber ein deutlich andere Musik machen. Detlef Petersen: Keyboards, Gesang Alex Conti: Gitarre, Gesang Die gesamte zweite Seite von LAKE I, die man auch in einem Dieter Ahrendt: Drums, Percussion Stück hören sollte, legt davon beeindruckendes Zeugnis ab. Geoffrey Peacey: Keyboards, Gesang Beeindruckend nicht nur für mich: 1977 erhielt das Debütalbum Normal-LP, 33 rpm den Deutschen Schallplattenpreis, ein heller Stern am Rockhim- Label: CBS mel, dem allerdings kaum gleichrangige folgten. Klang: 1 Musik: 1

Der Ehrlichkeit halber muss man einräumen, dass in James Foto Cover: Thomas Senft Hopkins-Harrison ein Brite der Band die Stimme lieh, was Foto: istock ANALOG 3/2012 NEUES & EINZIGARTIGES VINYL 67

Miles Davis: Trompete & Orgel Sonny Fortune: Saxofone und Flöte Michael Henderson: Fender Bass Pete Cosey: Gitarre, Synthesizer & Percussion Reggie Lucas: Gitarre Al Foster: Schlagzeug Mtume: Congas, Percussion, Water Drums & Rhythm Box

Remasterte LP, 33 rpm Label: 4 Men With Beards Preis: 30 Euro

»Pangaea«

Miles Davis

Von Claus Müller sowie interessanter Instrumentierung. Mal laut und fordernd, mal leise und sinnlich, mal rhythmisch, dann wieder inne- Dieses Reissue von “4 Men With Beards” ist für mich ein Segen. haltend. Interessanterweise haben einige bekennende Miles- Von ein paar Jahren kaufte ich teuer die Japanpressung die- Davis-Fans aus meinem Umfeld bisher einen Bogen um diese ser LP: Diese ist so verrauscht, dass das Anhören für einen Scheibe gemacht. Aus meiner Sicht gehört sie beim Liebhaber High-Ender mit Qualitätsanspruch wie mich ein grausamer Akt aber unbedingt in den Schrank sowie auch bei jedem nach ist. Klar kaufte ich die vorliegende Neuaufl age in dem Bewusst- musikalischen Alternativen Suchenden. Und damit bin ich wie- sein, dass sie immer noch ein wenig rauscht – wenn auch all- der beim Einstieg in diesen Artikel: Vielen Dank dafür, dass gemein im Internet als perfekt ausgewiesen – ich war eben ein es auf diesem Planeten jemanden gibt, der diesem Kunstwerk »gebranntes Kind«. fernab des Mainstreams eine so audiophile Chance gibt. Blind Um so erfreulicher ist nun, dass auf meinem Plattenteller eine kaufen? Nein. Reinhören: Unbedingt, wenn möglich. Für Davis- völlig entstaubte, saubere und für diese Live-Aufnahme von Sammler: Ein Muss. Für mich: Purer Genuss. 1975 gut remasterte Platte liegt. Das Klappcover hat eine Beson- derheit: Aufgeklappt ist außen wie innen ein durchgehendes Klang: 2 Bild bzw. Kunstwerk im doppelten Plattenformat zu sehen: Es Musik: 2 liegt beim Hören stets aufgeklappt herum. Auf beiden Seiten der plan aufl iegenden Platten befi nden sich nur zwei Musik- stücke. Auf solche Dinge stehe ich. So ist dieses Werk ohne musikalisches Füllmaterial, das man von vorne bis hinten zu hören mögen muss. Von ungeübten Ohren kann diese Musik teilweise als laut und anstrengend empfunden werden, weil sie ins Atonale hineinragt. Speed-Jazz sowie Medita- tionsjazz mit psychedelischer Ambition, wenn Sie mich nach einer Begriffl ichkeit fragen. Aber mit einem tollen Rahmen, gespickt mit Soli und langen Improvisationen der verschiedensten Art ANALOG 3/2012 NEUES & EINZIGARTIGES VINYL 71

Michel Godard: Serpent, E-Bass (auf B2) Steve Swallow: E-Bass Gavino Murgia: Sopran-Saxofon, Stimme Bruno Helstroffer: Theorbe Fanny Paccoud: Violine Audiophile LP, 33 rpm Label: sommelier du son, sds 0015-1 Aufnahmeort: Abtei Noirlac, Frankreich (5. Juni 2011) Laufzeit: 43 Minuten Preis: 35 Euro

Soyeusement – Live in Noirlac Michel Godard

Von Claus Müller einen Hall, der genau in der richtigen Portion mit eingefan- gen wurde. Dieses Projekt zu realisieren, ist eine großartige Wer Anfang November beim Analog-Forum in Krefeld war, und mutige Idee, etwas Außergewöhnliches zu machen. Eine konnte Birgit Hammer-Sommer und Dirk Sommer persönlich genauere Beschreibung zum Werk können Sie im Internet unter kennen lernen, mit ihnen sprechen, sie ausquetschen oder den „http://sds-rpm.timetobeat.com/“ fi nden bzw. auf der Innensei- Workshop zum Thema „Analoge Produktionen“ besuchen. Dort te des Klappcovers nachlesen; hier gibt es auch Fotos und man wurde auch die neueste Vinyl-Produktion vorgestellt, die auf gewinnt einen kleinen Eindruck von der Atmosphäre bei der den oben genannten Namen hört. Aufnahme – die bestimmt genau so magisch war wie das inten- sive Hören dieser Schallplatte. Das Cover ziert ein Foto der Abtei Noirlac in Frankreich, wo auch die Aufnahmen entstanden. Das Label nennt sich »Somme- lier du Son«, was nach Wörterbuch übersetzt „Weinkellner des Klang: 1 Klangs“ bedeutet; ich übersetze es frei: „Mir wird Wohlklang Musik: 1 serviert“ bzw. wird mir suggeriert, dass die Macher einiges an Wissen über Klang haben. Genau! Man nehme: ein Serpent*, Foto Cover: Claus Müller eine Therobe*, eine Barock-Violine, einen Elektrobass, ein Sopran-Saxofon und eine Stimme. Man kombiniere die Zutaten sinnvoll in verschiedenen Konstellationen, nehme alles mit ana- logem Equipment auf und serviere es bestens zubereitet als Bei uns im 180 g schweres Vinyl. AUDIO FORUM Zu hören gibt es Stücke, die schillernd und düster zugleich spielt die Musik. Wie sonst daherkommen, sinnlich und tief, die ins Jazzige und ins Klas- nirgends auf der Welt sische ragen, mit einem guten »Fluss«, oft große musikalische Bögen spannend. Der Aufnahmeraum in der Abtei verfügt über Wir wissen warum – nutzen Sie unser Wissen! Koloniestr. 203 47057 Duisburg Tel. 02 03 - 37 27 28 [email protected] www.audioforum.de 74 NEUES & EINZIGARTIGES VINYL ANALOG 3/2012

Jimi Hendrix/

Von Claus Müller

Was haben die Herren Jimi Hendrix und Gary Moore gemein- ab. „Hey Joe“ und „Voodoo Child“ sind außerirdisch gut gespielt: sam? Sie spielten in allerbester Form die Gitarre. Sie sind beide Für mich ist das ein musikalisches Fest! bereits verstorben. Und sie haben dieselbe Musik eingespielt. Im Abstand von ca. 38 Jahren. Darf man diese beiden Gitar- Wie komme ich nun dazu, nicht die Originalstücke von Jimi risten vergleichen? Im Oktober 2007 gab Gary Moore ein Live- Hendrix mit den Interpretationen von Gary Moore zu verglei- Konzert, bei dem er die Hits von Jimi Hendrix spielte. Drei chen, sondern über die Platte »Band Of Gypsys« zu schreiben? Titel davon wurden mit den Musikern eingespielt, die bereits Erstens, weil die Musiker Mitch Mitchell und Billy Cox zusam- mit Jimi gespielt hatten: John „Mitch“ Mitchell (Schlagzeug, men mit Jimi auf dem »Woodstock«-Festival gespielt haben. Dort inzwischen ebenfalls verstorben) und Billy Cox (Bass). Billy waren von Jimi Hendrix Details in der Spielweise zu hören, die Cox spielte auch in der »Band Of Gypsys«, auf die ich später sich auf »Band Of Gypsys« wiederfi nden (allerdings sitzt auf noch zu sprechen komme. »Band Of Gypsys« nicht Mitch Mitchell am Schlagzeug, sondern Buddy Miles). Und zweitens, weil ich denke, dass diese Scheibe Allzu viele Musiker haben bereits versucht, die Musik von Jimi von niemandem nachgespielt werden kann. Sie ist der Live- Hendrix nachzuspielen bzw. zu parodieren. Letztlich bleibt Mitschnitt eines Konzerts, das Silvester 1969 im Filmore East »das Original« unerreicht. Oder? (Musiktheater in New York City) stattfand. Hier sind ein musi- kalisches Gesamtkonzept und eine Gitarrenkunst zu hören, die Ich sag´s mal so: Wenn man, so wie ich, Fan von Gary Moore für mich den Höhepunkt des Schaffens von Jimi Hendrix dar- und von Jimi Hendrix ist sowie alle Bluesrock-Scheiben von stellen: Gary Moore besitzt, dann kommt man per se schon gar nicht Beim Eröffnungsstück „Who Knows“ befi nde ich mich sofort um den Kauf der »« herum … und so lege ich mitten in der Session. Die drei Musiker ergänzen sich so perfekt, die erste Scheibe von Gary auf und Gary legt sofort voll los. als wären sie aus einem Stück geformt. „Machine Gun“ ist voller So energetisch aufgeladen kennt man ihn eher weniger, wenn unglaublicher Gitarreneffekte, es wird -wie der Titel schon sagt- man die letzten 20 Jahre seines Schaffens betrachtet. Wenn ein Maschinengewehr imitiert. Es ist ein Protestsong gegen den ich nun mal meine Fan-Allüren ausklammere, muss ich sagen, Vietnamkrieg. Man beachte auch den Rhythmus dieser Into- dass Gary Moore es sehr gut schafft, mit der Interpretation der nationen und die ganzen Feinheiten, die der Meister zusam- Original-Stücke umzugehen. Ihm gelingt es, sich an der Gitar- men mit seinem Gitarrenspiel inszeniert. Auf Seite zwei brennt re technisch mit Jimi Hendrix auf eine Stufe zu stellen, was ich das musikalische Feuerwerk weiter. Von dieser Platte gibt es sehr beachtlich fi nde. Und er interpretiert die Stücke in seiner eine Menge alter Pressungen. Im Laufe der Jahre sind eini- unnachahmlichen Art. Kurz gesagt: Er spielt den Hendrix als ge Nachpressungen dazu gekommen. Wenn Sie eine alte Pres- Moore. So ist es kein billiger Abklatsch und auch kein Versuch, sung haben, die gut erhalten ist, besteht kein Handlungsbedarf. in die Fußstapfen des Originals zu treten: Er macht es einfach. Abraten würde ich von der Nachpressung des Labels „Music On Damit kann ich sehr gut leben. Die Musik auf der ersten der Vinyl (MOV)“ und von der Capitol-Pressung auf rotem Vinyl. beiden Platten „läuft bei mir gut ´rein“, und da ich weiß, dass Beide klingen „blutleer“. Die Classic Records von 1998 ist sehr beim Aufl egen der zweiten Platte die Originalmusiker dabei ordentlich und bringt die Musik im richtigen Maß herüber. sein werden, steigt die Spannung. Als bei „Red House“ Cox und Mitchell auf die Bühne kommen, zünde ich eine Kerze an. Das ist eine Explosion! Der Titel „Stone Free“ fällt ein wenig Fotos Cover: Claus Müller ANALOG 3/2012 NEUES & EINZIGARTIGES VINYL 75

Gary Moore: Blues for Jimi Gary Moore: Gitarre, Gesang Dave Bronze: Bass Darrin Mooney: Schlagzeug Billy Cox: Bass, Gesang Mitch Mitchell: Schlagzeug LP, 33 rpm Label: Eagle Records Aufnahmeort: Hippodrome London (25. Oktober 2007) Laufzeit: 74 Minuten Preis: 20 Euro Klang: 2 Musik: 1

Jimi Hendrix: Band Of Gypsys Jimi Hendrix: Gitarre, Gesang Billy Cox: Bass Buddy Miles: Schlagzeug LP, 33 rpm Label: Classic Records (Reissue) 180 g* Aufnahmeort: Filmore East, New York (1969/1970) Laufzeit: 45 Minuten Preis: ca. 3 - 40 Euro, je nach Ausgabe und Erhaltungsstand Klang: 2 (gemessen an dem, was man aus den Originalbändern herausholen kann) Musik: 1