5628 Deutscher – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. , Donnerstag, den 8. Juli 2010

Vizepräsident Dr. (A) Wir stimmen zunächst über den Überweisungsvor- der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages, (C) schlag von Bündnis 90/Die Grünen ab. Wer stimmt für das Plenum und anschließend das Bundesverfassungsge- diesen Überweisungsvorschlag? – Gegenstimmen? – richt. Enthaltungen? – Der Überweisungsvorschlag ist mit den Der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundes- Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen tages sammelt alle Einsprüche, prüft jeden einzelnen der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Einspruch gewissenhaft und wendet sich dann mit einer Ich lasse nun über den Überweisungsvorschlag der Beschlussempfehlung an Sie, werte Kolleginnen und Fraktionen von CDU/CSU und FDP abstimmen. Wer Kollegen, im Plenum des Deutschen Bundestages. Dem stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Gegen- Plenum steht die abschließende Entscheidung über die stimmen? – Enthaltungen? – Der Überweisungsvor- Wahleinsprüche zu. Gegen diese Plenarentscheidung schlag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen kann dann der Einsprechende eine Wahlprüfungsbe- gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen angenom- schwerde in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsge- men. richt anstrengen. Wir kommen jetzt zu den unstrittigen Überweisun- Um zwei solcher Beschlussempfehlungen geht es gen. Ich gehe davon aus, dass Sie mit der Überweisung heute. In der ersten Beschlussempfehlung werden der Vorlagen an die in der Tagesordnung aufgeführten 33 Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl zum Ausschüsse einverstanden sind. – Das ist der Fall. Dann 17. Deutschen Bundestag behandelt, und in der zweiten sind die Überweisungen so beschlossen. Beschlussempfehlung geht es um Einsprüche gegen die Gültigkeit der Wahl der Abgeordneten des Europäischen Ich rufe die Tagesordnungspunkte 39 a bis 39 i sowie Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland. Hier die Zusatzpunkte 3 a bis 3 n auf. Es handelt sich um die ist im Plenum noch über 30 Einsprüche zu entscheiden. Beschlussfassung zu Vorlagen, zu denen keine Aus- sprache vorgesehen ist. Während die Prüfung weiterer Einsprüche gegen die Bundestagswahl noch andauert, schließt der Deutsche Tagesordnungspunkt 39 a: Bundestag, wenn Sie heute der Beschlussempfehlung Beratung der Zweiten Beschlussempfehlung des des Ausschusses folgen wollen und die Einsprüche zu- Wahlprüfungsausschusses rückweisen, die Prüfung der Einsprüche betreffend die Wahl zum Europäischen Parlament ab. Insgesamt gab es zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl gegen diese Wahl 54 Einsprüche. Die Prüfung der Gül- der Abgeordneten des Europäischen Parla- tigkeit der Wahl der deutschen Abgeordneten des Euro- ments aus der Bundesrepublik Deutschland päischen Parlaments – zurzeit sind es 99 Abgeordnete – (B) am 7. Juni 2009 obliegt dem Deutschen Bundestag, übrigens seit der ers- (D) ten Direktwahl zum Europäischen Parlament im Jahre – Drucksache 17/2200 – 1979. Ein einheitliches europäisches Wahlprüfungsver- Berichterstattung: fahren gibt es nicht. Abgeordnete (Heilbronn) Der Zweck der Wahlprüfung sind die Sicherung des Dr. Wolfgang Götzer objektiven Wahlrechts und die Gewährleistung der ord- nungsgemäßen Zusammensetzung des Europäischen Michael Grosse-Brömer Parlaments, soweit die in der Bundesrepublik Deutsch- Michael Hartmann (Wackernheim) land gewählten Abgeordneten betroffen sind. Das bedeu- Christian Lange (Backnang) tet – das ist für das Verständnis unserer Entscheidungen wichtig –, dass ein Einspruch gegen die Europawahl nur Dr. Dagmar Enkelmann dann Erfolg haben kann, wenn zwei Voraussetzungen er- Josef Philip Winkler füllt sind: Erstens muss ein Wahlfehler vorliegen. Das Es ist vereinbart, dass der Vorsitzende des Wahlprü- heißt, es muss gegen Vorschriften betreffend die Durch- fungsausschusses das Wort zur Berichterstattung erhal- führung oder die Vorbereitung der Wahl verstoßen wor- ten soll. – Herr Kollege Strobl, Sie haben das Wort. den sein. Zweitens muss sich dieser Wahlfehler auf die Verteilung der Mandate ausgewirkt haben können; er Thomas Strobl (Heilbronn) (CDU/CSU): muss also, wie wir sagen, mandatsrelevant sein. Ich darf Ihnen mitteilen, dass ein derartiger Fall im Rahmen der Herr Präsident! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Prüfung der 54 Einsprüche gegen die Europawahl 2009 Viele Menschen wissen gar nicht – manche Kollegin und nicht vorgelegen hat. mancher Kollege hier im Hohen Hause offensichtlich auch nicht –, dass es in Deutschland die Möglichkeit Nichtsdestoweniger ist der Wahlprüfungsausschuss gibt, gegen Wahlen, namentlich gegen die Bundestags- jedem behaupteten Wahlfehler gründlich und sorgfältig wahl oder auch gegen die Wahl der deutschen Abgeord- nachgegangen. Wir haben in elf Fällen das Vorliegen ei- neten für das Europäische Parlament, einen Wahlein- nes Wahlfehlers bejaht, jedenfalls nicht mit hinreichen- spruch einzulegen. Jede Bürgerin, jeder Bürger hat das der Sicherheit ausschließen können. Hierbei handelte es Recht, einen solchen Einspruch gegen eine solche Wahl sich jedoch durchgehend um Mängel in konkreten Ein- einzulegen, wenn sie oder er der Meinung ist, dass bei zelfällen, die die Sitzverteilung im Europäischen Parla- der Wahl etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. ment nicht beeinflusst haben. So ging es beispielsweise Ob der Einspruch berechtigt ist oder nicht, entscheiden um Fehler bei der Führung des Wählerverzeichnisses Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 55. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 8. Juli 2010 5629

Thomas Strobl (Heilbronn) (A) oder um Irrtümer der zumeist ehrenamtlich tätigen (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP (C) Wahlvorstände in den Wahllokalen. Auch wenn diese und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Einsprüche letztlich zurückgewiesen werden, gehe ich bei Abgeordneten der LINKEN) davon aus, dass die betroffenen Wahlorgane unsere Hin- weise auf Mängel aufgreifen und darauf hinwirken, dass Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: derartige Fehler in Zukunft unterbleiben. Damit kommen wir unverzüglich zur Abstimmung. Einen Schwerpunkt der Prüfung der Einsprüche zur Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Wahlprü- Europawahl bildeten diesmal insgesamt zehn Einsprü- fungsausschusses? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – che, mit denen die Verfassungswidrigkeit der 5-Prozent- Die Beschlussempfehlung ist einstimmig angenommen. Hürde, die nach dem Europawahlgesetz für die Wahl der Tagesordnungspunkt 39 b: deutschen Europaabgeordneten gilt, geltend gemacht wurde. Diese Einsprüche konnten schon deshalb keinen Beratung der Ersten Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses Erfolg haben, weil der Deutsche Bundestag traditionell zu Einsprüchen gegen die Gültigkeit der Wahl im Rahmen der Wahlprüfung die Verfassungsmäßigkeit zum 17. Deutschen Bundestag am 27. Septem- der in der Regel von ihm selbst erlassenen Wahlrechts- ber 2009 normen gar nicht prüft, sondern dies dem Bundesverfas- sungsgericht überlässt. Dieses kann im Rahmen der so- – Drucksache 17/2250 – genannten Wahlprüfungsbeschwerde gegen jede unserer Berichterstattung: Entscheidungen angerufen werden. Abgeordnete Thomas Strobl (Heilbronn) Ich möchte aber ergänzen, dass der Wahlprüfungsaus- Dr. Wolfgang Götzer schuss mit deutlicher Mehrheit festgestellt hat, dass er Marco Wanderwitz die Verfassungsmäßigkeit der 5-Prozent-Hürde bei der Michael Grosse-Brömer Europawahl nicht bezweifelt. Anderer Ansicht war in Michael Hartmann (Wackernheim) diesem Zusammenhang die Fraktion Die Linke. Stephan Thomae Dr. Dagmar Enkelmann Einige der Einspruchsführer haben schon angekün- Josef Philip Winkler digt, dass sie im Fall der Zurückweisung der Einsprüche gegen die 5-Prozent-Hürde durch den Deutschen Bun- Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Ge- genstimmen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfeh- destag planen, den Weg nach Karlsruhe zu beschreiten. lung ist ebenfalls einstimmig angenommen. Dieser Weg zum Bundesverfassungsgericht wird durch den heutigen Beschluss frei. Tagesordnungspunkt 39 c: (B) (D) Ich möchte noch erwähnen, dass bei der Prüfung der – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des Europawahl erstmals das im Jahr 2008 im Hinblick auf von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs das Verfahren im Wahlprüfungsausschuss geänderte eines Gesetzes zu dem Änderungsprotokoll Wahlprüfungsgesetz Anwendung fand. Dieses ermög- vom 11. Dezember 2009 zum Abkommen vom licht dem Ausschuss, bei der Vorbereitung der Entschei- 23. August 1958 zwischen der Bundesrepublik dung regelmäßig auf eine mündliche Verhandlung zu Deutschland und dem Großherzogtum verzichten, sofern davon keine Förderung des Verfah- Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbe- rens zu erwarten ist. Dies war auch die gängige, langjäh- steuerungen und über gegenseitige Amts- und rige Praxis. Diese Klarstellung im Gesetz hat sich aus Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom meiner Sicht sehr bewährt. Einkommen und vom Vermögen sowie der Ge- werbesteuern und der Grundsteuern Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich die sachli- che Atmosphäre, die bei den Beratungen im Ausschuss – Drucksache 17/1943 – herrschte, ebenso hervorheben wie die Tatsache, dass – Zweite Beratung und Schlussabstimmung des – mit der soeben erwähnten Ausnahme – im Hinblick von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs auf das Ergebnis der Entscheidungen durchweg Konsens eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 13. Juli zwischen allen Fraktionen bestanden hat. Deshalb 2006 zwischen der Regierung der Bundesrepu- möchte ich mich bei der Kollegin und bei den Kollegen blik Deutschland und der mazedonischen Re- im Wahlprüfungsausschuss recht herzlich für die sehr gierung zur Vermeidung der Doppelbesteu- kollegiale und sehr konstruktive Zusammenarbeit bedan- erung auf dem Gebiet der Steuern vom Ein- ken. Außerdem möchte ich sehr herzlich den Mitarbeit- kommen und vom Vermögen erinnen und Mitarbeitern des Ausschusssekretariats für – Drucksache 17/1944 – ihre exzellente Arbeit und für die sehr gute Vorbereitung danken. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus- schusses (7. Ausschuss) (Zuruf von der FDP: Das ist wohl wahr!) – Drucksache 17/2248 – Ich bitte Sie nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, den Beschlussempfehlungen des Wahlprüfungsaus- Berichterstattung: schusses Ihre Zustimmung zu erteilen. Abgeordnete Manfred Kolbe (Heidelberg) Ich bedanke mich bei Ihnen fürs Zuhören. Dr. Birgit Reinemund