Regionale Zusammenarbeit Zwischen Ems Und Dollart: Die Euroregion EDR1
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Regionale Zusammenarbeit zwischen Ems und Dollart: Die Euroregion EDR1 THOMAS STUDENT Die grenzüberschreitende Kooperation in menarbeit einen Beitrag zur internen Ent- auch nach einer etwaigen Verbesse- Form sogenannter Euroregionen findet in wicklung der zumeist peripheren und rück- rung noch negative Folgewirkungen. Wissenschaft und Politik seit einigen Jah- ständigen Grenzregionen leisten? Hierfür • Eng damit zusammenhängend sind ren eine zunehmend größere Aufmerk- müßten sie vor allem in der Lage sein, die zahlreiche Grenzregionen von den samkeit. Unter Euroregionen werden da- in der Regionalökonomie als für die wirt- kommerziellen Zentren und ihrem na- bei nationalstaatliche Grenzen überschrei- schaftliche Entwicklung besonders wich- türlichen Hinterland getrennt, mit der tende institutionalisierte Kooperationen tig erachteten regionalen Entwicklungs- Folge zum Teil gravierender Verzer- benachbarter substaatlicher Gebietskör- potentiale verstärkt zu mobilisieren. Da rungen in der Handels- und Dienstlei- perschaften mit oder ohne Einschluß nicht- sich zudem gezeigt hat, daß sowohl die stungsstruktur. Den kleinen und mitt- staatlicher Akteure verstanden.2 Das wie- Ermittlung dieser Potentiale als auch die leren Unternehmen fehlen beispiels- dervereinigte Deutschland ist mittlerwei- Anregungen für konkrete Projekte und weise nicht selten die historisch le von einem Ring solcher Euroregionen die Gestaltung geeigneter Maßnahmen gewachsenen grenzüberschreitenden umgeben. Diese beschränken sich nicht zu ihrer Entfaltung nicht von einer natio- Zuliefer- und Absatzmärkte. nur auf die Binnengrenzen der Europäi- nalstaatlichen oder supranationalen Be- • Die Kommunikation über die natio- schen Union, sie sprengen vielmehr den hörde, sondern nur von den Akteuren vor nalen Grenzen hinweg wird außerdem bislang auf Westeuropa beschränkten In- Ort geleistet werden können, stellt sich durch verschiedene Rechts-, Verwal- tegrationsprozeß durch Kooperationen zudem die Frage nach deren Handlungs- tungs- und Sozialsysteme sowie durch zwischen EU-Regionen und nicht EU- spielräumen. Inwieweit realisieren die unterschiedliche Sprachen und kultu- Regionen, wie beispielsweisse in der Eu- regionalen Akteure ihre politischen Vor- relle Traditionen beiderseits der na- regio Egrensis (Oberfranken, Oberpfalz, stellungen, und in welchem Ausmaß sind tionalen Grenzen erschwert. Westsachsen und Westböhmen) oder der sie abhängig von übergeordneten politi- • Daneben verfügen die Grenzregionen Euroregion Neisse (Städte und Gemein- schen Instanzen? in der Regel über eine niedrigere Pro- den aus Deutschland, Polen und Tsche- duktivität in der Landwirtschaft, ein chien). Unabhängig von der im einzelnen Die spezifischen Nachteile von Grenz- relativ niedriges wirtschaftliches Lei- sehr unterschiedlichen Ausgestaltung der regionen stungsniveau, wenig Bodenschätze, Zusammenarbeit (hierzu überblicksartig: Obgleich die grenzüberschreitenden Ko- einseitige Wirtschaftsstrukturen (Tex- GROß/SCHMITT-EGNER), stellen die Euro- operationen durch eine weitreichende til, Kohle, Stahl usw.) und einen regionen keine neuen Verwaltungsebe- politische, wirtschaftliche, soziale, histo- schwachen Dienstleistungssektor. nen dar, sie sind lediglich Kooperationen, rische und kulturelle Heterogenität ge- • Und schließlich sind in den grenzna- in denen “sich die Zusammenarbeit kon- kennzeichnet sind, haben sie eines ge- hen Gebieten häufig Industrien wie zentriert” (GABBE 1997a, S. 8). Vor dem meinsam: die besondere Belastung durch Chemiefabriken, Kernkraftwerke und Hintergrund eines scharfen interregiona- spezifische grenzlagenbedingte Nachtei- Abfallbeseitigungsanlagen angesie- len Konkurrenzkampfes und spezifischer le. Im Groben lassen sich sechs solcher delt, die erhebliche Umweltbelastun- Probleme an den Binnen- und Außen- Nachteile identifizieren (vgl. zum fol- gen verursachen. grenzen der Union, soll mit Hilfe einer genden vor allem: AGEG, S. 2ff.): Die europäischen Grenzregionen sind von Bündelung regionaler Potentiale vor al- • Grenzregionen liegen häufig geogra- allen diesen Problemen nicht in gleicher lem die wirtschaftliche Entwicklung der phisch weit von den wichtigsten na- Weise betroffen. Ebenso wie einige Re- jeweiligen Grenzregion gefördert wer- tionalen politischen und wirtschaftli- gionen mehr oder weniger unter den grenz- den. “Local and regional authorities along chen Entscheidungszentren entfernt, lagenbedingten Nachteilen leiden und the border become aware that their indi- da sich Wirtschaft, Verkehr, Kultur nicht alle diese Nachteile in jeder Grenz- vidual efforts will not be very effective. und Bevölkerung in der Regel von den region anzutreffen sind, gibt es auch im They realise that a co-operative approach Zentren eines Staates zu seinen Gren- would better fit the situation.” (CAPPEL- zen hin abschwächen. LIN, S. 44) • Viele Grenzregionen sind bedingt 1 Der Beitrag basiert auf der vom Verfasser angefertig- Im Folgenden werden anhand der Ems durch ihre Randlage bei den innerstaat- ten Dissertation “Grenzüberschreitende Kooperation in der Europäischen Union. Die Ems Dollart Region und Dollart Region, einer Euroregion im nörd- lichen Verkehrs- und Kommunikations- die Neue Hanse Interregio”, die voraussichtlich 1999 in lichsten deutsch-niederländischen Grenz- netzen und den unzureichenden grenz- der “Schriftenreihe des Europäischen Zentrums für Fö- deralismusforschung” (Nomos-Verlagsgesellschaft Baden- raum, die Chancen und Defizite einer überschreitenden Verbindungen durch Baden) erscheinen wird. solchen Strategie aufgezeigt. Können eine mangelhafte Infrastrukturausstat- 2 Ergänzend hierzu können nationalstaatliche Grenzen überschreitende institutionalisierte Kooperationen nicht- grenzüberschreitende Kooperationen tat- tung gekennzeichnet. Diese jahrzehn- benachbarter Gebietskörperschaften als “interregionale sächlich über eine intensivierte Zusam- telange Vernachlässigung hat häufig Kooperationen” bezeichnet werden. 12 EUROPA REGIONAL 6(1998)4 Binnenland, fern der Grenzen, vereinzelt Von den Veränderungen durch den Bin- drei Ziele: “to help the internal border Regionen mit ähnlichen Problemen. Fest- nenmarkt profitieren indes nicht alle Re- regions of the Community to tackle the zuhalten bleibt indes, daß insbesondere gionen gleichermaßen. Während für alt- problems of economic underdevelopment die Grenzregionen durch eine Konzentra- industrialisierte Grenzregionen wie das associated with their border status, and tion spezifisch grenzlagenbedingter Nach- Saarland oder ländliche Räume wie das especially with the transition to the single teile in ihren Entwicklungschancen zum Emsland der gemeinsame Markt keine market; to encourage cross-border co- Teil erheblich eingeschränkt sind und nennenswerten Vorteile bedeutete (ACHE operative actions between the internal häufig einen Entwicklungsrückstand in 1990, S. 20), ging die fortschreitende border regions; to prepare the external der Form ausweisen, daß sie “im Durch- europäische Integration für die Regionen border regions of the Community for their schnitt ein niedrigeres Pro-Kopf-Einkom- an den EU-Außengrenzen sogar zum Teil new role at the edge of the single market” men und höhere Arbeitslosenquoten zu mit Nachteilen einher (MANTHEY, S. 33). (MILLAN, in: European Commission 1994, verzeichnen haben als die übrigen Regio- Durch die Zunahme der wirtschaftlichen S. 21). nen in dem betreffenden Land” (Europäi- Konzentration in den fortgeschrittenen Das INTERREG-Programm stellt in- sche Kommission 1991, S. 169). Regionen vergrößerte sich hier die Isolie- sofern ein Novum dar, als die Kommissi- Zu diesen grenzlagenbedingten Nach- rung von den Zentren des wirtschaftli- on die Mitgliedstaaten zur Ausarbeitung teilen treten Probleme und Schwierigkei- chen Geschehens. Besonderen Belastun- einzelner Programme aufforderte, die ten, die aus einer unzureichenden Harmo- gen sind in diesem Zusammenhang die Gebietskörperschaften auf beiden Seiten nisierung innerhalb der EU resultieren Regionen an den östlichen und südlichen der Grenze betreffen. Zu diesem Zweck und sich “an den Binnen- und Außengren- Außengrenzen der Union ausgesetzt. Sie sollten die beteiligten Staaten eine ge- zen wie in einem Brennglas” (GABBE 1995, dienen zum einen als “wirtschaftliche meinsame Institution sowie einen Be- S. 141) spiegeln. Unterschiedliche ge- Transitzonen, in denen graue und schwar- gleitausschuß benennen, die auf beiden setzliche Grundlagen, beispielsweise in ze Märkte blühen” und sind außerdem, Seiten der Grenze die Verantwortung für der Steuer- und Sozialgesetzgebung, den neben den internationalen Flughäfen, die alle Projekte tragen und die finanzielle Raumordnungs- und Planungsgesetzen “potentiellen Tore (‘gateways’) für die Abwicklung übernehmen. Die Kommis- sowie dem Umwelt- und Abfallrecht, aber auch in Zukunft zu erwartenden Migrati- sion wollte damit gezielt die Einrichtung auch die auseinanderdriftenden Arbeits- onsströme aus Ost- und Südeuropa oder und den Ausbau von grenzüberschreiten- märkte, Lohnstrukturen und Sozialsyste- aus Nordafrika” (KUNZMANN, S. 44). Die den Kooperationen und besonders die me wirken sich insbesondere an den Gren- bereits im Jahre 1940 von August LÖSCH Schaffung institutioneller und administra- zen nachteilig aus (AGEG, S. 4). Im letz- formulierte These von der Grenzöde, nach tiver Strukturen für eine gemeinsame Pla- ten Jahrzehnt ist die europäische der die innergemeinschaftlichen Grenzen nung und Durchführung der Programme Integration allerdings weit vorangeschrit- durch einen Binnenmarkt ihren integrati-