Folge 50 Vom 13.12.1969
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Organ der Landsmannschaft Ostpreußen e. V. Jahrgang 20 / Folge 50 2 Hamburg 13, Parkallee 86 / 13. Dezember 1969 3 J 5524 C Unveräußerliches Recht auf die Heimat Entspannung kann nur auf der Grundlage eines gerechten Friedens erreicht werden In einer Erklärung des Ständigen Rates der Ostdeutschen Landesvertretungen, dem die Delegierten Ostpreußens, Westpreußens, Pom• Das Gesetz merns, Ost-Brandenburgs, Schlesiens und Ober• schlesiens angehören, heißt es: Der Ständige Rat der Ostdeutschen Landes• des Handelns vertretungen und die angeschlossenen Lands- H. W. — Wer von der Aufforderung Rainer mannschaiten werden sich mit allen demokrati• Barzels an die Regierung Brandt hörte und er• schen und rechtsstaatlichen Mitteln einer offenen fuhr, daß diesmal die CDU auf einen Brief nach oder verschleierten Annerkennung von Gebiets• Ost-Berlin drängt, konnte zunächst den Ein• veränderungen Deutschlands widersetzen, über druck gewinnen, als bemühe sich die Opposition, die Grenzen eines wiedervereinigten Deutsch• Sozial- und Freidemokraten links zu überholen. lands kann nur eine in freien Wahlen vom gan• Doch es handelt sich hierbei keineswegs um zen Volk gewählte Regierung unter Wahrung einen Wettlauf um die Gunst Ulbrichts; viel• des Selbstbestimmungsrechtes aller Deutschen mehr wollte Barzel mit seiner Aufforderung die in Friedensvertragsverhandlungen entscheiden. Regierung lediglich zur klärenden Aktion drän• Der Ständige Rat fordert die demokratischen gen, damit wir das Gesetz des Handelns nicht Parteien und die Bundesregierung auf, alle ver- eben Ulbricht überlassen fassungs-, Völker-, Vertrags- und staatsrechtli• chen Verpflichtungen dem Versuch unzulässiger Während es so sein müßte, daß wir fest• Regelungen von Annexionen und Deportationen stellen, was an Rechten und Pflichten gegenüber entgegenzusetzen. Das Recht auf die Heimat, Freiheit und Demokratie und Menschlichkeit auf Freizügigkeit von und zu den angestammten von der anderen Seite verletzt wird, ist es in Wohnsitzen und zur freien selbst bestimmten der Praxis so, daß Ulbricht jene Forderungen Entfaltung daselbst ist unabdingbares Men• erhebt, die auf nichts anderes abzielen als auf schen- und Gruppenrecht, das zu vertreten die die Anerkennung des kommunistischen Zwangs• Bundesregierung durch Grundgesetz und Ver• staates auf deutschem Boden. Wo sind viele der tragsrecht der Europäischen Menschenrechtskon• Kämpfer gegen Hitlers Diktatur geblieben, jetzt, vention gehalten ist, über die sich keine Mehr• da eine kommunistische Diktatur Mitteldeutsch• heiten hinwegsetzen und keine Mehrheiten ver• land zu einem zweiten deutschen Staat separieren fügen können. und diesen von uns auch noch anerkannt wissen Grundlage jeder Entspannung ist der zeit• will? Wir vermögen die Farbunterschiede zwi• weise Ubergang von der reinen Deklaration von schen „braun" und „rot" nicht zu erkennen, Menschen- und Gruppenrechten zu ihrer Durch• wenn das System letztlich die Unfreiheit der setzung und Verwirklichung. Nur in diesem Menschen zum Ziele hat. Wir dürfen uns von Sinne und zur Anbahnung eines dauerhaften, Ulbricht nicht in die Verteidigung drängen las• fflr beide Völker gerechten, tragbaren Aus• sen und wir sollten uns auch hüten, in dem gleichs der Gegensätze in einer europäischen Kommunique aus Warschau mehr zu lesen, als Friedensordnung, unter Beachtung der berech• überhaupt darin steht. tigten, jedoch nicht hegemonialen Interessen der Sowjetunion in Osteuropa, begrüßt der Ständige Denn schließlich denkt man in Moskau nicht Rat Gespräche mit Polen. Irgendwelche Schritte daran, von den bisherigen Forderungen abzu- qehen und wenn man — vielleicht auch in einer zur Anerkennung einer nationalstaatlich expan• gemäßigteren Tonart — die Bundesregierung siven polnischen Westgrenze sind dabei deut• auffordert, realistisch an die Probleme heranzu• scherseits nicht nur unzulässig, sondern stehen gehen und „den Ballast der Vergangenheit ab• auch im Widerspruch zu einer zeitgemäßen zuwerfen", so heißt das doch in machtpoliti- europäischen Friedensordnung und zu einer Advent an der Berliner Sektorengrenze sdiem Klartext geschrieben: Die Anerkennung wirklichen Beseitigung von Mißtrauen und des zweiten deutschen Staates, die Anerken• Feindschaft, somit auch im Widerspruch zum nung der Oder-Neiße und überhaupt der nach wohlverstandenen polnischen Interesse und Gruppenrechte der Deutschen in den Vertrei• wirtschaftliche Zusammenarbeit mit unseren dem Zweiten Weltkrieg in Europa geschaffenen Sicherheitsbedürfnis. bungsgebieten so bemüht zu sein, daß sie sich östlichen Nachbarn, die auch zu einer freien, „Realitäten". Lediglich deshalb, weil man Mit Nachdruck erinnert der Ständige Rat die auch in der Heimat nicht heimatlos fühlen, und menschlichen Wiederbegegnung führen soll, so• glaubt, Bonn gegenüber jetzt die Tonart wech• Bundesregierung an den einstimmigen Beschluß sich für ihr Freiheits- und Freizügigkeitsrecht wie zum beiderseitigen freien Austausch von seln zu sollen, wird eine andere Verpackung des vorigen Bundestages, bei allen Gesprächen ununterbrochen einzusetzen. kulturellen Leistungen. Die Sachkunde der Ost• gewählt. An der Substanz der Forderungen da• and Verhandlungen auch um die Menschen- und Der Ständige Rat begrüßt eine wirksame deutschen ist dabei unersetzlich. gegen hat sich nichts geändert. Eine Art An• erkennung, nach der der andere Staat für die Bundesrepublik nicht Ausland sein kann, hat für die Sowjets so wenig Bedeutung wie etwa die bei Unterzeichnung des Atomwaffensperr• Will Schütz noch „das Tor aufmachen"? vertrages durch Botschafter Allardt in Moskau angemeldeten Vorbehalte. Diese Vorbehalts• klausel zum Atomsperrvertrag hat keine völker• Jahrestagung des Kuratoriums Unteilbares Deutschland — Harte Kritik an der Geschäftsführung rechtliche Bedeutung, und eine Anerkennung der Zone „mit Vorbehalten" würde völkerrecht- lchie ebenso unwirksam sein. Berlin — In diesen vorweihnachtlichen Tagen Aber ist es deshalb nötig, zu schlucken, was halb nicht mehr die Anerkennungsfrage, son• bietet Berlin dem Beobachter scheinbar das ge• die Polen in ihrem Berliner Ausstellungskatalog dern die Errichtung eines europäischen Sicher• Was Moskau von Bonn erwartet, ist eine wohnte Bild: Christbäume an allen Enden und feststellen: die Errungenschaften der Raumfahrt heitssystems. Dazu gehöre der Abbau alles des• völlige Aufgabe des bisher praktizierten Stand• Ecken, neonlichtüberflutete glanzvolle Auslagen seien nicht zuletzt den epochemachenden Er• sen, was das „DDR"-Regime in seiner Macht• punktes, wodurch dann letztlich die Bundes• in den Schaufenstern, Hochbetrieb in Straßen kenntnissen des „polnischen Wissenschaftlers" position verunsichern könne, wie die Aufgabe republik stärker in den sowjetischen Einflußbe• Coppernicus zu danken und das Rathaus in des Alleinvertretungsrechtes, der Hallstein- und Läden. Kaufhausdirektoren und Drehorgel• reich geführt werden soll. Dann abe soll Breslau sei ein polnisches Bauwerk. Und das Doktrin und der Tabus von der Unvereinbarkeit r spieler sind gewiß: Auch diesmal wird es volle auch durch „Staatsverträge" und andere Mani• zu gleicher Zeit, da man, wiederum aus Rück• der Kontroversen gesellschaftlicher Systeme Kassen geben bei Reichen und weniger Reichen. pulationen vor der Welt der Eindruck ent• sicht auf die zartbesaiteten Gemüter der pol• unter einem deutschen Staatendach. Der Weihnachtsfrieden wäre also auch für die stehen, als hätten die Deutschen ihr Verhältnis Ein föderativer deutscher Zwei-Staaten-Bund Berliner insoweit gesichert. Aber dieses fried• nischen Aussteller, die ostdeutschen Hallen• untereinander zum besten geregelt und es be• ist bekanntlich das Lieblingsmodell von liche Bild trügt. Unter der Decke schwelen Un• namen demontiert und diese „Nacht- und Nebel• stünde folglich für die sich abwartend verhal• W. W. Schütz. Zwar will auch er wie sein Be• ruhe und Unsicherheit. Kritik ist allenthalben tat" noch mit dem dünnen Vorwand bemäntelt, tenden Nationen kein Grund mehr, Ulbricht die rater Menzel den „zweiten Staat" nicht völker• zu hören, an den «Männern in Bonn" und im sie würden dem Wind — dem „Ostwind" meinte seit langem anvisierte Anerkennung noch wei• rechtlich anerkennen. Auch in Berlin mußten Schöneberger Rathaus. Der Ostwind, der durch ein Oppositionssprecher im Abgeordnetenhaus, ter zu verweigern. die Straßen weht, läßt bildhaft auch die politi• nicht länger standhalten können? sich die „Deutschlandpolitiker" des Kuratoriums schen Gefühle frösteln. In diese „trostlose gesamtdeutsche Szene", jedoch von wissenschaftlichen Experten sagen lassen, daß eine staatsrechtliche Anerkennung Gerade weil dieses innerdeutsche Verhältnis Sickern nicht, so fragt man, selbst im Schöne• so das Stichwort einer großen Berliner Zeitung, mit der Anerkennung eines Staates als Völker• auch in der Welt mit wachem Interesse beob• berger Rathaus eigenartige Vorstellungen von paßte auch der New look des Kuratoriums Un• achtet wird, müssen wir daran interessiert sein, teilbares Deutschland, das in diesen Tagen seine rechtssubjekt identisch sei, womit das Schütz- dem .besonderen Status" der Stadt ein? Zwar Menzelsche Kartenhaus in sich zusammenfiel. aufzuzeigen, daß nicht die Bundesrepublik das wird die Zugehörigkeit zum Bund auch weiter• Jahresversammlung in Berlin abhielt. „Nein" spricht, sondern daß es Ulbricht ist, der Die Meinung der weitaus überwiegenden hin betont, aber es wird eher weniger als mehr Wilhelm Wolfgang Schütz machte dann auch das angestrebte Nebeneinander der deutschen Mehrheit der Teilnehmer an der Berliner Ver• getan, sie zu festigen und