Wilhelm Kienzl und Oberösterreich Biographische Streiflichter - Aufführungen am Linzer Landestheater - Beziehungen zu Linz und Oberösterreich

Von Franz Zamazal

Inhaltsverzeichnis zum ersten Teil

1. Biographisches zu Wilhelm Kienzl 2. Das musikalische Schaffen 3. Kienzls Opern am Linzer Landestheater 3.1. Einige Vorbemerkungen 3.2. Urvasi 3.3. Der Evangelimann 3.4. Heilmar der Narr 3.5. In Knecht Ruprechts Werkstatt 3.6. Der Kuhreigen 3.7. Das Testament

D ie Frage „Wer war Wilhelm Kienzl" stößt öfters auf Unkenntnis, da­ her ist eine angemessene Antwort ange­ bracht, um den nach Anton Bruckner bedeutendsten in Oberösterreich gebo­ Dr. Wilhelm Kienzl um 1903, renen Komponisten vorzustellen. Photogravur Bruclcmann, München Sein vielseitiges und umfangreiches musikalisches Schaffen - das schriftstel­ Erinnerung an den einst europaweit Ge­ lerische soll nicht unterschlagen werden feierten wach. - ist jetzt weitgehend aus den Program­ Die folgenden Ausführungen verste­ men von Konzerten und Theatern ver­ hen sich als Streiflichter über biographi­ schwunden, wenn man von gelegentli­ sche Momente, Aufführungen am Linzer chen Aufführungen bei „runden" Anlas­ Landestheater und Besuche des Kompo­ sen absieht. Eine rühmliche Ausnahme nisten in Linz und Orten Oberöster­ bildet in der Saison 2006/07 das Linzer reichs. Da hierbei meist Vergessenes her­ Landestheater mit der recht erfolgrei­ vorgeholt wird, darf man bei den Fakten chen Erstaufführung (!) seiner musikali­ nicht immer Vollständigkeit erwarten. schen Komödie „Das Testament". Aber Denn in erster Linie geht es darum, ei­ unbeeindruckt vom Lauf der Zeiten und nen Rahmen abzustecken, der wohl neue mit unvermindertem Engagement hält Informationen, aber auch einige weiße der Geburtsort Waizenkirchen die Flecken enthält.

3 1. Biographisches zu Wilhelm Kienzl nug, um in späteren Jahren gelegentlich hierher auf Besuch zurückzukehren. Im Der Komponist wurde am 17. Jänner November 1860 übersiedelte die Familie 1857 in Waizenkirchen geboren. Sein Va­ nach Gmunden, da der Vater seine Kanz­ ter Dr. Wilhelm Kienzl sen. war Rechts­ lei dorthin verlegt hatte. Bereits nach ei­ anwalt, erhielt diesen Ort von der Be­ nem halben Jahr, im Mai 1861, verzog hörde als Dienstsitz zugewiesen und be­ die wachsende Familie endgültig nach gann dort Mitte November 1855 die Be­ Graz. Dort wirkte der Vater als Rechtsan­ rufslaufbahn; im nächsten Jahr ver­ walt, Bürgermeister und auch als Land­ mählte er sich mit der jungen Wienerin tagsmitglied, war angesehen und als Eh­ Anna Kafka. In der musikalisch aufge­ renbürger geehrt.1 Die regen geistigen schlossenen Familie erlebte der Erstge­ und kulturellen Interessen der Eltern borene Wilhelm glückliche Zeiten, ge­ schufen die Basis für das Entfalten der

Dp.Wilhelm Kienzl ET Personsbeschreibung des Inhabers: Signalement du titulaire: Geburtsjahr ^ Annee de u.üssauce/ Geburtsort Lieu de naissance Gestalt^ y Taille .V Haare ^ tT K r^ iC -r Cheveux Aupeen\ Yeux* / '7 Besondere Kennzeichen Signos partlculiera

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Personalausweis.

1 Franz Fruhwirth, Wilhelm Kienzl, in: Unterhal­ tungsbeilage der Linzer Tages-Post 1904, Nr. 9, S. 1. - Wilhelm Kienzl, Meine Lebenswande­ rung. Erlebtes und Erschautes, Stuttgart 1926, S. 11-28. Im Folgenden zitiert als Lebenswande- rung.

4 künstlerischen Anlagen des Buben. Er erhielt neben dem Besuch des Gymnasi­ ums (1866-1874) Klavierunterricht, und seine kompositorische Ader regte sich nachhaltig. Parallel zu den philosophi­ schen Universitätsstudien kam die Un­ terweisung in musikalischen Fächern durch ausgezeichnete Lehrer nicht zu kurz, zuerst in Graz, dann in Prag und Leipzig. Dazwischen war Freiraum für Reisen, für den Besuch der Bayreuther Festspiele, insbesondere der Urauffüh­ rung von „" (1876) mit nachhaltigen Eindrücken, und für Begegnungen mit Richard Wagner. In Graz schrieb Kienzl seine Dissertation „Die musikalische Deklamation" und wurde 1879 in Wien bei zum Dr. phil. promoviert.2

Von nun an wirkte er als freischaffen­ Lili Kienzl geh. Hocke, erste Ehefrau des Kompo­ der Komponist, Interpret, Dirigent und nisten. Vortragender, war viel auf Reisen, auch um seine Kammermusik, Lieder und Mann führte er an der Seite seiner aus Klavierstücke, später vor allem die ers­ Linz stammenden Gattin Lili, geb. ten Opern, durch eigenen Vortrag be­ Hocke, ein erfülltes und glückliches Le­ kannt zu machen.3 Graz bzw. das Eltern­ ben. Während der Spielzeit der Theater haus blieben auch weiterhin durch Jahr­ im In- und Ausland war er viel auf Rei­ zehnte der bald lose, bald mehr feste Be­ sen, um bei Aufführungen seiner Opern zugspunkt. Zu längeren Aufenthalten letzte Proben zu überwachen, selbst zu kam es in Amsterdam, Hamburg, Berlin, dirigieren und damit für möglichst gute München (Dirigent am Hoftheater); Aufführungen zu sorgen, die über den mehrere Jahre war Kienzl Direktor des Alltagsbetrieb hinausgingen. Innerhalb Steiermärkischen Musikvereins in Graz verhältnismäßig kurzer Zeit dirigierte er mit den Aufgaben, die Musikschule und den „Evangelimann" in Budapest, Mann­ die Abonnement-Symphoniekonzerte heim, , Gotha und Stuttgart.5 zu leiten.4 Im Oktober 1917 übersiedelten Herr Erst im Alter von 40 Jahren (1897), und Frau Kienzl nach Wien, der langjäh­ ermöglicht durch die finanziellen Erfolge der Opern, insbesondere des „Evangeli- manns", fand das Wanderleben ein Ende, 1 Lebenswanderung, S. 29-78. 3 Lebenswanderung, S. 106. und das eigene Heim in Graz wurde 4 Lebenswanderung, S. 79-144. zum Lebensmittelpunkt. Als liebenswür­ 5 Tages-Post, 28. November 1900, S. 6 [Anonym], diger, charaktervoller und fleißiger Der Evangelimann.

5 rige Sommeraufenthalt in Bad Aussee Sein Leben ging bei geselligem Ver­ blieb davon unberührt. Er wollte lieber kehr und regem Gedankenaustausch mit in der Großstadt der Letzte als in der freundschaftlich verbundenen Leuten Provinzstadt der Erste sein.6 Nach Lilis zum Teil mit zahllosen Briefen weiter. Tod (1919) heiratete Kienzl 1921 die Die runden Geburtstage 1927 (Siebziger) Schriftstellerin Helene Bauer, geb. Leh- und 1937 (Achtziger) waren mit vielen ner, die ihm mehrere Textbücher lieferte Glückwunschschreiben, großen Feiern und die Wohnung zu einem der bekann­ und Festaufführungen verbunden. Die testen gesellschaftlichen Mittelpunkte Jahre nach 1938 brachten Aufregungen Wiens mit regelmäßigen Sonntagsmati­ und Sorgen; 1940 stellten sich gesund­ neen werden ließ. heitliche Störungen ein. Am 3. Oktober Bald nach 1925 war Kienzls kompo­ 1941 ist in Wien der Tod fast unmerklich sitorisches Schaffen im Wesentlichen ab­ und schmerzlos eingetreten. Die Ge­ geschlossen. Eine Tagebucheintragung meinde Wien widmete ihm am Zentral­ dokumentiert seine damalige künstleri­ friedhof ein Ehrengrab.8 sche Verfassung: „Mich macht die M o­ derne ganz irre. Ich kann und will nicht atonal sein, aber ebenso wenig banal 2. Das musikalische Schaffen oder veraltert."7 Als Komponist ging Kienzl seinen ei­ genen Weg. Wie viele seiner Generation war er in jungen Jahren vom Schaffen Ri­ chard Wagners beeindruckt, verstand es aber, sich aus dessen Schatten zu lösen. Mit der leicht fasslichen Sprache seiner Musik hat er sich als „Hüter des klas­ sisch-romantischen Erbes" mit hohem Können, sprechender Musik und Sinn für dramatisch wirksame Stoffe das Pu­ blikum erobert. Auf diese Weise wurde er einer der bedeutendsten Repräsentan­ ten einer spezifisch österreichischen Volksoper. Für sie ist eine eigenartige Mischung aus heimatlichen, romanti­ schen und veristischen Elementen cha­

6 Lebenswanderung, S. 217. 7 Hans Sittner, Kienzl - Rosegger, Wien 1953, S. 263. 8 Hans Sittner, Wilhelm Kienzl (1857-1941), in: Große Österreicher (Neue Österreichische Portraitfoto im Postkartenformat. Wilhelm Kienzl. Biographie ab 1815), Bd. 10, Wien 1957, Oö. Landesmuseum S. 114 f.

6 rakteristisch.9 Das Werkverzeichnis um­ Uraufführung: 6. Dezember 1916, Wien, fasst 123 Opuszahlen, darunter zehn Volksoper Bühnenwerke.10 Hassan der Schwärmer, Oper in drei Aufzü­ Urvasi, Oper nach dem Indischen des gen (Dichtung von Henny Bauer), 1921 Kalidasa in drei Aufzügen {Text von Al­ Uraufführung: 27. Februar 1925, Chem­ fred Gödel), 1884 nitz Uraufführung: 20. Februar 1886, Dres­ Sanciissimum, eine melodramatische Alle­ den gorie in einem Akt (Dichtung von Neufassung: Henny Bauer), 1922 Uraufführung: 11. Dezember 1887, Graz Uraufführung: 14. Februar 1925, Wien Heilmar der Narr, Oper in drei Aufzügen Hans Kipfel, Singspiel in einem Aufzug und einem Vorspiel (Dichtung von Dr. (Dichtung von Henny Bauer), 1926 W. Kienzl sen.), 1891 Uraufführung: 1926, Wien Uraufführung: 8. März 1892, München Neufassung: Heilmar Dazu kommen noch zehn Chor­ Uraufführung: 28. Jänner 1902, Berlin, werke mit Orchester, fast 100 A-cappel- Königliche Oper la-Chöre, über 200 Sololieder, mehrere Duette, Orchesterlieder, Stücke für Kla­ Der Evangelimann, ein musikalisches vier zwei- und vierhändig, für Harmo­ Schauspiel in zwei Aufzügen (Dichtung nium und Orgel, einige Melodramen; von Dr. Wilhelm Kienzl nach Dr. Leo­ mehrere Kammermusikwerke (darunter pold Florian Meißners Erzählung), 1894 drei Streichquartette), Orchesterwerke Uraufführung: 4. Mai 1895, Berlin (darunter „Symphonische Variationen Don Quixote, eine musikalische Tragiko­ über das Straßburglied") und zahlreiche mödie in drei Aufzügen (Dichtung von Klavierauszüge nach Opern und Orato­ Dr. Wilh. Kienzl), 1897 rien.11 Uraufführung: 18. November 1898, Ber­ lin 3. Kienzls Opern am Linzer In Knecht Ruprechts Werkstatt, ein Weih­ Landestheater nachtsmärchenspiel in einem Akt (Dich­ tung von Hildegard Voigt), 1907 3.1. Einige Vorbemerkungen Uraufführung: 25. Dezember 1907, Graz Das Linzer Landestheater hat im Der Kuhreigen, ein musikalisches Schau­ Laufe seiner wechselvollen Geschichte spiel in drei Aufzügen (Dichtung von R. Batka nach R. Hans Bartsch' Novelle „Die kleine Blanchefleur"), 1911 Uraufführung: 23. November 1911, 9 Vgl. Anm. 8, S. 114. - Hans Sittner, Am Grabe Wilhelm Kienzls, in: Tages-Post, 31, Oktober Wien, Volksoper 1941, S. 4. - Derselbe, Artikel Kienzl, in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Kassel Das Testament, eine musikalische Komö­ 1958, Bd. 7, Sp. 891 (zitiert als MGG), die in zwei Aufzügen (Dichtung von Dr. 10 Vgl. Anm. 7, S. 273 f. - MGG, Bd. 7, Sp. 888. Wilh. Kienzl), 1916 11 Vgl. Anm. 8, S. 115 f. und künstlerischen Entwicklung meh­ dem seinerzeitigen Alltag des „Betriebes" rere Bühnenwerke Kienzls herausge­ Theater enthalten. bracht, und zwar erstmals: Das Landestheater war ein Privat­ Urvasi: IX. Dezember 1886 unternehmen, geführt von einem Direk­ Der Evangelimann: 31. Jänner 1896 tor mit vollem finanziellen Risiko, frei­ Heilmar (der Narr): 2. November 1902 lich oft mit letztlich unzureichenden In Knecht Ruprechts Werkstatt: Subventionen. Er musste mit Wasser ko­ 22. Dezember 1908 chen, denn erst der Erfolg eines vielleicht Der Kuhreigen: 2. März 191212 wertlosen, aber wirksamen Stückes er­ möglichte ihm, ausgezeichnete, aber we­ Dass diese Liste seinerzeit nicht län­ niger gängige Werke zu bringen. ger wurde und auch das spätere Schaf­ Die Spielzeit reichte meistens von fen nicht erfasste, hat mehrere Ursachen. Ende September bis in die Monate April Diese brachte der Theaterhistoriker und oder Mai, die Oper endete oft früher. Germanist Dr. Heinrich Wimmer auf Der sehr abwechslungsreiche Spielplan den Punkt.13 Von April 1914 an verfügte umfasste die ganze breite Angebotspa­ das Theater fünfeinhalb Jahre (bis zur lette mit den Titeln aus Posse bis zur Spielzeit 1919/20) über kein eigenes großen Oper. Daher waren in der Regel Opernensemble. Als Folge der allgemein keine hohen Aufführungszahlen bei den schlechten wirtschaftlichen Lage nach einzelnen Werken zu erreichen. dem Ersten Weltkrieg begann anfangs der Zwanzigerjahre für das Linzer Thea­ Das Publikum verlangte nach Ab­ ter wieder eine Zeit des künstlerischen wechslung, und so waren beliebte und Abstiegs, der mit wenigen Unterbre­ erfolgreiche Stücke durch Jahre hin­ chungen bis 1932 anhielt. Die in diesem durch im Laufe einer Saison ein- oder Jahr drohende endgültige Sperre des zweimal zu sehen. Theaters hat Direktor Ignaz Brantner mit Der Personalstand umfasste mit ei­ viel Tatkraft überwunden, und er wagte ner gewissen Schwankungsbreite im 19. 1937 die Wiedereinführung der ständi­ Jahrhundert und auch noch darüber hin­ gen Oper. aus neben den Darstellern für Oper, Operette und Schauspiel etwa 20 Chor­ Einen späten Nachzügler bei den mitglieder und um die 30 Orchestermu­ Erstaufführungen bildet „Das Testa­ siker, die bei großen Werken mit Kräften ment" mit der Premiere am 3. Dezember der jeweils in Linz stationierten Regi­ 2006 (!) aus Anlass der Feier des 150. Ge­ mentskapellen verstärkt wurden. burtstages Kienzls. Das Schicksal der Linzer Bühne Die vorstehende Titelaufzählung bil­ heißt auch heute noch wie in der Vergan­ det wohl ein Gerüst mit interessanten genheit: Anfänger finden eine Startbasis, Details, doch Informationen über leben­ prächtige Stimmen lassen sich nur eine diges Theater bleiben ausgespart. Darum sind einige grundsätzliche, frei­ 12 Heinrich Wimmer, Das Linzer Landestheater lich nur oberflächliche Fakten und Über­ 1803-1958, Linz 1958, S. 125 (zitiert als Wim­ legungen angebracht welche einige Ei­ mer 1958). gentümlichkeiten und Sachzwänge aus ” Wimmer 1958, S. 77-82.

8 begrenzte Zeit halten, den Ensemblekern würdevoll" in der reichhaltigen Aus­ bilden verlässliche, langjährige Mitglie­ stattung mit Dekorationen und Kostü­ der, die oft bis zur Pensionierung blei­ men/6 ben. Bereits damals rührte die Linzer Zei­ Mit all dem waren Wilhelm Kienzl tung Tages-Post kräftig die Werbetrom­ und seine Werke von Anfang an kon­ mel für diese Oper mit der Wiedergabe frontiert. einer telegraphischen Meldung aus Bei der Besprechung der einzelnen Dresden über einen „kolossalen Erfolg". Aufführungen und ihrer Charakteristika Es folgten der Abdruck des ausführli­ geht es in erster Linie um das Vermitteln chen Berichts in der „Frankfurter Zei­ eines Gesamteindrucks. Dazu dienen tung" und schließlich Auszüge aus Be­ Ausschnitte aus seinerzeitigen Zeitungs­ sprechungen in verschiedenen deut­ berichten, welche der weit verbreiteten schen Zeitungen.17 Tages-Post entnommen sind und in un­ terschiedlichem Umfang auf das We­ Linzer Erstaufführung am 11. Dezember sentliche gekürzt wurden.14 Von dieser 1886 Vorgangsweise sind meist die Leistun­ Direktion: Julius Laska gen der Sänger betroffen - Ausnahmen Bereits die nächste Bühne war Linz bestätigen die Regel -, denn immer wie­ und vermittelte somit die Österreichische der ist von einigen guten und einigen Erstaufführung. Damals leitete Julius weniger zufriedenstellenden die Rede. Laska sehr verdienstvoll das Theater, So weit wie möglich und überliefert wer­ schenkte der Oper großes Augenmerk den die übrigen Leistungen des Theaters und brachte eine Reihe von Wagner- vorgestellt. Dabei ist immer wieder zu Werken heraus, darunter erstmals „Die berücksichtigen, dass aus den alten Tex­ Meistersinger". Der Komponist Kienzl ten die seinerzeitigen Wert- und Bewer­ war damals in der Stadt durch mehrere tungsmaßstäbe sprechen, die mit heuti­ Konzerte nicht mehr ganz unbekannt gen Vorstellungen nicht unbedingt im­ und wurde schon 1884 als „der geniale mer zu vergleichen sind. Landsmann" genannt.18 Der Premiere gingen in der Tages-Post mehrere infor­ mative Kurzmeldungen und eine ausge-

3.2. Urvasi15 14 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit der fol­ Der Opernerstling nach einem indi­ genden Zeitungsberichte sind die durch Kür­ schen Stoff bringt ein poetisches Mär­ zung entfallenen Passagen und kleine Wortum­ chen, umkreist „die irdische und himmli­ stellungen nicht extra angezeigt. 15 Berichte Kienzls über das Werk in „Lebenswan­ sche Liebe" und enthält viel orientali­ derung", S. 279-285. schen Zauber. Die Musik verwendet 16 Lebenswanderung, S. 280 ff. durchwegs das System der Leitmotive, 17 Tages-Post, 23, Februar 1886, S. 4; 25. Februar macht aber auch von der periodisch ge­ 1886, S, 4; 23. März 1886, S. 1 f. bauten Kantilene in reichstem Maße Ge­ 18 Wimmer 1958, S. 53-56. - Franz Pfeffer, Wil­ helm Kienzl 70 Jahre. Wilhelm Kienzl auf der brauch. Die Uraufführung in Dresden Linzer Bühne, in: Linzer Volksblatt, 16. Jänner am 20. Februar 1886 war „unvergeßlich 1927, S. 7.

9 ^tuMrfioTtüdie* |§ Sweater i Sircftiou: Julius .-Sapfta. 14. (gerade) Vorstellung ausser Abonnement.

Den 11. Dezember 1 8 8 6 .

Novität! Zum ersten Male: Novität!

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Linzer Landestheater: Plakat zu „Uruasi". Oö. Landesmuseum

10 wachsene „kurze Inhaltsangabe" vor­ und hörbar zu singen; ihre schauspiele­ aus.19 Die Aufführung motivierte den rische Unbehilflichkeit wurde ebenfalls Berichterstatter Dr. Emil Kränzl20 zu ei­ manchmal empfindlich fühlbar. Zu er­ nem sehr langen Artikel, in welchem er wähnen sind noch Herr Ganzemüller, auf das Werk einging, interessante kom­ der zum Manava die nöthige Stimm­ positorische Einzelheiten hervorhob, kraft mitbringt und Frl. König, welche den Komponisten und sein bisheriges nur in letzter Zeit öfters zu distonieren Schaffen vorstellte. Damit hat er nach ei­ pflegt. Daß man sich von der Wirkung genen Worten den Rahmen einer Tages­ der Chöre nach der hiesigen Aufführung kritik {Tages-Post 14. Dezember 1886, nicht die richtige Vorstellung macht, ist S. 4f.) weit überschritten. klar. Das Orchester bewältigte unter Lei­ tung des Herrn Floderer seine schwierige Sein Urteil über die Aufführung Aufgabe, zu der es numerisch zu gering leicht gekürzt: ist, nach besten Kräften und sehr aner­ „Was nun die Aufführung der kennenswert. Kienzl'sehen Oper auf unserer Bühne Besondere lobende Erwähnung ver­ anbelangt, so muß man gerechter Weise dient die Regie. Die Ausstattung war für anerkennen, daß alles, was in den Kräf­ eine Provinzbühne thatsächlich prächtig. ten einer Provinzbühne steht, geschehen Die Oper erfreute sich einer äußerst ist, um dieselbe zu einer möglichst wür­ günstigen, ja geradezu stürmischen Auf­ digen zu machen. Daß bei einem so au­ nahme, und wurden Darsteller, Kapell­ ßerordentlich schwierigen Werke das meister, Regisseur, Director und nament­ Können mit dem Wollen nicht immer lich der Componist, der einen Lorbeer­ gleichen Schritt gehalten hat, ist begreif­ kranz erhielt, unzähligemale gerufen." lich. Vor allem muß Herr Bandrowsky21 hervorgehoben werden, welcher die äu­ Die Einstudierung stand unter der ßerst anstrengende und schwierige Rie­ Leitung des (damals) bekannten Diri­ senpartie des Königs mit großer Aus­ genten und Komponisten Wilhelm Flo- dauer bewältigte und seine prächtige Stimme und sein dramatisches Talent 19 Tages-Post, 10, Dezember 1886, S. 3; 11. De­ neuerdings in bestem Lichte erscheinen zember 1886, S. 3 f. ließ. Wieder ganz in ihrem eigentlichen 20 Biographisches zu Dr. Emil Kränzl: geb. 1863 in Ried/Innkreis, Beamter bei der Post- und Tele­ Elemente war Fräulein Schindler als graphendirektion Linz, zuletzt Vizepräsident Ausinari; sie gab das liebeglühende, ver­ und Ho trat, langjähriger Musikkritiker der Ta­ schmähte Weib in jeder Hinsicht sehr er­ ges-Post; verheiratet mit der Schriftstellerin Su­ greifend und sah auch sehr vortheilhaft sanne (Susi) Wallner; gest. 1943 in Linz (Quelle; aus. Daß Fräulein Imlauer als Urvasi Archiv der Stadt Linz). 21 Biographisches zu Alexander von Bandrowski: nicht genügen würde, war vorauszuse­ geb. 1860 in Galizien, gest. 1913 in Krakau, Te­ hen und ist dies auch von einer Anfänge­ nor, Beginn der Bühnenkarriere 1882 in Prag, rin in einer Oper, die geübten Sängern Engagements u. a. 1886/87 in Linz, 1888/89 in Schwierigkeiten bereitet, nicht zu ver­ Graz, an vielen großen und internationalen Häusern, Leitung der Oper in Krakau 1905/08, wundern. Auch sollte sie darauf achten, übte auf das Musikleben seiner Heimat großen nie vom Publikum abgewandt und auch Einfluss aus (vgl. Kutsch/Riemens Großes Sän­ im Pianissimo immer noch verständlich gerlexikon).

11 derer. Sie erreichte bis Saisonende sie­ im ersten Akt - eine größere Zurückhal­ ben Aufführungen, eine damals unge­ tung der Klarheit oft wesentlich genützt." wöhnlich hohe Zahl angesichts von 48 Bei dieser Aufführung lieferte ein Opernabenden mit 23 verschiedenen Ti­ Zwischenfall Gesprächsstoff. Bei einer teln in der Spielzeit 1886/87. Es ist nicht spannenden Szene kamen plötzlich verwunderlich, dass Kienzl bei einem mehrere Aufschreie von der 3. Galerie solchen Fließbandbetrieb vorsorglich zu und wurden von einer erschrockenen den Proben nach Linz gekommen ist. - Choristin auf der Bühne wiederholt. Die Weitere Details über diese Saison verdie­ übrigen Sänger ließen sich aber nicht be­ nen vermerkt zu werden: Der Chor um­ irren. Die Ursache: Ein Mädchen schien fasste 14 Herren und 15 Damen, das Or­ sich den dargestellten Liebesschmerz so chester 30 Mann. Die Ausstattungsko­ zu Herzen genommen zu haben, dass es sten verschlangen für die Kienzl-Oper Herzkrämpfe bekam und zu schreien be­ viel Geld, denn die neuen Dekorationen gann. Nach ärztlicher Hilfe hat es sich im 3. Akt (Urwald mit Wasserfall, Rosen­ bald wieder erholt. dekoration und himmlische Chöre) so­ wie den Wolkenwagen im 1. Akt lieferte Saison 1888/89 das Atelier der k. k. Hoftheatermaler Die Oper war auch am 6. April 1889 Kautzky und Brioschi.22 Zusammen mit bei einem Gastspiel Grazer Kräfte unter den Erfordernissen für die Novität „Fern­ der Leitung des Komponisten zu hören. ando" vom Linzer Wilhelm Floderer Es sangen dessen Gattin in der Titelrolle, wurden hiefür in Summe 1740 Gulden weiters die Primadonna Kraemer-Widl bezahlt.23 und der Heldentenor Alexander von Bandrowsky, beide von der Grazer Das weitere Bühnenschicksal der Oper Oper. Wieder berichtete Dr. Kränzl in in Linz der Tages-Post (10. April 1889, S. 5) recht ausführlich, hier stark gekürzt wiederge­ Saison 1887/88 geben : Diese Kienzl-Oper war vom Publi­ „Dennoch geschah in der neuerli­ kum geschätzt und stand daher auch in chen Aufführung der Oper ,Urvasi' das der nächsten Saison wieder auf dem Möglichste, um die Aufführung zu einer, Spielplan (Premiere 25. Jänner 1888), wo­ soweit es die Verhältnisse gestatten, bei die beliebte Altistin Frl. König, aus möglichst würdigen zu machen, wofür der letzten Saison bekannt und dann am namentlich auch die persönliche Leitung Stadttheater Nürnberg, ein einmaliges des Componisten Bürgschaft leistete. Gastspiel gab. Dem Bericht in der Tages- Die Titelrolle gab Frau Kienzl mit bester Post von Dr. Emil Kränzl (27. Jänner Wirkung und war in allen Einzelheiten 1888, S. 4) ist gekürzt zu entnehmen: Die die sorgfältige Durcharbeitung und Aus­ sängerischen Leistungen des Ensembles teilung angenehm bemerkbar. Eine in je- waren gut, einzelne sogar herausragend. „Im allgemeinen ging die Aufführung dieser äußerst schwierigen Oper recht 22 Aus dem großformatigen Plakat für die Pre­ gut vonstatten. Ausstattung und Be­ miere. leuchtung waren wohl gelungen. Was 2i Dr. A. E., Landes-Theater in Linz I, in: Linzer die Tempi anbelangt, hätte - namentlich Volksblatt, 12. Mai 1.887, S. 3.

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ALFRED GÖDEL.

Vollständiger Clavierauszug m it Text, nach der Rirtitnr bearbeitet vom COM PO NISTEN.

AlitVorbehalt a Iler Arrangements. k'ujcnUtiim des I 'erla/as Hü-alle Linder, fönt/etm/m in das li’trLisim filn

P A U L V O I G T M n s ik v e j i aej sh a n diu n g

K A S S E L u n d LEIPZIG.

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Titelblatt des Klavierauszuges zu „Urvasi". Oö. Landesmuseum

13 der Richtung vorzügliche Interpretin Komponisten bewogen, Neubearbeitun­ fand die Partie der Ausinari in Frau Krae- gen und Kürzungen vorzunehmen. Den­ mer-Widl, welche von ihrem ehemaligen noch ist die Partitur auch in der Neufas­ Engagement an unserem Theater noch sung eine in Musik gesetzte erzählende in freundlichster Erinnerung steht. Als Dichtung geblieben.25 In dieser „konzise- einen guten Bekannten begrüßte das Pu­ ren Gestalt" kam es zu Aufführungen blicum auch Herrn Bandrowsky. Seine erstmals in Graz 1910 und dann 1912 in weiche Gesangsweise und die schöne, Linz. Somit war diesem Erstling nur eine höchst wohlklingende Stimme erwarben kurze Wiederauferstehung beschieden.26 schon damals allgemein die größte An­ erkennung. Saison 1912/13 Die Linzer Premiere in der Neufas­ Das Orchester sieht sich in dieser sung am 10. Dezember 1912 erfolgte im Oper einer besonders schwierigen Auf­ Rahmen des dreiteiligen „Wilhelm- gabe gegenüber. Die Anforderungen Kienzl-Zyklus" als 1. Abend. Uber sie be­ sind in dieser Richtung so groß, daß richtete Aemilian Posch27 (Tages-Post, thatsächlich nicht viele Orchester den­ 13. Dezember 1912, S. 9f.), auszugsweise selben vollauf genügen werden. Weich­ wiedergegeben: heit, Schmiegsamkeit und Schmelz, feine Abtönung und Vermittlung der „Die Aufführung des ,Urvasi' war Klangfarben usw. sind die nothwendi- keine unwürdige und wurde vom Publi­ gen Voraussetzungen, dem unser Orche­ kum mit großer Zustimmung aufge­ ster trotz der Tüchtigkeit einzelner M it­ nommen. So bekamen wir in dem be­ glieder in seiner Gesammtheit durchaus sonders malerisch wirkenden Schlüsse nicht nachkommen kann. erfreuende Bilder zu sehen. Die Chorlei­ stung der Frauen war überraschend si­ Der Componist dirigierte mit Feuer cher, gerundet und klangschön, dem und Energie, doch müssen wir rückhalt­ männlichen Gefolge des Königs pas­ los bekennen, daß uns die Wahl der Zeit­ sierte auch kein Uebel, der gemischte maße häufig überraschte. Es schien uns Gesamtchor steigerte den Opernschluß durch die gewählten raschen Zeitmaße zu einem voll- und wohltönenden Zu­ nicht selten der Eindruck des Maleri­ sammenklange. Das Orchester wußte schen, Schwärmerischen - der Hauptreiz seine harmonisch stützende und male- des Werkes - gestört. Dem Musiker ist ja risch-schildernde selbständige Aufgabe bekannt, daß man über manche Klippe bestens in das Licht zu stellen und da­ leichter hinwegkommt, wenn man sie in durch dem Werke einen bleibenden Ein­ raschem Zuge nimmt, während ein brei­ druck zu sichern." teres Zeitmaß die Schäden der Tonent­ wicklung und Durcharbeitung weit mehr ans Tageslicht bringt." 24 Lebenswanderung, S. 283. Auch die Aufführungen in Graz, 35 Tages-Post, 7. Dezember 1912, S, 11 f. Wien, Pressburg usw. konnten dem 26 Lebenswanderung, S. 283, 27 Biographisches zu Aemilian Posch: geb. 1834 in Werk keinen dauernden Platz im Reper­ Braunau, gest, 1925 in Linz. Oberlehrer, Musik­ toire sichern, schrieb Kienzl selbst.24 schriftsteller, langjähriger Mitarbeiter der Ta- Allzu empfindliche Breiten haben den ges-Post für Opern- und Konzert-Berichte.

14 Dem Bericht ist weiters zu entneh­ hannes, Lehrer im Kloster, ist in Martha men: Die Leistungen des Sängerensem­ verliebt und missgönnt jenem das Mäd­ bles waren uneinheitlich. Es gab hiefür chen. Er steckt in rasender Eifersucht die rauschende Zustimmung, prächtige Tenne des Klosterhofs in Brand und Stimmmittel und innig schlichten Aus­ lenkt den Verdacht auf den Unschuldi­ druck, eine blühende Stimme und natür­ gen, der mit 20 Jahren Kerkerhaft be­ liches Spiel, aber auch vollkommen un­ straft wird. Martha begeht Selbstmord, zureichendes Spiel. Insgesamt wurde Mathias zieht, aus der Haft entlassen, festgestellt: „In ,Urvasi' sind bleibende umher, liest den Leuten gegen Almosen Werte geborgen, sie sollten nicht wieder aus der Bibel vor und trifft auf Umwe­ so lange ungehört bleiben/' gen seinen inzwischen schwer kranken Linzer AufführungsStatistik (Wim­ Bruder Johannes. Dieser bittet um Verge­ mer-Statistik)28 von 1886 bis einschließ­ bung, erhält sie schweren Herzens, und lich 1912: zwölf Vorstellungen. bei seinem Sterben erklingt das zum Volkslied gewordene „Selig sind die Ver­ Wenn man von der Wiedergabe in folgung leiden". Radio Wien (Ravag) am 15. Jänner 1932 unter dem Dirigenten Dr. Ludwig Kaiser Lange Jahre wurde angenommen, mit dem Volks Opernorchester und dem der Autor der Erzählung habe als Poli­ Staatsopernchor absieht, ist die Oper in zeibeamter aus den Tatsachen geschöpft der Versenkung verschwunden.29 Sie ist und die seinerzeitigen Ereignisse veröf­ dem Bewusstsein des Publikums entglit­ fentlicht. Und diese verwendete Kienzl, ten, genauere Ausführungen in Nach­ wenn auch mit einigen Änderungen und schlagewerken fehlen. Erweiterungen der Handlung, für sein Libretto. Erst die Veröffentlichung „(K)ein Evangelimann. Die historische 3.3. Der Evangelimann30 Brandlegung" aus 1990 von Dr. Viktor Redtenbacher zeigte auf Grund langwie­ Bereits die dritte Oper mit dem Titel riger Detailforschungen den tatsächli­ „Der Evangelimann" begründete den in­ chen Ablauf der Ereignisse: Der Schuld­ ternationalen Ruf des Komponisten und lose hieß Leopold Schwerdtfeger aus war jahrzehntelang ein fixer Bestandteil Paudorf (Niederösterreich), wurde nicht des Theaterrepertoirs. eingekerkert, fand Zuflucht im Stift Göttweig und wurde dort als Pater En­ Die Oper basiert auf einer Erzählung gelbert 1846 zum Abt gewählt. Zu einer der Sammlung „Aus den Papieren eines Versöhnung mit dem Bruder ist es nie Polizeicommissärs" von Dr. Leopold Flo­ gekommen. - Aus diesen Tatsachen er­ rian Meißner - k. k. Regierungsrat, frü­ gibt sich, dass in der literarisch umge- her Polizeikommissär, dann Rechtsan­ walt - und handelt, scheinbar aus dem Leben gegriffen, von schwer geprüften Menschen; Mathias Freudhofer, Amts­ 28 Im Besitz des Verfassers. 29 Vgl. Anm. 7, S. 204. - Tages-Post, 15. Jänner schreiber im Kloster St. Othmar, liebt 1932, S. 4. Martha, die Nichte und Mündel des 30 Bericht Kienzls über das Werk in „Lebenswan- Pflegers im Kloster. Auch sein Bruder Jo­ derung", S. 291-304.

15 Canbfcfyaftl. (Theater directum : firinridj Shrimaueh.

grettag ben Bl. ^ätuter 1896. Jlnfanfl 7 g(ür. gnbe nad^ 9 Itljr. 19. $u81>enbu^orfienung (uiujernber 3:nfl). Jloiiitiit! Juni 1. Pnlc: Jlouitiit! Der Evangelimann ffltufitatifdjcd SdjonfpicI in 2 Slnfjftjjcn. Didjfnng mib SOhifif uon SBil^cIui Si'enjl.

3n Scene gefegt uon §crrn SoiiiS *ectt. — Dirigent: £ c i t ftapeflmciftcr Sofef Stummer.

t r | o n < n : tjticbricf) (Sujet, 'Juflijiner (?) (leger) im Uibter, (in üttertr Bürget — — — — Sir. 3 ÖQtr. Stlofier ®t Cismar - — — Sir i) Siorlousti). Sejfc» gra u — — — — — — g r l. äSeifer. IWarHa, bcjfcn 9lid|te mib äHilubrl — grl. Uarbiö. grau Silber - — - — — — grl Sarjl). Utiagbateiin, bereu tjrtunbin — — S$rl. !l)ll)ta. SiaiKS, ei» junger iöfliifrnburfdjc — ö r. illa ilb erg. 3ol)nimc5 greubfmfer, SdjiiUeltrer ju S ie Stim me be -5 „flegelbubrn" — - — Sri. giidier. St. Clbmnr — — — —— — S;r. Siitinr. Sie Stimme beö 'Jlcid)lmäd)ter8— — — S>r. Sdlöuegger ’Mallliiiägrciiblioi«', belTtii Jüngerer SBrubcr (Sine Hiriripenfainnitrrin — — gn. (Uiftor. Slctuorm* (}t)ii(ä[d|t.ibtt) im Stlofier §r. i>oii(d)iIb. (Sin itiialie — — — — — grl Speer. Super dilterbntt, Sdineiber Sir. Söinbcr. (Sin aller l'eiermaiiii — — — — S)r. Stringer. 'Union Sdjnappuuf, Südiienmadier —- — Sjr fied. Sentbictiner, Bürger, Säuern, ftnedjte, ftinber. • 8e ii:Sa 5 iieinijebnte Oaljrfjuiibert. Ort btr $aubluiig: Ser l.Siufjug inffleiiebittiuer- illofter St. Otftmar in Siieberäiierreid) (1820). Ser jUitile Miifjug in Sie » (1850i

ScjctDiidjcr fiiib an ber Kaffe 31t [ja

e j y B i0 p (T. Jlboniisnlcii »erben frouubtirfjfi orfudit, bis läiiafieus II lll» v v » p m it t a $ s an öcr Ctatlcrcajfe bePamit geben jit molk'ii, ob (io im yepjfe bet abonnierten piätje 311 bleiben itiünjcbeti, ba fon|) anberaieiiig Jiatiiber rerfiigt lniitbo. Die oorgeincrtten Siljpläfje mollen and; bis |{ llljr normiltags abgel;oll merben. " ^ C

Opernpreise.

Sam §tag ben 1. fje&rttar 1896 . Slufniig 7 llljr. 114. ?lboimemeiit$»Ülorfi€lIiinfl (geraber lag) tfnbc ‘/ilO Hljr. JJouitfiH 3mn 3. 9Me: SKoöitflt! D A S MODELL. Dperelte in 3 Steten pan Seon unb (jelb. — Uinfit pon g P. Suppte.

Sonntag ben 2. Februar 1896. IV, Masken-Redoute im ^cboutcufaaie.

CeiUfla: f). ^Critsanef. Drutf t>on S. Ifluiutitei’» SBUroc.

Linzer Landestheater: Plakat zu „Der Evangelimann". Oö. Landesmuseum J t y u j / ’ ^ % < L& 4\ s4A4M£4X 4t*ls

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Handschriftliche Widmung des Klavierauszuges zu „Der Evangelimann". Oö. Landesmuseum

17 formten Geschichte der O rt die Namen Es gab Aufführungen an großen und und Jahreszahl mit Rücksicht auf seiner­ kleineren Bühnen, auch in Übersee, na­ zeit noch lebende Verwandte verändert türlich auch glanzvoll am 11. Jänner wurden. Das Auseinanderklaffen von 1896 an der Wiener Staatsoper (früher: Dichtung und Wahrheit tut in diesem Hofoper), bei der es die Zensurbehörde Fall nichts zur Sache: Die dramatische für notwendig erachtete, einige Textstel­ Konstellation ist gerade recht für die len aus Rücksicht auf die kirchlich aus­ Bühne und lag beim Dichter-Komponi­ gerichteten Gemüter der Habsburger­ sten Kienzl in guten Händen. dynastie zu ändern. Anstoß erregte das Der Komponist stieß durch Zufall in landesübliche „Gelobt sei Jesus Chris­ einem Reclam-Heft auf diese Geschichte, tus", ersetzt durch „Gelobt sei Gott im Während eines Sommerurlaubs in Lofer Himmel".36 (Salzburg) 1893 wurden Skizzen erstellt, Linzer Erstaufführung am 31. Jänner die Niederschrift des Librettos und der 1896 Partitur erfolgte dann in Vöcklabruck, Direktion: Heinrich Skriwanek Linz, Graz und Bad Aussee. Mitte Jänner 1894 war die Komposition vollendet.31 Die Oper „Der Evangelimann" hatte in Linz keinen leichten Start, wie die Ta­ Die Uraufführung am 4. Mai 1895 ges-Post noch einige Jahre später berich­ am Königlichen Opernhaus Berlin unter tete:37 „Der gute Direktor hatte sich dem Dirigenten Dr. Karl Muck führte zu lange gesträubt, dieses volkstümliche „tiefer Ergriffenheit und einmütiger Zu­ Tonwerk zu geben; er meinte in seiner stimmung" beim Publikum.32 33 Auch die Bonhomie,38 der ,Müllimann'39 werde Tages-Post meldete den Linzern „einen auch nichts Besonderes sein. Schon der bedeutenden Erfolg".53 Erwähnenswert Choral bei geschlossenem Vorhänge war über Linzer Lokalgeschichte hinaus ist, ihm zu lang und viele Einwürfe machte dass Schwiegervater Dr. Emmerich auch der damalige Kapellmeister.40 Und Hocke sen. die Figurinen zur Oper er­ gänzte, da echt österreichische Trachten 31 Lebenswanderung, S. 291-295. aus der Zeit von Andreas Hofer ge­ 32 Ebenda, S. 295-298. wünscht wurden.34 33 Tages-Post 7. Mai 1895, S. 6. Der Siegeszug dieser Oper ließ sich 34 Der Verbleib der Originale konnte noch nicht ermittelt werden. nicht mehr aufhalten. „Im zweiten Jahr 35 Lebenswanderung, S. 298, 304. fiel bereits im Durchschnitt auf jeden 36 Lebenswanderung, S, 300 f. Tag des Jahres eine Aufführung." Vorstel­ 37 [Anonym], Der Evangelimann, in: Tages-Post, lungen leiteten große Dirigenten wie 28. November 1900, S. 6. - An diese Einstellung des „unmusikalischen Direktors" und seinen Mahler, Mottl, Muck, Schalk, Schuch, Ausspruch „Den Müllimann gebe ich nicht" er­ Richard Strauss, Weingartner. Kienzl innerte sich noch Aemilian Posch in hohem Al­ hieß - nicht zuletzt wegen seines altehr­ ter (vgl. Aus Kunst und Leben. Erinnerungen würdigen Erscheinungsbildes mit lan­ von Aemilian Posch, in: Tages-Post, 1. Jänner gem Bart - von nun an „Evangelimann" 1925, S. 21). 38 Bonhomie bedeutet Gutmütigkeit, Biederkeit. und sollte immer wieder nur „einen 39 Bedeutet Milchmann und ist als Abwertung zu Evangelimann" schreiben. Das nannte er verstehen. selbst „die Tragik des Erfolges".35 40 Kapellmeister war Josef Trümmer.

18 dann brachte die neue Oper volle Häu­ jahr waren es 17 Aufführungen, die auf ser und Skriwanek saß schmunzelnd die große Zugkraft dieses Titels hinwei- und breit in seiner Parterreloge und sen. schaute wohlwollend in den dichtbesetz­ In den Jahren nach der Linzer Erst­ ten Zuschauerraum/' aufführung stand „Der Evangelimann" Der weit ausholende Bericht über oftmals im Abstand von ein oder zwei die Linzer Premiere von Dr. Kränzl (Ta- Jahren, manchmal in längeren Serien, ges-Post, 2. Februar 1896, S. 6f.) bringt auf dem Programm. Informationen über das Künstlertum des Komponisten, den Stoff und die Hand­ Als besondere Aufführungen sind fest­ lung des Werkes sowie über die Qualitä­ zuhalten : ten der Musik. Über die Aufführung Saison 1900/01 - 25. Aufführung selbst schreibt er: „Was nun die Aufführung auf der Der Komponist dirigierte gerne Jubi­ Linzer Bühne anbelangt, so waren na­ läums vor Stellungen, so die 25. Auffüh­ mentlich im Orchester noch mancherlei rung in Linz am 30. November 1900,41 Schwankungen und Unebenheiten zu und war bei den Proben anwesend. In verspüren. Die Vorbereitungszeit war der Tages-Post vom 2. Dezember 1900, eine zu kurze. Inszeniert war das Stück S. 7, erschien ein ausführlicher Bericht, übrigens recht gut. Es war ein Glück für dessen erster, namentlich nicht gezeich­ unsere Aufführung, daß der Componist neter Abschnitt auch einen kleinen Fest­ anwesend war und die Generalprobe lei­ abend im Hotel „Zum roten Krebsen" er­ ten konnte. Von den Darstellern ragten wähnt. Daraus haben wir gekürzt ent­ Fräulein Cardis (Martha) und Herr Vic­ nommen: tor (Johannes) hervor, die ihr Bestes bo­ „Eine feierliche Festes Stimmung ten, Herr Hanschild (Mathias) hätte gieng [sic!] durch das ganze, in allen sei­ seine Rolle recht gut aufgefaßt, mußte nen Räumen dicht besetzte Haus. Das aber mit seinem Stimmübel kämpfen Dirigentenpult schmückte ein Lorbeer­ und war auch musikalisch noch nicht kranz mit rother Schleife. Dr. Kienzl diri­ vollkommen seiner Partie sicher. Letzte­ gierte elegant und ruhig, aber man sieht, res trifft auch bei Herrn Borkovsky (Ju­ wie er Orchester und Sänger vollständig stiziar) zu, während Fräulein Mira (Mag­ in seinen Bann zwingt. Er hatte manche dalena) annähernd entsprach. Die Oper Striche wieder aufgemacht, manche leitete Herr Trümmer. Schönheit wieder hergestellt, die im Das Werk wurde wie überall auch in Laufe der vielen Vorstellungen verloren Linz mit stürmischem Beifalle aufge­ gegangen waren. Die Vorstellung wirkte nommen. Die Zuhörerschaft ehrte den so frisch und so tief." anwesenden Componisten, unseren Im zweiten Abschnitt des Berichtes Landsmann, mit ungezählten Hervorru­ liefert Aemilian Posch, der Opernrefe­ fen und einem Lorbeerkranze" rent der Zeitung, aufschlussreiche Infor­ Diese Oper erzielte bis zum Ende der mationen. Die wesentlichsten sind in Spielzeit 1895/96 insgesamt elf Vorstel­ lungen, daher durchschnittlich jede Wo­ 41 Das in der Literatur genannte Datum 28. No­ che etwa eine Wiedergabe; im Kalender­ vember 1900 ist demnach falsch.

19 den folgenden auszugsweise wiederge- seur Chlumetzky und Kapellmeister gebenen Passagen zusammengefasst'. Materna bemühten sich redlich um eine „Das übervolle Haus nahm das Mu­ würdige Vorstellung des rührenden Wer­ sik-Schauspiel mit tiefgehender Rüh­ kes".42 - Innerhalb der nächsten drei rung hin. Dr. Wilhelm Kienzl der sich Wochen folgten noch zwei Vorstellun­ zum erstenmale als Gastdirigent vor­ gen. stellte, zeigt sich mehrfach unserm Diri- Saison 1912/13 -5 0 . Aufführung genten-ldeal Hans Richter verwandt. Die Wie aus den vorliegenden Ausfüh­ vortreffliche Haltung des Orchesters war rungen zu entnehmen ist, ließ sich das eine Frucht der Wiederherstellung der Linzer Theater die Pflege von Kienzl- ursprünglich vom Componisten gegebe­ Opern angelegen sein und brachte bei nen Zeitmaße. Viele Partien des Werkes einem dreiteiligen „Wilhelm-Kienzl- erschienen dabei in edlerer Fassung, Zyklus" den „Evangelimann" als zweiten wozu auch die reiche Farbenabstufung, festlichen Abend und gleichzeitig als 50. die sich namentlich im Piano oft zu einer Linzer Vorstellung am 12. Dezember kammermusikmäßigen Rundung zu­ 1912 heraus. Einen weiteren Anlass für sammenschloß, wesentlich beitrug. dieses Ereignis bildete die „vierzigjährige Der als Gast herbeigerufene Opern­ Komponistentätigkeit" Kienzls; dem­ sänger Herr Charles Victor sang den Jo­ nach trat er bereits mit 15 Jahren schöp­ hannes Freudenhofer [sic!]. Es ist nicht ferisch an die Öffentlichkeit. alltäglich, daß die Auffassung des Künst­ Der Aufführung, welche der Kom­ lers und des Zuhörers in eine Einheit ponist selbst dirigierte, gingen zwei „nor­ zusammenfallen und eine uneinge­ male" voraus, um den Darstellern ein schränkte Zustimmung zulässt. Die Fest­ Gefühl der Sicherheit zu geben. Diese vorstellung des ,Evangelimann' war ein Vorstellungen dirigierte Kapellmeister Ehrenabend für die Linzer Bühne, für Alfred Wolf aus dem eigenen Haus. den Componisten und Gastdirigenten, Dem namentlich nicht gezeichneten für den Gastsänger, für die übrigen Soli­ Bericht in der Tages-Post, 14. Dezember sten, dann für das Orchester und ein ho­ 1912, S. 9, ist auszugsweise zu entneh­ her Genuß für die Zuhörer." men: Saison 1908/09 „Das in allen Räumen dichtgefüllte Haus empfing den Tondichter, als er den Einige Jahre später - Premiere 23. Dirigentensitz bestieg, mit lautem Bei­ Oktober 1908 - ist wieder der Alltag ein­ fallsjubel. Unter der befeuernden Lei­ gekehrt. Das Publikum besuchte zahl­ tung des Komponisten, der aus dem reich die Vorstellung und „auch an Bei­ Werke natürlich die verborgensten fall fehlte es nicht nach den einzelnen Schönheiten herausholte, nahm die Vor­ Aktschlüssen, wenngleich die Auffüh­ stellung einen außerordentlich glänzen­ rung als solche nicht immer die allge­ den Verlauf. Da der ,Evangelimann' meine Zustimmung gefunden haben heuer bereits einige Mal aufgeführt und dürfte". Der Berichterstatter Posch ging die Aufführung als sehr gut anerkannt auf die einzelnen Sängerleistungen im Detail ein und fand dabei einiges auszu­ setzen. Er zog den Schluss, „Herr Regis­ 42 Tages-Post, 27. Oktober 1908, S. 8.

20 wurde, können wir uns daher auf ein Ge­ gespielt. Eine bemerkenswerte Auffüh­ samtlob beschränken und nur hervorhe­ rung brachte am 7. Oktober 1926 das ben, daß Herr Dub den ,Evangelimann' Gastspiel des Tenors Anton Maria To- zu seinen besten Partien sowohl gesang­ pitz, eines gebürtigen Oberösterreichers lich als auch schauspielerisch zählt. und damals in Berlin, in der Rolle des Auch die Träger der übrigen Hauptrol­ Mathias. In weiteren Rollen waren als len liehen ihren Aufgaben ihre schönen Gäste zu hören: Emmerich Schreiner Stimmittel und ihren ganzen Eifer. Der (langjähriger Bariton der Grazer Oper) zweite Akt zeigte mit dem Hofe des Wie­ als Johannes; Vally Fiori (Wien) als Mar­ ner Hauses eine neue Dekoration. Dr. tha und Fritz Baschata (Wiener Volks­ Kienzl mußte immer wieder an der Seite oper) als Justitiär, beide ehemalige Linzer der Sänger auf der Bühne erscheinen, Kräfte, die eine schöne Karriere gemacht wo ihm nach dem ersten Akte ein mäch­ haben; weiters Hedda Grab (Wien) als tiger Lorbeerkranz überreicht wurde. Magdalena. Den Rest stellten Mitglieder Der Aufführung wohnten die greise des Linzer Theaters.45 Mutter des Komponisten, dessen Dem Bericht von Franz Gräflinger46 Schwester sowie dessen Bruder, der be­ (Tages-Post, 9. Oktober 1926, S. 8) ist in kannte Schriftsteller Hermann Kienzl Kurzfassung zu entnehmen: aus Berlin, in der Direktionsloge bei" „Die Nebenpartien waren ungleich Im Jahr 1916 (während des Ersten Weltkrieges) besetzt, es haperte dort und da. Der Chor begnügte sich, im zweiten Akte Aemilian Posch, der langjährige sich mit ,Schwimmtempi' über Wasser Opernberichterstatter der Tages-Post, zu halten. Das verstärkte Orchester war überliefert in seinen Erinnerungen eine ambitioniert bei der Sache, nur die Stim­ Festvorstellung vom „Evangelimann", mung war manchmal nicht rein und das welche das Rote Kreuz 19X6 veranlasst tiefe Blech zu wenig,ausgeputzt'. Kapell­ hat. Sie wurde „unter tüchtiger Führung meister Häfner leistete respektable Ar­ von der Musikkapelle der Sappeure beit, nur konnte er hin und wieder die würdig gespielt. Die Sänger dazu waren sich lockernden Fäden des Ensembles mit glücklicher Hand gefunden" wor­ nicht straffen. Der Regie war wohl zu den.43 - Weitere Informationen über die kurze Gelegenheit zur Probung gegeben. Aufführung konnten nicht ermittelt wer­ Die Kinderszenen schienen ungeprobt. den. Überdies ist ungewiss, ob sie im Landestheater stattfand. 43 Aus Kunst und Leben. Erinnerungen von Aemi­ Saison 1926/27 lian Posch, in: Tages-Post, 1. Jänner 1925, S. 20. Während der Direktionszeit von Al­ 44 Wimmer 1958, S. 78 f. 45 Tages-Post, 7 Oktober 1926, S. 10. bert Hu gelmann (1925-1930) gab es bei 46 Biographisches zu Franz Gräflinger: geb. 1876 der Oper nur Gastvorstellungen, die ge­ in Linz, gest. 1962 in Bad Ischl, Beamter des Lin­ gen Ende dieser Ara fast ganz aufhör­ zer Magistrats. Er war einer der wichtigsten ten;44 daher verständlich, dass bei dieser Bruckner-Forscher, sehr fleißiger Publizist, an­ gesehener Musikkritiker der Tages-Post seit Sparte von „schmaler Kost" für das Pu­ 1919, lebte bis 1937 in Linz, 1937-1944 in Wien, blikum geschrieben wurde. Trotzdem ab 1944 in Bad Ischl (vgl. Ein Bruckner-Hand­ wurde fast alle Jahre „Der Evangelimann" buch, Hg. Uwe Harten, Salzburg 1996, S. 180 f.).

21 Gleichviel, die Direktion bemüht sich, Mitwirkenden wiederholt an die die Oper in Linz zu pflegen Rampe. Der Vorstellung am Sonntag abends Saison 1937/38 wohnte auch Altmeister Dr. Wilhelm Eine passende Aufführung zum 80. Kienzl bei. Der Komponist sprach sich Geburtstag Kienzls konnte X937 zum lobend über die Aufführung und vor al­ richtigen Termin wegen der sehr missli­ lem über die Sänger der Hauptpartien chen Lage des Theaters nicht stattfin­ aus und daß die Kinderszene im zweiten den.47 Direktor Ignaz Brantner program­ Akt tatsächlich von Kindern besetzt mierte „Evangelimann" für den Beginn war." der Opernspielzeit mit der Premiere am 8. Oktober 1937, denn Linz hatte erst in NS-Zeü (1938-1945) diesem Herbst nach langer Pause wieder Direktion: Ignaz Brantner ein eigenes Opernensemble. Die nächste Zu Aufführungen in dieser Periode Aufführung am 10. Oktober besuchte können keine Informationen geliefert der Jubilar.48 Diese Einstudierung werden, da die Spielplanvorschauen und brachte es auf sechs Vorstellungen, da­ Saisonabschlussberichte, soweit eben von je eine als Gastspiel im Stadttheater zugänglich, darüber nichts aus sagen. Wels und in der Nibelungenhalle in Pas- Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde sau. Dem Premierenbericht von Paul „Der Evangelimann" in Linz nicht ge­ Günzel49 (Tages-Po st/Abendblatt, spielt, denn die Thematik dürfte den 11. Oktober 1937, S. 2) ist gekürzt zu ent­ Machthabern nicht in das Konzept ge­ nehmen: passt haben. Der Komponist beklagte sich selbst über die Vernachlässigung „Das durchwegs gute, ja vorzügliche seiner Werke.50 Deutlich kann zu diesem Stimmaterial der Solisten zeichnete sich Problem später im Abschnitt „Der Kuh­ durch gute Deklamation und Phrasie­ reigen" Stellung genommen werden. rung aus und wurde durch diskrete Be­ gleitung des Opernleiters unterstützt, Saison 1947/48 Ebenso ist von der Regie nur Gutes zu Direktion: Viktor Pruscha berichten. In erster Linie ist der Tenor Über diese Einstudierung (Premiere Läslo v. Szemere als ,Evangelimann' mit 10. Jänner 1948) mit 19 Vorstellungen be­ seinen vorzüglichen Leistungen zu nen­ richtet Dr. Heinrich Wimmer als gewis­ nen. Seine Stimme ist weich und doch senhafter Chronist im „OÖ, Kulturbe- im Forte von jugendlich-heldischer Leuchtkraft. Das Orchester hielt sich im zweiten Akte sehr gut, ein besonderes 4? Wimmer 1958, S. 79. 48 Wimmer 1958, S. 82f. Lob verdient der Solocellist. Vielleicht 49 Biographisches zu Paul Günzel: geh. 1876 in konnte wegen der sehr kurzen Zeit mit Breslau, Konzertmeister und Kapellmeister bei Orchester und Chor nicht so intensiv deutschen Militär- und Polizei-Einheiten, in der probiert werden. Auch die chorische Lei­ ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Linz als stung war - bis auf den ersten Chor hin­ Chormeister und Dirigent, ab 1930 Musikrefe­ rent bei der Tages-Post, gest. 1940 in Bad Ischl ter der Szene - befriedigend. Der Beifall (Quelle: eigene Nachforschungen). des Hauses steigerte sich von Akt zu 50 Hans Sittner, Kienzl - Rosegger, Wien 1953, Akt. Am Schluß rief das Publikum alle S. 270.

22 rieht" vom 6. Februar 1948: Mit einjähri­ Kriterium richtete sich die bisher letzte ger Verspätung feierte das Landestheater Produktion (Premiere 8. Dezember den 90. Geburtstag Wilhelm Kienzls mit 1977), womit auch der Erinnerungshori­ „Evangelimann". Das Werk „fand, wenn zont vieler heimischer Theaterfreunde man von der etwas altmodischen Regie erreicht ist; sie brachte es immerhin auf absieht durch das leistungsfähige Linzer 25 Vorstellungen. Dem „OÖ. Kulturbe­ Opernensemble eine gute Wiedergabe, richt" (1977, Folge 26) ist u.a. zu entneh­ die durch außergewöhnlichen Beifall be­ men: lohnt wurde". „Der ,Evangelimann' wurde nicht als eine typisch österreichische Volksoper Saison 1956/57 mit betont lokalbezogenem Kolorit an­ Direktion: Kurt Fischer-Colbrie gelegt, sondern als ein bühnenwirksa­ Die zweite Nachkriegsproduktion mes, naturalistisches Schauspiel, bei (Premiere 15. Dezember 1956) passte dem die Musik eine wesentliche drama­ zeitlich zum 100. Geburtstag des Kom­ turgische Funktion zu erfüllen hat und ponisten und fand mit 30 (!) Vorstellun­ das rein Menschliche der Handlung zu gen beim Publikum regen Zuspruch. Der ungeschmälerter, doch nicht ungestümer Bericht von Dr. Heinrich Wimmer im Wirkung kommt. Der Regisseur Alfred „OÖ. Kulturbericht" (1957, Folge 2) lautet Schönolt hielt sein Konzept konsequent gekürzt: in der Führung der Solisten durch, beim „Die von Stefan Zadejan mit großem Chor jedoch nur zum Teil. Das Bühnen­ regielichen Können (siehe Kegelszene!) bild von Heinz KÖttl zielt auf das Allge­ einstudierte Aufführung, für deren ein­ meine und bringt nur das unbedingt wandfreie musikalische Leitung Michael Notwendige an Aufbauten auf die Hutterstrasser Lob verdient, ist als gute Bühne, meistens in dunklen erdenen Far­ Durchschnittsleistung unseres Opern­ ben. Der Dirigent Wolfgang Rot er­ ensembles zu qualifizieren. Das Erfreu­ brachte eine gute Leistung, sorgte für lichste und künstlerisch Vollendetste am größtmögliche Nuancierung in den Or­ ganzen Theaterabend war die Magda­ chester- und Vokalstimmen. Auch er ver­ lena Gertrude Burgsthalers. Von den ori­ mied es, in Sentimentalität abzugleiten. ginellen Bühnenbildern Wolfgang Voll- Aus den Leistungen der Solisten ist an hards stimmte das dritte am ehesten mit erster Stelle die ausdrucksstarke und in­ den Vorstellungen überein, die man sich tensive sängerische wie darstellerische von den Schauplätzen dieser Volksoper Gestaltung der Rolle des Johannes (Lo­ macht. Der Premiere wohnte Frau Henny renz Myers) zu nennen." Kienzl bei. Am 25. und 26. Dezember gastierte Linzer Aufführungsstatistik als Mathias Kammersänger Julius Patzak mit großem Erfolg." pro in Saison Summe 1896 (Kalenderjahr Saison 1977/78 der Erstaufführung) 17 17 Direktion: Alfred Stögmüller 25. Vorstellung Der „Evangelimann" gilt als „eine am 30. November 1900 25 echte Volksoper aus der Zeit des Natura­ 50. Vorstellung lismus" (Kurt Pahlen), und nach diesem am 12. Dezember 1912 50

23 pro in die sterbende Mutter des Mädchens Saison Summe bis 1937 nicht mehr retten. Maja erkennt ihr Ver­ (Wimmer-Statistik) 68 gehen, heiratet den ungeliebten Bruder Saison 1947/48, Heilmars. Nach der Hochzeitsfeier trifft Premiere 10. Jänner 1948 19 sie den Verzweifelten, beschließt für ihn bis 1956 (laut in den Tod zu gehen und stürzt sich in „OÖ. Kulturbericht" 195712) 88 seine todbringenden Arme. Er ist erlöst, Saison 1956/57, hört Hilferufe von einem Schiff mit Pest­ Premiere 15. Dezember 1956 30 kranken, besteigt es mit wiedererweckter bis 1958 Heilkraft und fährt mit ihnen der aufge­ (Wimmer 1958, S. 57) 118 henden Sonne entgegen. - Nach dem Saison 1977/78, szenischen Entwurf schrieb Kienzls Vater Premiere 8. Dezember 1.977 25 143 das Textbuch. Mit 143 Vorstellungen nimmt der Die Musik steht im Banne Wagners, „Evangelimann", der bis in die Siebziger­ und die leitmotivische Arbeit überwiegt jahre des 20. Jahrhunderts eines der po­ weit den Erstling „Urvasi". Die Urauffüh­ pulärsten Stücke der Opernliteratur war, rung in München am Hof- und in Linz eine Spitzenposition ein. Die Nationaltheater unter der Leitung des Zahlen nach 1945 zeigen eine abneh­ Komponisten am 8. März 1892 verlief mende Bühnenpräsenz auf. Maßgeblich ausgezeichnet, erlebte eine Reihe von sind u. a. geänderte Spielplangestaltung, Wiederholungen und brachte Kienzl die welche Neuproduktionen erst wieder Berufung als Dirigent an diese Bühne. nach längerem zeitlichen Abstand anbie­ Die großen musikalischen Schwie­ tet. Von der ersten bis zur zweiten Pro­ rigkeiten, so die Doppelchörigkeit der duktion vergingen zehn Jahre, von der letzten Szene, waren der Verbreitung zweiten bis zur dritten 20 Jahre. hinderlich. Daher entschloss sich Kienzl 1902 zu einer Umarbeitung, die an der Königlichen Oper in Berlin, nun mit 3.4. Heilmar der Narr51 dem Titel „Heilmar" versehen, am 28, Jänner 1902 herauskam. Die zweite Kienzl-Oper mit dem Ti­ tel „Heilmar der Narr" basiert auf einer Linzer Erstaufführung am 2. November vom Komponisten gänzlich frei erfunde­ 1902 nen Handlung und erzählt von einem Direktion: Alfred Cavar berühmten Wunderarzt, der durch Ge­ bet und Handauflegen Heilung bringt, Die Oper fand schnell - noch vor der auch dem armen kranken Mädchen Grazer Premiere am 24. März 190352 - Maja. Und dabei erfasst beide Liebes- ihren Weg nach Linz, denn die Sparte glut. Er offenbart ihr das Geheimnis sei­ Oper hatte hier um die Jahrhundert­ ner Wunderheilkraft, die auf dem Ver­ zicht auf Liebesglück basiert, und stößt 51 Berichte Kienzls über das Werk in „Lebenswan­ das Mädchen von sich, das ihm das derung" S. 285-290. Wort „Narr" entgegenschleudert. Mit sei­ 52 Laut freundlicher Mitteilung von Herrn Ernst nen nun fluchbeladenen Händen kann er Scherzer, Graz. Besten Dank hiefür.

24 wende eine Glanzzeit. Die Tages-Post fein säuberlich in Ordnung. Darum brachte mehrere Vorausberichte, der rechtfertigte sich schließlich das warme Komponist war bei den Proben anwe­ Lob, das wir aus dem eigenen Munde send, und auf die Premiere folgte ein lan­ des Tondichters schon während der Pro­ ger ausführlicher Artikel von Aemilian bezeit vernahmen. Posch. Er lieferte eine detailreiche In­ Einen Extraapplaus holte sich das haltsangabe, musikalische Erklärungen Tänzerkorps unter der Führung des Bal­ und Anmerkungen über die Wiedergabe lettmeisters Herrn Schober, der zwei an- „in der Berliner Bearbeitung". Der Be­ muthige Tanzeinlagen für die Walzer, richt (Tages-Post, 6. November 1902, Ländler und Hochzeitsmusik geschaffen S. lf.) führt an: hat. Die Darsteller und der Kapellmei­ „Mit Kienzls ,Heilmar' erlebten wir ster wurden vielemale gerufen. Den gro­ einen genußfrohen Theaterabend, der ßen Erfolg der Oper und die reiche Eh­ ausverkaufte Zuschauerraum voll mit­ rung des anwesenden Dichter-Kompo­ empfindender Menschen, auf der Bühne nisten Herrn Dr. Wilhelm Kienzl durch eine Reihe sorgfältig vor gebildeter Sän­ Lorbeer und ungezählte Hervorrufe hat ger, das Ganze eine Vorstellung von er­ schon die gestrige Vornotiz festgestellt" frischender Sicherheit und stets wech­ selndem Reiz. Linzer AufführungsStatistik Die musikalische Führung war Herrn (Wimm er-S tatis tik) Kapellmeister Arnold Winternitz über­ Nur 1902 fünf Vorstellungen; vier geben, der das schwierige Werk mit der davon in rascher Folge bis 14. Novem­ größten Gewissenhaftigkeit und Treue ber, die fünfte am 17. Dezember 1902. vorbereitet hatte. Man bedenke nur, wie sicher der gemischte Chor zusammen­ stimmte und nicht minder gut sich auch 3.5. In Knecht Ruprechts Werkstatt53 bei den vielen belebten Stellen im Spiel erwies. Geraten war es, alle verfügbaren Dieses einaktige Weihnachtsmär­ Sänger für das Ensemble zu verwenden chenspiel mit dem Text von Hildegard und den Rekrutenchor zu streichen. Das Voigt aus Stettin handelt von den Sor­ verstärkte Orchester war ebenfalls, na­ gen und Nöten des alten Knechts Ru­ mentlich in einigen Streichsätzen, von precht, daher des Weihnachtsmannes, erfreulichem Wohllaut. Alles Lob ge­ der über die an ihn gestellten Ansprüche bührt insbesondere der Bläsergruppe, der Kinder ärgerlich ist, bis ihn der die, obwohl zu ungewöhnlichen Höhen­ Weihnachtsengel besänftigt, die ge­ lagen gezwungen, sich dennoch befließ wohnte Gebefreudigkeit auch in diesem [sic!], den Sängern mit ihrem schweren Jahr wieder walten zu lassen, Die Über­ Geschütz keine zu große Gewalt anzu­ redung gelingt durch die Vorführung tun. Das alles war wohlerwogen und vieler heiterer bezaubernder Gestalten, trefflich durchgeführt. Herr Regisseur darunter jener aus deutschen Märchen. Richard Schmidtler hielt auf der Bühne Schließlich ist er dem Weihnachtsengel seine zahlreiche Sippe genau so, wie sie der Komponist in zahlreichen und aus­ 53 Berichte Kienzls über das Werk in „Lebenswan­ giebigen Proben festgestellt wünschte, derung", S .312-313.

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26 in gewohnter Güte behilflich. Den gen. Drei Aufführungen begannen mit Schluss des Stücks bildet die Anbetung der lustigen Gesangsposse „Die schlim­ der Krippe unter den Klängen des Weih- men Buben in der Schule" von Johann nachtschorals. Dieses hübsche Stück Nestroy und dann folgte das Kienzl- enthält ein religiöses Orchestervorspiel Werk. Dialoge, Melodramen, Chöre, Lieder und Tänze. Die Partitur entstand 1907 Statistik54 {August bis November). Die Urauffüh­ Fünf Vorstellungen vom 22. Dezem­ rung erfolgte am 25. Dezember 1907 in ber 1908 bis 10. Jänner 1909, wobei die Graz. Es folgten Vorstellungen in Wien letzte ungeplant am Nachmittag als Kin­ (Volksoper), an Bühnen in Deutschland, dervorstellung angeboten wurde. Seit­ Österreich und Schweden. her war dieses Werk nicht mehr zu hö­ ren.

Linzer Erstaufführung am 22. Dezember 1908 3.6. Der Kuhreigen55 Direktion: Hans Claar Franz Gräflinger schreibt (Tages - Dieses musikalische Schauspiel war Post, 24. Dezember 1908, S. 7) ausführ­ nach dem „Evangelimann" für Kienzl der lich über die Handlung, die musikali­ zweite herausragende Bühnenerfolg mit schen Belange und die Einstudierung: internationalem Echo. Die Handlung, Sie hat „bei einer guten Aufführung und sehr vereinfacht dargestellt, spielt zur einer sehr netten Ausstattung Gefallen Zeit der Französischen Revolution und gefunden und wird besonders bei der schöpft ihre Spannung aus dem Gegen­ Kinderwelt den größten Anklang fin­ satz in der Gestalt des Schweizer Solda­ den". An den Leistungen der Darsteller ten Primus Thaller und der adeligen gibt es nichts auszusetzen. „Der starken Blanchefleur. Als Witwe hat sie den Hei­ Inanspruchnahme in den letzten Tagen ratsantrag des Schweizers und die Flucht dürfte es zuzuschreiben sein, daß das aus dem Kerker abgelehnt und ging Orchester die sonst gewohnte Frische stolz in den Tod. vermissen ließ. Es klang stellenweise Die Uraufführung an der Wiener manches so farblos grau. - Die Novität Völksoper - die Staatsoper (damals Hof­ fand reichen Beifall. Den musikalischen oper) hatte abgelehnt - am 23. Novem­ Teil leitete Herr Materna, die Inszenie­ ber 1911 unter dem Dirigenten Robert rung besorgte Herr Schmidt-Renner." Heger und mit als Blan­ Um das Theater halbwegs zu füllen, chefleur wurde auch in der Linzer Tages- wurden bei der Premiere dem Weih­ Post von Max Auer ausführlich bespro­ nachtsstück zwei publikumswirksame chen (28. November 1911, S. lf.). Er Werke vorangestellt: die Operette sparte für den „durchschlagenden Er­ „Hochzeit bei Laternenschein" von Jac­ folg" nicht mit lobenden Worten, denn ques Offenbach - hier seit 1899 nicht mehr gespielt - und das neue Lustspiel 54 Nicht bei Wimmer 1958, S. 125, verzeichnet. „Blau" von Max Bernstein; diese Titel­ 55 Berichte Kienzls über das Werk in „Lebenswan­ kombination gab es bei zwei Vorstellun­ derung" S .313-318.

27 floieis uiiu Lanunauser.: SCIIltt» - fflntft Jini. Direttiou: .fraiid (£lnar.

S o n n tag beit 3. $Rär$ 1912. ger iliiftmg V4* Ufo*. Xelcülion Sir. 34. (gäbe 10 Ufo*. 26. @u8penbu«S3orftetluug. (fBiertelfdjeiue tucifj ©orbcjiiflötedjt.) fftenfoeit! WP** 3«m 2, fötale. 'Iteufodt! Ter ftuljrciftctt. ©ln nuififnlijcßeS ©(ßaufpiet in brei Slufjiigen. ®icßtung nadj ber StooeHc „®te deine 33(nndj|fieure" uon S t u b o l f $ a n 8 SSartfcß uon 31 iarb S B a t f a . — SDtufif uou SBilßelm Sfienjl. Dirigent: ftapellmeifter Satt Stuberietß. Sß e t (o n e n: ®er fföntg...... Subloig SBattucß. ®et3etemonienniciftcrbeSS?önigS S a ri S3etter. 'UtarquiS fötaffimclle be (a Sttole ® er D ffijier ber SBacßc .... SSilfor D6errenner. be ©outtrog, Sommanbant . ©ruft Sauber. ©ine Otbonnntij...... Hubert u. fßaeßer. SMamßefteure, feine ©emaßtin . ©opßic SBotbeu. Gßanteclait, Kammerbiener beS ®er ffianjler...... 3o(ef ©gger. Königs ...... ©rnft SBenbfer. Kapitän SSragole...... ©rnft SBenbler. ©in S a t a i...... Qofef SBiefer. Sölarquls be ©ßejn •••••• §an8 Sainj. Sourban \ [ . . 3 ü naä ß t(ner. ©leo, §ofbame, oer fötarquije ®uua( > ©ait8cu(oiten t . . 3ofei goglar. fötaffimellc jugeteitt .... ©Ife SSetber. ©ptffier J l ■ ■ Sbolf ©tbaumann. rimuä Sfjattert Uiiteroffixiere im t griß ®ub. ©artoudje, Sommiffär ber SRe« t urfel /©cßloeijer Stegt.f ftermann ©tßort. ootulion...... ©eo 8e 33r6t. ®tf»et \ ^ ( ... 3ofef. Sntabet. ® et ©ebtiefser be8 „Sem pte"» Sroeiter / \ . . . . Stbolf ©djaumnnn. ©efängniffeS ...... fjubert U. fpotber. gauart, Ünlcroffijier ber ©ßaffeure ®r. ©mit Slipper. ©ine D rbonnanj bei ÖteootulionS' ©rfler ©ßaffeur ^ franftß[tfc^e f . 5ötaj Slltglaß. S trn te e...... Susann §ctfer.' Stoeiter ©ßaffeur f ©olbaten \ . granj ©djmibl-Stcnner. ©ine ® irne...... ßuife SBürjinger. ®ori8, Sottet bcS Kantineurs in ©in betrunfener ©anScutotte . . Qofef ©ggcr. bet Kajerne St. $>onote . . Sinnt) Stramm. ©in ©anScutotte...... granj ^anifd). ©eßroeijer, ©olbaten, ©ßaffeure, fßriujeii, fßrinjeffimieu, Kämmerer, ©ßrenbamen, ©eneräte, Offiziere, Kaptäne, §of« beamte, ©bedeute, ©betbamen, gmenbanten, .fjofpoelen, SJlater, §ofmußfer, Söortefer, Seibbiencr, 'Barbiere, ©djneiber, ber 2cibrf)irurg bcS Königs, fötäuner, SBeiber, ein Stationatgarbift, ®itncn, ©anScutotien, Sftetoolutiongfotbalen. Ott öcr §anblung: fßnriS utib SierfaiÜoS. geil: 1792 bis 1793. ©djaupläßc: ©rfter Slufjug: ff®er Kafetnßof uon ©t. Sonore ju ffiariS". Qjoeitcr Stufjug: „®ns ©djtafgemad) beS Königs im ©eßloffe ju SterfailleS". ®rittcr Stuf» jug: ©rfter Seil: ©pcifefaat im ©rtjioffe brS fötaifimelfc. gmeiter Seil: KcHcrramn im ©efonguiffe beS „Stemple". jjjä^T Jtlit b eginn eines iebeu «ftfifes luetben bie ^aafttiren flefißfofTen. “^ 8 ®ic neue« $>efurati»meii tuutfcea bunt Sfocatemfllcv (Önftao .

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Linzer Landestheater: Plakat zu „Der Kuhreigen". Oö. Landesmuseum

28 es gelang „ein Treffer wie der ,Evangeli- eingriff, wurde mit lautem Jubel ausge­ mann'". Kienzl und die Darsteller muss­ zeichnet und im Verlaufe des Abends an ten nicht weniger als 40 (!) Mal auf der fünfundzwanzigmal gerufen. Mit ihm Bühne erscheinen. Auers kurze Charak­ durfte Herr Kapellmeister Auderieth er­ terisierung der Musik enthält auch einen scheinen, ein Dirigierkünstler, der das sanften Seitenhieb auf die damalige, Werk im Sinne und Geiste des Kompo­ aber anders tönende Moderne: „Das nisten leitete, den Solisten stilistisch und Werk, welches von echter reiner Musik dynamisch richtige Pfade wies, die Auf­ strotzt, ist in der Zeit der Sensations­ ruhrchöre bei aller gebotenen Erregtheit werke ä la Richard Strauss eine wahre fest im Zaume hielt und dem Orchester Erquickung, ein reiner Quell" die schönsten Wirkungen abzugewin­ nen vermochte. Herr Direktor Claar Linzer Erstaufführung am 2. März 1912 hatte die Regie übernommen. Seine un­ Direktion: Hans Claar endliche Bemühung wurde mit einer Rasch folgten weitere Inszenierun­ vortrefflichen Aufführung belohnt, zu gen, im nächsten Jahr war die Oper auch der er auch seine ersten weiblichen und schon in Linz zu sehen, denn Kienzl war männlichen Schauspielkräfte als Mitwir­ hier schon gut bekannt. Mehrere Vorbe­ kende heranzog. richte setzten die Premiere ins rechte Mehrere Szenenbilder waren vom Licht mit griffigen Informationen: „die Herrn Theatermaler Hadrigan ganz musikalische Sensation dieser Saison", neu geschaffen. Von den Solisten des „eine selten schöne, ergreifende und me­ Stückes ist die Mehrzahl ohne nament­ lodienreiche Tonschöpfung".56 Linzer liche Anführung lobend zu erwähnen. Verhältnisse sprechen aus folgenden Zei­ Einigen war freilich versagt, zum Kern len: „In kleineren Partien und zur Chor­ ihrer Aufgabe vorzudringen. Fräulein verstärkung hinter der Szene ist das ge­ Wolden, die Marquise Blanchefleur, samte Solopersonal der Oper und Ope­ sang musterhaft, mit erlesenem Ge­ rette beschäftigt. Zur Komparserie ha­ schmack und Stilgefühl. Sie empfing ben sich sämtliche Damen und Herren vom Komponisten auf offener Bühne des Schauspiels in liebenswürdiger einen dankend ehrenden Handkuß. Die Weise zur Verfügung gestellt, so daß das Premiere war eine Ehrentat unserer Lan­ ganze Personal beschäftigt erscheint."57 desbühne und ihrer Direktion." Kienzl war einige Tage vor der Premiere In der Rückschau wurde diese Linzer schon in Linz, um bei den letzten Proben Erstaufführung als „sensationell" be­ für die Berücksichtigung seiner Absich­ zeichnet und erreichte innerhalb von ten zu sorgen. etwa vier Wochen zehn Vorstellungen. Über die Premiere schreibt Aemilian Posch (Tages-Post, 5. März 1912, S. 11 f.) Saison 1912/13 stark gekürzt wiedergegeben: Es ist verständlich, dass auch die „Das neueste Bühnenwerk Kienzls ist nächste Saison 1912/13 diesen Erfolg mit großem, bis zur Sensation gesteiger­ ausnützte und mit der Wiederaufnahme tem Erfolge in Szene gegangen. Dr. Kienzl, der auch in den letzten zwei Pro­ 56 Tages-Post, 25. Februar 1912, S. 11. ben zum ,Kuhreigen' mit Rat und Tat 57 Tages-Post, 28. Februar 1912, S. 10.

29 am 5. Dezember 1912 den Spielplan be­ prächtiges Bild. Das Haus war in allen reicherte.58 Darüber konnte Aemilian seinen Räumen ausverkauft." Posch (Tages-Post, 8. Dezember 1912, Saison 1924/25 S. 11) wieder Gutes berichten, von dem In der Zwischenkriegszeit hatte die einige Passagen hier heraus gegriffen Oper in Linz, wie bereits früher erwähnt, wurden: einen schweren Stand. Zeitweise war sie „Trotz wichtiger und einschneiden­ eingestellt, ab Herbst 1924 war sie wie­ der Umbesetzungen war auch der dies­ der präsent, doch es dauerte sehr lange, maligen Aufführung des ,Kuhreigens' bis sie wieder in Schwung kam. In dieser ein großer Erfolg beschieden, denn der Saison 1924/25, die hauptsächlich ältere Beifall, den die Hauptakteure für ihre ge­ Werke brachte,59 kam es zu einer Neu­ diegenen Leistungen fanden, stand dem inszenierung des „Kuhreigens", der bis Enthusiasmus von früher nicht nach. Die Anfang Mai gespielt wurde. Dieser Zeit­ Herren Walluch als Regisseur und Ka­ punkt bedeutete für Direktor Heinrich pellmeister Wolf haben sich ein großes Hagin wegen Krankheit auch das Ende Verdienst erworben. So gewannen wir seiner Ara. Unter seinem Nachfolger Al­ über die Gesamtführung der genannten bert Hugelmann gab es nur noch Gast­ Herren, dann über die Haltung der Soli­ vorstellungen. sten, des Chores, des trefflich funktionie­ Über die Premiere am 4. April 1925 renden Orchesters, der Tänzer und Büh­ schrieb Franz Gräflinger u. a. (Tages- nenmusiker eine bedingungslos zustim­ Post, 7. April 1925, S. 7): mende Meinung." „Das Werk bietet dem erfahrenen Eine Aufführung aus dieser Wieder­ Bühnenfachmann mannigfache Gele­ aufnahme bildete für das Linzer Theater genheit zur Entfaltung stimmungsvoller am 14. Dezember 1912 den dritten und Szenenbilder. Das hat Direktor Hagin letzten Abend des Wilhelm-Kienzl- mit Glück und Geschick auch genützt. Zyklus. Der Komponist weilte aus die­ Es wurde auch auf die solistische, chori- sem Anlass wieder einmal einige Tage in sche und orchestrale Vorbereitung au­ Linz und wurde auch mit einem Sym­ ßergewöhnliche Sorgfalt verwendet. So phoniekonzert des „Linzer Musikver- kam eine Aufführung zuwege, welche eins" geehrt. Über die „Kuhreigen"-Auf- als die beste in der bisherigen Saison be­ führung war (Tages-Post, 17. Dezember zeichnet werden kann. Kapellmeister Zil- 1912, S. 10 f.) - gekürzt wiedergegeben - zer gebührt das Hauptverdienst an der zu lesen: gerundeten Wiedergabe. Er dirigierte „Sie gestaltete sich für unser Theater mit verläßlicher Einsatzgebung, nur zu einer ehrenvollen Unternehmung manchmal etwas nervös breitgestig. Eine und kann zu den besten Opernvorstel­ erstaunliche Kraftleistung hatte das Or­ lungen unserer Bühne gerechnet wer­ chester zu bewältigen: Vormittags drei den. Die Solisten, die Chöre, Kapellmei­ Stunden Generalprobe für die Oper, ster Wolf und Regisseur Walluch taten alle ihr Bestes. Der zweite Akt bot in­ folge Mitwirkung fast des ganzen 5a Tages-Post, 8. Dezember 1912, S. 11. Schauspielpersonals ein buntes und 59 Wimmer 1958, S. 78.

30 nachmittags drei Stunden Generalprobe gezogen. Lobenswert war auch die musi­ für ,Fausts Verdammung' und abends kalische Gesamtleistung. Man spürte, die Oper. Das ausverkaufte Haus zeigte daß auf der Bühne und im Orchester gehobene Beifalls Stimmung" eine tat- und willens freudige Stimmung herrschte. Kapellmeister Peyrl ist seinem Saison 1926/27 Vorsatz, nur Operetten zu dirigieren, un­ Trotz der allgegenwärtigen schwieri­ treu geworden. Von seiner langjährigen gen Umstände ließ sich Direktor Hugel- Berufstätigkeit brachte er Routine, Ruhe mann den 70. Geburtstag Kienzls und und Sicherheit mit. Er hat gesunden Mu­ damit einen entsprechenden Publikums­ siksinn, eine feste Hand für ein Opern­ zuspruch für eine Festvorstellung von ensemble gezeigt. „Kuhreigen" am 17. Jänner 1927 nicht Für die gesanglichen Leistungen entgehen. Bei ihrer Beurteilung gilt es zu bangte ich, denn nur zwei Gäste waren bedenken: Linz verfügte damals nur zur Mitwirkung herangezogen. Wurde über ein Ensemble für Operette und von den einheimischen Kräften auch Schauspiel - darunter Kräfte mit einer nichts Außergewöhnliches geboten, so nachfolgenden schönen Karriere. Zug­ fügten sich doch alle mit Geschick in kräftige Titel erreichten eine größere An­ ihre Partien. J. Groß stellte sich als ge­ zahl an Vorstellungen. Theodor Peyrl wiegter Sänger vor, so recht zu erwär­ wirkte sehr verdienstvoll als Operetten­ men vermochte sein Favart aber nicht. kapellmeister.60 Der „Kuhreigen" ist, wie Das stärkste Interesse erweckte der Te­ schon bei Aufführungen in der Vergan­ nor Igo Guttmann. genheit erwähnt, ein personenreiches Stück mit starker Dramatik und großen Lob verdient noch die zumeist deli­ musikalischen Ansprüchen. Wichtige kate (besonders in den Streichern) Spiel­ Rollen wurden daher mit Gästen besetzt. weise des instrumental vollbesetzten Or­ Heldentenor Igo Guttmann (früher Gra­ chesters und die Wiedergabe der Chöre zer Oper) verkörperte den Schweizer (angenehm machte sich die Verstärkung Primus Thaller, der Bariton Josef Groß durch Herren des christlich-deutschen (Stadttheater Aussig) den Unteroffizier Gesangvereines bemerkbar). Zusam­ Favart. Alle übrigen Partien waren mit menfassend kann festgestellt werden, heimischen Künstlern besetzt. Das Or­ daß redlicher Eifer alle Mitwirkenden chester wurde verstärkt. Franz Gräflinger beseelte." schrieb u.a. (Tages-Post, 20. Jänner 1927, NS-Zeit (1938-1945) S. 16) über die Premiere: Bei der Wiedereinführung der stän­ „In stilvoller, vorgeprobter Aufma­ digen Oper am Linzer Theater im Jahr chung stand die jetzige Aufführung. Di­ 1937 bildete, wie schon erwähnt, der rektor Hugelmann hat auf die Inszenie­ „Evangelimann" die erste Premiere. Die rung ungemein viel Sorgfalt und Ge­ logische Konsequenz wäre gewesen, schmack verwendet. Die Bilder waren dass darauf in Kürze der „Kuhreigen" farbenprächtig, in der Gruppierung und folgen würde. Dem war aber nicht so. Haltung lag Stimmung. Zur Mitwirkung wurde das Operettenpersonal und sogar ein Teil des Schauspielensembles heran­ öü Wimmer 1958, S. 78 f.

31 Die Programmvorschau (Werbeheft) für plangestaltung widmen"61 62 und brachte die Spielzeiten 1939/40 und 1940/41 neben großen Titeln auch eine repräsen­ nennt unter den geplanten Titeln zwar tative Neueinstudierung des „Kuhrei­ jeweils die Oper „Der Kuhreigen" im gens" (Premiere 18. November 1950) im statistischen Rückblick am Ende der je­ Rahmen der „österreichischen Kultur­ weiligen Spielzeit fehlt aber der Hinweis woche" heraus. Damit gelang dem Thea­ auf solche Aufführungen. Diese Ver­ ter „ein glänzender und unbestreitbarer nachlässigung, aus welchen Gründen Beweis seiner künstlerischen Leistungs­ auch immer, ist schwer verständlich, fähigkeit". denn z.B. 1940/41 wurden „Rosenkava­ Über die Aufführung schrieb lier" zehnmal und „Meistersinger" vier- Dr. Heinrich Wimmer im „OÖ. Kultur­ zehnmal (beides aufwändige Partituren) bericht" 1950, Folge 48, auszugsweise aufgeführt. wiedergegeben: Über die wahren Gründe für diese „Die Wiederaufführung, die vor ei­ Vorgangsweise kann man nur spekulie­ nem vollbesetzten, festlich gestimmten ren: Die Spielplanerstellung kann ohne Haus vor sich ging, war einer der großen Vorwissen der NS-Landesbehörden Abende der Linzer Oper. Die zwei wich­ nicht erfolgt sein und war von dieser tigsten Vorbedingungen für den Erfolg Seite akzeptiert. Die Aufführung ist eben waren in geradezu idealer Weise gege­ aus theaterinternen Gründen gescheitert ben: eine über jedes Lob erhabene, pak- - wegen Personalmangel als Folge von kendste Wirkung der Massenszenen Einberufungen und wegen Besetzungs­ herausarbeitende Regie (Oskar Walleck) schwierigkeiten bei Gästen; wegen Geld­ und eine in jeder Beziehung vorbildliche mangels, da große Produktionen bedeu­ Stabführung (Ludwig Leschetitzky), die tendere Mittel beansprucht haben; we­ aus dem Orchester und aus den Sängern gen fehlender Zeit, da zugkräftige Höchstleistungen herausholte. Man Stücke infolge reger Nachfrage öfters als kann sich auch kaum eine passendere geplant auf dem Spielplan standen. Un­ Besetzung für die beiden Hauptrollen ter undenkbar ist einzustufen, dass Di­ denken als die liebreizend-gefühlvolle rektor Brantner, ein hervorragender und zugleich geistvoll-überlegene Elisa­ Fachmann, die hiefür notwendigen Ar­ beth Ranic (Blanchefleur) und den treu­ beiten, den finanziellen, materiellen und herzigen Naturburschen Willi Schmidt personellen Aufwand nicht richtig einge­ (Primus Thaller), dessen gesangliches schätzt hätte. - Wie auch immer. Dieses Können sich wieder einmal hervorra­ Problem passt zu der resignierenden gend erwies." Einstellung von Wilhelm Kienzl, der eine „auffallende Vernachlässigung seiner Linzer Aufführungsstatistik Opern in der Ostmark (dem einstigen (Wimm er- S tatis tik) lieben Österreich)" feststellte.01 1912-1927: 28 Vorstellungen Saison 1950/51 (Premiere: 18. 11. 1950): Saison 1950/51 9 Vorstellungen

Direktor Brantner konnte sich in sei­ 61 Hans Sittner, Kienzl - Rosegger, Wien 1953, ner Nachkriegsära (1948-1953) bald „ei­ S. 270. ner planvollen und interessanten Spiel­ 62 Wimmer 1958, S. 90.

32 Seit über fünfzig Jahren ist dieser er­ aus Fopphausen, dem zwei Schlaumeier folgreiche Titel dem Linzer Repertoire im Anschluss an den Faschingdienstags­ entschwunden und nimmt deutlich ab­ rummel drastisch vor Augen führen, gesetzt unter den Kienzl-Opern den dass die ihm von seinen vielen Freunden Rang zwei ein. entgegengebrachte Anhänglichkeit nur seinem im Testament versprochenen Geld gilt. Schließlich siegt nach theater­ 3.7. Das Testament63 wirksamen Szenen das „Gute": Sein Mündel Vroni bekommt ihren Müllers­ Unbestrittenes Verdienst des Linzer burschen Florian und dazu Haus und Theaterdirektors ist es, dass dieser über Hof. Jahrzehnte vergessene Titel wieder ein­ Zu dieser Handlung gehören mal zum Leben erweckt wurde. Wie Gstanzlsingen, gewaltige Chorszenen, recht hatte Kienzl in seinem Rückblick: ein Terzett, ein herrliches Quintett, dank­ „Hoffentlich wird es nicht erst - wie üb­ bare Aufgaben für die Solisten usw. und lich - nach meinem Tode eröffnet." Diese für das Orchester allein wirkungsvolle musikalische Komödie, besser mit dem symphonische Aufgaben (zwei Vor- und Zusatz tragikomisch versehen, enthält ein Zwischenspiel). Die qualitativ hoch­ eine gut erfundene Geschichte nach M o­ wertige Musik stützt und begleitet die tiven von Peter Rosegger in einem volks­ Szenen recht eigenständig im volkstüm­ tümlichen und heimatverbundenen Rah­ lichen Tonfall, aber mit Wagnerischer men. Kompositionstechnik im Hintergrund. Die Partitur entstand in Bad Aussee Sie schmeichelt den Ohren und wirkt so und Graz ab Oktober 1914 und war am wie ein Gruß aus der Vergangenheit. Sie 1. September 1916 vollendet. Die Urauf­ charakterisiert Situationen, Personen, führung am 6. Dezember 1916 an der verdeutlicht dramaturgische Zusam­ Wiener Volksoper, also mitten im Ersten menhänge und überrascht durch viele Weltkrieg, wurde von der Presse sehr Melodien und deren Abwandlungen; wohlwollend aufgenommen, doch blieb was man aus einem Walzer alles machen es dem Komponisten nicht verborgen, kann! „daß ein völliges Mitgehen des großen Publikums nicht in allen Teilen des Wer­ Linzer Erstaufführung am 3. Dezember kes zu beobachten war".64 2006 Nach einer Reihe von Aufführungen Direktion: Rainer Mennicken. Produktions team: in Wien folgten Berlin mit einem unge­ wöhnlich starken Publikums erfolg, dann Musikalische Leitung: Ingo Ingensand noch Graz (27. Jänner 1917), Nürnberg Inszenierung: Andreas Baesler und noch eine Stadt in Deutschland aus Bühne: Harald B. Thor Anlass des 70. Geburtstages Kienzls Kostüme: Caroline Dohmen (1927). - Das war alles. Bei der Handlung geht es um die 03 Berichte Kienzls über das Werk in „Lebenswan­ Läuterung des reichen und egoistischen derung" S .318-323. Gastwirtes und Bürgermeisters Holzer 64 Lebenswanderung, S. 322 £.

33 Die Aufführung steht im Zeichen Am Geburtstag selbst, dem 17. Jän­ des 150. Geburtstages Kienzls und fügte ner 2007, folgte eine Festaufführung der alle dramaturgischen Elemente zu einem Oper, begleitet von einem umfangrei­ sinn- und werkgerechten Ganzen, bei chen Rahmenprogramm. Vor der Vor­ dem das Produktionsteam und das stellung brachten der „Kienzl-Chor Wai­ hauseigene Ensemble langanhaltenden zenkirchen" und Ensemble-Mitglieder Beifall ernteten. des Theaters in einer Soiree einige Lieder und Chöre des Meisters. Anschließend Die Inszenierung geriet ganz zum spielte die Kapelle des Musikvereins Nutzen des Werkes, so dass sich die Waizenkirchen vor dem Theatereingang, Handlung wie von selbst weitertreibt ln der Pause der Vorstellung sorgte die durch lebensechte Personenführung mit „Tanzl-Musi" aus Waizenkirchen für unaufdringlicher Detailfreude und ge­ Stimmung. Nach der Oper folgten lungenen Massenszenen. Bühnenbild Grußworte von Intendant Rainer Men­ und Kostüme entsprechen der nicken, Bürgermeister Ing. Josef Dopler Erinnerung an ein Landwirtshaus und und Landeshauptmann Dr. Josef Pührin- dessen Gäste. Dank sorgfältiger Einstu­ ger, und dann hatte Frau Friederike dierung und umsichtiger Leitung durch Mayrhuber, Firmpatenkind Kienzls, ih­ den Dirigenten bleibt kein musikalischer ren Auftritt: Sie trug das Gedicht vor, Wunsch im Gleichklang von Bühne, Or­ welches sie schon vor 80 Jahren zum 70. chester und Stück offen. Das Bruckner- Geburtstag des Meisters (1927) aufge­ Orchester hat die eigentümliche Ton­ sagt hatte, und hob mit dem Kienzl-Tört­ sprache einer theatralisch und sympho­ chen eine süße Neukreation aus der nisch überhöhten Folklore sauber ver­ Taufe. - In heiterer Ausgelassenheit en­ mittelt, die Bühnenmusik stellte gekonnt dete das Fest. der Musikverein Waizenkirchen. Die vielen Gesangssolisten über­ Anmerkung ragte Klaus-Dieter Lerche (Holzer) durch Der zweite Teil dieses Beitrages erscheint im Heft überzeugende Lebensechtheit und 3/4-2007 und enthält Ausführungen über Kienzls Wandlungsfähigkeit. Zu lebendigem, Beziehungen zu Linz und Oberösterreich, und packendem und auch dramatischem zwar persönliche und künstlerische Kontakte zu Bühnenleben haben deutlich gezeichnete Linz außerhalb des Theaters, persönliche Verbin­ Charakterpartien beigetragen. Die Chor­ dungen mit Waizenkirchen und Vöcklabruck, wei­ ters Erwähnungen von Losenstein und Michel­ mitglieder (Einstudierung Georg Leo­ dorf. Soweit wie möglich werden bei den einzel­ pold) waren als hochwertiges Ensemble nen Stationen auch Ereignisse nach dem Tod des und in vielen Einzelfiguren präsent. Komponisten erwähnt.

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