Quick viewing(Text Mode)

Begründung Zum Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung Zum Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zum Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

1. Entwurf

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

2

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Vorbemerkungen

Die Begründung zum Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021 (RROP) ist rechtlich unverbindlich. Festlegungen im RROP, bei denen es sich nicht um eigene Festlegungen, sondern um nachricht‐ liche Übernahmen aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Niedersachsen 2017 (LROP, in der Fassung vom 26.09.2017) handelt, werden in dieser Begründung zum RROP nicht erläutert. Hierzu wird auf den jeweiligen Begründungstext des LROP verwiesen, der unter der Website www.raumordnung.niedersachsen.de abgerufen werden kann.

3

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Inhalt

1. Ziele und Grundsätze zur räumlichen Entwicklung des Landkreises Grafschaft 1 Bentheim………………………………………………………………………………….…………………………………………...6 1.1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landkreises Grafschaft Bentheim.…….………….…... 6 1.2 Einbindung in die norddeutsche und europäische Entwicklung……………………………………….... 8

2. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Siedlungs‐ und Versorgungs‐ 2 struktur…………………………………………………………………………………………………………………………….….11 2.1 Entwicklung der Siedlungsstruktur………………..……………………………………………………..……….…. 11 2.2 Entwicklung der Daseinsvorsorge und der Zentralen Orte …………………………………………...... 15 2.3 Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels……………………………………………… 24

3. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Freiraumstrukturen und Freiraum‐ 3 nutzungen……………………………………………………………………………………………………………………………37 3.1 Entwicklung eines Freiraumverbundes und seiner Funktionen…………………………….…………... 37 3.1.1 Elemente und Funktionen des Freiraumverbundes, Bodenschutz……………………….….... 37 3.1.2 Natur und Landschaft….…………………………………………………………..……………………………..… 46 3.1.3 Natura 2000………………………………………………………………………………………………………..…...67 . 3.1.4 Entwicklung der Großschutzgebiete……………………………………………………………………….… 69 3.2 Entwicklung der Freiraumnutzungen…..……………………………………………..………………………...... 70 3.2.1 Landwirtschaft…………………………………..……………………………………………………………………... 70 3.2.2 Forstwirtschaft………………………………………………..………………………………………………..…….... 78 3.2.3 Rohstoffsicherung und Rohstoffgewinnung……………….……………………………………………... 79 3.2.4 Landschaftsgebundene Erholung…………………………………………………………………………...... 82 3.2.5 Wassermanagement, Wasserversorgung, Hochwasserschutz………..………………………... 84

4. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der technischen Infrastruktur und der raum‐ 4 strukturellen Standortpotenziale……………………………………………………………..………..……………...92 4.1 Mobilität, Verkehr, Logistik……..………………………………………………………….………………………….. 92 4.1.1 Entwicklung der technischen Infrastruktur, Logistik……………………….…………………….… 92 4.1.2 Schienenverkehr, öffentlicher Personennahverkehr, Fahrradverkehr….…………………... 92 4.1.3 Straßenverkehr……..……………………………………………………………………………….……………...... 96 4.1.4 Luftverkehr………………………...………………………………………………………………….…………….…. 97 4.2 Energie……………………………………………...………………………………………………………….…………..…... 98 4.2.1 Windenergie……………………………………………....…………………………………………….………..…... 99 4.2.2 Solarenergie……………………………………………………………....…………………………….……………. 121

4

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

4.2.3 Erdgas‐ und Erdölgewinnung………………………………………………………………………….…..….. 126 4.2.4 Stromleitungstrassen.………………………………………………………………………………….…………… 128 4.3 Sonstige Standort‐ und Flächenanforderungen…………………………………..…………………………129

5

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

1. Ziele und Grundsätze zur räumlichen Entwicklung des Landkreises 1 Grafschaft Bentheim

1.1 Entwicklung der räumlichen Struktur des Landkreises Grafschaft Bentheim

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 und 2 Die Raumordnung hat den Anspruch, Regionalplanung so zu gestalten, dass diese – verbunden mit einem vorausschauenden Blick auf künftige Generationen – den sozialen, den wirtschaftli‐ chen und den ökologischen Ansprüchen an den Raum gleichermaßen gerecht wird. Diese Leit‐ vorstellung der nachhaltigen Raumordnung findet sich auch im Bundesraumordnungsgesetz (ROG). Gemäß § 1 (1) des (ROG) ist der Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seiner Teil‐ räume durch zusammenfassende, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenarbeit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Dabei sind unterschiedliche Anfor‐ derungen an den Raum aufeinander abzustimmen, die auf der jeweiligen Planungsebene auf‐ tretenden Konflikte auszugleichen und Vorsorge für einzelne Nutzungen und Funktionen des Raumes zu treffen. Das ROG formuliert darüber hinaus die Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung, die soziale und wirtschaftliche Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwerti‐ gen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt. Das Zusammenwirken der Kreisverwaltung mit den Verwaltungen der Städte, Samtgemeinden und Gemeinden im Landkreis gehört zum Selbstverständnis der Kommunalverwaltung im Land‐ kreis Grafschaft Bentheim. Raumordnung soll immer auch die Erfordernisse der Teilräume eines Planungsraumes berücksichtigen (Gegenstromprinzip).

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Aufgabe der Raumordnung ist es nicht nur, die räumlichen Voraussetzungen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Unter Berücksichtigung ungleicher Ausgangsbedingungen bedarf es einer Raumentwicklung, die allen Teilräumen die Möglichkeit eröffnet, ihre Potenzia‐ le auszuschöpfen und Impulse für mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu setzen. Grundvoraussetzung hierfür ist eine intakte und leistungsfähige Infrastruktur im Bereich Sied‐ lung, Verkehr und Gewerbe, aber in immer stärkerem Maße auch im Bereich der Kommunikati‐ onsinfrastruktur.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 Nachhaltiges Wachstum erreicht dann seine Grenze, wenn die Leistungs‐ und Belastungsgrenze der natürlichen Systeme erreicht wird. Die natürlichen Lebensgrundlagen dürfen nicht auf Dau‐

6

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

er über ihre Leistungsfähigkeit hinaus beansprucht werden. Dort, wo Überlastungserscheinun‐ gen drohen oder tatsächlich auftreten, sind Form und Intensität der bisherigen Nutzungen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Beeinträchtigte Funktionen sind wiederherzustellen bzw. zu sanieren. Ein besonderes Augenmerk der Raumordnung gilt dem Klimawandel. Der Klimawandel stellt eine der größten gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit dar. Er wird zu bislang nicht abschließend absehbaren sozialen, ökologischen und auch ökonomischen Folgen führen. Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die Minderung der globalen Erwärmung muss also oberstes Ziel aller gesellschaftlichen Akteure sein. Trotz vielfältiger Klimaschutzmaßnahmen wird sich die globale Erwärmung voraussichtlich den‐ noch nicht vermeiden lassen. Auch der Landkreis Grafschaft Bentheim wird daher in absehbarer Zeit von den Folgen des Klimawandels vermehrt betroffen sein. Hier wird es verstärkt darum gehen, geeignete Anpassungsstrategien an den Klimawandel zu entwickeln. Der Klimawandel wird im Nordwesten Deutschlands – auch im Landkreis Grafschaft Bentheim – die Konkurrenzen um Fläche verschärfen. Kennzeichnend für die räumliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte war ein erheblicher Verbrauch von verfügbaren Flächen, die insbesondere auch für den Ausbau des Siedlungswesens und der Verkehrsinfrastruktur in Anspruch genom‐ men wurden. Ebenso werden der Landwirtschaft durch Ausgleichs‐ und Kompensationsflächen Flächen entzogen. Dieser Verbrauch wertvoller Flächen kann u. a. dadurch reduziert werden, dass mit Hilfe der gemeindlichen Bauleitplanung auch für die Entwicklung ländlicher Siedlungen konsequente Formen des Flächensparens praktiziert werden. Um den Herausforderungen an‐ gemessen begegnen zu können, sind Verzahnungen und Flexibilisierungen von formeller und informeller Planung notwendig. Hierzu zählen Anreize zum interkommunalen Dialog und zur Kooperation mit dem Ziel der Konsensfindung über einen sparsamen Umgang mit den Flächen‐ ressourcen.

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 und 2 Die demografischen Analysen für den Landkreis Grafschaft Bentheim und seiner Teilräume zei‐ gen deutlich auf, dass die künftige demographische Entwicklung und die sich daraus ergeben‐ den Perspektiven dieses Raumes weit von den Erfahrungswerten der zurückliegenden zwei Jahrzehnte abweichen werden. Gemeinden im Landkreis müssen mittelfristig mit einer sinken‐ den Einwohnerzahl, einer älter werdenden Bevölkerung, rückläufiger Auslastung sozialer Ein‐ richtungen für Kinder und einem gleichzeitig erhöhten Bedarf an Sozialeinrichtungen für ältere Menschen umgehen. Die Auslastung der technischen Infrastruktur wird sinken und damit auch die finanziellen Spielräume. Die Städte und Gemeinden sehen sich mit zunehmenden Heraus‐ forderungen konfrontiert, die kommunalen Aufgaben in der gewünscht hohen Qualität zu erfül‐ len. Hinzu kommt ein sich erkennbar verschärfender (über‐)regionaler Wettbewerb um Ein‐ wohner, der den Druck der Kommunen zusätzlich erhöht, den Bürgern hochwertige Lebensbe‐ dingungen zu bieten. In Anerkennung der Tatsache, dass die demographische Entwicklung nicht rückgängig gemacht oder gestoppt werden kann, will der Landkreis Grafschaft Bentheim seinen Fokus auf eine fami‐ lienfreundliche Ausrichtung seines Handelns richten. Damit soll der prognostizierten demogra‐ phischen Entwicklung Rechnung getragen werden. Gleichzeitig kann durch familienfreundliche

7

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Maßnahmen die Frauenerwerbsquote erhöht werden. Damit trägt der Landkreis gleichzeitig dem zu erwartenden Fachkräftemangel Rechnung.

Begründung zu Ziffer 04 Sätze 1 und 2 Die Instrumente der Raumordnung eignen sich nur indirekt zur Steigerung des wirtschaftlichen Wachstums und der Beschäftigung. Einflussmöglichkeiten bestehen vor allem in der Flächen‐ und Standortsicherung sowie der planerischen Sicherung der notwendigen Infrastruktur und der Schaffung räumlicher Voraussetzungen für deren weitere Entwicklung. Räumliche Planung muss daher im engen Schulterschluss mit der Struktur‐ und Wirtschaftsför‐ derung abgestimmt werden, um die Instrumente der Förderpolitik des Landes, des Bundes und der EU bestmöglich zur Umsetzung strukturfördernder Maßnahmen einsetzen zu können.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 bis 3 Um seinen Teil an der wirtschaftlichen Entwicklung des Landkreises beizutragen, soll der ländli‐ che Raum (= Kreisgebiet außerhalb des verdichteten Siedlungsgefüges des Mittelzentrums ) seine Stärken nutzen und sich als Wirtschaftsstandort und Lebensraum in einer in‐ takten Umwelt positionieren. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des ländlichen Raumes sind künftig insbesondere die Informations‐ und Kommunikationstechnologien zu nutzen. Ele‐ mentare Voraussetzung hierfür ist eine Vernetzung der Region durch die Verbesserung der Kommunikationsinfrastruktur.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 4 Der ländliche Raum kann und muss seinen Beitrag zu einer ausgewogenen Raumstruktur leis‐ ten. Die Potenziale des ländlichen Raumes können dabei hilfreich sein. Der Landkreis soll In‐ strumente unterstützten, initiieren und entwickeln, die helfen, die Ziele einer nachhaltigen und eigenständigen Regionalentwicklung zu erreichen.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 1.1 Ziffer 11 Sätze 1 und 2.

1.2 Einbindung in die norddeutsche und europäische Entwicklung

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 und 2 Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Globalisierung und der zunehmenden Verflechtung der Regionen miteinander, ist der Landkreis Grafschaft Bentheim gut beraten, auch über Land‐ kreisgrenzen hinweg zu planen und zu kooperieren. Die Kooperation mit anderen Regionen ist

8

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

heute ein unerlässliches Mittel, um effektive sowie langfristige Planung betreiben und verwirk‐ lichen zu können. Dieses Ziel verfolgt beispielsweise die Wachstumsregion Ems‐Achse. Mit der Wirtschaftsvereinigung der Grafschaft Bentheim e.V. gibt es im Landkreis Grafschaft Bentheim darüber hinaus einen berufs‐ und branchenübergreifenden, parteipolitisch neutralen Interessenverband für alle im Landkreis ansässigen Unternehmen. Zu den Zielen der Wirt‐ schaftsvereinigung zählt, die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen in der Grafschaft Bentheim zu erhalten bzw. zu verbessern. Die Wirtschaftsvereinigung trägt dazu bei, die Grafschaft Bentheim als wirtschaftlich attraktive Region zu positionieren.

Begründung zu Ziffer 02 Neben der Zusammenarbeit mit benachbarten Landkreisen ist eine grenzübergreifende Zu‐ sammenarbeit mit den Niederlanden weiterhin zu stärken und weiter zu entwickeln. Dies gilt insbesondere im Rahmen der EUREGIO. Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, die Zusammen‐ arbeit in der deutsch‐niederländischen Grenzregion zu fördern und Kontakte auf‐ und auszu‐ bauen. Dabei spielt das Zusammenwirken der einzelnen, jeweils im Grenzgebiet liegenden Re‐ gionen, eine entscheidende Rolle um die negativen Auswirkungen, die sich aus dieser Lage er‐ geben, zu überwinden. Die Mitglieder sind öffentlich‐rechtliche Organe: Gemeinden, Zusam‐ menarbeitsverbände von Gemeinden, Samtgemeinden, Städte, Landkreise, die Kamer van Ko‐ ophandel sowie die Industrie‐ und Handelskammern. Kernaufgaben der EUREGIO sind die Förderung der grenzüberschreitenden sozial‐kulturellen Zusammenarbeit, Information von Bürgern und Unternehmen, Stärkung wirtschaftlich‐sozialen Entwicklung sowie das Anbieten einer Plattform für die Zusammenarbeit. Darüber hinaus ist der Landkreis Grafschaft Bentheim Teil der Deutsch‐Niederländischen Raumordnungskommission/Unterkommission Nord und vertreten in der Ständigen Arbeits‐ gruppe der UK Nord. Aufgabe der Raumordnungskommission, die im Jahr 2018 ihr 50‐jähriges Bestehen feiern konnte, ist es, sich aller Grundsatzfragen der räumlichen Entwicklung anzu‐ nehmen, sofern sie für beide Staaten gleichermaßen von Bedeutung sind. Das Schwergewicht liegt bei der Abstimmung von raumbedeutsamen grenzüberschreitenden oder grenznahen Ein‐ zelplanungen und ‐maßnahmen aller Art sowie der Abstimmung von Raumordnungsprogram‐ men und ‐plänen der verschiedenen Stufen.

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 und 2 Die Ems‐Achse als transeuropäischer Transportkorridor umfasst im Wesentlichen die moderne Wirtschafts‐ und Verkehrsachse in Nordwestdeutschland, zu der neben den Seehäfen Emden, Leer und Papenburg die Autobahn A 31, der Dortmund Ems‐Kanal, die zweigleisige Eisenbahn‐ strecke von Emden nach Münster und die Güterverkehrszentren Emsland in Dörpen sowie in Coevorden‐ gehören. Besondere Funktion hat die Ems‐Achse aufgrund der zentra‐ len Linienführung von der deutschen Nordseeküste bis nach Nordrhein‐Westfalen. Der Verein Wachstumsregion Ems‐Achse e.V. wurde im Jahr 2006 durch den Zusammenschluss der fünf Landkreise Aurich, Emsland, Grafschaft Bentheim, Leer und Wittmund sowie der kreisfreien Stadt Emden gegründet. Dabei sollen die Stärken der Region hervorgehoben und das vorhan‐

9

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

dene Entwicklungspotenzial gemeinsam nach Außen vertreten und genutzt werden. Der Fokus liegt auf einer integrierten Entwicklung der Wirtschafts‐ und Verkehrsinfrastruktur. Das geschieht: a) Durch die Arbeitskreis‐ und Projektarbeit in den (zurzeit) sieben definierten wirtschaftli‐ chen Kompetenzfeldern Energie, Logistik, Kunststoffnetzwerk, Maritime Verbundwirt‐ schaft, Metall‐, Fahrzeug‐ und Maschinenbau, Public Private Partnership in der Bauwirt‐ schaft sowie Tourismus. Die Arbeit wird jeweils für die gesamte Wachstumsregion durch einen Landkreis bzw. die kreisfreie Stadt der Ems‐Achse geleitet und koordiniert. b) Durch die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Unternehmen mit dem Ziel, das vorhandene Wissen zu bündeln und alle am Wirtschaftsprozess Beteiligten zu vernetzen. Der Landkreis Grafschaft Bentheim ist Bestandteil der Wachstumsregion Ems‐Achse und fun‐ giert in diesem Zusammenschluss als Kooperationspartner. Innerhalb dieser Kooperation strebt der Landkreis danach, die Ems‐Achse als eigenständige Wirtschafts‐ und Verkehrsachse weiter auszubauen und zu stärken.

Begründung zu Ziffer 04 Regionalentwicklung, wie sie der Landkreis Grafschaft Bentheim versteht, orientiert sich nicht nur an Verwaltungsgrenzen des Landkreises, sondern zunehmend an funktionsräumlichen Zu‐ sammenhängen. Dies erfordert häufiger als bisher die überregionale Zusammenarbeit, je nach Ebene in unterschiedlichen räumlichen Zuschnitten. Der Landkreis fördert, unterstützt und initi‐ iert daher interkommunale Entwicklungsprojekte und regionale Zusammenschlüsse über die Landkreisgrenzen hinweg.

10

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

2. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Siedlungs‐ und 2 Versorgungsstruktur

2.1 Entwicklung der Siedlungsstruktur

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 02

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 03

Begründung zu Ziffer 04 Sätze 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 04

Begründung zu Ziffer 04 Sätze 2 und 5 Die Konzentration der künftigen Siedlungsentwicklung im Landkreis Grafschaft Bentheim vor‐ rangig auf die Zentralen Orte und darüber hinaus auf vorhandene Siedlungsgebiete mit ausrei‐ chender Infrastruktur gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 ROG unterstützt die Entwicklung nachhalti‐ ger Raumstrukturen in Bezug auf flächensparende Siedlungsentwicklung, die Sicherung der Aus‐ lastung und damit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit von Infrastrukturen und die Reduzierung von Verkehren.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 bis 5 Die Bevölkerungsstruktur des Landkreises Grafschaft Bentheim wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten deutlich verändern. Der demografische Wandel ist im Wesentlichen von einem Rückgang der Bevölkerung, einer starken Veränderung der Altersstruktur (weniger junge und mehr ältere Menschen), einer fortschreitenden Haushaltsverkleinerung und einer kulturellen und ethnischen Durchmischung gekennzeichnet. Als Folge dieses Prozesses werden sich die Ansprüche an die Siedlungsstruktur, an Wohnungen und Wohngebäude, an das Wohnumfeld sowie an das Infrastrukturangebot grundlegend ver‐ ändern. Heutiges Handeln muss die Interessen künftiger Generationen berücksichtigen. Zur Wahrung des heutigen Lebensstandards dürfen Belastungen nicht in andere Bereiche, Zeiten oder Räume verlagert werden, wie z.B. finanzielle Belastungen für den Erhalt überdimensio‐ nierter Infrastruktur, Verlust landwirtschaftlicher Fläche oder ökologische Belastungen. Die Siedlungsstruktur und ihre weitere Entwicklung bestimmt wesentlich die Rahmenbedingungen für die Auslastung vorhandener und neu zu planender Infrastruktureinrichtungen.

11

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Das RROP räumt der Innenentwicklung – also der Entwicklung innerhalb des zentralen Sied‐ lungsgebietes bzw. in nicht zentralen Orten im Innenbereich gem. BauGB ‐ eine Priorität gegen‐ über der Inanspruchnahme bisher unbebauter Flächen außerhalb dieser Gebiete ein. Ebenso wie das BauGB schreibt das RROP aber keinen grundsätzlichen Verzicht auf Neuausweisungen außerhalb dieser Gebiete fest. Die Entwicklung von Wohngebieten auch außerhalb dieser Ge‐ biete bleibt zulässig, jedoch nur dann, wenn erhöhten Prüferfordernissen angemessen Rech‐ nung getragen werden kann. Konkret zu prüfen sind demnach insbesondere:

 Qualitativer und quantitativer Bedarf an Wohnraum  Demographische Entwicklung  Gesellschaftliche Kosten der Infrastruktur  Ökologische Auswirkungen auf den Freiraum  Konversionsmöglichkeiten

Damit die Kommunen den Planungsrundsatz „Innen‐ vor Außenentwicklung“ wirksam berück‐ sichtigen können, ist eine transparente und aktuelle Datengrundlage erforderlich. Daher wird den Städten und Gemeinden empfohlen – sofern nicht schon vorhanden – ein Brach‐ und Bau‐ lückenkataster zu führen.

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist vor allem beim Neu‐ und Ausbau von technischen und sozialen Infrastruktureinrichtungen zu berücksichtigen, dass deren Vorhaltung mit hohen volkswirtschaftlichen Kosten verbunden sein kann. So sind etwa bei der Abwasser‐ entsorgung drei Viertel der Kosten mengenunabhängig, so dass bei einem Nachfragerückgang die Versorgungskosten je Einwohner steigen. Eine dauerhafte Auslastung der bestehenden Inf‐ rastruktur hat vor diesem Hintergrund Vorrang vor einem Aufbau zusätzlicher Kapazitäten.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 6 bis 7 Die bereits heute bestehende, erhebliche Problematik des Nutzungskonflikts zwischen Wohn‐ bebauung und emittierenden Betrieben (Luftverunreinigungen und Lärm) wird sich zukünftig noch verstärken. Besonders die räumlichen Auswirkungen von Tierhaltungsanlagen und die damit verbundenen Nutzungskonflikte mit örtlichen und überörtlichen Belangen der Siedlungs‐ und Freiraumentwicklung sowie mit Belangen der Erholung, des Tourismus und der nachhalti‐ gen Regionalentwicklung machen eine konfliktregulierende und vorsorgende räumliche Steue‐ rung solcher Anlagen erforderlich. Die Konfliktsituation variiert von Gemeinde zu Gemeinde sehr stark, weshalb den Gemeinden empfohlen wird, im Rahmen ihrer kommunalen Planungs‐ hoheit Konzepte zur wirksamen Steuerung von Tierhaltungsanlagen zu erarbeiten und umzu‐ setzen.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 8 Um die künftigen Anforderungen an Siedlungen und Wohnraumen bei der Bauleitplanung be‐ rücksichtigen zu können, bedarf es einer kontinuierlichen Beobachtung und Analyse des Woh‐ nungsmarktes. Der Landkreis hat gemeinsam mit den kreisangehörigen Kommunen dazu im

12

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Jahr 2016 erstmalig ein landkreisweites Wohnraumversorgungskonzept erarbeitet, welches 2018 durch die kreisangehörigen Kommunen – bezogen auf deren besondere kommunale Ge‐ mengelagen – konkretisiert wurde. Das Wohnraumversorgungskonzept soll bei Bedarf fortge‐ schrieben werden.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 Regional bedeutsame Gewerbe‐ und Industriegebiete werden als Vorranggebiete industrielle Anlagen und Gewerbe festgelegt. Voraussetzung für die Festlegung von Gebieten ist deren re‐ gionale Bedeutung. Diese wurde anhand folgender Kriterien ermittelt:

 leistungsfähige Verkehrsanbindung  ausreichende Größe des Areals (im Regelfall mindestens 10 ha Bruttobauland)  besondere Standortvorteile  raumordnerische Verträglichkeit zu angrenzenden Raumnutzungen

Festgelegt werden folgende Gebiete/Standorte auf Grundlage der bauleitplanerisch gesicher‐ ten Flächen:

 Samtgemeinde Emlichheim:

Europark/Güterverkehrszentrum in (unmittelbare Anbindung an die B 403 sowie an den schienengebundenen Güterverkehr über die Eisenbahnstrecke der Bentheimer Ei‐ senbahn)

 Gemeinde :

Gewerbegebiet an der A 31 in Lohne (unmittelbare Anbindung an die A 31)

 Stadt Nordhorn: Gewerbegebiete in Klausheide (unmittelbare Anbindung an die B 213, Nähe zur A 31), Gewerbe‐ und Industriepark (unmittelbare Anbindung an die B 213), Gewerbegebiet an der B 403 (unmittelbare Anbindung an die B 403)

 Stadt :

Gewerbepark Bad Bentheim‐Gildehaus an der A 30 in Gildehaus (unmittelbare Anbindung an die A 30)

 SG Schüttorf:

Gewerbegebiet am Schüttorfer Kreuz (unmittelbare Anbindung an die A 30 und A 31)

13

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 06 Satz 2 Im Interesse einer vorsorgenden Industrie‐ und Gewerbeflächenansiedlung werden geplante Erweiterungsflächen der in Ziffer 06 Satz 1 festgelegten Gewerbe‐ und Industriegebiete als Vor‐ behaltsgebiete industrielle Anlagen und Gewerbe festgelegt. Festgelegt werden die Gebiete auf Grundlage von Vorschauflächen gemäß gemeindlicher Entwicklungskonzepte oder Planungsab‐ sichten.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 3 Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis zum Jahr 2020 die Flä‐ cheninanspruchnahme für Siedlung und Verkehr auf 30 Hektar pro Tag zu senken. Aktuell liegt in der Bundesrepublik der tägliche Flächenverbrauch bei rund 100 Hektar. Innenentwicklung und Nachverdichtung, Aktivierung von Brachen und die Umnutzung von Konversionsflächen, sind Strategien, um auf kommunaler Ebene die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung zu unterstützen. Das RROP räumt der Innenentwicklung eine Priorität gegenüber der Inanspruchnahme bisher unbebauter Flächen ein. Ebenso wie das BauGB schreibt das RROP aber keinen grundsätzlichen Verzicht auf Neuausweisungen fest. Die Entwicklung von Gewerbe‐ und Industriegebieten bleibt zulässig, allerdings sind die Träger der Bauleitplanung aufgerufen, erhöhten Prüferfor‐ dernissen angemessen Rechnung zu tragen und insbesondere die Möglichkeit der Konversion von Altstandorten zu prüfen.

Begründung zu Ziffer 06 Sätze 4 und 5 Der Landkreis Grafschaft Bentheim hat eine wichtige Funktion als gewerblicher Standort und für das damit verbundene Angebot an Arbeits‐ und Ausbildungsplätzen. Die Standortpotenziale des Landkreises Grafschaft Bentheim sollten daher genutzt werden. Hierzu gehört in erster Li‐ nie die Schaffung von planerischen Voraussetzungen, damit den vorhandenen Betrieben Erwei‐ terungs‐ bzw. Verlagerungsmöglichkeiten gegeben werden und sich neue Unternehmen ansie‐ deln können.

Begründung zu Ziffer 07 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 08

Begründung zu Ziffer 08 Sätze 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 09

Begründung zu Ziffer 09 Satz 1 Der Luft‐/Bodenschießplatz Nordhorn Range ist ein bei Nordhorn‐Klausheide gelegener Trup‐ penübungsplatz der deutschen Bundeswehr. Das 2.193 ha große Gebiet ist das größte von der Luftwaffe genutzte Übungsgelände in Deutschland. Der in Ost‐West‐Ausdehnung 10 km breite

14

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

und in Nord‐Süd‐Ausdehnung 9 km tiefe, zu 68 Prozent mit Wald bedeckte Übungsplatz ermög‐ licht Luft‐/Bodenschießeinsätze sowie Übungen von Bombenabwurfverfahren mit allen Kampf‐ flugzeugtypen der Bundeswehr bei Tag wie Nacht. Derzeit erfolgen jährlich rund 750 Übungs‐ einsätze der Luftwaffe. Der Truppenübungsplatz ist im Stationierungskonzept 2011 der Bundeswehr weiterhin vorge‐ sehen. Das Gebiet sowie der An‐ und Abflugbereich liegen im Flugbeschränkungsgebiet ED‐R 37 A/B, das zu Einschränkungen für die zivile Luftfahrt führt. Das Flugbeschränkungsgebiet er‐ streckt sich mit einer Ausdehnung von ca. 40 km in Nord‐Süd‐Richtung und ca. 18 km in Ost‐ West‐Richtung über die Landkreise Grafschaft Bentheim und Emsland. Etwa 67 % der Fläche der Stadt Nordhorn liegen innerhalb des Flugbeschränkungsgebietes ED‐R 37 A/B. Eine langfris‐ tige Nutzung des Truppenübungsplatzes muss – nach erfolgter Aufgabe aller übrigen Luft‐ /Bodenschießplätze in Deutschland – als wahrscheinlich angesehen werden. Die Lärmschutzzonen der Nordhorn Range wurden durch Verordnung des Bundestages vom 09.11.1978 gesetzlich festgelegt. Die Bundesregierung hat in Ihrem Ersten Bericht zur Evaluie‐ rung des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm (Fluglärmgesetz) vom 09.01.2019 die Rechtskraft der Lärmschutzzonen der Nordhorn Range bestätigt. Die raumordnerische Festlegung der Fluglärmzonen bezieht sich auf Gebiete mit einer ermittel‐ ten Lärmbelastung von mehr als 75 dB (A) (Fluglärmzone 1) sowie auf Gebiete mit einer ermit‐ telten Lärmbelastung zwischen 67 und 75 dB (A) (Fluglärmzone 2).

Begründung zu Ziffer 09 Satz 2 Die Festlegung dient dem vorsorglichen Lärmschutz auf Ebene der vorbereitenden Bauleitpla‐ nung durch die kreisangehörigen Kommunen.

2.2 Entwicklung der Daseinsvorsorge und der Zentralen Orte

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Das zentralörtliche System der Ober‐, Mittel‐ und Grundzentren bildet für die Sicherung und Entwicklung der Daseinsvorsorge die räumliche Basis. Es dient der standörtlichen Bündelung von Struktur‐ und Entwicklungspotenzialen an Zentralen Orten, der Lenkung der räumlichen Entwicklung auf leistungsfähige Zentren und tragfähige Standortstrukturen sowie der ausrei‐ chenden Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft in den Verflechtungsbereichen der Zent‐ ralen Orte. Dieses raumstrukturelle Netz soll der Bevölkerung, der Wirtschaft und den öffentli‐ chen und privaten Träger der Daseinsvorsorge verlässliche Rahmenbedingungen für ihre Stand‐ ort‐ und Investitionsentscheidungen bieten. Die Festlegung der Zentralen Orte beinhaltet nicht in erster Linie eine Art "Auszeichnung" für diese Orte, sondern ist als Auftrag an die jeweilige Stadt bzw. (Samt)gemeinde zu verstehen, dieser Funktion gerecht zu werden, in dem sie Einrichtungen ihrer jeweiligen Zentralitätsstufe für ihren Einzugsbereich zur Verfügung stellt. Gleichzeitig fungiert diese Funktionszuweisung auch als Schutz vor Entwicklungen in benachbarten Orten.

15

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 03 Satz 1

Begründung zu Ziffer 01 Satz 3 und 4 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 03 Satz 4 und 5

Begründung zu Ziffer 02 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 06 Satz 3

Begründung zu Ziffer 03 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 07

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 06 Satz 4

Begründung zu Ziffer 04 Satz 2 Der Landkreis Grafschaft Bentheim verfügt auf seinem Gebiet über kein Oberzentrum. Die nächstgelegenen Oberzentren auf deutscher Seite sind die Städte Münster (Nordrhein‐ Westfalen) und Osnabrück, welche durch ihre beträchtliche Entfernung (jeweils ca. 80 km) nur eine sehr eingeschränkte oberzentrale Funktion für die Grafschaft Bentheim übernehmen kön‐ nen. Die Netzwerkstadt Twente ist das nächstgelegene Oberzentrum auf niederländischer Seite (ca. 35 km), welches bedingt durch die Lage in den Niederlanden jedoch ebenfalls nur eine sehr eingeschränkte oberzentrale Funktion für die Grafschaft Bentheim übernehmen kann (be‐ schränkt vor allem auf die Einzelhandelsfunktion). Dem Mittelzentrum Nordhorn kommt daher faktisch eine bedeutendere Rolle zu als durchschnittlichen niedersächsischen Mittelzentren; es erfüllt neben ihren mittelzentralen Versorgungsfunktionen auch oberzentrale Aufgaben. Die‐ sem Umstand wird im Landesraumordnungsprogramm 2017 durch die Zuweisung von ober‐ zentralen Teilfunktionen in folgenden Bereichen Rechnung getragen:

 Einzelhandel (regional bedeutender Einzelhandelsbesatz mit hohem Grad an Spezialisie‐ rung und Sortimentsvielfalt, Standort von drei Einkaufzentren)  klinische Gesundheitsvorsorge (überregional bedeutender Klinikstandort sowie großer Besatz an Allgemeinmedizinern und Fachärzten)

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 Grundzentren sind Teil des Zentrale‐Orte‐Systems. Dies zu erhalten und weiterzuentwickeln ist Aufgabe der Träger der Landes‐ und Regionalplanung. Auf regionaler Ebene soll dem laut LROP mit der Festlegung der Grundzentren Rechnung getragen werden. Mit der Festlegung der Grundzentren im Landkreis Grafschaft Bentheim beachtet die Untere Landesplanungsbehörde

16

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

die Vorgabe aus dem LROP Kap. 2.2 Ziff. 03 Satz 6. Die Grundzentren sind im Regionalen Raum‐ ordnungsprogramm des Landkreises Grafschaft Bentheim abschließend festgelegt. Die im RROP festgelegten und als zentrale Siedlungsgebiete räumlich konkretisierten Grundzen‐ tren versorgen ihr jeweiliges Stadt‐, Gemeinde‐ bzw. Samtgemeindegebiet mit den allgemeinen Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs. Sie verfügen über ein standortgebundenes Eigenpotenzial an Bevölkerung und Arbeitsplätzen, öffentlichen Einrichtungen und Diensten, Geschäften und Betrieben, Angeboten der schulischen, medizinischen und sozialen Grundver‐ sorgung und sind über ÖPNV‐Verbindungen, die über den reinen Schülerverkehr hinaus gehen, mit den nächsten Mittelzentren verbunden. Die Festlegung der Grundzentren im RROP ist ab‐ schließend. Als Kriterien zur Festlegung der Grundzentren im RROP wurden folgende Parameter geprüft und bewertet:

 Bevölkerung am Zentralen Ort  Bevölkerung im Verflechtungsraum  Soziale Infrastruktur (Kinder‐ und Seniorenbetreuungseinrichtungen, Schulen)  Versorgungsstruktur (ärztliche Versorgung und Einzelhandel)  Öffentliche Dienstleistungen sowie Dienstleistungen im Bereich Finanzen und Recht  Verkehrliche Anbindung

Die nachfolgenden zwei tabellarischen Übersichten geben die überprüften Kriterien für jedes festgelegte Grundzentrum im Landkreis Grafschaft Bentheim wider. Die „kritische Masse“ in Bezug auf die obengenannten Kriterien wird in jedem festgelegten Grundzentrum erreicht. Es hat sich gezeigt, dass die Ausstattung in den Grundzentren des Landkreises Grafschaft Bentheim (weiterhin) relativ homogen und als gut zu bewerten ist. Alle im RROP festgelegten Grundzentren erfüllen ihren Versorgungsauftrag für ihren jeweiligen Verflechtungsbereich. Die Zuweisung von mittelzentralen Teilfunktionen, die laut LROP Kap. 2.2 Ziffer 03 Satz 7 in Ein‐ zelfällen Grundzentren zugewiesen werden können, wurde im Rahmen der Neuaufstellung des RROP geprüft, wurde aber in keinem Fall als sachgerecht beurteilt.

17

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Kriterium Emlichheim Veldhausen Bevölkerung am 7.303 Einwohner 5.596 Einwohner 7.453 Einwohner 2.442 Einwohner Zentralen Ort (ZO) Bevölkerung im 14.362 Einwohner 11.260 Einwohner 8.503 Einwohner 5.402 Einwohner Verflechtungs‐ raum (inkl. ZO) Soziale Infrastruk‐ 5 Kinderbetreuungs‐ 2 Kinderbetreuungs‐ 2 Kinderbetreuungs‐ 2 Kinderbetreuungs‐ einrichtungen einrichtungen einrichtungen einrichtungen tur 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Grundschule 3 weiterführende 2 weiterführende 2 weiterführende Schulen Schulen Schulen 3 Seniorenpflegeheime 2 Seniorenpflegeheime 3 Seniorenpflegeheime

Einzelhandel 15 Einzelhandels‐ 13 Einzelhandels‐ 12 Einzelhandels‐ 4 Einzelhandels‐ geschäfte geschäfte geschäfte geschäfte 5 Verbrauchermärkte 4 Verbrauchermärkte 4 Verbrauchermärkte 1 Verbrauchermarkt 4 sonstige Märkte 4 sonstige Märkte 4 sonstige Märkte 2 sonstige Märkte Ärztliche Versor‐ 7 Arztpraxen 8 Arztpraxen 11 Arztpraxen 2 Arztpraxen gung 2 Apotheken 2 Apotheken 3 Apotheken 1 Apotheke Öffentliche Dienst‐ Rathaus Rathaus Rathaus Freiwillige Feuerwehr leistungen Polizeistation Polizeistation Polizeistation Polizeistation Musikschule Musikschule Musikschule Bücherei Volkshochschule Freiwillige Feuerwehr Freiwillige Feuerwehr Freiwillige Feuerwehr Frei‐/Hallenbad Frei‐/Hallenbad Frei‐/Hallenbad Bücherei Dienstleistungen 2 Bankfilialen 3 Bankfilialen 3 Bankfilialen 2 Bankfilialen im Bereich Finan‐ 1 Rechtsanwalt/Notar 2 Rechtsanwälte/ Notare 3 Rechtsanwälte/ Notare zen und Recht Verkehrliche An‐ Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: bindung Bundesstraße 403 Bundesstraße 403 Bundesstraße 403 Busverbindung Richtung Mittelzentrum Nordhorn Regionalbahnstrecke Busverbindung Richtung Regionalbahnstrecke (zeitlich eingeschränkte Bad Bentheim‐ Nordhorn (stündliche Bad Bentheim‐ Bedienung per Linie 200) Coevorden (nur Güter‐ Bedienung per Linie 100) Coevorden verkehr, perspektivisch SPNV‐reaktivierungs‐ Busverbindung Richtung fähig) Mittelzentrum Nordhorn (stündliche Bedienung Busverbindung Richtung per Linie 100) Mittelzentrum Nordhorn (stündliche Bedienung per Linie 100)

Abbildung 1: tabellarische Übersicht über die überprüften Kriterien für die Grundzentren Emlichheim, Uelsen, Neuenhaus und Veldhausen (Quelle: eigene Erhebungen und Daten des Statistischen Landesamtes Niedersachsen, Stand: 09/2017)

18

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Kriterium Wietmarschen Lohne Bad Bentheim Gildehaus Schüttorf

Bevölkerung am 3.929 Einwohner 7.291 Einwohner 10.232 Einwohner 1.455 Einwohner 12.659 Einwohner Zentralen Ort (ZO) Bevölkerung im 4.762 Einwohner 7.757 Einwohner 11.334 Einwohner 4.084 Einwohner 15.569 Einwohner Verflechtungs‐ raum (inkl. ZO) Soziale Infrastruk‐ 2 Kinderbetreu‐ 3 Kinderbetreu‐ 3 Kinderbetreu‐ 2 Kinderbetreu‐ 4 Kinderbetreu‐ ungseinrichtungen ungseinrichtun‐ ungseinrichtungen ungseinrichtun‐ ungseinrichtun‐ tur gen gen gen 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Grundschule 3 Grundschulen 1 weiterführende Schule 1 weiterführende 1 Seniorenpflege‐ 1 weiterführende Schule heim Schulen 1 Seniorenpflege‐ heim 1 Seniorenpflege‐ 5 Seniorenpflege‐ heim heime Einzelhandel 6 Einzelhandels‐ 8 Einzelhandels‐ 10 Einzelhandels‐ 6 Einzelhandels‐ 24 Einzelhandels‐ geschäfte geschäfte geschäfte geschäfte geschäfte 2 Verbraucher‐ 4 Verbraucher‐ 5 Verbraucher‐ 2 Verbraucher‐ 5 Verbraucher‐ märkte märkte märkte märkte markt 2 sonstige Märkte 3 sonstige Märkte 4 sonstige Märkte 3 sonstige Märkte 10 sonstige Märk‐ te Ärztliche Versor‐ 4 Arztpraxen 8 Arztpraxen 1 Krankenhaus 2 Arztpraxen 9 Arztpraxen gung 1 Apotheke 2 Apotheken 15 Arztpraxen 1 Apotheken 4 Apotheke 3 Apotheken Öffentliche Dienst‐ Polizeistation Rathaus Rathaus Freiwillige Feuer‐ Rathaus wehr leistungen Bücherei Freiwillige Feuer‐ Polizeistation Polizeistation wehr Bücherei Freiwillige Feuer‐ Musikschule Musikschule wehr Freiwillige Feuer‐ Freiw. Feuerwehr wehr 2 Frei‐/Hallen‐ 2 Frei‐/Hallenbäder bäder Bücherei Bücherei Dienstleistungen 2 Bankfilialen 3 Bankfilialen 3 Bankfilialen 2 Bankfilialen 4 Bankfilialen im Bereich Finan‐ 1 Rechtsanwalt/ 6 Rechtsanwälte/ 7 Rechtsanwälte/ Notar Notare Notare zen und Recht Verkehrliche An‐ Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: bindung Autobahn 31 Autobahn 31 Autobahn 30 Autobahn 30 Autobahn 30 Busverbindung Bundesstraße 213 Bundesstraße 403 Busverbindung Autobahn 31 Richtung Mittelzent‐ Richtung Mittel‐ rum Nordhorn Busverbindung Busverbindung zentrum Nord‐ Regionalbahn (stündliche Bedie‐ Richtung Mittel‐ Richtung Mittelzent‐ horn (zeitlich Hengelo‐Rheine‐ nung per Linie 700) zentrum Nord‐ rum Nordhorn eingeschränkte Osnabrück horn und Lingen (stündliche Bedie‐ Bedienung per (stündliche Be‐ nung per Linie 100) Busverbindung Anrufsammeltaxi Richtung Mittel‐ dienung per Linie + Linie 100) 165) IC‐Fernverkehrs‐ zentrum Nord‐ strecke + Regional‐ horn (stündliche bahnstrecke Bad Bedienung per Bentheim‐ Linie 500 + 100) Coevorden

Abbildung 2: tabellarische Übersicht über die überprüften Kriterien für die Grundzentren Wietmarschen, Lohne, Bad Bentheim, Gildehaus und Schüttorf (Quelle: eigene Erhebungen und Daten des Statistischen Landesamtes Niedersachsen, Stand: 09/2017) 19

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Der Ort in der Samtgemeinde Emlichheim wurde aufgrund der Entwicklung des Or‐ tes in der zurückliegenden Dekade für eine Festlegung als Grundzentrum erwogen, die Über‐ prüfung der obigen Parameter hat – auch in Gegenüberstellung mit der durchschnittlichen Aus‐ stattung in den übrigen Grundzentren (insbesondere mit den kleinen Grundzentren Gildehaus und Veldhausen) – jedoch gezeigt, dass die „kritische Masse“ für eine dementsprechende Fest‐ legung nicht ausreicht (Einwohnerzahl insgesamt (d.h. kumulierte Betrachtung der Bevölkerung innerhalb des Ortes Hoogstede und in dessen außerörtlichem Nahbereich/ Verflechtungsbe‐ reich) zu gering, Besatz an Einzelhandel und Dienstleistungsangeboten zu gering, Soziale Infra‐ struktur und ärztliche Versorgung an der Untergrenze, verkehrliche Anbindung nicht ausrei‐ chend).

Kriterium Hoogstede Grundzentrum Gildehaus Grundzentrum Veldhausen

Bevölkerung am 1.915 Einwohner 1.455 Einwohner 2.442 Einwohner Zentralen Ort (ZO) Bevölkerung im 2.884 Einwohner 4.084 Einwohner 5.402 Einwohner Verflechtungs‐ raum (inkl. ZO) Soziale Infrastruk‐ 1 Kinderbetreuungs‐ 2 Kinderbetreuungseinrichtungen 2 Kinderbetreuungseinrichtungen einrichtung tur 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Grundschule 1 Seniorenpflegeheim

Einzelhandel 2 Einzelhandelsgeschäfte 6 Einzelhandelsgeschäfte 4 Einzelhandelsgeschäfte 1 Verbrauchermarkt 2 Verbrauchermärkte 1 Verbrauchermarkt 1 sonstiger Markt 3 sonstige Märkte 2 sonstige Märkte Ärztliche Versor‐ 2 Arztpraxis 2 Arztpraxen 2 Arztpraxen gung 1 Apotheke 1 Apotheken 1 Apotheke Öffentliche Dienst‐ Freiwillige Feuerwehr Freiwillige Feuerwehr Freiwillige Feuerwehr leistungen Bücherei Polizeistation Dienstleistungen 2 Bankfilialen 2 Bankfilialen 2 Bankfilialen im Bereich Finan‐ zen und Recht Verkehrliche An‐ Anbindung an: Anbindung an: Anbindung an: bindung Busverbindung Richtung Autobahn 30 Busverbindung Richtung Mittelzent‐ Grundzentrum Neuenhaus rum Nordhorn (zeitlich eingeschränk‐ (stündliche Bedienung per Busverbindung Richtung Mittel‐ te Bedienung per Linie 200) Linie 20) zentrum Nordhorn (zeitlich einge‐ schränkte Bedienung per Anrufs‐ ammeltaxi + Linie 100)

Abbildung 3: tabellarische Gegenüberstellung der Ausstattung des Ortes Hoogstede mit der Ausstattung der Grundzentren Gildehaus und Veldhausen (Quelle: eigene Erhebungen und Daten des Statistischen Landesamtes Niedersachsen, Stand: 09/2017)

20

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 05 Satz 2 und 8 Die Sicherung der Daseinsvorsorge durch die Kommunen ist ein umfassender Versorgungsauf‐ trag zur Deckung des allgemeinen Grundbedarfs der eigenen Bevölkerung. Er ergibt sich auch aus dem kommunalverfassungsrechtlichen Auftrag der Daseinsvorsorge in § 4 des Nds. Kom‐ munalverfassungsgesetz. Entsprechend ist die niedersächsische Raumordnung so ausgelegt, dass es in jeder Gemeinde oder Samtgemeinde mindestens ein Grundzentrum geben soll, um so eine flächendeckende grundzentrale Versorgung für die Bevölkerung sicherzustellen. Mittel‐ und Oberzentren nehmen für ihr eigenes Gemeinde‐ bzw. Samtgemeindegebiet auch die grundzentrale Versorgungsfunktion wahr. Die Versorgungsstrukturen werden wesentlich durch die kommunale Siedlungsentwicklung und Bauleitplanung bestimmt. Jede Gemeinde oder Samtgemeinde hat dabei die Verantwortung für ihr eigenes Gemeinde‐ bzw. Samtgemeindege‐ biet, aber auch für Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen der Nachbargemeinden. Diese Aufgabenstellung bedingt, dass der zentralörtliche Verflechtungsbereich der Grundzentren mit den politischen Grenzen der Kommunen übereinstimmen muss, damit entsprechende Maß‐ nahmen von den Kommunen ergriffen werden können. Diese Voraussetzung ist erfüllt für die Samtgemeinde Schüttorf, die Samtgemeinde Uelsen sowie die Samtgemeinde Emlichheim. Der grundzentrale Verflechtungsbereich eines Zentralen Ortes ist maximal das Gemeinde‐ bzw. Samtgemeindegebiet. Bei mehr als einem Grundzentrum in der Gemeinde bzw. Samtgemeinde soll sich der grundzentrale Versorgungsauftrag an dem jeweils zugeordneten Verflechtungsbe‐ reich ausrichten, der laut LROP vom Träger der Regionalplanung im Benehmen mit der Ge‐ meinde oder Samtgemeinde im Regionalen Raumordnungsprogramm zu bestimmen ist. Die jeweiligen grundzentralen Verflechtungsbereiche dürfen sich nicht überschneiden. Drei kreis‐ angehörige Kommunen im Landkreis Grafschaft Bentheim verfügen über zwei Grundzentren. Der Landkreis als untere Landesplanungsbehörde hat daher für diese Grundzentren die grund‐ zentralen Verflechtungsbereiche als Ziel der Raumordnung festgelegt:

Abbildung 4: Grundzentrale Verflechtungsbereiche GZ Neuenhaus und GZ Veldhausen (anhand Ortsteilgrenzen)

21

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 5: Abbildung 6: Grundzentrale Verflechtungsbereiche GZ Gildehaus und GZ Grundzentrale Verflechtungsbereiche GZ Wietmarschen Bad Bentheim (anhand Ortsteilgrenzen) und GZ Lohne (anhand Ortsteilgrenzen)

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Zentrale Orte werden im Wesentlichen durch die Standorte der zentralörtlichen Versorgungs‐ einrichtungen sowie die räumliche Verortung der zentralörtlichen Funktionen bestimmt. Dazu zählen soziale, kulturelle, wirtschaftliche sowie administrative Einrichtungen, die zwecks Trag‐ fähigkeit auf eine ausreichende Nachfrage der Bevölkerung und der Wirtschaft angewiesen sind. Die Standorte und Ansiedlungen der wesentlichen zentralörtlichen Einrichtungen und Funktionen befinden sich innerhalb des Zentralen Siedlungsgebietes, da der Zentrale Ort räum‐ lich als Zentrales Siedlungsgebiet festgelegt ist. Die städtebauliche Entwicklung der Zentralen Orte sowie die Sicherung der zentralörtlichen Funktionen soll sich auf die zentralen Siedlungsgebiete konzentrieren. Die Zentralen Siedlungs‐ gebiete sind im RROP im Benehmen mit den Städten und Gemeinden räumlich festgelegt, da die Städte und Gemeinden im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit städtebauliche Ent‐ wicklungen planen und umsetzen. Die räumliche Festlegung der Zentralen Siedlungsgebiete sowie die Abwägung, welche Gebiete in das Zentrale Siedlungsgebiet integriert sind und welche Gebiete außerhalb des Zentralen Siedlungsgebietes liegen, trägt daher den städtebaulichen Planungen, Konzepten und Planungsabsichten der Städte und Gemeinden Rechnung. Grundlage für die Abgrenzung waren u.a. Darstellungen in den kommunalen Flächennutzungsplänen sowie städtebauliche Konzepte der Städte und Gemeinden (z.B. Stadtentwicklungskonzepte).

22

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Einer maßvollen städtebaulichen Entwicklung auch außerhalb der Zentralen Siedlungsgebiete steht die Festlegung im RROP nicht entgegen. Die Funktionswahrnehmung von Ortsteilen in‐ nerhalb der Gemeindegebiete die außerhalb der Zentralen Siedlungsgebiete liegen, soll sich auf das örtliche Eigenpotenzial konzentrieren, um die Zentralen Orte in ihrer Versorgungsfunktion nicht zu schwächen. Andererseits ist es im Rahmen einer nachhaltigen Ortsentwicklung auch gewünscht, moderate, ortsverträgliche Entwicklungen zu unterstützen.

Begründung zu Ziffer 07 siehe Begründung zu Ziffer 01 Satz 1

Begründung zu Ziffer 08 Satz 1 bis 4 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 05 Satz 1 sowie Satz 3 bis 5

Begründung zu Ziffer 08 Satz 5 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 05 Satz 7

Begründung zu Ziffer 09 Satz 1 und 2 Das Raumordnungsgesetz des Bundes (ROG) legt fest, dass innerhalb der Regionalen Raumord‐ nungsprogramme Festsetzungen vorgenommen werden müssen, welche die Daseins‐ und Ver‐ sorgungsfunktionen in allen Teilen des Landkreises für alle Bevölkerungsgruppen dauerhaft sowie in ausreichendem Umfang und in ausreichender Qualität sichert. Das Ordnungsprinzip der Zentralen Orte mit der Festlegung von Grund‐ und Mittelzentren, trägt zur Erfüllung dieses Auftrags bei. Der zu erwartende Bevölkerungsrückgang wird auch in der Grafschaft Bentheim zu neuen Her‐ ausforderungen bei der Sicherstellung einer angemessenen Daseinsvorsorge führen. Bei der leitungsgebundenen Infrastruktur (Wasser, Abwasser und Energie) sind die Kosten der Versor‐ gung von der Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer abhängig. Reduziert sich zukünftig die Zahl der Nutzer, müssen im Verhältnis dazu hohe Fixkosten auf eine kleinere Anzahl von Nutzern kostentreibend umgelegt werden. Bei der Ausweisung neuer Wohngebiete im ländlichen Raum ist auf kompakte Siedlungsstrukturen zu achten, um Neuinvestitionen in die technische Infra‐ struktur so gering wie möglich zu halten. Beim Dienstleistungsangebot können wegen der ge‐ ringen Besiedlungsdichte in den Dörfern des Landkreises und der überdurchschnittlichen Alte‐ rung der Bevölkerung schnell Tragfähigkeitsgrenzen erreicht werden. Um eine Grundausstat‐ tung an Angeboten der Daseinsvorsorge (Post, Sparkasse, Banken, Einzelhandel usw.) langfristig aufrecht zu erhalten, kann es ein Weg sein, dafür Serviceagenturen einzurichten, in denen die Nachfrage für die verschiedene Bedarfe gebündelt bedient wird. Gemeinschaftsleben, Pflege der Nachbarschaft sowie Interaktion zwischen den Generationen‐ sind wichtige Bestandteile des sozialen Zusammenlebens, in gewisser Weise sind sie sogar Vo‐ raussetzung für die Zukunftsfähigkeit der Dörfer. Daher muss der Weg, in der Gesellschaft das

23

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Bewusstsein für Kinder, Familien und Ältere zu stärken, auch in der Grafschaft Bentheim kon‐ sequent beschritten und fortgesetzt werden. Durch einen bedarfsgerechten Ausbau der Kin‐ derbetreuung ist die Grundlage dafür zu schaffen, dass Familie und Beruf besser vereinbar wer‐ den. Die Bevölkerungsgruppe der jungen Menschen wird in der Grafschaft Bentheim aufgrund der erkennbaren demografischen Veränderungen mittel‐ langfristig weiter schrumpfen. Einrichtun‐ gen und Angebote für Kinder und Jugendliche müssen sich den sich verändernden Nachfra‐ gestrukturen anpassen, dennoch müssen wohnortnah attraktive Lebensbedingungen erhalten bleiben. Die Arbeit der Seniorenservicebüros sowie der Freiwilligen‐Agenturen sind zu stärken. Ansätze wie diese können jedoch nur gelingen, wenn freiwillige und ehrenamtliche Mitarbeit an gesellschaftlichen Aufgaben wieder eine größere Wertschätzung erfahren. Hier gilt es, eine Freiwilligenoffensive zu starten, die ganz gezielt auch jüngere Seniorinnen und Senioren an‐ spricht und für eine freiwillige bzw. ehrenamtliche Tätigkeit zu gewinnen sucht. Es ist anzustreben, die kulturelle Infrastruktur im Landkreis Grafschaft Bentheim zu stärken und zu entwickeln. Im ländlich geprägten Landkreis ist es von besonderer Bedeutung, dass eine de‐ zentrale Anordnung der Einrichtungen sowie eine Vernetzung zwischen den einzelnen Einrich‐ tungen erreicht werden.

Begründung zu Ziffer 10 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 02 Satz 1

Begründung zu Ziffer 10 Satz 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.2 Ziffer 02 Satz 3

2.3 Entwicklung der Versorgungsstrukturen des Einzelhandels

Begründung zu Ziffer 01 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 01 Satz 1

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 02 Satz 1 bis 3

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziff. 03 Satz 1 bis 3

24

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 03 Satz 4 bis 6 Die Festlegung des maßgeblichen Kongruenzraumes konkretisiert das Kongruenzgebot für das Mittelzentrum Nordhorn (welches die oberzentrale Teilfunktion Einzelhandel aufweist) in Bezug auf Einzelhandelsgroßprojekte mit aperiodischen Sortimenten. Diese Festlegung ist die Grund‐ lage für die gutachterliche Verträglichkeitsuntersuchung im Rahmen eines konkreten Ansied‐ lungs‐ oder Erweiterungsvorhabens im Mittelzentrum Nordhorn. In aller Regel dienen solche Einzelhandelsgroßprojekte in Mittel‐ und Oberzentren nicht allein der örtlichen Versorgung, sondern auch der Versorgung der umliegenden Grundzentren und der Siedlungsgebiete außerhalb von Zentralen Orten. Zum Schutz der überörtlichen mittel‐ und oberzentralen Funktionserfüllung der benachbarten Mittel‐ und Oberzentren dürfen Einzelhan‐ delsgroßprojekte mit aperiodischen Sortimenten in Mittel‐ und Oberzentren jedoch nicht über‐ dimensioniert sein. Auch sie sind unter Berücksichtigung des mittel‐ bzw. oberzentralen Kon‐ gruenzraums auf eine raumverträgliche Größe zu begrenzen. Für aperiodische Sortimente in Ober‐ oder Mittelzentren ist laut LROP der Kongruenzraum von der zuständigen unteren Landesplanungsbehörde zu ermitteln oder im Regionalen Raumord‐ nungsprogramm festzulegen. Entsprechend des zentralörtlichen Versorgungsauftrags des Mit‐ telzentrums Nordhorn mit oberzentraler Teilfunktion „Einzelhandelsversorgung“ ist ein ober‐ zentraler Kongruenzraum ermittelt und als Ziel der Raumordnung festgelegt worden. Dies ge‐ schah auf der Grundlage des Regionalen Einzelhandelskonzeptes (REHK) für den Landkreis Graf‐ schaft Bentheim (Regionales Einzelhandelskonzept, BBE, 2017, abrufbar auf der Homepage des Landkreises Grafschaft Bentheim (www.grafschaft‐bentheim.de)), in dessen Erarbeitung alle kreisangehörigen Kommunen eng eingebunden waren. Im REHK wird ein Kongruenzraum vorgeschlagen, der aus einem Kernbereich (100 % anrechen‐ bare Kaufkraft) und einem erweiterten Bereich (50 % anrechenbare Kaufkraft) besteht (vgl. Abbildungen 9 und 10). Der Kongruenzraum ist vorhabenunabhängig und gilt für alle aperiodi‐ schen Sortimente. Der Kongruenzraum wurde im REHK ermittelt unter Berücksichtigung

 der zentralörtlichen Versorgungsaufträge des Mittelzentrums Nordhorn sowie benach‐ barter Zentraler Orte,  der verkehrlichen Erreichbarkeit der betreffenden Zentralen Orte,  von grenzüberschreitenden Verflechtungen und  des Marktgebietes des Mittelzentrums Nordhorn auf Grundlage einer Kundenwohnort‐ erhebung im Rahmen der Erstellung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes.

Das Marktgebiet kennzeichnet denjenigen Raum, für den das Mittelzentrum Nordhorn auf‐ grund der Attraktivität seines Einzelhandelsangebotes Versorgungsfunktionen wahrnimmt. Das Marktgebiet wurde generalisiert über alle Branchen bzw. Sortimente hinweg bestimmt. Markt‐ gebiete sind insofern ein relevantes Kriterium zur Bestimmung des maßgeblichen Kongruenz‐ raumes. Sie sind besonders geeignet, die herausgehobene Versorgungsfunktion der Oberzen‐ tren bzw. Mittelzentren mit oberzentralen Versorgungsfunktionen abzubilden.

25

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Bei der Ermittlung des Kongruenzraumes wurden in den Bereichen Lohne und Nordlohne (Ort‐ steile der Gemeinde Wietmarschen) deutliche räumliche Überschneidungen mit dem Kongru‐ enzraum des Mittelzentrums Lingen (Mittelzentrum mit oberzentraler Teilfunktion Einzelhan‐ delsversorgung) festgestellt. Eine Überlappung der Kaufkraft ist somit an den Randbereichen des Kongruenzraumes anzunehmen, was eine nur anteilige Einbeziehung der Kaufkraft in den sich überlappenden Bereichen nahelegt. Ebenfalls wurde eine grenzüberschreitende „Ausstrah‐ lung“ des Marktgebietes des Mittelzentrums Nordhorn in die niederländische Gemeinde Din‐ kelland festgestellt. Auch hier ist daher eine anteilige Anrechnung der dortigen Kaufkraft ge‐ rechtfertigt (vgl. Abbildungen 9 bis 11). Gemäß dem methodischen Vorgehen laut Vorschlag aus dem REHK verfügt der Kongruenzraum des Mittelzentrums Nordhorn über 145.755 Einwohner (Bevölkerungsstand 2017).

Nachstehende Abbildungen verdeutlichen den Herleitungsprozess im Rahmen des REHK:

Abbildung 7: Abbildung 8: Ermittlung der verkehrlichen Erreichbarkeit des MZ Nord‐ Ermittlung der verkehrlichen Erreichbarkeit des MZ Nordhorn horn anhand Daten des Gutachters anhand Daten des FIS‐RO des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ML) (Quelle: REHK, BBE 2017) (Quelle: FIS‐RO, ML 2017)

26

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 9: Ermittlung des Marktgebietes des Mittelzentrums Nord‐ horn auf Grundlage einer Kundenwohnorterhebung (Quelle: REHK, BBE 2017)

Abbildung 10: Ableitung des Kongruenzraumes des MZ Nordhorn als Ergebnis des vorangegangenen Herleitungsprozesses (Quelle: REHK, BBE 2017)

Kommune Einwohner‐ Anrechen‐ gewichtete zahl barkeit Einwohnerzahl

K e r n b e r e i c h d e s K o n g r u e n z r a u m e s N o r d h o r n s Stadt Nordhorn 53.379 100 % 53.379 Samtgemeinde Emlichheim 14.362 100 % 14.362 Samtgemeinde Uelsen 11.260 100 % 11.260 Samtgemeinde Neuenhaus 13.905 100 % 13.905 Gemeinde Wietmarschen (ohne Ortsteile Lohne u. Nordlohne) 4.9241 100 % 4.924 Stadt Bad Bentheim 15.418 100 % 15.418 Samtgemeinde Schüttorf 15.569 100 % 15.569 Summe (Kernbereich) 128.817

E r w e i t e r t e r B e r e i c h d e s K o n g r u e n z r a u m e s N o r d h o r n s Lohne u. Nordlohne (Ortsteile der Gemeinde Wietmarschen) 7.5952 50 % 3.798 Gemeinde Dinkelland (NL) 26.280 50 % 13.140 Summe (Erweiterter Bereich) 16.938

Gesamtsumme (beide Bereiche) 145.755

Abb. 11: Kommunen und Einwohnerzahlen im Kongruenzraum Nordhorn (Quelle: Stat. Landesamt Niedersachsen, Stand: 09/2017)

27

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Anmerkungen zu Abbildung 11:

1 Bei der Ermittlung der Einwohnerzahl der Gemeinde Wietmarschen wurde der Bereich Lohnerbruch miteinbezogen, da dieser Bereich noch mit zum Kernbereich zählt (vgl. Abb. 11). Daher ergibt sich eine andere Einwohnerzahl für die Gemeinde Wiet‐ marschen als in Abbildung 2 (vgl. hierzu auch Abb. 6).

2 Bei der Ermittlung der Einwohnerzahl des Ortsteils Lohne wurde der Bereich Lohnerbruch nicht miteinbezogen, da dieser Bereich nicht zum erweiterten Bereich zählt (vgl. Abb. 11). Daher ergibt sich eine andere Einwohnerzahl für den Ortsteil Loh‐ ne als in Abbildung 2 (vgl. hierzu auch Abb. 6).

Begründung zu Ziffer 03 Satz 6 bis 9 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 03 Satz 5 bis 8

Begründung zu Ziffer 04 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 04

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 05 Satz 1 bis 3

Begründung zu Ziffer 06 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziffer 06

Begründung zu Ziffer 07 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziff. 07 Satz 1

Begründung zu Ziffer 07 Satz 2 Die Ausweisung neuer Flächen für großflächigen Einzelhandel erfordert im Sinne der Sicherung und Entwicklung regional‐ und stadtverträglicher Versorgungsstrukturen gemäß LROP eine Ab‐ stimmung im regionalen Rahmen (siehe auch Abstimmungsgebot in Kapitel 2.3 Ziffer 07 Satz 1). Aufgabe der Regionalplanung ist es, solche Flächenausweisungen hinsichtlich Umfang und räumlicher Lage auf ihre Auswirkungen zu überprüfen und auf eine raum‐ und strukturverträg‐ liche Standort‐ und Flächenplanung sowie eine hinreichende interkommunale Abstimmung hin‐ zuwirken. Im Landkreis Grafschaft Bentheim wird diese Aufgabe u.a. mit Hilfe eines im Jahr 2017 erarbei‐ teten und beschlossenen Regionalen Einzelhandelskonzeptes (REHK) wahrgenommen. In Zu‐ sammenarbeit mit allen kreisangehörigen Kommunen wurden im Konsens Beurteilungskriterien zur einzelfallbezogenen Bewertung von großflächigen Einzelhandelsansiedlungen und ‐

28

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

erweiterungen festgelegt und ein Abstimmungsmechanismus verabredet. Mit dem REHK wird ein wesentlicher Beitrag zur Vermeidung von regional unverträglichen Konkurrenzen zwischen Städten und Gemeinden im Landkreis Grafschaft Bentheim geleistet. Grundlage des Konzeptes ist eine konsensuale und somit freiwillige Vereinbarung der kreisan‐ gehörigen Kommunen zum Umgang mit definierten Einzelhandelsvorhaben in der Region. Für die einvernehmlich definierten Vorhaben greifen vereinfachte sowie beschleunigte Abstim‐ mungsverfahren. Zugleich leisten sie einen Beitrag zur Entbürokratisierung dieser Verfahren sowie zur Planungs‐ und Investitionssicherheit. Durch den Charakter der Vereinbarungen wer‐ den rechtliche Verfahrenswege nicht tangiert oder eingeschränkt, so dass für Vorhaben, die möglicherweise nicht den Konsenskriterien unterliegen, der übliche Verfahrensweg der Einzel‐ fallprüfung gemäß der Vorgaben des LROP und des RROP verbleibt. Die kommunale Planungshoheit der Städte und Gemeinden wird nicht angetastet. Vielmehr soll das Regionale Einzelhandelskonzept bei regional bedeutsamen Vorhaben eine konsensual ab‐ gestimmte Ergänzung zu dem formellen und informellen Instrumentarium wie kommunalen Einzelhandelskonzepten darstellen. Grundlage der Prüfung sind die nach Sortimentsschwer‐ punkten differenzierten mehrstufigen Prüfverfahren. Die Verfahren beziehen sich auf großflä‐ chige Einzelhandelsvorhaben mit mehr als 800 qm Verkaufsfläche. Agglomerationen, bei denen mehrere kleinflächige Vorhaben, die in einem engem räumlichen und funktionalen Zusammen‐ hang stehen, in der Summe die Grenze zur Großflächigkeit überschreiten, werden im Regiona‐ len Konzept den gleichen Prüfkriterien unterzogen, welche auch für sich allein großflächige Vorhaben Geltung haben. Als Orientierungsgrundlage für die raumordnerische Beurteilung von Einzelhandelsvorhaben wurde zudem eine regionale Sortimentsliste in das REHK aufgenommen:

Abbildung 12: regionale Sortimentsliste, Teil 1 (Quelle: REHK, BBE 2017)

29

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 13: regionale Sortimentsliste, Teil 2 (Quelle: REHK, BBE 2017)

Die beiden oben aufgeführten Sortimentslisten legen fest, welche Sortimente den nahversor‐ gungsrelevanten bzw. zentrenrelevanten Sortimenten zugeordnet werden. Alle weiteren, in den Listen nicht aufgeführten Sortimente, sind somit als nicht zentrenrelevant einzuordnen. Das REHK macht darüber hinaus einen Vorschlag für die Konkretisierung der Ziele des Landes‐ raumordnungsprogramms (LROP) hinsichtlich der Ermittlung und Festlegung von Standorten mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung (siehe Kapitel 2.3 Ziffer 10). Diese sind in diesem RROP entsprechend als Ziel der Raumordnung festgelegt worden (vgl. RROP Kap. 2.3 Ziffer 09 Satz 4). Das REHK ist auf der Homepage des Landkreises Grafschaft Bentheim (www.grafschaft‐ bentheim.de) abrufbar.

30

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Nachfolgende Abbildung verdeutlicht den Ablauf des Beurteilungsverfahrens gemäß REHK:

Abbildung 14: Ablauf des Beurteilungsverfahrens gemäß REHK

(Quelle: REHK, BBE 2017)

Begründung zu Ziffer 07 Satz 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziff. 07 Satz 3

Begründung zu Ziffer 08 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziff. 08

Begründung zu Ziffer 09 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.3 Ziff. 10 Satz 1 bis 3

31

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 09 Satz 4 und 5 Zur Herleitung der Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung wurde im Rahmen des Regionalen Einzelhandelskonzeptes des Landkreises Grafschaft Bentheim (REHK, BBE 2017) die Siedlungs‐ und Versorgungsstruktur in der Grafschaft Bentheim näher unter‐ sucht. Die Herleitung und Festlegung von Standorten mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung basiert auf der Ermächtigung der Träger der Regionalplanung durch das LROP, das standörtliche Netz der Zentralen Orte durch Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung zu ergänzen (LROP 2017 Kapitel 2.3 Ziffer 10). Diese Standorte müssen im Siedlungszusammenhang stehen, d. h. in bebauten Ortslagen (Ortskern oder im Zusammen‐ hang mit Wohnbebauung) und können auch eine Versorgungsfunktion für benachbarte Ortstei‐ le übernehmen. Dies betrifft im Landkreis Grafschaft Bentheim einige Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinden, denen keine Versorgungsfunktion als Grundzentrum zugeordnet wurde, in denen aber entwe‐ der bereits ein großflächiger Anbieter vertreten ist oder aber zukünftig eine solche Entwicklung regionalplanerisch sinnvoll ist. Der Sicherung bzw. Entwicklung wohnortnaher Versorgungs‐ strukturen kommt an denjenigen Standorten eine besondere Bedeutung zu, die räumlich in deutlicher Entfernung zu den Versorgungsangeboten im jeweiligen zentralen Ort liegen. Voraussetzung hierfür ist zunächst ein wirtschaftliches Potenzial, im Rahmen dessen zumindest grundsätzlich auch eine entsprechende Entwicklung tragfähig wäre. Als minimale Größenord‐ nung sind angesichts der örtlichen Verhältnisse mindestens 1.500 Verbraucher innerhalb eines Ortsteils zu beziffern, in dem eine Erweiterung oder Errichtung eines großflächigen Nahversor‐ gungsbetriebes regionalplanerisch sinnvoll ist. Die aktuellen Einwohnerzahlen für die einzelnen Gemeinden bzw. Ortsteile außerhalb der zent‐ ralen Orte sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen.

32

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 15: Einwohnerzahlen der Gemeinden/Ortsteile außerhalb Zentraler Orte (Quelle: REHK, BBE 2017)

Im Sinne des Integrationsgebotes und somit auch der oben genannten Ausnahmevoraussetzun‐ gen wäre zudem eine Lage im Ortskern bzw. innerhalb eines Wohnsiedlungsbereiches notwen‐ dig. Der Sicherung bzw. Entwicklung wohnortnaher Versorgungsstrukturen kommt insbesonde‐ re an solchen Standorten eine besondere Bedeutung zu, die räumlich in deutlicher Entfernung zu den Versorgungsangeboten im jeweiligen zentralen Ort liegen. Bei Ansatz einer Fahrzeitisochrone von 5 Minuten um die Zentralen Orte ergäbe sich folgendes Bild:

33

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 16:

Erreichbarkeit der Zentralen Orte (Quelle: REHK, BBE 2017)

Aus den genannten Anforderungen ergeben sich nachfolgende Prüfschritte:

34

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 17:

Prüfschema zur Ermittlung der Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversorgung gemäß REHK (Quelle: REHK, BBE 2017, ange‐ passte Darstellung)

Obige Kriterien sind in den Orten Hoogstede, Laar, und Wilsum erfüllt. Dies wird in den Abbildungen 15 und 16 verdeutlicht. Die Gemeinde Ringe erfüllt zwar das Kriterium der Größenordnung von mind. 1.500 qm Einwohnern und ist vergleichsweise schlecht erreichbar, verfügt aufgrund seiner teilweise durch einzelne Bauerschaften geprägten Siedlungsstruktur aber über keinen zusammenhängenden Ortskern. Entsprechend werden folgende Standorte mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversor‐ gung (Standort m. h. B. f. d. N.) im Landkreis Grafschaft Bentheim festgelegt: Itterbeck, Wilsum, Hoogstede und Laar. Zu den Standorten mit herausgehobener Bedeutung für die Nahversor‐ gung gehören ausschließlich die bebauten Ortslagen der jeweils als Standort festgelegten Orte. Nur hier können großflächige Einzelhandelsvorhaben umgesetzt werden. Der von diesen Standorten zu versorgende Bereich darf die jeweilige Ortsteilgrenze nicht überschreiten. Die Ortsteilgrenzen sind in den nachstehenden Karten dargestellt:

Abbildung 18: Abbildung 19: Ortsteilgrenze des Standorts m. h. B. f. d. N. Ortsteilgrenze des Standorts m. h. B. f. d. N. Itterbeck (rote/rot gestrichelte Linie) Wilsum (rote/rot gestrichelte Linie) (Quelle: Regionalkarte Emsland, LGN 2005) (Quelle: Regionalkarte Emsland, LGN 2005)

35

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 20: Ortsteilgrenze des Standorts m. h. B. f. d. N. Hoogstede (rote/rot gestrichelte Linie) (Quelle: Regionalkarte Emsland, LGN 2005)

Abbildung 21: Ortsteilgrenze des Standorts m. h. B. f. d. N. Laar (rote/rot gestrichelte Linie) (Quelle: Regionalkarte Emsland, LGN 2005)

Durch die Ansiedlung eines verträglichen, den Anforderungen entsprechenden Einzelhandels‐ betriebes an den festgelegten Standorten mit besonderer Bedeutung für die Nahversorgung werden die Funktion und die Leistungsfähigkeit der zentralen Orte nicht beeinträchtigt. Die Standorte mit besonderer Bedeutung für die Nahversorgung wurden im Rahmen der Erar‐ beitung des Regionalen Einzelhandelskonzeptes ermittelt, in das die kreisangehörigen Kommu‐ nen in Form von mehreren Arbeitskreissitzungen eng eingebunden waren. Insofern wird die Vorgabe des LROP erfüllt, dass eine Festlegung der Standorten mit besonderer Bedeutung für die Nahversorgung im Benehmen mit den Gemeinden‐ oder Samtgemeinden zu erfolgen hat.

36

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

3. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der Freiraumstrukturen und Frei‐ 3 raumnutzungen

3.1 Entwicklung eines Freiraumverbundes und seiner Funktionen

3.1.1 Elemente und Funktionen des Freiraumverbundes, Bodenschutz

Begründung zu Ziffer 01 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.1 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.1 Ziffer 02 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 03 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.1 Ziffer 03

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 bis 4 Der vorsorgende, auf die Zukunft ausgerichtete, Bodenschutz ist eine zentrale Zielsetzung des Bundes‐Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und den dazugehörigen untergesetzlichen Regelungen. Zweck des Gesetzes ist es, nachhaltig die Funktion des Bodens zu sichern oder wiederherzustel‐ len. Bei Einwirkungen auf den Boden sollen gemäß §1 BBodSchG Beeinträchtigungen seiner natürlichen Funktion sowie seine Funktion als Archiv der Natur‐ und Kulturgeschichte soweit wie möglich vermieden werden. Darüber hinaus bildet § 1a Abs.2 BauGB, welcher einen spar‐ samen und schonenden Umgang mit Grund und Boden fordert, eine Grundlage des vorsorgen‐ den Bodenschutzes. Böden entstehen in geologischen Zeiträumen und werden bei der Umsetzung von Baumaß‐ nahmen oft in Augenblicken unwiederbringlich zerstört. Auch entstehen oftmals Ansprüche an die Bodennutzung (Siedlungsentwicklung, Rohstoffgewinnung, Verkehrswegebau) genau in den Bereichen, in den die Böden einen sehr hohen Wert besitzen und nach Möglichkeit zu erhalten sind. Daher sind dort an die jeweilige Abwägung bei einer Entscheidung besondere Ansprüche zu stellen. Bei nachgeordneten Planungs‐ und Zulassungsverfahren soll der gesetzlich veranker‐ te Bodenschutz gleichrangig neben den anderen Umweltschutzgütern (Wasser, Luft, Flora, Fau‐ na) berücksichtigt werden. Die anhaltend hohe Flächeninanspruchnahme in der Grafschaft Bentheim ist aus Sicht des Bo‐ denschutzes sehr fragwürdig und Bedarf einer Steuerung der Bodennutzung insbesondere bei der Siedlungsentwicklung auf bereits geschädigte Böden bzw. auf Böden mit geringer Funkti‐ onserfüllung im Sinne der bodenschutzrechtlichen Regelungen. In diesem Zusammenhang sol‐

37

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

len vorrangig Maßnahmen zur Innenentwicklung (Nachverdichtung, Schließung von Baulücken etc.) und zur Neunutzung von Brachflächen genutzt werden, bevor weitere Flächen überplant werden. Wenn eine Inanspruchnahme unausweichlich ist, sollen die Beeinträchtigungen des Bodens, bei der Umsetzung z.B. durch Begrenzung der Versiegelung und bodenschonende Ausführung der Baumaßnahmen zur Verhinderung der Verdichtung des Bodens, minimiert werden. Auch sind die Beeinträchtigungen des Bodens durch geeignete Maßnahmen aufzuwerten bzw. wieder‐ herzustellen. Die vielfältigen zu schützenden Bodenfunktionen sind in § 2 des BBodSchG beschrieben. Da eine zusammenfassende Bewertung und kartenmäßige Darstellung der im Kreisgebiet vorlie‐ genden Böden im Hinblick auf die relevanten Bodenfunktionen nicht vorliegt, sind die betroffe‐ nen Bodenfunktionen bei Planungs‐ und Zulassungsverfahren auf der Grundlage der landesweit vorliegenden bodenkundlichen Daten zu ermitteln und zu bewerten, die ggf. bezogen auf das einzelne Vorhaben durch zusätzliche Detailbetrachtungen zu ergänzen sind. Böden mit hoher und sehr hoher Bedeutung der Bodenfunktionen gemäß Ziffer 04 Satz 2 sind einerseits Böden mit einem ackerbaulichen Ertragspotential der Stufe 5 bis 7 (vgl. Landwirt‐ schaftlicher Fachbeitrag zum RROP des Landkreises Grafschaft Bentheim, Landwirtschaftskam‐ mer Niedersachsen, 2018), andererseits die im Niedersächsischen Bodeninformationssystem (NIBIS) ausgewiesenen besonders schützenswerten Böden. Die Böden mit hoher und sehr ho‐ her Bedeutung der Bodenfunktionen sollen bei nachgeordneten Planungs‐ und Zulassungsver‐ fahren besondere Berücksichtigung finden. Bei der Bewertung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit sind die detaillierten Bodenschätzungs‐ daten, die im Kreisgebiet flächendeckend für landwirtschaftliche Nutzungen im Maßstab 1:5.000 vorliegen, prioritär heranzuziehen. Naturschutzfachliche Biotoptypenbewertungen, bei denen vorrangig die Flora und Fauna bewertet wird, können bei der Berücksichtigung der Schutzwürdigkeit von Böden nicht alle Aspekte des Bodenschutzes abdecken. Insbesondere die Inanspruchnahme landwirtschaftlich genutzter Flächen mit hoher natürlicher Bodenfruchtbar‐ keit und damit hoher Funktionserfüllung werden unzureichend berücksichtigt. Nicht alle Bodenfunktionen sind für den vorsorgenden Bodenschutz von gleicher Bedeutung. Vorrangig relevant und deshalb regelmäßig zu berücksichtigen sind (vgl. LABO 2006 u. Geofak‐ ten 26, LBEG 2014):

1. außerhalb von Siedlungen:

Die Lebensraumfunktionen des Bodens für Pflanzen als zentrale Größe innerhalb der natürli‐ chen Bodenfunktionen mit den Kriterien natürliche Bodenfruchtbarkeit und besondere Standorteigenschaften; die Archivfunktion von Böden im Hinblick auf die Naturgeschichte, Kulturgeschichte und Seltenheit sowie die Naturnähe von Böden. Dazu im Einzelnen:

Böden mit hoher natürlicher Bodenfruchtbarkeit: Böden mit hoher natürlicher Fruchtbarkeit sind nicht nur besonders geeignet für land‐ wirtschaftliche Nutzungen, sondern bieten grundsätzlich günstige Wachstumsbedingungen für Pflanzen und können Lebensraum mit großer Arten‐ und Individuenzahl sein.

38

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Böden mit besonderen Standorteigenschaften: Böden mit besonderen Standorteigenschaften spielen in der Grafschaft Bentheim eine un‐ tergeordnete Rolle. Vereinzelnd sind extrem trockene Böden anzutreffen, die über ein be‐ sonderes Biotopentwicklungspotential verfügen und deshalb schutzbedürftig sind.

Böden mit naturgeschichtlicher Bedeutung: Schützenswerte Böden mit naturgeschichtlicher Bedeutung sind in der Grafschaft Bentheim vorwiegend im Bereich alter Waldstandorte als auch Moore anzutreffen, die ohnehin durch anderweitige Schutzbestimmungen geschützt sind.

Böden mit kulturgeschichtlicher Bedeutung: Die flächenmäßig bedeutendsten Böden mit kulturhistorischer Bedeutung in der Grafschaft Bentheim sind die insbesondere beidseitig der vorliegenden Plaggenesche. Sie sind vom Menschen geprägt und archivieren wertvolle Information der Siedlungsentwicklung und der kulturellen Entwicklung der Menschheit. Darüber hinaus gehören sie oft zu den frucht‐ barsten Böden im Kreisgebiet. Damit nach Möglichkeit die Flächeninanspruchnahme auf we‐ nig fruchtbare Böden gelenkt wird, sollen die Böden mit einem Ackerbaulichen Ertragspo‐ tential der Stufe 5‐7 nicht beansprucht werden.

Seltene Böden: Im Wesentlichen handelt es im Landkreis Grafschaft Bentheim dabei um Raseneisengleye, die auch als Böden mit naturgeschichtlicher Bedeutung als schützenswert eingestuft sind.

2. innerhalb von Siedlungen: Die Naturnähe, die Funktion des Bodens als Wasserspeicher sowie die Böden mit besonde‐ ren Standorteigenschaften. Auch wenn ein wichtiges Ziel des vorsorgenden Bodenschutzes die Reduzierung der Flächen‐ inanspruchnahme auf der „grünen Wiese“ ist, das nur durch eine stärkere Innenverdichtung erreichbar sein wird, übernehmen Böden auch in Siedlungsbereichen wichtige Funktionen. Innerhalb der Siedlungen sind jedoch andere Funktionen des Bodens bei Genehmigungs‐ u. Zulassungsverfahren als relevant zu betrachten. Bei der Bewertung der Bodenfunktionen sind insbesondere die Naturnähe, die Funktion des Bodens als Wasserspeicher sowie Böden mit besonderen Standorteigenschaften insbesonde‐ re für Pflanzen zu betrachten. Auch innerhalb von Siedlungsräumen geht es darum, die Inan‐ spruchnahme von Böden möglichst auf Flächen mit geringer Bedeutung für den Bodenschutz zu lenken.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 Mit dem vorliegenden RROP finden erstmals die räumlichen Erfordernisse des Klimaschutzes Eingang in die raumordnerischen Festlegungen. Um dem Klimawandel entgegenzuwirken, soll

39

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

raumordnerisch daraufhin gewirkt werden, dass klimaökologisch bedeutsame Flächen als na‐ türliche Speicher für klimarelevante Stoffe erhalten werden. Klimaökologisch bedeutsame Flä‐ che werden als Flächen definiert, die aufgrund ihrer Vegetation und Bodenbeschaffenheit eine Funktion als CO2‐Senke erfüllen. Hierzu zählen vor allem die Böden mit hohen Kohlenstoffgehal‐ ten, denn sie sind einerseits Speicher, andererseits aber auch potenzieller Emittent von Stoffen, die sich entwässerungsbedingt in Verbindung mit Sauerstoff zu klimarelevanten Gasen (CO2 und N2O) verbinden und entweichen. Als Emittent geben diese Böden in Abhängigkeit von Wasserstand, Nutzungsart (z. B. naturnah, intensives oder extensives Grünland, Acker) und Boden‐ bzw. Moortyp unterschiedliche Men‐ gen klimarelevanter Stoffe ab. Die Bandbreite liegt bei ca. 10 bis 35 t CO2‐Äquivalenten pro ha und Jahr. Die Bodeneigenschaften verschlechtern sich durch Entwässerung und die damit ver‐ bundene Durchlüftung, Abnahme der Kohlenstoffvorräte, Zunahme der Dichte und Verschlech‐ terung bodenphysikalischer Eigenschaften, insbesondere der Wasserdurchlässigkeit. „Böden mit hohen Kohlenstoffgehalten“ sind Moore und andere Böden, die bis in eine Tiefe von zwei Metern einen mindestens zehn Zentimeter mächtigen Horizont mit einem Humusgeh‐ alt von mindestens 8 % aufweisen. Dies sind im Wesentlichen:

 Hoch‐ und Niedermoore  Moorgley  Organomarschen  kultivierte Moore  überlagerte Torfe

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) hat 2013 auf der Grundlage boden‐ kundlicher und geologischer Kartenwerke für Niedersachsen eine Gebietskulisse ermittelt, wel‐ che die oben genannten „Böden mit hohen Kohlenstoffgehalten“ darstellt. Emissionen können deutlich reduziert werden, wenn die Mineralisation bzw. Torfzehrung ver‐ langsamt und die Speicherfunktion unterstützt wird. Angesichts der nachteiligen Auswirkungen von Klimaveränderungen auf unterschiedliche Schutzgüter besteht grundsätzlich ein öffentli‐ ches Interesse daran, kohlenstoffreiche Böden möglichst langfristig zu erhalten.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 2 Organische Böden mit einer Torfauflage von mindestens 30 cm und einem Humusgehalt von mehr als 30 % werden als Moore (Hoch‐ und Niedermoore) bezeichnet. Niedermoore sind grundwasserabhängig, Hochmoore liegen über dem Grundwasserspiegel und sind nieder‐ schlagsabhängig. Da Hoch‐ und Niedermoore bedeutsame Kohlenstoffspeicher sind, sind ihr Erhalt und ihre Entwicklung von wesentlicher Bedeutung für den Klimaschutz. Damit sie ihre natürliche Funktion als Kohlenstoffspeicher wahrnehmen können, wird langfristig das Ziel ver‐ folgt, die zumeist anthropogen stark veränderten Moore zu einem möglichst naturnahen Zu‐ stand zu entwickeln.

40

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Moore sind aber nicht nur in ihrer Funktion als Kohlenstoffspeicher zu betrachten, sondern auch als Lebensraumtyp mit weiteren vielfältigen Funktionen für den Naturhaushalt, wie Arten‐ schutz (inkl. Funktion als Brut‐ und Raststätten), Wasserspeicher und ‐filter, Kaltluft‐ und Frisch‐ luftentstehungsgebiete sowie als Archiv der Natur‐ und Kulturgeschichte. Moorentwicklung ist nur auf freiwilliger Basis und unter Berücksichtigung rechtmäßig ausgeüb‐ ter Nutzungen möglich. Eine der guten fachlichen Praxis entsprechende landwirtschaftliche, erwerbsgärtnerische und eine ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Nutzung sind auf diesen Böden weiter möglich.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Die festgelegte Gebietskulisse der Vorranggebiete Torferhaltung deckt die klimaökologisch be‐ deutsamen Flächen mit kohlenstoffhaltigen Böden im Landkreis Grafschaft Bentheim ab. Die Festlegung trägt den räumlichen Erfordernissen des Klimaschutzes Rechnung. § 2 Abs. 2 Nr. 6 Satz 8 Raumordnungsgesetz fordert, die räumlichen Voraussetzungen für die Erhaltung und Entwicklung natürlicher Speicher für klimaschädliche Stoffe zu schaffen. Die Festlegung der Vorranggebiete Torferhaltung bezieht sich allein auf die kohlenstoffbasier‐ ten Treibhausgase Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4). Für andere Treibhausgase ist derzeit keine flächenbezogene, zu den raumordnerischen Maßstäben passende Regelungsmöglichkeit erkennbar. Kriterien für die Auswahl der Vorranggebiete Torferhaltung sind eine vorhandene Torfmächtigkeit von mehr als 1,30 m oder eine bestehende oder entwicklungsfähige Funktion als natürliche Senke (= Gebiet, in dem mindestens über ein oder mehrere Jahre hinweg die Menge gebundener klimarelevanter Stoffe größer ist bzw. war als die Menge freigesetzter kli‐ marelevanter Stoffe). Bei der Auswahl potenziell geeigneter Flächen als „Vorranggebiete Torferhaltung“ wurden zu‐ nächst Daten zum Bodentyp mit der aktuellen Bodennutzung verschnitten. Auf Basis der Nut‐ zungsdaten (ALKIS) wurden als Ergebnis die Nutzungen Grünland, Landwirtschaft, Moor und Tagebau, Grube, Steinbruch ausschließlich bestehend auf Erd‐, Hoch‐ oder Niedermoor sowie Gley mit Erd‐Niedermoorauflage gemäß der Bodenübersichtskarte von Niedersachsen (Bük50) selektiert. Anschließend wurden Ausschlusskriterien angewendet, die einen Konflikt zwischen unterschiedlichen raumordnerischen Zielen vermeiden sollten. Die Überlagerung mit weiteren Zielen der Raumordnung war also zu prüfen, sodass folgende Gebietskategorien als „Vorranggebiete Torferhaltung“ grundsätzlich auszuschließen waren (siehe nachfolgende Begründung zum Ausschluss):

 Trinkwasserschutzgebiete  Vorranggebiete Trinkwassergewinnung  Natura 2000‐Gebiete („Vorranggebiete Natura 2000“)  Naturschutzgebiete (NSG), die nicht im Zuge des Moorschutzprogramms ausgewiesen sind  Vorranggebiete Rohstoffgewinnung

41

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zum Ausschluss:

Für Trinkwasserschutzgebiete und Vorranggebiete Trinkwassergewinnung ist ein Zielkonflikt mit Wieder‐ vernässung auf Niedermooren nicht auszuschließen. Eine Überlagerung der oben genannten Wassergewin‐ nungsgebiete mit den Vorranggebieten Torferhaltung wurde für Niedermoore daher nicht zugelassen. Hochmoore mit Torfmächtigkeiten von mehr als 1,30 m sind hingegen in ihrem Wasserhaushalt in der Regel soweit unabhängig, dass ein Zielkonflikt mit den Gebietstypen zur Wassergewinnung nicht angenommen werden kann. Diese Gebiete sind daher in der Flächenkulisse enthalten.

Eine Überlagerung mit Natura 2000‐Gebieten wurde nicht zugelassen. Die Schutzzwecke und Erhaltungsziele der Natura 2000‐Gebiete stehen als höherrangiges Recht über dem Regionalem Raumordnungsprogramm. Zielkonflikte z. B. zwischen Wiesenbrüterschutz und Wiedervernässung sind nicht auszuschließen (z. B. bei einer angestrebten Entwicklung zu Röhrichten oder Bruchwäldern), doch kann auch diese Artengruppe von einer Wiedervernässung hin zu echten Feucht‐ und Nasswiesen profitieren. Auf der anderen Seite stehen Na‐ tura 2000‐Gebiete, die dem Schutz lebender Hochmoore dienen und somit eine Zielkonformität mit dem Vorranggebieten Torferhaltung aufweisen. Diese Flächen unterliegen jedoch bereits einem strengen Schutz‐ regime und bedürfen keiner zusätzlichen Sicherung durch das Vorranggebiet Torferhaltung, auch wenn eine Überlagerung zulässig wäre.

Ein Eingriff in die bestehenden Schutzgebietsverordnungen von Naturschutzgebieten (NSG) soll vermieden und eine Überlagerung daher grundsätzlich ausgeschlossen werden. Gleichwohl sind, gerade auch im Zuge des Moorschutzprogramms I und II, großflächig NSG ausgewiesen worden, um eine Wiedervernässung nach Torfabbau naturschutzrechtlich abzusichern. Es handelt sich um Gebiete, die für eine Aufnahme in das Vor‐ ranggebiet Torferhaltung aufgrund ihrer hohen Entwicklungsfähigkeit und ihrer oftmals bereits existenten Funktion als Senke für klimarelevante Stoffe besonders geeignet sind. In solchen Fällen wurden die in einem NSG liegenden, wiedervernässten oder für eine Wiedervernässung vorgesehenen Flächen auf Basis von Da‐ ten der Fachbehörde für Naturschutz in die Kulisse der Vorranggebiete Torferhaltung mit aufgenommen. Ein Konflikt mit den Naturschutzgebiet‐Verordnungen ist durch dieses Vorgehen ausgeschlossen.

Vorranggebiete Rohstoffgewinnung sind Gegenstand von Zielfestlegungen im LROP 2017 und entsprechend in die Regionalen Raumortungsprogramme als Ziele der Raumordnung zu übernehmen. Insofern ist eine Überlagerung mit den Vorranggebieten Torferhaltung ausgeschlossen.

Im nächsten Schritt wurden diejenigen Flächen ausgeschlossen, die im Zusammenhang mit der Fortschreibung des Niedersächsischen Moorschutzprogrammes als Abtorfungsflächen mit landwirtschaftlicher Folgenutzung oder als Flächen ohne Kompensation ausgewiesen sind. In einem letzten Schritt wurden diese Daten mit der Gebietskulisse kohlenstoffreicher Böden des LBEG (2014) verschnitten, sodass nur die Flächen als potenzielle Vorranggebiete ausgewie‐ sen wurden, die sich auf Hochmoor oder Niedermoorböden befinden. Als Mindestflächengröße wurde der Wert von 5 ha herangezogen, alle Kleinstflächen fielen da‐ mit aus der Betrachtung. Insgesamt wurden 23 Flächen ermittelt, welche als Vorranggebiete Torferhaltung festgelegt wurden. Sämtliche Vorranggebiete – bis auf eine Ausnahme – befinden sich ausschließlich im Norden des Kreisgebiets. Die im Süden des Kreisgebietes vorkommenden

42

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

kohlenstoffreichen Böden sind aufgrund der oben genannten Ausschlusskriterien nicht Teil der festgelegten Flächenkulisse.

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

Abbildung 22:

Vorranggebiete Torferhaltung mit Gebietsbezeich‐ nung (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmen‐ plans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Korte‐ meier Brokmann, 2015)

Die nachfolgende tabellarische Aufstellung gibt die einzelnen Vorranggebiete wider:

43

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebiets‐Nr. Bezeichnung Fläche (ha) VRG‐T1 Emlichheimer Wösten 34,5 VRG‐T2 Erdölwerk, Emlichheimer Wösten 11,0 VRG‐T3 Nördlich Hochmoor Ringe 6,2 VRG‐T4 Hochmoor Ringe (NSG) 138,2 VRG‐T5 Lammberg 21,6 VRG‐T6 südlich Neuringer Wiesen 63,5 VRG‐T7 Neu‐Gnadenfeld 28,2 VRG‐T8 Volzel 39,3 VRG‐T9 Südwestlich von Adorf 15,1 VRG‐T10 Südlich von Emlichheim 12,3 VRG‐T11 Wagenholt 8,8 VRG‐T12 Nördlich Wietmarscher Twist 5,6 VRG‐T13 Abtorfungsfläche bei Adorf 53,2 VRG‐T14 Nördlich Wietmarscher Moor 11,8 VRG‐T15 Wietmarscher Twist 52,7 VRG‐T16 Östlich Georgsdorfer Moor 7,3 VRG‐T17 Südspitze Georgsdorfer Moor 7,5 VRG‐T18 Kompensationsfläche ‐Ostende 72,8 VRG‐T19 Scheerhorn, Hogstede 24,2 VRG‐T20 Nördlich Alte Piccardie 41,9 VRG‐T21 Zwischen und Wilsum 32,0 VRG‐T22 Östlich Alte Piccardie 9,0 VRG‐T23 Östlich Uelsen 6,6

(VRG = Vorranggebiet, T =Torferhaltung)

Abbildung 23: Tabellarische Aufstellung der Vorranggebiete Torferhaltung (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

Das Naturschutzgebiet „Hochmoor Ringe“ (VRGGT‐T 4) ist im Zuge des Moorschutzprogramms I und II großflächig als NSG ausgewiesen worden, um eine Wiedervernässung nach Torfabbau naturschutzrechtlich abzusichern. Das Gebiet ist aufgrund seiner hohen Entwicklungsfähigkeit und seiner bereits existenten Funktion als Senke für klimarelevante Stoffe als Vorranggebiet Torferhaltung besonders geeignet. In diesem Fall wurde das NSG auf Basis von Daten der Fach‐ behörde für Naturschutz in die Kulisse der Vorranggebiete Torferhaltung mit aufgenommen. Ein Konflikt mit der Naturschutzgebietsverordnung ist durch dieses Vorgehen ausgeschlossen.

44

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Die Torferhaltung zielt darauf ab, den im organischen Bodenmaterial gebundenen Kohlenstoff weitgehend an Ort und Stelle im Boden zu halten. Dies dient neben dem Klimaschutz insbeson‐ dere auch dem Bodenschutz (Erhaltung der natürlichen Funktionen und der Archivfunktionen des Bodens). An der Erhaltung dieser Gebiete und ihrer Sicherung gegen eine beschleunigte Freisetzung von Treibhausgasen besteht angesichts der Menge der dort gebundenen klima‐ schädlichen Stoffe ein vorrangiges öffentliches Interesse. Im Hinblick auf die nachteiligen Aus‐ wirkungen von Klimaveränderungen insbesondere auf den Wasser‐ und Naturhaushalt, auf landwirtschaftliche Nutzungen und letztlich die Lebensbedingungen und die Gesundheit von Menschen ist es vertretbar, dass andere Nutzungsinteressen, z. B. industrielle Abtorfung, die zu einer wesentlich beschleunigten Freisetzung klimaschädlicher Stoffe führen würden, hinter den Belang der Torferhaltung und des Klimaschutzes zurücktreten müssen.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 3 Der Satz 2 stellt klar, dass eine der guten fachlichen Praxis entsprechende landwirtschaftliche und erwerbsgärtnerische Nutzung sowie eine der ordnungsgemäßen Forstwirtschaft entspre‐ chende Nutzung des Bodens durch die Festlegung der Vorranggebiete Torferhaltung nicht be‐ einträchtigt werden. Ein Vorranggebiet Torferhaltung entfaltet keine unmittelbare Wirkung gegenüber Privatperso‐ nen, es kann sich ausschließlich nach Maßgabe des § 4 ROG auf planfeststellungspflichtige oder einzelne genehmigungspflichtige raumbedeutsame Vorhaben Privater auswirken. In der Regel bleiben folgende die Torfzehrung nicht wesentlich beschleunigende Planungen und Maßnahmen von der Festlegung von Vorranggebieten Torferhaltung unberührt:

 Grünlandnutzung einschließlich Grünlandnarbenerneuerung  vorhandene ackerbauliche Nutzung, soweit sie allen fachrechtlichen Vorgaben ent‐ spricht  Gartenbau, inkl. erwerbsgärtnerischer Anbau von Moorbeetkulturen  Anpflanzung standortgerechter Gehölze, einschließlich der Anlage von Kurzumtriebs‐ plantagen  Anlage von Paludi‐Kulturen, also von Formen der Bewirtschaftung nasser Standorte z. B. durch Anbau von Schilf oder Torfmoosen  Erneuerung und Instandsetzung von Dränungen, die Unterhaltung des dazu notwendi‐ gen Ausbauzustandes des Entwässerungssystems, soweit diese Maßnahmen zur Fort‐ führung einer der guten fachlichen Praxis entsprechenden landwirtschaftlichen und er‐ werbsgärtnerischen Bodennutzung erforderlich sind und die Torfzehrung nicht wesent‐ lich beschleunigen  land‐ und forstwirtschaftliche sowie erwerbsgärtnerische Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauGB, sofern Bodenaushub und Entwässerungsmaßnah‐ men auf Vorhabenflächen auf das notwendige Maß beschränkt bleiben (Bodenaushub sollte möglichst in der Fläche verbleiben)

45

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

 Unterhaltung, Instandsetzung und bedarfsgerechten Ausbau von bestehenden Wirt‐ schaftswegen und Straßenseitengräben  Anlagen zur Nutzung der Windenergie nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB

Ausgeschlossen ist die Kuhlung von Moorböden wegen der wesentlichen Beschleunigung der Torfzehrung – insbesondere auch durch Erschwernisse für die Torferhaltung auf benachbarten Flächen – sowie sonstige dem jeweils geltenden Naturschutzrecht entgegenstehende Eingriffe.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 4 Um langfristig die Torfzehrung in den Vorranggebieten Torferhaltung zu verlangsamen, sollen dem angepasste Nutzungen und klimaschonende Bewirtschaftungsweisen auf freiwilliger Basis unterstützt werden. Bereits jetzt zielen Fördermaßnahmen auf die Entwicklung von Torfersatz‐ stoffen und auf die Bewirtschaftung nasser Moorstandorte.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 5 In Vorranggebieten Torferhaltung ist die Zulassung weiteren industriellen Torfabbaus ausge‐ schlossen (bestehende Abbaugenehmigungen sind davon unberührt). Die Renaturierung von Mooren hängt jedoch maßgeblich von den hydrologischen Verhältnissen ab. Vielfach weisen anthropogen veränderte Moor‐ und Torfkörper eine inhomogene Oberflächenstruktur auf. Die‐ se ist zu nivellieren, um die für eine aus Klimaschutzgründen wünschenswerte Wiedervernäs‐ sung – und damit für die Moorrenaturierung und die Herstellung einer Senkenfunktion – erfor‐ derlichen hydrologischen Bedingungen und Wasserstände herstellen zu können. Die in Satz 5 geregelten Maßnahmen sollen deshalb ausdrücklich auch in Vorranggebieten Torferhaltung zugelassen werden können.

3.1.2 Natur und Landschaft

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.2 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 Es ist anzustreben, dass die Landschaftsnutzung ökologisch verträglich gestaltet, die naturbe‐ tonten Landschaftsteile als Refugien und Regenerationsräume grundsätzlich geschont und die mit unvermeidbaren Eingriffen verbundenen Beeinträchtigungen der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes ausgeglichen oder an anderer Stelle ersetzt werden.

46

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.2 Ziffer 02 Sätze 1 und 2

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 Der Biotopverbund dient der dauerhaften Sicherung der Populationen wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope und Lebensgemeinschaften sowie der Be‐ wahrung, Wiederherstellung und Entwicklung funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehun‐ gen; er soll auch zur Verbesserung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ beitragen (§ 21 Abs. 1 BNatSchG). Die Schutzgebiete und die zügige Schaffung bzw. Weiterentwicklung eines funktionsfähigen, landesweiten und länderübergreifenden Biotopverbundes spielen eine zentrale Rolle bei der Anpassung von Ökosystemen an den Klimawandel. Hierfür ist eine Dimension erforderlich, die das langfristige Überleben der hier heimischen Arten und Lebensräume ermöglicht und zugleich eine Ausstattung mit den erforderlichen biotopvernetzenden Landschaftsstrukturen bietet, die eine geografische Anpassung von Organismen infolge klimatischer Verschiebungen ermöglicht (vgl. Empfehlung für eine niedersächsische Strategie zur Anpassung an die Folgen des Klima‐ wandels 2012, S. 91). Die Festlegungen zur Biodiversität und zur Biotopvernetzung werden im LROP über die zeichne‐ rische Festlegung räumlich konkretisiert. Dabei werden gemäß der Maßstabsebene des LROP Gebiete mit internationaler, nationaler und landesweiter Bedeutung für Arten und Biotope be‐ rücksichtigt und als Kerngebiete für den Aufbau eines landesweiten Verbundsystems gesichert. Das landesweite Biotopverbundsystem soll an vorliegende Biotopverbundplanungen der Nach‐ barländer anknüpfen, somit Teil eines bundesweiten Biotopverbundes sein und auch der Um‐ setzung von Natura 2000 dienen.

Wesentliche Bausteine des Biotopverbundes sind

 die Gebiete des Natura 2000‐Netzes,  die für die Biotopvernetzung geeigneten Schutzgebietstypen gemäß § 20 Abs. 2 BNatSchG (hier: Naturschutzgebiete, Nationalparke und Gebietsteil C des Biosphärenre‐ servats Niedersächsische Elbtalaue),  für den Naturschutz bedeutsame Bereiche des Niedersächsischen Moorschutzpro‐ gramms,  die Flächen des Nationalen Naturerbes,  Flächen des Waldschutzgebietskonzepts der Niedersächsischen Landesforsten,  Kerngebiete der Gebiete gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung sowie  Gebiete des EU‐Förderprogramms LIFE+,  die prioritären Fließgewässerabschnitte und Wasserkörper für die Umsetzung der Was‐ serrahmenrichtlinie (linienförmige Elemente in der Zeichnerischen Darstellung), sowie

47

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

 die prioritären Abschnitte nach dem Bundesprogramm „Wiedervernetzung“ mit Ergän‐ zungen aus landesweiter Sicht (punktförmige Elemente in der Zeichnerischen Darstel‐ lung).

Die Vorranggebiete Biotopverbund der Zeichnerischen Darstellung des LROP werden im RROP übernommen und auf Basis gutachterlicher Ermittlung (Teilaktualisierung des Landschaftsrah‐ menplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015) in konkretisier‐ ter und ergänzender Weise als Vorranggebiete Biotopverbund festgelegt. Alle im LROP linien‐ förmig dargestellten Vorranggebiete Biotopverbund werden im RROP überführt in eine flä‐ chenhafte Darstellung und damit konkretisiert. Dabei kommt es zu (zulässigen und konflikt‐ freien) Überschneidungen mit anderen Vorrang‐ und Vorbehaltsgebieten. Querungshilfen mit Bezug zum Biotopverbund werden im LROP für den Bereich des Landkreises nicht festgelegt. Die Flächenkulisse der Vorranggebiete Biotopverbund setzt sich aus den im Rahmen der Teilak‐ tualisierung des Landschaftsrahmenplans ermittelten Kernflächen der Waldbiotope, der feuch‐ ten Offenlandbiotope und der Fließgewässer zusammen. Die Kernflächen des Biotopverbunds werden als Vorranggebiete Biotopverbund festgelegt. Die ermittelten Verbindungsflächen des Biotopverbunds hingegen werden in der Flächenkategorie Vorbehaltsgebiete Natur und Land‐ schaft festgelegt und gesichert. Die Vorranggebiete Biotopverbund umfassen nur bereits bestehende Schutzgebiete und För‐ derkulissen der Fachplanung im Bereich Naturschutz. Die raumordnerische Festlegung von Vor‐ ranggebieten Biotopverbund führt nicht zu neuen Bewirtschaftungsauflagen oder Belastungen für Grundeigentümer, Landbewirtschafter und ‐nutzer, die über die Schutzgebietsverordnun‐ gen, Schutzzwecke und Erhaltungsziele bzw. Förderzwecke der festgelegten Gebiete hinausge‐ hen.

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

48

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 24: Vorranggebiete Biotopver bund mit Gebietsbezeichnung (Quelle: Teilaktualisierung des L andschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

Die nachfolgenden tabellarischen Aufstellungen geben die einzelnen flächen‐ und linienhaften Vorranggebiete wider:

49

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

flächenhafte Vorranggebiete Biotopverbund: flächenhafte Vorranggebiete Biotopverbund:

Abbildung 25: Tabellarische Aufstellung der flächenhaften Vorranggebiete Biotopverbund

(Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

50

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

linienhafte Vorranggebiete Biotopverbund:

Abbildung 26:

Tabellarische Aufstellung der linienhaften Vorranggebiete Biotopverbund

(Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

Begründung zu Ziffer 03 Um die Funktionsfähigkeit des landesweiten Biotopverbundes gemäß LROP zu sichern, sind die Kerngebiete biotoptypenspezifisch durch geeignete Habitatkorridore in den Regionalen Raum‐ ordnungsprogrammen zu vernetzen. Dieser Vernetzungsauftrag ist funktional zu betrachten, muss also nicht an allen Orten durch eine räumliche Verbindung geschehen. Geeignete Habitat‐ korridore wurden auf Grundlage gutachterlicher Ermittlung (Teilaktualisierung des Landschafts‐ rahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015) als Vorrang‐ gebiete Biotopverbund festgelegt. Dabei kommt es zu (zulässigen und konfliktfreien) Über‐ schneidungen mit anderen Vorrang‐ und Vorbehaltsgebieten.

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 bis 3 Zur Unterstützung der Umsetzung des Biotopverbundes durch die nachgeordneten Planungs‐ ebenen und zur Schonung wertvoller landwirtschaftlicher Flächen soll die vorrangige Umset‐ zung von Ersatzmaßnahmen in den Vorranggebieten Biotopverbund und in Flächenpools vor‐ genommen werden. Die Festlegung als Grundsatz der Raumordnung verbindet die Vorgaben der naturschutzrechtli‐ chen Eingriffsregelung (§§ 13 ff. BNatSchG) mit raumordnerischen Entwicklungsprioritäten. Die Festlegung ist den gesetzlichen Regelungen nachgeordnet. Das Bundesnaturschutzgesetz er‐ möglicht – unter Wahrung artenschutzrechtlicher Belange und unter Wahrung des Funktions‐ bezuges zwischen Eingriff und Kompensation – die großräumige Steuerung von Ersatzmaßnah‐ men innerhalb des durch den Eingriff betroffenen Naturraums. Darüber hinaus sind gem. § 15 Abs. 3 BNatSchG bei der Umsetzung der Eingriffsregelung agrarstrukturelle Belange zu berück‐ sichtigen und insbesondere für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen.

51

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 Zu den Vorranggebieten Natur und Landschaft: Das Ziel einer Festlegung von Vorranggebieten Natur und Landschaft ist der Erhalt und die Si‐ cherung wertvoller Gebiete für den Naturhaushalt, die Tier‐ und Pflanzenwelt sowie das Land‐ schaftsbild und der Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds. In Vorranggebieten müssen alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen mit der vorrangigen Zweckbestimmung vereinbar sein. In eine flächenscharfe Gebietsabgrenzung der Vorranggebiete Natur und Land‐ schaft werden gemäß § 21 BNatSchG, der Arbeitshilfe Planzeichen in der Regionalplanung Nie‐ dersachsen und dem Landes‐Raumordnungsprogramm im Wesentlichen einbezogen:

 Nationalparke und Nationale Naturmonumente  ausgewiesene Naturschutzgebiete  gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 BNatSchG (flächenhaft) FFH‐ und Vogel‐ schutzgebiete (Natura 2000‐Gebiete)  Biosphärenreservate  als naturschutzwürdig ausgewiesene Bereiche, die die Voraussetzungen für eine Aus‐ weisung als Naturschutzgebiet gem. § 24 BNatSchG erfüllen  Naturdenkmale in Häufung (flächenhaft)  für den Naturschutz wertvolle Bereiche der landesweiten Biotopkartierung  wertvolle Bereiche gemäß niedersächsischem Moorschutzprogramm

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

52

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 27: Vorranggebiete Natur und Landschaft mit Gebietsbezeichnung (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

53

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Die nachfolgende tabellarische Aufstellung gibt die einzelnen Vorranggebiete wider:

Gebietsnr. Bezeichnung Fläche Begründung (ha) VRG‐Nat1 Wöstenteich 22,4 NSGwB 1* VRG‐Nat2 Laarsches Bruch 9,5 NSG 1* VRG‐Nat3 LSG „Paradies Kleinringe“ 56,3 Moorschutzprogramm, LSG VRG‐Nat4 Hochmoor Ringe 145,0 NSG 2* VRG‐Nat5 Reiherkolonie Velgenhorst 29,2 ND 2* VRG‐Nat6 Denne 88,2 NSGwB 6* VRG‐Nat7 Gebiet südöstlich Emlichheim an die Vechte 38,0 NSGwB 9* grenzend VRG‐Nat8 Georgsdorfer Moor (und Dalum‐ 1.003,5 VSG, NSGwB 12*, NSG 3* und NSG Wietmarscher Moor) 5* VRG‐Nat9 Georgsdorfer Moor (und Dalum‐ 47,5 Moorschutzprogramm (inoffiziell Wietmarscher Moor) 2014) VRG‐Nat10 (Georgsdorfer Moor und) Dalum‐ 806,8 VSG, NSG (NSGwB 13*) Wietmarscher Moor VRG‐Nat11 Vechtealtarm Kalle 4,5 NSG 4* VRG‐Nat12 Brutvogelgebiet „Scheerhorn“ 64,8 NSGwB 15* VRG‐Nat13 Fettpott 24,7 NSGwB 16* VRG‐Nat14 Moorverlandungsgebiet Tinholt 5,3 NSG 6* VRG‐Nat16 NW‐Hang und Talsenke der Wilsumer Berge 57,7 NSGwB 22* VRG‐Nat17 Brünas Heide 9,7 NSG 7* VRG‐Nat18 Hopfenbachtal 24,5 NSGwB 23* VRG‐Nat19 Itterbecker Heide 126,0 FFH, NSG 8* VRG‐Nat20 Waldflächen westlich Ortsrand Wietmarschen 7,5 NSGwB 21* VRG‐Nat21 Waldflächen westlich Ortsrand Wietmarschen 12,5 NSGwB 21* VRG‐Nat22 Flächen nördlich Uelsen 29,8 VRG RROP 2001+ VRG‐Nat23 Spöllberg 9,4 ND 5* VRG‐Nat24 Bereich Strootgraben, Neuenhaus 8,2 NSGwB 26* VRG‐Nat15 Alte Picardie 561,7 NSGwB 20* VRG‐Nat25 Der Höst 4,5 NSG 9* VRG‐Nat26 Reitgaar 75,4 NSGwB 30* VRG‐Nat27 Reiherkolonie Lage 13,0 NSG 10* VRG‐Nat28 Grünlandfläche im Bereich „Overeschhoek“ 64,7 NSGwB 29* VRG‐Nat29 Hügelgräberheide Halle‐Hesingen 20,0 FFH, NSG 11*

54

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebietsnr. Bezeichnung Fläche Begründung (ha) VRG‐Nat30 Engdener Wüste, Heseper Moor 915,0 VSG, NSG 12*, FFH VRG‐Nat31 Vechtealtarme Hesepe 29,3 GA, ND 10*, Auenbereich der Vechte (Entwicklungsgebiet) VRG‐Nat32 Tillenberge 96,0 FFH, NSG 13* VRG‐Nat33 Rolink‐Tannen Brandlecht 6,6 ND 12* VRG‐Nat34 Syen‐Venn und Pufferbereich 491,2 FFH, NSG 14* VRG‐Nat35 Heidfeld 163,7 NSG VRG‐Nat36 22,6 ND 14* VRG‐Nat37 Weiher am Syenvenn 29,0 FFH, NSG VRG‐Nat38 Bentheimer Wald 793,0 FFH, LSG VRG‐Nat39 Samerrott 307,0 FFH, LSG VRG‐Nat40 Bentheimer Wald, Bereich Erdölwerk 30,1 NSGwB 41* VRG‐Nat41 Bornhalmscher Steinbruch 8,5 ND 15*, flächenhaft VRG‐Nat42 Bentheim Berg östlich der Franzosenschlucht 22,1 NSGwB 42* VRG‐Nat43 Bentheim Berg östlich der Franzosenschlucht 44,5 NSGwB 42* VRG‐Nat44 Tüschenbrook 59,7 NSGwB 45* VRG‐Nat45 Aue der Eileringsbecke 303,6 Hauptgewässer des niedersächsi‐ schen Fließgewässersystems VRG‐Nat46 Kleingewässer Achterberg 5,8 FFH, NSG VRG‐Nat47 Ohner Wüste 19,4 ND 17*, flächenhaft VRG‐Nat48 Niedermoor/Sumpf östlich Gut Herrenfehn 14,7 NSGwB 46* VRG‐Nat49 Gildehauser Venn 643,0 FFH, NSG 15*

* Begründung und Nummerierung ist dem Landschaftsrahmenplan Landkreis Grafschaft Bentheim Stand März 1998 entnom‐ men + Begründung ist dem Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim Stand 2001 entnommen (VRG = Vorranggebiet, Nat = Natur und Landschaft)

Abkürzung Bedeutung FFH Flora‐Fauna‐Habitat‐Richtlinie VSG Vogelschutzgebiet NSG Naturschutzgebiet NSGwB Naturschutzgebietswürdiger Bereich ND Naturdenkmal GA Gewässer mit Auenbereich

Abbildung 28: Tabellarische Aufstellung der Vorranggebiete Natur und Landschaft (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

55

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 05 Satz 2 Zu den Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft: Ziel der Festlegung von Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft im Regionalen Raumord‐ nungsprogramm des Landkreises ist es, Gebiete oder Landschaftsbestandteile zu sichern, die aufgrund ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder als Pufferzonen und Vernetzungsbereiche eine besondere Bedeutung für den Naturhaushalt, das Landschaftsbild und die Erholung haben. In die flächenscharfe Abgrenzung als Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft werden im We‐ sentlichen einbezogen:

 bestehende Landschaftsschutzgebiete und landschaftsschutzgebietswürdige Bereiche  begründete Pufferzonen zu Naturschutzgebieten und FFH‐ und Vogelschutzgebieten  geschützte Landschaftsbestandteile (flächenhaft)  GLB‐würdige Bereiche (flächenhaft)  faunistisch wertvolle Bereiche (ohne Vögel) und avifaunistisch wertvolle Bereiche (regi‐ onal)  Hauptgewässer des niedersächsischen Fließgewässerschutzsystems, einschließlich Au‐ enabgrenzung  Bereiche mit besonderer Biotopvernetzungsfunktion (Verbindungsflächen Biotopver‐ bund)

Die folgende Abbildung stellt die Vorbehaltsgebietskulisse überblicksartig dar:

56

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 29: Vorbehaltsgebiete Natur und Lands chaft mit Gebietsbezeichnung (Quelle: Teilaktualisierung des L andschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

Die nachfolgende tabellarische Aufstellung gibt die einzelnen Vorbehaltsgebiete wider:

57

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebietsnr. Bezeichnung Fläche Begründung (ha) VBG1 Covorden‐Piccardie‐Kanal 968,4 GLBwB 1* VBG2 Kleinringer Wösten 209,0 Avifauna regional VBG3 Laarsches Bruch 372,1 Avifauna regional Vechte und Auenbereich Emlichheim bis Nord‐ VBG4 horn 2.236,1 Verbindungsgewässer FGS VBG5 Lamberg 25,3 LSG 2* VBG6 Bereich Georgsdorfer Moor 467,6 VBG RROP 2001+ VBG7 Bereich‐Dalum‐Wietmarscher Moor 416,7 VBG RROP 2001+ Umgebungsbereich Moorverlandungsgebiet VBG8 Tinholt 149,4 LSGwB 1* VBG9 Uelsener Berge 3.373,2 LSG 4*, Biotopverbund VBG10 Wilsumer Moor 49,2 LSG 3* VBG11 Hopfenbach 230,6 Biotopverbund VBG12 Osterwiesen 132,4 LSGwB 2* VBG13 Gebiet um den Windpark Gölenkamp 652,3 Folgenutzung , VBG RROP 2001+ VBG14 Bodenabbauflächen nördlich Uelsen 78,7 Folgenutzung , VBG RROP 2001+ VBG15 Bodenabbauflächen südlich 36,3 Folgenutzung , VBG RROP 2001+ VBG16 Bischofspool 155,5 LSGwB 3* VBG17 Alte Piccardie 183,7 LSGwB 4* VBG18 Süd‐Nord‐Kanal 447,5 GLBwB 1* VBG19 Lohner Bruch Nord 958,3 Avifauna regional VBG20 Emstal 1.642,1 LSG 5*, Biotopverbund VBG21 Lohner Bruch Süd 1.140,8 Avifauna regional VBG22 Standortübungsplatz Lohne 397,8 teils GLBwB 5* VBG23 Uelsener Berge II 1.282,7 LSGwB 5* VBG24 Dinkel 1.004,0 VBG RROP 2001+, Biotopverbund VBG25 Gut Lage 172,7 LSG 6*, Biotopverbund VBG26 Nordbecks Graben 163,0 Biotopverbund VBG27 Rietbecke 89,8 Biotopverbund VBG28 Bookholt 390,1 Biotopverbund VBG29 Klausheide 151,6 Biotopverbund VBG30 Emstal , Ems‐Vechte‐Kanal 1.270,0 Biotopverbund VBG31 Ems‐Vechte‐Kanal 398,4 GLBwB 6* VBG32 Vechteaue südl. Nordhorn 811,0 GA* VBG33 Heseper Feld 90,3 Biotopverbund

58

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebietsnr. Bezeichnung Fläche Begründung (ha) VBG34 Engdener Wüste 1.119,8 Biotopverbund VBG35 Rammelbecke 259,7 Biotopverbund VBG36 Ahlder Bach 125,8 Biotopverbund

* Begründung und Nummerierung ist dem Landschaftsrahmenplan Landkreis Grafschaft Bentheim Stand März 1998 entnom‐ men + Begründung ist dem Regionalen Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim Stand 2001 entnommen (VRG = Vorranggebiet, Nat = Natur und Landschaft)

Abkürzung Bedeutung

FFH Flora‐Fauna‐Habitat‐Richtlinie VSG Vogelschutzgebiet NSG Naturschutzgebiet NSGwB Naturschutzgebietswürdiger Bereich ND Naturdenkmal GA Gewässer mit Auenbereich

Abbildung 30: Tabellarische Aufstellung der Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft

(Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

Begründung zu Ziffer 05 Satz 3 und 4 Die Entwicklung und der Schutz von Biotopen, natürlichen und naturnahen Lebensräumen, prä‐ genden Reliefformen, regional seltenen und bedrohten Tier‐ und Pflanzenarten, erhaltenswer‐ ten Kulturformen (Heiden, Feuchtwiesen) sowie natürlichen und naturnahen Gewässern dient dem Natur‐ und Landschaftsschutz sowie dem Erhalt der Artenvielfalt im Landkreis Grafschaft Bentheim.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.2 Ziffer 06 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 06 Satz 3 und 4 Gemäß den Vorgaben des LROP sollen geschädigte und an naturnaher Substanz verarmte Land‐ schaftselemente so entwickelt werden, dass die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts verbes‐ sert wird (LROP 2017, Kap. 3.1.2 Ziffer 06). Entsprechend der Vorgaben aus der Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages zu Planzeichen in der Regionalplanung (Planzeichenkatalog 2017) bietet sich für solche Gebiete eine Festlegung als Vorrang‐ bzw. Vorbehaltsgebiet Verbes‐

59

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

serung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes an. Vorbehaltsgebiete kommen dabei insbesondere dann zum Tragen, wenn noch keine verbindliche Festlegung oder Genehmigung vorliegt. Die oberirdischen Fließgewässer in der Grafschaft Bentheim befinden sich weitgehend in kei‐ nem naturnahen Zustand. Sie wurden aus verschiedenen Gründen baulich gestaltet, z.B. durch Maßnahmen wie Verrohrung, Einbau von Querbauwerken, Kanalisierung und Begradigung. Hiervon sind nicht nur die Gewässer an sich, sondern auch die dazugehörigen Auen betroffen. Die Gewässerbereiche können so ihre Funktion im Naturhaushalt als Lebensraum für Tiere und Pflanzen und als verbindendes Element im Biotopverbund nur eingeschränkt wahrnehmen. Daher sind Maßnahmen zur Renaturierung erforderlich, wobei neben der Flächenverfügbarkeit immer auch zwingend die Interessen angrenzender Nutzergruppen zu berücksichtigen sind. Spätestens mit Inkrafttreten der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) im Jahr 2000 ist die naturnahe Gestaltung und Entwicklung der Bäche und Flüsse in den Fokus gerückt. Die WRRL verpflichtet die Mitgliedsstaaten, in allen Gewässern einen guten ökologischen und che‐ mischen Zustand zu erreichen. Schon vorher wurde in Niedersachsen mit dem Fließgewässer‐ schutzsystem der Fachbehörde für Naturschutz (1991) und dem darauf aufbauenden Fließge‐ wässerschutzprogramm auf die Erforderlichkeit hingewiesen, Fließgewässer in einen naturna‐ hen Zustand zu bringen, um die hier in Niedersachsen natürlicherweise vorkommenden Arten langfristig erhalten zu können. Grundsätzlich sind alle Fließgewässer in einen naturnahen Zustand zu bringen. Da dies – wenn überhaupt – nur langfristig zu erreichen sein wird, wurde bereits mit dem Fließgewässer‐ schutzsystem ein repräsentatives Fließgewässernetz entwickelt, an dem vorrangig Renaturie‐ rungsmaßnahmen umzusetzen sind. In der Grafschaft Bentheim wurden im Zuge dessen die Vechte als Verbindungsgewässer und die Eileringsbecke als Hauptgewässer definiert. Bei der Aufstellung der Teilaktualisierung des LRP zur Fortschreibung des RROP Grafschaft Bentheim (Kortemeier Brokmann 2015) wurden weitere Gewässer definiert, welchen insbesondere hin‐ sichtlich des Biotopverbunds eine Priorität einzuräumen ist. Dies sind neben den oben genann‐ ten Gewässern und deren Auen folgende Gewässer:

 Rammelbecke  Wüstegraben  Hopfenbach  Dinkel  Alte Dinkel  Nordbecks Graben  Dinkelkanal  Rietbecke  Ahlder Bach

Sämtliche oben benannten Gewässer werden bereits entsprechend ihrer Bedeutung als Vor‐ ranggebiet für den Biotopverbund oder Vorbehaltsgebiet Natur und Landschaft festgelegt und

60

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

erfordern daher keine weitere Festlegung als Vorbehaltsgebiete Verbesserung der Landschafts‐ struktur und des Naturhaushaltes. Zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie wurde weiterhin ein Maßnahmenprogramm für den niedersächsischen Teil der Flussgebietseinheit Rhein – zu der die Vechte gehört – erarbei‐ tet (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten‐ und Naturschutz (NLWKN) – Direktion (Hrsg.) 2015). Das Maßnahmenprogramm beschränkt sich auf alle Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet von mehr als 10 km². Das sind die Gewässer, für die gegenüber der EU‐ Kommission eine Berichterstattung erforderlich ist. Gemäß dem Maßnahmenprogramm sollen sich Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit zunächst auf die Hauptwanderkorrido‐ re (überregionale Wanderrouten) und Gewässer mit einer guten strukturellen Ausstattung (Laich‐ und Aufwuchsgewässer) konzentrieren. Neben den bereits oben genannten Gewässern Vechte, Dinkel, Ahlder Bach und Eileringsbecke ist hier zusätzlich die Lee in ihrem Verlauf vom Ems‐Vechte‐Kanal bis zur Mündung in die Vechte als Laich‐ und Aufwuchsgewässer gekenn‐ zeichnet (vgl. überblicksartige Darstellung in Abbildung 31). Dieser Abschnitt der Lee wird daher als Vorranggebiet Verbesserung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes festgelegt.

Abbildung 31: Vorranggewässer Begründung zu Ziffer 06 Satz 5 und 6 für die Herstellung der Durchgängigkeit gemäß Maßnahmenprogramm für den niedersächsischen Teil der Flussgebietseinheit Rhein (Quelle: Maßnahmenprogramm nach § 117 des niedersächsischen Wassergesetzes bzw. Artikel 11 EG‐WRRL für den nieder‐ sächsischen Teil der Flussgebietseinheit Rhein, Bewirtschaftungszeitraum 2015 ‐ 2021; Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten‐ und Naturschutz (NLWKN) ‐ Direktion, 2015) 61

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gemäß den Vorgaben des LROP sollen geschädigte und an naturnaher Substanz verarmte Land‐ schaftselemente so entwickelt werden, dass die Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts verbes‐ sert wird (LROP 2017, Kap. 3.1.2 Ziffer 06). Entsprechend der Vorgaben aus der Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages zu Planzeichen in der Regionalplanung (Planzeichenkatalog 2017) bietet sich für solche Gebiete eine Festlegung als Vorrang‐ bzw. Vorbehaltsgebiet Verbes‐ serung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes an. Bezüglich der Vorranggebietskulis‐ se wird auf die Begründung zu Ziffer 06 Satz 3 und 4 verwiesen. Vorbehaltsgebiete Verbesserung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes kommen hier insbesondere dann zum Tragen, wenn noch keine verbindliche Festlegung oder Genehmi‐ gung vorliegt. Sämtliche im Maßnahmenprogramm des NLWKN für den niedersächsischen Teil der Flussgebietseinheit Rhein (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten‐ und Naturschutz (NLWKN) – Direktion (Hrsg.) 2015) betrachteten Gewässer weisen Defizite in der Gewässerstruktur auf, die dazu führen, dass der gute ökologische Zustand bzw. das ökolo‐ gische Potenzial nicht erreicht wird. Verbesserungsmaßnahmen sind daher bei allen Gewässern erforderlich (vgl. überblicksartige Darstellung in Abbildung 32). Diese Gewässer werden daher als Vorbehaltsgebiet Verbesserung der Landschaftsstruktur und des Naturhaushaltes festgelegt. Im Einzelnen handelt es sich um die folgenden Gewässer:

 Samerottbecke  Engdener Bach  Brandlechter Bruchgraben  Frensdorfer Bruchgraben  Hardinger Becke  Wolsterbach  Obere Lee  Lohner Bach  Stiftsbach  Soermannsbach  Böltbach  Neuenhauer Kanal  Hauptbecke Bimolten  Kleinringer Graben  Ravenhorster Bach  Puntbecke  Radewijke  Mittlerer Hauptvorfluter Heesterkante

62

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

 Grenzaa  Wettringe  Emlichheimer Graben  Emlichheimer Entlastungskanal  Georgsdorfer Graben  Nordhorn‐Almelo‐Kanal  Jaggerschloot  Itter  Geteloer Bach

Die folgende Abbildung stellt die Vorbehaltsgebietskulisse überblicksartig dar:

Abbildung 32:

Maßnahmen zur Verbesserung der Durchgängigkeit der Gewässer (links) und Maßnahmen zur Verbesserung des hydromorpho‐ logischen Zustands der Gewässer (rechts) (Quelle: Maßnahmenprogramm nach § 117 des niedersächsischen Wassergesetzes bzw. Artikel 11 EG‐WRRL für den niedersäch‐ sischen Teil der Flussgebietsei nheit Rhein, Bewirtschaftungszeitraum 2015 ‐ 2021; Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasser‐ wirtschaft, Küsten‐ und NaturscBegründung zu Ziffer 07 Satz 1 und 2 hutz (NLWKN) ‐ Direktion, 2015)

63

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.2 Ziffer 07 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 07 Satz 3 und 4 Angestrebt wird es, durch eine an ökologischen Maßstäben ausgerichtete Nutzung der natur‐ schutzwürdigen und ungenutzten Kulturflächen und eine Erhaltung der verbliebenen naturbe‐ tonten Landschaftsbestandteile, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes, die Pflanzen‐ und Tierwelt sowie Vielfalt, Eigenart und Schönheit von Natur und Landschaft nachhaltig zu sichern, zu pflegen und zu entwickeln.

Begründung zu Ziffer 08 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.2 Ziffer 08 Satz 1

Begründung zu Ziffer 08 Satz 2 Die räumliche Sicherung von Naturschutzgebieten einschließlich wichtiger Pufferzonen und Entwicklungsflächen erfolgt entsprechend deren naturschutzfachlicher Bedeutung im RROP als Vorranggebiet Natur und Landschaft (vgl. Begründung zu Ziffer 05 Satz 1).

Begründung zu Ziffer 08 Satz 3 Die räumliche Sicherung von Landschaftsschutzgebieten erfolgt entsprechend deren natur‐ schutzfachlicher Bedeutung im RROP als Vorbehaltsgebiet Natur und Landschaft (vgl. Begrün‐ dung zu Ziffer 05 Satz 2).

Begründung zu Ziffer 08 Satz 4 und 5 Gemäß den Vorgaben des LROP sind Gebiete mit Vorkommen international, national und lan‐ desweit bedeutsamen Arten nach Abwägung ihrer Schutzerfordernisse in den Regionalen Raumordnungsprogrammen räumlich festzulegen und als Vorrang‐ oder Vorbehaltsgebiet Na‐ tur und Landschaft oder Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und –entwicklung zu sichern (LROP 2017, Kap. 3.1.2 Ziffer 08). Für Natur und Landschaft besonders wertvolle Gebiete, bei denen das Grünland, dessen Bewirtschaftung, Pflege und Entwicklung maßgeblich verantwortlich für den hohen naturschutzfachlichen Wert ist, bietet sich eine Festlegung als Vorbehaltsgebiet Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und ‐entwicklung an. Entsprechend der Vorgaben aus der Arbeitshilfe des Niedersächsischen Landkreistages zu Plan‐ zeichen in der Regionalplanung (Planzeichenkatalog 2017) wurden bei der Ermittlung der Flä‐ chen, welche unter diese Kategorie fallen, das kreiseigene Feuchtwiesenprogramm und die kreisweite Wiesenvogelerfassung von Christian Kipp zugrunde gelegt. Aus der so ermittelten Flächenkulisse entfallen dann jene Flächen, für die bereits eine Festlegung als Vorrang‐ oder Vorbehaltsgebiet Natur und Landschaft getroffen wurde, um eine Doppelfestlegung zu vermei‐ den. Niedersachsen besitzt für Wiesenvögel eine besondere nationale und internationale Verant‐ wortung, denn naturräumlich bedingt finden sich hier die bundesweit größten Brutbestände dieser Artengruppe. Bei dem Grafschafter Feuchtwiesenprogramm handelt es sich um ein Pro‐

64

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

jekt des Vertragsnaturschutzes mit 30 Jahre langer Tradition, welches der Lebensraumsiche‐ rung und der Sicherung der Brutvorkommen der in der Grafschaft Bentheim vorkommenden Wiesenvogelarten dient. Den Zielarten des Feuchtwiesenprogramms wird im Vogelartenschutz in Niedersachsen die höchste Schutzpriorität eingeräumt (NLWKN 2011). Für die Arten Großer Brachvogel und Uferschnepfe liegen in der Grafschaft Bentheim landesweite Schwerpunkvor‐ kommen. Die Bestände der niedersächsischen Wiesenvögel sind seit Jahren rückläufig. Seit 2007 ist bei den Zielarten des Feuchtwiesenprogramms in der Grafschaft Bentheim ein dramatischer Rück‐ gang zu verzeichnen, welcher sich wie folgt darstellt: Kiebitz ‐52%, Großer Brachvogel ‐27%, Uferschnepfe ‐63%, Rotschenkel ‐80%, Bekassine ‐82%, Austernfischer ‐52%. Die Arten Bekassi‐ ne und Rotschenkel sind damit außerhalb der Kulisse des Feuchtwiesenprogramms erloschen. Folgende Entwicklungen spielen für den Rückgang der Bestände eine Rolle: Intensivierung der Grünlandnutzung, großräumiger Grünlandverlust (u.a. durch Umwandlung in Acker), Gelegever‐ luste durch landwirtschaftliche Bearbeitung (z.B. zu frühe und zu häufige Mahd, Viehtritt), ver‐ ringerte Habitateignung (durch Entwässerung, Gehölzaufwuchs, Zerschneidungs‐ und Stö‐ rungswirkungen durch Bauvorhaben), erhöhte Prädation insbesondere in entwässerten Gebie‐ ten. Der Erhalt und die Entwicklung der Grünlandflächen zumindest in jenen Bereichen, in de‐ nen noch entsprechende Wiesenvogelpopulationen vorhanden sind, sind daher von immenser Bedeutung. In den über das Feuchtwiesenprogramm betreuten Gebieten konnten die Bestände des Großen Brachvogels und Rotschenkels in etwa stabil gehalten werden, bei den restlichen Arten (mit Ausnahme des Kiebitzes) sind die Bestandseinbußen längst nicht so gravierend wie in den rest‐ lichen Gebieten. Dies belegt die positive Wirkung des Feuchtwiesenprogramms, macht aber gleichzeitig deutlich, dass noch weiterer Handlungsbedarf besteht. Für die Auswahl der Gebiete, welche als Vorbehaltsgebiet Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und –entwicklung festgelegt werden, wird der Fokus auf jene Bereiche gesetzt, bei denen die Maßnahmen des Flächenschutzes besonders wichtig sind. Hierbei handelt es sich vor allem um Flächen, welche für die am stärksten an Grünland gebundenen Hauptzielarten Uferschnepfe und Großer Brachvogel die größte Bedeutung haben. Als Schwellenwert wurde ein Gebietsvor‐ kommen von mindestens fünf Brutpaaren des Großen Brachvogels gesetzt. Die so ermittelte Flächenkulisse umfasst 14 Wiesenvogelgebiete, welche die folgende Abbil‐ dung überblicksartig widergibt (Nummerierung gemäß Feuchtwiesenprogramm des Landkrei‐ ses):

65

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

3 2 4

8 10 12 7

9 14 15

13

17

23 22

Legende

Vorbehaltsgebiet Grünlandbewirt‐ schaftung, ‐pflege und ‐entwicklung

Abbildung 33: Vorbehaltsgebiete Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und –entwicklung

(Quelle: Landkreis Grafschaft Bentheim, 2019)

Die nachfolgende tabellarische Aufstellung gibt die einzelnen Vorbehaltsgebiete wider (Num‐ merierung gemäß Feuchtwiesenprogramm des Landkreises):

66

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebiets‐Nr. Bezeichnung Größe (ha) 2 Eschebrügger Wösten ca. 1.140 3 Emlichheimer Wösten ca. 1.470 4 Kleinringer Wösten ca. 935 7 Georgsdorf ca. 1.335 8 Echteler ca. 995 9 Wielen ‐ Wilsumer Moor ca. 2.245 10 Oeveringen ca. 3.030 12 Scheerhorn ca. 755 13 Alte Piccardie ‐ Hohenkörben ca. 2.165 14 Füchtenfeld ca. 810 15 Schwartenpohl ca. 1.185 17 Itterbeck‐Süd ca. 2.085 22 Syen Venn ca. 1.000 23 Hestrup ca. 195

Abbildung 34: Tabellarische Aufstellung der Vorbehaltsgebiete Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und ‐entwicklung (Quelle: Landkreis Grafschaft Bentheim, Untere Naturschutzbehörde, 2019)

Mit der Festlegung als Vorbehaltsgebiet Grünlandbewirtschaftung, ‐pflege und –entwicklung wird keine raumordnerische Vorentscheidung über Art und Intensität der Nutzung im Rahmen der ordnungsgemäßen Landwirtschaft getroffen. Gleichwohl ist diese Festlegung z.B. bei der Entscheidung über Grünlandumbruchanträge oder Entwässerungsmaßnahmen zu berücksichti‐ gen. Bestehende Waldflächen in diesen Gebieten haben Bestandsschutz, raumbedeutsame Neuaufforstungen allerdings sollten nur ausnahmsweise zugelassen werden. Auch großräumige Anlagen von Heckenstrukturen sollten hier nur in Abstimmung mit den Erfordernissen des Wie‐ senvogelschutzes erfolgen.

3.1.3 Natura 2000

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.3 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.1.3 Ziffer 02 Satz 1 und 2

67

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 Natura 2000 ist ein zusammenhängendes ökologisches Netz von Schutzgebieten in Europa. Na‐ türliche und naturnahe Lebensräume und gefährdete wildlebende Tiere und Pflanzen sollen hier geschützt und erhalten werden. Grundlage des Netzes „Natura 2000“ sind die FFH‐ und die Vogelschutzrichtlinie der EU. Zentrale Bestimmung der Richtlinien ist, dass jeder Mitgliedsstaat Gebiete benennen, erhalten und ggf. entwickeln soll für gefährdete Lebensräume und Arten und zum Schutz wildlebender Vogelarten. Niedersachsen hat die Gebietsvorschläge des Landes Niedersachsen an die EU gemeldet. Die auf dem Gebiet des Landkreises Grafschaft Bentheim liegenden Natura 2000‐Flächen sind im RROP als Vorranggebiete Natura 2000 gesichert. Es kommt zu (zulässigen und konfliktfreien) Überschneidungen mit anderen Vorrang‐ und Vorbe‐ haltsgebieten.

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

Abbildung 35: Vorranggebiete Natura 2000 mit Gebietsbezeich‐ nung (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmen‐ plans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Korte‐ meier Brokmann, 2015)

68

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Die nachfolgende tabellarische Aufstellung gibt die einzelnen Vorranggebiete wider:

X

Abbildung 36: Tabellarische Aufstellung der Vorranggebiete Natura 2000 (Quelle: Teilaktualisierung des Landschaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015)

3.1.4. Entwicklung der Großschutzgebiete

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 3 Nach §§ 27 BNatSchG i.V. mit § 20 NAGBNatSchG sind Naturparke einheitlich zu entwickelnde und zu pflegende Gebiete, die

 großräumig sind,  großenteils aus Landschaftsschutzgebieten oder Naturschutzgebieten bestehen,  sich wegen ihrer landschaftlichen Voraussetzungen für die Erholung besonders eignen und in denen ein nachhaltiger Tourismus angestrebt wird,  nach den Erfordernissen der Raumordnung für Erholung vorgesehen sind,  der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch vielfältige Nutzung ge‐ prägten Landschaft und ihrer Arten‐ und Biotopvielfalt dienen und in denen zu diesem Zweck eine dauerhaft umweltgerechte Landnutzung angestrebt wird,

69

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

 besonders dazu geeignet sind, eine nachhaltige Regionalentwicklung zu fördern und  einen Träger haben, der sie zweckentsprechend entwickelt und pflegt.

Der Internationale Naturpark Bourtanger Moor‐Bargerveen ist als Naturpark ausgewiesen und soll aufgrund seiner besonderen Bedeutung für Natur und Landschaft sowie für die Naherho‐ lung und den Tourismus geschützt, gepflegt und entwickelt werden. Der Naturpark bedeckt eine Fläche von rund 14.000 Hektar und erstreckt sich auf deutscher Seite über Teile des Land‐ kreises Emsland (Städte Haren und Meppen, Gemeinden Twist und Geeste) sowie die Graf‐ schaft Bentheim (Gemeinde Wietmarschen). Auf niederländischer Seite erstreckt er sich über Teile der Provinz Drenthe/Region Südost‐Drenthe (Gemeente Emmen). Durch Kolonisation, Torfabbau und die anschließende landwirtschaftliche Nutzung prägt die Region heute ein Mosaik verschiedener Flächen. Das Spektrum reicht von ursprünglichen und renaturierten Hochmoorgebieten mit ihrer schützenswerten Flora und Fauna bis hin zu wertvol‐ len, stark von den Menschen beeinflussten Kulturlandschaften. Der Verein „Internationaler Na‐ turpark Bourtanger Moor“ wurde im Jahr 2006 gegründet.

3.2 Entwicklung der Freiraumnutzungen

3.2.1 Landwirtschaft

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 4 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.1 Ziffer 01 Satz 1 bis 4

Begründung zu Ziffer 01 Satz 5 Durch verstärkte Zusammenarbeit mit Unternehmen der vor‐ und nachgelagerten Wirtschafts‐ bereiche können die Marktchancen der Landwirtschaft im Landkreis verbessert werden. Ziel der landwirtschaftlichen Betriebe ist seit langem, u. a. durch Zusammenschlüsse, die Qualitäts‐ führerschaft auf den Absatzmärkten zu erlangen. Direktvermarktung und Urlaub auf dem Bau‐ ernhof wie auch die Aufnahme besonderer Produktionsverfahren, sind Marktsegmente, die zur Sicherung der Familienbetriebe beitragen können.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Die Entwicklungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe und klassischer Produktionsfor‐ men (Ackerbau und Tierhaltung) sowie alternativer Produktionsformen (Energiegewinnung und Innovationen z. B. Reststoffverwertung) und deren Flächenausstattung sollen bei allen Planun‐ gen berücksichtigt werden.

70

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Landwirtschaftliche Betriebe aus der Tierhaltung und –mast sehen sich zunehmenden Flächen‐ konkurrenzen gegenüber. Raumordnerisches Ziel ist es einerseits, eine Zersiedelung der noch unbebauten Landschaft durch große Tierhaltungsanlagen zu vermeiden, und andererseits muss die Raumordnung auch dem Strukturwandel in der Landwirtschaft und seiner sozioökonomi‐ schen Bedeutung im Landkreis Grafschaft Bentheim Rechnung tragen. Die planungsrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten für gewerbliche Tierhaltungsanlagen sind im BauGB geregelt. Es wird den Städten und Gemeinden empfohlen, sich diese Steuerungsmög‐ lichkeiten zunutze zu machen. Der Landkreis betrachtet das Instrument des vorhabenbezoge‐ nen Bebauungsplans als geeignetes Instrument, um einerseits dem Entwicklungspotenzial der heimischen Landwirtschaft Rechnung zu tragen und andererseits den planungsrechtlichen An‐ forderungen an ein Genehmigungsverfahren für gewerbliche Tierhaltungsanlagen gerecht zu werden. Gegenstand des vorhabenbezogenen Bebauungsplans ist die unmittelbare, objektbe‐ zogene Planung und Durchführung eines konkreten Bauvorhabens einschließlich der Herstel‐ lung der Erschließungsanlagen durch einen Vorhabenträger (Investor/ Bauherrn) in enger Ko‐ operation mit der Gemeinde. § 12 Baugesetzbuch (BauGB) regelt unter der Überschrift „Vorha‐ ben‐ und Erschließungsplan“ den so genannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Festlegung in Kap. 3.2.1 Ziff. 02 als Grundsatz der Raumordnung bezieht sich auf die Bau‐ leitplanung der Städte und Gemeinden. Landwirtschaftlich privilegierte Tierhaltungsanlagen gem. §35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind von den Regelungen nicht betroffen. Diese sollen im Land‐ kreis Grafschaft Bentheim an geeigneter Stelle den nötigen Raum erhalten, um landwirtschaft‐ liche Betriebe mit betriebswirtschaftlichem Entwicklungspotenzial, in ihrer Entwicklung Rech‐ nung zu tragen. Die Vertreter der Landwirtschaft sollen bei der Erarbeitung kommunaler Steuerungskonzepte für Tierhaltungsanlagen frühzeitig in den Erarbeitungs‐ und Abstimmungsprozess eingebunden werden. Einzelbetriebliche Ansprüche sollen erhoben und die Sicherung der landwirtschaftli‐ chen Betriebe berücksichtigt werden. Hinweise zur Bindungswirkung von Vorrang‐ und Vorbehaltsgebieten gegenüber geplanten Tierhaltungsanlagen: Privilegierte Tierhaltungsanlagen entziehen sich in der Regel der Bindungswirkung des RROP. Nur raumbedeutsame Tierhaltungsunterlagen, d.h. solche, die aufgrund ihrer Größe der UVP‐ Pflicht unterliegen, sind von einer möglichen Bindungswirkung des RROP betroffen. Jedoch be‐ nötigen raumbedeutsame „privilegierte Tierhaltungsanlagen“ keine Bauleitplanung und unter‐ liegen daher allenfalls einer Bindungswirkung von Vorranggebieten, nicht von Vorbehaltsgebie‐ ten und anderen Grundsätzen der Raumordnung. Für nicht privilegierte Tierhaltungsanlagen sieht der Gesetzgeber gem. BauGB Bauleitplanung vor. Vorbehaltsgebiete unterliegen im Rahmen der Bauleitplanung der Abwägung durch die Städte und Gemeinden. Vorranggebiete sind im Rahmen der Bauleitplanung von den Städten und Gemeinden zu beachten.

71

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 und 2 Grundlage für die räumliche Festlegung der Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft – auf Grund ho‐ hen Ertragspotenzials – ist der landwirtschaftliche Fachbeitrag zum RROP durch die Landwirt‐ schaftskammer Niedersachsen (Bezirksstelle Emsland) aus dem Jahr 2018. Auf Basis des Kriteriums „Hohe natürliche Ertragskraft“ werden im landwirtschaftlichen Fach‐ beitrag Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft im Landkreis Grafschaft Bentheim ermittelt und zur Festlegung im RROP gutachterlich empfohlen.

Das Kriterium „Hohe natürliche Ertragskraft“ wird im LROP wie folgt definiert: „Für die Acker‐ und Grünlandnutzung stellt die natürliche Ertragskraft des Bodens eine Rah‐ menbedingung dar, die über Art, Qualität und Menge der Produktion mitentscheidet. Selbst wenn die Abhängigkeit von den natürlichen Bodeneigenschaften inzwischen deutlich abge‐ nommen hat, stellen Gebiete mit hoher natürlicher Ertragskraft dennoch Gunsträume für die Landwirtschaft dar. Für eine nachhaltige, Ressourcen schonende Land‐bewirtschaftung werden diese Böden deshalb langfristig besonders günstige Voraussetzungen bieten“ (LROP 2017, Be‐ gründung zu Kap. 3.2.1, Ziffer 01, Sätze 2 bis 4).

Auf die laut LROP ergänzend mögliche Herleitung und Darstellung von Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft anhand des Kriteriums „Hohe wirtschaftliche Leistungs‐ und Wettbewerbsfähig‐ keit“ wird verzichtet, da für das gesamte Landkreisgebiet eine hohe Leistungs‐ und Wettbe‐ werbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe festgestellt wurde und eine Differenzierung (z.B. aus Datenauswertungen der Vergangenheit) allenfalls in Nuancen ungenutzte Potenziale aufzeigen würde. Grundsätzlich bieten die infrastrukturellen Verhältnisse im Landkreis Graf‐ schaft Bentheim allen landwirtschaftlichen Betrieben die Chance, sich in den vorhandenen Be‐ triebszweigen zu entwickeln. Ebenso wird auf die laut LROP ergänzend mögliche Herleitung und Darstellung von Vorbehalts‐ gebieten Landwirtschaft anhand des Kriteriums „Pflege der Kulturlandschaft“ verzichtet, da die eindeutige Abgrenzung der hier laut LROP relevanten Gebiete (Flächen, auf denen die Land‐ wirtschaft einen besonderen Beitrag zur Pflege der Kulturlandschaft und ihrer Schutzgüter leis‐ tet), für das Landkreisgebiet schwierig ist. Der methodische Aufwand hierfür stünde in keinem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen.

Zur Herleitung und Darstellung von Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft im Einzelnen:

Ackerbauliches Ertragspotenzial: Als Grundlage für die Festlegung von Gebieten hoher natürlicher Ertragskraft im Landkreis Graf‐ schaft Bentheim wurde die vom Niedersächsischem Landesamt für Bergbau, Energie und Geo‐ logie (LBEG) erarbeitete bodenkundliche Auswertungskarte „Standortbezogenes natürliches ackerbauliches Ertragspotenzial“ herangezogen (AEpot‐Karte). In die dieser Fachkarte zugrun‐ deliegende Auswertungsmethode fließen Faktoren wie die Wasser‐ und potenzielle Nähr‐ stoffversorgung, die Durchwurzelbarkeit des Bodens und das Klima ein. Das LBEG führt dazu aus: „Die Ertragspotenzialklassen charakterisieren die Bodeneinheiten hinsichtlich ihrer natürli‐ chen Leistungsfähigkeit für Ackerbau, bei welchem eine optimale, d. h. die Leistungsfähigkeit

72

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

erhaltende Bewirtschaftung ohne darüberhinausgehende ertragssteigernde Bewirtschaftungs‐ maßnahmen angenommen wird. Die Ergebnisse sind auf die Bodeneinheit bezogen. Zu‐ oder Abschläge für flächen‐ spezifische Besonderheiten (z.B. Hangneigung, Waldnutzung) gehen nicht in die Berechnung ein. Die Klassifizierung erfolgt in Abhängigkeit von der im Bezugsraum (z.B. Landkreis) auftretenden Spannweite des Ertragspotenzials in 3 bis 7 Klassen“ (LBEG 2015). Die Auswertung erfolgte auf Ebene von Bodeneinheiten mit einer Klassifizierung in sieben Stu‐ fen (von AEpot 1 – äußerst gering bis AEpot 7 – äußertst hoch) für den Bezugsraum Landkreis Grafschaft Bentheim. Die Auswertung wurde ausschließlich auf die Feldblöcke der EU‐ Agrarförderung bezogen, d.h. auf landwirtschaftlich genutzte Flächen. Als Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft wurden die Flächen mit den Einstufungen 4 bis 7 als Standorte mit hoher natürlicher Ertragskraft ausgewählt. Dies entspricht einem Flächenanteil von rund 68 % (40.168 ha) der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Landkreis Grafschaft Bentheim. In der AEpot‐Auswertung wird nicht zwischen tatsächlicher Acker‐ und Grünlandnut‐ zung unterschieden. Das bedeutet, dass sich eine hohe natürliche ackerbauliche Ertragskraft ebenso unter tatsächlichem Grünland befinden kann.

Ertragspotenzial für Grünlandbewirtschaftung: Im landwirtschaftlichen Fachbeitrag wurde ermittelt, dass der Anteil des Dauergrünlandes im Landkreis Grafschaft Bentheim bei 14,1 % liegt und im Landkreisgebiet die Milchviehhaltung in den Futterbaubetrieben eine hohe Bedeutung hat. Die Milchviehhaltung ist flächengebunden, da die Betriebe ihr Futter in Form von Grünlandaufwuchs und Silomais selbst produzieren (Fut‐ terbau). Es gibt in der Grafschaft Bentheim nur wenig reine Grünlandbetriebe mit Milchviehhal‐ tung ohne Maisanbau. Somit gibt das Ertragspotenzial für Ackernutzung die Flächenwertigkeit im Landkreis Grafschaft Bentheim treffend wieder. Zur Beurteilung der Grünlandflächen im Landkreis Grafschaft Bentheim wurde die Bodenfeuch‐ teklassifizierung herangezogen. Diese reicht von der bodenkundlichen Feuchtestufe (BKF) 1 (stark trocken; für landwirtschaftliche Nutzung zu trocken) bis zu BKF 10 (nass; für landwirt‐ schaftliche Nutzung zu nass). Als vergleichsweise überdurchschnittliches natürliches landwirt‐ schaftliches Ertragspotenzial für Grünlandstandorte im Landkreis Grafschaft Bentheim sind die bodenkundlichen Feuchtestufen 3 bis 7 herangezogen worden (für intensive Grünlandnutzung fast uneingeschränkt geeignet). Die bodenkundlichen Feuchtestufen wurden außerdem zur Unterscheidung von absolutem und fakultativem (ackerfähigem) Grünland im Rahmen von Grünlandumbruchanträgen verwendet. Hierbei kam der gemeinsam vom LBEG und der Land‐ wirtschaftskammer Niedersachsen erarbeitete „Kriterienkatalog Nutzungsänderung von Grün‐ landstandorten in Niedersachsen“ zur Anwendung. Grundsätzlich ist hinsichtlich der landwirtschaftlichen Grünlandnutzung zu bedenken, dass auch auf Flächen der bodenkundlichen Feuchtestufe 8 die Grünlandnutzung in der Regel intensiv stattfindet und standortgerecht ist. Dementsprechend haben Flächen der BKF 8 eine wirtschaft‐ liche Bedeutung in den Grünlandregionen, da sie insbesondere als Grünlandflächen eine we‐ sentliche Produktionsgrundlage für die Milchviehproduktion darstellen. Vorbehaltlich einer Einzelflächenbegutachtung handelt es sich in der Regel um absolutes Grünland. Eine ackerbau‐ liche Nutzung kann in der Praxis aufgrund der betrieblichen Notwendigkeit und der Einschät‐ zung der Ackerfähigkeit durchaus vorkommen.

73

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Als Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft wurden die Flächen mit den bodenkundlichen Feuchte‐ stufen 3 bis 7 als Standorte mit hohem Ertragspotenzial für Grünlandbewirtschaftung ausge‐ wählt. Dies entspricht einem Flächenanteil von rund 26 % (15.413 ha) der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Landkreis Grafschaft Bentheim.

Hohes Ertragspotenzial insgesamt: Die Abbildung 37 zeigt das Ergebnis aus der Zusammenführung der Flächen mit vergleichsweise hoher natürlicher Ertragskraft für die Ackernutzung (Ertragspotenzialklassen 4‐7) und der Flä‐ chen mit hohem Ertragspotenzial für Grünlandbewirtschaftung (BKF‐Stufen 3‐7). Insgesamt ergibt sich eine Vorbehaltsgebiete‐Kulisse von 55.581 ha. Diese werden im RROP als Grundsatz der Raumordnung festgelegt und in der Zeichnerischen Darstellung entsprechend dargestellt. Die Festlegung bezieht sich ausschließlich auf die heute noch landwirtschaftlich genutzten Flä‐ chen und schließt Siedlungsgebiete nicht mit ein. Im Einzelfall können sich kleinflächige Berei‐ che innerhalb der Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft befinden, die aus Maßstabsgründen nicht von der Darstellung ausgenommen werden können, obwohl sie in der Realität für eine hoch‐ wertige landwirtschaftliche Nutzung nicht geeignet sind (z.B. Außenbereichsbebauung, Bra‐ chen). Hier ist bei konkreten Planungen und Maßnahmen eine Prüfung im Einzelfall erforder‐ lich. In den Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft sollen alle raumbedeutsamen Planungen und Maß‐ nahmen so abgestimmt werden, dass diese Gebiete in ihrer Eignung und besonderen Bedeu‐ tung für die Landwirtschaft möglichst nicht beeinträchtigt werden. Die Inanspruchnahme von landwirtschaftlichen Nutzflächen durch Siedlungs‐ und Verkehrsentwicklung soll in diesen Ge‐ bieten möglichst reduziert werden. Die folgende Abbildung stellt die Vorbehaltsgebietskulisse überblicksartig dar:

74

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Legende Vorbehaltsgebiet Landwirtschaft ‐ auf Grund hohen Ertragspotenzials ‐ Gemeindegrenze

Landkreisgrenze

Abbildung 37:

Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft – auf Grund hohen Ertragspotenzials – (Quelle: Landwirtschaftlicher Fachbeitrag zum RROP des Landkreises Grafschaft Bentheim, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Emsland, 2018)

75

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 Im Landkreis Grafschaft Bentheim werden von den insgesamt rund 98.000 ha Gesamtfläche mit rund 61.000 ha insgesamt 62 % der Fläche landwirtschaftlich genutzt. Davon sind rund 52.000 ha (85 % der landwirtschaftlichen Fläche) Ackerland und ca. 9.000 ha (15 % der landwirtschaftli‐ chen Fläche) Dauergrünland. Der Maisanteil an der ackerbaulich genutzten Fläche hat in den letzten 10 Jahren stark zugenommen und liegt aktuell bei 45 % der Ackerfläche (Stand: 2017). Der Strukturwandel in der Landwirtschaft bewirkt unterschiedliche Anforderungen an landwirt‐ schaftliche Nutzfläche. Wegen der hohen Zahl von Biogasanlagen bzw. aufgrund der vielfachen Leistungssteigerung bisher landwirtschaftlich privilegierter Anlagen verschärft sich die Konkur‐ renz um die zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzflächen. Im Niedersächsischen Energiekonzept von 2012 formuliert das Land Niedersachsen den An‐ spruch, dass die Nahrungs‐ und Futtermittelerzeugung eindeutiger Schwerpunkt der nieder‐ sächsischen Landwirtschaft sein soll. Das Energiekonzept favorisiert daher die Verwendung landwirtschaftlicher Nebenprodukte wie Gülle oder Reststoffe aus der Ernährungswirtschaft, eine Verbreiterung des Spektrums der verschiedenen angebauten Energiepflanzen sowie die Effizienzsteigerung der Anlagen, um den Flächenverbrauch für den Maisanbau als Substrat für Biogasanlagen zu reduzieren. Um die Ziele des Energiekonzeptes zu unterstützen, will die Raumordnung Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft vor konkurrierenden Nutzungsinteressen schützen, um dem vom Land ausgege‐ benen Ziel, der Sicherung landwirtschaftlicher Fläche für die Nahrungs‐ und Futtermittelpro‐ duktion, Rechnung zu tragen. Umweltschonendere Methoden des Landbaus sowie Methoden zur Aufbereitung von Wirt‐ schaftsdüngern und tiergerechtere Haltungsverfahren sollen durch die Durchführung von Mo‐ dellprojekten stimuliert und durch gezielte Beratung gefördert werden.

Begründung zu Ziffer 04 Satz 2 Landwirtschaftliche Flächennutzung besitzt auch Bedeutung für die Pflege und Entwicklung der bestehenden Kulturlandschaft im Landkreis Grafschaft Bentheim. Die Landwirtschaft hat in vie‐ len Bereichen den heutigen Zustand der Kulturlandschaft erwirkt und prägt ihr Erscheinungs‐ bild. Die kulturlandschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft ergibt sich vor allem aus der Pfle‐ ge und Offenhaltung der Landschaft sowie durch die Bewirtschaftung. Dazu gehören neben der Flächenbewirtschaftung ebenso die Pflege der kulturlandschaftlichen Strukturelemente (Wall‐ hecken, Wege, Zäune, Grabenpflege usw.). Die Landwirtschaft ist ein landschaftsbildprägender Faktor. Eine besondere ökologische Bedeutung hat die Landwirtschaft durch die angepasste Bewirtschaftung, Pflege und Offenhaltung von naturschutzfachlich wertvollen Bereichen (z. B. mittels abgestimmter Beweidung mit auf die Landschaftspflege angepassten Herden, u. a. Scha‐ fe und Ziegen). Dabei haben Art und Intensität der Landbewirtschaftung entscheidend Einfluss auf den Zustand der Umweltmedien Wasser und Boden sowie auf die Arten‐ und Lebensraum‐ vielfalt. Die Landwirtschaft in Schutzgebieten trägt durch ihre Bewirtschaftungsformen dazu bei, dass Arten, Biotope sowie Landschaften in einem schützenswerten Zustand erhalten bleiben. Zu die‐ sen Standorten zählen im Landkreis Grafschaft Bentheim landwirtschaftlichen Nutzflächen, die

76

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

in Gebieten liegen, die hinsichtlich ihrer Eigenart, Vielfalt und Schönheit und ihrer Bedeutung für Arten und Biotope eine Bedeutung haben. Die folgende Tabelle zeigt, wie viele Flächen im Landkreis Grafschaft Bentheim innerhalb von Schutzgebieten landwirtschaftlich genutzt wer‐ den. Vielfach erfolgt diese Nutzung einzig dafür, die Erhaltungsziele innerhalb der Schutzgebie‐ te zu erreichen und zu bewahren.

Schutzgebiet landwirtschaft‐ davon Acker davon Grünland Anzahl der land‐ lich genutzte wirtschaftlichen Fläche Flächen Naturschutzgebiet (NSG) 1.086 ha 421 ha 665 ha 296 Landschaftsschutzgebiet (LSG) 2.021 ha 1.670 ha 351 ha 680 FFH‐Gebiet* 136 ha 69 ha 67 ha 108 Summe 3.243 ha 2.160 ha 1.073 ha 1.084

* nur die landwirtschaftlichen Flächen sind aufgeführt, die zum Stand der Erhebung 2018 innerhalb von FFH‐Gebieten liegen und nicht zugleich in einem anderen Schutzgebiet liegen

Abbildung 38:

Landwirtschaftlich genutzte Flächen innerhalb von Schutzgebieten (Quelle: Landwirtschaftlicher Fachbeitrag zum RROP des Landkreises Grafschaft Bentheim, Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle Emsland, 2018)

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 bis 3 Ein großer Teil der mit Düngemitteln eingetragenen Nährstoffe wird mit dem Erntegut den Flä‐ chen wieder entzogen. Wenn dem Boden jedoch mehr Nährstoffe zugeführt werden als über die Ernte entzogen wird, entsteht ein Nährstoffüberschuss. Eine übermäßige Anreicherung von Nährstoffen in Böden hat negative Auswirkungen auf das Ökosystem. Nährstoffhaltiges Bodenmaterial kann über Erosion in Gewässer eingetragen wer‐ den. Auch wächst mit steigenden Nährstoffgehalten im Boden die Gefahr der Auswaschung, da die Intensität von Umsetzungsprozessen zunimmt (zum Beispiel Stickstofffreisetzung durch Mi‐ neralisation der organischen Substanz) oder das Nährstoffbindungsvermögen zurückgeht (zum Beispiel Phosphorauswaschung aus Moorböden). Bei wassergesättigten, dränierten oder hängi‐ gen Böden kann ein Teil der Nährstoffe direkt in Oberflächengewässer eingetragen werden. In den meisten Böden wird allerdings der Anteil der Nährstoffe, die nicht durch die Pflanzen auf‐ genommen wurden, größtenteils mit dem Sickerwasser ins Grundwasser verlagert. Schließlich besteht die Gefahr, dass sich infolge übermäßigen Nährstoffeintrags die Artenzusammenset‐ zung der Vegetation und der Bodenlebewesen verschiebt. Die Düngung landwirtschaftlicher Nutzflächen muss sich am Nährstoffbedarf der angebauten Kultur und den Bodenverhältnissen orientieren. Der Eintrag von Stoffen oder Mengen dieser Substanzen, die schädlich wirken können, in den Boden, das Grundwasser und die Oberflächen‐

77

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

gewässer ist zu vermeiden. Grundwasserschutzorientierte Bewirtschaftung ist in den Trinkwas‐ sergewinnungsgebieten kooperativ mit den landwirtschaftlichen Akteuren abzustimmen.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Das Flurneuordnungsverfahren ist ein bewährtes Instrument um Belange zur Verbesserung der Agrarstruktur gleichrangig mit Zielen der gemeindlichen Entwicklung und des Naturschutzes zu vereinbaren. Mit dem Instrument des Flurbereinigungsverfahrens kann die Bodenordnung so gesteuert wer‐ den, dass divergierende Nutzungsansprüche an den Grund und Boden entflochten, Grundstü‐ cke bedarfsgerecht ausgewiesen und landeskulturelle Nachteile behoben werden können. Es ist somit auch ein geeignetes Instrument um die mit den Grundsätzen in Ziffer 05 Sätze 3 bis 4 ver‐ folgten Ziele zu erreichen.

Begründung zu Ziffer 07 Satz 1 und 2 Die gute Erreichbarkeit der landwirtschaftlichen Flächen ist für die effiziente Bewirtschaftung essenziell. Das landwirtschaftliche Wegenetz soll daher so strukturiert sein, dass Wegebezie‐ hungen zwischen den Betrieben und ihren Flächen nicht durch unzumutbare Umwege oder verkehrliche Erschwernisse beeinträchtigt werden. Dies ist insbesondere zu berücksichtigen, wenn das landwirtschaftliche Wegenetz beim Bau von Ortsumgehungsstraßen unterbrochen und angepasst werden muss. Die zerschneidende Wirkung von Umgehungsstraßen auf die landwirtschaftlichen Wegebeziehungen sollen dabei möglichst minimiert werden.

3.2.2 Forstwirtschaft

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Die in der zeichnerischen Darstellung festgelegten Vorbehaltsgebiete Wald basieren auf Daten des Amtlichen Liegenschafts‐ und Katasterinformationssystems (ALKIS). Hier sind alle Flurstücke nach Nutzungsart aufgeführt.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 und 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem LROP Kap. 3.2.1 Ziffer 02 Satz 1 und 2

Begründung zu Ziffer 01 Satz 4 bis 6 Entsprechend den Vorgaben des NWaldLG ist Wald zu erhalten, zu vermehren und durch ord‐ nungsgemäße Bewirtschaftung nachhaltig zu sichern. Die Vergrößerung der Waldfläche im Landkreis Grafschaft Bentheim ist aufgrund des landesweit deutlich unterdurchschnittlichen Waldanteils anzustreben. Dabei ist aus Sicht des Natur‐ und Landschaftsschutzes eine die Bio‐

78

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

diversität fördernde Waldbewirtschaftung zielgebend. Ebenfalls liefern die Wälder, insbesonde‐ re die Laub‐ und Laubmischwälder, einen hohen Beitrag zum Klimaschutz. Für die Holz ver‐ und bearbeitenden Betriebe des Landkreises sind die ordnungsgemäß bewirtschafteten Wälder wichtiger, regionaler Produzent des umweltfreundlichen Rohstoffes Holz.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 7 Nachrichtliche Übernahme aus dem LROP Kap. 3.2.1 Ziffer 03 Satz 1

Begründung zu Ziffer 01 Sätze 8 und 9 Waldränder bilden die Übergangszone von Wald zur offenen Feldflur. Waldränder sind stufig aufgebaut mit Pflanzengesellschaften aus Stauden und Gräsern, verschiedenen Sträuchern und Bäumen 2. Ordnung. Im Gegensatz zum Waldinneren sind Waldränder aufgrund der vielfältigen Struktur sehr artenreich. Es leben dort Arten sowohl des Waldes als auch Arten der angrenzen‐ den Kulturlandschaft. Es findet ein Wechsel bzw. Austausch vieler Arten zwischen Wald und der Umgebung statt ‐ Randlinieneffekt. Um diese wichtige Funktion im Naturhaushalt nicht zu be‐ einträchtigen, sind Waldränder von störenden Einflüssen freizuhalten.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Wald soll nur an den dafür typischen Standorten bzw. an den bereits bestehenden Waldstand‐ orten aufgeforstet werden. Angestrebt wird jedoch, wie unter Ziffer 01 Satz 4 festgelegt, die Vergrößerung der Waldfläche, und damit einhergehend sollten fragliche Aufforstungen generell im Einzelfall hinsichtlich einer positiven Umsetzung überprüft werden.

3.2.3 Rohstoffsicherung und Rohstoffgewinnung

Begründung zu Ziffer 01 Sätze 1 bis 5 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.2 Ziffer 01 Satz 1 bis 5 Begründung zu Ziffer 01 Satz 6 Um eine Belastung des Landschaftsbildes und der Anwohner eines in der Regel über viele Jahre dauernden Abbaus zu minimieren, sind Lagerstätten von oberflächennahen Rohstoffvorkom‐ men möglichst zügig und vollständig auszubeuten, bevor neue Aufschlüsse begonnen werden. Dabei sind unter Abwägung der Belange des Landschaftsbildes, der Bewohner, des Naturhaus‐ haltes, der Wasserwirtschaft aber auch der Rohstoffwirtschaft geeignete zeitliche Abläufe zu vereinbaren.

79

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 01 Satz 7 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landesraumordnungsprogramm Kap. 3.2.2 Ziffer 01 Satz 7

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 In der zeichnerischen Darstellung des RROP sind Lagerstätten von überregionaler Bedeutung, die aus landesweiter Sicht für einen Abbau gesichert werden sollen, als Vorranggebiete Roh‐ stoffgewinnung festgelegt. Diese Festlegung erfolgte unter Beachtung folgender Kriterien:

 Einstufung der Lagerstätten gem. der fachlichen Bewertung des Niedersächsischen Lan‐ desamtes für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als Lagerstätten 1. Ordnung)  Mindestgröße der Lagerstätten von 25 ha  Minimierung von Nutzungskonflikten und Beeinträchtigungen der Belange der Bevölke‐ rung sowie von Natur und Landschaft,  Minimierung der transportbedingten Umweltbelastungen durch möglichst verbraucher‐ nahe Gewinnung von Massenrohstoffen,  Kompensation der mit der Rohstoffgewinnung verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft vorrangig im betroffenen Raum,  Schutzzweck und Erhaltungsziele von FFH‐Gebietsvorschlägen und Europäischen Vogel‐ schutzgebieten.

Die im LROP im Maßstab 1:500.000 festgelegten Vorranggebiete wurden im Zuge der Übertra‐ gung auf die Maßstabsebene 1:50.000 des RROP auf eine notwendige räumliche Konkretisie‐ rung hin geprüft. Dabei wurde auch ein Abgleich mit der Luftbildauswertung der Rohstoffab‐ bauten, welche die Oberste Landesplanungsbehörde (Niedersächsische Ministerium für Ernäh‐ rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, ML) im Jahr 2018 durchgeführt und dem Land‐ kreis in Form von GIS‐Daten zur Verfügung gestellt hat, vorgenommen (Gegenstand der Luft‐ bildauswertung von ML war die Einstufung der bisherigen Vorranggebietsflächen Rohstoffge‐ winnung aus LROP und RROP anhand von digitalen Orthophotos im Maßstab 1:8.000 je nach erkennbarem Zustand in die Einstufungen "in Abbau" und "Abbau abgeschlossen").

Der Schwerpunkt der Auswertung durch das ML lag auf den mineralischen Rohstoffen, denn Torfabbauten – insbesondere abgeschlossene Abbauten – sind oftmals besonders schwer von Bereichen zu unterscheiden, die nicht abgebaut wurden. Die Datenlage war bezogen auf den Rohstoff Torf deswegen unzureichend. Daher wurde vom Landkreis hinsichtlich Torfabbauten ein eigener Abgleich im Rahmen eines Gutachtens vorgenommen (Teilaktualisierung des Land‐ schaftsrahmenplans des Landkreises Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2015).

Bei den im RROP festgesetzten Vorranggebieten Rohstoffgewinnung handelt es sich um folgen‐ de Gebiete:

80

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gebietsnummer Rohstoffart Standortkommune 141 Sand Samtgemeinde Uelsen 134.1 Kieshaltiger Sand Samtgemeinde Uelsen 134.2 Kieshaltiger Sand Samtgemeinde Uelsen

134.3 Sand Samtgemeinde Uelsen

134.4 Kieshaltiger Sand Samtgemeinde Uelsen

171 Sand Samtgemeinde Schüttorf

176 Sand Samtgemeinde Schüttorf Abbildung 39: 302 Ton Samtgemeinde Uelsen Vorranggebiete Rohstoff‐ 303 Naturwerkstein Stadt Bad Bentheim gewinnung 321 Quarzsand Samtgemeinde Emlichheim (Quelle: LROP 2017)

Neun dieser Gebiete (Nr. 141, 134.1, 134.2, 134.3, 134.4, 171, 176, 302 und 303) sind bereits im bislang wirksamen RROP 2001 mit gleichlautender Festsetzung und deckungsgleicher Flä‐ chenabgrenzung festgelegt. Insofern ergibt sich durch das neuaufgestellte RROP diesbezüglich keine Veränderung des Status‐Quo der raumordnerischen Zielfestlegung. Das Vorranggebiet Nr. 321 (Lage nördlich der Ortschaft Laar (Gemeinde Laar/Samtgemeinde Emlichheim) und südlich des Industrie‐ und Gewerbegebietes Europark Coevorden‐Emlichheim) war bislang nicht Be‐ standteil der raumordnerischen Festsetzungen des RROP des Landkreises Grafschaft Bentheim und wird erstmalig festgelegt.

Neben der Konkretisierung der Vorrangfestlegungen des LROP ist es gemäß LROP Kap. 3.2.2 Ziffer 07 Aufgabe der regionalen Raumordnung, regional bedeutsame Rohstoffvorkommen als Vorranggebiete oder Vorbehaltsgebiete zu sichern. Dieser Aufgabe wurde durch die Überprü‐ fung etwaiger zusätzlicher Festsetzungserfordernisse im Planungsraum entsprochen:

Im Zuge der Erarbeitung des RROP wurde zum einen die Rohstoffsicherungskarte des LBEG (RSK 1:25.000) ausgewertet, zum anderen im Mai und Juni 2019 bei den im Plangebiet tätigen Ab‐ bauunternehmen abgefragt, ob ein Bedarf für die Festsetzung von Vorranggebieten oder Vor‐ behaltsgebieten Rohstoffgewinnung im Hinblick auf zukünftige Abbauvorhaben im Plangebiet zur längerfristigen regionalen Bedarfsdeckung besteht (telefonische Anfrage vom 21.05.2019 sowie darauffolgende schriftliche Anfrage vom 27.06.2019). Berücksichtigt wurden alle zu die‐ sem Zeitpunkt im Plangebiet tätigen Bodenabbauunternehmen (Firmen Liesen, Sietzen, Lange‐ zaal, Infracom, IHB Quarzwerke, Smals sowie Deppe Backstein). Von drei Unternehmen wurden Flächenvorschläge für die Festsetzung von Vorranggebieten Rohstoffgewinnung eingereicht.

Im Rahmen der Prüfung dieser Vorschläge wurde allerdings ersichtlich, dass einer der folgende Gründe (oder mehrere dieser Gründe) in der Abwägung dazu führten, dass es zu keiner Festset‐ zung in Form eines Vorrang‐ oder Vorbehaltsgebietes Rohstoffgewinnung im RROP kam:

 unzureichende Konkretisierung des Flächenvorschlags

81

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

 nicht hinreichende volkswirtschaftliche Bedeutung des Vorkommens  zu geringe Flächengröße (fehlende Raumbedeutsamkeit)  sehr wahrscheinlich eintretende hydrologische Schwierigkeiten (voraussichtlich erhebli‐ che Beeinträchtigung des Schutzgutes Grundwasser)

Es bestand somit im Ergebnis für keinen der Vorschläge eine Festsetzungswürdigkeit.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 und 4 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.2 Ziffer 02 Satz 7 und 8

Begründung zu Ziffer 03 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.2 Ziffer 04 Satz 1

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 und 2 Der naturschutzfachliche Ausgleich für die Eingriffe in Natur und Landschaft erfolgt gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz. Eine Nachnutzung als Erholungsgebiet bietet sich insbesondere bei siedlungsnahen Nassabbauten an. Die örtliche Bevölkerung hat dort über längere Zeit Belastun‐ gen des Abbaubetriebes zu erdulden, so dass im Anschluss eine Erholungsnutzung einen Aus‐ gleich für die vorhergehende Einschränkung der Lebensqualität bietet.

Begründung zu Ziffer 04 Satz 3 Nach einem Torfabbau soll eine Hochmoorregeneration herbeigeführt werden, um langfristig eine zumindest ausgeglichene Klimabilanz zu erreichen.

3.2.4 Landschaftsgebundene Erholung

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 5 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.3 Ziffer 01 Satz 1 bis 5

82

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 01 Satz 6 Als Vorranggebiete für landschaftsbezogene Erholung wurden Gebiete festgelegt, die sich auf‐ grund ihrer naturräumlichen Ausstattung als Erholungsgebiet besonders eignen. Darüber hin‐ aus verfügen diese Gebiete über eine hohe Landschaftsbildqualität. Sie stellen Nutzungs‐ schwerpunkte der landschaftsbezogenen Erholung dar und sind für Erholungssuchende gut er‐ reichbar und durch regional bedeutsame Wander‐ bzw. Radwege erschlossen. Es handelt sich um Gebiete, die eine vorrangige Funktion für ruhige Erholung in Natur und Landschaft besitzen und vorrangig auch für diese Funktionszuweisung weiterentwickelt werden sollen. Für die Festlegung der Vorranggebiete infrastrukturbezogene Erholung wurden neben der land‐ schaftlichen Attraktivität insbesondere auch Informationen über die vorhandene Erholungsinf‐ rastruktur sowie deren Erreichbarkeit ausgewertet. Mit der Festlegung als Vorranggebiete inf‐ rastrukturbezogene Erholung soll die bisherige Erholungsnutzung sowie die dafür erforderliche Infrastruktur gegenüber entgegenstehenden Nutzungen gesichert werden. Erholungsrelevante Infrastrukturen sollen vorrangig in diesen Gebieten weiterentwickelt werden, touristische As‐ pekte sind dabei zu berücksichtigen. Folgende Gebiete werden als Vorranggebiete infrastrukturbezogene Erholung festgelegt:

 Freizeitsee  Freizeitsee Lohne  Freizeitsee Vechtesee + Grafschafter Sportpark  Tierpark Nordhorn  Ferien‐ und Freizeitpark Itterbeck (in Planung)  Naherholungs‐ und Feriengebiet Uelsen  Ferienpark Gut Langen + Badepark Bentheim

Begründung zu Ziffer 01 Satz 7 Als Vorbehaltsgebiete landschaftsbezogene Erholung wurden Gebiete festgelegt, die sich für die landschaftsbezogene Erholung aufgrund der Landschaftsqualität besonders eigenen. Dies kann insbesondere auch in ländlichen und von der Landwirtschaft geprägten Landschaftsräu‐ men der Fall sein. Grundlage für die räumliche Festlegung sind die Darstellungen im Land‐ schaftsrahmenplan des Landkreises Grafschaft Bentheim, sofern diese sich nicht mit einem Vor‐ ranggebiet Natur und Landschaft überschneiden, deren Schutzzwecke dem Vorbehalt der Erho‐ lung entgegenstehen. Die Nutzungsformen Erholung und Landwirtschaft in Gebieten, in denen sich Vorbehaltsgebiete landschaftsbezogene Erholung und Landwirtschaft überschneiden, widersprechen sich nicht. Beides ist nebeneinander möglich. Die Festlegung eines Vorbehaltsgebietes landschaftsbezoge‐ ne Erholung führt zu keinerlei Einschränkungen für die landwirtschaftliche Landnutzung. Bezüglich des Verhältnisses von Vorbehaltsgebieten landschaftsbezogene Erholung zu Vorbe‐ haltsgebieten Natur und Landschaft gelten die oben genannten Aussagen analog.

83

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Die Nachfrage des wassergebundenen Tourismus steigt. Der Ausbau des Kanutourismus gilt daher als vielversprechendes Angebot mit dem im ländlichen Raum des Landkreises regionale Wertschöpfung erzielt werden kann. Gleichzeitig ist bei der konzeptionellen Entwicklung darauf zu achten, dass dadurch der Naturhaushalt der Gewässer und Uferflächen nicht übermäßig ge‐ stört wird. Um dies zu erreichen sind Besucher lenkende Maßnahmen sinnvoll, die in Zusam‐ menarbeit mit allen Interessengruppen erarbeitet und umgesetzt werden.

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 2.1 Ziffer 08 Satz 1 bis 3

3.2.5 Wassermanagement, Wasserversorgung, Hochwasserschutz

Begründung zu Ziffer 01 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 02 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 02 Satz 1

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 03 Satz 1

Begründung zu Ziffer 03 Satz 2 bis 5 Die oberirdischen Gewässer in Deutschland befinden sich in der Regel nicht in ihrem natürli‐ chen Zustand, sondern wurden baulich gestaltet, um Sicherheits‐ und Nutzungsinteressen zu verwirklichen. Hierbei sind oftmals die Gewässerstruktur, das Gewässerbett sowie die Auen verändert worden, die jedoch in ihrer natürlichen Funktion ein wichtiger Faktor für die Qualität und Funktionsfähigkeit des oberirdischen Gewässers darstellen. In den letzten Jahrzehnten hat ein Umdenken dahingehend stattgefunden, die veränderte Struktur des Gewässers zu renatu‐ rieren, also in seinen einstigen Zustand zurückzuführen, wobei die vorhandenen Funktionen der Gewässer, wie die Entwässerung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie von Siedlungs‐ und Industriegebieten, zu berücksichtigen sind. Eine hydraulische Mehrbelastung der Gewässer kann dabei nicht immer ausgeschlossen werden, und seitens der Unterhaltungsverbände ist ein erhöhter Aufwand zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Wasserabflusses zu leisten. Ziel des Rückbaus von Sohlabstürzen und Querbauwerken ist es, die Durchgängigkeit der Fließge‐

84

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

wässer im Landkreis Grafschaft Bentheim für Fische und andere Wasserlebewesen wieder her‐ zustellen.

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 04 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 04 Satz 3 und 4 Mit der Festlegung der örtlichen Kläranlagen im Landkreis Grafschaft Bentheim als Vorrangge‐ biete Zentrale Kläranlage wird die umweltverträgliche Abwasserbehandlung gegenüber Belan‐ gen, die einer Nutzung als Kläranlage entgegenstehen könnten, gesichert. Die geordnete, mög‐ lichst umweltverträgliche Abwasserbehandlung sorgt für ein Schließen der Wasserkreisläufe und damit für eine sparsame Ressourcennutzung bei nachhaltiger Bewirtschaftung. Dezentrale Abwasserbeseitigungsanlagen (Kleinkläranlagen) verfügen nicht über den hohen technischen Standard einer zentralen (kommunalen) Kläranlage. Der Anschlussgrad an die öffentliche Ab‐ wasserentsorgung ist daher, soweit technisch, wirtschaftlich und rechtlich vertretbar, weiter zu erhöhen.

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 05

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 06 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 07 Satz 1 und 2 Laut § 50 (1) WHG ist die der Allgemeinheit dienende Wasserversorgung (öffentliche Wasser‐ versorgung) eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die öffentliche Wasserversorgung als Bestand‐ teil der Daseinsvorsorge ist die Aufgabe zuständiger Träger der öffentlichen Wasserversorgung. Der in Satz 2 festgelegte Grundsatz entspricht der Zielsetzung des § 50 (2) WHG. Durch die Fest‐ legung im RROP wird der vom Plangeber angestrebten Vorrangigkeit der Nutzung z. B. gegen‐ über Feldberegnung Ausdruck verleihen.

Begründung zu Ziffer 07 Satz 3 Die als Vorranggebiet Wasserwerk gesicherten Wasserwerke im Landkreis Grafschaft Bentheim liegen jeweils innerhalb von Vorranggebieten Trinkwassergewinnung. Diese Anlagen dienen der Sicherung und Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser‐ und Brauchwasser und sind daher aus Gründen der Daseinsvorsorge langfristig zu sichern.

85

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 07 Satz 4 und 5 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 07 Satz 2 u. 3

Begründung zu Ziffer 08 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 08 Satz 1 u. 2

Begründung zu Ziffer 08 Satz 3 Bei den intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen ist es in den sommerlichen Trockenzeiten oft erforderlich, Beregnungsmaßnahmen auf den Ackerstandorten durchzuführen. Leistungs‐ starke Pumpen und Geräte können dabei zu erheblichen Eingriffen in den Grundwasserhaushalt führen. In den Genehmigungsverfahren für die Beregnung ist deshalb darauf zu achten, dass die Grundwasserentnahme geringer ist als die jeweilige Grundwasserneubildungsrate.

Begründung zu Ziffer 09 Sätze 1 bis 3 Die Sicherung einer nachhaltigen qualitativ einwandfreien Trinkwasserversorgung ist eine we‐ sentliche Aufgabe der kommunalen Daseinsvorsorge. In Niedersachsen werden rund 86 % des Trinkwassers aus dem Grundwasser gewonnen. In der Grafschaft Bentheim wird Trinkwasser zu 100 % aus dem Grundwasser entnommen, weshalb dem Schutz des Grundwassers ein besonde‐ rer Stellenwert einzuräumen ist. Das Grundwasser ist kein abgeschlossenes System, sondern steht über den Boden und versi‐ ckerndes Niederschlagswasser mit der Erdoberfläche in Verbindung. Stoffe, die dort freigesetzt werden, können daher langfristig auch in das Grundwasser gelangen. Das gilt nicht nur für na‐ türliche Verbindungen, sondern auch für vom Menschen ausgebrachte Schadstoffe. Der Schutz des Grundwassers beginnt daher an der Erdoberfläche. Grundlage für die Festlegung der Vorranggebiete Trinkwassergewinnung sind die derzeit be‐ kannten, auf hydrogeologischen Gutachten basierenden Abgrenzungen von Einzugsgebieten von Grundwasservorkommen, die entweder zu Trinkwasserzwecken genutzt werden oder die als Gebiete zur Trinkwassergewinnung geeignet und nachhaltig zu sichern sind. Die wasserrechtlich durch festgesetzte Wasserschutzgebiete geschützten Einzugsgebiete sind als Vorranggebiete Trinkwassergewinnung festgelegt, obwohl diese bereits durch den gesetzli‐ chen Schutzstatus als Wasserschutzgebiet nachhaltige Sicherung erfahren. Die Festlegung als Vorranggebiet Trinkwassergewinnung dient hier in erster Linie der vollständigen Darstellung der Gebiete im Landkreis, die langfristig gegenüber entgegenstehenden Maßnahmen und Pla‐ nungen mit dem Ziel des Trinkwasserschutzes gesichert werden sollen. Heilquellenschutzgebie‐ te sind im Landkreis Grafschaft Bentheim nicht vorhanden (die bestehende Heilquelle der Bentheimer Mineraltherme in Bad Bentheim verfügt über kein entsprechendes Schutzgebiet).

Begründung zu Ziffer 10 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 10 Satz 1

86

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 11 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 11 Satz 1

Begründung zu Ziffer 11 Satz 2 bis 4 Der in Satz 2 festgelegte Grundsatz entspricht der Zielsetzung des § 5 (1) und § 6 (1) Ziffer 6 WHG. Nach § 5 (1) WHG ist jede Person verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt an‐ zuwenden, um u.a. eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden, die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushalts zu erhalten und eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden. In § 6 (1) Ziffer 6 WHG ist als eines der vorrangigen Ziele der nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung vorgegeben, dass an oberirdischen Gewässern so weit wie möglich natürliche und schadlose Abflussverhältnisse zu gewährleisten sind und insbeson‐ dere durch Rückhaltung des Wassers in der Fläche der Entstehung von nachteiligen Hochwas‐ serfolgen vorzubeugen ist.

Begründung zu Ziffer 12 Satz 1 Bei den in der zeichnerischen Darstellung räumlich festgelegten Vorranggebieten Hochwasser‐ schutz handelt es sich um Überschwemmungsgebiete die nach § 76 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 WHG sowie nach § 115 Abs. 2 des Niedersächsischen Wassergesetzes einzuordnen sind. Die Festlegungen der Vorranggebiete Hochwasserschutz sind in der zeichnerischen Darstellung maßstabsbedingt nicht parzellenscharf festgelegt. Die parzellenscharfen Darstellungen im Maß‐ stab 1:5.000 sind bei der Unteren Wasserbehörde des Landkreises Grafschaft Bentheim erhält‐ lich. Die Überlagerung besiedelter Gebiete mit Vorrangfestlegungen in der zeichnerischen Darstel‐ lung hat ausschließlich kartografische Gründe.

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

87

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Legende

Vorranggebiet Hochwasserschutz

Landkreisgrenze

Abbildung 40: Vorranggebiete Hochwasserschutz (Quelle: Landkreis Grafschaft Bentheim, 2019)

88

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 12 Satz 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 3.2.4 Ziffer 12 Satz 2

Begründung zu Ziffer 13 Um die Hochwasservorsorge weiter zu verbessern, werden für Hochwasserereignisse mit nied‐ riger Wahrscheinlichkeit (Extremereignisse) Vorbehaltsgebiete Hochwasserschutz festgelegt. Dafür wird ein Wiederkehrintervall von 200 Jahren gewählt, da diese Ereignisse ebenso in der Fachplanung des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten‐ und Natur‐ schutz (NLWKN) bei der Erstellung der Hochwasserschutzpläne zu Grunde gelegt werden. Für die Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete werden die Daten der Fachplanung genutzt, die für das Plangebiet in Form der Hochwasserrisikomanagementpläne zur Verfügung stehen. Detail‐ lierte Informationen zu Hochwassergefahren und Risikokarten für die im Plangebiet verlaufen‐ den Flüsse Vechte und Dinkel sind unter der Homepage http://www.umweltkarten‐ niedersachsen.de abrufbar.

Die folgende Abbildung stellt die Vorbehaltsgebietskulisse überblicksartig dar:

89

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Legende

Vorbehaltsgebiet Hochwasserschutz

Landkreisgrenze

Abbildung 41:

Vorbehaltsgebiete Hochwasserschutz

(Quelle: Landkreis Grafschaft Bentheim, 2019)

90

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 14 Die Bentheimer Mineraltherme ist ein staatlich anerkanntes Thermalsole‐ und Schwefelheilbad mit einer überregionalen Bedeutung für den Kur‐ und Heilbetrieb. Sie befindet sich auf dem Gelände der Fachklinik Bad Bentheim und wird dort zu medizinischen und therapeutischen Zwecken genutzt. In Bad Bentheim wird diese Heilquelle seit rund 300 Jahren zur Kur‐ und Heil‐ behandlungen genutzt. Sie hat eine wichtige ökonomische Bedeutung für die Entwicklung des Kurorts Bad Bentheim.

91

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

4. Ziele und Grundsätze zur Entwicklung der technischen Infrastruktur und der 4 raumstrukturellen Standortpotenziale

4.1 Mobilität, Verkehr, Logistik

4.1.1 Entwicklung der technischen Infrastruktur, Logistik

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.1 Ziffer 01 Satz 1 bis 3

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.1 Ziffer 02 Satz 1 und 2

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 und 4 Der Verkehrsträgerwechsel zur Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene soll durch eine vorausschauende Bauleitplanung bei der Entwicklung von Gewerbegebieten oder durch den infrastrukturellen Anschluss bestehender Gewerbegebiete unterstützt werden.

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 und 2 Die Logistikbranche ist ein bedeutender Faktor für die wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis Grafschaft Bentheim. Nicht zuletzt aufgrund der strategischen Lage im Hinterland der großen Überseehäfen Rotterdam und Antwerpen wird die Wettbewerbsfähigkeit des Landkreises und der Region auch durch die Kompetenz der Logistikwirtschaft bestimmt. Der Ausbau der Logisti‐ schen Kompetenz sowie der entsprechenden Standortvoraussetzungen ist insbesondere auf‐ grund der Globalisierung und weltweiten Vernetzung lokaler Unternehmen erforderlich, um die regionalen Wertschöpfungseffekte für eine nachhaltige Regionalentwicklung nutzen zu können.

4.1.2 Schienenverkehr, öffentlicher Personennahverkehr, Fahrradverkehr

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Der Schienenverkehr eignet sich insbesondere für die umweltfreundliche und gesamtgesell‐ schaftlich effiziente Abwicklung großer Güter‐ und Verkehrsmengen. Sein Anteil an der Bewäl‐ tigung des Verkehrsaufkommens soll erhöht werden. Dazu sind Angebotsverbesserungen und der Ausbau des Schienennetzes erforderlich.

92

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 und 3 Die in der Zeichnerischen Darstellung festgelegte Haupteisenbahnstrecke (elektrischer Betrieb) ist Teil des europäischen Schienennetzes und Hochgeschwindigkeitsnetzes. Sie stellt die wich‐ tigste Schienenstrecke im Landkreis Grafschaft Bentheim dar. Der Erhalt und der Ausbau der Strecke dienen der Abwicklung des schienengebundenen Personenverkehrs in die Oberzentren Osnabrück und Hengelo/Enschede (NL) sowie der Abwicklung des überregionalen Personen‐ und Güterverkehrs. Mit der Sicherung dieser Strecke übernimmt der Landkreis Grafschaft Bentheim Aufgaben zur Sicherung des bundesweiten und europäischen Hochgeschwindigkeits‐ Schienenverkehrs.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 4 und 5 Die Schienenstrecke der Bentheimer Eisenbahn AG ist die maßgebliche eisenbahntechnische Erschließung der Grafschaft Bentheim. Sie durchquert das Landkreisgebiet auf einer zentralen Nord‐Süd‐Achse. Diese Schienenstrecke ist für den Güter‐ und Personenverkehr zu sichern und bedarfsgerecht auszubauen.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 6 und 7 Für die umweltfreundliche Abwicklung großer Gütermengen eignet sich insbesondere der Schienenverkehr. Daher sind Anschlussgleise für Gewerbegebiete ein wichtiges Infrastruktur‐ element, welches die Voraussetzung für die Verlagerung von Gütern von der Straße auf die Schiene vor Ort schafft. Angebotsverbesserungen und der Ausbau des Schienennetzes im Landkreis Grafschaft Bentheim sind erforderlich, wenn der Verkehrsträger Schiene eine attraktive Alternative zum motorisierten Individualverkehr werden soll.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 Jahrzehntelang waren große Teile des Landkreises Grafschaft Bentheim durch den schienenge‐ bundenen Personennahverkehr nicht erschlossen. Machbarkeitsstudien haben gezeigt, dass eine Reaktivierung des Schienenpersonennahverkehrs auf der Schieneninfrastruktur der Bentheimer Eisenbahn AG betriebswirtschaftlich umsetzbar ist. Nach erheblichen Anstrengun‐ gen und Vorleistungen seitens der Kommunen und regionalen Akteure in der Grafschaft Bentheim (u.a. Schließung bzw. Umrüstung nicht technisch gesicherter Bahnübergänge, Ertüch‐ tigung von Bahnhofgebäuden und –vorplätzen, Verbesserung der Vertaktung von straßenge‐ bundenem öffentlichen Personennahverkehr und Bahnbetrieb) konnte mit finanzieller Hilfe des Landes Niedersachsen der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zwischen Neuenhaus und Bad Bentheim im Juli 2018 erfolgreich reaktiviert werden. Durch weitere Maßnahmen zur Steige‐ rung der Attraktivität (z.B. Verbundticket‐System) soll darauf hingewirkt werden, dass die Kun‐ dennachfrage und damit die Auslastung des reaktivierten Schienenpersonennahverkehrs nach‐ haltig gestärkt wird. Langfristig ist die Weiterführung des SPNV bis nach Emlichheim und ins niederländische Emmen anzustreben.

93

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 und 4 Der Bahnhof Bad Bentheim ist der einzige Anschluss der Grafschaft Bentheim an den nationalen und internationalen Bahnfernverkehr. Er wird daher auch zukünftig als IC‐Systemhalt dringend benötigt und ist dementsprechend als solcher zu sichern. Zur Sicherung der Region Grafschaft Bentheim als attraktiver Wirtschafts‐, Wohn‐ und Tourismusstandort ist einem Wegfall oder einer Verringerung der IC‐Bedienung am Bahnhof Bad Bentheim entgegenzuwirken.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 5 und 6 Den Bahnhöfen Nordhorn, Nordhorn‐Blanke, Quendorf, Schüttorf, Neuenhaus und Neuenhaus‐ Süd kommt zur Binnenerschließung der Grafschaft Bentheim per Schienenverkehr eine wichtige Rolle zu. Den Bahnhöfen Nordhorn, Schüttorf und Neuenhaus kommt dabei die wichtige Funk‐ tion als Schnittstelle zum straßengebundenen öffentlichen Nahverkehr zu.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 07 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.2 Ziffer 02 Satz 1

Begründung zu Ziffer 03 Satz 1 bis 4 Ein wichtiges Ziel der regionalen Raumordnung ist die Sicherstellung einer städtebaulich und verkehrlich verträglichen Mobilität, zu der unter anderem die Verlagerung von Verkehren vom motorisiertem Individualverkehr (MIV) auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und den Radverkehr zählt. Während der Radverkehr in der Grafschaft Bentheim bereits einen sehr hohen Stellenwert besitzt, bieten der schienengebundene Nahverkehr und dessen Vernetzung mit dem straßengebundenen ÖPNV noch Ausbaupotenziale. Nordhorn ist als Mittelzentrum mit oberzentralen Teilfunktionen klassifiziert. Die umliegenden Mittelzentren sind Lingen, Meppen, Gronau, Ochtrup und Rheine. Die weiteren Gemeinden im Landkreis sind als Grundzentren klassifiziert. Das ÖPNV‐Netz ist auf das System der zentralen Orte auszurichten. Anzustreben ist ein System von Haupt‐ und Ergänzungslinien, das den räum‐ lichen Verflechtungen im Landkreis Rechnung trägt und die einzelnen Teilräume der raumwirt‐ schaftlichen Struktur entsprechend verbindet und vernetzt. Hierzu zählen ebenfalls eine gute ÖPNV‐Erreichbarkeit der zentralen Versorgungsbereiche in den Kommunen sowie die Einbin‐ dung von Standorte des großflächigen Einzelhandels und der Sport‐ und Freizeiteinrichtungen in das ÖPNV‐Netz. Der ÖPNV ist zu einer attraktiven Alternative zum Individualverkehr auszugestalten. Die Ver‐ kehrsbedienung und die vorhandene und angestrebte Siedlungsstruktur sind hierauf abzustim‐ men. Die Verkehrsbedienung durch den öffentlichen Verkehr soll vor dem Individualverkehr Vorrang erhalten. MIV und Radverkehr sind überall dort durch geeignete Umsteigeanlagen mit dem ÖPNV zu verknüpfen, wo die Kombination der verschiedenen Verkehrsmittel das gesamte Mobilitätssystem effizienter macht. Dies ist insbesondere an den Bahnstationen sowie an den Haltestellen der Hauptbuslinien der Fall. In den ländlichen Räumen ist der ÖPNV zu sichern, zu verbessern und auszubauen. Eine qualita‐ tiv angemessene Verkehrsbedienung sowie eine bedarfsgerechte Linienführung und Fahrplan‐

94

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

gestaltung sind sicherzustellen; dies gilt auch für die Flächenerschließung dünn besiedelter Teil‐ räume. Ein auf den Schienenverkehr und auf die Siedlungsstruktur ausgerichtetes Bussystem ist vorzuhalten. Im Landkreis Grafschaft Bentheim ist ein ÖPNV‐Angebot zu sichern bzw. zu schaffen, das

 die Grundzentren an das Mittelzentrum Nordhorn anbindet,  die Gemeinden und Ortsteile an die Standorte mit grundzentraler Funktion anbindet,  die Anbindung an die benachbarten Mittelzentren Lingen, Meppen, Gronau, Ochtrup und Rheine sicherstellt,  eine attraktive grenzüberschreitende Verknüpfung des Busverkehrs mit den niederlän‐ dischen Gemeinden gewährleistet,  auch am Wochenende und außerhalb der Hauptverkehrszeiten eine Grundversorgung gewährleistet.

Durch die Ausrichtung des Zubringerverkehrssystems auf die Haltepunkte des SPNV ist dieser zu unterstützen. Innerhalb des Landkreises sind eine möglichst durchgängige Vertaktung der Li‐ nien und ein übersichtliches sowie für SPNV und Bus einheitliches Tarifsystem einzurichten. Mit den Schienenverkehrsangeboten des Nah‐ und Fernverkehrs ist eine bestmögliche Fahrplanab‐ stimmung anzustreben. Die grenzüberschreitenden ÖPNV‐Verbindungen, Fahrplanabstimmun‐ gen und ‐information mit den benachbarten Landkreisen und den niederländischen Regionen sind zu sichern und zu verbessern. Zur Gewährleistung einer Mindestbedienung sind für verkehrsarme Tageszeiten und an den Wochenenden flexible Bedienungsangebote (z.B. Rufbus, Bürgerbus, Ruftaxi, Anrufsammeltaxi,) vorzusehen bzw. zu sichern. Bei Haltestellen mit einem großen Einzugsraum ist die Einrichtung von Bike‐and‐Ride‐ und Park‐and‐Ride‐Anlagen vorzusehen. Diese sollen zu Mobilitätsstationen mit ergänzenden Serviceangeboten wie Sharing‐Angeboten (Car‐, Bike‐Sharing, WLAN‐Hotspot, E‐Tankstellen etc.) ausgebaut werden. Den spezifischen Mobilitäts‐ und Sicherheitsbedürfnissen der verschiedenen Bevölkerungs‐ gruppen – insbesondere der Kinder, der Frauen, der Behinderten und der älteren Menschen – ist Rechnung zu tragen. Dabei ist auch ein barrierefreier Zugang zum gesamten ÖPNV‐System sicherzustellen. Die Anbindung von Erholungsgebieten sowie Sport‐ und Freizeitanlagen ist durch den ÖPNV zu sichern und nach Möglichkeit zu verbessern. Dabei sind auch vor dem Hintergrund der Touris‐ musförderung insbesondere die Möglichkeiten der Mitnahme von Fahrrädern in den Bussen zu verbessern.

Begründung zu Ziffer 04 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.2 Ziffer 07 Satz 1

95

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 05 Satz 1 und 2 Im Landkreis Grafschaft Bentheim besteht ein ausgedehntes Radwegenetz, welches neben der einheimischen Bevölkerung auch von Touristen genutzt wird. Somit ist das Radwegenetz auch als Rückgrat des Radtourismus in der Grafschaft Bentheim zu verstehen. Das Radwegenetz ist zu sichern und zu erweitern.

Begründung zu Ziffer 06 Satz 1 bis 3 Eine Integration der Stationen und Haltestellen des ÖPNV in das Radwegenetz ist sowohl für die Attraktivität des öffentlichen Personennahverkehrs als auch für die Sicherheit der Bevölkerung notwendig. Letzteres gilt insbesondere für durch PKW stark befahrene Bundes‐ und Landes‐ straßen. An den Haltepunkten des Schienenpersonennahverkehrs und den zentralen, gut fre‐ quentierten Bushaltestellen sollen sichere, überdachte Fahrradabstellanlagen errichtet werden.

4.1.3 Straßenverkehr

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 und 2 Autobahnen tragen die Hauptlast des überregionalen, bundes‐ und europaweiten straßenge‐ bundenen Personen‐ und Güterverkehrs. Ziel ist es, die bundes‐ und europaweiten straßenge‐ bundenen Verkehre auf die Bundesautobahnen zu lenken. Die Bundesautobahnen A 30 und A 31 verlaufen innerhalb des Planungsraumes und stellen für den Landkreis Grafschaft Bentheim die wichtigsten Anschlüsse an das Bundesautobahnnetz und damit an das überregionale Ver‐ kehrsnetz dar.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.3 Ziffer 02 Satz 1

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Die als Vorranggebiete Hauptverkehrsstraßen festgelegten Straßen im Planungsraum sind über‐ regional bedeutsame Straßenverbindungen und übernehmen eine wichtige Ergänzungsfunktion zu den Bundesautobahnen. Deren Sicherung gewährleistet den Anschluss des Landkreises an das Bundesfernstraßennetz.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 3 Die als Vorranggebiete Straße von regionaler Bedeutung festgelegten Straßen im Planungsraum übernehmen eine wichtige Zubringerfunktion zu den überregional bedeutsamen Hauptver‐ kehrsstraßen. Den Vorranggebieten Straße von regionaler Bedeutung kommt ferner die Funkti‐ on der verkehrlichen Binnenerschließung des Landkreises zu.

96

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 4 und 5 Die Ortsumgehungsplanung in Emlichheim (Südumgehung, B 403) wurde in den Bundesver‐ kehrswegeplan 2030 aufgenommen und ist möglichst zeitnah zu realisieren. Hinsichtlich der Straßenbaumaßnahmen in Emlichheim wurde ein Raumordnungsverfahren zur Ermittlung der raum‐ und umweltverträglichsten Trassenführung durchgeführt, welches im Jahr 2013 mit der Landesplanerischen Feststellung abgeschlossen wurde. Der hierin festgelegte raumordnerische Vorzugskorridor wurde anschließend von der Samtgemeinde Emlichheim im Flächennutzungs‐ plan verbindlich dargestellt und ist Grundlage der in der Zeichnerischen Darstellung des RROP festgelegten Linienführung. Mit dem in der Zeichnerischen Darstellung in Emlichheim festgeleg‐ ten Vorranggebiet Hauptverkehrsstraße soll die ermittelte raum‐ und umweltverträglichste Linienführung vor entgegenstehenden Nutzungen langfristig gesichert werden.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 6 Die Ortsumgehungsplanung in Lohne (B 213) wurde in den Bundesverkehrswegeplan 2030 auf‐ genommen und ist möglichst zeitnah planerisch weiter zu konkretisieren. Die Ortsdurchfahrt der Bundesstraße 231 führt im Bereich Lohne (Ortsteil der Gemeinde Wietmarschen) zu erheb‐ lichen Verkehrsbelastungen. In einigen Abschnitten der Ortsdurchfahrt wurden sowohl ver‐ mehrt Unfälle mit Personenschaden, als auch Unfälle beim Überschreiten der Fahrbahn festge‐ stellt. Bedingt durch Halte an plangleichen Knotenpunkten ist die mittlere Reisegeschwindigkeit in einigen Abschnitten der bestehenden Ortsdurchfahrt gering. Es wurden nennenswerte Män‐ gel im Straßenumfeld durch einen erhöhten Grad an Lärm‐ und Abgasimmissionen festgestellt. Das Vorhaben Ortsumgehung Lohne ist aufgrund des hohen volkswirtschaftlichen Kosten‐ Nutzen‐Verhältnisses im Bundesverkehrswegeplan 2030 in den vordringlichen Bedarf eingestuft worden (Bundesverkehrswegeplan 2030 ‐ Projekt B213‐G20‐NI: B 213‐Verlegung bei Lohne). Es wurde noch keine abschließende, konkretisierte Linienführung in Fachverfahren festgelegt. Die in der Zeichnerischen Darstellung des RROP festgelegte Linienführung ist daher nicht als letzt‐ verbindlich zu verstehen. Die tatsächliche Linienführung ist in nachfolgenden Planverfahren näher festzulegen.

4.1.4 Luftverkehr

Begründung zu Ziffer 01 Sätze 1 bis 3 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.1.5 Ziffer 01 Satz 1 bis 3.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 bis 2 Der Flugplatz Nordhorn‐Lingen ist ein Verkehrslandeplatz in Klausheide zwischen den Städten Nordhorn und Lingen in unmittelbarer Nähe des Industriegebietes Klausheide‐Ost und am Ems‐ Vechte‐Kanal. Auf dem Flugplatz landen und starten Segelflieger, Geschäftsreisende und Pri‐

97

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

vatpiloten. Zwei Flugschulen für Motorflug, zwei Segelflugvereine, eine Fallschirmspringer‐ Gruppe, drei Unternehmen und die größte flugfähige Flugzeug‐Oldtimergruppe Europas sowie ca. 90 Flugzeuge (Segel‐ und Motorflugzeuge, Hubschrauber) sind hier beheimatet.

4.2 Energie

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziffer 01

Begründung zu Ziffer 01 Satz 3 und 4 Der Ausbau einheimischer fossiler Energieträger konzentriert sich im Landkreis Grafschaft Bentheim im Wesentlichen auf die Erdöl‐ und Erdgasgewinnung. Die Berücksichtigung der regi‐ onalen Gegebenheiten erfordert für neue Bohrvorhaben die Prüfung der Raum‐ und Umwelt‐ verträglichkeit insbesondere im Hinblick auf den Grundwasserschutz. Dies ist insbesondere bei Vorhaben zu beachten, bei denen die Förderung mit technischen Verfahren zusätzlich stimu‐ liert wird, wie dies z. B. bei der Hydraulic Fracturing Technologie der Fall ist. Auf die Festlegun‐ gen in Kap. 4.2.3 und der entsprechenden Begründung wird verwiesen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energieträger sind ebenfalls die regionalen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Neben den planungsrechtlichen Instrumenten zur Steuerung der regenerati‐ ven Energieerzeugung sind insbesondere beim weiteren Ausbau der Biogasnutzung die regiona‐ len Gegebenheiten zu beachten. Das Energiekonzept des Landes Niedersachsen legt einen ein‐ deutigen Schwerpunkt der niedersächsischen Landwirtschaft auf die Nahrungs‐ und Futtermit‐ telerzeugung. Die Raum‐ und Umweltverträglichkeit von raumbedeutsamen Anlagen gemäß Ziffer 01 Satz 3 ist im Einzelfall zu beurteilen.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 5 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziffer 01 Satz 4

Begründung zu Ziffer 02 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziffer 02

98

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

4.2.1 Windenergie

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2.1 Ziffer 04 Satz 1

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 bis 5 Als kostengünstige, etablierte und klimafreundliche Technologie kommt der Windenergie eine Schlüsselrolle zu beim Umbau der Energieversorgung hin zur schwerpunktmäßigen Nutzung von erneuerbaren Energiequellen. Im bundesweiten Ländervergleich ist das Land Niedersachsen bereits heute Spitzenreiter bei der installierten Windenergieleistung an Land (Onshore). Von ca. 8 GW Ende 2014 soll die Leistung bis 2050 auf 20 GW gesteigert werden. Neben dem Repowering hält die Landesregierung auch eine weitere Flächeninanspruchnahme für erforder‐ lich. Im Landesraumordnungsprogramm (LROP) werden die landesplanerischen Vorgaben zum Aus‐ bau der Windenergie konkretisiert. Danach sollen die Träger der Regionalplanung darauf hin‐ wirken, dass die Windenergie unter Berücksichtigung der regionalen Gegebenheiten raumver‐ träglich ausgebaut wird. Gemäß LROP Kap. 4.2 Ziffer 04 Satz 1 sind für die Nutzung der Wind‐ energie geeignete raumbedeutsame Standorte zu sichern und unter Berücksichtigung der Repowering‐Möglichkeiten in den Regionalen Raumordnungsprogrammen (RROP) als Vorrang‐ gebiete oder als Eignungsgebiete Windenergienutzung festzulegen. Damit will das Land Flächen für die Nutzung der Windenergie in den niedersächsischen Planungsregionen nachhaltig si‐ chern. Das bisherige RROP umfasst keine raumordnerischen Festlegungen zur Windenergienutzung in der Grafschaft Bentheim. Die Windenergienutzung wird jedoch seit Mitte der 1990er Jahre in den Flächennutzungsplänen der kreisangehörigen Kommunen mit Ausschlusswirkung gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 BauGB gesteuert. Es liegt in der Grafschaft Bentheim somit eine funktionieren‐ de flächendeckende Steuerung der Windenergienutzung über die kommunale Bauleitplanung vor. Ein Bedarf für eine regionalplanerische Steuerung dieser Raumnutzung im RROP besteht somit derzeit nicht. Zur Erfüllung der landesplanerischen Vorgaben des LROP 2017 ist jedoch eine qualifizierte planerische Auseinandersetzung mit der zukünftigen Windenergienutzung im Landkreis Grafschaft Bentheim auf der Grundlage einer eigenständigen regionalplanerischen Konzeption erforderlich. Dies kann gemäß LROP Kapitel 4.2 Ziffer 04 durch die Ausweisung von Eignungsgebieten oder Vorranggebieten für Windenergienutzung geschehen. Um den Gestaltungsspielraum der kreisangehörigen Kommunen zu erhalten und somit die be‐ währte Praxis in der Grafschaft Bentheim im Umgang mit der Windenergienutzung aufrechtzu‐ erhalten, hat sich der Landkreis Grafschaft Bentheim gegen die Ausweisung von Eignungsgebie‐ ten oder Vorranggebieten mit Ausschlusswirkung und stattdessen für die Ausweisung von Vor‐ ranggebieten für Windenergienutzung ohne Ausschlusswirkung entschieden. Damit ist die Bin‐ dungswirkung der Vorranggebiete ausschließlich nach innen gerichtet, das heißt, andere raum‐ bedeutsame Planungen und Vorhaben in den dargestellten Vorranggebieten, die mit dem Bau und Betrieb von Windenergieanlagen nicht vereinbar sind, sind ausgeschlossen.

99

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Das Potenzial der zur Nutzung der Windenergie geeigneten Flächen im Landkreis Grafschaft Bentheim ist im Vergleich zur Situation Mitte der 1990er Jahre weitgehend ausgeschöpft. Künf‐ tig wird nicht die Erschließung neuer Flächen im Vordergrund stehen, sondern die effektive Nutzung planerisch abgestimmter Flächen durch Repowering‐Maßnahmen. Der unter techno‐ logischen, klimatischen und umweltschonenden Aspekten sinnvolle Einsatz von Anlagen neues‐ ter Bauart sollte dabei nicht durch Höhenbegrenzungen verhindert werden. Daher sind in den Vorranggebieten Windenergienutzung keine Höhenbegrenzungen festgelegt. Ziele des Steuerungskonzeptes:

 Innerhalb der angedachten Konzeption soll mit der Steuerung der Windenergie über die Ziele und Grundsätze der Raumordnung ein möglichst hohes Maß an Raum‐ und Um‐ weltverträglichkeit beim Ausbau der Windenergie erreicht werden.  Es soll ein möglichst großer Konsens mit den kreisangehörigen Kommunen erreicht wer‐ den. Die bewährte Praxis in der Grafschaft Bentheim im Umgang mit der Windenergie‐ nutzung soll erhalten bleiben. Das heißt der Gestaltungsspielraum der Kommunen soll möglichst wenig eingeschränkt werden.  Mit der Ausweisung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung im RROP ist keine Ausschlusswirkung an anderer Stelle verbunden. Die Ausweisung von Vorranggebieten im RROP soll auf die raumbedeutsamen Flächen beschränkt werden, in denen mindes‐ tens die Realisierung von 5 Windenergieanlagen der aktuellen Anlagengeneration (Leis‐ tung 2,5 bis 3 MW, Nabenhöhe 150 m, Rotordurchmesser 100 bis 120 m) möglich ist (der Abstand bemisst sich von der Mastfußmitte).  Für den weiteren Ausbau der Windenergie soll ausreichend Raum verbleiben.  Mit dem Steuerungskonzept sollen regionale Besonderheiten und Nutzungsrestriktionen beim Ausbau der Windenergie in der Grafschaft Bentheim Berücksichtigung finden.

Im Landkreis Grafschaft Bentheim sind mit Stand 31.12.2019 rund 160 MW Nennleistung durch Windenergieanlagen (WEA) installiert. Durch die bereits erreichte hohe Flächenreservierung für Windenergienutzung (ca. 843 ha in Flächennutzungsplänen dargestellte Sondergebiete für Windenergienutzung; entspricht 0,9 % der Landkreisfläche) und eine hohe Präsenz von WEA in der Landschaft des Landkreises (über 90 WEA in 11 Windparks) wird es beim weiteren Ausbau der regenerativen Energien aus Windkraft darauf ankommen, die verbleibenden, geeigneten Konzentrationsflächen durch die Errichtung möglichst großer leistungsstarker Anlagen effizient zu nutzen. Die im RROP festgelegten Vorranggebiete Windenergienutzung weisen eine Flächengröße auf, die eine wirtschaftliche Konfiguration von mindestens fünf modernen WEA (Gesamthöhe von ca. 200 m) innerhalb eines Windparks ermöglichen. Das RROP will damit nur die Standorte nachhaltig sichern, die eine entsprechende Größe aufweisen und daher eine entsprechende Konzentrationswirkung entfalten (raumbedeutsame Windparks). Weitere ‐ auch kleinere ‐ Kon‐ zentrationszonen können darüber hinaus über die Darstellungen in Flächennutzungsplänen der Städte und Gemeinden gesichert werden, da mit der Festlegung der Vorranggebiete im RROP keine Ausschlusswirkung verbunden ist.

100

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Beim Repowering ist in der Regel davon auszugehen, dass das Ersetzen von Altanlagen durch neue, größere WEA auf einer gleichbleibend großen Fläche eine Verringerung der Anzahl der WEA bewirken wird. Bei einer Flächengröße, die geeignet ist, heute mindestens fünf moderne WEA aufzunehmen, ist nach heutigem Ermessen davon auszugehen, dass ein solches Vorrang‐ gebiet auch nach einem Repowering eine Konzentrationswirkung erzielen kann, und groß genug ist, damit die Repoweringanlagen einen Windpark bilden.

In Übereinstimmung mit den landesplanerischen Vorgaben des LROP werden im RROP nur die raumbedeutsamen Windparks als Vorranggebiet Windenergie festgelegt. Zur Erhöhung des Planverständnisses werden im RROP des Landkreises aber sämtliche rechtskräftig beschlosse‐ nen Sondergebiete für Windenergienutzung aus den Flächennutzungsplänen der kreisangehöri‐ gen Kommunen dargestellt. Dies erfolgt aus Gründen der Differenzierung mit einer gesonder‐ ten Signatur („Bauleitplanerisch gesicherter Bereich: Sondergebiete Windenergienutzung“), welche die Vorgaben des Planzeichenkatalogs des Niedersächsischen Landkreistags (Planzei‐ chen 15.15) berücksichtigt. Den entsprechend dargestellten Sondergebieten Windenergienut‐ zung erwachsen im Vergleich mit den Vorranggebieten Windenergienutzung keinerlei Nachteile in Bezug auf die Flächenausnutzung, den Bestandsschutz oder die Möglichkeit des Repowerings.

Windenergiesteuerungskonzept:

Das RROP gibt einen Planungsrahmen vor, der sowohl in der nachfolgenden Bauleitplanung (Darstellung von Sondergebietsflächen für Windenergienutzung im Flächennutzungsplan) als auch im Genehmigungsverfahren (Genehmigung privilegierter Anlagen gemäß § 35 BauGB) eine Bindungswirkung entfaltet. Durch die Festlegungen des RROP ergeben sich Tabuzonen für die Errichtung von WEA die aufgrund ihrer raumordnerischen Festlegung als Ziel oder als Grundsatz eine differenzierte Bindungswirkung entfalten. Es verbleiben nach Abzug der Tabuzonen noch viele Potenzialräume („Weißflächen“), die keiner raumordnerischen Bindungswirkung unterlie‐ gen, so dass die Festlegung der Tabuzonen im RROP nicht zu einer Verhinderungsplanung führt. Auf Ebene der Bauleitplanung bedürfen diese Potenzialräume einer detaillierten Eignungsana‐ lyse und Abwägung. Alle Städte und Gemeinden im Landkreis Grafschaft Bentheim haben zur Zeit der Aufstellung des RROP in ihren Flächennutzungsplänen Sondergebiete als Konzentrationszonen dargestellt die gem. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zu einem Ausschluss von WEA an anderer Stelle führen. Die Festlegung der Vorranggebiete Windenergie in der zeichnerischen Darstellung des RROP be‐ rücksichtigt die in den Städten und Gemeinden in die Bauleitplanung eingeflossenen „gesamt‐ räumlichen, schlüssigen Planungskonzepte“ und die daraus resultierenden Sondergebiete für Windenergie, sofern diese den Tabuzonen des RROP nicht entgegenstehen und sofern diese die oben definierten Flächengrößen (mindestens 5 WEA) erreichen. Das RROP kommt zu keinen eigenen Festlegungen von Vorranggebieten, die über die Darstel‐ lungen in den FNP hinausgehen. Eine Ausschlusswirkung an anderer Stelle ist mit der Festle‐ gung von Vorranggebieten Windenergienutzung in der zeichnerischen Darstellung des RROP nicht verbunden. Die Städte und Gemeinden können somit auf Basis entsprechender städte‐ baulicher Konzeptionen und unter Beachtung bzw. Berücksichtigung der Bindungswirkung des RROP durch Änderungen ihrer Flächennutzungspläne weitere Konzentrationszonen darstellen.

101

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Eine Anpassung der Flächennutzungspläne ist nicht erforderlich, da durch die bestehenden Ausweisungen keine Ziele der Raumordnung berührt werden. Die Gemeinden können bei ihrer zukünftigen Konzentrationszonenplanung zwar über die Vorrangflächen des RROP hinausgehen, sie dürfen jedoch keine Ausschlusswirkung auf Flächen begründen, für die im RROP ein Vorrang für die Windenergie vorgesehen ist. Die im RROP bezüglich Windenergienutzung festgelegten Grundsätze der Raumordnung sollen als sog. weiche Tabukriterien in der kommunalen Bauleit‐ planung berücksichtigt werden. Das RROP legt fünf Vorranggebiete Windenergienutzung mit insgesamt rund 563 ha (entspricht 0,6 % der Landkreisfläche) fest:

Gemeinde Bezeichnung Flächengröße SG Uelsen Wilsum 56,9 ha SG Emlichheim Eschebrügger Wösten 132,0 ha SG Emlichheim Echteler Heide 137,9 ha SG Neuenhaus Schwarzes Venn 40,6 ha Stadt Nordhorn Bimolten 196,0 ha Summe 563,4 ha

Abbildung 42:

Tabellarische Übersicht über die Vorranggebiete Windenergienutzung

(Quelle: Windenergiesteuerungskon zept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020)

Die folgende Abbildung stellt die Vorranggebietskulisse überblicksartig dar:

102

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 43:

Vorranggebiete Windenergienutzung (Quelle: Windenergiesteuerungskonzept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020)

Die folgende Abbildung verdeutlicht die Bewertung der Sondergebiete für Windenergienutzung aus den Flächennutzungsplänen der kreisangehörigen Kommunen anhand der Übereinstim‐ mung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung:

103

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Gemeinde Bezeichnung ha Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen mit Stand der Flä‐ chennutzungspla‐ nung Stadt Bimolten 200 Innerhalb der FNP‐Ausweisungen liegen Waldflächen. Diese sind als Nordhorn Grundsatz der Raumordnung von einer Windenergienutzung freizu‐ halten. 28. FNP‐Änderung in 2016 + 88. FNP‐ Änderung in 2019 Stadt Waldseite 58 Innerhalb der FNP‐Ausweisung liegen Waldflächen. Diese werden als Bad Grundsätze der Raumordnung ausgeschlossen. Die ausgewiesene Fläche im FNP kann keine 5 WEA des heute marktüblichen Typs (2 – 3 Bentheim 30. FNP‐Änderung in 1998 + 74. FNP‐ MW) aufnehmen und wird daher nicht als Vorranggebiet ausgewie‐ Änderung in 2016 sen. Achterberg / 24 Innerhalb der FNP‐Ausweisung liegt die L 42 sowie die Anbauverbots‐ Westenberg zone (20 m beidseitig). Diese werden als Ziele der Raumordnung aus‐ geschlossen. Die ausgewiesene Fläche im FNP kann nicht 5 moderne raumbedeutsame WEA aufnehmen und wird daher nicht als Vorrang‐ 59. FNP‐Änderung in 2014 gebiet ausgewiesen. SG Echteler Heide 146 Die aufgestellten Ziele und Grundsätze der Raumordnung überlagern Emlichheim sich im Kernbereich nicht mit der Ausweisung im FNP. Kleinflächige Anpassungen wurden am Rand der Flächen aufgrund des Abstandes zur Wohnnutzung vorgenommen. Diese beruhen jedoch auf maß‐ 31. FNP‐Änderung in stabsbedingte Ungenauigkeiten in der Übernahme der Abgrenzung 1998 der FNP‐Darstellung. Eschebrügger 135 Die aufgestellten Ziele der Raumordnung überlagern sich im Kernbe‐ Wösten reich nicht mit der Ausweisung im FNP. Innerhalb der FNP‐ Ausweisung liegen kleinere Waldflächen. Diese sind als Grundsatz der Raumordnung von einer Windenergienutzung freizuhalten. Kleinflä‐

chige Anpassungen wurden am Rand der Flächen aufgrund des Ab‐ standes zur Wohnnutzung vorgenommen. Diese beruhen jedoch auf 31. FNP‐Änderung in maßstabsbedingte Ungenauigkeiten in der Übernahme der Abgren‐ 1998 zung der FNP‐Darstellung SG Ohne 26 Die aufgestellten Ziele und Grundsätze der Raumordnung überlagern Schüttorf sich im Kernbereich nicht mit der Ausweisung im FNP. Die ausgewie‐ sene Fläche im FNP kann nicht 5 moderne raumbedeutsame WEA 6. FNP‐Änderung in 2000 aufnehmen und wird daher nicht als Vorranggebiet ausgewiesen. und 20 Innerhalb der FNP‐Ausweisung liegen Waldflächen. Diese sind als Quendorf Grundsatz der Raumordnung von einer Windenergienutzung freizu‐ halten. Die ausgewiesene Fläche im FNP kann nicht 5 moderne raum‐ bedeutsame WEA aufnehmen und wird daher nicht als Vorranggebiet 6. FNP‐Änderung in 2001 ausgewiesen.

104

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

SG Schwarzes Venn/Esche 48 Innerhalb der FNP‐Ausweisung liegen Waldflächen die zu‐ Neuenhaus gleich auch als Vorbehaltsgebiet Wald ausgewiesen werden. Diese sind als Grundsatz der Raumordnung von einer Wind‐ 19. FNP‐Änderung in 1998 + Änderung der FNP‐Fassung energienutzung freizuhalten. von 2005 in 2012 Sonderbaufläche 80 Die FNP‐Ausweisung wird großflächig von mehreren Grunds‐ Georgsdorfer Moor ätzen der Raumordnung überlagert: Vorranggebiet Bio‐ topverbund, Vorbehaltsgebiet Natur und Landschaft und Vorranggebiet Rohstoffgewinnung. Diese sind als Grundsatz

der Raumordnung von einer Windenergienutzung freizuhal‐ ten. Die verbliebene Fläche im FNP ohne Überlagerung von Grundsätzen kann nicht 5 moderne raumbedeutsame WEA Änderung der FNP‐Fassung aufnehmen und wird daher nicht als Vorranggebiet ausge‐ von 2005 in 2012 wiesen. Gemeinde Sonderbauflächen für 20 Am westlichen Rand der FNP‐Ausweisung liegt eine Überla‐ Wietmar‐ Windenergieanlagen gerung den Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft vor. schen östlich des Süd‐Nord‐ Diese sind als Grundsatz der Raumordnung von einer Wind‐ Kanals energienutzung freizuhalten. Die ausgewiesene Fläche im FNP kann nicht 5 moderne raumbedeutsame WEA aufneh‐ men und wird daher nicht als Vorranggebiet ausgewiesen. 28. FNP‐Änderung in 2001 SG Sondergebiet Wind‐ 88 Es liegen Überlagerungen der FNP‐Ausweisung mit mehre‐ Uelsen energieanlagen Wil‐ ren Grundsätzen der Raumordnung vor. So sind hier Vorbe‐ sum / Gölenkamp haltsgebiete Natur und Landschaft ausgewiesen sowie Waldflächen vorhanden. Diese sind als Grundsatz der Raumordnung von einer Windenergienutzung freizuhalten. 51. FNP‐Änderung in 1999 + FNP‐Änderung 51.1 in 2003 + 98. FNP‐Änderung in 2009 + 4. FNP‐Änderung nach FNP‐Neuaufstellung Summe 843

Abbildung 44: Bewertung der Sondergebiete für W indenergienutzung aus den Flächennutzungsplänen der kreisangehörigen Kommunen anhand der Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung (Quelle: Windenergiesteuerungskon zept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020)

Anmerkung zu Abbildung 44: Die ha‐Werte sind gerundet. Die tatsächlichen Flächengrößen der im FNP‐dargestellten Flächen können abweichen, da die Abgrenzungen manuell digitalisiert wurden.

Über die Flächennutzungspläne der Städte und Gemeinden sind insgesamt ca. 843 ha Konzent‐ rationszonen bauleitplanerisch gesichert. Das sind 0,9 % der Landkreisfläche. Einen Überblick darüber, inwieweit die seitens der Gemeinden ausgewiesenen Konzentrationszonen mit den Zielen und Grundsätzen der Regionalplanung übereinstimmen, gibt die Abbildung 44.

105

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Durch das „Potenzialraum‐Konzept“ verbleiben zusätzlich über die festgelegten Vor‐ ranggebiete Windenergienutzung (vgl. Abbildung 45) weitere Suchräume mit einer Fläche von insgesamt ca. 9.926 ha (10,1 % der Landkreisfläche) ohne raumordnerische Bindungswirkung.

ha % Ziel der Raumordnung 81.165,31 82,7 Grundsatz der Raumordnung 7.098,72 7,2 Weißfläche (Potenzialraum) 9.926,15 10,1 gesamt 98.190,17 100,0

Abbildung 45: Übersicht über Flächenanteile g emäß „Potenzialraum‐Konzept“ (Quelle: Windenergiesteuerungskon zept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020)

Darüber hinaus unterliegen die als Grundsätze der Raumordnung festgelegten Tabuzonen (ins‐ gesamt ca. 7.100 ha) der Abwägung der Städte und Gemeinden. Insgesamt bleiben im Landkreis Grafschaft Bentheim somit ca. 9.926 ha (10,1 % der Landkreis‐ fläche) Potenzialräume ohne raumordnerische Reglementierungen für die Bauleitplanung oder für Genehmigungsverfahren zum Ausbau der Windenergienutzung. Im Windenergieerlass ist für den Landkreis Grafschaft Bentheim eine Potenzialfläche (Planungs‐ raum abzüglich der harten Tabuzonen, der FFH‐Gebiete und Waldflächen, Industrie‐ und Ge‐ werbegebietsflächen) von ca. 10.270 ha dargestellt. Bei Betrachtung des „7,35‐Prozent‐Ziels“ (mind. 20 Gigawatt Windkraftleistung bis zum Jahr 2050) wird eine Fläche von 755 ha genannt. Dies entspricht einem Anteil von 0,77 % der Gesamtfläche des Landkreises (Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, 2016).

Definition Raumbedeutsamkeit: Zur Frage der Raumbedeutsamkeit ist zu beachten, dass nach der aktuellen Rechtsprechung bereits Einzelanlagen mit einer Gesamthöhe ab 100 m raumbedeutsam sein können (OVG Lü‐ neburg, Entscheidung vom 28.03.2006, AZ: 9 LC 226/03).

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Zur Steuerung der Windenergie werden im RROP flächenbezogene Ziele und Grundsätze festge‐ legt, mit denen der Ausbau der Windenergie auf bestimmten Flächen eingeschränkt wird. Ziele der Raumordnung gelten mit Bezug auf raumrelevante Planungen als endabgewogen und sind für die nachfolgende Ebene der Bauleitplanung sowie für die Zulassung raumbedeutsamer Vor‐ haben im Genehmigungsverfahren (privilegierte Anlagen gemäß § 35 BauGB) beachtlich. Wer‐ den als Ziel der Raumordnung bestimmte Flächen für die Windenergie ausgeschlossen, so ste‐ hen sie auch auf der Ebene der Flächennutzungsplanung für die Ausweisung von Konzentrati‐

106

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

onszonen und für die Zulassung von privilegierten Anlagen gemäß § 35 BauGB nicht zur Verfü‐ gung. Die folgende Abbildung stellt die Ziele der Raumordnung zur Steuerung der Windenergie karto‐ grafisch dar:

Abbildung 46: Ziele der Raumordnung zur Steuerung der Windenergie (Quelle: Windenergiesteuerungskonzept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020) 107

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Im Folgenden werden die festgelegten Ziele der Raumordnung zur Steuerung der Windenergie im Einzelnen begründet:

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 1 (Vorranggebiete Natur und Landschaft) Vorranggebiete Natur und Landschaft laut RROP sind Gebiete, die eine besondere Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege aufweisen und deren Funktion oder Werte mit dem Bau oder dem Betrieb von WEA zerstört oder erheblich beeinträchtigt würden. Daher sind Vorrang‐ gebiete Natur und Landschaft von der Nutzung durch WEA ausgeschlossen. Als Vorranggebiete Natur und Landschaft sind in der zeichnerischen Darstellung Gebiete ent‐ sprechend ihrer naturschutzfachlichen Bedeutung festgelegt. Mit einbezogen wurden folgende Bereiche:

 ausgewiesene Naturschutzgebiete  gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 BNatSchG (flächenhaft)  FFH‐ und Vogelschutzgebiete (Natura 2000‐Gebiete)  als naturschutzwürdig ausgewiesene Bereiche, die die Voraussetzungen für eine Aus‐ weisung als Naturschutzgebiet gem. § 24 BNatSchG erfüllen  Naturdenkmale in Häufung (flächenhaft)  für den Naturschutz wertvolle Bereiche der landesweiten Biotopkartierung  wertvolle Bereiche gemäß niedersächsischem Moorschutzprogramm

Die einzelnen Vorranggebiete Natur und Landschaft und die Begründung für deren Ausweisung können dem Kap. 3.1.2 Ziffer 05 und der dazugehörigen Begründung entnommen werden. Ziel der Festlegung von Vorranggebieten Natur und Landschaft ist der Erhalt und die Sicherung wertvoller Gebiete für den Naturhaushalt, die Tier‐ und Pflanzenwelt sowie das Landschaftsbild und der Aufbau eines landesweiten Biotopverbunds. In Vorranggebieten müssen alle raumbe‐ deutsamen Planungen und Maßnahmen mit der vorrangigen Zweckbestimmung vereinbar sein. Die Errichtung und der Betreib von Windenergieanlagen ist mit diesen Zielen nicht vereinbar.

Begründung für Ausschluss in Naturschutzgebieten Der Ausschluss von Windenergieanlagen in rechtsverbindlich festgesetzten Naturschutzgebie‐ ten ist ein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Die Schutzzwecke der rechtsverbindlich festgesetzten Naturschutzgebiete im Landkreis Graf‐ schaft Bentheim würden durch den Bau und den Betrieb von WEA auf Dauer nicht erreicht werden können. Gem. § 23 Abs. 2 BNatSchG ist der Bau und der Betrieb von WEA in Natur‐ schutzgebieten ausgeschlossen. Naturschutzgebiete stehen somit als öffentlicher Belang gem. § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dem Bau und dem Betrieb von WEA entgegen. Auch die Festlegung als Vorranggebiet Natur und Landschaft im RROP stellt einen öffentlichen Belang im

108

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Sinne des § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dar. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vorrangigen Funktion des Gebietes nicht vereinbar ist.

Begründung für Ausschluss in Biotopen nach § 30 BNatSchG Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Biotopen gem. § 30 BNatSchG ist ein hartes Tabukri‐ terium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Die Schutzzwecke der § 30 Biotope im Landkreis Grafschaft Bentheim sind mit dem Bau und den Betrieb von WEA nicht vereinbar. § 30 Biotope stehen somit als öffentlicher Belang gem. § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dem Bau und dem Betrieb von WEA entgegen. Ebenso ist aufgrund § 30 Abs. 2 BNatSchG der Bau und der Betrieb von WEA in sog. § 30 Biotopen ausge‐ schlossen.

Begründung für Ausschluss in FFH‐ und Vogelschutzgebieten (Natura 2000‐Gebiete) Alle FFH‐ und Vogelschutzgebiete sind in die Kulisse der Vorranggebiete Natura 2000 mit auf‐ genommen worden. Diese Gebiete sind aufgrund ihrer vorrangigen Funktionszuweisung durch die Festlegungen im RROP von der Nutzung durch WEA ausgeschlossen. Die einzelnen Vorrang‐ gebiete Natura 2000 können dem Kap. 3.1.3 Ziffer 02 und der dazugehörigen Begründung ent‐ nommen werden.

Begründung für Ausschluss in als naturschutzwürdig ausgewiesene Bereiche, die die Vorausset‐ zungen für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet gem. § 24 BNatSchG erfüllen Die Schutzzwecke der als naturschutzwürdig ausgewiesenen Bereiche im Landkreis Grafschaft Bentheim sind mit Bau und Betrieb von WEA nicht vereinbar. Naturschutzwürdig ausgewiesene Bereiche, die die Voraussetzungen für eine Ausweisung als Naturschutzgebiet gem. § 24 BNatSchG erfüllen; stehen somit als öffentlicher Belang gem. § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dem Bau und dem Betrieb von WEA entgegen. Auch die Fest‐ legung als Vorranggebiet Natur und Landschaft im RROP stellt einen öffentlichen Belang im Sin‐ ne des § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dar. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vorrangigen Funktion des Gebietes nicht vereinbar ist.

Begründung für Ausschluss von Naturdenkmale in Häufung (flächenhaft) Naturdenkmäler sind rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur oder entspre‐ chende Flächen bis zu fünf Hektar, deren besonderer Schutz aus wissenschaftlichen, naturge‐ schichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit erforderlich ist. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vorrangigen Funktion des Gebietes nicht vereinbar ist.

109

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung für Ausschluss in für den Naturschutz wertvolle Bereiche der landesweiten Biotop‐ kartierung Die für den Naturschutz wertvollen Bereiche, die landesweit erfasst wurden, wurden hinsicht‐ lich ihrer Bedeutung für Naturschutz und Landschaftspflege ausgewertet. Ausgewählte Flächen wurden in die Vorranggebietskulisse mit aufgenommen. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vorrangigen Funktion der Bereiche nicht vereinbar ist.

Begründung für Ausschluss in für den Naturschutz wertvolle Bereiche gemäß niedersächsischem Moorschutzprogramm: Gemäß LROP Ziffer 3.1.1 Nr. 5 Satz 2 sollen Moore dahingehend entwickelt werden, dass sie ihre natürliche Funktion als Kohlenstoffspeicher wahrnehmen können sowie nach Möglichkeit ihren weiteren natürlichen Funktionen im Naturhaushalt, wie Artenschutz, gerecht werden. Ausgewählte Bereiche wurden in die Kulisse der Vorranggebiete Natur und Landschaft mit auf‐ genommen. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nut‐ zung, die mit der vorrangigen Funktion der Bereiche nicht vereinbar ist.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 2 (Landschaftsschutzgebiete) Der generelle Ausschluss von Windenergieanlagen in rechtsverbindlich festgelegten Land‐ schaftsschutzgebieten (LSG) ist kein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtspre‐ chung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Der Landkreis Graf‐ schaft Bentheim schließt Windenergieanlagen in rechtsverbindlich festgelegten LSG als Ziel der Raumordnung aus, da LSGs sich aufgrund ihrer raumordnerischen Zielsetzung mit der Wind‐ energie nicht vereinbaren lassen. In rechtsverbindlich festgesetzten LSG sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern (§ 26 Abs. 2 BNatSchG). Durch die Verordnungen sind insbesondere die Handlungen untersagt, die das Landschaftsbild oder den Naturgenuss beeinträchtigen. Der Bau und der Betrieb von WEA ist darüber hinaus gem. § 35 Satz 3 Nr. 5 BauGB nicht zulässig, „wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (...) beeinträchtigt oder das Orts‐ und Landschaftsbild verunstaltet wird“. Der Bau und der Betrieb von WEA kann ebenso aufgrund § 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG ausgeschlossen werden. Windenergieanlagen sind wegen ihrer Höhe und Dimension sowie aufgrund der Drehbewegung ihrer Rotoren sehr auffällig und können das geschützte Landschaftsbild nachhaltig beeinträchti‐ gen. Diese Beeinträchtigung kann so weit gehen, dass ‐ unter Anwendung der o. g. Maßgaben des Gesetzgebers ‐ eine „Verunstaltung des Landschaftsbildes“ eintreten kann. Eine Verunstaltung im Sinne von § 35 Satz 3 Nr. 5 BauGB setzt voraus, dass die WEA dem Orts‐ oder Landschaftsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen ist und auch von einem für ästhetische Eindrücke offenen Betrachter als belastend empfunden wird. Die durch Windener‐ gieanlagen zweifellos bewirkte Veränderung des Landschaftsbildes kann allein für sich aller‐ dings noch nicht als dessen Verunstaltung gewertet werden. Vielmehr wird auch der für ästhe‐ tische Eindrücke offene Betrachter die Aufstellung von Windenergieanlagen als dem techni‐ schen Fortschritt geschuldet und damit nicht (mehr) grundsätzlich als belastend empfinden.

110

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Daher kann eine Verunstaltung nicht allein daraus abgeleitet werden, dass WEA angesichts ih‐ rer Größe markant in Erscheinung treten. Eine Verunstaltung des Landschaftsbildes ist vielmehr in den Fällen anzunehmen, wenn es sich um eine wegen ihrer Schönheit und Funktion besonders schutzwürdige Umgebung oder um einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild handelt. Ein besonders grober Eingriff kann insbesondere vorliegen, wenn naturschutzfachlich besonders schützenswerte Bereiche, historische Kulturlandschaften und Landschaftsteile mit charakteristischer Eigenart und Bedeu‐ tung für das Landschaftsbild betroffen sind. Der Schutzzweck von Landschaftsschutzgebieten ist der Erhalt des Landschaftsbildes. Daher ist grundsätzlich bei Landschaftsschutzgebieten davon auszugehen, dass der Bau von WEA einen besonders groben Eingriff in das Landschaftsbild darstellt. Im Landkreis Grafschaft Bentheim sind acht Landschaftsschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von ca. 6.500 ha ausgewiesen, das entspricht ca. 6,6 % der Fläche des Landkreises. Die Auswei‐ sungen von Landschaftsschutzgebieten erfolgte im Landkreis räumlich begrenzt zum Schutz ausgewählter schutzwürdiger Bereiche. Bau und Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vor‐ rangigen Funktion der Bereiche nicht vereinbar ist.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 3 (Vorranggebiete Natura 2000) Die Kulisse der Vorranggebiete Natura 2000 umfasst die Abgrenzungen der Vogelschutzgebiete und der FFH‐Gebiete. Die einzelnen Vorranggebiete Natura 2000 können dem Kap. 3.1.3 Ziffer 02 und der dazugehörigen Begründung entnommen werden. Der Ausschluss von Windenergieanlagen in EU Vogelschutzgebieten ist ein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Der Ausschluss von Windenergieanlagen in FFH‐Gebieten ist dagegen kein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Dennoch werden alle Vorranggebiete Natura 2000 als Ziel der Raum‐ ordnung ausgeschlossen. Als harte Tabuzone für WEA sind die EU‐Vogelschutzgebiete festgelegt, da deren Schutz‐ und Erhaltungszweck der Erhalt und Schutz von Brut‐ und Rastvogelarten ist und diese Populationen durch den Bau und den Betrieb von WEA gefährdet würden. Der Landkreis Grafschaft Bentheim schließt Windenergieanlagen daher in Vogelschutzgebieten als Ziel der Raumordnung aus. Die FFH‐Gebiete, die auch Teil der Gebietskulisse Vorranggebiet Natura 2000 sind, wurden hin‐ sichtlich der Empfindlichkeit von Schutzzielen bzw. Status hinsichtlich der Windkraftnutzung als erklärter geschützter Teil von Natur und Landschaft ausgewertet. Im Ergebnis sind die Schutz‐ und Erhaltungsziele aller FFH‐Gebiete nicht mit einer Nutzung der Windenergie vereinbar. Dar‐ über hinaus erfüllen diese Gebiete besondere Funktionen zum Erhalt und zur Sicherung für den Naturhaushalt, der Tier‐ und Pflanzenwelt, der Biodiversität, dem Landschaftsbild und dem Aufbau eines Biotopverbunds. Der Landkreis Grafschaft Bentheim schließt Windenergieanlagen in FFH‐Gebieten daher als Ziel der Raumordnung aus.

111

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

FFH‐ und Vogelschutzgebiete stehen somit als öffentlicher Belang gem. § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dem Bau und dem Betrieb von WEA entgegen. Auch die Festlegung als Vorrang‐ gebiet Natur und Landschaft im RROP stellt einen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Satz 1 sowie Satz 3 Abs. 5 BauGB dar. Der Bau und der Betrieb von WEA ist im Sinne des § 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG eine Nutzung, die mit der vorrangigen Funktion des Gebietes nicht vereinbar ist.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 4 (Vorranggebiete landschaftsbezogene/ infrastrukturbezo‐ gene Erholung) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten landschaftsbezogene/ infrastruk‐ turbezogene Erholung ist kein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Der Landkreis schließt Windenergieanlagen in Vorranggebieten landschaftsbezogene/ infrastrukturbezogene Erholung dennoch als Ziel der Raumordnung aus. Die Gebiete weisen eine besondere Bedeutung für Erholung und Tourismus auf. Die Gebiete eignen sich für eine landschaftsbezogene ruhige Erholung in Natur und Landschaft bzw. (auf‐ grund ihrer natürlichen Ausstattung und ihrer Ausstattung mit touristischer Infrastruktur) für die infrastrukturbezogene Erholung: Sie sind aufgrund ihrer vorrangigen Funktionszuweisung durch die Festlegungen im RROP von der Nutzung durch Windenergieanlagen ausgeschlossen. Mit der Festlegung von Vorranggebieten landschaftsbezogene Erholung will der Landkreis die Erholungsfunktion in diesen Gebieten nicht nur gegenüber entgegenstehenden Nutzungen si‐ chern, sondern will seine touristischen und Naherholungspotenziale explizit in diese Gebiete lenken und dort weiterentwickeln. Beim Ausschluss von Vorranggebieten infrastrukturbezogene Erholung will der Landkreis relativ kleinräumige Standorte mit intensiver touristischer Nutzung oder Standorte mit einem hohen touristischen Landschaftspotenzial von Windenergieanlagen freihalten, um deren Potenziale, die diese Gebiete für einen umwelt‐ und naturverträglichen Tourismus eröffnen, nachhaltig sichern und ausbauen zu können. Im Gegensatz zu Vorbehaltsgebieten landschaftsbezogene Erholung, in denen sich Erholung und Windenergienutzung nicht entgegenstehen müssen, ist dies in Vorranggebieten land‐ schaftsbezogene/ infrastrukturbezogene Erholung anders zu bewerten. In Vorbehaltsgebieten landschaftsbezogene Erholung bleibt es der Abwägung im Rahmen der Bauleitplanung vorbe‐ halten, ob die Erholungsnutzung durch Windenergieanlagen wesentlich beeinträchtigt wird oder nicht. In Vorranggebieten landschaftsbezogene/ infrastrukturbezogene sind sämtliche raumbedeutsamen Vorhaben auf die Funktionszuweisung der Erholungsnutzung abzustimmen. Windenergieanlagen sind in Ihrer Eigenart nicht als touristische Attraktion zu werten bzw. un‐ terstützten nicht die touristische bzw. Naherholungsfunktion. Windenergieanlagen beeinträch‐ tigen die Landschaftsqualität, die ein wesentliches Kriterium für die Festlegung der Vorrangge‐ biete landschaftsbezogene/ infrastrukturbezogene Erholung ist. Windenergieanlagen verursa‐ chen Lärmimmissionen, was dem Erholungszweck entgegensteht. Windanlagen sind technische Bauwerke, die aufgrund ihrer mittlerweile hohen Präsenz in der Landschaft auch nicht mehr für technisch Interessierte eine besondere touristische Attraktivität darstellen.

112

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

In der Abwägung ist dem Landkreis bewusst, dass Windenergieanlagen nicht den Tourismus im Allgemeinen schädigen. Mehrere Studien haben dies mittlerweile belegt. Beim Ausschluss von Vorranggebieten landschaftsbezogene/ infrastrukturbezogene Erholung will der Landkreis je‐ doch relativ kleinräumige Standorte mit intensiver touristischer Nutzung oder Standorte mit einem hohen touristischen Landschaftspotenzial von Windenergieanlagen freihalten, um deren Potenziale, die diese Gebiete für einen umwelt‐ und naturverträglichen Tourismus eröffnen, nachhaltig sichern und ausbauen zu können. Es geht dabei nicht um den großräumigen Aus‐ schluss von Windenergieanlagen mit der Begründung, diese gefährden den Tourismus bzw. die Naherholungsfunktion einer Region insgesamt, sondern um die Sicherung „kleiner Inseln“ für Touristen und/oder Naherholungssuchende.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 5 (Vorranggebiete Rohstoffgewinnung) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten Rohstoffgewinnung ist aufgrund der Festlegungen des Landes‐Raumordnungsprogramms ein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Vorranggebiete Rohstoffgewinnung sichern oberflächennahe und tiefliegende Rohstoffvor‐ kommen, die aufgrund ihrer aktuellen und künftigen Bedeutung als Produktionsfaktor der Wirt‐ schaft und als Lebensgrundlage und wirtschaftliche Ressource zu sichern sind. Die Möglichkeit einer vollständigen Ausbeutung dieser Gebiete darf nicht durch den Bau technischer Anlagen eingeschränkt werden. WEA würden der vorrangigen Funktionszuweisung dieser Gebiete ent‐ gegenstehen. In den Gebieten, in denen das Rohstoffvorkommen bereits endabgebaut ist, ist die Errichtung von WEA möglich, sofern dies im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens Berücksichtigung gefun‐ den hat. Sofern in einem Vorranggebiet Rohstoffgewinnung die Rohstoffgewinnung noch nicht abgeschlossen ist, ist die Windenergienutzung nicht mit diesem Ziel der Raumordnung verein‐ bar.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 6 bis 10 (Vorranggebiete Straße/ Eisenbahn) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten Haupteisenbahnstrecke, sonstige Eisenbahnstrecke, Autobahn, Hauptverkehrsstraße und Straße von regionaler Bedeutung ist ein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Die berücksichtigten Abstandswerte entsprechen den festgelegten Anbauverbotszonen nach dem Bundesfernstraßengesetz (§ 9 FStrG) bzw. dem Niedersächsischen Straßengesetz (§ 24 NStrG). Raumbedeutsame, linienhafte Verkehrsinfrastrukturen bedürfen zum Schutz des darauf abzu‐ wickelnden Verkehrs eines Schutzabstandes, der diesen im Fall eines Umkippens der WEA so‐ wie dem Abfall der Gondel oder eines Rotorblattes sowie vor Eisschlag und Discoeffekt schützt.

113

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 11 (Vorranggebiete Leitungstrasse) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten Leitungstrasse ist ein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11).

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 12 (Vorranggebiet Sperrgebiet) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten Sperrgebiet ist kein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Der Landkreis schließt Windenergieanlagen in Vorranggebieten Sperrgebiet dennoch als Ziel der Raumordnung aus. Der Truppenübungsplatz Nordhorn wird aktiv militärisch genutzt. Der militärische Flugverkehr lässt sich auf dem Gebiet des Truppenübungsplatzes nicht mit der Windenergie vereinbaren. Die Flächen stehen daher grundsätzlich nicht zur Verfügung.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 13 (Vorranggebiete Rohrfernleitung) Der Ausschluss von Windenergieanlagen in Vorranggebieten Rohrfernleitung ist kein hartes Tabukriterium im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11). Der Landkreis schließt Windenergieanlagen in Vorranggebieten Rohr‐ fernleitungen dennoch als Ziel der Raumordnung aus. Raumbedeutsame Rohrfernleitungen mit einem Durchmesser ab 300 mm sind zur Sicherung der flächendeckenden Energieversorgung mit Öl und Gas raumordnerisch zu sichern.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 14 (400 m‐Abstand zwischen Wohngebäuden und raumbe‐ deutsamen Windenergieanlagen) Als harte Tabuzone zu Wohnbebauung im Sinne der aktuellen Rechtsprechung (Urteil des BVerwG vom 13.12.2012 ‐ Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11) kann bei WEA mit einer Gesamthöhe von ca. 200 m ein Abstand von 400 m angenommen werden. Abstände zur Wohnbebauung dienen dem Schutz der Bevölkerung vor störenden bzw. unzu‐ mutbaren Immissionen und vermeiden eine optisch bedrängende Wirkung. Der Landkreis Graf‐ schaft Bentheim verfolgt mit der Festlegung das Ziel, mögliche Nutzungskonflikte zwischen Windenergieanlagen und dem Wohnen zu minimieren. Nach Auffassung des NLT‐Arbeitspapiers „Regionalplanung und Windenergie“ (NLT, 2014) sind dies 400 m. Die Rechtsprechung geht bei einem Abstand von weniger als dem zweifachen der Anlagenhöhe in der Regel von einer bedrängenden Wirkung aus. Bezüglich der Lärmimmissionen sind bei geringeren Abständen von 400 m und den heute marküblichen Anlagen der 2 – 3 MW‐Klasse Grenzwertüberschreitungen der TA Lärm in der Regel nicht auszuschließen. Daher wird der Mindestabstand von 400 m als Ziel der Raumordnung festgelegt. Der im RROP festgelegte Ab‐ stand zwischen Wohnbebauung und der Windenergieanlage bezieht sich immer auf die kürzest mögliche Linie zwischen Wohnhaus und Rotorblattspitze der WEA.

114

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Auf Ebene der Bauleitplanung ist zu berücksichtigen, dass mit dem Ziel einer vorsorgeorientier‐ ten Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen auch größere Abstände festgelegt werden kön‐ nen, jedoch keine geringeren als 400 m. Zu den von WEA ausgehenden, störenden Umweltwirkungen für nachbarschaftliche Wohnbe‐ bauung gehören in erster Linie Schallimmissionen durch den Betrieb der WEA sowie Schatten‐ wurf durch die sich drehenden Rotorblätter bei Sonnenstrahlung. Aber auch der Aspekt der bedrängenden Wirkung von WEA, die zu nah an Wohnbebauung heranreichen, ist zu berück‐ sichtigen. Der Landkreis kann auf Ebene der Regionalplanung keine exakten Berechnungen zu möglichen Immissionen oder zu angemessenen Abständen aufgrund der Höhe der Anlagen vor‐ nehmen, da weder Anzahl noch Anlagentyp möglicher WEA zum Zeitpunkt der Aufstellung des RROP bekannt sind. Er kann sich daher nur Erfahrungswerten bedienen und die aktuelle Ent‐ wicklung im Bereich der Windenergiegewinnung berücksichtigen um angemessene pauschale Abstände festzulegen. Nach Ansicht des OVG Münster ist es auf Ebene der Flächennutzungsplanung (und folglich auch auf Ebene der Regionalplanung) zur sachgerechten Berücksichtigung des Schutzbedürfnisses von Wohnbebauung auch nicht erforderlich, konkrete Berechnungen zu erwartender Lärmim‐ missionen und ihrer Vereinbarkeit mit vorhandenen Wohnnutzungen in einer Intensität anzu‐ stellen, wie sie im Genehmigungsverfahren bei der Zulassung geboten ist . Die Richtwerte der sog. TA‐Lärm können somit im Aufstellungsverfahren des RROP nur einen von mehreren Orientierungswerten liefern, um angemessene Abstände festzulegen, die den unterschiedlichen Interessen und Zielen Rechnung tragen. Weiterhin kann die Rechtsprechung zur bedrängenden Wirkung herangezogen werden.

Zur TA‐Lärm: Die TA‐Lärm gibt für reine Wohngebiete nachts einen Richtwert von max. 35 dB(A) vor, und für Kleinsiedlungen und Einzelhäuser einen Richtwert von max. 45 dB(A), der nicht überschritten werden darf. Der Schall‐Leistungspegel einer 2,0 MW‐Anlage wird, je nach Hersteller, unmittel‐ bar an der Nabe zwischen 104 und 108 dB(A) angegeben. Bei einer modernen WEA mit einer Nabenhöhe von ca. 100 m und einer Gesamthöhe von ca. 150 m würden sich diese Immissionen in einer Entfernung von etwa 550 m auf ca. 40 dB(A) reduzieren. Allerdings würden zwei Anla‐ gen in gleicher Entfernung zur Wohnbebauung zur Einhaltung eines Immissionswertes von 40 dB(A) einen Abstand von ca. 760 m erforderlich machen. Die tatsächliche Schallentwicklung hängt jedoch von vielerlei Faktoren ab, wie Anlagentyp, Rotordurchmesser, Konfiguration des Windparks, Nabenhöhe der WEA sowie Hauptwindrichtung aber auch von technischen Mög‐ lichkeiten im Betrieb einer WEA die Schallimmission zu reduzieren (z.B. Nachtabschaltungen oder Drosselung der Rotordrehung).

Zur „optisch bedrängenden Wirkung“: Von einer „optisch bedrängenden Wirkung“ ist in Anerkennung der Rechtsprechung des Bun‐ desverwaltungsgerichtes in Bestätigung der Rechtsprechung des OVG Nordrhein‐Westfalen auszugehen, wenn das zwei bis dreifache der Anlagenhöhe als Abstand zwischen WEA und ei‐ nem schützenswerten Wohnhaus unterschritten ist. Die Rechtsprechung geht dahin, dass un‐ terhalb des zweifachen der Anlagenhöhe in der Regel von einer optischen Bedrängung auszu‐

115

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

gehen ist, oberhalb des dreifachen in der Regel nicht und zwischen dem zwei‐ und dreifachen der Anlagenhöhe eine Einzelfallprüfung stattzufinden hat. Würde man nur die o.g. Rechtspre‐ chung als Abstandskriterium heranziehen, müsste bei einer 200 m Anlage ein Abstand von 600 m eingehalten werden, um dem Aspekt der bedrängende Wirkung annähernd sicher Rechnung tragen zu können. Das RROP legt Mindestabstände fest, die unter Beachtung aktueller und auf die nächsten Jahre prognostizierter Entwicklungen geeignet sind, dem Schutzbedürfnis der Bevölkerung vor stö‐ renden Umwelteinwirkungen durch WEA zu entsprechen und gleichzeitig den Belangen der Windenergie sowie den Zielen des Gesetzgebers in angemessener Weise Rechnung zu tragen. Der als Grundsatz festgelegte Schutzabstand von 800 m zu Gebieten, die dem Wohnen dienen und im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB liegen, trägt der vorsorgeorientierten Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen insbesondere unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber in vielfacher Hinsicht stärkeren Würdigung des Schutzbedürfnisses von Siedlungsbereichen gegenüber dem Außenbereich Rechnung. Auf Ebene der Bauleitplanung bzw. im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens ist den im Ein‐ zelfall zu berücksichtigenden Faktoren in der Art Rechnung zu tragen, dass mit dem Ziel einer vorsorgeorientierten Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen größere Abstände festgelegt werden können, jedoch keine geringeren als 400 m.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Grundsätze der Raumordnung sind allgemeine Aussagen zur Entwicklung, Ordnung und Siche‐ rung des Raums als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs‐ oder Ermessensentscheidungen. Im Gegensatz zu Zielen der Raumordnung sind Grundsätze der Raumordnung auf nachfolgen‐ den Planungsebenen nicht zwingend zu beachten, sondern im Rahmen der Abwägung zu be‐ rücksichtigen. Sie können daher in der Abwägung in sachgerecht begründeten Fällen überwun‐ den werden. Das Ergebnis der Abwägung kann somit letztlich vom Grundsatz der Raumordnung abweichen. Dennoch entfalten auch die Grundsätze der Raumordnung durch die Begründungs‐ pflicht bei Abweichung eine gewisse Bindungswirkung. Grundsätze der Raumordnung gelten für die nachfolgende Ebene der Bauleitplanung, allerdings nicht für die Genehmigungsebene (Zulassung raumbedeutsamer privilegierter Anlagen gemäß § 35 BauGB).

Die folgende Abbildung stellt ausgewählte Grundsätze der Raumordnung zur Steuerung der Windenergie kartografisch dar:

116

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Abbildung 47: Grundsätze der Raumordnung zur Steuerung der Windenergie (Auswahl) (Quelle: Windenergiesteuerungskonzept für das RROP Landkreis Grafschaft Bentheim, Kortemeier Brokmann, 2017/2020)

Im Folgenden werden die festgelegten Grundsätze der Raumordnung zur Steuerung der Wind‐ energie im Einzelnen begründet:

117

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Nr. 1 (Waldflächen) Waldflächen sollen nicht durch die Windenergienutzung in Anspruch genommen werden. Die‐ ser Plansatz des RROP steht im Einklang mit den entsprechenden Grundsätzen der Raumord‐ nung im LROP (Kap. 4.2 Ziffer 04 Sätze 8 und 9). Nach dem LROP Kap. 4.2 Ziffer 04 Satz 8 soll Wald wegen seiner vielfältigen Funktionen, insbesondere wegen seiner klimaökologischen Be‐ deutung, nicht für die Nutzung von Windenergie in Anspruch genommen werden. Flächen in‐ nerhalb des Waldes können gemäß LROP Kap. 4.2 Ziffer 04 Satz 9 für Windenergienutzung nur dann in Anspruch genommen werden, wenn weitere Flächenpotenziale weder für neue Vor‐ rang‐ noch für neue Eignungsgebiete im Offenland zur Verfügung stehen und es sich um mit technischen Einrichtungen oder Bauten vorbelastete Flächen handelt. Es ist Aufgabe der Kom‐ munen bei der Ausweisung von Flächen für die Windenergie im Rahmen der Bauleitplanung, bei Inanspruchnahme von Waldflächen in der Abwägung nachzuweisen, dass beide Vorausset‐ zungen gemäß Satz 8 und 9 erfüllt werden und damit dem Grundsatz der Raumordnung genüge getan wird. Im Landkreis Grafschaft Bentheim beträgt der Waldflächenanteil rund 16 % und liegt damit deutlich unter den Durchschnittswerten des Landes Niedersachsen mit rund 25 % der Landes‐ fläche (Niedersächsisches Landesamt für Statistik, 2007/ ML, 2017). Alle Waldflächen im Land‐ kreis Grafschaft Bentheim erfüllen wichtige Schutzfunktionen für Umwelt und Naturhaushalt. Gleichzeitig bieten sie Erholungsmöglichkeiten für die Bevölkerung. Für die Entwicklung der Naturräume des Landkreises ist die Erhaltung und Entwicklung standorttypischer Wälder daher von besonderer Bedeutung. Eine Beeinträchtigung der Waldfunktionen durch baulich, techni‐ sche Anlagen im Wald gefährden im Landkreis Grafschaft Bentheim aufgrund seiner Waldarmut diesen Biotoptyp und somit die Biodiversität.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Nr. 2 (Abstand zwischen Wohngebieten und raumbedeutsamen Windenergieanlagen von mindestens 800 m) Abstände zur Wohnbebauung dienen dem Schutz der Bevölkerung vor störenden bzw. unzu‐ mutbaren Immissionen und vermeiden eine optisch bedrängende Wirkung (vgl. Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 Nr. 14). Der als Grundsatz festgelegte Schutzabstand von 800 m zu Gebieten, die dem Wohnen dienen und im Geltungsbereich eines Bebauungsplans oder im unbeplanten In‐ nenbereich im Sinne des § 34 BauGB liegen, trägt der vorsorgeorientierten Abwehr schädlicher Umwelteinwirkungen insbesondere unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber in vielfacher Hinsicht stärkeren Würdigung des Schutzbedürfnisses von Siedlungsbereichen gegenüber dem Außenbereich Rechnung. Die Festlegung ist im Rahmen der kommunalen Bauleitplanung zu treffen.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Nr. 3 und 4 (Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft / Vorrang‐ gebiete Biotopverbund) Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft stehen als Grundsatz der Raumordnung einer Nutzung durch die Windenergie entgegen. Die Ausweisung von Flächen für die Windenergie in diesen Gebieten unterliegt Abwägungs‐ oder Ermessensentscheidungen im Rahmen der Bauleitpla‐

118

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

nung. ermittelt. In die Abgrenzung der Vorbehaltsgebiete Natur und Landschaft wurden mit einbezogen:

 bestehende Landschaftsschutzgebiete  landschaftsschutzgebietswürdige Bereiche  begründete Pufferzonen zu Naturschutzgebieten und FFH‐ und Vogelschutzgebieten  geschützte Landschaftsbestandteile (flächenhaft)  GLB‐würdige Bereiche (flächenhaft)  faunistisch wertvolle Bereiche (ohne Vögel)  avifaunistisch wertvolle Bereiche (regional)  Hauptgewässer des niedersächsischen Fließgewässerschutzsystems, einschließlich Au‐ enabgrenzung  Bereiche mit besonderer Biotopvernetzungsfunktion (Verbindungsflächen Biotopver‐ bund)

Ziel der Festlegung von „Vorbehaltsgebieten Natur und Landschaft“ im Regionalen Raumord‐ nungsprogramm des Landkreises ist es, Gebiete oder Landschaftsbestandteile zu sichern, die aufgrund ihrer Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder als Pufferzonen und Vernetzungsbereiche eine besondere Bedeutung für den Naturhaushalt, das Landschaftsbild und die Erholung haben. Eine Inanspruchnahme durch Windenergieanlagen steht den genannten Schutzzielen entgegen.

Vorranggebiete Biotopverbund stehen als Grundsatz der Raumordnung einer Nutzung durch die Windenergie entgegen. Die Ausweisung von Flächen für die Windenergie in diesen Gebieten unterliegt Abwägungs‐ oder Ermessensentscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung. Gemäß dem LROP sind überregional bedeutsame Kerngebiete des landesweiten Biotopverbundes so‐ wie Querungshilfen von landesweiter Bedeutung als Vorranggebiete Biotopverbund festgelegt. Sie wurden als Vorranggebiete Biotopverbund in das RROP übernommen und dort räumlich näher festgelegt. Der Bau und der Betrieb von WEA ist gem. § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht zulässig, „wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege (...) beeinträch‐ tigt oder das Orts‐ und Landschaftsbild verunstaltet wird“. Der Bau und der Betrieb von WEA kann ebenso aufgrund § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG ausgeschlossen werden. Eine Inan‐ spruchnahme durch Windenergieanlagen bedarf daher einer besonderen Abwägung im Einzel‐ fall. Dabei ist der Nachweis zu erbringen, dass die Funktionen des Biotopverbundes gewahrt bleiben.

Begründung zu Ziffer 02 Satz 2 Nr. 5 (3.000 m‐Mindestabstand zwischen raumbedeutsamen Windparks)

Ein Abstand von mindestens 3.000 m um raumbedeutsame Windparks wird als Grundsatz der Raumordnung festgelegt. Die Genehmigung von Windenergieanlagen in diesen Bereichen un‐ terliegt Abwägungs‐ oder Ermessensentscheidungen im Rahmen der Bauleitplanung. WEA sind

119

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

technische Bauwerke, die das Erscheinungsbild einer Landschaft verändern und bei großer An‐ zahl und Verdichtung der ländlichen Kulturlandschaft im Landkreis einen neuen Charakter ge‐ ben können. Diese Landschaftsbildbeeinträchtigung wird auf modernen WEA von mehr als 100 m Gesamthöhe noch durch die Kennzeichnungspflicht für Luftfahrthindernisse verstärkt. In der Regel werden moderne WEA derzeit mit einer Gesamthöhe von über 150 m gebaut. Um den Charakter der historisch gewachsenen Kulturlandschaft im Landkreis nicht übermäßig durch WEA zu überformen, ist im RROP ein Abstand von mindestens 3.000 m um raumbedeutsame Windparks festgelegt, der von WEA freigehalten werden soll. Hierbei sind diejenigen Windparks zu berücksichtigen, die über die Bauleitplanung dargestellt bzw. festgesetzt oder als Ziele der Raumordnung festgelegt sind. Diese Festlegung ist auch zu Windparks außerhalb des Landkrei‐ ses Grafschaft Bentheim zu berücksichtigen. Die Festlegung des Abstandes von mindestens 3.000 m um raumbedeutsame Windparks berücksichtigt die Tatsache, dass sich das Land‐ schaftsbild im Landkreis in den letzten Jahren bereits in weiten Teilen nachhaltig durch zahlrei‐ che WEA verändert hat. Diese Entwicklung ist Teil des Prozesses einer sich verändernden Kul‐ turlandschaft.

Definition Windpark: Bei einer räumlichen Agglomeration von WEA handelt es sich lt. Rechtsprechung des Bundes‐ verwaltungsgerichts (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.05.2007, AZ: BVerwG 4 B 11.07 VGH 1 B 05.3387 sowie Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.06.2004, AZ: BVerwG 4 C 9.03 OVG 1 A 11186/02) um einen Windpark, wenn dieser aus mindestens drei WEA besteht, die einander räumlich so zugeordnet sind, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder wenigstens berühren. Dies ist dann der Fall, wenn der Abstand von WEA untereinander in Hauptwindrichtung nicht mehr als jeweils 700 m zur nächstgelegenen WEA und in Nebenwindrichtung nicht mehr als jeweils 400 m zur nächstgelegenen WEA beträgt. Die‐ ser Abstand orientiert sich an den Empfehlungen zur Konfiguration von WEA innerhalb einer Konzentrationszone bei optimaler Ausnutzung des Windes. Demnach sollten die Abstände von WEA untereinander in Hauptwindrichtung das Fünffache sowie in Nebenwindrichtung das Drei‐ fache des Rotordurchmessers betragen um sich nicht gegenseitig zu beeinträchtigen. Daraus ist zu folgern, dass bei Unterschreitung dieses Abstandes von einer Überschneidung im Sinne des BVerwG auszugehen ist und bei einer Überschreitung dieses Abstandes davon nicht mehr aus‐ zugehen ist. Die größten aktuell am Markt angebotenen Rotoren (www.enercon.de; Produktbe‐ schreibung zum Anlagentyp E‐126 mit 7 MW Nennleistung) haben einen Durchmesser von 127m, so dass die 700 m bzw. 400 m als Maßgabe auch noch möglichen künftigen Entwicklun‐ gen Rechnung tragen und dennoch auf eine flächenschonende und hohe Flächenproduktivität der Windparks ausgerichtet sind.

Begründung zu Ziffer 03 Schutzabstände zu Schutzgebieten werden im RROP nicht festgelegt. Dennoch können im Ein‐ zelfall besondere Schutzbedürfnisse einen Abstand erfordern. Beeinträchtigungen von Schutz‐ gebieten durch die Errichtung von WEA in deren Umfeld sind zu vermeiden. Welcher Schutzab‐ stand erforderlich ist, ist im Einzelfall festzulegen. Dies ist vom Schutzzweck und den örtlichen Verhältnissen anhängig. Die Festlegung von Schutzabständen erfolgt nicht im RROP, sondern auf der Ebene der Bauleitplanung.

120

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 04 Satz 1 bis 4 Die Rahmenvorgaben des RROP, die WEA an bestimmten Stellen im Landkreis Grafschaft Bentheim ausschließen, lassen noch einige Potenzialräume offen. Im Landkreis soll die räumli‐ che Feinsteuerung zur Aufstellung von WEA mit dem Ziel einer Konzentration von WEA in Kon‐ zentrationszonen über die Bauleitplanung der Städte und Gemeinden erfolgen. Die Bindungs‐ wirkung der Festlegungen im RROP sind dabei zu beachten bzw. zu berücksichtigen. Mit der Festlegung soll vermieden werden, dass Städte und Gemeinden die Steuerung der Windenergie ausschließlich über die Rahmenvorgaben des RROP vornehmen, ohne die im BauGB zur Verfü‐ gung gestellten planungsrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten zu nutzen und konkretisierende Darstellungen bzw. Festsetzungen in der Bauleitplanung vorzunehmen. Es obliegt den Städten und Gemeinden im Rahmen ihrer Bauleitplanung durch ein gesamträum‐ liches, schlüssiges Planungskonzept weitergehende Abstandsregelungen darzustellen, die ihre lokalen, gemeindlichen und städtebaulichen Belange berücksichtigen. Hierbei ist die höchstrich‐ terliche Rechtsprechung (BVerwG, Urteil v. 13.03.2003 – 4 C 3.02) zu beachten. Demnach ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer planerischen Steuerung von Windenergieanlagen ein schlüssiges, räumliches Gesamtkonzept, das nicht den Tatbestand einer gezielten Verhinde‐ rungsplanung erfüllt und keine sog. „Feigenblatt‐Lösung“ darstellt, die in der Umsetzung letzt‐ lich zu einer Verhinderungsplanung führt (BVerwG, Urteil v. 17.12.2002 – 4 C 15.01). Das Potenzial der zur Nutzung der Windenergie geeigneten Flächen im Landkreis Grafschaft Bentheim ist im Vergleich zur Situation Mitte der 1990er Jahre weitgehend ausgeschöpft. Künf‐ tig wird nicht die Erschließung neuer Flächen im Vordergrund stehen, sondern die effektive Nutzung planerisch abgestimmter Flächen durch Repowering‐Maßnahmen. Der unter techno‐ logischen, klimatischen und umweltschonenden Aspekten sinnvolle Einsatz von Anlagen neues‐ ter Bauart sollte dabei nicht durch Höhenbegrenzungen verhindert werden. In der Regel gren‐ zen Festlegungen von Höhenbegrenzungen auf Ebene der Bauleitplanung die Nutzbarkeit der Flächen ein, ohne dass eine rechtlich belastbare Begründung vorliegt. Daher soll auf eine Fest‐ setzung der Höhe verzichtet werden. Sind Höhenbegrenzungen erforderlich, so sind diese aus‐ führlich zu begründen.

4.2.2 Solarenergie

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 3 Großflächige Photovoltaikanlagen können auch im Landkreis Grafschaft Bentheim wirtschaftlich betrieben werden. Investoren erhalten durch die Einspeisevergütung auch für Anlagen in der Fläche Planungssicherheit. Im Landkreis Grafschaft Bentheim ist daher mit einer Zunahme von großflächigen PV‐Freiflächenanlagen zu rechnen. Um weitere Flächennutzungskonkurrenzen zu vermeiden, sollen Freiflächenanlagen vorrangig auf bereits versiegelten Flächen installiert wer‐ den. Für die Errichtung von PV‐Freiflächenanlagen sind grundsätzlich Flächen geeignet, die eine hohe Vorbelastung aufweisen und auf denen folglich keine oder nur geringe Beeinträchtigun‐ gen der Umwelt zu erwarten sind.

121

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Darunter fallen insbesondere Flächen

 deren Bodenfunktion z. B. durch Versiegelung, Bodenverdichtung oder Kontamination stark belastet sind,  die bereits durch Bebauung und andere technische Objekte wie Verkehrswege etc. vor‐ geprägt sind,  deren Bebauung keinen Verlust von Freiraum darstellt.

Die Raum‐ und Umweltverträglichkeit von raumbedeutsamen Anlagen ist im Einzelfall zu prü‐ fen. Analog zu den Regelungen im § 1 Abs. Satz 2 Nr. 17 Raumordnungsverordnung (RoV) kann ab einer beanspruchten Fläche von insgesamt mehr als 10 ha von einer Raumbedeutsamkeit der Anlage ausgegangen werden.

Freiflächen‐Photovoltaikanlagen sind vom Gesetzgeber für den Außenbereich nicht privilegiert. Die Festlegung stellt daher keine unzumutbare Beschränkung für Belange der Energieversor‐ gung dar und ist mit dem Energiekonzept des Landes Niedersachsen von 2012 vereinbar. Folgende Übersicht bietet eine Orientierung darüber, welche Bereiche in Bezug auf Photovolta‐ ik‐Freiflächenanlagen im Rahmen einer Einzelfallprüfung auf welche Weise raumordnerisch beurteilt werden:

Flächentyp Bereiche mit geringem Konfliktpotenzial, die sich in der Regel für die Errichtung von PV‐ Freiflächenanlagen eignen (raumordnerische Einzelfallprüfung erforderlich)

Flächen im Innenbe‐ Siedlungsbrachen (sofern diese nicht für höherrangige Nutzungen im Zuge der Innenent‐ reich bzw. im be‐ wicklung genutzt werden können und keine erheblichen Beeinträchtigungen des Orts‐ planten Bereich und Landschaftsbildes zu erwarten sind) versiegelte Flächen (Stellplätze u.a.), gesicherte Altlasten

Flächen im Außenbe‐ Standorte, die eine Vorbelastung mit großflächigen technischen Einrichtungen im räumli‐ reich chen Zusammenhang aufweisen (z.B. Flächen im räumlichen Zusammenhang mit größe‐ ren Gewerbeansiedlungen) Pufferzonen entlang großer Verkehrstrassen, Lärmschutzeinrichtungen Abfalldeponien und Halden Konversionsflächen mit hohem Versiegelungsgrad ohne besondere ökologische oder landschaftsbildprägende Funktionen Sonstige brachliegende ehemals baulich genutzte Flächen

Abbildung 48: Bereiche mit geringem Konfliktpotenzial in Bezug auf die Errich tung von PV‐Freiflächenanlagen

(Quelle: eigene Darstellung)

122

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Schutzgut Bereiche mit erheblichen Konfliktpotenzial, die sich in der Regel nicht für die Errichtung von PV‐Freiflächenanlagen eignen (raumordnerische Einzelfallprüfung erforderlich)

Pflanzen / Tiere / Gebiete, die aufgrund von EU‐Richtlinien oder internationalen Übereinkommen einem Biologische Vielfalt besonderen Schutz unterliegen Gebiete, die aufgrund bundes‐ und landesrechtlicher Regelungen einem besonderen Schutz unterliegen (Natura 2000, NSG, LSG, geschützte Landschaftsbestandteile) Bereich mit besonders geschützten Biotopen Lebensräume bedrohter Arten Gebiete mit einer besonderen Ausstattung an natürlichen oder naturnahen Lebensräu‐ men mit einer speziellen Vielfalt an Arten‐ und Lebensgemeinschaften

Boden Bereiche mit Böden hoher natürlicher Ertragsfähigkeit sowie naturnahe oder kulturhisto‐ risch bedeutsame Böden Bereiche mit Böden hoher Eignung für die Entwicklung besonderer Biotope

Wasser Natürliche oder tatsächliche Überschwemmungsgebiete Gebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz

Landschaft Landschaftsbereiche mit einer charakteristischen Eigenart, Vielfalt und Schönheit

Kulturhistorisch bedeutsame Landschaftsräume

Unzerschnittene Landschaftsräume

Waldflächen

Landwirtschaft In landwirtschaftlicher Nutzung befindliche Grünland‐ und Ackerflächen

Mensch Gebiete mit hoher Bedeutung für die landschaftsbezogene Erholung

Abbildung 49:

Bereiche mit erheblichem Konfliktpotenzial in Bezug auf die Errichtung von PV‐Freiflächenanlagen

(Quelle: eigene Darstellung)

Für die Zulässigkeit von Vorhaben zur Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen ist – auch bei nicht raumbedeutsamen Anlagenkonfigurationen – folgendes maßgeblich:

1. Raumordnerische Ebene:

Aus Sicht der Raumordnung kommt bei der Planung von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen – auch bei nicht raumbedeutsamen Anlagenkonfigurationen – der sorgfältigen Standortwahl eine große Bedeutung zu. Flächen mit einem hohen Nutzungsdruck durch andere Nutzer, insbeson‐ dere der Landwirtschaft, und solcher mit einer hohen ökologischen Wertigkeit bzw. Schutzwür‐ digkeit sind raumordnerisch gesehen ungeeignete Standorte. Als Standorte für Freiflächenpho‐

123

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

tovoltaikanlagen sind bereits versiegelte Flächen, Konversionsflächen von wirtschaftlicher oder militärischer Nutzung (Brachflächen) oder vorbelastete Standorte wie z. B. Mülldeponien zu bevorzugen (siehe oben). Bei Freiflächen‐Photovoltaikanlagen handelt es sich nicht um ein nach BauGB im Außenbereich privilegiertes Vorhaben, insofern ist in jedem Fall eine Bauleitplanung erforderlich (Änderung des Flächennutzungsplanes und Aufstellung eines Bebauungsplanes).

Vor der Konkretisierung der Planung wird im ersten Schritt der vom Projektierer vorgeschlage‐ ne Standort raumordnerisch geprüft, u.a. dahingehend, ob sich der beabsichtigte Standort in einem Gebiet befindet, für den Ziele und Grundsätze der Raumordnung im RROP des Landkrei‐ ses Grafschaft Bentheim oder im Landesraumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP) festge‐ legt sind, die der PV‐Nutzung widersprechen (insbesondere Vorbehaltsgebiete für Landwirt‐ schaft sind Ausschlussflächen für PV‐Anlagen). Zur Anpassung der erforderlichen Bauleitpla‐ nung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung gem. § 1 Abs. 4 BauGB wird dement‐ sprechend eine raumordnerische Beurteilung der Unteren Landesplanungsbehörde (= Landkreis Grafschaft Bentheim) erforderlich, die feststellt, ob und ggf. unter welchen Auflagen eine An‐ passung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung möglich ist. Die Umsetzung des Vorhabens steht insofern unter dem Vorbehalt einer positiven raumordneri‐ schen Beurteilung.

2. Bauleitplanerische Ebene – im Außenbereich (§ 35 BauGB):

Gemäß § 35 Abs. 1 BauGB unterliegt Photovoltaik auf Freiflächen nicht der Privilegierung im Außenbereich, was zunächst bedeutet, dass solche Anlagen im Grundsatz im unbeplanten Au‐ ßenbereich nicht errichtet werden dürfen. Auch scheidet ihre bauplanungsrechtliche Zulässig‐ keit als sonstige Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB in der Regel aus, da regelmäßig eine Beein‐ trächtigung öffentlicher Belange vorliegen wird. Das Land Niedersachsen hat nicht – wie einige andere Bundesländer – von der Länderfreigabe‐Klausel im Bereich des BauGB in Bezug auf Frei‐ flächen‐Photovoltaikanlagen Gebrauch gemacht, so das PV‐Anlagen auf Freiflächen für ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit in jedem Fall einer Bauleitplanung bedürfen (zweistufiges Verfahren mit FNP‐Änderung und Aufstellung eines Bebauungsplanes; für die Darstellung im Flächennutzungsplan (FNP) bzw. für die Festsetzung im Bebauungsplan bietet sich ein sonstiges Sondergebiet im Sinne von § 11 (2) BauNVO an).

Aufgrund der Tatsache, dass Freiflächen‐Photovoltaikanlagen laut BauGB vom Grundsatz her für den Außenbereich nicht vorgesehen sind, kann die Gemeinde aber nicht einfach eine ent‐ sprechend abweichende Bauleitplanung durchführen, sondern muss zunächst den Nachweis erbringen, das die Aufstellung des Bauleitplanes (und die entsprechende Änderung des FNP) für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung in der Gemeinde erforderlich ist (vgl. § 1 Abs. 3 BauGB). Um diesen Nachweis zu führen, ist ein Konzept erforderlich, das darlegt, warum der vorgeschlagene Standort im Außenbereich alternativlos ist bzw. bevorzugt wird und warum ggf. andere potenziell geeignete Standorte ausscheiden.

124

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

3. Bauleitplanerische Ebene – in Baugebieten:

Außer in entsprechenden Sondergebieten (s.o.) sind Freiflächen‐PV‐Anlagen – vorbehaltlich entgegenstehender Festsetzungen oder Unzulässigkeit aufgrund der Eigenart des Baugebietes – in Misch‐, Gewerbe‐ und Industriegebieten als gewerbliche Hauptanlagen allgemein zulässig. Ebenfalls können Freiflächen‐PV‐Anlagen in Baugebieten als untergeordnete Nebenanlagen zulässig sein, sofern sie dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder dem Baugebiet selbst dienen. PV‐Anlagen in und an Dach‐ und Außenwandflächen sind gem. Nr. 2.4 des Anhangs zu § 69 NBauO genehmigungsfrei.

4. Bauleitplanerische Ebene – im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB):

Die Ausführungen zu 2. gelten entsprechend auch für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile (unbeplanter Innenbereich).

Begründung zu Ziffer 01 Satz 4 Der Flächendruck auf die landwirtschaftlichen Flächen im Landkreis Grafschaft Bentheim ist in den letzten Jahren gestiegen. Hierfür gibt es vielfältige Gründe. Im Hinblick auf die zunehmen‐ den Flächennutzungskonkurrenzen kommt dem Schutz landwirtschaftlicher Flächen als unver‐ zichtbarer Basis für die Nahrungs‐ und Futtermittelproduktion eine besondere Bedeutung zu. Freiflächen‐Photovoltaikanlagen, die im Außenbereich errichtet werden sollen, treten in Nut‐ zungskonkurrenz zu landwirtschaftlichen Flächen, die als Vorbehaltsgebiete Landwirtschaft festgelegt und der landwirtschaftlichen Produktion vorbehalten sind. Mit dem in Kap. 4.2.2 Zif‐ fer 01 Satz 4 festgelegten Ziel der Raumordnung schließt das RROP Bauleitplanung für Anlagen gemäß Kap. 4.2.2 Ziffer 01 Satz 1 in Vorbehaltsgebieten Landwirtschaft aus.

Begründung zu Ziffer 02 Die beiden im Planungsraum bestehenden großflächigen Freiflächen‐Photovoltaikanlagen, der Solarpark in Georgsdorf und der Solarpark in Klausheide, werden aufgrund ihrer Raumbedeut‐ samkeit in der Zeichnerischen Darstellung als Vorranggebiete Erneuerbare Energien räumlich festgelegt. Der Solarpark in Georgsdorf (Samtgemeinde Neuenhaus) umfasst eine Fläche von 70 ha und ist im Bereich einer Torfabbau‐Nachfolgelandschaft (Konversionsstandort im Sinne des Erneuerba‐ re‐Energien‐Gesetz) im Jahr 2011 entstanden. Seine Stromproduktion liegt bei 23,6 Mio. KWh/Jahr, das entspricht in etwa dem Jahresstromverbrauch von 6.000 Haushalten. Zur plane‐ rischen Herleitung eines umwelt‐ und raumverträglichen Standorts für dieses energiewirt‐ schaftliche Großprojekt (seinerzeit der größte Solarpark in Niedersachsen) – für den das Bauge‐ setzbuch keine Privilegierung im Außenbereich vorsieht (vgl. Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 bis 3) – hat der Landkreis Grafschaft Bentheim in seiner Eigenschaft als Untere Landesplanungsbe‐ hörde eine fachliche Standortpotenzialanalyse sowie eine raumordnerische Beurteilung durch‐ geführt (abrufbar auf der Homepage des Landkreises unter www.grafschaft‐bentheim.de). Der

125

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Solarpark ist bauleitplanerisch durch die 13. Änderung des Flächennutzungsplans der Samtge‐ meinde Neuenhaus sowie durch einen daraus entwickelten Bebauungsplan gesichert worden. Der Solarpark in Klausheide (Stadt Nordhorn) umfasst eine Fläche von 11 ha und ist im Bereich einer ehemaligen militärischen Liegenschaft (Konversionsstandort im Sinne des Erneuerbare‐ Energien‐Gesetz) im Jahr 2012 entstanden. Seine Stromproduktion liegt bei 3,8 Mio. KWh/Jahr, das entspricht in etwa dem Jahresstromverbrauch von 900 Haushalten. Die Vereinbarkeit der für das Vorhaben erforderlichen Bauleitplanung (Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Nordhorn sowie Aufstellung eines Bebauungsplans) an die Ziele der Raumordnung und Landes‐ planung gem. § 1 Abs. 4 BauGB ist im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zur Bauleitplanung überprüft worden.

4.2.3 Erdgas‐ und Erdölgewinnung

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziffer 09

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 Im Landkreis Grafschaft Bentheim hat die Erdöl‐ und Erdgasförderung eine große Bedeutung. Unter dem Gebiet des Landkreises befinden sich große Vorkommen an sog. Kohlenwasserstof‐ fen. Verschiedene erdgas‐ und erdölfördernde Unternehmen haben sich im Landkreis großflä‐ chig öffentlich‐rechtlich verliehene Berechtigungen (Konzessionen) zur Aufsuchung und Gewin‐ nung von Erdöl, Erdgas und anderen bituminösen Stoffen gesichert. Im Hinblick auf die Versor‐ gung der Bevölkerung und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft sind auch die Möglichkei‐ ten der Regionalplanung zur Sicherung von Trassen der regionalen Energieversorgung zu nut‐ zen. Regional und überregional bedeutsame Rohrfernleitungen mit einem Durchmesser von größer 300 mm sind in der zeichnerischen Darstellung als Vorranggebiete Rohrfernleitung fest‐ gelegt.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 3 In Kalle (Gemeinde Hoogstede, Samtgemeinde Emlichheim) sowie in Itterbeck (Gemeinde Itter‐ beck, Samtgemeinde Uelsen) befinden sich Erdgasspeicher (Porenspeicher) mit regionaler, überregionaler und bundesweiter Bedeutung für die Erdgasversorgung. Die Vorranggebiete Speicherung von Primärenergie sichern diese Standorte als wichtigen Infrastrukturstandort für die Energieversorgung mit Primärenergie.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 4 Die erdgas‐ und erdölfördernde Industrie im Landkreis Grafschaft Bentheim stellt einen wichti‐ gen Baustein zur Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland dar. Unter dem Gebiet

126

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

des Landkreises Grafschaft Bentheim befinden sich Lagerstätten, in denen noch große Mengen an Erdgas und Erdöl vermutet werden. Der Landkreis unterstützt die heimische Erdgas‐ und Erdölförderung. Die Förderung in Deutsch‐ land und auch im Landkreis Grafschaft Bentheim wird allerdings schwieriger und technologisch anspruchsvoller. Sie setzt große technische Kompetenz und umsichtiges Handeln voraus. Der Landkreis fordert einen hohen Umwelt‐ und Sicherheitsstandard sowie transparentes Handeln gegenüber der erdgas‐ und erdölfördernden Industrie ein. Diese sind auch in Zukunft bei geän‐ derten technologischen Herausforderungen zu sichern. Ein besonders hohes Schutzgut stellen im Landkreis die im RROP festgelegten Vorranggebiete Trinkwassergewinnung dar. Diese Gebiete muss der Landkreis auf lange Sicht so vor entgegen‐ stehenden Vorhaben sichern, dass deren Funktion auch im Falle eines eventuell auftretenden Unfalls nicht gefährdet wird. Vorranggebiete Trinkwassergewinnung sichern neben gesetzlich festgesetzten Schutzgebieten auch die Einzugsgebiete von Trinkwassergewinnungsanlagen. In Vorranggebieten Trinkwassergewinnung sind Nutzungen, die das Grundwasservorkommen und damit die Trinkwassergewinnung gefährden könnten, auszuschließen. Weiterhin sind Nutzun‐ gen ausgeschlossen, die die langfristige Sicherung der Wasserversorgung gefährden könnten. Die langfristige Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser ist eine der wichtigsten Aufgaben der Daseinsvorsorge. Aufgabe der Raumordnung ist es, diese nach‐ haltig gegenüber konkurrierenden Nutzungen zu sichern. Bei der Erschließung neuer Erdgas‐ und Erdölfelder in Vorranggebieten Trinkwassergewinnung, insbesondere beim Durchbohren der Grundwasserschicht, kann trotz umfangreicher Schutz‐ maßnahmen eine Beeinträchtigung des Grundwasserleiters nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Technologie zur Erdgas‐ und Erdölgewinnung ist nicht risikofrei. Daher legt das RROP in Satz 4 fest, dass Erdöl‐ und Erdgasförderung in Vorranggebieten Trinkwassergewinnung ausge‐ schlossen ist. Vorranggebiete Trinkwassergewinnung stehen diesen Vorhaben als überwiegen‐ der öffentlicher Belang entgegen. Bei jeder Erdgas‐ oder Erdölexploration wird Lagerstättenwasser mit an die Erdoberfläche be‐ fördert und das unabhängig davon, ob es sich um eine hydraulische, mit sog. Frack‐Fluid stimu‐ lierte Exploration oder eine konventionelle Exploration handelt. Das aus großer Tiefe mit an die Erdoberfläche beförderte sog. Lagerstättenwasser ist in der Regel grundwassergefährdend. Auf dem Bohrplatz wird das Lagerstättenwasser unter hohen Schutzanforderungen und Auflagen vom Erdgas bzw. Rohöl getrennt und anschließend in der Regel in ausgebeuteten Erdgas‐ bzw. Erdöllagerstätten wieder in die Tiefe verpresst. Es kann trotz des vorstehend beschriebenen hohen Sicherheitsstandards nicht ausgeschlossen werden, dass bei obertägigem, unsachgemä‐ ßem Umgang mit dem Lagerstättenwasser Erdreich außerhalb des Bohrplatzes verunreinigt wird. Daher legt das RROP in Satz 4 fest, dass das Verpressen von Lagerstättenwasser in denen im RROP festgelegten Vorranggebieten Trinkwassergewinnung ausgeschlossen ist. In seiner Abwägung kommt der Landkreis zu dem Ergebnis, dass selbst ein einmaliger Fall eines Unfalls innerhalb der Vorranggebiete Trinkwassergewinnung diese so beeinträchtigen würde, dass derartige Vorhaben dieser Funktionszuweisung widersprechen und somit gemäß Raum‐ ordnungsgesetz (ROG) auszuschließen sind. Für die Exploration von Erdgas‐ und Erdöl sowie für das Verpressen von Lagerstättenwasser in ausgebeutete Erdöl‐ und Erdgaslagerstätten sind im Landkreis Grafschaft Bentheim außerhalb

127

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

dieser Vorranggebiete ausreichend Potenzialflächen vorhanden, die mit gar keinen bzw. gerin‐ gen Nutzungskonflikten verbunden sind, sofern die gesetzlichen Genehmigungsverfahren zu einer entsprechenden Betriebserlaubnis führen. Die Festlegungen stellen daher keine unzu‐ mutbare Beschränkung für Belange der Energieversorgung mit heimischen Erdgas oder Erdöl dar. Weiterhin ist zu beachten, dass bei einer eventuell geplanten Erschließung von Schiefergasvor‐ kommen, sofern durch den Gesetzgeber zugelassen, auch auf der Erdoberfläche deutlich land‐ schaftsbildprägende Veränderungen erfolgen werden. Hier ist zu erwarten, dass großflächige Fördergebiete mit vielen Bohrplätzen und einer sie verbindenden Infrastruktur aufgebaut wer‐ den müssen. In diesem Fall sind raumbedeutsame Auswirkungen auf die Wirtschafts‐ und Sied‐ lungsstruktur, das Landschaftsbild und den Naturschutz nicht ausgeschlossen. Dies ist im Einzel‐ fall zu prüfen.

4.2.4 Stromleitungstrassen

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 Das im Landkreis Grafschaft Bentheim installierte elektrische Übertragungsnetz mit einer Nenn‐ spannung von mehr als 110 kV ist Teil des europäischen Verbundnetzes und aufgrund der Be‐ deutung für die Energieversorgung zu sichern.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 2 bis 12 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziff. 07 Satz 2 bis 13.

Begründung zu Ziffer 01 Satz 13 und 14 Der Ausbau des im Landkreis Grafschaft Bentheim installierten elektrischen Übertragungsnet‐ zes mit einer Nennspannung von mehr als 110 kV einschließlich der Umspannwerke ist zwin‐ gende Voraussetzung für den weiteren Ausbau der Energiewirtschaft sowie für die Einspeisung der erneuerbaren Energien gemäß der Klimaschutzziele des Landes Niedersachsen (25% erneu‐ erbare Energien am Gesamtenergieverbrauch des Landes Niedersachsen bis 2020). Um dies im Hinblick auf die politischen Ausbauziele für die Nutzung erneuerbarer Energien, besonders der Windenergie zu gewährleisten, sind entsprechende Trassenführungen als Vorranggebiete Lei‐ tungstrasse und damit als Ziel der Raumordnung festgelegt. Für die in Satz 13 genannten Leitungstrassen ergibt sich ein vordringlicher Ausbaubedarf, der eine zeitnahe Umsetzung erfordert. Für die Leitungstrasse zwischen Dörpen und dem Nieder‐ rhein wurde bereits eine Trassenführung im Rahmen eines Raumordnungsverfahren (Verfah‐ rensführer Landkreis Emsland) raumordnerisch abgestimmt. Die nach umfassender raumordne‐ rischer Prüfung und Abstimmung gefundene Trasse ermöglicht eine kombinierte Kabel‐ /Freileitungstrasse. Sie ist solange von entgegenstehenden Planungen freizuhalten, bis eine endgültige Linienführung planfestgestellt ist.

128

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Begründung zu Ziffer 01 Satz 15 und 16 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziffer 07 Satz 17 bis 18

Begründung zu Ziffer 01 Satz 17 siehe Begründung zu Ziffer 01 Satz 13 und 14

Begründung zu Ziffer 01 Satz 18 Die Integration des hohen Anteils an regional erzeugter Energie aus erneuerbaren Energien macht die Sicherung und Weiterentwicklung der Leitungstrassen des Verteilnetzes mit einer Nennspannung von 110 kV und weniger einschließlich der Umspannwerke zur Energieübertra‐ gung in das Verbundnetz der Höchstspannungsebene erforderlich.

Begründung zu Ziffer 01 Sätze 19 bis 22 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.2 Ziff. 07 Satz 21 bis 24

Begründung zu Ziffer 01 Satz 23 siehe Begründung zu Ziffer 01 Satz 18

4.3 Sonstige Standort‐ und Flächenanforderungen

Begründung zu Ziffer 01 Satz 1 und 2 Nachrichtliche Übernahme aus dem Landes‐Raumordnungsprogramm Kap. 4.3 Ziffer 01 Satz 1 und 2

Begründung zu Ziffer 02 Satz 1 und 2 In der Grafschaft Bentheim gibt es ca. 175 erfasste Altablagerungen (alte „wilde“ Mülldeponien und Verfüllungen) und ca. 450 gewerbliche Standorte, auf denen mit umweltgefährdenden Stoffen umgegangen wurde. Auf diesen sog. Altstandorten besteht zumindest der Verdacht, dass möglicherweise schädliche Bodenveränderungen vorliegen. Liegen auf den Altablagerun‐ gen bzw. Altstandorten nachweislich schädliche Bodenveränderungen vor oder wenn von den Flächen eine sonstige Gefahr hervorgerufen wird, handelt es sich um eine Altlast. Die altlasten‐ verdächtigen Standorte und Altlasten werden auf der Grundlage des § 6 des niedersächsischen Bodenschutzgesetzes (NBodSchG) in einem Kataster der Unteren Bodenschutzbehörde des

129

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

Landkreises erfasst, das laufend ergänzt und verifiziert wird. Das vorhandene Kataster bildet die Grundlage für:

 vorsorgende Maßnahmen bei Änderung der Nutzung,  die Ermittlung von Prioritäten für die Untersuchung von Altablagerungen und Altstand‐ orten,  Auskünfte nach dem Umweltinformationsgesetz,  Steuerung der Flächeninanspruchnahme auf bereits „gebrauchte“ Flächen bzw. Böden.

Bei raumbezogenen Planungen ist frühzeitig zu prüfen, inwieweit ein erfasster Standort berührt wird.

Begründung zu Ziffer 03 Im Landkreis bestehen Abfallentsorgungsanlagen von ausreichender Kapazität. Die zentrale Siedlungsabfalldeponie im Landkreis Grafschaft Bentheim, das Entsorgungszentrum in Wilsum, ist als Vorranggebiet Abfallbeseitigung/Abfallverwertung in der Zeichnerischen Darstellung fest‐ legt. Es handelt sich um eine Deponie der Deponieklasse 2, die jedoch auch zugelassen ist für die Aufnahme von Abfällen, welche einer Deponie der Klasse 1 zugeführt werden müssen. Das Entsorgungszentrum Wilsum ist die wichtigste Entsorgungseinrichtung für den Landkreis Graf‐ schaft Bentheim mit folgenden Anlagenbestandteilen: Mineralstoffdeponie, Mechanisch‐ biologische Abfallbehandlung (MBA), Wertstoffhof, Sondermüllannahmestelle, Grünabfallsam‐ melplatz, Kläranlage und Umschlagplatz. Weitere Deponiestandorte sind auf absehbare Zeit nicht erforderlich. Im LROP 2017 wird in Kap. 4.3 Ziffer 03 Satz 2 als Grundsatz der Raumordnung festgelegt, dass ein besonderer Bedarf hinsichtlich Deponiekapazitäten der Deponieklasse I dort besteht, wo eine Deponie der Klasse I weiter als 35 km vom Ort des Abfallaufkommens entfernt ist. Der Landkreis weicht als Ergebnis seiner Abwägung dieses Grundsatzes der Raumordnung von dieser Vorgabe der Landesraumordnung ab: Dem Abstandsmaß gemäß LROP 2017 folgend müsste im Kreisgebiet neben der vorhandenen und für den dauerhaften Weiterbetrieb vorge‐ sehenen zentralen Siedlungsabfalldeponie in Wilsum eine weitere Deponie der Klasse I errich‐ tet und betrieben werden. Aufgrund der in der Grafschaft Bentheim verhältnismäßig geringen Abfallmengen (u.a. infolge der geringen Bevölkerungs‐ und Siedlungsdichte) wäre allerdings kein annähernd wirtschaftlicher Betrieb einer zusätzlichen Deponie darstellbar und für die De‐ poniebetreiber, auch für den Abfallwirtschaftsbetrieb als öffentlich‐rechtlicher Entsorgungsträ‐ ger im Landkreis Grafschaft Bentheim, nicht zumutbar.

Begründung zu Ziffer 04 Der Luft‐/Bodenschießplatz Nordhorn Range ist ein bei Nordhorn‐Klausheide gelegener Trup‐ penübungsplatz der deutschen Bundeswehr. Das 2.193 ha große Gebiet ist das größte von der Luftwaffe genutzte Übungsgelände in Deutschland. Der in Ost‐West‐Ausdehnung 10 km breite

130

Regionales Raumordnungsprogramm Landkreis Grafschaft Bentheim 2021

und in Nord‐Süd‐Ausdehnung 9 km tiefe, zu 68 Prozent mit Wald bedeckte Übungsplatz ermög‐ licht Luft‐/Bodenschießeinsätze sowie Übungen von Bombenabwurfverfahren mit allen Kampf‐ flugzeugtypen der Bundeswehr bei Tag wie Nacht. Der Truppenübungsplatz ist im Stationie‐ rungskonzept 2011 der Bundeswehr weiterhin vorgesehen. Das Gebiet liegt im Flugbeschrän‐ kungsgebiet ED‐R 37 A/B. Eine langfristige Nutzung muss – nach erfolgter Aufgabe aller übrigen Luft‐/Bodenschießplätze in Deutschland – als wahrscheinlich angesehen werden.

Begründung zu Ziffer 05 Das Planzeichen dient der Sicherung der im Planungsraum vorhandenen wertvollen Kulturgüter von regionaler Bedeutung. Die Burg Bentheim und das Kloster Frenswegen sind gemäß des Denkmalschutzgesetzes Niedersachsen geschützte Baudenkmäler und haben eine kulturge‐ schichtliche Bedeutung, die weit über den lokalen Bereich ihres Standorts hinausreicht. Daher werden sie als Vorranggebiet Kulturelles Sachgut im RROP festlegt. Sie sind zu schützen und zu pflegen. Alle Planungen und Maßnahmen im näheren Umfeld der Vorranggebiete müssen mit ihrem Erhalt vereinbar sein und dürfen ihr Erscheinungsbild (Ausstrahlungskraft, Sichtbeziehungen) nicht in unzulässiger Art und Weise visuell beinträchtigen (Unzulässigkeit einer optisch bedrän‐ genden Wirkung).

131