Hardliner – Zeit Für Helden
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Medien und Gewalt – ist Gewalt (v)erlernbar? 6 Niedersächsisches Landesinstitut für Fortbildung und Weiterbildung im Schulwesen und Medienpädagogik (NLI) Niedersächsische Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk (NLM) Jens Wiemken Hardliner – Zeit für Helden Ein Modell zum pädagogischen Umgang mit Bildschirmspielen in und außerhalb der Schule NLI: „Gewalt in den Medien – ist Gewalt (v)erlernbar?“ 6 Inhalt Vorwort 3 1. Theorie 4 1.1 Pädagogik und Bildschirmspiele 4 1.2 „Breaking the Rules“ als pädagogische Herausforderung 5 1.2.1 Roboterspiel 6 1.2.2 Pacman 7 1.3 Gewalt in Bildschirmspielen 9 1.3.1 DOOM/QUAKE – 3D-Ego-Shooter 10 1.3.2 COMMAND & CONQUER 13 1.3.3 Warum spielen Kinder und Jugendliche Bildschirmspiele mit Gewaltinhalten? – Fünf Thesen 14 1.4 „Hardliners“ – Zeit der Helden 17 1.4.1 Vorbemerkung 17 1.4.2 Hardliner-Konzept 18 1.4.3 Arbeitsziel Empathie 21 1.5 Literaturverzeichnis 23 2. Praxis 27 2.1 Geländespiel mit zwei 7. Klassen 27 2.2 Schulspiel mit einer Orientierungsstufen-Klasse 34 2.3 Geländespiel in der außerschulischen Jugendarbeit 41 3. Anhang 47 a) Spielbeispiele 47 i) Aktionsreiche Gruppenspiele 47 ii) Wahrnehmungsspiele 47 b) Grundkonzepte für Schul- und Geländespiele 48 i) Breaking the Rules 48 ii) Hardliner 48 c) Fragebogen Bildschirmkenntnisse 53 d) Beispiel für Arbeitsvertrag 54 e) Beispiele für Kriegsverträge 54 f) Selbstdarstellung der Jugendbildungsarbeit des Landkreises Vechta 55 2 Jens Wiemken: Hardliner – Zeit für Helden Vorwort Wenn Gewalt zum Gegenstand der Diskussion wird, Zu unterschiedlichen Teilaspekten von „Medien und kommen auch immer die Medien zur Sprache. Die Gewalt“ sind im Rahmen des Projektes solche Medienpädagogik wehrt sich zunehmend gegen ihre Materialienpakete entwickelt worden. Sie enthalten Instrumentalisierung in dieser Diskussion. Alle Unter- suchungen zum Thema „Gewalt in den Medien“ ha- • Basisinformationen und Literatur zu spezifischen ben gezeigt, dass der Einfluss der Massenmedien auf Aspekten des jeweiligen Themas Einstellungen und Verhalten nicht exakt zu messen ist. Richtung und Stärke dieses Einflusses ergeben sich • Eine methodische Handreichung für die schulische, erst aus dem Zusammenspiel mit Erfahrungen und zum Teil auch außerschulische Bildungsarbeit Einflüssen aus Sozialisations- und Alltagskontexten. • Medien zu den einzelnen Themenaspekten (Dias, Daraus lässt sich jedoch nicht folgern, dass Medien- Folien, Filmbeispiele, Arbeitsblätter) mit konkreten nutzung völlig wirkungslos bleibt. Sie kann vorhande- didaktischen und methodischen Anleitungen. ne Einstellungen verstärken, und dies gerade bei Kin- dern und Jugendlichen, die im Rahmen ihrer Persön- Je nach Thema sind die Materialpakete in unter- lichkeitsbildung noch über kein ausgeprägtes Werte- schiedlichen Schulformen und Altersstufen einsetz- system verfügen. bar, vom Primarbereich bis zur Sekundarstufe II. Zwar hat Bildungsarbeit, sei sie schulisch oder außer- Die Materialpakete im einzelnen: schulisch, nur einen begrenzten Einfluss auf Einstel- lungen, die vorwiegend in der Familie ausgeprägt 1. Wolfgang Schill: Kleine Helden in Aktion – werden. Dies gilt auch für den Bereich der Medien. Es Materialien zum Thema „Action-Helden im Fern- wäre jedoch falsch, aus diesem Grund auf pädagogi- sehen“ für das 3./4. Schuljahr sches Handeln in diesem Feld zu verzichten. Die vor- liegenden Forschungsergebnisse stützen die Annah- 2. Matthias Günther: Fersehalltag und Medien- me, dass Medieninhalte erst dann verhaltenswirksam ängste von Kindern. Unterrichtsvorschläge für werden, wenn aus ihnen Modelle abgeleitet und die- Lehrkräfte an Fachschulen für Sozialpädagogik se über Sprache und Vorstellungen im Gedächtnis abgebildet bzw. Medieninhalte in vorhandene verhal- 3. Holger Salomo: Sportidole – Medienhelden – tensleitende Modelle integriert werden. Dieser Pro- Fußballgötter. Ein medienpädagogisches Projekt zess ist ein aktiver und selektiver Vorgang und damit für Schüler(innen) an der Grundschule und Orien- von außen – gerade über die pädagogische Arbeit – tierungsstufe beeinflussbar. 4. Karin Stipp-Hagmann: Wie werden Helden ge- Ziel des Projektes ist, Materialien zu erstellen, in die macht? Filmanalyse in der Sekundarstufe II sich Pädagoginnen und Pädagogen schnell einarbei- ten können, die konkrete didaktische und methodi- 5. Wolf-Rüdiger Wagner: Bilder von Tod und Krieg. sche Hilfestellungen bieten und damit die Eigeninitia- Kriegsberichterstattung in den Medien. Anregun- tive von Multiplikatorinnen und Multiplikatoren zur gen für den Unterricht in der Sekundarstufe II. Umsetzung des Themas in und außerhalb von Schule fördern. 6. Jens Wiemken: Hardliner – Zeit für Helden. Ein Modell zum pädagogischen Umgang mit Bildschirmspielen in und außerhalb von Schule. Matthias Günther 3 NLI: „Gewalt in den Medien – ist Gewalt (v)erlernbar?“ 6 1 Theorie 1.1 Pädagogik und Bildschirmspiele Ohne Rücksicht auf die pädagogischen Einwände er- neben Spielen an. Analog zu diesen Befunden oberten sich Kinder und Jugendliche Computer und stieg der Anteil der Spieleabstinenzler auf 14 Pro- Spielkonsolen als neue virtuelle Räume des Auspro- zent. Die meisten Kinder nutzen den PC sowohl bierens und des Erlebens. Mittlerweile gehören die zum Spielen als auch zum Lernen, Programmieren, elektronischen Spiele, die unter dem Begriff Bild- Malen, Rechnen und Schreiben (54 %). schirmspiele subsumiert werden, zum selbstverständ- • Bei der Stichprobe von Friedemann Schindler und lichen Medienalltag von Kindern und Jugendlichen. mir, die 1996 von 226 Kindern und Jugendlichen Untersuchungen zu der Frage, wozu Kinder und Ju- im Alter von 6 bis 22 Jahren in Vechta und Bremen gendliche in ihrer Freizeit den Computer benutzen, durch einen standardisierten Fragebogen Auskünf- ergeben teilweise unterschiedliche Ergebnisse, wie te zur Computerbenutzung einholte, lag das Item folgende drei Studien exemplarisch belegen. „häufig oder manchmal zum Spielen“ an erster • Schindler kam 1992 aufgrund seiner Befragung in Stelle.1 (s.a. Abbildung 1) Bremen zu dem eindeutigen Ergebnis, dass Kinder und Jugendliche den Computer in erster Linie als Auch die Spiele-Kenntnisse der Kinder und Jugendli- Spielemaschine nutzen (Schindler 1993). Über 90 chen in den im Praxisbeispiel angeführten Klassen Prozent der Befragten spielten damals manchmal verweist auf eine häufige Beschäftigung mit Bild- mit einem Rechner, fast die Hälfte von ihnen tat schirmspielen. Eltern und Pädagogen ignorieren die- dies sogar häufig. Nur jeder sechste PC-Besitzer be- sen Bestandteil der Alltagswirklichkeit der nachfol- nutzte häufig Anwenderprogramme, und nur je- genden Generation. Es existiert „ein Abgrund von der zwanzigste beschäftigte sich intensiv damit, Nicht-Wissen und Nicht-Kennen zwischen den Gene- seinen Rechner zu programmieren. rationen“ (Bergmann 1996.48). Wie auch an anderer • Weilers (Weiler 1997) Analyse der Computer- Stelle schon dargelegt (Schindler/Wiemken 1996, nutzung nach rein spielerischer Tätigkeit einerseits 245ff.), besteht ein dringender Bedarf an praktischer und kreativerer Nutzung des PCs andererseits er- pädagogischer Auseinandersetzung mit Computer- gab, dass der Anteil der Kinder, die nur spielen, spielen, welche die Interessen von bildschirmspielen- von 1993 auf 1995 stark abgenommen hat. Be- den Kindern und Jugendlichen aufgreift und nutzt. kannten sich noch 1993 nahezu die Hälfte aller Die Pädagogik verkennt die Möglichkeiten, die Bild- Kinder (48 %) als reine Spieler, erwiesen sich 1995 schirmspiele bieten, um Beziehungen zu Kindern und nur noch ein Drittel der Sechs- bis 13jährigen als Jugendlichen aufzubauen und Bildschirmspielerleb- Spielefreaks. Nur noch jeder fünfte Zwölf- bis nisse z.B. als Gesprächsanlässe zu Themen wie Gewalt 13jährige gab 1995 keine weiteren PC-Tätigkeiten zu nutzen. Abb. 1: Ergebnisse der Befragung 1996 in Vechta und Bremen 4 Jens Wiemken: Hardliner – Zeit für Helden 1.2 „Breaking the Rules“ als pädagogische werkszeug, wie es beispielsweise die Spielpädagogik Herausforderung bietet. Solch einfache, aber immer noch wichtige Mit- tel wie ein Dreieckstuch vermögen die Spieldynamik Sacher merkte 1994 hinsichtlich der Übertragung von eines zuvor als fest angesehenen Spielprinzips aufzu- Gewalt in Bildschirmspielen in die Realität durch Spie- brechen und zu erweitern. ler an, dass „Computerspiele wie alle Medien nur die Realität widerspiegeln (dabei vielleicht manches ver- Vor der Einbringung, Loslösung und Verfremdung viel- größern oder verzerren), sie aber nicht schaffen.“ leicht anders einzusetzender Elemente steht die inten- (Sacher 1994). Die ernstere pädagogische Herausforde- sive Auseinandersetzung mit Bildschirmspielen und de- rung läge darin, dass Kinder und Jugendlichen in einer ren Analyse. Im Sinne der Medienpädagogik geschieht Umwelt leben, in welcher Aggression, Egoismus, Neid an dieser Stelle ein wichtiger Schritt der von Baacke und Konkurrenzdruck ganz alltäglich sind. Bloße (z.B. Baacke 1997) u. a. geforderten Medienkompe- Medienpädagogik greift da zu kurz. Der von mir ent- tenz. Die Kinder und Jugendlichen beschäftigen sich wickelte „Breaking the Rules“-Ansatz versucht hand- aus der Distanz heraus mit dem Medium Bildschirm- lungs- und prozessorientiert das Interesse der jungen spiel und entdecken die spielbestimmenden Elemente, Bildschirmspieler als Impuls für eine bedürfnis- die das „Gameplay“ ausmachen. Eine solche Heran- orientierte Jugendbildungsarbeit zu nutzen. gehensweise von Seiten der Medien- oder Spielpäda- gogen bot aus meiner Sicht eine Alternative von Die Anfänge dieses Ansatzes lagen in der Beobachtung