Lebendiges Rheinland-Pfalz ISSN 0934-9294
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Heft III/2000 Jahrgang 37 Lebendiges Rheinland-Pfalz ISSN 0934-9294 Zeitschrift für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur Fotokunst in Rheinland-Pfalz Marta Hoepffner, Magische Realität 1957 ies ist vorläufiger Blindtext, der später ersetzt wird angelegtenheinland-Pfalz umfassenden ist Geburts- Restauration und Wirkungsstätte des von namhaften DKaiser- undFotokünstlern, Mariendoms deren zu Speyer Werke nimmt inzwischen die ganz ohne Zweifel zu den WiederherstellungRstil- der und »Schraudolph-Fresken» richtungsweisenden Beispieleneinen der noch jungen Gattung bedeutendenFotokunst Platz gehören.ein. Aus AnlassEinem derglücklichen ersten Begeg- Umstand ist es zu verdanken, dass nung derwir breiten auf die Öffentlichkeit umfassende mit Sammlung einem großflächig von Franz Toth zurückgreifen konnten, der darüber hinaus als Autor dieses Heft maßgeblich mitgestaltet und auch als Kurator einer auf diesem Heft basierenden Fotoausstellung in der Staatskanzlei Mainz mitwirkt. In dieser Ausstellung wird ebenso wie in diesem Heft versucht, einen möglichst repräsentativen Überblick der Entwicklung der Fotokunst in diesem Jahrhundert zu geben. S.2 Links: J. B. Hilsdorf, 1860 Rechts: Wolfgang Reisewitz, 2000 Inhalt Erfreulicherweise sind dabei auch zeitgenössische Foto- S. 3 Kunst in der Fotografie – grafen aus Rheinland-Pfalz vertreten, die sich an der Fotografie als Kunst in diesem Jahr erstmals durchgeführten Ausstellung Dr. Berthold Roland »Künstlerische Fotografie in Rheinland-Pfalz« beteilig- ten. S. 6 Die besonderen Leistungen im Bereich der künstlerischen Fotografie Seitdem es Fotografie gibt, haben sich Maler und Kunst- in Rheinland-Pfalz theoretiker mit dieser Einordnung und Bedeutung für Franz Toth den künstlerischen Schaffensprozess beschäftigt. Angesichts der durch Fernsehen und Internet gestei- S. 8 Nicola Perscheid (1864–1930) gerten Bilderflut ist dazu die Frage nach dem »Kunst- Prof. Fritz Kempe (1909–1988) gehalt« der Fotos noch drängender geworden – scheint doch das Filmen und Fotografieren zur selbstverständ- S. 11 Theodor Hilsdorf (1868–1944) lichen Sozialkompetenz zu gehören. Franz Toth Die in den Fotos erstarrte Stille des Augenblicks ist S. 14 Jacob Hilsdorf (1872–1916) für viele offenbar zum Mittel geworden, mit dem sie Franz Toth die reale Wirklichkeit zu sehen, einzuordnen und zu entschlüsseln versuchen. Mit der in unserem Alltag S. 17 August Sander (1876–1964) zunehmenden Bilddynamik und Virtualität könnte Gabriele Conrath-Scholl auch das Bedürfnis nach mehr Ruhe und größerem Realitätsgehalt geweckt sein. Die künstlerisch ambi- S. 22 fotoform und tionierte Fotografie könnte sich in diesem Umfeld dann subjektive fotografie immer mehr von einer Hilfs- zu einer »Leitkunst« ent- Franz Toth wickeln, wenngleich die Digitalisierung inzwischen S. 22 Wolfgang Reisewitz Gestaltungen ermöglicht, die den Realitätsgehalt der Bilder bis zur Gestaltungsidee verdünnen können. Prof. Dr. Karl Steinorth Mein Dank gilt den Künstlern, Bild- und Leihgebenden S. 25 Toni Schneiders und Autoren sowie Dr. Berthold Roland für seinen Prof. Dr. J. A. Schmoll gen. Eisenwerth besonderen Anteil an dem Zustandekommen dieses S. 28 Fotografie in Rheinland-Pfalz Heftes. Dr. Ariane M. Fellbach-Stein Jürgen Pitzer S. 36 Ausstellung Fotografie 2000 In eigener Sache: S. 42/43 Autoren und Impressum Das letzte Heft »Vom Papyrus zum Datenträger Papier« ist mit dem Designpreis des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet worden. 2 1839 Fotokunst in Rheinland-Pfalz Daguerres Kamera III/2000 Kunst in der Fotografie - Fotografie als Kunst Dr. Berthold Roland Die Fotografie nimmt im Bereich der Kunst heute eine wesentliche Rolle ein. Verwundert stellt man fest, wie viele Foto-Ausstellungen in privaten und öffentlichen Galerien, auch in traditionell ausgerichteten Museen stattfinden, wie die Kunstauktionshäuser mit Versteige- rungen historischer und zeitgenössischer Fotografien zu sehr ansehnlichen Preisen auf sich aufmerksam machen. Spezielle Zeit- schriften weisen auf Foto-Ausstellungen und heftig anlässlich einer speziellen Fotografie- Lenbach, Selbstaufnahme, Auktionen hin. Mancher Kunstsammler in Ausstellung im Grand Palais: »Ein rachsüch- vor 1896 (links) und herkömmlichem Sinn fragt sich, woher diese tiger Gott hat die Wünsche der Masse erfüllt, Aufwertung der Fotografie kommt? Seit wann und Daguerre war sein Messias. Und jetzt Stuck, Bildnis Lenbach ist das so? Beim näheren Hinblicken stellt sagt sich das Publikum: ›Da uns die Fotogra- zum 60. Geburtstag, man fest, dass diese Entwicklung in Deutsch- fie die Exaktheit der Wirklichkeitsdarstellung land eigentlich erst mit den 70er Jahren ein- voll garantiert, wie wir sie uns nicht besser Pinselzeichnung für die getreten ist. wünschen können, sind Fotografie und Kunst dasselbe.‹« Und er polemisiert weiter: »Die Festnummer der »Allotria« Die Erfindung der Fotografie vor 160 Jahren Fotografie muss zu ihrer eigentlichen Aufga- 1896 (rechts) war eine Sensation, gewiss nicht zufällig zu be zurückkehren, Dienerin der Wissenschaf- einem Zeitpunkt, als der Realismus die Kunst- ten und der Kunst zu sein, eine sehr beschei- szene beherrschte. Die ersten Fotografen dene Dienerin, so wie Druck und Stenografie, waren Künstler, Lithografen. Sie benutzten die weder Literatur schaffen noch ersetzen die neue »grafische« Kunst in ihrer Unbe- können.« Vieles von den folgenden Diskus- stechlichkeit der realistischen Wiedergabe sionen über das Verhältnis zwischen Kunst mit Begeisterung. Es gehört zur Geschichte und Fotografie wird hier bereits angesprochen. der Fotografie-Aufwertung, dass in den letz- ten Jahrzehnten zusehends erforscht wurde, Der nicht zu übertreffende Realismus der wie viele Künstler selbst fotografierten, wie Fotografie musste die Künstler in Aufregung Maler in ihrer Arbeit von Fotografien beein- versetzen. Die Maler begannen mit der wirk- flusst wurden – man denke nur an Delacroix, lichkeitsgetreuen Fotografie zu wetteifern. Courbet, Millet, Degas, Lenbach, bis hin zu Und die Wechselwirkung setzte sofort ein. Zille –, wie die Entwicklung der Kunst von Manche Künstler haben nur insgeheim von dem Medium Fotografie einen starken Impuls der Fotografie profitiert (Ingres), andere haben erfuhr. Ein druckgrafisches Verfahren der sich sogleich zu ihr bekannt. Das neue Medi- 50er Jahre des 19. Jahrhunderts, der Glas- um verbreitete auch Angst, Existenzangst, klischeedruck (cliché verre), den besonders so vor allem bei den Miniaturmalern, den Corot ausübte, profitierte von der Fototechnik. Malern der Porträts en miniature der bürger- lichen Welt. Ihre Aufgabe übernahmen die Die Erfindung der Fotografie löste einen Fotografen. Schock aus. Der Historienmaler Paul Delaroche stellte lapidar fest: »Ab heute ist die Malerei Die künstlerische Intention lag beim Ursprung tot«, so sehr schockierten die ersten Daguer- der Fotografie vor. Dass sich die Fotografie reotypien. Turner rief aus: »Dies ist das Ende bei ihrer rasanten Verbreitung auch zu ganz der Kunst. Ich bin froh, dass meine Zeit vor- anderen Ufern bewegte, vor allem zu Repro- bei ist.« Und Baudelaire engagierte sich 1859 duktionszwecken, und damit den bisherigen 3 Aufgabenbereich der Lithografie übernahm, des amerikanischen Professors Edward Muy- war anfänglich so nicht abzusehen. Wir beob- bridge vor der versammelten Künstlerschaft achten das interessante Phänomen, dass die erregten. Es waren durch ausgezeichnete Entwicklung der Fotografie im Gegensatz zur Lichtbilder illustrierte Ausführungen über Entwicklung der Lithografie, deren Erfindung die Bewegung der Menschen und der Tiere, eine Sensation bei der Druckgrafik bedeutet besonders in den damals noch ungekannten hatte, verläuft. Senefelders Erfindung war Darstellungen einzelner Phasen einer Bewe- zunächst zur billigen Reproduktion von gung in ihrer fortschreitenden Entwicklung. Musikstücken, von Notenblättern, gedacht. Von diesem Tage an war für uns der farbige Johann Christian von Mannlich, der pfalz- Stich eines englischen Wettrennens mit der zweibrückische Hofmaler und danach der ausgestreckten Vor- und Nachhand der sehni- erste Generaldirektor der pfalz-bayerischen gen Cracks eine unmögliche Darstellung Kunstschätze, kam darauf, von 1810 an die geworden.« großartigsten Gemälde und Zeichnungen der Um 1900 fanden Fotografen zu Gruppierun- Münchner Sammlungen von jungen Künst- gen, Clubs in England, Frankreich und den lern lithografieren zu lassen und so ein USA zusammen, welche die Kunstphotogra- künstlerisch hochwertiges Katalogwerk zu phie, die künstlerische Fotografie, Fotografie schaffen, das Goethe mit Beifall aufnahm: als selbstständige Kunstgattung propagier- eine Vorstufe zu unseren Katalog-Kunst- ten, um gegen den Niedergang der Fotogra- büchern. Dass die Lithografie selbst als fie anzukämpfen. Denn die Fotografie hatte eigenständiger Kunstzweig begriffen werden inzwischen alle Bereiche des Lebens, nicht zu- konnte, kam erst später, kam mit Daumier letzt durch das private Fotografieren, erfasst. und der großen französischen Plakatkunst Der Anspruch, Kunst zu sein, ging zurück. des 19. Jahrhunderts sowie der Druckgrafik Aber immer gab es Einzelpersönlichkeiten, des 20. Jahrhunderts. Der Höhepunkt der die die künstlerische Fotografie neben der Lithografie wird in den als selbstständige allgemeinen Strömung pflegten. Es sind zeit- Kunstwerke auftretenden Farblithografien liche Stufen, Trends in der Fortentwicklung des vergangenen Jahrhunderts erreicht. zu erkennen. Die subjektive, kreative Foto- Interessant ist es, lithografierte und fotogra- grafie nach dem Zweiten Weltkrieg (Otto Stei- fierte Porträts derselben Personen um die nert, Saarbrücken 1951)