Stand: 16.12.2010

Ein besonderer Dank gilt Manfred W. Graf und Marco Lenarduzzi für die Überlassung von Bildmaterial. Foto Titelseite: Marco Lenarduzzi www.werra-meissner-kreis.de/landwirtschaft

3 Vorwort

Stefan G. Reuß Henry Thiele Landrat, Werra-Meißner-Kreis Erster Kreisbeigeordneter, Werra-Meißner-Kreis

Nichts prägt das Bild unseres Land- Der vorliegende Bericht setzt hier einen kreises so sehr wie die Landwirtschaft. Kontrapunkt. Auf gut 70 Seiten hat der Auf gut 40 Prozent der Kreisfläche Fachdienst Ländlicher Raum Fakten werden Lebensmittel, Futtermittel und und Zusammenhänge zur Situation der nachwachsende Rohstoffe angebaut. heimischen Bauernhöfe dargestellt. Landwirtschaft ist uns ständig vor Augen und dennoch - das Wissen um Dies ist eine geeignete Grundlage, um landwirtschaftliche Zusammenhänge über Landwirtschaft wieder mehr ins ist immer weniger in der Bevölkerung Gespräch zu kommen. verankert.

Dies hat auch etwas damit zu tun, dass aktive Bauernhöfe längst nicht mehr in dem Maße das Ortsbild und das Dorf- leben prägen, wie es früher so selbst- verständlich war. Dazu eine Zahl: in 30 von 116 Ortschaften gibt es keinen Vollerwerbslandwirt mehr.

Aus dem geringer gewordenen Ver- ständnis für Landwirtschaft können handfeste Probleme erwachsen.

Henry Thiele, Erster Kreisbeigeordneter

3 Vorwort Einführung Die Landbewirtschaftung drückt dem Vermarktung (von Ackerfutter bis Erscheinungsbild unseres Landkreises Ziegenkäse), der Pflege der Kultur- den Stempel auf - die attraktive Kultur- landschaft und der wirtschaftlichen landschaft vor unseren Augen ist das Situation der Betriebe. Auch die agrar- Ergebnis der jährlich neu praktizierten politischen Regulierungen von Land, landwirtschaftlichen Nutzung. Auf den Bund und Europäischer Union werden Feldern und Wiesen werden hochwerti- in ihrem Einfluss auf die hiesige Land- ge Nahrungsmittel produziert und auch wirtschaft dargestellt. nachwachsende Rohstoffe erzeugt. Mit der Landnutzung übernimmt die Land- In der Gesamtbetrachtung der Land- wirtschaft dazu eine besondere Verant- wirtschaft in unserer Region entdecken wortung für Natur und Umwelt. wir charakteristische Stärken, aber auch bestimmte Schwächen, die es Landwirtschaft ist Teil der wirtschaft- zu analysieren gilt. Daraus lassen sich lichen Aktivitäten in unserer Region; Chancen für zukunftsfähiges Wirtschaf- Landwirtschaft braucht Produktionsflä- ten, aber auch Risiken des Fortschritts chen, Höfe und weitere lokale Ressour- ableiten, die verbunden mit einem cen als Grundlage des Wirtschaftens perspektivischen Blick in die Zukunft und der Einkommenserzielung. Dem aufzeigen sollen, wie sich die Landwirt- gegenüber stehen ausgeprägte globale schaft in unserer Region weiterentwi- Marktbeziehungen und weltweit wirksa- ckeln kann. me Wirtschaftsfaktoren, die keine idea- lisierte Vorstellung von Landwirtschaft Im Fachdienst Ländlicher Raum stehen mehr zulassen. (Im Märzen der Bauer wir im täglichen Kontakt mit den Land- sein Rösslein anspannt….) wirten der Region und erfahren viel über deren Wirtschaftslage sowie ihre Welche Bedeutung haben die Land- Lebens- und Arbeitssituation. Als Agrar- wirte mit ihrem Berufsstand und ihren verwaltung vor Ort sind wir ihre An- Betrieben heute für das Wirtschaftsge- sprechpartner und halten die notwendi- schehen im Werra-Meißner-Kreis? Wie gen Dienstleistungen für die Menschen sind die Lebens- und Arbeitsbedingun- im ländlichen Raum bereit. Vor allem gen der landwirtschaftlichen Familien? durch die Bearbeitung der Förderpro- gramme für die Landwirtschaft tragen Der vorliegende Bericht setzt sich mit wir zur Einkommenssicherung der diesen Fragen auseinander und zeigt landwirtschaftlichen Betriebe bei. eingangs die Standortbedingungen für die Landwirtschaft im Werra-Meißner- Mit diesem Bericht zur Lage der Land- Kreis auf. Was auf der einen Seite als wirtschaft im Werra-Meißner-Kreis wol- Landschaft reizvoll und abwechslungs- len wir die Situation der Landwirtschaft reich erscheint, ist andererseits für die beschreiben, landwirtschaftliche The- Landbewirtschaftung durchaus nach- men mit Daten und Fakten zur Diskus- teilig. sion in politische Gremien bringen und Anregungen zu einem Meinungsaus- Wie sich der Strukturwandel für die tausch mit Bürgern und Bürgerinnen Landwirtschaft auswirkt, wird im Kapi- geben. tel „Landwirtschaft im Überblick“ ver- deutlicht. In den Dörfern gibt es immer Eschwege, im November 2010 weniger wirtschaftende Betriebe, land- wirtschaftlich genutzte Flächen werden Die Autoren: Ursula Baumgärtel- aber stark nachgefragt. Blaschke, Sigrid Kortenhaus, Hans- Des Weiteren beschäftigt sich der Werner Kretschmer, Reiner Löbig, Bericht mit den Schwerpunkten der Gerhard Müller-Lang, Heiko Scherp. An landwirtschaftlichen Erzeugung und der Datenaufbereitung haben mitge- wirkt: Bernd Hubenthal, Andreas Noll.

4 5 Einführung Fachdienst Ländlicher Raum Honer Straße 49 Fachdienstleitung Tel. 05651-302-4810 37269 Eschwege-Oberhone Fachgebiet Landwirtschaft/Förderung Tel. 05651-302-4820 Fachgebiet Landschaftspflege Tel. 05651-302-4840 Fachgebiet Dorf- und Regionalentwicklung: Tel. 05651-302-4850

www.werra-meissner-kreis.de/landwirtschaft

Fachgebiete und Aufgaben:

Werra-Meißner-Kreis Fachdienst Ländlicher Raum

Landwirtschaft Landschaftspflege Dorf- und Regionalentwicklung

Förderprogramme Agrarumweltprogramme Förderprogramme für Dorf- für landwirtschaftliche und Regionalentwicklung Betriebe HIAP Umsetzung von Dorf- und Kontrollaufgaben Regionalentwicklungskonzepten Grünlandprogramm Stellungnahmen Konzept- und Projektarbeit zu Planungen Blühflächenprogramm im Rahmen der demografischen Entwicklung Grundstücksverkehr Programm für besondere und Pachtfragen Lebensräume

Erzeuger-Verbraucher-Dialog Natura 2000 - Gebietsmanagement

Organigramm.mmap - 01.12.2010 - Mindjet Inhalt

1. Standortbedingungen 6

2. Landwirtschaft im Überblick 10

3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung 20

4. Landschaftspflege 32

5. Wirtschaftliche Situation der Betriebe 40

6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen 52

7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken 60

8. Perspektiven und Ausblick 64

9. Zusammenfassung 69

4 5 Inhaltsverzeichnis Blick vom Hohen Meißner auf das Meißnervorland (Foto: M. Lenarduzzi) 1. Standortbedingungen: Landschaftlich reizvoll, landwirtschaftlich benachteiligt Durch die touristische Vermarktung seiner landschaftlichen Vielgestaltigkeit macht der Werra-Meißner-Kreis überregional zunehmend auf sich aufmerk- sam. Die überaus abwechslungsreiche Mittelgebirgslandschaft ist aus touris- tischer Sicht wertvoll, für die landwirtschaftlichen Betriebe dagegen in weiten Bereichen des Kreisgebietes ein Standortnachteil.

Im wesentlichen bestimmen Boden-, Klima- und Geländeverhältnisse die Weser-Leine-Bergland natürliche Standorteignung für landwirt- schaftliche Flächennutzung. Die Karte gibt einen Überblick über die standörtlichen Verhältnisse im Kreis- Der Werra-Meißner- gebiet. Als orientierende Indikatoren Kreis vereint drei wurden das Ertragspotential* sowie die heterogene Natur- durchschnittlichen Ackerzahlen** der räume Gemarkungen herangezogen.

Anteile benachteiligter Gemarkungen* in Nordhessen Landkreis Hersfeld-Rotenburg: 93% Werra-Meißner-Kreis: 78% Schwalm-Eder-Kreis: 45% Landkreis : 23%

Naturräumlich gesehen gehört der Werra-Meißner-Kreis hauptsächlich drei Haupteinheiten an: dem - Werra-Bergland, dem Ringgau und Naturräumliche Gliederung Werra- dem Unteren Werrabergland (Karte). Meißner-Kreis. (Quelle: Hess. Landes- Fulda-Werra-Bergland und Ringgau amt für Umwelt und Geologie, 2009)

6 * benachteiligte Gebiete sind Grenzertragsstandorte, auf denen aufgrund von erschwerten natürlichen 7 Produktionsbedingungen die Tendenz zur Aufgabe der Landwirtschaft höher ist als in nicht benachtei- 1. Standortbedingungen ligten Gebieten. Ertragspotential der Böden sehr gering

gering

mittel

hoch

sehr hoch

33 Ackerzahl (Durchschnittswert, bezogen auf das Gebiet der jeweiligen Gemarkung)

Natürliche Standortverhältnisse im Werra-Meißner- Kreis. Indikatoren: Ertragspotential** (Quelle: HLUG, 2009) und durchschnittliche Ackerzahlen*** der Gemarkungen

sind standörtlich deutlich ungünstiger Das Fulda-Werra-Bergland einzustufen als das Untere Werraberg- Der westliche und südwestliche Teil land. Dies spiegelt sich in der Einstu- des Kreisgebiets ist geologisch eine fung benachteiligter Gebiete wieder: ausgedehnte Buntsandsteintafel und nahezu alle Gemarkungen im Bereich naturräumlich dem Fulda-Werra-Berg- von Fulda-Werra-Bergland und Ring- land zugehörig. Dieses umfasst die gau sind als benachteiligt eingestuft. Städte und Kommunen Großalmerode,

6 ** Ertragspotential des Bodens: abgeleitet aus Basenhaushalt, pot. Grundwassereinfluss und nutzbarer 7 Feldkapazität im Hauptwurzelraum (www.hlug.de) *** Ackerzahl: kennzeichnet die Qualität einer Ackerfläche (www.bodenschaetzung-online.de) 1. Standortbedingungen Hessisch Lichtenau Hessisch Lichtenau, Waldkappel, Son- gering, die Ackerzahlen liegen ent- und Großalmerode tra und Weißenborn sowie Teile von sprechend zwischen 30 und 42. In den sind grünlandbeton- Wehretal. Landwirtschaftlich genutzt südlichen Bereichen von Waldkappel te Kommunen sind die Muschelkalk-, Keuper- und und Sontra lösen Zechsteinkalke den Zechsteinböden, eine geschlossene Buntsandstein ab, hier haben die Bö- Bewaldung trägt der Buntsandstein, den immerhin ein mittleres Ertragspo- außerdem Meißner und Hirschberg und tential und Ackerzahlen bis 47. einige weitere Basaltkuppen. Hessisch Lichtenau und Großal- Der Ringgau: naturräumlich ein Teil merode weisen für die Landwirtschaft Thüringens ungünstige Standortbedingungen auf. Geologisch ist der Ringgau ein breiter Die Ackerzahlen liegen zwischen 25 Muschelkalkgraben mit südöstlich- und 37 und sind damit die niedrigs- nordwestlicher Längsachse. Er bildet eine Hochfläche, deren Ränder zur Buntsandsteinlandschaft des Fulda- Werra-Berglandes vor allem nach Wes- ten und Norden teilweise steil abfallen. In die Hochfläche eingesenkt liegt der Netra-Graben mit tonreichem Keuper- mergel als Ausgangsgestein. Dank guter Wassernachlieferung werden die Flächen hier überwiegend ackerbaulich genutzt. Ungünstigere Standortverhält- nisse herrschen auf der Hochebene bei sehr geringen Ertragspotentialen und Ackerzahlen um 30. Die tonreichen, schwer zu bearbeitenden Kalk-Rendzi- nen („Minutenböden“) sind teilweise so flachgründig, dass nur noch Grünland- nutzung möglich ist. Außerdem sind Landwirtschaftliche Gunstlage: das Werratal bei Aue (Foto: H. Müller) höhenbedingt die Vegetationszeiten verkürzt. ten im Kreisgebiet. Grünlandnutzung dominiert deutlich (91% Anteil an LF in Das Untere Werraland: landwirt- Großalmerode, 64% in Hessisch Lich- schaftliche Gunstlagen tenau). Die Gründe hierfür sind in der Der Raum um Werratal und Eschwe- Höhenlage (zumeist über 350 Meter ü. ger Becken bietet der Landwirtschaft N. N.), aber auch in den ackerbaulich deutlich bessere Standortbedingungen schwierigen Bodenverhältnissen zu als das übrige Kreisgebiet. Die Acker- suchen. Die tonigen Böden des Mu- zahlen bewegen sich zwischen 36 und schelkalkgrabens der Witzenhausen- 65. Nur wenige Gemarkungen sind als Altmorschener Talung lassen eine benachteiligt eingestuft. Der Waldanteil Ackernutzung kaum zu. Dies betrifft die ist im Vergleich zu den beiden anderen Gemarkungen Velmeden, Laudenbach, Teilräumen gering. Uengsterode und Trubenhausen. Von Blickershausen im Nordwesten Waldkappel und Die Gemarkungen von Waldkappel bis Heldra im Südosten durchzieht das Sontra - recht und Sontra sind geologisch einheit- Werratal das Kreisgebiet. Die Auen- einheitliches Land- licher. Im Norden zeigt sich eine ty- bereiche werden weit überwiegend schaftsbild pische Buntsandsteintafellandschaft. ackerbaulich genutzt und gehören in Die Höhenzüge sind bewaldet, an bezug auf ihre Bonität zu den wertvoll- den Hängen und in den Tälern über- sten im Kreis („Zuckerrübenstandorte“). wiegt mit 60% Ackerbau gegenüber Das Risiko von Überschwemmungen Grünland. Das Ertragspotential ist hier ist vor allem zwischen Blickershausen

8 9 1. Standortbedingungen und Wendershausen, sowie bei Klein- vach und Herleshausen erhöht. Durch vermehrten Anbau von Sommerungen wird versucht, auf diesen Standort- nachteil zu reagieren.

Kernbereich des Unteren Werralandes ist das weite Eschweger Becken, zu dem auch die Wehreniederung zählt. Ackerbau prägt auch hier das Land- schaftsbild. Im Eschweger Hügelland (südlich von Eschwege) ist Buntsand- stein das Ausgangsmaterial, im Wei- denhäuser Hügelland sind es Zech- steinkalke mit Lößbeimischungen. Klimatisch am trockensten ist der Raum um Eschwege, der im Regen- Ringgau: Landschaft bei Sontra-Breitau. schatten des Meißners weniger als 600 mm Niederschlag im Durchschnitt der Jahre erhält. Im schwach geneigten Meißnervorland überwiegt Ackerbau mit ca. 70% Anteil an der LF. Nördlich schließen sich Soodener Bergland sowie Kleinalmeroder Hügelland an.

Neu-Eichenberg: naturräumlich ein Teil Niedersachsens Ganz im Norden der Kreises nimmt die Kommune Neu-Eichenberg eine Sonderstellung ein: naturräumlich zählt das Gebiet bereits zum Weser-Leine- Bergland. Auf den fruchtbaren Flächen herrscht mit über 90 % Ackernutzung vor. Der östliche Bereich der Gemeinde ist mit Ackerzahlen zwischen 54 und Kleinalmeröder Hügelland bei Ziegenhagen. 58 günstiger bewertet als die mit 45 Punkten bewertete westlich gelegene Dransfelder Hochfläche.

Meißnervorland: kleinstrukturierte Landwirtschaft.

8 9 1. Standortbedingungen Ackerbaubetrieb in Neu-Eichenberg Marzhausen. 2. Landwirtschaft im Überblick Landwirtschaft ist ein multifunktionales Geschehen und kaum ein Wirt- schaftszweig ist ähnlich stark durch europäische und nationale Vorgaben reguliert. Der Anpassungsdruck auf die Betriebe aufgrund ökonomischer Rahmenbedingungen äußert sich im sogenannten „Strukturwandel“: seit 1980 haben 2/3 der Betriebe die Bewirtschaftung aufgegeben. Zur Zeit gibt es ca. 1.000 landwirtschaftliche Betriebe im Werra-Meißner-Kreis, Tendenz weiter sinkend. In den Dörfern gibt es immer weniger Höfe, landwirtschaftlich genutzte Fläche wird aber stark nachgefragt.

2.1 Aufgaben und Leistungen nach guter fachlicher Praxis gewähr- der Landwirtschaft leistet eine ressourcenschonende Die Landwirtschaft erbringt neben der Bewirtschaftung der Agrar- und Forst- Erzeugung von hochwertigen Lebens- flächen, die sichere Versorgung der Die multifunktionale und Futtermitteln sowie der Produktion Bevölkerung mit hochwertigen Lebens- Rolle der Landwirt- und Verwertung von nachwachsenden mitteln, eine flächendeckende Erhal- schaft Rohstoffen weitere Leistungen für die tung, Pflege und Gestaltung der Kul- Gesellschaft und übernimmt als haupt- tur-, Natur- und Erholungslandschaften, sächlicher Landnutzer eine besondere den Erhalt der biologischen Vielfalt, Verantwortung für Natur und Umwelt. die Sicherung von Arbeitsplätzen und Landwirte bewirtschaften und pflegen Wertschöpfung in der Land- und Forst- wirtschaft, aber auch in den ihr vor- Flächennutzung und nachgelagerten Bereichen. im Werra-Meißner-Kreis: Wald: 43,4 % Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU Landwirtschaft: 42,8 % spielt eine entscheidende Rolle bei Verkehr: 6,0 % der Unterstützung von Landwirten, die Gebäude, Erholung: 5,3 % öffentliche Güter und Dienstleistungen Wasser: 1,4 % bereitstellen, vorausgesetzt, der geziel- Sonstiges: 1,1 % te Einsatz dieser Maßnahmen erfolgt auf die richtige Art und Weise. Dies ist einen Großteil der Kreisfläche, tragen die Kernaussage eines Berichts, der zum Erhalt der Infrastruktur im ländli- am 25. Januar 2010 vom Institut für chen Raum bei und prägen das soziale eine europäische Umweltpolitik (IEEP) Gefüge vieler Dörfer. Landwirtschaft für die Generaldirektion Landwirtschaft

10 11 2. Landwirtschaft im Überblick und ländliche Entwicklung veröffentlicht Ebene von den Regierungen der Mit- wurde*. Der Bericht ist der bisher erste gliedstaaten beschlossen und auf der Versuch, die öffentlichen Güter, die die Ebene der Mitgliedstaaten umgesetzt Landwirte europaweit bereitstellen, in (in Deutschland unter Berücksichtigung vollem Umfang zu ermitteln, und nennt der föderalen Struktur). Sie soll den die Argumente, die für eine Bezahlung Landwirten ein bestimmtes Einkom- dieser Leistung aus der öffentlichen men garantieren und sie gleichzeitig Hand sprechen. Die Studie zeigt eine motivieren, nachfrageorientiert hoch- breite Palette unterschiedlicher öffent- wertige Erzeugnisse zu produzieren licher Güter aus dem Umwelt- und und weitere Entwicklungsmöglichkeiten Sozialbereich auf, die von den eu- wie erneuerbare und umweltgerechte ropäischen Landwirten bereitgestellt Energiequellen zu suchen. werden, so u. a. wertvolle Kulturland- Die Ursprünge der GAP gehen zurück Ursprünge schaften, Lebensräume für Tiere oder auf das Westeuropa der fünfziger und Entwicklung die artenreichen, in ganz Europa Jahre, also auf die Nachkriegsjahre, der gemeinsamen anzutreffenden Wiesen. Außerdem be- als die Lebensmittelversorgung nicht Agrarpolitilk wirtschaften die Landwirte die Flächen gesichert war. Schwerpunkt der Agrar- zur CO2-Speicherung und tragen dazu politik war ursprünglich die Steigerung bei, die hohe Qualität der Gewässer der Produktivität, damit die Versorgung und der Böden zu erhalten. Der Be- der Verbraucher mit erschwinglichen Nahrungsmitteln gesichert war, aber Umweltbezogene öffentliche Güter sie sollte auch einen lebensfähigen - Kulturlandschaft Agrarsektor in der entstehenden EU - Biodiversität gewährleisten. Die GAP bot den Land- - Wasserqualität wirten Subventionen und Systeme mit - Wassermenge garantiert auskömmlichen Preisen, die - Bodenfunktionen als Produktionsanreize wirkten. Außer- - Klimastabilität dem gab es Zuschüsse für die Um- - Luftqualität strukturierung der Landwirtschaft, z. B. - Überschwemmungen in Form von Investitionsbeihilfen, mit denen die landwirtschaftlichen Betriebe Soziale öffentliche Güter in Bezug auf Größe, Bewirtschaftung - Nahrungsmittelsicherheit und Mechanisierung an die damaligen - Erhaltung des ländlichen Raums wirtschaftlichen und sozialen Bedin- - Tierschutz gungen angepasst werden sollten. - Tiergesundheit Zudem wurden Maßnahmen zugunsten der benachteiligten Regionen einge- führt. richt kommt zu dem Schluss, dass das Die GAP war sehr erfolgreich bei der Angebot an diesen öffentlichen Gütern Erreichung ihres Ziels, die Selbstver- oft unzureichend ist. Diese Knappheit sorgung der EU sicherzustellen. Dann dürfte sich in Zukunft durch Risiken wie aber hatte die EU mit Überschüssen die Entwicklung der Rohstoffpreise, bei den wichtigsten landwirtschaftlichen technische Faktoren und die Folgen Erzeugnissen zu kämpfen, von denen des Klimawandels noch verstärken, einige (mit Exportsubventionen) ausge- wodurch künftig mehr öffentliche Inter- führt wurden; während andere eingela- ventionen erforderlich werden könnten. gert, innerhalb der EU abgesetzt oder sogar vernichtet werden mussten (Wir 2.2 Der ordnende Rahmen: erinnern uns an Nachrichten und öf- fentliche Diskussionen über Milchseen, Agrarpolitische Ziele und Maß- Butterberge etc.). Diese Maßnahmen nahmen verschlangen Haushaltsmittel, führten Die gemeinsame Agrarpolitik der EU zu Handelsverzerrungen auf den Welt- Die europäische Agrarpolitik (Gemein- märkten, waren häufig nicht im Inter- same Agrarpolitik – GAP) wird auf EU- esse der Landwirte und wurden weder

10 * (Cooper, T., Hart, K. and Baldock, D. (2009) The Provision of Public Goods Through Agriculture 11 in the European Union, Report for DG Agriculture and Rural Development, Contract No 30-CE- 0233091/00-28, Institute for European Environmental Policy, London 2. Landwirtschaft im Überblick von Verbrauchern noch von Steuerzah- Steuerzahler Rechnung und lässt den lern gern gesehen. Gleichzeitig wuchs Landwirten gleichzeitig die Freiheit, das in der Gesellschaft die Sorge um eine zu erzeugen, was der Markt verlangt. ökologisch nachhaltige Landwirtschaft. Früher galt das Prinzip: Wer viel pro- duziert, bekommt viel Geld. Von nun Bereits in den achtziger Jahren, haupt- an werden den meisten Landwirten sächlich aber zu Beginn der neunziger Beihilfen unabhängig von ihrer Erzeu- Jahre erfolgten daher wichtige Ände- gung gewährt. Nach der neuen Rege- rungen der GAP: Mit Produktionsober- lung erhalten die Landwirte weiterhin grenzen wurde den Überschüssen Direktzahlungen zur Stabilisierung der Einhalt geboten und umweltverträgliche Einkommen, aber sie sind nicht mehr Bewirtschaftungsmethoden traten in an die Erzeugung gekoppelt. Außer- den Vordergrund. Den Landwirten wur- dem müssen die Landwirte bestimmte Standards in den Bereichen Umwelt, Lebensmittelsicherheit, Pflanzenschutz und Tierschutz erfüllen. Tun sie dies nicht, so werden ihre Direktzahlungen gekürzt („Cross-Compliance“*).

Die Politik der EU für die ökologi- sche Landwirtschaft berücksichtigt deren doppelte gesellschaftliche Rolle, welche die EU-Kommission wie folgt zusammenfasst:

1. Die Vermarktung ökologisch erzeug- ter Lebensmittel entspricht dem Anlie- gen bestimmter Verbraucherkreise und sollte daher vom Markt honoriert und Feldgemarkung von den Verbrauchern finanziert wer- Waldkappel-Rodebach den auf Antrag direkte Einkommensbei- den. Die Entwicklung der ökologischen hilfen gewährt, sie mussten sich stärker Landwirtschaft unterliegt in dieser Hin- am Markt orientieren und sich auf die sicht also den Marktgesetzen. neuen Anforderungen einstellen. Diese 2. Die ökologische Landbewirtschaf- Schwerpunktverlagerung brachte auch tung erbringt anerkanntermaßen einen wichtigen neuen Aspekt mit öffentliche Güter, vor allem im Um- sich – eine Politik zur Entwicklung des weltbereich, aber auch zur ländlichen ländlichen Raums als zweite Säule Entwicklung und in gewisser Hinsicht der GAP, mit der zahlreiche Initiativen zur Verbesserung des Tierschutzes. gefördert und die Landwirte bei der Unter diesem Gesichtspunkt sollte die Umstrukturierung ihrer Betriebe und Entwicklung der ökologischen Land- der Verbesserung ihrer Produktver- wirtschaft von der Gesellschaft geför- marktung unterstützt werden sollten. dert werden. Um zu gewährleisten, dass die Kosten Der Europäische Aktionsplan für ökolo- der GAP nicht unkontrolliert ansteigen, gische Landwirtschaft und ökologisch wurde eine Haushaltsobergrenze fest- erzeugte Lebensmittel (2004) sieht gesetzt. entsprechende Schwerpunkte und Die Gemeinsame 2003 wurde schließlich eine weitere Maßnahmen vor. Agrarpolitik grundlegende Reform beschlossen. wurde mehrfach Die Agrarpreise orientieren sich zukünf- Die Agrarpolitik des Bundes refomiert tig am Weltmarktniveau. Der bisherige Die Bundesregierung hat zuletzt 2007 Schutz des Binnenmarktes der EU wird dem Deutschen Bundestag und dem weitgehend aufgegeben. Die GAP von Bundesrat einen „Bericht über die Lage heute ist nachfrageorientiert. Sie trägt der Landwirtschaft“ vorgelegt, der ne- den Anliegen der Verbraucher und ben Aussagen zur Lage der Landwirt-

12 * Die Vorschriften der Cross Compliance (übersetzt so viel wie „Überkreuzeinhaltung von Ver- 13 pflichtungen“) werden im deutschsprachigen Raum auch als „anderweitige erpflichtungen“V 2. Landwirtschaft im Überblick bezeichnet und bedeuten die Verknüpfung von Prämienzahlungen mit der Einhaltung von Um- weltstandards. schaft auch umfassende Darstellungen umwelt- und tiergerechten Produktions- der agrarpolitischen Ziele und Maßnah- verfahren, die die von den Verbrau men enthält. chern erwarteten Qualitäten liefert Demnach haben Land-, Forst-, Fische- l eine vielgestaltige, traditionsreiche rei- und Ernährungswirtschaft eine er- Landwirtschaft, deren Aufgabe nicht hebliche Bedeutung für die Sicherung nur darin besteht zu erzeugen, der Nahrungsmittelversorgung, als sondern auch die Besonderheit und Rohstoff- und Energielieferanten, für Attraktivität unserer Landschaften die Pflege und den Erhalt der Kultur- und lebendige ländliche Gemein- Agrarpolitik landschaft und der biologischen Vielfalt schaften zu erhalten sowie Arbeits- des Bundes sowie für die Stabilisierung des länd- plätze zu sichern und neue zu und des Landes lichen Wirtschaftsraumes. Insbeson- schaffen dere die Erzeugung und Verarbeitung l eine einfachere, verständliche Ag- nachwachsender Rohstoffe sichert und rarpolitik, die eine klare Trennungsli- schafft Arbeitsplätze in den vornehm- nie zieht zwischen dem, was gemein- lich ländlich geprägten Regionen. schaftlich zu entscheiden ist und was den Mitgliedstaaten vorbehalten sein Mit dem „Nationalen Strategieplan soll (Subsidiaritätsprinzip) für die Entwicklung ländlicher Räu- l eine Agrarpolitik mit größtmöglicher me 2007 bis 2013“ hat die Bundesre- Akzeptanz bei der Bevölkerung und gierung in Abstimmung mit den Bun- den Landwirten desländern und unter Beteiligung der Verbände ein strategisches Gesamt- Das Land Hessen unterstützt die ökolo- konzept erarbeitet, das die Prioritäten gische Landwirtschaft mit fortlaufenden und Hauptziele für jeden Schwerpunkt Förderungen (siehe Kapitel 4.2 und der 2. Säule der Gemeinsamen Agrar- 6.3.2). politik (siehe unten Kapitel 6) enthält. Zentrales Instrument für die Koordinie- Entsprechend der föderalen Struktur ist rung der Agrarstrukturpolitik sowie zur die administrative Umsetzung der Ge- Umsetzung und nationalen Mitfinan- meinsamen Agrarpolitik in Deutschland zierung der EU-Politik zur Entwicklung Sache der Länder. des ländlichen Raums ist die grundge- Der Werra-Meißner-Kreis nimmt dabei setzlich verankerte Gemeinschaftsauf- infolge des Kommunalisierungsgeset- gabe „Verbesserung der Agrarstruktur zes Aufgaben zum Teil als Selbstver- und des Küstenschutzes“. Die markt-, waltungs- und zum Teil als Auftrags- struktur-, umwelt- und sozialpolitischen angelegenheiten für das Land Hessen Maßnahmen der Agrarpolitik sollen die wahr. Wettbewerbsfähigkeit der Agrarwirt- schaft stärken und die Erfüllung der sonstigen Funktionen der nachhaltigen Agrarwirtschaft unterstützen.

Die Agrarpolitik des Landes Hessen steht gemäß dem Internetauf- tritt des Hessisches Ministeriums für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) zum Leitbild der multifunktionalen Landwirtschaft. Ziele sind demnach: l eine wettbewerbsfähige Landwirt- schaft, der es gelingt, sich auf dem Weltmarkt ohne dauerhafte, pro- duktionsgebundene Subventionen zu behaupten l eine Landwirtschaft mit gesunden, Aberdeen-Angus, Extensivrinderhaltung (Foto: Manfred W. Graf).

12 13 2. Landwirtschaft im Überblick 2.3 Landwirtschaft im Werra- Beim Fachdienst Ländlicher Raum der Meißner-Kreis Kreisverwaltung stellten im Jahr 2009 Ca. 39.000 ha der Kreisfläche werden 1.068 Betriebe einen Antrag auf Be- durch die Landwirtschaft genutzt – triebsprämie. aber: die Landwirtschaft gibt es nicht. Im Werra-Meißner-Kreis vollzog sich Zwischen dem mit 0,25 ha kleinsten der Strukturwandel in der Landwirt- „Betrieb“ und dem mit 880 ha größten schaft analog zur großräumigen Ent- Betrieb liegen Welten. Diese hier zum wicklung. 1980 waren noch über 3.000 Ausdruck kommende landwirtschaftli- Betriebe registriert. Seitdem haben ca. che Vielgestaltigkeit beruht auf mehre- 2/3 der Betriebe aufgegeben. ren Faktoren: den Standortbedingun- gen, historischen Entwicklungen und vor allem der wirtschaftlichen Dynamik im landwirtschaftlichen Sektor.

Der „Strukturwandel“ Wachsen oder Weichen – der - ein vielbenutzter „Strukturwandel“ Begriff Landwirtschaftliche Unternehmen, die ihren Lebensunterhalt aus dem Gewinn des Betriebes beziehen, Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe sind gezwungen, sich am Markt zu im Werra-Meißner-Kreis, 1980 - 2007 behaupten. Sie konkurrieren mit (Hessische Gemeindestatistik) ihren Produkten um die Kaufkraft der Konsumenten, dabei sind in Haupterwerbsbetriebe zunehmendem Maße die Rahmen- Ein Haupterwerbsbetrieb ist ein land- bedingungen des Weltmarktes ent- wirtschaftlicher Familienbetrieb, der scheidend. Prinzipiell bleibt die Wahl hauptberuflich bewirtschaftet wird und zwischen einer kostengünstigen mehr als 50 Prozent des Einkommens Mengenproduktion von Standard- aus landwirtschaftlicher Arbeit erzielt. produkten (Kostenführerschaft) oder In 2009 gaben 326 von 1.068 antrag- einer Festlegung auf spezielle Märk- stellenden Betrieben (31%) an, im te mit neuen Produkten und Ver- Haupterwerb zu wirtschaften. Eine triebswegen (Produktführerschaft). wichtige Kenngröße ist deren Flächen- Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind ausstattung. Die durchschnittliche landwirtschaftliche Betriebe gezwun- Flächenausstattung der Haupterwerbs- gen, den technischen, biologischen betriebe lag 2009 bei 90 ha. 99 Betrie- und organisatorischen Fortschritt be bewirtschafteten mehr als 100 ha Haupterwerbsbetrie- durch Rationalisierung und/oder Fläche. be im Kreis haben Mehrproduktion umzusetzen. Dieser im Nordhessen- permanente Anpassungsprozess hat vergleich eine gute in den letzten Jahrzehnten in Hessen Flächenausstattung dazu geführt, dass l die Produktivität ständig gestiegen ist: ein Landwirt ernährte in 1950 10 Personen, 2010 sind es 150. l die Flächenausstattung je Haupt- erwerbsbetrieb von 9,5 ha (1950) auf 100 ha (2010) gestiegen ist l die Anzahl der Betriebe von Flächenausstattung der Haupterwerbs- 160.000 (1950) auf 20.000 (2010) betriebe im Werra-Meißner-Kreis, 2009 gesunken ist. (Antragsunterlagen 2009) Im nordhessischen Vergleich hat der Werra-Meißner-Kreis den größten pro- zentualen Anteil an Betrieben mit mehr

14 15 2. Landwirtschaft im Überblick als 100 ha.

Prozentualer Anteil an Betrieben mit mehr als 100 ha Werra-Meißner-Kreis: 10,4 % Landkreis Kassel: 10,3 % Schwalm-Eder-Kreis: 9,8 % Landkreis Waldeck-Frankenberg: 6,1 % Landkreis Hersfeld-Rotenburg: kein Zahlenma- terial verfügbar (Hessische Gemeindestatistik, 2007)

Die Haupterwerbsbetriebe bewirtschaf- ten 76% der landwirtschaftlichen Flä- chen im Kreis, hinsichtlich der Ackerflä- Flächenausstattung der Nebenerwerbs- chen sind es sogar 80%, bei Grünland betriebe im Werra-Meißner-Kreis, 2009 allerdings nur 69%. (Antragsunterlagen 2009) Die 25 größten Haupterwerbsbetriebe vereinten bereits mehr als 20 % der Hier muss der private Nutzen in der landwirtschaftlichen Nutzfläche (9.000 Natural- bzw. Versorgungswirtschaft 30% Haupterwerbs- ha) auf sich. Von 2005 bis 2009 wuchs oder in ideellen Motiven begründet betriebe, deren Flächenausstattung im Durch- sein. 70 % Neben- schnitt um 5%. erwerbsbetriebe 63% der Nebenerwerbsbetriebe im Nebenerwerbsbetriebe Werra-Meißner-Kreis haben eine Flä- Ein Nebenerwerbsbetrieb ist, im Ge- chenausstattung von unter 10 ha. gensatz zum Haupterwerbsbetrieb, ein landwirtschaftlicher Familienbetrieb, bei dem der Betrieb nebenberuflich bewirt- schaftet wird. Als Nebenerwerbsbetrieb gelten Betriebe unter 0,75 AK (Arbeits- Ökobetriebe kraft), bei Betrieben zwischen 0,75 AK 6,5% der Betriebe bewirtschaften und 1,5 AK entscheidet das Gesamt- kontrolliert ökologisch 7,6% der land- einkommen. Wird weniger als 50% des wirtschaftlichen Nutzfläche im Kreis- Gesamteinkommens aus dem landwirt- gebiet. Dies ist etwas weniger als der schaftlichen Betrieb erwirtschaftet, gilt Landesdurchschnitt (9,5%). Mit 44% der Betrieb als Nebenerwerbsbetrieb. liegt der Anteil Haupterwerbsbetriebe 742 von 1.068 antragstellenden Betrie- deutlich über dem Durchschnitt (31%). Viele Ökobetriebe ben gaben 2009 an, Nebenerwerbsbe- Bis auf wenige Ausnahmen halten wurden durch triebe zu sein. Nebenerwerbsbetriebe alle Öko-Betriebe Vieh. Damit korres- Absolventen der dominieren bezüglich ihrer Anzahl pondiert ein hoher Grünlandanteil an Uni Witzenhausen (69% aller Betriebe im Werra-Meißner- der Flächenausstattung: ca. 2.000 ha gegründet Kreis), nicht aber bezüglich des Anteils werden als Wiesen und Weiden kon- an der landwirtschaftlichen Fläche trolliert ökologisch genutzt. Geografi- (24% Anteil an LF). scher Schwerpunkt der Ökobetriebe Darf man bei den Haupterwerbsland- ist Witzenhausen und Bad Sooden- wirten durchweg eine maximale Ge- Allendorf. Eine Reihe von Studienab- winnerzielung als vorherrschende Moti- solventInnen des Agrarfachbereichs vation unterstellen, so stellt sich dieser Kassel-Witzenhausen haben hier in Sachverhalt bei der Gruppe der Neben- den letzten drei Jahrzehnten Öko-Be- erwerbslandwirte differenzierter dar. Es triebe gegründet. So ist auch das mit darf unterstellt werden, dass unterhalb durchschnittlich 45 Jahren vergleichs- einer bestimmten Flächenausstat- weise niedrige Alter der Betriebsleiter tung in der Regel kein nennenswerter (kreisweit: 49 Jahre) zu erklären. Gewinn aus dem Erlös von Produkten mehr erzielt werden kann.

14 15 2. Landwirtschaft im Überblick Nutzungsanteile Ausprägung der Landwirt- 50-75% Grünlandanteil schaft in den 16 Kommunen 75-100% Grünlandanteil Die Landwirtschaft in den Kommunen 50-75% Ackerlandanteil des Werra-Meißner-Kreises hat sehr 75-100% Ackerlandanteil unterschiedliche Ausprägungen, die Wald im wesentlichen auf die standörtlichen Verhältnisse (Kapitel 1) zurückzuführen sind.

Eine ackerbaubetonte Landwirt- schaft weisen die im Unteren Wer- rabergland gelegenen Kommunen Eschwege, Meinhard, Wanfried und Wehretal sowie Neu-Eichenberg auf. Die Ackerflächenanteile liegen hier zwischen 78 (Meinhard) und 93% (Wanfried). In Neu-Eichenberg prägt die Landwirtschaft das Landschafts- bild am stärksten (Flächenanteil: 71%), während in Meinhard landwirt- schaftliche Flächen nur 26% Anteil an der kommunalen Fläche haben. Die Schlaggrößen liegen zumeist über dem Ackerflächen- bzw. Grünlandanteile der Gemarkungen im Werra-Meiß- Kreisdurchschnitt von 1,3 ha, wobei ner-Kreis. Stark grünlandbetont sind die Gemarkungen von Großalmerode Neu-Eichenberg mit durchschnittlich und Hessisch Lichtenau, außerdem die südlichen Bereiche Witzenhausens 2,9 ha besonders hervorzuheben ist. sowie Teilbereiche der Kommunen Waldkappel und Ringgau. Charakteristisch ist auch die relativ geringe Betriebsdichte, die in Neu- Schlaggrößen Schlag- Eichenberg gerade einmal bei 10 > 3 ha Betrieben pro 1.000 ha LF liegt und 2 - 3 ha auch in Wanfried, Wehretal, Eschwege 1 - 2 ha und Meinhard unter dem Kreisdurch- < 1 ha schnitt von 25 Betrieben pro 1.000 ha LF verortet ist. Die Flächen werden von überdurchschnittlich vielen Haupter- werbsbetrieben bewirtschaftet. Vieh- haltung spielt in den ackerbaubetonten Kommunen eine untergeordnete Rolle, die Tierdichte liegt zwischen 0,1 (Wan- fried) und 0,4 Großvieheinheiten pro ha LF (Meinhard).

Der Schwerpunkt der Tierhaltung liegt im Westen und Süden des Kreis- gebietes. Großalmerode und Hes- sisch Lichtenau sind standortbedingt durch überdurchschnittlich hohe Grün- landanteile an der LF (91 bzw. 64%) charakterisiert. Rinder-, Schaf- und Pferdehaltung dominieren (Kapitel 3). In den Gemarkungen Hessisch Lichte- Durchschnittliche Schlaggrößen der Gemarkungen im Werra-Meißner- nau tritt die Landwirtschaft zugunsten Kreis. Mit 1,32 ha liegt der Werra-Meißner-Kreis im Durchschnitt Nordhes- des Waldes zurück. Auffallend gering sens. Schlaggrößen unter 1 ha kennzeichnen die Gemarkungen um den ist hier auch der Anteil der Haupter- Hohen Meißner.

16 17

2. Landwirtschaft im Überblick Kennzahlen zur landwirtschaftlichen Struktur in den Kommunen LF Acker/Grünland Schlag- Betriebs- Tierdichte Haupt-/Neben- Flächen ha % Verhältnis größe dichte GV/ha LF erwerbsbetriebe HE - NE (%) Ø, ha / 1.000 ha Verhältnis (%) Ø ha

Bad Sooden-Allendorf 2.432 33 51 49 0,8 27 0,6 29 71 90 - 9 Berkatal 977 50 69 31 0,5 38 0,2 17 83 118 - 8 Eschwege 2.739 43 80 20 1,4 21 0,3 41 59 91 - 20 Großalmerode 1.413 38 9 91 0,9 25 0,8 30 70 122 - 12 Herleshausen 2.946 49 68 32 1,5 19 0,4 33 67 97 - 11 Hessisch Lichtenau 2.812 27 36 64 1,2 31 0,7 22 78 91 - 14 Meinhard 1.018 26 78 22 1,1 24 0,4 28 72 82 - 10 Meißner 1.560 35 73 27 0,7 42 0,2 7 93 66 - 15 Neu-Eichenberg 1.942 71 91 9 2,9 10 0,3 40 60 128 - 26 Ringgau 3.554 53 55 45 1,4 26 0,6 31 69 79 - 13 Sontra 4.903 44 61 39 1,3 25 0,8 32 68 82 - 11 Waldkappel 3.637 38 61 39 1,1 26 1,0 49 51 61 - 14 Wanfried 2.302 49 93 7 1,5 14 0,1 45 55 138 - 10 Wehretal 1.973 50 89 11 1,3 14 0,3 39 61 134 - 12 Weißenborn 576 37 60 40 0,8 21 0,4 33 67 132 - 9 Witzenhausen 4.459 35 65 35 1,4 31 0,3 24 76 102 - 13

Erläuterungen: Acker/Grünlandverhältnis: prozentualer Anteil Acker- und Grünland an landwirtschaftlicher Nutz- fläche (LF) der Kommunen. Schlaggröße: Schlag= Bewirtschaftungseinheit. Betriebsdichte:Anzahl Betriebe pro 1.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche. Tierdichte: Anzahl Großvieheinheiten (GV= Rinder, Schweine, Pferde, Schafe) pro ha. Quellen: Auswertung Antragsunterlagen 2009, Hessische Gemeindestatitik.

werbsbetriebe. Großalmerode hat (Kleinalmeröder Hügelland, Soodener insbesondere im Bereich des Meißner- Bergland, südlicher Ringgau) dagegen Westhangs und des Gelstertals klei- sind kleinstrukturierter und durch Ne- ne Schlagstrukturen. Annähernd die benerwerbslandwirtschaft geprägt. Hälfte des Tierbestandes im Kreis wird in Waldkappel, Ringgau und Sontra Eine Besonderheit stellen die land- Jeder zehnte Be- gehalten. Schwerpunkte der Schweine- wirtschaftlichen Verhältnisse der trieb liegt in Berkatal haltung sind in Waldkappel und Sontra, Kommunen Berkatal und Meißner oder Meißner, hier während Ringgau durch Rinderhaltung dar. Die sehr geringen Schlaggrößen gibt nur wenige gekennzeichnet ist. Waldkappel hebt dürften ursächlich auf die Tradition Haupterwerbsbe- sich im Kreis durch einen hohen Anteil der Realteilung zurückzuführen sein. triebe an Haupterwerbsbetrieben hervor, was Charakteristisch sind Nebenerwerbsbe- die große ökonomische Bedeutung der triebe, sowohl absolut gesehen (jeder Landwirtschaft unterstreicht. zehnte Betrieb im Kreis liegt in Berkatal oder Meißner) als auch bezüglich des Die Kommunen Witzenhausen, Bad Anteils an Nebenerwerbsbetrieben Sooden-Allendorf und Herleshausen (83% aller Betriebe in Berkatal, 93% in sind geografisch heterogen und haben Meißner). Die landwirtschaftlichen Flä- eine gleichfalls uneinheitliche landwirt- chen beider Kommunen werden also schaftfliche Struktur. In den Gunstlagen weit überwiegend durch Kleinbetriebe (vor allem Bereiche des Werratals) sind bewirtschaftet. Der geringe Tierbesatz die Verhältnisse den Strukturen der an- (je 0,2 GV/ha LF in Berkatal und Meiß- deren Werratal-Kommunen vergleich- ner) verweist auf den Umstand, dass bar. Die höher gelegenen Bereiche Veredelung zeitintensiv und im Neben-

16 17 2. Landwirtschaft im Überblick erwerb nur bedingt zu realisieren ist. Im Nordhessenvergleich nimmt der Ähnlich wie im Meißnervorland lie- Werra-Meißner-Kreis hinsichtlich der gen die Verhältnisse in Weißenborn. Pachtanteile eine Spitzenposition Weißenborn hat absolut gesehen mit ein. Dieser hohe Pachtanteil hat erheb- 576 ha die kleinste landwirtschaftliche liche Auswirkungen für die Betriebe, Nutzfläche und ist darüber hinaus mit z.B. hinsichtlich Schlaggrößen unter 1 ha kleinstruktiert. l der finanziellen Belastung durch Pachtzahlungen Eigentumsverhältnisse und l der eingeschränkten Planungssicher- heit aufgrund zeitlich limitierter Pacht- Pachtmarkt verträge Im Kreis ist der Die Mehrheit der landwirtschaftlich l der begrenzten Verfügungsgewalt Pachtanteil beson- genutzten Flächen im Werra-Meißner- über die Flächen ders hoch Kreis befindet sich nicht im Eigentum l der unterproportionalen betrieblichen der Bewirtschafter. Ca. 70 Prozent der Kreditsicherheiten Flächen sind gepachtet, Haupter- l der nur teilweise kompensierbaren werbsbetriebe bewirtschaften sogar wirtschaftlichen Einbußen bei Entzug durchschnittlich über 80 % Pacht- der Pachtfläche, z.B. bei Veräu- fläche. Dabei sind die Pachtanteile ßerung für außerlandwirtschaftliche im Kreisgebiet unterschiedlich verteilt: Zwecke (Quelle: Agrarplanung Nord- besonders hoch sind sie in den Acker- hessen 2010). bauregionen des Unteren Werraberg- lands (Quelle: Agrarplanung Nordhes- Die Höhe der ortsüblichen Pachtpreise sen 2010). lässt Rückschlüsse auf den Wert der örtlichen Flächen, aber auch über die Nachfragesituation, also den Flächen- bedarf, zu. Im Werra-Meißner-Kreis sind Ackerflächen ähnlich stark nachgefragt wie im Landkreis Kas- sel und im Schwalm-Eder-Kreis. Die Pachtnachfrage nach Grünlandfllächen ist allgemein deutlich geringer (Quelle: Agrarplanung Nordhessen 2010).

Hofnachfolge 95 Prozent der Betriebe sind als bäu- erliche Einzelunternehmen registriert, Pachtanteile: Anteil der Pachtflächen an der Gesamtfläche (Quelle: Agrar- planung Nordhessen 2010, Betriebsleiterbefragung 2007, 1.071 Befragte) d.h. der Landwirt ist in Person Unter- nehmer, Betriebsleiter und Arbeitskraft. Ein Blick auf die Altersstruktur der Betriebsleiter zeigt, dass hier keine deutlichen Unterschiede zu anderen nordhessischen Landkreisen bestehen: das durchschnittliche Alter liegt bei 49 Jahren. Sehr wichtig für unternehmeri- sche Entscheidungen ist die Frage der Hofnachfolge. Hier ist der Werra-Meiß- ner-Kreis überraschend günstig posi- tioniert. Im nordhessichen Vergleich ist mit 40% bei einem besonders großen Prozentsatz der Betriebe die Hofnachfolge bereits geklärt (Quelle: Agrarplanung Nordhessen 2010). Anteil der Betriebe ab 50 Jahre mit sicherem Hofnachfolger (Quelle: Ag- rarplanung Nordhessen 2010, Betriebsleiterbefragung 2007, 1.071 Befragte)

18 19 2. Landwirtschaft im Überblick Anzahl Betriebe in den Ortschaften des Werra-Meißner-Kreises

Orte ohne Haupterwerbsbetriebe

Anzahl Haupt- / Nebenerwerbs- betriebe im jeweiligen Ort

Präsenz landwirtschaftlicher Betriebe in den Orten des Werra-Meißner-Kreises (Antragsunterlagen 2009)

In den Dörfern: Landwirtschaft Rommerode, Hausen, Jestädt, Frieda, auf dem Rückzug Hitzelrode, Oetmannshausen, Hohen- In 30 der 116 Orte Viele Jahrhunderte lang war das Leben eiche, Gertenbach, Eichenberg und im Werra-Meißner- in den Dörfern des Werra-Meißner- Wommen. In 30 der 116 Ortschaften ist Kreis gibt es keine Kreises vor allem ein bäuerliches. Dies kein Haupterwerbsbetrieb mehr ansäs- Vollerwerbsbetriebe hat sich in nur wenigen Jahrzehnten sig. Zunehmend werden Gemarkungen mehr. völlig verändert. So gibt es heute Dör- teilweise oder auch schon vollständig fer, in denen Landwirtschaft für Dorfle- durch ortsfremde Betriebe bewirtschaf- ben und -bild praktisch kaum noch ein tet. Rolle spielt. Beispiele sind: Epterode,

18 19 2. Landwirtschaft im Überblick Auf rund 40 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Kreis wird Getreide angebaut (Foto: Manfred .W Graf). 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Der Werra-Meißner-Kreis ist in Bezug auf landwirtschaftliche Erzeug- nisse keine hochgradig spezialisierte Region. Aufgrund der hetero- genen standörtlichen Verhältnisse hat die Landwirtschaft einen viel- fältigen Charakter, Tierhaltung in Großbeständen fehlt fast völlig. Die Vermarktungswege verlaufen vorwiegend überregional, zugleich ist regionale Vermarktung traditionell oder auch als Innovation vergleichs- weise ausgeprägt.

Zum besseren Verständnis ist es Getreide nimmt mit rund 15.000 ha sinnvoll zu verdeutlichen, dass die den größten Anteil ein. Über 80 % im Werra-Meißner-Kreis ansässigen der Getreideanbaufläche entfällt auf landwirtschaftlichen Betriebe Teil eines Winter-Weizen (7.818 ha) und Winter- umfassenderen wirtschaftlichen Sys- Gerste (4.503 ha). Es folgen Triticale tems sind: der Agrar- und Ernährungs- (953 ha), Sommer-Gerste (612 ha), wirtschaft. Dies umfasst neben der Winter-Roggen (417 ha) und Hafer Auf 82% der Acker- Landwirtschaft auch den sogenannten (312 ha). flächen wachsen „vor- und nachgelagerten Bereich“. Die Vermarktung des Getreides er- Weizen, Gerste und Ein Schema (S. 21) verdeutlicht den folgt überwiegend über den regiona- Raps. Zusammenhang. Die Agrar- und Ernäh- len Erfassungsgroßhandel sowie bei rungswirtschaft hat sich in den letzten Futtergetreide an Betriebe wie die Jahrzehnten zunehmend global orga- Reinhardsmühle, (Sontra-Wichmanns- nisiert, gleichzeitig haben regionale hausen) sowie das Raiffeisen Kraftfut- Wertschöpfungsketten stark an Bedeu- terwerk Altmorschen. tung verloren. Vor allem Winter-Gerste und Triticale werden häufig innerbetrieblich zur Füt- 3.1 Pflanzenproduktion terung eingesetzt. Auf rund 24.500 ha der rund 39.000 ha landwirtschaftliche Nutzfläche* werden Sommer-Gerste findet als Vorprodukt Ackerkulturen angebaut, der Rest wird für die Braumalzherstellung Verwen- als Grünland genutzt. dung. Eine Reihe von Landwirten sind in einer Erzeugergemeinschaft Brau-

20 *Bezugsgröße: Auswertung Antragsunterlagen 2009 21 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Agrar- und Ernährungswirtschaft (Schema)

gerste organisiert und kooperieren mit beitet und an heimische Bäckereien der Eschweger Klosterbrauerei. Über vermarktet. Der Schwerpunkt liegt auf den Erfassungsgroßhandel und außer- Roggenmehl. Mit der Kronenmühle im halb der Region gelegene Mälzereien thüringischen Mackenrode (unweit Bad Die regionale gelangen Braumalzpartien in einem Sooden-Allendorf) und der Leinemühle Wertschöpfungsket- Umfang von ca. 500 Tonnen Sommer- Niedergandern (bei Friedland) beliefern te Landwirtschaft Gerste pro Jahr zur Bierherstellung noch zwei weitere Mühlen heimische - Mühlen - Bäcke- nach Eschwege. Dies entspricht in Bäckereien. Der bei weitem größte Teil reien ist weitest- etwa 20 % der kreisweiten Anbaufläche des in regionalen Bäckereien verarbei- gehend nicht mehr von Sommer-Gerste. teten Mehls stammt jedoch aus Groß- vorhanden mühlen, die vor allem in Norddeutsch- Einer umfänglichen regionalen Ver- land und Thüringen ansässig sind. marktung von Brotgetreide im Werra- Meißner-Kreis entlang einer durch- Ölfrüchte gängigen Wertschöpfungskette sind Winter-Raps nimmt nach Weizen und Grenzen gesetzt, denn die Getreide Gerste mit über 4.000 ha Flächenum- verarbeitenden Mühlen haben bis auf fang den dritten Platz ein. Die Vermark- die Mittelmühle in Wehretal-Reichen- tung erfolgt über den Erfassungsgroß- sachsen in den letzten Jahrzehnten handel. Winter-Raps ist Vorprodukt für ihren Betrieb eingestellt. Die Mittelmüh- Speise- bzw. Futteröle, Biokraftstoffe le Boeltzig bezieht Roggen und Weizen und technische Öle. Die Verarbeitung überwiegend direkt von Landwirten in erfolgt nahezu vollständig überregional, einem Radius von 30 km. Weniger als zumeist in einer von ca. 20 industriellen 1.000 Tonnen jährlich werden verar- Großmühlen Deutschlands.

20 21 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung F-XChang F-XChang PD e PD e

w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m o In der Pflanzenölmühle Meißner (Ger- o w c w c .d k. Landwirtschaftliche Kulturen 2009 .d k. ocu-trac merode) werden Speiseöle aus Rapsocu- trac Getreide 14.174,00 ha gepresst. 2010 wurde erstmals auch Winterweizen 7.818,44 ha Wintergerste 4.502,57 ha Mohn angebaut, ein Vorhaben, was Sommergerste 611,68 ha strengen Reglementierungen unter- Winterroggen 416,62 ha liegt und als Rarität gelten darf. Neben Hafer 385,15 ha Sommermenggetreide 207,03 ha Mohnöl wird Mohn direkt an heimische Sommerweizen 121,74 ha Bäckereien vermarktet. Wintermenggetreide 49,36 ha Dinkel 31,17 ha Körnermais 27,71 ha Ackerfutter Hartweizen 1,61 ha Silo-Mais wird nicht nur zur Rinderfüt- Zuckermais 0,26 ha alle anderen Getreidearten 0,64 ha terung verwendet, sondern in zuneh- mendem Maße auch als Substrat für Ölfrüchte 4.144,00 ha Biogasanlagen (siehe Kapitel 8). Winterraps 4.135,32 ha Sonnenblumen zur Körnergewinnung 4,96 ha Sommerraps 2,91 ha Hackfrüchte andere Ölfrüchte (z.B. Körnersenf) 0,54 ha Zuckerrüben stellen hohe Standort- Hülsenfrüchte 145,98 ha anforderungen und werden fast aus- Erbsen zur Körnergewinnung 93,72 ha schließlich im Unteren Werrabergland Acker-, Puff- und Pferdebohnen 49,61 ha Süßlupinen zur Körnergewinnung 0,81 ha angebaut. Der Flächenumfang liegt alle anderen Hülsenfrüchte 1,83 ha bei 646 ha. Besonders große Anteile

Ackerfutter 3.627,85 ha liegen in den Gemarkungen Eschwege, Silomais 1.398,74 ha Reichensachsen, Nieder- und Oberho- Ackergras 1.355,85 ha ne, Weidenhausen und Jestädt sowie Kleegras 668,31 ha sonstiges Ackerfutter 83,77 ha weiter werraabwärts in Ellershausen, Klee-Luzernegemisch 46,18 ha Wendershausen und Gertenbach. Klee 39,77 ha Zuckerrüben dienen als Rohstoff für die Luzerne 27,85 ha Futterhackfrüchte (z.B. Futterrüben) 7,38 ha Zuckerfabrikation und werden an die Zuckerfabrik Wabern (Südzucker AG), Hackfrüchte 711,44 ha Zuckerrüben 645,65 ha Schwalm-Eder-Kreis vermarktet. Kartoffeln 65,79 ha Kartoffeln waren früher ein typisches Produkt der landwirtschaftlichen Selbst- Gartenbau 47,11 ha Gemüse (Freiland) 25,06 ha versorgung. Nur wenige Betriebe bau- Erdbeeren (Freiland) 10,38 ha en Kartoffeln in größerem Umfang an. Heil- und Gewürzpflanzen 5,38 ha Blumen und nicht verholzende Zierpflanzen 3,84 ha Anbauumfang: ca. 65 ha. Alle anderen Handelsgewächse (z.B. Rollrasen) 1,22 ha Gartenbausämerei Obst und Gemüse 0,64 ha Gartenbau Blumen und Zierpflanzen unter Gras 0,31 ha Gemüse und Pilze (unter Glas) 0,28 ha Spargel wird im klimatisch begünstig- ten Werratal von drei landwirtschaft- Obstbau, Baumkulturen 222,60 ha lichen Betrieben in Bad Sooden- Kern- und Steinobst 127,99 ha Streuobstwiesen 51,16 ha Allendorf, Meinhard-Schwebda und in Sonstige Obstanlagen (Holunder) 13,93 ha kleinerem Umfang in Witzenhausen an- Weihnachtsbäume 13,70 ha Beerenobst 4,98 ha gebaut. Die Vermarktung erfolgt direkt Schnellwüchsige Forstgehölze 4,31 ha an Endkunden sowie an die heimische Baumschulen, nicht für Beerenobst 2,71 ha Gastronomie. Walnüsse 1,49 ha Chinaschilf (Miscanthus) 1,05 ha Pappeln 0,82 ha Freilandgemüse wird bevorzugt im Sonstige Dauerkulturen 0,44 ha Rhabarber 0,02 ha Werratal auf 25 ha angebaut, ein Schwerpunkt liegt im klimatisch beson- Stillegung 772,74 ha ders begünstigten Bereich um Heldra 20-jährige Stilllegung auf Uferrändern und in Auen 3,40 ha Ackerland aus der Produktion 698,51 ha und Altenburschla. Erdbeerplantagen Dauergrünland aus der Prod. 70,83 ha nehmen ca. 10 ha ein.

Grünland 14.212,56 ha Quelle: Antragsunterlagen 2009

22 23 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Obstbau: Kern- und Steinobst Dazu zählen Kirschen, Äpfel, Birnen und Zwetschen. Kreisweit liegt der Flächenanteil bei 126 ha. Den Schwerpunkt bilden mit 104 ha die Kirschenplantagen im Raum Witzen- hausen. Im Stadtgebiet sind vor allem die Kernstadt (41 ha), Unterrieden (27 ha), Wendershausen (16 ha) und Kleinalmerode (7 ha) die Bereiche mit großen Anteilen. Insbesondere Süßkirschen werden angebaut. Ein Großteil der geernteten Früchte wird über die Absatzgenos- senschaft Witzenhäuser Kirschen in Unterrieden vermarktet. Auch der Direktverkauf an Endkunden ist be- deutsam. Durch die Konkurrenz aus anderen Regionen Europas ist ein Ver- Kirschblüte, Raum Witzenhausen (Foto: Absatzgenossenschaft Unterrieden). drängungswettbewerb über den Preis zu beobachten. Dieser bedroht den Erwerbs-Kirschenanbau in der Region Witzenhausen in seinem Bestand.

3.2 Biomasse zur Energieer- zeugung Derzeit werden 5% der in Hessen be- nötigten Energie aus Biomasse herge- stellt, im Kassel sind es 8,7%. Genutzt werden Festbrenn- stoffe, biogene Gase sowie Biokraft- stoffe. Die Forst- und Abfallwirtschaft haben in Hessen jeweils 42% Anteil an der Substraterzeugung, auf die Land- wirtschaft entfallen 16%.*

Derzeit werden im Werra-Meißner- Kreis drei Biogasanlagen betrieben. In Waldkappel-Bischhausen (50 KW) und in Ringgau-Röhrda (190 KW) sind jeweils landwirtschaftliche Betriebe Be- treiber der Anlagen, in denen vorwie- Biogasanlage Wanfried gend Mist und Gülle vergoren werden. In der Biogasanlage Wanfried (730 KW) kommt ausschließlich Mais als für den Standort Eschwege sind am Substrat zum Einsatz. Dieser wird auf weitesten fortgeschritten. Nach jetzi- Die Stadt Wanfried ca. 250 ha Fläche angebaut. Betreiber gem Stand könnte in 2012 eine Biogas- deckt den komplet- ist die Bioenergie Wanfried GmbH & anlage mit einer Leistung von ca. 1.200 ten Strombedarf Co. KG, diese setzt sich aus fünf land- KW in Betrieb gehen. Substratträger aus regenerativen wirtschaftlichen Betrieben sowie dem soll wie in Wanfried Silo-Mais sein. Energien. Elektrizitätswerk Wanfried zusammen. Derzeit wird mit einem Flächenbedarf Weitere Anlagen werden für die Stand- von ca. 600 ha Silo-Mais zum Betrei- orte Bad Sooden-Allendorf, Sontra und ben der Anlage gerechnet. Eschwege projektiert. Die Planungen

22 * Quelle: Biomassepotentialstudie Hessen, 2008 23 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung (4.200 ha) zugrunde, ist festzustellen, dass mindestens 30 % der Grünland- fläche im Kreis als Extensivgrünland einzustufen ist.

Nach Auskunft von Dieter Böttner, Vorsitzender des Kreisimkervereins, sind derzeit drei Problemkreise für die Bienenhaltung relevant:

l Bienenverluste infolge Krankheiten l Geschätzte 60 Prozent der Bienen- völker im Kreisgebiet haben den Winter 2009/2010 nicht überlebt. Dies ist vor allem auf Befall mit Varoa-Milben zurückzuführen. l Saisonal und regional mangelhaftes Reichlich Bienenfutter - Mähwiese im Meißnervorland (Foto: M. Lenarduzzi). Futterangebot – Nach dem Verblü- hen von Haupttrachtkulturen wie Raps finden Bienen in der Feldflur kaum noch Blütenpflanzen. Dies Bienenhaltung und Landwirtschaft hat zur Folge, dass Imker dazu übergegangen sind, auch im Som- Die Haltung von Bienen ist für die mer die Bienenvölker zu füttern. l Landwirtschaft im Werra-Meißner- Bienenvölker sind durch unsach- Kreis von größerer Bedeutung. Bie- gemäßen Einsatz von Pflanzen- nen sind am Bestäubungsvorgang schutzmitteln gefährdet. beteiligt und haben daher auf Erträge Kulturbienen sind bestimmter landwirtschaftlicher Kultur- Hauptbestäuber pflanzen Einfluss. Dies sind insbeson- 3.3 Tierproduktion für einige landwirt- dere Raps sowie Kern- und Steinobst- schaftliche Kulturen kulturen. Schweinefleischerzeugung Im Werra-Meißner-Kreis sind rund 2009 hielten 407 der 1068 antragstel- 230 Imker aktiv. Ca. 5 von ihnen lenden Betriebe Schweine, nahezu betreiben Bienenhaltung gewerblich. alle (394) betrieben Schweinemast. In 2009 wurden kreisweit ca. 1.500 17.732 Mastschweineplätze wurden Völker gehalten (die tatsächliche 2009 kreisweit vorgehalten. Der durch- Anzahl dürfte höher liegen, die Zahlen schnittliche Mastschweinebestand lag beruhen auf Angaben der Imker). Ca. bei 45 Plätzen. Mehr als 3/4 der Betrie- ein Drittel aller Völker stehen in den be (76%) sind als Kleinsthalter (< 25 Gemarkungen Witzenhausens. Dies Plätze) einzustufen. ist ursächlich auch auf die verbreite- Nur 10 Betriebe haben mehr als 400 ten Kern- und Steinobstanlagen (126 Mastplätze. Zum Vergleich: der durch- ha) zurückzuführen. Bereiche wie die intensiv landwirtschaftlich genutzten Auen im Werratal hingegen sind für Bienenhaltung wegen eines mangel- haften Nahrungsangebots uninter- essant. Extensive Mähwiesen sind aufgrund der Entwicklungsmöglichkei- ten für Blütenpflanzen für die Bienen- haltung als günstige Trachtangebote einzustufen. Legt man die Umfänge der HIAP-Grünland-Vertragsflächen Mastschweine: Bestandsgrößen (Quelle: Antragsunterlagen 2009)

24 25 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung schnittliche Mastschweinebestand lag 2007 in Thüringen bei 544, in Nieder- Anzahl Schweine (Plätze) / Ort sachsen bei 576 und in Sachsen-An- halt bei 1.076. 2.000 Ein nicht unerheblicher Teil der Mast- 1.000 schweine wird für den Eigenbedarf 500 gehalten, im eigenen Betrieb verarbei- tet oder an regional ansässige Metzger vermarktet (siehe unten). Betriebe mit größeren Kapazitäten organisieren die Vermarktung über den Viehhandel (Raiffeisen Vieh und Fleisch, Viehzen- trale Südwest u.a.). Von hier gelangen die Mastschweine in Schlachtstätten, die außerhalb des Kreises liegen, dies sind insbesondere: Paderborn (Westfleisch), Nora bei Weimar (Vion), Weißenfels (Tönnies), Heiligenstadt (Eichsfelder Zentralschlachthof), Kas- sel, Fulda. Neben der Schweinemast werden von 79 Betrieben Zuchtsauen zur Ferkel- erzeugung gehalten. Die Grafik unten zeigt die Bestandsgrößen, sie liegt im Schnitt bei 37 Zuchtsauen. Insbe- sondere kleinere Betriebe nutzen die Ferkel ganz oder teilweise zur eigenen Aufzucht als Mastschweine (geschlos- Schweinebestände (Mastschweine, Zuchtsauen, jeweils Stallplätze) in den Orten im Werra-Meißner-Kreis (Quelle: Antragsunterlagen 2009) senes System). Der größte Teil der Fer- kel wird an den Viehhandel bzw. direkt an Mastbetriebe vermarktet. sind 18 Metzgereien, die übrigen 12 sind „Kombibetriebe“ (Landwirtschaft und Metzgerei, teilweise zusätzlich auch Gastronomie). Unter den nicht zulassungspflichtigen Betrieben sind mindestens 9 weitere landwirtschaftli- Im Werra-Meißner- che Betriebe. Kreis gibt es 30 Darüber hinaus gibt es eine größere Schlachtstätten mit Anzahl von landwirtschaftlichen Be- EU-Zulassung trieben, die im Rahmen einer Haus- Zuchtsauen: Bestandsgrößen (Quelle: Antragsunterlagen 2009) schlachtung Schweine schlachten (lassen). Die Hausschlachtungen sind seit Jahrzehnten rückläufig. In 2005 Schlachtungen und Fleischverarbei- waren es noch knapp 4.500, in 2009 tung im Werra-Meißner-Kreis wurden 2.660 Hausschlachtungen von Aktuell sind 61 Betriebe behördlich re- Schweinen registriert. gistriert. Davon haben 34 Betriebe eine EU-Zulassung, die übrigen 27 benö- Die Zahl der gewerblichen Schlach- tigen keine solche. Von den 34 EU- tungen lag 2008 bei knapp 33.000 bei. zugelassenen Betrieben arbeiten 30 2009 waren es noch knapp 18.792. mit gewerblicher Schlachtung, 4 haben Grund für den drastischen Rückgang keine Schlachtstätte, verarbeiten also war die Schließung einer Schlachtstät- nur. Unter den 30 Schlachtbetrieben te in Waldkappel-Hartmuthsachsen.

24 25 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Anzahl Milchkühe / Ort

300

200 100

Milchvieh: Bestandsgrößen (Quelle: Antragsunterlagen 2009)

45 Milchkühen. Die Grafik zeigt die Streuung der Bestandsgrößen.

Die Milchviehhaltung im Werra- Meißner-Kreis hat zwei geografische Schwerpunkte: zum einen die grün- landintensiven Gebiete in Großalmero- de am Meißner-Westhang und in Hessisch Lichtenau, zum anderen die Kommunen Waldkappel, Sontra und Ringgau. 90 der 147 Betriebe liegen hier. Milchkuhbestände in den Orten im Werra-Meißner-Kreis (Quelle: An- tragsunterlagen 2009) Die Vermarktung der Milch erfolgt fast ausschließlich über Molkereien. Ca. 95% der im Kreis erzeugten Milch wird an die Humana Milchunion eG Milcherzeugung verkauft. Die Milch der angeschlos- Im Werra-Meißner-Kreis sind 147 der senen Milcherzeuger wird im Raum 425 rinderhaltenden Betriebe Milcher- westlich der B27 in das Werk Rimbeck 6.600 Milchkühe zeuger. Milchvieh wird fast ausschließ- (Nordrhein-Westfalen, bei Warburg) geben rund lich von Haupterwerbsbetrieben (131) transportiert, für östlich der B27 lie- 48.000.000 kg Milch gehalten, für Nebenerwerbsbetriebe gende Betriebe ist das Werk in Erfurt ist die Milchproduktion aus arbeitswirt- zuständig. Einige Betriebe aus dem schaftlichen Gründen kaum realisier- Raum Großalmerode haben Verträge bar. mit der Schwälbchen Molkerei Jakob Milchviehhaltung wird zumeist neben Berz AG, diese Milch wird in Marburg weiteren Betriebszweigen in Gemischt- verarbeitet. Im äußersten Norden des betrieben praktiziert. Ca. 65 der 147 Kreisgebietes gibt es Lieferbeziehun- Betriebe dagegen sind komplett auf gen zur Nordmilch AG, die zu großen Milcherzeugung spezialisiert. Zu- Milchvieh wird vor Teilen ebenfall nach Rimbeck gelangt. sammengenommen weisen alle Betrie- allem im Südkreis Die Milch der kontrolliert ökologisch be im Kreis eine Referenzmenge von und im Gelstertal wirtschaftenden Betriebe gelangt nach 48.407.365 kg auf. Der Anteil an Milch gehalten Willingen-Usseln zur Upländer Bau- aus kontrolliert ökologischer Erzeugung ernmolkerei. an der Gesamtmenge liegt bei 2% und Nahezu die gesamte Milch wird also wird von vier der 147 Betriebe erzeugt. außerhalb des Werra-Meißner-Kreises In den Ställen stehen 6.629 Milchkü- verarbeitet. he, der Bestandsdurchschnitt liegt bei

26 27 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung

Rindfleischerzeugung Anzahl Mast- bzw. 242 der 425 Rinderhalter sind Bullen- Extensivrinder / Ort bzw. Ochsenmäster. In 2009 wurden von diesen Betrieben 3.589 Bullen/ 300 Ochsen gehalten. Der Anteil an kon- trolliert ökologisch gehaltenen Tieren 200 lag bei 12% (427 Tiere), der Anteil der 100 Ökobetriebe bei 21 (9%). 41 Betriebe sind Mutterkuh- bzw. Ammenkuhhal- ter im Haupterwerb, diese halten 688 Mutterkühe. In dieser Gruppe haben Ökobetriebe mit 26% überdurch- schnittlich hohe Anteile, der Anteil an kontrolliert ökologisch gehalte- nen Mutterkühen lag sogar bei 35%. Die zur Rindfleischerzeugung gehalte- nen Tierbestände sind an Räume mit größeren Grünlandanteilen gekoppelt. Bemerkenswert sind die Bestandsgrö- ßen in Waldkappel-Hetzerode sowie im Ringgau, insbesondere in Lüderbach. Die Vermarktung der Tiere erfolgt in der Regel über den Viehhandel, zu kleine- Bullen, Ochsen, Mutter- ren Teilen auch an Metzgereibetriebe und Ammenkühe in den Orten oder im Direktabsatz an Endkunden. im Werra-Meißner-Kreis (Quelle: Antragsunterlagen 2009) Schaffleischerzeugung und -haltung Anzahl Schafe / Ort 163 landwirtschaftliche Betriebe im Werra-Meißner-Kreis hielten 2009 1.500 9.857 Schafe. 6 dieser Betriebe sind im Haupterwerb auf Schafhaltung 1.000 spezialisiert und halten zusammen 500 54% (5.350) der Schafe. Drei dieser vergleichsweise großen Schäfereien sind kontrolliert ökologische Betriebe. Insgesamt wirtschaften 13% der Schafhalter kontrolliert ökologisch, ca. 50% der im Werra-Meißner-Kreis von landwirtschaftlichen Betrieben gehaltenen Schafe stammen aus kontrolliert ökologischen Betrieben. Nahezu alle der 6 Großbetriebe sind nicht älter als 20 Jahre. Die Schwerpunkte der Schafhaltung liegen in den grünlandbetonten Gemar- kungen von Witzenhausen (2.200), Bad Sooden-Allendorf (2.171), Großalmerode (1.808) und Hessisch Lichtenau (850). Diese Kommunen vereinen über 70% des Bestands auf sich. Eine Ausnahme bildet die ebenfalls durch hohe Grünlandanteile gekennzeichnete Kommune Ringgau, hier spielt traditionell fast ausschließ- lich Rinderhaltung die Hauptrolle. Schafbestände in den Orten im Werra-Meißner-Kreis (Quelle: Antragsunterlagen 2009)

26 27 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Pferdehaltung Circa jeder vierte landwirtschaftliche Betrieb (258) im Kreisgebiet hält Pferde bzw. Ponys. Aber nur für einen kleinen Teil, ca. 12 Betriebe, sind Zucht, Reit- betrieb oder Pensionspferdehaltung tragende Betriebszweige. Auf den 258 landwirtschaftlichen Be- trieben wurden in 2009 1.354 Pferde und Ponys gehalten. Daneben gibt es weitere 387 Pferdehalter mit 895 Pfer- den, die keinen landwirtschaftlichen Betrieb angemeldet haben.

Hauptgestüt Altefeld, Herleshausen-Altefeld (Foto: Manfred W. Graf).

Anzahl Pferde/Ponys / Ort

Pferde und Ponys: Bestandsgrößen 300 (Quelle: Antragsunterlagen 2009) 200 100

Pferde und Ponys auf landwirtschaftlichen Betrieben in den Orten im Werra-Meißner-Kreis (Quelle: Antragsunterlagen 2009)

28 29 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung 3.4 Einkommensalternativen / Diversifizierung Landwirtschaftliche Betriebe erzielen ihr Einkommen in erster Linie aus der primären Nahrungsmittelproduktion. Zusätzlich werden in zunehmendem Maße Einkommensalternativen ge- nutzt, die in mehr oder weniger engem Zusammenhang mit der landwirt- schaftlichen Produktion stehen. Dieser Prozess der Diversifizierung* hat für die Landwirtschaft im Werra-Meißner- Kreis verglichen mit anderen nordhes- sischen Landkreisen eine relativ große Bedeutung. Stammen nordhessenweit rund 8% des Betriebseinkommens aus Einkommensalternativen, so sind es im Werra-Meißner-Kreis über 13%.** Die Einkommensalternativen lassen sich kategorisieren in landwirtschafts- nahe Dienstleistungen, Erzeugung und Vermarktung regionaltypischer Produk- te und Direktvermarktung sowie Erho- einigen Jahren ist aber auch mit wach- lung und Tourismus. sendem Bekanntheitsgrad traditionel- ler Wurst aus Nordhessen ein stetig 3.4.1 Dienstleistungen steigender überregionaler Absatz zu Durch Lohnarbeiten wie Mähdrusch, beobachten. Heupressen, Pflanzenschutzausbrin- Dabei ergeben sich völlig neue Ab- Die Herstellung gung, Silomaisernte u.a. kann die satzwege: Kunden können über das traditioneller Auslastung und damit die Rentabilität Internet angesprochen werden und Wurstwaren ist ein der eigenen Maschinen erhöht werden. online bestellen. Der Online-Verkauf wichtiger Bereich Teilweise werden für diese Dienstleis- ist ein stark wachsender Absatzweg. der Diversifizierung tungen eigens Geräte angeschafft. Auch Kleinbetriebe haben prinzipiell die Auch Hausschlachtungen werden als Chance, hiervon zu profitieren. Darü- Dienstleistung angeboten. berhinaus finden traditionelle Wurstwa- ren auch ihren Weg in den Einzelhan- 3.4.2 Erzeugung und Vermarktung del. regionaltypischer Produkte / Direkt- Auf dem Markt traditioneller Wurstwa- vermarktung ren haben landwirtschaftliche Betriebe einen prinzipiellen Vorteil gegenüber Wurstwaren ihren Mitbewerbern aus dem Ernäh- Auf nahezu jedem zweiten Betrieb rungshandwerk: die Fertigungstiefe. werden Schweine gehalten, sehr häufig Von der Erzeugung des Futters über für den Eigenbedarf. Das Interesse an die Aufzucht der Schweine, ggf. und das Wissen um Selbstversorgung Schlachtung bis zur Verarbeitung mit Fleisch und Wurst aus Schwein des Fleisches liegen alle Arbeits- und Rind ist immer noch verbreitet. Auf schritte im Einflussbereich des Be- diesem Wissen um die Hausschlach- triebsleiters. So sind Betriebe dieser tung aufbauend haben eine ganze Art einer der schärfsten Kontrapunkte Reihe von landwirtschaftlichen zur überwiegend praktizierten groß- Betrieben mit der Wurstherstellung maßstäblichen Wurstherstellung. Ein aus den eigenen Schweinen „ihre“ Marketingargument, welches zukünf- Nische gefunden. Die Vermarktung tig noch mehr an Gewicht gewinnen erfolgt überwiegend regional. Seit dürfte.

28 * Diversifizierung: Aufbau neuer oder andersartiger Betriebszweige. 29 ** Agrarplanung Nordhessen, Betriebsleiterbefragung 2007 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Damit wird es dann erstmals im Werra- Meißner-Kreis möglich sein, Früchte zu Destillaten zu veredeln. Der Spargelanbau im Werratal ist noch relativ neu und wird von drei Landwirten betrieben (siehe S. 22).

Streuobst Ca. 60 Mitglieder zählt die Streuobst- initiative Werra-Meißner, darunter sind viele landwirtschaftliche Betriebe. Streuobstäpfel und -birnen werden gemeinschaftlich gesammelt und bei der Kelterei Elm (, Landkreis Fulda) zu Säften gepresst und abge- füllt bzw. zu Apfelcidre und Apfelwein weiterverarbeitet. Darüber hinaus wird aus Äpfeln der Streuobstinitiative ein Mohnanbau bei Germerode, 2010 (Foto: Marco Lenarduzzi). Apfel-Schaumwein hergestellt (Kellerei Döhne, Schauenburg-Breitenbach). Die Vermarktung erfolgt über einen regio- Käse nal ansässigen Getränkegroßhändler. Die Herstellung von Käse hat sowohl im Werra-Meißner-Kreis als auch in Hofläden ganz Nordhessen keine lang zurück- Über 25 landwirtschaftliche Betriebe reichenden traditionellen Wurzeln. Alle verkaufen in eigens eingerichteten heute vorhandenen Käsereien sind Räumlichkeiten ab Hof direkt an End- kaum älter als 20 Jahre. kunden. Weitere Verkaufsstellen sind mobiler Art (Verkaufswagen), selten Das Angebot regio- Im Werra-Meißner-Kreis gibt es derzeit auch Geschäfte außerhalb des land- naler Spezialitäten 5 Käsereien. Drei von ihnen verarbei- wirtschaftlichen Betriebs. Besonders ist ein besonders ten Milch aus dem eigenen Betrieb: erwähnenswert ist der kürzlich neu vielfältiges. l Der Kreuzhof, Ringgau-Renda eröffnete Laden der Absatzgenossen- (Ziegenkäse), schaft Unterrieden. Hier wird neben l Josephshof, Berkatal-Frankenhain den eigenen Erzeugnissen aus Obst (Kuhmilchkäse, Schafskäse), ein sehr breites Zusatzsortiment an re- l Schulbauernhof Oberrieden gionalen Produkten anderer Hersteller (Kuhmilchkäse). aus dem ganzen Werra-Meißner-Kreis angeboten. Zwei weitere Käsereien kaufen Milch zur Weiterverarbeitung: 3.4.3 Tourismus und Freizeit l Jausenstation, Großalmerode- Nur wenige landwirtschaftliche Betrie- Weißenbach (Kuhmilchkäse, Ziegen- be haben sich weitere wirtschaftliche käse), Standbeine im Bereich Tourismus und l Ringgauer Landkäserei, Granden- Freizeit aufgebaut. born (Kuhmilchkäse). Gastronomische Dienstleistungen sind das Betreiben von Hofcafés bzw. Hof- Weitere Erzeugnisse restaurants, ggf. ergänzt um Außer- Beerenobst und Erdbeeren werden Haus-Service (Catering). Ebenfalls nur von einigen Betrieben zu Fruchtauf- gering verbreitet sind Übernachtungs- strichen verarbeitet und vermarktet. angebote wie „Urlaub auf dem Bauern- In Witzenhausen-Kleinalmerode ist hof“. eine Brennerei im Bau, deren Inbe- triebnahme ist derzeit für 2012 geplant.

30 31 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Umweltpädagogik: Der Schulbauern- hof Oberrieden Ein außergewöhnliches Angebot bietet der vor 10 Jahren gegründete Schul- bauernhof. Im Mittelpunkt der pädago- gischen Arbeit auf dem landwirtschaft- lichen Betrieb steht die Vermittlung grundlegender Fertigkeiten im Umgang mit Lebensmitteln und die Herstellung derselben. Zielgruppen sind vor allem Schulklassen. Die Gäste kommen aus ganz Deutschland.

3.5 Regionale Agrarmarketing- ansätze Insgesamt präsentiert sich ein auch im Nordhessenvergleich über- durchschnittlich vielseitiges und dynamisch wachsendes Angebot an regional erzeugten Lebensmitteln.

In gewissem Umfang entstehen hier auch neue regionale Wertschöpfungs- Käse, Kirschen und Wurst werben für den Werra-Meißner-Kreis (Motiv eines ketten. So wird zum Beispiel das er- Rollbanners der Werratal Tourismus Marketing GmbH) zeugte Obst (Kirschen) eines Herstel- lers nicht nur direkt verkauft, sondern tiven Bereich der regionalen Spezi- auch zum Vorprodukt für die Weiterver- alitäten in das Tourismusmarketing arbeitung bei einem anderen Hersteller einzubinden. Kooperationspartner ist (Trockenkirschen). Trockenkirschen dafür die Werratal Tourismus Marketing wiederum werden über andere Hoflä- GmbH in Eschwege. Bislang umge- den bzw. in Geschäften des regionalen setzt wurde unter anderem: Ernährungshandwerks verkauft. Der Austausch und die Zusammenar- l Werratal Culinarium Veranstal- beit unter den Herstellern ist wesent- tungskalender, jährlich erscheinend Werratal Culinarium licher Motor für diese Entwicklungen. - Hoffeste, Workshops, Fürhungen, - Einbindung regio- Teil dieser Netzwerke sind auch zu- Märkte naler Spezialitäten nehmend wieder Betriebe des Ernäh- l Werratal-Shop (www.werratal-shop.de) in das Tourismus- rungshandwerks und vereinzelt auch Internet-Shop mit regionalen Spezia- marketing die regionale Gastronomie. litäten. Shop-Dienstleister: Gemein- nützige Werkstätten Eschwege. Diese Netzwerke aus landwirtschaft- l www.werratal-culinarium.de lichen Betrieben, Ernährungshand- Internetpräsenz, Teilbereich von werk und Gastronomie sind die www.urlaub-werratal.de Grundlage für regionale Makreting- ansätze. Naturparkküche Seit einigen Jahren arbeitet der Natur- Werratal Culinarium park Meißner-Kaufunger Wald erfolg- In 2006 begannen beim Fachdienst reich an der Profilierung des gastrono- Ländlicher Raum Aktivitäten, den mischen Angebots. Sektor der regionalen Lebensmittelher- Zukünftig sollen Werratal Culinarium stellung durch geeignete Maßnahmen und Naturparkküche aufeinander ab- zu profilieren. Unter der Bezeichnung gestimmt weiterentwickelt werden. Werratal Culinarium wurden Ansätze Darüber hinaus gibt es das Netzwerk entwickelt, um den zweifellos attrak- Bioregion im Werratal*.

30 * www.bioregion-im-werratal.de 31 3. Landwirtschaftliche Erzeugung und Vermarktung Submediterrane Halbtrockenrasen bei Kammerbach.

4. Landschaftspflege Unsere Landschaft mit Feldern, Wiesen, Hecken und Wäldern ist durch jahrhundertelanges Wirtschaften durch den Menschen entstanden. Die kleinteilige Landnutzung brachte eine abwechslungsreiche Landschaft mit vielfältigen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere hervor. Viele dieser Lebensräume sind heute durch Nutzungsaufgabe oder -intensi- vierung bedroht und können nur durch landschaftspflegerische Maß- nahmen erhalten werden.

Die Erhaltung und Entwicklung der nung getragen. Die Zielsetzung zu vielfältigen Kulturlandschaft Hes- realisieren, bedingt in der Regel eine sens (hier der Werra-Meissner-Kreis) Extensivierung genutzter land- durch extensive Nutzungs- und Bewirt- wirtschaftlicher Flächen (kein oder schaftungsformen und die Schaffung verminderter Einsatz von Dünger, keine Fördergrundlage eines Verbundes von Gebieten, die Pflanzenschutzmassnahmen) und und Instrumente der der natürlichen Entwicklung über- kann folglich nur umgesetzt werden, Landschaftspflege lassen werden sollen, sind zentrale wenn die betroffenen Landwirte für die in Hessen Ziele der hessischen Naturschutz- verminderten Erträge Entschädigun- politik. Dabei soll insbesondere im gen erhalten. Dies geschieht über die Rahmen naturverträglicher Flächen- Förderprogramme im Rahmen der nutzungen gewährleistet werden, dass Agrarumweltmaßnahmen (AUM), wie ausreichend bemessene Lebensräume zum Beispiel durch HELP (Hessisches für die wildlebenden Tier- und Pflan- Landschaftspflege Programm), HEKUL zenarten, insbesondere für gefährdete (Hessisches Kulturlandschafts Pro- und vom Aussterben bedrohte Arten, gramm) oder HIAP (Hessisches Integ- gesichert und entwickelt werden. Auf riertes Agrarumweltprogramm)*. diese Weise wird auch dem Schutz der natürlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft angemessen Rech-

32 *) HIAP ist das Nachfolgeförderprogramm von HELP und HEKUL, die in 33 2005 letztmals aufgelegt wurden (Vertragslaufzeit in der Regel 5 Jahre). 4. Landschaftspflege Biotop- bzw. Lebensraumtypen l Streuobst l Gewässer l Röhrichte, Feuchtbrachen, Hoch- staudenfluren und Seggensümpfe l Magere Flachland-Mähwiesen l Berg-Mähwiesen l Grünland feuchter bis nasser Stand- orte l Pfeifengraswiesen auf kalkreichen Böden l Grünland wechselfeuchter Standorte l Kalk-Trockenrasen (besonders Be stände mit Orchideen) l Submediterrane Halbtrockenrasen l Borstgrasrasen Trollblumen, Berg-Mähwiese auf dem Hohen Meißner l Äcker basenreicher Standorte (Kalkäcker)

Grundlage für die Fokussierung auf Flächen, die aus naturschutzfachlicher Sicht durch AUM gefördert werden sollen, stellt das regionale Agrarum- weltkonzept (RAK) dar. Im RAK wird der regionale Konsens über die Not- wendigkeit und Setzung der Prioritäten für die Durchführung der Maßnahmen nach dem HIAP erreicht und die kon- zeptionellen Voraussetzungen für des- sen effektive und effiziente Umsetzung geschaffen. Das RAK dient zur lokalen Steuerung des effektiven und zielori- entierten Einsatzes von AUM durch die Festsetzung von fachlichen, zeitlichen Schafbeweidung eines Halbtrockenrasens im FFH-Gebiet „Rösberg“ bei Rommerode und räumlichen Prioritäten und Bün- delung aller Kräfte und Mittel. Gerade für den Werra-Meißner-Kreis bildet das 4.1 Schutzgebiete im Werra- RAK daher die Fachgrundlage für die Meißner-Kreis Verteilung von Agrarfördermitteln für Teilweise überschneiden sich die ein- Naturschutzmaßnahmen. Die im RAK zelnen Schutzkulissen. Hervorzuheben fokussierten Gebietskulissen beinhal- sind die zahlreichen, nach EU-Recht ten im Wesentlichen folgende Natur- geschützten Natura 2000-Gebiete. räume (Natura 2000, siehe Kapitel 4.3): l Habitate und Arten gemäß Flora- Fauna-Habitat (FFH) und gem. Schutzgebiete im Werra-Meißner- Vogelschutz (VS) Richtlinien Kreis l Naturschutzgebiete (NSG) l Biotoptypen insbesondere mit Arten 102.470 ha Kreisfläche von besonderer Bedeutung l Biotopverbund-Bereiche davon: l Lokale Naturschutzprojekte l Wasserschutzgebiete 30.347 ha Natura-2000-Gebiete l Erosionszonen 19.720 ha Wasserschutzgebiete 3.390 ha Naturschutzgebiete

32 33 4. Landschaftspflege Landwirtschaft in FFH- und Vogelschutzgebieten, Werra-Meißner-Kreis, 2010

Landwirtschaftliche Nutzflächen in Natura 2000 - Gebieten

Abgrenzung Natura 2000 - Gebiete

Wald

Magere Flachland-Mähwiesen, zu- meist ein- oder zweischürige Heuwie- sen, sowie Halbtrockenrasen machen flächenmäßig den größten Anteil ge- schützter Offenland-Lebensraumty- pen im Werra-Meißner-Kreis aus. Aber auch Sonderstandorte, wie Borstgras- rasen, Pfeifengraswiesen, Bergmäh- wiesen und Heiden, meist kleinflächig, sind durch die Landwirtschaft geprägte, artenreiche Lebensraumtypen.

Meißner-Westhang, Blick in das Gelstertal Richtung Laudenbach.

34 35 4. Landschaftspflege 4.2 Agrarumweltmaßnahmen Die aus naturschutzfachlicher Sicht HELP / HIAP - Vertragsflächen (ha ) einzigartige Struktur der Kulturland-

schaft des Werra-Meißner-Kreis ist HIAP Grünland 2010 4200 geprägt durch eine überregional he- rausragende, naturräumliche und Blühfl./Schonstr. 2011 210 biologische Vielfalt. Auf der roten Liste (geplant) anzutreffende Flora- und Faunaarten finden in diesem Naturraum Nischen, Blühfl./Schonstr. 2010 41 um ihre Bestände zu erhalten und zu HELP Grünland 2009 657 entwickeln. Dieser Zustand kann lang- (Laufzeit Ende 2009) fristig und nachhaltig nur durch eine dauerhafte ökonomische und ökologi- davon FFH+NSG 333 sche Sicherung der landwirtschaft- lichen Bewirtschaftung bewahrt 0 500 1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500 werden. Die Zielsetzung Natura 2000 ist daher sehr eng gekoppelt mit den zur Verfügung stehenden Fördermitteln HIAP - Ök. Anbauverfahren (Gesamtbetrieb, ha) der EU, des Landes und des Bundes. Die Erhaltung der Kulturlandschaft des HIAP-Ök-Grünland 2303 WMK stößt auf eine sehr breite Akzep- 2010 tanz der Landwirtschaft und der Bevöl- kerung und sollte durch die politischen HIAP-ÖK-Ackerland 1015 Vorgaben optimiert werden. 2010 Ein großer Teil der Betriebe beteiligt HIAP-Ök-Dauerkultur 93 sich am Hessischen Landschafts- 2010 pflegeprogramm (HELP), dem Hessi- HIAP-Ök-Gemüse schen Kulturlandschaftsprogramm 9 2010 (HEKUL) sowie dem neu aufgelegten Hessischen Integrierten Agrarum- weltprogramm (HIAP) und hat sich mit der Landschaftspflege ein zusätzli- ches Standbein geschaffen. 0 500 1000 1500 2000 2500 Im Rahmen des HIAP wird auch öko- logischer Landbau gefördert. Dieser trägt durch die Mehrung der Fruchtfol- geglieder und den Anbau von Sommer- Anbauverfahren (im Gesamtbetrieb früchten zur Biodiversität bei und dient mit Kontrollverfahren nach EU-Öko- durch die Reduktion von Dünge- und Verordnung), HIAP-Blühflächen/Schon- Die Erhaltung der Pflanzenschutzmitteln dem Boden- und streifen extensiv nach naturschutzfach- Kulturlandschaft Gewässerschutz. Seit 2010 wird ein lichen Vorgaben bewirtschaftet werden. im Kreis stößt auf zusätzlicher Anreiz zur Umstellung Dadurch lassen sich die Zielvorgaben breite Akzeptanz auf ökologischen Landbau geboten, des Regionalen Agrarumweltkonzeptes seitens der Land- indem für die ersten zwei Jahre nach (RAK), gerade im Hinblick auf Natur-, wirtschaft Umstellung höhere Beihilfen aus HIAP Gewässer- und Bodenschutz im Werra- gewährt werden. Meißner-Kreis optimal erreichen.

Die beiden Graphiken zeigen, dass ein beachtlicher Teil der 39.000 ha Land- wirtschaftsfläche im Kreisgebiet insbe- sondere durch die Förderprogramme HIAP-Grünland (Einzelflächenförde- rung, kein Einsatz von Dünger und Pflanzenschutz), HIAP-Ökologisches

34 35 4. Landschaftspflege HIAP-Grünlandvertragsnehmer 2009 (Anzahl) 4.2.2 Anzahl und Fläche der

Witzenh. 44 HIAP-Grünland-Vertragsneh- Ringgau 44 mer in den einzelnen Gemein- Bad Sooden Al. 42 Hess.-Licht. 41 den Sontra 35 M eissner 32 Die folgende Tabelle zeigt, dass es -XChan -XChan M einhard DF g DF g 20 P e eine sehr breite Streuung hinsichtlich P e Berkatal 20 der HIAP-Grünland Rahmenvertrags- Großalm. 19 w fläche gibt. w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m Waldkappel o o 15 w c w c .d k. .d k. ocu-trac ocu-trac Herleshausen 15 Eschwege 15 HIAP-Grünland Anzahl Anteil (%) Weissenborn 13 Vertragsfläche (ha) Wanfried 11 < 1 29 7,6 Wehretal 6 1 - 5 163 42,9

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 5 - 10 97 25,5 10 - 20 59 15,5 20 - 50 27 7,1 50 - 100 2 0,5 HIAP-Grünland Vertragsfläche 2009 (ha) > 100 3 0,8 Summen 380 100 Hess.-Licht. Bad Sooden Al. Wit z en h . Circa die Hälfte der Verträge beinhaltet Ringgau G ro ß alm . eine Vertragsfläche unter 5 ha, etwa Sontra 8 % eine über 20 ha. Bei den 3 Ver- Meis sner tragsnehmern mit einer Vertragsfläche Berka tal Wa ld ka pp el über 100 ha handelt es sich hierbei um Herle shausen Schäfereibetriebe. Sie bewirtschaften Meinhard Wa nf ried zusammen ca 450 ha, vorwiegend in Eschwege sensiblen Naturräumen. Die neben- Weissenborn stehenden Tabellen (Anzahl VN und Wehretal Vertragsfläche) weisen eine recht star- 0 100 200 300 400 500 600 700 ke regionale Abstufung hinsichtlich der Anzahl der VN und der Vertragsfläche auf. Gründe hierfür sind im wesentli- chen die Naturräume ( z.B. FFH-Gebiet Lichtenauer Hochland und Glimmerode- Hambach) mit hoher Priorität in punkto Fördermöglichkeiten, und die Betriebs- struktur (von großen Schäfereibetriebe bis hin zu Hobbylandwirten).

Landschaftliche Vielfalt - Hie- und Kripplöcher bei Frankershausen im FFH- Gebiet Meißner und Meißner-Vorland.

36 37 4. Landschaftspflege 4.2.2 AUM-Förderprogramme schutzrichtlinie sind die - Bedeutung für den Werra- Grundpfeiler des europäi- schen Schutzgebietssystems Meißner-Kreis Natura 2000, das seit 1992 den europäischen Natur- Eine Förderung im Rahmen von HIAP- schutz dominiert und ihm Grünlandverträgen erhielten 380 Be- erstmalig eine europaweit triebe für das Jahr 2009, davon 372 mit einheitliche Ausrichtung Betriebssitz im WMK. 58 Betriebe nah- vorgibt: Kern beider Richtli- men in 2009 am HIAP-Ökologisches- nien ist die Ausweisung von Anbauverfahren (Gesamtbetrieb) teil, Schutzgebieten zur Sicherung davon 54 mit Betriebssitz im WMK. der Schutzziele, die als FFH- Für die Bewirtschaftung von Flächen Gebiete oder Vogelschutz- im WMK in 2009 konnten durch die gebiete bezeichnet werden. AUM-Programme (HIAP-Grünland, Für die Ausweisung sind die Ökologisches Anbauverfahren, HELP, Mitgliedsstaaten verantwort- HEKUL) ca 1.500.000 € bewilligt lich, in Deutschland aufgrund werden. Sie stellen damit ein wichtiges seiner föderalen Struktur die Standbein für die Existenz von land- Arnikabestände, Berg-Mäh- einzelnen Bundesländer. Der Aus- wirtschaftlichen Betrieben dar und sind wiese Hausener Hute auf weisungsprozess hat mehrere Jahre dem Hohen Meißner die Grundlage für die Erhaltung der gedauert und wurde in Hessen 2008 wertvollen Kulturlandschaft im WMK. durch die Verabschiedung der „Verord- Ohne diese Fördermittel würden auch nung über die Natura 2000-Gebiete in viele Nebenerwerbs- und Hobbyland- Hessen“ abgeschlossen. wirte (insbesondere die unwirtschaftli- In der FFH-Richtlinie ist verankert, chen Flächen) ihre Flächen nicht mehr dass eine Verschlechterung des Zu- bewirtschaften und sie der Sukzession standes der Gebiete zu vermeiden ist überlassen. (Verschlechterungsverbot). Grund-

sätzlich wird anerkannt, dass viele 4.3 Flora-Fauna-Habitat und der geschützten Lebensräume und Vogelschutzgebiete im Werra- Arten erst durch menschliche Meißner-Kreis Landnutzung (Kulturland- Die Richtlinie über die Erhaltung wildle- schaft) entstanden sind und bender Vogelarten, kurz Vogelschutz- ihr Fortbestand auch zukünftig richtlinie, wurde 1979 vom Rat der hiervon abhängt. Europäischen Gemeinschaft erlassen. Der Anteil der FFH-Gebiete Ziel der Vogelschutzrichtlinie ist es, an der Landesfläche Hessens sämtliche im Gebiet der EU-Staaten liegt bei 9,9%. Der Anteil der natürlicherweise vorkommenden Vogel- Vogelschutzgebiete beträgt arten einschließlich der Zugvogelarten 14,7% der Landesfläche. in ihrem Bestand dauerhaft zu erhalten, Aufgrund von Überschneidun- und neben dem Schutz auch die Nut- gen beider Gebietskategorien zung der Vögel zu regeln. umfasst das Netz Natura Im Jahr 1992 verabschiedete die Euro- 2000 in Hessen 20,9% der päische Union die Flora-Fauna-Habitat- Landesfläche. Richtlinie1 (FFH-Richtlinie). Ziel dieser Im Werra-Meißner-Kreis sind Richtlinie ist der europaweite Erhalt der 32% der Kreisfläche als FFH- biologischen Vielfalt und die Verbes- Gebiet und 6,47% als Vogel- FFH-Gebiet Glimmerode serung der Umweltqualität durch den schutzgebiet ausgewiesen worden. Ins- Hellkopfsee Schutz, die Pflege und die Entwicklung gesamt bringt der Werra-Meißner-Kreis bestimmter natürlicher Lebensräume wegen Überschneidungen der Schutz- sowie wildlebender Tier- und Pflanzen- gebiete 35,2% seiner Kreisfläche in arten. das europäische Schutzgebietssystem Die FFH-Richtlinie und die Vogel- Natura 2000 ein.

36 Die Liste der in Hessen ausgewiesenen Natura 2000-Gebiete, eine Übersichtskarte sowie kurze Ge- 37 bietsbeschreibungen sind im Internet unter folgender Adresse: www.hmulv.hessen.de>Naturschutz/ Forsten>Schutzgebiete>Natura 2000 einsehbar. 4. Landschaftspflege plan genannt, aufgestellt. Dieser ist modular zusammengesetzt und besteht im Wesentlichen aus einer Grundda- tenerhebung und einem Mittelfristigen Maßnahmenplan. Während die Grund- datenerfassung eine reine Zustandser- fassung ist, werden im Mittelfristigen Maßnahmenplan aktive Schritte zur Sicherung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes ge- plant. Vielfach geht es dabei darum, in den Natura 2000-Gebieten diejenige Bodennutzung zu erhalten, die ihren schutzwürdigen Zustand geschaffen hat. Die Planaufstellung erfolgt in Abstimmung mit den Eigentümern, Nutzern und zuständigen Behörden, der Entwurf des mittelfristigen Maßnah- Entbuschungsmaßnahmen zur Freistellung von Halbtrockenrasen auf dem menplanes wird öffentlich präsentiert Mainzer Berg in der Gemarkung Altenburschla, FFH-Gebiet Plesse-Konstein- und zur Diskussion gestellt. Karnberg. Das Land Hessen möchte die Maßnah- men in den Natura 2000-Gebieten über Vertragsnaturschutz mit entsprechen- den Förderprogrammen, z.B. mittels des Hessischen Integrierten Agrarum- weltprogrammes (HIAP), umsetzen. Entwicklungsmaßnahmen können auch im Rahmen von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen realisiert werden. Die FFH-Richtlinie regelt nicht nur die Ausweisung der FFH-Gebiete, sondern auch die sogenannte Berichtspflicht der Länder zur Kontrolle der Entwick- lung in den Gebieten. Alle sechs Jahre ist ein entsprechender Bericht aller Mitgliedsstaaten der EU vorzulegen. In der unten aufgeführten Tabelle wird eine Übersicht über die im Werra-Meiß- ner-Kreis ausgewiesenen FFH- und Vogelschutzgebiete gegeben. Aufgelis- Blick auf eine Fläche mit Vorkommen des Dunklen Wiesenknopf-Ameisen- tet werden die jeweilige Flächengröße, bläulings (Maculinea nausithous, FFH-Anhang II-Art), FFH-Gebiet Lossetal bei Fürstenhagen. der Anteil der landwirtschaftlichen Flä- che an der Gesamtfläche (ha / %), der Anteil der Acker- bzw. Grünlandfläche 4.3.1 Managementpläne für die an der landwirtschaftlichen Fläche (ha) FFH- und Vogelschutzgebiete sowie der prozentuale Anteil der Fläche Die Ausweisung der Natura 2000-Ge- der Lebensraumtypen (LRT) an der biete ist natürlich erst der erste Schritt, Gesamtgebietsfläche. In Vogelschutz- um die in diesen Gebieten vorkom- gebieten wurden keine Lebensraumty- menden besonderen Lebensräume, pen ermittelt, sondern im Wesentlichen sogenannte Lebensraumtypen (LRT), die schützenswerten Vogelarten. und die geschützten Tier- und Pflan- zenarten zu sichern. In Hessen wird für jedes einzelne FFH-Gebiet ein Bewirt- schaftungsplan, auch Management-

38 39 4. Landschaftspflege F-XChang F-XChang PD e PD e

w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w mNatura 2000 Gebiete im Werra-Meißner-Kreis, Anteile landwirtschaftlicher Fläche w m o o w c w c .d k. .d k. ocu-trac ocu-trac

Natura 2000 Gebiet Fläche (ha) LF (ha) Anteil LF (%) Ackerfläche (ha) Grünlandfläche (ha) Anteil LRT (%) 4525-302 Rhöneberg bei Marzhausen 29 2 8 0 2 3 4524-303 Kreideberg bei Ellerode 57 6 10 2 4 71 4624-301 Ermschwerder Heegen 36 11 29 1 10 17 4624-302 Kalkmagerrasen bei Roßbach 63 40 64 3 37 21 4624-303 Freudenthal 76 21 28 9 12 31 4625-301 Ebenhöhe-Liebenberg 145 54 37 3 51 22 4724-304 Lichtenauer Hochland 288 259 90 52 207 30 4724-306 Lossetal bei Fürstenhagen 271 95 35 27 68 9 4724-309 Rösberg bei Rommerode 43 19 44 0 19 21 4724-310 Hirschberg- und Tiefenbachwiesen 145 102 70 0 102 41 4724-311 Hohekopf bei Großalmerode 49 33 68 0 33 31 4725-302 Jestädter Weinberg / Werraaltarm u. -aue bei Albungen 87 29 33 4 24 21 4725-303 Bilstein im Höllental 3 0 0 0 0 43 4725-306 Meißner und Meißner Vorland 2.009 241 12 0 241 28 4725-401 Meißner (VSG) (1) 3.690 591 16 74 517 0 4726-350 Kalkklippen der Gobert 292 0 0 0 0 91 4726-401 Felsklippen im Werra-Meißner-Kreis (VSG) (2) 464 9 2 5 5 0 4823-301 Riedforst bei Melsungen (3) 1.991 80 4 0 80 85 4823-401 Riedforst bei Melsungen (VSG) (4) 6.952 765 11 70 695 0 4824-301 Reichenbacher Kalkberge 409 110 27 16 94 11 4824-302 Weißbachtal bei Reichenbach 28 23 81 6 12 27 4824-303 Niedermoor unterm Eisberg bei Reichenbach 25 10 40 0 10 <1 4824-308 Glimmerode und Hambach bei Hessisch Lichtenau 787 504 64 126 378 27 4825-301 Trimberg bei Reichensachsen 63 11 18 1 11 37 4825-302 Werra- und Wehretal 24.170 1.209 5 0 1.209 33 4826-302 Eichenberg bei Frieda 15 2 11 0 2 8 4826-304 Werraaltarm bei Schwebda 8 0 0 0 0 58 4826-305 Kalkberge bei Röhrda und Weißenborn 630 13 2 0 13 100 4827-301 Plesse-Konstein-Karnberg 564 22 4 6 17 82 4827-302 Frankenloch bei Heldra 9 7 80 3 5 6 4925-302 Gipskarst bei Berneburg 10 5 50 5 0 5 4926-303 Werraaue von Herleshausen 263 260 99 92 168 20 4926-304 Wald südöstlich von Netra 185 55 30 28 28 24 4926-305 Wälder und Kalkmagerrasen der Ringgau Südabdachung 1.572 204 13 0 204 60 4926-350 Boyneburg und Schickeberg bei Breitau 289 58 20 17 40 72 4926-402 Rendaer Höhe (VSG) 1393 1254 90 627 627 0 5026-402 Rhäden von Obersuhl u. Auen an der mittleren Werra (VSG) (5) 540 205 38 11 194 0 5125-350 Werra zw. Philippstal (6) 90 22 24 9 13 0

VSG: Vogelschutzgebiet, LRT: Lebensraumtyp, LF: landwirtschaftlich genutzte Fläche, WMK: Werra-Meißner-Kreis VSG:Anteil Vogelschutzgebiet, LRT (%): prozentualer LRT: AnteilLebensraumtyp, der Lebensraumtypen LF: landwirtschaftlich an der Gesamtfläche genutzte Fläche, des jeweiligen WMK: Werra-Meißner-Kreis Gebietes Anteil(1) mit LRT teilweiser (%): prozentualer Überschneidung Anteil der mit LebensraumtypenFFH-Gebiet an der Gesamtfläche des jeweiligen Gebietes (1)(2) mit mit teilweiser teilweiser Überschneidung Überschneidung mit mit FFH-Gebiet FFH-Gebiet (2)(3) mit Teilmenge teilweiser einesÜberschneidung VSG-Gebietes, mit FFH-Gebietnur 2 % der Gebietsfläche liegt im WMK (3)(4) Teilmenge In dem Gebiet eines VSG-Gebietes,liegt das FFH-Gebiet nur 2 %4823-301, der Gebietsfläche das Gebiet liegt liegt im sowohl WMK im WMK (10%) als auch im Schwalm-Eder-Kreis (90%) (4)(5) In mit dem teilweiser Gebiet liegtÜberschneidung das FFH-Gebiet mit FFH-Gebiet, 4823-301, das größtenteils Gebiet liegt im sowohl Landkreis im WMKHersfeld-Rothenburg (10%) als auch gelegenim Schwalm-Eder-Kreis (90%) (5) mit teilweiser Überschneidung mit FFH-Gebiet, größtenteils im Landkreis Hersfeld-Rothenburg gelegen (6) mit teilweiser Überschneidung mit VSG-Gebiet, das Gebiet liegt im WMK (15%) und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg (85%) Quelle: Standarddatenbögen des Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (> www.hmuelv.hessen.de), Grunddatenerhebungen sofern bereits vorliegend

38 39 4. Landschaftspflege Getreideernte im Ringgau (Foto: Manfred W. Graf). 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Alljährlich wird in Ernteberichten über Ergebnisse der Landwirtschaft berichtet, die oft wenig Zufriedenheit erkennen lassen. In einer kom- plexen Betrachtung aller Produktionszweige soll die wirtschaftliche Situation der landwirtschaftlichen Betriebe des Werra-Meißner-Kreises beschrieben werden.

5.1 Gewinnsituation der Betriebe l vom Gewinn sind Sozialver- Wieviel Einkommen stehen landwirt- sicherungsbeiträge (Kranken- und schaftlichen Betrieben jährlich zur Rentenversicherungen) zu begleichen, Verfügung? l nicht zuletzt ist die Lebenshaltung Der Gewinn eines landwirtschaftli- der Familie zu bestreiten. chen Unternehmens entspricht annä- herungsweise dem Bruttoeinkommen Für den Werra-Meißner-Kreis steht eines Arbeitnehmers. Hinsichtlich der kein Zahlenmaterial zur Gewinnsituati- Gewinnverwendung ergeben sich aller- on der Betriebe zur Verfügung. Daher dings gravierende Unterschiede: wird auf die landesweit vorliegenden l landwirtschaftliche Betriebe müssen Buchführungsergebnisse landwirt- aus dem Gewinn Investitionen be- schaftlicher Betriebe in Hessen* streiten, zurückgegriffen. Tendenziell liegt l außerdem müssen aus dem Gewinn das Gewinnniveau der Betriebe im Verbindlichkeiten aus laufenden Werra-Meißner-Kreis unter dem lan- Krediten getilgt werden, desweiten Durchschnitt. Die Grafik l aus dem Gewinn müssen Rücklagen rechts verdeutlicht die Gewinnsituation ‚ für zukünftige Investitionen gebildet der hessischen Haupterwerbsbetriebe werden, von 2004 bis 2007. l weiterhin sind daraus die Steuern zu Das Wirtschaftsjahr 2007/2008 war zahlen, aufgrund der enormen Dynamik auf

40 * Buchführungsergebnisse landwirtschaftlicher Betriebe in Hessen, Landes- 41 betrieb Landwirtschaft Hessen 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe den Agrarmärkten ein Ausnahmejahr. Aufgrund stark gesunkener Milch- und Gewinn Getreidepreise mussten im Wirtschafts- jahr 2008/2009 jedoch starke Gewinn- 80.000 € rückgänge hingenommen werden. 66.226 € 53.000 € Beachtung finden muss der Umstand, 60.000 € 48.091 € dass die Betriebe in den letzten Jahren 42.577 € 43.018 € im Durchschnitt kräftig gewachsen und 40.000 € daher zwingend auf höhere Gewinne angewiesen sind. 20.000 € 0 € Sämtliche Transferzahlungen (Be- 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 triebsprämien) gehen in die Gewinn- rechnung ein. Überschlägig kann Wirtschaftsjahr kalkuliert werden, dass Transferzah- Durchschnittsgewinne der Haupterwerbsbetriebe in Hessen (Quelle: lungen ca. 50 % des Gewinns aus- Buchführungsergebnisse, LLH Hessen). Eine Aussage über die Be- machen. Bei ungünstigen wirtschaft- triebsgröße und die Zahl der Mitarbeiter, die vom Gewinn leben, kann lichen Rahmenbedingungen werden nicht getroffen werden. Gewinne ausschließlich über Prä- mien realisiert. Daran wird die her- ausragende Bedeutung der Trans- ferzahlungen für die wirtschaftliche Situation der Betriebe deutlich.

Ackerbaubetriebe sind auf Ackerkulturen spezialisiert und erzeugen Marktfrüchte wie Getreide, Raps und Zuckerrüben. Im Werra- Meißner-Kreis sind sie vor allem in den Gunstlagen des Unteren Werraberglan- des zu finden. Ca. 15 % aller Betriebe im Kreis sind Ackerbaubetriebe. Auf- grund ihrer Spezialisierung ist ihr wirt- schaftlicher Erfolg vor allem von Ge- treideerlösen und Betriebsmittelpreisen abhängig (siehe Kap. 5.2). Ackerbau in den Osthessischen Mittelgebirgslagen ist standortbedingt mit einem geringe- ren Ertragsniveau und dadurch gerin- geren Gewinnen verbunden.

Futterbaubetriebe sind vor allem Milchviehhalter. Sie kon- zentrieren sich auf den südlichen und westlichen Kreisteil (siehe S. 26). Ca. 60 % aller Betriebe im Kreis sind dieser Betriebsform zuzurechnen. Die Gewin- ne im Wirtschaftsgebiet Osthessische Mittelgebirgslagen bewegen sich auf dem hessenweiten Niveau. Blick vom Ringgau zum Thüringer Wald (Foto: Manfred W. Graf).

40 41 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Veredlungsbetriebe senen Aufwendungen für die variablen sind im EU-Markt schon immer inten- Faktoren. Der Unternehmer des land- siv den Marktkräften ausgesetzt, was wirtschaftlichen Betriebes verfolgt das Gewinne stark schwanken lässt. Diese Ziel, den Gesamtdeckungsbeitrag, also Betriebsformen erzielen andererseits die Summe der Deckungsbeiträge aller im längerfristigen (10 jährigen) Durch- im Betriebsplan realisierten Produkti- schnitt die höchsten Unternehmens- onsverfahren zu maximieren. gewinne. Im Werra-Meißner-Kreis (wie auch generell in ganz Hessen) dürfte 5.2 Ackerbau der Anteil der Veredlungsbetriebe bei Von dem im Jahr 1987 gegründeten unter 5 % liegen. Arbeitskreis Ackerbau* ist noch eine Gruppe von 10 produzierenden Land- Verbundbetriebe wirten unterschiedlicher Produktions- werden auch als Gemischtbetriebe be- schwerpunkte geblieben, die Aufzeich- zeichnet. Durch Kombination verschie- nungen sämtlicher Maßnahmen im dener Betriebszweige ist das unterneh- Ackerbau vornehmen. Diese Daten merische Risiko gestreut. Dies erklärt bilden die Grundlage für Ringauswer- einen vergleichsweise gleichförmigen tungen, die alljährlich durchgeführt Verlauf der Gewinne. Verbundbetriebe werden. haben im Werra-Meißner-Kreis einen Die Ergebnisse der Ernten 2008 und Anteil von schätzungsweise 20 %. 2009 sind in den nachfolgenden Tabellen dargestellt. In der ersten Tabellenspalte sind die maßgeblichen Fruchtarten mit ihren Erträgen und Erlösen aufgelistet, die schließlich zum monetären Ertrag führen. Zu den variablen Kosten zählen das Saatgut, der Dünger, der Pflanzen- schutz, die Maschinen, der Arbeitsein- satz sowie sonstige Anteile, die in der Summe die Gunst der Früchte stark unterscheiden. Die Saatgutkosten variieren erheblich, bedingt durch züchterischen und technischen Aufwand, sowie in der Saatgutaufbereitung (Silomais und Zu- ckerrüben). Die Düngerkosten streuen recht stark, weil manche Betriebe mit organischer Düngung (Stallmist/Gülle) Landschaft bei Grandenborn, Ringgau. bedingt durch Tierhaltung deutlich höhere Ausbringungs-/ Arbeitskosten haben, im Gegensatz zu jenen, die nur mineralisch düngen und bei guten Bodenvorräten die Grundnährstoffe Ökonomische Betrachtung (Phosphor, Kali, Magnesium plus Kalk) der Agrarproduktion im Werra- vernachlässigen können. Meißner-Kreis Die Pflanzenschutzkosten werden von Die Deckungs- Zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Intensität der pflanzenbaulichen beitragsrechnung der Produktionszweige im Agrarbereich Betreuung der Kulturen geprägt, dazu ermöglicht eine be- bedient man sich der Deckungsbei- zählen sämtliche Herbizid-, Fungizid- triebswirtschaftliche tragsrechnung. Laut wissenschaftli- und Insektizidmaßnahmen, die von den Analyse cher Definition ist der Deckungsbeitrag Produktionskosten und der Häufigkeit die Differenz aus dem in Geld gemes- der Durchfahrten bestimmt sind. senen Ertrag und den in Geld gemes- Die Maschinenkosten werden von den zu verarbeitenden Erntemengen,

42 * Der Arbeitskreis Ackerbau im Werra-Meißner- 43 Kreis wird durch den Fachdienst Ländlicher 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Raum betreut. F-XChang F-XChang PD e PD e

w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m o o w c w c .d k. .d k. ocu-trac ocu-trac Ackerkulturen: Deckungsbeitragsrechnung 2008 und 2009

Ernte 2008

variable Kosten Leistung Leistung Pflanzen- Arbeits- sonstige Summe finanz. Ertrag Verkaufs- finanz. Saatgut Dünger schutz Maschinen- kosten Kosten Kosten Roheinkom- Kosten Ertrag Fruchtart dt/ha preis €/dt Ertrag €/ha €/ha €/ha €/ha kosten €/ha €/ha €/ha €/ha men €/ha €/dt €/dt Tricticale/Roggen 68,03 12 816 76 107 119 347 106 20 776 41 11,4 0,6 Wintergerste 62,46 10,5 656 44 119 103 263 61 15 605 51 9,69 0,81 F-XChang F-XChang PD Winterweizene 73,84 13,2 975 50 116 147 261 59 15 648 327 8,77 4,43 PD e Winterraps 32,78 29 951 53 167 184 290 63 40 798 153 24,33 4,67 Silomais 512,7 2,9 1487 161 133 80 621 70 15 1080 407 2,11 0,79 w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m w o w o .d Sommergerste.c 49,25 14 690 86 55 89 188 41 80 538 151 10,93 3,07 .d .c oc ack oc ack Zuckerrübenu-tr 543,3 3,7 2010 237 160 191 466 74 10 1139 871 2,1 1,6 u-tr

Ernte 2009

variable Kosten Leistung Leistung Pflanzen- Arbeits- sonstige Summe finanz. Ertrag Verkaufs- finanz. Saatgut Dünger schutz Maschinen- kosten Kosten Kosten Roheinkom- Kosten Ertag Fruchtart dt/ha preis €/dt Ertrag €/ha €/ha €/ha €/ha kosten €/ha €/ha €/ha €/ha men €/ha €/dt €/dt Tricticale/Roggen 75,5 9 680 69 142 111 327 85 15 748 -69 9,93 -0,93 Wintergerste 70,13 9 631 48 144 119 295 70 15 690 -59 9,91 -0,91 Winterweizen 74,38 10 744 47 162 135 274 65 20 703 41 9,55 0,45 Winterraps 38,73 26 1007 58 210 183 303 68 40 862 145 22,49 3,51 Silomais 532,25 2,31 1228 186 121 76 596 64 10 1053 175 1,99 0,32 Sommergerste 48,33 15,5 749 59 115 57 218 50 15 513 236 10,66 4,84 Zuckerrüben 656,75 2,8 1839 256 151 181 461 90 80 1219 620 1,87 0,93 Quelle: Arbeitskreis Ackerbau im Werra-Meißner-Kreis, Betriebsergebnisse

Erntebedingungen und der überbetrieb- schaftet. Dies bedeutet in der Praxis, lichen Nutzung beeinflusst. Transpor- die erzielten Erlöse der Verkaufsfrüchte tentfernungen beeinflussen maßgeblich decken nicht einmal die Kosten der ein- die Rentabilität (Silomais). gesetzten Produktionsfaktoren. Wäre Bei den Arbeitskosten wird die erbrach- die Braugerste nicht mit 2,05 €/dt durch te Arbeitszeit mit einem Stundenlohn die hiesige Klosterbrauerei subventio- von ca. 15 € verrechnet, die bei hohem niert, wäre ihre Anbaulukrativität nicht Roheinkommen, Leistungsvermögen der Maschinen gegeben. variable Kosten, keine große Streuung ausweist. Unter Mit der Ermittlung des Roheinkom- Gewinn dem Stichwort sonstige Kosten sind in mens ist jedoch noch nicht der der Regel Versicherungskosten, vor- reine Gewinn ermittelt. Es fallen noch nehmlich Hagelversicherungskosten weitere Kosten an: Dazu zählen die zugrunde gelegt. Gebäudekosten, Lagerkosten, Beiträge Die Summe der Einzelposten ergibt für Versicherungen, Berufsgenossen- die gesamten variablen Kosten. Der schaft, Grundsteuer und Pachten, die gesamte monetäre Ertrag abzüg- je nach räumlicher Lage beträchtlich lich der variablen Kosten führt zum streuen können. Roheinkommen pro Hektar. Mit der Im Jahr 2009 mussten die Nebenkos- Ernte 2008 erbringen Triticale und ten aus den Flächenbeihilfen, die bei Wintergerste das geringste Rohein- ca. 300 €/ha liegen, bestritten werden. kommen, gefolgt von Sommergerste, Dies bedeutet, im Jahr 2009 war der Winterraps, Silomais und Zuckerrüben. Gewinn im Ackerbau minimal, wenn Mit der Ernte 2009 werden durchweg nicht lukrative Früchte wie Silomais höhere Erträge eingefahren, ange- oder Zuckerrüben in der Fruchtfolge sichts niedriger Verkaufspreise sind waren. Der Anbau von Zuckerrüben ist die Roheinkommen durchweg schlech- durch Quotenabhängigkeit reglemen- ter; es werden sogar bei Triticale und tiert und bringt nur wenigen Betriebs- Wintergerste negative Zahlen erwirt- leitern zufriedenstellende monetäre

42 43 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Erträge. Das Erntejahr 2009 war für die Ackerbaubetriebe trotz sehr hoher Erträge mit guten Qualitäten wirtschaft- lich ein extrem schlechtes Jahr. Das eingelagerte Getreide fand keinen Absatz, erst vor der Ernte 2010 kam es durch umfangreiche Exporte zur Markt- entlastung mit etwas anziehenden Preisen. Zum Vergleich erbrachte die Ernte 2007 deutlich niedrigere Erträge und führte zur Verknappung sämtlicher Getreidearten. Die Folge waren stark anziehende Preise, die mitunter 2,5-fach höher lagen als 2008 und 2009. Entspre- Getreideernte, Ringgau (Foto: Manfred W. Graf). chend erhöhten sich die Gewinne der Betriebe, die verstärkt Investitionen im baulichen Bereich (Stallerweiterun- gen, Lagerkapazitäten für Erntepro- dukte) und bei Maschinen vornehmen konnten. Es war auch sinnvoll, stärker Rücklagen zu bilden, um finanzielle Engpässe 2008 und 2009 überstehen zu können.

Die Ernte 2010 erbrachte beim Win- terraps durchschnittlich 5-8dt/ha gerin- gere Erntemengen, Spätdruschpartien zeigten Auswuchserscheinungen, die Probleme bei der Vermarktung brach- ten, die Erlöse lagen jedoch höher als 2009. Akute Probleme zeigte der Weizen, der witterungsbedingt Qualitätseinbußen Röhrda, Ringgau (Foto: Manfred W. Graf). durch mindere Fallzahlen oder gar Auswuchs erbrachte, so dass Backwei- zenkontrakte auf niedrigstem Preisni- Getreideernte, Ringgau (Foto: Manfred Graf) veau nicht erfüllt werden konnten und zu hohen Preisen Ersatzpartien vom Erzeuger zu beschaffen waren. Das Preisniveau ordentlicher Qualitäten lag 60 - 80 % höher als im Vorjahr. Die Extremwetterlage zur Erntezeit verlangte hohen persönlichen Einsatz und verursachte überdurchschnittliche Trocknungskosten. Trotz allem wird die Ernte 2010 die beiden Vorjahre im Deckungsbeitrag übersteigen.

Ackerlandschaft bei Gut Lautenbach, Wehretal (Foto: Manfred W. Graf).

44 45 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe 5.3 Milchproduktion Für die ökonomische Analyse der Milchproduktion ist die Betriebszweig- untersuchung eines Milchviehbe- triebes mit 51 Milchkühen zugrunde gelegt worden, der im Vergleich zu anderen Betrieben dieser Größenord- nung zu etwas über dem Durchschnitt liegenden Ergebnissen gelangt ist. Die aufgezeichneten Daten des Wirt- schaftsjahres 2008/2009, das sich vom 01.Juli 2008 bis zum 30.Juni 2009 erstreckt, sollen zur Analyse und Be- wertung herangezogen werden (Pau- schalisierung einschließlich MwSt.). Als Bezugsgrößen werden die Menge, Gesamtsumme, Betrag je Milchkuh, Betrag pro kg Milch und Betrag pro kg standardisierter Milch (4 % Fett, 3,7 % Milchviehherde mit Weidegang, Bad Sooden-Allendorf - Weiden Eiweiß) zugrunde gelegt.

Die Leistungen, gleichzusetzen mit kg Milch erwirtschaftet wird, obwohl der den Einnahmen des Betriebes, erge- Betriebsleiter qualifiziert ist und seinen ben sich aus dem Erlös der Milchlie- Betrieb ordentlich führt und bewirt- ferung, Verkauf der Schlachtkühe, schaftet. Kälber, Verbrauch des selbsterzeugten Futtermittels und dem Nutzen des Die Gewährung von Prämien für die organischen Düngers (Gülle). Bei Zu- Futter-, Grünland- und Silomaisflächen grundelegung des Milchauszahlungs- sowie für Referenzmengen und Milch preises von 32,40 ct/kg Milch, ein- sichern dem Betriebsleiter einen Ge- schließlich der Nebenprodukte, erbringt winn, von dem er leben kann. eine Milchkuh jährlich eine Leistung Der Anspruch von gebundenem Kapital von 3.112,72 € und der Tierbestand in Form von Lohnansatz und Faktor- insgesamt 158.748,59 €. kosten aus dem Produktionsverfahren Von den Einnahmen sind verschiedene stellen eine wesentliche Größe dar. Posten an Kosten zu subtrahieren. Die schlechte Gewinnsituation, ausge- Die Direktkosten beinhalten die Be- löst durch niedrige Milchauszahlungs- standsergänzung, eigenes Getreide, preise (Anfang 2009 mit einem Auszah- Kraft- und Milchleistungsfutter. Des lungspreis von 21 ct/kg Milch) haben Weiteren sind die Tierarztkosten und die Milcherzeuger zu Protestreaktionen besonders die Grundfutterkosten zu (Milchvernichtung) getrieben. kalkulieren. Die Direktkosten umfassen 2.130,78 €/Milchkuh und stellen damit Einführung der Milch-Garantie- den größten Kostenfaktor dar. mengen-Verordnung (1984) Weitere Kosten verursachen die Auf- In den 80er Jahren wuchs in den EU- wendungen für die Arbeitserledigung, Ländern die Milchproduktion stetig, das die Erhaltung der Gebäude, die Pach- Angebot überstieg die Nachfrage mit tung von Milchquoten und sonstige großer Zuwachsrate, so dass sich in Kosten (z.B. Telefon, Gebühren, Buch- den Interventionslagern riesige But- führung). ter- und Milchpulverberge auftürmten, Werden den Gesamtleistungen die die von der EU nicht mehr finanzierbar Produktionskosten insgesamt gegen- waren. übergestellt, wird ersichtlich, dass ein Es musste eine Lösung gefunden wer- Gewinn von 25,24 €/Kuh oder 0,3 ct/ den, um die Mengensubventionie-

44 45 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe F-XChang F-XChang PD e PD e

w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m o o w c w c .d k. .d k. ocu-trac ocu-trac Betriebszweigabrechnung 2008/2009 Milchproduktion Bestand Stück 51 Milchkühe Euro pro Cent pro kg Cent pro kg Milch Merkmal Menge EUR Milchkuh Milch (4% Fett/3,7% Eiweiß) Kuhmilchproduktion 394.836 kg 129.832,36 2.545,74 32,40 0,32 Milchkühe Schlachterlös 12 Tiere 7.742,29 151,81 1,93 0,02 Kälber bis 6 Tage Verkauf 26 Tiere 3.370,67 66,09 0,84 Milchkühe, eigene Nachzucht 4 Tiere 2.700,00 52,94 0,67 weibliche Kälber bis 6 Tage -1 Tier -180,00 -3,53 -0,04 Kuhmilch Eigenverbrauch 5 kg 130,00 2,55 0,03 Abgang Jungtiere (100€/Kalb) 30 Tiere 3.300,00 64,71 0,82 selbsterzeugte Futtermittel (Kälbermilch, 54 Tiere 1.620,00 31,76 0,4 30ct/kg) selbsterzeugte Düngemittel (Gülle) 8.364,00 164 2,09 0,02 Leistungen insgesamt 158.748,59 3.112,72 39,61 0,39 Direktkosten zuversetzte Tiere, Bestandsergänzung 20 28.000,00 549,02 6,99 0,07 Futterzusätze Öle, Mineralstoffe, Eiweißschrot 344,52 14.124,64 276,95 3,53 0,01 Melasse 9,6 277 5,43 0,07 Körnermais 60 1.029,60 20,19 0,26 Milchleistungsfutter 64 1534 30,08 0,38 Getreide (Gerste,WW) 565 8.475,00 166,18 2,12 Summe Futtermittel 1.023,12 25.440,24 498,83 6,35 Besamung, Tierarzt, Versicherung 8.819,64 172,94 2,2 0,02 Sonstige bezogene Leistungen 2.329,52 45,68 0,58 Sonstiges Material Tierprod. 3.379,21 66,26 0,84 sonstige Kosten Tierproduktion 14.528,37 284,87 3,63 0,04 Direktkosten aus zugeteilten Prod. > Grundfutterkosten: Grünland, Silomais, Kleegras 21.437,27 798,06 10,16 0,1 Direktkosten insgesamt 108.669,74 2.130,78 27,12 0,27 Direktkostenfreie Leistung 3.035,24 50.078,85 981,94 12,5 0,12 Weitere Kostenblöcke, Arbeitserl. Lohnarbeit, Maschinenmiete, Treibstoff, Öl, Fette, Strom, Wasser 4.074,00 79,88 1,02 0,01 Arbeitsmittel-Betriebskosten 14.358,84 281,55 3,58 0,04 plus AfA Maschinen, Betriebsvorr. 5.057,64 99,17 1,27 Kosten Arbeitsmittel insgesamt 19.416,49 380,72 4,85 0,05 plus AfA Gebäude 2.237,64 43,88 0,56 Kosten der Gebäude 2.237,64 43,88 0,56 Kosten der Milchquote 3.964,68 77,74 0,99 0,01 plus Buchf./Gebühr/Werbungskosten 5.530,75 108,45 1,38 0,01 allgemeine Betriebskosten 5.530,75 108,45 1,38 0,01 Produktionskosten ohne Faktorkosten 1.043,12 139.819,29 2.739,48 34,89 0,34 Betriebseinkommensbeitrag 3.035,24 18.929,30 373,24 4,72 0,05 plus Pachtaufkommen (tats. Faktorkosten) 120,00 2,35 0,03 Gewinnbeitrag 3.035,24 18.809,30 370,89 4,69 0,05 anteilige Flächenprämien für 581,49 7,4 Futterflächen + Milchprämie Anspruch gebundenes Kapital plus Anspruch f. Arbeit (Lohnansatz) 47.283,75 927,13 11,8 0,12 plus Faktorkostem aus Prod. Verfahren Produktionskosten insgesamt 1.043,12 187.223,04 3.668,96 46,72 0,46 kalkulatorischer Gewinnbeitrag 3.035,24 -28.474,45 -556,25 -7,11 -0,07 Gewinn nach Vollkosten (incl. Prämie) 25,24 0,3

46 47 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe rung nicht ins Unermessliche wachsen land West (alte Bundesländer) bzw. zu lassen. Deutschland Ost (neue Bundesländer). Mit Inkrafttreten der Milch-Garantie- mengen-Verordnung vom 25.Mai 1984 Bei der Quotenwanderung innerhalb durch den Bundesminister für Ernäh- von Hessen vom 30.Oktober 2000 bis Reglementierung rung, Landwirtschaft und Forst wurde zum 2.April 2007 (siehe Tabelle oben) der Milchproduktion zum 2.April 1984 den landwirtschaftli- wurde im Werra-Meißner-Kreis in der durch Quoten chen Betrieben bei der Milchproduktion Bilanz „Angebot erfolgreich“ zu „Nach- eine Mengenbegrenzung auferlegt. frage erfolgreich“ eine Zuwanderung Die erzeugte Milchmenge mit dem von 1.024.748kg verzeichnet. Der durchschnittlichen Fettgehalt des Wirt- Zustrom resultierte vornehmlich aus schaftsjahres 1983/84 galt als betriebs- dem südhessischen Raum. Mit der spezifische Referenzmenge und wurde Einführung der Milchbörse Deutsch- wie ein Steuerbescheid von der Molke- land West und Deutschland Ost am rei unter Vorbehalt einer Nachprüfung 01.07.2007 setzte kontinuierlich die zugeteilt. Das Hauptzollamt übte eine Abwanderung der Milchquote aus überwachende Funktion aus, die sich Ch Hessen in allen Landkreisen ein, Ch F-X ang F-X ang PD e PD e bis heute erhalten hat. sehr unterschiedlich in den Auswir-

w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m Jene landwirtschaftlichen Betriebe, die o o w kungen (Tabelle S. 48). w . .c . .c do ck do ck in dem zurückliegenden Wirtschaftsjahr cu-tra cu-tra Tierverluste durch Seuchen, Produk- Milchquotenwanderung innerhalb von Hessen Angebot insgesamt Angebot erfolgreich Nachfrage insgesamt Nachfrage erfolgreich tionsausfälle oder bauliche Erweite- Termine Anzahl kg Anzahl kg Anzahl kg Anzahl kg rungen mit zusätzlichen Kuhplätzen 30.10.2000 3 119.145 3 104.329 16 561.113 3 70.800 31.01.2001 4 49.952 4 39.224 12 274.570 0 0 angestrebt hatten, konnten in der Form 02.04.2001 4 131.964 2 55.258 7 156.525 7 156.525 02.07.2001 3 142.744 3 135.607 11 395.000 6 255.000 von Härtefallregelungen zusätzliche 30.10.2001 3 83.199 3 76.371 11 192.000 6 121.000 02.04.2002 3 118.481 0 0 20 604.797 4 118.000 Referenzmengen zugewiesen bekom- 01.07.2002 6 255.320 5 247.544 7 277.000 3 102.000 men. Für das Land Hessen standen 30.10.2002 14 601.949 5 73.704 6 217.000 5 190.996 01.04.2003 10 782.541 4 367.257 15 574.164 12 363.801 für diese Regelung 3.950 Tonnen zur 01.07.2003 14 941.428 5 349.692 8 368.000 7 292.005 30.10.2003 13 396.863 12 369.263 11 430.198 6 227.785 Verteilung. 01.04.2004 11 245.832 11 245.832 17 855.666 14 700.666 01.07.2004 13 315.127 13 315.127 5 306.500 5 306.500 Für Betriebsleiter, die die Milchproduk- 01.11.2004 3 105.826 3 105.826 6 178.333 5 168.333 01.04.2005 9 583.000 5 279.035 17 855.666 14 700.666 tion auslaufen lassen wollten, wurde Werra-Meißner-Kreis 01.07.2002 5 216.238 5 216.238 17 771.633 1 53.500 31.10.2005 13 764.773 13 764.773 21 774.755 8 383.301 eine Milchrente durch Antrag gewährt. 03.04.2006 10 261.671 10 261.671 19 767.343 14 627.226 03.07.2006 15 787.076 14 776.473 9 390.638 8 380.638 Ziel war die Drosselung der Milchmen- 30.10.2006 21 903.781 0 0 6 174.000 3 118.000 ge auf dem Markt, um die Überproduk- 02.04.2007 16 367.674 16 367.674 20 1.107.654 14 838.904 tion in Europa zu senken. Dies wurde insgesamt 193 8.174.584 136 5.150.898 261 10.232.555 145 6.175.646

mit der Aussetzung der Referenzmen- Quelle: Milchbörse Hessen (Hessischer Bauernverband) ge um 3% zum 01.04.1987, um 1% zu 01.04.1989 sowie um 4,74% zum Die stärksten Abwanderungen wurden 01.04.1993 schließlich erreicht, d.h. im Landkreis Kassel mit 9,749% re- den landwirtschaftlichen Betrieben gistriert, die geringsten im Landkreis wurde die Milchquote ersatzlos um Fulda (Grafik oben). 8,74 % gekürzt, um der Situation Im Werra-Meißner-Kreis wurde nach folgend eine Entlastung des Marktes Saldierung von Angebot und Nachfrage herbeizuführen. ein Mengenverlust von 2.530.916kg Betriebe, die ihre Milchproduktion Milch registriert (Tabelle Milchanliefe- einstellten, konnten ihre Referenzmen- rung). Die durchschnittliche Milchleis- gen verpachten - in den ersten Jahren tung von Kühen im Werra-Meißner- flächengebunden, später ohne Flä- Kreis liegt bei etwas über 7.200 kg/Tier chenbindung - oder verkaufen. Entwe- und Jahr. der direkt an Milcherzeuger - zunächst Beim Dividieren der Milchverlustmenge nur hessenweit (vom 30.Oktober 2000 von zirka 2,5 Mio. kg durch die Milch- bis zum 2.April 2007) - und seit dem leistung ergibt sich eine Minderung der 01.Juli 2007 bis heute an die Börse, Kuhzahl von 351 Tieren im hiesigen mit den Einzugsgebieten Deutsch- Bestand. Daraus kann auch abgeleitet

46 47 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Prozentuale Abwanderung der Milchquote aus Hessen Beim Börsentermin am 1.Juli 2010 hat seit Bestehen der Westbörse in den einzelnen Landkreisen sich der Trend der Quotenwanderung

-9,7 vom Süden nach Norden fortgesetzt. -9,5 Landkreis Kassel -9,1 Landkreis Limburg-Weilburg Schleswig-Holstein und Niedersachsen -8,7 Kreis Bergstraße -8,4 erfuhren einen Zustrom in Höhe von -7,9 Lahn-Dill-Kreis zirka 54,5 Mio. kg, Nordrhein-Westfa- -7,2 Landkreis Marburg-Biedenkopf -5,8 len von rund 2 Mio. kg. Aus Hessen -5,5 Landkreis Hersfeld-Rotenburg -5,3 Werra-Meißner-Kreis wanderten allein bei diesem Termin -4,7 Gesamt Durchschnitt -3,7 Schwalm-Eder-Kreis 5.876.145 kg vornehmlich nach Nord- -2,8 Main-Kinzig-Kreis -2,5 Landkreis Waldeck-Frankenberg deutschland ab. Mit der Einführung -2,5 Landkreis -Dieburg -1,5 der Börse sind schwerwiegende -1,2 Landkreis Fulda Auswirkungen für die Milchprodukti- F-XChang F-XChang PD e PD e -10 -8 -6 -4 -2 0 on in Hessen erwachsen. Nord- und

w w Click to buy NOW! Prozent Click to buy NOW! w m West-Deutschland wwerdenm gestärkt, o o w c w c .d k. .d k. ocu-trac Quelle: Milchbörse Hessen (Hessischer Bauernverband) Mittel- und Süddeutschlandocu-trac in der Milchanlieferung der hessischen Erzeuger Milchproduktion geschwächt, eine agrarpolitische Entscheidung mit Saldo nach 9 Milchanlieferung Börsenterminen Saldo nach 9 weitreichender Auswirkung in die Regierungsbezirke Landkreise in 2006 in kg in kg Börsenterminen in % Kreis Bergstraße 22.031.000 -1.923.521 -8,731 Zukunft! Landkreis Darmstadt-Dieburg 24.150.000 -591.755 -2,45 Main-Kinzig-Kreis 55.198.000 -1.553.658 -2,815 Darmstadt Odenwaldkreis 39.956.000 -579.693 -1,451 Nach der Einführung der Milch-Ga- Wetteraukreis 45.983.000 -3.876.172 -8,43 Hochtaunuskreis 13.002.000 -1.178.782 -9,066 rantiemengen-Verordnung waren die Durchschnitt nach Summe Summe Durchschnitt Darmstadt 9 Börsenterminen 200.320.000 -9.703.581 -4,844 Quoten ohne Preisvorgaben handel- Vogelsbergkreis 116.226.000 -6.703.870 -5,768 Lahn-Dill-Kreis 38.712.000 -3.075.712 -7,945 bar. Mit der Einführung der Börse zum Gießen Landkreis Limburg-Weilburg 40.083.000 -3.792.736 -9,462 Landkreis Marburg-Biedenkopf 64.887.000 -4.695.289 -7,028 1.04.2007 wurden sogenannte Gleich- Durchschnitt nach Summe Summe Durchschnitt Gießen gewichtspreise für Ost und West ein- 9 Börsenterminen 259.908.000 -18.267.607 -7,028 Landkreis Fulda 135.641.000 -1.666.373 -1,229 geführt, die maßgeblich vom Referenz- Landkreis Hersfeld-Rotenburg 44.434.000 -2.452.316 -5,519 Landkreis Kassel 44.000.000 -4.289.672 -9,749 Kassel mengenangebot und der -nachfrage Schwalm-Eder-Kreis 83.425.000 -3.094.954 -3,71 Werra-Meißner-Kreis 47.878.000 -2.530.916 -5,286 geprägt wurden. Im Laufe der Jahre Landkreis Waldeck-Frankenberg 157.884.000 -3.916.302 -2,48 Durchschnitt nach Summe Summe Durchschnitt Kassel sind diese Preise mit zwischenzeitli- 9 Börsenterminen 513.262.000 -17.950.533 -3,497 chen Ausschlägen kontinuierlich ge- Durchschnitt nach Gesamtsumme/ Durchschnitt 973.490.000 -45.921.721 -4,717 9 Börsenterminen sunken (siehe Tabelle Milchbörse). alle Landkreise Zuteilung LR ab 01.07.07 4.243.009 F-XChang F-XChang PD e Der MilchmarktPD e soll weiter liberalisiert Regierungsbezirke, seit 01.07.2007 (nach 9 Terminen) Quelle: Milchbörse Hessen (Hessischer Bauernverband) werden und 2015 ohne Quoten aus- w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m o o w c w c .d k. .d k. ocu-trac kommen. Obocu-trac die Quoten noch einen Milchbörse, Werra-Meißner-Kreis, 2007 - 2010 Wert oder ein Lieferrecht beinhalten ist Saldo Zu- Saldo Zu- Angebot insgesamt Angebot erfolgreich Nachfrage insgesamt Nachfrage erfolgreich völlig offen. Zeichen der Abwertung von Termine /Abgänge in /Abgänge in Anzahlkg Anzahlkg Anzahlkg Anzahl kg kg % Quoten ist darin zu erkennen, dass seit Milchanlieferung der hessischen Erzeuger 2006 in kg 47.878.000 01.07.2007 24 1.313.431 24 1.313.431 2 20.000 1 10.000 -1.303.431 -2,722 1.Dezember 2008 die Lieferquoten den 02.11.2007 15 622.040 13 535.305 3 74.893 2 24.893 -510.412 -1,066 01.04.2008 10 440.875 10 440.875 10 542.433 8 459.100 18.225 0,038 Milcherzeugern um 4% kostenfrei er- 01.07.2008 8 258.664 8 258.664 7 324.700 4 198.200 -60.464 -0,126 02.11.2008 12 357.259 12 357.259 8 266.011 3 85.511 -271.748 -0,568 höht wurden, obwohl der Auszahlungs- 01.04.2009 13 543.371 4 111.017 4 250.000 4 250.000 138.983 0,290 01.07.2009 8 293.202 8 293.202 5 340.000 4 310.000 16.798 0,035 preis der erzeugten Milch geringer als 02.11.2009 9 537.678 9 537.678 6 593.632 4 351.882 -185.796 -0,388 01.04.2010 3 515.071 3 515.071 4 142.000 4 142.000 -373.071 -0,779 0,30 €/kg Milch derzeit ist. Mit dieser Maßnahme wird ein Beitrag geleistet, gesamt 102 4.881.591 91 4.362.502 49 2.553.669 34 1.831.586 -2.530.916 -5,286 den Milch erzeugenden Betrieben den Quelle: Milchbörse Hessen (Hessischer Bauernverband) Druck der Überlieferung zu nehmen, werden, dass der Bedarf an Futterflä- andererseits den Wert der Milchquote che, insbesondere an absolutem Grün- zu senken und die Liberalisierung des land, schwindet. Über eine begrenzte Milchmarktes zu fördern. Zeitspanne hinweg kann das Futteran- Auswirkungen sind besonders bei der gebot über die Mutterkuh- bzw. Rind- Quotenbörse Ost erkennbar, wo der viehmasthaltung ausgeglichen werden, Gleichgewichtspreis nur noch bei 3 ct/ langfristig wird das Grünlandüber- kg liegt und die angebotenen Referenz- angebot ein Problem werden. mengen keinen Käufer finden.

48 49 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Milchbörse: Gleichgewichtspreise 2007 - 2010

Gleichgewichtspreis 0,45 Hessen/West in € 0,4 Effekttivpreise in Hessen in € 0,35 0,3 0,25 Gleichgewichtspreise alte Länder in € 0,2 Preis in € 0,15 Gleichgewichtspreis Ost 0,1 0,05 Gleichgewichtspreis Deutschland Jul 07 Jul 08 Jul 09 Okt 07 Okt 08 Okt 09 Apr 07 Apr 08 Apr 09 Apr 10 Jan 08 Jan 09 Jan 10

Zeitraum Quelle: Milchbörse Hessen (Hessischer Bauernverband)

Beim Börsentermin zum 2. November Die Futterration in Eigenmischung 2010 haben 27 Landwirte in der Sum- besteht aus Futtergerste/Futterweizen me 1.474.897 kg Milchreferenzmenge und Sojaextraktionsschrot (SES) mit 43 angeboten. 7 Nachfrager mit 229.500 bis 44 % Rohprotein. Wird eine Fut- kg Milch waren erfolgreich. Per Saldo terverwertung von 2,85 kg Futter pro haben 1.245.397 kg Milchreferenzmen- kg Zuwachs unterstellt, so erfährt das ge den Werra-Meißner-Kreis in Rich- Schwein vom Ferkelgewicht von 28 kg tung Norddeutschland verlassen. Bei bis zum Vermarktungsgewicht von 120 unterstellten Milchleistungen von 7.000 kg einen Zuwachs von 92 kg und bean- kg / Milchkuh bedeutet der Quotenver- sprucht folglich 262,2 kg Futter (siehe lust einen Tierbestandsabbau von 187 Tabelle Schweinemast, S. 51). Milchkühen. In der Betrachtung einer Zeitspanne von 4 Jahren wird in der Grafik ersicht- lich, dass die Futterkosten starken 5.4 Schweinemast Schwankungen unterliegen. Getreide Die Rentabilität der Schweinemast kostet durchschnittlich 13,18 €/dt mit wird von folgenden Einflussgrößen Extremen von 8,75 €/dt bis 22,36 €/ bestimmt: l den Ferkelpreisen, l den Futterkosten, l den täglichen Zunahmen, l der Futterverwertung, l den direkten Kosten je Mastschwein und l dem Markterlös.

Werden die Ferkelkosten als kon- stante Größe betrachtet, so gewin- nen die Futterkosten einen maßgeb- lichen Einfluss auf die Rendite der Mastschweineproduktion.

Schweinestall, Waldkappel-Burghofen

48 49 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Rentabilität in der Schweinemast (Schlachtschweinerlös, Futterkosten und Erlös je Mastschwein (MS) nach Futterkostenabzug)

400 Erlös nach Futterkostenabzug (€/MS) Schweine-Verkaufspreis (€/100kg) 350 Sojaschrot 43-44% RP(€/t) Futtergerste/Futterweizen (€/t) 300

250

200

150

100

50

0 2006 2006 2006 2006 2007 2007 2007 2007 2008 2008 2008 2008 2009 2009 2009 2009 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4

dt. Sojaschrot kostete in den letzten Verlustgeschäft, mit der Folge, dass 4 Jahren durchschnittlich 29,37 €/ Mäster befristet die Schweinehaltung dt mit einem Preistief von 20,29 €/ ausgesetzt und Ferkelerzeuger Ver- dt und einem Preishoch der letzten 3 marktungsprobleme erfahren haben. Jahre von 38,17 €/dt. Es wird ersicht- Der Erlös nach Futterkostenabzug Futterkosten beein- lich, dass Sojaschrot in den letzten ist ein direktes Spiegelbild für die flussen den Gewinn Jahren bei weitem nicht den extremen Gewinnsituation in der Schweine- pro Mastschwein Preisschwankungen wie Getreide mast. Die durchschnittlichen Direkt- unterworfen war. Zudem ist der Anteil kostenfreie Leistungen der letzten von Sojaschrot in der gesamten Futter- vier Jahre betrug 9 % (etwa 12 €/ ration nur zu 20 % vertreten. Folglich Mastschwein) des durchschnittlichen wirken sich Preisschwankungen bei Erlöses pro Mastschwein (137 €/Mast- Futtergerste/-weizen viermal stärker schwein). aus, als Preisveränderungen bei Die durchschnittlichen Anteile der Sojaschrot. einzelnen Direktkosten betrugen 38 % Eine extreme Situation vollzog sich für Futterkosten (51,20 €/Mastschwein) zur Jahreswende 2007/2008, als hohe der Eigenmischung von Futtergerste, Futtergetreidepreise den Erlös nach -weizen und Sojaschrot, inklusive Futterkostenabzug stark geschmälert Mahl-/Mischkosten in Höhe von 3 €/ haben. In diesem Zeitraum konnten Mastschwein. nach Abzug von ca. 60 € Ferkelkosten, Die Direktkostenfreie Leistungen 2 € Tierarzt- und Medikamentenkosten, betragen etwa 19 €/Mastschwein im 5 € für Wasser, Energie und Sonstiges Betrachtungszeitraum von 4 Jahren. nur negative Direktkostenfreie Leistun- Von diesem Betrag sind Abschreibun- gen pro Mastschwein erzielt werden. gen plus Zinsansatz, die Entlohnung Gebäude-, Versicherungs- oder gar der Arbeitskraft und sonstige Festkos- Lohnkosten konnten nicht gedeckt wer- ten in Abzug zu bringen. Die Gewinne den, die Schweinemast war ein totales der Schweinemast können sich schnell

50 51 Entwicklung der Schlachtschweinepreise 1,9

1,8

1,7

1,6

1,5

1,4

Verkaufspreis: frei 1,3 Schlachtstätte (56% €/kg Schlachtgewicht (SG) Magerfleischanteil)

1,2 Hessen 1,1 4.Durchführungsverord- nung frei Schlachtstätte (>55% MFA) 1

5 5 5 6 6 6 6 6 6 7 7 7 7 7 7 8 8 8 8 8 8 9 9 9 9 9 9 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 l i l i l F-XCha n i l i l F-XChan p v n z p v n z p vD n ge z p v n z p v n D ge u o a u o a u o P a u o a u o a P J Se N J Mr Ma J Se N J Mr Ma J Se N J Mr Ma J Se N J Mr Ma J Se N J Monate

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halbieren oder gar in die Verlustzone wandern, wenn die Entwicklung der Mastschweine- und Ferkelpreise Mastschweine (€/kg Schlachtschweinepreise näher betrach- Schlachtgewicht) Ferkel (€/St.) tet wird (Grafik oben). D Vereinigungspreis: frei Mittelwerte Schlachtstätte, 56% In steter Regelmäßigkeit wiederholen APH-Hessen, 100er Magerfleischanteil für Gruppen, ab Hof sich die Zyklen der Preiskurven, die Schweine im abzugsfreien maßgeblich von Angebot und Nachfra- Gewichtsbereich ge beeinflusst werden. Ohne nennens- WJ 05/06 1,46 57,68 -XChan WJ 06/07 1,43 53,20 -XChan DF ge DF ge werte Exporte, vornehmlich im osteuro- P WJ 07/08 1,44 41,96 P päischen Raum, läge das Preisniveau WJ 08/09 1,54 57,53 w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m o 2. HJ 2009 1,42 51,25 o w c w c .d k. .d k. deutlich niedriger. Die Rentabilität wäre ocu-trac ocu-trac nur bei großen Beständen mit nied-

rigen Festkosten und hohen biologi- Betriebsvergleich Schweinemast schen Leistungsdaten erzielbar. 10% 10% weniger Bei der Betrachtung der landwirtschaft- Gesamt erfolgreiche erfolgreiche 2008/2009 lichen Betriebe mit erfolgreichen und Betriebe Betriebe Betriebe Anzahl 167 17 17 weniger erfolgreichen Ergebnissen Verkauf Schweine/Betrieb Stück 1282 848 995 Anfangsgewicht kg/Stück 30 31 29 wird sichtbar, dass die Verlustrate, die Mastendgewicht kg/Stück 121 136 132 Markterlöse und die Mastdauer, beein- Verluste % 3,8 2,6 4,1 Ferkelpreis €/Stück 70,00 81,00 72,00 flusst durch tägliche Zunahme, ein- Markterlös €/kg 1,35 1,82 1,31 Anteil FOM Klassifizierung % 79 79 79 schließlich der Futterverwertung, sich Magerfleischanteil % 56,5 55 56 Mastdauer Tage 129 152 132 stark unterscheiden. Tägliche Zunahme g 717 712 677 Das Management und die Kostenkalku- Umtriebe/Mastplatz Anzahl 2,8 2,4 2,7 Futterverwertung 1: 2,99 3,2 3,14 lation einschließlich der Vermarktungs- Futterkosten/kg Zuwachs € 0,66 0,88 0,76 Futterpreis/dt € 22,00 26,60 23,90 optimierung beeinflussen die Direkt- Leistung je MS € 164,00 258,00 153,00 Direktkosten je MS € 137,00 188,00 145,00 kostenfreie Leistung und schließlich DkfL/100kg Zuwachs € 28,00 63,00 4,00 den Gewinn. DkfL/Mastplatz € 63,00 144,00 9,00

Die 10% erfolgreichen und weniger erfolgreichen Betriebe aus Nordhessen sortiert anhand der Direktkostenfreie Leistung (DKfL) je 100kg Zuwachs

50 51 Reichenbach, Stadteil von Hessisch Lichtenau. Im Hintergrund der Hohe Meißner.

6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen Zahlungen an die Landwirte sind seit den Diskussionen um ihre Veröf- fentlichung wieder Gegenstand öffentlicher Debatten. In diesem Kapi- tel werden die Zahlungen und ihre Hintergründe erläutert.

Als Folge des internationalen Abbaus In diesem Umfeld sind EU-Zahlungen von Handelsbeschränkungen und der im Agrarbereich unerlässlich zur Erhal- Reformen der EU-Agrarpolitik gel- tung einer multifunktionalen Landwirt- Zahlungen als Aus- ten auf landwirtschaftlichen Märkten schaft mit ihren vielfältigen in Kapitel gleich für Leistun- zunehmend Weltmarktbedingungen. 2.1 beschriebenen Leistungen, die gen, die nicht über Die Auswirkungen sind in zunehmen- nicht über die Marktpreise honoriert die Marktpreise den Schwankungen der Erzeuger- werden. honoriert werden preise wie z. B. bei Milch, Schweinen und Getreide sehr deutlich geworden. 6.1 Die „zwei Säulen“ der Ge- Unsere Bauern konkurrieren jetzt mit meinsamen Agrarpolitik (GAP) den Bauern auf der ganzen Welt und Die derzeitige Fördersystematik geht damit mit Produktionsstandorten, an auf die Agrarreform von 1999, auf die denen die Löhne meistens geringer so genannte AGENDA 2000, zurück. und die Umwelt- und Tierschutzstan- Danach werden die Beihilfemaßnah- dards häufig niedriger sind als bei uns. men in zwei Säulen unterteilt. Auch die Bürokratiekosten sind in der Die erste Säule umfasst die EU-Di- einheimischen Landwirtschaft in der rektzahlungen an landwirtschaftliche Regel höher als auf ausländischen Pro- Betriebe. Mit dieser zu 100 % aus duktionsstandorten. Die gegenwärtigen EU-Mitteln finanzierten Beihilfe soll ein Unterschiede zwischen den Anforde- Ausgleich für die Absenkung des Preis- rungen an importierte und heimische niveaus für landwirtschaftliche Erzeug- Nahrungsmittel verzerren die Produk- nisse geschaffen werden sowie eine tionskosten zulasten der heimischen Vergütung gesellschaftlich erwünschter Erzeuger. Leistungen der Landwirtschaft erfolgen. 52 53 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen Seit 2005 werden diese Gelder im Rah- angemeldeten beihilfefähigen Flächen men der so genannten Betriebsprämi- der Betriebsinhaber zum Stichtag 17. enregelung gewährt. Zur ersten Säule Mai 2005. zählen außerdem bestimmte Beihilfen Die Betriebsprämie wird auf jährlichen auf Grund spezieller Marktordnungs- Antrag für jeden Zahlungsanspruch regelungen (z. B. Eiweißpflanzen- und gewährt, der aktiviert wurde. Zur Ak- Schalenfruchtprämie, Gemeinsame tivierung muss der Betriebsinhaber je Marktorganisation für Obst und Gemü- Zahlungsanspruch über einen Hektar se). beihilfefähiger Fläche verfügen, den er Die Gemeinsame für eine zulässige landwirtschaftliche Agrarpolitik der Produktion genutzt oder zumindest in EU fußt auf „zwei gutem landwirtschaftlichen und ökologi- Säulen“ schen Zustand hält. In Form von Direktzahlungen an land- wirtschaftliche Betriebsinhaber fließen so jährlich erhebliche Summen an EU- Mitteln in den Werra-Meißner-Kreis.

Direktzahlungen an Betriebe im Werra-Meißner-Kreis

2006 11.230.000 Euro 2007 11.330.000 Euro Die zweite Säule beinhaltet Maßnah- 2008 11.470.000 Euro men zur Förderung der ländlichen 2009 11.260.000 Euro Räume. Sie dient insbesondere der Er- haltung lebendiger ländlicher Gebiete Durch Einbeziehung von Mitteln aus durch die Entwicklung ihrer Wirtschaft den reformierten EU-Marktordnungen und die Nutzung ihrer besonderen Res- in den Bereichen Milch, Zucker und sourcen. Darüber hinaus kommt dem Dauerkulturen in das System der EU-Direktzahlungen Schutz der Natur und der Förderung Direktzahlungen haben sich die Direkt- an Landwirte als der ländlichen Kulturlandschaft eine zahlungen bis 2008 jährlich geringfügig erste Säule der besondere Bedeutung zu. Im Gegen- erhöht. Seitdem gehen sie infolge der GAP satz zu den Direktzahlungen der ersten sog. Modulation stetig zurück. Säule basieren die Maßnahmen der zweiten Säule auf dem Prinzip der Kofi- nanzierung. Das heißt, die EU beteiligt Was bedeutet in diesem Zusam- sich an den Kosten mit einem bestimm- menhang Modulation? ten Anteil, in der Regel zu 50 %. Der restliche Anteil wird aus nationalen Kürzung der Direktzahlungen an die Mitteln (Bund und Land) getragen. Landwirte (aus der ersten Säule der GAP) zugunsten von Maßnahmen der zweiten Säule. Es gelten folgen- 6.2 Direktzahlungen de Modulationssätze: Mit Einführung der Betriebsprämienre- gelung wurden für jeden begünstigten 2008 2009 2010 2011 2012

Betriebsinhaber spezifische Prämien- 5% 7% 8% 9% 10% ansprüche ermittelt (sog. Zahlungsan- Die durch die Modulation eingenom- sprüche). Diese bilden die Grundlage menen EU-Mittel werden um Bun- für die einem Betriebsinhaber jährlich des- und Landesmittel aufgestockt zu gewährenden Direktzahlungen, (mitfinanziert) und über Fördermaß- sofern er im jeweiligen Antragsjahr die nahmen zu Zwecken des Umwelt-, übrigen Beihilfevoraussetzungen erfüllt. Natur-, Tier- und Verbraucherschut- Die Anzahl der Zahlungsansprüche zes, sowie der Entwicklung des länd- richtete sich nach dem Umfang der lichen Raums wieder ausgegeben.

52 53 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen 6.3 Fördermaßnahmen zur Umsetzung in Hessen Entwicklung des ländlichen Raums Zur Umsetzung der ELER-Verord- Den inhaltlichen und finanziellen nung hat das Land Hessen den Rahmen für die Förderung der zweiten „Entwicklungsplan für den ländlichen Säule der GAP (siehe oben 6.1) bis Raum des Landes Hessen 2007 zum Jahr 2013 bildet die sog. ELER- - 2013“ (EPLR) erarbeitet. Im Rah- Verordnung. ELER steht für den Euro- men der vier Schwerpunkte werden Förderung der länd- päischen Landwirtschaftsfond für die vor allem folgende Maßnahmen als lichen Entwicklung Entwicklung des ländlichen Raums. wichtig angesehen: als zweite Säule der Die Maßnahmen zur Förderung des l Förderung von Investitionen inner- GAP ländlichen Raums werden nach dieser halb und außerhalb der Land- und Verordnung folgenden thematischen Forstwirtschaft zur Steigerung der Schwerpunkten zugeordnet: Wertschöpfung, l freiwillige Agrarumweltmaßnahmen, 1. Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit l Arbeitsplatz erhaltende und schaf- der Land- und Forstwirtschaft durch fende Investitionen und Förderung der Umstrukturierung, der l sektorübergreifende lokale Ent- Entwicklung und der Innovation, wicklungsstrategien 2. Verbesserung der Umwelt und der Landschaft, Der hessische Entwicklungsplan ent- 3. Verbesserung der Lebensqualität im hält ein umfangreiches Maßnahmen- ländlichen Raum sowie Förderung und Förderspektrum, das in seinem und Diversifizierung der ländlichen Zusammenwirken die integrierte und Wirtschaft. nachhaltige Weiterentwicklung des 4. Förderung sachlicher und räumlicher ländlichen Raums unterstützen soll. Schwerpunkte in Form lokaler Part- nerschaften (sog. LEADER-Ansatz) dahingehend definiert, dass er die Ge- biete umfasst, die im Landesentwick- lungsplan Hessen 2000 als Ländlicher Raum oder als Ordnungsraum (ohne den Verdichtungsraum) bezeichnet Vier thematische sind. Somit gehört die gesamte Fläche Schwerpunkte der des Werra-Meißner-Kreises zum För- Förderung der länd- dergebiet. lichen Entwicklung 6.3.1 Schwerpunkt 1 Steige- rung der Wettbewerbsfähigkeit Mit den Maßnahmen dieses Schwer- punktes soll die Entwicklung langfris- tig existenzfähiger Unternehmen der Land- und Forstwirtschaft gefördert werden. Diesem Ziel dient im Bereich der Landwirtschaft vor allem das Agrarin- Konkrete Förderprogramme der einzel- vestitionsförderungsprogramm (AFP). nen Schwerpunkte werden weiter un- In diesem Programm werden Investi- ten in Kap. 6.3.1 bis 6.3.4 vorgestellt. tionen in langlebige Wirtschaftsgüter gefördert (in der Regel handelt es sich Das Land Hessen hat in seinem nach um Baulichkeiten und baugebundene der ELER-Verordnung aufzustellenden Technik), die der Erzeugung land- Entwicklungsplan EPLR 2007-2013 wirtschaftlicher Produkte dienen. Die den ländlichen Raum als Förderkulisse Investitionen sollen zur

54 55 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen l Verbesserung der Produktions- Einzelbetriebliche Investitionsförderung und Arbeitsbedingungen, im Werra-Meißner-Kreis 2006-2009 l Rationalisierung und Senkung Einzelbetriebliche Investitionsförderung der Produktionskosten und im Werra-Meißner-Kreis 2006 - 2009 Anzahl der bewilligten Verfahren (Neubewilligungen) l Erhöhung der betrieblichen Wert- 14 schöpfung beitragen. 12 ohne Betreuer 10 5 Die Förderung erfolgt auf Antrag in mit Betreuer 8 Form von Zuschüssen. Die Regelför- derquote liegt bei 25 % der förderungs- 6 1 fähigen Kosten. Höhere oder zusätzli- 4 0 7 1 che Förderung ist möglich bei Erfüllung 5 besonderer Anforderungen, die in den 2 4 3 Förderrichtlinien genau definiert sind, hohe Erzeu- niedrige Er- 0 gerpreise zeugerpreise bei sogenannten Junglandwirten und 2006 Einzelbetriebliche 2007 Investitionsförderung 2008 2009 für Erschließungskosten bei Aussied- im Werra-Meißner-Kreis 2006 - 2009 lungen bzw. Betriebszweigaussied- Bewilligte Mittel (Zuschüsse) in € lungen aus erheblichem öffentlichen 1000000 900000 Interesse. 746.857 763.269 Das Mindestinvestitionsvolumen 800000 700000 beträgt 20.000 € förderungsfähige 592.614 Kosten. Ab einem förderungsfähigen 600000 Investitionsvolumen von 100.000 € 500000 330.930 ist ein zugelassenes Baubetreuungs- 400000 unternehmen einzuschalten, das den 300000 Antragsteller bei der verwaltungsmä- 200000 ßigen Abwicklung und in baufachlicher 100000 Hinsicht unterstützt. 0 Im Werra-Meißner-Kreis wurden im 2006 2007 2008 2009 Durchschnitt der Jahre 2006 bis 2009 Der Zusammenhang zwischen den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jährlich Zuschüsse aus dem Agrarin- (hohe oder niedrige Erzeugerpreise) und der Investitionsbereitschaft der vestitionsförderungsprogramm AFP von Landwirte lässt sich auch an der Nachfrage nach Investitionsförderung über 0,6 Millionen Euro bewilligt und (AFP) ablesen. ausgezahlt. Beispielhafte Investitionen sind Neubauten von Jungviehställen, Stallerweiterungen oder auch der Ein- bau automatischer Melksysteme.

Weitere Förderprogramme dieses Schwerpunkts: l Marktstrukturförderung (Regierungs- präsidium Gießen) l Flurneuordnung/Flurbereinigung (Ämter für Bodenmanagement) l Verbesserung der forstwirtschaftli- chen Infrastruktur (RP Darmstadt)

Stallneubau, Waldkappel-Hetzerode.

54 55 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen 6.3.2 Schwerpunkt 2 Verbes- Ein wesentliches Instrument zur Um- serung der Umwelt und Land- setzung dieser Ziele ist das Hessische schaft Integrierte Agrarumweltprogramm (HIAP). In diesem Programm sind fol- Die nachhaltige Bewirtschaftung gende Maßnahmen zusammengefasst: land- und forstwirtschaftlicher Flächen Agrarumweltmaß- l Förderung des Ökologischen ist übergeordnetes Ziel des zweiten nahmen und ihre Landbaus Schwerpunkts. Es soll eine flächende- Ziele l Standortangepasste Grünland- ckende Landbewirtschaftung gefördert extensivierung werden, die an sozialen, ökonomischen l Anlage von Blühflächen und Schon- und ökologischen Gesichtspunkten streifen ausgerichtet ist (vgl. die multifunktiona- l Förderung der Mulch- und Direktsaat le Rolle der Landwirtschaft in Kap. 2.1). l Anbau von Zwischenfrüchten und Mit den Maßnahmen dieses Schwer- Untersaaten (Winterbegrünung) punkts sollen die folgenden daraus l Förderung besonderer Lebensräume abgeleiteten Ziele erreicht werden: und Habitate l Erhaltung der Kulturlandschaft l ferner: Weinbaumaßnahmen l Erhaltung und Förderung der Biodi- versität An dieser Stelle sei auf die Beschrei- l Verbesserung des Boden- und bung der Agrarumweltmaßnahmen im Gewässerschutzes Kapitel 4 – Landschaftspflege – verwie- l Verbesserung des Klimaschutzes sen.

Neben den genannten HIAP-Maßnah- Ausgleichzulage für benachteiligte Gebiete im Werra- men spielt im Werra-Meißner-Kreis die Meißner-Kreis 2006 - 2009 Ausgleichszulage (AGZ) zugunsten der Landwirte in benachteiligten Anzahl der AGZ-Zuwendungsempfänger Gebieten eine große Rolle. Die Aus- gleichszulage dient zur Sicherung der 1000 900 landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit 800 und zum Ausgleich ständiger natürli- 656 665 700 590 646 cher und wirtschaftlicher Nachteile in 600 diesen Gebieten. Außer einigen Ge- 500 markungen im Bereich Werraaue gilt 400 300 der überwiegende Teil der Kreisfläche 200 als in diesem Sinne benachteiligt (s. 100 Kap. 1). 0 2006 2007 2008 2009 Weitere Förderprogramme dieses Auszahlungen in € Schwerpunkts: 2250000 2.050.501 l Wiederaufbau forstwirtschaftlichen 2000000 Potenzials und vorbeugende Aktio- 1750000 nen bei/gegen Schadensereignisse/n 1.537.314 1.566.524 1500000 (RP Darmstadt) 1250000 l Beihilfen für nichtproduktive forst- 1.003.273 1000000 wirtschaftliche Investitionen 750000 (RP Darmstadt) 500000 250000 2006 2007 2008 2009 Von 2006 auf 2007 und nochmals von 2008 auf 2009 wurden die AGZ-Bei- hilfen je Hektar deutlich angehoben. Die letzte Anhebung steht in Korrela- tion zum Rückgang im Bereich des AFP (siehe oben 6.3.1). Die verhaltene Investitionsbereitschaft ermöglichte eine Umschichtung von Mitteln zu- gunsten der Ausgleichszulage.

56 57 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen 6.3.3 Schwerpunkt 3 Verbes- Handwerk oder vieles andere in Frage. serung der Lebensqualität und Die Förderung erfolgt auf Antrag in Form von Zuschüssen. Die Förderquo- Diversifizierung der Wirtschaft te liegt bei 25 % der förderungsfähigen Die Maßnahmen des Schwerpunktes 3 Kosten. Das Mindestinvestitionsvolu- sollen dazu beitragen, den Rückgang men beträgt 10.000 € förderungsfähige der Beschäftigungsquote und des Wirt- Kosten. Bei Investitionen im Bereich Förderung der schaftswachstums in ländlichen Gebie- der Verarbeitung und Vermarktung Verarbeitung und ten wie dem Werra-Meißner-Kreis zu landwirtschaftlicher Erzeugnisse setzt Vermarktung land- mindern. Der demografische Wandel die Förderung die Teilnahme an einer wirtschaftlicher soll auch durch Gründung neuer selb- anerkannten Lebensmittelqualitätsre- Produkte ständiger Kleinstunternehmen gestaltet gelung wie der Biokennzeichnungsver- werden. ordnung oder „Geprüfte Qualität – Hes- sen“ voraus. Mit den Maßnahmen dieses Schwer- Im Werra-Meißner-Kreis wurde aus punkts sollen folgende Ziele erreicht diesem Programm die Modernisierung werden: und Erweiterung einer Hofkäserei und l Sicherung und Schaffung von der Bau einer Reithalle gefördert. Arbeitsplätzen und Einkommen, l Sicherung und Verbesserung von Le- Weitere Förderprogramme dieses bensqualität und Zukunftsperspekti- Schwerpunkts: ven, l Erhaltung bzw. Herstellung der Min- Förderung l Investitionen in Energiegewinnung destversorgung mit Gütern und der Dorf- durch Biomasse aus der LuF (LTH/ Dienstleistungen, und Regionalent- WI-Bank), l Erhaltung des ländlichen Natur- und wicklung l Landtourismus (WI-Bank bzw. Fach- Kulturerbes, gebiet Dorf- und Regionalentwick- l Erhaltung bzw. Verbesserung des lung), Freizeit- und Erholungswertes l Förderung von Unternehmensgrün- ländlicher Räume. dung und –entwicklung (WI-Bank bzw. Fachgebiet Dorf- und Regional- Speziell an die Landwirte und deren entwicklung), Familien richtet sich dabei folgendes l Dorferneuerung (WI-Bank bzw. Fach- Förderprogramm: gebiet Dorf- und Regionalentwick- Förderung von Investitionen zur Diver- lung). sifizierung (FID). Gefördert wird die Gründung bzw. Entwicklung von selbständigen (ge- werblichen) Kleinstunternehmen aus landwirtschaftlichen Betrieben durch die Betriebsleiter oder Familienangehö- rige in räumlicher Nähe zum landwirt- schaftlichen Betrieb. Es soll über die Schaffung zusätzlicher Einkommens- quellen ein Beitrag zur Erhaltung der Wirtschaftskraft des ländlichen Rau- mes geleistet werden. Förderfähig sind viele selbständige Tätigkeiten: Neben der klassischen Direktvermarktung durch Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Produkte oder landwirtschaftsnaher Unternehmungen wie Pensionpfer- dehaltung oder Reitbetrieb kommen Neueinrichtung Käserei, Hutzelberghof, Bad Sooden-Allendorf Oberrieden. Dienstleitungen aller Art, bäuerliches

56 57 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen 6.3.4 Schwerpunkt 4 LEADER* korrekt ausgeführt werden, dass Ein großer Teil der Maßnahmen des Unregelmäßigkeiten entgegengewirkt vorstehend beschriebenen Schwer- wird beziehungsweise diese behoben punkts 3 mit Ausnahme des FID und werden und dass zu Unrecht geleistete der Dorferneuerung wird im Werra- Zahlungen wieder eingezogen werden. Meißner-Kreis als anerkannte Region Hierzu dient vor allem das Integrierte Der Werra-Meißner- nach LEADER auf der Grundlage eines Verwaltungs- und Kontrollsystem Kreis ist „LEADER“- regionalen Entwicklungskonzepts ge- für gemeinschaftliche Beihilferege- Region fördert. lungen, das so genannte InVeKoS. Mit dem LEADER-Ansatz sollen lokale Es deckt nicht nur die Direktzahlungen Entwicklungschancen durch regiona- an Landwirte, wie die Betriebsprämi- le Initiativen zur Mobilisierung eines enregelung ab; vielmehr werden auch regionalen Beschäftigungs- und Wirt- die flächenbezogenen Maßnahmen schaftswachstums genutzt werden. der zweiten Säule der GAP mit dem Dabei soll gleichzeitig die Bereitschaft InVeKoS bearbeitet. zur örtlichen Konsensbildung und die Das Integrierte Verwaltungs- und Entstehung regionaler Netzwerke an- Kontrollsystem setzt sich aus verschie- gestoßen werden. denen Bestandteilen zusammen, die für die Annahme und Bearbeitung von Beihilfeanträgen erforderlich sind. 6.4 Das „Integrierte Verwal- Es umfasst: tungs- und Kontrollsystem“ l eine rechnergestützte Datenbank, Die Zuständigkeit für die finanzielle l ein System zur Identifizierung von Verwaltung der Gemeinsamen Agrar- Betriebsinhabern und landwirtschaft- politik liegt bei der EU-Kommission. lichen Parzellen, Allerdings leistet diese in der Regel l ein System zur Identifizierung und nicht selbst Zahlungen an Begünstigte Registrierung von Zahlungsansprü- sondern überträgt die Aufgabe auf die chen und Beihilfeanträgen und Mitgliedstaaten. Aufgrund der föderalen l ein integriertes Kontrollsystem für Struktur der Bundesrepublik unterhält Prüfungen (Verwaltungs- und Vor- das Land Hessen eine eigene soge- Ort-Kontrollen) und erforderlichenfalls nannte EU-Zahlstelle, die derzeit bei Berechnung von Beihilfekürzungen. der Wirtschafts- und Infrastrukturbank (WI-Bank) angesiedelt ist. Bei den Verwaltungskontrollen Aufgaben der EU- Die Zahlstelle ist jedoch nicht nur für handelt es sich um eine Reihe von Zahlstellen Zahlungen an die Begünstigten zustän- Gegenkontrollen mit Angaben in den dig. Sie muss sicherstellen, dass: Anträgen des Betriebsinhabers und l die Beihilfefähigkeit von Anträgen vor denen anderer Antragsteller. Diese der Auszahlung geprüft wird, Gegenkontrollen werden innerhalb l die Buchhaltung exakt und umfas- einer rechnergestützten Datenbank, in send ist, der verschiedene Systeme miteinander l die für die einzelnen Sektoren vorge- verbunden sind, automatisiert durchge- schriebenen Kontrollen durchgeführt führt. werden und Bei den Vor-Ort-Kontrollen besuchen l sämtliche notwendigen Unterlagen die Kontrolleure landwirtschaftliche Be- ordnungsgemäß aufbewahrt werden, triebe, die teilweise nach dem Zufalls- zugänglich sind und rechtzeitig vor- prinzip, größtenteils aber aufgrund von gelegt werden. Risikoanalysen ausgewählt wurden. Der Einsatz verfügbarer Technik er- Dabei wird sie von verschiedenen Insti- möglicht es beispielsweise, die Größe tutionen überprüft. einer Parzelle und die Pflanzenbede- Jeder Mitgliedstaat, also zunächst die ckung anhand von Luftaufnahmen oder Zahlstelle mit ihrem nachgeordneten Satellitenfotos in vielen Fällen auch Bereich, muss dafür Sorge tragen, ohne Feldbegehung zu bestimmen. dass Zahlungen im Rahmen der GAP Zudem führt die Generaldirektion

58 * LEADER: frz. Liaison entre actions de developpement 59 de l‘economie rurale; deutsch: Verbindung zwischen 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft. LEADER ist eine Gemeinschaftsinitiative der EU: Landwirtschaft und ländliche Entwick- Die Kosten der GAP sollten im Verhält- lung der Kommission Kontrollen bei nis zu anderen Ausgaben betrachtet den Zahlstellen in den Mitgliedstaaten werden. Im Gegensatz zu anderen durch. Die Prüfungen konzentrieren Sektoren wie Bildung, Verteidigung, sich in der Regel auf die Funktionswei- Verkehr, Gesundheitsversorgung oder Bei „systematischen se der Verwaltungs- und Kontrollsyste- soziale Sicherheit, deren Kosten von Fehlern“ drohen me. Falls eine Prüfung ergibt, dass die den nationalen Regierungen getra- „finanzielle Berich- nationalen Systeme nicht einwandfrei gen werden, sind die Mitgliedstaaten tigungen (Anlastun- funktionieren, leitet die Kommission ein übereingekommen, dass die Entschei- gen)“ in Millionen- sogenanntes Konformitätsabschluss- dungen über die EU-Agrarpolitik auf höhe verfahren ein, um zu klären, ob sie eine Gemeinschaftsebene getroffen werden finanzielle Berichtigung gegenüber und hierfür angemessene Haushalts- dem betreffenden Mitgliedstaat anwen- mittel bereit gestellt werden. Jeder den soll, und wenn ja, in welcher Höhe. EU-Bürger trägt im Durchschnitt Nicht zuletzt deshalb führt die Zahl- mit etwa 2 Euro pro Woche zur Fi- stelle der WIBank auch im Fachdienst nanzierung der GAP und damit zur Ländlicher Raum des Werra-Meißner- Sicherstellung einer Versorgung mit Kreises, der als Auftragsangelegenheit hochwertigen Lebensmitteln und zur Funktionen im nachgeordneten Bereich Erhaltung eines lebendigen ländli- der Zahlstelle wahrnimmt, regelmäßig chen Raums bei. fachaufsichtliche Prüfungen und Prü- fungen ihres Internen Revisions- Für die GAP gelten strenge Vorschrif- dienstes durch. ten. Es werden Haushaltsgrenzen aufgestellt, um die Ausgaben in einzel- Der Europäische Rechnungshof hat nen Jahren und über mehrere Jahre Der Anteil der wiederholt bestätigt, dass das InVeKoS unter Kontrolle zu halten. Die für die Kosten der Gemein- bei ordnungsgemäßer Anwendung ein Marktmaßnahmen und Direktbeihilfen samen Agrarpolitik wirksames Kontrollsystem ist, mit dem der GAP für den Zeitraum 2007 – 2013 am EU-Haushalt das Risiko vorschriftswidriger Ausga- festgesetzten Grenzen bieten keinen nimmt ab. ben limitiert werden kann. Spielraum für reale Erhöhungen, son- dern sie werden jedes Jahr enger, da 6.5 Die Kosten der Gemeinsa- die Direktzahlungen in den 12 neuen men Agrarpolitik Mitgliedstaaten während dieses Zeit- Die GAP war mehr als 40 Jahre lang raums progressiv auf die in den übri- einer der wichtigsten Politikbereiche gen 15 Mitgliedstaaten bereits gelten- Europas. Es ist nur natürlich, dass ein den vollen Beihilfesätze angehoben großer Anteil des EU-Haushalts und werden. Mehrere Reformen der GAP der Ausgaben auf die GAP entfielen, (drei in zehn Jahren) waren darauf aus- da diese den Platz der nationalen Po- gerichtet, die Mittel gezielter einzuset- litik einnimmt und die Agrarausgaben zen und die Ausgaben unter Kontrolle bestimmt. Dieser Anteil hat sich inzwi- zu halten. Die GAP-Ausgaben sind bis schen verringert, da die Ausgaben der 2013 (real) eingefroren und werden GAP begrenzt wurden und nun auch streng kontrolliert. Mit einem neuen andere Politikbereiche auf EU-Ebene Mechanismus zur Kontrolle der Haus- mehr Bedeutung erlangt haben. haltsdisziplin soll sichergestellt werden, Die GAP kostet jährlich etwa 55 dass die Ausgabenobergrenze nicht Milliarden Euro. Das sind zwar immer überschritten wird. noch fast 50 % des gesamten EU- Haushalts, aber weniger als 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU. Der auf die GAP entfallende Anteil des BIP der EU ist nicht nur ohnehin schon rückläufig, er sinkt auch viel schneller als die öffentlichen Ausgaben der EU.

58 59 6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen Gestüt Altefeld, Heuernte (Foto: Manfred W. Graf). 7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken In der Gesamtbetrachtung der Landwirtschaft in unserer Region entde- cken wir charakteristische Stärken aber auch bestimmte Schwächen, die es zu analysieren gilt. Daraus lassen sich Chancen für zukunftsfähiges Wirtschaften aber auch Risiken des Fortschritts ableiten, die aufzeigen, wie sich die Landwirtschaft in unserer Region weiterentwickeln kann. Situationsanalyse der Region gut ausgestattet. Auch das vor- und nachgelagerte Gewerbe ist gut ver- (Landtechnik, Landhandel). Landwirte produ- Stärken: Wo haben wir Wettbe- treten zieren neben Nah- werbsvorteile / qualitative Vorteile? Im Werra-Meißner-Kreis nimmt der rungsmitteln auch Was unterscheidet uns? Was ist Anteil an Bio-Betrieben zu, die u.a. „öffentliche Güter“ besser als anderswo? Worauf kön- für die Rindfleischproduktion und die z.B. im Umwelt- und nen wir bauen? Der Werra-Meißner-Kreis zeichnet sich Schafhaltung besonders kreative Ver- Sozialbereich durch eine vergleichsweise intakte marktungsstrategien entwickeln. Hier Agrarstruktur aus; es wird nicht nur gibt es positive Effekte durch den Wis- Ackerbau in den Gunstlagen betrieben, senschaftsstandort der Universität auch die vielfach vorhandenen und Kassel mit dem Studiengang „Ökolo- teilweise grenzwertigen Grünlandflä- gischer Landbau“ in Witzenhausen, da chen werden noch bewirtschaftet. Dies zahlreiche Absolventen Betriebe vor garantieren die zahlreichen Nebener- Ort gründen. In Zusammenarbeit mit werbsbetriebe, die qualifiziert geführt dem Fachbereich Ökologische Agrar- werden und in die mancher Betriebs- wissenschaften wurde auch die „Biore- leiter sogar Finanzierungsmittel aus gion Werratal“ ins Leben gerufen. außerlandwirtschaftlicher Tätigkeit einbringt. Das vielfältige Aufkommen an Bio- energiepotential, insbesondere an Die Haupterwerbsbetriebe sind mit Hackschnitzeln und Gülle zeichnet den der Größe der Tierbestände und der Werra-Meißner-Kreis aus. Nutzflächen in Relation zu Nordhessen

60 61 7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken intakte Agrarstruktur

gut ausgestattete HE (Nordhessenvergleich)

Vor- und nachgelagertes Gewerbe gut vertreten

zunehmender Anteil Bio-Betriebe attraktive Landschaft - positiv für Tourismus und Naherholung Wissenschaftsstandort Uni KS - WIZ Bioenergiepotential kann besser vielfältiges Biomassepotential genutzt werden Gründung von Diversifizierung Chancen Erzeuger- Stärken gemeinschaften gut ausgeprägte Wertschöpfungskette Absatzchancen für "Schwein-Wurst" regional erzeugte Produkte durch Innovationsbereitschaft Ausdehnung "Naturparkküche" überbetrieblicher Maschineneinsatz

Betriebsstärkung durch schwer kalkulierbare überregionales marktwirtschaftliche Zusammenwirken Rahmenbedingungen

hohe landschaftliche Pachtmarkt Attraktivität durch Landwirtschaft vielfältige Landwirtschaft Prämienrahmen- im WMK bedingungen hoher Anteil Natura 2000-Gebiete weniger attraktive Landschaft infolge Nutzungsaufgabe durch Einschränkung hoher Anteil des finanziellen an Pachtflächen Ausgleichs (wirtschaftliche Auswirkungen) Risiken Verschärfung von Auflagen Flächenverluste Abnahme Abnehmende der Motivation Tierbestände der Landwirte (Wiederkäuer) durch Gängelung

Mangelnde Gesundheitsrisiko Kooperationsbereitschaft durch extrem hohe Arbeitsbelastung Handelsnachteile Schwächen unsichere Marktferne Hofnachfolge

Verlust an regionaler Klimawandel Nachfrage (demografischer Wandel)

fehlende Dachmarkenstrategie für regionale Produkte

Bewirtschaftungsauflagen durch Naturschutz

7_fassungkurz.mmap - 03.12.2010 - Mindjet 60 61 7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken Die regionale Vermarktung landwirt- wodurch sie wirtschaftlich stark von der schaftlicher Produkte bietet einer Entwicklung der Pachtpreise abhängig zunehmenden Anzahl von Betrieben sind. die Möglichkeit, sich durch Diversifi- Der Landwirt ist zierung ein zusätzliches Standbein zu Hinzu kommt der drohende Flächen- Unternehmer, schaffen. Auch wenn die Auswahl an verlust durch die Trasse der A 44 und Betriebsleiter und Vermarktungspartnern gesunken ist, die ausgewiesenen Ausgleichsflächen Arbeitskraft in einer bietet vor allem die regionale Schwei- (genauere Aussagen dazu können erst Person nefleischverarbeitung z.B. von „Ahler in der Fortschreibung dieses Berichtes Wurscht“ ein wirtschaftliches Potential gemacht werden). Flächenverluste gibt und eine gut ausgeprägte Wertschöp- es auch durch die Umgehungsstraße fungskette vom Schwein zur Wurst. Hebenshausen, das Gewerbegebiet Neu-Eichenberg und die A 38 in Marz- Die Innovationsbereitschaft der land- hausen. Für solche Flächen sind nur wirtschaftlichen Betriebsleiter ist eine relativ geringe Verkaufserlöse zu erzie- weitere Stärke, mit der sie auch neue len, was die Finanzierung von Ersatz- Marktchancen nutzen, z. B. durch die land erschwert. Erzeugergemeinschaft Braugerste zur Belieferung der heimischen Brauerei, Die Tierbestände nehmen ab; durch die Streuobstinitiative Werratal oder diesen Abwärtstrend insbesondere auch den gemeinsamen Düngereinkauf bei den Wiederkäuern wird das Tier- bzw. die gemeinsame Vermarktung von Flächenverhältnis ungünstiger. Ggf. Erntegütern des Bauernstammtisch gibt es für Grünlandflächen keine Nut- Meißnervorland. zungsalternativen.

Dass gemeinsame Aktionen Vorteile An der Kooperationsbereitschaft der bringen und die Betriebe stärken, zeigt Betriebsleiter mangelt es; der Anteil der der überbetriebliche Maschinen- GbRs ist vergleichsweise gering und einsatz und auch das überregionale auch die Bereitschaft zum Flächen- Zusammenwirken beispielsweise tausch ist (von Wanfried abgesehen) durch Flächenexpansion nach Thürin- nicht sehr ausgeprägt. gen oder Vermarktungssträngen nach Niedersachsen. Landwirte dieser Region müssen ge- Die landwirtschaft- genüber anderen Handelsnachteile lichen Flächen Eine ausgeprägte Stärke des WMK ist in Kauf nehmen, so z.B. gegenüber sind aufgrund ihrer zweifelsohne die hohe landschaft- Thüringen, wo mit großen homogenen natürlichen Be- liche Attraktivität durch vielfältige Partien bessere Preise erzielt werden dingungen nur mit Landwirtschaft. Dies drückt sich können. Hiesige Bewirtschaftungsein- Einschränkungen zu auch im hohen Anteil an Natura heiten sind dagegen relativ klein, was bewirtschaften 2000-Gebieten aus, die ca. 12% der an den Schlaggrößen und der Zahl der landwirtschaftlichen Nutzfläche ausma- Kleinerzeuger abzulesen ist. chen. Die damit verbundenen Agrar- umweltmaßnahmen werden von den Die Marktferne von den großen Ver- Landwirten gut akzeptiert und bringen brauchermärkten in Ballungsgebieten entsprechende Fördermittel in den wie Rhein-Main oder Ruhrgebiet wirkt Wirtschaftskreislauf. sich ebenso nachteilig aus wie der Verlust an regionaler Nachfrage durch den Bevölkerungsverlust im Zu- Schwächen: Wo haben wir Nachtei- sammenhang mit dem demografischen le? Wo klemmt’s? Welcher Faktor Wandel. Der Vermarktung regionaler begrenzt unsere Entwicklung? Produkte fehlt zudem eine Dachmar- kenstrategie. Die landwirtschaftlichen Betriebe im WMK haben einen vergleichsweise ho- Erschwerend für die Landbewirtschaf- hen Anteil ihrer Flächen gepachtet, tung wirken sich auch die gesetzlichen

62 63 7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken Vorgaben durch den Naturschutz durch Kontraktsysteme und Spekulation. aus. Sie führen zu Einschränkungen bei Bestellung und Düngung sowie Der Pachtmarkt wird durch den ver- erhöhtem Zeitaufwand auf Schutzflä- stärkten Bau von Biogasanlagen in chen, vor allem in FFH-Gebieten. Bewegung geraten. Die dabei zu erwartenden Pachtzinserhöhungen stellen bei den hohen Pachtanteilen Chancen: Welche Entwicklung kann der Betriebe ein wirtschaftliches Risiko Mit der Erzeugung unter günstigen Umständen eintre- dar. und Vermarktung ten? Wo werden Potentiale sichtbar? regionaler Produkte Die Zukunft der Prämienzahlung können sich Be- Die attraktive Landschaft, zu der die innerhalb der Gemeinsamen Agrar- triebe zusätzliche Landwirtschaft in hohem Maße bei- politik der EU nach 2013 ist ungewiss, Absatzchancen trägt, bietet eine gute Grundlage für somit auch die Einkommenssituation eröffnen die Entwicklung von Tourismus und der landwirtschaftlichen Betriebe. Naherholung. Sollte der finanzielle Ausgleich einge- Das reichlich vorhandene Bioener- schränkt werden, droht die Gefahr der giepotential kann intensiver genutzt Nutzungsaufgabe und damit einer werden. Ansätze dazu finden sich im weniger attraktiven Landschaft. „energienetz-werra-meissner.de“ und durch die verstärkte Planung von Bio- Es ist davon auszugehen, dass die gasanlagen. Auflagen für die praktizierende Landwirtschaft verschärft werden. Mit der Gründung von Erzeugerge- Missachtung der Inhalte von Dünge- meinschaften bietet sich die Chance verordnung, Wasserrahmenrichtlinien, für die landwirtschaftlichen Betriebe , Erosionsschutzkataster, Klärschlamm- Einkauf, Produktion und Vermarktung verordnung, FFH-, Natur- und Vogel- gemeinsam effektiver gestalten zu schutzrichtlinien führen zu Sanktionen können. nach Cross Compliance bzw. Fach- recht mit finanziellen Einbußen. Die Absatzchancen für regional Im Zuge dieser Entwicklung könnte erzeugte Produkte können über eine eine deutliche Abnahme der Motivati- direkte Kette Handwerk – Gastrono- on der Landwirte durch zunehmende Der Anpassungs- mie, wie z. B. mit der Naturparkküche „Gängelung“ eintreten. druck auf die Be- angestrebt, intensiviert werden. Hierfür triebe ist hoch. eignen sich besonders Regionalpro- Betriebsleiter und mitarbeitende Fami- Vor allem Neben- dukte wie Wurst, Spargel, Kartoffeln, lienangehörige sind einem zunehmen- erwerbsbetriebe Beerenobst, Streuobst, Kirschen, den Gesundheitsrisiko durch extrem geben auf Gemüse, Lammfleisch, Käse und hohe Arbeitsbelastung ausgesetzt. Braugerste. Teilweise eignen sich diese Produkte auch für verstärkte Strategien Die heutigen Betriebsleiter werden sich einer überregionalen Vermarktung. mit einer zunehmend unsicheren Hof- nachfolge auseinandersetzen müssen. Speziell in der Nebenerwerbslandwirt- Risiken: Was kann im ungünstigen schaft geht die „Begeisterung“ zurück, Fall passieren? Welche Gefahren Zeit und Geld zu investieren. drohen? Der Klimawandel mit nassen Winter, Die marktwirtschaftlichen Rahmen- trockenen Sommern und mehr Wetter- bedingungen sind schwer kalku- extremen wird sich auf die Landwirt- lierbar und führen zu Unsicherheiten schaft z.B. mit Ernterisiken und Schäd- durch Preisschwankungen bei Pro- lingsdruck auswirken. dukten und Betriebsmitteln oder auch zu einem größeren Unternehmerrisiko

62 63 7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken Naturschauspiel im Meißnervorland. Foto: Marco Lenarduzzi. 8. Perspektiven und Ausblick

In den nächsten Jahren werden sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingun- gen für Landwirte grundlegend ändern. 2014 wird die Agrarpolitik der Euro- päischen Union auf eine neue Basis gestellt und 2015 ist mit tiefgreifenden Änderungen auf dem Milchmarkt zu rechnen. Mit der gebotenen Vorsicht wagen wir einen Blick in die Zukunft, welche Auswirkungen dies für die Land- wirtschaft im Werra-Meißner-Kreis haben kann und welche Perspektiven sich daraus ergeben können.

Der rasant verlaufende Strukturwan- Im Bundesland Hessen ist in den del in der Landwirtschaft des Werra- letzten 13 Jahren die Zahl von Meißner-Kreises wird sich fortsetzen. Haupt- und Nebenerwerbsbetrieben Gab es im Jahr 1949 noch 9.840 bei um 3,4 % geschrumpft, also überpro- den Landwirtschaftsämtern Witzen- Der seit Jahrzehnten portional im Vergleich zum Landes- hausen und Eschwege registrierte ablaufende Struktur- durchschnitt Niedersachsen mit 2,9 Betriebe, so waren es im Juni 2010 nur wandel in der Land- % und zum Bundesdurchschnitt mit noch 1048. Dieser Trend wird andau- wirtschaft wird sich 2,85 %. ern, denn mittlerweile haben sehr viele fortsetzen Im Werra-Meißner-Kreis betrug die Betriebsleiter das Rentenalter erreicht jährliche Abnahmerate bis 1979 oder stehen kurz davor, können ihren etwa 3 % und erreichte seit den 80er Betrieb jedoch nicht in die nächste Jahren die hohe Rate von 6 bis 8 %. Generation übergeben, weil Betriebs- Aktuell reduziert sich die Zahl der nachfolger fehlen oder diese einem Betriebe (Antragsteller) jährlich in anderen Beruf nachgehen. Da wo einer Größenordnung von 3,5 %. landwirtschaftliche Betriebe aufgeben, wird sich dies auch auf das vor- und nachgelagerte Gewerbe, den Handel, zukünftig eine Alternative in der Ener- das Handwerk und das Dorfleben aus- giepflanzenproduktion für Biogas- wirken. anlagen. Im nahen Umfeld der z. B. Für das Fortbestehen einiger land- in Eschwege geplanten Biogasanlage wirtschaftlicher Betriebe bietet sich wird der Silomaisanbau wirtschaftlich

64 65 8. Perspektiven und Ausblick sein. Dies könnte sogar noch für Zur Vermeidung von Umweltbelas- auslaufende Betriebe interessant sein, tungen durch die Monokultur Mais schließlich lassen sich die Bestell-, sollte eine abwechslungsreiche Pflege- und Erntearbeiten im Lohnver- Energiefruchtfolge angestrebt wer- fahren durch Vergabe verrichten und den. Eine Alternative zum Mais wä- erbringen trotzdem eine gute Rendite. ren Energierüben (Zuckerrüben) mit Kritisch diskutiert wird in diesem möglichen Frischmasseerträgen von Nachwachsende Zusammenhang die drohende Mais- 70 t, die rund 27.500 kWh Strom/ha Rohstoffe aus der Monokultur in manchen Landstrichen. erbringen könnten. Diese Kultur- Landwirtschaft Der kreisweite Anbau von Silomais liegt pflanze wäre jedoch räumlich nur bieten neue derzeit bei ca. 6 % von der gesamten auf ertragsstarke Standorte begrenzt Chancen zur Ackerfläche und nimmt damit nur einen und nur für jene landwirtschaftlichen Energiegewinnung untergeordneten Anteil ein. Verglichen Betriebe lukrativ, die ohnehin Zucker- mit Regionen in Niedersachsen kann rüben für den Konsumanbau in der man hier nicht von einer „Vermaisung Fruchtfolge nutzen. der Landschaft“ sprechen, regional be- trachtet ergäbe es aber sehr wohl eine Eine verheißungsvolle andere Kultur- Anbaukonzentration im Netra- und pflanze scheint die Durchwachse- , die zu Problemen vielfältiger Werratal ne Silphie zu werden, die aus den Art führen können, insbesondere wenn gemäßigten Regionen Nordameri- der Maisanbau nicht in der mehrgliedri- kas stammt und keine besonderen gen Fruchtfolge integriert wird. Klimaansprüche stellt. Diese Kul- turpflanze wird mehrjährig genutzt Energiepflanzenproduktion für und kann durchaus bis zu 20 Jahre Biogasanlagen als Ganzpflanzensilage zur Biogas- Regional betrachtet kommt es zur nutzung Verwendung finden. Sie Anbaukonzentration, die zu Proble- ist ein ausdauernder Korbblüter mit men vielfältiger Art führen können, einer Wuchshöhe von bis zu 3 m, die insbesondere wenn der Maisanbau jährlich mit 350 bis 450 mm Nieder- nicht in der mehrgliedrigen Fruchtfol- schlag auskommt und keine hohen ge integriert wird. Vorrangige Prob- Ansprüche an die Bodenqualität leme können durch Wassererosion, stellt. Die Ganzpflanzenernte erfolgt Der konzentrierte Zunahme von Schadorganismen, mit gleichen Maschinen (reihenun- Anbau von Mais Krankheiten, Nitratauswaschungen, abhängiger Häcksler) wie beim birgt auch Probleme, Wildschäden, geringe Biodiversität Silomais und kann unmittelbar vor denen in der Praxis und Veränderung des Landschafts- der Maisernte bei einem TS-Gehalt begegnet werden bildes auftreten. von 30 % erfolgen. Bundesweit steht muss die Pflanze in diesem Jahr auf 50 ha Diesen Problemen kann nur mit pra- und soll sowohl züchterisch als auch xistauglichen Lösungen begegnet in der Produktionstechnik gefördert werden. Durch Züchtung kann jähr- werden. lich ein Mehrertrag von zwei bis drei dt pro ha erzielt werden. Der Klima- Wegen der Gefahr der Förderung wandel würde vom Silomais positiv von Fusariumbelastung sollte auf genutzt werden, schließlich liegt den pfluglosen Anbau verzichtet und der Evapotranspirationskoeffizient die Beseitigung von Pflanzenresten (Wasserverdunstungsrate pro Pflan- als Pilzüberträger sichergestellt wer- zenoberfläche) mit 200 l Wasser/ den. Große Gefahren können durch kg TM (Getreide: 300 bis 350 l/kg Schadorganismen wie Drahtwürmer, TM) niedrig und der Pflanzenschutz den Westlichen Maiswurzelbohrer beschränkt sich auf den Herbizidein- und den Maiszünsler erwachsen. satz im Drei- bis Vier-Blatt-Stadium. Der Drahtwurmbefall ist in anderen Regionen bereits zum Problemfall

64 65 8. Perspektiven und Ausblick geworden und konnte durch Verbot Vollerwerbsbetriebe waren, die ihre von Beizmitteln nicht sicher bekämpft Nutzflächen zu 55,5 % gepachtet werden. Der Maiszünsler hat sich im haben. In den befragten Regionen vergangenen Jahr weiter ausgebrei- waren die Pachtpreise in den letzten tet und ist bereits in unserem Kreis Jahren im Durchschnitt um 77 €/ha als Schaderreger bekannt. Es müs- gestiegen. Die Hauptursache wurde Um günstige Anbau- sen alle Maßnahmen zur Eindäm- in der Errichtung von Biogasanlagen flächen werden Be- mung des Zünslers prophylaktisch gesehen. Biogasanlagenbetreiber triebe konkurrieren konsequent umgesetzt werden. Dies zahlen aktuell 471 €/ha für Acker- gelingt durch Zerkleinern und Vergra- land, im Gegensatz zu jenen ohne ben von Ernteresten nach der Ernte, Biogasanlage, die durchschnittlich um den Schlupf der verbleibenden 356 €/ha aufbringen. Als Obergrenze Falter auf dem Feld zu verhindern. von Pachtpreisen geben die Bio- Der Maiswurzelbohrer ist erst in gasbetreiber 586 €/ha an, während Süddeutschland aufgetreten; es ist Veredelungsbetriebe den Grenzwert wohl nur eine Frage der Zeit, dass bei 465 €/ha ansetzen. Biogasbetrie- dieser Schädling auch in unsere be könnten demnach im Extremfall Region eindringt. Die Einwanderung einen um durchschnittlich 121 €/ha zu verhindern wird zukünftig eine be- höheren Pachtpreis zahlen als ihre sondere Herausforderung sein, weil Mitkonkurrenten. die Fraßschadwirkung enorm ist. Die zukünftige Entwicklung der EU-Agrarpolitik nach 2013 bewegt Die Errichtung von Biogasanlagen die Landwirte allgemein und speziell beeinflusst nicht nur die Gestaltung der jene vom Werra-Meißner-Kreis. Die Fruchtfolge, sondern auch die Pacht- Direktzahlungen an die Betriebe sollen preisentwicklung. Biogasbetriebe neu geordnet werden, unter Beach- könnten nach Befragungsergebnissen tung des Umwelt- und Klimaschutzes, der Universität Göttingen im Extremfall der Ernährungssicherung, der Nah- einen um durchschnittlich 121 €/ha rungsmittelqualität sowie des Tier- und höheren Pachtpreis zahlen als ihre Verbraucherschutzes. Zudem steht die Mitkonkurrenten. EU in der Pflicht, das Prämienniveau Übertragen auf den Werra-Meißner- zwischen den Mitgliedstaaten anzuglei- Kreis insbesondere den Eschweger chen, schließlich haben die osteuro- Raum wird mit der Errichtung der päischen Länder noch Nachholbedarf. Die Direktzahlungen 1,2 MW-Anlage die Konkurrenz um Damit ist aber auch eine Minderung der EU werden nach die Flächennutzung einhergehend der Direktzahlungen in Deutschland zu 2013 wahrscheinlich mit Pachtanhebung deutlich steigen. erwarten; speziell im Werra-Meißner- gekürzt Zusätzlich schrumpft die Ackerfläche Kreis kann dies Betriebe in Existenznö- durch Kiesgewinnung größeren Aus- te führen. Betriebe mit ca. 100 ha LF maßes ohne Ersatzflächen und auch und geringer Veredelung erzielen der Anbau von Zuckerrüben ist in heute schon kein existenzsicherndes diesem Raum stark konzentriert, der Einkommen. In guten wirtschaftli- wirtschaftlich nicht zu ersetzen ist. Der chen Jahren erwächst die Hälfte des harte Konkurrenzkampf um Anbauflä- Gewinns der Betriebe aus Direktzah- chen ist also vorprogrammiert. lungen, in ungünstigen Jahren muss der Gewinn nur aus Direktzahlungen bestritten werden. Pachtpreisentwicklung In einer aktuellen empirischen Erhe- Wollen die Betriebe überleben, sind bung in Niedersachsen durch die diese zu Einsparungen in weitrei- Georg-August-Universität Göttingen chendem Umfang gezwungen. Für haben sich 328 Landwirte an der Be- die Mehrzahl der landwirtschaftlichen fragung beteiligt, von denen 95,1 % Betriebe ist der Ackerbau die finanzi-

66 67 8. Perspektiven und Ausblick elle Grundlage der Existenz. Für die Arbeitserledigung muss gar zu oft ein großer Maschinenpark finanziert werden. Mit optimierten Verfahren der Landbestellung und des Maschinenein- satzes z.B. durch pfluglose Bestellung lassen sich die Kosten verringern.

Einsparungen im Ackerbau Für die Bestellung von landwirt- schaftlichen Kulturen wird noch überwiegend der Pflug mit den nachfolgenden Bodenbearbeitungs- maschinen sowie der Drillmaschine eingesetzt. Je nach Maschinen- und Ch Ch F-X ang Direktsaatmaschine für das Mulchsaatverfahren. F-X ang Schlaggröße kostet die Bestellung PD e PD e (Einsatz Pflug, Packer, Saatbettvor- bereitung, Drillmaschine) von Win- untenstehende Deckungsbeiträge er- w w Click to buy NOW! Click to buy NOW! w m w m tergetreide ca. 185 - 200 €/ha mit o o w cmittelt werden. w c .d k. .d k. einem Zeitbedarf von ca. 4,4 AKh/ ocu-trac ocu-trac ha (Arbeitskraftstunde/ha LF). Würde Zuckerrüben 1.504 €/ha LF eine pfluglose Bestellung durchge- Silomais 843 €/ha LF führt, könnten die Maschinenkosten Weichweizen 697 €/ha LF bei der Mulchsaat auf ca. 70 €/ha Winterraps 604 €/ha LF reduziert und die Leistung auf ca. 1 Wintergerste 524 €/ha LF AKh/ha gesteigert werden. Der Ein- satz der Direktsaatmaschinen könnte Winterroggen 447 €/ha LF die Kosten weiter senken und die Deckungsbeiträge (inkl. Direktzahlungen), Leistung auf ca. 0,5 Akh/ha steigern. Wirtschaftsjahr 2008/2009* Die bereits praktizierte Minimalboden- bearbeitung im Werra-Meißner-Kreis Eine Fruchtfolge mit Winterraps, Win- setzt umfangreiche praktische Er- terweizen und Wintergerste ist dem- fahrung voraus und erfordert spezifi- nach wirtschaftlich. Böden mit geringen sches Wissen beim Herbizideinsatz Bonitäten sind den weniger lukrativen insbesondere der Glyphosatbehand- Anbaufrüchten vorbehalten. Aber Som- lung (Round up), um mit Ungräsern, merfrüchte sind deutlich unwirtschaftli- vornehmlich der Trespe Bekämp- cher und sollten nur speziellen Stand- fungserfolg zu haben. orten (Überschwemmungsgebiete, Auswinterungsstandorten) vorbehalten Weitere Reserven der Kosteneinspa- bleiben. rung liegen in der noch gezielteren Verwendung von organischen Düngern. Die Milchviehhaltung im Werra-Meiß- Landwirte müssen Dies setzt allerdings voraus, dass die ner-Kreis wird sich auf jene Betriebe in allen Betriebs- Betriebe über Gülle-Lagerkapazitäten konzentrieren, die mindestens 50 Kühe zweigen nach von mindestens neun Monaten ver- halten und einen Boxenlaufstall besit- Einsparpotential fügen. Damit kann Gülle gezielt zum zen oder planen. Kleine bzw. mittlere suchen passenden Wachstumszeitpunkt aus- Betriebe haben zum Börsentermin 02. gebracht und der Düngungseffekt opti- November 2010 umfangreich ihre Quo- miert werden. ten angeboten, weil sie keine Zukunft für ihren Milchviehbetrieb sehen. Der Eine wirtschaftlich ausschöpfbare Re- Entschluss ist sicher schwer gefallen, serve liegt in der Wahl der Ackerbau- weil die regelmäßige monatliche Milch- kulturen. Nach Auswertung von Buch- geldzahlung eine wichtige laufende führungsdaten von Nordhessen über Einnahmequelle darstellte. Betrachtet eine Zeitspanne von 5 Jahren konnten

66 * Quelle: Buchführungsergebnisse landwirt- 67 schaftlicher Betriebe in Hessen, Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen 8. Perspektiven und Ausblick Schlussbemerkung Die Landwirtschaft im Werra-Meißner- Kreis steht vor komplexen Herausfor- derungen sowohl bei der Erzeugung von Nahrungsmitteln, als auch von Energieträgern. In der Struktur unseres ländlichen Raumes werden keine Ag- rarfabriken entstehen, die Vielfalt wird weiter vorherrschen, allerdings könnte an einigen Stellen der Rückzug aus der Fläche sichtbar werden. Hier muss auch die Gesellschaft in die Diskussion einbezogen werden, wenn es darum geht, die Erhaltung der Kulturlandschaft und den Schutz von Boden, Luft und Wasser zu würdigen oder auch zu Blick vom Ringgau zum Thüringer Wald. (Foto: Manfred Graf). kompensieren. Die wechselvolle Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt sehr deut- man jedoch die Bedingungen in Nord- lich, dass sich Menschen, die in der deutschland, wo im Landkreis Cuxha- Landwirtschaft arbeiten, vor allem die ven 800 Mio. kg Quote vorhanden sind, Betriebsinhaber, immer wieder auf mit der Tendenz weiterer Steigerung an neue Bedingungen einstellen müssen. die 1 Mrd. kg, wird erkennbar, wie sich Sie sind gefordert, sich ständig zu qua- die Verlagerung der Milchproduktion lifizieren und zukunftsfähig zu machen, in die Gunstregionen vollzogen hat. damit sie auch weiterhin das Ein- In dieser Region sind die natürlichen kommen für ihre landwirtschaftlichen Bedingungen einfach günstiger als im Familien erzielen. Die Arbeits- und Un- Werra-Meißner-Kreis, so konnte durch ternehmensbedingungen in der Land- politische Entscheidungen die überre- wirtschaft werden in der Gesellschaft gionale Quotenwanderung von Hessen traditionell und zum Teil idealisiert zum Norden stattfinden. betrachtet. Realistisch ist dagegen, dass heute nur noch durchschnittlich In Gebieten mit viel Die Zukunft der Intensivbetriebe wird 11 % des Haushaltseinkommens für Grünland ist zuerst sich deutlich von der Zukunft der Nahrungsmittel ausgegeben werden. mit Veränderungen Extensiv- bzw. Nebenerwerbsbetriebe Lediglich ein Drittel davon kommt in der zu rechnen unterscheiden. Zieht sich die Landwirt- Landwirtschaft an. Dieser Preisdruck schaft in die Gunstlagen z.B. im Wer- bringt auch Auswüchse wie Retorten- ratal zurück, so stellt sich die Frage, in käse und Schummelschinken mit sich. welchem Maße extensiv wirtschaftende Eine qualitativ günstigere Versorgung Betriebe erhalten bleiben und welche mit Nahrungsmitteln bieten Landwirte Räume im Werra-Meißner-Kreis beson- im Werra-Meißner-Kreis, die ihre Er- ders betroffen sein könnten. Nahelie- zeugnisse regional vermarkten. gend muss hier in den grünlandbeton- Die Leistungen der Landwirte werden ten Gebieten von Großalmerode und in der Bevölkerung oft zu gering ge- Hessisch-Lichtenau sowie den Ge- schätzt, was auch darin begründet ist, markungen am Meißner und in Teilen dass die Kommunikation zwischen von Witzenhausen mit Veränderungen Landwirten und Nichtlandwirten zu gerechnet werden. wenig ausgeprägt ist. Dieser Bericht über die Lage der Landwirtschaft im Werra-Meißner-Kreis bietet die Möglichkeit, über die Rolle der Landwirtschaft in der Wirtschaft und der Gesellschaft ins Gespräch zu kommen.

68 69 8. Perspektiven und Ausblick 9. Zusammenfassung

1. Standortbedingungen Große Teile des Kreises sind dem Naturraum Fulda-Werra-Bergland bzw. dem Ringgau zugeordnet. Dabei handelt es sich um den westli- chen und südlichen Teil. Dieser Bereich ist aus landwirtschaftlicher Sicht aufgrund von Höhenlage, Relief und Bodengüte eher ungünstig einzu- stufen.Das Untere Werrabergland mit Werratal und Eschweger Becken stellt landwirtschaftliche Gunstlagen dar.

78 Prozent der Gemarkungen gelten aufgrund der Standortverhältnisse als landwirtschaftlich benachteiligte Gebiete.

2. Landwirtschaft im Überblick Die Landwirtschaft erzeugt Lebens- und Futtermittel sowie nachwach- sende Rohstoffe und erbringt weitere Leistungen (öffentliche Güter). Die Gemeinsame Agrarpolitik der EU ist der ordnende Rahmen, in dem die Landwirtschaft ihre multifunktionale Rolle wahrnimmt. Die Landwirte erhalten Direktzahlungen zur Stabilisierung der Einkommen. Die Anzahl der Betriebe nimmt kontinuierlich ab. Zur Zeit gibt es ca. 1.000 Betriebe. Circa 320 Betriebe arbeiten im Vollerwerb. Es überwiegen Futterbau- und Gemischtbetriebe, gefolgt von Ackerbau- betrieben. Reine Veredelungsbetriebe sind nur in kleiner Zahl vorhanden.

3. Erzeugung und Vermarktung Auf rund 14.000 der 24.500 ha Ackerflächen wird Getreide erzeugt. Nahezu die Hälfte der Haupterwerbsbetriebe sind Milchviehhalter. Damit kommt der Milchproduktion im Kreis eine herausgehobene Bedeutung zu. Schweinehaltung in größeren Beständen wird nur von wenigen Betrie- ben durchgeführt.

Zusätzliche Einkommensquellen vor allem aus Direktvermarktung und Herstellung regionaltypischer Spezialitäten haben für die Betriebe im Nordhessenvergleich eine besonders große Bedeutung.

4. Landschaftspflege Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik hat sich als zentrale Aufgabe die Entwicklung einer vielfältigen Kulturlandschaft gesetzt. Der Werra- Meißner-Kreis ist durch einen hohen Anteil an ökologisch wertvollen Flächen gekennzeichnet. Diese Zielsetzung wird vorwiegend über Agrarumweltprogramme gesteuert und findet breite Akzeptanz bei den landwirtschaftlichen Betrieben. Daher ist es sehr wichtig, die Attraktivität der Agrarumweltprogramme durch eine kontinuierliche Bereitstellung von Fördermitteln zu erhalten und zu optimieren.

68 69 9. Zusammenfassung 5. Die wirtschaftliche Situation der Betriebe Landwirte leben vom Gewinn; dieser resultiert aus den Erlösen der Verkaufsgüter (Marktfrüchte, Veredelungsprodukte) einschließlich der Direktzahlungen abzüglich der Kosten.

Durch Abwanderung der Milchquote hat der Werra-Meißner-Kreis in 2010 480 Milchkühe verloren.

6. Direktzahlungen / Fördermaßnahmen / Transferleistungen Direktzahlungen der EU dienen als Ausgleich bzw. Vergütung für gesell- schaftlich gewünschte Leistungen der Landwirtschaft, die nicht über die Marktpreise honoriert werden („1. Säule“ der Gemeinsamen Agrarpolitik – GAP).

Die Fördermaßnahmen der „2. Säule“ der GAP sollen zur Erhaltung und Entwicklung lebendiger ländlicher Räume beitragen. In diesem Bereich werden EU-Gelder mit Bundes- und Landesmitteln kofinanziert.

Mit Maßnahmen der „2. Säule“ wird in folgenden Schwerpunkten gefördert: • Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- u. Forstwirtschaft • Agrarumweltmaßnahmen und Erhaltung der Kulturlandschaft • Sicherung und Verbesserung der Lebensqualität und Förderung der Wirtschaft im ländlichen Raum

Zuwendungsempfänger und Verwaltung unterliegen strengen Kontrollen. Das von der EU entwickelte „In- tegrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem“ besteht aus Antragsverfahren, Datenbanken, Verwaltungs- und Vor-Ort-Kontrollen sowie ausgeklügelten Sanktionsmechanismen.

7. Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken In der Gesamtbetrachtung der Landwirtschaft in unserer Region finden wir charakteristische Stärken, wie z.B. eine vergleichsweise intakte Ag- rarstruktur durch Ackerbau und Grünlandwirtschaft aber auch bestimm- te Schwächen, wie abnehmende Tierbestände insbesondere bei den Milchkühen. Weiterhin lassen sich Chancen für zukunftsfähiges Wirt- schaften ableiten, so z.B. die intensivere Nutzung des reichlich vorhan- denen Bioenergiepotentials. Es sind aber auch Risiken zu berücksichti- gen, wie beispielsweise die zunehmenden Auflagen und Sanktionen für die praktizierende Landwirtschaft.

8. Perspektiven und Ausblick Der seit Jahrzehnten ablaufende Strukturwandel in der Landwirtschaft wird sich fortsetzen. Nachwachsende Rohstoffe aus der Landwirtschaft bieten neue Chancen zur Energiegewinnung. Um günstige Anbauflächen werden Betriebe konkurrieren. Die Direktzahlungen der EU werden nach 2013 wahrscheinlich gekürzt. In Gebieten mit viel Grünland ist zuerst mit Veränderungen zu rechnen.

70 71 9. Zusammenfassung Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachdienstes Ländlicher Raum, November 2010.

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