Erforschung Und Etablierung Von Microrna Als Forensischer Biomarker Zur Identifikation Biologischer Spurenarten
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Erforschung und Etablierung von microRNA als forensischer Biomarker zur Identifikation biologischer Spurenarten Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades (Dr. rer. nat.) der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Vorgelegt von Eva Katharina Sauer aus Lennestadt Bonn, Dezember 2016 Angefertigt mit Genehmigung der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn 1. Gutachter: Prof. Dr. Burkhard Madea 2. Gutachter: Prof. Dr. Walter Witke Tag der Promotion: 15.05.2017 Erscheinungsjahr: 2017 Inhaltsverzeichnis Publikationen 1 Zusammenfassung 3 1 Allgemeine Einleitung 5 1.1 Forensische Relevanz der Spurenartidentifikation 6 1.2 Methoden zur Spurenartidentifikation 8 1.2.1 ‚Klassische‘ Methoden der Spurenartidentifikation 8 1.2.2 Nukleinsäurebasierte Ansätze zur Spurenartidentifikation 11 1.3 MicroRNA 15 1.3.1 Biogenese und Funktion 15 1.3.2 Gewebespezifische Expression 18 1.3.3 Experimenteller Nachweis 19 1.3.4 Vorteile miRNA-basierter Spurenartidentifikation 21 2 Ziele der Arbeit 22 3 Etablierung empirisch begründeter Strategien zur Normalisierung quantitativer miRNA-Expressionsdaten aus forensischem Probenmaterial 23 3.1 Einleitung 23 3.2 Originalpublikation “An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensically relevant body fluids” 25 3.3 Originalpublikation “An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensic organ tissue identification” 42 3.4 Zusammenfassung und Diskussion 54 i Inhaltsverzeichnis 4 miRNA-basierte Identifizierung forensisch relevanter Körperflüssigkeiten 56 4.1 Einleitung 56 4.2 Originalpublikation “Differentiation of five body fluids from forensic samples by expression analysis of four microRNAs using quantitative PCR” 58 4.3 Zusammenfassung und Diskussion 83 5 miRNA-basierte Identifizierung von Organgeweben im forensischen Kontext 87 5.1 Einleitung 87 5.2 Manuskript “Identification of organ tissue types and skin from forensic samples by microRNA expression analysis” 88 5.3 Zusammenfassung und Diskussion 126 6 Allgemeines Fazit und Ausblick 130 Literaturverzeichnis 133 Danksagung iii ii Publikationen Die der vorliegenden kumulativen Dissertationsschrift zugrunde liegenden Arbeiten, die am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Bonn sowie am Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein entstanden sind, wurden in den folgenden Publikationen veröffentlicht beziehungsweise zur Veröffentlichung ein- gereicht: E. Sauer, B. Madea, C. Courts. An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensically relevant body fluids. Forensic Science International: Genetics 11 (2014) 174–181 (doi.org/10.1016/j.fsigen.2014.03.011). E. Sauer, I. Babion, B. Madea, C. Courts. An evidence based strategy for normalization of quantitative PCR data from miRNA expression analysis in forensic organ tissue identification. Forensic Science International: Genetics 13 (2014) 217–223 (doi.org/10.1016/j.fsigen.2014.08.005). E. Sauer, A.K. Reinke, C. Courts. Differentiation of five body fluids from forensic samples by expression analysis of four microRNAs using quantitative PCR. Forensic Science International: Genetics 22 (2016) 89–99 (doi.org/10. 1016/j.fsigen.2016.01.018). E. Sauer, A. Extra, P. Cachée, C. Courts. Identification of organ tissue types and skin from forensic samples by microRNA expression analysis. (Manuskript befindet sich derzeit im Revisionsprozess bei Forensic Science International: Genetics). Die notwendigen Lizenzen zum Nachdruck der Publikationen in dieser Dissertation wurden vom Elsevier Verlag erteilt. 1 Publikationen Zudem wurden Teile der Arbeit auf folgenden nationalen und internationalen Kongressen präsentiert und teilweise als ‚Extended Abstracts‘ veröffentlicht: 25. Weltkongress der International Society for Forensic Genetics (ISFG), 2013, Melbourne. Poster: Evidence based strategy for normalization of qPCR data in forensic miRNA analysis. Extended Abstract: E. Sauer, B. Madea, C. Courts. Forensic Science International: Genetics - Supplement Series 4 (2013) e148– e149. 92. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM), 2013, Saarbrücken. Präsentation: Evidenzbasierte Strategie zur Normalisierung quantitativer PCR Daten in der forensischen miRNA-Analyse. 93. Jahrestagung der DGRM, 2014, Greifswald/Heringsdorf. Präsentation: Evidenzbasierte Strategie zur Normalisierung quantitativer PCR Daten in der forensischen miRNA-Analyse von Organgeweben. 26. Weltkongress der ISFG, 2015, Krakau. Poster: Validation of forensic body fluid identification based on empirically normalized miRNA expression data. Extended Abstract: E. Sauer, A.K. Reinke, C. Courts. Forensic Science International: Genetics - Supplement Series 5 (2015) e462–e464. 36. Spurenworkshop der DGRM und der Spurenkommission, 2016, Essen. Präsentation: miRNA-basierte Identifizierung fünf forensisch relevanter Körperflüssigkeiten auf Grundlage empirischer qPCR-Daten-Normalisierung. 2 Zusammenfassung Spuren von forensisch-biologischem Interesse sind kleine Antragungen von Blut, Sekreten oder Gewebefragmenten an oder auf Personen, Oberflächen oder Gegenständen. Ihre Analyse ermöglicht nicht nur den Rückschluss auf spurenlegende Personen (beispielsweise Täter oder Opfer) durch Individualisierung anhand von DNA-Profilen, sondern kann auch Informationen zu einem Handlungsablauf liefern, etwa durch die Klärung der körperlichen Herkunft der Spur. Da die ‚klassischen‘ Verfahren zur Spurenartidentifikation eine Reihe von Nachteilen aufweisen, werden seit einigen Jahren alternative, nukleinsäurebasierte Herangehensweisen erforscht. MiRNAs besitzen neben der Grundvoraussetzung zelltypspezifischer Expression und der Co-Analysierbarkeit mit DNA weitere Charak- teristika – allem voran ihre intrinsisch hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Degradation – durch die sie in besonderem Maße für die Anwendung in typischerweise nur in geringen Mengen vorhandenem, beeinträchtigtem forensischen Spurenmaterial geeignet sind. Die in dieser Dissertationsschrift zusammengefassten Studien befassten sich daher mit der Identifikation robuster miRNA-Marker für die forensisch relevantesten Körperflüssigkeiten Blut, Speichel, Sperma, Vaginalsekret und Menstruationsblut sowie erstmalig mit der miRNA-basierten Identifikation der Organgewebe Gehirn, Lunge, Leber, Niere, Herz- muskel, Skelettmuskel und Haut im forensischen Kontext. Um reliable Aussagen zur Ausgangsmenge einer untersuchten miRNA zu erhalten und ver- lässlich nur wenig unterschiedliche Expressionsniveaus erfassen zu können, erfordert die angewendete RT-qPCR-Methode eine stringente, für die gegebenen Versuchsbedingungen optimierte Datennormalisierung zur Eliminierung nicht-biologischer Varianzen. Hierfür wurden zunächst in zwei separaten Studien jeweils eine Gruppe von Referenzgenen (unter den gegebenen Bedingungen zwischen den Körperflüssigkeiten beziehungsweise Organge- weben möglichst stabil exprimierte snoRNAs oder snRNAs) ermittelt und validiert. Eine unvoreingenommene Auswahl differentiell zwischen den untersuchten Körperflüssig- keiten beziehungsweise Organgewebe exprimierter miRNA-Kandidaten wurde mit Hilfe von Microarray-Experimenten getroffen und anschließend mittels RT-qPCR analysiert. 3 Zusammenfassung Die Marker, die dabei in vereinigten Proben mehrerer Individuen die besten Trenneigen- schaften aufwiesen, also in ihrer Zielspurenart deutlich höher exprimiert waren als in den verbleibenden Spurenarten, wurden anschließend in Einzelproben evaluiert, wodurch die Analyse durch die Ergänzung um die interindividuellen Unterschiede vervollständigt wurde. Mit der Entwicklung eines Entscheidungsalgorithmus unter Einsatz der Diskriminanz- analyse gelang es, alle fünf Körperflüssigkeiten anhand der Expressionsniveaus von vier miRNAs in Einzelquellproben zu unterscheiden. Der entwickelte Entscheidungsbaum wurde anschließend in bis zu 36 Jahre alten Spuren, verblindeten Proben und Mischungen mehrerer Körperflüssigkeiten getestet und zeigte auch hier, insbesondere für die Identifi- kation von Sperma und Blut im allgemeinen Sinne (venöses Blut und Menstruationsblut) gute Ergebnisse. Eine statistisch valide Unterscheidung der Gehirn-, Leber-, Nieren-, Herzmuskel-, Skelett- muskel- und Hautproben von den jeweils anderen Organgewebeproben gelang durch die Anwendung binär logistischer Regressionsanalysen. Mit kleinen Einschränkungen konnte das erarbeitete Klassifikationsmodell im Anschluss auf gealterte Organabriebproben, ver- wesendes Organgewebematerial, Mischungen mehrerer Organgewebe und Asservate von simulierten Gewaltdelikten mit Einsatz von Stich- und Schusswaffen erfolgreich ange- wendet werden. Zudem wurde die vollständige Kompatibilität mit dem DNA-Arbeits- ablauf gezeigt. Die in dieser Dissertationsschrift zusammengefassten Arbeiten stellen mit ihren höchsten Standards genügenden, gemäß den MIQE-Richtlinien dokumentierten miRNA-Expres- sionsmessungen sowie dem bias-freien, statistisch reliablen Auswertungsgang die Grund- lage für den Ausbau der Methode bis hin zu einer angestrebten Anwendung in der foren- sisch-genetischen Fallarbeit dar. 4 1 Allgemeine Einleitung In der Strafverfolgung von Gewalt- und Sexualdelikten gilt es, einen gegebenen Sachverhalt hinsichtlich dreier hierarchischer Interpretationsebenen, der Quellen-, Handlungs- und Schuldebene, zu untersuchen [1–3]. Typische