SWR2 Musikstunde
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SWR2 MANUSKRIPT SWR2 Musikstunde Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (4) Mit Ulla Zierau Sendung: 1. Februar 2018 Redaktion: Dr. Ulla Zierau Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Musikstunde können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de Kennen Sie schon das Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de 1 SWR2 Musikstunde mit Ulla Zierau 29. Januar – 02. Februar 2018 Gaetano Donizetti – Meister des Belcantos (4) Gaetano Donizetti – er ist der Meister des Belcantos. Nach dem Tod des jungen Vincenzo Bellini macht ihm diesen Titel keiner mehr streitig. Endlich bringt er jetzt auch in Paris die Zuschauer zum Lachen und zum Weinen. Ihre Begleiterin durch Donizettis Leben für die Oper ist Ulla Zierau. Titelmusik Gaetano Donizetti steht mitten Leben und blickt auf eine Reihe von Opern zurück, nicht nur in Italien. In Paris hat er mit "Marino Faliero“ seinen ersten Auftritt gehabt, zugegeben mit nur mäßigem Erfolg, dennoch hat er in der französischen Hauptstadt seinen Fußabdruck hinterlassen. Vom König wurde er zum Ritter geschlagen. Er ist Musikdirektor des Königlichen Theaters in Neapel und Kompositionslehrer am Musik-Konservatorium. Er hat sogar Chancen auf die Direktorenstelle. Im Moment läuft alles bestens. Donizettis Herz schlägt nach wie vor mit Leidenschaft für die Oper. In Neapel bringt er mal wieder eine Opera buffa auf die Bühne, eine Farsa, zu der er selbst den Text geschrieben hat. „Il Campanello“, „Das Glöckchen“. Der ältliche Apotheker Annibale heiratet die junge Serafina, in die eigentlich Enrico bis über beide Ohren verliebt ist. In ihm brodelt es vor Eifersucht. Also klingelt er den frisch vermählten Apotheker während der Hochzeitsnacht mit der Nachtglocke gleich mehrmals aus dem Bett und bittet um Pillen und Säfte für all seine Leiden. Mal zwickt es da, mal zwackt es dort. Urkomisch ist das. (1’10) Musik 1: Gaetano Donizetti: "Il Campanello", Szene Enrico -Don Annibale Enzo Dara (Bassbariton), Angelo Romero (Bariton) Wiener Symphonieorchester; Leitung: Gary Bertini SWF 336 0516 000, 4‘11 2 Enzo Dara und Angelo Romero in dieser herrlichen Szene aus der komischen Oper "Il Campanello. Gary Bertini leitete das Wiener Symphonieorchester. Mit dieser musikalischen Posse begeistert Donizetti im Sommer 1836 die Neapolitaner. Gerade sind die Donizettis in eine größere Wohnung in Neapel gezogen, da bricht die private Welt des Komponisten zusammen. Vor einem Jahr sind seine Eltern gestorben, jetzt verliert er seine kleine Familie, obwohl, eine Familie ist es eigentlich nie gewesen. Keines der Kinder hat überlebt und auch das dritte und letzte Kind bringt Virginia tot zur Welt. Wenige Tage später stirbt auch sie, mit nicht mal 29, an den Folgen der letzten Geburt. Während sie todkrank im Bett liegt und ganz Neapel durch die Cholera zu einem Totenhaus wird, flüchtet Donizetti in Arbeit. Er vertieft sich in das düstere Sujet, der Oper "Roberto Devereux" nach einem Text von Salvatore Cammarano. Eine zornige rachsüchtige Frau betrügt nicht nur ihren Mann, sondern verurteilt den treulosen Geliebten zum Tod, kalt und unwiederbringlich. Der Herzog von Nottingham versteht seine Frau nicht. Musik 2: Gaetano Donizetti: "Roberto Devereux", Cavatine des Nottingham (1. Akt) Roberto Frintali (Bariton) Orchester des Königlichen Opernhauses Covent Garden; Leitung: Maurizio Benini Opera Rara LC 00691, ORC 24, 3‘00 Der Herzog von Nottingham beklagt hier die für ihn unverständliche Melancholie seiner Frau: "Eine fatale Schwermut verdüstert auch mein Leben. Auch ich bin oft den Tränen nah". Roberto Frintali und das Orchester des Königlichen Opernhauses Covent Garden unter der Leitung von Maurizio Benini. Innerhalb der letzten drei Jahre hat Donizetti seine Eltern, seine drei Kinder und nun auch seine Frau verloren. Der einzige Mensch, der ihm noch bleibt, ist Virginias Bruder Antonio Vasselli, genannt "Totò". 3 An ihn schreibt Donizetti wenige Tage nach dem Tod seiner Frau: "Oh! mein Totò, lass‘ meine Trauer in der Deinigen ein Echo finden, denn ich brauche jemand, der mich versteht. Ich werde ewig unglücklich sein. Vertreibe mich nicht, denke, dass wir allein in dieser Welt sind. Oh Totò, Totò, schreib mir aus Mitleid, aus Liebe für Deinen Gaetano." In das Lied “Amore e morte” – „Liebe und Tod“ legt Donizetti den Schmerz um den Verlust eines geliebten Menschen. Da wird eine verwelkte Blume vom Symbol der Zuneigung zum Pfand des Schmerzes. Musik 3: Gaetano Donizetti: “Amore e morte” Cecilia Bartoli, Mezzosoparan / James Levine, Klavier M0274477 008, LC 0171, DECCA 455 513-2, 3’23 Cecilia Bartoli sang "Amore e morte", "Liebe und Tod" von Gaetano Donizetti. Am Klavier begleitete James Levine. Über ihren Tod hinaus bleibt Donizetti seiner Frau Virginia treu. Trotz mancher Überlegung und dem Zureden einiger Freunde heiratet er nicht mehr. Affären gibt es schon, aber keine Ehe. Der Zerfall seiner kleinen, privaten Welt stürzt Donizetti in eine tiefe Krise. Nach dem Misserfolg der Oper "Maria di Rudenz" in Venedig kehrt er allein in die leere Wohnung nach Neapel zurück, wo er sich einsam fühlt. Donizetti plant eine Premiere am Teatro San Carlo. Die Titelrolle der neuen Oper "Poliuto" schreibt er für den Tenor Adolphe Nourrit. Der französische Sänger hat wegen Rivalitätskämpfen die Pariser Oper verlassen. Nun sucht er in Neapel nach neuen Aufgaben und trifft auf Donizetti. Und der muss sich wieder einmal mit der Zensur auseinandersetzen. Sie hat ihm schon manche Oper zerstört und Aufführung vereitelt, so auch diesmal. Der Inhalt sei zu religiös. „Poliuto“ wird verboten. 4 Für Adolphe Nourrit eine existenzbedrohliche Entscheidung. Kurze Zeit später stürzt sich der 39-jährige Tenor von seinem Wohnhaus in Neapel in den Tod. Die Uraufführung des Poliuto findet erst viel später statt. Musik 4: Gaetano Donizetti: "Poliuto", Arie des Poliuto (2. Akt) Roando Villazon (Tenor) Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi; Leitung: Daniele Callegari M0283388 008, Deutsche Grammophon, 4777593, 4‘02 Rolando Villazon mit der Arie des Poliuto aus dem 2. Akt der Oper. Daniele Callegari leitete das Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi. Die Zensur verbietet die Uraufführung des "Poliuto". Donizetti ist von Neapel, seiner langjährigen Wahlheimat, tief enttäuscht. Hinzu kommen heftige Ausein- andersetzungen am Konservatorium, wo er seit langer Zeit unterrichtet. Er ärgert sich so sehr und reicht als Musikprofessor seinen Rücktritt ein. Allein, missverstanden, bevormundet, Neapel ist nicht mehr das, was es einmal für ihn war. Nichts hält ihn mehr hier. Da kommt ein Schreiben vom Intendanten der französischen Grand Opéra, Charles Duponchel wie gerufen. Donizetti soll zwei Opern für Paris schreiben. Ohne zu zögern, willigt er ein und wartet sehnsüchtig, ja ungeduldig auf ein Libretto des Franzosen Eugène Scribe. Doch ganz so reibungslos, wie erwünscht läuft es nicht. Donizetti ist mit dem Textbuch unzufrieden und schickt es kurzerhand zurück. Jahrelang hat er auf ein Zeichen aus Paris gewartet. Und jetzt setzt er gleich zwei Aufträge der Pariser Grand Opéra aufs Spiel, weil ihm der Text nicht gefällt. Donizetti will Gefühle auf die Bühne bringen und keine Schlachten, wie er sagt. Vertrauensvoll wendet er sich an seinen Freund Gilbert Louis Duprez: 5 „Ich habe geschrieben, dass ich einen solchen Stoff nicht haben möchte: ein Verräter seines Vaterlandes und Liebe fast nur wie eine Episode gefallen mir nicht. Ich wünsche ein charakteristisches Drama mit zwei oder drei interessanten, eindringlichen Situationen, die anders als die gewöhnlichen Sachen sind, die schon tausendmal in Italien gemacht worden sind. Bitte bringen Sie diese Sache ins Reine und tun sie es vorsichtig, damit Scribe nicht über die Änderungen, die ich in dem Libretto wünsche, beleidigt ist." Zuversichtlich macht sich Donizetti auf den Weg nach Paris. Erst einmal will er seinen "Roberto Devereux" am Théâtre Italien aufführen und komponiert hierfür eine ordentliche Ouvertüre. Dann betreut er dort die Inszenierung seines Liebestranks. Eine begeisterte Besucherin schreibt am Abend nach der Aufführung noch an den Komponisten: "Es ist mir unmöglich, diesen Tag zu Ende gehen zu lassen, ohne Ihnen für den unendlichen Genuss zu danken, den ich soeben beim Anhören der zauberhaften Musik des "Elisir d’amore" empfunden habe. Es ist ein herrliches Lustspiel voll Musik. Es ist lebhaft, geistvoll, zart und zugleich melancholisch und heiter, und nichts könnte den Reichtum ihres Talents besser zeigen. Trotzdem wir hier in Frankreich vorgeben, nur das Traurige zu lieben, zweifle ich nicht, dass "Elisir" einen großen und bleibenden Erfolg haben wird." Musik 5 Gaetano Donizetti: L’elisir d’amore, Ausschnitt 2. Akt Roberto Alagna, Nemorino Elena Dan, Gianetta Chor und Orchester der Staatsoper Lyon; Leitung: Evelino Pidò LC 00171 Decca, 455 691-2, 2’00 Nemorino glaubt an die Kraft des Zaubertranks in dieser Szene aus dem 2. Akt des Liebestranks mit Roberto Alagna und Elena Dan. Evelino Pidò leitete Chor und Orchester der Staatsoper Lyon. 6 "Elisir" werde einen großen und