Denn diese Superreichen der neunziger Jahre vögeln, das fanden vier amerika- nische Rechercheure heraus, garantiert vor und nach jedem Auswärtsspiel, und wenn es geht, natürlich auch öfter. Sie können, sagen sie selbst, gar nicht anders: Vor allen Hotels warten diese „Hühner“ (Charles Barkley) auf sie, und prüde seien die nicht. Daß das Leben in der National Basket- ball Association (NBA) wild sein muß, hat- ten die Amerikaner bereits geahnt, seit Ma- gic Johnson über die Ursachen seiner HIV- Infektion sprach und Wilt Chamberlain meinte, er habe während seiner Karriere schätzungsweise 20000 Frauen im Bett ge- habt. Doch erst seit „Sports Illustrated“ vorige Woche den kleinen Khalid Minor, Sohn von Greg Minor (), traurig vom Titelbild blicken und „Where’s Daddy“ fragen ließ, ist in den USA eine Diskussion im Gange, die an Haß und Ver- bissenheit alles übertrifft, was sonstwo zur „vaterlosen Gesellschaft“ gesagt wird. Sind, das sagen die Spieler, die Frauen schuld, die sie verführen und reinlegen, da sie ein Baby als Lottogewinn oder wenig- stens als Sozialversicherung begreifen? Ist es die „Welt des Sports“, wie der Soziolo- ge Elijah Anderson meint, in der letztlich die sexuelle Kraft den Krieg der Machos entscheide? Hat womöglich die Gesell- schaft versagt, weil Millionen Frauen kein Geld und nur ihren Körper haben, während die basketballspielenden Männer inzwi- schen über 100 Millionen Dollar verdie- nen? Oder sind diese Kerle zu blöd, die neuerdings in Seminaren von Profisport- Verbänden eine Banane und ein Kondom erhalten und dann unter Aufsicht den sach- gerechten Gebrauch des Prophylaktikums üben müssen? Jedenfalls hat rechnerisch jeder der rund 300 Profis der NBA ein außereheliches Kind. „Jeder, der keines hat“, sagt der

J. JACOBSOHN / ALLSPORT / ACTION SPORT / ACTION / ALLSPORT JACOBSOHN J. Fernsehkommentator Len Elmore, „wird New Yorker Profi Ewing: Vor dem Hotel warten die „Hühner“ durch den nächsten in der Mannschaft wie- der ausgeglichen, der zwei oder drei hat.“ Das Dream-Team jener Väter, die we- gen ihrer nebenehelichen Kinder bereits vor Gericht standen, wäre in den zur Zeit stattfindenden Play-offs unschlagbar: Larry Krieg der Machos Bird wäre der Trainer, und er könnte Pa- trick Ewing, , Shawn Kemp, Amerika ist empört: Im Schnitt hat Larry Johnson, , Stephon Mar- bury, Hakeem Olajuwon, Gary Payton jeder der 300 NBA-Profis ein uneheliches Kind gezeugt. oder Scottie Pippen nominieren. Doch 90 Prozent der Vaterschaften wer- as Regelwerk zum Sexualleben von „Du sollst keinen Sex auf Friedhöfen ha- den still und außergerichtlich geregelt, und Basketballern hat Dennis Rodman ben.“ Und 7.: „Du sollst nicht während dieses Glück hatten zuletzt die jungen Hel- Dverfaßt. Und weil er sich als Predi- des Geschlechtsverkehrs aufstehen und den Kenny Anderson und Allen Iverson. ger der Lust und der Freiheit versteht, hat defäkieren.“ Auch der Sportkamerad Latrell Sprewell der -Spezialist der Chicago Bulls Die wesentliche Botschaft des Meisters, zahlte bereits für drei Kinder und drei seine Weisheiten „Die Zehn Gebote“ in so etwas ähnliches wie Literatur („Walk Frauen, bevor er 21 Jahre alt war. genannt. on the wild side“) verpackt, ist klar: Das Manchmal besteht schon Verwechs- Rodman lehrt: „1. Du sollst keinen Or- Leben ist Sex, und außer auf Friedhöfen lungsgefahr. Im Abstand von vier Monaten gasmus vortäuschen. 2. Du sollst beim Sex muß und darf der moderne Mann immer brachten beispielsweise zwei Damen Gary nicht pupsen. 3. Du sollst dich vor dem und überall. Rodmans Kollegen brauchen Payton Jr. und Gary Payton II zur Welt; im- Geschlechtsverkehr duschen.“ Oder 5.: eine solche Anleitung allerdings nicht. merhin halten beide Mütter Payton, den

176 der spiegel 20/1998 Sport

Zeit und mit seinem Geld nicht hin. In einer Woche fehlte er dreimal beim Trai- ning; ständig hockte er beim Manager, weil ihm die 3,7 Millionen Dollar pro Jahr nicht reichten. „Es hat erst ihn, dann sein Spiel und schließlich die Mannschaft kaputt- gemacht“, sagt einer aus Seattle, der es wissen muß. Die Meisterschaft gewann Seattle nie; immerhin spielt Kemp wieder besser, seit ihn die Cleveland Cavaliers kauften und sein Gehalt auf 15,3 Millionen Dollar aufstockten. Das deckt die Kosten. Doch was soll er machen? „Wo Geld ist, sind Frauen“, weiß Sonics-Kollege Nate McMillan, „es gibt nun einmal Da- men, die nicht arbeiten wollen und ein bißchen faul sind, aber dafür sehr hübsch.“ Sex sei für diese Geschöpfe nicht Liebe, sondern bloß ein Trick, und deshalb sei der coolste Basketballer am Ende doch der arme Kerl. Ganz so gemein, sagt hingegen der TV- Kommentator Len Elmore, könne das Le- ben für die Männer selbst in der NBA nicht sein. Elmore arbeitete einst als Agent, aber da er „wegen der Rücksichtslosigkeit“ der

AP Spieler öfter mit Vaterschaftsklagen als mit NBA-Star Payton, Sohn Gary Jr.: Manchmal besteht Verwechslungsgefahr Vereinswechseln zu tun hatte, wechselte er zum Sportsender ESPN. Star der Seattle SuperSonics, nun für „ei- ne“, soll der gedroht haben, „ich werde Weil den meisten Millionären nämlich nen wundervollen Papi“. dich kriegen.“ selbst 10000 Dollar Unterhalt pro Monat Andere Profis werden nun öffentlich ge- Manchmal wird der Streß eben zu groß schlicht egal seien, so Elmore, gehe es die- prügelt. Juwan Howard beispielsweise er- für einen Sportler, der 82 Meisterschafts- sen Athleten von heute „um die sofortige hält bei den Washington Wizards in sieben spiele in der Saison hat. Als Shawn Kemp Befriedigung, und da spielt es keine Rolle, Jahren 105 Millionen Dollar. Der Mutter so oft Vater geworden war, daß er sich nach welche Folgen spontane Entscheidungen seines Sohnes MarTez bot er 700 Dollar Angaben seiner Freundin fühlte, „als wenn in der Zukunft haben“. In einer Liga, de- Unterhalt pro Monat an; sie hätte ja ab- jeden Tag eine Bombe geliefert“ würde, ren schwarze Stars meist selbst in Armut treiben können, sagte er. Und weil sie die zerstörte er in seiner Verzweiflung seine und ohne Vater aufgewachsen sind, müsse Offerte ausschlug, lebte die Mutter des Kin- ganze Mannschaft. doch jeder begreifen, welche Folgen es für des drei Jahre lang von der Sozialhilfe. Sein Team, die Seattle SuperSonics, galt die Kinder habe, wenn sie Papi nur im Larry Johnson, Superstar der New York immer wieder als kommender Meister der Fernsehen erleben. Knicks, ließ vier Frauen fünf Kinder ge- NBA. Meistens flogen die Sonics aber in Dennis Rodman hat schon mal nachge- bären – das letzte war ihm allerdings doch den ersten Play-off-Runden raus. Irgend- dacht und kennt selbstverständlich Aus- zuviel. Viermal pro Tag rief er bei Laura wann streute jemand das Gerücht, daß das wege aus dem Dilemma. Er könnte da zum Tate, einem Model aus Los Angeles, an und ständige Versagen wohl am Alkoholkon- Beispiel Sex mit Männern oder Tieren verlangte eine Abtreibung. Und nach dem sum des Forwards Shawn Kemp liege. empfehlen.Aber vielleicht können die Kol- positiven Vaterschaftstest ließ er seinen „Aber ich habe nie getrunken“, sagt legen ja auch einfach dem neunten Gebot Kumpel Stacey Augmon von den Portland Kemp, und er hatte tatsächlich anderes zu des heiligen Dennis folgen. Es lautet: „Du Trail Blazers bei Laura anklingeln. „Ich tun: Da er zwar unverheiratet, aber sie- sollst mit dir selbst so oft Liebe machen, schwöre es beim Leben meiner zwei Söh- benfacher Vater ist, kam Kemp mit seiner wie es geht.“ ™