Trude Hesterberg Biografie
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Hesterberg, Trude Trude Hesterberg Biografie * 2. Mai 1892 in Berlin, Deutschland Trude Hesterberg wurde am 2. Mai 1892 in „Berlin † 31. August 1967 in München, Deutschland j.w.d.“ (Hesterberg. Was ich noch sagen wollte…, S. 5) in der Oranienstraße geboren. Im gleichen Jahr ereigneten Schauspielerin, Kabarettleiterin, Soubrette, Diseuse, sich zwei Begebenheiten, die das weitere Leben von Gert- Operettensängerin, Chansonsängerin rude Johanna Dorothea Helene Hesterberg, wie sie mit vollständigem Namen hieß, von entscheidender Bedeu- „Kleinkunst ist subtile Miniaturarbeit. Da wirkt entwe- tung sein sollten: am 20. August machte Max Sklada- der alles oder nichts. Und dennoch ist sie die unberechen- nowsky mit dem Bioscop seine ersten Filmaufnahmen, barste und schwerste aller Künste. Die genaue Wirkung nämlich von seinem turnenden Bruder Emil (auf dem eines Chansons ist nicht und unter gar keinen Umstän- Dach des Hauses Schönhauser Allee 148). Und ungefähr den vorauszusagen, sie hängt ganz und gar vom Publi- einen Monat später wurde in der Behrensstr. 55/57 das kum ab.“ (Hesterberg. Was ich noch sagen wollte…, S. Theater „Unter den Linden“ eröffnet, das sich später (ab 113) 1898 unter dem Namen „Metropol-Theater“) zum führen- den Revue- und Operettentheater Berlins entwickeln soll- Profil te. Die Ereignisse weisen auf die beiden großen Themen Trude Hesterberg gehörte (neben z.B. Rosa Valetti oder in Trude Hesterbergs Leben hin: Theater und Film. Im Erika Mann) zu den ersten Frauen, die sich als Kabarett- „Metropol“ stand sie viele Male auf der Bühne und als leiterinnen nicht nur auf, sondern auch hinter der Bühne Schauspielerin spielte sie in über 70 Filmen (s. Filmogra- engagierten. Die von ihr geleitete „Wilde Bühne“ galt ne- phie). ben Max Reinhardts „Schall und Rauch“ als das bedeu- tendste literarisch-politische Kabarett der Zwischenk- „Eines Tages klingelte es, und das Schicksal stand vor riegszeit. Trude Hesterberg zeichnete neben ihrem Orga- der Tür. Es kam in Gestalt der Tante Tomaschek. Sie war nisationstalent große Vielseitigkeit aus: Als Opern- und von gewaltigem Umfang, sowohl körperlich wie stimmli- Konzertsängerin ausgebildet, machte sie nicht nur als ch. Denn die Tomascheks, weitläufige Verwandte von Soubrette von sich Reden, sondern trat auch als uns, waren Wagner-Sänger.“ (Hesterberg. Was ich noch (Film-)Schauspielerin, Revuestar und Chansonsängerin sagen wollte…, S. 14). Trude Hesterberg gibt in ihren Le- in Erscheinung. Ihren Gesangsstil konnte sie den jeweili- benserinnerungen keinen Hinweis, in welchem Jahr die- gen Genres anpassen. ses entscheidende Ereignis stattfand. Die Opernsängerin erkannte das Talent der jungen Gertrude („Das Kind Orte und Länder muss zur Bühne!“, ebd.) und erteilte ihr daraufhin den Trude Hesterbergs Hauptwirkungsort war ihre Heimats- ersten Gesangsunterricht – ohne ein Honorar zu for- tadt Berlin, in der ihre Karriere an den Kammerspielen dern. Die Familie Hesterberg war zwar nicht arm, denno- des Deutschen Theaters begann. Als Soubrette trat sie ch war im Hause Sparsamkeit geboten. Die Mutter Emi- dort u.a. im Admiralspalast (damals Eispalast), im Apol- lie stammte aus einer kinderreichen Hamburger Familie lo-Theater und im Metropol in Operettenproduktionen und hielt das Geld zusammen, das der Vater als Drogist und Revuen auf. Als Chansonniere stand sie zunächst in verdiente. Max Reinhardts „Schall und Rauch“ auf der Bühne, be- vor sie im Jahr 1921 ein eigenes Kabarett, die „Wilde Büh- Dass Trude Hesterberg ihr Debüt an einer Schauspiel- ne“ eröffnete. Zudem wirkte sie in Berlin an zahlreichen bühne, nämlich 1912 an Max Reinhardts „Deutschem Filmproduktionen mit. Längere Gastspiele gab sie an Theater Berlin“ in Molières George Dandin, geben sollte, Bühnen in Köln (Metropol-Theater, 1913), neben der war aufgrund ihrer Ausbildung nicht unbedingt vorauszu- Massary am Künstlertheater in München und im Jahr sehen. Nach den (kostenlosen) Gesangsstunden bei der 1923 in der Schweiz. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbei- Tante erhielt sie Unterricht am Stern’schen Konservatori- tete sie in München als Theater- und Filmschauspielerin um bei der Altistin Margarethe Brieger-Palm. In ihren Le- (u.a. als Mrs. Peachum in der Produktion der „Dreigro- benserinnerungen beschreibt sie ausführlich, wie sie die- schenoper“ an den Münchner Kammerspielen). sen Unterricht heimlich besuchte und durch Obst- und Gemüseanbau selbst finanzierte, da der Vater seine Zus- – 1 – Hesterberg, Trude timmung verweigert hatte (Hesterberg. Was ich noch sa- pompöse Haller-Revue. Da hatte man nicht nur die steils- gen wollte…, S. 19ff.). Später wurde Trude Hesterberg te und längste Treppe vor sich, die vom Schnürboden bis dann in die Opernschule aufgenommen und erhielt zu- fast zur Rampe reichte, sondern auch noch einen Reifro- sätzlich szenischen Unterricht beim Leiter der Opernklas- ck samt sieben Schleppen und einen riesigen Blumen- se Nicolaus Rothmühl. Insgesamt war Trude Hester- und Obstkorb auf dem Kopf elegant herunterzubalancie- bergs Gesangsausbildung also eine ausschließlich klassi- ren. (…) Von da an war mir keine Treppe zu hoch und kei- sche in den Fächern Lied- und Operngesang. Ihr Pro- ne Schleppe zu lang.“ (Hesterberg. Was ich noch sagen gramm war dementsprechend zunächst am klassischen wollte…, S. 73) Repertoire ausgerichtet. In den Prüfungs-Aufführungen, die vom Stern’schen Konservatorium im Beethovensaal Neben ihren Theater-Engagements sang Trude Hester- abgehalten wurden, sang sie am 15. Juni 1911 beispiels- berg weiterhin Chansons in verschiedenen Etablisse- weise Lieder von Carl Löwe (Abendlied), Richard Strauss ments in Berlin (z.B. Karussell, Charlott, Kakadu) und (Freundliche Vision) und Johannes Brahms (Der Sch- trat im Kabarett auf, z.B. in Max Reinhardts zweitem mied). In den szenischen Aufführungen der Opernschu- „Schall und Rauch“. Nach und nach entwickelte sie ihr ty- le, die in der damaligen Komischen Oper stattfanden, pisches links-literarisches Repertoire an Chansons. Am trat sie als Lola in Szenen aus Cavalleria Rusticana 5.9. 1921 eröffnete sie ihr eigenes Kabarett, die „Wilde (6.5.1911) sowie am 10. Mai 1912 als Mignon auf (Jahres- Bühne“ im Keller des Theaters des Westens in der Kant- berichte des Stern’schen Konservatoriums 1910/11 und straße, und wurde damit wohl zur jüngsten Theaterleite- 1911/12, im Archiv der Universität der Künste Berlin. Es rin Berlins. Für die „Wilde Bühne“ schrieben so bedeu- finden sich Abweichungen zu den Angaben in Hester- tende Autoren wie Kurt Tucholsky, Walter Mehring, Kla- bergs Lebenserinnerungen). bund (eigentl. Alfred Henschke), Marcellus Schiffer, Hans Janowitz und Erich Kästner, hier traten Schauspie- Nach dem Debüt am Deutschen Theater folgte zunächst, ler und Literaten wie Kurt Gerron, Annemarie Hase, Mar- wohl auch aufgrund von Gerüchten über ein Verhältnis go Lion, Bertolt Brecht, Joachim Ringelnatz, Wilhelm mit ihrem Bühnenpartner Alexander Moissi, ein Engage- Bendow, Blandine Ebinger, Paul Graetz und Kate Kühl ment in Köln, danach spielte Hesterberg als Zweitbeset- auf. Die Musik komponierten Claus Clauberg, Werner Ri- zung für die schon weltberühmte Soubrette Fritzi Massa- chard Heymann, Friedrich Hollaender und Mischa Spo- ry am Münchener Künstlertheater. Mit der Rückkehr liansky. Die „Wilde Bühne“ galt neben Reinhardts nach Berlin ans „Nollendorfplatz-Theater“ hatte Trude „Schall und Rauch“ als bedeutendstes literarisch-politi- Hesterberg endgültig Fuß gefasst und trat nun in musika- sches Kabarett der Zwischenkriegszeit. 1923 musste das lischen Lustspielen und Operetten auf. Da in Folge des Kabarett nach einem Brand schließen, die Inflation mach- Ersten Weltkriegs die Theater nach und nach schließen te eine Wiedereröffnung unmöglich. Trude Hesterberg mussten, nahm sie ihr erstes Revue-Engagement im spielte nun wieder in Operetten, musikalischen Lustspie- Apollo-Theater an. Doch auch hier erloschen bald die len und Revuen. 1928 stand sie im Großen Schauspiel- Scheinwerfer, so dass sich Trude Hesterberg auf das Sin- haus als Lustige Witwe auf der Bühne, eine ihrer Parade- gen von Chansons in Cafés verlegte, um ihren Lebensun- rollen, 1931 sang sie die Witwe Begbick in Brecht/Weills terhalt zu bestreiten. Auf diese Weise kam sie mit Kaba- „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny“. Außerdem trat rett-Komponisten wie Werner Richard Heymann und Ru- sie in Kurt Robitscheks „Kabarett der Komiker“ auf. Als dolf Nelson in Kontakt, letzterer engagierte sie für seine die UFA im Jahr 1929 den Roman „Professor Unrat“ ver- Kleinrevuen im „Nelson-Theater“ am Kurfürstendamm. filmen wollte, sah der Dichter Heinrich Mann, mit dem Schließlich schaffte sie in der Saison 1920/21 den Sprung Trude Hesterberg in dieser Zeit ein Verhältnis hatte, ei- ans „Metropol-Theater“ und trat auch in den monströsen gentlich sie als Besetzung für die Lola Lola vor. Doch auf Ausstattungsrevuen Hermann Hallers im Admiralspalast den Wunsch des Regisseurs Josef von Sternberg wurde auf. Hier erwarteten sie ungewohnte neue Herausforde- Marlene Dietrich engagiert. Sie wurde durch diesen Film rungen, die über das Singen und Tanzen hinausgingen: weltberühmt. „Zum Beispiel eine Treppe großen Ausmaßes herunterzu- schweben, ohne dabei auf die Füße zu gucken, was für ei- Im Jahr 1934 wagte Trude Hesterberg noch einmal eine ne Kunst! Ich hatte es im „Metropol“ gelernt – mit ellen- Kabarett-Neugründung, die „Musenschaukel“, die jedoch langer Schleppe! Aber das war alles nichts gegen so eine nur kurz existierte – das politische Klima war für ein lite- – 2 – Hesterberg, Trude rarisch-kritisches