Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung Seite 1 2. Gebietsbeschreibung Seite 2 2.1. Naturräumliche Einordnung Seite 4 2.2. Planerische Vorgaben Seite 4 2.3. Bestehende touristische Infrastruktur Seite 5 3.Inszenierung des Tidegeschehens in anderen Regionen Seite 7 3.1. Elbmarschen Seite 7 3.2. Westküste Schleswig-Holsteins Seite 9 3.3. HafenCity Hamburg Seite 10 3.4. Niederlande Seite 10 4. Konzeptidee Seite 11 5. Detailkonzepte der Informationspunkte Seite 12 5.1. Urstromlandschaft Seite 13 5.1.1. Hintergrundinformationen Seite 13 5.1.2. Gestaltungsidee Seite 16 5.2. Grünland-Graben-System Seite 21 5.2.1. Hintergrundinformationen Seite 21 5.2.2. Gestaltungsidee – Grünland-Graben-System Butjadingen Seite 25 5.2.3. Gestaltungsidee – Grünlandbereich Stedingen Seite 27 5.3. Alte Deichlinien Butjadingen / Seite 29 5.3.1. Hintergrundinformationen Seite 29 5.3.2. Gestaltungsidee Seite 32 5.4. Schwarze Brake Seite 35 5.4.1. Hintergrundinformationen Seite 35 5.4.2. Gestaltungsidee Seite 36 5.5. Pumpwerk Waddens Seite 37 5.5.1. Hintergrundinformationen Seite 37 5.5.2. Gestaltungsidee Seite 41 5.6. Hammelwarder Moor mit tiefstem Punkt Seite 43 5.6.1. Hintergrundinformationen Seite 43 5.6.2. Gestaltungsidee Seite 44 5.7. Zukunftsperspektiven Seite 46 5.7.1. Hintergrundinformationen Seite 46 5.7.2. Gestaltungsidee Seite 53 6. Konzeptergänzende Ideen Seite 55 7. Diskussion Seite 56 8. Zusammenfassung Seite 60 9. Quellenverzeichnis Seite 61 9.1 Literatur Seite 61 9.2 Internet Seite 64 9.3 Abbildungen Seite 65 9.4 Sonstiges Seite 66

Abbildungsverzeichnis Bearbeiterverzeichnis

Anhang: Steckbriefe der Informationspunkte 1. Einleitung

Plattes Land und ausgedehnte Grünlandflächen in alle Himmelsrichtungen. Zerschnitten nur von Gewässern unterschiedlicher Größen und Formen und baumbe- standenen Straßenzügen. In diese weitläufige Land- schaft eingestreut liegen zahlreiche Einzelhöfe, oft ebenfalls von Gehölzen umgeben, auf Wurten. Diese Abb. 1: Grünlandbereich im Vorland der alten Erdhügel sind heute meist nur noch dann zu Strohauser Plate erkennen, wenn man auf sie achtet. Doch warum stehen die Häuser hier im Landesinneren auf solchen erhöhten Plätzen? Schwer vorstellbar, dass hier – wo das Meer weithin nicht zu sehen ist – ein Schutz vor dem Wasser nötig ist. Doch entgegen dem ersten Eindruck steht der gesamte Landkreis unter dem mehr oder weniger direkten Einfluss von Ebbe und Flut und damit des Meeres. Um genau diesen Einfluss mit allen seinen Aspekten für Einheimische und Touristen deutlich zu machen, wurde im Regionalen Entwicklungskonzept „Siellandschaft Wesermarsch – Wesermarsch in Bewegung“ ein Projekt geschaffen, das sich mit der Verdeutlichung dieses Sachverhaltes befasst. „Tidefenster Siellandschaft Wesermarsch” lautet auch der Titel des Projekts, durch das das Bewusstsein für das Zusammenspiel von Gezeiten, Meeresspiegelhöhen, Sturmfluten, dem Klimawandel und dem daraus resultierenden Meeresspiegelanstieg besonders im Landesinneren geschärft werden soll. Denn das Deiche überlebenswichtig sind, besonders bei den vermutlich stärker werdenden Sturmfluten, ist offensichtlich. Dass aber auch die Siele eine große Bedeutung für das Leben und das Wirtschaften in der Wesermarsch haben, ist auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen. Auch der Einfluss der Siele auf das Landesinnere ist häufig aus dem Bewusstsein gerückt. Im Rahmen des Moduls „Komplexe Planungsaufgaben” wurden zu diesem Thema von der Projektgruppe im 5. Semester Landschaftsentwicklung Ideen entwickelt, die dazu beitragen können, die für die Wesermarsch essentiellen Bestandteile, wie die Siele, für die Einheimischen und die Touristen erkennbar und erlebbar zu machen. Im folgenden Abschlussbericht sollen diese vorgestellt werden. Dazu wird eine räumliche Einordnung und eine Beschreibung der Wesermarsch gegeben. Nach einem Vergleich mit anderen tidebeeinflussten Regionen in und um Deutschland folgt eine Beschreibung der Konzeptidee. Im weitern werden die Detailkonzepte mit den dazugehörigen Informationsstationen näher erläutert. Übergeordnete Ideen werden anschließend konzeptergänzend dargestellt.

1 2. Gebietsbeschreibung

Der Landkreis Wesermarsch liegt im nördlichen Niedersachsen (vgl. Abb. 2). Er wird an drei Seiten von Gewässern begrenzt, im Westen durch den Jadebusen, im Norden durch die Nordsee und im Osten durch die Weser. Die politischen Grenzen bilden die Landkreise Friesland, Ammerland, Oldenburg, Osterholz und Cuxhaven sowie die Abb. 2: Lage der Wesermarsch in Niedersachsen Städte Oldenburg und Delmenhorst und das Bundesland . Der Landkreis Wesermarsch gliedert sich in die Städte Brake, und und in die Gemeinden Berne, Butjadingen, Jade, , Ovelgönne und Stadland. Auffällig ist, dass sich die größten Siedlungen und auch die Industrien in einem Band entlang des Weserufers befinden. Der Rest des Landkreises ist dagegen nur relativ dünn besiedelt. Der weitaus größte Teil des Kreisgebietes wird durch weitläufige Marschenlandschaften gebildet, die nicht wesentlich über Normalnull (NN) liegen. Die höchste Erhebung ist der Jaderberg mit einer Höhe von sieben Metern über NN, die dem Geestrücken vorgelagerten Hochmoore erreichen eine

Höhe von bis zu fünf Metern über NN (LK WESERMARSCH 1992). Große Teile der Moorflächen sind heute abgetorft und entwässert, so dass sie unter NN liegen (s. Abb. 3). Zwischen Jadebusen und Brake ist in der Höhenkarte (Abb. 3) außerdem deutlich der Verlauf des Lockfleths zu erkennen, ein Meeresdurchbruch von 1362, der innerhalb von drei Jahrhunderten wieder komplett durch Deiche geschlossen wurde. Das Land an dieser Stelle ist daher auch heute noch erkennbar niedriger. Auch im Landesinneren ist dieser Landstrich durch Wasser geprägt. Das 20.000 km lange Grabennetz (WF WESERMARSCH 2007 [a]) entwässert das Regenwasser über die Sieltiefs entweder direkt in die Nordsee oder in die tideabhängigen Gewässer Weser, Hunte und Ochtum, da ein natürlicher Abfluss des Regenwassers auf Gund der Topographie nicht möglich ist. Jade, Berne und Ollen als weitere größere Gewässer sind durch Mündungsbauwerke vom Tideeinfluss abgeschnitten.

2 Abb. 3: Höhenverhältnisse in der Wesermarsch (verändert nach BENDISCH 1991)

3 2.1. Naturräumliche Einordnung

Im Landkreis Wesermarsch sind nach MEISEL 1961 und MEISEL 1962 die naturräumlichen Einheiten Südjademarsch (612.11), Delfshausen-Ipweger Moore (612.12), Strückhausener Moore (612.13), Huder- und Oldenburger Moore (612.14), Nordenham-Elsflether Marsch (612.15), Butjadinger Land (612.16) und Weser-„Hochland“ (612.17) vertreten. Die naturräumlichen Gegebenheiten werden maßgeblich durch die Lage des Landkreises am Mündungstrichter der Weser beeinflusst. Dies wird besonders in den durch Marschen geprägten Einheiten Butjadinger Land und Nordenham-Elsflether Marsch sowie dem Weser-„Hochland“ deutlich. Das Weser-„Hochland“ erstreckt sich an der Unterweser von bis Elsfleth. Durch Aufspülungen der Tide hat sich ein sogenannter Uferwall gebildet, der ca. drei bis vier Meter

über dem sonstigen Marschenniveau liegt (MEISEL 1962). Prägend sind hier vor allem die Brackwasser-Vegetation sowie die Platen und Sände der Weser, die im Gegensatz zum übrigen durch Feuchtigkeit gekennzeichneten Landkreis auch trockene Lebensräume bieten. In den großflächig ebenen Marschengebieten, welche sich von der Nordsee über die Huntemarschen bis zur Ochtummündung erstrecken, herrscht Grünlandnutzung vor. Als Parzellengrenzen dienen die Ent- und Bewässerungsgräben, so dass keine Zäune nötig sind (MEISEL 1962). Siedlungen befinden sich laut MEISEL (1962) hauptsächlich in den höher gelegenen Gebieten entlang der Weser, die tiefergelegene Marsch ist mit Einzelhöfen auf Wurten eher dünn besiedelt. Gehölze finden sich meist nur in Hofnähe oder entlang von Straßen. Südlich an die Marschbereiche anschließend bilden Moore den Übergang zur Geest. Dazu gehören im Landkreis Wesermarsch die naturräumlichen Einheiten Strückhausener Moor, Delfshausen-Ipweger Moore und Huder- und Oldenburger Moore. Im Gegensatz zu den Marschensiedlungsformen sind hier die ältesten Siedlungen an der Grenze von Marsch und Moor mit den typischen langgestreckten Moorhufen als Flurform zu finden (MEISEL 1961). Die Moore selbst sind bis auf kleine Reste kultiviert und werden laut MEISEL (1961) überwiegend als Grünland, aber auch als Ackerland genutzt. Eine Besonderheit bildet die Einheit Strückhausener Moor, da es sich hierbei um das einzige bis an das Meer reichende Hochmoor Europas handelt (Sehestedter Außendeichsmoor, MEISEL 1961).

2.2. Planerische Vorgaben

Im Landschaftsrahmenplan für die Wesermarsch (LK WESERMARSCH 1992) wird durch ein Handlungskonzept die zukünftige Richtung der Entwicklung von Natur und Landschaft festgelegt. Viele der hier dargestellten Aspekte stehen in Zusammenhang mit einer weiteren naturgemäßen Entwicklung der Landschaft, die durch den direkten Tideeinfluss und die daraus entstandenen

4 Eingriffe des Menschen entstanden ist. Sie werden daher bei der Planung der Inhalte der einzelnen Informationspunkte (vgl. Kap. 5) berücksichtigt und in den entsprechenden Kapiteln dargestellt. Daneben werden im Landschaftsrahmenplan auch Anforderungen an unterschiedliche Nutzungen formuliert, die negative menschliche Einflüsse auf die Natur so gering wie möglich halten sollen. So werden zum Beispiel für die Nutzung durch Erholungssuchende und Touristen folgende Forderungen gestellt (nach LK WESERMARSCH 1992): − Möglichkeiten zum Naturerleben der Landschaft schaffen / erhalten, − nur Projekte umsetzen, die sich in die Landschaft einfügen, − keine weitere Erschließung vornehmen, − besonders im Weseraußendeichsgelände auf Vereinbarkeit mit Zielen zum Erhalt und zur Entwicklung des Naturhaushaltes achten.

2.3. Bestehende touristische Infrastruktur Ein Großteil der Gäste hält sich zwei bis vier Tage zur Erholung in der Gemeinde Butjadingen auf. Dieser Wert ist größtenteils auf den Landkreis Wesermarsch übertragbar (HAN o.A.). Dabei halten sich vorwiegend Urlauber im Alter von 26-50 Jahren in der Wesermarsch auf. Die meisten Urlauber reisen in Gruppen von vier bis sechs Personen (54%), bei denen es sich überwiegend um Familien handelt (HAN O.A.). Der Landkreis Wesermarsch ist bemüht, sein touristisches Potenzial weiterhin zu vermarkten. Im Jahr 2003 wurde die Wesermarsch als LEADER-Region ausgewählt. Durch LEADER+ wird das folgende Ziel definiert: „Inwertsetzung des Natur- und Kulturerbes. Kultur, Natur, Tourismus und Regionale Produkte der Wesermarsch sollen erhalten und entwickelt

werden, um die regionale Identität zu stärken“ (WF WESERMARSCH 2007 [b], S.5). Daraus wurden im Regionalen Entwicklungskonzept (REK) der Förderperiode 2000-2006 Entwicklungsziele folgender Themenbereiche erarbeitet: Jugend, Regionale Produkte, Natur, Tourismus und Kultur. Insgesamt wurden über 60 Projekte realisiert. Im Bereich „Natur“ ist zum Beispiel der Kiekpadd Wesermarsch entwickelt und umgesetzt worden. Dabei handelt es sich um „ein Netz von 33 Beobachtungspunkten, die verborgene Kleinode der heimischen Flora, Fauna und

Landschaftsgeschichte wahrnehmbar machen“ (WF WESERMARSCH 2007 [b], S. 10). Die Kiekpadd-Info-Tafeln wurden zusammen mit Bänken an ausgeschilderten Radwegen wie zum Beispiel an der Deutschen Sielroute aufgestellt. Zudem gibt es eine Broschüre „Wesermarsch

5 erleben – die Natur entdecken“ (TGW 2005), die begleitend zu den Info-Tafeln die Umgebung beschreibt und Verweise auf weitere touristische Angebote gibt. Im Bereich „Tourismus“ wurde zum Beispiel ein einheitliches Wegweisersystem geschaffen. Zudem gibt es in der Wesermarsch viele touristische Attraktionen, die nicht durch das LEADER+- Programm ins Leben gerufen wurden. Zu nennen wären hier Museen, historische Kirchen mit Friedhöfen, Mühlen, Fischereihäfen, Sperr- und Schöpfwerke, sowie Wattwanderungen, Veranstaltungen und Feste, die über das ganze Jahr verteilt angeboten werden. Auch Reitwege sind vorhanden und werden touristisch vermarktet (vgl. LEADER+-Projekt „Im Sattel durch die Wesermarsch“). Des Weiteren sind an der Küste Naturlehrpfade eingerichtet, zum Beispiel vom Fedderwardersieler Hafen entlang der angrenzenden Salzwiesen und Pütten um den Langwarder Sommergroden herum. Im Nationalpark-Haus / Museum Butjadingen kann ein Begleitheft mit Erläuterungen zu den 17 auf dem Wanderweg eingerichteten Stationen abgeholt werden

(HECKER & HECKER 1999). Außerdem gibt es einen Abb. 4: Beobachtungshütte am Sehestedter Außendeichsmoor Salzwiesen-Erlebnispfad in Sehestedt, auf dem zunächst die Salzwiesen und anschließend das „Schwimmende Moor“, ein Moor, welches bei hoher Flut aufschwimmt, entdeckt werden kann (www.natur-erleben.niedersachsen.de [a]). Durch die Wesermarsch führen Radfernwege und Radrundwege. Insgesamt gibt es ein weites und gut ausgebautes Streckennetz. Die ebene Landschaft und die asphaltierten Wege eignen sich gut zum Fahrrad fahren (DAHLE 1998). Das Radwegenetz besitzt eine hohe touristische Bedeutung, da es viele Orte, kulturelle Angebote sowie Sehenswürdigkeiten miteinander verbindet. Jedoch gibt es bisher fast keine ausgeschilderten Radrouten, die abseits der Küsten durch die Wesermarsch führen. Zu den großen Radrundwegen gehört die Deutsche Sielroute, die einmal um die gesamte Wesermarsch führt. Außerdem führen Teile anderer Radwege durch den Landkreis, dazu zählen zum Beispiel der Rundradweg Unterweser sowie die rund um den Jadebusen führende Tour de Fries. Des Weiteren führen drei Radfernwege durch die Wesermarsch: der Weser-Radweg, der Nordseeküstenradweg ( Cycle Route) und der Hunteradweg (www.urlaubwesermarsch.de). Abb. 5: Wegweiser 6 3. Inszenierung des Tidegeschehens in anderen Regionen

Zur Sammlung von Ideen wurde zunächst eine Recherche nach vergleichbaren Projekten in anderen tidebeeinflussten Gebieten Europas durchgeführt. Einzelne Ergebnisse sollen hier zusammengefasst werden. Auch in anderen Gebieten nehmen die Gezeiten ebenso wie in der Wesermarsch Einfluss auf Küsten und Flüsse in Europa. Auch in diesen Regionen werden verschiedene Projekte durchgeführt, die sich inhaltlich mit der Tide auseinandersetzen. Beispielhaft sei hier das Projekt „TIDE“ der Europäischen Union (EU) erwähnt. Außerdem finden entlang der Küsten verschiedene Untersuchungen zur Sicherheit der Küsten statt. Aber auch diese Projekte, wie zum Beispiel „ComCoast“, arbeiten eher wissenschaftlich, so dass dabei überwiegend ökonomische und ökologische Belange diskutiert und in Einklang gebracht werden. Eine Inszenierung und Betonung der Erlebbarkeit der Gezeiten wird dabei offenbar selten berücksichtigt oder nicht entsprechend publiziert. Zumindest lassen sich solche Aktivitäten nur schwer „vom Schreibtisch aus“ recherchieren. Anlass für die Auseinandersetzung mit den gezeitenbeeinflussten Gewässern sind meist die Wasserrahmenrichtlinie oder die FFH-Richtlinie der EU.

3.1. Elbmarschen Die Haseldorfer Marsch erstreckt sich von der Pinnaumündung elbaufwärts in Richtung Hamburg. Ebenso wie in der Wesermarsch kennzeichnet das Deich- und Entwässerungssystem den Landschaftsraum. Allerdings liegt das Gebiet knapp über Normalnull (mündl. Mitt. Netz, Elbmarschenhaus Haseldorf, 06.01.09) und es muss daher deutlich seltener geschöpft werden. Dadurch sind auch andere Nutzungsformen des Landes möglich. Dazu zählt neben dem Ackerbau auch der Gemüse- und Obstbau (www.bfn.de [a]). Eine touristische Vermarktung findet primär über den Obstbau (z.B. „Holsteiner Apfeltage“) und das Naturerleben allgemein statt. Gleichwohl bietet das Elbmarschenhaus in Haseldorf als zentrales Informationszentrum für Besucher der Region auch Informationen zum Grabensystem als besonderem Lebensraum für Flora und Fauna. Im Freigelände gibt es eine Archimedesschraube (auch Schneckenpumpe genannt), die die Entwässerung der Marsch über den Deich veranschaulicht, sowie eine Schöpfschaufel, die zum Reinigen der Gräben genutzt wurde. Beide Exponate können von Besuchern Abb. 6: Archimedesschraube am selbstständig ausprobiert werden. Die nötigen Elbmarschenhaus

7 Erklärungen werden auf einer Schautafel gegeben. In den Ausstellungsräumen befindet sich zusätzlich ein Auen-Modell. In diesem lassen sich per Knopfdruck Wasserströme regulieren. Die Besucher sollen die Kraft des Wassers erleben, indem sich der auf dem Relief vorhandene Sand und kleine Steinchen entsprechend der Strömung verteilen. Des Weiteren ist die Installation einer Wassersäule in Vorbereitung, die den Tidehub der Elbe verdeutlichen soll. Die Säule ist drei Meter hoch und der Wasserstand kann von Besuchern durch Muskelkraft beeinflusst werden. Eine ähnliche Vorrichtung gab es bereits auf Initiative der Naturschutzstiftung des Landkreises Harburg auf der Landesgartenschau in Winsen/Luhe (mündl. Mitt. Netz, 06.01.09). In der Gemeinde Hetlingen gibt es einen Wassererlebnisbereich. Die Anlage besteht aus insgesamt 14 Schautafeln rund um das Thema Wasser sowie zwei Teichen, die über einen Bach miteinander verbunden sind. Es kann eine Wasserlandschaft selbstständig oder im Rahmen von Umweltbildungsveranstaltungen gestaltet werden und „durch die Regulierung des Zulaufes können Hochwasser und Sturmfluten spielerisch erlebt werden. Danach gelangt das Wasser in ein Rückhaltebecken und wird von dort mit dem handbetriebenen Wasserrad zurück befördert“ (www.haseldorfer-marsch.de). Des Weiteren können chemische Untersuchungen durchgeführt und Tiere beobachtet werden. Außerdem befindet sich einer von insgesamt drei Aussichtstürmen in unmittelbarer Nähe. Der Kreis Pinneberg hat für die Marschengebiete ein Katastrophenschutzkonzept erarbeitet. Ein wesentlicher Bestandteil ist die Festlegung von Evakuierungsrouten in den betroffenen Gebieten. Bei einem drohenden Deichbruch sollen die Menschen auch mit Bussen evakuiert werden. Dazu wurden deutlich sichtbar Hinweisschilder auf den Haltestellenschildern montiert (s. Abb. 7). Dadurch wird insbesondere Gästen der Region die mögliche Gefahr Abb. 7: Bushaltestelle mit Zusatzhinweis vergegenwärtigt. Die Wilstermarsch liegt zwischen dem Nord-Ostsee-Kanal und der Störmündung. Dieses Gebiet liegt z.T. mehr als drei Meter unter dem Meeresspiegel (www.bfn.de [b]), weshalb es durch ein dichtes Grabensystem zur Entwässerung geprägt ist. Es findet wie in der Wesermarsch überwiegend eine Nutzung als Grünland statt. Im Laufe der Entwicklung als Kulturlandschaft ist in der Gemeinde Neuendorf-Sachsenbande die tiefste Landstelle der Bundesrepublik Deutschland entstanden. Diese bildet mit -3,54 m unter NN sozusagen das Gegenstück zur Zugspitze. Die entsprechende Stelle ist u.a. mit einem Flutmast ausgestattet, der die Wasserstände verschiedener Sturmfluten und auch die Höhe des Elbdeichs (+8 m über NN) anzeigt. Info-Tafeln vermitteln den

8 Besuchern die Landschaftsgeschichte. In der Nähe von Wilster befindet sich die Schöpfmühle von Honigfleth. Sie ist die Letzte mit originalem Funktionsablauf in Norddeutschland und zum Wahrzeichen der Wilstermarsch geworden (Info-Tafel vor Ort). Früher gab es rund 350 solche Bauwerke in der Wilstermarsch. Der Verein zur Förderung von Naturerlebnissen e.V. Abb. 8: Wasserschöpfmühle Honigfleth aus Stade hat das Projekt Tidenkieker gestartet. Dabei handelt es sich um ein speziell angefertigtes Boot mit geringem Tiefgang, das für bis zu 50 Personen geeignet ist. Es werden insgesamt drei thematische Rundfahrten über die Unterelbe zwischen Cuxhaven und Hamburg angeboten. Dabei wird den Gästen unter fachlicher Leitung die Landschaft und der Naturhaushalt des Elbstroms erläutert. Höhepunkte bieten die Anlandungen auf einer der Elbinseln (www.tidenkieker.de). Bei den Fahrten wird auch auf den Gezeitenwechsel eingegangen (mündl. Mitt. Netz, 06.01.09).

3.2. Westküste Schleswig-Holsteins Als Schutz vor Sturmfluten besteht heute an der Westküste Schleswig-Holsteins eine ca. 300 km lange Festlandsdeichlinie (www.wsa-toenning.wsv.de). Einen Teil davon bildet das Eidersperrwerk bei Tönning. Es wurde zwischen 1968 und 1973 errichtet und stellt seitdem auch die Vorflut und die Schifffahrt auf der Eider sicher. Besonders auffallend sind die fünf großen Sieltore, über die die Wasserströmungen beeinflusst werden können. Auf verschiedenen Info-Tafeln werden Besucher über das Sperrwerk und seinen Betrieb, die Schleuse und den Eiderdamm informiert. Auch die Bedeutung des Schöpfbetriebs für das Hinterland wird erklärt. Zusätzlich werden Führungen für Gruppen angeboten. Seit seiner Gründung hat sich das Multimar Wattforum in Tönning zu einem beliebten Ziel von Touristen und Naherholungssuchenden entwickelt. Das Wattforum ist eine Mischung aus Aquarium und Museum. Der Schwerpunkt lag früher auf dem Lebensraum Wattenmeer und seinen Besonderheiten. Inzwischen wurde das Gebäude erweitert, so dass nunmehr auch die Themen „Binnengewässer“ und „Wale“ einen erheblichen Umfang der Ausstellung einnehmen. Im Eingangsbereich befindet sich ein so genanntes Gezeitenbecken, das Ebbe und Flut simuliert. Der Wasserstand ändert sich stündlich, so dass die Besucher bei einem mehrstündigen Aufenthalt den Wechsel miterleben können. An einer anderen Schautafel werden die Erwärmung des Wattenmeeres und die daraus resultierenden Folgen thematisiert. Auf der Website des Wattforums

9 wird ein weiteres Exponat beworben, welches die wechselnden Wasserstände aufgreift: „Als Deichgraf Wassermassen zähmen - Bauen Sie Deiche, Siele und Wehre und schützen Sie das Hinterland vor Überflutungen“ (www.multimar-wattforum.de). Dieses Ausstellungsstück war während eines Besuchs jedoch nicht in der Ausstellung vorhanden und kann daher nicht genauer beschrieben werden. In Büsum befindet sich die Sturmflutwelt „Blanker Hans“. Diese neue Touristenattraktion an der Westküste will die Besucher in das Jahr 1962 versetzen, als eine schwere Sturmflut Teile Schleswig-Holsteins überflutete. Über eine „Rettungskapsel“, ähnlich einer Geisterbahn (ehemalige Erlebnisbahn der EXPO 2005), durchqueren die Besucher einen Teil des Gebäudes und erleben so eine Zeitreise durch Sturmfluten. Die nötigen Hintergrundinformationen werden in einem interaktiven Museum vermittelt. Dort werden die Themen Wetter, Klima und Gezeiten behandelt (www.blanker-hans.de). Im Außengelände befindet sich das Büsumer Deichfreilichtmuseum. Dort dienen vier nachgebaute historische Deiche der sachlichen Risikoinformation ebenso wie der Küstenschutzgeschichte (www.-wiki.de). Die verschiedenen Entwicklungsstadien werden so anschaulich dargestellt. Das Gelände ist jederzeit frei zugänglich.

3.3. HafenCity Hamburg In Hamburg entsteht derzeit die so genannte HafenCity als größtes europäisches Stadtentwicklungsprojekt. Auf ehemaligen Hafenflächen zwischen der Speicherstadt und der Elbe werden verschiedene Bebauungen realisiert, die „eine spannende metropolitane Mischung aus Kultur und Freizeit, Einzelhandel und Gastronomie, innenstädtischem Wohnen, Dienstleistungsarbeitsplätzen, Parks, Plätzen und Promenaden“ (www.hamburg.de) bieten sollen. Für die westliche HafenCity hat das Büro EMBT Arquitectes Associats, Barcelona, einen freiraumplanerischen Wettbewerb gewonnen. Die Planungsidee greift den Wechsel von Ebbe und Flut auf. Aus diesem Grund sehen die Pläne unter anderem eine schwimmende Promenade vor, die sich mit den Gezeiten auf und ab bewegt (www.competitionline.de).

3.4. Niederlande Der Nationalpark „De Biesbosch“ ist „eines der größten und wertvollsten Naturgebiete der Niederlande“ (www.nationaalpark.org) und ein großes von den Gezeiten beeinflusstes Süßwassergebiet. In einzelnen Teilen beträgt der Tidehub bis zu 70 cm. Durch die teilweise Öffnung einer Schleuse sollen die Gezeiten vermehrt in dem Gebiet wirken können (www.nationaalpark.org). Allerdings fanden sich im Zuge der Recherche keine Hinweise auf eine

10 gezielte Inszenierung der Gezeiten. Das Gebiet unterliegt vielmehr einem strengen Naturschutz und entwickelt sich bis auf wenige Ausnahmen ohne menschliche Eingriffe. Es ist aber zu vermuten, dass die Besucherzentren in Dordrecht und Drimmelen Informationen zur Tide bereithalten. Im Zuge der Recherchearbeiten wurde auch das Schelde Informationszentrum kontaktiert. Das Zentrum informiert über die Schlede, die auf einer Länge von 160 km von der Mündung flussaufwärts tidebeeinflusst ist. Eine Antwort steht bis zum Abschluss dieses Berichts aus.

4. Konzeptidee

Das Leitprojekt „Tidefenster Siellandschaft Wesermarsch“ des Regionalen Entwicklungskonzeptes beschreibt folgende Inhalte (WF WESERMARSCH 2007 [b]):

Die Schutzfunktion der Deiche im Binnenland soll deutlich gemacht, der Blick für Gezeiten und Wasserstände geschärft, der ökologische Zustand von Natur und Landschaft optimiert und das Naturerleben gefördert sowie der Klimaschutz vermittelt und die Menschen damit für das Thema sensibilisiert werden. Zudem soll den Touristen und vor allem der einheimischen Bevölkerung das Thema „Tideeinfluss auf das Binnenland“ mehr ins Bewusstsein gerückt werden.

Die Wesermarsch ist bereits gut mit touristischen Angeboten ausgestattet, jedoch konzentrieren sich diese auf einen schmalen Küstenstreifen. (LK WESERMARSCH 1992). Deswegen sollen Möglichkeiten geschaffen werden, den Landkreis Wesermarsch in seiner Gesamtheit zu erschließen. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass geeignete Räume für touristische Attraktionen gewählt werden, die störende Nutzungen zum Beispiel von bedeutenden Wiesenvogellebensräumen ausschließen. Um das Landschaftsbild der Wesermarsch zu bewahren ist es notwendig, nur Informationsstationen zu realisieren, die sich in dieses Bild einfügen. Da es sich bei den Marschengebieten um weitgehend gehölzfreie Wiesen- und Weidelandschaften mit weiträumigen Sichtbeziehungen handelt (LK WESERMARSCH 1992), ist insbesondere darauf zu achten, keine großen, technisch wirkenden Installationen vorzunehmen. Zudem müssen die Planungen der Informationsstationen mit den Zielen zur Erhaltung der Lebensräume der Tiere und Pflanzen

11 vereinbar bleiben. Konflikte, die auf Grund der besonderen Wertigkeit des Gebietes als Lebensraum für störungsempfindliche Tierarten sowie der Schönheit des Bereichs für den menschlichen Betrachter besonders im Weseraußendeichsgelände zu erwarten sind, sind unbedingt zu vermeiden. Auch soll die Akzeptanz von Zielen des Naturschutzes durch gezielte Information der Einheimischen und Touristen verbessert werden (LK WESERMARSCH 1992). Da, wie oben beschrieben, der Landkreis bereits mit einer guten touristischen Infrastruktur ausgestattet ist, erscheint es sinnvoll, Anknüpfungspunkte an Vorhandenes zu schaffen. So sollte auf die Anlage von neuen Radwegen verzichtet werden, auch um die Wiesenvogellebensräume nicht weiter zu zerschneiden. Neue Informationstafeln sollen gezielt an ausgewählten, thematisch passenden Punkten angebracht werden. Hierbei ist auf eine dezente Aufstellung und Integration in das Landschaftsbild zu achten. Auch sollen laut Landschaftsrahmenplan (LK WESERMARSCH 1992) wenn möglich keine weiteren Bänke und Rastplätze eingerichtet werden. Bei der Erarbeitung des Konzeptes sollten die bereits vorhandenen Informationsangebote zum Beispiel durch das Nationalpark-Haus / Museum Butjadingen oder die Umweltstation in Iffens berücksichtigt werden. Im Nationalpark-Haus werden Informationen rund um das Thema Ebbe und Flut sowie das Leben an der Küste vermittelt. Bei der Umweltstation können sich interessierte Besucher Experimentier- Koffer ausleihen, mit denen sie beispielsweise den Marschen- boden oder die Salzwiesen auf naturwissenschaftliche Art entdecken können. Auch liegt im Abser Hafen das einzig nach- gebaute Dielenschiff Deutschlands, die „Hanni“. Dielenschiffe haben einen geringen Tiefgang und die Masten können umgeklappt werden, so dass diese Schiffe durch die ehemals als Verkehrswege genutzten Siele und Priele fahren können. Heute werden Fahrten zur Strohauser Plate, auf der Unterweser, und der Schweiburg, zu den Außensieltiefen wie zum Beispiel zum Sürwürder Siel, Platentief, Strohauser Siel, Beckumer Siel und Abser Siel angeboten (www.stadland-touristikinfo.de). Abb. 9: Dielenschiff "Hanni"

5. Detailkonzepte der Informationspunkte

Im Folgenden werden Ideen für Informationsstationen, deren Thematik im Zusammenhang mit dem Tidegeschehen in der Wesermarsch steht, beschrieben. Die Standorte dieser Stationen sind der beiligenden Karte zu entnehmen.

12 5.1. Urstromlandschaft Weser 5.1.1. Hintergrundinformationen Die Weser, ein 440 km langer Fluss, entsteht bei Münden durch den Zusammenfluss der Flüsse Werra und Fulda. Sie durchquert das Weserbergland sowie das Norddeutsche Tiefland, bis sie ab dem Hemelinger Weserwehr bis zur Mündung bei Bremerhaven als Unterweser weiterfließt und schlussendlich in die Nordsee mündet. Die Weser ist eine Bundeswasserstraße und ist bis Bremen für Seeschiffe befahrbar (JUGEND BROCKHAUS 1996). Der Flusslauf der Weser veränderte sich bis heute stark. Die Urweser verlief mitten durch die heutige Wesermarsch (s. Abb. 10) und verlagerte ihren Lauf mit der Zeit weiter nach Osten. Die Urweser hatte durch den relativ breiten Mündungstrichter genügend Ausbreitungsmöglichkeiten. Durch unzureichenden Abfluss des Geestwassers und Anstieg des Grundwasserspiegels infolge des Meeresspiegelanstiegs kam es jedoch zu einer Vermoorung des gesamten Tales (HABEDANK 1970). Die Nordsee brach in das Moor östlich der Mündung der Urweser ein und machte dadurch einen kürzeren Abfluss möglich. Somit verlagerte sich der Weserlauf ostwärts. Der Meeresvorstoß um 2.500 v. Chr. über das Moorgebiet bis an die Geest führte zur Sedimentation einer flächendeckenden Schlickschicht über dem Moor, wodurch die Marschengebiete fruchtbar wurden. Durch den nun entstandenen Uferwall wurde der Abfluss des Geestwassers erschwert, so dass neue Niederungsmoore zwischen Geest und Marsch entstanden (HABEDANK 1970). Der Weserlauf verlagerte sich bis 800 v. Chr. noch weiter nach Osten, dabei entstand ein Mündungsdelta mit vielen Nebenarmen und Verzweigungen. Erst durch die Weserkorrektion ab 1887 ist der heutige

Verlauf der Weser hergestellt worden (HABEDANK 1970). In der Weser entstanden Untiefen (später Platen genannt), die anfangs weder bei Flut noch bei Ebbe zu erkennen waren, jedoch weiter wuchsen, schließlich bei Niedrigwasser trocken fielen und später auch bei Hochwasser sichtbar geblieben sind (FÜRST, o.A.). Solche Sande und Platen entstehen und verschwinden gerade in den Gewässern der Flussmündung, da „der Wechsel von Ebbe und Flut [...] - besonders in den stürmischen Wintermonaten – für überraschende

Abblagerungen, Anschwemmungen, Anwächse und Auswaschungen“(SCHMIDT & ROLOFF 2006, S. 9-10) sorgt. Zwischen 1600 und 1800 gab es viele solcher Platen am Butjadinger und

Rodenkircher Weserlauf (FÜRST o.A.). Die Weser versandete unter anderem durch die Rodung der Auwälder. Dadurch entstanden Untiefen und somit zum Beispiel auch die Strohauser Plate (FÜRST o.A.). Die Strohauser Plate ist im Westen durch den Weserarm Schweiburg vom Festland getrennt. Ehemals war die Plate eine Sandbank, die sich seit dem 17. Jahrhundert durch die Gezeiten und Strömungsverhältnisse des Flusses zu ihrer heutigen Form entwickelt hat.

13 Die Strohauser Plate war ursprünglich deutlich kleiner und entstand durch das Zusammenwachsen verschiedener Sände im 17. Jahrhundert (DOMÄNENAMT OLDENBURG 1998). Die Reiher Plate, ein langer Schlickstreifen, entwickelte sich Anfang des 18. Jahrhunderts, eine weitere Plate

(Strohauser Sandplate) verschwand 20 Jahre später wieder (FÜRST o.A.). Zwischen 1858 und 1878 wuchsen die Strohauser Plate und die Golzwarder Schlickplate (wozu auch die Reiher Plate gehört) durch einen Durchschlag zusammen. Aber Anfang des 19. Jahrhunderts war die heutige Form noch nicht zu erkennen. 1833 wurde die Strohauser Plate zum ersten Mal besiedelt, danach folgte eine Erweiterung der Besiedlung auf bis zu sechs Domänen. Die Plate wurde eingedeicht, die Wurt wurde vergrößert und erhöht. Um 1877 betrug die Flächengröße 112 ha (FÜRST, o.A.), beginnend mit dem erstmaligen Weserausbau 1887 wurde die Plate durch Aufspülungen immer größer und hat einen deutlichen Flächenzuwachs erfahren, 1897 hatte sie schon eine

Flächengröße von 163 ha (DOMÄNENAMT OLDENBURG 1998). Seit 1984 ist die Strohauser Plate mit ihrem Feuchtgebiet von nationaler Bedeutung als Land- schaftsschutzgebiet sowie als europäisches Vogelschutzgebiet und seit 2006 als Naturschutzge- biet ausgewiesen. Auf der Plate sind viele selten gewordene Tier- und Pflanzenarten vorzufinden. Von der heutigen Fläche von 479 ha bestehen 236 ha aus Deichen und landwirtschaftlich extensiv genutztem Grünland, 213 ha aus Röhricht und auf 21 ha befinden sich Gehöfte, Gärten, Straßen und Wege. Heute wird die Plate nur noch durch zwei Domänen-Pächter bewirtschaftet (Stand März 1998, DOMÄNENAMT OLDENBURG 1998). Fast die Hälfte (45%) der Plate ist mit Fluss- und Teichröhricht, Pappeln (Populus spp.), Weiden (Salix spp.) und Holunder (Sambucus spp.) bestanden. Mähwiesen mit Arten der Röhrichte und Großseggen-Rieder sind an den uneingedeichten Flächen vorhanden. Weidelgras (Lolium spp.), Breit-Wegerich (Plantago major) sowie Gänse-Fingerkraut (Potentilla anserina) sind in eingedeich- ten Bereichen zu finden. Die Schilfgürtel befinden sind am Rugsand, Strohauser Sand, Rodenkir- cher Sand und Dümmerland (FÜRST o.A.). Die Urweser transportiert heute ca. 600 Zentner Feststoffe pro Stunde (6 m³ Boden), in 8.000 Jahren also ungefähr 80.000.000 m³ Schlamm. Diese Massen werden durch den Einfluss der Gezeiten aus dem Mündungstrichter an der ganzen Küste verteilt, so dass sich eine etwa 100 km breite Küste mit einer Verlandungstiefe von 20 km bildet (MEINERS o.A.). Auch heute muss aus der Weser immer wieder Sediment entnommen werden, damit der Fluss die immer größer werdenden Seeschiffe befahrbar bleibt. Aktuell soll die Weser wieder vertieft werden. Die Fahrrinne an der Außenweser soll von der jetzigen Tiefe von 12,80 m so ausgebaut werden, dass Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,50 m Bremerhaven unabhängig von Ebbe und Flut erreichen können (NWZ 15.07.2008). Ähnliches gilt für die Unterweser, hier soll der Fluss so vertieft werden, dass

14 Schiffe mit einem Tiefgang von 12,80 m bis zum Hafen von Brake und Schiffe mit einem Tiefgang von 11,10 m bis nach Bremen fahren können (NWZ 15.07.2008). Durch die Vertiefung wird sich die Brackwasserzone weiter flussaufwärts verschieben und somit die Zuwässerung am Beckumersiel gefährden (vgl. Kap. 5.7.1). Die Bevölkerung sorgt sich auch um den Küstenschutz, die Deichsicherheit und um die Zunahme der Verschlickung. Laut WSA BREMEN & WSA

BREMERHAVEN (2006 [a, b]) gehen durch die Vertiefung Flachwasserbereiche verloren. In der Unterweser werden sich zusätzlich die Ufer- und Sohlstrukturen verändern, dadurch nehmen die Wattflächen zu und auch die Überflutungsdauer wird sich verändern. Die täglichen Wasserstandsschwankungen zwischen Ebbe und Flut werden sich durch die größere Tiefe verstärken. Dadurch verringert sich der Anteil an ständig wasserbedeckten Flächen (WSA BREMEN & WSA BREMERHAVEN 2006 [b]). Welche Folgen eine Vertiefung haben kann, zeigt ein Exkurs zur tidebeeinflussten Elbe aus „Betrifft: NATUR“ (NABU SH 2008): Die Tideelbe steht nicht mehr im Gleichgewicht von Ebbe und Flut, durch die Einschnürung und die Vertiefung wird die Flut mit starker Strömung flussaufwärts gepresst. Somit können die Wassermassen große Kräfte entwickeln. Die Flutwelle kann bis zu 40 kg schwere Schlackebrocken der Uferbefestigung mit sich reißen. Die Elbe erlitt nach der Vertiefung 1999 eine Veränderung der Lebensräume. Die Uferbereiche werden an Stellen mit großer Strömung abgetragen, wo die Strömung geringer ist werden sie von mitgeschwemmten Schlick abgedeckt, was vorhandene Lebensräume vernichtet. Auch werden die anliegenden Wattflächen von durch die Strömung mitgerissenem Bodenmaterial überdeckt und versanden, die spezialisierte Bodenfauna stirbt ab, der Lebensraum verarmt und somit verschwinden auch die Watvögel, die nun keine Nahrung mehr finden. An diesem Beispiel werden die konkurrierenden Ansprüche von Naturschutz und Industrie klar. Die Industrie braucht die Vertiefung für die Schiffbarkeit der Elbe, jedoch verliert die Natur wertvolle Lebensräume für schützenswerte Vögel und Pflanzenbestände wie die Röhrichte. An der Weser sind heute noch naturgeprägte Uferbereiche teilweise wie in einer Urstromlandschaft vorhanden (LK WESERMARSCH 1992). Trockenstandorte sind nur auf den Wesersänden mit Sandmagerrasen (z.B. auf dem Warflether Sand) zu finden. Sie sind kleinflächig und nur zum Teil natürlichen Ursprungs, da sie überwiegend künstlich angelegt wurden. Auf der Juliusplate ist eine Schachbrettblumenwiese vorzufinden. Die Schachblume (Fritillaria meleagris) und andere seltene Arten sind auf den regelmäßig überschwemmten und daher als Mähland genutzten Flächen im

Vordeichland der Weser vorzufinden (LK WESERMARSCH 1992). An der Weser und Hunte bilden vegetationsloses Flusswatt und Tideröhricht seltene und gefährdete Lebensräume. Die potenziell- natürliche Vegetation wären Auwälder mit Eschen (Fraxinus spp.), Ulmen (Ulmus spp.), Eichen (Qercus spp.), Weiden (Salix spp.) und teilweise Erlen (Alnus spp.), in Brack- und Flussmarschen

15 wären es Röhrichte und Weiden-Weichholzauen und weiter landeinwärts auch Hartholzauen mit Eschen, Ulmen und Eichen (DIERßEN 1997). Die Röhrichtflächen bieten einen besonderen Lebensraum für Wirbellose, Ringelnattern (Natrix natrix), Amphibien und Vögel. Altröhricht, gleichmäßig gewachsenes sowie lückiges Schilf mit einzelnen Wasserflächen sind Abb. 10: Weserufer bei Golzwarden noch erhalten und bilden beispielsweise mit den Übergangsbereichen zu Staudensäumen und Feuchtgebüsch einen Lebensraum für das

Blaukehlchen (Luscinia svecica) (LK WESERMARSCH 1992). Die außendeichs gelegenen Reithflächen sind ein wichtiger Lebensraum für Schilfbrüter wie die Rohrdommel (Botaurus stellaris). Für den Artenschutz sollen die noch vorhandenen natürlichen Überschwemmungsbereiche erhalten und durch die Rücknahme von Deichen erweitert werden. Eine weitere Maßnahme besteht darin, dass Ackernutzung und Grünlandumbruch in Außendeichsgebieten verboten werden sollten (LK WESERMARSCH 1992). Hinzu kommt, dass vorrangig schutzbedürftige Bereiche ohne Nutzung wie die südlichen Moorbereiche, das Weseraußendeichsgelände und Nationalparkflächen geschützt werden.

5.1.2. Gestaltungsidee Für die einheimische Bevölkerung und für Touristen ist es schwierig sich vorzustellen, dass die alte Weser (Urweser) als ein dynamischer Fluss und nicht als eine Grenzlinie zwischen dem Landkreis Wesermarsch und den Landkreisen Osterholz und Cuxhaven sowie der Stadt Bremen gesehen wird. Es ist kaum vorstellbar, dass die Urweser einmal mitten durch die Wesermarsch floss. Um dieses Geschehen zu verdeutlichen, soll ein Rad- und Wanderweg den alten Flussverlauf inszenieren. Dies soll nicht heißen, dass neue Wege geschaffen werden müssen. Für die Einrichtung dieses „Blauen Weser-Bandes“ sollen vorhandene Rad- und Wanderwege genutzt werden und nur bei Bedarf Verbindungen zwischen einzelnen Strecken geschaffen werden, um eine Durchgängigkeit des neuen Weges zu erreichen. Dies kann nur an Stellen geschehen, an denen keine wichtigen Lebensräume störungsempfindlicher Arten durchschnitten werden würden. Außerdem soll der Weg eine eigene Kennzeichnung bekommen. Zusätzlich soll ein Informationspunkt zum Thema „Urstromlandschaft Weser“ mit Geschichte, Entwicklung, und Lebensräumen am tidebeeinflussten Flusslauf und einem Ausblick in die Zukunft geschaffen werden. Am Verlauf des Weges „Blaues Weser-Band“ soll an geeigneter Stelle eine alte Kogge aus Holz nachgebaut werden (s. Abb. 12). Diese soll Touristen wie Einheimische auf

16 den Verlauf der Urweser aufmerksam machen, indem sie die Verwunderung: „Was macht ein Schiff mitten im Binnenland?“ hervorruft und damit Interesse weckt, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Daher sollte sie an einem Platz am inszenierten „Blauen Weser-Band“ aufgebaut werden, an dem sie zwar an einem Radweg liegt, aber auch von vorbei führenden Hauptverkehrsstraßen aus gut sichtbar ist. Hier Abb. 11: Gestaltungsvorschlag: eignet sich ein Standort in der Nähe von Schwei, da hier auch Informations-Kogge die Bundesstraße 437 entlang führt. Zudem kann eine kleine Parkmöglichkeit eingerichtet werden, so dass die „Informations-Kogge“ für alle Interessenten zugänglich ist. An der Kogge wird dem Besucher vermittelt, was dieses Schiff auf dem Trockenen zu suchen hat. Hierzu können direkt am Schiff informative Tafeln platziert werden, die erklären warum es an genau dieser Stelle aufgestellt wurde. Der Lesende erfährt des Weiteren Wissenswertes über die „Urstromlandschaft Weser“ und wird auf weitere verwandte Themen wie zum Beispiel die Strohauser Plate, Juliusplate und den Harrier Sand verwiesen. So soll versucht werden das Thema greifbarer zu machen. Die Informationstafeln können mit Hilfe von Karten zu den Themen „Alter Weserverlauf“ – zum Beispiel eine Karte vom Herzogtum Oldenburg Anfang des 19. Jahrhunderts (Abb. 13, NStAO) – und zum Thema „Entstehung der Platen“ – zum Beispiel zwei Karten von der

Entwicklung des Harriersandes (Abb. 14-15, SCHMIDT & ROLOFF 2006, S.26 - 27) – gestaltet werden. Auch kann auf die Strohauser Plate verwiesen werden, die im Rahmen von Führungen besucht werden kann, sowie auf den Harrier Sand und die Juliusplate. Die Platen sollen das Tidegeschehen verdeutlichen, da sie ohne den Einfluss der Gezeiten nicht entstanden wären. Außerdem können an ihrer weiteren Entwicklung die Folgen der Weservertiefung deutlich gemacht werden. Auch können seltene Tier- und Pflanzenarten mit dem engen Verbreitungsgebiet der an der Weser liegenden Lebensräume aufgezeigt werden, wie zum Beispiel das Blaukehlchen, für das die Altröhrichte mit dem Übergangsbereich zu den Feuchtgebüschen einen wichtigen Lebensraum bilden. So kann den Besuchern verdeutlicht werden, wieso solch seltene Lebensräume, die durch Salz- und Süßwasser sowie durch die Tide beeinflusst sind, schützenswert sind. Da die Huntebrücke nach dem Bau einer neuen Brücke (Baubeginn voraussichtlich dieses Jahr) abgebaut wird und noch nicht über den Verbleib entschieden wurde (mündl. Mitt. Herr Zielesny, Nds. Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, Oldenburg, 14.01.09), könnte dieses historische Bauwerk anstelle der „Informations-Kogge“ als Alternative dort wieder aufgebaut werden. Der Effekt „Große Brücke und kein Fluss?“, der dadurch entsteht, entspricht dem der Kogge.

17 Urstromlandschaft Weser

Die Dynamik der Weser ist durch den Tideeinfluss bedingt. Nur durch den Gezeitenwechsel entstanden auch die Platen, die sich im Laufe der Zeit immer wieder veränderten. Erst durch die Weserkorrektion ab 1887 ist der heutige Verlauf der Weser hergestellt worden. Heute muss die Weser dem Tiefgang der immer größer werdenden Schiffe angepasst und daher vertieft werden.

Entwicklung der Urstromlandschaft - Weserverlauf vor 6.000 Jahren (Karte, altes Flussbett) - Veränderung des Mündungstrichters (Karten)

Entstehung und Entwicklung der Platen - Beispiel Strohauser Plate - Besiedlung und landwirtschaftliche Nutzung der Platen - Nutzung von Rohstoffen, z.B. Sandabbau von den Wesersänden abgebaut, um ihn dann im Sielhafen am Festland zu verkaufen

Lebensräume - Trockenstandorte - Schachbrettblumenwiese auf der Juliusplate - Seltene Flora und Fauna vorstellen

Blick auf die Zukunft - Begradigung, Schiffbarkeit, Vertiefung mit den Auswirkungen - Bedrohung der seltenen Lebensräume am tidebeeinflussten Fließgewässer - Exkurs zur Tideelbe - Konkurrierende Ansprüche Naturschutz – Industrie

Bedeutung für den Naturhaushalt - Schutzbedürftige Bereiche an der Weser: - Röhrichte und Großseggen-Rieder: besonderer Lebensraum für Amphibien, Wirbellose, Ringelnattern, Vögel - Reithflächen als wichtiger Lebensraum für Schilfbrüter - Schachbrettblumenwiese auf der Juliusplate - Vegetationsloses Flusswatt - Moorbereiche - Dynamik schafft vielseitige Lebensräume

18 Abb. 12: Verlauf der Urweser (verändert nach HABEDANK 1970)

19 Abb. 13: Karte vom Herzogtum Oldenburg 1803 (Mentz, NStAO)

Abb. 14: Erste Phase der Begradigung der Abb. 15: Die Inseln wachsen zusammen, 1893 Weser durch Buhnen und Leitdämme, 1887 (aus: SCHMIDT & ROLOFF 2006) (aus SCHMIDT & ROLOFF2006)

20 5.2. Grünland-Graben-System 5.2.1. Hintergrundinformationen In der Wesermarsch werden 97% der landwirtschaftlichen Nutzfläche als Grünland genutzt (www.eurobirdwatching.com). Ein Grund hierfür sind auch die Bodenverhältnisse, die eine Ackernutzung erschweren. Feuchte bis nasse Grünlandausbildungen finden sich zwar in Niedermoorbereichen und in tief gelegenen Moor- und Marschgebieten, großflächige feuchte bis nasse Bereiche sind heute aber selten, so dass auch die typischen Pflanzengesellschaften nur noch selten und in kleinen Beständen vorkommen (LK WESERMARSCH 1992). Durch verbesserte

Möglichkeiten zur Bodenbearbeitung lässt sich allerdings der von FREY & LÖSCH (2004) beschriebene bundesweite Trend des Rückganges des Anteils von Wirtschaftsgrünland auch für die Wesermarsch bestätigen. In der nördlichen Wesermarsch waren die heutigen Grünlandbereiche vor der Eindeichung des Gebietes dem täglichen Einfluss von Ebbe und Flut ausgesetzt. In der Folge kam es zu einer Aufschlickung der Sedimente, so dass sich das neu entstehende Land über das Niveau des Meeresspiegels anhob und nur noch bei hoch auflaufenden Fluten überschwemmt wurde (MEINERS o.A.). Durch die Ansiedlung von Pflanzen auf den so entstandenen höher gelegenen

Flächen entwickeln sich Salzwiesen. Nach v. DRACHENFELS (2004) sind typische Arten der unteren Salzwiese Queller (Salicornia europaea spp.), Salz-Schuppenmiere (Spergularia salina) und Strand-Sode (Suaeda maritima), während auf der oberen, d.h. höher gelegenen und damit bereits seltener überfluteten Salzwiese Strand-Grasnelke (Armeria maritima), Dänisches Löffelkraut (Cochlearia danica), Strand-Milchkraut (Glaux maritima) und Bodden-Binse (Juncus gerardii) typisch sind. Durch die durch den Pflanzenaufwuchs beschleunigte Sedimentakkumulation wird der Standort wegen einer geringeren Überschwemmungshäufigkeit trockener und süßt aus, so dass sich eine Kalkmarsch bildet, auf der die salztoleranten Arten von konkurrenzfähigeren Arten des Wirtschaftsgrünlands verdrängt werden (DIERßEN 1997). So lange diese Gebiete noch nicht eingedeicht sind stehen sie trotzdem noch unter einem gewissen Salzeinfluss. Laut v. DRACHENFELS (2004) kommen auf solchen Flächen u.a. Sardischer Hahnenfuß (Ranunculus sardous), Sumpf-Dreizack (Triglochin palustre) und Erdbeer-Klee

(Trifolium fragiferum) als Kennarten vor. Auf so hoch gelegenen Flächen (nach DIERßEN 1997: 30-50 cm über mittlerem Tidehochwasser) konnten die frühen Küstenbewohner bereits Sommergetreide anbauen, da Überschwemmungen mit Salzwasser fast ausschließlich im Winter stattfanden. Um allerdings neben der Zweizeiligen Gerste (Hordeum vulgare f. distichon) – eine Art, die durch eine sehr geringe Wurzeltiefe mit großen Salzgehalten im Untergrund zurechtkommt – auch anspruchsvollere Süßwasserpflanzen anbauen zu können, war ein langfristiger Schutz vor

21 Überflutungen durch Deiche notwendig (MEINERS o.A.). Die weitere Entwicklung der eingedeichten Gebiete wird von MEINERS (o.A.) wie folgt beschrieben: Durch den Regen wurde das Salz aus dem Boden gespült, so dass sich die Standortbedingungen für ertragsreiche Grasarten zunächst wesentlich verbesserten. Nachdem das Salz ausgewaschen war, wurden die höherwertigen Ionen ebenfalls ausgewaschen, in diesem Fall zuerst Kalk und anschließend Eisen- und Aluminiumsalze, da durch die ausbleibenden Überschwemmungen kein neuer Kalk in den Boden gelangte. Die Eisen- und Aluminiumsalze sammelten sich in der Nähe des Grundwassers und bildeten dort etwa 100 Jahre nach der Eindeichung des Gebietes zusammen mit den Tonschichten den so genannten „Knick“. Dabei handelt es sich um eine fettige, bläuliche und undurchlässige Schicht, die bewirkt, dass sich das Sickerwasser darüber staut und somit der Boden vernässt. Dadurch können anspruchsvolle Pflanzen auf diesen Standorten nicht mehr wachsen, so dass ausschließlich eine Nutzung als Grünland möglich ist. Außerdem findet wegen der ausbleibenden Überflutung keine Düngung mit Phosphaten mehr statt. Die Böden müssen also zusätzlich gedüngt werden, um weiterhin genügend Ertrag zu liefern. DIERßEN (1997) beschreibt die heutigen Lebensgemeinschaften der Marschen als „ganz überwiegend nutzungsgeprägt“ (DIERßEN 1997, S. 18). Die die Ackerflächen und das Grünland kennzeichnenden Arten wie Acker-Fuchsschwanz (Alopecurus myosuroides) und Sardischer Hahnenfuß sind Kulturfolger, die auf intensiv genutzten Flächen in verschiedenen Naturräumen auftreten können Abb. 16: Grünland mit Graben (DIERßEN 1997). Dennoch stellen die großen Marschengebiete der nördlichen Wesermarsch einen wichtigen Lebensraum dar – zum Beispiel für Vögel. So wurde die 2.700 ha große Stollhammer Wisch durch die Beteiligung der ortsansässigen Landwirte über Vertragsnaturschutz wieder zu einem wichtigen Wiesenvogellebensraum, v.a. für den Rotschenkel (Tringa totanus), den Kiebitz (Vanellus vanellus), die Uferschnepfe (Limosa limosa) sowie die Bekassine (Gallinago gallinago) (PROJEKT STOLLHAMMER WISCH o.A.). Diese Entwicklung ist vor allem vor dem Hintergrund wichtig, dass die Populationen von Uferschnepfe, Bekassine und Kiebitz bundesweit stark zurückgehen (SUDFELDT et al. 2008). In der südlichen Wesermarsch hingegen ist die Entwicklung des Grünlands gänzlich anders verlaufen. Beispielhaft sei hier die Entwicklung der Brookseite zwischen Berne und Lemwerder dargestellt. Die Brookseite war vor ihrer Besiedlung und Kultivierung ein aufgewachsenes Hochmoor, welches mit Bruchwäldern bestanden war (KRÄMER & HOFFER 1991). Durch die

22 Nutzbarmachung des Moorkörpers und damit durch die Entwässerung entstand südlich der Ollen ein Niederungsgebiet, von dem bei hohen Oberwasserständen nur noch einzelne höher gelegene Bereiche wie Inseln aus der Wasserfläche heraus ragten. KRÄMER & HOFFER (1991) beschreiben, dass das Gebiet bis unter das Niveau des Uferwalls absackte und somit eine Entwässerung nur schwer möglich war. Zusammen mit häufigen Überflutungen war dies eine Ursache dafür, dass das Gebiet erneut versumpfte. Erst durch die Anlage der Neuen Ollen als Entwässerungsgraben und den Einsatz vieler Entwässerungsmühlen ab dem 17. Jahrhundert wurde das Gebiet wieder nutzbar. Heute wird das gesamte Gebiet als Grünland genutzt. Das es sich dabei um Grünland auf Niedermoorböden handelt ist an den vielen vorkommenden Seggen zu erkennen. Im Landschaftsrahmenplan werden Entwicklungsziele für das Grünland der Wesermarsch formuliert. So sollen zum einen große zusammenhängende Areale geschaffen und die Standortvielfalt erhalten werden. Außerdem ist es wichtig ein Nutzungsmosaik und zumindest im Frühjahr hohe Wasserstände zu erreichen, um das Grünland als wichtigen Lebensraum für

Amphibien, Heuschrecken und Wiesenvögel zu erhalten (LK WESERMARSCH 1992). In Niedermoorbereichen wie der Brookseite können die ökologischen Entwicklungspotenziale der Böden durch Abschieben der Grasnarbe oder Anlage von Blänken gut genutzt werden (LK WESERMARSCH 1992). Diese werten auch den Lebensraum von Amphibien und Wiesenvögeln deutlich auf, die auf Wasserflächen als Laich- und Aufzuchtgewässer bzw. als Nahrungshabitat angewiesen sind. In diesem Sinne haben auch die ursprünglich zur Entwässerung der Flächen angelegten Gräben eine große Bedeutung für den Lebensraum Grünland. Zusätzlich stellen die Gräben jedoch auch einen eigenständigen Lebensraum dar. 25% der Wasser- und Sumpfpflanzen Mitteleuropas sind gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht (FREY & LÖSCH 2004). Laut DIERßEN (1997) kommen die Arten der Marschengräben wie Schwanenblume (Butomus umbellatus) oder Froschbiß (Hydrocharis morsus-ranae) allerdings allgemein in nährstoffreichen, überdüngten Stehgewässern vor. Ihnen wird damit keine besondere Bedeutung zugemessen. Doch das Arteninventar der Gräben im Kreisgebiet ist sehr unterschiedlich. Herrschen in Butjadingen artenarme Schilfgräben mit Dominanzbeständen von Schilfrohr vor, so werden die Gräben nach Süden deutlich artenreicher (LK WESERMARSCH 1992). Im Grünland der Brookseite ist ein „nahezu vollständiges Inventar einzelner Grabentypen“ (GEMEINSAME LANDESPLANUNG BREMEN/NIEDERSACHSEN 1993, S. 212) vorhanden. Hier kommen neben der Krebsschere (Stratiotes aloides) auch weitere gefährdete Pflanzenarten wie Schwanenblume, Wasserfeder (Hottonia palustris) und Gelbe Teichrose (Nuphar lutea) vor. Die Bestände der nach Bundesartenschutzverordnung besonders geschützten Krebsschere in der Stedinger Marsch werden als die individuenreichsten Populationen Niedersachsens beschrieben

23 (LK WESERMARSCH 1992). Diese Gräben bilden damit einen wertvollen Lebensraum für die vom Aussterben bedrohte Grüne Mosaikjungfer (Aeshna viridis). Insgesamt wurden bei einer Kartierung im Sommer 2001 an den Gräben im südlichen Landkreis weitere 16 Libellenarten festgestellt (BÜTTGER & FINCH 2003). Doch die Gräben – vor allem in Butjadingen – lassen auch Rückschlüsse auf die Besiedlung des Landes zu. Erst mit dem Bau überregionaler Deiche und damit der Möglichkeit der dauerhaften Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen wurden auch dauerhaft festgelegte Parzellengrenzen nötig. Zur einfacheren Bewirtschaftung der Flächen wurden sie geradlinig angelegt. In Bereichen die unregelmäßige Grabensysteme aufweisen (z.B. zwischen Süllwarden, Ruhwarden und Langwarden) wurde das Land bereits bewirtschaftet, bevor es durch Deiche vor Überflutungen geschützt wurde. Die Gräben folgen hier größtenteils dem Verlauf ehemaliger Priele und Flethe (HABEDANK 1970). Das Grabensystem der Wesermarsch wird im Wesentlichen durch die Be- und Entwässerung durch Siele und Schöpfwerke beeinflusst (vgl. Kap. 5.5.1). Damit sind sie nicht mehr direkt tideabhängig, obwohl Wasserstandsschwankungen über die Sielbauwerke in abgeschwächter Form indirekt immer noch häufig an die Gräben weitergereicht werden. So wird sich auch eine weitere Vertiefung der Weser auf die Gräben und ihre Lebensgemeinschaften auswirken. Zwar gehen WSA BREMEN & WSA BREMERHAVEN (2007) davon aus, dass eine Verschlechterung der Marschengewässer nur „tendenziell“ zu erwarten ist, da die Auswirkungen der sich weiter flussaufwärts verschiebenden Brackwasserzone auf das Binnenland vom Sielbetrieb beeinflusst und kontrolliert werden können. Allerdings lässt sich eine Zuwässerung von salzhaltigerem Wasser während längerer trockener Phasen im Sommer, also gerade zu den Zeiten, in denen sich die Brackwasserzone durch geringeren Oberwasserabfluss besonders weit flussaufwärts befindet, wohl nicht verhindern, was eine Versalzung der Lebensräume in den Gräben zur Folge hätte (mündl. Mitt. Cornelius, II. Oldenburgischer Deichband, 12.12.2008).

Im Landschaftsrahmenplan (LK WESERMARSCH 1992) wird als Entwicklungsziel für die Gräben die Entwicklung zu einem Verbindungsnetz für von Feuchtigkeit abhängige Arten sowie als Ersatzlebensraum für Tier- und Pflanzenarten, die an den Lebensraumtyp Gewässer gebunden sind, genannt. Dazu ist eine weitere Unterhaltung und Nutzung der Gewässer unbedingt notwendig, da sich sonst Hochstaudenfluren entwickeln und die Gräben schließlich verlanden würden.

24 5.2.2. Gestaltungsidee – Grünland-Graben-System Butjadingen Der Themenkomplex Grünland-Graben-System soll an einer eigenen Informations-Station verdeutlicht werden, da weite Teile des Landkreises durch große von Gräben durchschnittene Grünlandbereiche geprägt sind und diese ohne den Einfluss der Gezeiten in ihrer heutigen Form nicht hätten entstehen können. Um sehen zu können, wie dicht das Grabennetz ist und auch die unterschiedlichen Formen und damit Stufen des Entwässerungssystems, dessen Teil die Gräben sind, erkennen zu können, muss ein erhöhter Standpunkt geschaffen werden. Da der Bau großer und insbesondere hoher Gebäude in der Marsch auf Grund der weiträumigen Sichtbeziehungen im Hinblick auf das Landschafts- bild problematisch ist, sollte eine nicht allzu sehr durch Einzigartigkeit auffallende Form gewählt werden. Zwar fallen Windkraftanlagen in der ebenen Landschaft genau wie alle anderen hohen Bauwerke stark auf, sie werden von den meisten Menschen aber mit der Küstenregion in Verbindung gebracht. Eine Möglichkeit einen Aussichtsturm zu schaffen wäre also zum Beispiel die Umnutzung eines alten, nicht mehr genutzten Windrades (s. Abb. 17). Auf einer anzulegenden Aussichtsplattform

Abb. 17: Gestaltungsvor- kann zum Beispiel eine Karte der Umgebung mit allen Gräben und schlag: Aussichtsplattform Sieltiefen angebracht werden, die einerseits der Orientierung dient, auf einem Windrad andererseits aber auch noch einmal die unterschiedliche Struktur des Grabensystems deutlich macht. An dieser Stelle kann damit auch die Entwicklung der ehemals natürlichen Priele zum heutigen meist gradlinigen Grabensystem dargestellt werden. Auf einem gepflasterten Platz rund um das Windrad (s. Abb. 18) sollten weitere Informationen zum Thema angeboten werden. Zum Beispiel kann die Entwicklung Abb. 18: Gestaltungsvorschlag: Platz um des Grünlands von der Salzwiese bis zum Wirtschafts- das Windrad grünland mit Hilfe von aufeinander folgenden Abbildungen von für die einzelnen Entwicklungs- stadien typischen Pflanzenarten dargestellt werden. Die Abbildungen 19 und 20 zeigen zwei Beispiele für solche Tafeln, die als Platten in die Pflasterung des Platzes eingearbeitet werden können. Weitere Informationen, zum Beispiel zur Bodenentwicklung oder dem Lebensraum- komplex Graben und Grünland, können auf Schautafeln rund um das Windrad angebracht werden, so dass keine weiteren Schilder in der Landschaft stehen.

25 Abb. 19: Beispiel für eine Bodenplatte zum Thema 'Typische Pflanzen der oberen Salzwiese' (Abbildungen der Pflanzen nach FITTER et al. 2007 & AICHELE & GOLTHE- BECHTE 2005)

Abb. 20: Beispiel für eine Bodenplatte zum Thema 'Typische Pflanzen des Intensivgrünlands der Marschen' (Abbildungen der Pflanzen nach FITTER et al. 2007 & AICHELE & GOLTHE-BECHTE 2005)

26 Auf Grund des ähnlichen aber wegen der unterschiedlichen Entstehungsgeschichte doch anderen Thematik soll an diesem Punkt ein Verweis auf den Informationspunkt an der Hörspe (vgl. Kap. 5.2.3) erfolgen. Die Entwicklung von Salzwiesen wird im Detail auf dem Salzwiesenlehrpfad in Sehestedt dargestellt, so dass auch ein Verweis auf diesen Lehrpfad gegeben werden sollte.

Grünland-Graben-System Butjadingen

Ohne die tägliche Aufschlickung durch den Tidehub hätte kein so fruchtbares Land aus dem Meer wachsen können, wie es die Marschen darstellen. Außerdem werden Ebbe und Flut – in abgeschwächter Form – noch heute über die Siele an die Gräben weitergegeben. Für viele der Tier- und Pflanzenarten, die heute in den Ökosystemen leben sind diese Reste der natürlichen Wasserstandsschwankungen überlebenswichtig.

Entwicklung des Grünlands - von der Salzwiese zum Wirtschaftsgrünland - Entstehung und Bedeutung von Gräben für das Grünland - Bodenentwicklung mit Knickmarschbildung

Von der Natur- zur Kulturlandschaft - komplette Veränderung durch Eindeichung - Salzwiesen-Natur wird durch bewirtschaftete Kulturlandschaft ersetzt - diese Kulturlandschaft wird heute oft bereits als schützenswerte „Natur“ angesehen

Grünland & Gräben als Lebensraum - bedeutende Wiesenvogellebensräume - Gräben als Rückzugsgebiet für feuchteabhängige Arten des Grünlands - Unterhaltung des Grabensystems notwendig

Bedeutung für den Naturhaushalt - bundesweite Bestandstrends der Wiesenvögel - Notwendigkeit zumindest zeitweise hoher Wasserstände - Klärfunktion der Gräben - Auswirkungen der Weservertiefung

5.2.3. Gestaltungsidee – Grünlandbereich Stedingen In der Nähe der Stadt Hörspe wurde am gleichnamigen Fluss eine Kiekpadd-Station mit einer Info- Tafel und einem Picknick-Platz eingerichtet. Auf der Informationstafel wird auf die Wiesenlandschaft mit ihren Gräben und der seltenen Fauna und Flora wie zum Beispiel die Krebsschere hingewiesen (TGW WESERMARSCH 2005). Die

27 Krebsschere ist eine gesetzlich geschützte Pflanze, die an seichten und stehenden Gewässern wächst, in Deutschland jedoch nur selten vorkommt (FITTER et al.2007). Von dem Standpunkt der Kiekpadd-Station können im Sommer der von Hochstauden gesäumte Fluss und die alten Einzelbäume sowie die umliegende Landschaft betrachtet werden. Um den Besuchern des Picknick-Platzes ein Eintauchen in die Pflanzenwelt zu ermöglichen wird von ihm aus eine Brücke über die Hörspe geführt. Am Ende der Brücke gelangt der Besucher über eine Treppe in einen Bereich, der unterhalb der Geländeoberkante liegt. Hier soll ein Rondell aus Holzbohlen angelegt werden (s. Abb. 21). Durch diesen vertieften Standpunkt erhalten die Besucher eine neue Perspektive der Landschaft, da sie nur knapp über die Pflanzen hinweg sehen können. Zudem können die Pflanzen, wie auch in Kapitel 5.2.1 dargestellt, an diesem Standpunkt den Abb. 21: Gestaltungsvorschlag: Weg ins Besuchern dargestellt und erläutert werden. Grünland

Grünlandbereich Stedingen

Durch den Einfluss von Ebbe und Flut entstand ein Uferwall auch im südlichen Landkreis der Wesermarsch. Dadurch wurde ein Abfließen des Wassers verhindert und ein Hochmoor konnte sich entwickeln. Erst durch die Entwässerung wurde der Moorkörper nutzbar gemacht. Heute wird das gesamte Gebiet als Grünland genutzt.

Entwicklung des Grünlands - Entwicklungsgeschichte der Brookseite - vor dem menschlichen Eingriff: Hochmoorkörper - Entwässerung durch Gräben und Mühlen - heute Grünlandnutzung im Bereich der Brookseite auf Moorböden

Lebensräume - Gräben artenreicher als im Norden (z.B. in Butjadingen) - Lebensraum vieler gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Wasser- und Sumpfpflanzen wie Krebsschere, Schwanenblume, Wasserfeder und Gelbe Teichrose - Krebsscheren bilden wervollen Lebensraum für die Grüne Mosaikjungfer

Bedeutung für den Naturhaushalt - Entwicklungsziele sind die Sicherung der Lebensräume für Amphibien, Heuschrecken und Wiesenvögel durch Erhaltung von Standortvielfalt und Realisierung hoher Wasserstände sowie die Nutzung des ökologischen Entwicklungspotenzials - Gefährdungen bestehen durch Eutrophierung der Gräben und Intensivierung der Landwirtschaft mit weiterer Abtrocknung und Überdüngung der Flächen

28 5.3. Alte Deichlinien Butjadingen / Stadland 5.3.1. Hintergrundinformationen Die ersten Deiche der Wesermarsch wurden im 11. Jahrhundert von christlichen Missionaren angelegt, um die Ernte auf den Feldern vor Sommerüberflutungen zu schützen (MEINERS o.A.). Nachdem sich der Schutz als ertragssteigernd herausgestellt hatte, entstand das Bedürfnis nach einem dauerhaften Sturmflutschutz. So wurden zunächst Ringdeiche um einzelne Siedlungsbereiche und die dazugehörigen Nutzflächen und später überregionale Deiche zum Schutz ganzer Landstriche auch vor Wintersturmfluten gebaut (EY 2005). Die Bevölkerung vertraute dem Deich ihr gesamtes Hab und Gut an indem sie ihre Häuser nicht mehr auf Wurten bauten. Wenn nun ein Deich bei einer Sturmflut brach, standen solche ebenerdig gebauten Häuser oft bis zum Dachfirst unter Wasser (MEINERS o.A.). Dadurch begab sich die Bevölkerung der Küste immer mehr in eine Abhängigkeit von den Deichen. So entwickelten die Friesen im 13. / 14. Jahrhundert ihr noch heute bekanntes Deichrecht, in dem jeder Bewohner zur Unterhaltung seines Deichabschnitts verpflichtet wurde (MADER & CHRISTOPHERS 1984). Aus dieser Zeit stammt auch der Satz „Wer nicht will deichen, muss weichen“. Doch die Eindeichung großer ehemals tideabhängiger Marschen bedeutete einen großen Eingriff in den Naturhaushalt. Alle vorhandenen Ökosysteme veränderten sich, nachdem das gesamte Gebiet trockener wurde und langsam auch das Salz aus dem Boden gewaschen wurde. Aus der ehemaligen Naturlandschaft der Nordseeküste wurde so eine reine Kulturlandschaft (ALLEMEYER 2007). Auch für die Bevölkerung hatte die Eindeichung nicht nur Vorteile. Es entstanden dadurch auch neue Probleme, die gelöst werden mussten. So sammelte sich jetzt das Regenwasser auf den eingedeichten Flächen, weil es nicht mehr ungehindert ins Meer abfließen konnte (vgl. Kap. 5.5.1). Außerdem kam es durch die fehlenden Überschwemmungen und damit Kalkdüngungen auf den landwirtschaftlichen Flächen zur Bildung von Knickmarschen (vgl. Kap. 5.2.1).

Die Deiche dienten in der Folgezeit immer auch als Verkehrswege (FÜRST 2002), so dass heute oft Straßen dem Verlauf der alten Deiche folgen oder sogar auf ihnen verlaufen. Oft wurden die alten Deiche abgetragen oder untergepflügt, so dass ihr Verlauf oft nur noch anhand von Ortsbezeichnungen zu erkennen ist. Ein Bestandteil des Schutzsystems durch Deiche sind sogenannte Flügeldeiche. Hierbei handelt es sich um Erdwälle, die beim Bau erster Sieltiefs parallel zu diesen aufgeworfen wurden und damit zum einen verhinderten, dass das Wasser aus den Sieltiefs wieder in die entwässerten Flächen drückte und andererseits bei Brüchen des Hauptdeiches dazu beitrugen, dass jeweils nur der Bereich zwischen zwei Flügeldeichen überflutet wurde (EY 2005). Besonders im südlichen Teil der Wesermarsch spielten Flügeldeiche bei der Kolonisation der Niedermoorbereiche wie zum

29 Beispiel der Brookseite eine große Rolle. Hier verhinderten sie, dass Wasser aus dem Moorkörper seitlich in die bereits kultivierten und damit entwässerten Bereiche eindringen konnte (KRÄMER & HOFFER 1991). Der heute bedeutsamere Teil des Schutzsystems sind die See- und Flussdeiche. Alleine nördlich der Hunte, im Gebiet des II. Oldenburgischen Deichbandes, gibt es eine Deichlinie von 142 km Länge (mündl. Mitt. Cornelius, 12.12.2008). Diese Deiche werden mit Schafen beweidet, die den Boden verdichten und durch das Abfressen der Gräser gleichzeitig die Grasnarbe dicht und damit widerstandsfähig halten. Bei der letzten schweren Sturmflut 1962 hielten die Deiche in der Wesermarsch, sie wurden aber zum Teil schwer beschädigt (MADER & CHRISTOPHERS 1984). Seitdem wurden die Deiche weiter erhöht und verstärkt, so dass sie jetzt Sturmfluten bis zu einer Höhe von sechs Metern über NN abwehren können (mündl. Mitt. Cornelius 12.12.2008). Mit dem weiteren Anstieg des Meeresspiegels müssen die Deiche auch in Zukunft immer weiter erhöht werden. Allerdings gibt es in der Wissenschaft Ansätze, die alternative Strategien entwickeln und diskutieren (vgl. Kap. 5.7.1). Doch schon die alten Friesen wussten, dass ein Deich immer nur so stark ist wie seine schwächste Stelle. Die liegt im Landkreis Wesermarsch bei Sehestedt. Auf Grund des moorigen Untergrundes sackt das Land und damit auch der Deich in 20 Jahren um 90 cm (mündl. Mitt. Cornelius 12.12.2008). Zudem ist der Deich an dieser Stelle durch seine Lage am Ostufer des Jadebusens den aus Westen auflaufenden Sturmfluten besonders stark ausgesetzt. An dieser Stelle muss also dringend eine Lösung gefunden werden, die allerdings nicht zwangsläufig auf eine Verteidigung des Landes mit allen Mitteln hinauslaufen muss. Denn wird ein Küstenabschnitt besonders stark geschützt, werden die angrenzenden Abschnitte umso stärker beansprucht, wie es am Beispiel des Hondsbossche Zeewering (Provinz Nordholland) zu sehen ist (DIERßEN 1997). Dieser Deich wird immer weiter verstärkt um die Küstenlinie halten zu können. Weil das auflaufende Wasser keine Angriffspunkte hat läuft es seitlich ab und greift die beidseitig an den Deich grenzenden Dünenketten um so stärker an. Weitere Schwachpunkte in Deichen sind laut MEINERS (o.A.) vor allem Sielhäfen, da die Priele im Vorland durch die Entwässerung tief ausgespült werden und somit die Wellen ohne abgebremst zu werden mit hoher Geschwindigkeit bis direkt vor den Deich auflaufen können. Vor allem in der Anfangszeit des Baus langer geschlossener Deichlinien als Winterdeiche kam es oft zu Deichbrüchen auf Grund mangelnder Erfahrung beim Deichbau oder Fehlern bei der Berechnung der benötigten Deichhöhe (MEINERS o.A.). Diese wurden dann gerne dem zerstörerischen Willen der Nordsee zugeschrieben, obwohl die Menschen auch ihren Teil zur Verletzlichkeit der Landschaft beigetragen hatten. So entstanden durch die Kultivierung der Moore und die sich anschließende Landsackung große tief gelegene Bereiche, die nach einem

30 Deichbruch sofort unter Wasser stünden. Außerdem wurde dem Deich durch Torfabbau direkt hinter der Deichlinie die Grundlage und damit auch die Stabilität genommen (BORGER 1997). KRÄMER 1991 geht außerdem davon aus, dass der auch für den Jadebusen nachgewiesene Salztorfabbau den Sturmfluten den Weg ins Landesinnere geebnet hat. So sind also die Landverluste an der Küste durch Sturmfluten als Ergebnisse langer Prozesse und vergeblicher Eindeichungsversuche zu sehen und keinesfalls als plötzliches Untergehen ganzer Landstriche innerhalb einer Sturmflutnacht (HABEDANK 1970).

HABEDANK (1970) beschreibt die Veränderungen durch Sturmfluten in der Wesermarsch wie folgt: Mit der Julianenflut 1164 began die Auswaschung des Jadebusens. In der gleichen Sturmflut entstand auch der erste Durchbruch zur Weser, die Ahne. Während der Clemensflut 1334 bildete sich nördlich der Ahne ein weiterer Fluss – die Heete –, der den Bau des

Abb. 22: Abser Deichschart mit Mitteldeiches (vermutlich um 1350) nötig machte. Sturmflutpegel Nachdem Stadland durch den Durchbruch des Lockfleths vom Jadebusen zur Weser ebenfalls zu einer eigenen Insel geworden war, wurde der westliche Teil des Stadländer Landdeiches gebaut. In den folgenden Jahrhunderten, vor allem im 16. Jh., wurde das Lockfleth durch neue Eindeichungen immer weiter zurückgedrängt und schließlich mit dem Bau des Hobendeiches 1643 endgültig geschlossen. Während der Clemensflut 1334 entstand jedoch nicht nur die Heete. Besonders im Gebiet des südlichen Jadebusens hatte die Sturmflut verheerende Auswirkungen. Dort entstand die so genannte Friesische Balje, deren Fluten in der maximalen Ausdehnung bis an den Salzendeich nördlich von Großenmeer reichten

(WOEBKEN 1924). Nachdem 1989 bei Diekmannshausen eine auf Salztorfabbau hindeutende Bodenstruktur gefunden wurde erscheint es „wahrscheinlich, daß auch die Entstehung des Jadebusens während des 13. bis 16. Jhs. durch den großräumigen Abbau von Salztorf beschleunigt, wenn nicht sogar verursacht wurde“ (KRÄMER 1991, S. 107). Demnach wäre diese Nutzungsform der Landschaft auch mitverantwortlich für die Entstehung der Friesischen Balje, die – ebenfalls im 16. Jahrhundert beginnend – durch Deichbau Stück für Stück zurückgedrängt wurde

(KRÄMER 1991) wodurch der Jadebusen seine heutige Form erhielt.

31 5.3.2. Gestaltungsidee Eine geeignete Stelle für die Einrichtung eines Informationspunktes zum Thema Deichbau und dessen Auswirkungen auf das Binnenland der Marsch befindet sich in Stollhammer Ahndeich in der Nähe des Fedderwarder Sieltiefs. Hier laufen noch heute sichtbare alte Deichlinien des Stadländer Landdeiches und der Lockfleth-Eindeichungen zusammen. Außerdem liegt der vorgeschlagene Ort zwar in der Nähe vorhandener Radrouten, gleichzeitig aber abseits der Hauptverkehrsstraßen. An diesem Informationspunkt geht es darum, das relativ dichte Netz alter Deichlinien insbesondere für Touristen aber auch für interessierte Einheimische sichtbar zu machen. Es soll der Blick für linienförmige Erhöhungen in der ansonsten ebenen Marschenlandschaft geschärft werden, so Abb. 23: Gestaltungsvorschlag: Deichquerschnitt dass Besucher unter Umständen an anderen Orten in der Region ähnliche Landschaftselemente als alte Deichlinien deuten können. Dazu muss das Relief an einer Stelle deutlich gemacht werden, so dass der Höhenunterschied greifbar wird. Die Gestaltung des Punktes sollte daher im Stile eines Deichschartes erfolgen, so dass ein Durchschnitt der alten Deichlinie vorgenommen wird. Dabei entstehen zwei Profile des Deichquerschnittes, an denen verschiedene Inhalte deutlich gemacht werden können (s. Abb. 23). Dazu gehören einerseits die Entwicklung des Deichbaues und eine Erklärung des Profils sowie andererseits eine Darstellung der Auswirkungen, die der Bau der Deiche auf die Marsch hatte und noch heute hat. Außerdem wird der Größenunterschied zu den heutigen Winterdeichen deutlich. Wichtig dabei ist es, die Auswirkungen des Deichbaues als eine komplette Veränderung der bestehenden Ökosysteme darzustellen und nach wissenschaftlichen Erkenntnissen die Auswirkungen der Sturmfluten zu bewerten ohne die Nordsee wie in der Vergangenheit oft geschehen als „Mordsee“ darzustellen. Dabei darf allerdings nicht aus den Augen verloren werden, dass ein Leben und Arbeiten in der Wesermarsch heute ohne die Deiche keinesfalls möglich wäre. In die Fläche des Platzes zwischen den beiden Profilwänden wird eine Kartendarstellung in den Boden eingearbeitet, die die Phasen des Deichbaues in der nördlichen Wesermarsch zeigt (vgl. Abb. 24). Ergänzend werden hier kleine Informationstexte zur Erklärung der einzelnen Wassereinbrüche und Eindeichungen rund um die Karte angeordnet. Dabei geht es auch um das Verständnis, dass frühzeitig eingedeichte Gebiete auf Grund geringeren Aufschlickung heute tiefer liegen als später eingedeichte Bereiche und damit auch anfälliger für erneute Überflutungen sind.

32 Abb. 24: Alte Deichlinien in der Wesermarsch (verändert nach HABEDANK 1970 & KRÄMER 1991)

33 Außerdem sollten an diesem Informationspunkt Hinweise auf weitere für diesen Themenkomplex interessante Orte in der Wesermarsch hingewiesen werden. Dazu gehören der Deich in Sehestedt mit der Problematik der Deichverstärkung direkt hinter dem Sehestedter Außendeichsmoor sowie der Salzendeich nördlich von Großenmeer, der die weiteste südliche Ausdehnung des Jadebusens markiert.

Alte Deichlinien Butjadingen / Stadland

An den Deichen als „Weltwunder der Friesen“ wird deutlich, dass die See ohne die schützenden Bauwerke einen großen Einfluss auf das Binnenland ausüben würde. Wie groß dieser Einfluss wäre machen Sturmfluten aus den vergangenen Jahrhunderten sichtbar, in denen der Deichbau noch nicht so weit entwickelt war. Ein aus dieser Zeit stammendes Zeugnis sind die noch heute in der Landschaft erkennbaren alten Deichlinien.

Entwicklung des Deichbaus - erste Sommerdeiche im 11. Jahrhundert - Friesisches Deichrecht - Fluss-, See- und Flügeldeiche als Schutzsystem - langfristige Deicherhöhung wegen Meeresspiegelanstieg nötig, um das Land zu halten

Eindeichungsphasen - Ahne, Heete, Lockfleth und Friesische Balje mit ihren Deichen (z.B. Mitteldeich, Stadländer Landdeich) - Verlauf oft an Flur- / Ortsbezeichnungen zu erkennen

Auswirkungen der Eindeichung - Entwässerung des Binnenlands wird nötig - Malaria-Epidemien - Knickmarschenbildung - Sturmfluten werden zur tödlichen Gefahr, weil die Anpassungen verloren gehen

Landverluste durch Sturmfluten - Schwierigkeiten beim Deichbau - Landsackung durch Moorkultivierung - Abbau von Brenn- und Salztorf

Bedeutung für den Naturhaushalt - Veränderung sämtlicher Ökosysteme hinter den Deichen

34 5.4. Schwarze Brake 5.4.1. Hintergrundinformationen Als eine Brake wird ein bei einem Deichdurchstich oder Deichbruch entstandener Kolk auf der Binnenseite des Deiches bezeichnet (BEHRENS 2003). Das über- bzw. durchströmende Wasser spült an einer Stelle den Boden aus. Dadurch bildet sich durch die Kraft des Wassers eine tiefe Kuhle, in der das Wasser auch nach dem Abfließen des Hochwassers stehen bleibt. Seit der Errichtung der Deiche kämpften die Menschen in der Wesermarsch mit Schäden an den mühsam errichteten Bauwerken, die durch Hochwasser bei Sturmfluten oder Eisstau verursacht wurden. KRÄMER & HOFFER (1991) berichten allein für den Zeitraum von der Mitte des 15. Jahrhunderts bis ins 19. Jahrhundert von zahlreichen schweren Hochwasserereignissen im Bereich des I. Oldenburger Deichbandes (südlicher Landkreis Wesermarsch), in deren Folge mindestens 114 Braken entlang der verschiedenen Deiche entstanden sind. Entlang der Flüsse Weser, Hunte und Ollen waren die Menschen besonders betroffen, da sich die Begradigungen der Flussläufe durch schnellere Fließgeschwindigkeiten bemerkbar machten. Außerdem hielten die Küstendeiche durch zahlreiche Verstärkungen den Fluten öfter standhielten, weshalb das Wasser weiter in das Landesinnere drang und damit die Beanspruchung der Flussdeiche erhöhte. Meist wurden die Braken wieder zugeschüttet, wie zum Beispiel alle nach einer Flut am 23.12.1615 entstandenen Braken in Stedingen. Eine andere Möglichkeit war das Ausdeichen der betroffenen Fläche. So wurde ein Stück des gewonnenen Landes aufgegeben. Andere Braken sind noch heute in der Landschaft sichtbar und zeugen von der Landschaftsgeschichte der Wesermarsch. Die tiefste Brake des Stedinger Landes ist die so genannte „Nobiskuhle“ bei Altenesch, die bereits im 15. Jahrhundert entstanden ist. Laut einer Sage soll ein gleichnamiger Bauer an dieser Stelle den Deich mutwillig durchstochen haben. Ein Deichdurchbruch an der Weser nördlich der heutigen Kreisstadt Brake hat dem Ort zu seinem Namen verholfen (KRÄMER & HOFFER 1991). Und auch eine Siedlung in der Nähe der „Nobiskuhle“ trägt noch heute den Namen „Braake“. Braken bilden laut LK WESERMARSCH (1992) einen vielfältigen Lebensraum, da sie im Gegensatz zu den künstlich entstandenen Pütten über eine abgeflachte Uferzone verfügen. Diese naturnahen Stillgewässer werden unter anderem von Wasservögeln, Lurchen und Wirbellosen besiedelt. Im Übergangsbereich zu den angrenzenden Nasswiesen befinden sich gelegentlich Erlenbruchwälder, häufiger aber Röhricht- und Staudensäume sowie Feuchtgebüsche, die z.B. Blaukehlchen als Lebensraum dienen. Durch die Absenkung des Grundwassers, den Eintrag von Nährstoffen und der verstärkten Nachfrage nach wassergebundenen Freizeitangeboten sind Braken teilweise in ihrer jetzigen Ausprägung gefährdet. Die Wasserstände sollen gesichert und der Einfluss des Menschen so gering wie möglich gehalten werden.

35 5.4.2. Gestaltungsidee Grundsätzlich kann das bloße Vorhandensein von Braken schon als ein „Mahnmal“ gewertet werden. Sie vergegenwärtigen die Gefahren, die durch das Wasser bei Hochwasser entstehen können. Die Kraft des Wassers wird besonders deutlich. Diese allgegenwärtige Gefahr gilt es zu verdeutlichen und zu erklären. Denn nicht jeder weiß um die Entstehungsgeschichte von Braken. Dies gilt besonders für Gäste der Wesermarsch. Im Zuge dieses Projektes sollen die Einwirkungen des gezeitenabhängigen Wassers vor allem im Binnenland sichtbar gemacht werden. Dort ist auf Grund des Geländereliefs die Gefahr einer Überflutung am größten. Die 1453 entstandene „Schwarze Brake“ bei Wehrder (nördlich von Berne) eignet sich auf Grund ihrer freien Lage in der Landschaft (im Gegensatz zur teilweise umbauten Nobiskuhle) besonders gut. Sie liegt in unmittelbarer Nähe zu Weser, Hunte und Ollen und kann über eine Straße erreicht werden. Zum Anschluss an das bestehende Radwegenetz muss vermutlich ein Weg ausgebaut werden (nach Radwanderkarte „Jadebusen“). Die Entstehung der Brake soll durch einen Wasserzufluss verdeutlicht werden. Dazu soll ein geschlossenes Wasserkreislaufsystem errichtet werden, welches unabhängig von dem vorhandenen Wasser arbeitet. Der „Quellbereich“ wird mit Sandsäcken abgedeckt, durch die das Wasser hindurch fließt. Eine Verwendung ehemals zum Abdichten genutzter Materialien wie zum Beispiel Stallmist erscheint wenig anschaulich und praktikabel. Der Wasserstrom soll über einen Weg laufen, so dass dieser nur noch über eine Furt zu queren ist und Passanten zwangsläufig die Inszenierung passieren müssen. Der Untergrund des Wasserstromes muss entsprechend modelliert und auch gegen Erosion gesichert werden. Inwieweit eine Bodenaufschüttung einen Deich alter Bauweise darstellen kann, ist vor Ort zu überprüfen. Für diese Inszenierung eignen sich nur Wege, auf denen kein Pkw-Verkehr zugelassen ist. Für Radfahrer und Fußgänger ist die Furt trockenen Fußes über Trittsteine passierbar. Auf den Trittsteinen solle eine kurze und knappe Erklärung des Dargestellten erfolgen. Es muss nötigenfalls eine Verbindung zum vorhandenen Wegesystem geschaffen werden. Die Inszenierung selbst muss nicht in unmittelbarer Nähe zur Brake erfolgen. Eine allzu künstlich wirkende Ausarbeitung mit dem Charakter eines Gartenteichbachlaufs ist zu verhindern. Ebenso darf das Stillgewässer nicht in ein Fließ- gewässer umgewandelt werden. Die Entstehung der Brake kann auch mit Hilfe einer Klapptafel erklärt werden. Dabei schaut der Landschafts- Abb. 25: Gestaltungsvorschlag: Klapptafel 'Deichbruch'

36 interessierte auf eine bildliche Darstellung, in diesem Fall auf einen überspülten Deich. Das Bild ist von einem (Fenster-)Rahmen umgeben und soll möglichst einen Landschaftsausschnitt des Standortes zeigen. Das Bild kann nach unten geklappt werden und es erscheint dahinter die heutige Landschaft. Veränderungen können sofort wahrgenommen werden. In diesem Fallbeispiel vor allem die Verlegung der Deichlinie. Dieser Punkt ist inhaltlich auch im Zusammenhang mit dem Klimawandel (vgl. Kapitel 5.7.1) zu betrachten und zu verknüpfen. Des Weiteren soll auf das Naturdenkmal „Brakenmoor“ zwischen Tettens und Waddens verwiesen werden. An dieser Stelle ist eine Brake verlandet.

Braken

Braken sind ein für wasser- und deichgeprägte Landschaften typisches Merkmal, da sie nur dort entstehen können, wo Deiche infolge von Hochwasser brechen oder überspült werden. Sie sind unmittelbare Folge einer vorübergehenden extremen Änderung der Gezeiten. Obwohl sie in relativ kurzer Zeit entstanden sind, haben sie über Jahrhunderte das Landschaftsbild geprägt. Sie erinnern noch heute als „Zeitzeugen“ an das Wasser hinter dem Deich. Die Bedeutung für die Wesermarsch lässt sich an dem Ortsnamen der Kreisstadt Brake erkennen.

Entstehung von Braken - allgemein durch Überspülungen oder Deichbrüche bei Hochwasser - Gründe für Hochwasser - konkretes Beispiel

Vermitteln der Kraft des Wassers, die die Landschaft formt und prägt

Erkennen der Gefahr

Bedeutung für den Naturhaushalt - Lebensräume - Gefährdungen

5.5. Pumpwerk Waddens 5.5.1. Hintergrundinformationen Durch die Eindeichung der Wesermarsch wurde das Land vor den Gezeiten geschützt, das Wasser der Nordsee und der Flüsse konnte nicht mehr ungehindert ins nunmehr Landesinnere gelangen. Allerdings führte dies zu einem anderen Problem: Auf den undurchlässigen Marschböden sammelte sich das Niederschlagswasser und auch das Abflusswasser der Geestbäche hinter den Deichen. Daher mussten die Menschen ein engmaschiges

37 Entwässerungssystem anlegen, das bis heute Bestand hat und im Zusammenhang mit den

Deichbauten die Lebensgrundlage der Menschen in der Wesermarsch bildet (LK WESERMARSCH 1992). Das Wasser sammelt sich in der Regel in Grüppen, die die Grünlandflächen parallel durchziehen. Von dort fließt es in größere Gräben und sammelt sich schließlich in Sieltiefs. Dabei werden oftmals Pumpwerke eingesetzt, die das Wasser kontrolliert von einem Graben in den nächsten abgeben. Dies läuft je nach Höhenlage des Gebiets unterschiedlich ab: Die nördliche Wesermarsch (Butjadingen) liegt etwas höher als das Stedinger Land, weshalb das Wasser hier von selbst abläuft. Zur Überwindung der Deiche sind in diese Sieltore integriert. Über Sieltore läuft das überschüssige Wasser bei Ebbe ab, bei Hochwasser staut es sich vor den Toren. Eine Entwässerung bei Hochwasser ist nur über Schöpfwerke möglich. An den Sieltoren besteht aber auch die Möglichkeit der Bewässerung in Trockenperioden zur Tränkeversorgung und zur Erhaltung der viehkehrenden Wirkung der Gräben. Daher finden sich in der Landschaft kaum

Zäune. Nach LK WESERMARSCH (1992) sind auch natürliche Gewässer Bestandteil dieses Systems. Die Wasser- und Bodenverbände im Landkreis unterhalten die Gräben und Sieltiefs und organisieren die Be- und Entwässerung. Im Einzelnen sind dies: I. Oldenburgischer Deichband, II. Oldenburgischer Deichband, Entwässerungsverband Butjadingen, Stadlander Sielacht, Entwässerungsverband Brake, Entwässerungsverband Jade, Moorriem-Ohmsteder Sielacht,

Entwässerungsverband Stedingen (LK WESERMARSCH 1969). Die Tiefs waren wichtige Handelswege in der Wesermarsch: Die Bodenverhältnisse sorgten mit Ausnahme von Frost- oder Trockenperioden für Probleme bei der Nutzung des Landweges: Schlick blieb an den Stiefeln kleben, Pferdekutschen kneteten den Boden zusätzlich mit den Wagenrädern und den Pferdehufen (MEINERS o.A.). Daher wurde auf den Wasserweg ausgewichen und so auch hauptsächlich Handel getrieben. Da das ausströmende Regenwasser die Priele vor dem Deich tief genug hielt, wurden vor den Deichen Sielhäfen angelegt und so auch große Handelsorte wie Langwarden nicht von den Seetransportwegen abgeschnitten. In den Sielhäfen erfolgte der

Warenumschlag von Binnen- auf die Seeschiffe und umgekehrt (MEINERS o.A.). Es wurde nicht nur mit den Hansestädten Bremen und Hamburg Handel getrieben sondern auch mit Großbritannien und dem Ostseeraum. Mit dem Bau von Eisenbahn und befestigten Straßen ab 1850 verloren die Sieltiefs als Handelswege an Bedeutung (FÜRST 2002). Zur Entwässerung des Landes wurden früher auch Mühlen genutzt. Diese waren neben Kirchen auf Grund ihrer Größe landschaftsbildprägend, zumal die Flügelstellung auch der Kommunikation mit der Bevölkerung – den Kunden – diente. Wenngleich sich das ebene Land auf Grund des meist

38 herrschenden Windes für den Mühlenbetrieb eignete, kam es doch aus selbem Grund immer wieder zu Blitzschlägen oder starken Zerstörungen an den Mühlen durch Stürme. Nach HASHAGEN (1986) gab es insgesamt 127 verschiedene Mühlenbauwerke in der Wesermarsch. Davon waren 42 Entwässerungsmühlen und jeweils drei Weidewindmühlen bzw. Kornmühlen mit zusätzlicher Entwässerungsfunktion. Außerdem wurden elf modernere Windturbinen zur Entwässerung errichtet. Mit der Elektrifizierung verloren die Mühlen an Bedeutung, da man nun vom Wind unabhängig geworden war. Heute existieren nur noch drei Mühlenbauwerke. Eine alte

Wasserschöpfmühle ist im Nachbau in Abbehausen zu sehen (HAGEN 2005). Marschengewässer wie die Sieltiefs weisen meist erhebliche ökologische Defizite auf. Die ARGE WRRL (2006) nennt insgesamt fünf Hauptprobleme: Da es sich um „technische“ Gewässer handelt, die von Menschen einzig zu den oben genannten Zwecken angelegt worden sind, weisen diese meist eine erhebliche Strukturarmut auf. Dadurch verfügen sie nur über wenige Lebensräume für Organismen. Ein Abb. 26: Ehemaliges Alser Sieltief weiteres die Pflanzen- und Tierwelt beeinträchtigendes Merkmal sind die oft starken Wasserstandsschwankungen, die sich saisonal ändern. Sehr lange und niedrige Wasserstände werden von plötzlich eintretenden hohen Wasserständen abgelöst. Sowohl durch Trockenheit als auch durch Überstauung und die zeitweise auftretende hohe Fließgeschwindigkeit werden vorhandene Pflanzenbestände geschädigt. Die Überstauung ist vor allem auf Grund der Trübe des Wassers problematisch. Dabei wird zwischen der „biologischen“ Trübe durch Algenblüte (Phosphoreintrag) und der „physikalischen“ Trübe unterschieden. Letztere kann durch aufgewirbelte Partikel an windexponierten Lagen oder auch durch die Ausflockung von im Grund- und Dränwasser zugeführten Huminstoffen und gelöstem Eisen (Verockerung) verursacht werden. Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Mehr als andere Gewässer weisen die Marschgewässer eine hohe Belastung an Nährstoffen auf. Sie verfügen einerseits über eine natürliche Grundlast, andererseits gelangt auf Geestflächen ausgebrachter Stickstoff in die Gewässer. Vor Ort wird das Problem durch Abschwemmungen und Auswaschungen von landwirtschaftlichen Flächen verstärkt. Dies führt zu einer erhöhten Trübe aber auch einem verstärkten Pflanzenwachstum und somit zu einer Beeinträchtigung des Sauerstoffhaushalts und der Remobilisierung von Nährstoffen und Metallen. Durch die Mündungsschöpfwerke ist keine Durchgängigkeit der Gewässer für wandernde Fischarten gegeben. Trotz dieser Widrigkeiten sind kleinere Parzellengräben häufig pflanzenreiche Gewässer

39 (LK WESERMARSCH 1992). Die ARGE WRRL (2006) hat unter Beachtung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Situation an und in Marschgewässern erarbeitet. Das Käseburger Sieltief diente dabei als Referenzgewässer. Neben den allgemein gültigen Forderungen nach einem verringerten Stoffeintrag in die Gewässer durch Einhaltung der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft und der Verbesserung von Klärsystemen werden auch konkretere Maßnahmenvorschläge gemacht. Grundlage jeder Planung muss demnach ein wasserwirtschaftliches Konzept zur Wasserstandssicherung und zur Abflussregelung sein. Zur Verbesserung des Lebensraumangebots für Pflanzen und in der Folge auch Tiere werden z.B. Aufweitungen und Nebengewässer vorgeschlagen, in denen sich ein Pflanzenbestand entwickeln kann. Zum Schutz der Pflanzen soll ein Raubfischbesatz die pflanzenfressenden Fische möglichst gering halten. Allerdings muss daher auch die Durchgängigkeit mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbessert bzw. hergestellt werden. Andere Maßnahmen setzen einen Flächenerwerb voraus. Es wurden bislang jedoch keine Maßnahmen im Sinne der WRRL umgesetzt (mündl. Mitt. Suhrhoff, NLWKN Brake, 06.01.2009). Die Weservertiefung schafft weitere Probleme: Durch das tiefere Sohlprofil kann das Wasser mit einer höheren Geschwindigkeit fließen. Bei Flut verschiebt sich somit die Brackwasserzone weiter ins Landesinnere und dadurch steigt auch der Salzgehalt des Wassers an Einlassbauwerken entlang der Weser. Gerade für die höher gelegenen Gebiete in Butjadingen, die über die Tiefs und Gräben bewässert werden, bringt dies erhebliche Nachteile. Das Vieh nutzt die Gräben als Tränke und würde dann zusätzlich zu den bereits vorhandenen Belastungen (MEINERS o.A.) salzhaltiges Wasser trinken müssen. Da dies für die Tiere gesundheitsschädlich ist, wird über eine Tränkung mit Trinkwasser nachgedacht (mündl. Mitt. Cornelius, 12.12.2008). Allerdings müssten auch Zäune aufgestellt werden, um die Tiere am Trinken aus den Gräben zu hindern. Dies würde das heutige Landschaftsbild, das auf Grund des engen Grabensystems ohne Zäune auskommt, nachhaltig verändern und einen erheblichen Kostenaufwand verursachen. Bereits heute müssen die Sielachten die Zuwässerung zeitweise verringern oder ganz unterbrechen. Die NWZ (20.06.2008) berichtet, dass durch die Trockenheit weniger Oberwasser aus dem Süden in die Nordsee fließe, dadurch gelangt salzhaltiges Nordseewasser weiter weseraufwärts. Die dadurch notwendige gedrosselte Zuwässerung führt zu meist trockenen Gräben in den höher liegenden Gebieten Butjadingens. In diese dringt wiederum salzhaltiges Grundwasser ein und verändert die Grabenflora hin zu salztoleranter Vegetation. Zu beobachten ist z.B. ein Grasnelken-Bestand an den Uferwällen am Eckwarder Sieltief. Diese Entwicklung wird durch das Abpumpen der Gräben im Winter noch verstärkt (mündl. Mitt. Meiners, Umweltstation Iffens, 27.12.2008). Eine Änderung der Zuwässerungszeiten und einer dann größeren

40 Wassermenge in kürzerer Zeit bringt nur eine geringe Verbesserung für die Gesamtsituation. Dadurch drohen Uferabbrüche und bei Starkregen eine erhöhte Hochwassergefahr im Binnenland (NWZ 18.07.2008). Die Hochwassergefahr wird durch die zunehmende Versiegelung der Landschaft noch verstärkt (mündl. Mitt. Cornelius, 12.12.2008).

5.5.2. Gestaltungsidee Das Pumpwerk Waddens ist derzeit eine Außenstelle der Kiekpadd-Station „Moorseer-Mühle“ und wird als reiner Aussichtspunkt in der Stolhammer Wisch genutzt (www.kiekpadd.de). Dafür ist das Gebäude von außen über eine Treppe begehbar und der Dachbereich dient als Aussichtsplattform. Im Erdgeschoss befindet sich – nicht öffentlich zugänglich – eine Pumpe und im ersten Stock ein Raum mit Informationstafeln über Wiesenvögel. Zusätzlich bietet das Pumpwerk schon auf Grund seiner Funktion aber auch zusätzliches Potenzial zur Darstellung der Be- und Entwässerung in Butjadingen. Das Gebäude liegt an der Abzweigung des Waddenser Tiefs in den Budjadinger Zu- und Entwässerungskanal. Vom Dach hat man einen ausgezeichneten Blick auf dieses Sielsystem und die weiteren kleineren Gräben. Der Butjadinger Kanal mündet südlich von Nordenham in Beckumersiel in die Weser und wird über das dortige Siel ent- und bewässert. Das Informationsangebot in dem Raum im ersten Stockwerk muss entsprechend erweitert werden. Denkbar ist die Anzeige des aktuellen Pegelstandes der Weser in Höhe des Beckumer Siels, welches zwar einige Kilometer entfernt ist aber den Wasserstand des Kanals auch in Waddens beeinflusst. Auch sollte die Problematik des Salzgehaltes in der Weser und somit auch in den Gräben erläutert werden. Dazu sollte auch ein Verweis auf den Informationspunkt Klimawandel / Globalisierung und Graben-Grünland-System erfolgen. Nach Möglichkeit soll ein Be- und Entwässerungsmodell in dem Raum aufgestellt werden, das von den Besuchern genutzt werden kann. Dabei soll per Abb. 27: Pumpwerk Waddens Knopfdruck der Modelllandschaft Wasser zugeführt oder „abgeschöpft“ werden. Es lässt sich hauptsächlich der Wasserstand der Weser beeinflussen und ein Sieltor reagiert auf die wechselnden Wasserstände. Über einen weiteren Knopf können auch kleinere Gräben mit Wasser gefüllt werden, um anhaltende Regenfälle zu simulieren. Nach einer bestimmten Zeit muss das Wasser automatisch abgelassen werden, damit nachfolgende Nutzer

41 das Modell ausprobieren können. Das Prinzip der Zu- und Entwässerung kann so unmittelbar erlebt werden: Leben und Wirtschaften mit und gegen das Wasser. Die Pumpe im Erdgeschoss sollte durch ein großes Fenster betrachtet werden können. Zusätzlich ist denkbar, entweder in dem Ausstellungsraum oder auf dem Dach eine leichte Modellierung des Bodens vorzunehmen, um so das Relief der Wesermarsch zu verdeutlichen. Insbesondere der „Badewanneneffekt“ im südlichen Kreisgebiet kann so sehr gut dargestellt werden. Voraussetzung für diese Nutzung ist eine attraktivere Gestaltung des Ausstellungsraumes und ein deutlicher Hinweis, dass das Gebäude betreten werden darf. Auf den ersten Blick ist das nicht ersichtlich, da die Treppe zum Dach auf einer der Straße abgewandten Gebäudeseite beginnt. Ferner soll innerhalb der Ausstellung auch auf die einst zahlreichen Entwässerungsmühlen hingewiesen werden. Ein Nachbau einer Entwässerungsmühle ist nicht weit entfernt in Abbehausen zu besichtigen. Auch auf dieses Angebot sollte verwiesen werden.

Pumpwerk Waddens

Das für die Wesermarsch typische Wassermanagementsystem ist direkt von der Tide von Nordsee, Weser und Hunte abhängig und würde ohne den Wechsel der Gezeiten nicht funktionieren. Ohne dieses System wäre ein Leben und Wirtschaften nicht möglich, da sich das Wasser in dem eingedeichten niedrigen Gebiet sammeln würde. Der Blick soll von den dichten „blauen Linien“ auf der Landkarte auf die Gräben und Tiefs in der Landschaft sowie die Abhängigkeit der Wesermarsch vom Tidefenster gelenkt werden.

Bedeutung für die Landschaft - ohne die Be- und Entwässerung wäre ein Leben und Wirtschaften in der Wesermarsch nicht möglich, da sich das Wasser auf den undurchlässigen Böden stauen würde und durch die Deiche nicht abfließen kann („Badewanne“) - gliedert die Landschaft und Grünlandbereiche, weshalb auf Zäune verzichtet werden kann - Sieltore in den Deichen sorgen für die Durchlässigkeit in Richtung Nordsee, Weser, Hunte und Ollen - große Abhängigkeit von den Gezeiten - historische Handelswege - Entwässerungsmühlen unterstützten den Wasserabfluss

Bedeutung für den Naturhaushalt - „technische“ Gewässer mit einer Vielzahl an ökologischen Defiziten - Hauptprobleme: Strukturarmut, Wasserstandsschwankungen, Trübe, Belastung mit Nährstoffen, eingeschränkte Durchgängigkeit - Weservertiefung verursacht zunehmende Versalzung und Trübung - Gräben fallen trocken, Vegetation verändert sich - dennoch einzelne pflanzenreiche Gräben vorhanden

42 5.6. Hammelwarder Moor mit tiefstem Punkt 5.6.1. Hintergrundinformationen Zwischen den höher liegenden Geestgebieten und der Marsch haben sich während der Entwicklung der Landschaft Nordwestdeutschlands Moore gebildet. Da die Küsten früher noch nicht durch Deiche geschützt waren, konnten Ebbe und Flut ungehindert auf das Land wirken. Die mitgeführten Sedimente lagerten sich nach dem Hochwasser direkt an der Küste ab. Im Hinterland wurde nur noch ein vergleichsweise geringer Anteil abgelagert. Dadurch entstanden Uferwälle an der Küste. Das von der Geest in Richtung des Meeres bzw. der Weser fließende Wasser sammelte sich daher zwischen der Geest und der aufgewachsenen Marsch. In solchen Stauwasserbereichen entstanden schließlich Moore (HABEDANK 1970). Auch der Jadebusen war früher ein zusammenhängendes Moor, das nur durch einen Marschenstreifen von der Nordsee getrennt war. MEINERS (o.A.) berichtet, dass das Moor durch die Menschen an der Jademündung als Trinkwasserquelle und der Torf als Brennstoff genutzt wurden. Im Zuge des Torfabbaus wurden auch kleine schiffbare Kanäle in den Moorflächen angelegt, wodurch salzhaltiges Nordseewasser in das Moor eindringen konnte. Auch der Salztorf wurde abgebaut. Bei Hochwasser schwamm die Hochmoorauflage auf und größere Stücke rissen durch die Bewegung ab und wurden weggespült. Vermutlich wurde der Jadebusen schließlich bis ins 16. Jahrhundert vollständig ausgespült (KRÄMER 1991). Letzte Reste des Moorkörpers bilden heute das Sehestedter Außendeichsmoor (auch „Schwimmendes Moor“), das weiterhin dem unmittelbaren Angriff der See ausgesetzt ist. Hierbei handelt es sich um eine Besonderheit in Deutschland, weshalb das Sehestedter Außendeichsmoor unter Naturschutz steht und verschiedene Maßnahmen zum Erhalt ergriffen werden. Dennoch ist das Gebiet touristisch erschlossen (vgl. Kap. 2.3). Weitere Reste von Mooren und moorähnliche Strukturen finden sich in der südlichen Wesermarsch. Hier ist der Begriff „Moor“ auch in vielen Ortsnamen festgeschrieben, z.B. Moorhausen oder Neuenhuntorfermoor. An der Grenze zum Landkreis Oldenburg befindet sich das Naturschutzgebiet „Wittemoor“ als Überrest einer urtümlichen Hochmoor-Landschaft (www.natur-erleben.niedersachsen.de). Weiter nördlich befinden sich die Naturschutzgebiete „Rockenmoor/Fuchsberg“ und „Gellener Torfmöörte“, die den an diesen besonderen Lebensraum angepassten Organismen als Rückzugs- und Lebensraum dienen sollen und daher unter Schutz gestellt worden sind (www.nlwkn.niedersachsen.de). In diesem Bereich sind typische Moorsiedlungsformen anzutreffen: Die Höfe liegen, teilweise auch etwas zurückgesetzt, auf erhöhten Wohnplätzen als Siedlungsbänder entlang der Straßen. Die sich anschließenden Grundstücke sind meist schmal, dafür aber umso länger in Richtung des Moores. Die Flächen

43 werden meist als Grünland genutzt, aber in einigen Bereichen findet auch Ackerbau statt (LK

WESERMARSCH 1992). Der Baustil der Häuser unterscheidet sich von dem der übrigen Wesermarsch. Hochmoore stellen einen besonderen nährstoffarmen Lebensraum für spezialisierte Pflanzen und Tiere dar. Eine Beeinträchtigung des Lebensraumes führt unweigerlich auch zu einer akuten Gefährdung der dort lebenden Organismen. Vor allem auf Grund der großflächigen Kultivierung und den Torfabbau sind heute nur noch Überreste von einst großen Moorflächen vorhanden. Aber auch die Zufuhr von Nährstoffen über die Luft hat die Moore erheblich geschädigt (FREY & LÖSCH 2004). Moore haben in Niedersachsen heute nur noch einen Flächenanteil von 1,1% an der gesamten Landesfläche (www.nls.niedersachsen.de).

5.6.2 Gestaltungsidee Im „Hammelwarder Moor“ befindet sich die tiefste Landstelle der Wesermarsch (mündl. Mitt. Cornelius, 12.12.2008). Zur Verdeutlichung der ehemaligen Geländehöhe soll ein Stapel aus Torfsoden errichtet werden. Damit wird auf die Problematik der großflächigen Kultivierung und Entwässerung dieses Bereichs hingewiesen. Andererseits wird auch die Gefahr bei einer Überflutung aufgegriffen. Da das „Hammelwarder Moor“ bei einer Flut am weitesten unter Wasser stehen würde, fällt der Vergleich mit einer Badewanne nicht schwer. An der amtlich festgelegten tiefsten Landstelle (bzw. einem öffentlich zugänglichen Bereich in Abb. 28: Gestaltungsvor- unmittelbarer Nähe) soll daher eine Installation eines schlag: Torfsoden-Stapel überdimensionalen Stöpsels mit angedeutetem Abflussrohr am Boden errichtet werden. Das Material sollte witterungsbeständig und nicht zu schwer sein, da zumindest der Stöpsel selbst von Besuchern angehoben werden soll. Auf der Unterseite des Stöpsels befinden sich Informationen zur tiefsten Landstelle, der Umgebung und der Geländehöhe. Außerdem ein Hinweis, den „Abfluss“ wieder zu schließen, damit auch weitere Besucher die Installation nutzen können. Diese abstrakte Darstellung des Themas kann auch an Info-Tafeln verwendet werden, indem die Informationen erst nach dem Entfernen des Stöpsels für Besucher sichtbar werden. Auf eine „Vertäfelung“ der ebenen Landschaft soll in diesem Konzept allerdings verzichtet werden. Ferner ist denkbar, dass ein ähnlicher Flutmast wie in der Wilstermarsch (vgl. Kap. 3.1) aufgestellt wird. Insbesondere das Verhältnis des Standortes des Betrachters zur Höhe des Weser- und Nordseedeiches kann sehr beeindruckend sein. Außerdem könnten Markierungen an

44 Straßenbäumen die Höhe von Normalnull markieren. Dabei sollte auf Materialien zurückgegriffen werden, die dehnbar sind und den Stamm nicht beschädigen, etwa eine Art „Armbinde“ aus Stoff. Eine blaue Farbgebung (besonders hoher Kontrast an Birkenstämmen) würde mit Wasser in Verbindung gebracht werden können. Bei einer großflächigeren Verteilung können so die verschiedenen Geländehöhen nicht nur im Hammelwarder Moor sondern auch in der gesamten Wesermarsch visualisiert werden. Von diesem Informationspunkt aus soll auch auf die bereits bestehenden „Wege zum Moor“ hingewiesen werden. Für weitere Informationen zum Themenkomplex „Moor“ können die Besucher diesen folgen. Dazu zählen das Sehestedter Außendeichsmoor und die Moorsiedlungen in Moorriem. Wichtig ist, dass diese Inszenierungen sowohl die Touristen aber vor allem auch die einheimische Bevölkerung ansprechen soll. Denn gerade bei dieser muss das Bewusstsein für die besondere Situation auch etwas abseits der Küste gefördert werden.

Hammelwarder Moor mit tiefstem Punkt

Die Moore wurden in der Vergangenheit durch die Bevölkerung kultiviert. Um sie nutzen zu können, mussten sie entwässert werden. Dadurch sackte das Land immer weiter ab, so dass sich bis heute große tief liegende Bereiche gebildet haben. Dieser Prozess dauert bis heute an. Es hat also im übertragenen Sinn eine durch den Menschen verursachte kontrollierte Ebbe stattgefunden. Bei einer Flut wären diese eher binnenländischen Gebiete auf Grund ihrer Höhenlage unter NN besonders gefährdet.

Von der Naturlandschaft zur Kulturlandschaft - Entwässerung - Torfabbau - dadurch Landsackung

Überschwemmungsgefahr - tiefste Stelle der Wesermarsch - zwischen den höher gelegenen Gebieten von Geest und Marsch

Bedeutung für den Naturhaushalt - Flora - Fauna - landeskundliche Bedeutung

45 5.7. Zukunftsperspektiven 5.7.1 Hintergrundinformationen „Meeresspiegelanstieg, Sedimentbilanz, Klimaschwankungen, Frequenz von Sturmfluten sind die wichtigsten natürlichen Prozesse, die im Küstenraum landschaftsbildend tätig waren und sind“

(BORGER 1997, S. 27). Das bedeutet, dass es schon immer ein Zurückweichen des Menschen vor dem Meer gab, der Mensch aber ebenfalls dem Meer Landflächen abringen konnte. Diese Entwicklung verlief langsam und schrittweise und wurde oft durch Sturmfluten zurückgeworfen. So mussten sich die Bewohner der heutigen südlichen Nordsee nach NIEMEYER (2005) um 10.000 v. Chr. zurückziehen, da sie keinerlei technische Mittel zum Schutz vor Sturmfluten hatten. Zunächst wurden nach einer Verlangsamung des Meeresspiegelanstiegs die fruchtbaren Niederungsbereiche besiedelt, die nur bei Sturmflut überschwemmt waren. Daraufhin wurden gezielt einzelne Objekte geschützt. Größere Häuser oder Kirchen wurden auf Wurten gebaut oder durch Ringdeiche geschützt. Diese wurden nun bei Sturmfluten nicht mehr überschwemmt. Um auch diese Überflutungen einzuschränken wurden nach und nach Dämme und Deiche errichtet. Bei Wassereinbrüchen oder starker Erosion wurde die Vorwärtsverteidigung angewandt. Durch die neuen Deiche entstand eine Staffelung von alten Deichlinien, die als nachgelagerter Schutz bestehen blieben. So vergrößerte sich die geschützte Fläche, die wirtschaftlich genutzt werden konnte. Allerdings war bei unzureichender Instandhaltung das Risiko großer Verluste hoch. Der Anstieg des Meeresspiegels setzte sich aber dennoch kontinuierlich fort, so dass nach SCHUCHARDT & SCHIRMER (2007) der Meeresspiegel an der deutschen Nordseeküste im letzten

Jahrhundert um 15 cm angestiegen ist. SCHUCHARDT & SCHIRMER (2007) geben im KRIM- Klimaszenario (KRIM = Klimawandel und präventives Risiko- und Küstenschutzmanagement an der deutschen Nordseeküste) für das Jahr 2050 folgende Werte an: − Meeresspiegel +55 cm (15 säkular, 40 Klimawandel) − Mittlerer Tidehub +25 cm (THW +10 cm, TNW -15 cm) − Wind +7% (verstärkt aus NW bis N) − Temperatur atmosphärisch +2,8 °C − Niederschlag +0,1 mm/d Das Klimaszenario der Fallstudie „Klimaänderung und Unterweserregion“ (KLIMU) nach SCHIRMER (2005) zeigen eine ähnliche Tendenz. Der Meeresspiegelanstieg nimmt demnach laut

SCHIRMER (2005) um 55 cm und der mittlere Tidehub um 30 cm bis zum Jahr 2050 zu. Der zunehmende Tidehub kommt durch die Reibeverluste in der tiefer werdenden Nordsee sowie durch die Vertiefung der Weser zustande. Die Vertiefung der Weser hat außerdem zur Folge, dass der Tidehub auch weiter stromaufwärts deutlicher zu erkennen ist (WSA BREMEN & WSA

46 BREMERHAVEN 2007). Auch die auf den Jadebusen und die Wesermündung einwirkenden Winde werden um ca. 4% zunehmen, was einen größeren windbedingten Tidehochwasserstand zur Folge hat. Die Temperatur wird im Jahresmittel im Jahr 2050 um 2,7° C gestiegen sein. Damit einher geht auch die Erhöhung des Niederschlages um rund 10% (SCHIRMER 2005).

1

0,9 Status quo Klimawandel 0,8

0,7

0,6

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0 Käseburg Jade Brake Abbehausen Strohausen Stedingen Abb. 29: Vergleich des Anteils der gepumpten an der gesamten Wassermenge Zwischen Klimaszenario und Status quo im Jahr 1994 (verändert nach MANIAK et al. 2005)

Die Bedeutung des Klimawandels für die Wesermarsch ist vielfältig. Wenn an den heutigen Schutzmaßnahmen festgehalten wird, zieht die Klimaänderung eine Deicherhöhung an einigen Stellen nach sich. Das ist die offensichtlichste Folge. Andererseits müssen die Pumpleistungen der Schöpfwerke erhöht werden, da es zu größeren Niederschlagsmengen kommen wird. Die Pumpleistung wird bis zum Jahr 2050 auf das Doppelte steigen müssen (s. Abb. 29). Auch die Boden- und Grundwasserverhältnisse werden sich ändern. Nach KRAFT et al. (2005) kann es in kleinen, deichnahen Bereichen – meist auf einem ein bis zwei Kilometer breiten Streifen an der Binnenseite entlang des Winterdeichs – zu feuchteren Bedingungen kommen (s. Abb. 30). Dies schließt eine landwirtschaftliche Nutzung allerdings nicht aus, wenn diese angepasst stattfindet. Bei Entwässerung dieser Bereiche ist auch die Deichsicherheit hergestellt. Im größten Teil der Wesermarsch hingegen werden sich die Veränderungen der Boden- und Grundwasserverhältnisse durch die stattfindende Entwässerung nicht gravierend auswirken. Lediglich die Pumpleistung der Schöpfwerke wird sich, wie oben bereits erwähnt, erhöhen.

47 Auch die durch die Tide beeinflusste Brackwasserzone wird sich durch den Meeres- spiegelanstieg verändern. Die Brackwasserzone befindet sich heute zwischen Unterweser-km 36 und 66. Nach dem Klima- szenario KLIMU wandert die Brackwasserzone ca. zwei Kilo- meter stromaufwärts. Das hat Folgen für den Naturhaushalt, wie eine Veränderung der Vege- tation, und außerdem Folgen für die Bewässerung der Marsch- flächen aus der Weser. Laut

GRABEMANN et al. (2005) konnte an 30 Tagen im Som- merhalbjahr 1994 auf Grund Abb. 30: Änderung der Bodenkundlichen Feuchtestufe infolge des Klimaszenarios (verändert nach MANIAK et al. 2005) des hohen Salzgehaltes am Butjadinger Zuwässerungskanal am Beckumer Siel nicht zugewässert werden (vgl. Kap. 5.5.1). Im Klimaszenario würde die Anzahl der Tage, an denen eine Zuwässerung nicht möglich ist, auf 80 ansteigen. Die Klimaänderung muss also eine Anpassung seitens des Menschen nach sich ziehen. Wie diese aussehen kann, ist noch offen. V. LIEBERMAN et al. (2005) nennen für die mögliche Anpassung an den ansteigenden Meeresspiegel drei Reaktionsvarianten. Zum einen kann eine Anpassung auf vorhandener Linie, also die Erhöhung der Deiche, den Schutz vor Sturmfluten sicherstellen (Reaktionsvariante 1). Des Weiteren wäre eine Rückdeichung bestimmter Gebiete und die Schaffung von Sturmflutpoldern möglich (Reaktionsvariante 2). Als dritte Reaktionsvariante sehen v. LIEBERMAN et al. (2005) die Errichtung eines Sperrwerkes in der Wesermündung. Diese drei Möglichkeiten wurden hinsichtlich ihrer Kosten und ihrer Umsetzbarkeit untersucht. Es handelt sich jedoch nur um eine theoretische Betrachtung dieser Möglichkeiten ohne die wirkliche Realisierbarkeit zu hinterfragen. Die Deiche am linksseitigen Weserufer haben nach v. LIEBERMAN et al. (2005)mit Ausnahme im Bereich von Brake Höhen zwischen +6,8 m über NN und +7,1 m über NN. In Brake ist der Deich

48 +5,5 m über NN hoch. Die nötige Höhe des Deiches orientiert sich „im Wesentlichen an einem

Bemessungswasserstand und dem Wellenauflauf“ (v. LIEBERMAN et al. 2005, S. 140). Als Maß für den Sicherheitsstandard wird die Überschreitungshäufigkeit des Bemessungswasserstandes angesehen. Es wurde für ausgewählte Deiche im heutigen Zustand ein rechnerisches Wiederkehrintervall eines Wellenüberlaufs errechnet. Das Ergebnis war, dass am linken Weserufer ein rechnerisches Wiederkehrintervall eines Wellenüberlaufs von mindestens 1.000 Jahren vorhanden ist. Ein Deichprofil im Bereich des Braker Siels weist ein Wiederkehrintervall von weniger als 40 Jahren auf. „Für das Klimaszenario mit einem um 0,70 m erhöhten Tidehochwasserstand und einer Zunahme der Windintensität von 3,8% verringern sich die

Wiederkehrintervalle eines Wellenauflaufs [...] etwa um den Faktor 5-10“ (v. LIEBERMAN et al 2005, S. 146). Im Bereich des Braker Siels tritt somit ein Wiederkehrintervall von weniger als zehn Jahren auf (v. LIEBERMAN et al. 2005). Um eine zukünftige Überlaufsicherheit von beispielsweise 1.000 Jahren gewährleisten zu können, müssten die Deiche um Größen zwischen 0,20 m und rd. 2,30 m erhöht werden. Eine Deicherhöhung würde eine Verbreiterung des Deiches mit sich ziehen, was an einigen Stellen, vor allem aber in besiedelten Bereichen zu einem Platzproblem führen würde. Außerdem würden so landwirtschaftlich genutzte Flächen verloren gehen und Flächen mit Habitatfunktion vor allem für Wiesenvögel weiter eingeschränkt werden. Bei der beispielhaften Überschlagung der Kosten für eine Deicherhöhung im Hinblick auf ein Wiederkehrintervall von 1.000 Jahren kommen v. LIEBERMAN et al. (2005) zu einer Summe von 35-49 Mio. €. Diese Zahlen beziehen sich auf die beidseitige Deicherhöhung an der Weser, wobei davon ausgegangen wurde, dass für die Deicherweiterung genügend Fläche zur Verfügung steht, der Baugrund standsicher ist und die Nutzungsdauer auf 100 Jahre ausgelegt ist. Für die linke Weserseite alleine wurde eine Summe von rund 23 Mio. € ermittelt.

Die Reaktionsvariante 2, die Anlage von Sturmflutpoldern, wird von v. LIEBERMAN et al. (2005) als eine Küstenschutzstrategie des Zurückweichens bezeichnet. Exemplarisch wurde die Anlage von drei Sturmflutpoldern auf der rechten Weserseite beschrieben. Zum einen würde ein 1.100 ha großes Gebiet, die Luneplate, ausgedeicht und neue Deiche hinter den neu anzulegenden Poldern geschaffen werden. Außerdem würden die Deiche zur Weserseite geschliffen, damit das Sturmflutwasser in die Polder hinein fließen kann. Es würden zur schnelleren Entleerung der Polder zudem Pumpwerke errichtet. Bei einer um 0,70 m erhöhten Sturmflut von 1994 (Klimaszenario) wäre bei Brake eine Wasserstandsabsenkung von 0,35 m und im Bereich Bremen eine Absenkung von etwa 0,70 m zu erzielen. Auch diese Reaktionsvariante geht bei den zu schaffenden Deichhöhen von einem 1.000-jährigen Wiederkehrintervall aus und ist ebenfalls auf eine etwaige Nutzungsdauer von 100 Jahren ausgelegt. Sie würde Kosten von rund 330 Mio. €

49 verursachen. Problematisch bei dieser Reaktionsvariante würde sich wahrscheinlich die Akzeptanz der unmittelbar betroffenen Bevölkerung und vor allem von Landwirten gestalten. Die landwirtschaftlichen Flächen innerhalb der Sturmflutpolder könnten zwar weiterhin genutzt werden, allerdings nur stark eingeschränkt. Eine ackerbauliche Nutzung wäre ausgeschlossen. Außerdem können die winterlichen Überflutungen je nach Höhe und Dauer starken Einfluss auf die kommende Vegetationsperiode haben. So kann sich die Möglichkeit zur Entwässerung der Flächen bis ins späte Frühjahr hineinziehen und so den Mahd- oder Auftriebszeitpunkt herauszögern. Die Reaktionsvariante 3 setzt sich mit der Errichtung eines Mündungssperrwerks auseinander. Ein Sperrwerk in der Mündung der Weser würde die Hauptdeichlinie stromaufwärts in die zweite Reihe rücken lassen. Ein Standort in der direkten Mündung hätte den Vorteil einer größtmöglichen Speichermenge. Es ist aber stromabwärts mit Mehrkosten durch die zunehmende Sperrwerksbreite zu rechnen. Als fiktiv gewähltes Beispiel wird der Standort des Sperrwerkes bei Nordenham beschrieben. Nach dem Klimaszenario wird die Häufigkeit schwerer Sturmfluten zunehmen. Diese würden dann durch das geschlossene Sperrwerk im inneren Weserästuar nicht mehr vorkommen. Durch die Schließung käme es allerdings zu einer Aufstauung der Unterweser und damit zu einer Veränderung der Bedingungen für Wasserpflanzen, insbesondere der ufernahen Krautvegetation, die durch lange Überstauungen beeinträchtigt werden würde. Außerdem käme es zu einer stärkeren Absetzung von Feinsedimenten, die die Krautvegetation verdrängen und zusätzlich durch eine geringere Bodenbelüftung zu Brennnesselfluren führen würde. Auch der Flächenverbrauch für ein technisches Bauwerk in dieser Größenordnung ist gerade im Mündungsbereich nicht unerheblich und würde Beeinträchtigungen im Bereich der Salzwiesen mit sich bringen. Der Betrieb des Sperrwerkes ist, wie auch die Nutzungsdauer der Reaktionsvarianten 1 und 2, auf 80-100 Jahre ausgelegt. Die Kosten würden sich, je nach Ausmaßen des Sperrwerks auf ca. 256-383 Mio. € belaufen. Aus dem Vergleich der drei Reaktionsvarianten zeigt sich, dass die Erhöhung der Deiche auf vorhandener Linie die kostengünstigste Variante ist. Für die Reaktionsvarianten 2 und 3 ist die Akzeptanz dieser Maßnahmen durch die Öffentlichkeit fragwürdig. Die Ergebnisse des Klimaszenarios KLIMU zeigen insgesamt, dass eine Anpassung an den Meeresspiegelanstieg, die Temperatursteigerung, den größeren Tidehub, die Verstärkung des Niederschlages und ein erhöhtes Windaufkommen nötig ist. Es hat sich aber auch gezeigt, dass es zum größten Teil nur wenig Einschränkungen in der Bewirtschaftung geben wird. V. STORCH (2005) vertritt eine abweichende Ansicht der alternativen Schutzstrategien.

Nach v. STORCH (2005) kann ein Rückzug aus betroffenen Gebieten nicht in Betracht gezogen

50 werden, da große Siedlungsbereiche und landwirtschaftliche Nutzflächen aufgegeben werden müssten, es zu einem Verlust von Kulturgütern kommen würde und Entschädigungszahlungen für aufzugebende Werte den Nutzen eindeutig überwiegen. Allerdings wird hier der Rückzug aus größeren Bereichen thematisiert, es geht also nicht nur um die Anlage von Poldern, sondern um die Aufgabe großer besiedelter Bereiche, so dass nur noch einzelne Siedlungen durch Ringdeiche geschützt werden. Die Anpassung an den Anstieg des Meeresspiegels wird als nicht sinnvoll eingestuft, da die Bedingungen nicht absehbar sind. Der Schutz der Gebiete ist also nach v. STORCH (2005) die zukünftige Schutzstrategie. Der wirtschaftliche Nutzen ist bei dieser Strategie am höchsten, da eine vollständige Nutzung gefährdeter Gebiete möglich ist, auch wenn für den Bau und Erhalt der Schutzbauwerke erhebliche Aufwendungen nötig sind und das Risiko von Verlusten bei unzureichender Instandhaltung groß ist.

Bei der Schutzstrategie gibt es nach v. STORCH (2005) zwei verschiedene Schwerpunkte. Zum einen können im Sinne der Vorwärtsverteidigung die sturmflutgeschützten Gebiete erweitert werden, indem Schutzbauwerke in Richtung See verschoben werden. Diese Strategie zieht aber erhebliche Investitionskosten mit sich und ist durch den Verbrauch von naturbelassener oder naturnaher Landschaft nur in Abb. 31: Hochwasser in der Ausnahmefällen geeignet. Zum anderen ist die Wesermarsch? Staffelung von Bauwerken möglich. Vom ersten Bauwerk wird der Seegang gedämpft oder komplett abgefangen, Sturmfluten werden vom inneren gekehrt (v. STORCH 2005). Nach v. STORCH (2005) ist die Kombination von Haupt- und Sommerdeichen nur bei niedrigen Sturmfluten effektiv, da bei höheren Sturmflutwasserständen die Hauptdeiche normale Höhen aufweisen müssen und es in Folge des Meeresspiegelanstiegs einer weiteren Erhöhung bedarf.

Nach einer Rückdeichung hat das Vorland nach v. STORCH (2005) allerdings kaum seegangsdämpfende Wirkung, so dass die Schaffung von zur See offenen Flächen, auf denen sich Salzwiesen entwickeln können, vor allem aus naturschutzfachlicher Sicht sinnvoll ist, diese für den Küstenschutz aber keinen zusätzlichen Puffereffekt besitzen. V. STORCH (2005) empfiehlt daher ebenfalls die Fortführung des linienhaften Küstenschutzes im Hinblick auf Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Ebenso wie die Auswirkungen des Klimawandels das Leben und Wirtschaften der Menschen

51 beeinflussen werden, werden sich die ökologischen Bedingungen für die Pflanzen- und Tierwelt verändern. KRAFT et al. (2005) haben ökologische Folgen eines Klimawandels in der Unterweserregion zusammengetragen und bewertet. Die Auswirkungen sind vielfältig, daher soll an dieser Stelle nur exemplarisch auf einige eingegangen werden. Zum Beispiel wird es durch den

Temperaturanstieg und die höheren CO2-Gehalte der Luft zu einer Leistungssteigerung der Pflanzen kommen. So ist von Ertragssteigerungen der Grünlandflächen in der Landwirtschaft und einer Zunahme von wärmeliebenden Pflanzen, also einer Verschiebung des Artenspektrums und damit verbunden einer Verschiebung von Dominanzstrukturen, auszugehen. Des Weiteren kann von einer Verbreitung von Neophyten ausgegangen werden, da Flussauen und Ästuare auf Grund der vorherrschenden Dynamik ein Hauptverbreitungsgebiet sind. Rund 70% der Unterweservorländer werden landwirtschaftlich genutzt. KRAFT et al. (2005) haben zwei Entwicklungsszenarien für diese Bereiche aufgestellt. Im Entwicklungsszenario 1 wird davon ausgegangen, dass alle bewirtschaftbaren Bereiche landwirtschaftlich genutzt werden. Da nach dem Klimaszenario KLIMU 18% der Vorländer regelmäßig überflutet würden, nimmt die landwirtschaftlich genutzte Fläche leicht ab und vor allem Röhrichte entwickeln sich. Die Flächen, die weiterhin landwirtschaftlich genutzt werden können, sind durch eine Ertragssteigerung durch die Temperaturerhöhung und die CO2-Düngung gekennzeichnet. Gleichzeitig führt diese Veränderung aber auch zu einer Verschiebung der Artenzusammensetzung. Nach dem Entwicklungsszenario 2 werden alle landwirtschaftlich genutzten Flächen im Vorland aufgegeben. Auch Sommerpolder werden zurückgedeicht und wieder überflutet. Das würde zu einer Verdreifachung der Flächen mit Röhricht sowie Ruderalfluren führen. Konflikte ergeben sich auch für Grünlandflächen, die aus Gründen des Wiesenvogelschutzes als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen wurden. Diese würden zum großen Teil auch einer regelmäßigen Überflutung unterzogen. Die Ausbildung von Röhrichtflächen wäre die Folge. Für Röhrichtvögel würde sich der Lebensraum vergrößern, für die Wiesenvögel würde er sich im Vorland der Unterweser verkleinern. Daher steigt die Bedeutung der binnendeichs liegenden Grünlandflächen für die Wiesenvögel. Auch andere Artengruppen sind von den Veränderungen durch den Klimawandel betroffen. So wird insbesondere bei den Wirbellosen und Wechselwarmen die vermehrte Stoffwechselleistung für Konkurrenzvorteile einzelner Arten sorgen.

Ähnlich der langsamen aber stetigen Entwicklung des Küstenschutzes haben sich auch die

Handelsbeziehungen über den Wasserweg entwickelt. BORGER (1997) berichtet, dass schon im frühen Mittelalter weitgespannte Handelsbeziehungen über Wasserstraßen vorhanden waren und in den Langwurtendörfern Waren gegen einheimische landwirtschaftliche Produkte getauscht

52 wurden. Es entstanden „an mehreren Orten auf langgestreckten Wurten entlang der Priele und

Binnengewässer Straßendörfer mit einer weitgehend nicht-agrarischen Wirtschaftsform“ (BORGER 1997, S. 31). Diese Handelsbeziehungen können als eine Art historische „Globalisierung“ angesehen werden, die sich immer weiter ausgeweitet hat und auf gigantische Dimensionen angewachsen ist. Mit 1.680 m ist das Containerterminal in Bremerhaven die längste Stromkaje der Welt (www.bremerhaven.de). Dort sind 2008 vier neue Liegestellen für Großcontainerschiffe entstanden. Die Auswirkungen des Klimawandels werden durch die fortschreitende Globalisierung nicht unerheblich verstärkt. Zum Beispiel ist eine erneute Weservertiefung nötig, damit auch große Containerschiffe mit einem Tiefgang von 13,50 m unabhängig von Ebbe und Flut Bremerhaven erreichen können. Die Weservertiefung bis Bremerhaven hat zur Folge, dass der Tidehub sich besonders stromaufwärts verstärkt. Zwar gehört Bremerhaven nicht zum Landkreis Wesermarsch, aber die mit der Weservertiefung verbundenen Auswirkungen sind auch hier zu spüren.

5.7.2. Gestaltungsidee

Um die Folgen des Klimawandels und der Globalisierung für die Bevölkerung und die Touristen deutlich zu machen, ist es notwendig ein deutliches Zeichen in der Landschaft zu hinterlassen, welches vielleicht nicht direkt mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht wird, aber für die Globalisierung ein deutliches Merkmal ist. Die Globalisierung bedeutet einen riesigen Warenstrom rund um die Welt, wobei die Waren größtenteils in Containern bewegt werden. Daher könnte ein „gestrandeter“ Container auf die zukünftige Situation aufmerksam machen (s. Abb. 30). Dieser soll auf die immer weiter wachsende Globalisierung hinweisen. Daher eignet sich besonders ein Ort, an dem die Globalisierung weithin sichtbar ist. Es würde sich also anbieten, einen solchen Container an dem zu Langlütjen I führenden Damm aufzustellen. An dieser Stelle kann über die Weser hinweg das Abb. 32: Gestaltungsvorschlag: "gestrandeter" Container Containerterminal Bremerhaven beobachtet werden. Das bloße Vorhandensein des Containers an einer Stelle, an der sich kein Container befinden sollte, soll Interesse bei Touristen und Einheimischen wecken. Der Container könnte mit einer Art Fenster ausgestattet sein, durch das ein Blick auf das Containerterminal Bremerhaven möglich wird, da das Containerterminal ein Zeichen für die Globalisierung darstellt. Außerdem können den

53 Touristen und den Einheimischen in dem Container Informationen zu dem Thema Globalisierung und dessen Zusammenhang mit dem Klimawandel und den damit verbundenen Folgen für das Leben und Wirtschaften in der Wesermarsch angeboten werden. Die Lage des Containers würde sich so allerdings in der höchsten Schutzzone des Nationalparks Wattenmeer befinden. Es ist dringend abzuklären, inwieweit eine Scheuchwirkung auf Tiere entstehen würde bzw. zu welcher Jahreszeit diese am geringsten wäre. Der Standpunkt des Containers wurde allerdings an einem bereits freigegebenen Wanderweg gewählt, um den Eingriff möglichst gering zu halten und damit keine zusätzlichen Wege geschaffen werden müssen. Es ist denkbar, solch ein Projekt nur vorübergehend durchzuführen. Auch muss über die farbliche Gestaltung nachgedacht werden: Eine Signalfarbe wie rot oder orange würde sicher mehr und schneller Aufmerksamkeit erregen als ein z.B. ein grauer Farbton.

Zukunftsperspektiven

Der Klimawandel bedingt einen Meeresspiegelanstieg und eine Tidehub-verstärkung. Anpassungsstrategien müssen gefunden werden, um auch in Zukunft das Leben und Wirtschaften in der Wesermarsch zu sichern.

Informationen zum Klimawandel: - Daten und Fakten: -Meeresspiegel +55 cm (15 säkular, 40 Klimawandel) - Mittlerer Tidehub +25 cm (THW +10 cm, TNW -15 cm) - Wind +7% (verstärkt aus NW bis N) - Temperatur atmosphärisch +2,8 °C - Niederschlag +0,1 mm/d

Mögliche Anpassungsstrategien: - Rückzug - Erhöhung der Deiche - Schaffung von Sturmflutpoldern - Errichtung eines Wesersperrwerks

Globalisierung: - Anfänge im frühen Mittelalter - Verstärkung bis heute - Weserausbau und die damit verbundene Verstärkung der Auswirkungen des Klimawandels

Bedeutung für den Naturhaushalt: - Veränderung des Konkurrenzgefüges - Zunahme von wärmeliebenden Arten - zu- sowie abnehmende Bodenfeuchte an verschiedenen Standorten - Ertragssteigerungen aber auch Ertragseinbußen in der Landwirtschaft

54 6. Konzeptergänzende Ideen

Im Laufe der Bearbeitung dieses Projektes wurden Ideen entwickelt, die nicht im direkten Zusammenhang mit einem der Gestaltungsvorschläge stehen. Zum Beispiel ist es für die Wesermarsch charakteristisch, dass sich einige Bereiche des Landkreises unter NN befinden. Diese Tatsache würde durch die Sichtbarmachung der Nulllinie in der Landschaft deutlicher. Möglich gemacht werden könnte dieses durch eine Linie auf viel genutzten Radwegen. So könnten mit wenig Aufwand Touristen und Einheimische angesprochen und auch im Landesinneren für die Themen Wasserstände und Meeresspiegelanstieg, aber auch im Hinblick auf die Landsackung (vgl. Kap. 5.6) sensibilisiert werden. Um die Tide im Binnenland zu verdeutlichen, soll diese „ins Landesinnere geholt“ werden. Sturmflutpegel an den Deichen sind typische für eine Küstenregion. Das Hauptaugenmerk der Sturmflutpegel liegt allerdings, wie der Name schon sagt, im Aufzeigen von Extremwasserständen. Die Tide könnte durch eine durchsichtige, mit Wasser gefüllte Röhre, in der sich der Wasserstand entsprechend der gerade herrschenden Ebbe oder Flut ändert, dargestellt werden. Außerdem können Sturmflutmarkierungen angebracht werden, die im Binnenland die Extremwasser- standshöhen zeigen. Diese „Tide-Pegel“ könnten im gesamten Landkreis verteilt werden, vor allem aber im Binnenland. Sie werden von einem amtlichen Pegel reguliert und können nicht von außen bedient werden. Weitere Informationen sind an den entsprechenden Standorten nicht vorgesehen. Durch die Tide und den Einfluss der Nordsee bildet sich zwischen Brake und Rodenkirchen in der Weser die Brackwasserzone. Mit dieser Übergangszone von Salz- zu Süßwasser verändern sich für Tiere und Pflanzen die Lebensbedingungen auf wenigen Flusskilometern drastisch. Die Brackwasserzone könnte ebenfalls durch eine Linie auf Rad- und Fußwegen entlang der Weser aufgezeichnet werden, wobei zusätzliche Informationen zu ergänzen sind, die den Interessierten verdeutlicht, dass es eigentlich keine starre Brackwasserzone gibt, da sich diese mit dem ständigen Wechsel von Ebbe und Flut verändert. Außerdem könnte ein Verweis auf die Informationsstation „Klimawandel / Zukunftsperspektiven“ gegeben werden, da sich die Brackwasserzone verbunden mit einem Meerespiegelanstieg verschieben wird. Die Landschaft der Wesermarsch ist durch den Einfluss von Wasser entstanden. Daran angepasst haben sich typische Besiedlungsformen gebildet, wie z.B. die Wurten. Die auch durch die Tide verursachte Veränderung, die bis heute anhält, könnte mit „Klapptafeln“ in der Landschaft den Besuchern näher gebracht werden. Wie bereits in Kap. 5.4 erwähnt, setzt sich die Klapptafel aus einem Rahmen und einer Tafel mit einem historischen Foto oder einer historischen Abbildung zusammen. Die Tafel soll mit einem Scharnier mit dem Rahmen verbunden sein, so dass durch

55 Wegklappen der Tafel durch den Rahmen möglichst der gleiche Landschaftsausschnitt, der sich auf dem Bild befindet, sichtbar wird. Auf der Rückseite der Klapptafel können Informationen zum Bild- und Landschaftsausschnitt sowie zu dessen Entwicklung gegeben werden. Besonders eignen würde sich das Thema „Wurten“. Auf der Klapptafel könnte sich ein historisches Foto einer charakteristischen Wurt befinden, die durch den Rahmen nach Wegklappen der Tafel sichtbar wird. Auf der Rückseite der Klapptafel können dann zur Entwicklung, Funktionsweise und der heutigen Bedeutung Informationen bereitgestellt werden. Ein abstraktes Thema wie den Klimawandel, der in der Landschaft außerdem nicht direkt sichtbar ist, könnte durch eine Überzeichnung deutlich gemacht werden. Die von der Öffentlichkeit am Häufigsten wahrgenommene Folge ist der Meeresspiegelanstieg und die damit verbundene steigende Flutgefahr. Die Folgen von Überflutungen könnten durch überflutete Gegenstände dargestellt werden. Zum Beispiel könnte an einer viel befahrenen Straße, z.B. einer Bundesstraße, ein geflutetes Auto als kurzzeitige Installation aufgestellt werden. Diese und andere in den Zusammenhang passende geflutete Gegenstände sollen zum Nachdenken anregen. Als Beispiel hierfür dient eine als Aquarium umfunktionierte Telefonzelle auf der EXPO 2000 in Hannover. Die Inhalte, die mit den Informationsstationen vermittelt werden, können außerdem auf einer Internetseite zusammengestellt werden. So können sich die Interessierten entweder vor einem Besuch der Informationsstationen informieren oder nach einem Besuch ihr Wissen vertiefen. Es können dort zusätzliche Informationen, über die Inhalte der Informationsstationen hinausgehend, angeboten werden. Unterstützend kann auch eine Flyerserie initiiert werden, wobei jede Station in einem Flyer vorgestellt wird. Diese können an verschiedenen Stellen, z.B. im Nationalpark-Haus / Museum Butjadingen und bei anderen touristischen Anlaufstellen, ausgelegt werden, um in der Phase der Umsetzung auf die Informationsstationen und die Internetseite aufmerksam zu machen.

7. Diskussion

Marschenlandschaften sind auf Grund ihres geringen Geländereliefs und Bewuchses besonders anfällig für störend wirkende Bauwerke, da alle größeren Elemente weithin sichtbar sind. Sollen neue Informationspunkte in einer solchen Landschaft geschaffen werden, geht es bei der Planung auch um die Vermittlung in einem Konflikt. Es geht zum einen um die Auffälligkeit einer Installation, um Menschen neugierig und damit auf die neue Station aufmerksam zu machen. Andererseits sollte es auch darum gehen, die Station so unauffällig wie möglich zu gestalten um sie in das Landschaftsbild zu integrieren und sie nicht als unpassend wirkendes Element alleine in einer

56 weiten Landschaft stehen zu lassen. Mit den in der vorliegenden Arbeit vorgestellten Gestaltungsideen wird versucht, beiden Ansprüchen gerecht zu werden. Die Stationen „Pumpwerk Waddens“ und „Grünlandbereich Stedingen“ knüpfen an bereits vorhandene Stationen des Kiekpadd an. Sie müssen daher nicht auffallen, um wahrgenommen zu werden. Die Installationen am Pumpwerk befinden sich innerhalb des Gebäudes, so dass sie keinen Einfluss auf das Landschaftsbild ausüben. Die bauliche Erweiterung der Kiekpadd-Station zu den Krebsscherengräben an der Hörspe fällt nur minimal aus, weswegen ebenfalls keine negativen Auswirkungen zu befürchten sind. Ähnlich gering sichtbare Veränderungen der Landschaft werden für die Anlage der Informationspunkte „Alte Deichlinien Butjadingen / Stadland“ und „Braken“ nötig. Für die Stationen „Zukunftsperspektiven“ und „Hammelwarder Moor mit tiefstem Punkt“ ist es dagegen unabdingbar Elemente in Szene zu setzen, die in der freien Landschaft eigentlich keinen Platz haben. Dies ist notwendig um die Besucher auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die mit dem an der jeweiligen Informationsstation dargestellten Thema einhergehen. Im Hammelwarder Moor soll dazu ein überdimensionaler Badewannenstöpsel genutzt werden, was eher einen spielerischen Ansatz darstellt und auf Grund der noch relativ geringen Größe nicht weithin sichtbar sein wird. Dagegen stellt der „gestrandete“ Container als offensichtlicher Teil einer Großindustrie wie beabsichtigt einen sehr großen Kontrast zu der ihn umgebenden Landschaft – immerhin ein Nationalpark – dar. Dies kann aber gleichzeitig als Synonym für die Unberechenbarkeit der Eingriffe des Menschen auf Natur und Landschaft angesehen werden und verstärkt damit das ebenfalls beabsichtigte beklemmende Gefühl des Betrachters. Die weitaus größten und damit auch das Landschaftsbild am stärksten beeinträchtigenden Stationen sind das als Aussichtspunkt zu nutzende Windrad am Informationspunkt „Graben-Grünland-System Butjadingen“ und die „Informations-Kogge“ zur Darstellung des Themenkomplexes „Urstromlandschaft Weser“. Allerdings passen Schiffe wie in neuerer Zeit auch Windräder in das Bild der Nordseeküste. Sie wirken daher zwar nicht natürlich, aber auch nicht unbedingt störend auf das Landschaftsbild. Spätestens durch die angebotenen Informationen sollte sich jedem Besucher die Verbindung dieser Elemente mit der Landschaft erschließen, so dass die inhaltliche Ebene zumindest bei den meisten Menschen deutlich stärker angesprochen wird, als bei in den letzten Jahren sehr beliebt gewordenen reinen Kunstinstallationen. Diese haben in den meisten Fällen hauptsächlich die Funktion von Mahnmalen, die auf die von der See ausgehenden Gefahren aufmerksam machen sollen. Dazu zählen einerseits Denkmale für verschollene Fischer oder andere Seeleute, andererseits aber auch Memorials zu Sturmfluten oder

Ehrenmale für Deichbauer. Laut FISCHER 2007 spiegelt sich die Kulturentwicklung der Küste in

57 den aufgestellten Gedenktafeln wieder. So wurden – sobald die unmittelbaren Gefahren der See durch verbesserte Techniken im Deichbau und eine Weiterentwicklung der Seefahrtskunde gebannt waren – erste Denkmale aufgestellt, um die unmittelbar mit den Gefahren verbundene Identität der Bevölkerung der Küstenregion zu wahren. Nachdem die Küste in den siebziger Jahren in Konkurrenz zu anderen Touristenregionen getreten war, entwickelte sich die Mythologisierung der Küstenlandschaft weiter um als „'Alleinstellungsmerkmal' marketingmäßig instrumentalisiert“ zu werden (FISCHER 2007, S. 154). Das furchterregende und todbringende Meer wird dabei genutzt, um Abb. 33: Verwitterte Karte an der Sielroute die Küste als Raum mit besonders erschwerten Lebensbedingungen darzustellen und damit die Einzigartigkeit zu vermarkten. Allerdings gibt diese Art der Landschaftsdarstellung nur einen sehr eingeschränkten Blick. Jede Landschaft besteht schließlich aus einer Vielzahl von Facetten, die ein Gesamtbild ergeben und damit alle ihren Teil zur Wertigkeit der Landschaft und damit auch zum Erlebnisreichtum für Touristen beitragen. Daher wurde das Augenmerk bei der Erarbeitung der vorliegenden Konzeptidee auf eine Berücksichtigung der vielseitigen Aspekte, die mit den Gezeiten verbunden sind, gelegt. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Planung neuer touristischer Angebote ist die Möglichkeit eine Überlastung der Landschaft in Betracht zu ziehen. Dies kann einmal in Bezug auf den Naturhaushalt, das heißt zum Beispiel zu viele Wege und Besucher in einem bedeutenden Wiesenvogellebensraum zuzulassen, oder aber auch in Bezug auf eine Verschilderung der Landschaft und damit das Erschaffen einer Museumslandschaft gesehen werden. Das ungewollte aber doch oft erreichte Ziel bei der Schaffung touristischer Angebote im Bereich der Landes- und Naturkunde darf es keinesfalls sein, zu jedem Baum eine Hinweistafel aufzustellen, die seine Entstehungsgeschichte beschreibt. Vielmehr sollte es darum gehen, gezielt einige ausgewählte Aspekte der Landschaft vorzustellen und damit ein Verständnis zu schaffen, das es den Besuchern erlaubt, den Naturraum aus eigenem Antrieb zu entdecken und kennenzulernen. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang auch die Darstellung nicht nur einer Zeitrichtung wie der Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Entwicklung der Wesermarsch. Gleichzeitig sollte immer auch die Frage nach Wegen in die Zukunft aufgeworfen werden. Da diese Aspekte im vorliegenden Konzept berücksichtigt wurden, kann eine solche Darstellung der Thematik „Siellandschaft“ als Ergänzung zum bisherigen Angebot vor allem des überwiegend auf Naturbeobachtungen ausgelegten Kiekpadd angesehen werden.

58 Allerdings muss beachtet werden, dass auch bereits vorhandene Angebote von Zeit zu Zeit überarbeitet werden müssen. So sind zum Beispiel die meisten der Hinweistafeln und Karten des Radwanderweges Deutsche Sielroute stark verschmutzt und teilweise gar nicht mehr lesbar (s. Abb. 31). Die Sielroute ist eines der touristischen „Aushängeschilder“ der Wesermarsch und eine wichtige Strecke, die nicht zugunsten einer Anlage neuer Angebote vernachlässigt werden sollte. So sollte auch darüber nachgedacht werden, alte und nicht mehr unterhaltene Lehrpfade und Installationen aus der Landschaft zu entfernen, da sie von aktuellen Angeboten ablenken, störend wirken und zudem auch Beeinträchtigungen für den Naturhaushalt darstellen können. Auch sollte vermieden werden, dass zu viele Lehrpfade oder ähnliche Einrichtungen in der Landschaft vorhanden sind, auch wenn das Engagement, das einige Vereine oder andere Gruppen damit an den Tag legen auf jeden Fall zu würdigen ist. Dafür ist dann eine gute Absprache aller betroffenen Organisationen notwendig, damit jeder die Möglichkeit bekommt, inhaltliche Aspekte unterzubringen, solange sie zum Gesamtbild des Themas beitragen. Ein sich an die Öffentlichkeit richtendes Angebot zu Sehenswürdigkeiten o.ä. bedarf einer guten Organisation und einer Integration in bestehende Angebote. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass die Angebote nicht miteinander verknüpft werden können oder ein Überangebot entsteht. Das erarbeitete Konzept bietet einen Anknüpfungspunkt an die Sielroute und erreicht so die Touristen. Diese verlassen den Rundweg für einen Abstecher in das bislang touristisch wenig erschlossene Binnenland. Es muss auch von Zeit zu Zeit kritisch hinterfragt werden, wer bestehende Angebote nutzt. Dies kann durch gezielte Befragungen oder auch eigene Beobachtungen geschehen. Häufig nimmt die Bevölkerung vor Ort solche Angebote nicht wahr. Und es fühlen sich auf Grund unterschiedlicher Altersgruppen und damit auch Interssenslagen auch nicht alle Touristen angesprochen. Das erstellte Konzept ist ausdrücklich nicht ausschließlich auf Touristen der Wesermarsch ausgerichtet. Es soll auch die einheimische Bevölkerung, die unmittelbar von der Thematik betroffen ist, angesprochen werden. Eine zeitweilige Inszenierung zusätzlicher Installationen zu aktuellen Entwicklungen ist denkbar und kann die gewollte Konfrontation verstärken, da bei dauerhaft gleichbleibender Einrichtung ein Gewöhnungseffekt eintritt. Veränderungen des bestehenden Angebots bieten einen Anreiz für einen erneuten Besuch in der Wesermarsch.

59 8. Zusammenfassung

Die Region tritt auf Grund ihrer starken Abhängigkeit von den Gezeiten und damit der Entwässerung des Landes auch als „Siellandschaft Wesermarsch“ nach außen auf. Mit dem Leitprojekt „Tidefenster Siellandschaft Wesermarsch“ des REK der LEADER-Förderperiode 2007-2013 soll Einheimischen und Touristen diese Tatsache stärker ins Bewusstsein gerückt werden. Im Zuge der Bearbeitung wurden insgesamt acht unterschiedliche Orte in der Wesermarsch ausgewählt, an denen der Einfluss der Gezeiten in verschiedenen Formen erlebbar ist. Diese Orte befinden sich – bis auf eine Ausnahme – wie in der Projektbeschreibung gefordert im Binnenland. Der Schwerpunkt der touristischen Nutzung liegt bislang entlang der Küsten- und Weserlinie. Als Anknüpfungspunkt bietet sich die themenverwandte Deutsche Sielroute an. Von hieraus können Abstecher in das Landesinnere unternommen werden, ohne dass eine neue Infrastruktur aufgebaut werden muss. Es werden folgende Informationspunkte vorgeschlagen: „Urstromlandschaft Weser“ (Gde. Stadland), „Grünland-Graben-System“ (Gde. Butjadingen), „Grünlandbereich Stedingen“ (Gde. Lemwerder), „Alte Deichlinien“ (Gde. Butjadingen), „Pumpwerk Waddens“ (Gde. Butjadingen), „Hammelwarder Moor“ (Gde. Ovelgönne), „Braken“ (Gde. Berne) und „Zukunftsperspektiven“ (Stadt Nordenham). An den Stationen finden sich Informationen über die Auswirkungen der Gezeiten oder des Wasserstandes an der entsprechenden Stelle. Außerdem werden auch kurze Erläuterungen zum Naturraum angeboten. Weitere nicht ortsgebundene Inszenierungen unterstützen das Konzept und warnen vor der Flutgefahr. Sie schaffen somit eine Verbindung zum prognostizierten Meeresspiegelanstieg.

60 9. Quellenverzeichnis

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NWZ (15.07.2008): Nordwest Zeitung: Weservertiefung verzögert sich weiter - Nordenham.

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PROJEKT STOLLHAMMER WISCH (o.A.): Projekt „Stollhammer Wisch“ Die Umsetzung des Niedersächsischen Feuchtgrünlandschutzprogrammes durch eine intensive Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Naturschutz im Landkreis Wesermarsch.

66 Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Grünlandbereich im Vorland der Strohauser Plate S. 1 Abb. 2: Lage der Wesermarsch in Niedersachsen S. 2 Abb. 3: Höhenkarte der Wesermarsch (verändert nach BENDISCH 1991) S. 3 Abb. 4: Beobachtungshütte am Sehestedter Außendeichsmoor S. 6 Abb. 5: Wegweiser S. 6 Abb. 6: Archimedesschraube am Elbmarschenhaus S. 7 Abb. 7: Bushaltestelle mit Zusatzhinweis S. 8 Abb. 8: Wasserschöpfmühle Honigfleth S. 9 Abb. 9: Dielenschiff "Hanni" S. 12 Abb. 10: Weserufer bei Golzwarden S. 16 Abb. 11: Gestaltungsvorschlag: Informations-Kogge S. 17 Abb. 12: Verlauf der Urweser (verändert nach HABEDANK 1970) S. 19 Abb. 13: Karte vom Herzogtum Oldenburg 1803 (Mentz, NstAO) S. 20 Abb. 14: Erste Phase der Begradigung der Weser durch Buhnen und Leitdämme, 1887 (aus SCHMIDT & ROLOFF 2006) S. 20 Abb. 15: Die Inseln wachsen zusammen, 1893 (aus: SCHMIDT & ROLOFF 2006) S. 20 Abb. 16: Grünland mit Graben S. 22 Abb. 17: Gestaltungsvorschlag: Aussichtsplattform auf einem Windrad S. 25 Abb. 18: Gestaltungsvorschlag: Platz um das Windrad S. 25 Abb. 19: Beispiel für eine Bodenplatte zum Thema 'Typische Pflanzen der oberen Salzwiese' (Abbildungen der Pflanzen nach FITTER et al. 2007 & AICHELE & GOLTHE-BECHTE 2005) S. 26 Abb. 20: Beispiel für eine Bodenplatte zum Thema 'Typische Pflanzen des Intensivgrünlands der Marschen' (Abbildungen der Pflanzen nach FITTER et al. 2007 & AICHELE & GOLTHE-BECHTE 2005) S. 26 Abb. 21: Gestaltungsvorschlag: Weg ins Grünland S. 28 Abb. 22: Abser Deichschart mit Sturmflutpegel S. 31 Abb. 23: Gestaltungsvorschlag: Deichquerschnitt S. 32 Abb. 24: Alte Deichlinien in der Wesermarsch (verändert nach HABEDANK 1970 & KRÄMER 1991) S. 33 Abb. 25: Gestaltungsvorschlag: Klapptafel 'Deichbruch' S. 36 Abb. 26: Ehemaliges Alser Sieltief S. 39 Abb. 27: Pumpwerk Waddens S. 41 Abb. 28: Gestaltungsvorschlag: Torfsoden-Stapel S. 44 Abb. 29: Vergleich des Anteils der gepumpten an der gesamten Wassermenge zwischen Klimaszenario und Status quo im Jahr 1994 (verändert nach MANIAK et al. 2005) S. 47 Abb. 30: Änderung der Bodenkundlichen Feuchtestufe infolge des Klimaszenarios (verändert nach MANIAK et al. 2005) S. 48 Abb. 31: Hochwasser in der Wesermarsch? S. 51 Abb. 32: Gestaltungsvorschlag: "gestrandeter" Container S. 53 Abb. 33: Verwitterte Karte an der Sielroute S. 58    

  

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3  & "'  Informationspunkt: „Urstromlandschaft Weser“  Bezug zum Projekt Die Dynamik der Weser ist durch den Tideeinfluss bedingt, nur durch den „Tidefenster“ Gezeitenwechsel entstanden auch die Platen. Durch die immer größer werden Schiffe muss die Weser vertieft werden. Hintergrund - Entwicklung zur heutigen Lage der Weser: • Urweser verlagerte ihren Verlauf von der Mitte der heutigen Wesermarsch weiter nach Osten • Weserkorrektion ab 1887 stellte heutigen Verlauf der Weser her - Entstehung von Sänden und Platen durch Einfluss von Tide und Wetter - Durch Wechsel von Ebbe und Flut sind die Platen Dynamik ausgesetzt, Beispiele: Strohauser Plate, Harrier Sand und Juliusplate - Unterweser transportiert 600 Zentner Feststoffe pro Stunde - Vertiefungen, um für größere Schiffe befahrbar zu sein als Folge der Globalisierung führt zu einer Verschiebung der Brackwasserzone flussaufwärts, einer Zunahme der Verschlickung und dem Verlust von Flachwasserzonen Bedeutung für den - Schutzbedürftige Bereiche an der Weser: Naturhaushalt • Röhrichte und Großseggen-Rieder: besonderer Lebensraum für Amphibien,Wirbellose, Ringelnattern, Vögel • Reithflächen wichtiger Lebensraum für Schilfbrüter • Schachbrettblumenwiese auf der Juliusplate • Vegetationsloses Flusswatt - Dynamik schafft vielseitige Lebensräume Gestaltungsidee - Verdeutlichung des Verlaufs der Urweser durch: • Aufstellen einer Kogge oder • Huntebrücke am alten Flussbett • „Blaues Weser-Band“ Rad- und Wanderweg • Vermittlung von Informationen zur Urstromlandschaft auf Tafeln an der Kogge Inhalt der - Entwicklung der Urstromlandschaft Infostation - Entstehung der Platen - Flora, Fauna und Lebensräume - Blick in die Zukunft Standort Bei Schwei, auf dem ehemaligen Flusslauf der Urweser

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Grünland-Graben-System Butjadingen  Bezug zum Projekt Ohne tägliche Aufschlickung durch den Tidenhub hätte das fruchtbare „Tidefenster“ Marschenland nicht entstehen können. Für viele Tier- und Pflanzenarten sind Wasserstandsschwankungen in den Gräben überlebenswichtig. Hintergrund - Gebiet war vor der Eindeichung täglichem Tideeinfluss ausgesetzt - durch Aufschlickung von Sedimenten wuchs langsam ein höher gelegenes Land, was sich von einer Salzwiese durch die Eindeichungen zum Wirtschaftsgrünland entwickelte - durch Auswaschung von Kalk, Eisen- und Aluminiumsalzen kam es zur Bildung einer Knickmarsch  es entwickeln sich staunasse Böden - hauptsächlich artenarme Schilfgräben - Tideeinfluss wird über Sielbauwerke indirekt in Grabensystem geleitet, damit sind auch Beeinträchtigungen durch Weservertiefung zu erwarten Bedeutung für den - ausgedehnte Grünlandgebiete sind bedeutende Lebensräume für Wat- und Naturhaushalt Wiesenvögel wie Kiebitz, Rotschenkel, Uferschnepfe und Bekassine - Gräben bilden wichtigen Ersatzlebensraum und wertvolle Vernetzungsstruktur für an Feuchtigkeit gebundene Arten wie Amphibien Gestaltungsidee - Schaffung eines Aussichtspunktes zum Erleben der Weitläufigkeit der Grünland-Landschaft und des Grabennetzes - z.B. Nutzung eines alten Windrades als Aussichtsplattform mit Darstellung des Grabensystems der Umgebung mit einem Vergleich der Wasserläufe vor der Eindeichung mit dem heutigen Zustand - Darstellung der Entwicklung von der Salzwiese zum Wirtschaftsgrünland an Hand von Bodenplatten mit jeweils typischen Pflanzenarten Inhalt der - Entwicklung des Grünlands von der Natur- zur Kulturlandschaft Infostation - Grünland-Graben-Komplex als Lebensraum - Verweise: Informationspunkt „Stedinger Grünland“; Salzwiesenlehrpfad Standort Möglicher Standort eines Windrades zwischen Ruhwarden, Tossens und Süllwarden

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Grünlandbereich Stedingen  Bezug zum Projekt Durch den Einfluss von Ebbe und Flut entstand ein Uferwall auch im „Tidefenster“ südlichen Landkreis der Wesermarsch. Dadurch wurde ein Abfließen des Wassers verhindert und ein Hochmoor konnte sich entwickeln. Erst durch die Entwässerung wurde der Moorkörper nutzbar gemacht. Heute wird das gesamte Gebiet als Grünland genutzt. Hintergrund - Vor dem menschlichen Eingriff: Hochmoorkörper - Entwässerung durch Gräben und Mühlen - Heute Grünlandnutzung im Bereich der Brookseite auf Niedermoorboden - Gräben artenreicher als im Norden (z.B. in Butjadingen) - Lebensraum vieler gefährdeter und vom Aussterben bedrohter Wasser- und Sumpfpflanzen wie Krebsschere, Schwanenblume, Wasserfeder und Gelbe Teichrose - Krebsscheren bilden wertvollen Lebensraum für die Grüne Mosaikjungfer Bedeutung für den - Entwicklungsziele: Naturhaushalt • Zusammenhängende Grünland-Areale schaffen • Durch Erhaltung von Standortvielfalt und Realisierung hoher Wasserstände im Frühjahr Lebensraum für Amphibien, Heuschrecken, Wiesenvögel sichern • Ökologisches Entwicklungspotenzial nutzen - Gefährdungen: • Eutrophierung der Gräben • Intensivierung der Landwirtschaft mit weiterer Abtrocknung und Überdüngung der Flächen Gestaltungsidee - Entwicklungsgeschichte der Brookseite - Flora, Fauna und Lebensräume des Grünlandbereichs - ergänzend zu bereits vorhandenen Informationen zu den Krebsscherengräben (Kiekpadd) Inhalt der - Näherbringen des Lebensraums für Pflanzen auf Niedermoorboden: Infostation • Bohlenweg über die Hörspe, der ins Grünland hinein führt, so dass die Bodenoberfläche mit den krautigen Pflanzen „auf Augenhöhe“ des Betrachters liegt • Querschnitt eines Grünlands aufzeigen - Steckbriefe einzelner vorkommender Pflanzenarten Standort An der Hörspe südwestlich von Lemwerder

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Alte Deichlinien Butjadingen / Stadland  Bezug zum Projekt Wie groß der Einfluss der See auf das Binnenland wäre machen Sturmfluten „Tidefenster“ aus den vergangenen Jahrhunderten sichtbar, deren Folgen an den noch in der Landschaft erkennbaren alten Deichlinien abzulesen sind. Hintergrund - durch die Eindeichung (ab dem 11. Jhd.) kommt es zu einer Veränderung der natürlichen Ökosysteme, es entsteht eine reine Kulturlandschaft - Küstenbewohner begeben sich in Abhängigkeit von den Deichen, durch Deichbau entstehen neue Probleme - Schutzsystem aus Flügel-, Sommer- und Winterdeichen - Deichbrüche der Vergangenheit durch menschliches Handeln begünstigt - Julianenflut 1164: Beginn der Entstehung des Jadebusens und der Ahne - Clemensflut 1334: Entstehung der Heete und der Friesischen Balje - Marcellusflut 1362: Entstehung des Lockfleths, anschließend wieder Eindeichungen bis 1643 Bedeutung für den - Veränderung sämtlicher Ökosysteme, Tide hat nur noch indirekten Einfluss Naturhaushalt auf das Land, Dynamik wird unterbunden Gestaltungsidee - Verdeutlichung des Reliefs durch Querschnitt durch einen alten Deich - Sichtbarmachung des Profils, erkennbare Sackung durch sichtbare oberste Bodenschicht vor dem Deichbau - Kartendarstellung der Wasserdurchbrüche bei verschiedenen Sturmfluten und Phasen der Wiedereindeichung der untergegangenen Landflächen Inhalt der - Entwicklung des Deichbaus Infostation - Eindeichungsphasen von Ahne, Heete, Lockfleth und Friesischer Balje - Auswirkungen der Eindeichung mit Bedeutung für den Naturhaushalt - Landverluste durch Sturmfluten - Verweise auf den Deich in Sehestedt (Problematik Sehestedter Außendeichsmoor) und den Salzendeich als südliche Grenze der Friesischen Balje Standort Stollhammerdeich / Stollhammer Ahndeich am Fedderwarder Sieltief

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Schwarze Brake  Bezug zum Projekt Braken sind ein für wasser- und deichgeprägte Landschaften typisches „Tidefenster“ Merkmal. Sie sind unmittelbare Folge einer vorübergehenden extremen Änderung der Gezeiten. Hintergrund - Braken sind Untiefen, die nach Deichüberspülungen oder -brüchen bei Hochwasser entstanden sind - Das Wasser hat den Boden an der Stelle hinter dem Deich ausgespült - in der vom Wasser umgebenen und durchflossenen Wesermarsch kam es häufig zu Hochwasser - Deichsicherheit war noch nicht gegeben, weshalb es zu Überflutungen an der Nordseeküste und entlang von Weser, Hunte und Ollen kam - meist wurden Braken nach ihrer Entstehung zugeschüttet oder ausgedeicht - in der Wesermarsch sind einige Braken erhalten geblieben und dokumentieren einen Teil der Landschaftsgeschichte - Ortsname der Kreisstadt Brake zeigt die Bedeutung Bedeutung für den - Braken bilden einen vielfältigen Lebensraum als naturnahe Stillgewässer Naturhaushalt - werden von Wasservögeln, Lurchen und Wirbellosen besiedelt - sinkender Grundwasserstand und Nährstoffeintrag wirken sich negativ auf die noch vorhandenen Braken aus  Grundwasserstände müssen gesichert und der menschliche Einfluss gering gehalten werden Gestaltungsidee - künstlicher Zufluss über einen Rad- und Fußweg - Wasserstrom nur noch über eine Furt (Trittsteine) zu passieren - Quellbereich mit Sandsäcken gestaltet - kurze Erläuterung auf den Trittsteinen - Verweis auf die „Nobiskuhle“ (Altenesch) und das Brakenmoor Inhalt der - Entstehung von Braken wird verdeutlicht Infostation - Kraft des Wassers soll verdeutlicht werden - Sensibilisierung für die Flutgefahr Standort „Schwarze Brake“ bei Wehrder zwischen Weser, Hunte und Ollen

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Pumpwerk Waddens  Bezug zum Projekt Das für die Wesermarsch typische Wassermanagementsystem ist direkt von „Tidefenster“ der Tide von Nordsee, Weser und Hunte abhängig und würde ohne den Wechsel der Gezeiten nicht funktionieren. Ohne dieses System wäre ein Leben und Wirtschaften nicht möglich. Hintergrund - Wasser staut sich auf den undurchlässigen Böden und durch die Deiche nicht abfließen („Badewanne“) - Sieltore in den Deichen sorgen für die Durchlässigkeit in Richtung Nordsee, Weser, Hunte und Ollen - gliedert die Landschaft und Grünlandbereiche - historische Bedeutung als Handelswege Bedeutung für den - „technische“ Gewässer mit einer Vielzahl an Defiziten Naturhaushalt - zunehmende Versalzung des Wassers mit Auswirkungen auf Flora und Fauna - dennoch einzelne pflanzenreiche Gräben vorhanden Gestaltungsidee - Erweiterung des Informationsangebots des Pumpwerks um den Bereich Ent- und Zuwässerung - Geländerelief - interaktives Bewässerungsmodell Inhalt der - Betonung der Abhängigkeit von den Gezeiten und die unmittelbaren Infostation Auswirkungen auf das Binnenland - ökologische und ökonomische Problemstellung Standort Waddenser Mitteldeich an der Abzweigung des Waddenser Tiefs vom Butjadinger Kanal

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Hammelwarder Moor mit tiefstem Punkt  Bezug zum Projekt Die Entwässerung des Moores kann im übertragenen Sinn als eine durch „Tidefenster“ den Menschen verursachte kontrollierte Ebbe bezeichnet werden. Bei einer Flut wäre dieses eher binnenländische Gebiet auf Grund seiner Höhenlage unter Normalnull besonders gefährdet. Hintergrund - Sedimentablagerung durch den Wechsel der Gezeiten an der Küstenlinie - abfließendes Wasser von der Geest sammelt sich davor an - es entstehen großflächige Moore - Nutzung der Moore durch die Menschen als Trinkwasserquelle und Torfabbaugebiet (Brennstoff) - die Moore wurden entwässert  Landmasse setzt sich - Das Hammelwarder Moor ist heute die tiefste Landstelle des Landkreises Bedeutung für den - Moore sind Lebensraum für spezialisierte Pflanzen und Tiere Naturhaushalt - durch die Kultivierung hat sich der Flächenanteil dramatisch verringert - Nährstoffeintrag aus der Luft und Torfabbau gefährdet die noch verbliebenen Gebiete  Erhalt und Schutz noch bestehender Flächen als Beispiele für Natur- und Kulturlandschaften erforderlich  extensive Landwirtschaft auf Feuchtgrünland Gestaltungsidee - Torfsodenstapel soll die ehemalige Geländehöhe verdeutlichen - Sichtbarmachung von Normalnull (NN) durch Markierungen („Armbinden“) an Straßenbäumen - Flutmast schafft Vergleichsmöglichkeiten zu Fluthöhen und den Deichen - Installation eines Stöpsels betont den Badewanneneffekt Inhalt der - Sichtbarmachung der tiefsten Landstelle der Wesermarsch Infostation - Verdeutlichung der Überflutungsgefahr im Binnenland - Verweis auf die Siedlungsstrukturen in Moorriem und das Sehestedter Außendeichsmoor („Wege zum Moor“) Standort Hammelwarder Moor, an der tiefsten Landstelle des Landkreises Wesermarsch oder einem öffentlich zugänglichen Bereich in unmittelbarer Nähe

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN) Informationspunkt: Zukunftsperspektiven  Bezug zum Projekt Der Klimawandel bedingt einen Meeresspiegelanstieg und eine Tidehub- „Tidefenster“ verstärkung. Anpassungsstrategien müssen gefunden werden, um auch in Zukunft das Leben und Wirtschaften in der Wesermarsch zu sichern. Hintergrund - seit 10.000 v. Chr. säkulärer Meeresspiegelanstieg - Klimaszenario KRIM: (nach Schuchardt und Schirmer 2005) • Meeresspiegel +55 cm (15 säkular, 40 Klimawandel) • Mittlerer Tidehub +25 cm (THW +10 cm, TNW -15 cm) • Wind +7% (verstärkt aus NW bis N) • Temperatur +2,8 °C • Niederschlag +0,1 mm/d - Anpassungsstrategien: • Deicherhöhung • Rückdeichung / Schaffung von Polderflächen • Bau eines Wesersperrwerkes - Globalisierung • Friesen betrieben schon im frühen Mittelalter Handel • heute wird die Globalisierung am weithin sichtbaren Containerterminal Bremerhaven deutlich (Weservertiefung) Bedeutung für den - Veränderung des Konkurrenzgefüges Naturhaushalt - Zunahme von wärmeliebenden Arten - zu- sowie abnehmende Bodenfeuchte an verschiedenen Standorten - Ertragssteigerungen aber auch Ertragseinbußen in der Landwirtschaft Gestaltungsidee - Überzeichnung durch „gestrandeten“ Container vor dem Deich als zeitlich begrenzte Aktion - Container ist begehbar, besitzt ein Fenster mit Blick auf das Containerterminal Bremerhaven - Vermittlung von Informationen zum Klimawandel Inhalt der - Verweis auf tiefste Landstelle (Badewanneneffekt) Infostation - Verweis auf höchste Landstelle als „Rettungspunkt“ - Aufzeigen der Wasserstände im Jahr 2050 - Verdeutlichung des ohne Deiche täglich überfluteten Bereichs Standort Am Weg zu Langlütjen I, so dass aus dem Container hinaus ein Blick auf Bremerhaven möglich ist

Karten-Grundlage: Landesvermessung und Geobasisinformation Niedersachsen (LGN)