Die „Agenda Europe“
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Die „Agenda Europe“ Strategien und Ziele eines Netzwerks gegen sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte in Europa „Die natürliche Ordnung wiederherstellen“ Impressum Der pro familia Bundesverband wird gefördert von pro familia Bundesverband Mainzer Landstraße 250–254 60326 Frankfurt am Main Diese Publikation wurde gefördert von Stiftung Pro Familia e. V. E-Mail: [email protected] www.profamilia.de/Publikationen © 2019 Weitere Auskünfte erteilt: Layout: Katharina Gandner European Parliamentary Forum on Population and Development (EPF) Titel-Foto: © Atillaalp – stock.adobe.com Rue Montoyer 23 1000 Brüssel, Belgien www.epfweb.org Die englischsprachige Originalausgabe erschien im April 2018 unter dem Titel „Restoring The Natural Order: The Religious Extremists Vision to Mobilize European Societies Against Human Rights on Sexuality and Reproduction“ © European Parliamentary Forum on Population and Development (EPF) Die deutsche Übersetzung erfolgte mit freundlicher Genehmigung des EPF durch Miriam Geoghegan. Der Herausgeber allein ist für die Richtigkeit der Übersetzung verantwortlich. ISBN der gedruckten deutschsprachigen Ausgabe: 978-2-9602183-9-8 9782960218398 Online Version: 978-2-9602183-8-1 9782960218381 3 „Die natürliche Ordnung wiederherstellen“ Vorwort zur deutschen Übersetzung Seit der Weltbevölkerungskonferenz der Vereinten Nati- Der Text gibt Einblicke in das Manifest des Netzwerks, onen, die 1994 in Kairo stattgefunden hat, gelten die den anonymen Blog und die jährlichen Treffen, die Umsetzung der Menschenrechte und die Selbstbestim- zusammen die wichtigsten strategischen Eckpfeiler der mung als unumstößliche Maßstäbe für die Sexualität Organisation und Ideologiebildung bilden. und die Reproduktion des Menschen. Die vorliegende Übersetzung kann Akteur*innen für Die Gleichberechtigung der Geschlechter, Gewaltfrei- sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte dabei heit, Wahlfreiheit bei der Partner*innenwahl, Zugang unterstützen, Einsichten in die Absichten und Wirkun- zu Information, zu sexueller Aufklärung, zu Verhütungs- gen von organisierten Gegner*innen der reproduktiven mitteln und zu hochwertiger Gesundheitsversorgung in Selbstbestimmung zu gewinnen. Bezug auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und Sie gibt auch Hinweise darauf, dass deren Ideologien zum die freie Entscheidung in der Frage, ob und wie viele Kin- Mainstream von Rechtspopulisten gehören. der gewünscht werden, sind seither zentrale Werte, an deren Konkretisierung und Umsetzung pro familia und Die Analyse der aktuellen Auseinandersetzungen um die Mitgliedsorganisationen der International Planned Zugang zum sicheren Schwangerschaftsabbruch und Parenthood Federation (IPPF) weltweit arbeiten. §219a Strafgesetzbuch, der Belagerung von Beratungs- stellen sowie Arztpraxen und mancher Streit um die Seit einigen Jahren bildet sich in Europa ein ultrakon- Sexualpädagogik kann mit diesen Kenntnissen gestärkt servatives Netzwerk mit dem Namen „Agenda Europe“, werden. das gegen diese Werte und Ziele vorgeht. Das Europäi- sche Parlamentarische Forum für Bevölkerung und Ent- Wir danken dem Europäischen Forum für Bevölkerung wicklung (EPF) hat die Arbeitsweisen und Strategien des und Entwicklung (EPF) und besonders dem Autor Neill Netzwerks recherchiert und genau beschrieben. Weil der Datta für die Genehmigung zur Übersetzung und die daraus resultierende Bericht sehr aufschlussreich ist, hat gute Zusammenarbeit und Miriam Geoghegan für die sich pro familia entschlossen, eine deutsche Überset- Übersetzung. zung herauszugeben. pro familia Bundesverband, im August 2019 In der folgenden Publikation wird für die deutschsprachi- gen Leser*innen eindrucksvoll beschrieben, wie versiert das Netzwerk vorgeht, wer die Mitglieder sind und welche strategischen Mittel eingesetzt werden. Die politischen Aktivitäten zielen darauf ab, emanzipatorische Bestre- bungen in Gesetzen zur sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung in europäischen Ländern zu blockie- ren und zu kassieren. Als Gegner*innen des Netzwerkes werden vor allem Feminist*innen und Befürworter*innen der sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung und Wahlfreiheit beim Schwangerschaftsabbruch gese- hen. Deren emanzipatorische und menschenrechtliche Begründungen, auch ihre Sprache, werden teils gekapert und umgedeutet. 4 DIERESTORING NATÜRLICHE ORDNUNGTHE NATURAL WIEDERHERSTELLENORDER Die Vision der religiösen Extremisten, The religious extremists’ vision to europäische Gesellschaften gegen mobilize European societies against Menschenrechte in Bezug auf Sexualität human rights on sexuality and und Reproduktion zu mobilisieren reproduction 5 „Die natürliche Ordnung wiederherstellen“ Brüssel, April 2018 © EPF 2018 Alle Rechte vorbehalten. Der Inhalt dieses Dokuments darf nicht ohne die vorherige Genehmigung des Autors vervielfältigt werden. Verfasst von Neil Datta, Sekretär des Europäischen Parlamentarischen Forums für Bevölkerung und Entwicklung (EPF). EPF ist ein Netzwerk europäischer Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus ganz Europa, das sich für den Schutz der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und Rechte der verletzlichsten Menschen der Welt einsetzt, sowohl innerhalb Europas als auch im außereuropäischen Ausland. Wir sind der Auffassung, dass Frauen immer das Recht haben sollten, über die Anzahl ihrer Kinder zu entscheiden, und dass ihnen die Aufklärung oder sonstige ihnen zustehende Mittel, die sie benötigen, um dies zu erreichen, nie vorenthalten werden sollten. Wenn Sie mehr erfahren möchten, besuchen Sie uns auf epfweb.org oder folgen Sie uns auf Twitter @EPF_SRR 6 Zusammenfassung ©: shutterstock PARIS, FRANKREICH – 5. Oktober 2014:Teilnehmer eines Protests gegen Schwulenrechte. Plakataufschrift «Ein Mann. Eine Frau. Ein Kind. Und damit basta!». behandlung für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender „Die natürliche Ordnung und Intersexuelle (LGBTI); oder das Recht, das eigene wieder herstellen“: Die Vision Geschlecht ohne Angst vor rechtlichen Folgen zu ändern. der religiösen Extremisten, Die ursprüngliche Gruppe von Aktivisten ist gewachsen: europäische Gesellschaften Sie hat mittlerweile über 100 menschenrechts-, frauen- gegen Menschenrechte in rechts- und LGBTI-feindliche Organisationen in mehr als 30 europäischen Ländern als Mitglieder gewonnen und Bezug auf Sexualität und nennt sich jetzt „Agenda Europe“. Agenda Europe ist Reproduktion zu mobilisieren ein vom Vatikan inspiriertes, professionelles Interessen- netzwerk, dessen Mitglieder sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit treffen. Sie ist unmittelbar für die Umset- zung einer detaillierten Strategie zur Einschränkung von Im Jahr 2013 haben 20 US-amerikanische und euro- Menschenrechten zuständig. Die Strategien der Agenda päische Aktivisten damit begonnen, eine Strategie für Europe haben bereits konkrete Ergebnisse geliefert, wie „erreichbare Ziele“ zu entwerfen, um Menschenrechte in zum Beispiel der polnische Gesetzesentwurf 2016 zum Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit in Abtreibungsverbot, das Verbot gleichgeschlechtlicher Europa einzuschränken. Es sind vor kurzem Dokumente Ehen in einigen mitteleuropäischen Ländern sowie mehr aufgetaucht, die eine detaillierte, extremistische Strate- als ein Dutzend vergleichbare Maßnahmen auf nationa- gie namens „Restoring the Natural Order: An Agenda for ler Ebene und in europäischen Institutionen, die darauf Europe“ (zu Deutsch: „Die natürliche Ordnung wieder- abzielen, Frauen- und LGBTI-Rechte einzuschränken. Im herstellen: eine Agenda für Europa“) zeigen, die darauf vorliegenden Papier werden die Zielsetzungen, Strate- abzielt, bestehende Rechtsvorschriften zu grundlegen- gien und Schlüsselfiguren der Agenda Europe beschrie- den Menschrechten in Bezug auf Sexualität und Repro- ben mit dem Ziel, Menschenrechtsverteidigerinnen und duktion wieder zu kippen, wie zum Beispiel das Recht -verteidigern zu helfen, angemessen darauf zu reagieren. auf Scheidung; das Recht einer Frau auf Zugang zu Emp- fängnisverhütung, medizinisch unterstützten Fortpflan- zungstechniken oder Abtreibung; das Recht auf Gleich- 7 „Die natürliche Ordnung wiederherstellen“ Vorwort In Europa sind grundlegende Menschenrechte in den letzten Jahren zunehmend unter Beschuss geraten. Wäh- ©: EPF rend der Anstieg des Ultra-Konservatismus offensichtlich ist, ist die genaue Art und Weise, wie diese Akteure sich organisieren, Spenden sammeln und versuchen, Einfluss zu nehmen, bisher nicht klar gewesen. Der vorliegende Bericht bietet einen faszinierenden Ein- blick in die geheimen Machenschaften und gezielten Strategien der sogenannten Anti-Choice-Bewegung in Europa, die von religiösem Dogma angetrieben wird und oft die Fingerabdrücke des Vatikans trägt. Während Mit- gefühl ein erklärter Eckpfeiler des Christentums ist, fehlt es in der von Europas Anti-Choice-Bewegung vertretenen Haltung gänzlich. Diese Bewegung würde Frauen dazu zwingen, unerwünschte Schwangerschaften fortzuset- zen; sie würde den Zugang zu Empfängnisverhütung ein- schränken und bestimmen, wer heiraten und wer sich als Familie bezeichnen darf. Viele werden überrascht sein, dass die Bewegung auch gezielt gegen Scheidung und den Zugang zur IVF-Behandlung vorgeht. Dabei versucht sie, über öffentliche Politik und Gesetzgebung, anderen ihre persönlichen religiösen Ansichten aufzuzwingen. Der wirksamste Weg, um diejenigen zu bekämpfen, die versuchen, Traditionen, Kulturen und religiöse Ansichten, die Menschenrechte verletzen, in der Gesetzgebung zu verankern, besteht darin, diese Fragen zu entpolitisieren und mit Fakten zu handeln. Wenngleich