30. September 2011 Einflussanalyse Tourismus

Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf An- gebot und Nachfrage im Segment Tourismus auf der Insel Fehmarn und in der Gemeinde Großenbrode 30. September 2011 Einflussanalyse Tourismus

Einflussanalyse Tourismus: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf Angebot und Nachfrage im Segment Tourismus auf der Insel Fehmarn und in der Gemeinde Großen- brode

Gutachten im Auftrag von Femern A/S erstellt von

NIT Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH

Fleethörn 23

D – 24103 Kiel www.nit-kiel.de

Dr. Dirk Schmücker (Projektleiter)

Wolfgang Günther (wiss. Begleitung)

Prof. Dr. Martin Lohmann (wiss. Begleitung)

Kai Ziesemer, Karen Winkler, Katja Dähn-Wollenberg, Bente Grimm, Henrike Beer, Andre- as Sterzel

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Vorwort

Das vorliegende Gutachten untersucht im Auftrag des Projektträgers Femern A/S den zu er- wartenden Einfluss von Bau und Betrieb einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die touristische Entwicklung der Insel Fehmarn und der Gemeinde Großenbrode.

Dabei waren einige methodische Herausforderungen zu bewältigen. Die wichtigste Herausfor- derung war das Fehlen eines etablierten Standards für diese Art der touristischen Einflussana- lyse. Zwar liegen für einzelne Vorhaben Einflussanalysen vor, aber ein „Handbuch der touristi- schen Einflussanalyse“ gibt es nicht. Die Methode für diese Untersuchung wurde daher, auch basierend auf früheren Arbeiten des NIT, für die spezifischen Belange des Untersuchungsge- genstandes entwickelt. Wir danken in diesem Zusammenhang insbesondere Herrn Prof. Dr. Hansruedi Müller (Universität Bern) für die Evaluation der Methode und die konstruktiven Kommentare.

Eine weitere methodische Herausforderung bestand darin, dass für einige touristisch relevante Zielgruppen (z. B. Tagesgäste, Dauercamper oder Zweitwohnungsinhaber) weder quantitative noch qualitative Daten vorlagen. Daher wurden zwei Befragungsstudien angefertigt. In einer persönlichen Besucherbefragung wurden in der Saison 2009 mehr als 1.000 persönliche In- terviews durchgeführt. Damit liegen für den Untersuchungsraum erstmals Daten für fast alle touristischen Segmente vor. Außerdem konnten wir eine qualitative Studie zur Wahrnehmung einer Festen Fehmarnbeltquerung durchführen, die erhebliche Kenntnisfortschritte erbrachte. Die Feldarbeiten der Gästebefragung wurden vom Institut HKM (Thomas Braun und Claudia Liebelt), die qualitativen Studien von Institut MSM (Frank Heinrich) durchgeführt. Auch ihnen danken wir für die zuverlässige und kreative Durchführung.

Bei der Erarbeitung der notwendigen Wissensbasis wurden wir von zahlreichen Experten vor Ort unterstützt. Wir danken Herrn Bürgermeister Otto-Uwe Schmiedt (Stadt Fehmarn) und Herrn Bürgermeister Klaus Reise (Großenbrode) sowie dem Tourismus-Service Fehmarn (namentlich Imke Bolle und Lars Widder), der Kurverwaltung Großenbrode (Sandra Hamer), der Entwicklungsgesellschaft Ostholstein (Dirk Bremken), dem Ostsee-Holstein Tourismus e.V. (Katja Lauritzen und Claudia Drögsler) und einigen weiteren Expertinnen und Experten für ihre Einschätzungen und Informationen.

Das Gutachten entstand im Zeitraum Februar 2009 bis August 2011. Daran ist zu erkennen, dass auch die Komplexität des Planungsvorhabens eine methodische Herausforderung dar- stellen kann: So musste das Gutachten eine Zeit lang ruhen, bis Planungen konkretisiert wa- ren und notwendige Gutachten vorlagen. Das Büro Trüper Gondesen Partner Landschaftsar- chitekten hat unter anderem die Aufgabe, die mit der Planung der Festen Fehmarnbeltque- rung verbundenen zahlreichen Spezial-Untersuchungen, zu denen auch dieses Gutachten zählt, zu koordinieren. Unser Dank gilt vor allem Christoph Gondesen für die aktive Unterstüt- zung und fachlichen Rat, insbesondere im Hinblick auf die Wechselwirkungen des Gutachtens mit der Umweltverträglichkeitsstudie.

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Im NIT haben zahlreiche Personen an dem Gutachten mitgearbeitet: Dirk Schmücker leitete die gesamte Untersuchung, Martin Lohmann und Wolfgang Günther als wissenschaftliche Begleiter gestalteten die Methode maßgeblich mit. Kai Ziesemer, Karen Winkler, Katja Dähn- Wollenberg, Bente Grimm und Henrike Beer arbeiteten an der Bestandsanalyse und bei der Auswertung der Befragungen mit, Andreas Sterzel zeichnete die Karten.

Kiel, im September 2011

NIT Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Nordeuropa GmbH

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Inhaltsverzeichnis

VORWORT ...... 3

INHALTSVERZEICHNIS ...... 5

0 ZUSAMMENFASSUNG ...... 13

0.1 Anlass, Aufgabenstellung und Untersuchungsziel ...... 13

0.2 Gang der Untersuchung und angewendete Methoden ...... 14

0.3 Ergebnisse ...... 16

0.3.1 Einflussfeld Bauphase ...... 16 0.3.2 Einflussfeld Tunnelbauwerk ...... 16 0.3.3 Einflussfeld Brückenbauwerk...... 17 0.3.4 Einflussfeld Reisezeitverkürzung ...... 17 0.3.5 Szenariobetrachtung ...... 18 0.4 Fazit ...... 20

1 EINFÜHRUNG ...... 22

1.1 Anlass und Aufgabenstellung ...... 23

1.1.1 Untersuchungsziel und Indikationsbereich ...... 23 1.1.2 Verhältnis des Tourismusgutachtens zur Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) ...... 23 1.2 Beschreibung des Vorhabens ...... 25

1.2.1 Allgemeines ...... 25 1.2.2 Technische Planungen der Bauphase ...... 25 1.2.2.1 Zeitplanung ...... 26 1.2.2.2 Zu erwartende Verkehrsmengen ...... 26 1.2.2.3 Flächenbedarf ...... 26 1.2.2.4 Lage der Baustellen ...... 26 1.2.2.5 Arbeitskräftebedarf ...... 26 1.2.3 Technische Bauwerksvarianten ...... 26 1.2.3.1 Absenktunnel ...... 27 1.2.3.2 Schrägkabelbrücke ...... 28 1.2.4 Planungen bezüglich der Reisezeitverkürzung ...... 31 1.2.4.1 Zeitersparnis ...... 31

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1.2.4.2 Verkehrsprognose Straße ...... 31 1.2.4.3 Verkehrsprognose Schiene ...... 33 1.2.4.4 Maut ...... 33 1.2.5 Tourismusrelevante Positionen, Studien und Projekte ...... 33 1.3 Untersuchungsrahmen ...... 38

1.3.1 Untersuchungsraum ...... 40 1.3.2 Untersuchungsvarianten ...... 41 1.3.2.1 Einflussfelder ...... 41 1.3.2.2 Entwicklung des Tourismus ohne das geplante Vorhaben ...... 42 1.3.3 Untersuchungsinhalte und methodisches Vorgehen ...... 42 1.4 Planungsrechtliche Rahmenbedingungen ...... 44

1.4.1 Planungen des Bundes ...... 44 1.4.2 Landesplanung und Raumordnung ...... 45 1.4.3 Regionale Planungen ...... 46 1.4.4 Kommunale Planungen ...... 47 1.5 Sonstige Rahmenbedingungen ...... 49

1.5.1 Trends im Nachfrageverhalten ...... 49 1.5.2 Klimawandel...... 50 1.5.3 Wechselkurs und Kaufkraft ...... 51 1.5.4 Bundes- und europaweite Verkehrsentwicklung ...... 55

2 BESTANDSANALYSE ...... 59

2.1 Touristisches Angebot ...... 59

2.1.1 Unterkunftsangebot ...... 59 2.1.1.1 Überblick ...... 59 2.1.1.2 Entwicklung der Beherbergungskapazität ...... 60 2.1.1.3 Kapazitätsrelevante Planungen ...... 65 2.1.1.4 Qualität der Beherbergungsangebote ...... 67 2.1.1.5 Sportboothäfen als Unterkunftsangebote ...... 68 2.1.2 Wasserbezogenes touristisches Freizeitangebot ...... 70 2.1.2.1 Badestrände ...... 70 2.1.2.2 Häfen und Sportboothäfen...... 75 2.1.2.3 Surfen ...... 78 2.1.2.4 Angeln (Küsten-/Brandungsangeln) ...... 81 2.1.2.5 Hochseeangeln ...... 83

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2.1.2.6 Tauchen ...... 84 2.1.3 Weitere touristische Freizeitangebote ...... 86 2.1.3.1 Golf ...... 86 2.1.3.2 Reiten ...... 87 2.1.3.3 Freizeiteinrichtungen ...... 89 2.1.3.4 Radfahren ...... 90 2.1.3.5 Naturorientierte Angebote ...... 93 2.1.3.6 Kur- und Gesundheitsangebote ...... 95 2.1.4 Landschaft und Landschaftsbild mit Bezug zu Tourismus ...... 97 2.2 Erreichbarkeit und Verkehrssituation ...... 102

2.2.1 Erreichbarkeit der Untersuchungsregion ...... 102 2.2.2 Verkehr über den Fehmarnbelt ...... 104 2.2.2.1 Fährbetrieb...... 104 2.2.2.2 Sportbootverkehr ...... 109 2.2.3 Verkehr durch den Fehmarnbelt ...... 109 2.2.4 Straßenverkehr im Untersuchungsraum ...... 112 2.3 Touristische Nachfrage ...... 114

2.3.1 Überblick über die touristische Nachfrage ...... 114 2.3.2 Übernachtungstourismus in Beherbergungsbetrieben ...... 116 2.3.2.1 Aktuelle Nachfrage ...... 116 2.3.2.2 Entwicklung der Nachfrage ...... 117 2.3.2.3 Nachfrageentwicklung im Verhältnis zur Kapazitätsentwicklung...... 120 2.3.2.4 Saisonalität der Übernachtungsnachfrage ...... 120 2.3.3 Übernachtungsnachfrage auf Campingplätzen ...... 121 2.3.4 Sportboothäfen ...... 122 2.3.5 Verwandten- und Bekanntenbesuche ...... 124 2.3.6 Freizeitwohnsitze ...... 124 2.3.7 Tagestourismus ...... 125 2.3.8 Einkaufstourismus ...... 130 2.3.9 Geschäftstourismus ...... 132 2.3.10 Zielgruppen der Übernachtungsnachfrage ...... 133 2.4 Wertschöpfungsbeitrag des Tourismus ...... 134

2.4.1 Methode der Wertschöpfungsermittlung ...... 134 2.4.2 Volumenmodell ...... 136 2.4.3 Umsatzmodell ...... 136 2.4.4 Wertschöpfung und Einkommensbeitrag ...... 137

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2.5 Dänemark und Schweden als touristische Ziel- und Quellmärkte...... 138

2.5.1 Dänemark und Schweden als touristische Destinationen ...... 138 2.5.2 Touristische Angebotsstruktur auf und Falster ...... 141 2.5.3 Preisgefüge auf Lolland/Falster und Fehmarn/Großenbrode ...... 142 2.5.4 Dänemark und Schweden als touristische Quellmärkte ...... 147 2.5.5 Erwartete Quellmarktentwicklung ...... 150 2.6 Ergebnisse empirischer Untersuchungen ...... 152

2.6.1 Besucherbefragung ...... 152 2.6.1.1 Tagesgästeanteil ...... 152 2.6.1.2 Tagesausgaben der Befragten ...... 154 2.6.1.3 Wiederbesuchsabsicht ...... 155 2.6.1.4 Attraktivitätswahrnehmung ...... 156 2.6.1.5 Wahrgenommene Störfaktoren...... 157 2.6.1.6 Kenntnis und Bewertung der Festen Fehmarnbeltquerung ...... 158 2.6.1.7 Besuchererwartungen ...... 160 2.6.1.8 Konation: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung ...... 170 2.6.1.9 Vergleich mit weiteren Befragungen zur Perzeption der Festen Fehmarnbeltquerung ...... 174 2.6.2 Qualitative Analyse ...... 179 2.6.2.1 Destinations-Attraktivität ...... 179 2.6.2.2 Spontane Assoziationen zu Brücke und Tunnel ...... 181 2.6.2.3 Bewertung der heutigen Landschaftswirkung...... 184 2.6.2.4 Kenntnisstand und Bewertung einer Festen Fehmarnbeltquerung ...... 189 2.6.2.5 Bewertung der Bauphase ...... 190 2.6.2.6 Realisierung als Brücke ...... 193 2.6.2.7 Realisierung als Tunnel ...... 195 2.6.2.8 Fähren nach Dänemark ...... 196 2.6.2.9 Belastungen und Beeinträchtigungen der Umwelt ...... 196 2.6.2.10 Verhaltenswirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung ...... 197 2.6.3 Referenzfallanalyse ...... 198 2.6.3.1 Identifizierung der Referenzfälle ...... 199 2.6.3.2 Referenzfall: Kanaltunnel ...... 200 2.6.3.3 Referenzfall: Großer-Belt-Querung ...... 205 2.6.3.4 Referenzfall: Gotthard-Straßentunnel ...... 209 2.6.3.5 Referenzfall: Rio-Andirrio-Brücke ...... 213

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2.6.3.6 Referenzfall: Akashi-Kaikyo-Brücke ...... 214 2.6.3.7 Fazit der Referenzfallanalyse ...... 216

3 ERMITTLUNG, BESCHREIBUNG UND BEWERTUNG DER AUSWIRKUNGEN AUF DEN TOURISMUS ...... 218

3.1 Methodik der touristischen Einflussanalyse ...... 218

3.1.1 Chancen und Risiken vs. Effekte ...... 218 3.1.2 Grenzen der Vorhersagefähigkeit und Erarbeitungsschritte ...... 221 3.1.3 Modellierung ...... 222 3.1.3.1 Identifizieren von Einflussfeldern ...... 222 3.1.3.2 Identifizieren von möglichen Angebotsveränderungen und Überführen in ein Chancen-Risiken-Modell ...... 223 3.1.4 Bewertung ...... 225 3.1.4.1 Einzelbewertung der wahrscheinlichen Angebotsveränderungen und der daraus resultierenden Chancen und Risiken ...... 226 3.1.4.2 Integrierte Betrachtung der Einflussfelder ...... 227 3.1.5 Szenariobetrachtung ...... 227 3.2 Entwicklung des Tourismus ohne das geplante Vorhaben ...... 229

3.2.1 Relevante Nachfragetrends ...... 229 3.2.2 Bisherige Angebots- und Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum ...... 229 3.2.3 Qualitätsaspekte des touristischen Angebots ...... 231 3.2.4 Geplante Kapazitätserweiterungen ...... 232 3.2.5 Wahrgenommener Veränderungsdruck ...... 233 3.2.6 Zusammenfassung ...... 234 3.3 Zu erwartende Auswirkungen für den Tourismus ...... 236

3.3.1 Auswirkungen während der Bauphase ...... 236 3.3.1.1 Baustelle als Ausweitung des touristischen Angebots (Baustelle als touristische Attraktion) ...... 236 3.3.1.2 Steigende Nachfrage nach Unterkunftskapazitäten für Arbeitskräfte ...... 238 3.3.1.3 Staus am Fehmarnsund durch Baustellenverkehr ...... 240 3.3.1.4 Baustellen auf See als Barriere für Sportboote ...... 243 3.3.1.5 Baustellen auf See als Ursache für Havarien mit der Folge von Verzögerungen im Fährverkehr ...... 244 3.3.1.6 Lärmbelastung und Luftverschmutzung durch Baumaschinen und Zulieferverkehr ...... 245 3.3.1.7 Visuelle Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen ...... 247

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3.3.1.8 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Verdriftung von Aufwirbelungen bei Bauarbeiten auf See ...... 249 3.3.1.9 Strand- und Badewasserverschmutzung durch baustellenverursachte Havarien...... 251 3.3.1.10 Landverbrauch durch Baustellen bzw. Arbeitshafen ...... 252 3.3.1.11 Blockade von Hochseeangelgebieten durch Baustelle auf See ...... 254 3.3.1.12 Zerschneidung von Freizeitwegen durch Bauarbeiten an Land ...... 256 3.3.2 Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen (Tunnel) ...... 257 3.3.2.1 Tunnelquerung als Erlebnis ...... 258 3.3.2.2 Tunnel als Querungshindernis (Tunnelangst) ...... 259 3.3.2.3 Verlust der Insellage und Inselidentität ...... 261 3.3.2.4 Tunnel als visuelle Beeinträchtigung (Portal- und Rampenbereich) ...... 262 3.3.2.5 Tunnel/Tunnelzufahrten als Verursacher von Verkehrslärm ...... 263 3.3.3 Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen (Brücke) ...... 266 3.3.3.1 Brücke als Orientierungshilfe für Sportboote ...... 266 3.3.3.2 Brückenquerung als Erlebnis ...... 267 3.3.3.3 Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit ...... 268 3.3.3.4 Brücke als regionales Wahrzeichen ...... 269 3.3.3.5 Zeitweise Sperrung der Straßenbrücke bei Starkwind ...... 271 3.3.3.6 Brücke als Barriere für Sportboote ...... 274 3.3.3.7 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Havarien von Schiffen mit der Brücke ...... 275 3.3.3.8 Verlust der Insellage und Inselidentität ...... 277 3.3.3.9 Brücke als visuelle Beeinträchtigung ...... 277 3.3.3.10 Brücke als Verursacher von Verkehrslärm ...... 279 3.3.3.11 Brücke als Barriere für Hochseeangelfahrten ...... 282 3.3.4 Auswirkungen durch Verkürzung der Reisezeiten ...... 283 3.3.4.1 Steigerung der regionalen Bekanntheit durch Existenz der Festen Fehmarnbeltquerung ...... 283 3.3.4.2 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Übernachtungs- Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) ...... 284 3.3.4.3 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Tagesausflugs-Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) ...... 288 3.3.4.4 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Tagesausflugszielen (zusätzliche Ausflugsziele) ...... 290 3.3.4.5 Zunahme des Transitverkehrs (Potenzialausweitung im Transitverkehr) ...... 292 3.3.4.6 Verbesserung der Erreichbarkeit durch Anbindung des innenstadtnahen Bahnhofs Burg ...... 294

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3.3.4.7 Wegfall des Fernhaltebahnhofs Puttgarden ...... 295 3.3.4.8 Staus am Fehmarnsund durch Zunahme des Gesamtverkehrs ...... 297 3.3.4.9 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Quellmärkten (Destinationskonkurrenz) ...... 298 3.3.4.10 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Zielmärkten (Destinationskonkurrenz) ...... 299 3.3.4.11 Zunahme von Lärmimmissionen durch Zunahme des Gesamtverkehrs ...... 301 3.3.4.12 Zunahme von Luftverschmutzung durch Zunahme des Gesamtverkehrs ...... 302 3.3.4.13 Flächeninanspruchnahme touristisch nutzbarer Flächen und dauerhafte Zerschneidung von Freizeitwegen ...... 303 3.3.4.14 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevanter Angebote (Fährerlebnis) ...... 304 3.3.4.15 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevanter Angebote (verbilligte Einkaufstouren) ...... 305 3.3.4.16 Verstärkte Ansiedlung von konkurrierenden Branchen mit Flächenkonkurrenz zum Tourismus (z. B. Logistik) ...... 306 3.4 Zusammenfassende Folgenabschätzung ...... 308

3.4.1 Zusammenfassende Folgenabschätzung für die Bauphase ...... 308 3.4.1.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken in der Bauphase ...... 308 3.4.1.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren in der Bauphase ...... 310 3.4.1.3 Zusammengefasste Bewertung der Bauphase ...... 310 3.4.2 Zusammenfassende Folgenabschätzung für das Tunnelbauwerk ...... 311 3.4.2.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken des Tunnelbauwerks ...... 311 3.4.2.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren für das Tunnelbauwerk ...... 312 3.4.2.3 Zusammengefasste Bewertung für das Tunnelbauwerk ...... 312 3.4.3 Zusammenfassende Folgenabschätzung für das Brückenbauwerk...... 313 3.4.3.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken des Brückenbauwerks ...... 313 3.4.3.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren für das Brückenbauwerk ...... 314 3.4.3.3 Zusammengefasste Bewertung für das Brückenbauwerk ...... 315 3.4.4 Zusammenfassende Folgenabschätzung für die Reisezeitverkürzung ...... 315 3.4.4.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken der Reisezeitverkürzung...... 315 3.4.4.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren der Reisezeitverkürzung ...... 317 3.4.4.3 Zusammengefasste Bewertung der Reisezeitverkürzung ...... 317 3.5 Szenariobetrachtung ...... 318

3.5.1 Bauphase ...... 319

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3.5.2 Tunnelbauwerk ...... 320 3.5.3 Brückenbauwerk ...... 321 3.5.4 Reisezeitverkürzung ...... 322 3.5.5 Szenariobetrachtung: Zusammenfassung und Fazit ...... 325

4 ANHÄNGE ...... 327

4.1 Referenzen ...... 327

4.2 Fragebogen der Besucherbefragung 2009 ...... 338

4.3 Verzeichnis der Abbildungen ...... 347

4.4 Verzeichnis der Tabellen ...... 350

4.5 Verzeichnis der Karten ...... 353

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0 Zusammenfassung

0.1 Anlass, Aufgabenstellung und Untersuchungsziel

Mit der Festen Fehmarnbeltquerung werden sowohl Hoffnungen wie Befürchtungen verbun- den. Diese Hoffnungen und Befürchtungen betreffen auch die touristische Entwicklung. Sie lassen sich kurz in zwei Positionen zusammenfassen: Neue Nachfragepotenziale einerseits, Störung durch Bauarbeiten und höheres Verkehrsaufkommen nach Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung andererseits. In Forderungskatalogen hatten sich die lokalen Gebiets- körperschaften, unterstützt vom Land Schleswig-Holstein, für eine besondere Berücksichti- gung ihrer tourismusbezogenen Interessen bei der Planung und Realisierung der Festen Fehmarnbeltquerung ausgesprochen. Mit der vorliegenden Einflussanalyse Tourismus werden vor Baubeginn ergänzende und vertiefende Untersuchungen zu den Auswirkungen einer Fes- ten Fehmarnbeltquerung auf die Tourismusentwicklung vorgelegt.

Ziel des vorliegenden Gutachtens ist es, die von der Festen Fehmarnbeltquerung in der Bau- phase und in der Betriebsphase ausgehenden Einflüsse auf die Tourismusentwicklung auf der Insel Fehmarn und in der Gemeinde Großenbrode (Untersuchungsraum) zu identifizieren und bewerten. Nicht Gegenstand des Gutachtens sind die Bauarbeiten, Baustellen und Bauwerke zur Erweiterung der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung, für die andere Projektträger verantwortlich sind.

Das NIT hat dazu im Auftrag des Projektträgers Femern A/S im Zeitraum Februar 2009 bis August 2011 umfangreiche Untersuchungen zur bisherigen touristischen Angebots- und Nach- frageentwicklung, zur Wahrnehmung bei Besuchern und Nicht-Besuchern und zum erwarteten Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die Tourismusentwicklung im Untersuchungs- raum unternommen.

Nach Vorliegen einer ersten Entwurfsfassung im Februar 2010 wurde deutlich, dass zur Ab- schätzung wesentlicher Einflüsse weitere Untersuchungsergebnisse von Fachgutachtern ab- gewartet werden mussten. Das betraf insbesondere die Baustelleneinrichtung, die Frage der Verdriftung von Aufwirbelungen, die Festlegung der bevorzugten Linienführung, die Standort- entscheidung zur Produktionsstätte für Tunnel- bzw. Brückenelemente, Lärm- und Schad- stoffimmissionen oder Havariesicherheit auf See. Daher ruhte das Gutachten im Zeitraum Februar 2010 bis Mai 2011 und wurde von Mai 2011 bis August 2011 mit aktuellen Daten fer- tiggestellt, wodurch der Konkretisierungsgrad einzelner Aspekte und damit die Aussagequali- tät des Gesamtgutachtens deutlich gesteigert werden konnte.

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0.2 Gang der Untersuchung und angewendete Methoden

Für die Analyse des Einflusses von Infrastrukturveränderungen auf die Tourismusentwicklung („touristische Einflussanalyse“) gibt es keinen einheitlichen methodischen Standard, der die notwendigen Datenquellen und Bewertungsmethoden festlegt. Die Vorgehensweise für diese Untersuchung wurde daher auf Basis der einschlägigen Literatur entwickelt, mit dem Auftrag- geber und dem für die Umweltverträglichkeitsstudie koordinierend verantwortlichen Büro Trü- per Gondesen Partner Landschaftsarchitekten (Lübeck) abgestimmt und zusätzlich extern evaluiert.

Im ersten Kapitel beschreiben wir Anlass und Aufgabenstellung, den Planungsstand zur Fes- ten Fehmarnbeltquerung, den Untersuchungsrahmen und die planungsrechtlichen sowie sonstigen Rahmenbedingungen.

Das zweite Kapitel („Bestandsanalyse“) umfasst die Darstellung der touristischen Angebotssi- tuation im Hinblick auf Unterkunfts- und Freizeitmöglichkeiten sowie die Erreichbarkeit und Verkehrssituation. Außerdem wird die touristische Nachfragesituation für alle relevanten Ziel- gruppen hinsichtlich Volumen und Struktur beschrieben. Auf dieser Basis erfolgt eine Ab- schätzung der touristischen Wertschöpfung (Umsatz, Einkommen, Arbeitsplatz- und Steueref- fekte) im Untersuchungsraum. Aufgrund der geographischen Lage des Untersuchungsraumes werden außerdem die Nachbarländer Dänemark und Schweden als Ziel- und Quellmärkte beschrieben.

Die Datenquellen für die Beschreibung des Angebots, der Erreichbarkeit und der Nachfrage sind die zahlreich vorhandenen Statistiken, Konzepte, Studien und Befragungen zum Touris- mus im Untersuchungsraum.

Für die Zwecke dieser Einflussanalyse wurden darüber hinaus drei eigene empirische Studien durchgeführt:

In einer persönlichen Besucherbefragung im Zeitraum April bis Oktober 2009 wurden mehr als 1.000 Tages- und Übernachtungsgäste im Untersuchungsraum zu ihrem Reise- und Besuchsverhalten sowie zu verschiedenen Wahrnehmungsaspekten einer Festen Fehmarnbeltquerung befragt. In einer qualitativen Untersuchung wurden drei Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 24 Personen durchgeführt, die Urlaubserfahrung in der Region haben oder für die die Destination Ostsee grundsätzlich in Frage kommt, die aber die Untersuchungsregion noch nicht besucht haben. Untersucht wurden vor allem mögliche Störungswirkungen auf Basis von Bildvorlagen. In einer Referenzfallanalyse wurden fünf Referenzquerungen im Hinblick auf ihre übernachtungstouristische Wirkung untersucht.

Die komplette Bestandsanalyse wurde einheitlich auf das Jahr 2009 bezogen. Sofern aktuelle- re Daten vorliegen, sind diese vermerkt.

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Das dritte Kapitel umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erwarteten Aus- wirkungen auf den Tourismus. Dies geschieht vor dem Hintergrund einer „Nullfallbetrachtung“ („welche Entwicklung ist zu erwarten, wenn keine Feste Fehmarnbeltquerung gebaut würde?“) und umfasst folgende methodische Schritte:

1. Erstellen eines Untersuchungsrahmens: Abgrenzung der im Gutachten bearbeiteten Wirkungen (Wirkung der Festen Fehmarnbeltquerung auf das touristische Angebot und Wirkung der Angebotsveränderung auf die touristische Nachfrage) und der nicht bearbeiteten Wirkungen (Rückwirkung der Nachfrageveränderung auf das touristische Angebot und dessen Wirkung auf die Nachfrage und so fort). 2. Identifizieren von vier Einflussfeldern: Bauphase (Tunnel und Brücke), Tunnelbauwerk, Brückenbauwerk und Verkürzung der Reisezeiten. 3. Identifizieren von Hoffnungen und Befürchtungen bezüglich der Wirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die touristische Entwicklung aus allen verfügbaren Quellen und Überführen in eine nach Einflussfeldern getrennte Chancen-Risiken-Liste. 4. Einzelbewertung der Chancen und Risiken je Einflussfeld und Zuordnung in einer zweidimensionalen Bewertungsmatrix (Eintrittswahrscheinlichkeit und Wirkstärke). 5. Integrierte Betrachtung der Einzelbewertungen je Einflussfeld. 6. Bewertung der Image- und Wahrnehmungsaspekte je Einflussfeld auf Basis der ge- nannten empirischen Erhebungen. 7. Zusammenfassende Bewertung je Einflussfeld. 8. Erweiterung durch eine Szenariobetrachtung, die den Reaktionsmöglichkeiten definier- ter Akteursgruppen Rechnung trägt.

Im Ergebnis der Bewertung steht eine integrierende Betrachtung der Einzelbewertungen und der Handlungsmöglichkeiten der Akteure.

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0.3 Ergebnisse

0.3.1 Einflussfeld Bauphase Aus der Einzelbewertung der Chancen und Risiken wurde als wahrscheinliche und wirkstarke Angebotsveränderung die Baustelle als touristische Attraktion identifiziert. Im Falle des Baus einer Brücke ist außerdem von visuellen Beeinträchtigungen auszugehen, deren Verdrän- gungswirkung aber nur mittelstark eingeschätzt wird.

In einem gewissen Gegensatz dazu steht die wahrnehmungsbezogene Bewertung durch die Besucher. So überwiegen in der Besucherbefragung 2009 die negativen Bewertungen der Baustelle, und 8% der Übernachtungsgäste sowie 10% der Tagesgäste haben angegeben, dass sie „die Region Fehmarn / Großenbrode in der Bauphase meiden“ wollen. In der qualita- tiven Analyse wurde deutlich, dass vor allem die Erwartung von umfangreichem Baustellen- verkehr auf der Straße (insbesondere auf der Bundesstraße B 207) für diese Einschätzung verantwortlich ist.

Es wird deutlich, dass die Wahrnehmung auf Seiten der Besucher deutlich negativer ist als es die objektive Betrachtung der Chancen und Risiken für die Bauphase von Tunnel und Brücke (aber ohne Betrachtung der Bauphase für die Straßen- und Schienenhinterlandanbindung!) erwarten lässt.

Würde die in der Besucherbefragung 2009 geäußerte Verhaltensabsicht von den Be- suchern (Übernachtungsgäste und Tagesgäste) in die Tat umgesetzt, so wäre mit ei- nem substanziellen Umsatzverlust aus dem Tourismus zu rechnen, der durch zusätzli- che Besucher nicht annähernd kompensiert werden könnte. Erschwerend käme ein zeitlicher Effekt hinzu: Die Nachfrage, die in der Bauphase verdrängt würde und sich außerhalb des Untersuchungsraumes alternative Destinatio- nen suchen würde, wäre vermutlich nach Ende der Bauphase schwer zurückzugewin- nen. Insofern ist die Bauphase besonders sensibel, weil eine mögliche Nachfragever- drängung nicht mit dem Ende der Baustelle endet, sondern jedenfalls zu einem Teil länger wirkt. Die Realisierung dieser Verhaltensabsichten wird aber ganz wesentlich durch image- bildende Kommunikation gesteuert und ist keineswegs ein Automatismus. Objektive Grundlagen für eine derart große Verdrängung konnten in der Einzelbewertung, wie erwähnt, nicht gefunden werden.

0.3.2 Einflussfeld Tunnelbauwerk Für das Tunnelbauwerk (in der Betriebsphase) wurden bei der Einzelbewertung keine Chan- cen oder Risiken identifiziert, die eine hohe Wirkstärke aufweisen.

Die wahrnehmungsgestützte Bewertung zeigt, dass das Tunnelbauwerk nur wenige positive und negative Reaktionen hervorruft. In der qualitativen Untersuchung wurden die Vor- und Nachteile deutlicher diskutiert: Insbesondere der Aspekt der Erreichbarkeitseinschränkung (durch Tunnelangst, Tunnelängstliche, Pannen oder Unfälle) wird in den Fokusgruppen disku-

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tiert (ist aber für die hier zu untersuchende Fragestellung nur wenig relevant). Ein positiver Erlebnischarakter wird dem Tunnel von den Befragten nicht zugeschrieben.

Das Tunnelbauwerk ist für die touristische Entwicklung des Untersuchungsraumes wenig rele- vant. Es gliedert sich unauffällig in die Landschaft ein und wird als weder positiv noch negativ auffallend wahrgenommen. Vorbehalte der Nachfrager bezüglich einer Unterquerung des Fehmarnbelt sind deutlich, aber hier wegen der geringen Bedeutung des Besuchsverkehrs aus Skandinavien für die Erreichbarkeit des Untersuchungsraumes kaum relevant.

0.3.3 Einflussfeld Brückenbauwerk Für das Brückenbauwerk (in der Betriebsphase) wurden bei der Einzelbewertung sowohl Chancen als auch Risiken als wahrscheinlich und wirkstark identifiziert. Zum einen ist von einer Attraktions-, Erlebnis- und Wahrzeichenwirkung mit Einfluss auf die Bekanntheit der Re- gion auszugehen, zum anderen ist aber auch eine visuelle Beeinträchtigung (vor allem durch die mehr als 270 Meter hohen Pylonen) und die Lärmimmission durch die Brücke und die zu- gehörigen Bauwerke zu erwarten. Eine Havarie von Schiffen mit der Brücke hätte bei einer Verschmutzung der Strände erhebliche Auswirkungen auf den Tourismus, allerdings haben Untersuchungen des Projektträgers gezeigt, dass durch Einführung einer Verkehrstrennung mit Schiffsüberwachungssystem (VTS) das Havarierisiko im Vergleich zum Status Quo sinkt.

Die wahrnehmungsgestützte Bewertung zeigt sowohl in der Besucherbefragung als auch in der qualitativen Analyse, dass die positiven Wahrnehmungsaspekte im Falle der Brücke die negativen deutlich überwiegen. Neben den technischen sind vor allem die symbolischen Ei- genschaften einer Brücke für die positive Wahrnehmung verantwortlich.

Das Brückenbauwerk zeigt also mehr relevante Chancen als Risiken. Insbesondere die sym- bolischen Eigenschaften des Bauwerkes tragen zu einer überwiegend positiven touristischen Wirkung bei. Nachteilig wäre aber nach heutigem Kenntnisstand die Lärmentwicklung von der Brücke und den dazugehörigen Bauwerken.

0.3.4 Einflussfeld Reisezeitverkürzung Im Einflussfeld „Reisezeitverkürzung“ werden die Chancen und Risiken bewertet, die aus der Verkürzung der Reisezeiten gegenüber dem Status Quo (ca. 50 Minuten für Pkw und ca. 55 Minuten für die Bahn) und der deshalb erwarteten Verkehrszunahme (Zunahme des Straßen- verkehrs um ca. 60% gegenüber dem Nullfall, Zunahme des Schienenpersonenverkehrs, Wiederinbetriebnahme des Schienengüterverkehrs) resultieren könnten.

In der Einzelbewertung treten vor allem die Potenzialausweitung für Tagesausflüge aus Skan- dinavien in den Untersuchungsraum und, in begrenzterem Umfang, die Potenzialausweitung für Kurzzeitgäste im Stop-Over-Verkehr als wahrscheinliche und wirkstarke Chancen hervor.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es allein durch die Zunahme des Verkehrsaufkommens auch zu einer Zunahme der Geräuschentwicklung kommen, deren Wirkstärke hinsichtlich ei- ner Nachfrageverdrängung aber derzeit nicht bewertet werden kann.

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Verkehrszunahme und die damit einhergehende Umwelt- und Landschaftsstörung sind die wichtigsten Erwartungen der Besucher für die Betriebsphase der Festen Fehmarnbeltquerung. Von der Reisezeitverkürzung abzuleitende Imagefaktoren sind daher eher negativ eingefärbt und betreffen die Zunahme des Transitverkehrs im Untersuchungsraum („Transitregion“). Al- lerdings setzten sich diese negativen Erwartungen in der geäußerten Verhaltensabsicht nicht fort. Die verkehrsgenerierenden Aspekte der Festen Fehmarnbeltquerung werden zwar häufig negativ bewertet, führen aber nicht dazu, dass die Befragten per Saldo planen, den Untersu- chungsraum künftig zu meiden.

Die Reisezeitverkürzung enthält also, weitgehend unabhängig von der Realisierung der Fes- ten Fehmarnbeltquerung als Tunnel oder Brücke, sowohl Chancen als auch Risiken. Durch die Ausweitung der Erreichbarkeitszonen nach Skandinavien lassen sich Nachfragezuwächse erwarten. Diese werden das Tagesausflugssegment stärker betreffen als das Übernachtungs- segment. Die prognostizierte Zunahme des Transitverkehrs eröffnet zudem die Chance, Stop- Over-Gäste zu akquirieren. Alle drei Chancen sind aber stark vom Handeln der Anbieter ab- hängig. In der gegenwärtigen Angebotsstruktur ist nicht damit zu rechnen, dass allein durch die Verkürzung der Reisezeiten bzw. die Zunahme des Transitverkehrs ein deutlicher touristi- scher Nachfragezuwachs im Untersuchungsraum stattfindet.

Die Risiken durch die Reisezeitverkürzung sind vor allem auf der Ebene der Wahrnehmung und des Images zu suchen. Die isolierte und objektive Betrachtung der Risiken zeigt deren nur begrenzte Wirkstärke. Das Zusammenwirken verschiedener Aspekte kann aber zu einer nega- tiven Imagebildung führen.

0.3.5 Szenariobetrachtung In der Szenariobetrachtung werden auf qualitativer Basis drei mögliche Entwicklungslinien abgeleitet. Damit werden Reaktionsmöglichkeiten der Anbieter berücksichtigt und gleichzeitig den Akteuren Handlungsoptionen verdeutlicht. Dabei wurde die zu erwartende Tendenz der touristischen Entwicklung dargestellt, wenn die Akteure in einer bestimmten Form handeln, nämlich in einem negativen Szenario, einem mittleren Szenario und einem positiven Szenario.

Die negative Entwicklungslinie zeichnet sich vor allem aus durch die grundsätzliche Betonung negativer Aspekte wie „Angst“, „Risiko“, „Größenwahn“, „Transitregion“ in der Kommunikation gegenüber aktuellen und potenziellen Gästen und das Ignorieren der touristischen Belange in der Bauphase durch sedimentaufwirbelnde Bauarbeiten in Küstennähe in der Hauptbadesai- son. Außerdem gehören zur negativen Entwicklungslinie der Verzicht auf ein Informations- und Ausstellungszentrum. Weiterhin ist die negative Entwicklungslinie geprägt durch Passivi- tät im Hinblick auf die touristische Angebotsentwicklung und der Verzicht der Inszenierung und Nutzung der Querung zur grenzüberschreitenden touristischen Zusammenarbeit.

Die positive Entwicklungslinie zeichnet sich hingegen aus durch grundsätzliche Betonung po- sitiver Aspekte wie „Offenheit“, „grenzüberschreitende Verbindung“, „Chancen“ und „Vorfreu- de“ in der Kommunikation gegenüber aktuellen und potenziellen Gästen. Außerdem gehören zur positiven Entwicklungslinie der Verzicht auf sedimentaufwirbelnde Bauarbeiten, die Ein-

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richtung eines außergewöhnlich attraktiven Informations- und Ausstellungszentrums zur Fes- ten Fehmarnbeltquerung und mindestens beschränkter Weiterbetrieb dieses Informations- und Ausstellungszentrums nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung und Inszenierung des Bauwerkes (Brücke oder Tunnel) als technische außergewöhnliche Einrichtung. Seitens der Anbieter trägt eine deutliche Ausweitung der Übernachtungsangebote, tagestouristischen An- gebote und Stop-Over-Angebote für den skandinavischen Quellmarkt auf Basis eines for- schungsbasierten und nachfrageorientierten touristischen Masterplans zur positiven Entwick- lungslinie bei. Die Angebotsausweitung wird von einer deutlichen Ausweitung der grenzüber- schreitenden touristischen Zusammenarbeit begleitet, um die tagestouristischen Potenziale koordiniert am Markt anbieten zu können und die grenzüberschreitende Region im touristi- schen Wettbewerb besser zu positionieren.

Die mittlere Entwicklungslinie liegt zwischen diesen Szenarien.

Als Fazit der Szenarienbetrachtung lässt sich festhalten, dass der Kommunikation seitens aller Beteiligten eine besonders wirkstarke Rolle zukommt. Der kommunikative Aspekt wird nach heutiger Einschätzung einen stärkeren Einfluss auf die touristische Nachfrageentwicklung haben als die zu erwartenden Angebotsveränderungen aufgrund des Baus und des Betriebs einer Festen Fehmarnbeltquerung.

Außerdem wird deutlich, dass die vor allem aus der Reisezeitverkürzung resultierenden Chancen durch eine Ausweitung der touristischen Nachfragerpotenziale nur dann realisiert werden können, wenn entsprechende Angebote geschaffen werden. Diese Veränderungen des touristischen Angebots bedürfen einer vorherigen Potenzialabschätzung, koordinierten Planung und Umsetzung.

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0.4 Fazit

Die Untersuchung hat zusammenfassend gezeigt, dass durch Bau und Betrieb einer Festen Fehmarnbeltquerung Chancen und Risiken für die touristische Entwicklung des Untersu- chungsraumes entstehen. Bau und Betrieb der Festen Fehmarnbeltquerung allein werden aber gutachterlich weder als Boomfaktor noch als Katastrophe für die touristische Entwicklung Fehmarns und Großenbrodes eingeschätzt.

Die Analyse hat die besondere Bedeutung der Kommunikation für die Einstellung gegenüber einer Festen Fehmarnbeltquerung und die daraus folgenden Handlungsabsichten deutlich aufgezeigt. Das betrifft nicht nur die Information durch Medien, sondern auch durch persönli- che Gespräche vor Ort, die von Besuchern mit negativer Einstellung gegenüber einer Festen Fehmarnbeltquerung häufiger genutzt wurden als von Personen mit positiver Einstellung. Für die Steuerung der Handlungsabsichten sind nicht nur die objektiven Tatsachen, sondern eben vornehmlich die Wahrnehmungen, Vorstellungen und Erwartungen relevant.

Die Imagewirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung ist mit der Kommunikation untrennbar verbunden. Sowohl die Chance auf eine wachsende positive Bekanntheit durch die Feste Fehmarnbeltquerung (im Fall einer Brücke größer als im Fall eines Tunnels) als auch das Ri- siko einer wachsenden negativen Bekanntheit (als „Europas größte Baustelle“ oder „Transit- region“) sind gegeben und können im Rahmen der Kommunikation realisiert werden.

In der Analyse wurde deutlich, dass Wiederkehrer und Dauergäste negativere Vorstellungen haben als weniger stark gebundene Gäste und dass neue Gäste in der Bauphase vor allem im Segment der Tagesbesucher zu erwarten sind. Sofern die vorhandenen Wahrnehmungen, Vorstellungen und Erwartungen der Besucher nicht durch aktive und gemeinsame Kommuni- kation verändert werden, sind für die Bauphase ein Nachfragerückgang und ein Struktureffekt zu erwarten: Ein Rückgang im Segment der Wiederkehrer und Dauergäste wird zum Teil durch neue Tagesbesucher, die durch die Baustelle angezogen werden, und zusätzliche sai- sonunabhängige Übernachtungen von Bauarbeitern kompensiert werden können.

Aufgrund der deutlichen Unterschiede zwischen zu erwartenden tatsächlichen Angebotsver- änderungen und der heutigen Wahrnehmung durch aktuelle und potenzielle Besucher kommt der Kommunikation eine wichtigere Rolle zu als den tatsächlichen Angebotsveränderungen. Werden in der Kommunikation neutrale Inhalte vermittelt oder vor allem negative Aspekte be- tont, so ist mit einem Rückgang der Nachfrage zu rechnen, denn die vorhandenen negativen Vorstellungen werden verstärkt oder zumindest nicht gemildert. Dieser Rückgang kann nur bei Betonung positiver Aspekte („Offenheit“, „grenzüberschreitende Verbindung“, „Vorfreude“, „Chancen“) und bei gezielter Aufklärung über die tatsächlich zu erwartenden Angebotsverän- derungen gemildert oder verhindert werden. Die Wirkung einer solchen positiven Kommunika- tion ist vermutlich umso größer, je früher sie einsetzt und je breiter sie getragen wird.

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Diese Aussagen für die Bauphase gelten ausschließlich für den Bau der Festen Fehmarnbelt- querung selbst. Isolierte oder kumulative Effekte durch die Erweiterung der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung wurden nicht betrachtet.

Für die Betriebsphase lassen sich vor allem strukturelle Effekte finden, ein weiterer Nachfra- gerückgang zeichnet sich aufgrund der geäußerten Verhaltensabsichten in der Besucherbe- fragung und der objektiv zu erwartenden Angebotsveränderungen nicht ab. Es ist aber anzu- nehmen, dass die Besucher, die während der Bauphase fernbleiben würden, in der Betriebs- phase nur schwer zurückzugewinnen sein werden, weil sie neue bevorzugte Feriengebiete gefunden haben werden. Das betont noch einmal die Bedeutung von Kommunikation, Infor- mation und Aufklärung in der Bauphase.

Gleichzeitig zeichnet sich ein Anstieg der touristischen Nachfrage bei Tages- und Stop-Over- Reisen ab, weil die Potenziale für beide Gästegruppen durch die Verbesserung der Erreich- barkeit des Untersuchungsraumes aus Skandinavien z. T. deutlich zunehmen. Es ist zu erwar- ten, dass das touristische Nachfragevolumen (Zahl der Aufenthaltstage) sich nach der Bau- phase im ungünstigeren Fall auf dem Niveau während der Bauarbeiten stabilisieren wird (für den Nullfall gehen wir von einer tendenziell konstanten Nachfrageentwicklung im Untersu- chungsraum aus), wenn keine Angebotsanpassung vorgenommen wird. Die touristische At- traktivitätsstruktur des Untersuchungsraumes in Verbindung mit einer Reisezeitverkürzung von ca. 50 Minuten reicht derzeit nicht aus, um zusätzliche Nachfrager aus den skandinavi- schen Märkten in nennenswertem Umfang für den Untersuchungsraum zu interessieren.

Bei entsprechender Angebotsanpassung ist hingegen zu erwarten, dass das touristische Nachfragevolumen mindestens das Niveau ohne Bau der Festen Fehmarnbeltquerung oder ein höheres Niveau erreichen wird. In welchem Maße der Untersuchungsraum von den ange- führten Potenzialen aufgrund der Festen Fehmarnbeltquerung profitieren kann, hängt im We- sentlichen von der Ergänzung oder Veränderung des touristischen Angebots ab. Hinsichtlich der tourismusrelevanten Angebote könnte sich ein Struktureffekt einstellen, der Angebote mit kurzer Aufenthaltsdauer und geringer Authentizität (wie Motels, Servicegebiete, straßennahe Restaurants, Bordershops) an der Verkehrsachse und erholungsorientierte und authentische Tourismusattraktionen abseits der Verkehrsachse hervorbringt, weil sich Anbieter auf die ver- änderten Potenziale einstellen. Ebenfalls aufgrund der angesprochenen Potenziale wird sich die Struktur der Nachfrage absehbar verändern, weil mehr Kurz- und Tagesreisende generiert werden können. Dieser Struktureffekt würde sich verstärken, wenn in der Bauphase Wieder- kehrer und Dauergäste fernblieben und nicht zurückgewonnen werden könnten.

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1 Einführung

Die gesamte Untersuchung gliedert sich in drei Abschnitte. Im Einführungskapitel werden An- lass und Aufgabenstellung der Untersuchung aufgezeigt und der Untersuchungsrahmen so- wohl in räumlicher wie auch in methodischer Hinsicht abgesteckt. Außerdem werden die Rahmenbedingungen für die Untersuchung dargestellt.

Das zweite Kapitel enthält die Bestandsanalyse. Dazu werden das touristische Angebot und die Erreichbarkeit des Untersuchungsraumes ebenso analysiert wie die touristische Nachfra- ge. Aus der Nachfrageanalyse und den empirischen Ergebnissen der Besucherbefragung 2009 wurde eine Wertschöpfungsanalyse abgeleitet. Soweit möglich, wurde in der gesamten Bestandsanalyse ein einheitlicher zeitlicher Bezug für das Jahr 2009 eingehalten.

Das dritte Kapitel schließlich erstellt auf der Basis einer detailliert beschriebenen Bewer- tungsmethodik eine zusammengefasste Folgenabschätzung der Festen Fehmarnbeltquerung für den Untersuchungsraum. Ein Überblick über den Untersuchungsgang findet sich in Abb. 1.

Abb. 1: Gang der Untersuchung

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1.1 Anlass und Aufgabenstellung

1.1.1 Untersuchungsziel und Indikationsbereich Ziel der Untersuchung ist es, die Chancen und Risiken bei Bau und Betrieb einer Festen Fehmarnbeltquerung für den Tourismus auf Fehmarn und in Großenbrode darzustellen und eine empirisch begründete Einflussanalyse zu erarbeiten.

Die Untersuchung beschäftigt sich mit den Auswirkungen auf die touristische Nachfrage, also die Touristen und deren zu erwartendes Verhalten beim Bau und nach Fertigstellung einer Festen Fehmarnbeltquerung. Die Studie beschäftigt sich mit den Auswirkungen auf die Ein- wohner, die Natur und die lokale Wirtschaft nur dann, wenn dies touristisch relevant ist. Au- ßerdem bewertet die Studie angebotsbezogene Reaktionsmöglichkeiten verschiedener Ak- teursgruppen in Form von Szenarien.

Dazu werden vier Einflussfelder untersucht:

Auswirkungen in der Bauphase mit Baustelle des Tunnels, der Brücke und der Portal- und Rampenbereiche (aber nicht die Baustelle der Hinterlandanbindungen) auf Basis der in Abschnitt 1.2.2 beschriebenen Planungen Vorhabens- und betriebsbedingte Auswirkungen durch die Bauwerke (Tunnel, Ram- pen und Portal) im Realisierungsfall „Absenktunnel“ (wie in Abschnitt 1.2.3.1 beschrie- ben) Vorhabens- und betriebsbedingte Auswirkungen durch die Bauwerke (Brücken und Rampen) im Realisierungsfall „Schrägkabelbrücke“ (wie in Abschnitt 1.2.3.2 beschrie- ben) Vorhabens- und betriebsbedingte Auswirkungen durch die Reisezeitverkürzung (un- abhängig von der Realisierung als Absenktunnel oder Schrägkabelbrücke) auf Basis der in Abschnitt 1.2.4 beschriebenen Planungen und Prognosen

1.1.2 Verhältnis des Tourismusgutachtens zur Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) Nach der Rechtslage in Dänemark und Deutschland sowie nach internationalem Recht ist für den Bau einer Festen Fehmarnbeltquerung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem UVP-Gesetz durchzuführen. Auf deutscher Seite umfasst das Untersuchungsgebiet hier- für den Anlandungs- und dessen Umgebungsbereich der Festen Fehmarnbeltquerung auf der Insel Fehmarn. Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung ist es, die Auswirkungen des Vorha- bens auf die Umwelt bzw. die Schutzgüter frühzeitig und umfassend zu ermitteln, zu beschrei- ben und zu bewerten. Die Schutzgüter umfassen die Bereiche Menschen (einschließlich der menschlichen Gesundheit), Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, Boden, Wasser, Luft, Kli- ma, Landschaft, Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern.

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Der Projektträger muss den zuständigen Behörden in Deutschland und Dänemark die ent- scheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen des Vorhabens in Form einer Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) vorlegen.

Im Rahmen der UVP und somit auch der UVS wird das Wirtschaftssystem „Tourismus“ nicht explizit unter den zu prüfenden Schutzgütern aufgeführt (Gassner, Winkelbrandt & Bernotat 2005, S. 25), sondern in Umweltverträglichkeitsstudien in der Regel bei den Schutzgütern „Mensch und Landschaft“, genauer gesagt im Funktionsbereich „Erholung“, mit behandelt. Der Bearbeitungsrahmen geht dabei über das bei anderen Umweltverträglichkeitsstudien übliche Maß der Berücksichtigung touristischer Belange hinaus.

Der vorliegende Bericht ist als eigenständige Studie zu verstehen. Ob er vollständig oder ggf. in anderer Form in die Planfeststellungsunterlagen, und hier insbesondere in die UVS, inte- griert wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht entschieden. Zu welchem Grad das Thema „Tourismus“ Gegenstand der Abwägung im Planfeststellungsverfahren werden wird, wird die Planfeststellungsbehörde entscheiden, wenn Femern A/S die Planfeststellungsunterlagen eingereicht hat (Information von Femern A/S, September 2011). Der Untersuchungsraum der Tourismusstudie ist mit den Gemeinden Stadt Fehmarn und Großenbrode größer gewählt als der Untersuchungsraum anderer Studien, die im Rahmen der UVS angefertigt werden.

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1.2 Beschreibung des Vorhabens

1.2.1 Allgemeines Wesentliche Grundlage der Planungen ist der „Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutsch- land und dem Königreich Dänemark über eine Feste Fehmarnbelt-Querung“ vom 3. September 2008. Der Vertrag wurde nach Zustimmung des Bundestages und des Bundes- rates als Gesetz im Bundesgesetzblatt (Jahrgang 2009, Teil II, S. 25) veröffentlicht. Am 25. Dezember 2009 wurden die Ratifizierungsurkunden ausgetauscht.

In Artikel 1 des Vertrages ist festgestellt, dass eine nutzerfinanzierte Feste Fehmarnbeltque- rung 2018 in Betrieb genommen werden soll. Dieser Zeitplan wurde zwischenzeitlich revidiert, so dass von einer Eröffnung im Jahr 2020 auszugehen ist.

Zur Finanzierung des Projektes legt der Vertrag grundsätzlich fest: „Das Königreich Dänemark wird die Feste Fehmarnbeltquerung errichten und betreiben und trägt die Kosten.“ Alle Kosten der Querung und auch alle zu erwartenden Erträge sind damit Sache des Königreiches Dä- nemark.

Diese Regelung gilt für die eigentliche Querung, nicht aber für die deutschen Hinterlandanbin- dungen. Dazu legt der Vertrag grundsätzlich fest: „Die Bundesrepublik Deutschland soll für den Ausbau und die Finanzierung der Hinterlandanbindungen der Festen Fehmarnbeltque- rung in der Bundesrepublik Deutschland allein verantwortlich sein.“

1.2.2 Technische Planungen der Bauphase In der Bauphase der Festen Fehmarnbeltquerung sind verschiedene Aspekte für die touristi- sche Bewertung relevant. Dazu gehören:

Zeitplanung zu erwartende Verkehrsmengen, insbesondere auf der Straße Flächenbedarf Lage der Baustellen Arbeitskräftebedarf.

Die Baustellen umfassen verschiedene Objekte. Dazu gehören:

die Baustellen auf See, um vorgefertigte Tunnel- oder Brückenelemente zu installieren und um die Voraussetzungen dafür zu schaffen (Vorbereitung bzw. Ausbaggern des Bodens) ein Arbeitshafen auf der Insel Fehmarn die Baustellen für den Bau der Rampenbereiche und Anschlüsse an die Straßen- und Schienenhinterlandanbindung.

Produktionsstätten (für die Fertigung großer Bauelemente, die dann vor Ort verbaut werden) sind im Untersuchungsraum nicht geplant. Die Baustellen für die Erstellung der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung werden hier nicht betrachtet.

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1.2.2.1 Zeitplanung Der übergreifende Zeitplan geht von einem Baubeginn im Jahr 2014 und der Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung Ende 2020 aus. Die gesamte Dauer der Bauphase wird mit 6,5 Jahren für die Brücke und sieben Jahren für den Tunnel angegeben (FEMERN A/S 2010d, Anhang 7).

Für die Realisierung eines Absenktunnels sind nach einem vorläufigen Zeitplan Baggerarbei- ten im Zeitraum November 2014 bis März 2016 geplant (Information von Femern A/S, März 2011).

1.2.2.2 Zu erwartende Verkehrsmengen Für den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung müssen Arbeitskräfte, Maschinen und Material zu und von der Baustelle transportiert werden. Der Projektträger geht von täglich 50 bis 150 Lkw von und zur Baustelle aus (Information von Femern A/S, August 2011).

1.2.2.3 Flächenbedarf Der Flächenbedarf der Baustellen wird im Realisierungsfall „Absenktunnel“ größer als im Rea- lisierungsfall „Schrägkabelbrücke“ ausfallen. Der Projektträger geht von 150.000 m² (= 15 ha) beim Bau eines Tunnels und 40.000 m² ( = 4 ha) beim Bau einer Brücke aus (FEMERN A/S 2010b, S. 14-15).

1.2.2.4 Lage der Baustellen Im Untersuchungsraum werden Arbeitshafen, Baustellen für die Bauarbeiten auf See und an Land und die Anschlüsse an die Straßen- und Schienenhinterlandanbindung unmittelbar öst- lich des Fährhafens Puttgarden und der Schienenanlagen, ca. 800 Meter westlich von Marien- leuchte und 700 östlich von Puttgarden, untergebracht (Information von Femern A/S, Mai 2011).

1.2.2.5 Arbeitskräftebedarf Insgesamt erwartet der Projektträger nach vorläufigen Schätzungen während der sechsein- halbjährigen Bauphase einen Arbeitskräftebedarf von 22.500-27.500 Mannjahren (Information von Femern A/S, August 2011). Legt man einen Mittelwert von 25.000 Mannjahren insgesamt zugrunde, so ergibt sich ein durchschnittlicher jährlicher Arbeitskräftebedarf von rund 3.850 Beschäftigten. Der gesamte Arbeitskräftebedarf und der auf den Untersuchungsraum entfal- lende Arbeitskräftebedarf sind aber in hohem Maße von der konkreten Planung der Bauunter- nehmen bezüglich der Standorte für weitere Hauptaufträge (neben der Produktion der großen Bauelemente) und der Fertigungsmethoden abhängig.

1.2.3 Technische Bauwerksvarianten Für die geplante Feste Fehmarnbeltquerung werden verschiedene Bauwerksvarianten disku- tiert. Die technische bevorzugte Lösung ist seit November 2010 (FEMERN 2010d) der Ab- senktunnel, die bevorzugte technische Alternative die Schrägkabelbrücke. Beide Varianten werden daher im Folgenden kurz dargestellt.

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Weiterhin wurden als weitere Bauwerksvarianten auch eine Hängebrücke und ein gebohrter Tunnel diskutiert. Beide sind aber zum heutigen Zeitpunkt keine bevorzugten Varianten. Auf eine detaillierte Darstellung wird daher verzichtet.

1.2.3.1 Absenktunnel Der Absenktunnel wird in einen vorher ausgebaggerten Graben eingesenkt und aus ca. 89 vorgefertigten Elementen zusammengefügt. Das Material aus dem Graben bildet den weitaus größten Teil des rund 15,3 Mio. m³ anfallenden Baggergutes. Zur Herstellung des Grabens werden verschiedene Baggertechniken eingesetzt, für bodennahe Schichten Löffelbagger, für tiefere Schichten Greifbagger und Laderaumsaugbagger. Da zwischen dem Aushub des Gra- bens und dem Einsenken der einzelnen Tunnelelemente Zeit vergehen kann, wird der Graben mit einem Saugbagger von zwischenzeitlich eingetragenen Sedimenten befreit. Der Tunnel- graben muss so groß sein, dass er die 42 bis 45 Meter breiten und 9 bis 13 Meter hohen Ele- mente zuzüglich einer 1,20 Meter dicken Deckschicht aufnehmen kann.

Das Baggergut soll vor den Küsten Lollands und Fehmarns verbracht werden. Dazu ist im nördlichen Küstenbereich der Insel Fehmarn eine Fläche östlich des heutigen Fährhafens vorgesehen. Hier sollen rund 0,4 Mio. m³ Baggergut verbracht werden (Abb. 3). Die Tun- nelelemente nehmen die vier Fahrspuren und zwei Eisenbahngleise auf. Die Fahrspuren des Straßentunnels sind je Richtung baulich getrennt und mit kompletten Standstreifen ausgelegt. Der Tunnel soll über eine Längslüftungsanlage ohne Lüftungsinseln und eine Sprinkleranlage verfügen (FEMERN A/S 2010d, Anhang 4). Ca. alle 1,8 Kilometer werden zwischen die Stan- dardelemente (Abb. 2) Spezialelemente eingesetzt, die zusätzlichen Raum für technische Installationen haben und den Zugang zu allen Tunnelelementen erlauben. Die Tunnelelemen- te werden außerhalb des Untersuchungsraumes gefertigt und dann zur Baustelle geschleppt.

Abb. 2: Querschnitt eines Standardelements mit Angaben in Metern Quelle: FEMERN A/S

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Abb. 3: Vorgesehene Lage von Tunnelportal und Aufschüttungsflächen für Baggergut auf Fehmarn (Bereich innerhalb der gestrichelten Linie) Quelle: FEMERN A/S

1.2.3.2 Schrägkabelbrücke Die Linienführung der Schrägkabelbrücke beschreibt ein ganz leicht geschwungenes S zwi- schen Fehmarn und Lolland (Abb. 4). Die Brücke soll östlich des heutigen Fährhafens Putt- garden auf das Festland treffen und mit Rampen an die bestehenden Straßen- und Schienen- strecken angeschlossen werden (Abb. 5).

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Abb. 4: Linienführung der Brückenvariante zwischen Fehmarn und Lolland Quelle: FEMERN A/S Die eigentliche Schrägkabelbrücke mit zwei großen Durchfahrtsfeldern von jeweils 724 Metern Breite umfasst insgesamt eine Spannweite von ca. 2,4 Kilometern. Diese Hauptbrücke wird von drei Pylonen getragen, die jeweils eine Höhe von 272 Metern über Meeresniveau errei- chen. Die Maximalhöhe der Schrägkabelbrücke wäre damit größer als die der Öresundbrücke (204 Meter, vgl. ØRESUNDSBRO KONSORTIET 2005) und der Brücke über den Großen Belt (254 Meter1). Ebenfalls Teil des Brückenbauwerks sind die Vorlandbrücken mit einer Höhe von 24,90 Metern an der Küste Fehmarns bis zu einer Höhe von rund 80 Metern in der Mitte der Brücke.

Die weitaus längste Strecke über den Fehmarnbelt wird auf den Rampenbrücken zurückge- legt. Die nördliche Rampenbrücke wird ca. 9,4 Kilometer lang sein, die südliche mit dem An- schluss an Fehmarn ca. 5,7 Kilometer.

Die Brücke soll bei Dunkelheit beleuchtet werden. Das Beleuchtungskonzept berücksichtigt unter anderem die drei Hauptpylonen.

1 Vgl. http://www.storebaelt.dk/deutsch/brucke, Jan. 2010

2 so auf www.beltquerung.info und auf www.bettina-hagedorn.de, zusammen mit einem Bericht über den Beschluss des

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Auf Fehmarn wird eine Rampen- und Auffahrtsbrücken-Kombination benötigt. Diese besteht aus einer neu anzulegenden Halbinsel (405 Meter Länge), einem Galeriebauwerk zur vertika- len Trennung von Straße und Schiene (320 Meter Länge), einer Überführung der Straße über die bestehende Eisenbahn (400 Meter Länge und 8 Meter Höhe) und Rampen für Straße (465 Meter Länge) und Schiene (680 Meter Länge). Der Rampen- und Auffahrtsbereich reicht also maximal 1.000 Meter von der heutigen Küstenlinie in das Landesinnere.

Abb. 5: Anlandungsbereich der Brücke auf Fehmarn mit Anbindung der Verkehrswege Quelle: FEMERN A/S

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1.2.4 Planungen bezüglich der Reisezeitverkürzung Für die Untersuchung der aus der Reisezeitverkürzung hervorgehenden Effekte sind insbe- sondere die folgenden Faktoren relevant:

Zeitersparnis Verkehrsprognose Straße und Schiene Höhe der Maut

1.2.4.1 Zeitersparnis Als Querungszeit mit dem Pkw werden zehn bis zwölf Minuten für die ca. 20 Kilometer lange Strecke angesetzt (FEHMARNBELT TRAFFIC CONSORTIUM 2003, S. 44, FEMERNBÆLT 2009b, S. 5, FEMERN 2010c, S. 3), für Personenzüge rund sieben Minuten (FEMERN 2010c, S. 3). Nimmt man die heutige durchschnittliche Reisezeit mit der Fähre mit 47 Minuten an (45 Minuten Fahrtzeit plus Be- und Entladung) und rechnet eine Wartezeit von pauschal 15 Minu- ten hinzu (so z. B. VIEREGG-RÖSSLER 2009, S. 23), so ergibt sich heute eine durchschnittli- che Reisezeit von 62 Minuten für die Fährpassage. Diese angenommene durchschnittliche Reisezeit kann im optimalen Fall um bis zu 15 Minuten unterschritten werden, wenn ein sofor- tiges Befahren der Fähre bei Ankunft im Hafen möglich ist. Die angenommene durchschnittli- che Reisezeit kann aber auch deutlich überschritten werden, insbesondere dann, wenn wegen hoher Nachfrage die nächste Fährabfahrt nicht erreicht werden kann und so eine zusätzliche Wartezeit von 30 Minuten oder länger entsteht.

Aus der heutigen angenommenen durchschnittlichen Reisezeit von 62 Minuten und der zu- künftigen angenommenen durchschnittliche Reisezeit von zwölf Minuten für den Pkw und sie- ben Minuten für den Reisezug ergibt sich eine Fahrzeitersparnis von 50 Minuten für den Pkw und 55 Minuten für den Reisezug.

Im Zuge des Ausbaus der Straßen- und Schienenhinterlandanbindungen werden voraussicht- lich weitere Reisezeitverkürzungen entstehen. Diese werden im Rahmen dieser Studie nicht betrachtet.

1.2.4.2 Verkehrsprognose Straße Für die Straßenverbindung liegen verschiedene Verkehrsprognosen vor, die vom Projektträger auf das Jahr 2025 fortgeschrieben wurden (Information von Femern A/S, Mai 2011). Demnach ist von 11.683 Fahrzeugen pro Tag auszugehen (Tab. 1). Dieser Wert wird voraussichtlich nicht sofort nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung erreicht, sondern sich über einen Zeitraum von ca. 5 Jahren aufbauen (sog. Ramp-up-Phase). Für das Eröffnungsjahr werden daher um 20% geringere Verkehrsmengen erwartet (Information von Femern A/S, April 2011).

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Tab. 1: Verkehrsprognose Straße 2025 Fahrzeuge pro Geschwindigkeit Davon bei Tag Davon bei Nacht Tag (km/h)

Pkw 9.694 7.949 1.745 110

Busse 153 125 28 80

Lkw 1.836 1.506 330 80

Fahrzeuge gesamt 11.683 9.580 2.103

Quelle: Femern A/S, Mai 2011

Diese Prognosedaten weichen leicht von den Prognosen für die Straßenhinterlandanbindung ab (WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010, allerdings für Werktage). Dort werden für die B 207 zwischen Fährverbindung und Puttgarden in beiden Planfällen 10.500 Fahrzeuge pro Tag angenommen (Tab. 2), was einer Zunahme gegenüber dem Nullfall (6.500 Fahrzeuge) von 61,5% entspricht. Für die Zwecke dieser Untersuchung werden einheitlich die Prognose- werte des Projektträgers (Tab. 1) verwendet.

Tab. 2: Verkehrsprognose Straße für die Hinterlandanbindung Analyse DTV w Nullfall 1 Nullfall 2 Planfall 1 Planfall 2 2008 B 207 zwischen Fährverbindung und 6.100 6.500 6.500 10.500 10.500 Puttgarden B 207 zwischen Puttgarden und Burg a. 6.900 7.400 7.300 11.600 11.500 Fehmarn B 207 zwischen Burg a. Fehmarn und 9.500 11.100 7.800 16.200 11.900 Avendorf B 207 zwischen Avendorf und Großen- 12.400 14.500 14.500 17.700 17.700 brode B 207 zwischen Großenbrode und 12.700 14.600 14.600 18.600 18.600 Heiligenhafen Ost

Quelle: WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010, S. 23-25 Erläuterungen: DTV w: Durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke an Werktagen (Mo-Fr) Nullfall 1: ohne vierstreifigen Ausbau der B 207, ohne Feste Fehmarnbeltquerung, mit vollständiger Ortsum- gehung Burg Nullfall 2: ohne vierstreifigen Ausbau der B 207, ohne Feste Fehmarnbeltquerung, mit Ausbau der K 43 und 1. und 2. Bauabschnitt der Ortsumgehung Burg Planfall 1: mit vierstreifigem Ausbau der B 207, mit Fester Fehmarnbeltquerung, mit vollständiger Ortsumge- hung Burg Planfall 2: mit vierstreifigem Ausbau der B 207, mit Fester Fehmarnbeltquerung, mit Ausbau der K 43 und 1. und 2. Bauabschnitt der Ortsumgehung Burg

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1.2.4.3 Verkehrsprognose Schiene Für die Schienenverbindung liegen differenzierte Verkehrsprognosen vor, die von insgesamt 118 Zügen pro Tag, davon 66% Güterzüge, ausgehen (Information von Femern A/S, Mai 2011).

Tab. 3: Verkehrsprognose Schiene 2025 Geschwin- Anzahl Züge Zuglänge Anteil Schei- digkeit Zugtyp ben-bremsen % pro davon bei davon bei km/h m Tag Tag Nacht

ICE 100 21 20 1 200 400

Nachtzug (D-Zug) 100 3 1 2 200 340

Nahverkehrszug 100 16 15 1 160 105

Güterzug 0 78 52 26 120 835

Gesamt 118 88 30

Quelle: Femern A/S

1.2.4.4 Maut Die Feste Fehmarnbeltquerung wird mautpflichtig sein. Die genaue Höhe der Maut ist noch nicht festgelegt, in den finanziellen Berechnungen wird aber davon ausgegangen, dass der Preis auf dem Niveau einer Fährüberfahrt Puttgarden–Rødby im Jahr 2007 liegen wird – an- gepasst um die normale Preisentwicklung. 2007 betrug der Preis für die Überfahrt mit der Fäh- re EUR 56,- für einen Pkw (Information von Femern A/S, Juni 2011).

Hinsichtlich der 2020 zu erwartenden Kosten für die Fährüberfahrt liegen keine präzisierenden Informationen vor. Eine Kostensteigerung unterhalb der normalen Preisentwicklung scheint aber, insbesondere angesichts der Bunkerpreisentwicklung, unwahrscheinlich.

Zusammengefasst gehen wir davon aus, dass bei Eröffnung der Normalpreis für die Benut- zung der Festen Fehmarnbeltquerung etwa dem Preis für die Benutzung der Fähre entspricht.

1.2.5 Tourismusrelevante Positionen, Studien und Projekte Das im September 2007 gegründete und von der dänischen Projektgesellschaft unterstützte Fehmarnbelt Business Council (FBBC) bestand im Mai 2008 aus der schleswig-holsteinischen Industrie- und Handelskammer, der Handelskammer Hamburg und der Vereinigung der Un- ternehmensverbände in Hamburg und Schleswig-Holstein e.V., ferner der Confederation of Danish Industry und der südschwedischen Industrie- und Handelskammer. Das FBBC sieht

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Vorteile vor allem in den folgenden Bereichen: direkte wirtschaftliche Effekte (volkswirtschaftli- cher Nutzen-Kosten-Faktor von 1,94), strategische und dynamische Wirkungen (Standortfak- tor zur Unternehmensansiedlung), regionalwirtschaftliche Effekte (z. B. verbesserte Wettbe- werbsbedingungen für den Tourismus), Beschäftigungseffekte (z. B. Ausdehnung des Pend- lerradius), Umwelteffekte (z. B. Kohlendioxideinsparungen durch Veränderung des modal split) sowie die langfristige Entstehung einer gemeinsamen Identität.

Auf Seiten der schleswig-holsteinischen Landesregierung richtet das Ministerium für Wirt- schaft, Wissenschaft und Verkehr (MWWV) sein Augenmerk vor allem auf die Chancen einer Festen Fehmarnbeltquerung (vgl. MWWV 2007). Ministerpräsident und Verkehrsminister be- grüßten die Zustimmung des Bundestages zum deutsch-dänischen Vertrag im Juli 2009. Der Koalitionsvertrag vom 17. Oktober 2009 benennt den Bau der Festen Fehmarnbeltquerung mit den notwendigen Hinterlandanbindungen als prioritäres Straßenverkehrsprojekt und ein Ge- samtkonzept zum Bau der Schienenhinterlandanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung als prioritäres Schienenverkehrsprojekt. Mit der Einrichtung eines regionalen Dialogforums, das die Landesregierung im April und Juni 2011 ankündigte, sollen „größtmögliche Transparenz“ geschaffen und die „gesetzlich vorgeschriebenen Beteiligungsverfahren ergänzt“ werden.

Ebenfalls auf Nutzung der erwarteten Chancen orientieren sich einige grenzüberschreitende Initiativen. Bei der Realisierung der Projekte hilft häufig das INTERREG IVA-Programm „Fehmarnbeltregion“ (siehe www.fehmarnbeltregion.net), das die bereits seit 1991 bestehende INTERREG-Kooperation in der Region fortsetzt. Im Rahmen dieser Programme werden grenzüberschreitende Projekte in der Region realisiert.

Dazu gehört etwa das im Januar 2009 gegründete Fehmarnbelt-Komitee mit jeweils drei Ver- tretern aus Dänemark und Deutschland (Koordinierung über den Kreis Ostholstein). Das Fehmarnbelt-Komitee ist Ausfluss eines INTERRG IVA-Projektes „Regionalmanagement Fehmarnbelt-Region“ des Fehmarnbelt-Forums Ostholstein (konstituiert im Februar 2006) und des dänischen „Fonden Femern Bælt Forum“.

Ein weiteres INTERREG IVA-gefördertes Projekt ist „Destination Fehmarnbelt“ des Ostsee- Holstein Tourismus e.V. und Østdansk Turisme. Das Projekt hat eine Laufzeit von 2009 bis 2012 und verfügt über einen EFRE-Zuschuss von rund 2,4 Mio. Euro. „Fehmarnbelt-Projekt – Chance für den Tourismus“ ist auch hier die wesentliche Arbeitsgrundlage. Die Geschäftsfüh- rerin des OHT wird wie folgt zitiert:

„Aus touristischer Sicht wünsche ich mir eine Brücke. Sie könnte wie die Gol- den Gate Bridge in San Francisco zu einem international bekannten Aushän- geschild werden. Damit hätte Schleswig-Holstein Superverhältnisse fürs touris- tische Marketing: das Wattenmeer als Weltnaturerbe und dazu noch einen technischen Monumentalbau. Das sollte das Land erkennen und verwerten.“ (Ostholsteiner Anzeiger, 2. Sept. 2009) Im Rahmen des genannten INTERREG-Projektes wurden grenzüberschreitende Analysen erstellt (IMT 2010, LIGHTHOUSE CPH 2010, ZUKUNFTSINSTITUT 2010), eine gemeinsame

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Destinationsentwicklungsstrategie (Hansen & Schmücker 2010) und eine gemeinsame Positi- onierung (DESTINATION FEHMARNBELT 2011) erarbeitet, zudem erste gemeinsame Ver- marktungsprojekte umgesetzt.

Die von einer Festen Fehmarnbeltquerung unmittelbar betroffenen Körperschaften haben in Positionspapieren und Forderungskatalogen klargelegt, welche Aspekte sie bei Planung und Bau einer Festen Fehmarnbeltquerung besonders beachtet wissen wollen (MWV et al. 2009, STADT FEHMARN 2008, KREIS OSTHOLSTEIN 2007).

Eine umfassende regionalisierte Analyse ist die von Femern A/S herausgegebene Studie „Feste Fehmarnbeltquerung: Regionale Entwicklungsperspektiven“. In der Zusammenfassung kommt der Redakteur der Studie, Prof. Dr. Christian Wichmann Matthiessen (Fachbereich Geographie und Geologie der Universität Kopenhagen), zu dem zusammenfassenden Ergeb- nis, dass von einer Festen Fehmarnbeltquerung in erster Linie die Zentren „Øresundstadt“ und Hamburg profitieren werden (Abb. 6): „Die großen Städte können mit neuen Wachstumsmög- lichkeiten rechnen“ (Wichmann Matthiessen 2011, S. 12). Für den engeren regionalen Bereich am Fehmarnbelt (Lolland/Falster, nordöstliches Schleswig-Holstein) hingegen sieht die Studie neben Chancen durch „realistischer begründete Hoffnungen auf EU-Förderung“, der Chance auf „neue Lokalisierung staatlicher Finanzmittel“ und einer Ausweitung des „Pendlergebietes zu den Stadtgebieten“ auch den unvermeidlichen Verlust von Arbeitsplätzen bei Einstellung des Fährbetriebes (ebd., S. 14).

Spezifisch touristische Aussagen sind in der genannten Studie nur in begrenztem Umfang enthalten. Allerdings wird der „Cluster Tourismuswirtschaft“ im Rahmen der gesamten Clus- terbetrachtung erwähnt und als eines von mehreren Beispielen für eine mögliche Clusterzu- sammenarbeit dargestellt (Herrmann & Wichmann Matthiessen 2011, S. 262, 272ff.).

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Abb. 6: Zukünftige Interaktionsbeziehungen in der Fehmarnbeltregion Quelle: Wichmann Matthiessen 20011, S. 13 Das „Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarn Beltquerung“ setzt sich seit ca. 15 Jahren mit der Festen Fehmarnbeltquerung kritisch auseinander. In der 2009 erschienenen Broschüre „Fehmarnbelt – Die kritische Betrachtung einer festen Querung“ (AKTIONSBÜNDNIS 2009) werden Argumente gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung u.a. in den Bereichen „Infrastruktur und Verkehr“, „Kosten und Refinanzierung“, Arbeitsplätze, „Umwelt und Natur“ dargestellt. Auch der Aspekt „Tourismusstandort Fehmarn“ wird hier diskutiert. Dazu werden folgende Argumente angeführt:

Die Insel Fehmarn ist eine der tourismusintensivsten Regionen Deutschlands. Auf der Insel Fehmarn sind direkt und indirekt etwa 80 % der Bevölkerung wirt- schaftlich vom Tourismus abhängig. Für das touristische Erlebnisprofil der In- sel sind Landschaft und Natur von besonderer Bedeutung, so dass sich Fehmarn als Natur- und Erholungsziel insbesondere für Familien mit Kindern sowie für Segler, Surfer und Angler positioniert hat. Das Einkommen der Fehmaraner hängt vor allem von den Feriengästen ab. Über 3 Millionen Über- nachtungen pro Jahr (Gutachten von Wenzel & Partner) machen den Touris- mus zum entscheidenden Wirtschaftsfaktor für die Insel. Eine Tourismusstudie des schleswig-holsteinischen Wirtschaftsministeriums bestätigt, dass „insbesondere auf der Ostseeinsel Fehmarn die Risiken für den

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Fremdenverkehr eindeutig gegenüber den Chancen“ überwiegen. Vor allem während der Bauzeit würde der Fremdenverkehr „nachhaltig beeinträchtigt“. Während der voraussichtlich 8 bis 9 jährigen Bauzeit würden die Belastungen durch Europas größter Baustelle mit Lärm, Schwerlastverkehr, Verschlechte- rung der Wasser- und Badequalität durch Sedimentausbreitung zu einer star- ken Beeinträchtigung des Erholungswertes auf der Insel führen. Die Abwande- rung der Gäste in attraktivere Regionen wäre die Folge. Fehmarn verliert seinen Inselcharakter und wird von einer attraktiven Zielregion zur Transitstrecke degradiert. Ein massiv in die Landschaft eingreifendes Brü- ckenbauwerk (von 60 – 270 Meter Höhe) würde im Fahrbereich an Höhe noch die jetzigen Windmühlen oder den „Bügel“ der Fehmarnsundbrücke überstei- gen. Nach Fertigstellung des Projektes wird eine zunehmende Verlagerung des Tourismus in Richtung Osten befürchtet, besonders im Campinggewerbe. Aus den bevölkerungsschwachen Nordländern wird es kaum zu touristischen Effekten in Schleswig-Holstein kommen, da das Hindernis des Fährpreises in Form von Maut weiter bestehen wird. (AKTIONSBÜNDNIS 2009, S. 10-11)

Unterstützung erfuhren die Gegner einer Festen Fehmarnbeltquerung unter anderem durch einen kritischen Bericht des Bundesrechnungshofes (BUNDESRECHNUNGSHOF 2009), der auf verschiedenen Websites verfügbar gemacht wurde2. Der Bundesrechnungshof kritisiert vor allem vertrags- und verwaltungstechnische Fehlentwicklungen, aber auch den vierstreifigen Ausbau der Straßenhinterlandanbindung angesichts der „geringen Verkehrsmenge“.

2 so auf www.beltquerung.info und auf www.bettina-hagedorn.de, zusammen mit einem Bericht über den Beschluss des Rechnungsprüfungsausschusses vom 1. Oktober 2010.

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1.3 Untersuchungsrahmen

Die Studie beschäftigt sich mit allen touristischen Nachfragesegmenten, also nicht nur mit dem klassischen übernachtenden Urlaubstouristen, sondern z. B. auch mit Wohnort- und Ur- laubsortausflüglern, Geschäftsreisenden, Besuchern bei Bekannten und Freunden (VFR) etc.

Abb. 7: Bearbeitungsrahmen: Touristische Nachfragesegmente Die Studie beschäftigt sich vor allem mit direkten Effekten der Angebotsveränderung und den daraus abgeleiteten Nachfrageveränderungen.

Sie identifiziert Chancen und Risiken, aus denen negative und positive Effekte er- wachsen können, aber nicht müssen.

Sie zerlegt dazu die touristische Realität in Einflussfelder und Kriterien, die jeweils für sich bewertet werden.

Außerdem erfolgt auf der Basis empirischer Untersuchungen (Gästebefragungen) eine integrierende Bewertung aus Nachfragersicht.

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Aufgrund des Zeithorizontes bis zur Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung stehen die Aussagen allesamt vor einem methodischen Vorbehalt: Die tatsächliche Realisie- rung von Chancen und Risiken hängt auch von den sich weiter konkretisierenden Pla- nungen und Prognosen, den Aktivitäten zur Chancenrealisierung und Risikominimie- rung und der Wahrnehmung bei den Nachfragern ab.

Wir gehen dabei von einem vereinfachten Modell des Tourismusmarktes aus. Das Modell for- malisiert einen Ausschnitt der Realität. Die Formalisierung kann nicht ein Abbild der Realität sein, sondern nur einzelne, relevante Aspekte aufgreifen, während andere vernachlässigt werden. So wie ein Foto einer Landschaft nicht die Landschaft oder eine Landkarte nicht die Erdoberfläche selbst sind, so wenig ist das Wirkmodell ein vollständiges und damit realisti- sches Abbild der Realität, sondern dessen Abstraktion. Das hier vorgestellte Modell ist also abstrahierend und deskriptiv (beschreibend).

Grundlage des Modells sind die allgemeinen Vorbedingungen für das Entstehen von Touris- musmärkten. Diese Vorbedingungen lassen sich im Wesentlichen beschreiben als:

Angebotsseitig: Erreichbarkeit, ursprüngliches und abgeleitetes Angebot

Nachfrageseitig: Motivation und Ressourcen

In der Kombination: die wahrgenommene Attraktivität

Wie bei allen Dienstleistungen gilt auch hier: Gekauft wird nicht ein anfassbares Produkt, son- dern lediglich die Vorstellung eines Urlaubserlebnisses. Die Vorstellung stützt sich auf die wahrgenommene Attraktivität eines Reiseziels, die wiederum abhängt von den tatsächlichen Gegebenheiten (eben den Angebotselementen Erreichbarkeit, ursprüngliches Angebot, abge- leitetes Angebot) und den Motiven und Ressourcen des Nachfragers (Abb. 8).

Dabei umfasst das ursprüngliche Angebot die Elemente, die auch ohne touristische Aktivität vorhanden wären oder vorgehalten würden. Dazu gehören u.a. natürliche Ressourcen (z. B. Landschaft) und die öffentliche Infrastruktur im weiteren Sinne.

Das abgeleitete Angebot hingegen ist spezifisch touristischer Natur: Es ist vorhanden, weil und damit es touristische Aktivität gibt. Dazu gehören in erster Linie Unterkunftsbetriebe (die naturgemäß rein touristischen Zwecken dienen), aber auch Freizeitbetriebe, die im Wesentli- chen von Touristen besucht werden.

Offensichtlich gibt es zwischen beiden Aspekten auch Mischformen. Ein Hotelrestaurant etwa ist selbstverständlich ein touristisches Element, wird aber auch von Einheimischen genutzt. Ähnlich verhält es sich bei Teilen der öffentlichen Infrastruktur: Ein Schwimmbad ist touristisch ebenso relevant wie für den Schul- und Freizeitsport der Bevölkerung. Statt einer starren Trennung ist also eher von einem Kontinuum zwischen ursprünglichem und abgeleitetem An- gebot auszugehen, dem sich einzelne Angebotselemente zuordnen lassen.

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Abb. 8: Bearbeitungsrahmen: Ein vereinfachtes Modell von Tourismusnachfrage und -angebot Die Untersuchung betrachtet nur solche Wirkungen, die von der Festen Fehmarnbeltquerung verursacht werden. Dazu gehören die Bautätigkeiten, Bauwerke und die erwartete Reisezeit- verkürzung. Die von der Erweiterung der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung ausge- henden Wirkungen werden in dieser Untersuchung nicht betrachtet.

1.3.1 Untersuchungsraum Der Untersuchungsraum umfasst die Insel Fehmarn (= Gebiet der Stadt Fehmarn) und die Gemeinde Großenbrode.

Die Stadt Fehmarn wurde zum 1.1.2003 aus der Stadt Burg und den Gemeinden des Amtes Fehmarn (Bannesdorf auf Fehmarn, Landkirchen auf Fehmarn und Westfehmarn) gebildet. Die vorher amtsfreie Gemeinde Großenbrode kam zum 1.1.2008 zum Amt Oldenburg-Land.

Wesentliche statistische Basisinformationen zu den beiden untersuchten Gemeinden bietet die nachfolgende Übersicht (Tab. 4).

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Tab. 4: Basisdaten Fehmarn und Großenbrode Gemeinde Großen- Stadt Fehmarn Quelle brode

a)

Kreis Ostholstein Ostholstein b)

Amt amtsfrei Amt Oldenburg-Land b)

Amtl. Gemeindeschlüssel 01055046 01055017 b)

Einwohner (31.12.2010) 12.942 2.117 b) Fläche (31.12.2008) 18.548 m² 2.098 m² b) (davon Landwirtschaftsfläche) (15.297 m)² (1.598 m)²

Kaufkraftindex 96,4 94,0 c) (31.12.2007, D = 100)

Haushalte (31.12.2007) 5.938 997 c)

Siedlungslagen/Ortschaften 65 2

Prädikat nach KurortVO Burg: Seeheilbad Seeheilbad d) Bannesdorf: Erholungsort Landkirchen: Erholungsort Westfehmarn: Erholungsort

Quellen: a) Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein; b) Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig- Holstein; c) GfK, d) Auskunft MWV SH, April 2011

1.3.2 Untersuchungsvarianten Wesentliche Untersuchungsvarianten ergeben sich durch die parallele Betrachtung der Reali- sierungsfälle „Absenktunnel“ und „Schrägkabelbrücke“.

1.3.2.1 Einflussfelder Die Untersuchungsvarianten orientieren sich an den oben beschriebenen Bauwerksvarianten und Zeitplänen und beziehen sich auf die vier Einflussfelder:

Auswirkungen in der Bauphase mit Baustelle des Tunnels, der Brücke und der Portal- und Rampenbereiche (aber nicht die Baustellen der Hinterlandanbindungen) auf Basis der in Abschnitt 1.2.2 beschriebenen Planungen, Betriebsbedingte Auswirkungen durch die Bauwerke (Tunnel, Rampen und Portal) im Realisierungsfall „Absenktunnel“ (wie in Abschnitt 1.2.3.1 beschrieben),

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Betriebsbedingte Auswirkungen durch die Bauwerke (Brücken und Rampen) im Reali- sierungsfall „Schrägkabelbrücke“ (wie in Abschnitt 1.2.3.2 beschrieben), Betriebsbedingte Auswirkungen durch die Reisezeitverkürzung (unabhängig von der Realisierung als Absenktunnel oder Schrägkabelbrücke) auf Basis der in Abschnitt 1.2.4 beschriebenen Planungen und Prognosen.

Die empirischen Untersuchungen (Besucherbefragung und Fokusgruppeninterviews) wurden bereits im Jahr 2009 durchgeführt, so dass der damals vorliegende Planungsstand verwendet wurde. So wird in der Befragung noch auf einen Fertigstellungstermin von 2018 eingegangen. Außerdem entsprechen einige der verwendeten Visualisierungen nicht mehr dem aktuellsten Stand (Vorlagen E9 und E10, Abb. 61), dort wird noch von vier Pylonen in A-Bauform statt aktuell drei Pylonen, davon zwei in Y-Bauform, ausgegangen).

Für jedes Einflussfeld wurden zunächst Chancen und Risiken identifiziert, dann einzeln und anschließend zusammenfassend bewertet.

Details zur Identifikation, Bewertung und Szenarienableitung finden sich in Abschnitt 3.1.

1.3.2.2 Entwicklung des Tourismus ohne das geplante Vorhaben Das Basisszenario stellt die wesentlichen Parameter der zu erwartenden touristischen Ent- wicklung im Untersuchungsraum dar, wenn eine Feste Fehmarnbeltquerung nicht gebaut wür- de. Zur Abschätzung dieses Entwicklungspfades bedarf es der Kenntnis der relevanten Ur- laubsreisetrends und der Kenntnis der bisherigen Angebots- und Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum.

Als Prognosehorizont wird das Jahr 2020 angenommen: Bis zu diesem Jahr liegen klare Trendaussagen für den deutschen Urlaubsreisemarkt vor (Lohmann & Aderhold 2009), und ein knapp zehnjähriger Zeitraum lässt sich, mit allen Unwägbarkeiten, noch realistisch überbli- cken.

1.3.3 Untersuchungsinhalte und methodisches Vorgehen Da „der Tourismus“ keines der vom UVPG unmittelbar benannten und daher zu prüfenden Schutzgüter ist, ist die Vorgehensweise der Untersuchung nicht von vornherein festgelegt3, sondern wurde auf Basis anerkannter Standards problemorientiert entwickelt.

3 Anders bei der Betrachtung der durch „den Tourismus“ hervorgerufenen Wirkungen auf Wirtschaft, Natur und Gesellschaft, so z. B. bei Scharpf & Appel 1998 oder EED 2005.

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Wir haben, um „den Tourismus“ definitorisch besser zu fassen, das bereits oben vorgestellte Modell des Tourismusmarktes (Abb. 8) dem Gutachten zugrunde gelegt. Die Studie folgt dem methodischen Leitbild einer empirisch fundierten, wirkungsdifferenzierten, szenario- orientierten und hypothesenbasierten Folgenabschätzung.

Das Gutachten ist empirisch fundiert, weil es sowohl bereits vorhandene empirische Daten (vor allem zur Darstellung des Status Quo) als auch speziell für diese Studie er- hobene Befragungsdaten (insbesondere die Besucherbefragung 2009) zur Folgenab- schätzung heranzieht.

Das Gutachten ist wirkungsdifferenziert, weil durchgängig zwischen Bau- und Be- triebsphase, und für die Betriebsphase zwischen den Realisierungsvarianten „Ab- senktunnel“ und „Schrägkabelbrücke“ differenziert wird.

Das Gutachten ist szenario-orientiert, weil mögliche Anbieterreaktionen auf die zu er- wartenden Nachfrageveränderungen in Form von Szenarien ausgearbeitet wurden.

Das Gutachten arbeitet hypothesenbasiert, weil es a priori Einflussfelder benennt und mögliche Befürchtungen, Hoffnungen, Chancen und Risiken je Einflussfeld aufzeigt und anschließend zusammenfassend benennt. Die Hypothesengrundlagen wurden aus allen verfügbaren Quellen (z. B. dem Umweltkonsultationsbericht 2006, den veröf- fentlichten Argumenten von Querungsgegnern und -befürwortern) zusammengetragen und durch eigene Überlegungen sortiert und ggf. ergänzt.

Eigenes empirisches Material wurde vor allem im Rahmen der von April bis Oktober 2009 durchgeführten Besucherbefragung mit insgesamt mehr als 1.000 persönlichen Interviews im Untersuchungsraum generiert. Die Besucherbefragung wird ergänzt durch eine qualitative Studie mit drei Fokusgruppen, in der insbesondere Bildwirkungen untersucht wurden.

Weiterhin wurden Daten aus bestehenden Quellen, insbesondere Nachfrageanalysen wie die Gästebefragungen der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein und des Tourismus Service Fehmarn, aber auch Angebotsdaten, Daten aus den Referenzfällen und Informationen aus Expertengesprächen verwendet.

Die Bewertungsmethodik (Identifikation von Chancen und Risiken, Einzelbewertung, Bewer- tung von wahrnehmungsbezogenen Aspekten, Erarbeitung von Szenarien, zusammenfassen- de Bewertung) ist im Detail in Abschnitt 3.1 beschrieben.

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1.4 Planungsrechtliche Rahmenbedingungen

1.4.1 Planungen des Bundes Wichtigste Grundlage seitens des Bundes für die Planungen der Festen Fehmarnbeltquerung ist der Staatsvertrag 2008 (siehe Abschnitt 1.2.1).

Wesentliche mobilitätsbezogenen Planungen des Bundes finden sich im Bundesverkehrs- wegeplan und seinen Bedarfsplanüberprüfungen. Die letzte Bedarfsplanüberprüfung vom No- vember 2010 (BMVBS 2010) lieferte sowohl Prognosedaten bis 2025 als auch die Bewertung konkreter Straßen- und Schienenbauprojekte. Zentrales Ergebnis ist, dass die Bedarfsplanun- gen des Bundesverkehrswegeplanes 2003 Bestand haben („Da sich die Grundlagen der Be- darfspläne, insbesondere die Gesamtentwicklung des Straßen- und des Schienenverkehrs gegenüber dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bedarfspläne nicht wesentlich verändert ha- ben, ist eine Fortschreibung der Bedarfspläne zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich.“ BMVBS 2010, S. 21).

Für die Feste Fehmarnbeltquerung sind dabei folgende Projekte unmittelbar relevant:

Schienenverkehr: Ausbaustrecke Hamburg – Öresundregion (Anbindung feste Fehmarnbeltquerung), zweigleisiger Ausbau Bad Schwartau – Puttgarden (Ausnahme: Fehmarnsundbrücke, bleibt eingleisig); Elektrifizierung Schwartau Waldhalle – Putt- garden; Anhebung der Geschwindigkeit auf bis zu 160 km/h, Nutzen-Kosten-Verhältnis 6,7 bei einer Investition von 817 Mio. Euro (Planfall 43).4

Straßenverkehr: Im Bundesverkehrswegeplan 2003 sind vier Vorhaben, die im Rah- men der Festen Fehmarnbeltquerung direkt relevant sind, enthalten:

o Lfd. Nr. 1-3: Ausbau der B207 als 4-streifige Bundesautobahn mit beidseitigen Standstreifen (24KB), A1 W Oldenburg – N Oldenburg – Heiligenhafen/S – Heiligenhafen/N auf einer Gesamtstrecke von 15,5 Kilometern und gesamten Investitionskosten von 61,9 Mio. Euro. Aktuell ist die Autobahn bis zur An- schlussstelle Heiligenhafen Mitte fertig gestellt, und zwischen Heiligenhafen Mitte und Heiligenhafen Nord im Bau.

o Nr. 42: 4-streifiger Ausbau (ohne Standstreifen, 24KK) der B 207 Puttgarden- Heiligenhafen als neues Vorhaben mit Planungsrecht im weiteren Bedarf auf einer Länge von 20,0 Kilometern.

4 Zur Kritik an der NKV-Berechnung siehe VIEREGG RÖSSLER 2011.

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Im Raumordnungsplan für die ausschließliche Wirtschaftszone der Ostsee (AWZ Ostsee- ROV) vom Dezember 2009 ist der Bereich der Festen Fehmarnbeltquerung bereits nachricht- lich dargestellt (BGBl. Teil I, Nr. 78).

Die Ausbaustrecke Hamburg – Öresundregion ist als Vorhaben Nr. 4 in der Anlage zu § 18e Abs. 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) aufgeführt. Bei der Festen Fehmarnbeltquerung, die Teil dieses Korridors ist, handelt es sich somit um eines der privilegierten Vorhaben nach § 18e AEG, für die der Gesetzgeber einen verkürzten Instanzenweg bei den Rechtsbehelfen – erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts – für Vorhaben festgelegt hat. Diese privilegierten Vorhaben dienen u.a. dem sonstigen internationalen Bezug oder der be- sonderen Funktion zur Beseitigung schwerwiegender Verkehrsengpässe. Mit der Privilegie- rung des Eisenbahnkorridors Hamburg – Öresundregion würdigt der Gesetzgeber, dass das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die Eisenbahnachse Fehmarn- belt im Anhang III der Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über gemeinschaftliche Leitlinien für den Aufbau eines transeuropäi- schen Verkehrsnetzes (Amtsblatt Nr. L 228 vom 9. September 1996, S. 1), zuletzt geändert durch Entscheidung Nr. 884/2004/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (Amtsblatt Nr. L 167 vom 30. April 2004) sowie durch Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 (Amtsblatt Nr. L 363 vom 20. Dezember 2006), als ein vorrangiges Vorhaben beim Aufbau der transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) identifiziert haben.

1.4.2 Landesplanung und Raumordnung Der Landesentwicklungsplan Schleswig-Holstein, LEP (IMSH 2010) definiert die „möglichst umweltgerechte Realisierung der festen Fehmarnbeltquerung“ als Ziel der Raumordnung (S. 58, Abschnitt 3.4). Ziele der Raumordnung sind verbindlich, abschließend abgewogen und von den öffentlichen Stellen bei allen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen zu be- achten (IMSH 2010, S. 8).

Im Hinblick auf die touristische Nutzung weist der LEP die Küsten der Insel Fehmarn sowie die Gemeinde Großenbrode als „Schwerpunktraum für Tourismus und Erholung“ und den Kern der Insel Fehmarn als „Entwicklungsraum für Tourismus und Erholung“ aus. Hierzu führt der LEP aus:

„In den Schwerpunkträumen für Tourismus und Erholung soll dem Tourismus und der Erholung besonderes Gewicht beigemessen werden, das bei der Abwägung mit ande- ren raumbedeutsamen Planungen, Maßnahme und Vorhaben zu berücksichtigen ist“ (IMSH 2010, S. 87).

„In den Entwicklungsgebieten für Tourismus und Erholung soll eine gezielte regionale Weiterentwicklung der Möglichkeiten für Tourismus und Erholung angestrebt werden“ (IMSH 2010, S. 89).

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Der Regionalplan 2004 für den Planungsraum II – Schleswig-Holstein Ost (IMSH 2004) kann die Festlegungen des LEP 2010 natürlich noch nicht beinhalten. Er spricht daher von „Ord- nungsräumen für Tourismus und Erholung“. Für diese Räume legt der Regionalplan mit Bezug auf den Tourismus fest, “[s]eine Bedeutung als Wirtschaft- und Arbeitsplatzfaktor soll erhalten und gestärkt werden“ (IMSH 2004, S. 65). Als Detailmaßnahmen fordert der Plan unter ande- rem „die Förderung des nachhaltigen Tourismus“ und „den Erhalt regionstypischer Orts- und Landschaftsbilder, historischer Stadtbilder und den Ausbau von Naturerlebnismöglichkeiten“ (ebd.). Nach Informationen der Landesregierung Schleswig-Holstein ist geplant, den Regio- nalplan im Hinblick auf die Eignungsgebietserweiterung für Windkraftanlagen teilfortzuschrei- ben. Die Landesplanung wird in diesem Zuge nach öffentlicher Anhörung die Eignungsgebiete ausweisen.

Ebenfalls Teil der regional wirksamen Planung ist der bereits 2003 vorgelegte Landschafts- rahmenplan für den Planungsraum II – Kreis Ostholstein und Hansestadt Lübeck (MLU 2003). Die darin enthaltenen Ausweisungen sind aber in den später erfolgten Planungen (Regional- plan und Landesentwicklungsplan) entsprechend gewürdigt.

Für die Schienenhinterlandanbindung wurde von der Landesplanung die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens (ROV) beschlossen. Das ROV dient dazu, die raumbedeutsamen Auswirkungen der Planung unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen. Am 11. November 2011 wurden der Untersuchungsraum und die Anforderungen an die Antragsunterlagen zum ROV festgelegt. Auswirkungen der Schienen-Hinterlandanbindung auf touristische Belange werden bereits im ROV geprüft. Dabei findet auch eine von der Regionalkonferenz Ostholstein in Auftrag gegebene Betroffenheitsanalyse (HTC et al. 2010) mit zahlreichen neuen Trassen- varianten für die Bahnstrecke Berücksichtigung. Der Untersuchungsraum des Raumord- nungsverfahrens umfasst die Halbinsel Wagrien und schließt die Gemeinde Großenbrode mit ein.

Die Hinterlandanbindungen Schiene und Straße gehören nicht zum vorliegenden Vorhaben und sind daher nicht Gegenstand des vorliegenden Gutachtens.

1.4.3 Regionale Planungen Für den Kreis Ostholstein liegt ein „Regionales Entwicklungskonzept Ostholstein“ vor (CON- VENT 2002). Dieses greift für den Bereich Tourismus im Wesentlichen auf das Tourismus- entwicklungskonzept Ostholstein/Plön zurück (NIT 1998), enthält aber auch ein eigenes Hand- lungsfeld „FBQ“ (Kapitel 2.3.3). Das Konzept listet einige Pro- und Contra-Argumente auf, ohne dabei systematisch zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden (CONVENT 2002, S. 79-80).

Mit der Fortschreibung des Tourismuskonzepts Ostholstein/Plön (NIT 2006b) wurden beste- hende grundlegende Aussagen zur touristischen Entwicklung der Gesamtregion aufgegriffen (NIT 1998 und NIT 2000). Die aufgeführten Leitziele (1. Gegenseitige Verantwortung von Tou-

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rismus und Naturschutz, 2. Kooperation aller Beteiligten, 3. Zielgruppenorientierte Angebots- gestaltung, 4. Erreichbarkeit und Buchbarkeit verbessern, 5. Stabilisierung der touristischen Nachfrage, NIT 2006b, S. 12) in Kombination mit den wesentlichen Aspekten des Leitbildes („Natur- und Kulturlandschaft“, „nachhaltige und sozial, ökologisch und kulturell rücksichtsvolle Weiterentwicklung des Tourismus“, ebd.) legt eine touristische Ausrichtung der Region auf Natur- und Nachhaltigkeitsaspekte nahe.

Für die Anerkennung als AktivRegion musste die Region Wagrien-Fehmarn eine Integrierte Entwicklungsstrategie (IES) vorlegen (M+T/INSPEKTOUR 2008). Die IES stellt eine Reihe von Zielen für die Tourismusentwicklung und die Verkehrsentwicklung auf. Keines der genannten Ziele ist aber spezifisch genug, um daraus Bewertungsaspekte für oder gegen eine Feste Fehmarnbeltquerung abzuleiten.

Seit August 2010 liegt zudem ein Regionales Entwicklungskonzept vor, das für den Kreis Ost- holstein spezifische Aussagen im Hinblick auf die Feste Fehmarnbeltquerung trifft (REGIO- NOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER 2010).

Von Relevanz für die Einflussanalyse kann insbesondere die Ausweitung von Erreichbarkeits- zonen durch den Bau der festen Querung sein (REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER 2010, S. 62ff.). Für den Standort Puttgarden ergibt sich eine Ausweitung der Erreichbarkeiten nach Dänemark, die Erreichbarkeit für Deutschland wurde als konstant angenommen. Das durch die Feste Fehmarnbeltquerung erreichbare zusätzliche Potenzial an Einwohnern wird innerhalb der (vor allem tagestouristische relevanten) 120-Minuten-Isochrone mit 2,0 Mio. Menschen angegeben. Für das Segment der Kurzurlaubsreisen wird vor allem ein Gewinn für das städtetouristische Reiseziel Lübeck prognostiziert. Für das Segment der „Ferienurlauber“ hingegen wird kein maßgeblicher Einfluss durch die Feste Fehmarnbeltquerung erwartet, weil einerseits die relative Zeitersparnis durch die feste Querung gering und „das Ferienziel primär auf Basis des touristischen Angebots gewählt“ werde.

Ebenfalls auf regionaler Ebene liegt eine „Betroffenheitsanalyse“ zur Schienenhinterlandan- bindung vor (HTC et al. 2010), mit der die Trassenausbaupläne der Deutschen Bahn AG in Bezug auf die Seebäder der Lübecker Bucht, aber auch Großenbrode, thematisiert werden, die befürchten, dass beispielsweise resultierende Lärmbelästigung negative Folgen auf die touristische Nachfrage haben kann.

1.4.4 Kommunale Planungen Für die Insel Fehmarn liegt ein Tourismuskonzept vor (NIT 2007), das insbesondere bei der Beschreibung der Angebots- und Nachfragestrukturen hilfreiche Aussagen trifft. Als positionie- rungsrelevante Elemente beschreibt das Tourismuskonzept unter anderem (NIT 2007, S. 12): Tourismus als Teil der Insel-Identität, Naturraumpotenzial (Naturstrände/-schutz, Vogelflugli- nie), Premiumsegmente mit Qualitätsvorteilen, Betonung der Insellage als Alltags- Abgrenzung, Gesundheitsaspekte. Keiner der genannten Positionierungsaspekte stellt eine Verbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung her, Skandinavien als möglicher Quellmarkt

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spielt im Konzept ebenso wenig eine Rolle wie eine Notwendigkeit, die Erreichbarkeit zu ver- bessern.

Für Großenbrode liegen eine Bedarfsanalyse für einen Ferienhauspark (IFT 2008) und seit Juni 2011 ein Touristisches Entwicklungskonzept für die LTO Ostseehalbinsel Wagrien (IN- SPEKTOUR 2011) vor. Das Konzept thematisiert verschiedene Chancen und Risiken, ohne zu einer abschließenden Einschätzung zu kommen.

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1.5 Sonstige Rahmenbedingungen

1.5.1 Trends im Nachfrageverhalten Für die Entwicklung der touristischen Nachfrage in Deutschland liegen aktuelle Trendbe- schreibungen vor (Lohmann & Aderhold 2009, vgl. zusammenfassend Abb. 9).

Danach ist davon auszugehen, dass auch zukünftig Bayern, Schleswig-Holstein und Mecklen- burg-Vorpommern die wichtigsten deutschen Urlaubsgebiete bleiben werden. Wesentliches Risiko für die deutschen Destinationen ist die wachsende Bedeutung älterer Zielgruppen, die ihre Zielgebietspräferenzen ins Alter verlängern und im Vergleich zur heute älteren Generation ein höheres Interesse an ausländischen Zielgebieten zeigen werden. Vor dem Hintergrund eines wahrscheinlich stabilen Reisevolumens sind Marktanteilsverluste in den deutschen Ziel- gebieten möglich, aber nicht zwangsläufig.

Abb. 9: Nachfragetrends für Urlaubstourismus Quelle: Lohmann & Aderhold 2009 Über den Zielgebietserfolg wird zukünftig noch stärker als bisher die Fähigkeit der Destination entscheiden, Erlebniserwartungen zu erfüllen und differenzierte Ansprüche auf hohem Niveau zu befriedigen. Ein wesentlicher Differenzierungsaspekt ist die stärkere Betonung von Aktivität

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einerseits und Passivität andererseits zulasten der indifferenten Mitte. Auch werden die Anfor- derungen an Professionalität in Kommunikation und Vertrieb in dem Maße umfangreicher, wie Medien und Vertriebskanäle an Zahl und Diversität zunehmen. Insbesondere die Fähigkeit einer Destination, in das relevant set der potenziellen Konsumenten zu gelangen, wird eine Schlüsselrolle einnehmen. Hier sind vor allem Destinationen mit klarer Markenpositionierung im Vorteil.

Die zunehmende Bedeutung älterer Zielgruppen geht einher mit einer Abnahme der Zahl rei- sender Kinder. Dennoch wird die Bedeutung von Familien mit Kindern nur leicht sinken, aller- dings werden mehr Ein-Kind-Familien und Senioren mit Kindern als Urlaubsnachfrager auftre- ten.

Hinsichtlich der Unterkunftsanforderungen werden Qualitätsaspekte eher wichtiger. Pensionen und Privatzimmer werden in ihrer Bedeutung tendenziell abnehmen, Hotels und individuelle Wohnformen (z. B. Ferienwohnungen und Ferienhäuser) wichtiger werden.

1.5.2 Klimawandel Die Auswirkungen des Klimawandels auf die touristische Nachfrage und das touristische An- gebot im Untersuchungsgebiet sind noch nicht vollständig klar. Zwar sprechen die Experten von „massiven Anpassungserfordernissen“ (Projektbeschreibung für die Regionale Anpas- sungsstrategie für die deutsche Ostseeküste RA:dOst), im Detail liegen strategisch verwertba- re Empfehlungen für die Tourismusbranche aber bisher weder aus der Anpassungsstrategie noch aus konkretisierenden Projekten wie BaltCICA vor.

Bereits 2006 wurde ein regionalisierter Klimabericht für die Ostseeküste vorgelegt (BALTEX 2006), der ebenfalls wesentliche Trendindikationen für den Untersuchungsraum enthält. Eini- ge der Modellrechnungen aus verschiedenen Modellen (COSMO-CLM, REMO und RCAO) sind im Norddeutschen Klimaatlas (nur online unter www.norddeutscher-klimaatlas.de), auch für die Subregion Ostseeküste, in unterschiedlichen zeitlichen Horizonten aufbereitet.

Im hier betrachteten Umfeld ist als wesentliche Klimawandelfolge die Erwärmung der Erdat- mosphäre zu betrachten. Diese hat verschiedene Auswirkungen auf Temperatur, Eisausbrei- tung, Niederschläge und Wind (vgl. auch RISØ DTU/DMI 2009).

Die Erwärmung der Erdatmosphäre wird für das Untersuchungsgebiet kaum negative touristi- sche Folgen haben. Nach den Berechnungen des Norddeutschen Klimaatlas sind für die deutsche Ostseeküste bis 2040 rund +0,7°C, bis 2070 +1,8°C und bis 2100 rund +3,0°C zu erwarten (Tab. 5). Die Erwärmung, verbunden mit einer Zunahme der Sommertage und einem Niederschlagsrückgang im Winter (Jacob et al. 2008), dürfte für die heute eher kühlen Küsten- regionen Nordeuropas sogar zu einer Attraktivitätssteigerung führen. Damit könnten Urlaubs- reiseströme, etwa von Großbritannien oder Deutschland in Mittelmeerreiseziele, in Richtung einheimischer Küstengebiete umgelenkt werden (Hamilton & Tol 2007).

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Tab. 5: Mögliche Änderungen von wesentlichen Klimafaktoren an der deutschen Ostseeküste (jeweils mittlere Änderung, Jahreswerte) Ostseeküste Deutschland 2011-2040 2041-2070 2071-2100

Durchschn. Temperatur +0,7°C +1,8°C +3,0°C Sommertage +2,8 Tage +7,0 Tage +16,8 Tage Heiße Tage +0,6 Tage +2,0 Tage + 5,8 Tage Tropische Nächte +0,4 Tage +1,3 Tage +8,9 Tage Frosttage -12,8 Tage -27,7 Tage -34,5 Tage Eistage -4,3 Tage -13,1 Tage -15,6 Tage Regen +18 mm (2%) + 47 mm (6%) +53 mm (7%) Regentage +0,7 Tage +0,4 Tage ~ -3 Tage Schnee -32% -66% -82% Schneetage -0,6 Tage -1,3 Tage -3,1 Tage Luftfeuchte keine Veränd. unklar unklar Mittl. Windgeschwindigkeit +1% +1% +2% Sturmintensitäten +1% +1% +2% Sturmtage +1 Tag +0,9 Tage +3 Tage Windstille Tage -0,2 Tage -0,4 Tage -0,6 Tage Sonnenscheindauer -63,9 Stunden -72,8 Stunden -106,5 Stunden Quelle: Norddeutscher Klimaatlas, Feb. 2010

Aufgrund der Erderwärmung ist auch mit einem Anstieg des Meeresspiegels zu rechnen. Die Rate liegt derzeit bei rund 3 cm pro Jahrzehnt, also 3 mm pro Jahr (WBGU 2006, S. 2, IPCC 2007, S. 419). Das größte Problem dürfte dabei weltweit nicht im langsamen Anstieg des mitt- leren Wasserstandes zu sehen sein, sondern im vermehrten Auftreten von Sturmfluten (WBGU 2006, S. 43, s.a. Meier, Broman & Kjellström 2004) mit einhergehenden Höchstwas- serständen und „Jahrhundertfluten“. Auch wenn die Ostsee als Binnenmeer von solchen Ext- remwetterereignissen seltener betroffen ist als die Ozeane, ist von einer zusätzlichen Gefähr- dung auszugehen. Inwieweit diese aber touristische Nachfrageströme zu verschieben in der Lage sein werden, ist derzeit nicht absehbar.

1.5.3 Wechselkurs und Kaufkraft Weder Dänemark noch Schweden haben, obwohl EU-Mitglieder, bisher den Euro eingeführt. Daher besteht sowohl für die Dänische als auch für die Schwedische Krone ein Wechselkurs- risiko, das sich bei der Destinationswahl bemerkbar machen könnte.

Dänemark: Die Dänische Krone (DKK) ist im Rahmen des Wechselkursmechanismus II (WKM II) nur innerhalb einer gegebenen Bandbreite gegenüber dem Euro im Wechselkurs flexibel

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(Scheller 2006, EZB 2008). Neben Dänemark nehmen heute Lettland und Litauen am WKM II teil (die ehemaligen WKM II-Länder Estland, Slowenien, Malta, Zypern und Slowakei haben inzwischen den Euro eingeführt). Die mindestens zweijährige Teilnahme am WKM II ist eine der Voraussetzungen für die Einführung des Euro.

Im Rahmen des WKM II wird ein Leitkurs festgesetzt. Dieser beträgt 1 EUR = 7,46038 DKK. Entgegen der allgemeinen WKM-Regeln (± 15%) darf der Kurs der DKK um höchstens ±2,25% schwanken (7,293 bis 7,628 DKK/EUR).

Die tatsächlichen Schwankungen der Dänischen Krone waren in den letzten 10 Jahren aller- dings deutlich geringer als die zulässigen 2,25 Prozent, der Wechselkurs bewegte sich nach den Wechselkursstatistiken der EZB seit 1999 stets zwischen 7,42 und 7,47 DKK.

In den Beratungen 1992 zum Maastricht-Vertrag hatte Dänemark den Euro-Beitritt abgelehnt. Zuletzt scheiterte im Jahr 2000 ein Referendum zur Euro-Einführung.

Schweden ist (ebenso wie Bulgarien, Polen, Rumänien, Tschechien, Ungarn und das Verei- nigte Königreich) (noch) nicht Mitglied des WKM II. Die Schwedische Krone (SEK) ist daher nicht an einen Wechselkurskorridor gebunden. Obwohl der Beitrittsvertrag zur EU eine Euro- Einführungspflicht für Schweden beinhaltet, tritt Schweden dem WKM II nicht bei und erfüllt deshalb nicht die Voraussetzungen für eine Euro-Einführung. 2003 wurde die Euro-Einführung in einem Referendum mit 56% der Stimmen abgelehnt (SVERIGES RIKSBANK 2007).

Tatsächlich schwankt die Schwedische Krone erheblich stärker als die Dänische Krone (Abb. 10). Zwischen Ende 2008 und Anfang 2009 wurde die Schwedische Krone gegenüber dem Euro um fast 25% Prozent abgewertet: Mussten Mitte 2008 noch rund 9,4 SEK für 1 EUR ein- gesetzt werden, waren es Anfang 2009 mehr als 11,7 SEK. Seither hat sich der Kurs der Kro- ne aber wieder deutlich stabilisiert.

Durch die Abwertung wird der Kauf von in Euro abgerechneten Waren und (touristischen) Dienstleistungen für Schweden teurer, was die Attraktivität des Euroraumes als Reiseziel ten- denziell verringert. Zugleich werden in SEK abgerechnete Waren und Dienstleistungen für Touristen aus dem Euro-Raum günstiger, wodurch Schweden als Reiseziel tendenziell an Attraktivität gewinnt.

Über die zukünftige Entwicklung des SEK-Wechselkurses liegen keine verlässlichen Informa- tionen vor. Zwar wird ein Beitritt Schwedens zur Eurozone diskutiert (mit der Folge eines zu- nächst reduzierten und dann wegfallenden Wechselkursrisikos), Entscheidungen darüber sind aber nicht absehbar.

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Abb. 10: Wechselkursentwicklung SEK zu EUR, Jan. 1999 – Feb. 2011 Quelle: Europäische Zentralbank

Stellt man der Wechselkursentwicklung die Entwicklung der Gäste- und Übernachtungszahlen in Deutschland gegenüber, so schlägt sich die Abwertung der Schwedischen Krone im Jahr 2001 mit einem Rückgang der Gäste- und Übernachtungszahlen nieder, während nach der Ende 2001 einsetzenden erneuten Aufwertung der Krone eine deutliche Zunahme der Gäste- und Übernachtungszahlen aus Schweden folgte. Seit 2007 sinkt die Übernachtungszahl wie- derum, während die deutliche Abwertung der Krone erst Mitte 2008 einsetzte. Hier ist auch die im Zuge der Wirtschaftskrise generell nachlassende Auslandsreisetätigkeit der Schweden zu beachten. Die seit Anfang 2009 einsetzende deutliche Aufwertung der Krone korrespondiert zudem mit einer Zunahme der Übernachtungen von Schweden in Deutschland.

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Tab. 6: Ankünfte und Übernachtungen aus Schweden in Deutschland* Übernachtungen Übernachtungen (in Mio.) (i.V. zum Vj. in %) 1999 1,14 +4,3 2000 1,29 +12,9 2001 1,19 -7,3 2002 1,20 +0,9 2003 1,24 +3,1 2004 1,31 +5,8 2005 1,34 +2,1 2006 1,20 +8,1 2007 1,44 -1,0 2008 1,43 -1,5 2009 1,30 -1,0 2010 1,51 +11,4 * in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten (ohne Camping), Quelle: DZT Marktinformation Schweden, 2011

Zukünftige Wechselkursschwankungen mögen also in gewissem Umfang für touristische Nachfrageschwankungen verantwortlich sein, ein isolierter Einfluss auf die touristischen Nach- frageströme ist aber nicht zu erwarten.

In diesem Zusammenhang relevant ist aber die sehr unterschiedliche Kaufkraft in den genann- ten Ländern. Grund dafür sind die, z. B. durch unterschiedliche Steuern oder Verkaufspreise hervorgerufenen, Preisniveauunterschiede in verschiedenen Volkswirtschaften. So gibt es in Dänemark und Schweden mit 25% einen der höchsten Umsatzsteuersätze in der Europäi- schen Union, in Dänemark gibt es außerdem keinen ermäßigten Steuersatz.

Eurostat weist für die Europäische Union (und damit auch für Deutschland, Dänemark und Schweden) entsprechende Preisniveaustatistiken aus, die den Endverbrauch der privaten Haushalte einschließlich direkter Steuern betrachten. Der Durchschnittswert in der gesamten EU wird dabei = 100 gesetzt. Werte über 100 bezeichnen also ein relativ hohes, Werte unter 100 ein relativ niedriges Preisniveau (so hat z. B. Mazedonien mit einem Preisniveauindex von 46 den niedrigsten Wert in der EU, Dänemark mit 141 den höchsten; s. Tab. 7).

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Tab. 7: Preisniveauindex für ausgewählte europäische Länder EU 27 = 100 Preisniveau Preisniveau im Vergleich zu 1997 2008 Deutschland Mazedonien - 46,9 -55% ... Deutschland 109,6 103,7 ±0 ... Schweden 131,6 114,5 +10% ... Finnland 125,0 124,3 +20% ... Dänemark 131,6 141,2 +36% Quelle: Eurostat-Statistik über Kaufkraftparitäten, identische Länderbasis für 1997 und 2008; eigene Berech- nungen

Die Tabelle ist so zu lesen, dass z. B. in Dänemark das Preisniveau für die privaten Haushalte um 36% über dem in Deutschland liegt. Anders ausgedrückt: In Dänemark liegen die Le- benshaltungskosten um durchschnittlich rund 36% über denen in Deutschland. Für Schweden beträgt der Kaufkraftunterschied im Vergleich zu Deutschland rund 10%. Im Zehnjahresver- gleich ist das Preisniveau in Schweden deutlich gesunken, in Dänemark aber weiter gestie- gen. Kopenhagen gilt laut Auslandsvermittlung der Bundesagentur für Arbeit als „eine der teu- ersten Städte der Welt“.

Das oben gezeigte Preisgefälle zwischen Dänemark, Schweden und Deutschland ist natürlich nicht in allen Konsumbereichen gleich hoch. So sind insbesondere Alkoholika, aber auch an- dere Genussmittel und Dienstleistungen in Dänemark und Schweden deutlich teurer als in Deutschland, was einen Export von Waren und Dienstleistungen (z. B. Kfz-Reparaturen, Zahnarztbehandlungen) von Deutschland nach Dänemark und Schweden attraktiv erscheinen lässt. Die Reederei Scandlines beispielsweise bietet entsprechende Pauschaltickets an.

Ob und in welchem Umfang die Kaufkraftunterschiede auch zukünftig Bestand haben werden, kann derzeit nicht beurteilt werden. Angesichts der divergierenden Entwicklungen gerade zwi- schen Dänemark und Deutschland im Zeitraum 1997-2008 ist aber eine völlig gegensätzliche Entwicklung in den nächsten zehn Jahren eher unwahrscheinlich.

1.5.4 Bundes- und europaweite Verkehrsentwicklung Auf europäischer Ebene liegt seit 2009 ein umfangreiches Modellierungsergebnis („Transvisi- ons“) für Verkehrsströme bis 2030 in drei Szenarien (Baseline, High Growth, Low Growth) vor (TETRAPLAN et al. 2009). Dabei wird für das Baseline-Szenario ein jährliches durchschnittli- ches Wachstum der Personen-Verkehrsleistung von 1,2% und der Frachtverkehrsleistung von

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1,9% prognostiziert. Darin werden im Kurzstreckenverkehr der Straßentransport, im Mittelstre- ckenverkehr der Schienentransport und im Fernverkehr der Flugtransport jeweils überdurch- schnittlich profitieren (TETRAPLAN et al. 2009, S. 190ff.).

Zur Prognose der deutschlandweiten Verkehrskennziffern liegt eine Untersuchung aus dem Jahr 2007 (INTRAPLAN/BVU 2007) vor: Auf Basis der Werte von 2004 werden darin Verände- rungen des Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung bis 2025 abgeschätzt.

Dabei wird für den Personenverkehr in Deutschland insgesamt ein Wachstum des Verkehrs- aufkommens (Fahrzeuge) beim motorisierten Individualverkehr von 9% und beim Eisenbahn- verkehr von 6% im Zeitraum 1994 bis 2025 prognostiziert (Tab. 8).

Bei der Verkehrsleistung (Personen- bzw. Tonnenkilometer) liegen die prognostizierten Zu- wachsraten noch deutlich höher: +16% beim motorisierten Individualverkehr und +26% im Eisenbahnverkehr.

Für internationale Verkehrsbeziehungen wird sogar eine Steigerung von 69% bzw. 100% (Deutschland-Ausland, MIV und Eisenbahn) bzw. 50% und 150% (Durchgangsverkehr, wieder MIV und Eisenbahn) prognostiziert. Die Erstellung der Festen Fehmarnbeltquerung ist dabei bereits berücksichtigt.

Noch deutlicher wird die Steigerung des Güterverkehrsaufkommens ausfallen. INTRA- PLAN/BVU gehen von einer Steigerung des Verkehrsaufkommens um 34% auf der Schiene und 55% auf der Straße aus (Tab. 9). Die Güterverkehrsleistung soll sogar um 65% auf der Schiene und 84% auf der Straße anwachsen. Das Transportaufkommenswachstum stammt zum größten Teil aus dem internationalen Verkehr, der bereits 2004 55% des gesamten Gü- terverkehrs in Deutschland ausmachte. Während für das Binnengüterverkehrsaufkommen ein Wachstum von 14% zwischen 1994 und 2025 prognostiziert wird, wird das internationale Gü- terverkehrsaufkommen um 68% (Bahn) bzw. 108% (Straße) wachsen (INTRAPLAN/BVU 2007, S. 212). Das Transitaufkommen trägt überdurchschnittlich stark zu diesem Wachstum bei.

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Tab. 8: Entwicklung des Personen-Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung 2004-2025

Quelle: INTRAPLAN / BVU 2007, S. 6

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Tab. 9: Entwicklung des Güter-Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung 2004-2025

Quelle: INTRAPLAN/BVU 2007, S. 12

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2 Bestandsanalyse

2.1 Touristisches Angebot

Als touristisches Angebot betrachten wir das sogenannte abgeleitete Angebot. Das abgeleite- te Angebot (im Unterschied zum sogenannten ursprünglichen Angebot) ist spezifisch touristi- scher Natur: Es ist vorhanden, weil und damit es touristische Aktivität gibt. Dazu gehören in erster Linie Unterkunftsbetriebe (die naturgemäß rein touristischen Zwecken dienen), aber auch Freizeitbetriebe, die im Wesentlichen von Touristen besucht werden.

2.1.1 Unterkunftsangebot 2.1.1.1 Überblick Sowohl für Fehmarn als auch für Großenbrode liegen aus der Statistik zur Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe, aus den Verzeichnissen der örtlichen Tourismusorganisationen und Anbieter sowie Angaben der Gemeinden hinreichend präzise Informationen vor, um eine recht genaue Abschätzung der Beherbergungskapazitäten zu erlauben. Im Überblick ergeben sich im Untersuchungsraum für das Jahr 2009 fast 18.000 Gästebetten und mehr als 7.000 Cam- pingstellplätze (Tab. 10).

Die Parahotellerie stellt im Untersuchungsraum den größten Kapazitätsanteil. Zur Parahotelle- rie werden sowohl Zimmeranbieter, die nicht der herkömmlichen Hotellerie angehören, als auch Anbieter von Ferienhäusern, Ferienwohnungen und Appartements gezählt. Diese Anbie- tergruppen sind in sich recht heterogen und umfassen private Nebenerwerbsvermieter ebenso wie große Anlagen, z. B. die IFA-Anlage in Burg mit mehr als 422 Apartments und 1.688 Bet- ten (IFT 2008, S. 36). In der Gruppe der Parahotellerie stellen die Ferienwohnungen, Ferien- häuser und Appartements gegenüber den Zimmern den mit Abstand größten Anteil dar. Von den im Gastgeberverzeichnis für Fehmarn ausgewiesenen 6.218 Gästebetten entfallen 5.586 (90%) auf diese Kategorie, in Großenbrode beträgt dieser Anteil 88%. Man kann also von ei- ner angebotsprägenden Kategorie der Ferienwohnungen, Ferienhäuser und Appartements sprechen.

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Tab. 10: Beherbergungskapazitäten Fehmarn und Großenbrode 2009 (Überblick) Großen- Beherbergungstyp Einheit Fehmarn Gesamt Quellen brode Beherbergungsbetriebe Betten 440 96 536 a) (herkömmliche Hotellerie) Beherbergungsbetriebe Betten 15.185 1.865 17.050 a) (Parahotellerie) Jugendherbergen Betten 182 - 182 a) Kliniken & Sanatorien Betten 30 135 165 a) Zwischensumme Betten 15.837 2.096 17.933 Touristik-Camping Stellplätze 3.092 172 3.264 b) Dauercamping Stellplätze 3.098 350 3.448 b) Wohnmobile Stellplätze 408 60 468 b) Zwischensumme Stellplätze 6.598 582 7.180 Segel-/Sportboote (Gast-)Liegeplätze 486 105 591 d) Segel-/Sportboote (Dauer-)Liegeplätze 848 708 1.556 d) Zwischensumme Liegeplätze 1.334 813 2.147 Zweitwohnsitze Steuerfälle 1.461 749 2.210 c) nachrichtlich: Betten 2009 9.936 989 10.925 e) Betriebe > 8 Betten Betten 2010 10.140 1.001 11.141 Quellen: a) Gastgeberverzeichnisse „Fehmarn 2009“ und „Großenbrode 2009“ sowie interne Statistiken zur Fremden- verkehrsabgabe b) Stellplatzführer „Campingküste*“; die Beherbergungsstatistik zeigt für Großenbrode 3 Anlagen, die Diffe- renz der Touristikstellplätze wurde hinzuaddiert. c) Angaben der Steuerämter der Gemeinden d) PLANCO 2008 e) Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein: Beherbergungskapazität für den Fremdenverkehr in Schleswig-Holstein am 1. Juli 2010 (G IV 2 - j/10s)

2.1.1.2 Entwicklung der Beherbergungskapazität Die Beherbergungsstatistik (Betriebe mit mehr als acht Betten) deckt nur einen Teil des tat- sächlichen Beherbergungsangebots ab. Für einen längeren Zeitvergleich steht aber keine andere belastbare Quelle zur Verfügung. Die in Tab. 11 und Tab. 12 dargestellten Verände- rungswerte beschreiben also nicht die vollständige Beherbergungskapazität, sondern lediglich die Zahl der Betriebe und Betten in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten und die Zahl der Campingbetriebe ohne weitere Aufgliederung der Stellplatzkapazität. Dennoch fällt auf, dass die Zahl der Beherbergungsbetriebe auf Fehmarn im Zeitraum 1981 bis 2010 mehr als verdoppelt und die Zahl der Betten in diesen Betrieben um 53% gesteigert werden konnte, während in Großenbrode ein Rückgang zu verzeichnen war. Die Insel Fehmarn hat die Kapa- zitäten deutlich stärker gesteigert als der Kreis Ostholstein oder das gesamte Land.

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Tab. 11: Anzahl Beherbergungsbetriebe und Campingbetriebe 1981-2010 Beherbergungs- Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- betriebe > 8 B. Holstein Ostholstein Großenbrode Fehmarn dorf kirchen Burg fehmarn 1981 4.104 1.250 43 103 30 21 35 17 1991 4.076 1.234 35 157 50 38 23 46 2001 4.827 1.203 29 229 76 53 29 71 2010 4.320 1.068 25 218 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2010 106 87 71 139 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2010 105 85 58 212 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 118 96 67 222 253 252 83 418 Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- Campingbetriebe Holstein Ostholstein Großenbrode Fehmarn dorf kirchen Burg fehmarn 1981 306 75 1 17 6 4 0 7 1991 290 79 1 17 6 4 0 7 2001 276 78 1 16 5 4 0 7 2010 307 86 3 20 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2010 106 109 300 118 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2010 100 115 300 118 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 90 104 100 94 83 100 - 100 Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

Tab. 12: Betten/Stellplätze in Beherbergungsbetrieben 1981-2010 und Campingbetrieben 2009 Anzahl Betten Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- Großenbrode Fehmarn Burg (Betriebe > 8 B.) Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn 1981 144.386 50.758 1.650 6.606 1.064 397 4.688 457 1991 153.764 52.166 1.607 7.656 1.762 936 3.974 984 2001 176.028 51.780 1.294 9.632 2.332 1.314 3.332 2.654 2010 180.763 49.571 1.001 10.140 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2010 118 95 62 132 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2010 125 98 61 153 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 122 102 78 146 219 331 71 581 Anzahl Stellplät- ze Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- Großenbrode Fehmarn Burg (nur Touristik- Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn Stellplätze) 1981 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 1991 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2001 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2009 19.678 7.345 172 3.550 k.A. k.A. k.A. k.A. Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

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Auch auf der Insel Fehmarn verlief die Entwicklung der Kapazitäten nicht gleichmäßig. Tab. 14 zeigt, dass in Burg seit 1981 ein Rückgang der Bettenzahlen zu verzeichnen ist, während in den ehemaligen Landgemeinden drastische Zuwächse sichtbar werden. Bezieht man die in mehreren Expertengesprächen geäußerte Ansicht ein, dass im ländlichen Bereich vor allem im kleinteiligen Beherbergungsgewerbe ausgebaut wurde, so ist zu vermuten, dass die tat- sächliche Entwicklung eher noch ausgeprägter verlaufen sein wird.

Die räumliche Verteilung der Beherbergungskapazitäten kann anhand der Daten aus der Fremdenverkehrsabgabestatistik gut nachvollzogen werden. Es zeigen sich deutliche Schwerpunkte in Burg und am Burger Südstrand sowie in ausgewählten Orten unmittelbar an der Küste (siehe Karte 1). Der Norden der Insel ist hingegen für touristische Beherbergungs- betriebe weitaus weniger relevant. Das gilt sowohl für Beherbergungsbetriebe als auch für Campingplätze.

Allein Fehmarn stellte 2010 mit deutlich über 10.000 Betten mehr als ein Fünftel (20,5%) des statistisch erfassten Bettenangebots des Kreises Ostholstein und ist damit ein bedeutendes Ziel des Tourismus im regionalen Kontext. Hinzu kommen neben den vergleichsweise bedeu- tenden Campingstellplatzkapazitäten (jeweils mehr als 3.000 Dauer- und Touristikstellplätze, vgl. Karte 2) 408 Wohnmobilstellplätze und eine große Zahl an Privatunterkünften sowie in geringerem Umfang Klinikbetten (in Kur- und Rehakliniken) und Liegeplätzen in den Häfen sowie Freizeitwohnsitze.

Der übernachtende Tourismus findet hinsichtlich der Übernachtungskapazitäten zwar sein Aktivitätszentrum im Südosten der Insel (Burg, Burgtiefe, Südstrand), ist aber in der Fülle sei- ner Angebote fast über die gesamte Inselfläche verteilt.

Großenbrode zeichnet sich 2010 als kleinerer Anbieter gegenüber Fehmarn kapazitätsseitig durch ebenso viele gewerbliche wie private Betten aus (jeweils ca. 1.000 Betten). Hinzu kom- men einige Touristikstellplätze auf Campingplätzen (430), 60 Wohnmobilstellplätze, 135 Kli- nikbetten und eine erhebliche Zahl an Bootsliegeplätzen (960).

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Karte 1: Beherbergungskapazität Fehmarn 2008/2009 nach Ortslagen

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Karte 2: Campingangebot 2009

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2.1.1.3 Kapazitätsrelevante Planungen Sowohl auf Fehmarn als auch in Großenbrode gibt es derzeit Planungen zu touristischen Ka- pazitätserweiterungen:

. Fehmarn: „Bloom Hotelresort & Residences“ (Spielwiese am Südstrand): Hotel mit ca. 1.000 Betten, 200 Zimmer/Suiten, 150 Apartments, 150 Ferienwohnungen, Luxus- Segment, geplante Fertigstellung 2014, Architekten: M. Thun, H. Thelosen (HOTELBAU 2011).

. Fehmarn: „De Hoben“: Lt. Flächennutzungsplan 120 Ferienhäuser und ein oder zwei Ho- tels, 34 ha Gesamtfläche (PROKOM/FIRU 2011, S. 59).

. Fehmarn: „Burgstaaken“: Lt. Flächennutzungsplan sollen neben der Hafenerweiterung und dem Bau eines Bootswinterlagers auch Ferienwohnungen und weitere Bootsliegeplätze entstehen (ohne Kapazitätsangabe) (PROKOM/FIRU 2011, S. 60).

. Fehmarn: Reisemobilplatz Burg: Lt. Flächennutzungsplan nach Fertigstellung des Projek- tes De Hoben zusätzliche Kapazitäten für das Abstellen von Reisemobilen und Pkw (ohne Kapazitätsangabe) (PROKOM/FIRU 2011, S. 60).

. Holiday Vital Resort Großenbrode: Ca. 165 Ferienhäuser, 2 Musterhäuser nach Betreiber- angaben fertig gestellt. Die zusätzlich entstehende Kapazität lässt sich zumindest grob abschätzen, indem pro Zim- mer 2 Betten, pro Appartement 3 Betten und pro Ferienwohnung oder Ferienhaus 4 Betten angesetzt werden. Danach ergeben sich mindestens 2.590 Betten, die in den kommenden Jahren entstehen sollen (ohne die als „unklar“ gekennzeichneten Kapazitäten).

Tab. 13: Abschätzung der geplanten Kapazitätsausweitungen Projekt Zimmer Appartements Ferienwohnung/Ferienhaus Betten Anderes Bloom 200 150 150 1.450 De Hoben unklar - 120 >480 Burgstaaken - - unklar unklar Bootsliegeplätze Reisemobilplatz - - - - Stellplätze Burg Vital Resort - - 165 660

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Tab. 14: Entwicklung der Bettenzahl in Beherbergungsbetrieben mit mehr als 8 Betten Betten Schleswig- Kreis Großen- Fehmarn Bannes- Land- Burg a. F. West- Holstein Osthol- brode dorf a. F. kirchen fehmarn stein a. F.

1981 100 100 100 100 100 100 100 100

1982 101 102 95 102 106 129 99 100

1983 102 103 97 103 108 128 99 106

1984 102 102 93 103 112 135 98 101

1985 102 98 86 89 114 179 72 121

1986 103 99 87 89 116 179 72 122

1987 103 97 100 91 153 175 67 109

1988 106 98 98 90 135 184 67 141

1989 108 103 98 91 135 181 67 158

1990 107 103 96 118 168 247 85 228

1991 106 103 97 116 166 236 85 215

1992 112 105 84 111 164 238 77 218

1993 114 101 81 115 172 285 74 264

1994 117 103 85 117 180 310 70 283

1995 118 102 83 117 182 318 70 281

1996 120 103 82 129 211 356 71 343

1997 123 104 79 129 209 353 69 358

1998 123 105 82 146 218 367 69 574

1999 124 104 68 141 217 334 64 584

2000 123 103 80 145 217 340 71 572

2001 122 102 78 146 219 331 71 581

2002 122 101 78 148 228 330 72 582

2003 123 100 78 148

2004 121 97 71 150

2005 124 99 64 157

2006 124 99 63 156

2007 124 97 62 154

2008 123 96 60 152

2009 124 98 60 150

2010 125 98 61 153 Index 1981 = 100, Datenquelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

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2.1.1.4 Qualität der Beherbergungsangebote Zur Qualitätsbeurteilung lässt sich zumindest näherungsweise der Klassifizierungsstatus nach anerkannten Qualitätssystemen heranziehen. Das sind in Deutschland für Hotels die DEHO- GA-Hotelklassifizierung, für Privatzimmer und Selbstversorgerunterkünfte (Ferienwohnungen etc.) die DTV-Klassifizierung nach TIN, und für Campingplätze die gemeinsamen Richtlinien des BVCD und des DTV (ersatzweise DCC).

Tab. 15 zeigt die veröffentlichten Klassifizierungen nach Qualitätsstufen. Für die Hotels zeigt die Auswertung, dass 5-Sterne-Häuser im Untersuchungsraum komplett fehlen und 4-Sterne- Häuser nur einmal vertreten sind (Ostsee-Hotel in Großenbrode5).

Bei TIN-klassifizierten Betrieben ist die Auswahl im 4- und 5-Sterne-Segment deutlich größer, bei den Campingplätzen sind sogar ausschließlich 4- und 5-Sterne-klassifizierte Betriebe aus- gewiesen. Hier wie auch in den anderen Qualitätssystemen ist aber zu beachten, dass sich zahlreiche Betriebe gar nicht klassifizieren lassen.

Tab. 15: Qualitätsklassifizierungen der Unterkunftsbetriebe 2010 Fehmarn Großenbrode Gesamt Ferienwohnungen/Privatzimmer 1 Stern 0 0 0 2 Sterne 3 8 11 3 Sterne 41 31 72 4 Sterne 96 18 114 5 Sterne 11 3 14

Hotels 1 Stern 0 0 0 2 Sterne 0 0 0 3 Sterne 4 0 4 4 Sterne (1) 1 (2) 5 Sterne 0 0 0

Campingplätze 1 Stern 0 0 0 2 Sterne 0 0 0 3 Sterne 0 0 0 4 Sterne 7 4 11 5 Sterne 4 0 4 Quellen: Gastgeberverzeichnisse Fehmarn und Großenbrode, Verband der Campingplatzhalter Schleswig- Holstein

5 Das Hotel Intersol in Burgtiefe wird im Gastgeberverzeichnis als 4-Sterne-Haus, beim DEHOGA und auf der eigenen Website aber als 3-Sterne-Superior geführt

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2.1.1.5 Sportboothäfen als Unterkunftsangebote Auf Fehmarn gibt es sechs und in Großenbrode fünf Sportboothäfen mit touristischer Rele- vanz (Karte 3). Insgesamt werden mehr als 2.100 Liegeplätze vorgehalten. In Heiligenhafen, das ebenfalls zum Sportbootrevier Fehmarn gezählt werden kann, stehen weitere ca. 1.200 Liegeplätze zur Verfügung (PLANCO 2008). Heiligenhafen ist damit der größte Standort des Wassersportreviers.

Die folgende Darstellung orientiert sich an der Wassersportstudie von PLANCO (2008). Zur Ermittlung der touristisch verfügbaren Gastliegeplätze wurde die Gesamtzahl der Liegeplätze um die Zahl der vermieteten Liegeplätze vermindert. Damit wird die Realität allerdings nicht ganz getroffen, denn einerseits steht ein nicht vermieteter Dauerliegeplatz nicht zwangsweise als Gastliegeplatz zur Verfügung, andererseits können auch gerade nicht belegte Dauerliege- plätze durchaus als Gastliegeplätze genutzt werden (z. B. im Rot-Grün-System). Die überwie- gende Zahl der Stellplätze ist Dauerliegern vorbehalten.

Tab. 16: Sportboothäfen und Liegeplatzkapazitäten im Untersuchungsraum Nicht fest Fest vermietet Liegeplätze vermietet – Hafen Ort Kategorie – Dauer- Quelle Gast- gesamt liegeplätze liegeplätze Burgstaaken Ring- Fehmarn k.A. 210 150 60 WTG Werft Yachthafen Burgstaa- Fehmarn B+ 158 111 47 PLANCO ken

Yachthafen Burgtiefe Fehmarn A/B 586 260 326 PLANCO

Fehmarnsund/Martin Fehmarn C 90 72 18 PLANCO

Lemkenhafen Fehmarn B 140 120 20 PLANCO

Orth Fehmarn B+ 150 135 15 PLANCO

Großenbrode Marina Gr‟brode B 220 160 60 PLANCO

Großenbrode Fähre Gr‟brode B 145 145 0 PLANCO

Yachtwerft Klemens Gr‟brode B 220 210 10 PLANCO Kommunal- und Sport- boothafen Großenbro- Gr‟brode C 78 53 25 PLANCO de Wassersportzentrum Gr‟brode D 150 140 10 PLANCO Großenbrode

Gesamt Fehmarn 1.334 (62%) 848 (55%) 486 (82%)

Gesamt Großenbrode 813 (38%) 708 (45%) 105 (18%)

Gesamt 2.147 (100%) 1.556 (100%) 591 (100%) Quellen: PLANCO 2008, Tab. 45, WTG = wtg.vivawasser.de

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Karte 3: Sportboothäfen 2009

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2.1.2 Wasserbezogenes touristisches Freizeitangebot Das Freizeitangebot der Region vollständig aufzulisten, ist an dieser Stelle unnötig. Vielmehr gehen wir auf die touristisch wesentlichen Aspekte des Freizeitangebots ein und stellen deren Eckdaten und räumliche Verteilung dar.

2.1.2.1 Badestrände Badestrände sind ein wichtiges Requisit für die Übernachtungsgäste (Nutzungsintensität: 81%) und Camper (Nutzungsintensität: 57%) auf Fehmarn (NIT 2006a).

Fehmarn verfügt über 24 Strände an seiner 78 Kilometer langen Küstenlinie (Tab. 17). Der touristisch am intensivsten genutzte Abschnitt ist der rund vier Kilometer lange Südstrand Burgtiefe mit Strandpromenade, Toiletten und Duschen, Sportplätzen etc. Der Südstrand ist kurtaxpflichtig (Abb. 11 und Abb. 12), hier sind allein fünf der zehn Fehmaraner Strandkorban- bieter tätig.

Neben dem Südstrand betreibt der Tourismus Service Fehmarn weitere Strände, zum Beispiel den Badestrand am Naturschutzgebiet „Grüner Brink“ (Abb. 13).

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Tab. 17: Badestrände im Untersuchungsraum (eigene Zusammenstellung) Lage (Nr.) Bezeichnung Strandkorb- Strandevents DLRG-Station vermietungen Fehmarn F1 Altenteil F2 Bojendorfer Strand (vgl. Wall- 1 X nau) F3 Burgtiefe (Südstrand) 5 Strandfest X F4 Dänschendorf (Fehmarnbelt) X F5 Fehmarnsund X F6 Flügge F7 Gammendorfer Strand/Niobe 1 F8 Lemkenhafener/Orther Bucht/Gold F9 Gollendorfer Strand F10 Grüner Brink 1 X F11 Katharinenhof F12 Klausdorfer Strand F13 Marienleuchte F14 Meeschendorfer Strand 1 X F15 Presen F16 Püttsee F17 Puttgardener Strand (Richtung Niobe) F18 Staberdorf F19 Staberhuk F20 Strukkamp/Strukkamphuk X F21 Wallnau (vgl. Bojendorfer 1 X Strand) F22 Wenkendorfer Strand (Teich- hof) F23 Westermarkelsdorfer Strand F24 Wulfener Hals Surf-Festival X Großenbrode G1 Großenbrode-Südstrand 1 X G2 Großenbrode Weststrand Quellen: Angaben der Gemeinden, OHT Strandfinder

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Karte 4: Badestrände 2009

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Abb. 11: Kurtaxpflicht am Burger Südstrand Foto: D. Schmücker

Abb. 12: Kurtaxpflicht am Burger Südstrand Foto: D. Schmücker

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Abb. 13: Badestrand „Grüner Brink“ Fehmarn Foto: D. Schmücker

Großenbrode verfügt über zwei Strände, den ca. 3 Kilometer langen Südstrand mit Strand- promenade und Seebrücke (Abb. 14) und den eher naturorientierten Weststrand nördlich von Heiligenhafen (Abb. 15).

Abb. 14: Südstrand Großenbrode Foto: D. Schmücker

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Abb. 15: Weststrand Großenbrode Quelle: Ostsee-Holstein Tourismus e.V.

2.1.2.2 Häfen und Sportboothäfen Neben ihrer Bedeutung als Übernachtungsmöglichkeit (vgl. Abschnitt 2.1.1.5) stellen Sport- boothäfen auch einen erheblichen Freizeitfaktor dar: Sie sind Orte, an denen Maritimität, einer der wichtigsten touristischen Standortfaktoren Schleswig-Holsteins, unmittelbar erlebt werden kann. Sportboothäfen und Häfen insgesamt sind Ausflugsziele, Treffpunkte und Gastronomie- standorte.

Im Untersuchungsraum sind in dieser Hinsicht neben den Sportboothäfen (Tab. 16, S.68) wei- tere Hafenstandorte von touristischer Relevanz (Karte 5).

Tab. 18: Touristisch relevante Häfen (außer Sportboothäfen) Lage (Nr.) Name Hauptnutzung

F1 Hafen Burgstaaken Fischerei F2 Fährhafen Puttgarden Fährverladung, Einkaufen F3 Hafen Orth Fischerei G1 Hafen Großenbrode Fischerei, Güterumschlag Eigene Zusammenstellung

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Besonders deutlich wird dies am „Erlebnishafen“ Burgstaaken: Unmittelbar neben dem Fi- schereihafen befinden sich das Museums-U-Boot, eine Klettermöglichkeit am Silo, ein Kinder- Aktivspielplatz, verschiedene Indoor-Freizeiteinrichtungen sowie einige Gastronomiebetriebe (Abb. 16).

Im Untersuchungsraum befinden sich weiterhin zehn Segelschulen sowie zahlreiche ergän- zende Angebote, die mit dem Sportbootbetrieb verknüpft sind (z. B. Yachtwerften, Segelma- cher, Segelbedarf und Charterangebote).

Abb. 16: Erlebnishafen Burgstaaken: ursprünglich Fischereihafen, heute hohe Erlebnisdichte Quelle: Gewerbeverein Burgstaaken e.V.

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Karte 5: Häfen 2009

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2.1.2.3 Surfen Fehmarn ist eines der profiliertesten Surfreviere der Ostsee. Allein auf der Insel können 25 Surfspots identifiziert werden und zwei weitere Spots im Gebiet Großenbrode. Aufgrund der zahlreichen Rückmeldungen von Surfern im Internetforum www.surfspot.de ist es möglich, zu einer recht verlässlichen Einschätzung der tatsächlich relevanten Surfspots zu kommen6 (Karte 6, Tab. 19). Die aufgeführten Spots sind hinsichtlich ihrer Eignung für Windsurfer aus- gewiesen, werden aber auch von Kitesurfern und Wellenreitern genutzt. Auf Fehmarn existie- ren zudem acht Surfschulen und acht Surfshops, die Ausrüstung für Surfer verkaufen (Karte 7).

Tab. 19: Relevante Surfspots im Untersuchungsraum (Windsurfen) Lage(Nr.) Name des Spots Windeignung Zielgruppe Fehmarn F1 Fehmarnsund SO Könner F2 Strukkamp/Strukkamphuk SW/W/NW Einsteiger - Könner F3 Gold II/Grab SW/NW k.A. F4 Gold Alle außer O Einsteiger F5 Lemkenhafen W Einsteiger F6 Lemkenhafen II W k.A. F7 Gollendorf W Könner F8 Orth Ostseite NO & SO Einsteiger - Könner F9 Orth Westseite NO & NW k.A. F10 Orth Kitebeach Westseite NO & NW k.A. F11 Püttsee SW Einsteiger - Könner F12 Wallnau S-SW Könner F13 Bojendorf S-SW Könner F14 Westermarkelsdorf W-SW Könner F15 Altenteil W-NW Könner F16 Teichhof NW/NO Könner F17 Niobe O-NO Könner F18 Grüner Brink (außerh. Saison) NO/O/NW Einsteiger - Könner F19 Grüner Brink (Saison) NO/O/NW Einsteiger - Könner F20 Presen N Könner F21 Meeschendorf O-SO Könner F22 Südstrand (Saison) SO Einsteiger - Könner F23 Südstrand (außerh. Saison) SO Einsteiger - Könner F24 Burg (Binnensee) SO-NO Einsteiger F25 Wulfener Hals W-NW/O-SO Einsteiger Großenbrode G1 Großenbrode-West SW/W/NW/N/NO Einsteiger G2 Großenbrode-Ost O/NO Einsteiger - Könner Quelle: www.surfspot.de, Feb. 2011

6 Wir danken dem Betreiber der Website www.surfspot.de, Herrn Jörg Drzycimski, Fehmarn, für die Erlaubnis, ausgewählte Daten hier zu verwenden.

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Karte 6: Surfspots 2009

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Karte 7: Surfshops und -schulen 2009 grün: Surfschulen, rot: Surfshops

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2.1.2.4 Angeln (Küsten-/Brandungsangeln) Die Anzahl der Angelstellen wird hier auf die Darstellung von Küsten-/Brandungsangeln be- schränkt. Die Darstellung beruht im Wesentlichen auf Publikationen der Gemeinden und Kur- verwaltungen (Tab. 20 und Karte 8).

Selbstverständlich sind Angler aber nicht auf diese Punkte beschränkt: Angeln ist für Berech- tigte (Vorliegen eines Fischereischeines bzw. einer Ausnahmegenehmigung für Touristen und einer lokalen Angelerlaubnis) überall erlaubt, wo es nicht explizit verboten ist (z. B. in Natur- schutzgebieten mit Betretungsverbot). Daher ist eine vollständige Darstellung der Angelpunkte kaum möglich, vielmehr sollen hier wahrscheinliche Schwerpunkte der Angeltätigkeit aufge- zeigt werden.

Tab. 20: Angelstellen (Brandungs-/Küstenangeln) Lage (Nr.) Bereich Lage der Angelstelle F1 Südküste Fehmarnsund F2 Landzunge an der Belitzwerft F3 Buhnen in Richtung Wul- fen/Wulfener Steilküste F4 Nordküste Altenteil/Teichhof F5 Puttgarden, u.a. Westmole (außer Fährbereich) F6 Niobe F7 Westküste Leuchtturm Flügge F8 Strukkamp/Albertsdorf F9 Wallnau/Bojendorf F10 Orther Reede F11 Westermarkelsdorf/Markelsdorfer Huk F12 Ostküste Marienleuchte F13 Presen F14 Klausdorf F15 Gahlendorf F16 Katharinenhof F17 Staberhuk Quellen: Touristische Publikationen der Gemeinden, eigene Recherchen

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Karte 8: Angelstellen 2009

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2.1.2.5 Hochseeangeln Auch Hochseeangeln ist in der Untersuchungsregion ein touristischer Angebotsfaktor. Zur Einschätzung dieses Angebots sind neben den Anbietern auf Fehmarn (4) und in Großenbro- de (2) ebenfalls die 15 in Heiligenhafen beheimateten Angelschiffe zu berücksichtigen, da auch deren Fanggebiete den Untersuchungsraum berühren.

Um dieses touristische Angebotssegment besser einschätzen zu können, wurde auf Ergeb- nisse einer von der Universität Greifswald im Oktober 2009 durchgeführten Befragung zurück- gegriffen.7 Befragt wurden 10 Anbieter von Hochseeangelfahrten (6 in Heiligenhafen, 4 auf Fehmarn), die zusammen 15 Schiffe betreiben. Damit liegen erstmals empirische Daten für dieses Angebotssegment in der Region vor.

Diese Schiffe sind touristisch durchaus relevant: Geht man von einer Größenordnung von rund 2.600 Gästen pro Jahr und Schiff aus (Eintages- und Mehrtagesgäste), so ergibt sich bei 21 Schiffen ein Gesamtnachfragevolumen von rund 54.600 Gästen, die bei einem durch- schnittlichen Fahrtpreis von 77 EUR (Eintagesfahrten: 30 EUR, Mehrtagesfahrten 75 EUR pro Tag) einen Gesamtumsatz in Höhe von rund 4,1 Mio. EUR pro Jahr repräsentieren. Bezogen auf den Untersuchungsraum (6 Anbieter) ergibt sich ein Nachfragevolumen von 15.600 Gäs- ten pro Jahr und ein Umsatz von 1,2 Mio. EUR.

Die Gäste der Touren sind nach Einschätzung der Betreiber auf Fehmarn rund zur Hälfte Ur- laubsortausflügler und zur anderen Hälfte Wohnortausflügler bzw. Einheimische, während der Anteil der Urlaubsortausflügler in Heiligenhafen deutlich geringer ist (20-25%). Um die 10% der Gäste stammen aus dem direkten Umfeld (Ostholstein und Schleswig-Holstein), rund 40% aus den Hauptquellgebieten Niedersachsen, Hamburg, Bremen und NRW, der Rest verteilt sich auf die verbleibenden Bundesländer. Allerdings sind hier zwischen den Betreibern deutli- che Unterschiede in der Quellmarkteinschätzung vorhanden.

In den vergangenen Jahren sind die Gästezahlen nach überwiegender Einschätzung der Be- treiber zurückgegangen. Der am häufigsten genannte Grund ist der Rückgang der Fischbe- stände. Gleichzeitig seien die Kosten, insbesondere Treibstoffkosten, gestiegen.

7 Die Autoren danken Frau Constanze Tröltzsch (Uni Greifswald) für die Überlassung der Ergebnisse und die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Untersuchungsbereich. Im Rahmen der vorliegenden Studie können nur Teilergebnisse der Anbieterbefragung referiert werden. Detailliertere Auswertungen insbesondere von fischereiwirtschaftlichen Aspekten finden sich in der Untersuchung „Situation of the recreational fisheries in and around Fehmarn Belt and influences of construction and operation of the FFL“ von Constanze Tröltzsch, Jonathan Carl und Carsten Krog.

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Abb. 17: Werbeschild „Hochseeangeln“ im Hafen Burgstaaken Foto: D. Schmücker

2.1.2.6 Tauchen Ebenso wie bei der Darstellung der Angelpunkte ist auch Tauchen grundsätzlich an allen Stel- len erlaubt, an denen kein explizites Verbot ausgesprochen wird. Insofern kann auch hier die Darstellung von Angelstellen eher auf Schwerpunkte hinweisen, an denen wegen guter Er- reichbarkeit von interessanten Unterwasserrevieren eine verstärkte Aktivität vermutet werden kann.

Auf Fehmarn lassen sich vier Tauchspots und fünf Standorte von Tauchschulen lokalisieren (Tab. 21 und Karte 9).

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Karte 9: Tauchspots 2009

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Tab. 21: Tauchspots und Tauchschulen in der Untersuchungsregion Lage (Nr.) Art Bezeichnung

F1 Tauchspot Westermarkelsdorf F2 Tauchspot Bojendorf F3 Tauchspot Wallnau F4 Tauchspot Püttsee F5 Tauchschule Klausdorf F6 Tauchschule Katharinenhof F7 Tauchschule Landkirchen F8 Tauchschule Fehmarnsund F9 Tauchschule Wulfen/Wulfener Hals Quellen: Eigene Recherchen

2.1.3 Weitere touristische Freizeitangebote 2.1.3.1 Golf Im Untersuchungsraum existiert nur ein einziger Golfplatz, in Wulfen auf Fehmarn. Dieser „Golfpark Fehmarn“ wird vom Golfclub Fehmarn e.V. betrieben und verfügt über einen 18- Loch-Platz, einen 9-Loch-Platz, Driving-Range, Golfakademie, Pro-Shop, Restaurant und ei- gene Unterkünfte.

Daneben gibt es eine Adventure-Golf-Anlage in Meeschendorf auf Fehmarn. Hier handelt es sich um eine Breitensportanlage ohne Ansprüche an das Spielniveau. Eine der Bahnen ist als Sprungschanze gebaut und wird als „Große Beltquerung“ bezeichnet (Abb. 18).

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Abb. 18: Adventure-Golf-Bahn “Große Beltquerung” Quelle: Adventure-Golf Fehmarn, Sebastian Sporleder, Februar 2011 2.1.3.2 Reiten Die (touristische) Freizeitbeschäftigung „Reiten“ hat raumbezogen zwei relevante Aspekte: zum einen den Standort für Pferd und Reiter, zum anderen die Ausreitmöglichkeiten auf oder auch abseits von Wegen, z. B. am Strand. Für das Gutachten sind die Reitwege von besonde- rer Relevanz und in Karte 10 dargestellt.

Fehmarn verfügt über 13 Reit- oder Ponyhöfe mit touristischer Relevanz (Tab. 22). Außerdem werden in der Untersuchungsregion komplementäre Angebote vorgehalten, z. B. Bett- und Box-Angebote, Wanderreiten, Familiencamp (mit Pferden), Kutschfahrten etc.

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Karte 10: Reitwegenetz 2009

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Tab. 22: Reit- und Ponyhöfe im Untersuchungsraum Lage (Nr.) Bezeichnung Bemerkungen

F1 Gammendorf F2 Klausdorf F3 Altjellingsdorf F4 Presen F5 Bannesdorf F6 Blieschendorf F7 Gahlendorf F8 Landkirchen/Vadersdorf F9 Sahrensdorf F10 Burg F11 Wulfener Hals F12 Gollendorf F13 Wallnau Camping und Reiten Quellen: Eigene Recherchen

2.1.3.3 Freizeiteinrichtungen Fehmarn verfügt über eine Reihe von Freizeiteinrichtungen und -attraktionen. Zu den wichtigs- ten gehören:

. Meereszentrum Fehmarn (Burg)

. Modellbahnparadies Fehmarn (Burg)

. U-Boot Fehmarn (Hafen Burgstaaken)

. Experimenta – Das verrückte Labor (Hafen Burgstaaken)

. Planet Erde (Hafen Burgstaaken)

. Silo-Climbing (Hafen Burgstaaken)

. Kart-Sport-Center (Hafen Burgstaaken)

. Freizeitlandschaft „Vitarium“ (Südstrand)

. Museen (Heimatmuseum, Museum Katharinenhof, Mühlen- und Landwirtschaftsmuseum, Ernst-Ludwig-Kirchner-Dokumentation, Überseemuseum Burgstaaken).

Ein Schwerpunkt dieser Einrichtungen findet sich im Hafen Burgstaaken, der auch als „Erleb- nishafen“ vermarktet wird (Abb. 19, vgl. auch Abschnitt 2.1.2.2, S. 75).

Über die Besucherzahlen dieser Einrichtungen liegen keine öffentlichen Informationen vor, man kann aber davon ausgehen, dass diese Einrichtungen zusammen mehr als eine halbe Million Besucher pro Jahr verzeichnen.

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Abb. 19: Zufahrtbereich zum „Erlebnishafen Burgstaaken“ Foto: D. Schmücker

2.1.3.4 Radfahren Radfahren ist eine der wichtigsten Freizeitbeschäftigung der Urlauber in Schleswig-Holstein. Auf Fehmarn gaben 46% der Übernachtungsgäste und 42% der Camper an, (auch) wegen der Radfahrmöglichkeiten auf die Insel gekommen zu sein. 53% der Übernachtungsgäste und 62% der Camper sind während ihres Aufenthaltes Rad gefahren (NIT 2006a).

Radfahren ist vor allem auf ein aktivitätsangepasstes Wegenetz angewiesen. Selbstverständ- lich sind Radfahrer aber auch abseits ausgewiesener Radwege anzutreffen, insofern muss auch die Darstellung der Radfahrmöglichkeiten auf Schwerpunkte beschränkt bleiben.

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Karte 11: Radwegenetz 2009

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Das Netz der ausgewiesenen Radwege beträgt insgesamt 208 Kilometer, davon entfallen 171 Kilometer auf Fehmarn und 37 Kilometer auf Großenbrode (Karte 11).

Der Ostseeküstenradweg ist ein Radfernweg, der im Nationalen Radverkehrsplan 2002-2012 als „D-Route 2“ geführt wird (BMVBW 2002). Er führt durch Großenbrode und verläuft auf Fehmarn in Küstennähe rund um die Insel. Außerdem sind Großenbrode und Fehmarn an den „Mönchsweg“ angeschlossen.

Abb. 20: Skizze des Verlaufs von Ostseeküstenradweg (D2) und Mönchsweg (MOE) Quelle: Radfahrkarte aus OpenStreetMap, CC-BY-SA. Der dargestellte Verlauf entspricht den Informationen von ADFC (D2) und der Nordelbischen Ev.-Luth. Kirche (Mönchsweg)

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Einige Unterkunftsbetriebe haben sich speziell auf die Bedürfnisse von Radtouristen einge- stellt. Der ADFC bietet dazu ein Klassifizierungssystem „Bett & Bike“ an, dem auf Fehmarn sieben und in Großenbrode vier Betriebe angeschlossen sind. Angesichts der oben dargestell- ten Volumenwerte ist aber davon auszugehen, dass Radtouristen auch andere, nicht speziell qualifizierte Unterkunftsbetriebe nutzen.

Im Untersuchungsraum gibt es 19 Radleihmöglichkeiten (17 auf Fehmarn, davon sieben in Burg und zwei in Großenbrode), in der Regel mit Service auch für eigene Fahrräder.

2.1.3.5 Naturorientierte Angebote Das Naturerlebnis ist nicht auf geschützte Landschaftsteile beschränkt, die Ausweisung als Schutzgebiet hat aber insofern Bedeutung, als Touristen vermuten können, dass dort beson- dere Naturerlebnisse möglich sind.

Sowohl auf Fehmarn als auch in Großenbrode sind Landschaftsschutzgebiete eingerichtet (LSG Fehmarn und LSG Nordküste/Weststrand). Auf Fehmarn existieren außerdem drei Na- turschutzgebiete („Grüner Brink“, „Krummsteert-Sulsdorfer Wiek“, Wallnau) und ein Vogel- schutzgebiet („Kohlhofinsel Burger Binnensee“).

Am NSG Wallnau betreibt der Naturschutzbund Deutschland (NABU) ein Informations- und Ausstellungszentrum zur Fauna und Flora Fehmarns. In Burg befinden sich das Meereszent- rum Fehmarn und ein Groß-Aquarium mit Darstellung verschiedener Habitate, inkl. tropischer und subtropischer Lebensformen.

Das naturorientierte Angebot wird ergänzt durch zahlreiche geführte Touren, z. B. Führungen durch das Wasservogelreservat oder Trekkingritte („Horses of Wind“) im Bereich Wallnau, geologische Strandwanderungen (Wallnau, Bojendorf, Presen, Klausdorf, Gammendorf), öko- logische Inselerkundungen, Vogelstimmenwanderungen etc. In Burgstaaken werden Führun- gen durch das Klärwerk Burgstaaken (Solar-, Wind-, Biogas-, Pilot-, Demonstrationsprojekte) angeboten, in Johannisberg Vorträge über Windkraftanlagen.

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Karte 12: Naturorientierte Angebote 2009

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2.1.3.6 Kur- und Gesundheitsangebote

Sowohl Fehmarn8 als auch Großenbrode sind als Ostseeheilbad anerkannt. Durch die unmit- telbare Küstenlage ist ein Reizklima gegeben. Zudem verfügt die Region über verhältnismäßig viele Sonnenstunden, die klimatischen Voraussetzungen sind also positiv.

Beide Orte verfügen über zahlreiche Kur- und Gesundheitsanbieter mit spezifisch touristischer Ausrichtung und eigenen Übernachtungsangeboten (Kurheime und -kliniken sowie Kurzen- tren). Nicht berücksichtigt sind Akutkliniken, die im Wesentlichen der ortsnahen Versorgung der Bevölkerung dienen und keinen spezifisch touristischen Hintergrund haben (Tab. 23 und Karte 13).

Tab. 23: Touristische Kur- und Gesundheitseinrichtungen Lage (Nr.) Art Ort Fehmarn F1 Kinder-Kurheime Burg/Südstrand: Südstrand-Klinik F1 Mutter-Kind-Kureinrichtung Burg/Südstrand: Südstrand-Klinik F2 Weitere Kliniken Burg: Sana Klinik F3 Sonst. Kureinrichtun- Burg: Gesundheitszentrum gen/Kurzentren F4 Sonst. Kureinrichtun- Burg: Kurhotel Hasselbarth gen/Kurzentren F5 Sonst. Kureinrichtun- Burgtiefe: Südstrandklinik gen/Kurzentren F6 Sonst. Kureinrichtun- Petersdorf: Fachklinik Therapeutikum gen/Kurzentren F7 Sonst. Kureinrichtun- Lemkenhafen: Fachklinik Hof Bellevue gen/Kurzentren F8 Sonst. Kureinrichtun- Petersdorf: Therapiezentrum Petersdorf gen/Kurzentren F9 Sonst. Kureinrichtun- Wallnau: Gesundheitspark/Kurhaus Wallnau gen/Kurzentren Großenbrode G1 Mutter-Kind-Kureinrichtung Mutter und Kind Kurklinik „Miramar“ G2 Mutter-Kind-Kureinrichtung Mutter-Kind-Kurhaus Baltic (AWO) G3 Mutter-Kind-Kureinrichtung Kur- und Erholungszentrum Strandstraße (AWO) G4 Sonst. Kureinrichtun- Kurmittelcentrum Südstrand gen/Kurzentren Quelle: Eigene Recherchen

8 Der Ortsteil Burg ist als Ostseeheilbad anerkannt, die Ortsteile Landkirchen, Bannesdorf und Westfehmarn als Erholung- sorte. Auskunft des MWV SH vom April 2011.

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Karte 13: Kur- und Gesundheitseinrichtungen 2009

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2.1.4 Landschaft und Landschaftsbild mit Bezug zu Tourismus Die Insel Fehmarn ist durch die Gletscher der letzten Kaltzeit geformt. Die Gletscher ließen eine überwiegend flache Moränenlandschaft zurück, die die heutigen flachen Badestrände zur Folge haben. Lediglich im Osten der Insel sind auf der Basis tertiärer Ablagerungen soge- nannte Drumlins entstanden, von denen heute der Hinrichsberg bei Staberdorf mit 26 Meter über NN die höchste Erhebung der Insel bildet.

Das Landschaftsbild der Insel ist, von der unmittelbaren Küstenzone abgesehen, weitgehend unspektakulär (Abb. 21). Attraktivitätssteigernde Elemente wie Waldränder, Gewässerkanten und Reliefs (Kiemstedt 1967, Walz & Berger 2004) fehlen praktisch vollständig. Die Land- schaft wird überwiegend als Ackerfläche genutzt.

Auffallend ist die praktisch permanente Sichtbarkeit von Windkraftanlagen. Auf der Insel sind fünf große Felder mit Windkraftanlagen (Presen, Marienleuchte, Dorotheenhof, Westermar- kelsdorf, Burgstaaken) entstanden, die vorhandenen Anlagen verfügen über Höhen von bis zu 100 Metern (Nabenhöhe 64 Meter, Rotordurchmesser 71 Meter). Bei guter Sicht ist es kaum möglich, auf die Insel zu blicken und keine Windkraftanlagen wahrzunehmen.

Außer den Windkraftanlagen wird der natürliche Landschaftseindruck im Untersuchungsraum vor allem durch hohe, nicht angepasste und damit potenziell störende Gebäude beeinflusst (vgl. Müller 2003, S. 89ff.).

1. Fehmarnsundbrücke: Die Brücke hat eine Durchfahrtshöhe von 23 m über NN und ei- ne Bogenhöhe von 45 m über Fahrbahn, also eine Gesamthöhe von ca. 70 m (Abb. 22). 2. Hochhäuser auf Fehmarn am Südstrand (IFA Hotel), 17 Stockwerke, Höhe geschätzt 35-40 m (Abb. 23) 3. Offshore-Windpark „ Havmøllepark“: insgesamt 72 Anlagen („Rødsand I“) und seit 2010 weitere 90 Anlagen („Rødsand II“) mit Turmhöhen von 69 m und Rotorblät- tern von 41 m, maximal erreichte Höhe: 110 m. Bei gutem Wetter von Fehmarn aus zu sehen (Entfernung ca. 25-35 km). 4. Fährhafen Puttgarden, insbesondere der Bordershop (Abb. 24 5. Silos im Hafen Burgstaaken (Abb. 25) 6. Militärische Anlagen, z. B. Sendemast und Turm Marienleuchte und „Turm A“/Ocean Tower in Klaustorf (Höhe 105,5 m, Abb. 26)

Großenbrode liegt am nordöstlichen Ende der Wagrischen Halbinsel und wird vor allem durch seine Küstenlinie mit langen Stränden geprägt. Der Großenbroder Strand ist, wie der Fehmar- ner Südstrand, geprägt durch mehrstöckige Bebauung (Abb. 27).

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Abb. 21: Typischer Blick über die Landschaft in Fehmarns Osten Foto: D. Schmücker

Abb. 22: Südküste Fehmarns mit Blick auf Südstrand und Fehmarnsundbrücke Foto: D. Schmücker

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Abb. 23: Marina Burgtiefe, Fehmarn „Drei Appartementhotels von jeweils 17 Geschossen, mit ihren Fenstern zur Wasserseite hin angeordnet. Die ersten Wohneinheiten wurden 1970 in Betrieb genommen. Als das Ferienzentrum 1973 fertiggestellt war, standen auf engem Raum ca. 4.000 Betten in 1.320 Wohneinheiten zur Verfügung. Je nach Sichtweise und Einstellung konnte man den Gebäudetyp, in Innenstadtlagen eine ‚städtebauliche Dominante’, als ‚schlanke Wohntürme’ oder als ‚Getreidesilos’ wahrnehmen.“ (Quelle: Jürgensen & Lange 2003, S. 723, Foto: U. Muuss)

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Abb. 24: Fehmarn Ostküste: Blick auf Marienleuchte und den Bordershop im Hafen Puttgarden Foto: D. Schmücker

Abb. 25: Fehmarn: Blick vom Südstrand auf Burgstaaken Foto: D. Schmücker

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Abb. 26: Ehem. militärischer Fernmeldeturm („Turm A“) in Klaustorf, von Fehmarn aus Foto: D. Schmücker

Abb. 27: Großenbrode Südstrand Foto: D. Schmücker

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2.2 Erreichbarkeit und Verkehrssituation

2.2.1 Erreichbarkeit der Untersuchungsregion Mehr als 90% der Übernachtungsgäste in der Untersuchungsregion reisen mit dem Pkw oder Wohnmobil an, 3-4% mit der Bahn. Für die Wohnortausflügler sind Wohnmobil und Motorrad noch relevante Gruppen, für die Urlaubsortausflügler auch das Fahrrad, aber auf geringem Niveau. Die Bahn erreicht nur bei den Übernachtungsgästen einen Anteil von 4%, für Tages- ausflügler spielt die Bahn praktisch keine Rolle. Die Erreichbarkeit auf der Straße ist also für die Tourismusentwicklung der Insel deutlich wichtiger als die Erreichbarkeit per Bahn.

Tab. 24: Ausgewählte Anreiseverkehrsmittel verschiedener Nachfragersegmente Auswahl der Anreiseverkehrsmittel, Übernachtungsgäste Urlaubsortausflügler Wohnortausflügler in % Pkw 87 90 79 Wohnmobil 7 2 12 Motorrad 1 0 6 MIV insgesamt 95 92 97

Bahn 4 1 1 Fahrrad >0 4 0 Quelle: Besucherbefragung 2009

Im Straßenverkehr ist die Untersuchungsregion über die Bundesstraße B 207 an die Bunde- sautobahn A 1 angeschlossen. Die A 1 endet zurzeit an der Anschlussstelle Heiligenhafen Mitte und wird derzeit bis Heiligenhafen Ost weiter gebaut. Dort geht sie in die Bundesstraße B 207 über. Die B207 ist heute vom Autobahnende über die Fehmarnsundbrücke bis kurz vor dem Übergang zur Fährabfertigung in Puttgarden zweistreifig und verläuft meistens parallel zur eingleisigen Bahnstrecke (Abb. 28).

Die Straßendistanz von Burg (Rathaus) bis Großenbrode (Ortsmitte) beträgt rund 12 Kilome- ter, nach Petersdorf (Fehmarn) rund zehn Kilometer und nach Puttgarden (Fährhafen) rund neun Kilometer.

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Abb. 28: B 207 und IC-Zug auf Fehmarn, Mai 2008 Quelle: www.bahnfotokiste.de, Foto: J. Borchers Der Eisenbahnverkehr über Fehmarnbelt und Fehmarnsund wird derzeit ausschließlich aus Personenzügen generiert.

Im Nahverkehr besteht eine direkte zweistündliche Verbindung von Lübeck über Neustadt (Holstein), Großenbrode und den neuen Haltepunkt Fehmarn-Burg (seit August 2010) bis nach Puttgarden. Die Fahrtzeiten der Regionalbahnen betragen von Puttgarden nach Fehmarn-Burg ca. 9 Minuten, von Fehmarn-Burg nach Großenbrode ca. 10 Minuten und von Großenbrode nach Lübeck ca. 75 Minuten. Im Sommer werden zusätzlich an den Wochenen- den direkte RE-Verbindungen zwischen Hamburg Hbf und Fehmarn angeboten.

Zusätzlich ist Puttgarden durch Züge des Fernverkehrs erschlossen: Je nach Jahreszeit ver- kehren je Richtung drei bis neun Fernverkehrszüge auf der Linie Hamburg – Kopenhagen. In den Sommermonaten ist die Fernverkehrsfrequenz deutlich höher als im Winter, nur drei Zug- paare verkehren ganzjährig zwischen Hamburg und Kopenhagen, darunter ein ICE-Zugpaar von bzw. nach Berlin. In den Sommermonaten besteht außerdem eine umsteigefreie Verbin- dung von Fehmarn-Burg nach Frankfurt/Main und ins Ruhrgebiet.

Die Strecke von Sierksdorf bis Puttgarden wird von der Landesweiten Verkehrsservicegesell- schaft als Strecke mit Kapazitätsengpass beschrieben: „Streckenabschnitt mit wenig Kreu- zungsmöglichkeiten, Verspätungen im Fernverkehr verursachen z.T. erheblichen Ver- spätungsaufbau im SPNV“ (LVS 2009a, S. 19).

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Die Nahverkehrsstrecke nördlich Lübecks ist relativ gering frequentiert, wird aber als potenzi- alreich gesehen (Nachfragesteigerung bis 2025 um mehr als 25%, LVS 2009a, S. 85). Aller- dings werden lt. Nahverkehrsplanung nicht mehr alle Züge über Burg hinaus nach Puttgarden fahren. Zudem soll die Station Fehmarn-Burg in ein landesweites Buslinien-Grundnetz einge- bunden werden (LVS 2009a, S. 93).

Die Fahrtzeit zwischen Hamburg Hbf und Kopenhagen H beträgt in den Zügen des Fernver- kehrs rund 4:45 bis 5:00 Stunden, zwischen Puttgarden und Lübeck knapp 1:00 Stunde, zwi- schen Puttgarden und Hamburg ca. 1:40 Stunden.

2.2.2 Verkehr über den Fehmarnbelt 2.2.2.1 Fährbetrieb Für die Scandlines-Fährlinie Puttgarden-Rødby werden im jährlichen Geschäftsbericht Trans- port-Daten veröffentlicht. Diese sind inhaltlich deckungsgleich mit der Transportstatistik von Statistics , da Scandlines (noch9) als einzige Gesellschaft den Fährverkehr über den Fehmarnbelt betreibt10.

Tab. 25 zeigt, dass sich im Zeitraum 1990 bis 2008 die Zahl der transportierten Lkw mehr als verdoppelt hatte, die Zahl der transportierten Pkw hatte sich etwa vereineinhalbfacht. Demge- genüber war die Zahl der Busse um 18% zurückgegangen, die Zahl der Passagiere um 13%. Von 2008 auf 2009 sind aber in allen Kennziffern Rückgänge zu verzeichnen. In den Daten zum Pkw-Verkehr ist ein nicht genau bekannter Anteil marketinginduzierter Verkehre enthal- ten. Das sind z. B. verbilligte Tickets zum Besuch des Bordershops in Puttgarden (nach VIEREGG-RÖSSLER (2009, S. 38) betraf dies 2006 rund 33% aller Pkw-Transporte).

9 Mit Beschluss vom 27.1.2010 hat das Bundeskartellamt der Reederei aufgegeben, mit norwegischen Reedereien „[...] Modalitäten auszuhandeln, damit diese einen weiteren Fährdienst im Fährhafen von Puttgarden einrichten können, um gegenüber Scandlines auf der Strecke Puttgarden-Rødby in Wettbewerb treten zu können“ (Beschluss der 9. Beschlussab- teilung des Bundeskartellamtes).

10 Die deutsche Seeschifffahrtstatistik weist im Detail andere, in der Dimension aber ähnliche Werte aus.

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Tab. 25: Internationale Fährtransporte, Rødby-Puttgarden, 1990 – 2009 Fracht Lkw (mit und Passagiere, Fahrzeuge Schiene Pkw Bus ohne Anhä- 1.000 Straße 1.000 Ton- nger) nen 1990 7.774 1.382.600 1.173.700 36.800 172.100 3.231 1991 7.995 1.456.300 1.209.100 40.000 207.200 3.408 1992 8.070 1.379.588 1.128.160 42.581 208.847 3.586 1993 7.249 1.193.816 965.040 37.387 191.389 3.625 1994 6.945 1.202.091 943.928 37.613 220.550 4.387 1995 6.613 1.190.311 917.590 35.481 237.240 4.329 1996 6.183 1.192.382 924.187 34.953 233.242 3.589 1997 5.975 1.223.095 932.870 35.309 254.916 1.364 1998 5.850 1.213.773 915.538 33.889 264.346 0 1999 5.617 1.282.073 991.644 31.238 259.191 0 2000 5.430 1.470.728 1.159.989 30.575 280.164 0 2001 6.028 1.663.716 1.357.386 32.066 274.264 0 2002 6.508 1.896.398 1.586.644 34.673 275.081 0 2003 6.421 1.885.889 1.574.369 33.038 278.482 0 2004 6.744 2.064.734 1.734.676 34.224 295.834 0 2005 6.761 2.125.197 1.777.015 32.463 315.719 0 2006 6.789 2.153.569 1.774.270 32.606 346.693 0 2007 7.058 2.278.590 1.858.261 32.531 387.798 0 2008 6.756 2.177.338 1.776.824 30.152 370.362 0 2009 6.305 2.009.467 1.667.080 27.993 314.394 0 Index 1990 – 81 145 142 76 183 - 2009 pro Tag 17,3 5.505 4.567 77 861 0 Quelle: Statistics Denmark (SKIB 32), eigene Berechnungen

Die Eröffnung der Querung über den Großen Belt im Jahr 1998 hat zu einem Wegfall des Ei- senbahngüterverkehrs geführt, auf die übrigen Verkehrszahlen über den Fehmarnbelt aber keinen unmittelbar sichtbaren Einfluss gehabt. Eisenbahngüterverkehr findet also auf der Fehmarnbeltstrecke seit 1997 nicht mehr statt (Abb. 29).

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Abb. 29: Puttgarden am 31.05.1997 (letzter Tag des Güterverkehrs) Quelle: www.kuestenbahn.de, Foto: S. Ullrich Über die Nutzerstruktur der Fährverbindung liegen einige Daten vor. Eine Befragung, die von Januar bis Mai 2006 an Bord durchgeführt wurde (OHT/SCANDLINES 2006), brachte folgen- de Strukturerkenntnisse:

Tab. 26: Strukturmerkmale der Fährbenutzer Merkmal Verteilung

Modal Split Pkw: 76%, Fußgänger: 7%, Bus: 6%, Bahn: 2%, Wohnmobil: 2% Reisegruppe Alleine: 4%, zu zweit: 44%, drei und mehr Personen: 50% Reiseanlass (Mehrfachnennungen) Einkaufsfahrt: 56%, Urlaub > 4 Tage: 14%, Kurzurlaub (2-4 Ta- ge): 11%, Tagesausflug: 9%, Besuch: 5%, Geschäftsreise: 4% Nutzungsfrequenz Scandlines-Fähren p.a. Einmal: 6%, 2-4 Mal: 45%, 5 Mal und mehr: 46% Interesse an günstigen Kurzreisen Ost- Ja: 88% seeküste S-H Günstige Urlaubszeiten Ostsee S-H Sommer: 50%, Frühjahr: 20%, Herbst: 12%, Winter 1%, ganzjäh- (Mehrfachnennungen) rig: 31% Kurzreiseninteresse (Mehrfachnennungen) Shopping: 48%, Gourmet: 47%, Städtetrip: 41%, Aktivurlaub: 33%, Wellness: 32%, Kultur: 24%, Event: 17% Herkunftsland des Befragten Dänemark: 39%, Schweden: 14%, Deutschland: 5% (Rest: 43%) Quelle: OHT/SCANDLINES 2006

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Gestützt auf Befragungen der Fährreederei Scandlines auf der Vogelfluglinie schätzen Breitzmann & Lüsch (2007, S. 34), dass ein Drittel der Pkw-Reisenden die Fährüberfahrt als Rast nutzen.

Genauere Daten zur touristischen Nutzung der Fährverbindung liegen derzeit nicht vor. Inte- ressierende Effekte dabei wären insbesondere:

a) Funktion der Fähre als Transporteur von Urlaubsreisenden von Deutschland nach Dä- nemark bzw. Skandinavien und Wirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung als Kataly- sator (steigende Wettbewerbsbeziehung) b) Funktion der Fähre als Transporteur von Urlaubsreisenden von Dänemark bzw. Skan- dinavien in die Region und Wirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung als Katalysator (Erschließung neuer Quellmärkte) c) Funktion der Fähre als Transporteur von Durchgangsreisenden (Region als Rastplatz und Einkaufsmöglichkeit) von Dänemark bzw. Skandinavien in die Region und Wir- kung einer Festen Fehmarnbeltquerung als Katalysator (Erschließung neuer Quell- märkte) d) Funktion der Fähre als Transporteur von Einkaufstouristen als Tagestouristen von Dä- nemark bzw. Skandinavien in die Region und Wirkung einer Festen Fehmarnbeltque- rung als Katalysator (Erschließung neuer Quellmärkte).

Die dänische Fährstatistik gibt recht präzise Auskunft über die Saisonalität der Fährpassagen. Demnach sind über alle betrachteten Jahre (2000-2008) die Monate Juni, Juli und August die aufkommensstärksten Monate, sie machen im Mittel mehr als 40% der Passagiere und Pkw aus und zeigen eine sehr deutliche Spitze im Monat Juli (Tab. 27). Hier dürften insbesondere die Samstage deutliche Verkehrsspitzen aufweisen, weil dies die traditionellen Bettenwechsel- tage vor allem in den dänischen Tourismusgebieten sind. Im Busverkehr ist ebenfalls ein er- höhtes Sommeraufkommen festzustellen, während beim Lkw-Verkehr eine sehr gleichmäßige Jahresverteilung zu sehen ist.

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Tab. 27: Monatsverteilung der Verkehrswerte auf der Fähre über den Fehmarnbelt 2000 – 2008 Mittel Passagiere Pkw Busse Lkw 2000- Anzahl (in Index Anzahl Index Anzahl Index Anzahl Index 2008 Tsd.) (Mittel = 100) (Mittel = 100) (Mittel = 100) (Mittel = 100) Jan 270 50 67.857 50 1.333 49 25.432 97 Feb 353 65 80.626 60 1.989 73 24.799 95 Mrz 386 71 96.534 71 2.118 78 27.582 105 Apr 496 92 120.316 89 2.910 107 25.985 99 Mai 529 98 131.269 97 3.079 114 26.965 103 Jun 681 126 175.738 130 3.422 126 26.861 103 Jul 1.207 223 303.952 225 4.500 166 24.089 92 Aug 846 156 216.609 160 3.410 126 25.536 98 Sep 490 90 120.391 89 3.015 111 26.499 101 Okt 496 92 121.825 90 2.514 93 28.267 108 Nov 363 67 93.305 69 1.995 74 27.913 107 Dez 383 71 93.739 69 2.195 81 23.895 91 Mittel 542 100 135.180 100 2.707 100 26.152 Quelle: Eigene Berechnungen mit Daten von Statistics Denmark

Legt man die in Abschnitt 1 dargestellten Verkehrsprognosen zugrunde, so lässt sich grob eine Verdoppelung (+96%) des Verkehrsaufkommens erwarten (Tab. 28).

Tab. 28: Verkehrsvolumen über den Fehmarnbelt 2008 und 2025 Fähre (2008) 2025 (nach Ramp-up-Phase) durchschn. Anzahl pro durchschn. Anzahl Veränderung gegenüber Veränderung gegenüber

Tag pro Tag 2008 absolut 2008 in % Pkw 4.868 9.694 +4.826 +99% Busse 83 153 +70 +84% Lkw 1.015 1.836 +821 +81% Gesamt 5.966 11.683 +5.717 +96% Quellen: Statistics Denmark, Femern A/S, eigene Berechnungen

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2.2.2.2 Sportbootverkehr Die Datenlage ist für diesen Verkehr statistisch nur schlecht greifbar. Einzige aktuelle Auskunft ist aus dem Standortkonzept Sportboothäfen (PLANCO 2008) zu entnehmen. Danach beträgt der Anteil der ausländischen Bootsübernachtungen im Revier Fehmarn bzw. Storstrøm zwi- schen 8% und 11%.

Tab. 29: Bootsübernachtungen Fehmarn und Storstrøm 2007 Bootsübernachtungen 2007 Fehmarn in % Storstrøm in %

Insgesamt 52.951 100% 171.315 100% davon aus Deutschland 48.710 92% 19.460 11% davon nicht aus Deutschland 4.241 8% 151.855 89% Quelle: PLANCO 2009, Tab. 26 und Tab. 28

2.2.3 Verkehr durch den Fehmarnbelt Der Schiffsverkehr durch den Fehmarnbelt trägt zwar nicht unmittelbar zur Erreichbarkeit der Untersuchungsregion bei, ist aber für einige Aspekte der Effektabschätzung relevant.

Daten zum Schiffsverkehr im Bereich des Fehmarnbelt werden von einer Reihe von Institutio- nen gesammelt und aufbereitet und seitens des Projektträgers in regelmäßigen Abständen zusammengefasst (Information von Femern A/S, Januar 2011)

Unmittelbar durch den Fehmarnbelt verläuft die sogenannte „T-Route“, die ostwärts den aus dem Nord-Ostsee-Kanal und der Kieler Förde resultierenden Verkehr („Kiel-Ostsee-Route“) und den aus dem Großen Belt resultierenden Verkehr („H-Route“ und „T-DW-Route“) bündelt.

Auf dieser T-Route wurden 2009 37.300 Schiffsbewegungen von Fahrzeugen mit mehr als 300 BRT (AIS-Daten) registriert. In den Vorjahren (2007, 2008) wurden jeweils mehr als 45.000 Schiffsbewegungen registriert. 23,6% der registrierten Schiffsbewegungen waren Tankschiffe. Der Schiffsverkehr auf der T-Route ist im Großen und Ganzen sowohl hinsichtlich der Monatsverteilung (über das Jahr) als auch der Stundenverteilung (über den Tag) recht homogen. Im Durchschnitt durchfährt alle 12 Minuten ein größeres Schiff (ab 300 BRT) den Fehmarnbelt in die eine oder andere Richtung.

Zu den 45.000 Schiffsbewegungen von Fahrzeugen mit mehr als 300 BRT (AIS-Daten) sind rund 5.500 weitere Bewegungen kleinerer Fahrzeuge zu addieren.

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Abb. 30: Verkehrsintensität der Hauptschifffahrtsrouten auf Grundlage der Erfassung von AIS-Daten Information von Femern A/S, Januar 2011 Insgesamt hat die Zahl der Schiffsbewegungen in der gesamten Ostsee nach Auswertungen der HELSINKI COMMISSION allein im Zeitraum 2006 bis 2008 um mehr als 20% zugenom- men (HELCOM 2009). Der zunehmende Schiffsverkehr hat auch eine Zunahme der Schiffs- unglücke zur Folge: 2008 verzeichnete HELCOM 135 Schiffsunfälle, von denen neun eine Verschmutzung der Umwelt zur Folge hatten.

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Besonders gefürchtet sind Tankerunfälle, da die Gefahr besteht, dass das Austreten von La- dung zu erheblichen Umweltverschmutzungen beiträgt:

Die von derartigen Unfällen ausgehenden Gefahren für die Umwelt werden als er- heblich eingestuft. Die ökologischen Auswirkungen bei einem größeren Schiffsun- fall wären für das ohnehin stark vorbelastete Ökosystem der Ostsee sehr kritisch. Eine auch nur annähernde Regeneration insbesondere in den flachen und damit besonders empfindlichen Gewässerbereichen würde Jahre bis Jahrzehnte benöti- gen. (LANDTAG 2007, S. 1)

Die Zahl der Passagen beladener Tanker etwa im Großen Belt hat sich im Zeitraum 2000 (1.849) bis 2007 (4.434) mehr als verdoppelt (HELCOM 2009, S. 8). Von bisherigen Tanker- unglücken war auch die Region Fehmarnbelt betroffen.

Abb. 31: Unglücke mit Beteiligung von Tankschiffen, 2000-2008 Quelle: HELCOM 2009b, S. 12

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2.2.4 Straßenverkehr im Untersuchungsraum Für den Untersuchungsraum liegen detaillierte Straßenverkehrsdaten vor, die von WASSER- UND VERKEHRSKONTOR (2010) im Zusammenhang mit dem vierstreifigen Ausbau der B 207 zwischen Heiligenhafen Ost und Puttgarden (Hinterlandanbindung Fehmarnbeltquerung) zusammengestellt und aufbereitet wurden.

Für den Zeitraum 1995 bis 2005 zeigen die im Untersuchungsraum gelegenen Zählstellen einen unterschiedlichen Verlauf.

Tab. 30: Verkehrsmengen im Untersuchungsraum

DTV (Kfz/Tag) Index 1995- 1995 2000 2005 2005 B 207 Fehmarn Nord (zwischen An- 5.120 5.452 5.688 111 schluss L 209 und Puttgarden) B 207 Fehmarn Süd (zwischen 12.915 13.408 13.743 106 Fehmarnsund und Anschluss L 217) B 207 Nord 11.834 12.564 13.463 114 Quelle: WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010, S. 12

Das Gutachten beschreibt (S. 14), dass 21% des in Puttgarden ankommenden Verkehrs im Raum Fehmarn, Heiligenhafen, Oldenburg bleibt und der Rest (79%) dem Durchgangsverkehr zuzurechnen ist.

Für die touristische Bewertung der Verkehrsmenge ist neben den Jahresdurchschnittswerten auch die zeitliche Verteilung relevant. Als Referenz wird für die Zählstelle „B 207 Fehmarn Süd“ das Mittel der Jahre 2002-2008 genutzt.

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Tab. 31: Monatsverteilung der Verkehrswerte an der Dauerzählstelle 1131 (B 207, Fehmarnsundbrücke) im Mittel der Jahre 2002-2008 Personen- und Güterverkehr ohne Lkw (Schwerverkehr) Schwerverkehr DTV DTV Index (Mittel = Index (Mittel = Mittel 2002-2008 (Fahrzeuge (Fahrzeuge 100) 100) in 24 h) in 24 h) Jan 6.757 57 1.342 70 Feb 7.669 64 1.506 78 Mrz 9.006 75 1.682 87 Apr 11.484 96 1.799 93 Mai 13.773 115 2.005 104 Jun 14.535 122 2.197 114 Jul 20.535 172 2.721 141 Aug 19.328 162 2.638 137 Sep 13.239 111 2.150 111 Okt 11.672 98 1.959 101 Nov 7.760 65 1.892 98 Dez 7.489 63 1.275 66 Mittel 11.937 100 22.880 100 Quelle: Eigene Berechnungen nach Zählwerten des LBV S-H

Es wird deutlich, dass der Lkw-Verkehr über das Jahr ausgeglichener verläuft als der Pkw- Verkehr, aber auch eine klare Spitze in den Sommermonaten aufweist. Der Pkw-Verkehr er- reicht seinen Höhepunkt in den Sommermonaten Juli und August mit DTV-Werten von in vie- len Jahren mehr als 20.000 Fahrzeugen pro Tag. Diese Monate liegen damit in der Regel mehr als 70% über dem Jahresmittel.

WASSER- UND VERKEHRSKONTOR (2010, S. 44) ermitteln einen sogenannten „Ferienfak- tor“ von 1,7 (B 207 zwischen Großenbrode und Heiligenhafen Ost) bis 1,9 (B 207 zwischen Fährverbindung und Puttgarden). Der Ferienfaktor beschreibt das Verhältnis zwischen der Verkehrsmenge an einem Normalwerktag und an einem Urlaubswerktag.

Die zukünftig zu erwartenden Verkehrsmengen (inklusive einer Differenzierung zwischen Null- fall und Planfall) wurden bereits in Abschnitt 1.2.4.2 dargestellt. Die Untersuchung ergab, dass durch die Feste Fehmarnbeltquerung nur eine Steigerung der Verkehre auf der Bundesstraße B 207 erfolgt, jedoch keine Verlagerung ins nachgeordnete Straßennetz.

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2.3 Touristische Nachfrage

2.3.1 Überblick über die touristische Nachfrage Die gesamte touristische Nachfrage im Untersuchungsraum besteht aus mehreren klar ab- grenzbaren Segmenten. Allerdings sind die Informationen für diese Segmente nur in stark unterschiedlicher Qualität verfügbar. So liegen beispielsweise für die Übernachtungsgäste in Beherbergungsbetrieben und auf Campingplätzen recht umfangreiche Befragungsergebnisse vor (NIT 2006a, 2007, 2009), während Informationen über Tagesgäste in deutlich geringerem Umfang vorliegen. Im Zuge des Gutachtens wurde eine eigene Gästebefragung auf Fehmarn und in Großenbrode durchgeführt. Deren Ergebnisse sind hier, soweit sie Strukturdaten der Nachfrage betreffen, integriert.

Die wesentlichen Volumenkennziffern der touristischen Nachfrage im Untersuchungsraum sind in den folgenden beiden Tabellen überblicksartig dargestellt und werden in den folgenden Unterabschnitten ausführlicher erläutert.

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Tab. 32: Übernachtungen 2009 im Untersuchungsraum Großen- Übernachtungen (Aufenthaltstage) Fehmarn Gesamt Quellen brode

Beherbergungsbetriebe (herkömmliche Hotellerie) 58.784 12.826 71.610 a) Beherbergungsbetriebe (Parahotellerie) 1.447.174 166.172 1.613.346 a) Besucher bei Verwandten und Bekannten 124.243 20.323 144.566 b) Jugendherbergen 25.795 0 25.795 c) Touristik-Camping 789.387 29.814 819.201 a) Dauercamping 601.012 67.900 668.912 d) Wohnmobil 87.589 10.920 98.509 d) Kliniken & Sanatorien 30.293 38.681 68.974 e) Zweitwohnsitze 292.200 149.800 442.000 f) Segel-/Sportboote, Gastlieger 68.186 14.732 82.918 g) Segel-/Sportboote, Dauerlieger 54.724 51.081 105.805 g) Gesamt 3.579.387 562.249 4.141.636 Darin: klassische Urlauber (ohne Dauercamper, Dauerlie- ger, Zweitwohnungsinhaber, Besucher bei Verwandten 2.507.208 273.145 2.780.353 und Bekannten) Darin: Dauercamper, Dauerlieger, Zweitwohnungsinhaber, Besucher bei Verwandten und 1.072.179 289.104 1.361.283 Bekannten Nachrichtlich: in Beherbergungsbetrieben > 8 Betten und 1.747.087 156.072 1.903.159 h) auf Campingplätzen (Durchgangscamping), 2009 Quellen: a) Hochrechnung auf Basis Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein b) Hochrechnung auf Basis DWIF 2005 c) DJH Nordmark d) Hochrechnung auf Basis DTV 2004 e) Hochrechnung aus Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein und Unternehmensangaben (daher keine Auslastungsberechnung anhand der oben angegeben Kapazitätswerte möglich) f) Hochrechnung auf Basis der Gemeindeangaben g) Hochrechnung auf Basis PLANCO 2008 h) Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein

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Zur Abschätzung des Tagesreisenvolumens wird im Wesentlichen auf die Ergebnisse der Be- sucherbefragung 2009 zurückgegriffen und um das Segment „Shoppingtouristen“ erweitert, das in der Besucherbefragung aus methodischen Gründen nicht adäquat berücksichtigt wer- den konnte.

Tab. 33: Tagesausflüge 2009 in die Untersuchungsregion Fehmarn Großenbrode Gesamt Tagesausflüge vom Wohnort 477.541 86.880 564.421 Tagesausflüge vom Urlaubsort 462.500 92.624 555.124 Event-Besucher 65.000 14.000 79.000 Zwischensumme 1.005.041 193.504 1.198.545

Shopping-Tagestouristen aus Skandina- 1.000.000 bis 0 1.000.000 bis vien 1.200.000 1.200.000 Eigene Zusammenstellung

Zur Abschätzung des Tagesgästevolumen und zur Diskussion der Ergebnisse vgl. insbeson- dere Abschnitt 2.6.1.1 (S. 152), zur Herleitung des Volumens der Shopping-Touristen vgl. Ab- schnitt 2.3.8 (S. 130).

2.3.2 Übernachtungstourismus in Beherbergungsbetrieben 2.3.2.1 Aktuelle Nachfrage Für den Übernachtungstourismus in Beherbergungsbetrieben liegen verschiedene Datenquel- len vor. Neben der Beherbergungsstatistik des Statistischen Amtes für Hamburg und Schles- wig-Holstein sind dies vor allem die Gästebefragungen des N.I.T. aus den Jahren 2006 und 2009.

Die Abschätzung der Nachfragevolumina für 2009 basiert auf den bekannten Kapazitäten (vgl. Tab. 10, S. 60) und den ebenfalls bekannten durchschnittlichen Bettenauslastungsquoten der Region.

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Tab. 34: Nachfragevolumen Hotellerie und Parahotellerie Kapazität (Betten) ÜN/Bett Übernachtungen Kategorie Fehmarn Großenbrode Gesamt Fehmarn Großenbrode Gesamt

Herkömmliche 440 96 536 133,6 58.784 12.826 71.610 Hotellerie Parahotellerie: 1.688 0 1.688 144,9 244.591 0 244.591 Ferienzentren Parahotellerie: 13.497 1.865 15.362 89,1 1.202.583 166.172 1.368.754 Sonstige Quellen: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein (Auslastung in der Hotellerie im Reisegebiet Ostsee 2009) und ergänzende Informationen, Betreiberangaben

2.3.2.2 Entwicklung der Nachfrage Trotz des eingeschränkten Indikationsbereiches (nur Betriebe mit mehr als acht Betten wer- den von der Statistik erfasst) ist die amtliche Beherbergungsstatistik unter zwei Aspekten die einzig verfügbare Datenquelle: Zum einen erlaubt sie relativ lange Zeitreihen der Nachfragen- entwicklung, zum anderen gibt sie konkrete Auskunft über die Herkunft ausländischer Gäste.

Bei der Betrachtung der Zeitreihen auf Basis der amtlichen Beherbergungsstatistik lässt sich zum einen feststellen, dass Großenbrode seit 1981 sowohl bei der Zahl der Gäste als auch bei der Zahl der Übernachtungen deutliche Verluste hinnehmen musste (-14% bzw. -35%), während Fehmarn im gleichen Zeitraum deutlich zulegen konnte (+69% bzw. +30%, vgl. Tab. 35 und Tab. 36). Betrachtet man die Daten für Fehmarn detailliert, so zeigt sich, dass insbe- sondere die Landgemeinden starke Zuwächse verzeichneten, während sich in Burg Rückgän- ge bei Gäste- und Übernachtungszahlen verzeichnen lassen. Da die Beherbergungsstatistik nur einen Teil der tatsächlichen Beherbergungskapazität abbildet, ist zu vermuten, dass die reale Diskrepanz noch größer ausfällt: Gerade in den Landgemeinden wurden in der Vergan- genheit Kapazitäten auf Bauernhöfen und im klein strukturierten Beherbergungsgewerbe auf- gebaut, die sich in der amtlichen Beherbergungsstatistik nicht niederschlagen.

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Tab. 35: Gäste in Betrieben mit mehr als acht Betten und auf Campingplätzen 1981-2010 Gäste Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- Großenbrode Fehmarn Burg (Betriebe > 8 B.) Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn 1981 2.960.464 690.540 16.286 99.976 14.710 4.767 75.667 4.832 1991 4.037.262 916.478 18.256 121.026 36.995 10.590 63.306 10.135 2001 4.344.310 984.941 13.955 141.011 32.375 17.056 64.997 26.583 2010 5.187.331 1.070.837 14.019 169.164 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2010 128 117 77 140 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2010 175 155 86 169 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 147 143 86 141 220 358 86 550 Gäste Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- (nur Ur- Großenbrode Fehmarn Burg Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn laubscamping) 1981 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 1991 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2001 k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. k.A. 2009 783.931 314.925 15.002 147.119 k.A. k.A. k.A. k.A. Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

Tab. 36: Übernachtungen in Betrieben mit mehr als acht Betten und auf Campingplätzen 1981-2010 Übernachtungen Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- Großenbrode Fehmarn Burg (Betriebe > 8 B.) Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn 1981 17.648.295 5.324.314 179.519 705.407 98.214 28.677 542.928 35.588 1991 20.730.477 6.174.123 182.028 907.042 190.291 94.331 525.114 97.306 2001 20.892.920 5.772.756 142.061 1.057.806 239.050 132.873 407.687 278.196 2010 21.371.962 5.399.326 119.640 918.815 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2010 103 87 64 101 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2010 121 101 67 130 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 118 108 79 150 243 463 75 782 Übernachtungen Schleswig- Kreis Bannes- Land- West- (nur Ur- Großenbrode Fehmarn Burg Holstein Ostholstein dorf kirchen fehmarn laubscamping) 1981 2.775.805 1.270.349 k.A. 714.911 165.674 307.337 k.A. 241.900 1991 3.100.394 1.498.575 k.A. 818.219 194.720 336.270 k.A. 287.228 2001 2.400.306 1.133.583 k.A. 712.974 116.580 394.527 k.A. 201.867 2009 3.086.631 1.353.181 29.814 789.387 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1991-2009 100 90 k.A. 96 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2009 111 107 k.A. 110 k.A. k.A. k.A. k.A. Index 1981-2001 86 89 k.A. 100 70 128 k.A. 83 Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

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Tab. 37: Entwicklung der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten, Index: 1981 = 100 Übernach- Schleswig- Kreis Großen- Fehmarn Bannes- Land- Burg a. F. West- tungen Holstein Osthol- brode dorf a. F. kirchen fehmarn stein a. F.

1981 100 100 100 100 100 100 100 100

1982 96 98 95 91 102 119 86 103

1983 94 95 89 88 111 138 80 101

1984 93 93 84 87 104 141 81 80

1985 92 92 70 95 122 222 83 104

1986 97 94 72 94 139 210 79 104

1987 97 95 96 97 133 221 82 119

1988 97 96 96 104 144 204 90 135

1989 100 101 94 103 148 247 84 163

1990 110 109 101 117 183 303 86 258

1991 117 116 101 129 194 329 97 273

1992 125 120 114 130 211 362 93 274

1993 125 120 116 134 204 423 94 318

1994 122 117 109 134 214 426 92 337

1995 125 115 99 133 220 433 85 374

1996 122 112 102 135 256 443 77 442

1997 118 109 86 132 237 487 75 427

1998 116 106 92 139 238 450 73 614

1999 116 106 87 141 234 445 73 674

2000 118 110 84 150 241 442 74 823

2001 118 108 79 150 243 463 75 782

2002 116 108 77 156 255 466 76 858

2003 117 106 76 149

2004 113 99 61 142

2005 113 99 62 139

2006 115 99 63 135

2007 119 101 67 131

2008 119 99 73 129

2009 120 101 70 136

2010 121 101 65 130 Datenquelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

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2.3.2.3 Nachfrageentwicklung im Verhältnis zur Kapazitätsentwicklung Bezieht man die Übernachtungsentwicklung auf die Kapazitätsentwicklung (Tab. 38), so zeigt sich eine tendenziell recht gute Übereinstimmung von Kapazitäts- und Nachfrageentwicklung. Allerdings sind auf Fehmarn die Kapazitäten schneller gewachsen als die Nachfrage, während in Großenbrode die Nachfrage etwas weniger stark zurückging als die Kapazitäten, was in einer leicht verbesserten Auslastung resultieren müsste.

Tab. 38: Betten- und Übernachtungsentwicklung seit 1981 in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten Fehmarn Großenbrode Index: 1981 = 100 Betten Übernachtungen Betten Übernachtungen

1981 – 1991 116 129 97 101 1981 – 2001 146 150 78 79 1981 – 2010 153 130 61 65 Datenquelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

2.3.2.4 Saisonalität der Übernachtungsnachfrage Die Saisonalität in der Untersuchungsregion ist ausgeprägt (Tab. 39): Während in den Mona- ten Juli und August mehr als das doppelte Volumen des Nachfrage-Jahresmittels auftreten, ist in den Wintermonaten (November bis Februar) nur jeweils weniger als ein Drittel des Jahres- mittels zu verzeichnen.

Tab. 39: Saisonalität der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als 8 Betten Basis: Beherbergungsbetriebe > 8 Betten, Fehmarn Großenbrode Gesamt ohne Camping

Jan 17 7 15 Feb 13 17 14 Mrz 43 63 45 Apr 78 93 80 Mai 122 131 123 Jun 148 152 149 Jul 252 224 249 Aug 240 217 237 Sep 122 147 125 Okt 121 114 120 Nov 25 30 26 Dez 20 5 18 Jahresmittel 100 100 100 Datenquelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, eigene Berechnungen

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Die Beherbergungsstatistik gibt auch Auskunft über die Herkunftsländer der Übernachtungs- gäste. Detailliertere Angaben zu den relevanten Quellmärkten Dänemark und Schweden fin- den sich in Abschnitt 2.5, S. 138.

2.3.3 Übernachtungsnachfrage auf Campingplätzen Auf Campingplätzen werden sowohl Durchgangs- als auch Dauercamper beherbergt. Durch- gangscamper (auch Urlaubs- oder Touristikcamper) bleiben in der Regel wenige Tage oder Wochen, Dauercamper hingegen in der Regel mindestens für eine Saison.

Die Zahl der Durchgangscamper („Touristik-Camping“) lässt sich der amtlichen Beherber- gungsstatistik entnehmen und um die Stellplatzanteile für Wohnmobile bereinigen.

Tab. 40: Nachfragevolumen Touristik-Camping Fehmarn Großenbrode

Durchgangsstellplätze 3.092 172 Übernachtungen lt. amtlicher Beherbergungsstatistik 789.387 29.814 (2009) Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein

Das Nachfragevolumen der Dauercamper wird in der amtlichen Beherbergungsstatistik nicht berichtet. Daher haben wir die in der Grundlagenstudie Campingtourismus (DTV 2004, S. 38) dokumentierte durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 194 Nächten pro Stellplatz für die Be- rechnung zugrunde gelegt.

Tab. 41: Nachfragevolumen Dauercamping Fehmarn Großenbrode Gesamt

Dauerstellplätze 3.098 350 3.448 Durchschnittl. Belegung (Nächte pro Jahr, DTV 2004) 194 194 Übernachtungen (geschätzt) 601.012 67.900 668.912 Eigene Berechnung

Zur Nachfragestruktur der Campinggäste liegen Daten aus der Gästebefragung 2006 vor (NIT 2006a). Demnach kommen Campinggäste überdurchschnittlich oft aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen, sind eher älter und der Insel Fehmarn ausgesprochen treu (22% waren bereits mehr als 20 Mal auf der Insel). Die Camper sind ausgesprochen sparsam, 90% der befragten Camper gaben höchstens 25 Euro pro Tag und Person aus.

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2.3.4 Sportboothäfen Auch in Sportboothäfen kann nach Durchgangsgästen („Gastliegern“) und Dauerliegern unter- schieden werden.

Zur Ermittlung der Übernachtungszahl bei Gastliegern wurden die bekannten Kapazitäten mit der von PLANCO (2008) ermittelten Belegung von 61 Bootsübernachtungen à 2,3 Personen multipliziert.

Tab. 42: Abschätzung des Übernachtungsaufkommens der Gastlieger Fehmarn Großenbrode Gesamt

Gastliegeplätze 486 105 591 Bootsübernachtungen p.a. 61 61 Bootsbelegung (Personen) 2,3 2,3 Übernachtungen 68.186 14.732 82.918 Quelle: Eigene Schätzung nach Daten von PLANCO 2008

Für die Zahl der Übernachtungen am Dauerliegeplatz gibt es keine konkreten Daten (während eines Segeltörns mit Übernachtung außerhalb des Liegehafens wird der Dauerlieger ja am Zielhafen zum Gastlieger und also dort gezählt, sofern der Zielhafen im Untersuchungsraum liegt). Daher ist hier nur eine grobe Abschätzung des Übernachtungsaufkommens möglich. Dazu ist es zunächst notwendig, das Törnverhalten der Dauersegler zu kennen. Dabei helfen Basisdaten aus einer Befragung der Christian-Albrechts-Universität Kiel (von Rohr & Heinisch 2008). Die Segler unternehmen pro Jahr durchschnittlich 1,5 lange Törns mit einer Dauer von durchschnittlich 22 Tagen sowie durchschnittlich geschätzt rund 8 kurze Törns von 2-4 Tagen Dauer sowie rund 15 Tagestörns pro Jahr, insgesamt also rund 25 Törns pro Jahr (von Rohr & Heinisch 2008, Abb. 3-20 – 3-23). Nimmt man ferner an, dass jeder Törn zu durchschnittlich einer Übernachtung im Heimathafen führt und zudem jeder vierte Besuch am Boot nicht zum Zweck eines Segeltörns unternommen wird (von Rohr & Heinisch 2008, S. 45), so ergeben sich rund 33 Bootsübernachtungen am Dauerliegeplatz bei einer durchschnittlichen Bootsbe- setzung von 2,3 Personen.

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Tab. 43: Abschätzung des Übernachtungsaufkommens der Dauerlieger am Dauerliegeplatz Fehmarn Großenbrode Gesamt

Dauerliegeplätze 848 708 1.556 darin Einwohner 15% 5% Rest: Dauerliegeplätze von Auswärtigen 721 673 1.394 Bootsübernachtungen p.a. 33 33 Bootsbelegung (Personen) 2,3 2,3 Übernachtungen 54.724 51.081 105.805 Quelle: Eigene Schätzung auf Basis von Rohr & Heinisch 2008

Die Segelnachfrage tritt im Allgemeinen nur während der Sommersaison auf, von gelegentli- chen Reparatur- oder Pflegebesuchen in der Winterzeit einmal abgesehen.

Touristisch relevant sind dabei allerdings nicht alle Liegeplatzinhaber, denn ein recht großer Anteil kommt aus der unmittelbaren Umgebung (Abb. 32). Daher wurden in der Volumenab- schätzung die geschätzten unmittelbaren Einwohneranteile in Abzug gebracht.

Abb. 32: Herkunftsstruktur der Dauerlieger in ausgewählten Häfen Quelle: PLANCO 2008, S. 79

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Zur weiteren demographischen und segelspezifischen Strukturierung sei auf die Untersuchun- gen von Plassmeier (2005), DWIF (2005a), von Rohr & Heinisch (2008) und PLANCO (2008) verwiesen.

2.3.5 Verwandten- und Bekanntenbesuche Der Besuch von Verwandten und Bekannten geht oftmals nicht mit der Übernachtung in Be- herbergungsbetrieben einher. Dieser sogenannte VFR-Tourismus (Visiting Friends and Relati- ves) ist zwar statistisch sehr schwer abschätzbar, gleichwohl aber ökonomisch relevant.

Vorhandene Datenquellen führen zu stark unterschiedlichen Ergebnissen. Auf Basis der Er- gebnisse des Deutschen Reisemonitors leitet die DZT (2009a) für 2008 einen VFR-Anteil aller Reisen (ab einer Übernachtung) in Deutschland von rund 46% ab. Geht man davon aus, dass die überwiegende Zahl dieser Reisen auch mit einer Übernachtung bei Freunden und Ver- wandten einhergeht, so lässt sich anhand der ansonsten bekannten Übernachtungszahlen im Untersuchungsraum (ohne Dauercamper und Dauersegler) die Zahl der VFR-Reisen hoch- rechnen. Bezogen auf die bekannte Zahl der Übernachtungen klassischer Urlauber wäre dies ein Volumen von mehr als 2 Mio. Übernachtungen bei Verwandten und Bekannten. Dies ent- spräche angesichts einer Einwohnerzahl im Untersuchungsraum von 15.059 einer Zahl von 137 Übernachtungen pro Einwohner. Dieser Wert ist unplausibel hoch und berücksichtigt die in der Untersuchungsregion überdurchschnittlich hohe Fremdenverkehrsintensität nicht.

Als weitere Datenquelle zieht DWIF (2005b) nicht näher spezifizierte „Haushaltsbefragungen“ heran und berechnet für das Reisegebiet Ostsee ein Volumen von 7,2 Mio. Übernachtungen bei Bekannten und Verwandten. Im Verhältnis zu dort ausgewiesenen 752.701 Einwohnern ergibt sich ein Verhältnis von rund 9,6 Übernachtungen pro Einwohner. Hochgerechnet auf die Einwohnerzahl der Untersuchungsregion ergibt sich ein Übernachtungsvolumen von 144.566 Übernachtungen.

2.3.6 Freizeitwohnsitze Die touristische Nachfragestruktur in Zweitwohnsitzen ist statistisch schlecht erfasst und be- wegt sich im Allgemeinen an der Grenze zwischen Touristen und Einwohnern.

Zweitwohnungen werden aus verschiedenen Gründen gehalten, insbesondere zu beruflichen Zwecken (weil die Hauptwohnung nicht aufgegeben werden soll), zum Zweck der dauerhaften Vermietung oder zu touristischen Zwecken. Wird eine Zweitwohnung aus beruflichen Gründen vorgehalten (und wohnt der Ehe- oder Lebenspartner in einer anderen Gemeinde), so wird keine Zweitwohnungssteuer erhoben.

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Tab. 44: Zweitwohnungsobjekte Stadt Fehmarn 2009 Beschreibung Anzahl Anteil Bemerkung

Zweitwohnungsobjekte 2.726 100% davon steuerpflichtig 1.461 54% davon regelmäßig an Feriengäste vermietet 706 26% Durchschnittlich 108 Belegungstage p.a. davon Vermietung an Einheimische 389 14% davon berufliche Nutzung 18 1% davon ohne Nutzung oder k.A. 152 6% Quelle: Auskunft der Stadt Fehmarn

Nach Auskunft der Stadt Fehmarn sind von den insgesamt 2.716 Zweitwohnungsobjekten der Insel 1.461 (54%) steuerpflichtig, die übrigen werden beruflich genutzt oder dauerhaft vermie- tet. In Großenbrode gibt es nach Angabe der Gemeinde 749 steuerpflichtige Zweitwohnungen.

Tab. 45: Schätzung des Übernachtungsaufkommens in Zweitwohnungen Fehmarn Großenbrode Gesamt

Steuerpflichtige Zweitwohnsitze 1.461 749 2.210 Durchschnittliche Belegtage p.a. 100 100 Durchschnittliche Belegung (Personen) 2,0 2,0 Übernachtungen 292.200 149.800 442.000 Quelle: Auskünfte der Kommunen, eigene Berechnungen

Da für die Nutzungsfrequenzen selbstgenutzter Zweitwohnungen keinerlei statistische Infor- mationen vorliegen, haben wir in Anlehnung an die Daten für Dauerstellplätze auf Camping- plätzen rund 100 Belegtage à 2 Personen angenommen.

2.3.7 Tagestourismus Um das Volumen der Tagesgäste abzuschätzen, greifen wir zunächst die Verhältnisse aus der Besucherbefragung 2009 auf, beziehen diese auf die bekannten Aufenthaltstage der Über- nachtungsgäste und ermitteln so das Tagesgästevolumen, das dann anhand der ebenfalls aus der Besucherbefragung bekannten Verhältnisse von Wohnort- zu Urlaubsortausflüglern den jeweiligen Segmenten zugeordnet werden kann.

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Tab. 46: Ermittlung der Tagesgästezahl Abk. Fehmarn Großenbrode Gesamt

Auswahlbasis: Aufenthaltstage abs. in % abs. in % abs. in %

Anteil Übernachtungsgäste lt. %Ü 79,2% 75,8% 78,8% Befragung

Anteil Tagesgäste lt. Befragung %T 20,8% 24,2% 21,2%

Anzahl Übernachtungen (in ÜN 3.579.387 79,2% 562.249 75,8% 4.141.636 78,7% allen Unterkunftsarten)

Anteilsberechnung Tagesgäste: TG 940.041 20,8% 179.504 24,2% 1.119.545 21,3% ÜN * %T / %Ü Aufenthaltstage insgesamt AT 4.519.428 100,0% 741.753 100,0% 5.261.181 100,0% (ÜN + TG)

Durchschn. Aufenthaltsdauer der Übernachtungsgäste (lt. DA 11,6 15,6 12,1 Besucher-Befragung)

Anzahl Übernachtungsgäste ÜG 308.568 24,7% 36.042 16,7% 342.284 23,4%

Anzahl Tagesgäste TG 940.041 75,3% 179.504 83,3% 1.119.545 76,6% Anzahl Gäste insgesamt G 1.248.609 100,0% 215.546 100,0% 1.461.829 100,0% (ÜG+TG)

darin Wohnortausflügler 477.541 50,8% 86.880 48,4% 564.421 50,4%

darin Urlaubsortausflügler 462.500 49,2% 92.624 51,6% 555.124 49,6% Eigene Berechnung anhand der Ergebnisse der Besucherbefragung 2009

Es ist darauf hinzuweisen, dass diese Daten zwei wesentliche Tagesausflüglergruppen nicht beinhalten:

1. Einkaufstouristen aus Skandinavien, die nur an Grenzhandelsläden angetroffen wer- den können (dort wurde nicht befragt) 2. Eventbesucher, die gezielt und ausschließlich zu sportlichen oder anderen Großver- anstaltungen die Region besuchen (bei diesen Veranstaltungen wurde ebenfalls nicht befragt).

Nach traditionellen Hochrechnungsmethoden für das Volumen der Tagesreisenden kommt man allerdings zu gänzlich anderen Werten: Laut Maschke (2007, S. 60) empfing Schleswig- Holstein im Jahr 2006 rund 115 Mio. Tagesausflüge aus dem Quellmarkt Deutschland. Be- zieht man diese auf rund 33,7 Mio. Übernachtungen in Hotellerie, Parahotellerie und Durch- gangscamping in Schleswig-Holstein insgesamt, so ergeben sich im schleswig-holsteinischen Durchschnitt rund 3,4 empfangene Wohnortausflüge aus dem Quellmarkt Deutschland pro Übernachtung. Bezieht man diese auf die entsprechenden Werte im Untersuchungsraum, so ergeben sich fast 8 Mio. Tagesauflüge allein mit Wohnort in Deutschland (Tab. 47). Nach die- sem Verfahren erfolgte auch die Abschätzung bei IMT (2010, S. 33).

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Tab. 47: Variante 1 einer Hochrechnung der Wohnortausflüglervolumen nach traditionellem Verfahren Fehmarn Großenbrode Gesamt Übernachtungen in Hotellerie, Parahotellerie und Durch- 2.132.262 204.402 2.336.663 gangscamping Faktor empfangene Tagesausflüge je Übernachtung im schleswig- 3,4 3,4 3,4 holsteinischen Durchschnitt Zahl der empfangenen Tagesausflüge lt. Hochrechnung 7.249.690 694.965 7.944.655 Eigene Berechnung

Auf etwas niedrigere Werte kommt man, wenn man die bei DWIF (2005) ausgewiesenen Wer- te für das Reisegebiet Ostsee heranzieht (Faktor 6,1 bezogen auf Beherbergungsstätten mit mehr als acht Betten). Auch hier aber kommt man immer noch auf mehr als sechs Millionen Wohnortausflüge aus Deutschland für den Untersuchungsraum (Tab. 48).

Tab. 48: Variante 2 einer Hochrechnung der Wohnortausflüglervolumen nach traditionellem Verfahren Fehmarn Großenbrode Gesamt Übernachtungen in Beherbergungsstätten mit 9 Betten und mehr 918.815 116.640 1.035.455 Faktor empfangene Tagesausflüge je Übernachtung im Durch- 6,1 6,1 6,1 schnitt Reisegebiet Ostsee Zahl der empfangenen Tagesausflüge lt. Hochrechnung 5.604.772 711.504 6.316.276 Eigene Berechnung

Als mögliche Gründe für diese doch erheblichen Diskrepanzen lassen sich zwei wesentliche Faktoren betrachten:

Überschätzung der Ansätze bei traditionellen Hochrechnungsverfahren

. Die Zahl der Übernachtungsgäste und die Zahl der Tagesgäste hängen nur bis zu einem bestimmten Grad, aber kaum linear, voneinander ab. Der Hochrechnungsweg unterstellt aber genau diese Linearität.

. Im Falle von Fehmarn und Großenbrode ist davon auszugehen, dass etwa das relativ große Einzugsgebiet Hamburg (der Anteil Hamburgs an den Wohnortausflüglern beträgt laut Besucherbefragung 18%) hier eine weniger gewichtige Rolle spielen wird als in den südlicheren Bädern des Kreises Ostholstein. Das Einwohnerpotenzial in der typischen Ta- gesausflugentfernung bis 60 Minuten Fahrtzeit umfasst, großzügig betrachtet, die Kreise Ostholstein und Plön und die Stadt Lübeck mit zusammen nur rund 550.000 Einwohnern.

. Für das Einwohnerpotenzial der Region ist außerdem zu fragen, welche Besuchsanlässe in der Untersuchungsregion zu einer derart hohe Zahl von Wohnortausflüglern führen soll- ten – die wesentlichen Assets wie Strand und Radwege und selbst ein Meerwasseraqua-

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rium haben die Einwohner der Region in der Regel deutlich besser erreichbar „vor der Tür“. Unterschätzung der Ansätze in der Besucherbefragung

. Durch die Definition von zeitlichen und räumlichen Samplepoints kann in der Besucherbe- fragung kein flächendeckendes und kontinuierliches Bild der Besucherströme erzeugt werden. Daher ist es nicht auszuschließen, dass es zu Sampleverzerrungen kommt. Ana- lysiert man die zeitliche (Monate) und räumliche (Befragungspunkte) Perspektive, so zeigt sich aber, dass die Anteile der Tagesbesucher an allen Übernachtungsgästen nur an 2 von 42 Zeit-Raum-Kombinationen über 40% und an weiteren 9 von 42 Kombinationen über 30% liegen. Um die oben dargestellten Hochrechnungs-Werte zu erreichen, müsste aber im Durchschnitt ein Wert von über 80% erreicht werden.

. Auch wäre es denkbar, dass die Auswahl der räumlichen Samplepoints Einfluss auf den Tagesreisendenanteil hat. Die Befragungspunkte wurden aber bewusst gestreut, um die- sen Effekt nachvollziehbar zu machen (Strand, Stadt, Hafen). In der Analyse zeigt sich kein Zusammenhang zwischen Sample-Point-Typ und Tagesbesucheranteil. Den gerings- ten Tagesbesucheranteil hat Burg Südstrand mit 12%, den höchsten der Parkplatz am Ni- obe-Denkmal/Nordstrand mit 28%.

. Weiterhin wäre denkbar, dass die Auswahl der Befragungstage den Anteil der Tagesgäs- te, insbesondere der Wohnortausflügler, beeinflusst. Tatsächlich ist am Wochenende der Anteil der Tagesausflügler mit 15% der Befragten gegenüber 7% an Werktagen deutlich höher. Dieser Effekt ist vor allem in der Randsaison (z. B. im April und September) ausge- prägt. Da in der Besucherbefragung aber überproportional oft am Wochenende befragt wurde (43% der Interviews), führt dieser Effekt tendenziell sogar eher zu einer Überschät- zung des Wohnortausflügleranteils.

. Es ist anzunehmen, dass Übernachtungsgäste nicht an jedem Tag ihres Aufenthaltes an einem der Samplepoints antreffbar sind. So ist beispielsweise bekannt, dass Übernach- tungsgäste auf Fehmarn durchschnittlich alle 3,3 Tage einen Ausflug vom Urlaubsort un- ternehmen (NIT 2009). Zudem ist nicht auszuschließen, dass Übernachtungsgäste an ein- zelnen Tagen ihre Unterkunft gar nicht verlassen. Andererseits ist es ebenso wenig aus- geschlossen, dass Tagesgäste gezielt Punkte aufsuchen, an denen nicht befragt wurde (z. B. das Meereszentrum Fehmarn). Während der erste Effekt zu einer Überschätzung der Tagesgästeanteile führt, ist es beim zweiten Effekt eine Unterschätzung. Wir gehen für diese Untersuchung davon aus, dass beide Effekte existieren, sich aber gegenseitig in et- wa ausgleichen dürften.

. Überdies ist nicht auszuschließen, dass Tagesbesucher eine systematisch geringere Ant- wortbereitschaft aufweisen als Übernachtungsgäste. Ergebnisse aus anderen N.I.T.- Studien mit identischem Setup zeigen aber, dass je nach Standort Ausflügleranteile bis zu 80% gemessen wurden. Eine methodisch bedingte Verzerrung ist demnach weitgehend auszuschließen.

In der Abwägung erscheinen die Daten aus der Besucherbefragung als der plausiblere Wert, allerdings ist davon auszugehen, dass damit wohl eine eher konservative Abschätzung der Tagesbesucherzahlen erreicht wird.

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Auch die Zahl der grenzüberschreitenden Tagesausflügler ist zu diskutieren. So reisten in der Befragung rund 1% der Wohnortausflügler (das entspräche rund 5.000 Personen) aus Däne- mark an. Andererseits ergab eine Befragung von Ostsee-Holstein-Tourismus und Scandlines (OHT/SCANDLINES 2006, S. 7) einen Anteil von 9% Tagesausflüglern an den im Zeitraum Mitte Januar bis Mitte Mai 2006 befragten Fährpassagieren (das entspräche mehr als 600.000 Personen im Jahr 2006). In diesen Angaben sind aber enthalten:

1. Mehrfachnennungen (z. B. Einkaufsfahrt und Tagesausflug) in unbekannter Höhe 2. Befragte aus Deutschland in unbekannter Höhe (bekannt ist nur, dass rund 5% der Befragten aus Deutschland stammen, aber mehr als 40% machten gar keine Angabe) 3. Tagesausflügler in unbekannter Höhe, deren Ziel nicht im Untersuchungsraum, son- dern außerhalb gelegen ist (z. B. Hansapark)

Tatsächlich ist es mit der derzeitigen Datenlage nicht möglich, den empirisch ermittelten Anteil der Wohnort- und Urlaubsortausflügler aus Skandinavien zu qualifizieren.

Klar ist aber: Die Zahl der so ermittelten Tagesgäste berücksichtigt das Segment der Shop- ping-Tagesgäste noch nicht hinreichend, denn diese Zielgruppen werden in der Regel nicht an den typisch touristischen Orten, an denen die Befragung durchgeführt wurde, angetroffen, sondern eben überwiegend an den Einkaufszentren. Die Zahl der (skandinavischen) Shop- ping-Gäste wurde daher separat ermittelt (siehe Abschnitt 2.3.8).

Veranstaltungsbesucher sind ebenfalls in der Untersuchung unterrepräsentiert, weil bei den relevanten Großveranstaltungen (ab 5.000 Besucher) keine Interviews durchgeführt wurden. Zu diesen Veranstaltungen gehören z. B. (Gästezahlen: Angaben Tourismus Service Fehmarn):

. Inselsommer (ca. 10.000 Besucher)

. Surf-Festival, Race around Fehmarn, Deutscher Windsurf Cup (ca. 15.000 Besucher)

. Beachvolleyball Masters (ca. 15.000 Besucher)

. Fehmarn Open Air (ca. 20.000 Besucher)

. Rapsblütenfest (ca. 20.000 Besucher)

. Künstlerfest (ca. 25.000 Besucher)

. Weinsommer (ca. 6.000 Besucher)

. Altstadtfest / Hafenfest (ca. 20.000 Besucher)

Für derartige Großveranstaltungen sind somit insgesamt ca. 130.000 Besucher zu veran- schlagen, von denen der Tagesgästeanteil allerdings nicht bekannt ist. Nimmt man rund die Hälfte dieser Besucherzahlen als Tagesgäste an, so ergäbe sich ein Tagesgäste- Nachfragepotenzial aus Veranstaltungsbesuchern von rund 65.000 Personen.

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Ebenfalls nicht enthalten ist die Zahl der Tagesgeschäftsreisenden, denn diese Gruppe wurde, wie auch die übernachtenden Geschäftsreisenden, von der Befragung ausgeschlossen (vgl. Abschnitt 2.3.9).

Nachrichtlich sei aber darauf hingewiesen, dass sich die Zahl der Tagesgeschäftsreisenden ohnehin in engen Grenzen bewegen dürfte. Maschke (2005, S. 72) ermittelt für ländliche Ge- meinden (bis 20.000 Einwohner) einen Durchschnittswert von 7.000 Tagesgeschäftsreisen je Gemeinde und insgesamt 85,3 Mio. Tagesgeschäftsreisen. Diese ländlichen Gemeinden stel- len zwar 84,2% aller Gemeinden, aber nur 42% der Bevölkerung (34,2 Mio., STATISTISCHES BUNDESAMT 2009, S. 40). Bezieht man die 85,3 Mio. Tagesgeschäftsreisen auf die 34,2 Mio. Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, so ergibt sich ein Durchschnittswert von 2,5 empfangenen Tagesgeschäftsreisen je Einwohner im ländlichen Raum. Für Fehmarn (13.015 Einwohner) bedeutet das hochgerechnet rund 32.500 empfangene Tagesgeschäftsreisen, für Großenbrode (2.201 Einwohner) rund 5.500 empfangene Tagesgeschäftsreisen.

2.3.8 Einkaufstourismus Ein besonderes Segment des Tourismus in der Grenzregion Dänemark/Deutschland ist der Grenzhandel, insbesondere mit Alkoholika.

Alkoholika werden in Dänemark (so wie in Schweden und allen anderen skandinavischen Ländern) deutlich stärker besteuert als in Deutschland, so dass sich, im Rahmen der Zollfrei- grenzen, ein lukratives und legal auszuschöpfendes Preisgefälle ergibt. Da die in der Untersu- chungsregion ansässigen Grenzhändler zudem ihre Verkaufspreise in Dänischen Kronen ausweisen, entfällt auch ein unmittelbares Wechselkursrisiko für die dänischen Käufer.

Im Grenzhandel in der Untersuchungsregion sind vor allem zwei Unternehmen aktiv:

Das Unternehmen Fleggaard GmbH in Harrislee, ein Tochterunternehmen der Fleggaard Hol- ding in Kruså (Dänemark) betreibt sieben Grenz-Supermärkte, davon je einen in Burg auf Fehmarn und in Heiligenhafen. Die weiteren fünf befinden sich in der jütländischen Grenzregi- on. Das Unternehmen hat sich auf den Einkaufstourismus spezialisiert und bietet z. B. ein elektronisches „Forudbestilling“ (der Kunde stellt seinen Warenkorb elektronisch zusammen und holt die Waren dann persönlich ab) und, in Zusammenarbeit mit Partnern, Bustouren zum Einkauf nach Deutschland („Fleggaard Tours“) an. Alle Verkaufspreise sind in dänischen Kro- nen ausgezeichnet.

Im Februar 2010 übernahm die Fleggaard-Gruppe auch den dänischen Konkurrenten Calle Hovefkontor (Tønder), der ebenfalls Grenz-Shops in Burg und Heiligenhafen (und an sieben weiteren Standorten) betreibt.

Auch Scandlines betreibt einen eigenen Grenzhandel („Bordershop“) auf Fehmarn, unmittel- bar am Fähranleger in Puttgarden auf einem schwimmenden Ponton mit 8.000 qm Verkaufs- fläche. Laut Lagebericht der Scandlines GmbH (Jahresabschluss 2007, Bundesanzeiger) ver- zeichnete der Bordershop in Puttgarden im Jahr 2007 731.000 Kunden. Auch hier gibt es eine Preorder-Möglichkeit, Preise sind ebenfalls in dänischen Kronen ausgezeichnet.

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Außerdem bietet Scandlines spezielle Eintagestickets nach Fehmarn an (Stand: März 2011). Der Rückfahrpreis für einen Pkw und bis zu 9 Personen beträgt 499 DKK (ca. 67 Euro), dafür erhält der Käufer einen Gutschein (værdikupon) im Wert von 200 DKK (ca. 27 Euro), so dass die Hin- und Rückfahrt faktisch nur noch 300 DKK (ca. 40 Euro) kostet. Zum Vergleich: Der Normaltarif (seit April 2010: „Standard“) beträgt 960 DKK (ca. 129 Euro). Voraussetzung für die Auszahlung des Gutscheinbetrages ist aber, dass die Kunden innerhalb von drei Stunden zurückfahren.

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Scandlines nicht nur Shoppingtouren nach Deutschland (Puttgarden und Rostock) aktiv verkauft, sondern auch Kurzreisen z. B. nach Hamburg und An-/Abreisen zum und vom Hamburger Flughafen bewirbt. Ebenfalls auf- fallend ist, dass Scandlines nicht nur für Shoppingtouren nach Deutschland, sondern inzwi- schen auch nach Schweden (z. B. in die Einkaufszentren Väla bei Helsingborg und Gekås in Ullared) wirbt, da die Gesellschaft auch die Fährlinie Helsingør – Helsingborg betreibt.

Zum Volumen des grenzüberschreitenden Einkaufstourismus stellt die DZT fest:

Darüber hinaus sind die deutschen Grenzregionen ein beliebtes Ziel für däni- sche Eintagesbesucher. Im Jahr 2004 konnten die Grenzgeschäfte 2,3 Mio. einkaufslustige Dänen, die Mehrwertsteuer- und Abgabenunterschiede nutzen, in ihren Geschäften und Restaurants begrüßen. Der geschätzte Jahresumsatz liegt zwischen DKK 5 und 6 Mio. Auf Grund der Abgaben und Steuersenkun- gen in Dänemark ist dieser Einkaufstourismus nunmehr rückläufig. (DZT 2011a, S. 18)

Für Schweden gelten ähnliche Rahmenbedingungen:

Billig reisen“ beinhaltet für viele Schweden auch „billig einkaufen“, hier hat sich v.a. Norddeutschland eine wichtige Nische für den Tourismus aus (Süd-) Schweden geschaffen. Die sog. Shoppingreisen können als Tages- oder Mehr- tagesfahrten durchgeführt werden. Beim Einkauf dominieren Dinge des tägli- chen Bedarfs, vorwiegend alkoholische Getränke, die in Schweden mit hohen Steuern belegt sind. (DZT 2011b, S. 18)

Da die Datenlage zu diesem Segment eher dürftig ist, haben wir dazu die beiden größten An- bieter von Grenzhandelsmärkten befragt. Auszüge aus den Antworten sind im Folgenden wie- dergegeben, und zwar so, dass keine unternehmensinternen Daten öffentlich werden11.

VIEREGG-RÖSSLER (2009) berichtet über marketinginduzierte Volumina von rund einem Drittel des jährlichen Pkw-Aufkommens, das entspräche rund 1.600 Fahrzeugen pro Tag oder

11 Dies war eine Zusicherung, die wir den Betreibern gegeben haben. Wir danken Herrn Frank Havemann (Scandlines) und Herrn Martin Striib (Fleggaard) sehr herzlich für die erteilten Auskünfte.

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rund 590.000 Fahrzeugen pro Jahr. Wie oben dargestellt, meldete Scandlines für das Jahr 2007 insgesamt 731.000 Kunden im Bordershop Puttgarden, darin sind aber auch Transitrei- sende enthalten.

Legt man die genannten Daten zugrunde und ergänzt sie mit den uns bekannten Frequenz- werten für den Fleggaard-Markt in Burg, so ergibt sich ein Gesamtvolumen von geschätzt 400.000 bis 600.000 Einkaufstagestouren pro Jahr, die ein Umsatzvolumen im Einzelhandel von mindestens vier bis sechs Millionen Euro repräsentieren dürften. Nimmt man die Umsätze der Fährtickets mit hinzu, so können sich bis neun Millionen Euro Gesamtumsatz auf Fehmarn und für die Fährlinie aus dem skandinavischen Shopping-Tagestourismus ergeben. Die Zahl von 400.000 bis 600.000 Einkaufstouren dürfte eine größere Zahl von tatsächlich reisenden Personen bedeuten. Nimmt man nur durchschnittlich zwei Personen pro Fahrzeug an, so handelt es sich um rund 1,0 bis 1,2 Mio. Personen im Jahr.

Der in der Grenzhandelsnachfrage enthaltene Anteil von Transitreisenden ist unbekannt und wurde daher für die obige Berechnung geschätzt.

2.3.9 Geschäftstourismus Geschäftstourismus ist auf Fehmarn und in Großenbrode nicht in größerem Umfang zu erwar- ten. Zwar werden einige Tagungsräume angeboten (in Hotels wie dem IFA Hotel in Burg und auf der Fähre), typische Treiber für einen geschäftlich motivierten Tourismus, z. B. Hochschu- len, Kongressanbieter oder größere Unternehmen, fehlen aber praktisch vollständig. Auch aus der Gästebefragung Schleswig-Holstein 2009 (NIT 2009) ergeben sich keine Hinweise auf eine nennenswerte Geschäftsreisetätigkeit in den Übernachtungsbetrieben Fehmarns.

Es ist zudem davon auszugehen, dass das übernachtende Nachfrageaufkommen in den be- reits beschriebenen Übernachtungszahlen enthalten und damit angemessen berücksichtigt ist. Das gilt in gleicher Weise für den Tagesgeschäftsreiseverkehr.

Insofern ist bei der Betrachtung der möglichen Auswirkungen einer Festen Fehmarnbeltque- rung der Geschäftsreisetourismus vornehmlich unter einer Chancenperspektive (und weniger unter einer Risikoperspektive) zu betrachten.

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2.3.10 Zielgruppen der Übernachtungsnachfrage Seit Vorliegen des landesweiten Tourismuskonzepts 2006 (MWWV 2006) stehen drei Ziel- gruppen im Zentrum der touristischen Marktbearbeitung in Schleswig-Holstein:

Familien mit Kindern unter 14 Jahren und mittlerem bis hohem Einkommen Anspruchsvolle Genießer (Singles von 39 bis 55 Jahren, Paare bis 55 Jahre mit er- wachsenen Kindern und einem Haushaltsnettoeinkommen von mehr als 2.500 Euro monatlich) Best Ager (Singles und Paare im Alter von 56 bis 75 Jahren)

Diese drei Zielgruppen machen in Schleswig-Holstein rund 60% der touristischen Nachfrage in Übernachtungsbetrieben aus (Tab. 49). Übernachtungsgäste in speziellen Segmenten (z. B. Gruppenunterkünfte, Campingplätze) und Tagesgäste werden dabei nicht betrachtet.

Tab. 49: Zielgruppenanteile 2009 Schleswig- Reisegebiet Ost- in Prozent Fehmarn Holstein see Familien mit Kindern 14 18 23 Anspruchsvolle Genießer 15 12 7 Best Ager 31 30 22 Andere 40 40 48 Quelle: Gästebefragung Schleswig-Holstein 2009 (NIT 2009)

Die Auswertung zeigt, dass auf Fehmarn (für Großenbrode liegen keine Daten vor) die Grup- pe der Familien mit Kindern stärker vertreten ist als im Land, die Gruppen der anspruchsvollen Genießer und der Best Ager hingegen weniger stark. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass auf Fehmarn nur rund 1,5 Mio. der insgesamt 3,6 Mio. Übernachtungen (Tab. 32) überhaupt in die Grundgesamtheitsdefinition der Gästebefragung fallen, Tagestouristen sind gar nicht ent- halten.

Zielgruppenorientierte Auswertungen der Gästebefragung im Tourismuskonzept Fehmarn (NIT 2007) zeigen deutlich die überragende Bedeutung des Strandes für die Übernachtungs- gäste (Nutzungsrate 81%, bei Familien 94%). Das Konzept stellt außerdem eine „Fokussie- rung im niedrigen, vorzugsweise im mittleren, aber weniger im hohen Preisbereich“ fest und empfiehlt eine Überarbeitung der Positionierung („gastfreundliches, leicht erreichbares, fami- lienfreundliches, preisgünstiges Küstenreiseziel“) durch „Hineinwachsen“ in die Zielgruppen Best Ager und Familien.

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2.4 Wertschöpfungsbeitrag des Tourismus

2.4.1 Methode der Wertschöpfungsermittlung Zur Abschätzung des direkten Wertschöpfungsbeitrages des Tourismus kann grundsätzlich ein angebots- oder nachfragebezogener Ansatz verfolgt werden.

Beim angebotsbezogenen Ansatz werden die touristischen Umsätze aller Betriebe in der Re- gion ermittelt und dem Gesamtumsatz gegenübergestellt. Nach diesem Verfahren werden beispielsweise die Fremdenverkehrsabgaben in Schleswig-Holstein berechnet. Problematisch ist dabei, dass für viele Branchen ein Schätzwert für den touristischen Anteil ihres Umsatzes herangezogen werden muss, da genaue Erhebungen der Kundenstrukturen in der Regel zu aufwändig oder aus Vertraulichkeitsgründen auch gar nicht möglich wären.

Daher wird üblicherweise auf eine nachfragebezogene Abschätzung des Wertschöpfungsbei- trages abgestellt (vgl. Harrer & Scherr 2002). Dazu werden für jede relevante Zielgruppe die Aufenthaltstage und Tagesausgaben ermittelt und miteinander multipliziert. Der so gewonne- ne touristische Bruttoumsatz wird um den enthaltenen Mehrwertsteueranteil bereinigt und mit regional- und branchenspezifischen Wertschöpfungsquoten multipliziert.

n i i i AT TAnetto WQ1 AT TAnetto AT TAnetto WQ1 WQ2 TW ZG 1 Re gion VE Re gion wobei TW = Touristischer Wertschöpfungsanteil ZG = Touristische Zielgruppen (siehe Liste unten) AT = Aufenthaltstage TA = Tagesausgaben, inflations- und umsatzsteuerbereinigt WQ = Wertschöpfungsquote der 1. und 2. Umsatzstufe VE = Gesamtes Volkseinkommen (entspricht als Näherungsgröße dem Primäreinkommen der privaten Haushalte)

Als regionale Wertschöpfung wird dabei das in der Region generierte Einkommen definiert. Daraus werden als Wertschöpfungseffekte die generierten Arbeitsplätze und Steuereinnah- men abgeleitet.

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Elemente der ökonomischen Berechnung sind also:

. Nachfragemengen als Volumenangaben und Ausgabedaten aus Gästebefragungen und segmentspezifischen Studien . Branchenübliche Wertschöpfungsquoten zur Ableitung der Wertschöpfung aus Umsatzda- ten sowie ebenfalls branchenübliche Beschäftigungsäquivalente zur Errechnung der Ar- beitsplatzeffekte des Tourismus . Referenzgrößen für die gesamte Wirtschaftsleistung bzw. Volkseinkommen des Raumes Die Errechnung der wirtschaftlichen Bedeutung erfolgt letztlich anhand eines umfassenden nachfrageorientierten Ansatzes (vgl. Abb. 33) unter Nutzung von branchenüblichen Verfahren und Richtwerten für zu schätzende Größen und Variablen des Berechnungsmodells).

Für die Wertschöpfungsabschätzung im Untersuchungsraum werden die in Abschnitt 2.3.1 quantifizierten Zielgruppen (Übernachtungsgäste und Tagesgäste) berücksichtigt.

Abb. 33: Nachfrageorientierte Wertschöpfungsabschätzung Eigene Darstellung (US=Umsatzstufe)

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2.4.2 Volumenmodell Für das Volumenmodell sind die Aufenthaltstage ausschlaggebend. Diese ergeben sich für die Übernachtungstouristen anhand der Zahl der generierten Übernachtung, indem unterstellt wird, dass am An- und Abreisetag jeweils nur ein halber Tag vor Ort verbracht wird. Dann ent- spricht die Zahl der Nächte der Zahl der Aufenthaltstage. Für die Tagestouristen entsteht pro Aufenthalt definitionsgemäß ein Aufenthaltstag.

Insofern können ohne Weiteres die oben ermittelten Volumendaten für Übernachtungen und Tagesreisen dem Volumenmodell zugrunde gelegt werden.

2.4.3 Umsatzmodell Im Umsatzmodell werden den Segmenten des Nachfragemodells durchschnittliche Tagesaus- gaben zugeordnet.

Diese Tagesausgaben entstammen unterschiedlichen Quellen mit unterschiedlichen Erhe- bungszeiträumen. Um diese zeitlich anzupassen, wurden alle Daten für jedes vollständig ver- strichene Jahr seit 2009 mit einem pauschalen Inflationssatz von 2% p.a. hochgerechnet.

Die ermittelten ausgabenbasierten Umsätze müssen noch um die enthaltene Umsatzsteuer bereinigt werden, denn diese ist vom Unternehmer sofort an das Finanzamt abzuführen und alle Vorleistungsbeziehungen werden in Nettobeträgen angegeben. Aufgrund der in Deutsch- land vorhandenen zwei Umsatzsteuersätze (regulär 19%, ermäßigt 7%) ist ein entsprechender Mischwert zu bilden, der in Anlehnung an DWIF (2005b) mit 12,5% angenommen wurde (die Ermäßigung des Umsatzsteuersatzes ab 1.1.2010 ist hier also nicht berücksichtigt, da das Bezugsjahr der Analyse 2009 ist).

Tab. 50: Touristische Umsätze nach Nachfragersegmenten im Untersuchungsraum Aufenthalts- Umsatz (net- tage 2009 to) in Euro in % (in Tsd.)

Klassische Urlauber (ohne Dauercamper, Dauerlie- ger, Zweitwohnungsinhaber, Besucher bei Ver- 2.780 122,2 Mio. 54% wandten und Bekannten) Dauercamper, Dauerlieger, Zweitwohnungsinhaber, 1.361 30,5 Mio. 13% Besucher bei Verwandten und Bekannten Übernachtungsgäste gesamt 4.142 152,8 Mio. 67%

Urlaubsortausflügler 555 13,2 Mio. 6% Wohnortausflügler und Eventbesucher 643 19,6 Mio. 9% Einkaufstouristen aus Skandinavien 1.200 41,1 Mio. 18% Tagesgäste gesamt 2.399 73,9 Mio. 33% Summe 6.540 226,6 Mio. 100% Eigene Berechnungen

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2.4.4 Wertschöpfung und Einkommensbeitrag Die regionale Wertschöpfung beschreibt den Anteil des Nettoumsatzes, der in der Region zu (Vorsteuer-)Löhnen und Gewinnen wird. Der Teil des Umsatzes, der nicht zur Wertschöpfung gehört, wird als Vorleistung bezeichnet.

Je nach konkreter Ausprägung der Vorleistungsverflechtung entsteht aber auch aus den Vor- leistungen der ersten Umsatzstufe in der zweiten Umsatzstufe wiederum regionale Wert- schöpfung. Auch hier gibt es wieder einen Vorleistungsbereich, von dem ein Teil ebenfalls zu regionaler Wertschöpfung wird usw. Die Ermittlung des Beitrages zur regionalen Wertschöp- fung wird mit jeder weiteren Umsatzstufe unsicherer, weil sich verschiedenste Vorleistungs- verflechtungen miteinander vermischen. Daher wird die regionale Wertschöpfung im Allge- meinen nur bis zur zweiten Umsatzstufe betrachtet.

Die Wertschöpfungsquoten sind je nach Branche unterschiedlich und nur mit erheblichem Aufwand empirisch zu ermitteln. Daher wurde für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung in der ersten Umsatzstufe ein durchschnittlicher Wertschöpfungsanteil von 42,03% für Ausga- ben in gewerblichen Beherbergungsbetrieben (vgl. Harrer & Scherr 2002) und von 32,3% für alle anderen Ausgaben angesetzt (Maschke 2005). Für die zweite Umsatzstufe wurde einheit- lich eine Wertschöpfungsquote von 30% angesetzt.

Bei Ansatz dieser Quoten ergibt sich aus dem Nettoumsatz von 226,6 Mio. EUR ein Wert- schöpfungsbeitrag von 127,4 Mio. EUR.

Dieser Beitrag kann nun ins Verhältnis zum gesamten Volkseinkommen des Untersuchungs- raumes gesetzt werden. Da gemeindescharfe Daten dazu nicht vorliegen, wurde für den Kreis Ostholstein ein Pro-Kopf-Einkommen 2009 in Höhe von 19.153 EUR abgeleitet und mit der Einwohnerzahl des Untersuchungsraumes multipliziert. Daraus ergibt sich das gesamte Volkseinkommen, so dass der touristisch induzierte Anteil leicht abgeleitet werden kann. Bei einem gesamten Volkseinkommen in Höhe von 291,4 Mio. EUR entsprechen die 119,4 Mio. EUR touristisch bedingter Einkommen einem Tourismusanteil von 44% in der Untersuchungs- region.

Tab. 51: Abschätzung des touristischen Einkommensanteils Fehmarn Großenbrode Gesamt Einwohner 2009 (30.9.) 13.005 2.146 15.151 Pro-Kopf-Einkommen 2009, EUR 19.153 19.153 19.153 Gesamtes Einkommen 2009, Mio. EUR 249,1 41,1 290,2 Touristische Wertschöpfung 2009, Mio. EUR 114,4 13,0 127,4 Anteil der touristischen Wertschöpfung 2009 46% 32% 44% am gesamten Einkommen

Daraus lassen sich nach gängigen Äquivalenzwerten mehr als 6.200 Vollzeitarbeitsplätze und Steuereinnahmen (inkl. Zweitwohnungssteuer) in Höhe von ca. 5,7 Mio. EUR pro Jahr ableiten.

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2.5 Dänemark und Schweden als touristische Ziel- und Quellmärkte

2.5.1 Dänemark und Schweden als touristische Destinationen Dänemark und Schweden sind für den deutschen Quellmarkt eher untergeordnete Destinatio- nen. Nach Erhebungen der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen gehen von den ins- gesamt 64 Mio. Urlaubsreisen (ab 5 Tage Dauer) im Jahr 2008 rund 1 Mio. Urlaubsreisen nach Dänemark und 0,05 Mio. Reisen nach Schweden (Aderhold 2009). Von den Dänemark- reisen entfallen rund 80% auf die Unterkunftsform Ferienhaus/-wohnung.

In der Incomingperspektive ist der deutsche Quellmarkt zumindest für Dänemark aber sehr bedeutsam. Die nationalen Statistikbüros erheben jeweils die Herkunft der Gäste. Zwar wei- chen die Grundgesamtheiten erheblich voneinander ab, gleichwohl ist ein Größenordnungs- vergleich aus dieser Incomingperspektive durchaus möglich.

Danach ist der Quellmarkt Deutschland in Dänemark für 29% aller Übernachtungen verant- wortlich, in Schweden hingegen nur für 5% (Abb. 34).

Abb. 34: Touristische Nachfrageverteilung zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden

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In der Region Sjælland (die die Inseln Lolland, Falster, Møn und den größeren Teil der Insel Sjælland mit Ausnahme der Hauptstadtregion umfasst) hingegen ist der Übernachtungsanteil des deutschen Quellmarktes mit 16% deutlich geringer als im Landesdurchschnitt (29%). Im Segment der Ferienhäuser ist aber auch in der Region Sjælland Deutschland noch vor Däne- mark selbst der wichtigste Quellmarkt (Tab. 52).

Tab. 52: Übernachtungen 2009 nach Quellmärkten in Dänemark und der Region Sjælland Übernachtungen Dänemark gesamt Region Sjælland 2009 Alle Unterkunfts- darin Ferienhäuser Alle Unterkunfts- darin Ferienhäuser arten arten in Tsd. in % in Tsd. in % in Tsd. in % in Tsd. in % Alle Quellmärkte 42.185 100% 14.625 100% 4.256 100% 1.124 100% aus Dänemark 22.212 53% 3.462 24% 3.023 71% 437 39% aus Schweden 1.409 3% 213 2% 195 5% 34 3% aus Deutsch- 12.397 29% 9.672 66% 680 16% 520 46% land Quelle: Statistics Denmark, Statistikbanken, TURIST, FERIEH3

In ganz Dänemark ist sowohl die Zahl der Übernachtungen deutscher Gäste (von 18 Mio. auf 12 Mio.) als auch der Anteil des deutschen Quellmarkts (von 43% auf 29%) seit 1992 bestän- dig gesunken (Tab. 53). Im Markt der vermieteten Ferienhäuser sank der Übernachtungsanteil des deutschen Quellmarkts von 85% (1992) auf 66% (2009), die Übernachtungsnachfrage in diesem Segment aus dem Quellmarkt Deutschland ging um 26% zurück.

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Tab. 53: Übernachtungen in Dänemark 1992-2010 Übernachtungen in Gesamt davon aus Anteil Quellmarkt Index Quellmarkt Dänemark Deutschland Deutschland Deutschland 1992 41.684.279 18.130.260 43% 100 1993 42.316.658 19.816.990 47% 109 1994 42.692.875 19.354.666 45% 107 1995 43.162.382 19.797.288 46% 109 1996 42.930.922 19.202.301 45% 106 1997 42.866.989 18.445.666 43% 102 1998 43.159.687 17.883.716 41% 99 1999 42.058.375 16.114.372 38% 89 2000 41.714.930 15.668.036 38% 86 2001 41.401.005 15.003.144 36% 83 2002 42.382.266 15.112.610 36% 83 2003 43.439.067 15.343.079 35% 85 2004 42.356.865 13.938.475 33% 77 2005 42.018.482 13.185.908 31% 73 2006 44.369.891 13.526.936 30% 75 2007 45.609.065 13.731.551 30% 76 2008 44.716.822 12.795.523 29% 71 2009 42.184.732 12.397.127 29% 68 2010 42.081.397 12.013.120 29% 66 Quelle: Statistics Denmark, Statistikbanken, TURIST Für die Region Sjælland zeigt sich in der kurzfristigen Betrachtung (2008-2010) eine ähnliche Tendenz. Wie bereits festgestellt, spielt der deutsche Quellmarkt in Sjælland aber nicht die gleiche Rolle wie in anderen Teilen Dänemarks.

In einer vergleichenden Analyse kommt ITM (2010) zu dem Ergebnis, dass im deutschen Teil der sog. „Fehmarnbeltregion“ (Kreise Ostholstein, Plön und Lübeck) mit 29,2 Mio. Übernach- tungen (2008) rund zweieinhalb Mal so viel touristisches Volumen bewegt wird wie in der Re- gion Sjælland mit 12,0 Mio. Übernachtungen. Von diesen zwölf Mio. Übernachtungen entfällt mehr als die Hälfte auf Verwandten- und Bekanntenbesuche und Übernachtungen in der ei- genen Immobilie. In der Konsequenz sind auf der dänischen Seite des Fehmarnbelt sowohl die Übernachtungsintensität als auch die räumliche Übernachtungsdichte deutlich geringer als auf der deutschen Seite (Tab. 54).

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Tab. 54: Übernachtungen in der Fehmarnbeltregion 2008 Übernachtungen 2008 Kreise Ostholstein, Plön, Lübeck Region Sjælland Bezahlte Unterkünfte ohne Camping 10,69 Mio. 37% 4,06 Mio. 34% Camping 8,42 Mio. 29% 1,67 Mio. 14% Verwandten- und Bekanntenbesuche 10,07 Mio. 35% 6,26 Mio. 52% und Freizeitwohnsitze Gesamt 29,18 Mio. 100% 11,99 Mio. 100% Übernachtungsintensität (Übernachtun- 13.145 3.617 gen pro 1.000 Einwohner) Übernachtungsdichte 2.693 408 (Übernachtungen pro km²) Quelle: eigene Zusammenstellung mit Daten von IMT (2010) Über die Zahl der ausländischen Tagesgäste liegen nur unvollständige Angaben vor. So wird für die Region Lolland-Falster ein Volumen von knapp 2 Mio. ausländischen Tagestouristen berichtet, von denen im Sommer mehr als die Hälfte aus Deutschland kommt (INSTITUT FOR GRÆNSEREGIONSFORSKNING/DANMARKS TURISTRÅD 2004, S.18, S.70).

2.5.2 Touristische Angebotsstruktur auf Lolland und Falster Lolland ist die viertgrößte dänische Insel. Im Januar 2010 lebten hier nach Auskunft von Sta- tistics Denmark (Statistikbanken, BEF4) 65.764 Menschen (bzw. etwas mehr als 1% der Ge- samteinwohnerzahl Dänemarks). Die Insel ist rund 58 km lang, 15 bis 25 km breit und umfasst eine Fläche von 1.243 qkm (bzw. rund 3% der Gesamtfläche Dänemarks).

Die Insel ist flach. Der höchste Punkt liegt nahe dem Ort Horslunde im Nordwesten der Insel (Höhe 25 m). Im Süden der Insel sind zahlreiche Flächen, die bis zu zwei Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Fast die gesamte Südküste ist daher durch Deiche geschützt. Die Küs- ten sind mit geringen Ausnahmen durch vorliegende Untiefen schwer zugänglich, die Strände weit weniger attraktiv als diejenigen anderer dänischer Reiseziele. Größter Binnensee ist der fischreiche Maribosee.

Touristisch ist Lolland geprägt durch den Ort Rødby, der mehr als die Hälfte der Unterkunfts- kapazitäten beinhaltet und durch die Lage an der E 47 mit der Fährverbindung nach Puttgar- den sehr gut erreichbar ist. In der Nähe von Rødby (Rødbygård) liegt auch der Freizeitpark Lalandia mit Ferienhäusern, Aquadome, Gastronomie und zahlreichen Freizeitmöglichkeiten. Eine weitere wichtige touristische Attraktion auf Lolland ist der Safaripark in .

Ausgewählte Sehenswürdigkeiten auf Lolland sind: Vorzeitdenkmäler (Freilev Skov, Ganggrä- ber Glentehøj, Kong Svends Høj als das größte Ganggrab Dänemarks), Runensteine, Kirchen (Ravnsborg, Tillitse), Museen () und Landschaften wie Ravnsby Bakker (Anhöhen von Ravnsby) und landschaftliche Attraktionen (Offshore-Windpark Nysted).

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Falster ist etwas kleiner als Lolland (514 qkm), und hatte im Januar 2010 43.389 Einwohner. Die Insel wird ebenfalls touristisch punktuell intensiv genutzt. Gedser ist der Fährhafen auf Falster mit direkter Verbindung nach Rostock. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt Marielyst, nach Angaben der Tourismusorganisation einer der schönsten Sandstrände Dänemarks mit rund 3.000 Ferienhäusern.

Das touristische Größenverhältnis von Lolland und Falster im Vergleich zu Fehmarn und Großenbrode zeigt Tab. 55. Deutlich werden auch die erheblichen Unterschiede in der Beher- bergungsstruktur: in Deutschland überwiegend Ferienwohnungen mit einem Zimmeranteil von rund 10%, in Dänemark fast ausschließlich Ferienhäuser. Diese Ferienhäuser werden zudem in der Regel professionell und zentral vermarktet, nicht nur im dänischen Inland, sondern auch im Ausland.

Tab. 55: Unterkunftsstruktur der in Unterkunftskatalogen verzeichneten Beherbergungsangebote 2009 Anzahl Angebote Fehmarn Großenbrode Lolland Falster

Hotel (garni)/Gasthof/ 19 3% 1 1% 29 14% 17 2% Pension Privatzimmer 46 7% 4 5% 0 0% 0 0% Ferienwohnung 481 70% 47 61% 4 2% 4 1% Ferienhaus 141 21% 25 32% 181 85% 778 97% Gesamt 687 100% 77 100% 214 100% 799 100% Anzahl Betten Fehmarn Großenbrode Lolland Falster

Hotel (garni)/Gasthof/ 504 8% 114 17% 822 40% 1.176 22% Pension Privatzimmer 189 3% 18 3% 0 0% 0 0% Ferienwohnung 4.422 70% 388 59% 18 15 93 2% Ferienhaus 1.233 19% 133 20% 1.246 59% 4.183 77% Gesamt 6.348 100% 653 100% 2.116 100% 5.452 100% Eigene Zusammenstellung nach touristischen Veröffentlichungen

2.5.3 Preisgefüge auf Lolland/Falster und Fehmarn/Großenbrode Die Wettbewerbsfähigkeit einer Destination und damit ihre Eignung als touristisches Zielgebiet hängen unter anderem vom Preisniveau ab. Dieses kann differenziert für touristische Leistun- gen (Übernachtungen, Freizeitangebote) und allgemeine Leistungen (z. B. Lebensmittel, Treibstoff etc.) betrachtet werden.

Für die Analyse der Preisniveaus der touristischen Leistungen haben wir veröffentlichte Preise für Unterkunfts- und Freizeitleistungen in den Regionen Lolland und Falster auf der dänischen Seite und Großenbrode und Fehmarn auf der deutschen Seite gegenübergestellt. Um eine

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einheitliche Basis zu erhalten, wurden die Preise für ein Zimmer pro Bett und Nacht bei Voll- belegung ohne Frühstück in der Hauptsaison zu Grunde gelegt. Pro Anbieter wurde jeweils nach verschiedenen Angebotsklassen unterschieden (z. B. Doppel- und Einzelzimmer, ver- schiedene Apartmenttypen etc.).

Datengrundlage waren die Gastgeberverzeichnisse Fehmarn bzw. Großenbrode 2009 und die Website www.visitlolland-falster.com. Die so identifizierten Angebote wurden erfasst und hin- sichtlich der Angebotsquantität (Zahl der angebotenen Betten je Unterkunftsklasse) und dem Preis pro Bett bei Vollbelegung bewertet. Zur Berechnung der Durchschnittspreise der Regio- nen nach Angebotskategorien wurden die Durchschnittspreise des jeweiligen Anbieters mit seiner Gesamtbettenzahl gewichtet. Die zugrundeliegenden Betriebe sind in Tab. 55 darge- stellt.

Die Betrachtung der so ermittelten Durchschnittspreise differenziert nach Segment ergibt, dass Großenbrode unter den vier betrachteten Regionen das niedrigste Preisniveau hat, wäh- rend Falster in allen Angebotssegmenten den höchsten Durchschnittspreis zeigt (Tab. 56).

Tab. 56: Durchschnittspreis in Euro je Nacht und Person bei Vollbelegung in der Hauptsaison Durchschnittspreis in Euro je Nacht und Per- Fehmarn Großenbrode Lolland Falster son bei Vollbelegung in der Hauptsaison

Euro Index Euro Index Euro Index Euro Index Hotel (garni)/ Gasthof/ 42 79 30 57 48 92 63 119 Pension Privatzimmer 21 101 19 91 - - - - Ferienwohnung 18 100 15 83 20 109 34 192 Ferienhaus 19 94 15 77 19 94 21 104 Durchschnitt aller Unter- 22 79 18 70 31 122 30 119 kunftsformen Index: gewichteter Mittelwert aller vier Regionen = 100, eigene Berechnungen

Betrachtet man nur den Unterschied zwischen Deutschland (Fehmarn und Großenbrode) und Dänemark (Lolland und Falster), so ergibt sich ein Preisunterschied pro Tag und Person von rund zehn Euro (Abb. 35). Damit ist die Übernachtung auf der dänischen Seite im Durchschnitt mehr als 50% teurer als auf der deutschen Seite. Darin ist aber auch ein Struktureffekt enthal- ten: So wird der Durchschnittspreis in Dänemark auch durch die im Vergleich reichlich vor- handenen Zimmerkapazitäten in Hotels, Pensionen und Gasthöfen und die dafür fehlenden Privatzimmer nach oben gezogen. Vergleicht man die Preise daher segmentweise, so zeigt sich ein ganz erheblicher Preisunterschied bei Ferienwohnungen, die allerdings in Dänemark wenig verbreitet sind. Bei dem volumenmäßig sehr wichtigen und auch für den deutschen

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Quellmarkt bedeutsamen Segment der Ferienhäuser beträgt der Preisunterschied hingegen nur ca. 10%: Während auf der deutschen Seite ein Tagespreis von 18 EUR (sowohl in Ferien- häusern als auch in Ferienwohnungen) generiert wird, sind es auf der dänischen Seite 20 EUR.

Abb. 35: Unterkunfts-Preisdifferenz Fehmarn/Großenbrode vs. Lolland/Falster Ob und inwieweit das jetzt festgestellte Preisgefälle auch in der mittelfristigen Zukunft (2020 und darüber hinaus) Bestand haben wird, lässt sich nicht sicher prognostizieren.

Neben den Unterkunftsbetrieben sind auch die Freizeitbetriebe für das touristische Preisgefü- ge wesentlich. Allerdings sind die unterschiedlichen Einrichtungen kaum zu vergleichen. Ein deutlicher Preisunterschied ist aber nicht unmittelbar zu sehen (Tab. 57 und Tab. 58).

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Tab. 57: Preise für Erwachsenen-Tagestickets ausgewählter Freizeiteinrichtungen auf Lolland 2009

Eintrittspreis Art des Region Anbieter Kategorie (in € pro Er- Ort wachsenem) Tickets

Kunstmuseum Lolland Museum 8,70 € Tagesticket Fulgsand Fuglsang Stiftsmuseum in Lolland Museum 4,00 € Tagesticket Maribo Lolland "Czarens Hus” Museum 2,70 € Tagesticket Nykøbing Lolland Mittelalterzentrum Museum 14,10 € Tagesticket Nykøbing Maribo Jazz Festivalticket Lolland Musik & Theater 47,00 € Maribo Festival 4 Tage Femø Jazz Festi- Festivalticket Lolland Musik & Theater 134,00 € FemC val 5 Tage Lolland Theater Masken Musik & Theater - Nykøbing Einzelticket Lolland nykobing teater Musik & Theater 29,50 € höchste Kate- Nykøbing gorie Einzelticket Lolland nakskovteater Musik & Theater 28,20 € höchste Kate- gorie Lolland noerregadeteatret Musik & Theater 14,80 € Einzelticket Maribo Die Revue von 2-Tages- Lolland Musik & Theater 42,70 € Nykøbing Nykøbing F. Ticket Knuthenborg Lolland Tierpark/Zoo 20,80 € Maribo Maribo Lolland Vestenskov Kirke Sehenswürdigkeit 0,00 € Nakskov Freizeit & The- Lolland Lalandia 21,50 € Tagesticket Rødby menpark Freizeit & The- Lolland Golf & Fun Park 17,50 € Tagesticket Væggerløse menpark Eigene Recherchen

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Tab. 58: Preise für Erwachsenen-Tagestickets ausgewählter Freizeiteinrichtungen auf Fehmarn und in Neustadt 2009

Eintrittspreis Art des Region Anbieter Kategorie (in € pro Er- Ort wachsenem) Tickets

Experimenta Freizeit & The- Fehmarn 5,00 € Tagesticket Burg Fehmarn menpark Fehmarn U-Boot-Fehmarn Museum 5,50 € Tagesticket Burgstaaken Freizeit & The- Fehmarn Planet Erde 5,50 € Tagesticket Burgstaaken menpark Hochseilgarten Freizeit & The- Fehmarn 20,00 € Einzelticket Meeschendorf Fehmarn menpark Modellbahn- Freizeit & The- Fehmarn Paradies 7,00 € Tagesticket Burg menpark Fehmarn Meereszentrum Freizeit & The- Fehmarn 10,00 € Tagesticket Burg Fehmarn menpark Freizeit & The- Fehmarn Siloclimbing 5,00 € Tagesticket Burgstaaken menpark Freizeit & The- Neustadt Hansapark 28,00 € Tagesticket Sierksdorf menpark Burger Film- Fehmarn Museum 6,00 € Tagesticket Burgtiefe Theater Heimatmuseum Fehmarn Museum 3,00 € Tagesticket Burg "Peter Wiepert" Fehmarn Mühlenmuseum Museum 3,00 € Tagesticket Lemkenhafen Fehmarn Burger Kunsttage Musik & Theater 10,00 € Tagesticket Burg Burgruine Glam- Fehmarn Denkmal 0,00 € Burgtiefe bek Tagesticket Fehmarn Fehmare Badewelt 13,00 € Südstrand Badewelt Tagesticket Fehmarn Fehmare Badewelt 17,00 € Badewelt & Südstrand Wellnesswelt Eigene Recherchen

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2.5.4 Dänemark und Schweden als touristische Quellmärkte Für Deutschland sind der dänische und schwedische Quellmarkt heute relativ unbedeutend, nur rund 1% der etwa 370 Mio. statistisch erfassten Übernachtungen in Deutschland stammen aus Dänemark und Schweden.

Im Zeitverlauf ist die Nachfrage aus Schweden und Dänemark nach Deutschland insgesamt deutlich gewachsen (Tab. 59), die Übernachtungsnachfrage aus Dänemark hat sich mehr als verdoppelt und aus Schweden um rund ein Drittel erhöht.

Tab. 59: Gästeankünfte und -übernachtungen in Deutschland aus Schweden und Dänemark 1999-2010 Gäste in Beherber- ... aus Dänemark ... aus Schweden gungsbetrieben in Ankünfte Übernachtungen Ankünfte Übernachtungen Deutschland ... (in Tsd.) (in Mio.) (in Tsd.) (in Mio.) 1999 650 1,20 684 1,14 2000 670 1,30 761 1,29 2001 640 1,20 711 1,19 2002 650 1,20 723 1,20 2003 660 1,30 739 1,24 2004 700 1,40 779 1,31 2005 800 1,60 790 1,34 2006 900 1,70 837 1,20 2007 900 1,90 833 1,44 2008 1.000 2,00 815 1,43 2009 1.021 2,10 729 1,30 2010 1.214 2,53 859 1,51 Index 1999-2010 187 211 126 132 (1999 = 100) In Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten (ohne Camping), Datenquelle: DZT Marktinformation Dänemark 2011, Schweden 2011, mit Daten des Statistischen Bundesamtes sowie Destatis-Fachserie 6, Reihe 7.1

Für Schleswig-Holstein lag der Quellmarkt-Anteil Dänemarks und Schwedens mit 2,7% etwas höher als im Bundesdurchschnitt (1%). In den Zahlen für Schleswig-Holstein dürfte ein recht hoher Wert an Durchgangsreisenden enthalten sein. Darauf deutet die im Vergleich zu ande- ren Quellmärkten deutlich kürzere durchschnittliche Aufenthaltsdauer (vor allem der schwedi- schen Gäste) hin.

Im schleswig-holsteinischen Reisegebiet Ostsee ist die Bedeutung der dänischen und schwe- dischen Nachfrage wiederum höher als in Schleswig-Holstein (5,1% in Beherbergungsbetrie-

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ben) und in den vergangenen Jahren auch, zumindest für Dänemark, deutlich gestiegen (Tab. 60).

Tab. 60: Entwicklung der Übernachtungen im Reisegebiet Ostsee 2003-2009 Übernachtungen im 2003 2009 Index 2009 Reisegebiet Ostsee 2003 = 100

Beherbergungsbetriebe >8 Betten, ohne Camping aus Deutschland 8.200.027 8.067.088 98 aus Schweden 184.985 158.423 86 aus Dänemark 118.536 225.396 190 Alle Quellmärkte 8.771.663 8.733.943 100 Anteil Schweden 2,1% 1,8% Anteil Dänemark 1,4% 2,6% Anteil Schweden und Dänemark 3,5% 4,4% nur Urlaubscamping aus Deutschland 1.724.954 1.897.053 110 aus Schweden 10.683 10.240 96 aus Dänemark 17.006 16.183 95 Alle Quellmärkte 1.781.968 1.960.335 110 Anteil Schweden 0,6% 0,5% Anteil Dänemark 1,0% 0,8% Anteil Schweden und Dänemark 1,6% 1,3% Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, G IV 1

Auf der Insel Fehmarn ist der Anteil von schwedischen und dänischen Gästen generierte Übernachtungsanteil (2,4% in Beherbergungsbetrieben) nicht höher als im schleswig- holsteinischen Durchschnitt. Der Übernachtungsanteil schwedischer Gäste allerdings liegt mit inzwischen 2,3% nach einem Anstieg bis 2008 sogar leicht über dem Wert für das Reisegebiet Ostsee. Dies, in Kombination mit der relativ geringen Aufenthaltsdauer, spricht für eine dyna- mische Entwicklung im Kurzreisen- und Stop-Over-Markt aus Schweden, während Dänemark nur im Campingsegment in annähernd gleichem Umfang zur Übernachtungsentwicklung bei- tragen konnte (Tab. 61).

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Tab. 61: Ankünfte und Übernachtungen auf Fehmarn aus Dänemark und Schweden 2003-2009 Stadt Fehmarn Ankünfte Ankünfte Index Über- Über- Index Aufent- Aufent- 2003 2009 2003- nach- nach- 2003- halts- halts- 2009 tungen tungen 2009 dauer dauer 2003 2009 2003 2009 Beherbergungsbetriebe >8 Betten, ohne Camping aus Dänemark 610 697 114 1.016 1.344 132 1,7 1,9 aus Schweden 3.383 14.681 434 5.305 21.900 413 1,6 1,5 Alle Quellmärkte 144.081 171.078 119 1.053.426 957.700 91 7,3 5,6 Anteil Dänemark 0,4% 0,4% 0,1% 0,1% Anteil Schweden 2,3% 8,6% 0,5% 2,3% Anteil Schweden und 2,8% 9,0% 0,6% 2,4% Dänemark Camping (nur Urlaubscamping) aus Dänemark 420 658 157 944 1.774 188 2,2 2,7 aus Schweden 828 1.297 157 1.823 2.541 139 2,2 2,0 Alle Quellmärkte 132.403 147.119 111 838.881 789.387 94 6,3 5,4 Anteil Dänemark 0,3% 0,4% 0,1% 0,2% Anteil Schweden 0,6% 0,9% 0,2% 0,3% Anteil Schweden und 0,9% 1,3% 0,3% 0,5% Dänemark Quelle: Statistisches Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein, G IV 1 & Sonderzählung

Betrachtet man die Quellmärkte Dänemark und Schweden aus der Outgoingperspektive, so wird aber deutlich, dass sowohl für die Dänen als auch für die Schweden Deutschland das wichtigste Auslandsreiseziel ist: Rund ein Viertel der 8,7 Mio. dänischen Auslandsreisen füh- ren nach Deutschland, in Schweden beträgt der Anteil 14% von 9,3 Mio. Urlaubsreisen (Abb. 36).

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Abb. 36: Touristische Auslandsreisen im Quellmarkt Dänemark und Schweden

2.5.5 Erwartete Quellmarktentwicklung Die DZT strebt ein weiter wachsendes Volumen aus Dänemark an und sieht nach wie vor Wachstumspotenziale, insbesondere vor dem Hintergrund der sehr stabilen dänischen Wirt- schaftssituation. Als besonders attraktiv in Deutschland werden Städtereisen, Kunst- und Kul- turangebote, aber auch „Low-Cost-Angebote der Flug-, Bus- und Bahngesellschaften“ charak- terisiert. Die dänischen Urlaubsreisenden in Deutschland sind mehrheitlich mit dem Pkw un- terwegs (56%), der Busanteil liegt bei 12%, der Bahnanteil bei 11%. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der dänischen Urlaubsreisenden in Deutschland beträgt 3,8 Nächte, 56% der Urlaubsreisen sind Kurzreisen mit maximal 3 Nächten. Urlaub am Wasser spielt für die dänischen Urlaubsreisenden erwartungsgemäß keine große Rolle.

Auch für Schweden prognostiziert die DZT ein mittelfristiges Wachstumsziel von 1,6-1,8 Mio. Übernachtungen (2009: 1,36 Mio.). Für die Urlaubsreisen nach Deutschland benutzen die Schweden überwiegend das Flugzeug (38%). Der Pkw erreichte einen Anteil von 36%, die Bahn von 2%, 13% der Reisenden nutzten den Bus. Der klassische Erholungsurlaub führt die Schweden eher selten (11%) nach Deutschland. Wichtiger sind sogenannte „Anschaureisen“

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(Rund- und Städtereisen) mit einem Anteil von 60%. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug 2009 3,7 Nächte, 54% der Urlaubsreisen nach Deutschland waren Kurzreisen (maxi- mal 3 Nächte).

Nach Einschätzung der DZT ist aber auch im schwedischen Markt eine Preissensibilität vor- handen:

Die Beliebtheit preisgünstiger Reiseformen und -ziele führt zu einer wachsen- den Popularität osteuropäischer Destinationen. Die zunehmende Verkehrsan- bindung von Tallin, Riga und Polen und aufwendige Marketingaktivitäten we- cken Neugierde in Schweden auf diese Destinationen, die aufgrund eines ähn- lichen Angebots in starker Konkurrenz zu Deutschland stehen. (DZT 2011b)

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2.6 Ergebnisse empirischer Untersuchungen

Im Rahmen des Gutachtens wurden zahlreiche Daten empirisch erhoben. Die für das Gutach- ten relevanten Teile werden hier überblicksartig dargestellt.

2.6.1 Besucherbefragung Die Besucherbefragung wurde in den Monaten April bis Oktober 2009 im Untersuchungsraum in Form persönlicher Befragungen durchgeführt. Dazu wurden an 6 Standorten und an 61 Befragungstagen insgesamt 1.029 Interviews mit Übernachtungsgästen, Urlaubsortausflüglern und Wohnortausflüglern geführt. Die zeitliche Verteilung der Erhebungstage erfolgte nach Monaten in Anlehnung an die zu erwartenden Besucherfrequenzen. 43% der Interviews wur- den am Wochenende geführt, 57% an Werktagen. Eine Übersicht der Befragungspunkte und der jeweils realisierten Fallzahlen zeigt Karte 14: Befragungspunkte der Besucherbefragung 2009, der Fragebogen ist im Anhang (Abschnitt 4.2) wiedergegeben.

Im Folgenden werden lediglich die Ergebnisse referiert, die für das Gutachten von direkter Relevanz sind.

2.6.1.1 Tagesgästeanteil Erstmals liegt mit dieser Befragung eine empirische Erhebung vor, mit der im Zielgebiet der Anteil der Tagesgäste abgeschätzt werden kann. Insgesamt wurde in der Befragung ein Ta- gesgästeanteil von 21%, darin 10% Urlaubsortausflügler und 11% Wohnortausflügler, ermit- telt. Der Anteil der Wohnortausflügler ist erwartungsgemäß am Wochenende höher als in der Woche (Abb. 37) und in der Hauptsaison (Juli-August) niedriger als in der Randsaison.

Man muss an dieser Stelle darauf hinweisen, dass bestimmte Segmente in der Befragung nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt werden konnten. Das betrifft:

. Shopping-Touristen, insbesondere aus Skandinavien, die sich vorwiegend in und um die Grenzhandelsgeschäfte in Burg und Puttgarden aufhalten

. Personen, die ausschließlich zum zielgerichteten Besuch einer Attraktion (z. B. Meeres- zentrum, Modelleisenbahn) oder eines anderen bestimmten Punktes (z. B. zum Surfen) nach Fehmarn gekommen sind

. Tagesgeschäftsreisende (allerdings sind Geschäftsreisende grundsätzlich nicht Gegen- stand dieser Analyse).

Die Implikationen dieser Beschränkung wurden ausführlicher in Abschnitt 2.3.7 diskutiert.

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Karte 14: Befragungspunkte der Besucherbefragung 2009

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Abb. 37: Tagesgästeanteil nach Wochentag Quelle: Besucherbefragung 2009 2.6.1.2 Tagesausgaben der Befragten Für die nachfragebezogene Ermittlung von Wertschöpfungsindikatoren sind die Tagesausga- ben der Besucher eine wesentliche Grundlage. Nach den Ergebnissen der Besucherbefra- gung geben klassische Übernachtungsgäste (die also eine Unterkunft gemietet haben) inklu- sive Unterkunft fast 48 EUR pro Tag und Person vor Ort aus, während Personen, die keine direkten Kosten für die Unterkunft angeben (z. B. Besuch bei Verwandten und Freunden oder Zweitwohnungsinhaber oder Dauercamper), pro Tag noch auf gut 25 EUR kommen, was in etwa den Tagesausgaben von Urlaubsortausflüglern (fast 27 EUR) entspricht. Wohnortaus- flügler hingegen geben mit fast 34 EUR signifikant mehr aus (Abb. 38).

Beim Vergleich mit anderen Quellen (z. B. Maschke 2005, 2007, DWIF 2005a, 2005b, 2007) ist zu beachten, dass in der Besucherbefragung gezielt nach Ausgaben vor Ort gefragt wurde. Diese können natürlich von den Gesamtausgaben z. B. für einen Tagesausflug abweichen, bilden aber die lokale Perspektive, um die es hier geht, deutlich besser ab.

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Abb. 38: Tagesausgaben der relevanten Zielgruppen (Ausgaben pro Person und Tag) Quelle: Besucherbefragung 2009 2.6.1.3 Wiederbesuchsabsicht Die Wiederbesuchsabsicht ist hier relevant, weil im Bewertungsteil solche Gäste, die ohnehin nicht wiederkommen wollen, anders berücksichtigt werden müssen als potenzielle oder tat- sächliche Stammgäste. Außerdem kann hier die Bedeutung der geplanten Festen Fehmarn- beltquerung als spontan benanntes Hindernis für einen Wiederbesuch ermittelt werden: Zum Zeitpunkt der Frage A13 wussten die Befragten noch nicht, dass es in dem Interview um die Fehmarnbeltquerung geht. Die Wiederbesuchsabsicht wurde differenziert für den Zeitraum „in etwa drei Jahren“ (entspricht 2012/2013, nach dem damaligen Zeitplan der Beginn der Bauar- beiten) und „in etwa zehn Jahren“ (entspricht 2019, nach dem damaligen Zeitplan nach Ende der Bauarbeiten) abgefragt. Diejenigen, die angaben, nicht wiederkehren zu wollen, wurden nach den Gründen gefragt. Dabei lassen sich drei Gruppen von Antworten unterscheiden: Variety Seeking beinhaltet Aussagen wie „Ich suche Abwechslung bei meinen Reisezielen“ oder „Ich möchte nicht wiederholt dasselbe Ziel besuchen“. Gründe des Angebots sind desti- nationsspezifische Unzufriedenheiten wie „schlechtes Wetter“ oder „dreckiger Strand“. Andere persönliche Gründe sind z. B. Krankheiten, aber auch die Perspektive, in zehn Jahren wahr- scheinlich zu alt zu sein, um dann noch zu verreisen (Abb. 39).

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Die Wiederbesuchsabsicht ist generell sehr hoch, vor allem in der Zehnjahresperspektive überwiegen die „anderen persönlichen Gründe“ als Ablehnungsmotiv. Die geplante Feste Fehmarnbeltquerung war spontan für keinen Befragten ein Grund, einen Wiederbesuch in drei oder zehn Jahren abzulehnen.

Abb. 39: Wiederbesuchsabsicht und Gründe gegen einen Wiederbesuch Quelle: Besucherbefragung 2009 2.6.1.4 Attraktivitätswahrnehmung Die Attraktivitätswahrnehmung enthält zahlreiche Elemente, die aus anderen Untersuchungen bereits bekannt sind (NIT 2006a, 2007, 2009). Wie zu erwarten, sind gute Luft und schöne Landschaft in Kombination mit Strand, Meer und Baden die wesentlichen Attraktionspunkte. In der Frage wurden aber gezielt gutachtenrelevante Aspekte aufgenommen, so die gute Er- reichbarkeit, das Shopping-Erlebnis und vor allem die Nähe zu Dänemark. Der letzte Punkt wird immerhin von jedem fünften Befragten genannt, rangiert aber nur an drittletzter Stelle der zwanzig wichtigsten Aspekte (Abb. 40).

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Abb. 40: Attraktivitätswahrnehmung der Besucher Quelle: Besucherbefragung 2009 2.6.1.5 Wahrgenommene Störfaktoren Um die mögliche Störwirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung einzuordnen, ist eine Erhe- bung der heutigen Störfelder aus Sicht der Besucher notwendig. Dazu wurde zu Beginn des Fragenblocks offen gefragt, ob Störungen gleich welcher Art wahrgenommen wurden („spon- tan genannt“). Anschließend wurden 15 Punkte vorgegeben und hinsichtlich ihrer Wahrneh- mung bewertet („gestützte Abfrage“).

Wie Abb. 41 zeigt, liegen die größten Störpotenziale im Bereich der Verkehrsstauungen bei der Anreise (spontan von 4% genannt, gestützt von 17%) und der Belästigung durch Pkw- und Lkw-Verkehr, nicht aber durch den Eisenbahnverkehr. Auffallend ist, dass bei den Spontan- nennungen die angebotsinduzierten Monita überwiegen: Schlechter Service, unzureichende Öffnungszeiten, Kurtaxe, überhöhte Gebühren und Eintritte, Unsauberkeit, schlechte Radwe- ge, Parkgebühren und zu wenig Angebot für Kinder werden in der Summe deutlich häufiger spontan genannt als die Verkehrsbelastung oder Überfüllung.

Übernachtungsgäste sind hinsichtlich der Störungswahrnehmung etwas empfindlicher als Ta- gesgäste. So monierten 19% der Übernachtungsgäste (Tagesgäste: 10%) „Verkehrsstaus bei

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der Anreise“, 5% der Übernachtungsgäste (Tagesgäste: 2%) „zu viele Menschen“ und „schlechtes Wetter“.

Es muss aber auch vermerkt werden, dass die Mehrheit (71% bei den Spontannennungen und 62% bei der gestützten Abfrage) keine Störungen angeben konnte.

Abb. 41: Störfaktoren bei Anreise und Aufenthalt Quelle: Besucherbefragung 2009 2.6.1.6 Kenntnis und Bewertung der Festen Fehmarnbeltquerung Der Anteil der Fehmarnbesucher, die bereits von der Planung einer Festen Fehmarnbeltque- rung gehört haben, ist recht hoch (88% der Übernachtungsgäste und 81% der Tagesgäste), mit Abstand wichtigste Informationsquelle sind die Medien (ca. 90%).

Befragt nach der grundsätzlichen Einstellung gegenüber den Planungen einer Festen Fehmarnbeltquerung ist das Bild differenziert. Insgesamt überwiegt die Gruppe der Unent- schlossenen (43%) und es gibt mehr Ablehner (34%) als Befürworter (24%) (Abb. 42). Bildet man aus dem Anteil der Gruppe der Befürworter und dem Anteil der Gruppe der Ablehner einen Saldo, so ergibt sich insgesamt ein Wert von –10 Prozentpunkten (24% – 34% = –10 Prozentpunkte).

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Abb. 42: Kenntnisstand und grundsätzliche Bewertung der Planungen zur Festen Fehmarnbeltque- rung Quelle: Besucherbefragung 2009

Dieser Saldowert differiert aber erheblich zwischen den verschiedenen Zielgruppen und hat vor allem mit der Bindung der Besucher an die Destination zu tun. Trägt man die oben einge- führten Saldowerte in einem Bindungsmodell ab, so zeigen sich deutlich abnehmende Zu- stimmungsquoten mit zunehmender Aufenthaltshäufigkeit bzw. Bindung an die Destination. Außerdem zeigt sich, dass Tagesgäste die Planungen beträchtlich positiver einschätzen als Übernachtungsgäste (Abb. 43).

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Abb. 43 Generellen Einstellung nach Aufenthaltshäufigkeit und Destinationsbindung Quelle. Besucherbefragung 2009 (Ü = Übernachtungsbesucher, T = Tagesbesucher)

2.6.1.7 Besuchererwartungen Die Ermittlung der erwarteten Auswirkungen wurde zunächst als spontane Nennung („unge- stützt“, also ohne Vorgaben) und anschließend mit einer Listenvorgabe („gestützt“) vorge- nommen. Befragt wurden außerdem nur solche Personen, die einen Wiederbesuch nicht aus- geschlossen haben.

Die ungestützten Nennungen wurden detailliert codiert und anschließend in Gruppen zusam- mengefasst. Dabei wurde in der Fragestellung jeweils der Impuls „für Sie persönlich“ gegeben, um von den Befragten möglichst spezifische Antworten zu erhalten. Außerdem wurde jeweils nach Bauphase, Realisierung als Brücke und als Tunnel unterschieden. Im Folgenden werden zunächst Überblicksergebnisse dargestellt und anschließend je Szenario vertieft.

Abb. 44 zeigt, dass die Mehrheit (>56%) keine Effekte für sich sieht oder nur solche Effekte benennt, die außerhalb des Untersuchungsraumes liegen. Positive Effekte werden spontan so gut wie gar nicht genannt, negative Effekte allerdings recht häufig, insbesondere durch die

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Erwartung von Verkehrszunahme und Umwelt- und Landschaftszerstörung. Diese negativen Effekte werden für die Bauphase am ausgeprägtesten angenommen.

In der Betriebsphase, unabhängig von der Realisierung als Brücke oder Tunnel, nennen rund 11% der Befragten eine bessere Erreichbarkeit Skandinaviens als Auswirkung für sich selbst. Obwohl dies aus individueller Perspektive (des Befragten) wohl positiv einzuschätzen ist, wur- de diese Nennung hier als neutral eingestuft, denn die Auswirkungen einer besseren Erreich- barkeit Skandinaviens können für die Destination sowohl positive Aspekte (z. B. steigende Attraktivität durch neue Ausflugsziele) als auch negative Aspekte (z. B. Abwandern von Tou- risten) nach sich ziehen.

Abb. 44: Besuchererwartungen im Überblick (spontane Nennungen, kategorisiert) Quelle: Besucherbefragung 2009 Fasst man jeweils die Befragten, die negative, neutrale oder positive Aspekte der Festen Fehmarnbeltquerung benannt haben, in Nettogruppen zusammen, so zeigt sich hier ein deut- lich negativeres Bild als in der Abfrage der generellen Einstellung gegenüber einer Festen Fehmarnbeltquerung. Insbesondere für die Bauphase, aber auch für die Betriebsphase, ist der Anteil der Befragten, die ungestützt und spontan negative Aspekte benennen, deutlich höher als der Anteil derer, die (auch) positive Aspekte benennen (Abb. 45). Die Summe der Nen-

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nungen ist hier größer als 100, da einige Befragte negative, positive und neutrale Aspekte äußerten.

Die bei der Analyse der generellen Einstellung zur Festen Fehmarnbeltquerung gezeigte Diffe- renzierung nach Bindung an die Destination kann hier ebenfalls, aber weitaus schwächer aus- geprägt, gefunden werden: So sind die Anteile derjenigen, die negative Aspekte benennen, bei den Befragten mit höherer Bindung noch höher als bei den Befragten mit geringerer Bin- dung (Abb. 46).

Abb. 45: Besucher-Erwartungen (Nettowerte) Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 46: Besucher-Erwartungen nach Bindung Quelle: Besucherbefragung 2009 In der gestützten Abfrage wurden Antworten vorgegeben (natürlich können diese Antworten auch schon bei der Spontanabfrage eine Rolle gespielt haben, dann sind sie außerdem in der Spalte „ungestützt“ gezählt).

Auch hier spielen negative Konsequenzen in den Bereichen Verkehr und Landschaftsstörung die wichtigste Rolle (Abb. 47). Verkehrsstaus werden ebenfalls vor allem in der Bauphase befürchtet. Rund 10% der Befragten sind der Meinung, eine Baustelle wäre eine sehenswerte Attraktion, und 35% stimmen der Aussage zu, dass eine Brücke ein sehenswertes Jahrhun- dertbauwerk sei.

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Abb. 47: Besucher-Erwartungen im Überblick Quelle: Besucherbefragung 2009 Zur Detaillierung dieser zentralen Ergebnisse werden im Folgenden alle spontan genannten Erwartungen („ungestützt“) und die Antworten zu den Listenvorgaben („gestützt“) noch einmal getrennt für Übernachtungs- und Tagesgäste dargestellt, und zwar differenziert nach Baupha- se, Realisierung als Brücke und Realisierung als Tunnel:

Bauphase o Spontane Erwartungen: Abb. 48 o Antworten zur Listenvorgabe: Abb. 49 Betriebsphase (Tunnel) o Spontane Erwartungen: Abb. 50 o Antworten zur Listenvorgabe: Abb. 51 Betriebsphase (Brücke) o Spontane Erwartungen: Abb. 52 o Antworten zur Listenvorgabe Abb. 53

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Abb. 48: Besucher-Erwartungen in der Bauphase: Spontane Nennungen Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 49: Besuchererwartungen in der Bauphase: Listenvorgabe Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 50: Besucher-Erwartungen in der Betriebsphase (Tunnel): Spontane Nennungen Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 51: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Tunnel): Gestützte Abfrage Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 52: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Brücke): Spontane Nennungen Quelle: Besucherbefragung 2009

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Abb. 53: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Brücke): Listenvorgabe Quelle: Besucherbefragung 2009

2.6.1.8 Konation: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubs- gestaltung Am Ende des inhaltlichen Fragebogenteils wurde nach dem heute wahrgenommenen Einfluss der Bauphase bzw. Realisierung als Brücke oder Tunnel auf die eigene Urlaubs- und Aus- flugsplanung gefragt.

Diese Werte stellen natürlich nur eine subjektive und vorausschauende Einschätzung für das eigene Verhalten dar. Die Realisierung dieses Verhaltens, sowohl in negativer als auch in positiver Richtung, ist damit keineswegs automatisch gegeben, sondern vielmehr von zahlrei- chen Einflussfaktoren abhängig.

Gleichwohl vermag die Analyse einen Eindruck der großen Linien zu geben, in denen sich Urlaubs- und Reiseverhalten der heutigen Gäste durch die Feste Fehmarnbeltquerung verän- dern könnten.

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Die überwiegende Mehrheit sieht heute keinen Einfluss auf das heutige Reiseverhalten, weder in der Bau- noch in der Betriebsphase (Abb. 54). Dennoch gibt es zwischen beiden Phasen Unterschiede: So sagen heute bereits 9% der Befragten, dass sie in der Bauphase die Region Fehmarn/Großenbrode meiden würden. Für die Betriebsphase sinkt dieser Wert auf knapp die Hälfte.

Andererseits gibt es rund 7% der Befragten, die heute schon angeben, dass sie die Baustelle gern besichtigen möchten. Dieser Wert ist für die Realisierung als Brücke doppelt so hoch, nach Auskunft der Befragten ist die Vorstellung einer Brücke also attraktiver als die Vorstel- lung einer Baustelle.

Abb. 54: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Überblick Quelle: Besucherbefragung 2009 Fasst man diese Konationswerte zusammen, so ergeben sich recht eindeutige und vor allem nahezu überschneidungsfreie Strukturen (lediglich ein Befragter lässt sich nicht eindeutig ei- ner negativ oder positiv reagierenden Gruppe zuordnen und wurde hier der neutralen Gruppe zugeordnet).

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Abb. 55 zeigt deutlich, dass die ganz überwiegende Zahl der Befragten einer neutralen Grup- pe zuzuordnen ist. In der Bauphase überwiegt der Anteil der negativen Gruppe gegenüber dem Anteil der positiven Gruppe um 5 Prozentpunkte.

In der Betriebsphase hingegen ist sogar ein positiver Saldo (mit 9 Prozentpunkten im Fall der Brücke und 3 Prozentpunkten im Fall des Tunnels) gegeben.

Abb. 55: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Nettowerte Quelle: Besucherbefragung 2009 Eine Analyse der Bindungsgruppen (Abb. 56) zeigt die durchgängig negative Verhaltensab- sicht in der Bauphase, und zwar durchgängig in allen Bindungsgruppen.

Demgegenüber führt die Brücke per Saldo eher zu positiven Verhaltensabsichten, und zwar vor allem in der Gruppe der Tages- und Übernachtungsgäste. Auch die Gruppe der Dauerbe- sucher weist eher neutrale Verhaltensabsichten auf. In der Tendenz ist diese Aussage auch auf die Realisierung als Tunnel zu übertragen, wenn auch die positiven Verhaltensabsichten hier tendenziell verhaltener ausfallen als im Realisierungsfall „Brücke“.

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Abb. 56: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Bindungsab- hängigkeit Quelle: Besucherbefragung 2009

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2.6.1.9 Vergleich mit weiteren Befragungen zur Perzeption der Festen Fehmarnbelt- querung Im Auftrag von Femern A/S hat die TNS Infratest Sozialforschung GmbH bisher drei Telefon- befragungen mit jeweils n = 2.000 (Welle 3) bzw. 1.000 (Wellen 1-2) Befragten in den deut- schen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Hamburg durchge- führt. Grundgesamtheit ist die Wohnbevölkerung in privaten Haushalten dieser Bundesländer ab 18 Jahren. Außerdem wurden jeweils rund 1.000 telefonische Interviews in Dänemark durchgeführt, Grundgesamtheit sind Dänen in privaten Hausalten in Dänemark im Alter ab 18 Jahren.

Die folgenden Ergebnisse beziehen sich im Wesentlichen auf die dritte Befragungswelle in Deutschland, deren Daten im Zeitraum 2. bis 20. März 2011 erhoben wurden.

Der Informationsstand der Befragten bezüglich der Festen Fehmarnbeltquerung ist unter- schiedlich ausgeprägt. Insgesamt fühlen sich 40% der Befragten in Deutschland gut oder sehr gut informiert (Tab. 62), in der dänischen Korrespondenzbefragung sind es 38%. Ältere Be- fragte in Deutschland fühlen sich deutlich besser informiert als Jüngere. Im Vergleich zur Be- sucherbefragung 2009 ist der Informationsstand der Einwohner also insgesamt deutlich gerin- ger ausgeprägt. Dieses Ergebnis war zu erwarten, da das oben aufgestellte touristische Bin- dungsmodell bereits zeigte, dass der Informationsstand mit steigender Bindung zunimmt und bei Besuchern und Einwohnern im Untersuchungsraum dieser Studie eine höhere Bindung zu erwarten ist als unter den Einwohnern des norddeutschen Raumes.

Tab. 62: Wahrgenommener Informationsstand der Befragten in Deutschland, März 2011 Alle Befragten 18-24 25-34 35-44 45-59 60+ Jah- Jahre Jahre Jahre Jahre re

Basis 2.000 167 292 315 566 642

„Und was meinen Sie: Wie gut sind Sie über das Projekt informiert? Fühlen Sie sich darüber …“ sehr gut infor- 4% miert 40% 13% 23% 37% 44% 52% gut informiert 36% nicht sehr gut 35% informiert 60% 87% 77% 63% 55% 47% gar nicht in- 25% formiert Quelle: TNS Infratest (unveröffentlicht), eigene Berechnungen Die generelle Einstellung gegenüber dem Projekt „Feste Fehmarnbeltquerung“ ist in der deut- schen Bevölkerung überwiegend neutral, 33% berichten aber eine sehr oder eher positive Einstellung gegenüber der Festen Fehmarnbeltquerung (Tab. 63). Diese Werte sind in der dänischen Korrespondenzbefragung noch deutlich höher (46% sehr oder eher positiv). Der Anteil der grundsätzlichen Querungsbefürworter ist unter denjenigen, die sich gut oder sehr gut informiert fühlen, höher als in der Gegengruppe.

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Tab. 63: Grundsätzliche Einstellung zur Festen Fehmarnbeltquerung der Befragten in Deutschland, März 2011 Alle Befragten Befragte. die sich Befragte, die sich we- (sehr) gut informiert niger oder nicht gut fühlen informiert fühlen Basis 2.000 799 1.193

„Unabhängig davon, ob Sie davon gehört haben oder nicht: Wie ist Ihre generelle Einstellung zu dem Pro- jekt? Ist sie…“ sehr positiv 10% 16% 7% eher positiv 23% 24% 21% neutral 46% 36% 52% eher negativ 13% 15% 12% sehr negativ 6% 8% 5% Saldo (Top 2 – Low 2) +14 +17 +11 Quelle: TNS Infratest (unveröffentlicht) Der Anteil derjenigen, die eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber der Festen Fehmarnbeltquerung berichten, ist zudem seit 2009 leicht gewachsen (von 30% auf 33%), während der Anteil derjenigen, die dem Projekt grundsätzlich kritisch gegenüberstehen, deut- lich abgenommen hat (von 26% auf 19%) (Tab. 64).

Tab. 64: Grundsätzliche Einstellung zur Fehmarnbeltquerung der Befragten in Deutschland, 2009-2011 März 2009 März 2010 März 2011 Basis 1.000 1.000 2.000

„Unabhängig davon, ob Sie davon gehört haben oder nicht: Wie ist Ihre generelle Einstellung zu dem Pro- jekt? Ist sie…“ sehr positiv 9% 9% 10% eher positiv 21% 22% 23% neutral 43% 47% 46% eher negativ 18% 13% 13% sehr negativ 8% 7% 6% Saldo (Top 2 – Low 2) +4 +11 +14 Quelle: TNS Infratest (unveröffentlicht) Die Saldowerte korrespondieren in der Größenordnung recht gut mit den in der Besucherbe- fragung 2009 für die Gruppe der Tagegäste ermittelten Salden (Besucherbefragung: +9, Ein- wohner: +11).

Eine deutliche Mehrheit der Befragten in Deutschland erwartet vom Bau der Festen Fehmarn- beltquerung negative Auswirkungen auf Flora und Fauna in der Umwelt, und zwar weitgehend unabhängig vom wahrgenommenen Informationsstand. Für die Betriebsphase werden die

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negativen Auswirkungen weniger drastisch gesehen, insbesondere in der Gruppe derjenigen, die sich gut informiert fühlen (Tab. 65). Auch hier zeigt sich in der Tendenz eine gute Passung zur Besucherbefragung 2009, in der Umwelt- und Landschaftsstörung (neben der Verkehrs- zunahme) als wichtigste negative Erwartung genannt wurde, und zwar in der Bauphase aus- geprägter als in der Betriebsphase. Die korrespondierenden Befragungsergebnisse in Däne- mark zeigen eine deutlich geringer ausgeprägte Befürchtung, dass negative Konsequenzen für die Umwelt eintreten könnten.

Tab. 65: Erwartung negativer Auswirkungen auf Flora und Fauna bei Befragten in Deutschland, März 2011 Alle Befragten Befragte. die sich Befragte, die sich we- (sehr) gut informiert niger oder nicht gut fühlen informiert fühlen

Basis 2.000 799 1.193

„Erwarten Sie, dass die Bauarbeiten einen negativen Einfluss auf Flora und Fauna in der Umgebung des Bauwerks haben? Würden Sie sagen…“ Ja, auf jeden Fall 29% 29% 29% Ja, wahrscheinlich 43% 40% 45% Nein, wahrscheinlich nicht 19% 21% 17% Nein, auf keinen Fall 6% 6% 6% Saldo (Top 2 – Low 2) +47 +42 +51 „Und erwarten Sie einen negativen Einfluss auf Flora und Fauna in der Umgebung der Querung nach Ab- schluss der Bauarbeiten, wenn diese durch den Straßen- und Schienenverkehr genutzt wird? Würden Sie sagen…“ Ja, auf jeden Fall 23% 21% 24% Ja, wahrscheinlich 39% 35% 42% Nein, wahrscheinlich nicht 28% 32% 25% Nein, auf keinen Fall 7% 9% 6% Saldo (Top 2 – Low 2) +27 +15 +35 Quelle: TNS Infratest (unveröffentlicht) Gleichzeitig werden von den Einwohnern Norddeutschlands aber auch zahlreiche positive Erwartungen an die Feste Fehmarnbeltquerung geknüpft, insbesondere in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht. Hierbei zeigen sich kaum nennenswerte Unterschiede nach dem Informa- tionsstand. Befragte, die ihren eigenen Informationsstand als weniger oder nicht gut bezeich- nen, antworten in sehr ähnlicher Weise wie die Gegengruppe.

In der Befragung werden vier tourismusspezifische Aspekte genannt. So erwartet in Deutsch- land jeweils mehr als die Hälfte der Befragten, dass der Bau (54%) und, in der Betriebsphase, die Feste Fehmarnbeltquerung selbst (56%) eine eigenständige touristische Attraktion darstel- len. Fast 80% der Befragten in Deutschland erwarten zudem, dass der Tourismusverkehr zwi- schen Deutschland und Dänemark durch die Feste Fehmarnbeltquerung gefördert wird. Einen Verlust von Touristen auf Fehmarn erwarten hingegen nur 30% der Befragten (Tab. 66).

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Tab. 66: Erwartung weiterer Auswirkungen Erwartung weiterer Auswirkungen (Top 2: „Stimme zu“ und Alle Be- Befragte. Befragte, „Stimme voll zu“, auf einer 4er-Skala) fragten die sich die sich (sehr) gut weniger informiert oder nicht fühlen gut infor- miert füh- len Basis 2.000 799 1.193

Die Querung wird den Tourismusverkehr zwischen Däne- 79% 75% 82% mark und Deutschland fördern Durch die Querung rückt Skandinavien näher an das europä- 77% 82% 73% ische Festland heran. Die Benutzungsgebühren sollten sich an den Tarifen der 69% 73% 67% Fähren für die gleiche Distanz orientieren. Die Querung ist eine gute Investition in die zukünftige Infra- 66% 67% 65% struktur. Die feste Querung wird Deutschland wirtschaftlichen Nutzen 65% 68% 64% bringen Die Querung selbst wird zu einer Touristenattraktion werden. 56% 54% 57% Die Querung wird zu mehr Arbeitsplätzen in der Region 56% 51% 60% führen. Die Querung wird zu einem stärkeren kulturellen Austausch 56% 55% 57% zwischen Dänemark und Deutschland führen. Der Bau der Querung wird zu einer Touristenattraktion wer- 54% 55% 53% den Es wird genügend Benutzer geben, um die Querung durch 47% 48% 46% deren Mautgebühren finanzieren zu können. Die Querung wird dem Tourismus auf der Insel Fehmarn 30% 37% 25% schaden. Die Querung sollte besser durch die Steuerzahler finanziert 19% 20% 17% werden, als über Mautgebühren von den Benutzern. Top 2: „Stimme zu“ und „Stimme voll zu“ auf einer 4er-Skala Quelle: TNS Infrastest In der Zeitreihe 2009 – 2011 ist im Hinblick auf die tourismusspezifischen Aspekte keine ein- heitliche Tendenz festzumachen. So geht die Zustimmung zu dem Statement „Querung wird dem Tourismus auf Fehmarn schaden“ um sieben Prozentpunkte zurück, die Zustimmung zu dem Statement „Querung wird zu einer Touristenattraktion“ um sechs Prozentpunkte. Gleich- zeitig steigt die Zustimmung zur verkehrsfördernden Wirkung der Festen Fehmarnbeltquerung (um sechs Prozentpunkte) (Tab. 67).

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Tab. 67: Tourismusbezogene Statements in der Einwohnerbefragung 2009 – 2011 März 2009 März 2010 März 2011 Basis 1.000 1.000 2.000

Die Querung wird den Tourismusverkehr zwischen 73% 80% 79% Dänemark und Deutschland fördern Die Querung selbst wird zu einer Touristenattraktion 62% 60% 56% werden. Der Bau der Querung wird zu einer Touristenattrakti- - 58% 54% on werden Die Querung wird dem Tourismus auf der Insel 37% 32% 30% Fehmarn schaden Quelle: TNS Infratest Die Ergebnisse dieser Fragen sind nur sehr begrenzt mit der Besucherbefragung 2009 ver- gleichbar. In der Besucherbefragung wurde versucht, im Hinblick auf die Definition der Grund- gesamtheit, die Auswahl der Befragten und die konkreten Fragestellungen eine möglichst spezifische Befragungssituation mit einer möglichst großen Nähe zur Situation des Befragten und seinen eigenen Wahrnehmungen und Plänen herzustellen. Diese Spezifität ist in einer Befragung der Bevölkerung am Wohnort in einem relativ großen Einzugsbereich, von der sich die Mehrheit zudem im Hinblick auf den Befragungsgegenstand wenig oder gar nicht infor- miert fühlt, nicht zu erwarten. Gleichwohl lassen sich gerade aus den unterschiedlichen Befra- gungsanlagen wertvolle Hinweise für die Interpretation gewinnen. So wird durch das Ergebnis der Besucherbefragung noch einmal verdeutlicht, dass mit zunehmender Bindung an die Un- tersuchungsregion nicht nur eine weitergehende Auseinandersetzung mit der Festen Fehmarnbeltquerung einhergeht (Informationsstand), sondern auch die kritischen Aspekte eine deutlichere Betonung erfahren. Während es also den Befragten aus der entfernten Per- spektive (Einwohner Norddeutschlands) leichter gelingt, die positiven Aspekte der Festen Fehmarnbeltquerung zu sehen, sind diejenigen, die sich selbst als Touristen in der Region befinden, stärker geneigt, die kritischen Aspekte wahrzunehmen und zu berichten.

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2.6.2 Qualitative Analyse Im Rahmen der qualitativen Analyse wurden drei Fokusgruppeninterviews mit insgesamt 24 Personen durchgeführt, die Urlaubserfahrung in der Region haben oder für die die Destination Ostsee grundsätzlich in Frage kommt, die aber die Untersuchungsregion noch nicht besucht haben (Tab. 68).

Tab. 68: Zielgruppenquoten der qualitativen Analyse Zielgruppenquoten Anzahl Stammgäste: Personen, die in den Jahren 1999-2009 bereits mehr als dreimal auf A 7 Fehmarn oder in Großenbrode ihren Urlaub verbracht haben Gäste: Personen, die in den Jahren 1999-2009 bereits ein- oder zweimal auf 5 Fehmarn oder in Großenbrode ihren Urlaub verbracht haben Tagesausflügler: Personen, die in den Jahren 1999-2009 zwar schon einmal an der deutschen Ostseeküste, aber nicht auf Fehmarn oder in Großenbrode ihren Urlaub 7 verbracht haben, aber Fehmarn bzw. Großenbrode bei einem Tagesausflug besucht haben. Nichtgäste: Personen, die in den Jahren 1999-2009 zwar schon einmal an der deut- schen Ostseeküste ihren Urlaub verbracht haben, aber nicht auf Fehmarn oder in 5 Großenbrode waren. Personen, die in den Jahren 1999-2009 Campingurlaub auf Fehmarn oder in B 7 Großenbrode gemacht haben Personen, die in den Jahren 1999-2009 in einer Ferienwohnung oder in einem gemie- teten Zimmer (z. B. Hotel, Gasthof) auf Fehmarn oder in Großenbrode übernachtet 8 haben C Personen bis 39 Jahre 6 Personen 40-59 Jahre 11 Personen 61 Jahre und älter 7 D Personen, die mit Kindern an die deutsche Ostsee reisen 15 Personen, die ohne Kinder an die deutsche Ostsee reisen 9 Quelle: Fokusgruppenstudie 2009

Die im Folgenden dargestellten Ergebnisse enthalten jeweils die Äußerungen der Befragten aus den Fokusgruppeninterviews. Dargestellt sind also Befürchtungen und Hoffnungen der Befragten. Diese Äußerungen stellen, wie alle Ergebnisse von Befragungsstudien, die Wahr- nehmung der Befragten und nicht das Gutachtenergebnis dar.

2.6.2.1 Destinations-Attraktivität Fehmarn wird insbesondere durch die Landschaft, vielfältige Aktivitätsmöglichkeiten und ho- hen Erholungswert attraktiv. Im Gegensatz zu anderen Regionen an der Ostseeküste wie „Damp 2000“ oder auch Heiligenhafen („am Hafen nur Betonklötze!“ und „Masse statt Klasse

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war wohl damals beim Bau das Motto!“) beschreiben die Befragten Fehmarn als eher ur- sprünglich, weitestgehend naturbelassen und ländlich. „Mit Ausnahme dieser schlimmen Hochhäuser bei Burg ist es nicht so zubetoniert, man sieht eigentlich hauptsächlich kleine, viele reetgedeckte Häuser und Bauernhöfe.“

Die Region bietet diverse Möglichkeiten, auch viele Angebote für Kinder. „Man kann dort nicht nur baden, sondern auch surfen, reiten, Bootstouren machen oder um die Insel radeln.“ Zu- dem ist ein Ausflug nach Dänemark mit der Fähre reizvoll: „Das ist für die Kinder ganz aufre- gend, mit so einem großen Schiff zu fahren und dann auch noch in einem anderen Land an- zukommen“ und „Auch das Aquarium ist sehenswert, mit den Haifischen!“

Fehmarn wird ein großer Erholungswert attestiert; es ist in den Sommermonaten touristisch nicht so überlaufen wie Timmendorfer Strand („wo dann am Wochenende auch noch die gan- zen Hamburger Tagesgäste dazukommen!“), sondern die Touristen verteilen sich auf der Insel und man findet auch einsame Ecken. Speziell nachdem die Butterfahrten endgültig eingestellt wurden, hat sich die touristische Ballung auf Fehmarn durch Butterfahrtstouristen (individuell oder auch als Reisegruppen) deutlich gebessert.

Auch Insellage, Grenznähe und günstiges Preisniveau tragen zur Attraktivität der Region Fehmarn bei. Urlaub auf einer Insel hat einen speziellen Reiz, der wie folgt beschrieben wird:

. Emotionale Aspekte, verstärktes Urlaubserlebnis: „Man fährt über die Brücke oder auf die Fähre und lässt genau in dem Moment den Alltag hinter sich“ oder „Ich fühle mich dann so ein bisschen robinsonmäßig, ich habe da mein Eiland, meine Ruhe und bin vom Rest der Welt quasi abgeschirmt.“

. Auch praktische Vorteile werden angeführt: „Egal wo man auf der Insel wohnt, man ist immer schnell am Wasser“ und „Man hat die Auswahl, überall, auf jeder Seite ist ein Strand.“

Die Grenze zu Dänemark und die Fährverbindung tragen zusätzlich zur Alleinstellung und zur Steigerung des Urlaubserlebnisses auf Fehmarn bei. „Das ist wie so eine kleine zusätzliche Kreuzfahrt im Urlaub“ und „Man kann da einen Tagesausflug mit der Fähre nach Dänemark machen, kann an Bord auch noch zollfrei einkaufen!“ Die Dänen werden als sympathisches und umgängliches Volk beschrieben. Mehrere Befragte hatten bereits Kontakt zu Skandinavi- ern (als Nachbarn auf Campingplätzen bzw. in Ferienhäusern oder in der Gastronomie). Ins- gesamt fallen ausländische Gäste auf Fehmarn aber kaum auf („Da sind gar nicht so viele Skandinavier!“), und wenn, dann nicht negativ.

Das allgemeine Preisniveau wird von mehreren Befragten im Vergleich zur deutschen Nord- seeküste als deutlich günstiger wahrgenommen. „Ich habe immer das Gefühl, je weiter man von Westen nach Osten fährt, umso preiswerter wird es, obwohl die Mecklenburger jetzt bei- spielsweise auf Rügen auch langsam die Preise anziehen!“

Mehrfach wird berichtet, dass die Atmosphäre auf Fehmarn sehr bodenständig und echt ist. Nichts wirkt gekünstelt, sondern alles ist natürlich und normal geblieben, so dass sich jeder-

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mann hier wohlfühlen kann. „Hier ist nichts aufgesetzt, nichts übertrieben, hier muss man nicht so tun als ob!“ und „Auf Fehmarn kann man so sein, wie man ist, muss sich nicht verstellen oder verkleiden!“ und „Das ist dort alles ganz entspannt und unkompliziert!“

Wohingegen das in anderen Urlaubsorten deutlich anders ausfällt: „Auf Sylt ist es dann gleich wieder so Schickimicki und exklusiv!“ und „Timmendorfer Strand versucht da auch immer auf High Society, vornehm und edel zu machen, da wird man dann schon mal komisch angeguckt, wenn man abends mit Kindern – die ja Lärm machen könnten – ins schicke Restaurant kommt!“ und „Dann gibt es ja an der Ostseeküste entlang auch noch die typischen Bäder- und Kurorte, wo das alles nur für Senioren gemacht ist!“

Das Angebot auf Fehmarn ist hingegen auch auf eher junges Publikum, d. h. junge Familien mit kleinen Kindern, zugeschnitten. Dementsprechend sind die Touristen auch nicht so überal- tert wie in klassischen Ostseebädern oder Kurorten wie Grömitz: „Wenn man da über die Promenade läuft, sieht man gleich, dass das typische Publikum da um die 60 Jahre ist!“ oder „Da sind die jüngsten Touristen zwischen 50 und 60 Jahren!“

Vielfach erwähnen die Diskussionsteilnehmer, dass man Urlaubsregionen per se nicht direkt miteinander vergleichen kann: „Jede Region hat ja ihre Besonderheiten, hat auf ihre Weise etwas ganz Spezielles!“

Stets sind die individuellen Interessenlagen für die Attraktivitätsbeurteilung einzelner Urlaubs- ziele entscheidend: „Wenn ich einen Ausruhurlaub machen will, dann reizen mich andere Ge- biete, als wenn ich abends Leben und Trubel möchte.“

Die individuelle Motivlage unterliegt aber auch Schwankungen, entsprechend steigt bzw. sinkt die Attraktivität einzelner Destinationen: „Das variiert von Urlaub zu Urlaub, mal will ich nur meine Ruhe, mal will ich was erleben und möchte abends ins Casino gehen!“

Als attraktive(re) Regionen an der Ostsee wurden mehrfach genannt:

. Mecklenburgische Ostseeküste: Sie hat noch den Reiz des Unbekannten, ist zudem eher naturbelassen und nicht so zugebaut/betoniert wie einige schleswig-holsteinische Küsten- orte.

. Mecklenburgische Inseln: Speziell Rügen bietet eine enorme landschaftliche Vielfalt mit vielen Sehenswürdigkeiten/Naturattraktionen und ein breit gefächertes Angebot vom eher verschlafenen Dorf bis hin zu größeren Seebädern, mit gastronomischem und Unterhal- tungsangebot, wo „auch am Abend noch etwas los ist!“

. Polnische Ostseeküste: Sie hat ebenfalls den Reiz des Unbekannten und der größeren Ursprünglichkeit bzw. Unberührtheit. 2.6.2.2 Spontane Assoziationen zu Brücke und Tunnel Spontan wird eine Brücke von allen Befragten mit deutlich positiveren Aspekten und Gefühlen assoziiert als ein Tunnel. Die positiven Aspekte einer Brücke sind vor allem das Erlebnis bei der Überfahrt, d. h. der weite Blick übers Meer und die Aussicht auf das Urlaubsziel. Zudem

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wird eine Brücke auch immer als Sehenswürdigkeit verstanden, was natürlich stark davon abhängt, wie groß bzw. lang sie ist und wie imposant sie dadurch wirkt, und ob das Design gelungen ist. „Meistens sind Brücken ja auch ein Augenschmaus!“

Als einziger echter Nachteil einer Brücke werden eine mögliche Sperrung bei Sturm und die damit verbundenen Wartezeiten wahrgenommen, die mehrere Befragte vor der Fehmarnsundbrücke oder der Brücke über den Nord-Ostsee-Kanal bereits persönlich erlebt haben.

Ein Tunnel hingegen provoziert auch Angstgefühle. Jeder der Teilnehmer äußert spontan ne- gative Assoziationen: Enge, Dunkelheit, Smog, Frischluftmangel, fehlender Weitblick und die Sorge, bei Unfällen oder Katastrophen (Feuer, Wassereinbruch) nicht entkommen zu können, vermitteln ein unheimliches Gefühl, speziell bei langen Tunneln unter Wasser. Mehrere Be- fragte berichten im Zusammenhang mit Tunnelpassagen von aufkommender Panik bis hin zu schwerer Klaustrophobie bei sich selbst bzw. ihren Angehörigen.

Im Vergleich zur Brücke erwarten die Befragten von einem Tunnel den Vorteil der Witterungs- unabhängigkeit, d. h. er ist auch bei Wind, Eis oder Schnee jederzeit befahrbar. Außerdem erwarten die Teilnehmer von einem Tunnel auch weniger Lärm als vor einer Brücke, da der Schall sich nicht ausbreiten kann.

Als weiterer potenzieller Vorteil des Tunnels im Vergleich zu einer Brücke wird geschildert – je nachdem wie ansprechend das Design einer Brücke ausfällt –, dass er stets unsichtbar ist und somit die Landschaft nicht verschandelt.

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Abb. 57: Ausgewählte Assoziationen zu dem Begriff „Brücke“ Quelle: Fokusgruppenstudie 2009

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Abb. 58: Ausgewählte Assoziationen zu dem Begriff „Tunnel“ Quelle: Fokusgruppenstudie 2009 2.6.2.3 Bewertung der heutigen Landschaftswirkung Als auffälligster Störfaktor werden die Windkrafträder genannt. Sie fallen insbesondere durch ihre teilweise enorme Höhe auf. Ebenso wird die teilweise konzentrierte Anordnung als stö- rend empfunden. Wobei hier auch differenziert wird: „Wenn die ganz dicht am Strand – da, wo ich liege und bade – dran sind, dann stören sie mich mehr, als wenn die draußen im Wasser (offshore) aufgebaut sind, wo man sie fast nicht mehr erkennt!“

Mehrfach werden von Fehmarn-Besuchern die IFA-Hochhäuser in Burg erwähnt. „Die passen überhaupt nicht zum Rest von Fehmarn“ oder „Typische Bausünden der 70er Jahre, wo Beton und Hochhäuser modern waren!“ oder „Das erinnert mich an spanische Touristenorte, wo ganze Küstenabschnitte mit diesen Hotelburgen zugebaut sind!“ Allerdings haben die hohen Gebäude auch einen gewissen Reiz: „Drinnen zu wohnen ist bestimmt nicht schlecht, man hat eine tolle Aussicht, ein herrliches Meer-Panorama.“

Störende Industrieareale wurden von keinem der Fehmarn-Besucher erwähnt. Der Fährhafen mit dem Verladebahnhof stellt zwar auch ein eher industrielles Gebiet dar, gehört aber aus Sicht der Befragten zum maritimen Charakter der Insel dazu. „Wenn man am Wasser ist, dann

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erwartet man auch einen Hafen, der gehört dazu!“ und „Die Fähren müssen ja irgendwo anle- gen können, also es ist ja auch ein Muss!“ und „Der Hafen ist außerdem auch nicht so riesig, und es gibt da keine Industrie, keine Fabriken mit qualmenden Schloten!“

Störender Verkehrslärm wurde bezüglich der Region Fehmarn-Großenbrode von keinem der Besucher erwähnt respektive erlebt.

Nach der einführenden Diskussion wurden den Teilnehmern Bildvorlagen vorgelegt (Abb. 59). Die Bildvorlagen wurden nicht nur diskutiert, sondern auch in einer Skala bewertet. Als beson- ders attraktiv wurden die Bilder C2 (Mittelwert = 4,2) und C3 (Mittelwert = 4,3) beurteilt. Beide Motive wirken ursprünglich, naturbelassen und unverbaut. Bauwerke wie der Leuchtturm im Hintergrund auf C2 stören nicht, sondern sie werden als notwendig und zum maritimen Flair gehörig empfunden. Auch der Offshore Windpark auf C3 wirkt sich kaum negativ auf die At- traktivitätswahrnehmung aus, da die Windkraftanlagen so weit vom Ufer entfernt sind, dass sie fast unsichtbar werden, wogegen die ursprüngliche Landschaft im Vordergrund den Gesamt- eindruck eindeutig positiv dominiert. Die Bilder C5 (M = 4,0), C6 (M = 3,8), C7 (M = 4,0) und C9 (M = 3,7) werden eher als attraktiv bewertet. Auch bei diesen Motiven dominiert die Natur, während sich „künstliche Objekte“ sich im Hintergrund halten bzw. gut integriert sind. Speziell bei C7 wurde mehrfach erwähnt, dass sich die (Fehmarnsund-)Brücke sehr harmonisch in die Landschaft einfügt. „Das ist kein Klotz, sondern sie ist abgerundet und wirkt eher leicht und filigran!“ und „Sie ist sehr lang gezogen und nicht so hoch, daher ist der Kontrast nicht so ext- rem“. Zu C9 wurde angemerkt, dass die Brücke zwar ein auffälliges, aber sehr ästhetisches Bauwerk ist und das gesamte Motiv sehr viel Ruhe, Stille und saubere Natur ausstrahlt. Als besonders abschreckend wird das Motiv C1 (M = 1,9) beurteilt. Solche „Bausünden“ aus früheren Jahrzehnten möchte man im Urlaub nicht mehr sehen, die Architektur sollte der tradi- tionellen Bebauung angepasst sein und sich möglichst in die Natur integrieren anstatt aus ihr hervorzustechen. C8 (M = 2,3) wird als unattraktiv eingestuft. Einerseits stört hier der durch Tanks und Silos sehr industriell anmutende Hintergrund („Da würde ich nicht so gern baden!“), und dann gesellen sich auch noch diverse störende Windkrafträder hinzu. Besonders betont wird der Kontrast zwischen Natur und künstlichen Bauwerken zudem durch das „Brutgebiet“- Schild im Vordergrund: „Als Vogel möchte ich da auch nicht unbedingt brüten müssen!“

C10 (M = 2,9) wird sehr zwiespältig wahrgenommen: 25% der Befragten bewerten es als at- traktiv („imposantes Bauwerk!“), gut 40% empfinden es als neutral, 33% stufen es als unat- traktiv ein (zu groß, lang, hoch, zu viel Beton und Asphalt – auch durch die viel Platz einneh- mende Mautstation, zu viele Piers im Wasser: „ein Tausendfüßler!“).

Ähnlich fällt die Beurteilung von Motiv C4 (M = 3,1) aus: 30% der Befragten empfinden es wegen der auffälligen Windkrafträder als unattraktiv, für 30% ist es neutral (Windräder stören, aber schöne Landschaft kompensiert), und 40% stufen es als attraktiv ein (weil die Landschaft im Vordergrund absolut naturbelassen, einsam und idyllisch wirkt).

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Bewertung Bildvorlage (1 = sehr schlecht, 5 = sehr gut)

4,3

Blick von Fehmarn auf den Offshore-Windpark Nysted; Foto: D. Schmücker

4,2

Blick auf Marienleuchte; Foto: D. Schmücker

4,0

Deich und Fähranleger Puttgarden, Foto: D. Schmücker

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4,0

Fehmarnsund-Brücke vom Festland, Foto: D. Schmü- cker

3,8

Fährhafen Puttgarden, Foto: Sund og Bælt

3,8

Fehmarn Westküste; Foto: D. Schmücker

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3,7

Storebælt-Brücke, Foto: B. Nebel

2,9

Maut-Station Lernacken am Øresund, Foto: Sund og Bælt

2,3

Blick auf Burgstaaken, Foto: D. Schmücker

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1,9

Burg Südstrand, Foto: D. Schmücker

Abb. 59: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Landschaftswirkung

2.6.2.4 Kenntnisstand und Bewertung einer Festen Fehmarnbeltquerung Mehrere Befragte (ca. 1/3) haben aus der Presse, von Bekannten oder auch von Einheimi- schen (während ihres Aufenthaltes auf Fehmarn) gehört, dass eine feste Querung über den Fehmarnbelt geplant bzw. gebaut werden soll.

Allerdings ist das Wissen größtenteils diffus und eher nebulös: „Da phantasieren die doch schon seit Jahrzehnten rum, da reden die immer mal wieder drüber!“

Nur einzelne Befragte wissen Konkreteres und sind auf dem aktuellen Stand: „Ich habe gele- sen, dass es jetzt losgehen soll und die Dänen das bezahlen!“ oder „Das ist doch jetzt keine Phantasterei mehr, sondern beschlossene Sache, dass da etwas gebaut wird!“

Unter den Teilnehmern gab es keine „Total-Ablehner“ des Vorhabens, 75% der Befragten stehen dem Projekt sogar grundsätzlich positiv gegenüber. Als Hauptargumente werden dabei die folgenden Aspekte genannt:

. Kürzere Wege nach Skandinavien: „Dann müsste ich Richtung Schweden nicht immer ganz oben (über Jütland) herum fahren, sondern würde Zeit sparen.“

. Bessere Erreichbarkeit Dänemarks: „Als Fehmarn-Urlauber könnte man spontan Ausflüge mit dem Auto nach Dänemark machen, ohne von Fähre und Fahrzeiten abhängig zu sein“ und „Ich wäre schneller in Kopenhagen als heutzutage!“

. Imposantes Bauwerk, Sehenswürdigkeit: „Das wäre ja eine recht große, lange Brücke, die würde bestimmt ziemlich beeindruckend aussehen!“ und „Unabhängig davon, ob es Sinn macht oder nicht, hätte Fehmarn damit eine Art Wahrzeichen; es wäre auf jeden Fall ein Prestigeobjekt!“ und „Es symbolisiert ja auch den engen Kontakt, die Freundschaft zu Dä- nemark, man wächst mehr zusammen.“

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Allerdings kommen mehrfach auch kritische Gedanken auf:

. Höheres Verkehrsaufkommen: „Da würden ganz andere Verkehrsströme von und nach Skandinavien entstehen, weil nicht nur Urlauber, sondern auch der gesamte Lastverkehr diese Abkürzung fahren würden!“ und „Die ganzen Fahrzeuge würden einmal quer über Fehmarn fahren, d. h. auf der Bundesstraße, die auf die und von der Insel führt, wäre be- stimmt viel öfter Stau und es gäbe auch mehr Unfälle!“

. Landschaftsverschandelung (bei Bau einer Brücke): „Diese Prestigegeschichte kann auch nach hinten losgehen, wenn das Design daneben ist.“

Spontan wird mehrfach geäußert, dass die Effekte für den Tourismus auf Fehmarn selbst eher gering ausfallen dürften und hauptsächlich der Transitverkehr profitieren würde. „Das ist doch eher ein Wirtschaftsaspekt, logistisch gesehen profitiert der gesamte Warentransport, also der Fernverkehr, durch die kürzeren Wege und den Wegfall der Wartezeiten an den Fähren!“ oder „Alle Schweden und Dänen, die in den Süden fahren wollen, freuen sich darüber, weil sie Zeit sparen!“

Wirtschaftliche Profite aufgrund des Transitverkehrs für die Region fallen aus Sicht der Befrag- ten eher gering aus. „Vielleicht macht der eine oder andere Lkw-Fahrer eine Pause, tankt auf Fehmarn oder isst eine Kleinigkeit, aber große Umsätze macht man damit nicht, weil die meis- ten einfach nur durchfahren werden!“

Es wird aber auch eine gewisse touristische Attraktivitätssteigerung für die Region gesehen, die sich sowohl auf Gäste als auch auf Tagesausflügler auswirken kann: „Natürlich ist es dann einfacher, vom Urlaubsstandort Fehmarn aus mal schnell Ausflüge nach Dänemark zu ma- chen“ und „Wenn da eine besondere Brücke ist, dann ist das ein Grund, sich diese einmal anzusehen und drüberzufahren!“

Mehrheitlich denken die Befragten, dass sie als Urlauber kaum etwas von den höheren Ver- kehrsströmen mitbekommen werden. „Vielleicht ist auf der großen Bundesstraße bei An- und Abreise mehr los, aber an meinem Urlaubsort höre und sehe ich nichts davon!“

2.6.2.5 Bewertung der Bauphase Nahezu alle Befragten erwarten ein höheres Verkehrsaufkommen, speziell mehr Lkw, die auf die und von der Insel fahren: „Da müssen enorme Mengen Sand und Erde bewegt werden“ und „Das ganze Material, massenhaft Beton muss ja angeliefert werden!“ und „Den Baustel- lenverkehr wird auch der Tourist zu spüren bekommen, der steht vor der Brücke bestimmt öfter mal im Stau!“

Allerdings vermutet man auch, dass die Belästigung des Urlaubers durch Bau- oder Verkehrs- lärm recht punktuell ausfällt, d. h. eben nur dort, wo die Querung auf Fehmarn errichtet wird. Im Süden Fehmarns und auf dem Festland (Großenbrode) werde man von der Baustelle akustisch bzw. optisch gar nichts mitbekommen. „Die werden die Querung ja wahrscheinlich in Puttgarden bzw. in der Nähe des heutigen Fährhafens bauen, es ist keine Baustelle, die sich

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über die ganze Insel erstreckt!“ und „Das mit dem stärkeren Lkw-Verkehr betrifft ja auch nur die Durchgangsstraße, das merkt man bei An- und Abreise, aber nicht an seinem Urlaubsort.“

Es tauchen darüber hinaus auch Fragen hinsichtlich indirekter Folgen der Bauphase auf: „Da müssen dann doch auch jede Menge Arbeiter kommen, wo wohnen die denn alle?“ und „Wie verändern diese Bauarbeiter unter Umständen das Flair der Insel, wird die Atmosphäre in den bisherigen Familienlokalen dann vielleicht ganz anders, werden das dann Männerkneipen?“

Nach der spontanen Diskussion über die Auswirkungen der Bauphase wurden den Teilneh- mern Bildvorlagen zur Betrachtung vorgelegt (Abb. 60).

Mehrheitlich sind die Befragten bei Betrachtung der Bildmotive E1 bis E7 überrascht und be- eindruckt. Sie hätten sich, speziell was die Fertigung von Betonteilen an Land angeht, eine Baustelle dieser Dimension nicht vorgestellt. „Wie hoch sind die, über 100 Meter?“

Vielfach wird jetzt doch eine gewisse Verschandelung der Landschaft angenommen, da die Baustelle an Land ein sehr großes Areal einnimmt, Lärm verursachen wird und die Betonteile, Kräne etc. ob ihrer Höhe weithin sichtbar sind. Dieser Eindruck wird aber vor allem aus den Bildern der Produktionsstätten (E1, E2, E3, E5) gewonnen. Zum Zeitpunkt der Durchführung der Fokusgruppen war noch nicht klar, ob auch Produktionsstätten im Untersuchungsraum angesiedelt werden (was nach aktueller Planung nicht der Fall sein wird).

Spontan äußern mehrere Befragte aber auch Interesse, sich die Baustelle ansehen zu wollen. „Beim Bau der Normandie-Brücke habe ich mit meinem Sohn eine Führung auf der Baustelle mitgemacht, das war total interessant!“

Die Reaktionen auf E8 fallen individuell sehr unterschiedlich aus, dabei oftmals auch zwiespäl- tig innerhalb einer Person. Einerseits ist es interessant zu sehen, wie während des Urlaubes oder von einem zum nächsten Aufenthalt das Bauwerk „gewachsen“ ist. Andererseits möchte man im Urlaub nicht mit „Unvollkommenheiten“ und „Arbeit“ konfrontiert werden. „Mir reicht da schon der Blick auf die kleinste Baustelle, das ist dann für mich gleich wieder Alltag und kein Urlaub; und wenn ich mir vorstelle, dass ich am Strand liege und direkt auf diese riesige Bau- stelle blicke … nee!“

Allerdings wird auch relativiert: „Das kommt ja immer auf die Entfernung an, wie groß und deutlich die Baustelle zu sehen ist und was man davon hört“ und „Es gibt auf Fehmarn diverse Strände, ich muss ja nicht direkt unter der Brücke liegen!“

Die Befragten erwarten überwiegend mehr störenden Verkehrslärm und mehr Staus bei An- und Abreise. Etwa gleich viele Teilnehmer sehen in der Baustelle sowohl eine sehenswerte Attraktion als auch eine Landschaftsverschandelung. Die erwarteten negativen Auswirkungen werden sich aber nach Einschätzung der Befragten und wie bereits erwähnt größtenteils punk- tuell auswirken und nicht die gesamte Insel bzw. die gesamte Region Fehmarn/Großenbrode betreffen.

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Foto: Sund og Bælt Foto: Hochtief

Foto: Sund og Bælt Foto: Sund og Bælt

Foto: Hochtief Foto: Hochtief

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Simulation: Strand vor Brücken-Baustelle Foto: Hochtief Quelle: Femern A/S

Abb. 60: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Bauphase

2.6.2.6 Realisierung als Brücke Alle Befragten erwarten einen stärkeren Transitverkehr auf Fehmarn, weil die Feste Fehmarn- beltquerung verstärkt von Urlaubern aus und nach Skandinavien genutzt werde: „Diejenigen, die (aus Deutschland) früher erst nach Norden und dann nach Osten gefahren sind, die fahren jetzt quer über Fehmarn und nehmen die kürzere Diagonale nach Kopenhagen!“ Der Güter- kraftverkehr wird diese Strecke ebenfalls stärker als bisher frequentieren, weil sie im Vergleich zur Fährpassage mit einer deutlichen Zeitersparnis verbunden ist.

Viele Befragte gehen von einem entsprechend höheren Lärmpegel in Brückennähe aus. „Wenn da die vielen Lkw drüber rollen, dann gibt es die typischen Abrollgeräusche – das liegt gar nicht mal am Asphalt, sondern an den Dehnungsfugen, die ja technisch notwendig sind!“ Wie weit genau dieser Einfluss reicht, ist aber ungewiss: „Das kommt bestimmt auch auf die jeweiligen Windverhältnisse an, ob und wie weit sich der Schall übers Meer ausbreitet.“ Ein Teil der Befragten hat diesbezüglich keine Bedenken: „Schall breitet sich immer nach oben aus, wenn sie genau unter der Brücke stehen, dann hören sie kaum etwas“ oder „Das be- kommt man heutzutage konstruktiv und technisch schon in den Griff, es gibt ja spezielle schallschluckende Materialien wie Flüsterasphalt!“

Nach der spontanen Diskussion über die Auswirkungen einer Realisierung als Brücke wurden den Teilnehmern wiederum Bilder zur Betrachtung vorgelegt (Abb. 61).

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Simulation einer Fehmarnbelt-Brücke, Quelle: Femern A/S

Simulation einer Fehmarnbelt-Brücke, Quelle: Femern A/S

Storebælt-Brücke nach Fertigstellung, Foto: Sund og Bælt

Abb. 61: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Realisierung als Brücke

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Überwiegend reagieren die Befragten sehr positiv auf die Simulationen (E9 und E10), typische spontane Kommentare sind:

. „Ein beeindruckendes Bauwerk!“

. „Sieht schon recht futuristisch aus, aber nicht zu übertrieben.“

. „Hatte es mir klobiger, klotziger vorgestellt, so wirkt es doch relativ leicht und luftig!“

. „Gelungenes Design, sehr ästhetisch.“

. „Gerade in der Nacht – mit der Beleuchtung, das hat was, das sieht schick aus!“

. „Es wirkt hier unaufdringlich, viel weniger dominant als auf der Simulation E8!“

Die Brückensimulation wirkt eindeutig anziehend und macht den Großteil der Befragten neu- gierig. „Da würde ich gern mal drüber fahren, bestimmt ein tolles Erlebnis!“ oder „Was man da wohl für eine Aussicht hat?“ oder „Da würde ich dann auch mal hinfahren, um mir das live anzuschauen.“

Speziell das Motiv E 11 wird spontan mehrfach mit der Golden Gate Bridge verglichen: „Es ist nicht einfach nur eine praktische Brücke, sondern diese Abhängung mit dieser Seilkonstrukti- on, das gibt dem Ganzen etwas Besonderes!“

Alle Befragten sehen in der Brücke sowohl ein „sehenswertes Jahrhundertbauwerk“ als auch eine bessere Erreichbarkeit Dänemarks, in der Regel aber verbunden mit störendem Ver- kehrslärm, diesen allerdings nur punktuell im Brückenbereich (neue Fehmarnbeltbrücke) und an den Hauptverkehrsstraßen (B 207), aber keinesfalls auf Fehmarn generell.

2.6.2.7 Realisierung als Tunnel Hinsichtlich des Verkehrsaufkommens erwartet man die gleichen Effekte wie bei einer Brücke, nämlich eine Zunahme des Transitverkehrs.

Der zentrale Vorteil des Tunnels wäre sein „Dezenz“ in optischer und akustischer Hinsicht. „Da müssen wir gar nicht über gutes oder schlechtes Design sprechen, man sieht ihn ja über- haupt nicht!“ und „Der Verkehrslärm, der von einer Brücke ‚abstrahlt„, und wie weit der reicht, das wäre dann auch kein Thema mehr!“

Ein weiterer Vorteil gegenüber der Brücke wäre die Wetterunabhängigkeit: „Ein Tunnel funkti- oniert bei jeder Wetterlage, der muss bei Sturm nicht gesperrt werden!“

Viele Befragte denken aber spontan auch an Behinderungen und Unfälle: „Da hat man dann die Tunnelängstlichen, die ganz langsam fahren!“ und „Wenn ein Unfall passiert ist, dann ist meistens gleich der ganze Tunnel gesperrt und nicht nur eine Spur!“

Rund ein Drittel der Befragten stellt für sich persönlich die Nutzung eines so langen Tunnels in Frage: „Ich versuche ja schon, die Rheintunnel zu vermeiden, weil ich das überhaupt nicht mag!“ oder „Für mich hätte das dann überhaupt keinen Vorteil, weil ich ihn nicht durchfahren würde!“ Man hat auch negative Erfahrungen mit ähnlich langen Tunneln gemacht: „Ich stand

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mit dem Zug mal drei Stunden im Eurotunnel, ohne dass wir eine Ansage bekommen haben, was los ist; da wird einem schon anders, wenn man weiß, wie viele Millionen Tonnen Wasser über einem sind – seitdem nur noch die Fähre!“

Ein Tunnel hat für die Befragten einen deutlich geringeren Erlebnischarakter, er ist nicht se- henswert und bietet keine Aussicht übers Meer wie eine Brücke, weshalb das Missen der Fäh- ren bei einer Tunnellösung deutlich stärker ausgeprägt ist.

2.6.2.8 Fähren nach Dänemark Ein beachtlicher Teil der Befragten (mindestens 50%) würde, unabhängig von der jeweiligen Lösung, die Fähren nach Dänemark vermissen.

Eine Schifffahrt ist ein besonderes Erlebnis und gehört bei einem Urlaub an der Küste bzw. auf einer Insel für die meisten Teilnehmer dazu. Auch wenn eine Brücke ähnliche Panoramen liefert, so ist das Fahren auf dem und nicht über dem Wasser immer noch ein anderes Gefühl. „Eine Fähre hat auch etwas Gemütliches, Beschauliches, das ist viel ruhiger und entspannter, als mit dem Auto so schnell über die Brücke zu rauschen!“

Viele Befragte äußerten spontan die Vermutung, dass die Fähren auch weiterhin fahren wer- den, wenn auch nicht im heutigen Ausmaß. Man denkt, dass die Fähren parallel zu einer Fes- ten Fehmarbeltquerung trotzdem rentabel betrieben werden könnten. Als Gründe hierfür wur- den genannt:

. Touristische Nachfrage: „Da wird es immer genug Urlauber geben, die eine Fahrt mit dem Schiff machen wollen; und wenn es die Fähren und den Hafen nun schon mal gibt, dann kann man sie ja auch in kleinerem Umfang weiterfahren lassen.“

. Alternative zum Tunnel: „Es gibt bestimmt mehrere Leute wie mich, die den Tunnel nicht benutzen würden, für die müsste es doch eine Alternative geben.“

. Preiswerte Alternative zu Brücke oder Tunnel: „Kommt auch drauf an, wie teuer der Tun- nel oder die Brücke dann ist; wenn die Fähre günstiger als die Maut ist, wird sie vielleicht doch von vielen Leuten benutzt, die nicht so sehr unter Zeitdruck stehen“ und „Fußgänger und Urlauber ohne Auto, die nehmen doch auch die Fähre.“

2.6.2.9 Belastungen und Beeinträchtigungen der Umwelt Auffällig ist, dass die Teilnehmer zwar Faktoren wie höheres Verkehrsaufkommen, damit ein- hergehende höhere Emission und Verkehrslärm erwähnen, jedoch keiner spontan Umwelt- problematiken wie Verletzung des Biotops, Zerstörung des Meeresgrundes (beim Tunnel- oder auch Brückenbau) oder Veränderung der Strömungsverhältnisse (bei einer Brücke) an- spricht.

Auch wenn die Befragten von möglichen Beeinträchtigungen der Landschaft durch eine Brü- cke sprechen, meinen sie dabei nur den optischen Effekt des Bauwerkes, nicht aber die Aus- wirkungen auf das Ökosystem.

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Während beim Thema Windräder noch vereinzelt Beeinträchtigungen oder sogar Gefahren für die Vogelwelt angesprochen wurden, äußert im Zusammenhang mit einer Brücke niemand der Befragten entsprechende Befürchtungen.

Mögliche Schiffskollisionen mit der Brücke und daraus resultierende Umweltschäden o- der -belastungen werden so gut wie ausgeschlossen. „Wenn so etwas passiert, dann müsste man dem Kapitän sofort sein Patent wegnehmen!“ und „Das wird doch in den Seekarten dann auch entsprechend verzeichnet sein.“

2.6.2.10 Verhaltenswirkung einer Festen Fehmarnbeltquerung Keiner der Teilnehmer kann von konkreten Situationen berichten, in denen er aufgrund von benachbarten Großbaustellen an Urlaubsorten seine Urlaubspläne grundlegend geändert hät- te.

Allerdings macht sich der Großteil der Befragten auch schon bei der Urlaubsplanung entspre- chend schlau, ob in der Nachbarschaft oder der Umgebung gebaut wird. Dies betrifft aber vor allem die unmittelbare Umgebung: „Ich möchte nicht, dass direkt neben meinem Hotel gerade ein Neubau entsteht oder die Straße saniert wird und ich den ganzen Tag Presslufthammer- lärm höre!

Einige Befragte können sich aber auch an das genaue Gegenteil (Baustellentourismus) erin- nern. Sie haben ihren Urlaubsort zwar nicht in unmittelbarer Nachbarschaft, aber doch gezielt in der weiteren Umgebung von Großbaustellen gewählt, um diese während ihres Urlaubs be- suchen bzw. besichtigen zu können.

. Bauphase: Für nahezu alle Teilnehmer wäre die Bauphase kein Hinderungsgrund, sie würden trotzdem ihren Urlaub „in der Region“ (Großenbrode/Fehmarn) verbringen. Aller- dings würden sie darauf achten, ihr Urlaubsquartier nicht in unmittelbarer Nachbarschaft der Baustelle zu haben: „Wenn man es weiß, dann würde man genauer hinsehen, wo der Urlaubsort liegt.“ Für einen Teil der Urlauber (technisch interessierte, Männer, Kinder) auf Fehmarn und aus der Umgebung wäre die Bauphase eher anziehend: „Man würde dann schon mal einen Tagesausflug machen, um sich die Riesenbaustelle anzusehen.“

. Brücke: Die Brücke wäre für alle Befragten ein zusätzlicher Anreiz, „die Region“ (Großen- brode und Fehmarn) zu besuchen. Auch wenn zuvor stets das höhere Verkehrsaufkom- men erwähnt wurde, würde das sehenswerte Bauwerk die negativen Effekte mehr als kompensieren. Zudem wäre ein Ausflug nach Dänemark stets mit dem Erlebnis, über die Brücke zu fahren (Panorama, Weitblick), gekoppelt.

. Tunnel: Ein Tunnel würde sich relativ neutral auf die Urlaubspläne auswirken. Er ist keine sehenswerte Attraktion, zudem würden ihn nicht alle Befragten nutzen, somit ist auch die bessere Erreichbarkeit von Dänemark nicht für alle gegeben.

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2.6.3 Referenzfallanalyse In der Referenzfallanalyse wird versucht, anhand ausgewählter Beispiele aus anderen Regio- nen Ableitungen für den Einfluss der Festen Fehmarnbeltquerung auf die touristische Entwick- lung in der Untersuchungsregion zu finden.

Es hat bisher schon einige Versuche gegeben, anhand von Referenzfällen Ableitungen für die Feste Fehmarnbeltquerung zu treffen.

. WENZEL (1999, S. 55, 76) verweist auf ausgewählte Aspekte des Gotthard- Straßentunnels (Entwicklung der Übernachtungen und des Transitverkehrs), auf die Info- zentren Korsør (an der Großer-Belt-Querung) und Malmö (an der seinerzeit noch in Bau befindlichen Öresundquerung; S. 58ff.) sowie auf die Entwicklung der Campingübernach- tungen (Großer-Belt-Querung). . Burmeister & Kiemstedt (2001) untersuchten die Referenzfälle Kanaltunnel zwischen Großbritannien und Frankreich, die-Großer Belt-Querung sowie die Öresundquerung. . GEORG & OTTENSTRÖER/REGIONOMICA (2009a) untersuchen die Verbindung über den Großen Belt, Eurotunnel und Öresundquerung als Referenzprojekte.

Die Öresundquerung haben wir für die Referenzfallanalyse in diesem Gutachten ausgeschlos- sen, da die Situation mit der Fehmarnbeltquerung nur sehr bedingt vergleichbar ist: Am Öre- sund wird ein Metropolraum (nämlich zwischen Kopenhagen und Malmö) geschaffen, wäh- rend am Fehmarnbelt zwei dünn besiedelte Landstriche verbunden werden und die zugehöri- gen Metropolen (Kopenhagen und Hamburg) mehr als 300 Kilometer und heute ca. vier Stun- den Fahrtzeit, mit der Festen Fehmarnbeltquerung ca. drei Stunden, auseinander liegen. Die bisher gut untersuchten Effekte der Querung, etwa auf die Bildung einer regionalen Identität (Pedersen 2004, Hospers 2006), sind daher mit Blick auf den Gegenstand des Gutachtens kaum übertragbar.

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Tab. 69: Übersicht bisheriger Referenzfallanalysen GEORG & OTTEN- Burmeister & WENZEL 1999 STRÖER / REGIO- Diese Studie Kiemstedt 2001 NOMICA 2009a Großer-Belt-Querung     Kanaltunnel -    Gotthard-  - -  Straßentunnel Rio-Andirrio-Brücke - - -  Akashi-Kaikyo- - - -  Brücke Öresundquerung    - Eigene Zusammenstellung,  = ausgewählte Aspekte,  = umfangreiche Untersuchung; - = nicht untersucht

2.6.3.1 Identifizierung der Referenzfälle Die Identifizierung der Referenzfälle erfolgte über ein eingrenzendes Verfahren. Dazu wurden in einer Screening-Phase weltweit Orte gesucht, an denen neue Hochleistungsverkehrs- achsen entstanden sind („event“).

In der nachfolgenden Scoping-Phase wurden engere Kriterien angelegt.

. Pre-event: Lage am Ende eines gut erschlossenen Verkehrsweges oder Lage an einem mittelgut erschlossenen Verkehrsweg oder Fährhafen

. Post-event: Lage an einem Hochleistungs-Verkehrsweg

. Zeitraum: in den letzten 40 Jahren

. Touristische Bedeutung: Die Untersuchungsregion sollte eine gewisse urlaubstouristische Bedeutung haben Aus den in Phase 1 identifizierten 21 möglichen Referenzorten wurden nach der Scoping- Phase 16 sofort verworfen (Tab. 70). Bei einer weiteren (Akashi-Kaikyo-Brücke) war die Be- schaffung von Primärdaten trotz intensiver Bemühungen nur begrenzt möglich.

Für den Kanaltunnel waren keine statistischen Daten zu beschaffen (s.u.). Dennoch wurde der Eurotunnel als Vergleichsobjekt herangezogen, weil die (regionalökonomischen) Auswirkun- gen recht gut untersucht und dokumentiert sind (vgl. z. B. Vickerman 1987, Hay, Meredith & Vickerman 2004, Anguera 2005, auch TOURISM KENT/CRT NORD PAS DE CALAIS 2006).

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Tab. 70: In Betracht gezogene und schließlich verworfene Referenzfälle Querungsname Land Eröffnung Bemerkung/Ablehnungsgründe Wegen mangelnder Datenlage nicht berücksichtigt

Kobe-Awaji-Naruto- JP 1998 trotz intensiver Suche keine Daten verfügbar Expressway Aus anderen Gründen nicht berücksichtigt

Fehmarnsundbrücke DE 1963 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Mackinac Bridge US 1957 trotz intensiver Suche keine Daten verfügbar, nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Rügenbrücke/ Strela- DE 2007 Bauwerk zu klein sundquerung Grenztunnel Füssen DE/AT 1999 Bauwerk und touristische Bedeutung zu klein Farø-Brücken DK 1985 keine Vergleichbarkeit durch Parallelstrukturen Neue Kleiner-Belt- DK 1970 Bauwerk zu klein, nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Brücke Öresundquerung DK/SE 2000 Vergleichbarkeit aufgrund Metropolsituation nicht gegeben Nordkapptunnelen NO 1999 Bauwerk und Frequenz zu klein Zuiderzeewerke NL 1957 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Pont de Normandie FR 1995 Bauwerk und touristische Bedeutung zu klein Europabrücke / Bren- AT 1963 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre ner-Autobahn Lötschberg Basistun- CH 2007 Zeitraum seit Eröffnung zu kurz nel Mooney Mooney Creek AU 1988 Gebiet ohne touristische Bedeutung Bridge Canso Causeway CA 1955 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Lake Pont Chartain US 1956/1969 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre, zu geringe touristische Causeway Bedeutung Overseas Highway US 1912/1935 nicht innerhalb der letzten 40 Jahre Eigene Zusammenstellung

2.6.3.2 Referenzfall: Kanaltunnel Der Eurotunnel verbindet Großbritannien mit dem europäischen Festland und ist vor allem eine Fernverkehrsmagistrale zwischen den Metropolen Paris und London. Die Tunnelenden befinden sich in Folkestone (District of Shepway, County Kent, England) und in Coquelles nahe Calais (Arrondissement Calais, Département Pas de Calais, Frankreich).

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Lage und techni- sche Beschrei- bung

. Eisenbahntunnel . Lkw/Pkw-Verladung (Eurotunnel Shuttle) zwischen Calais (Coquelles) und Folkestone . Passagierzüge (Eurostar) zwischen Paris–Lille– - Calais und Ashford - Ebbs- fleet - London . 2 Röhren für den Verkehr sowie ein Versorgungstunnel. . Länge: 50,5 Kilometer Bau und Betrieb Baubeginn: 1988 Inbetriebnahme: 1994 Verbindung vor- Fähren: her . Calais-Dover (wird weiterhin mit mehr als 30 Abfahrten pro Tag (P&O Ferries, Seafrance) betrieben, Dauer der Überfahrt: 90 Minuten) . Folkestone - Boulogne sur Mer wurde kurz vor Eröffnung des Tunnels (Sealink Stena: 1992, P&O: 1993), die letzte Linie 2003 (Hoverspeed Seacat) einge- stellt Verkehrszahlen . Eurostar: 9,1 Mio. Passagiere (2008, Unternehmensangaben) . Truck Shuttle: 1,3 Mio. Lkw (2008, Unternehmensangaben) . Passenger Shuttle: 1,9 Mio. Pkw und 56 Tsd. Busse (2008, Unternehmensan- gaben) Statistische Ab- A) Lokale Einheit: Folkestone (53 Tsd. Einwohner) grenzung Regionale Einheit: County Kent (1.660 Tsd. Einwohner) B) Lokale Einheit: Ville de Calais (75 Tsd. Einwohner) Regionale Einheit: Département Pas de Calais (1.456 Tsd. Einwohner)

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Für den Tunnel sind unter touristischer Perspektive keine lokalen Primärdaten, weder auf eng- lischer noch auf französischer Seite, verfügbar. In England werden keine Tourismusstatistiken mit Berichtspflicht der Beherbergungsbetriebe geführt, und die vorliegenden Daten basieren auf Stichprobenergebnissen (UK Tourism Survey und International Passenger Survey), die eine lokale Betrachtung entweder gar nicht oder zumindest nicht in Zeitreihen erlauben. In Frankreich liegen vor 1999 überhaupt keine Daten auf subregionalem Level vor, die dann vor- liegenden Daten sind äußerst heterogen, so dass auch hier eine statistische Analyse nicht möglich war.

Regionale Daten wurden aber zuletzt 2006 übergreifend dargestellt (TOURISM KENT/CRT NORD PAS DE CALAIS). Dabei wurde für Kent im Zeitraum 2002-2005 ein Rückgang von innerbritischen Ankünften und Übernachtungen um 15-20% festgestellt.

Zur Struktur der den Ärmelkanal zwischen Dover/Folkestone und Calais querenden Nachfrage stellten ARKENFORD (2006, S. 6) fest, dass 80% des Kanalverkehrs in UK generiert werden, nur 6% in Frankreich. In der Konsequenz empfängt das Departement Nord-Pas de Calais 37% Trips über den Kanaltunnel, während auf Kent nur 4% entfallen. Von den getätigten Tages- ausflügen entfallen sogar 97% auf Nord-Pas de Calais, bei den Kurzreisen sind es 55%. Aller- dings wird auch berichtet, dass die Stop-Over-Frequenzen in Nordfrankreich abnehmen:

The proportion of day trips has declined and [of] longer holidays has increased since the last survey in 2000. Travellers on a longer duration trip are less likely to stop in Nord-Pas de Calais than day trippers and this has contributed to the downturn in visitor numbers. (ARKENFORD 2006, S. 6)

Die Studie zeigt sehr deutlich, welche Effekte mit einer gezielten Angebotsgestaltung erreicht werden können. So wurde in Calais 1995 mit der Cité Europe ein rund 90.000 qm Verkaufsflä- che umfassendes Shopping-Center etabliert, an dem sich weitere Gewerbebetriebe (z. B. in den Terasses de Coquelles), Hotelbetriebe (Suite Hotel, Etap Hotel Ibis, Hotel) und Freizeitbe- triebe (z. B. Multiplexkino) angesiedelt haben. So wie im deutsch-dänischen Grenzhandel sind auch hier Alkohol-Touristen recht verbreitet (oft als Booze-Cruisers bezeichnet).

The main attraction of Nord-Pas de Calais as a place to visit is the shopping around Calais, particularly Cite Europe. Having a meal in the area is also a popular activity. These two activities accounted for 77% and 71% of visitors re- spectively. The hypermarkets and restaurants are the most motivating factors attracting visitors to Nord-Pas de Calais. In addition to these factors the coun- tryside and history of the region are motivating factors for staying visitors. Spend is high on shopping for visitors to Nord-Pas de Calais. 50% are spend- ing more than £200/€300 during their visit. (ARKENFORD 2006, S. 7)

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Im Gegensatz dazu vermerkt die Studie für Kent:

The main attractions of Kent are the countryside, the history of the region and the coast. Visitors are looking for a peaceful and relaxing time, which is why the countryside appeals. Many visitors to Kent are staying in the region to visit friends or family, especially if they are continental European visitors, or be- cause it is convenient for catching a train or ferry to cross the Channel. 17% of non UK visitors to Kent are visiting attractions in the region. Most will have a meal, visit family or friends, or go shopping. Spend is relatively low for visitors to Kent. (ARKENFORD 2006, S. 8)

Auch in Kent wurden große Handelszentren angesiedelt, von denen die Bluewater Shopping Mall allerdings stärker auf den Einzugsbereich London ausgerichtet sein dürfte. In Ashford, eine der am schnellsten wachsenden Städte Englands, wurde 2000 das Ashford Designer Outlet Center mit heute rund 80 vertretenen Marken eröffnet. Davon abgesehen scheint das aus INTERREG-Mitteln geförderte Projekt „Off the motorway“ (Burmeister & Kiemstedt 2001, S. 30) wenig quantitativ nachweisbare Ergebnisse gezeigt zu haben. Zwar weisen Hay, Mere- dith & Vickerman (2004, S. 6, mit Rückgriff auf die Cross Channel Tourism Study 1999/2000) auf die zweifellos vorhandenen Volumina an Tages- und Übernachtungsreisen mit Ziel Kent hin, diskutieren aber deren Entwicklung im Vergleich zur Vor-Tunnel-Ära nicht. Allerdings lässt sich anhand der bei ARKENFORD (2006, S. 84) angegeben Volumendaten abschätzen, dass sich die Zahl der Tagesausflüge vom europäischen Festland nach Kent von 230 Tsd. auf 367 Tsd. erhöht hat, die Zahl der Übernachtungsgäste von 405 Tsd. auf 464 Tsd. – insgesamt also ein Wachstum vor allem bei den Tagestouristen.

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Tab. 71: Entwicklung tourismusbezogener Arbeitsplätze 1995-2007 Jobs Tou- Index Shepway Kent South East Shepway Kent Index Kent rismus Shepway (%) (%) England (%) 1995 3.212 34.900 100 100 10,5 7,5 6,9 1996 3.436 31.900 107 91 10,7 6,7 6,8 1997 3.604 33.600 112 96 10,7 6,8 7,1 1998 3.000 31.200 93 89 9,3 6,4 7,1 1999 3.600 34.300 112 98 10,5 6,7 7,4 2000 3.200 36.100 100 103 10 7,4 8 2001 4.300 46.900 134 134 12,3 8,9 9,5 2002 4.300 47.900 134 137 12,5 8,9 9 2003 4.200 46.800 131 134 12,5 8,9 8,6 2004 3.900 45.000 121 129 11,7 8,4 7,9 2005 4.200 46.500 131 133 12 8,2 8 2006 4.000 43.000 125 123 11,7 8,0 8,6 2007 3.800 42.700 118 122 10,7 7,7 8,3 Quelle: ONS, annual business inquiry employee analysis; % Anteil an der Gesamtzahl der Arbeitsplätze

Für den District Shepway liegen zwar keine vergleichbaren Nachfragezahlen vor, durchaus aber Daten für den tourismusbezogenen Arbeitsmarkt. Demnach lag die Zahl der tourismus- bezogenen Arbeitsplätze 2007 um 18% über dem Wert des ersten Nacheröffnungsjahres 1995, allerdings war der Vergleichswert für Kent im selben Zeitraum sogar um 22% gestiegen (Tab. 71).

FAZIT Kanaltunnel Die französische Seite (Nord-Pas de Calais) konnte offenbar stärker von der Tourismusentwicklung profitieren als die englische Seite (Kent), was sich in den Reise- strömen über den Kanal niederschlägt. Es wird deutlich, dass mit der Ansiedlung von Einzelhandel offensichtlich lokale Effekte erzielt werden können (“booze cruise”), nicht jedoch mit der Hoffnung auf ein automatisches Nachfragewachstum durch Verbesse- rung der Erreichbarkeit.

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2.6.3.3 Referenzfall: Großer-Belt-Querung Die Großer-Belt-Querung verbindet die dänischen Inseln Fünen und Seeland und ist damit Teil einer innerdänischen West-Ost-Magistrale, die die Hauptstadtregion Kopenhagen mit dem europäischen Festland über die Halbinsel Jütland verbindet.

Das kombinierte Brücken-Tunnel-Bauwerk quert den Großen Belt zwischen Nyborg (Nyborg Kommune, Region Syddanmark) und Korsør (Slagelse Kommune, Region Sjælland).

Lage und techni- sche Beschrei- bung

. Ostteil: Straßenbrücke und Eisenbahntunnel zwischen Seeland und der Insel Sprogø . Westteil: Kombinierte Straßen- und Eisenbahnbrücke . Länge: 6,8 km (Ostteil), 6,6 km (Westteil) Bau und Betrieb Baubeginn: 1988 Inbetriebnahme: 1997 (Eisenbahn), 1998 (Straße) Verbindung vor- Fähre: her . Nyborg-Korsør, Fahrzeug- und Eisenbahnfähre der DSB/Scandlines Danmark Verkehrszahlen . 11,0 Mio. Fahrzeuge p.a. = 30.124 Fahrzeuge pro Tag (2008, Betreiberanga- ben) . mautpflichtig Statistische Ab- A) Lokale Einheit: Korsør (21 Tsd. Einwohner) grenzung Regionale Einheit: Region Sjælland (819 Tsd. Einwohner) B) Lokale Einheit: Nyborg (17 Tsd. Einwohner) Regionale Einheit: Region Syddanmark (1.195 Tsd. Einwohner)

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Beide Orte, Nyborg und Korsør, waren vor dem Bau der festen Verbindung (Brücke und Ei- senbahntunnel) wichtige Fährhafenstädte für die Passagen über den Großen Belt. Diese Fährverbindung wurde mit Fertigstellung der festen Querung eingestellt.

Schon vor Baubeginn versuchte man bei der Planung Rücksicht auf den Wirtschaftsbereich Tourismus zu nehmen. Die Stadtverwaltung Nyborg erreichte eine Verlagerung der Brücken- aufahrt von einem durch Strände geprägten Naherholungsgebiet hin zum Hafenbereich für die Autofähren (Fehmarnbelt-Komitee, 2001).

Grundsätzlich wurde die Erreichbarkeit durch die Verbindung verbessert und die Zugänglich- keit zu einem vielfältigeren Angebot für Besucher der Regionen vergrößert. Dies sei ein gro- ßer Vorteil für den Fremdenverkehr.

Verkehr Das Verkehrsaufkommen ist seit der Eröffnung der Brücke stetig gestiegen und lag 2008 bei rund 11,0 Mio. Fahrzeugen, im Vergleich zum Eröffnungsjahr der festen Querung (1999 mit 6,9 Mio, Betreiberangabe) eine Steigerung um rund 60%.

Im Vergleich zu der Fährverbindung (8.000 Pkw pro Tag) verdreifachte sich das Pkw- Verkehrsaufkommen mit rund 22.000 Pkw pro Tag direkt nach der Eröffnung (Burmeister & Kiemstedt 2001, S. 36).

Für die Eisenbahnverbindung liegen aus den uns zugänglichen Quellen keine Informationen vor.

Entwicklung des touristischen Angebots WENZEL (1999, S. 58) haben die bis dahin mögliche Entwicklung des Infozentrums in Korsør analysiert und berichten von 70.000 Besuchern im Jahre 1996, die dann über 57.000 (1997) und 50.000 (1998) auf nur noch 20.000 im Jahr 1999 zurückgingen. Begründet wird dies wie folgt:

Der starke Rückgang der Besucher in den Jahren 1998 und 1999 gegenüber 1996 wird damit begründet, daß der Betrieb seit Frühjahr diesen Jahres [1999] nicht mehr in der Verantwortung von A/S Storebælt liegt und damit das Marke- tingbudget für die Anlage erheblich zurückgegangen ist. Der kontinuierliche Rückgang seit 1996 ist ferner auch dadurch begründet, daß mit zunehmender Fertigstellung bzw. Sichtbarkeit der Querung, das Interesse an der theoreti- schen Information abgenommen hat. (WENZEL 1999, S. S 58)

Das Beherbergungsangebot stieg bereits während der Bauphase. Nach Expertenauskunft wurden in Nyborg mehr Hotelzimmer geschaffen, um der gesteigerten Nachfrage im Konfe- renztourismus gerecht zu werden. Waren es 1989 ca. 73.000 Betten auf Fünen, stieg die An- zahl laut Statistics Denmark bis auf rund 93.000 im Jahr 2000. Außerdem werden auf Fünen

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mehr Sportveranstaltungen generiert und verstärkt Tagesausflüge nach Kopenhagen unter- nommen.

Auch Korsør plane die Errichtung eines Konferenzzentrums, um an diesem erfolgreichen Markt partizipieren zu können.

Weitere größere Änderungen der Freizeitinfrastruktur wurden aber nicht berichtet.

Entwicklung der touristischen Nachfrage Die Übernachtungszahlen konnten auf beiden Seiten der festen Verbindung in den letzten Jahren positive Effekte verzeichnen, obwohl der Trend für Dänemarks Tourismussektor insge- samt eher eine ungünstige Entwicklung nahm.

Tab. 72 zeigt, dass insbesondere die Kommune Nyborg auf Fünen seit 1999, dem ersten Jahr nach Inbetriebnahme der festen Querung, deutliche Zuwächse in den größeren Hotelleriebe- trieben aufwies12. Die Entwicklung in diesem Zeitraum war mit +33% auch deutlich positiver als in der gesamten Provinz (+5%). In der Kommune Slagelse hat sich die Situation ebenfalls positiv entwickelt, aber nicht positiver als in der gesamten Province Vest- og Sydsjælland13. In der Bauphase hat sich Slagelese aber deutlich positiver entwickelt als die gesamte Provinz, brauchte dann aber sieben Jahre, um das Voreröffnungsniveau zu übertreffen.

Für die Betriebsphase wurde in den Expertengesprächen von einem rund 20-prozentigen Zu- wachs an Konferenzen in lokalen Hotels in Nyborg berichtet. Diese Tendenz wurde auch schon von Burmeister & Kiemstedt (2001, S. 53) beschrieben und scheint sich bis heute fort- zusetzen. Außerdem wurde über einen leichten Anstieg der Segler-Nachfrage berichtet.

Kopenhagen, aber auch Fünen profitierten mehr von der Verbindung als Westseeland, wel- ches in der wirtschaftlichen Entwicklung weitestgehend dem Landesdurchschnitt entsprach und keine besonderen Vorteile aus dem Bau der festen Verbindung ziehen konnte.

12 Die dänische Tourismusstatistik berücksichtigt allerdings nur Betriebe mit mehr als 40 Betten.

13 Beinhaltet auch die Inseln Lolland, Falster und Møn, NUTS DK 022.

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Tab. 72: Übernachtungsentwicklung Nyborg und Slagelse Übernachtungen in Hotels and Holiday Re- Index 1999 = 100 sorts mit mehr als 40 Betten

Nyborg Province Slagelse Province Nyborg Province Slagelse Province Fyn Vest- og Fyn Vest- og Sydsjæl- Sydsjæl- land land 1992 . 799.816 78.506 1.157.565 92 79 98 1993 . 811.559 85.288 1.301.462 93 86 110 1994 . 864.931 85.795 1.334.269 99 86 113 1995 . 845.762 85.781 1.313.193 97 86 111 1996 . 902.883 74.042 1.235.753 103 75 104 1997 . 877.193 74.836 1.234.335 100 75 104 1998 Fertig- . 919.889 84.353 1.207.915 105 85 102 stellung 1999 76.939 872.968 99.203 1.182.605 100 100 100 100 2000 91.665 899.881 87.905 1.220.331 119 103 89 103 2001 92.108 807.043 85.742 1.233.244 120 92 86 104 2002 107.375 826.265 91.148 1.297.470 140 95 92 110 2003 90.205 794.217 98.246 1.303.318 117 91 99 110 2004 92.765 822.408 97.555 1.345.579 121 94 98 114 2005 104.590 850.938 98.356 1.333.294 136 97 99 113 2006 109.131 908.340 100.602 1.396.212 142 104 101 118 2007 108.435 921.252 110.188 1.406.648 141 106 111 119 2008 102.501 917.430 111.593 1.367.984 133 105 112 116 Quelle: Statistics Denmark, 2010 ( . = aus Datenschutzgründen nicht veröffentlicht)

Maßnahmen zur Förderung des Tourismus Mit Beginn des Baus wurde verstärktes Marketing durch Tourismusorganisationen der Region in Kooperation mit der Baugesellschaft betrieben. Um den Tourismus in den Regionen wäh- rend der Bauphase zu fördern, wurden spezielle Angebote wie Bootstouren, Helikopterflüge und spezielle Wochenendtouren zu verschiedenen touristischen Attraktionen der Region un- terbreitet. Ausstellungs- und Informationscenter eröffneten auf beiden Seiten der Verbindung und verzeichneten jährlich rund 50.000 Besucher/innen. Auch auf den Fähren wurden Infor- mationen bereitgestellt. Das in Korsør befindliche Ausstellungscenter ist noch heute in Betrieb, wenn auch auf verkleinerter Fläche.

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Zudem legte man auf beiden Seiten der Brücke, in direkter Nähe zu den Rampen, Strände an. Durch Verlagerung der Schienenwege entstandene Freiflächen oder nun ungenutzte Areale im Hafenbereich wurden sowohl in Nyborg als auch in Korsør zu Nah- bzw. touristischen Er- holungsgebieten umgebaut. So umfasst das frühere Hafengebiet Korsørs heute Strände, Campingplätze, Wochenendhäuser und einen Segelhafen.

FAZIT Großer-Belt-Querung Beide betrachteten Kommunen konnten seit Eröffnung der Querung Zuwächse beim Übernachtungstourismus verzeichnen, im Fall von Slagelse unterdurchschnittlich (im Vergleich zur Referenzregion), im Fall von Nyborg deutlich überdurchschnittlich (+33% innerhalb von 9 Jahren). Diese Entwicklung scheint insbesondere durch die gezielte Entwicklung von Nachfragesegmenten (konkret: Tagungs- und Konferenztourismus) gelungen zu sein.

2.6.3.4 Referenzfall: Gotthard-Straßentunnel Die innerschweizerische Gotthard-Querung besteht aus einem Pass (in 2.100 Metern Höhe) und drei Tunneln: dem 1882 eröffneten Eisenbahntunnel (Scheiteltunnel), dem 1980 eröffne- ten Gotthard-Straßentunnel (beide auf rund 1.100 Metern Höhe) und dem im Bau befindlichen Eisenbahn-Basistunnel (auf Höhen zwischen rund 300 und 500 Metern) als Teil der Neuen Eisenbahn Alpen Transversale NEAT14. Während Eisenbahn- und Straßentunnel die Gemein- den Göschenen im Kanton Uri und Airolo im Kanton Tessin verbinden, wird der Basistunnel darüber hinausgehen und von Erstfeld nach Bodio verlaufen. Der Gotthard-Straßentunnel wird als Referenzfall betrachtet.

14 Es wird bereits heute vermutet, dass diese neue Gotthard-Querung (Eisenbahn-Basistunnel) zu erheblichen Rückgängen der Übernachtungszahlen in den oberen Bergregionen führen wird (Müller & Gurtner 2007). Mit Hilfe von Tourismusentwick- lungskonzepten will man insbesondere dem befürchteten Wegfall von Arbeitsplätzen entgegenwirken (FIF 2006).

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Lage und techni- sche Beschrei- bung

. 2-spuriger Straßentunnel (ein Fahrsteifen je Richtung) . Länge: 16,9 km Bau und Betrieb Baubeginn: 1970 Inbetriebnahme: 1980 Verbindung vor- . Passstraße und Gotthard-Scheiteltunnel (beide nach wie vor in Betrieb) her Verkehrszahlen . >6 Mio. Fahrzeuge p.a. ~ 16.500 Fahrzeuge pro Tag (2007, Betreiberangaben) . keine zusätzlichen Mautgebühren (allgemeine Autobahnvignette) Statistische Ab- A) Lokale Einheit: Göschenen (400 Einwohner) grenzung Regionale Einheit: Kanton Uri (35 Tsd. Einwohner) B) Lokale Einheit: Airolo (1.500 Einwohner) Regionale Einheit: Kanton Tessin (333 Tsd. Einwohner)

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Entwicklung der touristischen Nachfrage Die bereits bei WENZEL (1999, S. 55) dargestellten Übernachtungszahlen für den Ort Göschenen werden hier fortgeschrieben und mit Vergleichszahlen aus der jeweils nächst hö- heren Ebene verglichen15.

Tab. 73 zeigt, dass seit der Inbetriebnahme des Gotthard-Straßentunnels beide End-Orte er- hebliche touristische Einbußen hinnehmen mussten: Göschenen erreichte 2008 ein Niveau von 61% der Nächtigungen von 1980 und war zwischenzeitlich sogar auf ein Niveau unter 30% gefallen, während die Vergleichsregion Zentralschweiz durchgängig stabile Verhältnisse aufwies.

Nach Ansicht der von uns befragten Experten war Göschenen vor dem Bau des Tunnels noch ein Etappenziel auf dem Weg in den Süden. Heute muss man die Autobahn gezielt vor dem Tunnel verlassen, um den Ort zu erreichen. Zwar hat der Transitverkehr an Bedeutung für den Kanton gewonnen, dennoch werde Uri von den Transitgästen nicht genügend als Tourismus- destination wahrgenommen.

Der Rückgang der Übernachtungen ist hauptsächlich durch eine verkürzte Aufenthaltsdauer verursacht. Teilweise wurde berichtet, dass auf Grund der kürzeren Reisewege aus dem Übernachtungsgast ein Tagesgast wurde. Der Rückgang der Übernachtungsgäste konnte also wenigstens teilweise durch den Zuwachs der Tagesgäste kompensiert werden. Während vor dem Bau des Tunnels „Ferien und Erholung“ Hauptgründe für eine Reise in den Kanton Uri waren, ist es heute „eine Übernachtung“ oder gar nur eine kurze Rast.

Airolo entwickelte sich in den Jahren 2007 und 2008 zwar positiver als der Kanton Tessin, in den meisten Jahren seit 1980 war aber eine weitgehend ähnliche, durch leichte Rückgänge geprägte touristische Nachfrage sowohl im Ort Airolo als auch im Tessin zu sehen.

FAZIT: Gotthard-Straßentunnel Keiner der beiden Orte konnte seit Inbetriebnahme des Tunnels Zuwächse im Übernach- tungstourismus verzeichnen. Airolo (Zentralschweiz) entwickelte sich zwar positiver als die Referenzregion, der Effekt ist aber auf die letzten beiden Untersuchungsjahre (2007-2008) beschränkt. Airolo verlor seit Eröffnung des Tunnels rund 40% der Übernachtungen. Für den Ort, wie für den gesamten Kanton Uri, wird ein Anwachsen der Tagesgäste- und Stop- Over-Zahlen berichtet, die den Rückgang bei den Übernachtungsgästen aber nur teilweise abfangen können.

15 Wir danken sehr herzlich dem Schweizerischen Bundesamt für Statistik, Sektion Tourismus, für die kompetente Unter- stützung bei der Datenbeschaffung.

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Tab. 73: Übernachtungen in der Hotellerie 1934-2008 Übernachtungen in Hotelbetrieben Index, 1980 = 100 Zentral- Zentral- Göschenen Airolo Tessin Göschenen Airolo Tessin schweiz schweiz 1934 7.579 1.562 13.439 1.085 65 42 46 30 1945 9.349 1.700 10.818 1.341 80 46 37 37 1950 10.183 1.852 8.176 1.296 87 50 28 36 1955 13.012 2.525 12.735 2.131 112 68 44 59 1960 18.616 3.197 12.728 2.768 160 87 44 77 1961 17.012 3.316 16.346 3.094 146 90 56 86 1962 16.961 3.456 17.470 3.145 146 94 60 87 1963 12.804 3.448 17.577 3.009 110 93 61 83 1964 12.492 3.471 15.491 2.932 107 94 54 81 1965 16.593 3.443 15.789 3.126 143 93 55 87 1966 19.728 3.444 19.755 3.211 169 93 68 89 1967 15.440 3.360 18.734 3.155 133 91 65 88 1968 14.887 3.204 18.549 3.247 128 87 64 90 1969 12.635 3.385 20.627 3.356 109 92 71 93 1970 Baubeginn 13.095 3.716 21.405 3.695 112 101 74 102 1971 13.065 3.815 22.253 3.451 112 103 77 96 1972 12.845 3.877 23.788 3.273 110 105 82 91 1973 11.862 3.821 28.404 3.081 102 104 98 85 1974 12.087 3.538 28.845 2.972 104 96 100 82 1975 15.313 3.526 25.483 3.004 132 96 88 83 1976 11.435 3.375 25.526 2.793 98 91 88 77 1977 12.904 3.546 24.112 2.954 111 96 83 82 1978 12.012 3.461 26.179 2.998 103 94 90 83 1979 14.034 3.169 27.304 3.007 121 86 94 83 1980 Inbetriebnahme 11.642 3.691 28.949 3.605 100 100 100 100 1981 14.637 3.675 24.963 3.672 126 100 86 102 1982 12.991 3.669 21.968 3.356 112 99 76 93 1983 12.907 3.642 21.105 3.247 111 99 73 90 1984 12.476 3.698 21.896 3.152 107 100 76 87 1985 12.833 3.637 20.713 3.233 110 99 72 90 1986 11.737 3.256 24.269 3.308 101 88 84 92 1987 10.751 3.357 22.619 3.265 92 91 78 91 1988 10.498 3.349 25.448 3.086 90 91 88 86 1989 10.652 3.651 24.692 3.331 91 99 85 92 1990 14.673 3.779 26.559 3.304 126 102 92 92 1991 13.553 3.542 26.790 3.324 116 96 93 92 1992 13.079 3.516 24.186 2.999 112 95 84 83 1993 12.099 3.367 19.790 2.827 104 91 68 78 1994 8.588 3.371 22.401 2.788 74 91 77 77 1995 7.157 3.103 19.938 2.593 61 84 69 72 1996 5.935 3.001 20.486 2.552 51 81 71 71 1997 6.245 3.172 20.155 2.812 54 86 70 78 1998 5.955 3.228 19.117 2.822 51 87 66 78 1999 5.724 3.335 19.601 2.885 49 90 68 80 2000 6.442 3.604 19.366 2.951 55 98 67 82 2001 6.178 3.375 24.772 2.864 53 91 86 79 2002 3.658 3.098 22.080 2.544 31 84 76 71 2003 4.333 2.982 22.480 2.445 37 81 78 68 2005 3.203 3.164 19.499 2.467 28 86 67 68 2006 3.121 3.448 22.357 2.619 27 93 77 73 2007 4.761 3.666 28.695 2.680 41 99 99 74 2008 7.064 3.738 28.650 2.596 61 101 99 72 Quelle: Bundesamt für Statistik, Sektion Tourismus, Region Zentralschweiz = Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden und Zug, Region Tessin = Kanton Tessin

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2.6.3.5 Referenzfall: Rio-Andirrio-Brücke Die Rio-Andirrio-Brücke ist eine innergriechische Verbindung über den Golf von Korinth im Norden des Peloponnes.

Lage und techni- sche Beschrei- bung

. 4-spurige Straßenbrücke (zwei Fahrsteifen je Richtung) . Länge: 2,8 km Bau und Betrieb Baubeginn: 1998 Inbetriebnahme: August 2004 Verbindung vor- . Fähre (nach wie vor in Betrieb) her Verkehrszahlen . rund 5 Mio. Fahrzeuge in 2008 (Betreiberangabe) . mautpflichtig Statistische Ab- A) Lokale Einheit: Rio (Άγιος Γεώργιος Ρίοσ) (13 Tsd. Einwohner) grenzung Regionale Einheit: Präfektur Achaia (Αταΐα) (323 Tsd. Einwohner)

Im Fall der Rio-Andirrio-Brücke wurde der Ort Rio im Vergleich zur Präfektur Achaia betrach- tet. Als Basisjahr nehmen wir das Jahr 2004 an, das Eröffnungsjahr der Brücke, an. Wie Tab. 74 zeigt, konnte in der Präfektur in den drei Jahren nach Eröffnung der Brücke ein Übernach- tungszuwachs um 23% verzeichnet werden, von dem der Ort Rio aber (aus uns unbekannten Gründen) nicht profitieren konnte. In den zehn Jahren vor der Eröffnung war die Situation auf der lokalen Ebene aber deutlich positiver: Hier konnte Rio deutliche Zuwächse realisieren, die auf regionaler Ebene mit Rückgängen einhergingen.

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Tab. 74: Übernachtungen in Rio und in der Präfektur Achaia 1994-2007 Rio Jahr Präfektur Achaia (Agios Georgios Rio) Übernachtungen Index Übernachtungen Index 1994 73.103 72 673.012 113 2003 107.414 106 670.669 112 2004 100.992 100 597.510 100 2007 96.584 96 734.345 123 Quelle: National Statistical Service of Greece

FAZIT Rio-Andirrio-Brücke Ein positiver Effekt für den Übernachtungstourismus kann auf lokaler Ebene nicht nachge- wiesen werden: Im Vergleich zur Referenzregion entwickelte sich die Zahl der Übernachtun- gen unterdurchschnittlich.

2.6.3.6 Referenzfall: Akashi-Kaikyo-Brücke Das gesamte Brückensystem befindet sich in Japan. Es verbindet Kobe (ca. 1,5 Mio. Einwoh- ner) und Awaji (ca. 50.000 Einwohner) auf der Insel Awaji-shima (ca. 150.000 Einwohner, rund 590 km²).

Ursprünglich war eine Zugverbindung über diese Brücke geplant, die jedoch aus ökonomi- schen Gründen nicht realisiert worden ist.

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Lage und techni- sche Beschrei- bung

. Hängebrücke . Autobahn mit 2 x 3 Fahrspuren Länge: 2,8 km Bau und Betrieb Inbetriebnahme: April 1998 Verkehrszahlen . rund 8 Mio. Fahrzeuge in 2008 (Betreiberangabe) . mautpflichtig Statistische Ab- Lokale Einheit: Kommune Awaji-shi grenzung Regionale Einheit: Präfektur Hyogo

Für diesen Referenzfall konnten trotz intensiver Recherche bei staatlichen Organisationen (Ministerien, Statistische Ämter), Vermarktungsorganisationen und wissenschaftlichen Institu- tionen nur wenige statistische Datengrundlagen in Bezug auf den Tourismus gefunden wer- den.

Tab. 75: Übernachtungen in der Kommune Awaji, Insel Awajishima und Präfektur Hyogo Übernachtungen Kommune Insel Awaji- Präfektur Kommune Insel Awaji- Präfektur Awaji-shi shima Hyogo Awaji-shi shima Hyogo

1978 295.000 1.871.000 9.626.000 73 76 55 1988 309.000 2.043.000 16.275.000 76 83 94 1998 405.000 2.469.000 17.365.000 100 100 100

2008 578.000 1.307.000 18.917.000 143 53 109 Quelle: Hyogo Tourism Association, Kobe

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Nach diesen Zahlen hat der Übernachtungstourismus in der Kommune Awaji (umfasst Awaji, Tsuna, Hokudan, Ichinomiya und Higashiura) nach Eröffnung der Brücke innerhalb von zehn Jahren um 43% zugenommen, während er auf der insgesamt dünn besiedelten Insel auf fast die Hälfte zurückging. Damit konnten die zunächst hochgesteckten Erwartungen an eine „Wiedergeburt“ der Insel nur in Teilen erfüllt werden (Wang et al. 1995, S. 77).

Außerdem können wir auf existierende Studien zurückgreifen, die das Ausflugsverhalten der Bevölkerung in der Gemeinde Awaji auf der gleichnamigen Insel untersuchen (Ueno 2006). Der Vergleich ist aber in seiner Aussage sehr begrenzt: So ist die Insel Awaji mit knapp 600 km² und rund 150.000 Einwohnern größer als Fehmarn (185 km², 13.000 Einwohner). Die festlandseitige Verbindung zur nächsten Metropole ist im Referenzfall lediglich 20 Kilometer (von Akashi nach Kobe), im Untersuchungsfall aber rund 160 Kilometer (von Rødby nach Ko- penhagen) bzw. 140 Kilometer (von Hamburg nach Burg auf Fehmarn). Zudem ist zu berück- sichtigen, dass die Region erst 1995 Zentrum eines sehr starken Erdbebens war (sog. Kobe- Erdbeben oder Hanshin-Awaji-Katastrophe). Inwieweit bereits nach wenigen Jahren eine komplette Normalität im Freizeitverhalten wiederhergestellt war, sei dahingestellt.

Zusammengefasst kommt Ueno zu dem Ergebnis, dass vor allem die Großstadt Kobe von der Frequenzzunahme im Freizeitverkehr profitiert, aber für die gesamte Region (auch auf der Insel) eine Zunahme des Freizeitverkehrs registriert wurde (Ueno 2006, S. 7, Tab. 11). Ueno findet aber als erstes Fazit:

The influences of the Bridge upon leisure activities were not large regarding the changes before and after the opening as far as all respondents are concerned. (Ueno 2006)

FAZIT Akashi-Kaikyo-Brücke Die recht unsichere Datenlage lässt zwei Tendenzen erkennen: zum einen die generelle Zunahme von Ausflugstätigkeit, zum anderen die Tatsache, dass die städtische Agglo- meration auf der Insel beim Übernachtungstourismus profitiert, während der Rest der Insel deutliche Rückgänge zu verzeichnen hat.

2.6.3.7 Fazit der Referenzfallanalyse Aus den fünf untersuchten Referenzfällen (Großer-Belt-Querung, Gotthard-Straßentunnel und Rio-Andirriobrücke sowie mit schwachen Datengrundlagen Kanaltunnel und Akashi-Kaikyo- Brücke) lässt sich zusammenfassend folgendes Fazit ziehen: Ein tatsächlicher Nachweis der positiven oder negativen Wirkung eines Vorhabens auf die Entwicklung des Übernachtungs- tourismus ist kaum möglich. In den meisten Fällen stehen nicht einmal die notwendigen Daten zur Verfügung.

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Die Orte, die von den geschilderten Vorhaben vermutlich profitieren konnten, konnten sich positiv entwickeln, weil Angebote erstellt wurden, die geeignet waren, die durch das Vorhaben entstandenen Chancen zu nutzen (Konferenzzentrum in Nyborg, Cité Europe in Calais). Orte, die im Vergleich zu ihren Referenzregionen keine positive oder sogar eine negative Entwick- lung des Tourismus erzielten, zeichneten sich vor allem durch Passivität aus: In keinem Fall wurde berichtet, dass versucht wurde, tourismusrelevante Angebote zu erstellen.

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3 Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen auf den Tourismus

3.1 Methodik der touristischen Einflussanalyse

Das Kapitel beschreibt die grundlegenden Definitionen und Erarbeitungsschritte für die touris- tische Einflussanalyse. Sie bildet, gemeinsam mit dem in Kapitel 1.3 dargestellten Untersu- chungsrahmen (Grundmodell des Tourismusmarktes, Untersuchungsraum und Untersu- chungsinhalte), die methodische Grundlage für die folgenden Bewertungen.

3.1.1 Chancen und Risiken vs. Effekte In der touristischen Einflussanalyse wird der Einfluss eines zu erwartenden Ereignisses auf die zukünftige Tourismusentwicklung einer Destination vor dem Hintergrund wahr- scheinlicher Angebotsveränderungen untersucht.

„Einfluss“ heißt hier:

Identifizierung von Chancen, das sind mögliche Einflüsse mit potenziell positiven Ef- fekten Identifizierung von Risiken, das sind mögliche Einflüsse mit potenziell negativen Effek- ten Bewertung der Chancen und Risiken im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und Rele- vanz ihres Eintretens

„Zu erwartendes Ereignis“ heißt hier:

Ein Vorhaben, das eine maßgebliche Veränderung der touristischen Situation zur Fol- ge haben kann Beschreibbar hinsichtlich des Zeitrahmens Beschreibbar hinsichtlich der Größenordnung

„Zukünftige Tourismusentwicklung“ heißt hier:

Quantifizierend in einem überschaubaren Zeitrahmen von maximal 10 Jahren Qualifizierend auch längerfristig Immer mit Unsicherheit behaftet und deshalb stets als Abschätzung zu verstehen

„Destination“ heißt hier:

Ein räumlich definiertes Reiseziel (das entspricht dem Untersuchungsraum, wie in Ka- pitel 1.3.1 beschrieben)

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„Wahrscheinliche Angebotsveränderung“ heißt hier:

Identifizierung der von dem Ereignis ausgehenden Veränderungen der touristisch rele- vanten Angebotssituation Bewertung der Veränderung anhand der Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens

Wir sprechen in der gesamten Einflussanalyse grundsätzlich von „Chancen“ und „Risiken“ anstelle von „Effekten“. Der Grund ist, dass Chancen und Risiken nicht automatisch in Effekte überführt werden, weil

die Auswirkungen der Realisierung von Chancen und Risiken nicht prognostizierbar sind, sondern unsicher bleiben und/oder es für beide Bereiche in der Regel Handlungsmöglichkeiten (Nutzen der Chancen, Vermeiden oder Minimieren der Risiken) für die Beteiligten gibt.

Wir definieren also:

Chancen sind potenziell positive Effekte der Angebotsveränderung auf die touristische Nachfrage. Sie bedürfen zu ihrer Realisierung in der Regel einer Aktion (Untätigkeit führt in der Regel zur Nichtrealisierung der Chance). Risiken sind potenziell negative Effekte der Angebotsveränderung auf die touristische Nachfrage. Sie entstehen in der Regel durch Untätigkeit. Die Vermeidung oder Minde- rung der Risiken bedarf dagegen der Aktion.

Folgende Beispiele sollen helfen, die Definitionen zu illustrieren.

Wird beispielsweise bei der Realisierung einer Schnellstraße (zu erwartendes Ereig- nis) erwartet, dass die Reisezeiten zu einer Destination um einen bestimmten Wert sinken, so bedeutet dies eine unmittelbare Veränderung des Angebotsfaktors „Er- reichbarkeit“: Die Erreichbarkeitszonen, angegeben in Isochronen, und damit das Nachfragepotenzial innerhalb gegebener Isochronen, werden größer. Diese Verände- rung kann als sicher angenommen werden (Wahrscheinlichkeit der Angebotsverände- rung). Die Reaktion der Nachfrager (Bewertung) auf diese sichere Veränderung hin- gegen ist mit Unsicherheit behaftet: Die Veränderung der Angebotssituation ist eine Chance, deren Realisierung verschiedene Ausprägungen annehmen kann. Wird beispielsweise durch die Planung einer Müllverbrennungsanlage erwartet, dass eine Geruchsbelästigung in einem benachbarten Hotel auftritt, so würde dies eine un- mittelbare Veränderung des touristisch relevanten Angebotes bedeuten. Stellt der Pla- nungsverantwortliche die Planung so um, dass (z. B. durch Filteranlagen) keine Ge- ruchsbelästigung auftreten kann, so entfällt die Veränderung des Angebotsfaktors. Die Erwartung ist dann nur eine nicht realistische Befürchtung. Wird beispielsweise durch die Planung einer Eisenbahnstrecke in der Nähe einer tou- ristisch relevanten Einrichtung erwartet, dass Lärm auftritt, so kann dieser, auch in verschiedenen Szenarien (z. B. mit und ohne Lärmschutzeinrichtung), quantifiziert werden. Das Auftreten von Lärm ist ein Risiko, dessen Realisierung („Einfluss“) aber

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nicht vollständig prognostiziert werden kann. Der Einfluss hängt zum Beispiel ab von der Art der Einrichtung (Campingplatz oder Hallenbad), der Art und Häufigkeit des Lärmereignisses und schließlich der individuellen Lärmempfindlichkeit der Touristen. Alle Einflussfaktoren gemeinsam entscheiden darüber, ob und wie viele Nachfrager künftig das Angebot nicht mehr oder nicht mehr im bisherigen Umfang wahrnehmen werden.

Abb. 62: Angebotsveränderung, Chancen und Risiken

Abb. 62 zeigt den grundsätzlichen Zusammenhang zwischen wahrscheinlicher Angebotsver- änderung (1) und Chancen und Risiken für Veränderungen der touristischen Nachfrage (2). Die Abbildung soll auch zeigen, dass die zu erwartenden Anpassungsprozesse (3) nicht in gleichem Maße Gegenstand der Untersuchung sein können. Sie werden im vierten Schritt als Szenarien zu möglichen Anpassungsprozessen qualitativ beschrieben. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um zirkuläre indirekte Effekte (z. B. die Reaktion der Anbieter auf veränderte

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Nachfragestrukturen, die ihrerseits wiederum Reaktionen der Nachfragerseite bewirken und so fort).

Die zu erwartende Nachfrageänderung ist Grundlage für die zu erwartenden ökonomischen Effekte. Dazu gehören direkte ökonomische Effekte (die Ausgaben der Touristen bewirken Einkommen, Gewinne und Steuern), indirekte ökonomische Effekte (Bezug von Vorleistungen in weiteren Wertschöpfungsstufen) und induzierte ökonomische Effekte (Ausgaben der Ein- kommensbezieher in anderen Branchen). Weiterhin können auch „katalytische“ Effekte auftre- ten, etwa die bereits stattfindende Anregung von grenzüberschreitenden Kooperationen, die lediglich der Perspektive der Festen Fehmarnbeltquerung bedurften, ohne dass diese heute bereits direkt wirken kann.

3.1.2 Grenzen der Vorhersagefähigkeit und Erarbeitungsschritte Die hier durchgeführte Einflussanalyse unterliegt, wie alle zukunftsgerichteten Aussagen, spe- zifischen Grenzen der Vorhersagefähigkeit, die vor allem in der zeitlichen Dimension begrün- det liegen. So lassen sich Kenntnisse, Einstellungen und Verhaltensabsichten zu einem be- stimmten Zeitpunkt (hier: 2009) erfragen. Da sich aber im Zeitablauf Planungen und Progno- sen konkretisieren und die Akteure Maßnahmen zur Chancennutzung und Risikoabschwä- chung ergreifen, ist es sehr wahrscheinlich, dass sich die Kenntnisse, Einstellungen und Ver- haltensabsichten der relevanten Zielgruppen im Zeitablauf verändern.

Die im Rahmen dieses Gutachtens aufgezeigten Implikationen werden daher im weiteren Zeitablauf in dem Maß konkreter, in dem wesentliche Maßnahmen zur Chancennutzung und Risikoabschwächung realisiert werden und deshalb von einer Veränderung der Kenntnisse, Einstellungen und Verhaltensabsichten auszugehen ist.

Die Erarbeitung der Einflussanalyse läuft in vier Schritten ab:

1. Modellierung a. Identifizieren von Einflussfeldern b. Identifizieren von möglichen Angebotsveränderungen und überführen in ein Chancen-Risiken-Modell 2. Datengenerierung a. Status-Quo-Analyse (Aktuelle Situation und Entwicklung von touristischem Angebot sowie touristischer Nachfrage) b. Direkte Nachfrageabschätzung (durch Befragung) i. Kognition: Kenntnis, Wahrnehmung ii. Emotion: Persönliche Bewertung iii. Konation: Handlungsabsicht iv. Relevante Einflussfaktoren: Relevanz für den Befragten, Einstellungen der Befragten, Wiederbesuchsabsicht c. Indirekte Nachfrageabschätzung (Analyse von Referenzfällen, Expertenin- terviews, Analyse der Rahmenbedingungen (Trends, andere Fachplanun- gen)

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3. Bewertung a. Einzelbewertung der wahrscheinlichen Angebotsveränderungen und der da- raus resultierenden Chancen bzw. Risiken b. Zusammenfassende Bewertung 4. Szenariobetrachtung zu möglichen Reaktionsmustern lokaler Akteure

Die Arbeitsschritte Modellierung, Bewertung und Erweiterung werden im Folgenden dargestellt und begründet. Der Arbeitsschritt „Datengenerierung“ ist bereits in Kapitel 2 des Gutachtens (Bestandsanalyse) enthalten und bedarf hier keiner weiteren Erläuterung.

3.1.3 Modellierung 3.1.3.1 Identifizieren von Einflussfeldern Um die Einflussanalyse transparent darstellen zu können, wurden vier Einflussfelder des Vor- habens Feste Fehmarnbeltquerung definiert:

1. Baustelle (Tunnel und Brücke): Hier geht es um die Chancen und Risiken während der Bauzeit, also für einen zeitlich begrenzten Zeitraum (die Frage der möglichen perma- nenten, also über den Bauzeitraum hinausgehenden Wirkungen wird ebenfalls disku- tiert). Dabei wird berücksichtigt, dass im Untersuchungsgebiet keine Produktionsstät- ten geplant sind. 2. Tunnelbauwerk: Hier werden die unmittelbar mit dem Bauwerk im Realisierungsfall „Tunnel“ verbundenen Chancen und Risiken untersucht. Dazu gehören die Tunnel- konstruktion und die Rampen- und Portalbereiche im Hinblick auf visuelle, auditive und flächenbeeinflussende (z. B. landverbrauchende) Eigenschaften. 3. Brückenbauwerk: Hier werden die unmittelbar mit dem Bauwerk im Realisierungsfall „Brücke“ verbundenen Chancen und Risiken untersucht. Dazu gehören die Brücken- konstruktion sowie die Rampenbereiche im Hinblick auf visuelle, auditive und flächen- beeinflussende (z. B. landverbrauchende) Eigenschaften. 4. Verkürzung von Reisezeiten: Hier werden die Chancen und Risiken untersucht, die durch die Verkürzung der Reisezeiten entstehen. Das betrifft insbesondere Menge und Struktur des zu erwartenden Verkehrs sowie die Veränderung der Erreichbarkeit. Die Verkürzung der Reisezeiten ist von der Realisierung der Festen Fehmarnbeltquerung als Brücke oder Tunnel weitgehend unabhängig.

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3.1.3.2 Identifizieren von möglichen Angebotsveränderungen und Überführen in ein Chancen-Risiken-Modell Für diese vier Einflussfelder werden jeweils mögliche Angebotsveränderungen identifiziert. Die hier zusammengetragenen Argumente spiegeln Hoffnungen und Befürchtungen der Akteure wider, ohne zunächst deren Stichhaltigkeit (Relevanz) zu überprüfen. Dabei wird auf verschie- dene Quellen zurückgegriffen:

Argumente aus vorhandenen Gutachten wie Kosten-Nutzen-Analysen und Wirtschaft- lichkeitsbetrachtungen Veröffentlichte Argumente der Befürworter und Gegner einer Festen Fehmarnbeltque- rung Argumente aus den Expertengesprächen, die im Jahr 2009 mit verschiedenen regio- nalen und lokalen Experten geführt wurden.

Die möglichen Angebotsveränderungen werden den drei Angebotselementen „Erreichbarkeit“, „ursprüngliches Angebot“ und „abgeleitetes Angebot“ zugeordnet und hinsichtlich ihrer mögli- chen positiven oder negativen Einflüsse als Chance oder Risiko gekennzeichnet.

Tab. 76: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld I: Bauphase Nr. Beschreibung Angebotselement Chance/Risiko I-1 Baustelle als Ausweitung des touristischen Angebots abgeleitetes Ange- Chance (Baustelle als touristische Attraktion) bot I-2 Steigende Nachfrage nach Unterkunftskapazitäten für abgeleitetes Ange- Chance Arbeitskräfte bot I-3 Staus am Fehmarnsund durch Baustellenverkehr Erreichbarkeit Risiko I-4 Baustellen auf See als Barriere für Sportboote Erreichbarkeit Risiko I-5 Baustellen auf See als Ursache für Havarien mit der Erreichbarkeit Risiko Folge von Verzögerungen im Fährverkehr I-6 Lärmbelastung und Luftverschmutzung durch Bauma- urspr. Angebot Risiko schinen und Zulieferverkehr I-7 Visuelle Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen urspr. Angebot Risiko I-8 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Verdrif- urspr. Angebot Risiko tung von Aufwirbelungen bei Bauarbeiten auf See I-9 Strand- und Badewasserverschmutzung durch baustel- urspr. Angebot Risiko lenverursachte Havarien I-10 Landverbrauch durch Baustellen bzw. Arbeitshafen urspr. Angebot Risiko I-11 Blockade von Hochseeangelgebieten durch Baustelle abgeleitetes Ange- Risiko auf See bot I-12 Zerschneidung von Freizeitwegen durch Bauarbeiten abgeleitetes Ange- Risiko an Land bot

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Tab. 77: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld II: Tunnelbauwerk Nr. Beschreibung Angebotselement Chance / Risiko II-1 Tunnelquerung als Erlebnis urspr. Angebot Chance II-2 Tunnel als Querungshindernis (Tunnelangst) Erreichbarkeit Risiko II-3 Verlust der Insellage und Inselidentität urspr. Angebot Risiko II-4 Tunnel als visuelle Beeinträchtigung (Portal- und Ram- urspr. Angebot Risiko penbereich) II-5 Tunnel/Tunnelzufahrten als Verursacher von Verkehrs- urspr. Angebot Risiko lärm

Tab. 78: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld III: Brückenbauwerk Nr. Beschreibung Angebotselement Chance / Risiko III-1 Brücke als Orientierungshilfe für Sportboote Erreichbarkeit Chance III-2 Brückenquerung als Erlebnis urspr. Angebot Chance III-3 Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit abgel. Angebot Chance III-4 Brücke als regionales Wahrzeichen abgel. Angebot Chance III-5 Zeitweise Sperrung der Straßenbrücke bei Starkwind Erreichbarkeit Risiko III-6 Brücke als Barriere für Sportboote Erreichbarkeit Risiko III-7 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Hava- urspr. Angebot Risiko rien von Schiffen mit der Brücke III-8 Verlust der Insellage und Inselidentität urspr. Angebot Risiko III-9 Brücke als visuelle Beeinträchtigung urspr. Angebot Risiko III-10 Brücke als Verursacher von Verkehrslärm urspr. Angebot Risiko III-11 Brücke als Barriere für Hochseeangelfahrten abgel. Angebot Risiko

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Tab. 79: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld IV: Verkürzung der Reisezeiten Nr. Beschreibung Angebotselement Chance / Risiko IV-1 Steigerung der regionalen Bekanntheit durch Existenz urspr. Angebot Chance der Festen Fehmarnbeltquerung IV-2 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Über- Erreichbarkeit Chance nachtungs-Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) IV-3 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Ta- Erreichbarkeit Chance gesausflugs-Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) IV-4 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Ta- Erreichbarkeit Chance gesausflugszielen (zusätzliche Ausflugsziele) IV-5 Zunahme des Transitverkehrs (Potenzialausweitung im Erreichbarkeit Chance Transitverkehr) IV-6 Verbesserung der Erreichbarkeit durch Anbindung des Erreichbarkeit Chance innenstadtnahen Bahnhofs Burg IV-7 Wegfall des Fernhaltebahnhofs Puttgarden Erreichbarkeit Risiko IV-8 Staus am Fehmarnsund durch Zunahme des Gesamt- Erreichbarkeit Risiko verkehrs IV-9 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Erreichbarkeit Risiko Quellmärkten (Destinationskonkurrenz) IV-10 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Ziel- Erreichbarkeit Risiko märkten (Destinationskonkurrenz) IV-11 Zunahme von Lärmimmissionen durch Zunahme des urspr. Angebot Risiko Gesamtverkehrs IV-12 Zunahme von Luftverschmutzung durch Zunahme des urspr. Angebot Risiko Gesamtverkehrs IV-13 Flächeninanspruchnahme und dauerhafte Zerschnei- abgel. Angebot Risiko dung von Freizeitwegen IV-14 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevan- abgel. Angebot Risiko ter Angebote (Fährerlebnis) IV-15 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevan- abgel. Angebot Risiko ter Angebote (verbilligte Einkaufstouren) IV-16 Verstärkte Ansiedlung von konkurrierenden Branchen abgel. Angebot Risiko mit Flächenkonkurrenz zum Tourismus (z. B. Logistik)

3.1.4 Bewertung In der Bewertungsphase werden die identifizierten möglichen Angebotsveränderungen hin- sichtlich ihrer konkreten Chancen und Risiken bewertet. Dies geschieht zunächst isoliert je nach Einflussfeld und möglicher Angebotsveränderung, anschließend in einer integrierten Zusammenschau.

Bei der Bewertung der Chancen und Risiken wird immer davon ausgegangen, dass die rele- vanten rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die genehmigungsrechtlichen Vorschriften (insbesondere die Notwendigkeit, erhebliche negative Auswirkungen zu verhindern oder zu verringern) beachtet werden.

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3.1.4.1 Einzelbewertung der wahrscheinlichen Angebotsveränderungen und der dar- aus resultierenden Chancen und Risiken In der isolierten Betrachtung wird jede der identifizierten möglichen Angebotsveränderungen hinsichtlich der folgenden Kriterien untersucht und in einer zweidimensionalen Matrix Chancen bzw. Risiken zugeordnet:

Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Angebotsveränderung: Es ist denkbar, dass ei- nige der a priori als möglich angesehenen Angebotsveränderungen tatsächlich ausge- schlossen werden können. Das betrifft insbesondere solche möglichen Angebotsver- änderungen, die vollständig in der Hand des Projektträgers liegen. Wirkstärke der Angebotsveränderung, bestehend aus: Volumen der von einer Angebotsveränderung betroffenen Zielgruppe: Je größer die Zielgruppe, desto relevanter sind die jeweiligen Chancen und Risiken. Grad der Betroffenheit von der zu erwartenden Angebotsveränderung: Je stärker die Angebotsveränderung auf die Attraktivitätswahrnehmung wirkt, desto relevan- ter sind die jeweiligen Chancen und Risiken.

Abb. 63: Bewertung der möglichen Angebotsveränderungen auf zwei Relevanzdimensionen

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Die Zuordnung der Einflussfaktoren zu den Relevanzdimensionen (Abb. 63) kann nicht sche- matisch-arithmetisch, etwa durch ein quantifiziertes Scoringmodell, erfolgen (dazu fehlen in den meisten Fällen die Datengrundlagen und Prognosewerte), sondern qualitativ-gutachterlich auf der Basis der verfügbaren empirischen Daten. Aus der Kombination von Eintrittswahr- scheinlichkeit und Wirkstärke ergeben sich vier Wert- oder Bedeutungsstufen („Cluster“):

Cluster 1 bezeichnet solche Einflussfaktoren, deren Eintrittswahrscheinlichkeit und Wirkstärke als hoch eingeschätzt werden. Diese Einflussfaktoren haben die höchste Bedeutung. Cluster 2 bezeichnet solche Einflussfaktoren, deren Eintrittswahrscheinlichkeit als ge- ring, deren Wirkstärke aber als hoch eingeschätzt wird. Diese Einflussfaktoren haben die zweithöchste Bedeutung. Cluster 3 und 4 bezeichnen solche Einflussfaktoren, deren Wirkstärke als gering ein- geschätzt wird. Diese Einflussfaktoren haben die geringste Bedeutung.

3.1.4.2 Integrierte Betrachtung der Einflussfelder In der integrierten Betrachtung werden die Chancen und Risiken der einzelnen zu erwarten- den Angebotsveränderungen zusammengefasst und bewertet. Dies geschieht durch eine summarische Darstellung der möglichen Angebotsveränderungen nach den vier Relevanz- Kategorien und eine integrierende gutachterliche Bewertung je Einflussfeld.

Die Analyse hat die besondere Bedeutung der Kommunikation für die Einstellung gegenüber einer Festen Fehmarnbeltquerung und die daraus folgenden Handlungsabsichten deutlich aufgezeigt. Das betrifft nicht nur die Information durch Medien, sondern auch durch persönli- che Gespräche vor Ort. So bezogen in der Besucherbefragung 2009 26% der Befragten mit positiver Einstellung gegenüber einer Festen Fehmarnbeltquerung Ihre Informationen (auch) aus persönlichen Gesprächen vor Ort, aber 49% der Befragten mit negativer Einstellung.

Das Ergebnis ist eine Gesamtbewertung in Form einer qualitativen Abschätzung der touristi- schen Nachfrageveränderung.

3.1.5 Szenariobetrachtung Ferner wird eine Szenariobetrachtung auf qualitativer Basis angestellt. Damit wird die in Abb. 62 dargestellte Beschränkung (nämlich auf die Stufen 1 und 2 des Schaubildes) ausgeweitet. Es ist dabei unvermeidlich, dass mit fortschreitender Ausweitung der Einflussanalyse die Aus- sageschärfe nachlässt. Gleichwohl ist eine solche Szenariobetrachtung zielführend, da sie die Chance eröffnet, verschiedene Reaktionsmöglichkeiten auf Anbieterseite hinsichtlich ihrer Wirkungstendenz abzuschätzen und damit den Akteuren eine Orientierung für zukünftiges Handeln zu geben. Anbieter in diesem Sinne sind nicht nur die touristischen Leistungsträger (z. B. Unterkunftsanbieter, Gastronomen, Freizeitanbieter), sondern ebenso die öffentlichen und halböffentlichen Akteure, die die touristische Entwicklung durch Erarbeitung von Plänen oder Konzepten maßgeblich beeinflussen können. Im Mittelpunkt der Szenariobetrachtung

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steht also die Frage: „Welche Tendenz der touristischen Entwicklung ist zu erwarten, wenn die Akteure in einem bestimmten Handlungsfeld in einer bestimmten Form handeln?“ Dazu wer- den drei Szenarien („untere Entwicklungslinie“, „mittlere Entwicklungslinie“, obere Entwick- lungslinie“) betrachtet.

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3.2 Entwicklung des Tourismus ohne das geplante Vorhaben

Dieses Kapitel schätzt die touristische Entwicklung im Untersuchungsraum für den Fall ein, dass die Feste Fehmarnbeltquerung nicht gebaut würde („Nullfall“). Dazu bedarf es der Kenntnis

1. der relevanten Nachfragetrends 2. der bisherigen Angebots- und Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum 3. der heutigen Qualität des touristischen Angebotes 4. der geplanten Kapazitätsausweitungen 5. weiterer Faktoren, die die Tourismusentwicklung im Untersuchungsraum positiv oder negativ beeinflussen können.

Diese Aspekte werden im Folgenden einzeln diskutiert und dann zusammengefasst. Die Aus- sagen dieses Abschnitts beziehen sich auf einen Zeitraum von rund zehn Jahren, also etwa bis zum Jahr 2020.

3.2.1 Relevante Nachfragetrends Die UN World Tourism Organisation prognostiziert im Rahmen ihrer „Tourism 2020 Vision“ ein Wachstum von 4,1% der jährlichen internationalen Ankünfte weltweit bis 2020. Von dieser Entwicklung wird Europa aber nur unterdurchschnittlich profitieren. Ähnlich erwartet die Euro- pean Travel Commission für die nächsten drei Jahre (2011-2013) ein Wachstum der internati- onalen Ankünfte in Europa von 2,6% bis 3,6%, für die EU-15 von 1,5% bis 2,5%.

Die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) erwartet bis 2020 rund 80 Mio. Übernachtungen aus dem Ausland. Das entspricht einem Wachstum von rund einem Drittel gegenüber 2010. Nach Einschätzung der DZT geht der wesentliche Antrieb für das Wachstum der Tourismus- nachfrage in Deutschland von den ausländischen Quellmärkten (darunter besonders Italien, Spanien und Zentral- und Osteuropa) und auf Ebene der Reiseziele von den Metropolen mit schon in der Vergangenheit deutlich überdurchschnittlichen Zuwächsen aus (DZT 2010, S. 16 ff.).

Die bereits in Kapitel 1.5.1 dargestellten wesentlichen Aussagen der FUR-Trendanalyse (Lohmann & Aderhold 2009) lassen für die deutschen Zielgebiete bis 2020 aber insgesamt eher Stagnation als Wachstum erwarten. Wesentlicher Grund ist die wachsende Bedeutung älterer Zielgruppen mit aus der Reisebiographie gelernten Präferenzen für Auslandsziele.

Bezogen auf den Untersuchungsraum dieser Studie bleibt festzuhalten, dass Fehmarn und Großenbrode weder in einer internationalen noch nationalen touristischen Boomregion liegen, sondern im ländlichen Raum Deutschlands mit geringer Zahl ausländischer Nachfrager.

3.2.2 Bisherige Angebots- und Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum Für die Abbildung der wesentlichen übernachtungstouristischen Kennziffern kommt, trotz der Beschränkungen auf Beherbergungsbetriebe mit mehr als acht Betten, nur die amtliche Be-

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herbergungsstatistik als Datenquelle in Frage. Nur diese Datenquelle ist in der Lage, über einen angemessen langen Zeitraum jährliche Daten auf vergleichbarer Grundlage zu liefern.

Um die Situation im Untersuchungsraum vergleichen zu können, wurden als Referenzwerte die Daten für den Kreis Ostholstein und das Land Schleswig-Holstein betrachtet.

Tab. 80: Entwicklung von Bettenangebot und Übernachtungsnachfrage 1981-2010 Index 1981-2010 Schleswig- Kreis Osthol- Großenbrode Fehmarn 1981 = 100 Holstein stein Betten in Beherbergungsstätten 125 98 61 153 >8 Betten Gäste in Beherbergungsstätten 175 155 86 169 >8 Betten Übernachtungen in Beherbergungsstät- 121 101 67 130 ten >8 Betten Übernachtungen Urlaubscamping 111 107 k.A. 110

Wie Tab. 80 zeigt, konnte sich Fehmarn im statistisch berichteten Angebotssegment über- durchschnittlich entwickeln, während Großenbrode sowohl bei der Nachfrage als auch bei der Kapazität deutliche Einbußen hinnehmen musste.

Allerdings verlief die Nachfrageentwicklung weder in Großenbrode noch auf Fehmarn gleich- mäßig (Abb. 64). So konnte Großenbrode von 1985 bis 1993 Übernachtungszuwächse gene- rieren, verzeichnete seitdem aber, mit wenigen Ausnahmejahren, kontinuierliche Rückgänge. Fehmarn konnte zwischen 1989 und 1991 und erneut von 1997 bis 2002 zum Teil sprunghafte Nachfrageanstiege verbuchen, seit 2002 ist jedoch auch auf Fehmarn ein (mit Ausnahme des Jahres 2009) kontinuierlicher Rückgang der Übernachtungsnachfrage festzustellen.

Für das Beherbergungssegment unterhalb der Neun-Betten-Abschneidegrenze (kleine Betrie- be) liegen keine verlässlichen Daten vor. Nach Einschätzung lokaler Experten haben sich Ka- pazitäten und Nachfrage in den kleinen Betrieben, und insbesondere im Segment Urlaub auf dem Bauernhof, etwas positiver entwickelt als im dargestellten Segment.

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Abb. 64: Übernachtungen in Beherbergungsstätten mit mehr als 8 Betten, Indexentwicklung 1981-2010

3.2.3 Qualitätsaspekte des touristischen Angebots Bereits das Tourismuskonzept für die Insel Fehmarn (NIT 2007) verweist auf einen „Investiti- onsstau im höherwertigen Qualitätssegment, vor allem in der Hotellerie“ und definiert die „Schaffung hochwertiger Hotelkapazitäten“ als Entwicklungsziel. Auch das Touristische Ent- wicklungskonzept für die LTO16 Halbinsel Wagrien (INSPEKTOUR 2011) ermittelt „Schwächen in Bezug auf die Qualität der Angebote“. Eine aktuelle Auswertung zeigt, dass es im gesamten Untersuchungsraum nur ein Vier-Sterne-Hotel (Ostsee-Hotel Großenbrode) und kein Fünf- Sterne-Hotel, und außerdem wenige Fünf-Sterne-Ferienwohnungen gibt (vgl. Abschnitt 2.1.1.4). Demgegenüber ist das Niveau im Segment Campingplätze deutlich besser (lt. Ent- wurf des Flächennutzungsplans liegen 4 der 15 besten Campingplätze Deutschlands auf

16 LTO = Lokale Tourismus-Organisation im Sinne des Leitprojekts „Optimierung der Lokalen Strukturen im Tourismus in Schleswig-Holstein“

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Fehmarn). Auch in diesem Segment werden aber Qualitätsdefizite erkannt, was unter ande- rem zu der „Qualitätsoffensive Campingtourismus“17 geführt hat.

In Folge der kaum vorhandenen überdurchschnittlich qualitätsvollen Angebote ist der Ziel- gruppenanteil der sog. „Anspruchsvollen Genießer“ auf Fehmarn unterrepräsentiert. Die Ziel- gruppe der Familien mit Kindern ist hingegen deutlich überrepräsentiert (vgl. Abschnitt 2.3.10).

3.2.4 Geplante Kapazitätserweiterungen Der Entwurf des Flächennutzungsplanes Fehmarn 2011 (PROKOM/FIRU 2011, S. 48ff.) defi- niert als „bedarfsorientierte Entwicklungsschwerpunkte“ unter anderem die „Schaffung eines zusätzlichen, hochqualitativen Hotelangebotes am Standort Burg/Burgstaaken“, „Qualitätsver- besserung im Bereich der Ferienwohnungen ...“ und „Beibehaltung und gezielter Ausbau der teils exzellenten Qualität der Campingplätze“. Ähnlich argumentiert der Flächennutzungsplan der Gemeinde Großenbrode (BAUM/EWERS/DÖRNEN 2000, S. 11ff.), der „touristisch orien- tierte flächenhafte Neuentwicklungen“ auf das Gelände der ehemaligen Marineküstendienst- schule und Standortverwaltung beschränkt, „während für die bestehenden touristischen Nut- zungsstrukturen Qualitätssteigerung sowie Saisonverlängerung“ im Vordergrund stehen.

Im Untersuchungsraum wurden vier größere kapazitätsbedeutsame Entwicklungsprojekte identifiziert:

Bloom Hotelresort & Residences, Fehmarn Südstrand, ca. 1.450 Betten in einem Ho- tel, 150 Appartements und 150 Ferienwohnungen, Luxussegment, Fertigstellung 2014 Tourismusprojekt „DE HOBEN“, westlich Neue Tiefe (Fehmarn), ca. 900–1.000 Betten in 1–2 Hotels und 120 Ferienhäusern Hafen Burgstaaken (Fehmarn) mit zusätzlichen Bootsliegeplätzen und Ferienwohnun- gen (Kapazität unklar) Holiday Vital Resort Großenbrode, ca. 660 Betten in 165 Ferienhäusern

Damit ist von einer Kapazitätserhöhung durch diese vier Projekte in der Größenordnung von mehr als 3.000 Betten in den nächsten 3 Jahren auszugehen, wenn die Pläne so realisiert werden. Bezogen auf die heute rund 18.000 vorhandenen Betten entspricht dies einem Zu- wachs von ca. 17%.

Zudem sollen auf Fehmarn im Campingsegment Ausweitungen der bestehenden Anlagen in der Größenordnung von ca. 16 ha (etwa +11% gegenüber der Bestandsfläche) erfolgen, zu- sammen mit der Möglichkeit, Campinghütten anzusiedeln (PROKOM/FIRU 2011, S. 55f.).

Allerdings muss festgestellt werden, dass es kapazitätsrelevante Planungen nicht nur im Un- tersuchungsraum gibt. So berichtet allein die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer

17 vgl. www.egoh.de/de/campingtourismus/

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Schleswig-Holstein GmbH (WTSH 2011) über mehrere touristische Großprojekte in Schles- wig-Holstein, davon zwei in unmittelbarer Nähe zum Untersuchungsraum (Marina Resort Hei- ligenhafen, Resort Schloss Weißenhaus [Hohwachter Bucht]).

3.2.5 Wahrgenommener Veränderungsdruck Ein weiterer Faktor, der die zukünftige touristische Entwicklung im Untersuchungsraum beein- flussen kann, ist der wahrgenommene Veränderungsdruck. Hier spielen zwei widerstrebende Aspekte eine Rolle:

Einerseits ist die Wirtschaft im Untersuchungsraum weitgehend vom Tourismus abhängig, da andere Einkommensquellen nicht in entsprechendem Umfang verfügbar sind. Dies führt zu einer vergleichsweise hohen Sensibilität für die Entwicklung des Tourismus und eine entspre- chende Bereitschaft, negativen Entwicklungen entgegen zu steuern.

Andererseits ist die Struktur der Beherbergungsakteure geprägt von zahlreichen kleinen und mittleren Betrieben oder Nebenerwerbsvermietern, denen eine Reihe von strukturellen Schwächen zugeordnet werden (Investitionsstau mit nicht zeitgemäßem und marktgerechtem Angebot, Angebotskonzentration auf Zweizimmer-Ferienwohnungen, fehlende Servicebereit- schaft, Professionalität und Flexibilität, siehe DWIF 2008, S. 151). In diesem Segment wirkt der Veränderungsdruck offenbar vergleichsweise schwach.

Ein weiterer Aspekt, der die zukünftige Tourismusentwicklung besonders im Hinblick auf die skandinavischen Quellmärkte beeinflussen kann, ist die Entwicklung der Wechselkurse zwi- schen Euro und insb. Schwedischer Krone sowie der relativen Kaufkraft. Für diese Aspekte sind aber kaum seriöse Prognosen anzustellen.

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3.2.6 Zusammenfassung Zusammengefasst lassen sich, unabhängig von der Realisierung einer Festen Fehmarnbelt- querung, für die zukünftige Tourismusentwicklung im Untersuchungsraum sowohl begünsti- gende als auch dämpfende Faktoren identifizieren (Tab. 81).

Tab. 81: Relevante dämpfende und begünstigende Faktoren für die Tourismusentwicklung im Unter- suchungsraum Die Tourismusentwicklung im Untersu- Die Tourismusentwicklung im Untersu- chungsraum begünstigende Faktoren chungsraum dämpfende Faktoren

Übernachtungstourismus ist ein weltweit Generelle touristische Nachfragetrends wachsender Markt (regional und segmentbezogen) wenig Kapazitätsausweitungspläne im Unter- begünstigend für den Untersuchungs- suchungsraum in der Größenordnung raum >3.000 Betten, z.T. im Luxussegment Heute schwach ausgeprägtes Qualitäts- Ausweitung der Campingplatzflächen auf niveau der Beherbergung Fehmarn um >10% mit Angebotsauswei- Seit Jahren nachlassende touristische tung Nachfrage, sowohl absolut als auch im Hohe Abhängigkeit des Untersuchungs- Vergleich zu anderen Destinationen raumes vom Tourismus mit entspre- Intensive Investitionstätigkeit auch in chender Sensibilität für Marktverände- unmittelbaren Konkurrenzdestinationen rungen Viele gering professionalisierte Akteure mit begrenzter Bereitschaft, auf Markt- veränderungen zu reagieren

Betrachtet man nur die begünstigenden Faktoren, ist eine substanzielle Nachfrageerhöhung in den nächsten zehn Jahren um 10-20% denkbar. Wenn die Planungen realisiert werden, ent- spricht dies in den jeweiligen Segmenten (Campingplätze, Betten) einer Kapazitätserhöhung von 11-17%. Da davon auszugehen ist, dass die geplanten Einheiten aufgrund der professio- nellen Betriebsführung höhere Auslastungen erreichen als die heute vorherrschenden Klein- betriebe, kann ein Wachstum von bis zu 20% möglich sein. Damit würde zugleich eine Quali- tätsverbesserung einhergehen.

Diese angebotsinduzierte Wachstumsperspektive wird korrigiert durch die Betrachtung der dämpfenden Faktoren: Zum einen hatten die Akteure in den vergangenen 8-15 Jahren mit nachlassender Übernachtungsnachfrage in einem insgesamt wachsenden Markt zu kämpfen. Zum anderen begünstigen die generellen Nachfragetrends eher konkurrierende Destinationen (z. B. Städte, Ziele mit hohem Zielgruppenanteil aus dem Ausland). Die geplanten Angebots- erweiterungen im Untersuchungsraum werden zudem durch entsprechende Planungen in unmittelbar benachbarten Reisezielen und dem zu erwartenden Ausscheiden von Unter- kunftsanbietern zum Teil aufgewogen.

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Zusammenfassend gehen wir für den Fall, dass die Feste Fehmarnbeltquerung nicht gebaut würde, von einer stabilen touristischen Nachfrageentwicklung im Untersuchungsraum bis etwa 2020 aus. Momentan sind weder ausgesprochene Boomfaktoren, die ein deutliches Wachs- tum erwarten lassen, noch vollständig gegenläufige Entwicklungen absehbar.

Selbstverständlich steht auch diese Einschätzung unter dem Vorbehalt, dass das Tun oder Unterlassen auf Seiten der touristischen Akteure die jeweils treibenden oder dämpfenden As- pekte deutlich stärker zum Zug kommen lassen kann. Daher scheint ein Veränderungskorridor der touristischen Übernachtungsnachfrage bis 2020 im Untersuchungsgebiet von 20% realis- tisch.

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3.3 Zu erwartende Auswirkungen für den Tourismus

Die in Kapitel 3.1 aufgeführten Argumente (Hoffnungen und Befürchtungen) werden im Fol- genden jeweils einzeln untersucht und hinsichtlich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit und mögli- chen Wirkstärke bewertet. Eine zusammenfassende Bewertung erfolgt dann in Kapitel 3.4.

3.3.1 Auswirkungen während der Bauphase Die Abschätzung der Auswirkungen während der Bauphase folgt den oben dargestellten Chancen und Risiken. Bei der Betrachtung der Bauphase werden Tunnel und Brücke gemein- sam untersucht. In den Fällen, in denen der Bau der einen oder anderen Realisierungsvarian- te deutlich verschiedene touristische Auswirkungen erwarten lässt, wurde im Text darauf hin- gewiesen. Wir gehen davon aus, dass im Untersuchungsraum während der Bauphase eine Baustelle mit Arbeitshafen, aber keine Produktionsstätte existieren wird.

Nicht Gegenstand der Untersuchung sind die Baustellen für die Straßen- und Schienen- hinterlandanbindung und deren mögliche touristische Effekte.

3.3.1.1 Baustelle als Ausweitung des touristischen Angebots (Baustelle als touristi- sche Attraktion) Argument

Die Baustelle selbst könnte als Sehenswürdigkeit wirken und die touristische Attraktivität des Untersuchungsraumes heben.

Bewertung

Die mögliche Funktion der Baustelle als touristische Attraktion hängt von zwei Faktoren ab:

der Art und Sichtbarkeit der Bauarbeiten und der Inszenierung der Baustelle.

Bezüglich der Art und Sichtbarkeit dürften im Wesentlichen die Arbeiten auf See mit großen Maschinen (z. B. Transportieren und Platzieren von Tunnel- oder Brückenelementen mit Hilfe großer Schwimmkräne) touristisch attraktiv sein. Arbeiten, die nicht zu sehen oder die nicht außergewöhnlich sind, dürften hingegen weniger interessant sein.

Bezüglich der Inszenierung ist vor allem die Einrichtung eines adäquaten Informations- und Ausstellungszentrums zur Baustelle relevant für die Abschätzung der touristischen Wirkung.

Beispiele aus anderen Großbaustellen lassen relativ hohe Besuchervolumina erwarten (Öre- sund: ca. 1 Mio. Besucher insgesamt lt. Betreiberangaben, Großer Belt: ca. 60.000 bis 100.000 Besucher im Jahr, Eurotunnel: ca. 100.000 Besucher im Jahr, vgl. GEORG & OT- TENSTRÖER/REGIONOMICA 2009), wenn die Baustelle mit einem entsprechend attraktiven Informations- und Ausstellungszentrum ausgestattet ist.

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In Europa existieren zahlreiche Informationszentren zu Großbaustellen, wie z. B.

Alptransit Gotthard in Sedrun, Erstfeld und Pollegio (CH) Schiffshebewerk Niederfinow (D) Airportworld BBI (D) Infozentrum Finnetunnel (D) Info Box Potsdamer Platz Berlin (D) (inzwischen geschlossen) HafenCity InfoCenter im Kesselhaus Hamburg (D) Great Belt Exhibition Center in Nyborg und Korsør (DK) (inzwischen geschlossen) Öresund Exhibition Center in Malmö (S) (inzwischen geschlossen) Eurotunnel Exhibition Centre in Folkestone (UK) (inzwischen geschlossen) Das Nachfragepotenzial für ein solches Informationszentrum lässt sich unter anderem anhand der Daten aus der Besucherbefragung 2009 abschätzen. Dort stimmten rund 11% der Über- nachtungsgäste und 12% der Tagesbesucher der Aussage „Die Baustelle wäre eine sehens- werte Attraktion“ zu. In der Einwohnerbefragung 2011 (vgl. Abschnitt 2.6.19) stimmten 54% der Einwohner Mecklenburg-Vorpommerns, Schleswig-Holsteins und Hamburgs der Aussage „Der Bau der Querung wird zu einer Touristenattraktion werden“ zu.

Geht man von rund 0,4 Mio. Übernachtungsgästen im Untersuchungsraum aus, von denen 11% die Baustelle als Attraktion empfinden, sowie von 1,1 Mio. Tagesgästen mit einer Zu- stimmungsquote von 12%, so ergibt sich aus dem aktuellen Jahres-Besucheraufkommen eine Potenzial von (gerundet) 170.000 Besuchern. Legt man als Realisierungsquote einen Wert zwischen 30% und 60% an, so ergeben sich aus dem aktuellen Besucheraufkommen zwi- schen 50.000 und 100.000 Besucher der Baustelle. Dieser Wert wird aufgrund des hohen Stammgästeanteils im Zeitverlauf abnehmen, weil bei Wiederholungsbesuchen nicht jedes Mal auch mit einem erneuten Baustellenbesuch zu rechnen ist. Im Mittel der fünf Baujahre sind schätzungsweise 30.000 bis 50.000 Baustellenbesucher pro Jahr aus dem aktuellen Be- sucheraufkommen zu erwarten.

Legt man die genannten Referenzfälle mit ca. 100.000 Besucher pro Jahr zu Grunde, so wä- ren rund 50.000 bis 70.000 Besucher pro Jahr zu erwarten, die neu in den Untersuchungs- raum kommen, um die Baustelle zu besichtigen.

Diese Zahlen können zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur sehr grobe Richtwerte darstellen und zeigen eher das Potenzial als eine konkrete Prognose. Die tatsächlichen Besucherzahlen hängen von der Attraktivität des Informations- und Ausstellungszentrums, dem erhobenen Eintrittspreis und der tatsächlichen Sichtbarkeit und Inszenierung der Baustelle ab.

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Von der Baustelle ist, eine attraktive Inszenierung vorausgesetzt, ein Besucherpotenzial in der Größenordnung mehrerer hunderttausend Besucher über die voraussichtlich fünfjährige Bau- zeit zu erwarten.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-1: Baustelle als Ausweitung des touristi- hoch hoch schen Angebots (Baustelle als touristische Attraktion) (wenn ein Informa- tions- und Ausstel- lungszentrum gebaut wird)

3.3.1.2 Steigende Nachfrage nach Unterkunftskapazitäten für Arbeitskräfte Argument

Die in der Bauphase beschäftigten Arbeitskräfte könnten zu einer zusätzlichen Nachfrage bei den Beherbergungsbetrieben im Untersuchungsraum führen.

Bewertung

Die Anzahl der benötigten Unterkünfte für Bauarbeiter hängt von zwei Faktoren ab:

der Zahl der benötigten Arbeitskräfte und der Art der Unterbringung dieser Arbeitskräfte (auf dem Gelände oder außerhalb).

Nach einer Abschätzung von COWI18 (zitiert nach REGIONOMICA/GEORG & OTTEN- STRÖER 2010, S. 141) war nach Planungsstand 2005 beim Bau der Festen Fehmarnbeltque- rung während einer fünfjährigen Bauzeit mit 252 (Jahre 1 und 5) und 1.784 (Jahre 2 bis 4) Arbeitskräften zu rechnen. Im gewichteten Mittel wären das 1.171 Personen, die sowohl auf dänischer als auch auf deutscher Seite eingesetzt werden.

Beim Bau der Querung über den Großen Belt inkl. Produktionsstätte (vgl. Burmeister & Kiemstedt 2001, S. 43) wurden in der Hauptphase von rund 2.000 Personen auf der Baustelle rund 1.000 (50%) in einer eigenen Baustellensiedlung untergebracht. Weitere 400 (20%) Per- sonen kamen aus dem Ort Nyborg, so dass rund 600 Personen (30%) anderweitig unterge- bracht werden mussten oder pendelten.

18 Arbejdsmarkedsradet i Storströms Amt (2005): Analyse af arbejdskraft- og uddannelsesbehov i forbindelse med etable- ring av en fast forbindelse over Femern Baelt. Rapport, S. 36.

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Bezüglich der Pendler ist davon auszugehen, dass gerade die umliegenden Regionen hoffen, aus den Bauarbeiten Beschäftigungseffekte zu erzielen und deshalb bereits entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen einleiten (REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER 2010, S. 141).

Der Projektträger ging im August 2011 von einem gesamten Arbeitskräftebedarf in einer sechseinhalbjährigen Bauphase von 22.500-27.500 Mannjahren aus (vgl. Abschnitt 1.2.2.5), das entspricht durchschnittlich rund 3.500 bis 4.200 Beschäftigten pro Jahr, im Mittel rund 3.850.

Wie viele dieser rund 3.850 Beschäftigten in Deutschland eingesetzt werden und wie viele davon auf der Baustelle untergebracht sind oder pendeln, lässt sich heute nur grob schät- zen. Geht man von einer Verteilung der Arbeitskräfte zwischen Dänemark und Deutsch- land im Verhältnis von 85% zu 15% aus, so sind für die deutsche Seite rund 600 Arbeits- kräfte pro Jahr zu erwarten.

Es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Baustelle Übernachtun- gen von Mitarbeitern in Planung, Produktion und Prüfung nach sich ziehen wird, so dass die Übernachtungsbetriebe (Hotels, aber auch Anbieter von Ferienwohnungen) profitieren können. Das Volumen dieser zu erwartenden Nachfrage ist abhängig von dem Anteil der an der Baustelle Beschäftigten, die in Unterkunftsbetrieben untergebracht werden. Dieser Anteil ist nicht bekannt und wurde deshalb für einen plausiblen Bereich von 5% bis 20% abgeschätzt (Tab. 82).

Tab. 82: Abschätzung des Nachfragepotenzials für Unterkunftsleistungen in der Bauphase Beschäftigte in Prozent der Nachfrage in Unter- insgesamt davon in davon in Unter- Betten Gesamtkapazität kunftsbetrieben (im Mittel der Deutschland kunftsbetrieben belegt (ca. 18.000 (Nächte pro Jahr bei gesamten (Annahme) Betten) 300 Werktagen) Bauphase)

1.200 600 5% 30 0,2% 9.000

1.200 600 10% 60 0,3% 18.000

1.200 600 15% 90 0,5% 27.000

1.200 600 20% 120 0,7% 36.000

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Der Anteil der zu belegenden Betten liegt also in jedem der betrachteten Fälle unter 1%. Allerdings würde eine Belegung auch außerhalb der Hauptsaison erfolgen, was einen positiven strukturellen Effekt im Untersuchungsraum hätte. Die Wirkstärke der zusätzlich generierten Nachfrage wird daher als gering (bis mittel) eingeschätzt.

Chancen-Bewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-2: Steigende Nachfrage nach Unterkunftska- hoch gering pazitäten für Arbeitskräfte bis mittel

3.3.1.3 Staus am Fehmarnsund durch Baustellenverkehr Argument

Die Brücke über den Fehmarnsund könnte von Staus besonders betroffen sein, weil sie heute der einzige Straßenzugang zur Insel Fehmarn vom deutschen Festland aus ist und zudem bei besonderen Wetterlagen gesperrt wird.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Stauwirkung von Baustellenverkehren sind folgende Faktoren maßgeblich:

die Straßenbelastung und daraus resultierende Stauhäufigkeit und -länge bzw. die Wahrnehmung von Staus durch Gäste heute und die zu erwartenden Baustellenverkehre am Fehmarnsund in Verbindung mit der Fes- ten Fehmarnbeltquerung

Die Straßenverkehrsbelastung am Fehmarnsund ist heute in den Sommermonaten deutlich erhöht. WASSER- UND VERKEHRSKONTOR (2010, S. 52) beziffern den „Ferienfaktor“ im Untersuchungsraum auf 1,7 bis 1,9, das heißt, dass in der Ferienzeit 1,7 bis 1,9 mal so viel Verkehr gezählt wird wie in der übrigen Zeit des Jahres.

Bei der Polizei des Landes Schleswig-Holstein wird erfasst, wie oft die Brücke über den Fehmarnsund für Lkw und Fahrzeuge mit hohen Aufbauten gesperrt wird. Das passierte in den letzten 10 Jahren rund 10 Mal pro Jahr für durchschnittlich rund 191 Stunden (Tab. 83).

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Tab. 83: Sperrungen der Fehmarnsundbrücke 1983-2009 10 Jahre (2000-2009) 27 Jahre (1983-2009) Mittelwert Summe Mittelwert Summe Anzahl Sperrungen für Lkw und Fahrzeuge mit hohen Aufbauten Gesamt 19,1 191 15,3 414 bis 5 h 5,2 52 3,6 97 >5 bis 10 h 5,6 56 4,2 113 >10 bis 24 h 7,1 71 5,7 154 >24 bis 48 h 1,2 12 1,7 45 >48 h 0,0 0 0,2 5 Stunden gesamt 201,6 2.016 202,1 5.254 Quelle: Innenministerium Schleswig-Holstein

Objektive Daten über Stauhäufigkeit und -länge am Fehmarnsund liegen nach Auskunft der Straßenbauverwaltung Schleswig-Holstein und der Landespolizei nicht vor.

Aus der Besucherbefragung lässt sich aber die wahrgenommene Störwirkung der Staus ablei- ten. Dabei kann zwischen den Befragungsstandorten auf Fehmarn und in Großenbrode diffe- renziert werden.

Tab. 84: Stauwahrnehmung nach Segmenten Fehmarn Großenbrode Stauwahrnehmung Tages- Über- Gesamt Tages- Über- Gesamt Angaben in Prozent gäste nachtungs- gäste nach- gäste tungs- gäste Keinen Stau bei der Anreise wahrge- 66 62 63 84 76 78 nommen Stau bei der Anreise wahrgenom- 24 18 19 10 8 9 men, aber keine Störung Stau bei der Anreise wahrgenommen 10 20 18 7 16 13 und Störung Wahrnehmung insgesamt 34 38 37 17 24 24* Quelle: Besucherbefragung 2009, * Summendifferenz rundungsbedingt

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Die Tab. 84 zeigt auf Fehmarn eine im Saisondurchschnitt gegenüber Großenbrode deutlich erhöhte Wahrnehmung von Staus bei der Anreise (37% vs. 24% entspricht 1,54 : 1), die Stö- rungswahrnehmung ist ebenfalls erhöht, aber auf leicht geringerem Niveau (18% vs. 13%, entspricht 1,38 : 1). Übernachtungsgäste sind häufiger von Staus betroffen und nehmen diese häufiger wahr.

Die saisonale Verteilung der Stauwahrnehmung ist unterschiedlich und in den Sommermona- ten erwartungsgemäß am höchsten (Tab. 85).

Tab. 85: Stauwahrnehmung nach Saisonzeiten Stauwahrnehmung Fehmarn Großenbrode Angaben in % Apr – Jul – Sep – Apr – Jul – Sep – Jun Aug Okt Jun Aug Okt Keinen Stau bei der Anreise wahrge- 73 50 61 77 74 88 nommen Stau bei der Anreise wahrgenommen, 13 27 23 7 11 6 aber keine Störung Stau bei der Anreise wahrgenommen 14 23 16 17 15 6 und Störung Wahrnehmung insgesamt 27 50 39 24 26 12 Quelle: Besucherbefragung 2009

Durch einfache Differenzbildung lässt sich auch hier der „Fehmarnsundeffekt“ abschätzen: Gerade in den nachfragestarken Sommermonaten waren Fehmarnbesucher doppelt so häufig von Staus betroffen wie Besucher in Großenbrode und fühlten sich auch signifikant stärker durch die erlebten Staus gestört.

Hinsichtlich des zweiten Faktors, der zu erwartenden Baustellenverkehre am Fehmarnsund in Verbindung mit der Festen Fehmarnbeltquerung, liegen quantitative Abschätzungen für den gesamten Baustellen-Lkw-Verkehr (ohne Personentransporte) vor. Dieser wird mit 50 bis 150 Lkw pro Tag erwartet (Information von Femern A/S, August 2011). Bei einem durchschnittli- chen täglichen Schwerverkehr von 1.931 Fahrzeugen (vgl. Abschnitt 2.2.4.1) entsprechen 50 bis 150 Lkw pro Tag einem Anteil von 2,6 bis 7,8%.

Zusammengefasst ist davon auszugehen, dass Belastungen durch den Baustellenverkehr für den Bau von Tunnel oder Brücke und die zugehörigen Rampenbereiche auftreten werden, der zusätzliche Baustellenverkehr aber wegen der bereits vorhandenen Verkehrsmengen nur mit geringer Wahrscheinlichkeit als Stauverursacher in Frage kommt. In welchem Umfang der Baustellenverkehr zu Beeinträchtigungen führen wird, ist vor allem von der zeitlichen Vertei- lung abhängig. Werden die heute schon bestehenden Stauzeiten zusätzlich durch Baustellen- verkehr belastet, so ist mit einer mittleren Beeinträchtigung der Erreichbarkeit Fehmarns zu rechnen. Es liegt aber in der Hand der ausführenden Unternehmen, Transporte außerhalb der

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Ferienzeiten oder auch per Schiff oder Bahn durchzuführen. Dann ist nur eine geringe Beein- trächtigung zu erwarten.

Risiko-Bewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-3: Staus am Fehmarnsund durch Baustel- gering gering bis mittel lenverkehr (je nach zeitlicher Verteilung)

Anmerkung: Die hier getroffene Einschätzung betrifft nicht die Baustellen an der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung.

3.3.1.4 Baustellen auf See als Barriere für Sportboote Argument

Eine Befürchtung ist, dass durch die Bauarbeiten auf See oder an Land die Erreichbarkeit der Sportboothäfen beeinträchtigt wird. Die Baustelle könnte als tatsächliche oder psychische Barriere wirken. Eine tatsächliche Barriere wäre gegeben, wenn die Baustelle mit einem Durchfahrtsverbot für Sportboote belegt würde. Die psychische Barrierewirkung entstünde, wenn Sportbootfahrer die Baustelle meiden würden, obwohl sie sie passieren dürften, z. B. weil sie Kollisionen fürchten.

Bewertung

Im Untersuchungsraum gibt es elf Sportboothäfen mit mehr als 2.000 Liegeplätzen (vgl. 2.1.1.5), weitere 1.200 Liegeplätze stehen in Heiligenhafen zur Verfügung. Es ist davon aus- zugehen, dass der Fehmarnbelt von Seglern mit Heimat- oder Durchgangshafen im Untersu- chungsgebiet als Sportbootrevier genutzt wird.

Die Wahrscheinlichkeit der formalen oder tatsächlichen Barrierewirkung ist derzeit nicht zu quantifizieren. Als Barriere wird sich die seeseitige Baustelle allerdings kaum präsentieren. Da die Bauarbeiten sich nicht auf der gesamten Strecke zur gleichen Zeit stattfinden, kann es nur punktuell zu Beeinträchtigungen der Sportbootverkehre kommen.

Selbst wenn aber für Sportboote ein Passieren des Fehmarnbelts zeitweise unmöglich würde und diese Boote den Weg durch den Fehmarnsund nehmen müssten, scheint der dadurch generierte Umweg angesichts der Lage der Sportboothäfen in der Untersuchungsregion (näm- lich überwiegend am Fehmarnsund oder südlich davon) nicht wesentlich zu sein.

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Für passierende Sportboote könnte andererseits der regionalwirtschaftlich positive Effekt ein- treten, dass sie einen der Sportboothäfen in der Untersuchungsregion anlaufen, statt ohne Halt durch den Fehmarnbelt zu fahren. Ebenfalls ist eine Art „Neugiertourismus“ bei den Seg- lern zu vermuten, die Bauarbeiten, sofern gefahrlos möglich, von See aus zu beobachten.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-4: Baustellen auf See als Barriere für Sport- unklar gering boote

3.3.1.5 Baustellen auf See als Ursache für Havarien mit der Folge von Verzögerungen im Fährverkehr Argument

Eine Befürchtung ist, dass im Laufe der Bauarbeiten auf See Havarien (z. B. Schiffszusam- menstöße) auftreten könnten, die den Fährverkehr zwischen Dänemark und Deutschland blo- ckieren, so dass die Erreichbarkeit der Untersuchungsregion eingeschränkt wird.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Verzögerungswirkung solcher Havarien sind folgende Fakto- ren maßgeblich:

die Wahrscheinlichkeit einer baustellenbedingten Havarie die Wahrscheinlichkeit sowie Umfang und Dauer einer daraus resultierenden Störung des Fährverkehrs

Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer baustellenbedingten Havarie ist bekannt, dass der Fehmarnbelt 2009 von 37.300 Schiffen (ab 300 BRT) durchquert wurde, davon 23,6% Tan- kern. Hinzu kommen Freizeit- und Fischereifahrzeuge sowie Schleppverbände, außerdem rund 3.400 Schiffsbewegungen in jede Richtung, die mit dem Bau des Offshore-Windparks Rødsand II (Nysted Havmøllepark südlich von Nysted) in Zusammenhang stehen (Information von Femern A/S, Januar 2011). Angaben zu Schiffsunfällen auf der Route liegen aber nicht vor.

Die Wahrscheinlichkeit einer Havarie wurde mit Blick auf die Realisierung einer Brücke inten- siv untersucht (FEMERN A/S 2010d, Anhang 3). Demnach wird das Kollisionsrisiko durch Einführung einer Verkehrstrennung mit Schiffsüberwachungssystem (Vessel Traffic Service VTS) um etwa 60% sinken. Zwar besteht ein (geringes) zusätzliches Risiko der Kollision mit dem Bauwerk, dieses wird aber durch die signifikante Reduktion des Kollisionsrisikos zwi- schen Schiffen deutlich überkompensiert. Zur Ermittlung des Risikoniveaus wurden umfang-

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reiche Untersuchungen durchgeführt. Ähnliche Untersuchungen werden aktuell auch für die Bauarbeiten auf See im Falle eines Tunnels angestellt. Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die zur Verfügung stehenden Maßnahmen (VTS, Monitoring, Einsatz von Begleitfahr- zeugen und dergleichen) die Eintrittswahrscheinlichkeit eines zusätzlichen Havarierisikos auf- grund der Bauarbeiten nicht vergrößern werden (Information von Femern A/S, August 2011).

Die Wirkstärke im Hinblick auf die Erreichbarkeit des Untersuchungsraumes aus Richtung Skandinavien kann als eher gering eingestuft werden. Selbst wenn eine solche Havarie mit Beschädigung eines Fährschiffes auftreten sollte, so ist davon auszugehen, dass die resultie- rende Störung nur einen Teil der Fährkapazität betreffen würde und von begrenzter Dauer wäre. Zudem ist der skandinavische Quellmarkt derzeit ohnehin nur von sehr begrenzter Be- deutung für den Übernachtungstourismus im Untersuchungsraum (2,4% der statistisch erfass- ten Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben auf Fehmarn, 0,5% der Übernachtungen auf Campingplätzen). Im Tages-Shoppingverkehr werden allerdings deutlich höhere Werte er- reicht. Insgesamt werden die Auswirkungen hinsichtlich der Wirkstärke aber als gering einge- stuft.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-5: Baustellen auf See als Ursache für Hava- gering gering rien mit der Folge von Verzögerungen im (höher bei Tages- Fährverkehr Shoppingreisen)

3.3.1.6 Lärmbelastung und Luftverschmutzung durch Baumaschinen und Zulieferver- kehr Argument

In der Bauphase könnte eine mögliche Lärmimmission und Luftverschmutzung erfolgen durch Lärm- und Abgasemissionen von

Baumaschinen an der Baustelle Anlieferungsverkehr (Material, Geräte) zur Baustelle

Dies betrifft sowohl den Arbeitshafen als auch die Bauarbeiten auf See.

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Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Emissionswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Frequenz und Art der Emissionen Ort und Zeit der Emissionen Wirkung auf die Gäste im Untersuchungsraum

Über Frequenz und Art der Emissionen liegen Erfahrungen mit ähnlichen Baustellen vor, al- lerdings wurden diese in der Literatur und in Expertengesprächen nicht als Störfaktoren ge- nannt. Es ist aber davon auszugehen, dass die notwendigen Arbeiten und der Anlieferungs- verkehr mit hoher Wahrscheinlichkeit Lärmemissionen und Luftverschmutzungen nach sich ziehen. Dabei ist allerdings zu differenzieren, ob der Verkehr auf der Straße, der Schiene oder per Schiff erfolgt. So ist z. B. davon auszugehen, dass die erwarteten Massenguttransporte (allein der Sandimport- und damit Transportbedarf beträgt zwischen 3,0 und 4,4 Mio. m³, vgl. FEMERN A/S & LBV-SH 2010, S. 13f.) auf See stattfinden.

Der Ort der Emissionen ist im Wesentlichen auf den Arbeitshafen Puttgarden und die Baustel- le an Land und auf See sowie für den Zulieferverkehr auf die B 207 und die Bahntrasse be- schränkt. Dabei handelt es sich insgesamt um räumliche Bereiche, die bereits heute nicht vornehmlich zu Erholungszwecken touristisch genutzt werden.

Hinsichtlich der Wirkung auf die Gäste im Untersuchungsraum gilt das für den Ort der Emissi- on Gesagte: Eine Störung ist vor allem dort zu erwarten, wo Besucher sich zu Erholungszwe- cken aufhalten und Ruhe oder frische Luft suchen. Dies gilt weder für den Hafenbereich von Puttgarden noch für die Straßen- und Schienentrasse im Verlauf der Vogelfluglinie, die über die Insel Fehmarn verläuft.

Hinsichtlich der zu erwartenden Baustellenverkehre in Verbindung mit der Festen Fehmarn- beltquerung liegen die in Abschnitt 3.3.1.3 dargestellten quantitativen Abschätzungen für den gesamten Baustellen-Lkw-Verkehr (ohne Personentransporte) vor. Dieser wird mit 50 bis 150 Lkw pro Tag erwartet (Information von Femern A/S, August 2011). Bei einem durchschnittli- chen täglichen Schwerverkehr von 1.931 Fahrzeugen auf der B207 (vgl. Abschnitt 2.2.4) ent- sprechen 50 bis 150 Lkw pro Tag einem Anteil von 2,6 bis 7,8%.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Lärmbelastung und Luftverschmutzung durch den Baustel- lenverkehr eine zusätzliche Belastung für die Besucher darstellen, ist wegen der Entfernung zu den Aufenthaltsbereichen der Besucher gering. Die Wirkstärke ist wegen der bereits vor- handenen Verkehrsmengen ebenfalls als gering einzuschätzen.

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In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die Orte Burg (Fehmarn) und Großen- brode als Heilbäder anerkannt sind. Diese Anerkennung setzt u. a. die Einhaltung von Krite- rien für Bioklima und Luftqualität voraus (DTV/DHV 2005, S. 68). Beide Anerkennungsberei- che sind aber räumlich zum Teil weit von den zu erwartenden Emissionsquellen entfernt.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-6: Lärmbelastung und Luftverschmutzung gering gering durch Baumaschinen und Zulieferverkehr (da räumlich auf Be- reiche begrenzt, die nicht vornehmlich dem Erholungstourismus dienen)

Anmerkung: Die hier getroffene Einschätzung betrifft nicht die Baustellen an der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung.

3.3.1.7 Visuelle Beeinträchtigung durch Baumaßnahmen Argument

Visuelle Beeinträchtigungen wären in der Bauphase möglich durch

die Baustelle des Portal- bzw. Rampenbereiches auf Fehmarn den Arbeitshafen die Baustelle auf See.

Beeinträchtigungen könnten zudem durch Landschaftsveränderung und die Beleuchtung der Baustelle entstehen.

Bewertung

Die Sichtbarkeit (und damit die potenzielle Störwirkung) hängt maßgeblich von der Lage und Größe der einzurichtenden Baustelle ab. Arbeitshafen, Rampen und (im Falle eine Tunnels) das Tunnelportal würden in einem klar begrenzten Gebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zur heute vorhandenen Hafenanlage Puttgarden liegen (Abb. 65). Dort ist von einer zusätzlichen visuellen Beeinträchtigung kaum auszugehen, denn die Gleis- und Hafenanlagen sind einer- seits heute schon wenig attraktiv, stellen andererseits aber auch keinen relevanten Störfaktor dar (vgl. „Bewertung der heutigen Landschaftswirkung“ in Abschnitt 2.6.2.3).

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Abb. 65: Fährhafen Puttgarden Quelle: SCANDLINES 2008 Eine stärkere visuelle Beeinträchtigung – das ist ebenfalls aus der qualitativen Analyse abzu- leiten – erwarten viele Befragten von den Baumaßnahmen auf See im Falle eines Brücken- baus (insbesondere der Pylonen). Allerdings wird hier auch relativiert und eine eher punktuelle visuelle Beeinträchtigung durch die Baumaßnahmen unterstellt.

Die visuelle Beeinträchtigung („Eine Baustelle würde die Landschaft verschandeln“) ist für 7% der Besucher (ungestützte Abfrage) ein relevanter Aspekt in der Bauphase.

Eine visuelle Beeinträchtigung durch die genannten Baustellen wird also mit hoher Wahr- scheinlichkeit eintreten und könnte auch dazu führen, dass begrenzte Teilregionen des Unter- suchungsraumes gemieden werden. Die Wirkstärke wird aber insgesamt als gering einge- schätzt, da die landseitigen Baumaßnahmen im unmittelbaren Hafenumfeld Puttgardens lie- gen werden. Die Bauarbeiten auf See können im Fall der Konstruktion einer Brücke eine et- was höhere Störwirkung entfalten.

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Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-7: Visuelle Beeinträchtigung durch Baumaß- hoch gering (Tunnel) nahmen mittel (Brücke)

Anmerkung: Die hier getroffene Einschätzung betrifft nicht die Baustellen an der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung.

3.3.1.8 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Verdriftung von Aufwirbelungen bei Bauarbeiten auf See Argument

In der Bauphase könnten durch Bohrungen und Baggerarbeiten Sedimentfreisetzungen (Auf- wirbelungen) entstehen, die an die Badestrände verdriften und zu einer Trübung des Bade- wassers oder einer Verschmutzung der Strände führen können.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Verschmutzungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Menge der Sedimentfreisetzungen Wahrscheinlichkeit der Verdriftung an einen Badestrand Verschmutzungswirkung für Wasser und Strand wahrscheinliche Zahl der dann dort betroffenen Strandbesucher

Hinsichtlich der Menge der Sedimentfreisetzungen ist die Art der Nassbaggerarbeiten maß- geblich. So ist zu erwarten, dass beim Bau eines Absenktunnels größere Bodenmengen anfal- len als beim Bau einer Brücke (Dynesen & Zilling 2006, S. 16). Nach Informationen von Fe- mern A/S (März 2011) werden 14.495.000 m³ Baggergut für den Graben der Tunnelelemente und weitere 125.000 m³ für Portal- und Rampenbereich auf Fehmarn erwartet. Der Graben der Tunnelelemente wird mit Löffel- und Greifbaggern ausgehoben und ggf. mit Hilfe eines Lade- raumsaugbaggers aufgeschlitzt. Zwischenzeitlich eingetragenes Sediment wird mit einem Saugbagger aus dem Graben entfernt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des Badewerts eines Strandes könnte unter diesen Umständen immer dann entstehen, wenn das Badewasser ge- trübt würde.

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Wie hoch die „Freisetzung eines bestimmten Anteils des aufgenommenen Bodenmaterials“ (FEMERN A/S & LBV-SH 2010, S. 13) tatsächlich sein wird, wird im Rahmen eines ”sediment spill scenario” ermittelt, aus dem erste Ergebnisse vorliegen (Information von Femern A/S, September 2011). Demnach ist auszuschließen, dass Strände im Untersuchungsraum wahr- nehmbare Veränderungen durch Wassertrübung in Folge von Baggerarbeiten erfahren. Als Gründe werden angeführt, dass aufgrund der überwiegend entlang der Nordküste von Fehmarn verlaufenden Strömungen (vornehmlich in West-Ost-Richtung) in der Fehmarnbelt- region ein Risiko ohnehin nur für die Nordstrände Fehmarns bei Arbeiten in der Nähe der Insel entstehe. Sorgfältige Planung der Baggerarbeiten könne sicherstellen, dass Arbeiten in Küs- tennähe die Badewasserqualität nicht in der Hauptsommerbadesaison beeinträchtigen. Für das Jahr 2015 werden die umfangreichsten Baggerarbeiten erwartet, selbst dann ist an der Nordküste Fehmarns in der Regel nur eine Konzentration an der Sichtbarkeitsgrenze (2 mg/l) zu erwarten. Eine Überschreitung der Sichtbarkeitsschwelle von 2 mg/l wird für weniger als 10% der Zeit erwartet. Zudem ist die natürliche Trübung (Hintergrundtrübung) um ein Vielfa- ches höher als die durch Baggermaterial verursachte Trübung. So zeigt auch Abb. 66 die Ad- dition von natürlicher und baustellenbedingter Trübung. Der maximale Konzentrationswert von 50 bis 100 mg/l wird erwartet für den Strand bei Presen.

Abb. 66: Erwartete maximale Sedimentkonzentration im Zeitraum Mai bis August 2015 Quelle: Femern A/S, September 2011

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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Badewassertrübung oberhalb der Sichtbarkeitsgrenze von 2 mg/l nur räumlich punktuell und in weniger als 10% eines Jahres erwartet werden kann, die Eintrittswahrscheinlichkeit wird mit „mittel“ bewertet. Die Wirkung einer solchen Trübung ist aber gering, sofern die Hauptbadesaison nicht für (küs- tennahe) Nassbaggerarbeiten genutzt wird.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-8: Strand- und Badewasserverschmutzung gering gering durch Verdriftung von Aufwirbelungen bei Bauarbeiten auf See (sofern nicht in der Hauptbadesaison, andernfalls vermutlich deutlich höher)

3.3.1.9 Strand- und Badewasserverschmutzung durch baustellenverursachte Havarien Argument

In der Bauphase ist eine Attraktivitätsminderung der Badestrände möglich, sofern bei Hava- rien eine Verschmutzung des Seewassers, etwa durch austretendes Öl oder Chemikalien, stattfindet und dieses an den Strand gelangt.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Verschmutzungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit einer baustellenbedingten Havarie Art und Menge der Schadstofffreisetzungen Wahrscheinlichkeit der Verdriftung an einen Badestrand Verschmutzungswirkung für Wasser und Strand wahrscheinliche Zahl der dann dort betroffenen Badebesucher

Hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer baustellenbedingten Havarie insgesamt ist, wie be- reits zu Risiko I-5 beschrieben, davon auszugehen, dass das Havarierisiko in der Bauphase sinkt, aber sicher nicht zunimmt. Insofern ist die Eintrittswahrscheinlichkeit eines zusätzlich auftretenden Risikos gering.

Art und Menge der möglicherweise freigesetzten Schadstoffe hängen unmittelbar von dem Havarierisiko ab. Als besonders problematisch können in diesem Zusammenhang Tanker gelten, die 2009 23,6% der Schiffsbewegungen ab 300 BRT ausmachten. Aber auch alle an- deren Schiffe könnten wegen der jeweils an Bord befindlichen Treib- und Schmierstoffe rele- vant sein.

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Zur Wahrscheinlichkeit der Verdriftung austretender Schadstoffe an einen Badestrand liegen, wie bereits zu Risiko I-8 beschrieben, derzeit keine Angaben vor.

Sollten Schadstoffe wie Öl oder Schmier- und Treibstoffe in größeren Mengen an einen Bade- strand angespült werden, wären die Auswirkungen auf die Benutzbarkeit aber vermutlich der- art, dass die betroffenen Strände nicht genutzt werden können, bis die Schadstoffe abgebaut oder entfernt wurden.

Von einer solchen Verschmutzung könnten dann alle zehn bereits unter Risiko I-8 aufgeführ- ten Strandabschnitte betroffen sein. Darunter sind solche Strände, die touristisch weniger re- levant sein dürften (z. B. Marienleuchte), aber auch solche, die aufgrund der Erreichbarkeit, Infrastruktur oder natürlichen Ausstattung touristisch attraktiv sind (wie Grüner Brink oder Gammendorfer Strand). Diese Strände werden im Sommer als Badestrände, aber auch in der restlichen Jahreszeit zum Spazierengehen etc. genutzt.

Neben der tatsächlichen Beeinträchtigung einzelner Strandabschnitte ist insbesondere eine negative Imagewirkung für den Untersuchungsraum und ggf. darüber hinaus zu erwarten, da über eine solche Havarie vermutlich überregional in den Medien berichtet würde.

Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das Risiko einer havariebedingten Verschmut- zung nicht quantifizierbar, aber vermutlich gering ist. Die Folgen für den Fall einer solchen Verschmutzung wären allerdings, je nach Art und Ausmaß, gravierend.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-9: Strand- und Badewasserverschmutzung gering hoch durch baustellenverursachte Havarien

3.3.1.10 Landverbrauch durch Baustellen bzw. Arbeitshafen Argument

Die Baustelleneinrichtungsflächen bzw. der Landbereich des Arbeitshafens verbrauchen Land, das touristisch genutzt werden kann.

Bewertung

Landflächen werden im Rahmen der Bauarbeiten benötigt für:

die Baustelleneinrichtungsflächen für den Portal- bzw. Rampenbereich auf Fehmarn den Landbereich des Arbeitshafens.

Zur Abschätzung des möglichen touristisch relevanten Landverbrauchs sind folgende Fakto- ren maßgeblich:

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die benötigte Fläche (Lage/ Größe) die heutige Nutzung der Fläche Nutzungsalternativen, die eine touristische Inwertsetzung ermöglichen

Hinsichtlich der benötigten Flächen gibt FEMERN A/S (2010b) beim Bau eines Tunnels einen Flächenbedarf von 150.000 m² (= 15 ha), beim Bau einer Brücke 40.000 m² (= 4 ha) für die Baustelleneinrichtungsflächen und der Landflächen des Arbeitshafens an. Im Vergleich dazu beträgt die heute in Puttgarden genutzte Hafenfläche nach Angaben des Betreibers 401.705 m² Land (= 40 ha, vgl. Abb. 65).

Die Baustelleneinrichtungsflächen und der Arbeitshafen sind unmittelbar östlich der heutigen Hafenanlagen und des ehemaligen Verschiebebahnhofs geplant (Abb. 67). Die Flächen für die Baustelleneinrichtung des Rampenbereiches (sowohl für einen Tunnel als auch für eine Brü- cke) liegen auf heute touristisch nicht genutztem Ackerland, das im Entwurf des Flächennut- zungsplanes (PROKOM/FIRU 2011, Plan 2) weitgehend als überschwemmungsgefährdete Fläche für die Landwirtschaft ausgewiesen ist.

Abb. 67: Entwurf für den Arbeitshafen bei Puttgarden Quelle: Femern A/S Diese Fläche würde theoretisch einer touristischen Inwertsetzung zur Verfügung stehen. Gunstfaktor dieser Fläche ist vor allem die unmittelbare Strandlage. Ungunstfaktor ist hinge- gen vor allem die unmittelbare Nachbarschaft zu Straße, Bahnstrecke und Hafen. Angesichts

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der zahlreich vorhandenen ähnlichen Flächen im Untersuchungsraum und der Konzentration der touristischen Entwicklung im Süden der Insel Fehmarn ist nicht von einer Verdrängung touristisch relevanter Konkurrenznutzungen durch den Flächenverbrauch der Baustelle aus- zugehen.

In der Konsequenz ist die Wahrscheinlichkeit eines Landverbrauches durch die Baustellen für den Rampenbereich als sicher anzunehmen, deren Wirkstärke aber zu vernachlässigen.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-10: Landverbrauch touristisch relevanter sicher sehr gering Flächen durch Baustelleneinrichtung bzw. Landflächen des Arbeitshafens

Anmerkung: Die hier getroffene Einschätzung betrifft nicht die Baustellen an der Straßen- und Schienenhinterlandanbindung.

3.3.1.11 Blockade von Hochseeangelgebieten durch Baustelle auf See Argument

In der Bauphase könnte es zu einer Störung der Angelgründe durch Vergrämung der Fische und damit zu weniger Angelgästen kommen.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Blockadewirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit der tatsächlichen Blockadewirkung für die Hochseeangelanbieter durch Vergrämung de Fische in den bevorzugten Fanggebieten daraus resultierende Nachfrageverdrängung durch Angebotseinschränkung oder -verteuerung

Hochseeangeln ist, neben dem Küsten- bzw. Brandungsangeln, ein wichtiger wassertouristi- scher Angebotsbestandteil im Untersuchungsraum (sechs Anbieter) und vor allem im benach- barten Heiligenhafen (15 Anbieter).

Zur Einschätzung der tatsächlichen Blockadewirkung müssten zum einen die bevorzugten Fanggebiete und zum anderen die Vergrämungswirkung für den Fisch bekannt sein.

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Die Fanggebiete für das Hochseeangeln konzentrieren sich in einer Zone von fünf Seemeilen um die Insel Fehmarn und das Festland (Abb. 68) und sind abhängig von Wetter, Saison und Fangerfolg (Information von Femern A/S, April 2011).

Hinsichtlich der Vergrämungswirkung werden die Auswirkungen für die relevanten Fischarten Dorsch, Meerforelle, Hering und einige Plattfischarten aufgrund von Sedimentfreisetzungen im Zuge der Bauarbeiten gering sein. Das wesentliche Argument ist, dass die Sedimentfreiset- zungen und die in der Folge unter Umständen auftretende Vergrämung jeweils nur kurzzeitig stattfinden. Zu Beeinträchtigungen aufgrund von Lärm, Vibrationen und Licht liegen allerdings keine Angaben vor (Information von Femern A/S, April 2011).

Das Nachfragevolumen der Hochseeangelei wurde mit 2.600 Gästen pro Schiff und Jahr ge- schätzt. Im Untersuchungsraum sind sechs Schiffe beheimatet (vier auf Fehmarn, zwei in Großenbrode), so dass ein Gesamtnachfragepotenzial in der Größenordnung von 15.600 Gästen pro Jahr betroffen sein könnte (die weiteren 15 Schiffe in Heiligenhafen werden hier nicht betrachtet, da Heiligenhafen außerhalb des Untersuchungsraumes liegt). Bei 77 EUR durchschnittlichem Bruttoumsatz repräsentieren 15.600 Hochseeangelgäste einen Jahresbrut- toumsatz in Höhe von ca. 1,2 Mio. EUR.

Selbst wenn es zu Verbotszonen oder der Vergrämung von Fisch durch Bauarbeiten käme, ist nicht davon auszugehen, dass das Hochseeangelangebot komplett eingestellt oder uner- schwinglich teuer würde, da genügend Alternativen zur Verfügung stehen.

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Abb. 68: Häufigste Fanggründe deutscher gewerblicher Hochseeangelschiffe im Fehmarnbelt und der umliegenden Region (Interviews mit Eignern in Heiligenhafen, Burgstaaken & Orth 2009) Quelle: Information von Femern A/S, April 2011

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-11: Blockade von Hochseeangelgebieten gering gering durch Baustelle auf See

3.3.1.12 Zerschneidung von Freizeitwegen durch Bauarbeiten an Land Argument

Die Zerschneidung von Freizeitwegen durch die Baustelle würde eine Beeinträchtigung dar- stellen, wenn heute touristisch genutzte Wege dann nicht mehr oder nicht mehr in der glei- chen Attraktivität genutzt werden könnten.

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Bewertung

Auf Fehmarn sind vor allem Radwegenetze, aber auch Wander- und Reitwege häufig genutzte touristische Angebote.

Im Bereich der geplanten Baustelle für Rampen- und Portalbereiche sowie des Arbeitshafens könnten der Weg von Puttgarden nach Marienleuchte (Marienleuchter Weg/Rethen) und der Weg von Presen nach Puttgarden (von Presen aus westlich, dann Radweg parallel zur Kreis- straße 49 inklusive der Überführung B 207) betroffen sein. Der Marienleuchter Weg wird im Baustellenbereich liegen und die Überführung der K 49 über die B 207 wird als Zufahrt zum Baustellenbereich genutzt (Information von Femern A/S, Mai 2011). Diese Wege werden als Freizeitwege, etwa zum Radfahren, genutzt, der Marienleuchter Weg ist Teil des Ostseeküs- tenradweges und des Fernradweges „Mönchsweg“ (vgl. Abschnitt 2.1.3.4).

Es ist davon auszugehen, dass die Freizeitwege während der Bauphase grundsätzlich auf- recht erhalten bleiben. Es wird aber auch zu Baustellenverkehr kommen (50 bis 150 Lkw pro Tag, vgl. Abschnitt 3.3.1.3), der die Freizeitwegenutzung beeinträchtigt. Zudem können zeit- weise Sperrungen eingerichtet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass Freizeitwege beeinträch- tigt werden, ist also hoch.

„Bewegen in der Natur (Wandern, Radfahren)“ wird nach den Ergebnissen der Besucherbe- fragung 2009 von 61% der Besucher im Untersuchungsraum unternommen (Übernachtungs- gäste: 70%, Tagesgäste: 28%). Eine Reduzierung der Attraktivität des Wegeangebotes würde also eine Mehrheit der Besucher betreffen. Zu berücksichtigen ist aber, dass für den lokalen Freizeitverkehr (schwerpunktmäßig per Fahrrad) zahlreiche Ausweichmöglichkeiten bestehen und dass auch für die Fernradwege selbst im Fall zeitweiser Beeinträchtigung Ausweichrou- ten, z. B. über Bannesdorf, verfügbar sind. Daher wird die Wirkstärke als „gering bis mittel“ eingeschätzt.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

I-12: Zerschneidung von Freizeitwegen durch hoch gering bis mittel Bauarbeiten an Land

3.3.2 Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen (Tunnel) In diesem Abschnitt werden nur die Aspekte bewertet, die unmittelbar mit dem Tunnelbauwerk in Zusammenhang stehen. Das Tunnelbauwerk wurde in Abschnitt 1 beschrieben und umfasst als wesentliche Konstruktionsmerkmale: Länge ca. 18 Kilometer, Zufahrts- und Rampenbe- reich östlich des Hafens Puttgarden, Tunnelportal mit Blendschutz in offener Bauweise. Ent- gegen früheren Planungen ist eine Lüftungsinsel nicht mehr vorgesehen.

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3.3.2.1 Tunnelquerung als Erlebnis Argument

Es ist grundsätzlich vorstellbar, dass die Nutzung eines der längsten Tunnel weltweit sich zu einem Erlebnis an sich gestalten und damit zusätzliche Besucher generieren könnte.

Bewertung

Maßgeblich für eine solche Attraktionswirkung wäre wohl die besondere Länge des Tunnels, insbesondere die Nutzung als Straßentunnel. Während Eisenbahntunnel in deutlich größeren Längen gebaut wurden und werden (z. B. Seikan-Tunnel mit über 50 Kilometer Länge, Euro- tunnel mit fast 50 Kilometer Länge, Lötschberg-Basistunnel mit fast 35 Kilometer Länge sowie ab 2017 der Gotthard-Basistunnel mit ca. 57 Kilometer Länge), sind lange Straßentunnel eher selten (Lærdalstunnel in Norwegen mit fast 25 Kilometer Länge, Zhongnanshan-Tunnel in China mit ca. 18 Kilometer und der St.-Gotthard-Straßentunnel in der Schweiz mit fast 17 Ki- lometer Länge). Dabei handelt es sich sämtlich um Gebirgstunnel, der Straßentunnel der Fehmarnbeltquerung wäre mit ca. 18 Kilometer wohl der längste Unterwasserstraßentunnel der Welt. Dieser Fall wird ziemlich sicher eintreten.

Die Kosten der Überquerung bestehen aus der Maut und den Benzin- und Verschleißkosten. Wir betrachten hier nur die Maut, da alle anderen Kosten bei jedem Ausflug anfallen. Die ge- naue Höhe der Maut ist noch nicht festgelegt, in den finanziellen Berechnungen wird aber davon ausgegangen, dass der Preis auf dem Niveau einer Fährüberfahrt Puttgarden-Rødby im Jahr 2007 liegen wird – angepasst um die normale Preisentwicklung. 2007 betrug der Preis für die Überfahrt mit der Fähre 56 EUR für einen Pkw.

Insgesamt wird die Fähigkeit, zusätzliche Besucher des Untersuchungsraumes allein deshalb zu generieren, weil diese den Wunsch haben, den Tunnel zu durchqueren, als sehr gering eingeschätzt, da die Passage selbst aufgrund fehlender Aussicht kein besonderes Erlebnis darstellt.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

II-1: Tunnelquerung als Erlebnis hoch sehr gering

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3.3.2.2 Tunnel als Querungshindernis (Tunnelangst) Argument

Es besteht die Befürchtung, dass die Nutzung eines 17,6 Kilometer langen Tunnels mit einer Querungszeit von 10-15 Minuten oder schon die Aussicht darauf Angstzustände hervorrufen und zu einer Vermeidung der Tunnelroute führen könnte. Damit würde die Erreichbarkeit der Untersuchungsregion aus Richtung Skandinavien verschlechtert.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Wirkung als Querungshindernis sind folgende Faktoren maß- geblich:

Anzahl der Besucher des Untersuchungsraumes, die heute per Fähre ankommen Anteil der Besucher, die einen Tunnel voraussichtlich wegen „Tunnelangst“ nicht be- nutzen würden o Anteil Personen, die an unspezifischer „Tunnelangst“ leiden o Anteil Personen, die aufgrund von Berichterstattung über Unfälle diesen spezi- fischen Tunnel nicht nutzen würden Wahrscheinlichkeit der Verdrängung dieser Besucher aus dem Untersuchungsraum

Der Anteil der Besucher des Untersuchungsraumes, die heute per Fähre kommen, beträgt weniger als 20.000 Gäste jährlich in Beherbergungsbetrieben mit neun und mehr Betten sowie im Durchgangscamping (Anteil an den Übernachtungen 2,4%), eine unbekannte Zahl von Gästen in anderen Beherbergungsbetrieben und rund 1,2 Mio. Einkaufstouristen aus Skandi- navien.

Tunnelangst ist eine Form der Klaustrophobie und fällt in die Gruppe der Angststörungen. Die Prävalenz für Klaustrophobie in der Bevölkerung wird mit 7-8% angegeben (Margraf & Schneider 2009, S. 33), Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Prävalenz bedeutet Krankheitshäufigkeit. Laut Statistik leiden also 7-8% der Bevölkerung an Klaustrophobie.

Die mögliche Angst, den Tunnel zu durchqueren, ist aber nicht nur abhängig vom Vorliegen der Angststörung „Klaustrophobie“, sondern auch vom möglichen Auftreten von Unfällen in dem Tunnel und der Berichterstattung darüber. Das Auftreten von schweren Unfällen in der Schweiz (Montblanc 1999, Tauerntunnel 1999, St. Gotthard 2001) hat dazu geführt, dass 2004 die sogenannte EG-Tunnelrichtlinie „Mindestanforderungen an die Sicherheit von Tun- neln im transeuropäischen Straßennetz“, 2004/54/EG) und in Deutschland die „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT)“ (2006) erarbeitet wurden. Die RABT regeln sowohl Prävention als auch Personenschutz im Fall von „Ereignissen“. Damit soll erreicht werden, dass die Wahrscheinlichkeit von Unfällen in Tunneln gesenkt und die negativen Folgen minimiert werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Tunnel der Festen Fehmarnbeltquerung zu schweren Unfällen und damit verbunden zu negativer Berichterstat-

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tung kommt, ist aufgrund des Tunneldesigns und der dargestellten gesetzlichen Vorgaben als gering einzustufen (vgl. auch FEMERN A/S 2010d, Anhang 4).

In der qualitativen Untersuchung für diese Studie äußerten mehrere Befragte, dass sie in der Querung eines so langen Tunnels für sich oder Angehörige eine unüberwindbare Barriere sähen. Nach einer Erhebung des Deutschen Verkehrssicherheitsrates von 2001 (also unmit- telbar nach den dargestellten Ereignissen in der Schweiz und vor Entwicklung der EG- Tunnelrichtlinie und der RABT) gaben sogar 80% der befragten Autofahrer an, „Schwierigkei- ten oder Ängste beim Durchfahren eines Autotunnels“ zu haben (DVR 2001). Die dargestell- ten Ergebnisse bedeuten aber sicher nicht, dass 80% der Autofahrer eine Tunnelquerung konsequent meiden würden.

Die Wahrscheinlichkeit der Verdrängung dieser Besucher hängt auch davon ab, ob Alternati- ven zur Verfügung stehen. Diese wären eine weiterhin bestehende Fährverbindung (allein Entscheidung der Fährgesellschaft und heute nicht absehbar) oder die Einrichtung von Shut- tlediensten per Bahn, die betroffene Personen bei der Querung unterstützen. Aus anderen, auch längeren Tunneln liegen keine Berichte über nennenswerte Verdrängungen aufgrund von Tunnelangst vor.

Insgesamt ist damit zu rechnen, dass ein Tunnel im Vergleich zur heutigen Fährsituation (und auch im Vergleich zur Brücke) eine Einschränkung der Erreichbarkeit bei den Personen, die wegen Tunnelangst die Feste Fehmarnbeltquerung nicht benutzen würden, darstellt. Dieser Effekt dürfte angesichts der geringen Zahl von skandinavischen Urlaubern im Untersuchungs- raum nur wenige Personen betreffen.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

II-2: Tunnel als Querungshindernis (Tunnel- hoch gering angst) (für die relevante Ziel- gruppe der aus Skan- dinavien kommenden Besucher mit Tunnel- angst)

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3.3.2.3 Verlust der Insellage und Inselidentität Argument

Durch die feste Anbindung nach Skandinavien könnte es dazu kommen, dass die als touris- tisch attraktiv wahrgenommene Insellage der Insel Fehmarn nicht mehr existiert und hieraus negative Konsequenzen für die touristische Nachfrage resultieren.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Wirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrnehmung der Insellage als touristischer Attraktionsfaktor tatsächlicher Verlust der Insellage und Inselidentität durch die Feste Fehmarnbeltque- rung Anteil der Besucher, die durch diese Veränderung von einem Besuch der Insel abge- halten würden (Verdrängungswirkung)

Fehmarn bezeichnet sich selbst als „Sonneninsel“, und der Charakter als Insel ist vermutlich ein Beitrag zur touristischen Attraktivität der Region. In der Besucherbefragung wurde die of- fene Frage gestellt: „Was schätzen Sie besonders an Fehmarn?“ Rund 4% der auf Fehmarn Befragten antworteten mit „Insel-Flair“ oder „Status als Insel an sich“. Im Vergleich zu anderen Attraktionsfaktoren mit deutlich höheren Zustimmungsraten (Top 3: „Gute Luft, gutes Klima“: 80%, „schöne Landschaft“: 70%, „Strand, Meer und Baden“: 68%) spielt die Insellage also eine geringe Rolle.

Insellage und Inselidentität würden durch die Feste Fehmarnbeltquerung nur in geringem Ausmaß tatsächlich verloren gehen. Betrachtet man eine Insel als Landmasse, die vollständig von Wasser umgeben ist, so wird sich an diesem Status auch mit einer Festen Fehmarnbelt- querung nichts ändern. Betrachtet man eine Insel als Landmasse ohne feste Verbindung zu anderen Landmassen, so würde sich auch daran nichts ändern, da die Insel Fehmarn bereits 1963 eine feste Verbindung zum Festland erhielt. Allerdings würde sich der Charakter der Insel durch die dann vorhandene Anbindung zum Festland an zwei Stellen verändern.

Der Anteil der Besucher, die allein durch diese Veränderung von einem Besuch der Insel ab- gehalten würden, kann als ausgesprochen gering eingeschätzt werden. In der Besucherbefra- gung wurde erhoben, dass rund 1% der Befragten als negative Konsequenz einer Festen Fehmarnbeltquerung den Verlust des Inselcharakters bzw. der Insel sehen. Dies ist aber nicht gleichbedeutend mit einer Veränderung der Besuchsgewohnheiten.

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Zusammengefasst würde sich an der tatsächlichen Insellage nichts ändern, und die zu erwar- tende Verdrängungswirkung kann als sehr gering angesehen werden.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

II-3: Verlust der Insellage und Inselidentität gering sehr gering

3.3.2.4 Tunnel als visuelle Beeinträchtigung (Portal- und Rampenbereich) Argument

Das Portal des Tunnels und die zugehörigen Bauwerke (Betriebsgebäude, Rampen für Stra- ßen und Schienen) könnten eine mögliche visuelle Beeinträchtigung der Landschaftswirkung bieten. Der Tunnel selbst ist nach Fertigstellung unsichtbar.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Beeinträchtigungswirkung sind folgende Faktoren maßgeb- lich:

Lage und Größe des Portals und der zugehörigen Rampenbereiche Umfeld des Portals und der zugehörigen Rampenbereiche

Das Portal und die zugehörigen Rampenbereiche werden im Wesentlichen östlich des heuti- gen Hafens Puttgarden gelegen und so gestaltet sein, dass das Tunnelportal und die zugehö- rigen Bauwerke weitgehend unauffällig in die Landschaft eingefügt werden (FEMERN A/S 2010c, S. 10).

Für die Querung der Bahngleise, die den Fährhafen weiterhin erschließen sollen, werden eine bis zu 8 m hohe Brücke und daran anschließende Straßendämme erforderlich. Diese Bauwer- ke fallen in die visuelle Wirkzone I mit einer Reichweite von 200 m beiderseits des Eingriffsob- jektes (LBV-SH 2004, S. 44).

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Das Tunnelportal und die zugehörigen Rampenbereiche schließen unmittelbar östlich an die bestehenden Hafenanlagen und deren Verkehrstrassen und Bauwerke an. Insofern ist davon auszugehen, dass die zu bauenden Anlagen auf die touristische Nachfrage nur in geringem Maße störend wirken werden.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

II-4: Tunnel als visuelle Beeinträchtigung (Por- gering gering tal- und Rampenbereich)

3.3.2.5 Tunnel/Tunnelzufahrten als Verursacher von Verkehrslärm Argument

Von den Zufahrten zum Tunnelportal könnte Verkehrslärm ausgehen, der sich negativ auf die touristische Nachfrage auswirkt.

Bewertung

Zur Abschätzung der Störungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Lage und Höhe der Zufahrtsrampen Situation heute zu erwartende Lärmentwicklung Anzahl der Besucher, die von dieser Lärmentwicklung betroffen sein können

Für die Querung der Bahngleise, die den Fährhafen weiterhin erschließen sollen, werden eine bis zu 8 m hohe Brücke und daran anschließende Straßendämme erforderlich, bevor das Tunnelportal erreicht wird.

In Bezug auf die heutige Lärmsituation liegen keine Lärmgutachten vor, es ist aber davon auszugehen, dass Lärmquellen wie startende oder beschleunigende Lkw rund um die Uhr eine nicht unerhebliche Vorbelastung darstellen.

Vorläufige Lärmimmissionskarten zur erwarteten Lärmentwicklung zeigen, dass Teile des Or- tes Marienleuchte und Teile des Ortes Puttgarden inkl. des Hotels Dania bei Nacht mehr als 45 dB, aber weniger als 49 dB (Abb. 69) und das Hotel Dania bei Tag mehr als 50 dB, aber weniger als 55 dB ausgesetzt ist (Abb. 70). Für die Orte Puttgarden und Marienleuchte zu- sammen ist nach der Fremdenverkehrsabgabestatistik der Stadt Fehmarn 2009 von rund 500 Betten auszugehen, darin rund 130 Betten des Hotel Dania (Betreiberangabe). Das entspricht nach den in dieser Untersuchung angesetzten Auslastungskennziffern (vgl. Abschnitt 2.3.2.1) rund 50.000 Übernachtungen pro Jahr. Die Zahl der von Lärmimmissionen möglicherweise

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betroffenen Gäste ist aber abhängig von der kleinräumlichen Verteilung der Bettenkapazitä- ten, die (außer für das genannte Hotel) derzeit nicht dokumentiert ist.

Abb. 69: Lärmimmissionen von Tunnel und Tunnelzufahrten bei Nacht Quelle: Information von Femern A/S, Juli 2011

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Abb. 70: Lärmimmissionen von Tunnel und Tunnelzufahrten bei Tag Quelle: Information von Femern A/S, Juli 2011 Bei allen die Feste Fehmarnbeltquerung betreffenden Planungen ist selbstverständlich davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Das bedeutet z. B., dass die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten werden. In der touristischen Einflussanaly- se wird aber immer auch gefragt, ob unabhängig von planungsrechtlichen Vorgaben (rechtli- che Anspruchsvoraussetzungen) wirtschaftliche Effekte eintreten können. So ist es z. B. denkbar, dass ein Unterkunftsbetrieb zwar einem Schall mit einem Beurteilungspegel unter- halb der Grenzwerte ausgesetzt ist, Gäste aber trotzdem wegbleiben, weil sie sich durch den Lärm gestört fühlen (z. B. weil die Beurteilungspegel als Mittelungspegel errechnet werden oder weil die Grenzwerte der Beurteilungspegel zwar die rechtliche, aber nicht die tatsächliche Akzeptanz von Lärm gerade bei Erholungsurlaubern wiederspiegeln). Zu genau diesem Zu- sammenhang liegen aber keine belastbaren Untersuchungen vor. HTC et al. (2010, S. 109) verweisen am Beispiel „Kärntner Zentralraum“ auf die geringeren Preise und geringeren Aus- lastungsgrade von lärmbelasteten Zimmern im Vergleich zu nicht lärmbelasteten Zimmern (allerdings für einen Grenzwert von 50 dB[A]). Insofern ergeben sich auf der Wirkungsseite Unklarheiten in Bezug auf die voraussichtlich erreichten Pegel und deren tatsächliche Wirkung auf die touristische Nachfrage.

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Zusammenfassend ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu zusätzlicher Geräuschimmission kommt, hoch. Die Wirkstärke ist aber nach den vorliegenden Informationen, insbesondere vor dem Hintergrund der dargestellten Vorbelastung, als gering einzuschätzen.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

II-5: Tunnel/Tunnelzufahrten als Verursacher hoch gering von Verkehrslärm

3.3.3 Anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen (Brücke) In diesem Abschnitt werden nur die Aspekte bewertet, die unmittelbar mit dem Brückenbau- werk in Zusammenhang stehen. Das Brückenbauwerk wurde in Abschnitt 1 beschrieben und umfasst als wesentliche Konstruktionsmerkmale: Schrägkabelbrücke mit einer Länge von ca. 17,6 km, Höhe der Pylonen 272 m über Meeresniveau in ca. 5,7 km Entfernung von der deut- schen Küste, Zufahrts- und Rampenbereich östlich des Hafens Puttgarden, Höhe der Fahr- bahn am Brückenkopf ca. 24,90 m.

3.3.3.1 Brücke als Orientierungshilfe für Sportboote Argument

Es wurde darauf hingewiesen, dass eine Brücke gerade für ungeübte Sportbootfahrer als Na- vigationshilfe bei der Überquerung des Fehmarnbelt dienen könne.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Orientierungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Zahl der Sportbootfahrer, die so ungeübt sind, dass sie die Brücke als Orientierungs- hilfe benötigen würden Zahl der dadurch zusätzlich zu generierenden Besuche von Sportbootfahrern im Un- tersuchungsraum

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Die Zahl der ungeübten Sportbootfahrer ist unbekannt. Es ist aber unwahrscheinlich, dass ein Sportbootfahrer, der auf die Brücke als Orientierungshilfe angewiesen ist, ausgerechnet die vielbefahrene T-Route durch den Fehmarnbelt kreuzen wird. Dass dadurch in nennenswertem Umfang zusätzliche touristische Nachfrage generiert wird, erscheint sehr unwahrscheinlich.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-1: Brücke als Orientierungshilfe für Sport- sehr gering sehr gering boote

3.3.3.2 Brückenquerung als Erlebnis Argument

Ebenso wie bei der Fährüberfahrt besteht auch bei der Brücke grundsätzlich die Möglichkeit, dass Menschen die Überquerung der Brücke als für sich stehendes Erlebnis wahrnehmen.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Attraktionswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

die Länge als Alleinstellungsmerkmal und weitere Erlebnismomente der Brücke die Kosten für die Überquerung der Brücke

Die Brücke der Festen Fehmarnbeltquerung wäre voraussichtlich die längste Brücke Europas und insoweit eine Attraktion an sich. Aufgrund der Höhe der Fahrbahn (bis 80 Meter über dem Meeresspiegel) wäre zudem zeitweise eine gute Sicht auf den Fehmarnbelt und die Inseln Fehmarn und Lolland möglich. In der qualitativen Analyse wurde die Erlebniswirkung positiv belegt („Da würde ich gern mal drüber fahren, bestimmt ein tolles Erlebnis!“ oder „Was man da wohl für eine Aussicht hat?“). Eine grundsätzliche Attraktionswirkung ist also zu bejahen.

Die Kosten der Überquerung bestehen aus der Maut und den Benzin- und Verschleißkosten. Wir betrachten hier nur die Maut, da alle anderen Kosten bei jedem Ausflug anfallen. Die ge- naue Höhe der Maut ist noch nicht festgelegt, in den finanziellen Berechnungen wird aber davon ausgegangen, dass der Preis auf dem Niveau einer Fährüberfahrt Puttgarden-Rødby im Jahr 2007 liegen wird – angepasst um die normale Preisentwicklung. 2007 betrug der Preis für die Überfahrt mit der Fähre 56 EUR für einen Pkw.

Nimmt man den Preis von 2007 für eine Hin- und Rückfahrt mit 112 EUR und die durchschnitt- liche Pkw-Besetzung mit 2,5 Personen an, so ergibt sich ein Preis pro Person von ca. 45 EUR. Zum Vergleich: Ein Tagesticket für den Hansapark kostet pro Person zwischen 24 und 30 EUR, die durchschnittlichen Tagesausgaben der Übernachtungsbesucher im Untersu-

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chungsraum (ohne Kosten für die Unterkunft) betrug 2009 lt. Besucherbefragung 26,26 EUR. Eine Überfahrt ohne weiteres Ziel würde also das Budget von 1,7 Aufenthalts-Tagen benöti- gen.

Angesichts der recht hohen Kosten im Vergleich zum zwar vielleicht intensiven, aber doch kurzen Vergnügen der Querung ist nicht davon auszugehen, dass erhebliche Frequenzpoten- ziale allein in dem Brückenerlebnis zu suchen sind.

Als Ergänzungsfaktor für andere Querungsmotive (z. B. Urlaubs- oder Tagesausflugsfahrt nach Dänemark) kann aber der Wunsch, die Brücke nicht nur anzusehen, sondern auch zu befahren, nach den Ergebnissen der qualitativen Analyse durchaus verstärkend wirken.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-2: Brückenquerung als Erlebnis mittel mittel

3.3.3.3 Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit Argument

Das Brückenbauwerk könnte als eigenständige Sehenswürdigkeit wirken und die touristische Attraktivität des Untersuchungsraumes heben.

Bewertung

Zur Abschätzung der Attraktionswirkung sind insbesondere relevant:

Die Wahrnehmung des Bauwerkes Die Funktion als eigenständige Attraktion

In den qualitativen Analysen wurden zwei Simulationen der Brücke (in Form einer Schrägka- belbrücke mit vier A-förmigen Pylonen tags und nachts) als positiv wahrgenommen. In der qualitativen Analyse mit Verwendung von Bildvorlagen sahen alle Befragten in der Brücke ein „sehenswertes Jahrhundertbauwerk“.

In der Besucherbefragung (ohne Bildvorlagen) stimmte rund ein Drittel der Aussage „Die Brü- cke wäre ein sehenswertes Jahrhundertbauwerk“ zu. Die Zustimmung hier ist dreimal höher als für Baustelle oder Tunnel. Auch der Besichtigungswunsch der Brücke ist in der Besucher- befragung deutlich höher als für Baustelle oder Tunnel.

Ob der Besichtigungswunsch der Brücke als (einziger) Besuchsgrund für den Untersuchungs- raum genügend Wirkung entfalten würde, ist hingegen fraglich. Der Anteil der Besucher, die allein wegen der Brücke in die Region fahren würden, wird als eher gering eingestuft. Es ist vielmehr anzunehmen, dass die Besichtigungsmöglichkeit der Brücke als weitere Attraktion

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besuchsfördernd für den Untersuchungsraum wirkt. Die Wirkstärke wird als hoch eingeschätzt, weil die positive Wahrnehmung einer Brücke auch ohne Stützung durch eine Bildvorlage rund ein Drittel der aktuellen Besucher betrifft.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-3: Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit hoch hoch

3.3.3.4 Brücke als regionales Wahrzeichen Argument

Neben der Funktion als Sehenswürdigkeit, also eines Objektes, das man zu betrachten wünscht, könnte die Brücke sich weitergehend zu einem regionalen Wahrzeichen entwickeln und damit positiv imageprägend wirken.

Bewertung

Zur Abschätzung der Wahrzeichenwirkung sind insbesondere relevant:

grundsätzliche Eignung der Brücke als regionales Wahrzeichen Vorhandensein anderer (konkurrierender) regionaler Wahrzeichen touristische Wirkung eines regionalen Wahrzeichens

Grundsätzlich würde sich die Brücke aufgrund der positiven Wahrnehmung (in Befragungen mit und ohne Bildvorlagen), der Größe und Alleinstellung des Bauwerkes (längste Brücke Eu- ropas), der Sichtbarkeit (Pylonenhöhe 272 Meter) und nicht zuletzt aufgrund der Eigenschaft als Verbindung zwischen zwei Ländern sehr gut als regionales Wahrzeichen eignen.

Die 1963 eingeweihte Fehmarnsundbrücke übernimmt in weiten Teilen heute bereits diese Funktion und taucht auf vielen Postkarten (Abb. 71) und Titelbildern von Reiseführern auf, in den Souvenirshops werden Aufkleber mit dem Brückenmotiv verkauft. Burow & von Rohr (2003, S. 151) schlugen als „Ansatzpunkt zur Profilierung der regionalen Identität Fehmarns mit dem Ziel der Steigerung der touristischen Attraktivität“ unter anderem die „Beleuchtung der Fehmarnsundbrücke“ und die „Begehung der Fehmarnsundbrücke als touristisches Angebot“ vor. Die Funktion als regionales Wahrzeichen würde die Fehmarnsundbrücke wegen der dar- gestellten Vorteile dann wohl an die Fehmarnbeltbrücke abgeben.

In den qualitativen Untersuchungen wurde die Fehmarnsundbrücke mehrfach mit der Golden Gate Bridge, dem Wahrzeichen San Franciscos, verglichen.

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Ein Wahrzeichen kann insbesondere Bekanntheit und Identifizierbarkeit eines Ortes oder einer Region erhöhen. Dies gilt im Allgemeinen als eine Voraussetzung für touristische Attraktivität („a phenomenon must have three components to be considered an attraction: a tourist, a site to be viewed, and a marker or image which makes the site significant“, Lew 1987, S. 554). Also ist das Wahrzeichen allein kein Grund für einen Besuch. Es verbessert aber die Voraus- setzungen und damit die Marktchancen des Besuchszieles.

In Bezug auf den Untersuchungsraum können diese positiven Wirkungen vor allem für die Insel Fehmarn erwartet werden. Sie würden verstärkt, wenn die Brücke eine entsprechend mit der Insel verknüpften Namen trüge.

Abb. 71: Postkarten an einem Souvenirladen in Burg/Fehmarn (April 2009) Foto: D. Schmücker

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Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-4: Brücke als regionales Wahrzeichen hoch hoch

3.3.3.5 Zeitweise Sperrung der Straßenbrücke bei Starkwind Argument

Bei Starkwind könnte die Brücke gesperrt werden und damit die Erreichbarkeit des Untersu- chungsraumes verschlechtern.

Bewertung

Zur Abschätzung der Wirkung solcher Sperrungen sind insbesondere relevant:

Wahrscheinlichkeit und Dauer von Sperrungen aufgrund von Starkwind Anteil betroffener Besucher des Untersuchungsraums

Die Windsituation auf der Brücke war bereits Gegenstand einer eigenständigen Untersuchung (Dellwik, Mann & Rosenhagen 2005). Dazu wurden die Restriktionsparameter der Öresund- brücke angelegt. Danach ergibt sich am Fehmarnbelt eine durchschnittliche Straßensper- rungszeit von 170 Stunden pro Jahr (Klasse 2 für leichte Fahrzeuge, also unbeladene Lkw und Caravans) (zum Vergleich: 200 Stunden für die Fehmarnsundbrücke). Komplettsperrun- gen des Straßenverkehrs (Klasse 4) werden am Fehmarnbelt mit durchschnittlich 12 Stunden pro Jahr angenommen (Tab. 86).

Für den Schienenverkehr sind die prognostizierten Sperrungszeiten geringer: Für den Güter- verkehr (Klasse 4) werden 12 Stunden pro Jahr und für den Personenverkehr keine Sperrun- gen prognostiziert.

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Tab. 86: Abschätzung der Sperrungszeiten für eine Brücke über den Fehmarnbelt (ohne Windschutz) Quelle: Dellwik, Mann & Rosenhagen 2005, S. 6 Brücke Verkehrsart Klasse Stunden Sperrung/Jahr Fehmarnbelt Straße Klasse 2 170 Straße Klasse 4 12 Schiene Klasse 4 12 Schiene Klasse 6 0 Öresund Straße Klasse 2 98 Straße Klasse 4 7 Großer Belt Straße Klasse 2 130 Straße Klasse 4 9 Fehmarnsund Straße Klasse 2 200

Bezüglich des Jahresverlaufs rechnen die Autoren damit, dass Sperrungen vor allem in den Wintermonaten auftreten werden, während in den touristisch relevanteren Sommermonaten mit nur sporadischen Sperrungen zu rechnen ist (Abb. 72).

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Abb. 72: Durchschnittliche Zahl der Sperrungen für eine Brücke über den Fehmarnbelt (ohne Wind- schutz) Quelle: Dellwik, Mann & Rosenhagen 2005, S. 7 Die Ergebnisse veranlassten den Projektträger, hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen keine gravierenden Effekte zu berücksichtigen.

On basis of the calculation of the number of restrictions and the duration hereof it can roughly be estimated that the loss of revenue would be less than 0.05% provided that the travellers would cancel their planned cross- ing. This will of course not be the case as most travellers will accept to wait until the restriction has been cancelled. FEMERNBÆLT 2005, S. 7 Seit der zitierten Abschätzung der Sperrungszeiten (2005) wurde zudem in der Entwurfspla- nung festgelegt, dass über die gesamte Brückenlänge ein durchsichtiger Windschutz installiert wird (FEMERN A/S 2010c, S. 16), was die Windanfälligkeit des auf der Brücke befindlichen Verkehrs weiter reduziert.

Die Wahrscheinlichkeit und Dauer der Sperrungen ist also voraussichtlich nicht größer als heute bei der Fehmarnsundbrücke und zudem nicht in der Hauptreisezeit zu erwarten. Über- dies sind die touristischen Implikationen einer gesperrten Festen Fehmarnbeltquerung nicht

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mit der Sperrung des Fehmarnsundbrücke zu vergleichen: Während die Fehmarnsundbrücke die einzige Verbindung zu den touristischen Hauptquellgebieten Fehmarns darstellt, sind die Besucher aus Skandinavien, die von einer Sperrung der Brücke über den Fehmarnbelt betrof- fen wären, im Untersuchungsraum nur von untergeordneter Bedeutung (2,4% der statistisch erfassten Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben auf Fehmarn, 0,5% der Übernachtun- gen auf Campingplätzen).

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-5: Zeitweise Sperrung der Straßenbrücke gering gering bei Starkwind

3.3.3.6 Brücke als Barriere für Sportboote Argument

Die Brücke könnte für Sportbootfahrer als tatsächliche oder psychologische Barriere wirken und damit die Erreichbarkeit oder Attraktivität der Sportboothäfen reduzieren. Eine tatsächli- che Barriere wäre gegeben, wenn die Baustelle mit einem Durchfahrtsverbot für Sportboote belegt würde. Die psychische Barrierewirkung entstünde, wenn Sportbootfahrer die Baustelle meiden würden, obwohl sie sie passieren dürften, z. B. weil sie Kollisionen befürchten.

Bewertung

Zur Abschätzung der Barrierewirkung sind insbesondere relevant:

die Wahrscheinlichkeit, dass solche Barrieren auftreten die Zahl der Sportbootfahrer, die davon betroffen wären die Alternativen, die für diese Sportbootfahrer zur Verfügung stünden

Die Wahrscheinlichkeit einer Barrierewirkung kann als gering eingeschätzt werden, da explizit eine küstennahe Navigationsroute etwa 2.700 Meter von der Anlandung an die Insel Fehmarn mit einer Durchfahrtshöhe von 35 Metern geplant ist (Information von Femern A/S, Februar 2011). Eine Durchfahrt durch das Hauptfeld ist auf der T-Route damit nicht erforderlich.

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Die Zahl der betroffenen Sportbootfahrer lässt sich aus den mehr als 2.000 Liegeplätzen im Untersuchungsraum ableiten und führt zu ca. 189.000 Aufenthaltstagen im Untersuchungs- raum. Für die Sportbootfahrer im Untersuchungsraum steht aber selbst für den unwahrschein- lichen Fall, dass der Fehmarnbelt als Fahrthindernis wahrgenommen würde, jederzeit die Route durch den Fehmarnsund zur Verfügung.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-6: Brücke als Barriere für Sportboote sehr gering sehr gering

3.3.3.7 Strand- und Badewasserverschmutzung durch Havarien von Schiffen mit der Brücke Argument

Die Pfeiler und Pylonen der Brücke könnten zu einem verstärkten Havarierisiko auf der Fehmarnbeltroute führen. Eine Havarie könnte im ungünstigen Fall eine Verschmutzung von Badestränden zur Folge haben.

Bewertung

Zur Abschätzung der möglichen Verschmutzungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit einer Havarie Art und Menge der Schadstofffreisetzungen Wahrscheinlichkeit der Verdriftung an einen Badestrand Verschmutzungswirkung für Wasser und Strand wahrscheinliche Zahl der dann dort betroffenen Bade-Besucher

Die Wahrscheinlichkeit einer Havarie wurde mit Blick auf die Realisierung einer Brücke inten- siv untersucht (FEMERN A/S 2010d, Anhang 3). Demnach wird das Kollisionsrisiko durch Einführung einer Verkehrstrennung mit Schiffsüberwachungssystem (Vessel Traffic Service VTS) um etwa 60% sinken. Zwar besteht ein (geringes) zusätzliches Risiko der Kollision mit dem Bauwerk, dieses wird aber durch die deutliche Reduktion des Kollisionsrisikos zwischen Schiffen deutlich überkompensiert.

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Abb. 73: Risikoniveaus verschiedener Brückenlösungen Quelle: FEMERN A/S 2010d, S. 5

Von einer Verschmutzung könnten im Wesentlichen die zehn nördlichen Strände auf Fehmarn (von Westen: Altenteil, Dänschendorf, Wenkendorfer Strand, Gammendorfer Strand, Grüner Brink, Puttgardener Strand, Marienleuchte, Presen, Klausdorfer Strand, Katharinenhof) direkt betroffen sein. Darunter sind solche Strände, die touristisch weniger relevant sein dürften (z. B. Marienleuchte), aber auch solche, die aufgrund der Erreichbarkeit, Infrastruktur oder natürlichen Ausstattung touristisch attraktiv sind (wie Grüner Brink oder Gammendorfer Strand). Diese Strände werden im Sommer als Badestrände, aber auch in der restlichen Jah- reszeit zum Spazierengehen etc. genutzt.

Neben der tatsächlichen Beeinträchtigung einzelner Strandabschnitte wäre insbesondere eine negative Imagewirkung für den Untersuchungsraum und ggf. darüber hinaus zu erwarten, da über eine solche Havarie vermutlich überregional in den Medien berichtet würde.

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Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass das Risiko einer havariebedingten Verschmut- zung im Vergleich zur heutigen Situation durch Einführung eines VTS sinken wird. Die Folgen für den Fall einer solchen Verschmutzung wären, je nach Art und Ausmaß, ebenso gravierend wie ohne Realisierung einer Festen Fehmarnbeltquerung, aber eben deutlich weniger wahr- scheinlich.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-7: Strand- und Badewasserverschmutzung gering hoch durch Havarien von Schiffen mit der Brücke

3.3.3.8 Verlust der Insellage und Inselidentität Argument

Durch die feste Anbindung nach Skandinavien könnte es dazu kommen, dass die als touris- tisch attraktiv wahrgenommene Insellage der Insel Fehmarn nicht mehr existiert und negative Konsequenzen für die touristische Nachfrage entstehen.

Bewertung

Hier gilt hinsichtlich der Bewertungskriterien und des Bewertungsergebnisses analog das für den Tunnel bereits Ausgeführte (vgl. Abschnitt 3.3.2.3). Zwar ist die Symbolkraft der Brücke größer einzuschätzen als die des Tunnels, aber auch im Fall der Brücke würde sich an der tatsächlichen Insellage nichts ändern, und die zu erwartende Verdrängungswirkung kann als sehr gering angesehen werden.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-8: Verlust der Insellage und Inselidentität gering sehr gering

3.3.3.9 Brücke als visuelle Beeinträchtigung Argument

Die Brücke könnte die Wahrnehmung von Meer und Landschaft und deshalb auch die Attrak- tivität des Untersuchungsraumes beeinträchtigen.

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Bewertung

Zur Abschätzung der Beeinträchtigungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Status quo der visuellen Beeinträchtigungen Sichtbarkeit der Brücke Wahrnehmung der Brücke als visuelle Beeinträchtigung Verdrängung von Besuchern aufgrund der visuellen Beeinträchtigung

Das Untersuchungsgebiet ist bereits heute nicht frei von visuellen Beeinträchtigungen der Landschaftswahrnehmung durch hohe Gebäude und andere Vertikalstrukturen. In der qualita- tiven Studie hat sich gezeigt, dass insbesondere hohe Häuser (wie z. B. die IFA-Gebäude am Südstrand und die Silos in Burgstaaken) als störend wahrgenommen wurden, während Bilder von Brücken im Mittelfeld bewertet wurden. Auf Fehmarn sind Windkraftanlagen in allen Teilen der Insel sichtbar.

Es ist davon auszugehen, dass die Brücke mit einer Pylonenhöhe von 272 m über dem Mee- resspiegel vom Festland aus gut sichtbar sein wird. Damit würde die Brücke in die Wirkzone III mit einer maximalen Wirkzone der visuellen Beeinträchtigung von 10 km fallen (LBV-SH 2004, S. 44). Legt man die Formel nach LUNGMV (2006, S. 15) zugrunde, so ergibt sich ein Wirk- zonenradius von insgesamt rund 11 km. Da die Pylonen rund 6 km und mehr von der Küste entfernt stehen, wäre der so ermittelte Wirkradius maximal auf die Ortschaften Puttgarden, Todendorf, Hinrichsdorf, Gammendorf, Seelust, Krummensiek, Johannisberg sowie Bannes- dorf, Klausdorf, Presen und Marienleuchte beschränkt. Ebenfalls Teil des Brückenbauwerks sind die Vorlandbrücken mit einer Höhe von 24,90 m an der Küste Fehmarns bis zu einer Hö- he von rund 80 m in der Mitte der Brücke (Information von Femern A/S, Februar 2011). Zur Betrachtung gehören auch die Rampen inkl. einer Straßenbrücke über die Bahnlinie und ei- nem Galeriebauwerk auf einer Halbinsel, die ca. 550 m weit in den Fehmarnbelt hinein gebaut wird.

Die ermittelte Sichtbarkeit ist aber nicht gleichbedeutend mit einer visuellen Beeinträchtigung. Vielmehr war es ein Ergebnis der qualitativen Untersuchung, dass die Brückensimulationen eindeutig anziehend wirkten und den Großteil der Befragten neugierig machten.

Allerdings stimmten in der Besucherbefragung rund 3% der Befragten spontan der Aussage zu, dass eine Brücke „den Ausblick auf das Meer verschandeln“ würde. Bei der gestützten Abfrage waren es sogar 19% der Befragten.

Es ist also ziemlich sicher von einer visuellen Beeinträchtigung jedenfalls für eine Teilgruppe der Besucher auszugehen. Damit ist aber nicht zugleich eine Verdrängung dieser Besucher verbunden, denn wie gezeigt, werden auch andere Vertikalstrukturen als visuelle Beeinträchti- gung empfunden, ohne dass deshalb eine Vermeidung des Untersuchungsraumes bei den Befragten eingetreten wäre.

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Das Verdrängungsrisiko aufgrund der visuellen Beeinträchtigung allein kann nicht quantifiziert werden. Es ist aber davon auszugehen, dass die Wirkstärke relevant ist.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-9: Brücke als visuelle Beeinträchtigung hoch mittel

3.3.3.10 Brücke als Verursacher von Verkehrslärm Argument

Der von der Brücke ausgehende Verkehrslärm könnte als störend empfunden werden und deshalb die touristische Attraktivität des Untersuchungsraumes beeinträchtigen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Störungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Lage und Höhe der Zufahrtsrampen und der Brücke Situation heute zu erwartende Lärmentwicklung Anzahl der Besucher, die von dieser Lärmentwicklung betroffen sein können

Auf Fehmarn wird eine Rampen- und Auffahrtsbrücken-Kombination benötigt. Diese besteht aus einer neu anzulegenden Halbinsel (405 m Länge), einem Galeriebauwerk zur vertikalen Trennung von Straße und Schiene (320 m Länge), eine Überführung der Straße über die be- stehende Eisenbahn (400 m Länge und 8 m Höhe) und Rampen für Straße (465 m Länge) und Schiene (680 m Länge). Der Rampen- und Auffahrtsbereich reicht also maximal 1.000 m von der heutigen Küstenlinie in das Landesinnere (vgl. Abschnitt 1.2.3.2).

In Bezug auf die heutige Lärmsituation liegen keine Lärmgutachten vor, es ist aber davon auszugehen, dass Lärmquellen wie startende oder beschleunigende Lkw rund um die Uhr eine nicht unerhebliche Vorbelastung darstellen.

Vorläufige Lärmimmissionskarten zeigen, dass der größte Teil des Ortes Marienleuchte und große Teile des Ortes Puttgarden bei Nacht mehr als 45 dB(A), aber weniger als 49 dB(A) und das Hotel Dania bei Tag und Nacht mehr als 50 dB(A), aber weniger als 55 dB(A) ausgesetzt sind (Abb. 74 und Abb. 75). Für die Orte Puttgarden und Marienleuchte zusammen ist nach der Fremdenverkehrsabgabestatistik der Stadt Fehmarn 2009 von rund 500 Betten auszuge- hen, darin rund 130 Betten des Hotel Dania (Betreiberangabe), Das entspricht nach den in dieser Untersuchung angesetzten Auslastungskennziffern (vgl. Abschnitt 2.3.2) rund 50.000 Übernachtungen pro Jahr. Die Zahl der von Lärmimmissionen möglicherweise betroffenen Gäste ist aber abhängig von der kleinräumlichen Verteilung der Bettenkapazitäten, die (außer für das genannte Hotel) derzeit nicht dokumentiert ist.

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Abb. 74: Lärmimmissionen von Brücke und Brückenzufahrten bei Nacht Quelle: Information von Femern A/S, Januar 2011

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Abb. 75: Lärmimmissionen von Brücke und Brückenzufahrten bei Tag Quelle: Information von Femern A/S, Januar 2011

Bei allen die Feste Fehmarnbeltquerung betreffenden Planungen ist selbstverständlich davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Das bedeutet z. B., dass die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten werden. In der touristischen Einflussanaly- se wird aber immer auch gefragt, ob unabhängig von planungsrechtlichen Vorgaben (rechtli- che Anspruchsvoraussetzungen) wirtschaftliche Effekte eintreten können. So ist es z. B. denkbar, dass ein Unterkunftsbetrieb zwar einem Schall mit einem Beurteilungspegel unter- halb der Grenzwerte ausgesetzt ist, Gäste aber trotzdem wegbleiben, weil sie sich durch den Lärm gestört fühlen (z. B. weil die Beurteilungspegel als Mittelungspegel errechnet werden oder weil die Grenzwerte der Beurteilungspegel zwar die rechtliche, aber nicht die tatsächliche Akzeptanz von Lärm gerade bei Erholungsurlaubern wiederspiegeln). Zu genau diesem Zu- sammenhang liegen aber keine belastbaren Untersuchungen vor. HTC et al. (2010, S. 109) verweisen am Beispiel „Kärntner Zentralraum“ auf die geringeren Preise und geringeren Aus- lastungsgrade von lärmbelasteten Zimmern im Vergleich zu nicht lärmbelasteten Zimmern (allerdings für einen Grenzwert von 50 dB[A]). Insofern ergeben sich auf der Wirkungsseite Unklarheiten in Bezug auf die voraussichtlich erreichten Pegel und deren tatsächliche Wirkung auf die touristische Nachfrage.

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Zusammenfassend ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu zusätzlicher Geräuschimmission kommt, hoch. Die Wirkstärke ist nach den vorliegenden Informationen insbesondere vor dem Hintergrund der dargestellten Vorbelastung, als mittel einzuschätzen

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-10: Brücke als Verursacher von Verkehrs- hoch mittel lärm

3.3.3.11 Brücke als Barriere für Hochseeangelfahrten Argument

Es ist denkbar, dass die Brücke für Anbieter von Hochseeangelfahrten als Barriere wahrge- nommen wird, so dass sie ihre Fanggebiete nicht mehr erreichen können.

Bewertung

Wie schon für die Bauphase beschrieben (Abschnitt 3.3.1.11), wurden die Auswirkungen der Festen Fehmarnbeltquerung auf die Hochseeangelangebote in einer separaten Studie unter- sucht.

Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass die räumliche Einschränkung der Fanggebiete nur geringe Auswirkungen auf die Anbieter haben werde. Hinsichtlich des Einflusses von Lärm, Erschütte- rungen und Licht liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor (Information von Femern A/S, April 2011)

Die mögliche Wirkung der Brücke als Durchfahrtsbarriere ist sehr unwahrscheinlich, wie be- reits für Sportboote gezeigt.

Insgesamt kann eine Beeinträchtigung der Hochseeangelanbieter durch eine Brücke als wenig wahrscheinlich bzw. wenig gravierend eingeschätzt werden.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

III-11: Brücke als Barriere für Hochseeangel- gering gering fahrten

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3.3.4 Auswirkungen durch Verkürzung der Reisezeiten Die Verkürzung der Reisezeiten ist das vierte zu untersuchende Einflussfeld. Es bewertet die Chancen und Risiken, die aus der Verkürzung der Reisezeiten gegenüber dem Status quo (ca. 50 Minuten für Pkw und ca. 55 Minuten für die Bahn, vgl. Abschnitt 1.2.4.1) und der des- halb erwarteten Verkehrszunahme resultieren könnten.

3.3.4.1 Steigerung der regionalen Bekanntheit durch Existenz der Festen Fehmarn- beltquerung Argument

Durch die zunehmende Benutzung der „Vogelfluglinie“ in Folge der Festen Fehmarnbeltque- rung könnte die Bekanntheit des Untersuchungsraumes und in der Folge die Nachfrage nach touristischen Leistungen steigen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Bekanntheitswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit, dass die Bekanntheit des Untersuchungsraumes durch die Feste Fehmarnbeltquerung steigt Auswirkungen einer möglichen Bekanntheitssteigerung auf die touristische Nachfrage

Die Wahrscheinlichkeit einer auf die Feste Fehmarnbeltquerung zurückzuführenden Bekannt- heitssteigerung hängt vor allem davon ab, in welchem Umfang und in welchen Zielgruppen eine Berichterstattung über die Feste Fehmarnbeltquerung erfolgt und ob und wie dabei eine Verbindung zum Untersuchungsraum hergestellt wird.

Hinsichtlich der Berichterstattung ist zu erwarten, dass die Feste Fehmarnbeltquerung (jeden- falls während der Bauzeit und in der ersten Zeit nach der Eröffnung) einen Neuigkeitswert hat und entsprechende Medienpräsenz erreichen wird. Dabei ist davon auszugehen, dass zumin- dest die Insel Fehmarn in diesem Zusammenhang genannt wird (für Großenbrode ist die Wahrscheinlichkeit hingegen gering). Sollte die Querung einen leicht zu merkenden und mit dem Untersuchungsraum in Verbindung stehenden Namen tragen, steigen die Chancen auf eine dauerhafte Verankerung der Bekanntheit.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Bekanntheit der Destination eine Vorausset- zung für die Reise dorthin ist. Eine Erhöhung der Bekanntheit verschiebt eine Destination aus dem Unawareness Set (alle Destinationen, die dem Nachfrager nicht bekannt sind) in das Awareness Set (alle Destinationen, die dem Nachfrager bekannt sind). Awareness allein reicht aber nicht aus, vielmehr muss die Destination in der Folge in das Processed Set (alle Destina- tionen, die vom Nachfrager bewertet werden), dann in das Accepted Set (alle Destinationen, die grundsätzlich geeignet sind), dann in das Evoked Set (alle Destinationen, die in die engere Auswahl kommen) gelangen und schließlich als präferierte Alternative verbleiben. Bekanntheit

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ist also in der Regel eine notwendige, aber keinesfalls hinreichende Bedingung für einen tat- sächlichen Konsum. Eine erhöhte Bekanntheit steigert aber in der Regel die wirtschaftlichen Chancen der Destination.

Die Wahrscheinlichkeit, dass durch die Feste Fehmarnbeltquerung ein Bekanntheitseffekt eintritt, wird als hoch eingeschätzt. Die Wirkung dieser Bekanntheitssteigerung sollte im All- gemeinen zu einer wirtschaftlichen Chancensteigerung führen. Das Ausmaß dieser Wirkung wird als mittelstark eingeschätzt.

Abgrenzung: Hinsichtlich der Wirkung ist auch entscheidend, wie und mit welchen Inhalten in den Medien und in persönlicher Kommunikation berichtet wird und ob die negativen oder die positiven Aspekte einer Festen Fehmarnbeltquerung betont werden. Es ist also deutlich darauf hinzuweisen, dass es hier nur um die bekanntheitssteigernde Wirkung der Festen Fehmarn- beltquerung geht. Davon abzugrenzen ist die Multiplikations- und Imagewirkung bezüglich anderer Chancen und Risiken. Diese Aspekte werden in Abschnitt 3.4 behandelt.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-1: Steigerung der regionalen Bekanntheit hoch mittel durch Existenz der Festen Fehmarnbeltque- rung

3.3.4.2 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Übernachtungs-Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) Argument

Die Verkürzung der Reisezeiten könnte zu einer besseren Erreichbarkeit des skandinavischen Quellmarktes und damit verbunden zu einer Zunahme der Nachfrage von Übernachtungsleis- tungen aus dem skandinavischen Raum führen.

Bewertung

Zur Abschätzung dieser Potenziale sind insbesondere folgende Faktoren relevant:

Quantitative Vergrößerung des relevanten Gästepotenzials im Einwohnermarkt durch die Feste Fehmarnbeltquerung Relevanz der Reisezeitverkürzung im Verhältnis zu anderen möglichen Reisemotiven für Gäste aus den hinzukommenden potenziellen Quellmärkten

Die Reisezeitverkürzung durch die Feste Fehmarnbeltquerung wird mit durchschnittlich ca. 50 Minuten für den Pkw-Verkehr und 55 Minuten für den Personenfernverkehr der Bahn (vgl.

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Abschnitt 1.2.4.1) angenommen. Aus dieser Zeitersparnis lässt sich das bei gleicher Reisezeit (Ausweitung der Isochronen) zusätzlich zu erschließende Einwohnerpotenzial abschätzen. Da der ganz überwiegende Teil der touristischen Nachfrage bereits heute per Pkw auftrifft, wird dieser Aspekt im Vordergrund der Betrachtung stehen.

Generell werden für die Abschätzung Erreichbarkeitszonen zugrunde gelegt. Diese Erreich- barkeitszonen sind vergröbert und decken jeweils den größten Teil (70-90%) der Nachfrage ab. Selbstverständlich kommt es aber vor, dass lange Urlaubsreisen in Ziele unternommen werden, die in weniger als sieben Stunden Fahrtzeit erreichbar sind, oder dass für Tagesaus- flüge längere Reisezeiten als 120 Minuten akzeptiert werden. Die Einteilung in Erreichbar- keitszonen ist also ein pragmatisches Hilfsmittel für die Potenzialabschätzung.

Tab. 87: Touristische Distanzzonen

Reiseart Distanzzone Ermittlung/Quelle

90% bis 200 km, durchschn. 89 km, Tagesausflüge bis 120 Minuten DWIF 2005, S. 94

Abschätzung auf Basis FUR Reise- analyse 2011, Kurzreisen nach Kurzreisen (1 bis 3 Nächte) >120 bis 300 Minuten Schleswig-Holstein nach Herkunfts- bundesländern für Quellmarkt Deutschland

Obere Grenze: Abschätzung nach Urlaubsreisen (ab 4 Nächte) >300 bis 420 Minuten Besucherbefragung 2009 für Quell- markt Deutschland

Für den Übernachtungstourismus relevantes Potenzial findet sich grundsätzlich in recht gro- ßen, bis hin zu weltumspannenden, Einzugsgebieten. Für den konkreten Fall des Untersu- chungsraumes wohnt die weit überwiegende Mehrheit der Übernachtungsgäste in Deutsch- land. Nach der Besucherbefragung 2009 kamen 30% der Übernachtungsgäste aus Nordrhein- Westfalen, 21% aus Niedersachsen, 8% aus Schleswig-Holstein und jeweils 7% aus Hamburg und Hessen. Entferntere Wohnortbundesländer erreichen geringere Anteile (Rheinland-Pfalz 5%, Baden-Württemberg und Bayern jeweils 4%). Damit ergibt sich ein relevanter Reisezeit- bereich für Übernachtungsbesucher im Untersuchungsraum zwischen ca. zwei Stunden (120 Minuten) und ca. sieben Stunden (420 Minuten) reiner Fahrtzeit per Pkw. Um zu berücksichti- gen, dass für längere Reisen auch längere Anfahrtszeiten in Kauf genommen werden, wurde zudem eine „Kurzreisendistanz“ auf Basis der Kurzreisen nach Schleswig-Holstein in der Rei- seanalyse 2011 der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) abgeschätzt und auf 5 Stunden (300 Minuten) festgelegt. Damit ist in etwa der größte Teil von NRW, das zu- sammen mit Hessen ca. 30% der Kurzreisennachfrage nach Schleswig-Holstein liefert, abge- deckt.

Für die Abschätzung der Erreichbarkeitszonen im konkreten Fall wurden verschiedene Pkw- Reisedistanzen mit Bezugspunkt Burg auf Fehmarn (als zentral gelegener Punkt im Untersu-

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chungsraum) ermittelt (Tab. 88). Die Reisezeitverkürzung wurde mit 50 Minuten angenom- men. Im Ergebnis rückt z. B. Kopenhagen in die Tagesreisenzone und Göteborg in die Kurz- reisendistanz.

Die Relevanz der absoluten Reisezeitverkürzung um durchschnittlich 50 Minuten ist auch ab- hängig von der relativen Zeitersparnis. Diese reicht von mehr als 40% (50 Minuten bezogen auf zwei Stunden) bis unter 12% (50 Minuten bezogen auf sieben Stunden). Je größer die relative Zeitersparnis, desto wirksamer dürfte sie sein.

Diese relative Reisezeitverkürzung muss im Zusammenhang mit anderen möglichen touristi- schen Attraktionsfaktoren im Untersuchungsraum bewertet werden. Offensichtlich sind diese heute nur in begrenztem Umfang vorhanden, da das ja bereits bestehende Potenzial zwischen den 120- und 420-Minuten-Isochronen praktisch nicht bedient wird: Der Anteil der Übernach- tungsgäste aus Dänemark und Schweden beträgt rund 2,4% in statistisch erfassten Beher- bergungsbetrieben auf Fehmarn und 0,5% der Übernachtungen auf Campingplätzen. Ange- sichts der kurzen Aufenthaltsdauer ist davon auszugehen, dass es sich dabei überwiegend um Stopover-Gäste handelt. Die Autoren des regionalen Entwicklungskonzeptes für den Kreis Ostholstein (REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER 2010) sehen in Bezug auf Kurzrei- sen vor allem Potenzial für die Stadt Lübeck, während für längere Urlaubsreisen kein nen- nenswertes Zusatzpotenzial gesehen wird, solange die Angebotsstruktur in der Untersu- chungsregion nicht erheblich verändert wird.

Daher sind die Potenzialbetrachtungen stets vor dem Hintergrund zu sehen, dass eine Verän- derung der touristischen Angebotsstrukturen im Untersuchungsraum notwendig sein wird. Für erfolgreiche Marktentwicklungsmöglichkeiten spricht, dass nach Ergebnissen des World Tra- vel Monitor bereits 2008 rund die Hälfte der dänischen Deutschlandreisenden aus der Region Kopenhagen und von der Insel Seeland kamen (DZT 2009b, S. 10). Mit rund 20% aller Über- nachtungen ist Schleswig-Holstein das wichtigste Zielland in Deutschland. Allerdings ist der Anteil der Dänen, die ihren Deutschlandurlaub auf dem Lande oder am Wasser verbringen, mit 22% relativ gering, während sog. „Anschaureisen“ bereits 2008 einen Anteil von 45% hat- ten und hier auch noch Zuwächse gesehen werden (DZT 2009b, S. 11).

Ein bereits existentes Potenzial für Übernachtungsgäste besteht vor allem in der gezielten Nutzung des Preisgefälles: Urlaub ist auf der deutschen Seite des Fehmarnbelt schlicht güns- tiger zu haben als auf der dänischen Seite. Allerdings weist die DZT (2009c) für Schweden auf die zunehmende Konkurrenz durch osteuropäische Zielgebiete hin.

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Tab. 88: Pkw-Reisedistanzen zwischen Burg auf Fehmarn und ausgewählten Orten in Dänemark und Schweden Zeit von Burg (mit Zone mit Einwohner Zeit von Fester Fester Zone Ort des Ortes Burg (heu- Fehmarn- Fehmarn- heute (Tsd.) te, in Min.) beltque- beltque- rung, in rung Min.) Rødbyhavn 2 70 20 T T Nykøbing (Falster) 16 109 59 T T Næstved (Sjælland) 42 140 90 K T Roskilde (Sjælland) 47 166 116 K T Kopenhagen Flughafen 168 118 K T 528 Kopenhagen (Tivoli) 170 120 K T Helsingør (Sjælland) 46 194 144 K K Malmö (Zentrum) 300 195 145 K K Kalundborg (Sjælland) 16 198 148 K K Nyborg (Fyn) 16 201 151 K K Odense (Fyn) 168 221 171 K K Ystad (S) 18 223 173 K K Helsingborg (S) 97 225 175 K K Kristianstad (S) 36 261 211 K K Falkenberg (S) 20 296 246 K K Göteborg (Zentrum) 515 346 296 L K Karlskrona (S) 35 351 299 L K Växjö (S) 61 352 300 L K Jönköping (S) 89 365 315 L L Borås 66 379 329 L L Uddevalla (S) 31 407 357 L L Linköping (S) 104 434 384 L Norrköping (S) 87 457 407 L Nyköping (S) 30 493 443 Västervik (S) 21 505 455 Stockholm (Zentrum) 851 558 508 Datenquelle: Eigene Berechnungen mit verschiedenen Online-Routenplanern von Navtec, Falk und Google, Einwohnerzahlen von Danmarks Statistik und Statistika centralbyrån; T = Tagesausflugszone bis 120 Minuten, K = kurze Reisen, Zone >120 bis 300 Minuten, L = lange Reisen, Zone >300 bis 420 Minuten

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Zusammenfassend wird die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Potenzialausweitung für Über- nachtungsreisen als hoch angesehen. Die Wirkstärke hingegen ist begrenzt, da in der gegen- wärtigen Angebotsstruktur offensichtlich für skandinavische Besucher kaum Anreize bestehen, den Untersuchungsraum zu besuchen.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-2: Verkürzung der Reisezeiten zu skandi- sicher gering – mittel navischen Übernachtungs-Quellmärkten (Po- tenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) (im Wesentlichen abhän- gig von der Veränderung des Angebotes im Unter- suchungsraum)

3.3.4.3 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Tagesausflugs-Quellmärkten (Potenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) Argument

Die Verkürzung der Reisezeiten könnte zu einer besseren Erreichbarkeit des skandinavischen Quellmarktes und damit verbunden zu einer Zunahme der Nachfrage von Tagesausflügen aus dem skandinavischen Raum führen.

Bewertung

Zur Abschätzung dieser Potenziale sind insbesondere folgende Faktoren relevant:

Quantitative Vergrößerung des relevanten Einwohner-Potenzials durch die Feste Fehmarnbeltquerung Relevanz der Reisezeitverkürzung im Verhältnis zu anderen möglichen Reisemotiven für Gäste aus den hinzukommenden potenziellen Quellmärkten

Der für Tagesausflüge relevante Einzugsbereich umfasst etwa die 120-Minuten-Isochrone. Für diese Isochrone wurden von REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER (2010) für den Standort Puttgarden zonierte Vergleichsrechnungen vorgenommen. Demnach nimmt die Ein- wohnerzahl innerhalb der 120-Minuten-Isochrone von heute 4,8 Mio. auf 6,9 Mio. (Tab. 89) zu. Der größte Zuwachs wird in der Zone von 90-120 Minuten Pkw-Entfernung erreicht, da Teile der Öresundregion Kopenhagen-Malmö aufgrund der Reisezeitverkürzung innerhalb der 120- Minuten-Isochrone liegen werden (siehe Abschnitt 3.3.4.2).

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Tab. 89: Veränderung im Nachfragepotenzial bei Verkürzung der Fahrtzeit um 50 Minuten

Einzugsgebiet Deutschland heute Dänemark ohne Dänemark mit Fes- Differenz19 Fahrtzeitzonen Pkw Feste Querung ter Querung 0-30 Min. 41.328 0 47.757 + 47.757 30-60 Min. 324.416 0 109.762 + 109.762 60-90 Min. 1.149.630 110.968 627.203 + 516.235 90-120 Min. 3.058.585 162.946 1.513.311 + 1.350.365 Gesamt 4.573.959 273.914 2.298.033 2.024.119 Quelle: REGIONOMICA / GEORG & OTTENSTRÖER 2010, S. 62 Diese Darstellung ist für den wichtigen Tagesausflugsmarkt „Shopping“ im Untersuchungs- raum allerdings nur bedingt zutreffend. Nach Auskunft der Betreiber der Grenzhandelsge- schäfte kommt ein nennenswerter Anteil der Kunden aus Schweden, also deutlich außerhalb der heutigen 120-Minuten-Isochrone. Offensichtlich werden für spezifische Anlässe auch län- gere Anfahrten in Kauf genommen.

Die Erweiterung des Einzugsgebietes führt also zweifelsfrei zu einer substanziellen Vergröße- rung des Tagesbesucherpotenzials. Um das Potenzial auszuschöpfen, sind im Untersu- chungsraum entsprechende Attraktionsfaktoren notwendig. Momentan ist das im Wesentli- chen der Grenzhandel, dessen Nachfragepotenzial auf ca. 1,2 Mio. Personen geschätzt wird (vgl. Abschnitt 2.3). Weitere Attraktionen, die als Tagesausflugsziele in Frage kommen und in nennenswertem Umfang dänische oder schwedische Gäste anziehen, wurden in den Exper- tengesprächen nicht benannt. Da auf der dänischen Seite ebenfalls zahlreiche Freizeitanlagen zu finden sind, wird es eine intensive Wettbewerbsbeziehung zwischen Freizeitanbietern im Untersuchungsraum und Anbietern im näheren Einzugsgebiet der durch die Feste Fehmarn- beltquerung neu gewonnenen Potenziale kommen (etwa im Großraum Kopenhagen).

Ein limitierender Faktor für die Abschöpfung der dargestellten Potenziale ist die für die Feste Fehmarnbeltquerung zu zahlende Maut: Mit der Festen Fehmarnbeltquerung liegen Hamburg und Kopenhagen gleichermaßen jeweils rund 150 Kilometer oder 100 Pkw-Minuten von Fehmarn entfernt, aber der Aufwand für einen Besucher aus Kopenhagen ist wegen der Maut höher als der Aufwand für einen Besucher aus Hamburg. Leider liegt kein „touristisches Gravi- tationsmodell“ vor, das es, ähnlich wie für Pendlerbewegungen (Bröcker, Herrmann & Korz- henevych 2011), erlaubt, die touristische Attraktivität eines Ziels zu monetarisieren und als Grundlage einer Prognose zu verwenden. Daher muss die Einschätzung der Nachfragepoten- ziale im Wesentlichen gutachterlich erfolgen.

19 Differenz zwischen den Spalten „Dänemark mit Fester Querung“ und „Dänemark ohne Feste Querung“

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Zusammenfassend lässt sich festhalten: Für den Tagesausflugsbereich (bis 120 Minuten Pkw- Fahrtzeit) ist die relative Zunahme des Nachfragepotenzials durch die Feste Fehmarnbeltque- rung substanziell. Positive Effekte werden vor allem für den Grenzhandel erwartet. Andere Tagesausflüge sind von der relativen Attraktivität der Tagesausflugsziele im Untersuchungs- raum abhängig. Diese ist heute nicht in ausreichendem Umfang gegeben, um spürbar mehr Tagesausflügler (neben den Grenzhandelsbesuchern) anzuziehen. Die Maut wird dabei im Vergleich zu deutschen Quellmärkten zusätzlich limitierend wirken. Eine Angebotsverände- rung ist daher notwendig, um die Attraktionswirkung für Tagesausflügler aus Skandinavien deutlich zu erhöhen (siehe auch REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER 2010 mit ähnli- cher Argumentation für den gesamten Kreis Ostholstein).

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-3: Verkürzung der Reisezeiten zu skandi- sicher mittel – hoch navischen Tagesausflugs-Quellmärkten (Po- tenzialausweitung im Quell-Zielverkehr) (im Wesentlichen abhän- gig von der Veränderung des Angebotes im Unter- suchungsraum)

3.3.4.4 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Tagesausflugszielen (zusätzli- che Ausflugsziele) Argument

Die leichtere Erreichbarkeit dänischer Tagesausflugsziele kann zu einer Verbesserung der touristischen Attraktivität des Untersuchungsraumes führen, weil mehr Tagesausflugsziele zur Verfügung stehen.

Bewertung

Zur Abschätzung der attraktionssteigernden Wirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Vorhandensein attraktiver Tagesausflugsziele in Dänemark derzeitige grenzüberschreitende Ausflugsintensität Attraktionswirkung

Die Insel Lolland verfügt über eine Reihe von Freizeitattraktionen (vgl. Abschnitt 2.5.3), die auch für Übernachtungsgäste im Untersuchungsgebiet interessant sein können. Besonderes Potenzial haben solche Angebote, die auf der deutschen Seite nicht oder nicht in vergleichba- rer Form existieren. Dazu gehören z. B. der , das Mittelalterzentrum in Nykøbing und die Jazzfestivals in Maribo und auf Femø.

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In der Besucherbefragung 2009 gaben 5% der Befragten an, während ihres Aufenthaltes ei- nen Dänemarkbesuch mit der Fähre per Pkw oder Motorrad zu planen oder bereits durchge- führt zu haben. 7% gaben an, einen solchen Besuch mit dem Fahrrad, per Bahn oder zu Fuß zu planen oder bereits durchgeführt zu haben. Der Wunsch, Dänemark mit der Fähre zu be- suchen, nimmt mit zunehmender Destinationserfahrung ab und mit zunehmender Aufenthalts- dauer deutlich zu (Tab. 90).

Aus der letzten Übernachtungsgästebefragung auf Fehmarn (NIT 2009) ist bekannt, dass der ganz überwiegende Teil der Übernachtungsgäste auf Fehmarn Tagesausflüge unternimmt (78% unternehmen mindestens einen Tagesausflug, im Durchschnitt werden während des Aufenthaltes 4,8 Tagesausflüge unternommen). Das Potenzial für Tagesausflüge ist also un- gleich höher als die heutige Nutzung der dänischen Nachbarregion als Ziel für Urlaubsortaus- flüge.

Tab. 90: Nutzung der Fähre für Ausflüge nach Dänemark

Kurzreisende in % 4-7 Tage 8-28 Tage (2-3 Tage) Ausflug mit der Fähre nach Dänemark geplant oder durchgeführt 2 7 7 (Pkw, Motorrad) Ausflug mit der Fähre nach Dänemark geplant oder durchgeführt 1 8 9 (Fahrrad, Bahn, zu Fuß) Ausflug mit der Fähre nach Dänemark geplant oder durchge- führt (Nettowert, mit Pkw, Motorrad oder mit Fahrrad, Bahn, 2 15 16 zu Fuß) Quelle: Besucherbefragung 2009 Bei der 2006 durchgeführten Befragung an Bord (OHT/SCANDLINES 2006) kamen nur 5% der Befragten aus Deutschland, und 9% aller Befragten gaben an, einen Tagesausflug zu unternehmen. Daraus lässt sich folgern, dass heute der Anteil der Urlaubsortausflügler von Deutschland nach Dänemark eher begrenzt ist.

Die Feste Fehmarnbeltquerung würde die touristischen Anbieter im Untersuchungsraum in die Lage versetzen, die dänischen Ausflugsziele als zusätzliche Attraktionsfaktoren mit zu ver- markten. Bereits heute wird mit Hilfe von grenzüberschreitenden Projekten versucht, die ge- meinsame Vermarktung einer „Destination Fehmarnbelt“ zu initiieren. Eine konkrete Abschät- zung des zusätzlich zu generierenden Potenzials ist aber aus den zahlreichen Untersuchun- gen, die im Rahmen des Projektes „Destination Fehmarnbelt“ angestellt wurden, nicht zu er- mitteln.

Aufgrund der bereits laufenden Initiativen ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass es zu gemeinsamen Vermarktungsanstrengungen kommt. Die Wirkstärke wird aber hinsichtlich der touristischen Attraktivität für den Untersuchungsraum als gering bis mittel, abhängig von der Angebotsentwicklung, eingeschätzt.

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Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-4: Verkürzung der Reisezeiten zu skandi- hoch gering – mittel navischen Tagesausflugszielen (zusätzliche Ausflugsziele) (abhängig von der Ver- änderung des Angebotes im Untersuchungsraum)

3.3.4.5 Zunahme des Transitverkehrs (Potenzialausweitung im Transitverkehr) Argument

Die erwartete Zunahme des Transitverkehrs auf der Vogelfluglinie könnte zu einer zusätzli- chen touristischen Nachfrage im Untersuchungsraum führen, wenn zusätzlich Zwischenstopp- Gäste gewonnen werden.

Bewertung

Für die Abschätzung des zusätzlichen Potenzials sind folgende Faktoren maßgeblich:

der erwartete zusätzliche Transitverkehr der Anteil des zusätzlichen Transitverkehrs, der Zwischenstopps im Untersuchungs- raum einlegt

Der erwartete zusätzliche Pkw-Verkehr beträgt nach der Ramp-up-Phase (das ist die Phase nach der Eröffnung, in der die Verkehrsmenge allmählich zunimmt) +99% gegenüber 2008 (vgl. Abschnitt 2.2.2.1, insb. Tab. 28, S. 108). Da erwartet wird, dass der überwiegende Teil dieses Verkehrs weiterhin als Durchgangsverkehr stattfinden wird (WASSER- UND VER- KEHRSKONTOR 2010, S. 51), ist eine substanzielle Zunahme (annähernd Verdopplung) des Transitverkehrs und des damit einhergehenden Zwischenstopp-Potenzials zu erwarten.

Im Regionalen Entwicklungskonzept (REK) für den Kreis Ostholstein gehen REGIONOMI- CA/GEORG & OTTENSTRÖER (2010, S. 57) von rund 120.000 zusätzlichen Übernachtungen für den Kreis Ostholstein aus. Legt man das Rechenmodell auf den Untersuchungsraum an, so ergeben sich rund 16.000 zusätzliche Übernachtungen pro Jahr. Dazu wurden die Ansätze aus dem REK zum Teil auf die Verhältnisse im Untersuchungsraum angepasst (geringerer aktueller Anteil Dänen und Schweden, höherer Stopover-Anteil, stärkeres Wachstum des Transitverkehrs, höherer Faktor für Camping).

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Tab. 91: Abschätzung des Stopover-Potenzials Quelle: Kreis Ostholstein: REGIONOMICA/GEORG & OTTENSTRÖER (2010, S. 57), Untersuchungs- raum: eigene Berechnungen für den Kreis analog für den Ostholstein lt. Untersuchungs- REK raum Übernachtungen 5.272.000 1.040.042 („gewerblich“, d. h. in der Beherbergungsstatistik erfasst) Anteil Skandinavier 5,1% 2,4% Skandinavische Übernachtungen im Bezugsraum 268.900 24.961 Anteil Stopover-bedingte Übernachtungen 50% 70% Stopover-bedingte Übernachtungen 134.450 17.473 Erhöhung Transitverkehr 60% 99% Zusätzliche transitinduzierte Übernachtungen 80.670 17.298 Faktor für Graubereich, Camping etc. 1,5 2,0 Ergebnis 121.000 34.596

Für den Untersuchungsraum sind, bei unveränderter Angebotssituation und gleichem Reise- verhalten, nach der Ramp-up-Phase rund 34.600 zusätzliche Übernachtungen pro Jahr zu erwarten.

Aus den untersuchten Referenzfällen (vgl. Abschnitt 2.6.3) ist zu sehen, dass die Lage an einer Schnellstraße oder Schienentrasse in der Regel nicht zu einer automatischen Erhöhung der Gästezahlen führt. Das trifft jedenfalls dann zu, wenn keine Anreize gegeben sind, die Reise zu unterbrechen. Versetzt man sich in die Lage eines Reisenden, so leuchtet dies aus individueller Perspektive ein: Die prognostizierte Verkehrszunahme beruht auf der Annahme, durch die Feste Fehmarnbeltquerung einen Zeitgewinn zu erreichen. Dieser mag zwar für Transitreisende, die ja definitionsgemäß nicht in der Untersuchungsregion verbleiben, mit zu- nehmender Gesamtreisezeit immer weniger relevant werden, ist aber gleichwohl ein wesentli- cher Treiber der Wachstumsprognose. Wenn die Reisezeitverkürzung also der Anreiz zu ver- stärkter Nutzung der Fehmarnbeltroute ist, so führt ein Zwischenstopp zu einer mindestens anteiligen Reduzierung des gewonnenen Zeitvorteils. Der Anteil der angenommenen Ver- kehrszuwächse, der nicht durch die Reisezeitverkürzung aufgrund der Festen Fehmarnbelt- querung verursacht wird, sondern der allgemeinen Verkehrszunahme zuzurechnen ist, wäre hier als nicht vorhabensinduzierter Effekt wieder abzuziehen. Zweifellos ist es richtig, dass in der Untersuchungsregion bisher relativ wenig getan wurde, um den bereits in erheblichem Umfang heute schon vorhandenen Transitverkehr zu „brechen“ – sieht man von der Einrich- tung von Grenzhandelsläden ab.

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Gleichwohl bestehen zahlreiche Möglichkeiten, von der Zunahme des Verkehrs durch die Fes- te Fehmarnbeltquerung zu profitieren. Insbesondere das in Deutschland günstigere Preisni- veau kann es für Transitreisende vor allem in Richtung Skandinavien durchaus interessant machen, die günstige deutsche Übernachtung der teuren dänischen oder schwedischen vor- zuziehen. Diese Argumentation gilt ebenso für den Grenzhandel und Kurzzeitstopps: Hier sind deutliche Zuwächse möglich und zu erwarten. Trotz der aufgezeigten dämpfenden Faktoren gehen wir von einer mittelgroßen Wirkung auf die touristische Nachfrage aus.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-5: Zunahme des Transitverkehrs (Potenzi- hoch mittel alausweitung im Transitverkehr) (abhängig von der Ver- änderung des Angebotes im Untersuchungsraum)

3.3.4.6 Verbesserung der Erreichbarkeit durch Anbindung des innenstadtnahen Bahnhofs Burg Argument

Durch den seit 2010 in Betrieb befindlichen innenstadtnahen Bahnhof Burg wird die Erreich- barkeit der Insel Fehmarn verbessert, was zu einer Nachfragesteigerung führen könnte.

Bewertung

Zur Abschätzung dieser attraktivitätssteigernden Wirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

aktuelle Erreichbarkeit der Insel Fehmarn per Bahn und aktuelle Nachfragesituation erwartete Veränderung der Erreichbarkeitssituation anzunehmende Auswirkung auf die touristische Nachfrage

Aktuell werden auf der Insel Fehmarn zwei Haltestellen bedient: Der Haltepunkt Fehmarn- Burg wurde im August 2010 eröffnet und liegt in fußläufiger Entfernung zur Burger Innenstadt. Der Bahnhof Puttgarden ist der Fährbahnhof und direkt an den Fährhafen Puttgarden ange- schlossen. Fehmarn-Burg wird im Wesentlichen durch Züge des Regionalverkehrs und selte- ner des Fernverkehrs (zeitweise bis zu zwei Zugpaare im Fernverkehr pro Tag) bedient, Putt- garden durch Züge des Regionalverkehrs und des Fernverkehrs (drei bis neun Zugpaare pro Tag). Der aktuelle Anteil der Bahnreisenden unter den Besuchern des Untersuchungsraumes ist nach Ergebnissen der Besucherbefragung 2009 bei den Übernachtungsgästen etwa 4%, bei den Tagesgästen etwa 1%.

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Die zu erwartende Veränderung der Erreichbarkeitssituation liegt vor allem in der Hand der Anbieter. Das betrifft insbesondere die zukünftige Fernverkehrsplanung zum Haltepunkt Fehmarn-Burg, also die Fortsetzung, den Ausbau oder die Reduzierung des heutigen Fern- verkehrsangebotes.

Sofern der Haltepunkt Burg-Fehmarn zukünftig durch Fernverkehrszüge bedient wird, besteht aufgrund der zentraleren Lage ein Erreichbarkeitsvorteil gegenüber dem heute von Fernver- kehrszügen überwiegend genutzten Bahnhof Puttgarden. Da die meisten touristischen Ange- bote Fehmarns im Süden der Insel liegen, würde eine Verlagerung der Fernverkehrshalte von Puttgarden nach Burg die Erreichbarkeit für Bahnreisende verbessern. So würde z. B. die Busverbindung nach Burgtiefe Kurzentrum statt heute 32 Minuten nur noch 13 Minuten in An- spruch nehmen.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Eintrittswahrscheinlichkeit für eine verbes- serte Erreichbarkeit des Untersuchungsraumes per Bahn nicht kalkulierbar ist, da sie in der Planungshoheit der Bahnanbieter liegt. Die Wirkstärke einer solchen Verbesserung der Er- reichbarkeit wäre aber angesichts der geringen Nachfragerzahlen und des nur moderaten Zeitgewinns im Vergleich zum Status quo (Bustransport von Puttgarden) voraussichtlich ge- ring.

Chancenbewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-6: Verbesserung der Erreichbarkeit durch unklar gering Anbindung des innenstadtnahen Bahnhofs Burg

Anmerkung: Diese Bewertung steht in engem inhaltlichen Zusammenhang zum möglichen Wegfall des Fernbahnhofs Puttgarden (vgl. Abschnitt 3.3.4.7).

3.3.4.7 Wegfall des Fernhaltebahnhofs Puttgarden Argument

Mit Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung könnte der Fernbahnhof Puttgarden entfallen und sich die Erreichbarkeit der Insel Fehmarn verschlechtern.

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Bewertung

Zur Abschätzung dieser Erreichbarkeitswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

aktuelle Erreichbarkeit der Insel Fehmarn per Bahn und aktuelle Nachfragesituation erwartete Veränderung der Erreichbarkeitssituation mögliche Auswirkung auf die touristische Nachfrage

Die aktuelle Situation wurde bereits in Abschnitt 3.3.4.6 dargestellt.

Wir nehmen an, dass mit Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung der heutige Bahnhof Puttgarden nicht mehr bedient wird: Die Bahnstrecke zweigt südlich des heutigen Bahnhofs ab und führt direkt zu dem Querungsbauwerk. Am Bahnhof Puttgarden müssen heute alle durch- gehenden Züge der Linie Hamburg–Kopenhagen halten, bevor bzw. nachdem sie mit dem Fährschiff transportiert werden. Diese Halte (drei bis neun Zugpaare täglich) werden zukünftig voraussichtlich entfallen.

Nach Eröffnung der Fehmarnbeltquerung ist zu erwarten, dass die Schnellzüge Hamburg– Kopenhagen nicht mehr auf Fehmarn halten werden. Der heutige Bahnhof Puttgarden ist in den Variantenstudien der DB PROJEKTBAU gelb gekennzeichnet (= „Rückbau von Anlagen“). Ob der Haltepunkt Fehmarn-Burg zukünftig regelmäßig in den Fernverkehr eingebunden sein wird, ist nicht abschließend abzusehen.

Der Halt der saisonalen Urlaubszüge IC „Fehmarn“ und IC „Lübecker Bucht“ und insbesondere ihr Fortbestand sind nach Aussagen der DB AG derzeit abgesichert. Da die Züge eigenwirtschaftlich betrieben werden, be- steht allerdings keine Garantie eines dauerhaften Bestandes. LVS 2009b, S. 23 Die LVS diskutiert auch eine neue internationale Regionalverbindung Lübeck–Burg (Fehmarn)–Nykøbing. Damit bestünden Fernverkehrsumsteigeverbindungen Richtung Kopen- hagen (in Nykøbing) und Richtung Hamburg (in Lübeck).

Die heutigen Fahrzeiten auf der Strecke Lübeck–Puttgarden betragen rund eine Stunde für Fernverkehrszüge und 1:30 h für Nahverkehrszüge, mithin würde sich die Anreise für Bahnur- lauber um rund 30 Minuten plus Umsteigezeit verlängern. Allerdings ist anzunehmen, dass die in den Regionalzug umsteigenden Gäste vermehrt den Haltepunkt Fehmarn-Burg nutzen wer- den, der in 1:20 h von Lübeck aus zu erreichen ist und z. B. den Südstrand per Bus um ca. 20 Minuten schneller anbindet. Tatsächlich bleibt durch den Wegfall des Bahnhofs Puttgarden also vor allem die Zeit und der Aufwand für einen zusätzlichen Umstieg in Lübeck Hbf. Ob die heute von und nach Fehmarn-Burg eingesetzten Fernverkehrszüge (bis zu zwei Zugpaare pro Tag) auch zukünftig eingesetzt werden, ist unklar, aber auch nicht primär im Zusammenhang mit der Festen Fehmarnbeltquerung zu sehen.

Für den Bahnhof Großenbrode ändert sich nichts, da der Bahnhof bereits heute keine Fern- verkehrsverbindungen aufweist.

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Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Bahnhof Puttgarden mit großer Wahrschein- lichkeit nicht mehr vom Personenfernverkehr bedient wird, dass die Auswirkung dieses Weg- falls aber aufgrund des nunmehr vorhandenen Haltepunkts Burg nur gering sein werden, zu- mal der Anteil der Bahnreisenden mit 4% der Übernachtungsgäste ausgesprochen gering ist.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-7: Wegfall des Fernhaltebahnhofs Puttgar- hoch gering den

Anmerkung: Diese Bewertung steht in engem inhaltlichen Zusammenhang zur möglichen Ver- besserung der Erreichbarkeit durch den neuen Haltepunkt Fehmarn-Burg (vgl. Abschnitt 3.3.4.6).

3.3.4.8 Staus am Fehmarnsund durch Zunahme des Gesamtverkehrs Argument

Durch die Zunahme des Straßenverkehrs auf der Vogelfluglinie könnte es zu einer zuneh- menden Staubildung am Fehmarnsund und dadurch zu schlechterer Erreichbarkeit der Insel Fehmarn aus Deutschland kommen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Stauwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

aktuelle Stausituation am Fehmarnsund Wahrscheinlichkeit zunehmender Staus nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltque- rung Wirkung auf die touristische Nachfrage

Über die aktuelle Stausituation am Fehmarnsund liegen keine belastbaren Informationen vor. Aus der Besucherbefragung 2009 ist bekannt, dass rund 18% der Fehmarnbesucher und 13% der Großenbrodebesucher sich durch einen Stau bei der Anreise gestört fühlten. Die Differenz von rund fünf Prozentpunkten ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest zu einem Teil dem Fehmarnsund zuzurechnen (vgl. zu den Einzelwerten Abschnitt 3.3.1.3).

Nach dem STAATSVERTRAG (2008) wird die Fehmarnsundbrücke der einzige Teil der Vo- gelfluglinie sein, der nicht über zwei Fahrstreifen je Fahrtrichtung verfügt. Zudem wird für den Fehmarnsund (B 207 zwischen Avendorf und Großenbrode) für 2025 eine Zahl von 17.700 Fahrzeugen pro Tag und damit eine Steigerung gegenüber dem Nullfall von 3.200 Fahrzeu- gen pro Tag oder 22,1% erwartet (WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010, S. 24 und 25). Gleichzeitig gehen die Autoren von einem „Ferienfaktor“ von 1,7 aus, das heißt, dass die Ver- kehrsmengen an Urlaubswerktagen gegenüber Normalwerktagen um den Faktor 1,7 erhöht sind (WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010, S. 44). Setzt sich dieser Ferienfaktor fort,

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so ist an Urlaubswerktagen 2025 mit 30.090 Fahrzeugen pro Tag zu rechnen. Das entspricht durchschnittlich 1.254 Fahrzeugen pro Stunde bzw. 627 Fahrzeugen pro Stunde und Rich- tung. Diese Verkehrsmenge muss dann von der vierspurigen B 207 auf die zweispurige Fehmarnsundbrücke geleitet werden.

Mit welcher Wahrscheinlichkeit und in welchem Umfang sich aus dieser Situation zusätzliche Staus ergeben, kann nur durch ein Verkehrsgutachten geklärt werden. Das bereits vorliegen- de Gutachten (WASSER- UND VERKEHRSKONTOR 2010) trifft dazu keine Aussage.

Sollten sich vermehrt Staus am Fehmarnsund bilden, so haben die Fehmarnbesucher ver- schiedene Reaktionsmöglichkeiten: Akzeptieren der zusätzlichen Wartezeiten, Nutzung der Bahn oder Vermeiden der Destination Fehmarnbelt. Die Vermeidung der Destination als nega- tivste Variante wird vermutlich dann eintreten, wenn Staus so häufig sind, dass es zu einem „Lerneffekt“ mit negativen Imageauswirkungen kommt. In diesem Fall können die Auswirkun- gen für die Tourismusentwicklung im Untersuchungsraum negativ sein.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-8: Staus am Fehmarnsund durch Zunahme unklar gering des Gesamtverkehrs (aber höher bei häu- figen Staus)

3.3.4.9 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Quellmärkten (Destinations- konkurrenz) Argument

Die bessere Erreichbarkeit Skandinaviens könnte dazu führen, dass heutige Besucher des Untersuchungsraumes künftig andere Destinationen in Europa besuchen werden.

Bewertung

Zur Abschätzung dieser Konkurrenzwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Anzahl der heutigen Besucher aus Skandinavien im Untersuchungsraum Präferenzen dieser Besucher für andere Destinationen

Der Anteil der Übernachtungsgäste aus Dänemark und Schweden wurde auf weniger als 2,5% geschätzt (vgl. Abschnitt 3.3.1.5). Von diesen entfällt vermutlich ein großer Teil auf Stop- over-Gäste. Die deutlich zahlreicheren Grenzhandelstouristen fallen hier nicht ins Gewicht, da

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sie dazu tendieren werden, die nächstgelegene Einkaufsmöglichkeit aufzusuchen und durch die Reisezeitersparnis kaum ihren Radius ausdehnen werden.

Angesichts der kleinen Volumina ist insgesamt nur eine geringe Wirkung möglich.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-9: Verkürzung der Reisezeiten zu skandi- gering gering navischen Quellmärkten (Destinationskonkur- renz)

3.3.4.10 Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavischen Zielmärkten (Destinationskon- kurrenz) Argument

Die bessere Erreichbarkeit Skandinaviens könnte dazu führen, dass heutige Besucher des Untersuchungsraumes künftig Destinationen in Skandinavien besuchen werden.

Bewertung

Zur Abschätzung dieser Konkurrenzwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Nachfrageseitige Überschneidung von Erfahrungs- und Potenzialgruppen Angebotsprofile und Wettbewerbsfähigkeit

Die nachfrageseitige Überschneidung von Erfahrungs- und Potenzialgruppen lässt sich für den hier besonders relevanten deutschen Quellmarkt anhand der Daten der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) nachzeichnen. Demnach interessie- ren sich 27% der Ostsee-Urlauber auch für die Ziele Dänemark oder Schweden (Tab. 92). Zugleich interessieren sich aber 40% der Dänemarkbesucher auch für die schleswig- holsteinische Ostsee. Eine einseitige Destinationskonkurrenz ist daraus nicht abzulesen.

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Tab. 92: Interesse an Dänemark- und Schwedenreisen (Mehrfachnennungen)

Ostsee S-H-Erfahrung Dänemark-Erfahrung Schweden-Erfahrung

letzte drei Jahre letzte drei Jahre letzte drei Jahre

Insgesamt 6,1 Mio. 100% 3,8 Mio. 100% 1,6 Mio. 100%

Interesse für Ostsee S-H 4,3 Mio. 71% 1,5 Mio. 40% 0,5 Mio. 33%

Interesse für Dänemark 1,4 Mio. 23% 2,3 Mio. 61% 0,5 Mio. 29%

Interesse für Schweden 0,9 Mio. 15% 1,1 Mio. 27% 0,9 Mio. 54%

Interesse für Dänemark oder Schwe- 1,7 Mio. 27% 2,5 Mio. 66% 0,9 Mio. 57% den Datenquelle: FUR Reiseanalyse 2009, Basis: Deutsche Bevölkerung ab 14 Jahre

Angebotsseitig ist nicht zu übersehen, dass gerade die großen Ferienhausanbieter in Däne- mark bereits heute sehr aktiv auf dem deutschen Markt sind und sich professioneller Vermitt- ler bedienen. Die bereits heute vorhandenen Angebots-, Vermarktungs- und Nachfragestruk- turen in Dänemark lassen daher vermuten, dass die dänische Seite des Fehmarnbelt touris- tisch deutlich von der Festen Querung profitieren wird. Durch die grundsätzlich unterschiedli- che Angebotsstruktur im Vergleich zur deutschen Seite (Ferienhäuser in relativ großen Flä- chen und in relativ standardisierter Form vs. meist individuelle Ferienwohnungen) ist aber eine gewisse Differenzierung der beiden Teilmärkte gegeben, was für eine eher geringe Destinati- onskonkurrenz spricht. Zudem ist aufgrund der sich bereits heute abzeichnenden Entwicklung zu größeren Einheiten zu erwarten, dass auch in Deutschland ein Strukturwandel hin zu pro- fessioneller geführten touristischen Angeboten stattfinden wird. Versäumen es die Anbieter im Untersuchungsraum allerdings, ihre Angebots- und Marketingstrukturen laufend anzupassen, kann durchaus eine einseitige Destinationskonkurrenz auftreten. Diese wäre aber nicht durch die Feste Fehmarnbeltquerung verursacht.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine einseitige Destinationskonkurrenz nur mit geringer Wahrscheinlichkeit auftreten wird, die dann auch nur geringe Wirkungen zeigen wür- de.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-10: Verkürzung der Reisezeiten zu skandi- gering gering navischen Zielmärkten (Destinationskonkur- renz)

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3.3.4.11 Zunahme von Lärmimmissionen durch Zunahme des Gesamtverkehrs Argument

Durch die Zunahme des Gesamtverkehrs könnte es zu Lärmentwicklungen kommen, die auf Besucher störend wirken und dadurch einen Rückgang der touristischen Nachfrage verursa- chen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Störungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Ausmaß des zusätzlich zu erwartenden Verkehrs und der zusätzlichen Lärmimmissio- nen Verdrängungswirkung für die touristische Nachfrage

Das Ausmaß des zusätzlich zu erwartenden Verkehrslärms ist, getrennt für Straße und Schie- ne, Gegenstand entsprechender Untersuchungen im Zuge des Ausbaus der Hinterlandanbin- dungen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen liegen noch nicht vor. Angesichts eines er- warteten Verkehrszuwachses auf der Straße von 96% (2025 gegenüber 2008, vgl. Abschnitt 2.2.2.1, insb. Tab. 28, S. 108) bzw. ca. 60% (2025 gegenüber dem Nullfall, vgl. Tab. 2, S. 32) und erwarteten 78 Güterzügen pro Tag (vgl. Abschnitt 1.2.4.3, Tab. 3, S. 33) kann aber mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer zunehmenden Geräuschentwicklung ausgegangen wer- den. HTC et al. (2010, S. 77) setzen einen Beurteilungspegel von 45 dB(A) in der Nacht an, um „potenziell Schlafgestörte (bei gekipptem Fenster)“ zu identifizieren. Dieser Wert hat aller- dings keine rechtliche oder sonst bekannte empirische Grundlage. Auf dieser Basis wird die Zahl der „durch Lärm bedrohten“ Betten identifiziert (HTC et al. 2010, S. 128). Die Autoren der Betroffenheitsanalyse machen aber auch deutlich, dass eine konkrete Verdrängungswirkung daraus nicht abgeleitet werden kann (HTC et al. 2010, S. 130).

Bei allen die Feste Fehmarnbeltquerung betreffenden Planungen ist selbstverständlich davon auszugehen, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Das bedeutet z. B., dass die Grenzwerte nach der 16. BImSchV eingehalten werden. In der touristischen Einflussanaly- se wird aber immer auch gefragt, ob unabhängig von planungsrechtlichen Vorgaben wirt- schaftliche Effekte eintreten können. So ist es z. B. denkbar, dass ein Unterkunftsbetrieb zwar einem Schall mit einem Beurteilungspegel unterhalb der Grenzwerte ausgesetzt ist, Gäste aber trotzdem wegbleiben, weil sie sich durch den Lärm gestört fühlen (z. B. weil die Beurtei- lungspegel als Mittelungspegel errechnet werden). Zu genau diesem Zusammenhang liegen aber keine belastbaren Untersuchungen vor. HTC et al. (2010, S. 109) verweisen am Beispiel Kärntner Zentralraum auf die geringeren Preise und geringeren Auslastungsgrade von lärmbe- lasteten Zimmern im Vergleich zu nicht lärmbelasteten Zimmern (allerdings für einen Grenz- wert von 50 dB[A)). Insofern ergeben sich auf der Wirkungsseiten Unklarheiten in Bezug auf die voraussichtlich erreichten Pegel und deren tatsächliche Wirkung auf die touristische Nach- frage.

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Zusätzlich ist die Prädikatisierung von Burg auf Fehmarn und von Großenbrode als Ostsee- heilbad zu berücksichtigen. Nach den Begriffsbestimmungen (DTV/DHV 2005) ist unter ande- rem dafür Sorge zu tragen, dass „die Rahmenbedingungen für einen erholsamen Aufenthalt in den Beherbergungseinrichtungen, insbesondere der Schutz vor Lärmeinflüssen während der nächtlichen und nachmittäglichen Ruhezeiten, gewährleistet werden“ (Ziff. 1.3.5), dass „Lärm- immissionen auf Grund einer entsprechenden Bauleitplanung und anderer gemeinderechtli- cher Vorschriften zum Wohl der Patienten und Erholungsgäste auf ein verträgliches Mindest- maß beschränkt werden“ (Ziff. 1.5.2) und „dass verkehrsbedingte Lärmemissionen zu be- schränken sind“ (Ziff. 1.5.1).

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-11: Zunahme von Lärmimmissionen durch hoch unklar Zunahme des Gesamtverkehrs

3.3.4.12 Zunahme von Luftverschmutzung durch Zunahme des Gesamtverkehrs Argument

Durch die Zunahme des Gesamtverkehrs könnte es zu Luftverschmutzungen kommen, die auf Besucher störend wirken und dadurch einen Rückgang der touristischen Nachfrage verursa- chen.

Bewertung

Aus der Besucherbefragung ist bekannt, dass „gute Luft, gutes Klima“ mit einer Zustimmung von 80% mit Abstand der wichtigste der 20 abgefragten möglichen Attraktivitätsfaktoren im Untersuchungsgebiet ist.

Tourismusspezifisch ist die Prädikatisierung von Burg auf Fehmarn und von Großenbrode als Ostseeheilbad. Nach den Begriffsbestimmungen sind Voraussetzung für die Prädikatisierung unter anderem „therapeutisch anwendbares und durch Erfahrung bewährtes Bioklima (3.2.1) mit Dosierungsmöglichkeit der Klimareize, sowie erhöhte Anforderungen an die Luftqualität (3.2.2.6)“ (DTV/DHV 2005, S. 27).

Nach den bereits vorliegenden vorläufigen Luftschadstoffuntersuchungen ist aber für keinen der untersuchten Stoffe (Benzol C6H6, Stickstoffdioxid NO2, Feinstaub PM10, PM2.5) eine Be- lastung auch nur in der Nähe der Grenzwerte zu erwarten. Insofern ist eine Zunahme der Luft- verschmutzung sehr unwahrscheinlich und eine relevante Wirkung auf die touristische Nach- frage nicht zu begründen.

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Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-12: Zunahme von Luftverschmutzung durch gering gering Zunahme des Gesamtverkehrs

3.3.4.13 Flächeninanspruchnahme touristisch nutzbarer Flächen und dauerhafte Zer- schneidung von Freizeitwegen Argument

Durch die Trassenverlegungen könnte es zu einer Inanspruchnahme von touristisch nutzbaren Flächen und einer dauerhaften Zerschneidung von Freizeitwegen kommen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Inanspruchnahme und Zerschneidungswirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

aktuelle Situation der Flächen und Freizeitwege im Untersuchungsraum zu erwartende Veränderungen der Flächeninanspruchnahme und Freizeitwegeführung Wirkungen auf die touristische Nachfrage

Die zu überbauende Fläche wird heute überwiegend als Landwirtschaftsfläche genutzt, hoch- wertige touristische Nutzungen (z.B. bewirtschaftete Freizeitflächen, Hotellerie, Gastronomie etc.) sind dort nicht vorhanden.

Durch die Überbauung (Trasse, Aufschüttungsfläche und Halbinsel) ist zu erwarten, dass Na- turstrand in der Größenordnung von 0,6 ha (Brücke) bis 1,6 ha (Tunnel) verloren geht. Ande- rerseits ist zu erwarten, dass neue Strandabschnitte im Bereich der Aufschüttungsfläche ent- stehen. Deren Größe ist zur Zeit nicht bekannt. Innerhalb des einen Kilometer breiten seesei- tigen küstennahen Streifens, der gem. Landesentwicklungsplan 2010 als “Schwerpunktraum für Tourismus und Erholung“ ausgewiesen ist, werden ca. 20 ha durch die Trasse und Auf- schüttungsfläche dauerhaft überbaut. Es sind keine ausgewiesenen Bade- und Surfbereiche sowie Campingplätze oder sonstige touristisch relevanten Einrichtungen von der Überbauung betroffen.

Bereits heute verlaufen die Bundesstraße B 207 und die einspurige Eisenbahnstrecke durch den Untersuchungsraum und trennen sowohl auf dem Festland als auch auf Fehmarn das Gemeindegebiet in eine West- und eine Osthälfte. Das bestehende Freizeitwegenetz ist also bereits heute auf Querungen von Straße und Schiene angewiesen. Auf Fehmarn bestehen für Reitwege zwei und für Radwege fünf Querungen.

Eine zukünftige stärkere Zerschneidungswirkung durch die dann vierspurige Straße und spä- testens ab 2025 zweigleisige Eisenbahntrasse kommt nur dann zum Tragen, wenn heute per

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Rad, zu Fuß oder per Pferd passierbare Freizeitwege künftig entfallen oder nur noch für moto- risierte Fahrzeuge zugänglich sind (z. B. im Bereich der Anschlussstellen). Dies wird nach heutiger Planung nur für den Ostseeküstenradweg und einen Reitweg zwischen Marienleuch- te und Puttgarden der Fall sein, sofern eine Brücke gebaut wird. Im Fall eines Tunnels ist ggf. eine Verlegung des Rad- und Reitweges zwischen Marienleuchte und Puttgarden notwendig (Information von Femern A/S, Juni 2011).

Die Inanspruchnahme von Flächen ist bei Realisierung der Festen Fehmarnbeltquerung als sicher anzunehmen, Die Wirkstärke ist aber insgesamt als gering zu bewerten, sofern evtl. notwendige Verlegungen von Freizeitwegen so geplant werden, dass die Attraktivität der We- ge nicht beeinträchtigt wird.

Mögliche Trassenverlegungen im Zuge des Ausbaus der Hinterlandanbindungen sind hier nicht berücksichtigt.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-13: Flächeninanspruchnahme und dauer- sicher gering hafte Zerschneidung von Freizeitwegen

3.3.4.14 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevanter Angebote (Fährer- lebnis) Argument

Nach Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung könnte die Fähre ihren Betrieb einstellen. Damit könnte ein touristischer Angebotsfaktor, nämlich die Fährfahrt, verloren gehen, was zu einem Rückgang der touristischen Nachfrage führen könnte.

Bewertung

Zur Abschätzung der Verlustwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit, dass die Fähre ihren Betrieb einstellt Nutzung der Fähre von Besuchern des Untersuchungsraumes Wahrnehmung der Fähre als Attraktionsfaktor Auswirkungen des Wegfalls der Fähre

Ob und in welchem Umfang der Fährbetrieb nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung eingestellt bzw. reduziert wird, ist heute nicht bekannt. Es handelt sich um eine unternehmeri- sche Entscheidung des Betreibers der Fährlinie.

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Nach Ergebnissen der Gästebefragung 2009 unternehmen heute rund 5% der Gäste in der Region einen Fährausflug nach Dänemark mit Pkw oder Motorrad und 7% mit dem Fahrrad, per Bahn oder zu Fuß. Vor allem unter den länger bleibenden Übernachtungsgästen nimmt der Anteil der Fährausflügler auf ca. 15% zu. Es liegen zwar keine Daten darüber vor, ob die- se Ausflüge vornehmlich wegen der Fähre oder wegen des Ausflugsziels Dänemark unter- nommen werden. Es ist aber davon auszugehen, dass jedenfalls ein Teil dieser Ausflüge auch mit dem Fährerlebnis zu tun hat und damit die Fähre als Element der touristischen Attraktivität des Untersuchungsraumes eine Rolle spielt.

Bei einem Wegfall der Fähre ist anzunehmen, dass die Destinationsattraktivität in der Unter- suchungsregion zurückgehen würde. Allerdings ist nicht zu vermuten, dass allein deshalb we- niger Besucher in die Region kommen. Eine Wirkung gemeinsam mit anderen Faktoren kann aber unterstellt werden, weil die touristische Attraktivität des Untersuchungsraumes reduziert wird.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-14: Einstellung der Fährlinie mit Verlust unklar gering touristisch relevanter Angebote (Fährerlebnis)

3.3.4.15 Einstellung der Fährlinie mit Verlust touristisch relevanter Angebote (verbillig- te Einkaufstouren) Argument

Nach Fertigstellung der Festen Fehmarnbeltquerung könnte die Fähre ihren Betrieb einstellen. Damit könnte ein touristischer Angebotsfaktor, nämlich die verbilligten Angebote im Einkaufs- tourismus (Grenzhandel), verloren gehen, was zu einem Rückgang der touristischen Nachfra- ge führen könnte.

Bewertung

Zur Abschätzung der Verlustwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

aktuelle Nachfragesituation Wahrscheinlichkeit, dass die Fähre ihren Betrieb einstellt und keine verbilligten Tickets mehr verfügbar sind Auswirkungen des Wegfalls der verbilligten Verbindung

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Aktuell wird die Nachfrage in den Grenzhandelsgeschäften auf ca. 1,0 bis 1,2 Mio. Aufent- haltstage pro Jahr geschätzt (vgl. Abschnitt 2.3.8). Nach Angaben der Fährlinie Scandlines entfallen rund 30% der heutigen Fährnachfrage auf verbilligte Tickets und Marketingaktionen (vgl. Abschnitt 2.2.2.1).

Ob und in welchem Umfang der Fährbetrieb nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung eingestellt bzw. reduziert wird, ist heute nicht bekannt. Es handelt sich um eine unternehmeri- sche Entscheidung des Betreibers der Fährlinie.

Sollte die Fährverbindung eingestellt werden, würden auch die verbilligten Tickets in ihrer heu- tigen Form entfallen, sofern der Betreiber der Festen Fehmarnbeltquerung nicht ähnliche Ra- batte initiiert. Sollte die Fährverbindung nicht eingestellt werden, gibt es andererseits keine Sicherheit, dass diese Aktionstickets dauerhaft angeboten werden.

Falls die Tickets wegfallen, entfällt nach heutigen Preisen ein Kostenvorteil für die Nachfrager in Höhe von rund 800 DKK (entspricht rund 110 EUR, vgl. Abschnitt 2.3.8). Gleichwohl ist nicht davon auszugehen, dass der grenzüberschreitende Einkaufstourismus gänzlich unter- bunden würde. Mit einem Rückgang für einen Teil der Nachfrage wäre aber zu rechnen, so- fern nicht andere Anbieter verbilligte Grenzhandelsangebote mit der Festen Fehmarnbeltque- rung kombinieren.

Risikobewertung Eintritts- Wirkstärke wahrscheinlichkeit

IV-15: Einstellung der Fährlinie mit Verlust unklar mittel touristisch relevanter Angebote (verbilligte Einkaufstouren)

3.3.4.16 Verstärkte Ansiedlung von konkurrierenden Branchen mit Flächenkonkurrenz zum Tourismus (z. B. Logistik) Argument

Durch die Ansiedlung von solchen Branchen, die von der Festen Fehmarnbeltquerung beson- ders profitieren können (z. B. Logistik), könnte es zu Beeinträchtigungen der touristischen Attraktivität im Untersuchungsraum kommen.

Bewertung

Zur Abschätzung der Konkurrenzwirkung sind folgende Faktoren maßgeblich:

Wahrscheinlichkeit der Ansiedlung von konkurrierenden Branchen Auswirkungen auf die touristische Entwicklung

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Dass es zu Ansiedlungen konkurrierender Branchen kommt, ist weder sicher noch ausge- schlossen. Es handelt sich dabei im Wesentlichen um eine planerische Aufgabe der jeweiligen Gemeinden, die im Rahmen der Bauleitplanung entsprechende Festlegungen treffen können.

Die Wirkstärke ist vollständig abhängig von der Art solcher Ansiedlungen und ohne weitere Planungskenntnis nicht zu beantworten.

Eine Bewertung findet daher an dieser Stelle nicht statt.

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3.4 Zusammenfassende Folgenabschätzung

In der zusammenfassenden Folgenabschätzung werden die bisherigen Ergebnisse zusam- mengeführt. Dazu werden

Einzelbewertungen der Chancen und Risiken tabellarisch zusammengefasst und die jeweils relevanten Chancen und Risiken identifiziert und wahrnehmungsbezogene Bewertungen und Imagefaktoren auf Basis der Besucherbe- fragung 2009 und der qualitativen Untersuchungen ergänzt.

Beide Aspekte werden zunächst für jedes der vier Einflussfelder einzeln dargestellt (Abschnit- te 3.4.1 bis 3.4.4) und anschließend zusammengefasst. Die Ergebnisse bilden die Basis für die szenario-orientierte Darstellung in Abschnitt 3.5. Bei der Betrachtung je Einflussfeld wer- den zunächst die in Abschnitt 3.1.4.1 dargestellten Dimensionen verwendet, so dass die Chancen und Risiken in vier Wert- oder Bedeutungsstufen (im Folgenden: „Cluster“) einge- ordnet werden können. Anschließend erfolgt eine Darstellung der wahrnehmungsgestützten Bewertung (im Wesentlichen auf Grundlage der durchgeführten Befragungen) und der mögli- chen Imagefaktoren sowie eine zusammenfassende Bewertung je Einflussfeld.

3.4.1 Zusammenfassende Folgenabschätzung für die Bauphase

3.4.1.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken in der Bauphase Aus der vorhergehenden Arbeitsphase (siehe Abschnitt 3.3.1) sind die in Tab. 93 zusammen- gestellten Einzelbewertungen hervorgegangen. Diese betreffen die Bauphase für Brücke und Tunnel gleichermaßen (aber nicht die Baustellen für die Straßen- und Schienenhinterlandan- bindung).

Angebotsveränderungen des Clusters 1 (hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): Hier ist die Chance der Baustelle als touristische Attraktion einzuordnen. Angebotsveränderungen des Clusters 2 (geringe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): Die Wahrscheinlichkeit von Strand- und Badewasserverschmutzung durch baustellenverursachte Havarien ist gering, die Wirkstärke im Eintretensfalle wä- re aber hoch. Angebotsveränderungen der Cluster 3 und 4 (geringe Wirkstärke): Allen anderen un- tersuchten Chancen und Risiken wurde nur eine geringe Wirkstärke, unabhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit, zugeordnet. Abweichungen sind die möglicherweise steigende Nachfrage nach Unterkunftskapazitäten sowie die visuelle Beeinträchtigung im Falle einer Baustelle für eine Brücke.

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Tab. 93: Tabelle der Einzelbewertungen (Bauphase) Eintritts- Einzelbewertung der Chancen und Risiken in der C/R* Cluster* wahrscheinlich- Wirkstärke Bauphase keit I-1: Baustelle als Ausweitung des touristischen hoch Angebots (Baustelle als touristische Attraktion) C 1 (wenn ein Aus- hoch stellungs-zentrum gebaut wird) I-2: Steigende Nachfrage nach Unterkunftskapazi- gering bis C 3 hoch täten für Arbeitskräfte mittel I-3: Staus am Fehmarnsund durch Baustellenver- gering bis kehr R 4 gering mittel (je nach zeitlicher Verteilung) I-4: Baustellen auf See als Barriere für Sportboote R 3 oder 4 unklar gering I-5: Baustellen auf See als Ursache für Havarien gering mit der Folge von Verzögerungen im Fährverkehr R 4 gering (höher bei Tages- Shoppingreisen) I-6: Lärmbelastung und Luftverschmutzung durch gering Baumaschinen und Zulieferverkehr (da räumlich auf Bereiche be- gering R 4 grenzt, die nicht vornehmlich dem Erholungs- tourismus dienen) I-7: Visuelle Beeinträchtigung gering (Tunnel) R 3 hoch mittel (Brücke) I-8: Strand- und Badewasserverschmutzung durch gering Verdriftung von Aufwirbelungen bei Bauarbeiten (sofern nicht in auf See R 4 gering der Hauptbade- saison, andern- falls vermutlich deutlich höher,) I-9: Strand- und Badewasserverschmutzung durch R 2 gering hoch baustellenverursachte Havarien I-10: Landverbrauch touristisch relevanter Flächen durch Baustelleneinrichtung bzw. Landflächen des R 3 sicher sehr gering Arbeitshafens I-11: Blockade von Hochseeangelgebieten durch R 4 gering gering Baustelle auf See I-12: Zerschneidung von Freizeitwegen durch gering bis R 3 hoch Bauarbeiten an Land mittel

* C = Chance, R = Risiko, Cluster = siehe Abbildung in Abschnitt 3.1.4.1

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3.4.1.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren in der Bauphase Die Ergebnisse der Besucherbefragung 2009 (vgl. Abschnitt 2.6.1) zeigen überwiegend nega- tive Erwartungen der heutigen Besucher für die Bauphase. Vor allem werden mehr Verkehr sowie Umwelt- und Landschaftsstörungen und mehr Verkehrsstaus bei der An- und Abreise erwartet. Hinsichtlich der abgefragten Verhaltensabsicht berichteten 9% der Befragten, dass sie „die Region Fehmarn/Großenbrode in der Bauphase meiden“ würden (8% der Übernach- tungsgäste, 10% der Tagesgäste). Für die Bauphase überwiegen die negativen Verhaltensab- sichten die positiven, aber 81% geben an, dass der Bau keinen Einfluss auf ihre Pläne haben werde.

In der qualitativen Analyse wurde deutlich, dass die Befragten in der Bauphase vor allem zu- nehmenden Verkehr und damit verbundene Staus erwarten, weil sie davon ausgehen, dass in großem Stil Baumaterial per Lkw transportiert wird. Besonders beeindruckend, negativ wie positiv, wirkten die Bilder der Produktionsstätten für ein Brückenbauwerk (zum Zeitpunkt der Erhebung stand noch nicht fest, ob Produktionsstätten im Untersuchungsraum angesiedelt würden, was nunmehr nicht der Fall sein wird). In der qualitativen Untersuchung wurde auch klar, dass die Befragten für sich jeweils Ausweichmöglichkeiten in der Region sehen, wenn es zu den erwarteten Störungen kommen sollte.

Hinsichtlich der zu erwartenden Imagefaktoren sind zwei Aspekte zu erwarten: einerseits die mögliche negative Imageprägung des Untersuchungsraumes als „größte Baustelle Europas“ mit entsprechenden negativen Implikationen, vor allem „Störung durch Lärm“ und „Störung durch Verkehr“. Eine Durchsetzung dieses Images würde vermutlich einen substanziellen Teil der touristischen Nachfrage verdrängen. Andererseits besteht ein positives Imagepotenzial der Baustelle, das vor allem auf den Imageaspekten „Faszination durch Größe“ und „Faszina- tion durch Technik“ beruht. An dieser Stelle sei noch einmal auf den Unterschied zwischen objektiv erwartbaren Wirkungen und der Wahrnehmung von Chancen und Risiken hingewie- sen: Wenn zum Beispiel heute mit der Erwartung der „größten Baustelle Europas“ Verunsiche- rung im Nachfragermarkt hergestellt wird, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass ent- sprechende Nachfrageverluste eintreten, weil die negative Erwartung der Nachfrager bedient wird, und zwar unabhängig von den tatsächlich auftretenden Angebotsveränderungen.

3.4.1.3 Zusammengefasste Bewertung der Bauphase Es wird deutlich, dass die Wahrnehmung auf Seiten der Besucher deutlich negativer ist, als es die objektive Betrachtung der Chancen und Risiken für die Bauphase von Tunnel und Brücke (aber ohne Betrachtung der Bauphase für die Straßen- und Schienenhinterlandanbindung) erwarten lässt.

Würde die in der Besucherbefragung 2009 geäußerte Verhaltensabsicht von den Be- suchern (Übernachtungsgästen und Tagesgästen) in die Tat umgesetzt, so wäre mit einem substanziellen Umsatzverlust aus dem Tourismus zu rechnen, der durch zu- sätzliche Besucher nicht annähernd kompensiert werden könnte.

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Erschwerend käme ein zeitlicher Effekt hinzu: Die Nachfrage, die in der Bauphase verdrängt würde und sich außerhalb des Untersuchungsraumes alternative Destinatio- nen suchen würde, wäre vermutlich nach Ende der Bauphase schwer zurückzugewin- nen. Insofern ist die Bauphase besonders sensibel, weil eine mögliche Nachfragever- drängung nicht mit dem Ende der Baustelle endet, sondern jedenfalls zu einem Teil länger wirkt. Die Realisierung dieser Verhaltensabsichten wird aber ganz wesentlich durch image- bildende Kommunikation gesteuert und ist keineswegs ein Automatismus. Objektive Grundlagen für eine derart große Verdrängung sind nicht vorhanden.

Die möglichen unterschiedlichen Wirkungen der so entstehenden Images werden in Abschnitt 3.5 untersucht.

Die zu erwartenden Baustellen für die Straßen- und Schienenhinterlandanbindung wurden hier nicht betrachtet, weil sie nicht Gegenstand der Untersuchung sind.

3.4.2 Zusammenfassende Folgenabschätzung für das Tunnelbauwerk In diesem Abschnitt werden nur die Aspekte bewertet, die unmittelbar mit dem Tunnelbauwerk in Zusammenhang stehen. Aspekte der Reisezeitverkürzung und Verkehrszunahme werden in Abschnitt 3.4.4 behandelt.

3.4.2.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken des Tunnelbauwerks Aus der vorhergehenden Arbeitsphase (siehe Abschnitt 3.3.2) sind die in Tab. 94 zusammen- gestellten Einzelbewertungen hervorgegangen.

Angebotsveränderungen des Clusters 1 (hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): keine Chancen oder Risiken Angebotsveränderungen des Clusters 2 (geringe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): keine Chancen oder Risiken Angebotsveränderungen der Cluster 3 und 4 (geringe Wirkstärke): alle unten darge- stellten Chancen und Risiken

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Tab. 94: Tabelle der Einzelbewertungen (Tunnelbauwerk) Eintritts- Einzelbewertung der Chancen und Risiken C/R* Cluster* wahrscheinlich- Wirkstärke keit II-1: Tunnelquerung als Erlebnis C 3 hoch sehr gering II-2: Tunnel als Querungshindernis (Tunnelangst) hoch (für die relevante R 3 Zielgruppe der gering aus Skandinavien kommenden Besucher) II-3: Verlust der Insellage und Inselidentität R 4 gering sehr gering II-4: Tunnel als visuelle Beeinträchtigung (Portal- R 4 gering gering und Rampenbereich) II-5: Tunnel/Tunnelzufahrten als Verursacher von R 3 hoch gering Verkehrslärm

* C = Chance, R = Risiko, Cluster = siehe Abbildung in Abschnitt 3.1.4.1

3.4.2.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren für das Tunnelbau- werk In der Besucherbefragung zeigt sich, dass das Tunnelbauwerk nur wenige positive und nega- tive Reaktionen hervorruft. In der qualitativen Untersuchung wurden die Vor- und Nachteile deutlicher diskutiert: Insbesondere der Aspekt der Erreichbarkeitseinschränkung (durch Tun- nelangst, Tunnelängstliche, Pannen oder Unfälle) wird in den Fokusgruppen diskutiert (ist aber für die hier zu untersuchende Fragestellung nur wenig relevant). Im Falle der Realisie- rung als Tunnel erwarten einige Befragte sogar, dass der Fährverkehr dann nicht eingestellt würde, weil eine Alternative zum Durchqueren des Tunnels benötigt werde. Andererseits er- laube der Tunnel die wetterunabhängige Querung des Fehmarnbelt, ein positiver Erlebnischa- rakter wird dem Tunnel aber nicht zugeschrieben.

Von dem Tunnelbauwerk abzuleitende Imagefaktoren sind daher ebenfalls nicht in relevantem Umfang zu identifizieren.

3.4.2.3 Zusammengefasste Bewertung für das Tunnelbauwerk Das Tunnelbauwerk ist für die touristische Entwicklung des Untersuchungsraumes wenig rele- vant. Es gliedert sich unauffällig in die Landschaft ein und wird als weder positiv noch negativ auffallend wahrgenommen. Vorbehalte bezüglich einer Unterquerung des Fehmarnbelt sind deutlich, aber hier kaum relevant.

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3.4.3 Zusammenfassende Folgenabschätzung für das Brückenbauwerk In diesem Abschnitt werden nur die Aspekte bewertet, die unmittelbar mit dem Brückenbau- werk in Zusammenhang stehen. Aspekte der Reisezeitverkürzung und Verkehrszunahme werden im folgenden Abschnitt 3.4.4 behandelt.

3.4.3.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken des Brückenbauwerks Aus der vorhergehenden Arbeitsphase (siehe Abschnitt 3.3.3) sind die in Tab. 95 zusammen- gestellten Einzelbewertungen hervorgegangen.

Angebotsveränderungen des Clusters 1 (hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): In diesem Cluster wurden die Eignung der „Brücke als Sehenswürdigkeit“ und als „regionales Wahrzeichen“ eingestuft. An der Schnittstelle zu anderen Clustern sind die „Brückenquerung als Erlebnis“ und die „Brücke als visuelle Beeinträchtigung“ eingeordnet worden. An der Grenze von Cluster 1 und 3 ist der von einer Brücke aus- gehende Verkehrslärm einzuordnen, der eine mittlere Wirkstärke haben kann. Angebotsveränderungen des Clusters 2 (geringe/sehr geringe Eintrittswahrscheinlich- keit und hohe Wirkstärke): Die Wahrscheinlichkeit einer Strand- und Badewasser- verschmutzung durch Havarien von Schiffen mit der Brücke ist sehr gering, aber im Eintretensfalle wirkstark. Allerdings ist einschränkend anzuführen, dass die Wirkstärke einer Havarie zukünftig nicht anders zu beurteilen ist als heute. Insofern ist keine Ver- schlechterung der Situation zu erwarten. Angebotsveränderungen der Cluster 3 und 4 (geringe Wirkstärke): alle anderen unten dargestellten Chancen und Risiken

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Tab. 95: Tabelle der Einzelbewertungen (Brückenbauwerk) Eintritts- Einzelbewertung der Chancen und Risiken C/R* Cluster* wahrscheinlich- Wirkstärke keit III-1: Brücke als Orientierungshilfe für Sportboote C 4 sehr gering sehr gering III-2: Brückenquerung als Erlebnis C 4 mittel mittel III-3: Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit C 1 hoch hoch III-4: Brücke als regionales Wahrzeichen C 1 hoch hoch III-5: Zeitweise Sperrung der Straßenbrücke bei R 4 gering gering Starkwind III-6: Brücke als Barriere für Sportboote R 4 sehr gering sehr gering III-7: Strand- und Badewasserverschmutzung R 2 gering hoch durch Havarien von Schiffen mit der Brücke III-8: Verlust der Insellage und Inselidentität R 4 gering sehr gering III-9: Brücke als visuelle Beeinträchtigung R 3 hoch mittel III-10 Brücke als Verursacher von Verkehrslärm R 3 hoch mittel III-11: Brücke als Barriere für Hochseeangelfahr- R 4 gering gering ten

* C = Chance, R = Risiko, Cluster = siehe Abbildung in Abschnitt 3.1.4.1

3.4.3.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren für das Brückenbau- werk In der Besucherbefragung zeigt sich, dass das Brückenbauwerk positive und negative Reakti- onen hervorruft. Insbesondere die Wahrnehmung der Brücke „als sehenswertes Jahrhundert- bauwerk“ sticht hervor (35% der Befragten). 14% der befragten Besucher geben an, dass sie die Brücke gern besichtigen würden.

In der qualitativen Untersuchung wurden die Vor- und Nachteile deutlicher diskutiert: Neben den praktischen Vorteilen, die im Wesentlichen die Reisezeitverkürzung betreffen (vgl. dazu Abschnitt 3.4.4), waren die Assoziationsfelder „Architektur“, „Erlebnis“ und „verbindende Ei- genschaften“ durchweg positiv belegt.

Von dem Brückenbauwerk abzuleitende Imagefaktoren sind daher zum einen die beeindru- ckende Architektur (Faszination der Technik), vor allem aber die symbolische Interpretation der Eigenschaften der Brücke (Verbindung, Grenzüberwindung, Freiheit). Besonders relevant ist die Lage der Brücke zwischen zwei Ländern, die das verbindende Element betont. Diese Aspekte kommen deutlich stärker zum Tragen als bei dem Tunnelbauwerk und überwiegen auch die möglichen visuellen Beeinträchtigungen.

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3.4.3.3 Zusammengefasste Bewertung für das Brückenbauwerk Das Brückenbauwerk zeigt mehr relevante Chancen als Risiken. Insbesondere die symboli- schen Eigenschaften des Bauwerkes tragen zu einer überwiegend positiven touristischen Wir- kung bei. Nachteilig wären aber die von einigen Besuchern wahrgenommene visuelle Beein- trächtigung und (mit mittlerer Wirkstärke) die Lärmentwicklung von der Brücke und den dazu- gehörigen Bauwerken.

3.4.4 Zusammenfassende Folgenabschätzung für die Reisezeitverkürzung Die Verkürzung der Reisezeiten ist das vierte zu untersuchende Einflussfeld. Es bewertet die Chancen und Risiken, die aus der Verkürzung der Reisezeiten gegenüber dem Status quo (ca. 50 Minuten für Pkw und ca. 55 Minuten für die Bahn) und der deshalb erwarteten Ver- kehrszunahme resultieren könnten. Diese möglichen Auswirkungen sind, wie bereits in Ab- schnitt 3.1.3.1 ausgeführt, nicht punktuell zu betrachten, so dass hier die Chancen und Risi- ken im gesamten Untersuchungsraum (Stadt Fehmarn und Gemeinde Großenbrode) bewertet werden.

3.4.4.1 Einzelbewertung der Chancen und Risiken der Reisezeitverkürzung Aus der vorhergehenden Arbeitsphase (siehe Abschnitt 3.3.4) sind die in Tab. 96 zusammen- gestellten Einzelbewertungen hervorgegangen.

Angebotsveränderungen des Clusters 1 (hohe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): In diesem Cluster wurden die zusätzlichen Potenziale für Tagesausflüge eingestuft. An der Schnittstelle zu anderen Clustern sind die Potenzialausweitung im Stopover-Verkehr und die Zunahme der Bekanntheit des Untersuchungsraumes anzu- siedeln. Hinsichtlich der Zunahme der Lärmimmissionen kann die Wirkstärke nicht be- wertet werden. Angebotsveränderungen des Clusters 2 (geringe Eintrittswahrscheinlichkeit und hohe Wirkstärke): keine Chancen oder Risiken Angebotsveränderungen der Cluster 3 und 4 (geringe Wirkstärke): alle anderen unten dargestellten Chancen und Risiken

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Tab. 96: Tabelle der Einzelbewertungen (Reisezeitverkürzung) Eintritts- Einzelbewertung der Chancen und Risiken C/R* Cluster* wahrscheinlich- Wirkstärke keit IV-1: Steigerung der regionalen Bekanntheit durch C 3 hoch mittel Existenz der Festen Fehmarnbeltquerung IV-2: Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavi- schen Übernachtungs-Quellmärkten (Potenzial- C 3 sicher gering–mittel ausweitung im Quell-Zielverkehr) IV-3: Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavi- schen Tagesausflugs-Quellmärkten (Potenzial- C 1 sicher mittel–hoch ausweitung im Quell-Zielverkehr) IV-4: Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavi- schen Tagesausflugszielen (zusätzliche Ausflugs- C 3 hoch gering–mittel ziele) IV-5: Zunahme des Transitverkehrs (Potenzial- C 3 hoch mittel ausweitung im Transitverkehr) IV-6: Verbesserung der Erreichbarkeit durch An- C 3 oder 4 unklar gering bindung des innenstadtnahen Bahnhofs Burg IV-7: Wegfall des Fernhaltebahnhofs Puttgarden R 3 hoch gering IV-8: Staus am Fehmarnsund durch Zunahme des gering Gesamtverkehrs R 3 oder 4 unklar (aber höher bei häufigen Staus) IV-9: Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavi- R 4 gering gering schen Quellmärkten (Destinationskonkurrenz) IV-10: Verkürzung der Reisezeiten zu skandinavi- R 4 gering gering schen Zielmärkten (Destinationskonkurrenz) IV-11: Zunahme von Lärmimmissionen durch R 1 oder 3 hoch unklar Zunahme des Gesamtverkehrs IV-12: Zunahme von Luftverschmutzung durch R 4 gering gering Zunahme des Gesamtverkehrs IV-13: Flächeninanspruchnahme und dauerhafte R 3 sicher gering Zerschneidung von Freizeitwegen IV-14: Einstellung der Fährlinie mit Verlust touris- R 3 oder 4 unklar gering tisch relevanter Angebote (Fährerlebnis) IV-15: Einstellung der Fährlinie mit Verlust touris- tisch relevanter Angebote (verbilligte Einkaufstou- R 3 oder 4 unklar mittel ren) IV-16: Verstärkte Ansiedlung von konkurrierenden Branchen mit Flächenkonkurrenz zum Tourismus R nicht bewertet (z. B. Logistik)

* C = Chance, R = Risiko, Cluster = siehe Abbildung in Abschnitt 3.1.4.1

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3.4.4.2 Wahrnehmungsgestützte Bewertung und Imagefaktoren der Reisezeitverkür- zung In der Besucherbefragung wurden eindeutig die Verkehrszunahme und die Umwelt- und Landschaftsstörung als wichtigste negative Erwartungen in der Betriebsphase genannt. Die geäußerten negativen Erwartungen setzen sich aber in der geäußerten Verhaltensabsicht nicht fort. Das heißt: Die verkehrsgenerierenden Aspekte der Festen Fehmarnbeltquerung werden zwar häufig negativ bewertet, führen aber nicht zu einer geplanten Verhaltensände- rung.

In der qualitativen Untersuchung kamen ebenfalls die verkehrsgenerierenden Aspekte der Festen Fehmarnbeltquerung negativ zum Tragen, insbesondere bezogen auf den Lkw- Verkehr. Für den Untersuchungsraum erwarten die Befragten vor allem eine Zunahme des Transitverkehrs, von dem Fehmarn und Großenbrode kaum partizipieren können.

Von der Reisezeitverkürzung abzuleitende Imagefaktoren sind daher eher negativ eingefärbt. Sie betreffen die Zunahme des Transitverkehrs im Untersuchungsraum („Transitregion“).

3.4.4.3 Zusammengefasste Bewertung der Reisezeitverkürzung Die Reisezeitverkürzung enthält, weitgehend unabhängig von der Realisierung der Festen Fehmarnbeltquerung als Tunnel oder Brücke, sowohl Chancen als auch Risiken. Durch die Ausweitung der Erreichbarkeitszonen nach Skandinavien lassen sich Nachfragezuwächse erwarten. Diese werden das Tagesausflugssegment stärker betreffen als das Übernachtungs- segment. Die prognostizierte Zunahme des Transitverkehrs eröffnet zudem die Chance, Stop- over-Gäste zu akquirieren. Alle drei Chancen sind aber stark vom Handeln der Anbieter ab- hängig. In der gegenwärtigen Angebotsstruktur ist nicht damit zu rechnen, dass allein durch die Verkürzung der Reisezeiten bzw. die Zunahme des Transitverkehrs ein deutlicher Nach- fragezuwachs im Untersuchungsraum stattfindet.

Die Risiken durch die Reisezeitverkürzung sind vor allem auf der Ebene der Imagewahrneh- mung zu suchen. Die isolierte und objektive Betrachtung der Risiken zeigt deren nur begrenz- te Wirkstärke. Das Zusammenwirken verschiedener Aspekte kann aber zu einer negativen Imagebildung führen.

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3.5 Szenariobetrachtung

In der Szenariobetrachtung werden auf qualitativer Basis drei Entwicklungslinien abgeleitet. Damit werden Reaktionsmöglichkeiten der Anbieter berücksichtigt und gleichzeitig den Akteu- ren Handlungsoptionen verdeutlicht (vgl. Abb. 62, S. 220). Die Leitfrage für diesen Abschnitt lautet: „Welche Tendenz der touristischen Entwicklung ist zu erwarten, wenn die Akteure in einer bestimmten Form handeln?“

Dazu wurden alle Einzelaspekte der Einflussfelder noch einmal daraufhin geprüft, ob sie für Handlungsalternativen besonders sensibel sind. Das betrifft einige, aber nicht alle der behan- delten Aspekte. Die so identifizierten Aspekte beinhalten Handlungsoptionen. Diese Hand- lungsoptionen werden jeweils in einem negativen Szenario, einem mittleren Szenario und ei- nem positiven Szenario dargestellt.

Außerdem wird jeweils angegeben, welche Gruppe als möglicher Akteur besonders wirksam handeln kann. Dabei bedeuten:

Projektträger: das mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb der Festen Fehmarn- beltquerung beauftragte Unternehmen Femern A/S Bauunternehmen: die Unternehmen, die die Bauarbeiten im Auftrag des Projektträgers durchführen Destinations- und Regionalentwicklung: die im Untersuchungsraum tätigen Destinati- onsmanagementorganisationen, insbesondere der Tourismus-Service Fehmarn und die Kurverwaltung Ostseeheilbad Großenbrode sowie ihre LTO-Partner und des Wei- teren die regionale Tourismusorganisation Ostsee-Holstein Tourismus und deren je- weilige Funktionalpartner (Industrie- und Handelskammer zu Lübeck, Entwicklungsge- sellschaft Ostholstein mbH) Tourismus-Anbieter: Anbieter von Beherbergungs-, Gastronomie- und Freizeitleistun- gen im Untersuchungsraum sowie deren Verbände, Interessenvertretungen, insb. der Dehoga-Ortsverband Fehmarn (Ortsstellen Fehmarn und Großenbrode) und die Fremdenverkehrsvereine Kommunen: Stadt Fehmarn, Gemeinde Großenbrode (mit dem Amt Oldenburg-Land) sowie ggf. Kreis Ostholstein Alle: alle genannten

Daneben können auch weitere Akteure unmittelbar handelnd oder unterstützend wirken. Das betrifft insbesondere das Land Schleswig-Holstein in verschiedenen Funktionen.

Image und Kommunikation spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle, denn:

tatsächliche Entwicklungen können durch Kommunikation (etwa in den Medien, aber auch durch persönliche Berichte) in ihrer Wirkung vervielfacht werden. In einigen Fäl- len ist zu erwarten, dass es weniger die möglicherweise eintretenden konkreten Ereig- nisse sind (z. B. die Betroffenheit durch einen Stau), sondern die Multiplikation durch

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persönliche oder mediale Kommunikation („Dort ist häufig Stau – besser nicht mehr hinfahren“). die berichteten Ergebnisse der Besucherbefragung und der qualitativen Untersuchung stellen Wahrnehmungen zum Zeitpunkt 2009 dar (wie auch die Ergebnisse der Ein- wohnerbefragungen). Diese Wahrnehmungen müssen nicht immer eine reale Grund- lage haben, können aber zu Handlungen führen, die die Realität verändern. Bei- spielsweise könnte die Befürchtung, dass in der Bauphase keine Erholung mehr mög- lich sein wird, einen Besucher veranlassen, künftig nicht mehr in den Untersuchungs- raum zu fahren. Ob die Befürchtung eine reale Grundlage hat oder nicht, ist gleichgül- tig, denn die Vermeidungsreaktion hat stattgefunden. Also kommt es im Sinne einer positiven touristischen Entwicklung (d. h. der Vermeidung von Nachfragerückgängen und dem Fördern von Nachfragezuwächsen) darauf an, die wahrnehmungsgesteuer- ten Befürchtungen durch Information und Kommunikation realistisch darzustellen und abzubauen.

Ein aktuelles touristisches Beispiel für die touristische Wirksamkeit von Kommunikation ist Oberstaufen vor Einführung des Dienstes Google Street View: Während in der allgemeinen Diskussion überwiegend die Gefahren diskutiert wurden, setzten Anbieter in Oberstaufen ei- nen Gegenpol und erhielten dadurch bundesweit positive Aufmerksamkeit. Oberstaufen Tou- rismus berichtet von „überwältigender Medienresonanz“, einer Steigerung der Zugriffszahlen auf der Website um den Faktor 10 und Reaktionen von Stammgästen, die „sich richtiggehend stolz auf ihren Urlaubsort“ äußerten.

3.5.1 Bauphase In der Bauphase wurden folgende Aspekte identifiziert, nach denen bestimmte Akteursgrup- pen besonders wirksam handeln können:

Ausstellungs- und Informationszentrum Sedimentaufwirbelungen durch Bauarbeiten Gästeinformation und Kommunikation

Die folgenden Übersichten stellen die jeweils abgeleiteten negativen, mittleren und positiven Entwicklungslinien dar.

Einflussfeld Bauphase Handlungsbereich Ausstellungs- und Informationszentrum Projektträger, Tourismus-Anbieter, Kommune, Destinations- und Regionalent- Mögliche Akteure wicklung Negative Entwicklungslinie Kein Ausstellungs- und Informationszentrum, zusätzliche Besucher: 0 Mittlere Entwicklungslinie Vergleichbar zu anderen Baustellen, zusätzliche Besucher 50.000 – 70.000 Positive Entwicklungslinie Außergewöhnliche Attraktion, zusätzliche Besucher >100.000

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Einflussfeld Bauphase Handlungsbereich Sedimentaufwirbelungen durch Bauarbeiten Mögliche Akteure Bauunternehmen, Projektträger Bauarbeiten in Küstennähe ganzjährig mit entsprechender Medienresonanz Negative Entwicklungslinie (z. B. „Baden in der Ostsee unmöglich“) Bauarbeiten in Küstennähe nicht in der Hauptbadesaison Mai bis September, Mittlere Entwicklungslinie nur geringe Sedimentaufwirbelungen in der restlichen Zeit Keine Beeinträchtigungen durch Sedimentaufwirbelungen aus küstennahen Positive Entwicklungslinie Bauarbeiten

Einflussfeld Bauphase Handlungsbereich Gästeinformation und Kommunikation Mögliche Akteure Alle Betonung negativer Aspekte, Kommunikation von „Unsicherheit“, „Angst“, „Ri- Negative Entwicklungslinie siko“, Aufstellen von „Katastrophenszenarien“, Vermittlung des Eindrucks von Zerstrittenheit Mittlere Entwicklungslinie Neutrale Kommunikation Betonung positiver Aspekte, Kommunikation von „Offenheit“, „Freude“ und Positive Entwicklungslinie „positiver Gespanntheit“, „Chancen“, Vermittlung des Eindrucks von Geschlos- senheit aller Akteure

3.5.2 Tunnelbauwerk Das Tunnelbauwerk bietet wegen seiner Unauffälligkeit wenig Ansatzpunkte für Handlungsop- tionen. Denkbar ist aber eine Positionierung des Tunnels als Erlebnispunkt über die Bauphase hinaus.

Einflussfeld Tunnelbauwerk Handlungsbereich Tunnel als technische Attraktion Mögliche Akteure Projektträger, Destinations- und Regionalentwicklung Negatives Szenario Keine Aktion (Passivität) Mittleres Szenario Information im üblichen Umfang Inszenierung des Tunnels als Erlebnispunkt durch permanente „edutainment- Positives Szenario orientierte“ Ausstellung in einem Informationszentrum, Technik-Führungen etc.

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Einflussfeld Tunnelbauwerk Handlungsbereich Gästeinformation und Kommunikation Mögliche Akteure Alle Betonung negativer Aspekte, Kommunikation von „Störung der Natur“, „Grö- Negatives Szenario ßenwahn“ und „Verschandelung des Ausblicks“ Neutrale oder keine Kommunikation (Passivität), begrenzte und ungesteuerte Mittleres Szenario Akzeptanz als regionales Wahrzeichen Betonung positiver Aspekte, Kommunikation von „grenzüberschreitender Ver- Positives Szenario bindung“

3.5.3 Brückenbauwerk Für das Brückenbauwerk wurden folgende Aspekte identifiziert, nach denen bestimmte Ak- teursgruppen besonders wirksam handeln können:

Brückenquerung als Erlebnis Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit/Brücke als visuelle Beeinträchtigung Gästeinformation und Kommunikation, Brückenbauwerk als regionales Wahrzeichen

Die folgenden Übersichten stellen die jeweils abgeleiteten negativen, mittleren und positiven Entwicklungslinien dar.

Einflussfeld Brückenbauwerk Handlungsbereich Brückenquerung als Erlebnis Projektträger, Destinations- und Regionalentwicklung, Tourismusanbieter in DE Mögliche Akteure und DK Keine Aussicht von der Brücke, keine Zugangsmöglichkeit in die Nähe der Negatives Szenario Brücke, keine Informationsmöglichkeit Mittleres Szenario Aussicht von der Brücke während der Fahrt Inszenierung der Brücke als Erlebnispunkt mit Infotafeln auf der Landseite, Positives Szenario permanente Ausstellung in einem Informationszentrum, Technikführungen

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Einflussfeld Brückenbauwerk Brückenbauwerk als Sehenswürdigkeit/Brücke als visuelle Beeinträchti- Handlungsbereich gung Projektträger, Destinations- und Regionalentwicklung, Tourismusanbieter in DE Mögliche Akteure und DK Keine Zugangsmöglichkeit in die Nähe der Brücke, keine Informationsmöglich- Negatives Szenario keit Aussicht auf die Brücke, begrenzte Informationen (z. B. Infotafeln auf Landsei- Mittleres Szenario te) Inszenierung der Brücke als Erlebnispunkt durch Aussichtspunkte mit spezifi- Positives Szenario schen Blicken auf die Brücke, permanente Ausstellung in einem Informations- zentrum, Technikführungen,

Einflussfeld Brückenbauwerk Gästeinformation und Kommunikation, Brückenbauwerk als regionales Handlungsbereich Wahrzeichen Mögliche Akteure Alle Betonung negativer Aspekte, Kommunikation von „Störung der Natur“, „Grö- Negatives Szenario ßenwahn“ und „Verschandelung des Ausblicks“ Neutrale oder keine Kommunikation (Passivität), begrenzte und ungesteuerte Mittleres Szenario Akzeptanz als regionales Wahrzeichen Betonung positiver Aspekte, Kommunikation von „grenzüberschreitender Ver- Positives Szenario bindung“, gemeinsame, auch grenzüberschreitende Einigung auf das regionale Wahrzeichen, Umsetzung durch alle Akteure

3.5.4 Reisezeitverkürzung Für die Reisezeitverkürzung wurden folgende Aspekte identifiziert, in denen bestimmte Ak- teursgruppen besonders wirksam handeln können:

Potenzialausweitung Übernachtungs-Quellmärkte Potenzialausweitung Tagesausflugs-Quellmärkte Potenzialausweitung Stopover Zusätzliche Tagesausflugsziele Flächenkonkurrenz und Planung Gästeinformation und Kommunikation

Die folgenden Übersichten stellen die jeweils abgeleiteten negativen, mittleren und positiven Entwicklungslinien dar. Dabei stellen die Handlungsoptionen zur Potenzialausschöpfung den inhaltlichen Schwerpunkt.

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Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Potenzialausweitung Übernachtungs-Quellmärkte Mögliche Akteure Tourismusanbieter, Destinations- und Regionalentwicklung, Kommunen Negatives Szenario Keine Aktion (Passivität) Moderate Ausweitung der Übernachtungsangebote für den skandinavischen Mittleres Szenario Markt auf Basis bekannter Nachfragebedürfnisse Deutliche Ausweitung der Übernachtungsangebote für den skandinavischen Positives Szenario Markt unter Ausnutzung des Preisgefälles auf Basis eines forschungsbasierten Masterplans

Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Potenzialausweitung Tagesausflugs-Quellmärkte Mögliche Akteure Tourismusanbieter, Destinations- und Regionalentwicklung, Projektträger Negatives Szenario Keine Aktion (Passivität) Mittleres Szenario Fortsetzung und ggf. Intensivierung der bisherigen gemeinsamen Vermarktung Schaffung zusätzlicher nachfragegerechter Tagesausflugsziele im Untersu- chungsraum, Inszenierung der Festen Fehmarnbeltquerung als verbindendes Positives Szenario Element von Attraktionen in DE und DK, reduzierte Mautgebühren für Tages- ausflüge als Package, deutliche Ausweitung der gemeinsamen Vermarktung, um die grenzüberschreitende Region im Wettbewerb besser zu positionieren.

Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Potenzialausweitung Stopover Mögliche Akteure Tourismusanbieter, Destinations- und Regionalentwicklung Negatives Szenario Keine Aktion (Passivität) Moderate Ausweitung der Stopover-Angebote für den skandinavischen Markt Mittleres Szenario (Übernachtungen, Shopping) auf Basis bekannter Nachfragebedürfnisse Deutliche Ausweitung der Übernachtungs-, Gastronomie- und Shopping- Positives Szenario Angebote für den skandinavischen Markt unter Ausnutzung des Preisgefälles auf Basis eines forschungsbasierten Masterplans

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Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Zusätzliche Tagesausflugsziele Mögliche Akteure Tourismusanbieter, Destinations- und Regionalentwicklung Negatives Szenario Keine Aktion (Passivität) Mittleres Szenario Fortsetzung der bisherigen gemeinsamen Vermarktung Deutliche Ausweitung der gemeinsamen Vermarktung, um die grenzüber- Positives Szenario schreitende Region im Wettbewerb besser zu positionieren

Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Flächenkonkurrenz, Planung (Bauleitplanung, Regionalplanung) Mögliche Akteure Kommunen, Verantwortliche für Regionalplan Flächenkonkurrenz und mögliche Nutzungskonflikte werden in der Planung Negatives Szenario nicht berücksichtigt, es kommt zu einer Verdrängung touristischer Nachfrage Mittleres Szenario Teilweise Berücksichtigung touristischer Belange in der Planung Es erfolgt eine klar priorisierende Planung, die die Belange der Tourismus- Positives Szenario anbieter berücksichtigt.

Einflussfeld Reisezeitverkürzung Handlungsbereich Gästeinformation und Kommunikation Mögliche Akteure Alle Betonung negativer Aspekte, Kommunikation von „Verkehrszunahme“, „Ver- Negatives Szenario kommen zur Transit-Insel/-Gemeinde“ Neutrale oder keine Kommunikation, begrenzte und ungesteuerte Akzeptanz Mittleres Szenario als regionales Wahrzeichen Betonung positiver Aspekte, Kommunikation von „grenzüberschreitender Ver- bindung“, Nutzung der Festen Fehmarnbeltquerung als regionaler grenzüber- Positives Szenario schreitender Identifikationspunkt, Wahl eines prägnanten, positiv besetzten Namens (mit regionalem Bezug)

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3.5.5 Szenariobetrachtung: Zusammenfassung und Fazit Mit der Szenariobetrachtung kommen wir zusammenfassend zu folgendem Ergebnis:

Die negative Entwicklungslinie zeichnet sich aus durch

grundsätzliche Betonung negativer Aspekte wie „Angst“, „Risiko“, „Größenwahn“, „Transitregion“ in der Kommunikation gegenüber aktuellen und potenziellen Gästen Ignorieren der touristischen Belange in der Bauphase durch Sediment aufwirbelnde Bauarbeiten in der Hauptbadesaison in Küstennähe mit Verschmutzung von Bade- stränden, Verzicht auf ein Informations- und Ausstellungszentrum Staus am Fehmarnsund, die die Erreichbarkeit der Insel erschweren Passivität im Hinblick auf Angebotsentwicklung, Inszenierung, Nutzung der Querung zur grenzüberschreitenden touristischen Zusammenarbeit Planung von Gewerben, die im Nutzungskonflikt mit der touristischen Entwicklung ste- hen.

Die mittlere Entwicklungslinie zeichnet sich aus durch

grundsätzlich neutrale bzw. ausgewogene Kommunikation über touristische Chancen und Risiken der Festen Fehmarnbeltquerung Begrenzung der Sediment aufwirbelnden Bauarbeiten auf Zeiten außerhalb der Hauptbadesaison Installation eines leistungsfähigen Informations- und Ausstellungszentrums über die Baustelle begrenzte Information über die Feste Fehmarnbeltquerung (Brücke oder Tunnel) in der Betriebsphase moderate, weitgehend ungeplante Ausweitung der Potenzial abschöpfenden Angebote für Übernachtungstourismus, Tagestourismus und Stopover-Tourismus Fortsetzung und ggf. moderate Intensivierung der grenzüberschreitenden touristischen Zusammenarbeit teilweise Berücksichtigung touristischer Belange in der Planung.

Die positive Entwicklungslinie zeichnet sich aus durch

grundsätzliche Betonung positiver Aspekte wie „Offenheit“, grenzüberschreitende Ver- bindung“, „Chancen“ und „Vorfreude“ in der Kommunikation gegenüber aktuellen und potenziellen Gästen Verzicht auf sedimentaufwirbelnde Bauarbeiten Einrichtung eines außergewöhnlich attraktiven Informations- und Ausstellungszent- rums zur Festen Fehmarnbeltquerung und mindestens beschränkter Weiterbetrieb nach Eröffnung der Festen Fehmarnbeltquerung und Inszenierung des Bauwerkes (Brücke oder Tunnel) als technische außergewöhnliche Einrichtung

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deutliche Ausweitung der Übernachtungsangebote, tagestouristischen Angebote und Stopover-Angebote für den skandinavischen Quellmarkt auf Basis eines forschungs- basierten und nachfrageorientierten touristischen Masterplans, der auch die Potenziale aus dem Geschäftsreiseverkehr (zentraler Standort zwischen Hamburg und Kopenha- gen) bewertet. deutliche Ausweitung der grenzüberschreitenden touristischen Zusammenarbeit, um die tagestouristischen Potenziale koordiniert am Markt anbieten zu können und die grenzüberschreitende Region im Wettbewerb besser zu positionieren.

Als Fazit der Szenarienbetrachtung lässt sich festhalten, dass

1. der Kommunikation seitens aller Beteiligten eine besonders wirkstarke Rolle zukommt. Der kommunikative Aspekt wird nach heutiger Einschätzung einen stärkeren Einfluss auf die touristische Nachfrageentwicklung haben als die zu erwartenden Angebotsver- änderungen aufgrund des Baus und des Betriebs einer Festen Fehmarnbeltquerung. 2. dass die vor allem aus der Reisezeitverkürzung resultierenden Chancen durch eine Ausweitung der touristischen Nachfragerpotenziale nur dann realisiert werden können, wenn entsprechende Angebote geschaffen werden. Diese Veränderungen des touris- tischen Angebots bedürfen einer vorherigen Potenzialabschätzung, koordinierten Pla- nung und Umsetzung.

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4 Anhänge

4.1 Referenzen

Personennamen sind in Normalschrift, Institutionen in VERSALIEN gesetzt.

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4.2 Fragebogen der Besucherbefragung 2009

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4.3 Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Gang der Untersuchung...... 22 Abb. 2: Querschnitt eines Standardelements mit Angaben in Metern ...... 27 Abb. 3: Vorgesehene Lage von Tunnelportal und Aufschüttungsflächen für Baggergut auf Fehmarn ...... 28 Abb. 4: Linienführung der Brückenvariante zwischen Fehmarn und Lolland ...... 29 Abb. 5: Anlandungsbereich der Brücke auf Fehmarn mit Anbindung der Verkehrswege ...... 30 Abb. 6: Zukünftige Interaktionsbeziehungen in der Fehmarnbeltregion ...... 36 Abb. 7: Bearbeitungsrahmen: Touristische Nachfragesegmente ...... 38 Abb. 8: Bearbeitungsrahmen: Ein vereinfachtes Modell von Tourismusnachfrage und -angebot ...... 40 Abb. 9: Nachfragetrends für Urlaubstourismus Quelle: Lohmann & Aderhold 2009 ...... 49 Abb. 10: Wechselkursentwicklung SEK zu EUR, Jan. 1999 – Feb. 2011 ...... 53 Abb. 11: Kurtaxpflicht am Burger Südstrand ...... 73 Abb. 12: Kurtaxpflicht am Burger Südstrand ...... 73 Abb. 13: Badestrand „Grüner Brink“ Fehmarn ...... 74 Abb. 14: Südstrand Großenbrode ...... 74 Abb. 15: Weststrand Großenbrode ...... 75 Abb. 16: Erlebnishafen Burgstaaken: ursprünglich Fischereihafen, heute hohe Erlebnisdichte ...... 76 Abb. 17: Werbeschild „Hochseeangeln“ im Hafen Burgstaaken ...... 84 Abb. 18: Adventure-Golf-Bahn “Große Beltquerung” ...... 87 Abb. 19: Zufahrtbereich zum „Erlebnishafen Burgstaaken“ ...... 90 Abb. 20: Skizze des Verlaufs von Ostseeküstenradweg (D2) und Mönchsweg (MOE) ...... 92 Abb. 21: Typischer Blick über die Landschaft in Fehmarns Osten ...... 98 Abb. 22: Südküste Fehmarns mit Blick auf Südstrand und Fehmarnsundbrücke ...... 98 Abb. 23: Marina Burgtiefe, Fehmarn ...... 99 Abb. 24: Fehmarn Ostküste: Blick auf Marienleuchte und den Bordershop im Hafen Puttgarden ...... 100 Abb. 25: Fehmarn: Blick vom Südstrand auf Burgstaaken ...... 100 Abb. 26: Ehem. militärischer Fernmeldeturm („Turm A“) in Klaustorf, von Fehmarn aus ...... 101 Abb. 27: Großenbrode Südstrand ...... 101 Abb. 28: B 207 und IC-Zug auf Fehmarn, Mai 2008 ...... 103 Abb. 29: Puttgarden am 31.05.1997 (letzter Tag des Güterverkehrs)...... 106 Abb. 30: Verkehrsintensität der Hauptschifffahrtsrouten auf Grundlage der Erfassung von AIS- Daten ...... 110 Abb. 31: Unglücke mit Beteiligung von Tankschiffen, 2000-2008 ...... 111 Abb. 32: Herkunftsstruktur der Dauerlieger in ausgewählten Häfen ...... 123 Abb. 33: Nachfrageorientierte Wertschöpfungsabschätzung ...... 135 Abb. 34: Touristische Nachfrageverteilung zwischen Deutschland, Dänemark und Schweden ...... 138 Abb. 35: Unterkunfts-Preisdifferenz Fehmarn/Großenbrode vs. Lolland/Falster ...... 144

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Abb. 36: Touristische Auslandsreisen im Quellmarkt Dänemark und Schweden ...... 150 Abb. 37: Tagesgästeanteil nach Wochentag ...... 154 Abb. 38: Tagesausgaben der relevanten Zielgruppen (Ausgaben pro Person und Tag)...... 155 Abb. 39: Wiederbesuchsabsicht und Gründe gegen einen Wiederbesuch ...... 156 Abb. 40: Attraktivitätswahrnehmung der Besucher ...... 157 Abb. 41: Störfaktoren bei Anreise und Aufenthalt ...... 158 Abb. 42: Kenntnisstand und grundsätzliche Bewertung der Planungen zur Festen Fehmarnbeltquerung ...... 159 Abb. 43 Generellen Einstellung nach Aufenthaltshäufigkeit und Destinationsbindung ...... 160 Abb. 44: Besuchererwartungen im Überblick (spontane Nennungen, kategorisiert) ...... 161 Abb. 45: Besucher-Erwartungen (Nettowerte) ...... 162 Abb. 46: Besucher-Erwartungen nach Bindung ...... 163 Abb. 47: Besucher-Erwartungen im Überblick ...... 164 Abb. 48: Besucher-Erwartungen in der Bauphase: Spontane Nennungen ...... 165 Abb. 49: Besuchererwartungen in der Bauphase: Listenvorgabe ...... 166 Abb. 50: Besucher-Erwartungen in der Betriebsphase (Tunnel): Spontane Nennungen...... 167 Abb. 51: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Tunnel): Gestützte Abfrage ...... 168 Abb. 52: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Brücke): Spontane Nennungen ...... 169 Abb. 53: Besuchererwartungen in der Betriebsphase (Brücke): Listenvorgabe...... 170 Abb. 54: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Überblick ...... 171 Abb. 55: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Nettowerte ...... 172 Abb. 56: Einfluss einer Festen Fehmarnbeltquerung auf die eigene Urlaubsgestaltung: Bindungsabhängigkeit ...... 173 Abb. 57: Ausgewählte Assoziationen zu dem Begriff „Brücke“ ...... 183 Abb. 58: Ausgewählte Assoziationen zu dem Begriff „Tunnel“ ...... 184 Abb. 59: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Landschaftswirkung ...... 189 Abb. 60: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Bauphase ...... 193 Abb. 61: Bildvorlagen der qualitativen Untersuchung: Realisierung als Brücke...... 194 Abb. 62: Angebotsveränderung, Chancen und Risiken ...... 220 Abb. 63: Bewertung der möglichen Angebotsveränderungen auf zwei Relevanzdimensionen ...... 226 Abb. 64: Übernachtungen in Beherbergungsstätten mit mehr als 8 Betten, Indexentwicklung 1981-2010 ...... 231 Abb. 65: Fährhafen Puttgarden ...... 248 Abb. 66: Erwartete maximale Sedimentkonzentration im Zeitraum Mai bis August 2015 ...... 250 Abb. 67: Entwurf für den Arbeitshafen bei Puttgarden ...... 253 Abb. 68: Häufigste Fanggründe deutscher gewerblicher Hochseeangelschiffe im Fehmarnbelt und der umliegenden Region (Interviews mit Eignern in Heiligenhafen, Burgstaaken & Orth 2009) ...... 256 Abb. 69: Lärmimmissionen von Tunnel und Tunnelzufahrten bei Nacht ...... 264 Abb. 70: Lärmimmissionen von Tunnel und Tunnelzufahrten bei Tag ...... 265

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Abb. 71: Postkarten an einem Souvenirladen in Burg/Fehmarn (April 2009) ...... 270 Abb. 72: Durchschnittliche Zahl der Sperrungen für eine Brücke über den Fehmarnbelt (ohne Windschutz) ...... 273 Abb. 73: Risikoniveaus verschiedener Brückenlösungen ...... 276 Abb. 74: Lärmimmissionen von Brücke und Brückenzufahrten bei Nacht ...... 280 Abb. 75: Lärmimmissionen von Brücke und Brückenzufahrten bei Tag ...... 281

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4.4 Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Verkehrsprognose Straße 2025 ...... 32 Tab. 2: Verkehrsprognose Straße für die Hinterlandanbindung ...... 32 Tab. 3: Verkehrsprognose Schiene 2025 ...... 33 Tab. 4: Basisdaten Fehmarn und Großenbrode ...... 41 Tab. 5: Mögliche Änderungen von wesentlichen Klimafaktoren an der deutschen Ostseeküste (jeweils mittlere Änderung, Jahreswerte) ...... 51 Tab. 6: Ankünfte und Übernachtungen aus Schweden in Deutschland* ...... 54 Tab. 7: Preisniveauindex für ausgewählte europäische Länder ...... 55 Tab. 8: Entwicklung des Personen-Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung 2004-2025 ...... 57 Tab. 9: Entwicklung des Güter-Verkehrsaufkommens und der Verkehrsleistung 2004-2025.. 58 Tab. 10: Beherbergungskapazitäten Fehmarn und Großenbrode 2009 (Überblick) ...... 60 Tab. 11: Anzahl Beherbergungsbetriebe und Campingbetriebe 1981-2010 ...... 61 Tab. 12: Betten/Stellplätze in Beherbergungsbetrieben 1981-2010 und Campingbetrieben 2009 ...... 61 Tab. 13: Abschätzung der geplanten Kapazitätsausweitungen ...... 65 Tab. 14: Entwicklung der Bettenzahl in Beherbergungsbetrieben mit mehr als 8 Betten ...... 66 Tab. 15: Qualitätsklassifizierungen der Unterkunftsbetriebe 2010 ...... 67 Tab. 16: Sportboothäfen und Liegeplatzkapazitäten im Untersuchungsraum ...... 68 Tab. 17: Badestrände im Untersuchungsraum (eigene Zusammenstellung) ...... 71 Tab. 18: Touristisch relevante Häfen (außer Sportboothäfen) ...... 75 Tab. 19: Relevante Surfspots im Untersuchungsraum (Windsurfen) ...... 78 Tab. 20: Angelstellen (Brandungs-/Küstenangeln) ...... 81 Tab. 21: Tauchspots und Tauchschulen in der Untersuchungsregion ...... 86 Tab. 22: Reit- und Ponyhöfe im Untersuchungsraum ...... 89 Tab. 23: Touristische Kur- und Gesundheitseinrichtungen...... 95 Tab. 24: Ausgewählte Anreiseverkehrsmittel verschiedener Nachfragersegmente ...... 102 Tab. 25: Internationale Fährtransporte, Rødby-Puttgarden, 1990 – 2009 ...... 105 Tab. 26: Strukturmerkmale der Fährbenutzer ...... 106 Tab. 27: Monatsverteilung der Verkehrswerte auf der Fähre über den Fehmarnbelt 2000 – 2008 ...... 108 Tab. 28: Verkehrsvolumen über den Fehmarnbelt 2008 und 2025 ...... 108 Tab. 29: Bootsübernachtungen Fehmarn und Storstrøm 2007 ...... 109 Tab. 30: Verkehrsmengen im Untersuchungsraum ...... 112 Tab. 31: Monatsverteilung der Verkehrswerte an der Dauerzählstelle 1131 (B 207, Fehmarnsundbrücke) im Mittel der Jahre 2002-2008 ...... 113 Tab. 32: Übernachtungen 2009 im Untersuchungsraum ...... 115 Tab. 33: Tagesausflüge 2009 in die Untersuchungsregion ...... 116 Tab. 34: Nachfragevolumen Hotellerie und Parahotellerie ...... 117 Tab. 35: Gäste in Betrieben mit mehr als acht Betten und auf Campingplätzen 1981-2010 . 118

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Tab. 36: Übernachtungen in Betrieben mit mehr als acht Betten und auf Campingplätzen 1981-2010 ...... 118 Tab. 37: Entwicklung der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten, Index: 1981 = 100 ...... 119 Tab. 38: Betten- und Übernachtungsentwicklung seit 1981 in Beherbergungsbetrieben mit mehr als acht Betten...... 120 Tab. 39: Saisonalität der Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit mehr als 8 Betten ...... 120 Tab. 40: Nachfragevolumen Touristik-Camping ...... 121 Tab. 41: Nachfragevolumen Dauercamping ...... 121 Tab. 42: Abschätzung des Übernachtungsaufkommens der Gastlieger ...... 122 Tab. 43: Abschätzung des Übernachtungsaufkommens der Dauerlieger am Dauerliegeplatz ...... 123 Tab. 44: Zweitwohnungsobjekte Stadt Fehmarn 2009 ...... 125 Tab. 45: Schätzung des Übernachtungsaufkommens in Zweitwohnungen ...... 125 Tab. 46: Ermittlung der Tagesgästezahl ...... 126 Tab. 47: Variante 1 einer Hochrechnung der Wohnortausflüglervolumen nach traditionellem Verfahren ...... 127 Tab. 48: Variante 2 einer Hochrechnung der Wohnortausflüglervolumen nach traditionellem Verfahren ...... 127 Tab. 49: Zielgruppenanteile 2009 ...... 133 Tab. 50: Touristische Umsätze nach Nachfragersegmenten im Untersuchungsraum ...... 136 Tab. 51: Abschätzung des touristischen Einkommensanteils ...... 137 Tab. 52: Übernachtungen 2009 nach Quellmärkten in Dänemark und der Region Sjælland 139 Tab. 53: Übernachtungen in Dänemark 1992-2010 ...... 140 Tab. 54: Übernachtungen in der Fehmarnbeltregion 2008 ...... 141 Tab. 55: Unterkunftsstruktur der in Unterkunftskatalogen verzeichneten Beherbergungsangebote 2009 ...... 142 Tab. 56: Durchschnittspreis in Euro je Nacht und Person bei Vollbelegung in der Hauptsaison ...... 143 Tab. 57: Preise für Erwachsenen-Tagestickets ausgewählter Freizeiteinrichtungen auf Lolland 2009 ...... 145 Tab. 58: Preise für Erwachsenen-Tagestickets ausgewählter Freizeiteinrichtungen auf Fehmarn und in Neustadt 2009 ...... 146 Tab. 59: Gästeankünfte und -übernachtungen in Deutschland aus Schweden und Dänemark 1999-2010 ...... 147 Tab. 60: Entwicklung der Übernachtungen im Reisegebiet Ostsee 2003-2009 ...... 148 Tab. 61: Ankünfte und Übernachtungen auf Fehmarn aus Dänemark und Schweden 2003- 2009 ...... 149 Tab. 62: Wahrgenommener Informationsstand der Befragten in Deutschland, März 2011 ... 174 Tab. 63: Grundsätzliche Einstellung zur Festen Fehmarnbeltquerung der Befragten in Deutschland, März 2011 ...... 175

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Tab. 64: Grundsätzliche Einstellung zur Fehmarnbeltquerung der Befragten in Deutschland, 2009-2011 ...... 175 Tab. 65: Erwartung negativer Auswirkungen auf Flora und Fauna bei Befragten in Deutschland, März 2011 ...... 176 Tab. 66: Erwartung weiterer Auswirkungen ...... 177 Tab. 67: Tourismusbezogene Statements in der Einwohnerbefragung 2009 – 2011 ...... 178 Tab. 68: Zielgruppenquoten der qualitativen Analyse ...... 179 Tab. 69: Übersicht bisheriger Referenzfallanalysen ...... 199 Tab. 70: In Betracht gezogene und schließlich verworfene Referenzfälle ...... 200 Tab. 71: Entwicklung tourismusbezogener Arbeitsplätze 1995-2007 ...... 204 Tab. 72: Übernachtungsentwicklung Nyborg und Slagelse ...... 208 Tab. 73: Übernachtungen in der Hotellerie 1934-2008 ...... 212 Tab. 74: Übernachtungen in Rio und in der Präfektur Achaia 1994-2007 ...... 214 Tab. 75: Übernachtungen in der Kommune Awaji, Insel Awajishima und Präfektur Hyogo... 215 Tab. 76: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld I: Bauphase ...... 223 Tab. 77: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld II: Tunnelbauwerk ...... 224 Tab. 78: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld III: Brückenbauwerk ...... 224 Tab. 79: Mögliche Angebotsveränderungen und Zuordnung als Chance oder Risiko im Einflussfeld IV: Verkürzung der Reisezeiten ...... 225 Tab. 80: Entwicklung von Bettenangebot und Übernachtungsnachfrage 1981-2010 ...... 230 Tab. 81: Relevante dämpfende und begünstigende Faktoren für die Tourismusentwicklung im Untersuchungsraum ...... 234 Tab. 82: Abschätzung des Nachfragepotenzials für Unterkunftsleistungen in der Bauphase 239 Tab. 83: Sperrungen der Fehmarnsundbrücke 1983-2009 ...... 241 Tab. 84: Stauwahrnehmung nach Segmenten ...... 241 Tab. 85: Stauwahrnehmung nach Saisonzeiten ...... 242 Tab. 86: Abschätzung der Sperrungszeiten für eine Brücke über den Fehmarnbelt (ohne Windschutz) ...... 272 Tab. 87: Touristische Distanzzonen ...... 285 Tab. 88: Pkw-Reisedistanzen zwischen Burg auf Fehmarn und ausgewählten Orten in Dänemark und Schweden ...... 287 Tab. 89: Veränderung im Nachfragepotenzial bei Verkürzung der Fahrtzeit um 50 Minuten 289 Tab. 90: Nutzung der Fähre für Ausflüge nach Dänemark ...... 291 Tab. 91: Abschätzung des Stopover-Potenzials ...... 293 Tab. 92: Interesse an Dänemark- und Schwedenreisen (Mehrfachnennungen) ...... 300

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4.5 Verzeichnis der Karten

Karte 1: Beherbergungskapazität Fehmarn 2008/2009 nach Ortslagen ...... 63 Karte 2: Campingangebot 2009 ...... 64 Karte 3: Sportboothäfen 2009 ...... 69 Karte 4: Badestrände 2009 ...... 72 Karte 5: Häfen 2009 ...... 77 Karte 6: Surfspots 2009 ...... 79 Karte 7: Surfshops und -schulen 2009 grün: Surfschulen, rot: Surfshops ...... 80 Karte 8: Angelstellen 2009 ...... 82 Karte 9: Tauchspots 2009 ...... 85 Karte 10: Reitwegenetz 2009 ...... 88 Karte 11: Radwegenetz 2009 ...... 91 Karte 12: Naturorientierte Angebote 2009 ...... 94 Karte 13: Kur- und Gesundheitseinrichtungen 2009 ...... 96 Karte 14: Befragungspunkte der Besucherbefragung 2009 ...... 153

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