Andreas Fleischmann [email protected] Karnivoren und Naturschutz – die Rolle von Karnivorenliebhabern

Botanische Staatssammlung München und GeoBio-Center LMU, Ludwig-Maximilians-Universität München

6 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 Abb. 1. : Baumaßnahmen für eine Siedlung nahe Jayapura, Neuguinea haben eine7 lange bekannte, große Population Nepenthes neoguineensis zerstört. Foto: A. Robinson, 2016. on den insgesamt 860 bekannten Kar- Karnivoren-Art durch menschliche Einflüsse nivoren-Arten ist von mehr als einem in freier Wildbahn ausgestorben – spätestens VViertel das Überleben in freier Wild- Ende 2018 ist der einzige bekannte Standort bahn bedroht: 69 Karnivoren-Arten (8 %) dieser Art durch Überdüngung und Wasser­ gelten derzeit als vom Aussterben bedroht, entzug durch eine nahegelegene landwirt- 47 Arten (6 %) als stark gefährdet nach der schaftliche Fläche endgültig erloschen; neue weltweiten Roten Liste Gefährdeter Arten Wuchsorte dieser Art wurden trotz intensiver (= IUCN Red List), 104 Arten (12 %) als ge- mehrjähriger Nachsuche bisher nicht gefun- fährdet und 23 (3 %) als potenziell gefährdet den (Cross et al. 2020; T. Krueger pers. obs.). (Cross et al. 2020). Die Bedrohungen für Karnivoren in ihren Mindestens 89 Karnivoren-Arten sind welt- natürlichen Lebensräumen sind vielfältig, je- weit nur von einem einzigen Fundort be- doch sind nahezu alle Gefährdungsursachen kannt (sogenannte Mikroendemiten). Wenn rein menschgemacht (Jennings & Rohr 2011; dieser erlischt, stirbt damit diese Art global Clarke et al. 2018; Cross et al. 2020) – so wie aus (Cross et al. 2020). Mit der mikroendemi- generell das Überleben nahezu aller Organis- schen Zwergsonnentau-Art Drosera allanto­ men im Zeitalter des Anthropozän von den stigma aus Westaustralien ist in den vergan- negativen Einflüssen des Menschen auf die genen 10 Jahren wahrscheinlich die erste globalen Ökosysteme beeinflusst wird.

Abb. 1: Zerstörter Lebensraum von Triphyophyllum nahe Freetown, Sierra Leone. Der Küstenregenwald (im Hintergrund ein letzter verbliebener Rest) wird dort großflächig für Palmölplantagen und Siedlungsprojekte gerodet. Foto: A. Fleischmann, 2006.

Abb. 2: Drosera allantostigma ist die erste Karnivoren-Art, die nachweislich in den letzten Jahren in freier Wildbahn ausgestorben ist. Das Foto von 2008 (oben) zeigt eines der letzten Exemplare am Naturstandort, rechts eine Blüte in Kultur. Mittlerweile ist das Habitat dieser Art durch Über- düngung durch landwirtschaftliche Abflüsse (gut zu er- kennen als grüne Schlieren von stark gefördertem Algen- und Pflanzenwachstum im Satellitenbild) völlig verändert, auf der ehemals nährstoffarmen, feuchten Sandfläche haben sich starkwüschsige exotische Gräser angesiedelt. Fotos: A. Fleischmann, Satellitenbild: Google Earth 2019.

8 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 9 Abb. 3: Hauptgefährdungsursachen für die einzelnen Karnivorengattungen am Naturstandort. Die Länge der Balken ent- spricht der Anzahl (in %) der durch die jeweilige Ursache gefährdeten Arten der Gattung. So ist z. B. mehr als ein Viertel aller bekannten Nepenthes-Arten durch Ausgraben und illegalen Pflanzenhandel im Bestand gefährdet! Zusätzlich angegeben die Gesamtartenzahl und die Anzahl der vom Aussterben bedrohten (CR, rot), stark gefährdeten (EN, orange) und gefähr- deten (VU) Arten in jeder Gattung (Datengrundlage aus Cross et al. 2020; Graphik und Fotos: A. Fleischmann).

10 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 11 18. Sept. 2014 19. Sept. 2017

Abb. 4: Beispiele für Zerstörung von Lebensraum von Karnivoren durch Baumaßnahmen.

Links: Die letzten beiden verbliebenen Wuchsorte von Byblis gigantea im Stadtgebiet von Perth wurden innerhalb von 10 Jahren vollständig überbaut.

Rechts: Am Typusstandort von Nepenthes bokorensis auf dem Mount Bokor, Kambodscha wurden eine Luxussiedlung und ein Hotel errichtet. Die hellen Flächen in ersten Bild waren ehemals artenreiche Karnivorenstandorte. Sie sind heute alle zerstört.

Satellitenfotos: Google Earth.

Hauptverursacher für das Artensterben und Unter diese Kategorie fallen u.a. Habitat­ den Bestandsrückgang bei Karnivoren sind: sukzessionen wie die Verlandung von Moorgewässern, oder die Verbuschung 1. Land- und Forstwirtschaft und deren und natürliche Wiederbewaldung von Einflüsse, die weltweit mindestens 170 offenen Lebensräumen. Allerdings wird Karnivoren-Arten gefährden (Cross et auch diese Entwicklung vom Menschen al. 2020) durch: Verlust von Lebensraum stark gefördert, weil in der vom Men- Abb. 5: Beispiele für den Verlust von Karnivoren am Naturstandort durch extreme Wetterereignisse und die Auswirkungen für landwirtschaftliche Produktionsflä- schen geprägten Landschaft vielerorts des Klimawandels: chen und Aufforstungen, Wasserrück- kaum neue nährstoffarme, feuchte Pri- halt für Bewässerungssysteme, Pesti- märstandorte entstehen können, die Oben: Ein bekannter und reichhaltiger Wuchsort von Drosera in den Zederbergen, Südafrika (links: Aufnahme zu normaler zide und Schadstoffe aus Forst- und natürlicherweise wieder von Karnivoren Winterregenzeit 2014) wurde durch zwei extreme Dürrejahre fast vollständig ausgelöscht (rechts: Aufnahme zur Winterre- genzeit 2017; beide Fotos: Christian Dietz). Landwirtschaft, insbesondere aber auch als Lebensraum genutzt würden. Eutrophierung und Stickstoffüberdün- Mitte: Der extrem trockene, heiße Sommer 2017 hat im Mittelmeergebiet mehrere Pinguicula-Populationen stark geschä- gung der nährstoffarmen Lebensräu- 3. 158 Karnivoren-Arten sind akut durch digt, da dort die Quellhabitate völlig ausgetrocknet sind und die Pflanzen während des Wachstums vertrockneten (das me durch landwirtschaftliche Stäube die Folgen des Klimawandels be- sind keine Winterknospen!). Links: P. mariae in den Apuanischen Alpen, Italien (Foto: Giulio Pandeli). Rechts: P. sehuensis auf und Abwässer. droht, hier vor allem von ausgepräg- Sardinien (Foto: Marcello Cannas). Von dieser mikroendemischen Art sind große Teile der wenigen bekannten Populatio- ten Dürreereignissen, dem Ausbleiben nen im Hitzesommer 2017 abgestorben, damit ist diese Art nun noch stärker gefährdet als bisher. 2. „Natürliche“ Lebensraumveränderun- oder der Verringerung der saisonalen gen bedrohen 168 Karnivoren-Arten. Niederschläge, sowie durch anhaltende Unten: Abgestorbene Nepenthes pervillei auf Mahé, Seychellen, nach außergewöhnlich langer Trockenheit 2012 (Foto: Thilo Krueger). 12 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 13 Hitzewellen. Vor allem in Gebieten mit jetzt den dortigen Karnivoren zu mediterranem Klima nehmen diese Wet- schaffen machen – auf Borneo ist be- terextreme durch den menschgemach- reits jetzt durch solche El-Niño-Dürren ten globalen Klimawandel zu – und das lokale Absterben ganzer Nepen­ genau diese Regionen sind die Diver- thes-Populationen bekannt geworden sitätszentren der meisten Karnivoren- (Steiner 2002; Cross et al. 2020). Arten (z. B. SW-Westaustralien und die Kapregion Südafrikas (Drosera) so- 4. Energieproduktion und Tagebau gefähr- wie das Mittelmeergebiet (Pinguicula den weltweit mindestens 127 Karnivor- Untergattung Pinguicula)). Lediglich en-Arten, darunter fallen neben Bergbau die immerfeuchten Tropen Südost-Asi- und Erzabbau, welche in Südostasien, ens würden in den derzeitigen lang- Australien, Afrika, Mexiko und Südame- fristigen Klimaberechnungen kaum an rika viele Karnivorenstandorte bereits Niederschlägen einbüßen. Aber auch ausgelöscht haben, auch wasserbauli- in dieser Region sowie in den Tropen che Maßnahmen wie Staudämme und Südamerikas werden die Auswirkun- vor allem die Kanalisierung und Einfas- gen von Dürren durch El-Niño-Ereig- sung von Quellen, die viele sickerfeuchte nisse verstärkt zunehmen, die schon Karnivoren-Lebensräume trockenlegen.

Abb. 6.: Beispiel für die Gefährdung von Karnivorenstandorte durch invasive Arten (Neophyten). Australische Akazien brei- Oben: Abb. 7: Invasive Arten: Viele Karnivoren-Standorte in der Fynbos-Vegetation Südafrikas, auch innerhalb von Schutz- ten sich auf den nährstoffarmen Lebensräumen in Südafrika invasiv aus, und sorgen für das Verschwinden der dortigen gebieten, sind stark durch das Zuwachsen der Flächen mit nicht-heimischen Kiefern bedroht. Diese wurden zur schnellen Karnivoren. Dabei überwachsen die Akazien nicht nur den offenenL ebensraum und lassen die Karnivoren (v.a. Drosera) Aufforstung und Holzgewinnung in Südafrika gepflanzt, sie versamen sich aber stark und können sich selbst auf den nähr- durch Beschattung absterben. Mit ihren symbiontischen Knöllchenbakterien an den Wurzeln binden die Akazien auch sehr stoffärmsten Standorten halten – diese werden ohne gezielte Pflegeeingriffe langsam zu Kiefernwald. Das Foto zeigt einen effektiv Luftstickstoff und düngen so langfristig den Boden auf. Das ist an diesem Standort einer seltenen dunkelvioletten Wuchsort von Drosera coccipetala, D. cistiflora und D. zeyheri bei Caledon. Foto: A. Fleischmann, 2006. Form von Drosera cistiflora gut am Aufwuchs von hohen Gräsern in der Nähe der Akazien zu erkennen – dort können sich keine Karnivoren mehr gegen die Konkurrenz und Nährstoffe behaupten. Foto: A. Fleischmann, 2006. Unten: Abb. 8.: Invasive Arten: An diesem Sumpfstandort nahe Perth, Westaustralien können sich zwischen invasiven Pflan- zenarten aus dem Mittelmeergebiet nur noch wenige Exemplare von multifida halten. Andere, ehemals dort vorkommende Karnivoren-Arten wurden von den invasiven Arten aus Europa schon verdrängt (zu sehen u.a. Zittergras: Briza media und B. maxima sowie mindestens 5 weitere europäische Grasarten; Behaarter Hornklee: Lotus hispidus; Gelbes Teerkraut: Parentucellia viscosa). Das Problem an diesen invasiven Arten ist auch, dass sie sehr leicht als Samen an den Schu- hen von Besuchern von einem Karnivorenhabitat ins nächste übertragen werden – so ist die Invasion auch in entlegene Lebensräume kaum aufzuhalten. Foto: A. Fleischmann, 2008.

14 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 15 Abb. 9.: Gefährdung von Karnivorenstandorten durch Forstwirtschaft: dieser Wuchsort von Drosera spiralis und fast 20 weiteren Karnivoren-Arten nahe Itacambira, Minas Gerais, Brasilien, ist akut durch die umliegenden Eucalyptus-Pflanzungen (Hintergrund) bedroht.Eucalyptus wird in Brasilien gerne in Feuchtgebiete gepflanzt, da die schnellwachsenden Bäume den Boden durch Wasserentzug aus- trocknen, zudem „beseitigt“ Eucalyptus durch sein giftiges Laub jeglichen Unterwuchs. Dieses Kar- nivorenhabitat steht leider noch immer nicht unter Naturschutz, obwohl es der Ort mit den meisten Karnivoren-Arten in ganz Brasilien ist – Genlisea metallica ist sogar nur noch von diesem Standort 16 Das Taublatt 89 Das Taublabekannt.tt 89 Foto: A. Fleischmann, 2010. 17 Im folgenden Artikel sollen aber vor allem gefährdet sind hier Nepenthes-Arten, vor zwei Bedrohungen für unsere Karnivoren allem auf Borneo, Sumatra, den Philippinen näher erläutert werden, die ganz konkret und in Indochina. von den „Karnivorenliebhabern“ selbst aus- gehen, und die für einige Arten die Haupt- Aber auch Knollendrosera, Zwergdrosera gefährdungsgrund darstellen! So sind welt- und „Standortformen“ von Cephalotus aus weit mindestens 126 Karnivoren-Arten durch Australien sowie „Standortformen“ von Sar­ menschliche Störungen im Lebensraum be- racenia und Dionaea werden (immer noch!) droht, und mindestens 98 Karnivoren-Arten illegal in großem Stil aus der Natur entnom- sind hauptsächlich dadurch gefährdet, dass men und privat oder kommerziell verkauft, ihre Populationen für den illegalen Pflanzen- in Verkaufslisten oder heute zunehmend handel für „Karnivorenliebhaber“ geplündert online über Soziale Medien, Tauschforen werden! Das sind ausgerechnet solche Arten, oder Internet-Auktionshäuser. die in ihrem Lebensraum ansonsten relativ sicher wären, weil dieser in Schutzgebieten Die Kunden solcher illegalen Wildentnah- liegt, und sie dort eigentlich von sonstigen men sind Karnivorenhalter in aller Welt, die negativen menschlichen Einflüssen weitge- sich wohl in den meisten Fällen durchaus hend verschont bleiben würden. klar sind, woher die „Ware“ stammt, die dies aber billigend in Kauf nehmen. Denn quasi Bedrohungen von Karnivoren am alle verkauften Wildentnahmen von Kar- Naturstandort durch illegale Wild­ nivoren sind illegal, mögen die Verkäufer auch noch so oft anderes behaupten! So ist entnahmen z. B. in Australien schon seit 20 Jahren der Karnivoren gehören - neben Orchideen, kommerzielle Export von aus der Natur ent- Kakteen, Bromelien und Palmfarnen - zu nommen australischen Karnivoren grund- den Pflanzengruppen für die leider neben sätzlich verboten (EPBC Act 1999). Rechtlich den allgemeinen menschenverursachten verhält es sich mit dem Erwerb von illegalen Bedrohungen (Lebensraumzerstörung, Um- Wildentnahmen übrigens genauso wie mit weltverschmutzung, Stickstoffbelastung, Kli- dem Kauf von Hehlerware: mawandel) auch ganz konkrete Gefährdung für einzelne Arten durch das hortikulturelle 1. Der Käufer sollte sich vorher genau über Interesse an diesen interessanten Pflan- die Legalität der Quelle informieren, zen besteht. Bei all diesen Pflanzengrup- pen gibt es ein Liebhaberinteresse diese zu 2. Unwissenheit schützt vor Strafe nicht kultivieren und besitzen zu wollen – vor al- und lem spektakuläre, seltene oder „neue“ Ar- ten – und deswegen immer wieder illegale 3. ein Käufer kann niemals Eigentum an Abb. 10-12. Beispiele für den – leider sehr zahlreich Sammelaktivitäten, teils in kommerziellem illegal gewilderten Arten erwerben, stattfindenden – illegalen Handel mit gewilderten Umfang, die einige Bestände oder sogar diese gehen nach Bekanntwerden und Nepenthes. Zusammenstellung von Screenshots aus Facebook von Angeboten verschiedener illegaler einzelne Arten an den Rand der Ausrottung Beschlagnahmung dem Zoll oder Her- Händler. Hier gezeigt sind illegal der Natur entnom- kunftsland zu. Da kann er noch so viel gebracht haben oder bringen. mene Jung- und Altpflanzen von Nepenthes rajah, N. Geld für eine Pflanze und deren Trans- edwardsiana, N. villosa (alle drei Arten sind gesetzlich Dies geschieht sowohl kontinuierlich durch port bezahlt haben, bei illegalen Wild­ geschützt, zudem wurden sie in einem Nationalpark viele einzelne „Privatsammler“, aber auch im entnahmen sind im besten Falle nur gewildert!), N. rigidifolia und N. ampullaria. großen Stil durch illegale Wildentnahmen Geld und Pflanze weg, je nach Umfang für den gewerblichen Verkauf durch „Pflan- und Land kommen dann noch eine zenhändler“, vor allem im Internet. Besonders Geld- oder Freiheitsstrafe hinzu.

18 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 19 Diese „Pflanzenliebhaber“ sorgen durch ihr Daher gibt es inzwischen findige Händler, die Tun dafür, dass die Pflanzen, die sie eigent- ihr wildgesammeltes Material in ihren Ange- lich bewundern, in freier Wildbahn aus- botslisten nun als „Kultivare“ oder „Kulturhy- sterben! Ich möchte es nochmals betonen: briden“ deklarieren, in der Hoffnung, so der Einige seltene und vom Aussterben bedroh- Gesetzgebung entgehen zu können. Leider te Karnivoren-Arten, wie etwa Nepenthes finden sich auch immer wieder weitere Nach- aristolochioides, N. clipeata, N. diabolica, N. ahmer, so brüstete sich z. B. in Westaustralien edwardsiana, N. hamata, N. inermis, N. izumi­ kürzlich ein Internet-Anbieter von wildge- ae, N. jamban, N. jacquelineae, N. pitopangii, sammelten Knollendrosera (der diese auch N. rigidifolia, N. tenuis, N. undulatifolia, etc. international exportierte) damit, dass er „le- sterben in freier Wildbahn (entweder kom- gale Genehmigungen“ hätte, und diese auch plett, oder an einzelnen Standorten) nur für Naturschutzgebiete bekommen würde. deswegen aus, weil es Leute gibt, die diese Das ist eine dreiste Lüge, denn in Westaustra- unbedingt besitzen möchten, und deswegen lien ist jeglicher Handel mit aus Naturschutz- Wildentnahmen kaufen! gebieten entnommenen Wildpflanzen gene- rell verboten (mit Geldbußen von AU$ 50.000 Paradoxerweise sind es in diesen Fällen ein- bei nicht unter Schutz stehenden Arten und deutig die Karnivoren“liebhaber“, die für das AU$ 500.000 für streng geschützte Arten; Abb. 13: Beispiele für den Verkauf von illegal in Westaustralien ausgegrabenen Knollendrosera auf einer Internetplattform Aussterben dieser Arten sorgen, die sie doch Biodiversity Conservation Act 2016)! (Screenshots), kommerziell und in großem Stil. Dieser Verkäufer gab bei seiner Angebotsbeschreibung sogar explizit an, „liebhaben“! Gerade bei Nepenthes stellt dass es sich um Wildentnahmen handelte, und führte eine angebliche „offizielle Genehmigung“ an. Gesetzlich ist der Ver- der illegale Handel mit Wildpflanzen sogar Auch Wildentnahmen von Sarracenia, Dio­ kauf von Wildentnahmen in Australien verboten. Traurigerweise wurden trotz – oder gerade wegen? – der Angabe, dass es sich um Wildherkünfte handelt, von Karnivorenliebhabern in aller Welt die Pflanzen gekauft - im Falle vonD. collina (oben) die stärkste Bedrohung und den Hauptgrund naea und vielen Drosera, die online zum Ver- mindestens 62 Mal! für das Aussterben einzelner Arten am Na- kauf angeboten werden, stammen nahezu turstandort dar (siehe Abb. 3). Mehr als ein ausschließlich aus Schutzgebieten. Auch hier Viertel (27 %!) der bekannten Nepenthes-Ar- muss jedem Käufer klar sein, woher diese Folgendes sind die gängigsten Argumente Regionen) gemacht – also in Gebieten, die ten sind mittlerweile durch Ausgraben und Pflanzen stammen, und dass er mit seinem oder „Ausreden“, die Käufer von illegalen Wild- vor Lebensraumzerstörung weitgehend si- Wildhandel in ihrem Bestand gefährdet Tun zum Verschwinden dieser Arten in freier entnahmen oft verwenden – meist auch, um cher sind, und in denen ein Überleben der (Cross et al. 2020)! Natur beiträgt! sich selbst ein gutes Gewissen für ihr Han- Pflanzen in freier Wildbahn langfristig ge- deln einzureden. Kein einziges Argument da- sichert wäre. Und genau dort werden die Auch die „Standortformen“ von Cephalotus • „Nun wurden die Pflanzen ja sowie­ von ist aus wissenschaftlicher Sicht haltbar: meisten Karnivoren für den Handel, aber sowie diverse Knollendrosera, Brutschuppen so schon ausgegraben, ich kaufe sie auch in kleinerem Maßstab von privaten von Zwergdrosera etc., die von einem bekann- doch jetzt nur noch, um sie zu retten, • „Die Naturstandorte werden durch Sammlern ausgegraben! ten Anbieter in Australien vertrieben werden, sonst würden sie beim Verkäufer ja Lebensraumzerstörung und Klima­ sind nicht nur Wildentnahmen, sie wurden sinnlos eingehen“. wandel doch sowieso zerstört, da ist Dies betrifft in großem kommerziellen Stil auch größtenteils aus Schutzgebieten ent- es doch gut, wenn die Pflanzen vorher in erster Linie Nepenthes, z. B. in den Schutz- nommen. Jedem Käufer von Brutschuppen Auch diese Ausrede ist reine Schönfärberei. noch gerettet werden“. gebieten Borneos oder auf den Philippinen. von Drosera leioblastus oder D. oreopodion So hart es klingt, aber nur wenn niemand Leider ist das Überleben von Arten wie N. „vom Naturstandort“ sollte zum Beispiel klar mehr diese Wildentnahmen kauft, sie also Prinzipiell wäre dies noch das vernünftigste edwardsiana oder N. clipeata in freier Na- sein, dass es nur noch eine Handvoll Pflan- alle beim illegalen Händler eingehen, wird Argument, wenn man Wildentnahmen denn tur eben nicht dadurch gefährdet, weil ihre zen dieser Arten an jeweils einem einzigen dieser auch irgendwann aufhören, Pflanzen überhaupt irgendwie befürworten möch- Lebensräume - wie anderswo der Fall - zer- Naturstandort gibt, und jegliche Entnahme am Naturstandort zu plündern. te. Allein, es greift nicht. Denn nahezu alle stört werden. Sondern weil es – man verzeihe von Brutschuppen oder Samen diese Arten in den letzten Jahren bekannt gewordenen meine Wortwahl hier – Idioten gibt, die wild näher an den Rand der Ausrottung bringt. Jeder Kauf, und sei er aus noch so gutge- illegalen, kommerziellen Wildentnahmen (oft gesammelte Nepenthes vom Naturstand- Zudem ist, wie bereits erwähnt, der kommer- meinten Motiven, schafft den Markt, der un- professionell und in großem Stil!) wurden in ort kaufen, und damit einen Markt für diese zielle Export von australischen Karnivoren sere geliebten Karnivoren am Naturstandort Schutzgebieten (oder sehr unzugänglichen illegalen Aktivitäten schaffen. aus Australien generell verboten. letztendlich aussterben lässt.

20 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 21 Das ist wie mit dem Handel mit illegal aus angesehen werden! Denn nur dort kann der Natur gewilderten Schildkrötenbabys, das gesamte Ökosystem mit allen betei- die in Teilen Griechenlands und der Türkei ligten Arten (Bestäuber, Mutualisten, Sym- auf den Wochenmärkten an Touristen zum bionten, aber auch Parasiten, Herbivoren, Kauf angeboten werden. Viele kaufen eini- etc.) erhalten werden, die für das langfris- ge davon aus Mitleid und setzen sie wieder tige Überleben einer Art auch nötig sind in der Natur aus, im Glauben eine gute Tat (siehe Braverman 2014). vollbracht zu haben. Kein einziger (!) ex-situ-Ansatz berücksichtigt Traurigerweise ist genau das Gegenteil der dies derzeit, und so sind die meisten davon Fall: Für den Verkäufer ist das ein Anreiz, mit meines Erachtens auf lange Sicht zum Schei- der illegalen Wildentnahme weiterzuma- tern verurteilt. Was nützt z. B. ein ex-situ-Er- chen, denn er hat ja eben ein Geschäft damit haltungsprogramm für bedrohte Nepenthes machen können. (siehe Cantley et al. 2005, Ziemer 2010), wenn zum einen die benötigte genetische Diversi- Und genauso verhält es sich bei den illegalen tät für die Erhaltungskultur zum Teil auch da- Wildentnahmen von Karnivoren. Solange es durch geschaffen wird, dass man auf illegale jemanden gibt, der die gewilderten Pflan- Wildentnahmen zurückgreift? zen auch kauft, besteht für die Wilderer der Anreiz, damit weiterzumachen – durchaus Zum anderen aber, und das ist noch viel wich- verständlich, sind für die Leute vor Ort, z. B. tiger: Keine einzige der „Erhaltungskulturen“ in Indonesien, doch die oft astronomischen von Nepenthes (z. B. N. clipeata in deutschen, Summen, die für diese Pflanzen bezahlt wer- japanischen oder amerikanischen Gewächs- den, ein guter Lohn… sie werden wohl nie häusern) züchtet nebenbei die Bestäuber der Abb. 14: Oben und Unten: Grabelöcher nach illegalem Ausgraben von Knollendrosera (hier: Drosera stricticaulis) in einem verstehen, warum jemand für eine Pflanze Art oder die beteiligten Symbionten. Und Nationalpark nahe Perth, Westaustralien. Fotos: Thilo Krueger, 2019. so viel Geld ausgibt. Erst recht nicht jemand, mögliche auf die Art spezialisierte Herbivor- der von sich auch noch behauptet, ihm lägen en und Parasiten (die ebenfalls zum Ökosys- diese Pflanzen am Herzen und er interessiere tem gehören!) wird der Nepenthes-Halter sich dafür – wobei die Beziehung vom Men- wohl eher mit Spritzmitteln bekämpfen denn schen zur Natur traurigerweise wohl schon erhalten wollen. Ex-situ-Erhaltung wird mög- immer vor allem vom Vorsatz geprägt war: licherweise einzelne Arten in Kultur überdau- Wir töten, was wir lieben. ern lassen können, sprich der Genpool der Art wird „erhalten“ – das gesamte Ökosystem • „Ich möchte verschiedene Stand­ und damit das langfriste Überleben am Na- ort-Klone haben, so trage ich zum turstandort kann man so aber nicht erhalten. Erhalt dieser Art bei, dass diese Art wenigstens in Kultur überlebt“. Generell ist übrigens die Erfolgsquote zur Wiederansiedlung von Pflanzen nach ex-si- Auch das Argument der „privaten ex-situ-Er- tu-Erhaltung oft gering (Braverman 2014). haltung“ ist nicht haltbar. Ex-situ-Erhaltung, In Kultur herangezogene Pflanzen, die am also das Überleben einer Art in gärtneri- Naturstandort nach dem dortigen Ausster- scher Kultur, kann nur der letzte Strohhalm ben, oder auch zur Populationsstützung sein, wenn ein Überleben einer Art in freier noch vorhandener gefährdeter Arten wieder Wildbahn nicht mehr möglich ist (z. B. weil ausgepflanzt werden, haben leider oft eine der Lebensraum völlig zerstört wurde). An- sehr geringe Überlebenschance. Samen von sonsten sollte immer die in-situ-Erhaltung, Kulturpflanzen, die am Naturstandort wie- also der Schutz einer Art im natürlichen der ausgestreut werden, keimen oft schlecht Lebensraum als oberstes Naturschutzziel oder gar nicht (Maschinski & Haskins 2012).

22 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 23 Das liegt unter anderem auch daran, dass siere ich mich dann doch nicht mehr für mit der Vermehrung in Kultur immer ein Tiefland-Nepenthes“. Übrigens: auch „institu- sogenanntes genetisches Bottleneck, also tionelle“ ex-situ-Erhaltungskulturen, z. B. von ein selektiver Flaschenhals, geschaffen wird: Botanischen Gärten, die sich auf legal ent- In Kultur überleben aus einer Samenkapsel nommenes Material vom Naturstandort stüt- eben nicht dieselben Individuen, wie sie es zen, scheitern regelmäßig - gerade bei Karni- in freier Wildbahn täten. In Kultur wachsen voren, die nicht einfach zu halten sind (siehe die Pflanzen unter für sie optimalen Be- z. B. Peruzzi et al. 2004; Peruzzi pers. comm.). dingungen (und ohne Konkurrenz durch andere Arten) im sogenannten autökologi- Dies soll übrigens kein generelles Plädoyer schen Optimum heran. Das ist aber ein rein gegen ex-situ-Erhaltung sein (es gibt auch künstliches System, dass sich so nicht in Erfolgsgeschichten, bei denen dies gut ge- der Natur findet, dort müssen Pflanzen mit klappt hat, z. B. der Erhalt von Aldrovanda synökologischen Bedingungen, sprich un- am letzten verbliebenen Wuchsort in Japan; ter Wechselwirkungen mit vielen anderen Kondo et al. 1997), man muss sich nur die Organsimen, heranwachsen. Rahmenbedingungen klarmachen… und ganz sicher kann der Naturschutzaspekt nie Während wir in Kultur also ganz automa- ein Argument sein, um die illegale Entnahme tisch und unbeabsichtigt die unter unseren von Arten vom Naturstandort gutheißen zu Kulturbedingungen am besten wachsenden wollen! Denn am besten aufgehoben ist jede Individuen (oder Klone) herausselektieren, Art immer noch an ihrem Naturstandort. wären es in freier Wildbahn vielleicht ganz andere Genotypen gewesen, die sich dort Leider nimmt das Ausgraben von Wildpflan- durchgesetzt hätten. Sämlinge, die in Kultur zen und der illegale Handel mit Wildherkünf- vielleicht kränkeln oder schlecht und lang- ten stetig zu, und hierzu ist auch die Entnah- sam wachsen (und deshalb in der ex-situ-Er- me von Einzelpflanzen durch Privatpersonen haltung gar nicht berücksichtigt werden, weil zu rechnen. Im Englischen spricht man schon sie vom Züchter ausselektiert werden oder vom sogenannten „Poaching Tourism“, also eingehen), wären unter den speziellen Bedin- dem Aufsuchen von Naturstandorten ge- gungen am Naturstandort vielleicht die am zielt zum Ausgraben von Pflanzen oder zur besten Angepassten gewesen, die sich dort Entnahme von Samen. Und gerade durch Abb. 15: Überreste nach der Plünderung einer Wild­ etablieren und durchsetzen (z. B. weil sie am Soziale Medien, Fotodatenbanken, aber population von Cephalotus follicularis in Westaustralien. effizientesten eine Wechselbeziehung mit auch Plattformen wie iNaturalist oder ISpot- An diesem Standort wuchsen von dieser bedrohten den dortigen Bodenpilzen ausbilden konn- Nature, auf denen Fotos von Pflanzen am Art noch ca. 40 Exemplare, 30 davon wurden dort von ten und so dort am schnellsten gewachsen Naturstandort oft zusammen mit punktge- einem unbekannten Täter ausgegraben! Diese Natur ­ population dürfte nun ausschließlich durch die Nachfrage wären). So werden in Kultur automatisch die nauen Geokoordinaten präsentiert werden, nach Cephalotus-Standortformen für die Kultur zum am besten in Kultur wachsenden Genotypen wurde und wird das Plündern von den letz- Erlöschen kommen. Fotos: Brian Quinn, 2019. selektiert, die sich nach Wiederansiedlung ten verbliebenen Wuchsorten vieler seltener am Naturstandort unter den dortigen Bedin- Karnivoren noch gefördert. gungen oft nicht (mehr) halten können. Rice (2019) berichtet von Sarracenia-Standor- Zudem hängt der Erfolg einer Erhaltungs- ten in den USA, die, nur wenige Tage nach- kultur stark vom langfristigen Interesse dem Fotos davon im Internet (u.a. auf iNa- und Kulturerfolg der beteiligten Instituti- turalist) publik wurden, bereits geplündert onen/Personen ab – es kann also nie eine waren. Zum Teil wurden die Pflanzen bereits Sache nach kurzfristiger Interessenslage 33 Stunden nachdem die Fotos geposted werde, wie: „Heute beteilige ich mich mal wurden von Unbekannten restlos ausgegra- am N. clipeata-Projekt… morgen interes- ben! Zumindest auf iNaturalist sind seit die-

24 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 25 sem Vorfall sämtliche hochgeladene Sarrace­ zen, die sie so bewundern (oder vielleicht Zeit? Um zu sehen, wer die schönste gewil- Bedrohung von Naturstandorten nia-Beobachtungen nicht mehr mit genauen doch nur besitzen wollen?), langfristig und derte Nepenthes edwardsiana kaufen kann? durch ausgewilderte Karnivoren Geokoordinaten aufrufbar, selbiges gilt auch unwiederbringlich schädigen. Clarke et al. Das ist doch keine Leistung. Ich zolle meinen für alle anderen als gefährdet eingestuften (2018) schreiben ganz treffend, dass einige Respekt jedenfalls jedem, der es schafft eine Zusätzlich gibt es unter den oben genannten Karnivorenarten, insbesondere Nepenthes. Karnivorensammler es offensichtlich als ihr Nepenthes edwardsiana (oder jegliche andere „Liebhabergruppen“ von Pflanzen meines gutes Recht erachten, sich für ihr Hobby wie Karnivoren-Art) aus in-vitro-Vermehrung von Wissens nur bei Karnivoren und Orchideen Der große Sammeldruck und die Gefahr von selbstverständlich an den Wildpopulationen einem legalen Händler zu einer großen, schö- das Phänomen, dass kultivierte Arten auch Wildentnahmen führen auch dazu, dass bei am Naturstandort bedienen zu dürfen, und nen, blühfähigen Pflanze zu ziehen. Denn an fremden Naturstandorten angesalbt, vielen der neuentdeckten Karnivoren-Arten, dass sie dieses „Recht“ anscheinend als wich- die/der Kultivateur/in beweist damit ihr/sein sprich bewusst ausgebracht werden. gerade bei „spektakulären“ Arten, in den tiger erachten als das (naturschutzgesetzlich gärtnerisches Können. Solche Fotos aus Kul- Erstbeschreibungen die Standorte aus Na- verankerte!) Recht der Pflanzen, ungestört an tur sehe ich mir auch gerne an. „Ansalbung“ bezeichnet das gezielte Aus- turschutzgründen gar nicht mehr genannt ihren Naturstandorten wachsen zu dürfen. bringen, also Aussäen oder Anpflanzen, von werden, und dass viele Leute ihnen be- Die Natur als Selbstbedienungsladen für das Für die Haltung und Halter von am Natur- gebietsfremden Pflanzenarten durch den kannte Standortinformationen generell an Hobby einiger weniger? standort geplünderten Pflanzen, die offen- Menschen zur vermeintlichen „Bereicherung“ niemanden mehr herausgeben. sichtlich damit im Internet angeben müssen, der lokalen Flora (ein sehr empfehlenswerter Dabei wäre dies überhaupt nicht nötig. So habe ich hingegen nur Verachtung übrig Artikel zu diesem Thema: Hohla 2011). Offensichtlich ist das langfristige Überleben ziemlich alle Karnivoren-Arten, die auch kul­ – und gegebenenfalls noch eine Anzeige für einige Karnivoren auf diesem Planeten tivierbar sind, sind für wenig Geld als gut wegen Vergehen gegen internationale Ar- Im deutschsprachigen Raum sind solche nur noch möglich, wenn möglichst nie- etablierte Pflanzen bei registrierten, legalen tenschutzabkommen. Dies scheint auch die Auspflanzungen in die freie Natur – egal wo – mand weiß, wo genau sie wachsen. Selbst Händlern erhältlich (und es werden jährlich einzige Möglichkeit, gesetzlich den illegalen immer durch die zuständige Naturschutzbe- der Versuch, „spektakuläre“ Arten nach ihrer mehr im Angebot) – die Überlebenschancen Handel mit Wildentnahmen zu unterbinden: hörde genehmigungspflichtig (in Deutsch- Entdeckung gezielt mit legal durch behörd- solcher Pflanzen sind tausendmal höher als Indem man die Käufer strafrechtlich belangt. land: § 40 Bundesnaturschutzgesetz) und in liche Sammelgenehmigung entnommene von Wildentnahmen, und man erhält gesun- Naturschutzgebieten (worunter so ziemliche Samen für Karnivorenzüchter legal verfüg- de, wüchsige Pflanzen. Was will man mehr? Natürlich wurden von den im Naturschutz alle Karnivoren-Habitate bei uns fallen) bar zu machen und so den Sammeldruck involvierten Personen vor Ort auch jeweils generell verboten! von den Naturpopulationen zu nehmen, Offensichtlich geht es aber einigen gar nicht die Anbieter/Händler/Verkäufer von Wild­ scheitert am „Haben-Wollen“ einiger Karni- darum, sich an gesunden, schön gewach- entnahmen angezeigt (z. B. im Falle von Naturschutztechnisch sind diese Ansalbun- vorensammler: So wurden von der mikroen- senen Pflanzen in Kultur zu erfreuen – sie Nepenthes-Plünderungen am Mt. Kinabalu gen genauso problematisch (und darüber demischen, gefährdeten Drosera magnifica wollen „Standorte“ sammeln, „Naturstand- bei den zuständigen Nationalparkbehörden hinaus illegal) wie das Ausgraben von Arten einige wenige Samen von den Entdeckern ort-Klone“ oder Pflanzen, die „seed grown“ in Sabah). Allerdings verlaufen die Nachver- am Naturstandort. Beides verstößt auch ge- mit Sammelgenehmigung entnommen und sind; ohne zusätzliche Standortangaben folgungen in den Herkunftsländern leider gen die Satzung der G.F.P., die sich neben weltweit an Kultivateure und Züchter für die scheinen diesen Leuten die Pflanzen gar meist im Sand. Bei anderen geschützten Tier- der Verbreitung von Wissen zu Karnivoren Vermehrung (auch in vitro) gegeben. Die Art nichts mehr wert (Meyers-Rice 1996, 2001). und Pflanzenarten, die durch internationalen und deren Kultur auch dem Naturschutz von ist also schon kurz nach ihrer Entdeckung für Quasi die Kultur von Pflanzen als Briefmar- illegalen Wildhandel stark gefährdet sind Karnivoren-Lebensräumen gewidmet hat. die Karnivorensammler verfügbar gewesen. kensammlung. 20 neue „Standortformen“ (z. B. Kakteen, viele Reptilien), hat es sich als Und trotzdem wurde mir bei meinem Besuch von Cephalotus follicularis in Kultur bedeuten durchaus wirksam erwiesen, gegen die Käu- Es ist eigentlich traurig in dem Mitteilungs- des Naturstandorts dieser Art 2018 von den aber auch: Mindestens 20-mal illegale Wil- fer dieser Ware vorzugehen, die zumeist in heft eines Vereines, der Leute vereint, die Naturschützern vor Ort berichtet, dass kurz dentnahmen dieser streng geschützten und Ländern mit effizienterer Strafverfolgung von sich aus den verschiedensten Gründen für vorher eine „Gruppe Pflanzenfreunde aus in freier Wildbahn bedrohten Pflanzenart! Biodiversitäts- und Zollkriminalität sitzen. Karnivoren begeistern, darüber berich- Asien“ auf dem Berg war, die dort einige aus- „Fans“ von Cephalotus? Aber nur, wenn man ten zu müssen, dass die illegalen Aktivitä- gewachsene Pflanzen ausgegraben haben. Fan als Abkürzung von Fanatiker sieht, dem Es bleibt zu hoffen, dass dies auch bei Karni- ten einiger weniger aus dieser weltweiten offenbar das Überleben dieser Pflanze nur in voren wirksam sein wird. Rein technisch wäre „Karnivoren-Community“ (illegale Pflan- Einige Karnivorensammler kümmern sich an- heimischer Kultur wichtig ist, in freier Wild- es schon heute möglich, z. B. molekularge- zensammler und die Käufer dieser Wild­ scheinend wenig um geltende Gesetze, und bahn aber recht wenig interessiert. netisch Wildentnahmen eindeutig von den entnahmen, aber für einige Lebensräume diesen Personen ist offensichtlich auch egal, bekannten, im Umlauf befindlichen kultivier- eben auch Ansalber) für das Verschwinden ob sie mit ihrem Handeln die Wildpopula- Warum dieses gesteigerte Interesse nach ten in-vitro-Klonen der legalen Nepenthes- einiger unserer geliebten Karnivoren am tionen und damit das Überleben der Pflan- „Wildherkünften“ in unserem Hobby in letzter Händler zu unterscheiden. Naturstandort verantwortlich sind!

26 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 27 Abgesehen von der Illegalität: Dem Schutz- mühevoll wieder entfernt – jeder, der schon status der Karnivoren-Lebensräume erweisen einmal eine Pflegemaßnahme in einem die Ansalber mit ihrem unüberlegten egoisti- Hochmoor mitgemacht hat, weiß, welch ei- schen Tun zusätzlich einen Bärendienst: Im nen Aufwand das bedeutet. schlimmsten Fall kann ein mit Neophyten be- wachsenes Naturschutzgebiet sogar seinen Gleichzeitig geht übrigens immer eine straf- Schutzstatus verlieren (und wäre dann vor rechtliche Anzeige gegen den unbekannten möglichen landwirtschaftlichen oder bauli- Ausbringer dieser Pflanzen bei den Unteren chen Maßnahmen nicht mehr geschützt). Naturschutzbehörden ein. Trotzdem gibt es offenbar immer noch genug – ich sage es vor- So heißt es im„Handbuch der [geschützten] Le- sichtig, denke aber Anderes – Kleingeister, die bensraumtypen (LRT) nach Anhang I der Fau- meinen, ein europäisches Hochmoor würde na-Flora-Habitat-Richtlinie“ z. B. ganz konkret: erst durch Sarracenia, Darlingtonia, Dionaea „Nicht zum LRT gehören [...] von Neophyten oder Aldrovanda interessant, oder das Art­ dominierte Bestände …“. Ein mit Sarracenia inventar der dort natürlich vorkommenden purpurea bewachsenes Hochmoor in Europa heimischen Drosera- und Utricularia-Arten ist eben keine unberührte, gesetzlich schüt- müsste noch durch weitere, exotische Arten zenswerte Natur mehr, sondern eine mit „bereichert“ werden. So werden zum Bei- gebietsfremden Pflanzen (Neophyten) be- spiel von unbekannten Personen regelmäßig pflanzte, sprich „entwickelte“ Fläche. im Bayerischen Wald im Naturschutzgebiet an den Arberseen Pflanzen vonSarracenia Solche Florenverfälschungen werden von purpurea subsp. purpurea ausgebracht (sie- den zuständigen Naturschutzbehörden und he Fürsch 2001; Diewald & Scheuerer 2013; -vereinen, die sich um den Erhalt dieser ein- Werz 2019), die dann mühevoll von den zu- zigartigen und letzten verbliebenen arten- ständigen Naturschutzbehörden wieder reichen Naturlebensräume kümmern, dann entfernt werden müssen. Abb. 16: Beispiele für künstlich ausgebrachte (angesalbte) Karnivoren als invasive Arten: Drosera capensis bildet Massen- bestände im Albion Bog, Kalifornien, USA, und bedroht so das einzigartige Ökosystem des Pygmy-Pine-Forests. Die dort heimische D. rotundifolia hat gegen die wüchsigere Übermacht von D. capensis keine Chance. Foto: A. Fleischmann, 2018. Rechtliche Lage:

Dabei handelt es sich übrigens nicht um ein Wildentnahmen – aber eben auch bei An- Soweit Moore und Feuchtlebensräume (also die typischen Karnivorenhabitate) einiger- „Kavaliersdelikt“, sondern um eine Ordnungs- salbungen fremder Arten in Schutzgebieten maßen intakt sind, gilt für sie zumindest in Deutschland ein pauschaler Biotopschutz. Da- widrigkeit nach dem Bundesnaturschutzge- – in der Regel Anzeige bei den zuständigen mit unterliegen sie bereits ohne spezielle Ausweisung als Schutzgebiet dem Verbot von setz, die mit Bußgeldern von bis zu 10.000 Behörden, in Deutschland sind dies die Un- „Handlungen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen Beeinträchtigung […] Euro belangt werden kann (Bundesnatur- teren Naturschutzbehörden. Auch die G.F.P. führen können“ (§ 30 Bundesnaturschutzgesetz). Naturschutzgebiete, sprich die meisten schutzgesetz § 69). Unter diese Kategorie kann ich solchen Fällen, sofern sie bekannt Hoch- und Niedermoore bei uns, verfolgen unter anderem das Ziel, das heimische Artin- fallen sowohl die Entnahme geschützter werden, durchaus noch aktiv werden – sollte ventar zu sichern (§ 23 Bundesnaturschutzgesetz). Zu den generellen Verboten in solchen Arten oder deren Teile, auch Samen (darun- es sich bei den „Tätern“ um G.F.P.-Mitglieder Schutzgebieten zählt das Ausbringen von Pflanzen und Tieren A( usnahmen nur für land- ter fallen übrigens alle Karnivoren-Arten in handeln, ist bei grobem Satzungsverstoß wirtschaftliche, jagdliche oder fischereiliche Zwecke möglich – das Anpflanzen oder Aussä- Europa am Naturstandort!) sowie das Aus- durchaus Vereinsausschluss denkbar. en von Karnivoren fällt definitiv unter keine dieser Kategorien!). „Ordnungswidrig handelt, bringen von Pflanzen in Schutzgebieten, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] ohne Genehmigung nach § 40 Absatz 1 Satz 1 eine dort also jegliche Ansalbung von Karnivor- Ich hoffe, dies hat für einige bereits genannte Pflanze oder ein Tier ausbringt.“ (§ 69B undesnaturschutzgesetz). Der Bußgeld- en in Moore oder an sonstige natürliche genug abschreckende Wirkung, die bisher katalog Umweltschutz (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt Karnivoren-Standorte bei uns! mit den Gedanken gespielt haben: „Da sind und Verbraucherschutz vom 26. September 2019), gibt unter Listennummer 19, „Ausbringen doch so viele Pflanzen da, das schadet sicher von Pflanzen oder von Tieren ohne Genehmigung nach § 40 Satz 1 BNatSchG“, eine Buß- Naturschützer und die Leute, die für die Pfle- nicht, wenn ich da ein paar mitnehme…“ geldspanne von 35 € bis 10.000 € an – in den anderen Bundesländern gelten entsprechend ge der verbliebenen Karnivoren-Naturstand- oder: „Das wäre doch ein gutes Habitat, ähnliche Vorgaben. Gerade in sensiblen Ökosystemen wie Mooren wird bei vorsätzlichen orte verantwortlich sind, stellen sowohl bei da lasse ich beim nächsten Besuch ein paar Pflanzungen eher der obere Strafrahmen ausgeschöpft – eine Ansalbung von Sarracenia in Anzeichen von Ausgrabungen und illegalen Samen fallen…“. einem Moor kann also für den Verursacher richtig teuer werden!

28 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 29 Zusätzlich zum Aspekt der Florenverfäl- die nicht mehr zu entfernen sind. Die dort lerweile mehr oder weniger erfolgreich ent- In Neuseeland wurde unter anderem Pingui­ schung in den „bepflanzten“ Habitaten ha- heimische Drosera rotundifolia wurde von fernt, in keinem der Fälle ging man von einer cula grandiflora in einem Naturschutzgebiet ben einige Karnivorenarten durchaus das Po- den viel wüchsigeren eingebrachten Arten „Bereicherung“ der heimischen Flora oder gepflanzt (www.nzflora.info), in Australien tential, als invasive Neophyten aufzutreten, mittlerweile auf wenige Stellen zurückge- des Biotops durch die ausgebrachten wurde Utricularia sandersonii in ein Schutz- z. B. Drosera capensis, D. tokaiensis, D. spatula­ drängt (A. Fleischmann, pers. obs.). Karnivoren aus. Eine Zusammenfassung der gebiet in den Blue Mountains ausgepflanzt ta, D. aliciae, D. filiformis, Utricularia subulata in Deutschland bekannten Auswilderungen (Conn et al. 2004). Leider gibt es noch etli- und U. bisquamata – alle diese Arten wurden, Die folgenden Beispiele von Ansalbungen und Ansalbungen von Karnivoren findet sich che weitere solcher Beispiele, vor allem aus neben vielen anderen kultivierten Karni- von Karnivoren an intakten, geschützten bei Fleischmann (2016). Europa und den USA. voren, in den einzigartigen und bedrohten Naturstandorten sollen ganz konkret als Lebensraum des „Pygmy Pine forest“ in den Naturfrevel (alle begangen von gedanken- Sarracenia purpurea subsp. purpurea wur- Gerade die nährstoffarmen Karnivorenle- Albion Bog in Kalifornien, USA ausgebracht losen Karnivoren“liebhabern“!) gelistet wer- de in etlichen intakten Mooren in Euro- bensräume (wie die Hochmoore und Si- (Rice 2008; Cross et al. 2020; A. Fleischmann den, und bitte nicht als Vorlage zur Nachah- pa ausgebracht, inklusive in Deutschland, ckerfluren in Europa) sind einer der letzten pers. obs.). Dort entwickeln diese Arten, v.a. mung verstanden werden. In einigen Fällen Österreich und der Schweiz (eine Übersicht Biotoptypen, die bisher von Neophyten und D. capensis, mittlerweile Massenbestände, wurden die ausgebrachten Karnivoren mitt- geben: Adlassnig et al. 2010; Walker 2014), Florenverfälschungen weitgehend verschont in vielen davon, vor allem in England, hat geblieben sind – und genau diese „Lücke“ Abb. 17: Im Albion Bog werden regelmäßig verschiedenste Karnivoren aus Kultur angesalbt, obwohl der gesamte Lebens- sie sich zu einer invasiven Art entwickelt füllen nun unrühmlich und völlig unnötiger- raum ein Naturschutzgebiet ist! Leider ist dies auch zunehmend in anderen Mooren und Schutzgebieten weltweit der Fall. (Walker et al. 2016). Gerade bei dieser Art weise einige Karnivoren“liebhaber“. Dabei handelt es sich bei Pflanzungen von Sarracenia und Co. (hier zu sehen: Sarracenia ‚Adrian Slack‘ sowie die dort über- ist ein zusätzlicher negativer Effekt auf die all gegenwärtige Drosera capensis) nicht um ein „Kavaliersdelikt“, sondern um eine Ordnungswidrigkeit! Um es klarzustel- Artenvielfalt der Hochmoore zu erkennen, Es ist völlig klar, dass dies auf die unüber- len: Diese Aufnahme wurde nicht in einem privaten Moorbeet gemacht, sondern in einem Naturschutzgebiet! Die letzten da Sarracenia purpurea zumindest an eini- legten Aktionen einzelner schwarzer Schafe verbliebenen Naturstandorte sollten nicht zum „Experimentiergarten“ für einige wenige unbelehrbare Idioten werden. gen Wuchsorten in nicht unerheblichem zurückgeht – aber letztendlich fällt dies doch Foto: A. Fleischmann, 2018. Maße Jungtiere von Amphibien und Repti- auf die gesamte Karnivoren-Community lien als Beute fängt (Moldowan et al. 2019; zurück. Ich persönlich würde die Karnivor- pers. obs.). In einigen europäischen Hoch- en-Gemeinde lieber als Mitspieler beim Na- mooren fallen ihren Schläuchen oftmals die turschutz sehen, denn als Teil des Problems Jungtiere der geschützten Waldeidechse – ob dies in der öffentlichen Wahrnehmung (Zootoca vivipara), einer typischen Moorart, durch diese negativen Einzelaktionen der Fall zum Opfer (pers. obs. und Mitteilung von bleibt, ist leider nicht abzusehen. Naturschutzwächtern im Bayerischen Wald). Fazit In der Schweiz, in Frankreich und in Tschechi- en wurde Pinguicula hirtiflora in Naturschutz- Ich hoffe, dass es mir wenigstens ein bisschen gebieten an empfindlichen sickerfeuchten gelungen ist, mit diesem Artikel die negati- Kalksteinfelsen-Lebensräumen ausgebracht, ven Zusammenhänge aufzuzeigen, die viel- wo sich diese Art gut vermehrt und an einem leicht einigen zunächst gar nicht klar waren, Wuchsort in Frankreich sogar die dort na- und vielleicht den Einen oder die Andere türlich vorkommende, stark bedrohte P. rei­ dazu zu bewegen, Haltung und Handeln in chenbachiana durch Überwachsen gefährdet Bezug auf Wildherkünfte und Ansalbungen (Cross et al. 2020). noch einmal kritisch zu überdenken.

Auf den Azoren wurden die südafrikani- Viele unserer Karnivoren sind in freier Wild- schen Arten Drosera aliciae und D. capensis bahn stark gefährdet oder sogar vom Aus- angesalbt (Borges et al. 2010; Costa et al. sterben bedroht – ihr zukünftiges Überle- 2013), in Brasilien konnten Pflanzungen von ben hängt nicht nur von globaler Politik D. capensis und D. binata in Karnivorenha- und Wirtschaft ab, sondern bei vielen Arten bitaten zum Glück bereits rechtzeitig ent- oft auch ganz konkret an unserem eigenen deckt und wieder restlos entfernt werden Verhalten und unserer Einstellung bezüglich (P. Gonella, pers. comm.). unseres Hobbys. Wir sollten so handeln, dass

30 Das Taublatt 89 Das Taublatt 89 31 sich auch kommende Generationen noch an Zusammenfassung: ENGLISH SUMMARY diesen Arten an intakten Naturstandorten erfreuen können. Denn am besten aufge- Karnivoren und ihre natürlichen Lebensräu- Carnivorous and their unique habitats face various threats (most of them anthropo- hoben und am schönsten sind Sarracenia me sind durch verschiedenste (meist mensch­- genic). About 25% of the currently known 860 carnivorous species are threatened or oreophila und alle anderen vom Aussterben gemachte) Einflüsse bedroht, ca. 25 % der face extinction. Two threats are mainly caused by “ lovers” - their acting con- bedrohten Karnivoren-Arten eben nicht als 860 bekannten Karnivoren-Arten sind da- tributes to the extinction of some carnivorous plant species globally or at certain locations: Wildherkunft mit Standortangabe in der hei- durch im Bestand gefährdet. Für zwei Be- mischen Karnivorensammlung, oder ausge- drohungen sind jedoch ausgerechnet „Kar- 1. Sale and trade with plants that have been illegally collected from the wild, which conti- wildert im europäischen Hochmoor, sondern nivorenliebhaber“ hauptverantwortlich, die nuously increased in the past years. dort wo sie hingehören und bleiben sollten: durch ihr Tun dazu beitragen, dass bestimm- in ihrem natürlichen Lebensraum. te Karnivoren-Arten global oder an einzelnen 2. Planting of exotic carnivorous plant species into pristine habitats of native species. Standorten aussterben: Danksagung: This article illustrates these problems and shows causal connections and legal situation, 1. Der Handel mit und Kauf von illegalen which are apparently not known to everyone. A long-term solution can only be found in the Für Mitteilungen zu illegalen „Poa- Wildentnahmen, der in den letzten Jah- acting of carnivorous plant lovers, if “black sheep” recognize and stop their misconduct. This ching-Rings“ und dem illegalen Handel mit ren stetig zugenommen hat und article aims at closing knowledge gaps and inform about the problem: threats to wild carni- Wildentnahmen, v.a. von Nepenthes, aber vorous plant populations by carnivorous plant lovers. auch Sarracenia, Drosera und Cephalotus, für 2. das Ausbringen (Ansalben) von gebiets- Hinweise und Berichte zu Bedrohungsszena- fremden Karnivoren-Arten in intakten rien für Karnivoren am Naturstandort, zum Lebensräumen der dort einheimischen Naturschutzrecht sowie für die Bereitstellung Arten. von Fotos für diesen Artikel danke ich: Lu- bomir Adamec, Greg Bourke, Charles Clarke, Im Artikel wird diese Problematik dar- Literatur Clarke, C., Cross, A.T., Rice B. 2018. Conser­ Adam Cross, Christian Dietz, Paulo Gonella, gestellt und die – zum Teil offensichtlich vation of carnivorous plants. Thomas Gronemeyer, Klaus Keller, Thilo Krue- kaum bekannten – Zusammenhänge er- Adlassnig, W., Mayer, E., Peroutka, M., In: Adamec, L., Ellison A. (Hrsg.), Carnivorous ger, Chien Lee, Drew Martinez, François Mey, läutert. Eine langfristige Lösung zu dieser Pois, W., Lichtscheidl, I.K. 2010. Plants: Physiology, Ecology and Evolution. Brian Quinn, Barry Rice, Alastair Robinson, Problematik kann jedoch nur im Handeln Two American Sarracenia species as neophy- Oxford University Press, London. Maurizio Saroldi , André Scatigna und Willy der Karnivorenliebhaber liegen, wenn die ta in Central Europe. Phyton 49: 79–292. Zahlheimer. Thilo Krueger und Thomas Gro- „schwarzen Schafe“ ihr Fehlverhalten er- Conn, B.J., Brown, E.A., Fairley, A.T. 2004. nemeyer zudem für wichtige Ergänzungen kennen und einstellen – dieser Artikel soll Biodiversity Conservation Act 2016. Utricularia sandersonii (), a zum Artikel. Besonders danken möchte ich dazu beitragen, mögliche Wissenslücken https://www.legislation.wa.gov.au/legislati- new record for Australia. Telopea 10: 811– aber allen unbekannten Karnivorenhaltern, darüber zu schließen und über die Prob- on/statutes.nsf/main_mrtitle_13811_home- 814. die keine Wildherkünfte kaufen und denen lematik „Bedrohung von Karnivoren durch page.html [abgerufen am 07.05.2021] Naturschutz noch am Herzen liegt. Karnivorenliebhaber“ aufzuklären. Costa, H., Bettencourt, M.J., Silva, C.M.N., Borges, P.A.V., Costa, A. et al. (Hrsg.). 2010. Teodósio, J., Gil, A., Silva, L. 2013. A list of the terrestrial and marine biota from Invasive alien plants in the Azorean protected the Azores. Principia, Cascais. 432 S. areas: invasion status and mitigation actions. In: Foxcroft, L.C. et al. (Hrsg.), Plant invasions Braverman, I. 2014. in protected areas: patterns, problems and Conservation without nature: the trouble challenges. 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