Jubiläum 100 Jahre
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12/2020 Deutschland € 6,50 / Österreich € 7,40 / Schweiz sfr 10,80 / BeNeLux € 7,70 www.aerokurier.de / 64. Jahrgang aerokurier DAS MAGAZIN FÜR PILOTEN Jubiläum 100 Jahre Marktübersicht: Rotax 600-Kilo-ULs Praxisreportage Night-VFR Idaflieg-Messungen in Stendal-Borstel Mit dem UL in IMC 1000 Kilometer im Habicht Museums-Tipps Aktuelles Flaggschiff der Motorenfamilie Motorflug100 Jahre Rotax ist der Rotax 915 iS. Mit dem 141 PS starken, turbo- aufgeladenen Aggregat mit intelligenter Motorsteuerung erschließt Rotax neue Märkte. Von der Fahrradnabe zum Der Rotax 642 markiert Anfang der Flugmotor 70er Jahre den Einstieg in die Flugmotoren produktion. Der 40PSZweitakter ist ein modifizierter Schneemobil-Motor. Was wäre die leichte Luftfahrt ohne Rotax? Kein anderer Motorenhersteller ist so eng mit der Leichtflugzeug- Text Claus Meyerhoff Fotos BRP-Rotax szene verwoben wie der Weltmarktführer aus dem ichts ist so beständig wie der Wandel. Auf BRP-Rotax österreichischen Gunskirchen. Vor 100 Jahren schlug passt das geflügelte Wort wie maßgeschneidert. Es war die Rotax-Geburtsstunde in Dresden. Anlass für ein langer Weg bis zur Marktführerschaft nicht allein im Geschäftsfeld der Flugmotoren für Leichtflugzeuge. einen Rück- und Ausblick. BRP-Rotax, BRP steht für Bombardier Recreational Pro- Nducts, fertigt heute Motoren für viele mobile Freizeitbereiche wie Snowscooter, Karts, Boote und mehr. Den Namen Rotax gäbe es nicht ohne den Dresdner Unternehmer Die Rotax-Geschichte beginnt mit Friedrich Gottschalk. Der nach der Jahrhundertwende erfolgreiche einer Fahrrad-Freilaufnabe. Nach der Übername Fahrradteile- und -zubehörfabrikant meldet 1906 die erste deutsche der Dresdner RotaxWerke wird sie von Fahrrad-Freilaufnabe zum Patent an. Ihre Bezeichnung: Rotax. Doch Fichtel & Sachs produziert. erst 1920 wird aus dem Markennamen das Unternehmen Rotax-Werke AG. Gottschalk hat zwar inzwischen Millionen seiner Fahrradnaben ver- kauft, doch die Gründung der neuen Aktiengesellschaft ist eine Folge der wirtschaftlichen Turbulenzen nach dem Ersten Weltkrieg. Zehn Jahre später übernimmt der Schweinfurter Hauptkonkurrent Fichtel & Sachs die Rotax-Werke AG. Die Rotax-Ära in Dresden geht zu Ende. Fichtel & Sachs konzentriert sich bald jedoch vor allem auf die rüstungsrelevante Kugel- lager- und Motorenproduktion, die Freilaufnaben verlieren an Bedeutung. Mit zu- nehmenden Luftangriffen auf die Werke in Schweinfurt entscheidet der Konzern 1943, die Motorenproduktion unter dem eher unverfänglichen Namen des einstigen Fahrradnabenherstellers Rotax ins österreichische Wels zu verlegen. Nach Kriegs- aerokurier 12/2020 23 ende stellen die Rotax-Werke schnell auf zivile Produkte um. Bereits im Juni 1945 verlassen rund 1500 Motoren für landwirtschaftliche und andere gewerbliche Zwecke das Werk. Zwei Jahre später kommt das Werk unter treuhänderische Verwaltung der Republik Österreich. 1970: Bombardier tritt auf den Plan Bald darauf, Rotax ist inzwischen nach Gunskirchen umgezogen, kau- fen die Wiener Lohner-Werke das Unternehmen. Der Motorroller- Hersteller war schon länger einer der wichtigsten Rotax-Kunden. Ein neues Kapitel der Firmengeschichte schlägt dann der Kanadier Joseph- Armand Bombardier auf, der Erfinder des Ski-Doo. Wieder wird mit Bombardier ein Rotax-Kunde zum Eigentümer des Motorenwerks, als der kanadische Konzern 1970 die Firma übernimmt. Im Jahr 2003 wird die Motorenfertigung mit der Gründung von BRP-Rotax aus der alten Konzernstruktur, die auf den Bau von Schienenfahrzeugen und Flug- zeugen ausgerichtet ist, herausgelöst. Seither firmiert sie als BRP- Rotax GmbH & Co KG. Zu diesem Zeitpunkt hat in Gunskirchen die Ära der Flugmotoren- fertigung längst begonnen, hat sich Rotax die Marktführerschaft im Segment UL-Antriebe erobert. Schon in den 70er Jahren beginnen die Gunskirchener zunächst zögerlich den Einstieg in die Königsklasse In der 50er und 60er Jahren liegt der Schwerpunkt auf der Produktion Die damalige Mobilitätswelle beschert Rotax ein schnelles Wachstum. Mit ihr werden auch weitere neue Geschäftsbereiche für Freizeit- hinsichtlich der Zuverlässigkeit und Komplexität ihrer Motoren. Die von Motoren für Landmaschinen und Zweiräder. anwendungen erschlossen. Der Gedanke an den Einsatz von Rotax-Motoren in ultraleichten Flugzeugen liegt jedoch noch fern. frühe, praktisch unreglementierte UL-Szene in den USA, von einer Branche kann man seinerzeit nicht reden, setzt damals unter anderem Dass Rotax damals den Einstieg in den Flugmotorenbereich wagt, Zuverlässigkeit, ein Komplettpaket aus Motor, Getriebe, Ansaug- und Auspuff- auf zweckentfremdete Rotax-Schneeschlittenmotoren als Antrieb. Es ist sicher Karl Bablich zu verdanken. Der damalige Leiter der anlage. Zudem muss der Support für Flugzeughersteller und Endkunden gewähr- mögen sicher Produkthaftungsfragen gewesen sein, die Rotax auf Motorenreparatur, selbst begeisterter Pilot, ist eine trei- leistet werden. „Flugmotoren sollen viel Leistung bei wenig Gewicht erbringen diese Szene aufmerksam werden ließ. Dass sich daraus einmal ein bende Kraft, als es darum geht, Rotax-Motoren an Der Rotax 503 bringt den und doppelte Sicherheit aufweisen, was die Elektrik und Hydraulik betrifft“, wichtiges Geschäftsfeld für den Hersteller ergeben würde, ahnt zu die Betriebsbedingungen in Flugzeugen anzu- Gunskirchenern Mitte der 70er Jahre den zitiert die Firmenchronik Johann Rapberger, den ehemaligen Leiter der dieser Zeit wohl noch kaum einer der Verantwortlichen. passen. Die Kriterien sind bereits klar: hohe Durchbruch im UL-Motoren-Markt. Der luftgekühlte Konstruktionsabteilung. „Das war natürlich ein gewisser Unterschied -Zweitakte-Zweizylinder erreicht hohe Stückzahlen. zu den Schneeschlittenmotoren.“ Die Zweitaktantriebe der Schnee- mobile boten eine gute Basis, um die Entwicklungsphilosophie zu verwirklichen. Erste Schritte im Flugmotorenmarkt Den Beginn der Flugmotorenfertigung markiert 1973 der Rotax 642. Aus zwei Zylindern holt der von einem Axial- gebläse gekühlte Zweitakter mit Riemengetriebe 40 PS. Die Stückzahl des Urvaters der Rotax-Flugmotoren bleibt bescheiden. Von 1973 bis 1982 werden lediglich 85 Exemplare gefertigt. Mit dem Rotax 503 gelingt den Gunskirchenern hingegen der Durchbruch. Den kompakten und leich- ten 34-PS-Zweizylinder, ebenfalls gebläsegekühlt, passt Rotax auf Initiative der finnischen Eiri Avion, Hersteller des Segelflugzeugs PIK-20, an die Ver- wendung als Flugmotor an. „1976 ist Eiri Avion an uns herangetreten mit der Bitte, für den neuen Klapp- triebwerk-Motorsegler PIK-20E einen geeigneten Antrieb zu entwickeln. Daraufhin haben wir den Typ 503 entsprechend modifiziert“, erinnert sich der dama- lige Projektplaner Dietrich Weiß. Der Rotax 503, in seiner Endausbaustufe mit 52 PS, und der auf seiner Basis wei- In den 60er Jahren wirken die Werksanlagen in Gunskirchen noch überschaubar. Dennoch liefert Rotax schon terentwickelte Rotax 582, der bereits flüssigkeitsgekühlt ist damals tausende Motoren pro Jahr aus. Bombardier wird mit Ski-Doo-Motoren zum wichtigsten Exportkunden. und 65 PS bietet, treiben vor allem bis weit in die 90er Jah- 24 aerokurier 12/2020 aerokurier 12/2020 25 Rotax 915 iS (Turbolader) Rotax 912 iS Sport Startleistung: 141 PS/104 kW bei 5800 U/min Startleistung: 100 PS/73,5 kW bei 5800 U/min max. Dauerleistung: 135 PS/99 kW bei 5500 U/min max. Dauerleistung: 98 PS/72 kW bei 5500 U/min Hubraum: 1352 cm3 max. Drehmoment: 174 Nm Hubraum: 1352 cm3 max. Drehmoment: 132 Nm TBO: 1200 Std. Zulassung: ASTM-konform, JAR-22 TBO: 2000 Std. Zulassung: ASTM-konform Rotax 912 UL Rotax 914 (Turbolader) Startleistung: 80 PS/59,6 kW bei 5800 U/min Startleistung: 115 PS/84,5 kW bei 5800 U/min Die aktuelle Rotax max. Dauerleistung: 79 PS/58 kW bei 5500 U/min max. Dauerleistung: 100 PS/73,5 kW bei Motorenfamilie Hubraum: 1211 cm3 max. Drehmoment: 103 Nm 5500 U/min Hubraum: 1211 cm3 TBO: 2000 Std. Zulassung: ASTM-konform, max. Drehmoment: 144 Nm TBO: 2000 Std. JAR-22, FAR 33 Zulassung: ASTM-konform, FAR 33, JAR-E Rotax 912 ULS Rotax 582 Startleistung: 100 PS/73,5 kW bei 5800 U/min Start- und max. Dauerleistung: 65 PS/48 kW max. Dauerleistung: 95 PS/69 kW bei 5500 U/min bei 6500 U/min Hubraum: 580 cm3 Hubraum: 1352 cm3, max. Drehmoment: 128 Nm max. Drehmoment: 75 Nm TBO: 300 Std. Heute zählt Rotax in Gunskirchen 1500 Mit- TBO: 2000 Std. Zulassung: ASTM-konform, FAR 33 Zulassung: ASTM-konform arbeiter, weitere 1000 in einem Werk in Mexiko. re etliche ULs an. Den Typ 582 fertigt Rotax noch bis heute. Über anstelle der einfachen Zweitakter nach zuverlässigeren Viertakt- 30 000 Exemplare wurden bereits ausgeliefert. motoren. Rotax antwortet mit dem 912er. Seit 1984 schon haben Ab den 90er Jahren werden die Ultraleichtflugzeuge immer kom- die Gunskirchener Ingenieure an dem neuen Vierzylinder gearbeitet, plexer. Die „fliegenden Gartenstühle“ der Anfangszeit treten mehr der für Rotax der Nukleus einer neuen Motorenära werden soll. Mit und mehr in den Hintergrund. Die ersten ultraleichten Kabinenflug- unten liegenden Nockenwellen, Trockensumpfschmierung, flüssig- zeuge kommen auf den Markt. Schneller, weiter, schwerer wird zu- keitsgekühlten Zylinderköpfen auf luftgekühlten Zylindern, auto- #WeFlyDiamondAircraft nehmend zur Devise. Die Regeln für Ultraleichtflugzeuge, zumindest matischem Ventilspielausgleich und kontaktloser Magnet-Doppel- in Europa, werden mit den leistungsfähigeren und aerodynamisch zündung spielt der neue Boxermotor in einer ganz anderen Liga als immer hochwertigeren Flugzeugen stringenter. Mit den Flugzeugen die bisherigen Flugmotoren des Herstellers.