Gina Lopez Wird Es Schon Richten …
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von Gina Lopez wird es schon richten … Michael Bergbaupolitik und der Nickelabbau Reckordt unter der Ägide einer Umweltaktivistin Der Autor arbeitet bei PowerShift zur deutschen Es war eine Überraschung, als der philippinische konzerne sank am Tag nach ihrer Ernennung um Rohstoffpolitik. Präsident Rodrigo Duterte im Juni 2016 der Jour- über vier Prozentpunkte, am zweiten Tag um wei- nalistin und Umweltaktivistin Regina »Gina« Lopez tere sieben Prozentpunkte. den Vorsitz des Umweltministeriums (Depart- Schon vor den Wahlen im Mai 2016 hatten sich ment of Environment and Natural Resources, kurz: bergbaukritische Umweltorganisationen zu einer DENR) anbot. Um das Angebot anzunehmen, bat »Grünen Koalition« (Green Thumb Coalition) zusam- sich Lopez nur eine kurze Bedenkzeit aus, in der men gefunden, um die Präsidentschaftskandidat/ sie sich unter anderem in Teilen der Zivilgesell- innen auf ihre Anliegen einzuschwören. Die Jahre schaft rückversicherte. unter Präsident Aquino waren trotz anfänglich großer Hoffnungen verlorene Jahre für die Umweltgruppen. Gina Lopez ist sicherlich als schillernde Person In seine Amtszeit fällt die größte ökologische Katast- zu bezeichnen. Die 62jährige ist nach der Ermor- rophe im Bergbau in der Geschichte des Landes. Am dung des Radiojournalisten Gerry Ortega im Januar 1. August 2012 lief aufgrund starken Regens durch 2011 zu einer der bekanntesten Stimmen gegen den den Taifun Gener das Rückhaltebecken der Padcal- Abbau von Rohstoffen auf der Insel Palawan gewor- Mine von Philex über. Das Flusssystem in der Ben- den. Gerry Ortega, ein Radiojournalist aus Puerto guet-Provinz wurde mit 20,6 Millionen Tonnen toxi- Princesa, war ein guter Freund von ihr und hatte schen Rückhalteschlämmen vergiftet. Damit wurden regelmäßig lokale Behörden wegen des Abbaus von zehnmal mehr toxische Stoffe in die Umwelt freige- Nickel und anderen Rohstoffen kritisiert. Der Pro- setzt als 1996 bei dem Marcopper-Desaster, bei dem zess gegen die Hintermänner der Ermordung läuft das Ökosystem der Insel Marinduque zerstört wurde. immer noch. Die beiden Brüder Joel Reyes, zur Zeit Philex wurde dazu verdonnert, eine Milliarde Peso der Ermordung Gouverneur von Palawan, und Mario Strafe wegen der Missachtung des Bergbaugeset- Reyes, ehemaliger Bürgermeister von Coron, sol- zes zu zahlen sowie weitere 190 Millionen Peso zur len den Mord an Ortega am 24. Januar 2011 in Auf- Beseitigung der Umweltschäden. Nachdem im Jahr trag gegeben haben. Im März 2012 entzogen sich 2014 der Betrag beglichen worden war, bekam der die beiden durch eine Flucht nach Thailand weite- Konzern gegen den Protest von Umweltgruppen die ren Untersuchungen, wurden dort aber verhaftet und Abbaulizenz zurück. im September 2015 in die Philippinen ausgeliefert. Erst im September 2016, so berichtete das Nachrich- tenportal Interaksyon, wurde ein Kautionsantrag von Altlasten Joel Reyes durch das Puerto Princesa Regional Trial Court Branch 52 abgelehnt. Beide hatten bei den Der ehemalige Präsident Aquino unterstützte – im Bergarbeiter Wahlen im Mai 2016 für lokale Positionen in Coron Gegensatz zur aktuellen Regierung – einige Berg- durchqueren den vom Nickel kandidiert und verloren. bauunternehmen öffentlich, wie zum Beispiel Glen- rot-verfärbten Nach der Ermordung von Ortega begann sich core/Xstr ata, die das Tampakan-Kupfer-Gold Projekt roten Flusses. Lopez, die sich vorher schon für den Umweltschutz in South Cotabato, Mindanao, betreiben wollten. Foto: Michael eingesetzt hatte, stark an der Kampagne »No to Trotz massiver Menschenrechtsverletzungen, gro- Reckordt, 2015 Mining in Palawan« zu beteiligen. Diese Kampa- gne hatte im Dezember 2015 über zehn Millionen Unterschriften für den Erhalt des UNESCO-Schutzge- bietes und gegen Bergbau auf der Insel gesammelt. Lopez setzte sich zuletzt als Aktivistin ebenfalls für den Erhalt von Korallenriffen und Orten mit hoher Biodiversität ein, wie der Isla Verde in Batangas, auf der Konzerne Kohle abbauen wollen. Als neue Umweltministerin kündigte sie kurz nach ihrer Ernennung an, sowohl Bergbaulizenzen, die Einhaltung von Umweltbestimmungen sowie das gesamte Bergbaugesetz (Mining Act) auf den Prüf- stand zu stellen. Die philippinische Börse reagierte umgehend, der Wert aller börsennotierten Bergbau- südostasien › 4/2016 Gina Lopez wird es schon richten … < Philippinen < 53 ßer Proteste sowie eines lokalen Verbots von offe- Regeln nicht befolgen, dafür bestraft werden sol- nem Tagebau, verteidigte Aquino das Projekt und len. Das Land könne auch ohne Bergbau überle- sprach davon, mögliche »Win-Win-Situationen« zu ben, wurde der neue Präsident unter anderem von finden. Dass der Abbau immer noch nicht begonnen der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Umwelt- hat, liegt an dem starken lokalen Widerstand. Glen- gruppen hoffen nun, dass – die katastrophalen Men- core/ Xstrata gab im Jahr 2015 das Projekt auf und schenrechtslage in dem Land einmal außer Acht verkaufte seine Anteile an SMI, den lokalen Lizenz- gelassen – mit Gina Lopez zumindest eine andere halter. Ein philippinisches Konsortium treibt aber Rohstoffpolitik umgesetzt werden kann. Die vorhe- anscheinend das Projekt weiterhin intensiv voran. rigen Regierungen haben bisher immer nur betont, Auch Aquinos Executive Order (EO 79) zum Berg- dass das Land reich an Bodenschätzen sei und dass bau erfüllte nicht die Erwartungen, die an ihn gestellt sie gewillt seien, diesen Reichtum auch auszubeu- wurden. Zwar enthielt diese Verfügung des Präsiden- ten. Philippinische Geolog/ innen vermuten, dass es ten durch den Beitritt zur internationalen Extractive Bodenschätze mit einem geschätzten Wert von etwa Industry Transparency Initiative (EITI) ein Bekenntnis einer Billion US-Dollar im Land gibt. Unter neun zu stärkerer Transparenz in dem Sektor und enthielt von dreißig Millionen Hektar der Landfläche sol- eine Ausweitung der Definition, an welchen Orten in len Rohstoffe liegen, davon fünf Millionen Hektar Zukunft kein Bergbau stattfinden sollte, doch weder auf Territorien indigener Gemeinschaften. Vor allem eine stärkere finanzielle Beteiligung des Staates noch Gold, Nickel, Kupfer, Silber, Chromit und Zink wer- eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung konnten den abgebaut und exportiert. verankert werden. Die Abbaupläne werden auf internationaler Ebene Die Menschenrechtssituation in dem Sektor blieb sehr kritisch beäugt. Neben den schon erwähnten derweil ebenfalls sehr stark angespannt. Das NGO- Herausforderungen entstanden in den letzten Jahren Netzwerk Alyansa Tigil Mina (Allianz gegen Berg- zwar neue Abbauprojekte, aber kaum neue Arbeits- bau) berichtete für den Zeitraum Januar 2001 bis plätze und es findet keine wirkliche Weiterverarbei- September 2010 von dreißig ermordeten Umwelt- tung im Land statt. Die Philippinen degradieren sich beziehungsweise Anti-Bergbauaktivist/innen. Auch zum Rohstofflieferanten für den Weltmarkt. Häu- wenn die generelle Anzahl an politischen Morden fig bleiben nur die negativen sozialen und ökologi- in der Amtszeit Aquinos abgenommen hat, berich- schen Konsequenzen zurück. Inseln wie Marinduque tet die britische NGO Global Witness in ihrem am oder Rapu-Rapu sind heute noch stille Zeugen der 20. Juni 2016 vorgestellten Report »On dangerous Umweltzerstörung durch den Bergbau. grounds« (siehe www.globalwitness.org/ en/ reports/ dangerous-ground), dass allein im Jahr 2015 33 Umweltschützer/ innen in den Philippinen ermor- Nickelabbau im Fadenkreuz det wurden. Weltweit waren es 185, 42 davon im Bergbausektor, der damit der Sektor mit den meisten Gina Lopez begann ihre Amtszeit als Umweltmi- Morden an Aktivist/ innen war. Von den 33 Todesop- nisterin daher mit großen Erwartung seitens der fern waren mehr als die Hälfte Mitglieder von indi- Zivilgesellschaft. Diesen Erwartungen entgegnete genen Gemeinschaften. Somit landeten die Philippi- sie mit viel Elan und Tatendrang. »Wir haben hier nen nach Brasilien aber noch vor Kolumbien, Peru Bergbau seit mehr als 100 Jahren … und bis heute oder der Demokratischen Republik Kongo auf Rang haben wir nicht ein einziges wieder instandge- zwei der gefährlichsten Länder für Umweltaktivist/ setztes Abbaugebiet«, wird sie im industrienahen innen. Mining-Journal vom 5. September zitiert. Schon Trotz der Unzufriedenheit und Enttäuschung über gleich nach ihrer Amtseinführung begann sie, sich die Regierung Aquino, konnten sich die Green Coa- mit dem Rohstoffabbau auseinander zu setzen. lition sowie Alyansa Tigil Mina im Vorfeld der Wah- Personal im Umwelt- und Ressourcenministerium len nicht auf eine gemeinsame Wahlempfehlung wurde ausgetauscht und alle Abbaulizenzen wer- einigen. Sie haben zwar alle Kandidat/ innen auf ihre den nun einer Überprüfung unterzogen. Dabei umweltpolitischen Programmatiken geprüft, doch wird vor allem die Einhaltung der Umweltaufla- eine eindeutige Wahlempfehlung resultierte nicht gen kontrolliert. Auch die schon erwähnte Padcal- daraus. Das liegt unter anderem daran, dass viele Mine von Philex war darunter, darf aber aufgrund Organisationen aus Mindanao sich für Duterte aus- der nach dem Unglück verabredeten Nachbesse- sprechen wollten, dieser für Menschenrechtsorgani- rungen weiter operieren. Aufgrund von etwaigen sationen allerdings aus den nahe liegenden Gründen Verfehlungen wurde die Schließung von zwanzig ein rotes Tuch war (und ist). der 41 überprüften Minen vorgeschlagen. Beson- Nach dem Wahlsieg von Duterte gingen von dem dere Mängel wurden von Juli bis Oktober 2016 neuen Präsidenten unterschiedliche Signale bezüg- im Nickelsektor festgestellt. Allein neun Nickel- lich des Rohstoffabbaus