von Gina Lopez wird es schon richten … Michael Bergbaupolitik und der Nickelabbau Reckordt unter der Ägide einer Umweltaktivistin Der Autor arbeitet­ bei PowerShift­ zur deutschen Es war eine Überraschung, als der philippinische konzerne sank am Tag nach ihrer Ernennung um Rohstoffpolitik.­ Präsident im Juni 2016 der Jour- über vier Prozentpunkte, am zweiten Tag um wei- nalistin und Umweltaktivistin Regina »Gina« Lopez tere sieben Prozentpunkte. den Vorsitz des Umweltministeriums (Depart- Schon vor den Wahlen im Mai 2016 hatten sich ment of Environment and Natural Resources, kurz: bergbaukritische Umweltorganisationen zu einer DENR) anbot. Um das Angebot anzunehmen, bat »Grünen Koalition« (Green Thumb Coalition) zusam- sich Lopez nur eine kurze Bedenkzeit aus, in der men gefunden, um die Präsidentschaftskandidat/​ sie sich unter anderem in Teilen der Zivilgesell- innen auf ihre Anliegen einzuschwören. Die Jahre schaft rückversicherte. unter Präsident Aquino waren trotz anfänglich großer Hoffnungen verlorene Jahre für die Umweltgruppen. Gina Lopez ist sicherlich als schillernde Person In seine Amtszeit fällt die größte ökologische Katast- zu bezeichnen. Die 62jährige ist nach der Ermor- rophe im Bergbau in der Geschichte des Landes. Am dung des Radiojournalisten Gerry Ortega im Januar 1. August 2012 lief aufgrund starken Regens durch 2011 zu einer der bekanntesten Stimmen gegen den den Taifun Gener das Rückhaltebecken der Padcal- Abbau von Rohstoffen auf der Insel gewor- Mine von Philex über. Das Flusssystem in der Ben- den. Gerry Ortega, ein Radiojournalist aus Puerto guet-Provinz wurde mit 20,6 Millionen Tonnen toxi- Princesa, war ein guter Freund von ihr und hatte schen Rückhalteschlämmen vergiftet. Damit wurden regelmäßig lokale Behörden wegen des Abbaus von zehnmal mehr toxische Stoffe in die Umwelt freige- Nickel und anderen Rohstoffen kritisiert. Der Pro- setzt als 1996 bei dem Marcopper-Desaster, bei dem zess gegen die Hintermänner der Ermordung läuft das Ökosystem der Insel Marinduque zerstört wurde. immer noch. Die beiden Brüder Joel Reyes, zur Zeit Philex wurde dazu verdonnert, eine Milliarde Peso der Ermordung Gouverneur von Palawan, und Mario Strafe wegen der Missachtung des Bergbaugeset- Reyes, ehemaliger Bürgermeister von Coron, sol- zes zu zahlen sowie weitere 190 Millionen Peso zur len den Mord an Ortega am 24. Januar 2011 in Auf- Beseitigung der Umweltschäden. Nachdem im Jahr trag gegeben haben. Im März 2012 entzogen sich 2014 der Betrag beglichen worden war, bekam der die beiden durch eine Flucht nach Thailand weite- Konzern gegen den Protest von Umweltgruppen die ren Untersuchungen, wurden dort aber verhaftet und Abbaulizenz zurück. im September 2015 in die Philippinen ausgeliefert. Erst im September 2016, so berichtete das Nachrich- tenportal Interaksyon, wurde ein Kautionsantrag von Altlasten Joel Reyes durch das Puerto Princesa Regional Trial Court Branch 52 abgelehnt. Beide hatten bei den Der ehemalige Präsident Aquino unterstützte – im Bergarbeiter Wahlen im Mai 2016 für lokale Positionen in Coron Gegensatz zur aktuellen Regierung – einige Berg- durchqueren den vom Nickel kandidiert und verloren. bauunternehmen öffentlich, wie zum Beispiel Glen- rot-verfärbten Nach der Ermordung von Ortega begann sich core/Xstr​ ata, die das Tampakan-Kupfer-Gold Projekt roten Flusses. Lopez, die sich vorher schon für den Umweltschutz in South Cotabato, , betreiben wollten. Foto: Michael eingesetzt hatte, stark an der Kampagne »No to Trotz massiver Menschenrechtsverletzungen, gro- Reckordt, 2015 Mining in Palawan« zu beteiligen. Diese Kampa- gne hatte im Dezember 2015 über zehn Millionen Unterschriften für den Erhalt des UNESCO-Schutzge- bietes und gegen Bergbau auf der Insel gesammelt. Lopez setzte sich zuletzt als Aktivistin ebenfalls für den Erhalt von Korallenriffen und Orten mit hoher Biodiversität ein, wie der Isla Verde in Batangas, auf der Konzerne Kohle abbauen wollen. Als neue Umweltministerin kündigte sie kurz nach ihrer Ernennung an, sowohl Bergbaulizenzen, die Einhaltung von Umweltbestimmungen sowie das gesamte Bergbaugesetz (Mining Act) auf den Prüf- stand zu stellen. Die philippinische Börse reagierte umgehend, der Wert aller börsennotierten Bergbau- südostasien › 4/2016 Gina Lopez wird es schon richten … < Philippinen < 53 ßer Proteste sowie eines lokalen Verbots von offe- Regeln nicht befolgen, dafür bestraft werden sol- nem Tagebau, verteidigte Aquino das Projekt und len. Das Land könne auch ohne Bergbau überle- sprach davon, mögliche »Win-Win-Situationen« zu ben, wurde der neue Präsident unter anderem von finden. Dass der Abbau immer noch nicht begonnen der Nachrichtenagentur Reuters zitiert. Umwelt- hat, liegt an dem starken lokalen Widerstand. Glen- gruppen hoffen nun, dass – die katastrophalen Men- core/​Xstrata gab im Jahr 2015 das Projekt auf und schenrechtslage in dem Land einmal außer Acht verkaufte seine Anteile an SMI, den lokalen Lizenz- gelassen – mit Gina Lopez zumindest eine andere halter. Ein philippinisches Konsortium treibt aber Rohstoffpolitik umgesetzt werden kann. Die vorhe- anscheinend das Projekt weiterhin intensiv voran. rigen Regierungen haben bisher immer nur betont, Auch Aquinos Executive Order (EO 79) zum Berg- dass das Land reich an Bodenschätzen sei und dass bau erfüllte nicht die Erwartungen, die an ihn gestellt sie gewillt seien, diesen Reichtum auch auszubeu- wurden. Zwar enthielt diese Verfügung des Präsiden- ten. Philippinische Geolog/​innen vermuten, dass es ten durch den Beitritt zur internationalen Extractive Bodenschätze mit einem geschätzten Wert von etwa Industry Transparency Initiative (EITI) ein Bekenntnis einer Billion US-Dollar im Land gibt. Unter neun zu stärkerer Transparenz in dem Sektor und enthielt von dreißig Millionen Hektar der Landfläche sol- eine Ausweitung der Definition, an welchen Orten in len Rohstoffe liegen, davon fünf Millionen Hektar Zukunft kein Bergbau stattfinden sollte, doch weder auf Territorien indigener Gemeinschaften. Vor allem eine stärkere finanzielle Beteiligung des Staates noch Gold, Nickel, Kupfer, Silber, Chromit und Zink wer- eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung konnten den abgebaut und exportiert. verankert werden. Die Abbaupläne werden auf internationaler Ebene Die Menschenrechtssituation in dem Sektor blieb sehr kritisch beäugt. Neben den schon erwähnten derweil ebenfalls sehr stark angespannt. Das NGO- Herausforderungen entstanden in den letzten Jahren Netzwerk Alyansa Tigil Mina (Allianz gegen Berg- zwar neue Abbauprojekte, aber kaum neue Arbeits- bau) berichtete für den Zeitraum Januar 2001 bis plätze und es findet keine wirkliche Weiterverarbei- September 2010 von dreißig ermordeten Umwelt- tung im Land statt. Die Philippinen degradieren sich beziehungsweise Anti-Bergbauaktivist/innen.​ Auch zum Rohstofflieferanten für den Weltmarkt. Häu- wenn die generelle Anzahl an politischen Morden fig bleiben nur die negativen sozialen und ökologi- in der Amtszeit Aquinos abgenommen hat, berich- schen Konsequenzen zurück. Inseln wie Marinduque tet die britische NGO Global Witness in ihrem am oder Rapu-Rapu sind heute noch stille Zeugen der 20. Juni 2016 vorgestellten Report »On dangerous Umweltzerstörung durch den Bergbau. grounds« (siehe www.globalwitness.org/​en/​reports/​ dangerous-ground), dass allein im Jahr 2015 33 Umweltschützer/​innen in den Philippinen ermor- Nickelabbau im Fadenkreuz det wurden. Weltweit waren es 185, 42 davon im Bergbausektor, der damit der Sektor mit den meisten Gina Lopez begann ihre Amtszeit als Umweltmi- Morden an Aktivist/innen​ war. Von den 33 Todesop- nisterin daher mit großen Erwartung seitens der fern waren mehr als die Hälfte Mitglieder von indi- Zivilgesellschaft. Diesen Erwartungen entgegnete genen Gemeinschaften. Somit landeten die Philippi- sie mit viel Elan und Tatendrang. »Wir haben hier nen nach Brasilien aber noch vor Kolumbien, Peru Bergbau seit mehr als 100 Jahren … und bis heute oder der Demokratischen Republik Kongo auf Rang haben wir nicht ein einziges wieder instandge- zwei der gefährlichsten Länder für Umweltaktivist/​ setztes Abbaugebiet«, wird sie im industrienahen innen. Mining-Journal vom 5. September zitiert. Schon Trotz der Unzufriedenheit und Enttäuschung über gleich nach ihrer Amtseinführung begann sie, sich die Regierung Aquino, konnten sich die Green Coa- mit dem Rohstoffabbau auseinander zu setzen. lition sowie Alyansa Tigil Mina im Vorfeld der Wah- Personal im Umwelt- und Ressourcenministerium len nicht auf eine gemeinsame Wahlempfehlung wurde ausgetauscht und alle Abbaulizenzen wer- einigen. Sie haben zwar alle Kandidat/​innen auf ihre den nun einer Überprüfung unterzogen. Dabei umweltpolitischen Programmatiken geprüft, doch wird vor allem die Einhaltung der Umweltaufla- eine eindeutige Wahlempfehlung resultierte nicht gen kontrolliert. Auch die schon erwähnte Padcal- daraus. Das liegt unter anderem daran, dass viele Mine von Philex war darunter, darf aber aufgrund Organisationen aus Mindanao sich für Duterte aus- der nach dem Unglück verabredeten Nachbesse- sprechen wollten, dieser für Menschenrechtsorgani- rungen weiter operieren. Aufgrund von etwaigen sationen allerdings aus den nahe liegenden Gründen Verfehlungen wurde die Schließung von zwanzig ein rotes Tuch war (und ist). der 41 überprüften Minen vorgeschlagen. Beson- Nach dem Wahlsieg von Duterte gingen von dem dere Mängel wurden von Juli bis Oktober 2016 neuen Präsidenten unterschiedliche Signale bezüg- im Nickelsektor festgestellt. Allein neun Nickel- lich des Rohstoffabbaus aus. Ende Juli machte er minen sollen geschlossen werden. Dies hat eine deutlich, dass Konzerne, die die (Umweltschutz-) direkte Auswirkung auf den globalen Nickelpreis

54 > Philippinen > Gina Lopez wird es schon richten … südostasien ‹ 4/2016 gehabt, der von 8.500 auf über 10.500 US-Dollar pro Tonne anstieg. Da Nickel ein häufig unbeachteter Rohstoff ist, dessen Abbau in den Philippinen aber große nega- tive Auswirkungen hat, macht es Sinn, sich diesen Rohstoff einmal genauer anzusehen. Deutschland war im Jahr 2014 der fünftgrößte Verbraucher von Nickel (2013 sogar noch der viertgrößte). Laut der BGR (Bundesanstalt für Geowissenschaften und Roh- stoffe) wurden über 70.000 Tonnen Nickelmetall und über 20.000 Tonnen Ferronickel importiert. Vor allem die hochentwickelte Edelstahlindustrie ist ein Hauptabnehmer von Raffinade-Nickel (3,6 Prozent der Weltproduktion), von dem weitere 68.000 Ton- Und das obwohl ein Jahr zuvor, im Juli 2014, sämt- Doc Ben doku­ nen importiert wurden. Das Nickel wird in Deutsch- liche Abbautätigkeiten stillgelegt worden sind. »Die mentiert Lecka­ land vor allem wegen seines Korrosionsschutzes Unternehmen«, so erklärt der Doktor und Umwelt- gen. Foto: Michael zur Veredelung von Metallgegenständen, vor allem aktivist Benito Molino, »behaupten, die Farbe sei Reckordt, 2015 eisenhaltigen, genutzt. Deutsche Unternehmen, die natürlich. Doch das stimmt nicht. Eine natürli- diese Rohstoffe nutzen, müssen bislang ihre Liefer- che Trübung kann bräunlich sein. Doch die bräun- ketten nicht verbindlich auf negative menschenrecht- lichen Sedimente sind meistens nach zwei Tagen liche Auswirkungen überprüfen. Eine gravierende Regen ausgewaschen.« Insgesamt vier mittelgroßen Lücke, wie unterschiedliche deutsche NGOs – dar- Unternehmen ist schon 2014 die Erlaubnis entzogen unter Misereor, Brot für die Welt, Germanwatch und worden, weiter Nickel in den Bergen von Sta. Cruz auch PowerShift – betonen, denn freiwillige Rege- abzubauen. Dies ist ein Erfolg der Arbeit von Benito lungen, sei es über OECD-Leitlinien oder UN-Leit- Molino und den besorgten Bürger/​innen von Sta. prinzipien, haben bisher nicht dazu geführt, dass Cruz, Zambales (Concerned Citizens of Sta. Cruz, Unternehmen ihre Verantwortung wahrnehmen. Zambales – CCOS). »Doc Ben«, wie ihn Fischer, Far- Laut International Nickel Study Group kommen merinnen und sogar der Wachmann eines Bergbau- 47 Prozent der weltweiten Nickelproduktion aus konzerns respektvoll nennen, hat vor gut fünf Jahren Asien. Mit 410.800 Tonnen und 19,4 Prozent Anteil angefangen, den Protest vor Ort zu organisieren. an der Weltproduktion waren die Philippinen im Jahr 2014, laut Angaben der BGR, der wichtigste Produzent von Nickel. Der Abbau in dem Land trägt Zerstörerischer Nickelabbau allerdings nur selten zum Wohlstand der örtlichen Bevölkerung bei. Stattdessen schadet die Rohstoff- Wie der Nickelabbau die lokale Existenz gefährdet, gewinnung den Menschen in den Abbauregionen in illustrieren verschiedene Beispiele. Luisito Capili, ein der Regel und zerstört die Umwelt. Ein gutes Beispiel älterer Mann, ist einer der vielen Fischteich-Besitzer in dafür ist der Nickelabbau in der Stadt Santa Cruz in der Stadt. Er lebt von der Fischzucht und besitzt zwei der Provinz Zambales. Die Provinz liegt im Nord- Hektar, seine Familie weitere dreizehn. Bis zu einer westen der Hauptinsel . Bergbau gab es dort Million Peso (20.000 Euro) setzen sie durch den Ver- schon in den 1940er Jahren, als das US-Unterneh- kauf von Fisch, Schrimps, Muscheln und Krebsen im men Acoje Mining dort Chrom abbaute. Die Chrom- Jahr um. Im August 2013 fegte Taifun Labuyo über die Lagerstätten gelten nach heutigem Stand der Tech- Fischteiche, zerstörte die Schutzdämme und Flusswas- nik als ausgeschöpft. In den späten 1980er Jahren, so ser ergoss sich in die Fischfarmen. Im Oberlauf des der ehemalige Stadtrat Jun Ebdio in einem Interview, Flusses wird Nickel abgebaut und hier brachen die habe der Abbau geendet. Da es sich um Untertage- Rückhaltebecken. Nickel setzte sich überall entlang Bergbau handelte, habe es keine größeren Probleme des Flusslaufes ab. Die Teiche wurden zerstört, die gegeben. Zumindest keine katastrophalen wie heute. Fische und Krebse starben. Erst im Januar 2015 wur- Wenn man in Sta. Cruz abkommt, sind die Fol- den die Fischteiche wieder hergestellt. Wobei »wieder gen des Abbaus kaum zu übersehen. Die Straßen hergestellt« die offizielle Version ist. Die Nickelrück- weisen deutliche Spurrillen der Lastkraftwagen auf, stände wurden von dem verantwortlichen Konzern, die in den letzten Jahren das Nickel von den Ber- Benguet Corporation, ausgebaggert und dann als gen zum Hafen transportiert haben. Die Stadt wird Dämme verbaut. Damit die Bagger die Dämme nut- durchzogen von mehreren großen Flüssen, die hier zen konnten, wurden diese verbreitert. Dafür mussten ins Meer münden. Bei einem Besuch präsentier- allerdings – ohne Kompensation – alle Mangroven-, ten sich zwei von ihnen, der Bayto River und der Mango- und andere Bäume abgeholzt werden. Sta. Cruz River, als deutlich rot gefärbt – Anzeichen »Schau, es [Anm. d. Red.: dieser Damm] ist nun dafür, dass sie Nickelauswaschungen mit sich tragen. so breit wie ein Highway«, sagt Luisito Capili und südostasien › 4/2016 Gina Lopez wird es schon richten … < Philippinen < 55 schüttelt den Kopf. Was früher mal Fischteiche in Gina wird es schon richten? einer ertragreichen, grünen Umgebung waren, sieht heute aus wie eine Wasserwüste. Schlimmer noch, Um 2006 habe der Nickelabbau in Sta. Cruz ange- das Nickel ist noch da, in den Dämmen, die wiede- fangen und zwar mit einer »Phantom-Mine«. Jun rum schon ein halbes Jahr nach der Errichtung zum Ebido, ehemaliger Stadtrat, schaut mich mit gro- Teil durch den Fluss erodieren. Kein Wunder: Weder ßen Augen an. Er ist über 60 Jahre alt, hat aber ein die Stadt, noch die Umweltbehörde oder die Berg- jugendliches, leicht verschmitztes Lächeln. »Weißt baubehörde haben die Arbeit an den Fischteichen Du, warum wir sie Phantommine nennen?« Ich ver- beaufsichtigt. »Bisher haben sie mehr zerstört als neine. »Sie haben nie irgendeine Lizenz zeigen kön- repariert«, sagt Luisito Capili fast schon resignierend nen.« Weder für den Abbau im Barangay Guisguis, über die Wiederherstellungsversuche des Konzerns. noch für den Hafen, wo sie das Nickel lagern. Diese Über die finanzielle Entschädigung wurde ein Jahr Phantommine zerstörte durch das Gewicht der LKWs nach der Zerstörung noch gestritten. die Straßen und durch Leckagen verschmutze sie den Doch nicht nur die Fischteichbesitzer sind von Fluss. Josephin Astadan bestätigt das. Sie arbeitete dem Nickel im Fluss betroffen, sondern auch die jahrelang als Lehrerin und würde gerne ihren Ruhe- Reisbäuerinnen und -bauern sowie die Fischer am stand genießen, sich um ihr Haus und die vielen Fluss und an der Küste. Der Fischer Salvador Cortez Pflanzen kümmern. Doch da es in der Vergangen- sagt, dass drei bis fünf nautische Seemeilen vor der heit keine Kontrollen gab, weder vom DENR noch Küste die Farbe des Wassers noch immer rot sei. Wil- von sonst einer Behörde, seien sie aktiv geworden. son Arcelao, Vorsitzender der Eigenheimvereinigung Jun Ebido ergänzt: »Wir haben uns bei dem nati- an der Küste und ebenfalls Fischer, versichert, dass onalen Direktor des MGB (Mines and Geoscience er schon in bis zu 30 Seemeilen die rote Farbe des Bureau) beschwert.« Doch erst nach der Ernen- Nickels gesehen habe. Beide bestätigen, die Korallen nung von Gina Lopez als Ministerin kam wirklich seien schon lange tot. Durch die nickelhaltigen Abla- Bewegung in die ganze Sache. Mittlerweile sind alle gerungen im Fluss seien sie gestorben und mit den Lizenzen der Nickelunternehmen erneut ausgesetzt. Korallen seien auch die Fische weg. »Die Bergbau- Ende Oktober 2016 kündigte aber die Benguet Cor- konzerne kümmert das nicht!« sagt Salvador Cortez poration an, gegen die Entscheidung des DENR vor mit bitterem Unterton. Gericht zu ziehen und den weiteren Abbau juristisch Auch Mario Bacho ist ein Fischer. Er hatte eine durchzusetzen. fest installierte Falle im Santa Cruz-Fluss und konnte Das Nickel wird von Zambales nach China ver- damit seine Familie mit fünf Kindern versorgen. Doch schifft. Doch nicht nur das Nickel, sondern de facto heute gibt es keine Fische mehr im Fluss. Das Gewäs- der halbe Berg. Daraus wird in China dann das ser sei zu schlammig. Hin und wieder fängt er noch Metall gewonnen, das wir in Deutschland unter ein paar Fingerlinge. Diese kann er immerhin an die anderem für die Veredelung von Stahl benötigen. Fischzucht-Besitzer verkaufen, als Fischfutter für die Laut Josephine Astadan von CCOS verlassen jede Zucht – vor allem in den Nachbargemeinden, wo Woche ein bis zwei Schiffe den Hafen von Santa diese noch existiert. Auf die Frage, was das für ihn Cruz. Denn obwohl der Abbau ausgesetzt werden und seine Familie konkret an Auswirkungen hätte, musste, weil die Konzerne Umweltauflagen nicht entgegnet er, dass sie nun nur noch zwei Mahlzeiten eingehalten hatten, sind die Vorräte am Hafen groß pro Tag hätten, manchmal nur eine. Von den Berg- genug, um noch weitere Rohstoffe nach China zu baukonzernen gab es derweil keine Reaktion, kei- bringen. Jede Schiffsladung soll einen Wert von vier nen Schadensersatz für die Fischer. Salvador Cortez, bis fünf Millionen US-Dollar besitzen. Die 3.000 der in einer langen Fischerhose neben Mario Bacho Arbeiter der vier Unternehmen erhielten Löhne in sitzt, als käme er gerade aus dem Wasser, nickt nur. Höhe von 400 Mio. Pesos (ca. 8 Mio. Euro), den Er habe früher pro Tag 13 bis 15 Kilo Fisch gefan- Gegenwert von zwei Schiffsladungen Nickel. Pro gen, im Wert von 1.300 bis 1.500 Peso (umgerechnet Arbeiter sind das im Durchschnitt pro Monat weit 26 bis 30 Euro). Heute seien es meistens null Kilo, weniger als 250 Euro. Ansonsten bleibt von den manchmal vielleicht ein Kilo für die Familie. Auch 8,5 Mio. MT, die pro Jahr nach China geschafft wer- seine Familie musste die Mahlzeiten reduzieren. Er den, wenig in den Philippinen. fühle sich jetzt viel häufiger schläfrig. Und nicht nur Generell versuchen Green Coalition und Alyansa die Anzahl der Mahlzeiten, auch die Menge musste Tigil Mina die Bereitschaft der neuen Regierung, reduziert werden. Früher gab es ein Kilo Reis für die beim Rohstoffabbau zu handeln, zu nutzen und über Familie pro Mahlzeit. Dieser kostet 38 Peso (75 Cent) Abgeordnete den Entwurf eines alternativen Berg- pro Kilo. Heute ist es nur noch ein ¾ Kilogramm, baugesetzes (Alternative Mineral Management Bill) dazu bloß der staatlich subventionierte Reis der Nati- erneut in den Kongress einzubringen. Darin wird onal Food Authority, der von minderer Qualität ist. gefordert, ein stärkeres, faires, frühzeitigeres und ver- Er bekäme davon Magenprobleme, aber den anderen bindlicheres Mitspracherecht für indigene Gemein- Reis, den besseren, könne er sich nicht mehr leisten. schaften und betroffene Gruppen durchzusetzen. So

56 > Philippinen > Gina Lopez wird es schon richten … südostasien ‹ 4/2016 Die toten Fisch­ teiche nach der Kontaminierung mit Nickel Foto: Michael Reckordt, 2015

genannte No-Go-Areas sollen eingerichtet werden, zum Mining Act of 1995 und stellen dagegen die und die Ausbeutung der Rohstoffe soll nicht, wie Interessen der breiten Bevölkerung in den Vorder- bisher, rein extraktiv vonstatten gehen, sondern die grund. Ob unter Gina Lopez und Präsident Duterte Bodenschätze sollen auch im Land weiterverarbei- dieser Gesetzesentwurf eine Chance hat, wird sich in tet werden. Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, der den nächsten Monaten zeigen. Wiederverwertung und sparsamen Verwendung von Denn auch die Industrie ist auf verschiedenen Mineralien Vorrang einzuräumen. Auf den Export Ebenen aktiv. Im Moment scheint es vor allem um von Bodenschätzen soll weitgehend verzichtet wer- die Delegitimierung von Lopez zu gehen. So wird den und ausländische Bergbauunternehmen vom zum Beispiel ein Geowissenschaftler der Univer- Abbau ausgeschlossen werden. Nur so viele Boden- sity of the , Dr. Carlo A. Arcilla, bei GMA schätze sollen abgebaut werden, wie für den heimi- online zitiert, dass er ihre guten Intentionen zwar schen Verbrauch und die Industrialisierung notwen- nicht bezweifele, »aber ich denke wirklich, dass sie dig sind. Die Umsetzung strenger Umweltrichtlinien nicht qualifiziert ist für diese Position und ich bin sowie die substanzielle Beteiligung der öffentlichen nicht allein damit«. Der Geologe wirft Lopez man- Haushalte an den Erlösen stehen im Widerspruch gelndes wissenschaftliches Verständnis vor. 

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