www.vds-astro.de ISSN 1615-0880 III/2015 Nr. 54 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Schwerpunktthema 20 Jahre VdS-Fachgruppe

Eine kleine Deutsche Montierung Komet C/2014 Q2 Lovejoy Sternfinsternis in den Plejaden Seite 60 Seite 86 Seite 125 Dark Sky Editorial 1

Liebe Mitglieder, liebe Sternfreunde,

der Sommer mit seiner „späten“ Abenddämmerung macht es dem Sternfreund, der am nächsten Morgen „früh raus“ muss, schwer: Wegen der Sommerzeit (MESZ) wird es erst sehr spät dunkel und man muss einen Großteil seiner Nachtruhe opfern, will man am Abend noch Beobachtungen anstellen. Doch auch in diesem Quartal gibt es einige astronomische Highlights, auf die der geneigte Sternfreund sein Augenmerk richten wird.

Unser Nachbarplanet Venus erreicht am 10. Juli seine größte Helligkeit am Unser Titelbild: Abendhimmel und begegnet bereits am 1. 7. Jupiter in nur 0,4 Grad Abstand. Allsky-Aufnahme über dem Natural Saturn zeigt uns einen weit geöffneten Ring, steht wegen seiner Stellung im Bridges National Monument in Utah/USA, Sternbild Skorpion jedoch recht tief am frühen Abendhimmel. Venus wechselt das 2007 als erster International Dark Ende August auf den Morgenhimmel, wo sie am 21. September ihre größte Sky Park von der International Dark Sky Helligkeit mit -4,8 mag erreichen wird. Association IDA anerkannt wurde. Die Aufnahme wurde mit einem Sigma- Der Meteorschauer der Perseiden erreicht am 13. August seinen Höhepunkt. Fischauge 1:2,8/4,5 mm und einer Canon Wunderbar, dass am 14. Neumond ist, so wird man die ganze Nacht Meteore EOS 550D mit 5 Minuten Belichtungszeit beobachten können. bei ISO 800 am 24.03.2014 um 03:55 UT gemacht. Nachgeführt wurde mit einem Kleinplanet Vesta wird zum Oppositionszeitpunkt am 29. September 6,2 mag NanoTracker. Die Milchstraße und das hell. Und am 4. September lässt sich ihre Bewegung sehr schön verfolgen, wenn Zodiakalband kreuzen sich hier über dem sie in nur 18 Bogensekunden Abstand am 6,7 mag hellen Stern SAO 129056 im Himmel. Nur im Süden und Südwesten Sternbild Walfisch vorüberzieht. (Bildrand links) sind künstliche Licht- quellen zu erkennen, vor allem sind dies Der äußerste Planet Neptun steht am 9. September in Opposition zur Sonne Lichtquellen im Monument Valley. Die und erreicht bei einem Winkeldurchmesser von 2,4 Bogensekunden immerhin roten Lichter am oberen Rand stammen 7,8 mag. Ein auffälliger Farbkontrast zwischen Mars und ergibt sich von der Anzeige gleichzeitiger SQM- am 25. September, wenn nur 47 Bogenminuten die beiden Objekte trennen. Messungen, es wurde eine Himmels- Flächenhelligkeit von 21,68 mag/arcsec2² Aber DAS astronomische Ereignis dieses Quartals ist wohl die nahezu in gemessen. Bildautor ist Andreas Hänel. vollständiger Länge in Mitteleuropa beobachtbare totale Mondfinsternis am 28. September.

Das Schwerpunktthema dieses Heftes ist unserem dunklen Nachthimmel ge- widmet, den wir in Europa leider nur noch selten antreffen und den wir, die VdS, als schützenswert erachten.

Darüber wird wohl auch auf der diesjährigen Tagung und Mitgliederversamm- lung der VdS gesprochen werden. Entgegen der Vorankündigung im letzten Heft wird sie in Braunschweig am Samstag, dem 21. November 2015 stattfinden. Unsere Mitglieder werden dazu noch mit separatem Schreiben eine Einladung erhalten. Bitte beachten Sie hierzu auch die kommenden Ankündigungen des VdS-Vorstands auf unserer Homepage www.vds-astro.de. Sehen wir uns auf der Tagung? Ich würde mich freuen. Bis dahin, herzliche Grüße

Werner E. Celnik

VdS-Journal Nr. 54 2 Inhalt

ASTROFOTOGRAFIE Das Astrofoto des Jahres 2014 64

METEORE Der neue Blick auf Meteorströme 104

1 EDITORIAL FACHGRUPPENBEITRÄGE AMATEURTELESKOPE/SELBSTBAU 2 INHALTSVERZEICHNIS 60 Eine kleine Deutsche Montierung mit je einem Vierpunktlager pro Achse

SCHWERPUNKTTHEMA: 20 JAHRE ASTROFOTOGRAFIE VdS-FACHGRUPPE DARK SKY 64 Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie 4 20 Jahre Fachgruppe Dark Sky – Das Astrofoto des Jahres 2014 7 50.000 neue LED-Straßenleuchten – Konsequenzen 65 Astrofotografen und Nordlichter für den Nachthimmel 67 Amerikanische Nationalparks in der Nacht 14 Welches Licht schützt den Sternhimmel? ATMOSPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 18 Es geht doch! Eine Kleinstadt setzt auf neues Licht 72 Nebelsuppe: Bericht vom Treffen der Beobachter 21 Einfluss von hellen Lichtquellen auf Messungen atmosphärischer Erscheinungen mit dem SQM-L 24 Wolken können auch nützlich sein COMPUTERASTRONOMIE 28 Walkers Law in eigener Erfahrung 76 Das Bahnelement W und Gegenschweifbeob- 33 Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem achtungen bei Kometen Sky Quality Meter 77 Vom Algorithmus zur eigenen Software Virtuelle Observatorien 36 Nachthimmelhelligkeit bei Osnabrück 2006-2014 78 78 Bonsai – numerische Integration auf Nvidia- 38 Nachthimmelhelligkeit in Esslingen 2008-2014 Grafikkarten 40 Lichtverschmutzung aus dem Weltall verfolgt 79 Software 46 Lichtverschmutzung – oder wie man damit leben 79 Interactive AladinLite view kann (muss) 80 Bücherkiste 49 Erhellendes zum Licht! 52 Politik, Wirtschaft, Lichtverschmutzung – ein GESCHICHTE Erfahrungsbericht 80 Das Rätsel der Rotation des Jupiters 57 Mehr Licht, weniger Sicherheit?! 81 Neues aus der Fachgruppe Geschichte der Astronomie

KLEINE PLANETEN 83 Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten 84 Kosmische Begegnungen VdS-Journal Nr. 54 Inhalt 3

BEOBACHTERFORUM Sonnenfinsternis über dem Grand Canyon 138

SPEKTROSKOPIE Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 112

VDS-NACHRICHTEN Die 32. VdS-Tagung am 21./22. November in Braunschweig 129

KOMETEN VDS-NACHRICHTEN 86 Der Komet C/2014 Q2 Lovejoy – Entwicklung 129 Die 32. VdS-Tagung bis zum Perihel am 21. und 22. November 2015 in Braunschweig 90 Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 Lovejoy 129 Spenden an die Vereinigung der Sternfreunde e. V. 130 Wir begrüßen neue Mitglieder METEORE 104 Der neue Blick auf Meteorströme VDS VOR ORT / TAGUNGSBERICHTE 131 33. BoHeTa an der Ruhr-Universität Bochum SONNE 108 Riesen-Sonnenfleck AR 12192 am 24. Oktober 2014 SERVICE 110 Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 135 Himmelsvorschau Juli-September 2015 2. Halbjahr 2014 BEOBACHTERFORUM SPEKTROSKOPIE 138 Sonnenfinsternis über dem Grand Canyon: 112 Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark – Eine Reise zur partiellen Sonnenfinsternis Startschuss in die wunderbare Welt der Spektroskopie am 23.10.2014 in die USA 113 Bau von Spektrografen 115 Ein Spektrograf mittlerer Auflösung IMPRESSION 121 Spektroskopische Aktivitäten im Nightsky- 110 Der junge Mond umarmt den alten Observatorium VORSCHAU STERNBEDECKUNGEN 142 Vorschau auf astronomische Veranstaltungen 122 Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im Juli-September 2015 3. Quartal 2015 125 Sternfinsternis in den Plejaden – Kleinplanet (2520) Novorossijsk bedeckt den Stern 24 Tauri HINWEISE VERÄNDERLICHE 126 BAV Veränderlichenbeobachtungs- und 5 Ihr Beitrag im VdS-Journal für Astronomie! Urlaubswoche 2015 56 Inserentenverzeichnis 127 Rho Cassiopeiae 1994-2014 130 Impressum 144 Autorenverzeichnis 4 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

20 Jahre Fachgruppe Dark Sky von Andreas Hänel

Vor fast 20 Jahren hat sich die Fach­ gruppe Dark Sky gebildet und vor fast zehn Jahren erschien das letzte Schwer- punkthema des VdS-Journals zur Licht- verschmutzung. Daher ist es jetzt Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

Die öffentliche Beleuchtung, besonders die Straßenbeleuchtung, wird unter der Knappheit der öffentlichen Finanzen energieeffizienter und auch die „Licht­ lenkung“ wird immer effektiver. Nur noch kleine Prozentsätze des verwen- deten Lichts werden unmittelbar in den Himmel abgestrahlt.

Dies trifft für andere Beleuchtungszwe- cke indes kaum zu. Hinzu kommt, dass der Energieverbrauch von LED-Leucht- mitteln inzwischen minimal ist und de- ren Anschaffungskosten kaum noch über denen konventioneller Lichtquellen lie- gen, sofern diese überhaupt noch ange- boten werden.

Wie die Auswertung von Aufnahmen städtischer Gebiete durch die ISS zeigt, gehören Fassadenbeleuchtungen von un- ten durch Bodenstrahler oder von an den Fassaden angebrachten, nach oben ge- richteten Strahlern zu denjenigen Licht- quellen, die das meiste Licht ungenutzt in den Himmel strahlen (Abb. 1).

Das gilt inzwischen aber nicht mehr nur für Innenstädte. Gerade die mit LED machbaren kleinen Bauformen ermögli- chen eine massenhafte Beleuchtung von Gebäuden, die regelrecht „ansteckend“ wirkt und immer mehr Nachahmer fin- det. Wenn das Ganze dann auch noch schön bunt ist, wird es womöglich gleich als „Lichtkunst“ bezeichnet (Abb. 2). 1 Außenbeleuchtung eines Versicherungsgebäudes in Nürnberg Eine wesentlich stärkere Belastung der Natur stellt die auf gleiche Weise reali- sierte Beleuchtung von Bäumen dar, die der öffentlichen Beleuchtung wegen ih- Dennoch hat sich in den letzten 20 Jahren im Sommer massenhaft Insekten anzieht rer Ineffizienz kaum noch zu finden sind, viel getan, denn das Problem der Licht- und im Winter das meiste Licht ungehin- werden sie nun palettenweise in den verschmutzung ist auch immer weiter dert gen Himmel strahlt (Abb. 3). Baumärkten zu Spottpreisen angeboten. in Öffentlichkeit und Politik vorgerückt. Weil es der Nachbar in seinem Garten So hat – zurückgehend auf das Jahr der Durch Angebote in Baumärkten und Dis- nun „so schön hell“ hat, kann kaum ein Astro­nomie 2009 – das Bundesminis- countern werden solche Beleuchtungen Gartenbesitzer dem Kauf- und Installa- terium für Bildung und Forschung für auch immer mehr in privaten Gärten tionszwang solcher Lichtschleudern wi- drei Jahre das interdisziplinäre Projekt eingesetzt. Und während Lichtkugeln in derstehen (Abb. 4). „Verlust der Nacht“ für Forschungsinsti-

VdS-Journal Nr. 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky 5

20 Jahre Fachgruppe Dark Sky von Andreas Hänel

2 Das Ars-Electronica-Center in Linz mit wechselnder, farbiger Beleuchtung Hinweis

tute vor allem in und um Berlin herum Ihr Beitrag im gefördert [1]. Die wissenschaftlichen Er- gebnisse sind noch nicht alle ausgewertet VdS-Journal für Astronomie! und veröffentlicht, aber einige, wie die Nachtflüge über Berlin, haben eine brei- Nachdem wir die Artikel-Annahme für unser Journal 55 abgeschlossen haben, te Resonanz gefunden. Ein Folgeprojekt möchten wir gerne auf unsere zukünftigen Schwerpunktthemen hinweisen: läuft zurzeit auf europäischer Ebene als „Sternwarten-Bau und automatische Teleskopsteuerung“ in Journal Nr. 56 „Loss of the Night Network“, womit die Redaktionsschluss: 01.08.2015 europäische Kooperation in Wissenschaft Redakteur: Herbert Zellhuber, [email protected] und Technologie gefördert wird [2]. An beiden Projekten war und ist unsere Fach- „Der Südsternhimmel“ in Journal Nr. 57 gruppe beteiligt. Ein Wettbewerb „Ener- Redaktionsschluss: 01.11.2015 gieeffiziente Straßenbeleuchtung“ in Redakteur: Peter Riepe, [email protected] den Jahren 2008-2011 wurde vom Bun- desministerium für Umwelt, Naturschutz „Mitgliedssternwarten“ in Journal Nr. 58 und Reaktorsicherheit mit einem Auftrag Redaktionsschluss: 01.02.2016 Redakteur: Dietmar Bannuscher, [email protected] an den Naturschutzbund begleitet, die Lichtverschmutzung bei der kommuna- Zur Gestaltung unserer Journale benötigen wir Beiträge der Mitglieder. Dies kann len Lichtplanung zu berücksichtigen [3]. sowohl ein wissenschaftlich fundierter Artikel als auch ein einfaches Beobach- Die Fachgruppe erreichen immer wieder tungserlebnis sein. Außerdem soll es möglichst regelmäßig eine Galerie von Fo- Anfragen von Bürgern, aber auch von tografien und Zeichnungen geben. Wer nicht gerne schreibt, kann also auch auf Lampenfirmen oder Kommunen. So wur- diese Weise vertreten sein! Wir freuen uns über alle Einsendungen! de beispielsweise im März 2014 vor dem Umweltausschuss der Stadt Hannover Beiträge sollen an die zuständigen Redakteure (siehe auch Liste der VdS-Fach- vorgetragen. gruppen-Redakteure) oder an die VdS-Geschäftsstelle (Mail/Postadresse) ge- schickt werden.

Mit Unterstützung der Fachgruppe konn- Mit dem Einsenden gibt jeder Autor gleichzeitig sein Einverständnis zum Ab- ten der Naturpark Westhavelland und druck im „VdS-Journal für Astronomie“. Es besteht jedoch keine Veröffentli- das Biosphärenreservat Rhön im Jahr chungspflicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge gar nicht oder in gekürzter 2014 als „International Dark Sky Reser- Form abzudrucken. Das Copyright obliegt den jeweiligen Autoren. Die Texte ge- ves“ und der Nationalpark Eifel vorläufig ben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder. als „International Dark Sky Park“ nach Die Redaktion den Kriterien der International Dark Sky Asso­ciation anerkannt werden. Damit

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3 Bei der Beleuchtung von Bäumen geht in der vegetationslosen Zeit viel Licht ungenutzt in den Himmel verloren.

wird exemplarisch an jeweils einem Vertreter der Groß- schutzgebietskategorien in Deutschland gezeigt, dass es noch nahezu natürliche Nachtlandschaften gibt, und dass sie als schützenswert angesehen werden.

Inzwischen ist das Interesse an weiteren Sternenparks sehr groß und wir suchen Wege, um die Nacht auch auf breiterer Basis zu schützen. Aber auch wenn die dort noch vorhandene Dunkelheit der Nacht und die Ster- nenfülle des Firmaments geschützt werden, darf es kei- neswegs heißen, dass woanders auf „Teufel komm raus“ 4 beleuchtet werden kann. Im Gegenteil sollen diese Pro- Lichtkugeln beleuchten nicht.

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jekte zeigen, dass eine Reduzierung von ren Licht Hunderte, Tausende oder gar Internet- und Literaturhinweise: Lichtverschmutzung ohne Komfort- oder Millionen Jahre unterwegs war, am An- [1] www.verlustdernacht.de Sicherheitsverlust möglich ist. kunftsort nicht durch falsche Beleuch- [2] www.cost-lonne.eu/ tung überstrahlen sollten. Wenn eine [3] www.nabu.de/themen/energie/ Es bedarf also eines Umdenkens in Politik Lampe nicht nur einfach installiert wird, stadtbeleuchtung/ und Gesellschaft, dass eine Beleuchtung sondern auf ihre Verträglichkeit mit der ohne Energieverschwendung und ohne Natur, der menschlichen Gesundheit, also Lichtverschmutzung möglich ist, wenn der Vermeidung von Lichtverschmutzung man sie mit Bedacht einsetzt. Vielleicht geprüft wurde, nur dann kann man von hilft es ja, darauf hinzuweisen, dass wir einer sinnvollen, verantwortungsvollen die faszinierenden Himmelsobjekte, de- und nachhaltigen Beleuchtung reden. 50.000 neue LED-Straßenleuchten – Konsequenzen für den Nachthimmel von Torsten Güths

Unsere Welt ist geprägt von technischen derung nur durch wirklich abgeschirmte wiesen. So fanden sich in den Artikeln Errungenschaften und ihren Folgen. So Leuchten zu bewerkstelligen sei, deren häufig Umschreibungen, wie „geziel- bringen sie häufig neben Gewinnen für Lampen im Nachtbetrieb mit einer re- te Ausleuchtung der Straßen ohne die Unternehmen und Vorteilen für den Ei- duzierten Leistung ein zumindest nicht Randbereiche wie Gärten, Hofeinfahrten nen auch Nachteile für den Anderen helleres Licht erzeugen sollten als bisher. und Schlafzimmer“ oder „dass das Licht oder ganze Lebensbereiche, getreu dem weniger in den Nachthimmel abstrahlt Spruch „Wat den een sin Uhl, is dem an- Das regionale Projekt und eine Ortschaft von außen zunächst nern sin Nachtigall“. So sind technische In der Heimatregion des Autors, dem dunkler wirkt“. [3] Weiterentwicklungen nicht vermeidbar mittleren Hessen, liegt „Oberhessen“, und diese betreffen natürlich auch die das aus drei Kreisen (Wetterau, Vogels- Der Autor konnte in den ihm bekannten Außenbeleuchtung. Hier wird seit eini- berg, Land Gießen) besteht und für deren Orten feststellen, dass dies auch größ- gen Jahren die LED von der Industrie als Straßenbeleuchtung die Oberhessische tenteils entsprechend umgesetzt wur- das „Licht der Zukunft“ proklamiert und Versorgungsbetriebe AG (OVAG) zustän- de. Die Leuchte vom Typ Philips Indal entsprechend beworben. dig ist. Die OVAG nutzte dieses Förder- „Luma“ [6] hat die LEDs etwas im Ge- angebot und stellte von Mitte 2013 bis häuse versenkt angebracht und ist somit In den Jahren 2011/12 wurde im Rahmen Oktober 2014 die nicht unbeträchtliche ausreichend abgeschirmt. Leider wurden der Klimaschutzinitiative vom Bundes- Anzahl von rund 50.000 Straßenleuch- einige der Leuchten etwas angewinkelt, ministerium für Umwelt, Naturschutz ten auf LED-Betrieb um. Im Wesentlichen so dass in Richtung der Anwinklung die und Reaktorsicherheit (BMU) die Mög- erfolgte dies durch den Austausch der Abschirmung nicht mehr voll gewähr- lichkeit von Projektförderungen im sozia­ Leuchten unter Beibehaltung des alten leistet ist. Die Philips Leuchte „City Cur- len, kulturellen und öffentlichen Bereich Mastes. ve“ ersetzte die Siteco-„Glockenleuchte“, geschaffen, die unter anderem auch die die eine bauchige Glaskuppel unter dem Außenbeleuchtung betrafen [1]. Geför- Die Umsetzung Gehäuse aufwies und deren Lampe zu- dert wurden gezielt LED-Beleuchtungen In ihren Presseerklärungen berichtete sätzlich aus dem Reflektor herausragte. und Steuer-/Regelanlagen der LED-Lam- die OVAG, dass jeder Leuchtenkopf für Die City Curve besitzt zwar eine flache pen zur weiteren Energieabsenkung mit seinen Standort individuell berechnet Glaskuppel, doch liegen die LEDs ab- der Bedingung, dass die CO2-Emissionen wurde. Hierbei wurden unterschiedli- geschirmt im Gehäuse und die seitliche mindestens um 60 % gegenüber dem Ist- che Leistungen, unterschiedliche Licht­ Abstrahlung ist gering [7]. Wie sich das Zustands gemindert wurden. Allerdings ströme und eine individuelle Anzahl von allerdings im Laufe der nächsten 20 Jah- durfte das Ziel nicht durch Abschalten Leuchtdioden in dem Leuchtenkopf und re durch Alterung und Verschmutzung einzelner Leuchten erreicht werden, um dessen Neigungswinkel umgesetzt. Für entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Die „Dunkelzonen“ zu vermeiden. [2] jede Leuchte wurden geometrische Daten Abbildungen 1 und 2 zeigen die ange- wie beispielsweise die Masthöhe, der Ab- sprochenen Lampen. Die Reduktion des Energieverbrauchs um stand zum nächsten Lichtpunkt oder die mindestens 60 % sieht auf den ersten Straßenbreite ermittelt und für die Neu- Die Aussage, dass die Leuchten mit Blick verheißungsvoll aus. Da häufig im- berechnung berücksichtigt. [3] wachsender Lebensdauer mehr Strom ab- merhin halbwegs abgeschirmte Koffer- rufen, um möglichst lange die benötigte leuchten mit bereits recht effizienten Na- Diese Berechnungen wurden durch Aus- Leuchtkraft zu liefern, deutet darauf hin, triumdampflampen eingesetzt wurden, sagen flankiert, die direkt auf die Pro- dass deren Energieeffizienz zurückgeht! lag die Hoffnung nah, dass diese For- blematik der Lichtverschmutzung hin- Damit wird auch der sog. Wartungswert

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1 Die Leuchte „City Curve“ im Vergleich zur vormals eingesetzten „Glocke“ (Bildinsert 2 Die Indal „Luma“, die viele Glocken- rechts). Die Lampe ragt bei der Glocke aus dem Reflektorgehäuse und Lampenschirm leuchten und auch alle Pilzleuchten heraus und sorgt zusätzlich mit einer gealterten Glaskuppel für Streulicht. Die LEDs der in Ober-Mörlen ersetzte. Die LEDs City Curve sind vorbildlich versenkt und trotz der flachen Kuppel wird praktisch kein sind gut versenkt, jedoch sind die Licht seitlich und nach oben gestreut. Bleibt zu hoffen, dass die neue und flachere Leuchten etwas angewinkelt. Glaskuppel nicht zu sehr altert und dann das Licht ebenfalls zu streuen beginnt.

umgangen, der besagt, dass neue Leuch- dunkle Zonen entstanden.“ Weitere Erkenntnisse aus den ten zuerst heller als nötig leuchten, um – „Das Licht blendet.“ Daten der OVAG eine nachlassende Helligkeit aufgrund – „Einzelne Beschwerden gibt es immer, Da die OVAG sehr umfassend über ihr des Alterungseffekts vorab zu kompen- aber die überwiegende Meinung der Projekt berichtete, lag es nahe, die regel- sieren. Der Autor hat einige Luxmes- Bürger ist positiv.“ mäßig gemachten Angaben zur Leuch- sungen mit einem Voltcraft-MS-1500- – „Einigen Bürgern gefällt das weiße tenanzahl und Einsparungen zu erfassen Messgerät vorgenommen. Aufgrund der Licht, während andere das wärmere, und auszuwerten. So ließen sich interes- Eichung des Geräts auf das Glühbirnen- orangene Licht vermissen.“ sante Daten zur Beleuchtung und zum spektrum kann man sowohl bei LEDs als – „Abschaltungen der Leuchten in der Projekt ermitteln [3]. auch bei Natriumdampflampen davon Nacht sind unpopulär gewesen und ausgehen, dass höhere Luxwerte vorlie- dass durch das neue LED-Licht nun Von den insgesamt 48 Gemeinden hat gen als gemessen wurden. alle Ortsteile die gesamte Nacht hin- der Autor Berichte zu 46 Gemeinden ge- durch beleuchtet sind, ist ein Plus an funden. Über 46.000 Leuchten wurden in Geteilte Meinungen in der Öffent- Wohnqualität.“ diesen Gemeinden insgesamt umgebaut. lichkeit Nach Angaben von Wikipedia sind damit Die OVAG hat jede der umgerüsteten Ge- Zur Beschwerde, dass es nun dunkle Fle- 340.000 Einwohner direkt vom Umbau meinden als Pressenotiz auf ihrer Websi- cken gebe, ist zu sagen, dass der Autor betroffen. Das ergibt einen Wert von 136 te [3] beschrieben und teilweise wurden am Beispiel der Gemeinde Ober-Mörlen Lichtpunkten pro 1.000 Einwohnern in in lokalen Zeitungen auch Berichte ver- Lichtmastabstände von rund 40 Metern den Gemeinden, über die Berichte vor- öffentlicht. Leider stehen diese Artikel bei einer Masthöhe von nur vier Me- liegen. nicht mehr alle online zur Verfügung. Im tern ermittelt hat. Vormals waren hier Folgenden sollen einige veröffentlich- Pilzleuchten installiert, die einen Groß- Der Bundesdurchschnitt liegt bei rund te und vom Autor persönlich erfahrene teil des Lichts seitlich und in den Him- 110 Lichtpunkten pro 1.000 Einwohner Aussagen sinngemäß wiedergegeben mel emittierten. Die Straße wurde auch [4]. Das würde bedeuten, dass Oberhessen werden: vorher nicht gleichförmig ausgeleuchtet insgesamt stärker als der Durchschnitt – „In Wohngebieten freuen sich einige wie die Abbildung 3 zeigt. Da diese nun beleuchtet wird. Allerdings sind alle Ge- Bürger darüber, dass kein Licht in die durch abgeschirmte und breit strahlende meinden relativ klein und je kleiner die Schlafzimmer dringt. Andere ärgert Leuchten ersetzt wurden, sind die ent- Gemeinde, umso höher liegt dieser Wert. es, dass ihr Hof oder die Einfahrt fernten Leuchten nicht mehr direkt sicht- nicht mehr „mitversorgt“ werden.“ bar, und so empfinden viele Menschen, Die Gemeinden, über die Berichte vorla- – „Es ist heller auf der Straße, jedoch dass die Beleuchtung schlechter gewor- gen, sparen insgesamt eine Summe von ist es außerhalb der Straßen und den ist. Diesem Umstand könnte man mit über 1,1 Millionen Euro pro Jahr durch Gehwege dunkler geworden.“ einer entsprechenden Mastverlängerung die neuen Leuchten ein. Also rund 23 – „Es ist insgesamt dunkler als vorher.“ entgegenwirken, so dass der Lichtkegel Euro pro Leuchte und Jahr. Leider wurde – „Die Straßen sind nicht mehr so eine weitere Zone der Straße beleuchten nur sehr sporadisch über die eingespar-

gleichmäßig ausgeleuchtet. Es sind würde. ten CO2-Emissionen berichtet und gar

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komplett abgeschaltet war. – Das weiße Licht enthält einen hohen blauen Anteil, der wiederum aufgrund der Rayleigh-Streuung an den Luft- molekülen stärker in die Atmosphäre verbreitet wird [5]. – Das Licht ist jetzt weiß und es ist fraglich, wie gut astronomische Filter, die auf das gelbe Natriumlicht abge- stimmt sind, dieses Licht reduzieren können. Schmalbandige Nebelfilter, die nur bestimmte Wellenlängen durchlassen, werden sicherlich noch eine gute Wirkung zeigen, wogegen breitbandige Deepsky-Filter ver- mutlich eine Beeinträchtigung ihrer Wirkung erfahren werden.

Offen bleibt, ob der gesamte abgegebene Lichtstrom in der Region heute insge- samt höher ist, als vorher. In einzelnen Bereichen liegt er sicherlich höher und dadurch wurden lokal auch schon stär- kere Lichtglocken bemerkt. Vermutlich wird – vor allem bei Schnee – der er- höhte Lichtstrom stärker reflektiert. Die Helligkeit von Winternächten sollte also erkennbar zunehmen.

3 Die kleine Wohnstraße in Ober-Mörlen vorher (Pilzleuchten, oben) und nach der Umrüstung (unten). Man beachte auch das nicht mehr angeleuchtete Haus. Hier ist definitiv eine Verminde- rung der Lichtverschmutzung erzielt worden. „Dunkelzonen“ gab es aber auch schon vorher. Eine Messung unterhalb der neuen Leuchte ergab einen Wert von 12 Lux. Vermutlich liegt dieser Wert höher, weil das Spek- trum des Voltcraft MS-1500 auf das Glühbirnenspektrum ausgelegt ist.

nicht über die eingesparte Energie. Ab- schätzungen über den emittierten Licht- strom der LED-Lampen und eine Aussage über eine Erhöhung oder Verminderung des Lichtstroms und die Lichtverschmut- zung sind daher nicht ableitbar. 4 Beobachtete Nachteile hinsichtlich der Eine alte Peitschenleuchte im Vordergrund im Vergleich zu den neuen, abgeschirmten Vermeidung von Lichtverschmutzung: Leuchten. Deren Abschirmung ist wirkungsvoll, allerdings erkennt man ihre höhere – Es werden nun einige Bereiche be- Helligkeit am Boden. Aufgenommen vor der Leuchtkraftreduktion, die ab 23 Uhr leuchtet, in denen das Licht vorher wirksam wird.

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5 Vergleich Langenhain: In der oberen Reihe sieht man das in RGB zerlegte Bild der Beleuchtung vorher, in der unteren Reihe das in RGB zerlegte Bild der LED-Beleuchtung. Am auffälligsten ist die Reduktion der Helligkeit im roten Bereich. Im grünen/visuellen Bereich ist auch eine Reduktion erkennbar, jedoch bleiben die im Text erwähnten Lichtglocken aufgrund zusätzlicher und stärkerer Beleuchtung in einigen Zonen. Die 2. Aufhellung von links ist ein Gebäude im Tal, das u. a. freiliegende Neonlampen verwendet. Bei beiden Aufnahmen herrschten in etwa ähnliche Dunstbedingungen. Als Kamera diente eine Canon EOS 350D mit dem Weißabgleich „Tageslicht“ bzw. „Sunny“ (Temperatur 5500 K) sowie ein 28-Millimeter-Objektiv mit 0,42-fach Bower-Fisheyevorsatz.

Bildhafte Beispiele anhand der „vorher/nachher“ miteinander vergleicht. Vergangenheit untersucht. Der Ort be- Gemeinde Ober-Mörlen Mangels geeigneter Wetterlagen konnte steht aus zwei Ortsteilen: Ober-Mörlen Für die fotografische Erfassung der rea­ der Autor bisher nicht genügend Daten- mit 4.300 Einwohnern und Langenhain len Lichtglocken und für SQM-L-Mes- material sammeln, um belastbare Ver- mit 1.400 Einwohnern. Eine gewerbliche sungen des Nachthimmels herrschen gleiche zum „vorher/nachher“ präsentie- Beleuchtung ist vorhanden. Die Gemein- leider keine Laborbedingungen vor. Die ren zu können. Die Aussagen sind daher de liegt am Rand des Taunus, etwa drei Abschätzung (idealerweise die Messung) unter Vorbehalt zu sehen. Kilometer westlich von Bad Nauheim der Umstände, besonders der Transpa- (30.000 Einwohner) und rund 35 Kilo- renz des Himmels, muss ebenfalls erfol- Aufgrund der räumlichen Nähe und der meter nördlich des Rhein-Main-Gebiets gen. Umgehen kann man dieses, indem Lage von Ober-Mörlen auf dem Weg zu (650.000 Einwohner) mit Deutschlands man viele Messungen bei ähnlichen Be- den Beobachtungsplätzen des Autors hat größtem und daher auch hellstem Flug- dingungen vornimmt und die Messwerte dieser die Gemeinde auch bereits in der hafen!

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Durchgeführte Beobachtungen und die alte Beleuchtung stand nur eine klare deutlich stärker beleuchtet. Dieses Licht Messungen Winternacht mit tiefer gelegenem Dunst wird in den Nachthimmel gestreut. Zum Es wurden standardisierte Digitalauf- bis ca. 500 Meter Höhe zur Verfügung. Vergleich der beiden Leuchten siehe nahmen mit einer Canon EOS 350D und Die Bedingungen bei den abgebildeten Abbildung 4. einem 28-Millimeter-Weitwinkelobjektiv Vergleichsfotos mit der LED-Beleuch- plus 0,42-fach Fisheyevorsatz oder mit tung waren sicherlich ähnlich, aber nicht SQM-L-Messungen einem Standardobjektiv (18-55 mm) ge- gleich. Abbildungen 5 und 6 zeigen die Messungen mit einem SQM-L wurden macht. Der bevorzugte Messort lag 5,5 Ergebnisse. im Vergleich zu anderen, entlegeneren Kilometer westlich von Bad Nauheim und Orten durchgeführt. Meistens wurden 800 Meter nordnordöstlich von Langen- Es fällt auf, dass die allgemeine, hoch- sie nach Mitternacht auf dem Heimweg hain auf einer Anhöhe. Auch ein Punkt aufragende Lichtverschmutzung deut- von einem Beobachtungsabend gewon- auf einer Anhöhe 1.500 Meter westlich lich reduziert wurde. Eine Ausnahme nen. Leider ist die Anzahl aus den vorher des Ortskerns wurde für den Blick über stellt die ganz linke, tiefe Lichtglocke erwähnten Gründen zu gering, um eine Ober-Mörlen gewählt. Vereinzelte Mes- dar. Sie wird von einer bestimmten sichere Aussage treffen zu können. sungen mit einem SQM-L- und Luxmeter Straße erzeugt. Vormals befanden sich wurden ebenfalls gewonnen. dort fünf Langfeld- (Peitschen-) leuch- Tendenziell verbesserten sich wohl die ten, nun sind es neun abgeschirmte Messwerte für die Langenhain-Anhöhe Analyse der Lichtglockenbilder LED-Leuchten. Somit wird zwar kein um 0,05 mag/arcsec². Ich folgere daraus, Leider waren nie gleiche Dunstverhält- Licht seitlich und oberhalb der Leuch- dass sich die Lichtverschmutzung – trotz nisse gegeben: Als Vergleichsbasis für ten abgegeben, jedoch wird der Boden der zum Teil erhöhten Beleuchtung mit

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6 Vergleich Ober-Mörlen: Die obere Reihe zeigt das in RGB zerlegte Bild der Beleuchtung vorher, die untere Reihe das in RGB zerlegte Bild der Situation mit den LED-Leuchten. Trotz des hier verwendeten automatischen Weißabgleichs fällt auf, dass die Reduktion der Lichtglocke im roten Bereich am auffälligsten ist. Man beachte dazu die Silhouette des dahinterliegenden Hügels. Besonders die früher eingesetzten Pilzleuchten sorgten für eine kräftige Aufhellung. Bei beiden Aufnahmen herrschten ähnliche Dunstbedingungen. Als Kamera diente eine Canon EOS 350D mit einem Zoomobjektiv (18 mm - 55 mm) bei 22 Millimeter.

mehr Blauanteilen – aufgrund der bes- Fazit bezüglich der Reduzierung der Lichtver- seren Abschirmung der Lampen verrin- Leider lässt sich kein eindeutig positi- schmutzung aus. gerte. Der Wert von ca. 0,05 mag/arcsec² ves Fazit ziehen. Die Vorteile der Ab- zeigt allerdings, wie gering diese Auswir- schirmung und Nachtabsenkung werden kung ist und folglich, wie schnell dieser durch den teilweise helleren Lichtstrom Internet- und Literaturangaben: Zugewinn durch zusätzliche Beleuch- und die erhöhten Anteile von blauhalti- [1] www.bmub.bund.de/ (Stand: tungsanlagen (z. B. in neuen Gewerbe- gem Weißlicht und die dadurch größere Januar 2015) gebieten) mehr als zunichte gemacht Streuung des Lichts in der Atmosphäre [2] www.osram.de/osram_de/tools- werden kann. Die Anhöhe liegt jedoch aufgehoben. In der Summe kann man und-service/services/oeffentliche- recht weit entfernt von diesem kleinen dennoch zufrieden sein, denn es wurden foerderprogramme/bmu-2013/index. Ort, vermutlich haben die Anwohner am die Belange der Minderung der Licht- jsp (Anmerkung: Für das Jahr 2013 Ortsrand und im Ort selbst in einigen Zo- verschmutzung berücksichtigt. Manch- wurde das Förderprogramm wieder- nen doch eine deutlich spürbare Besse- mal geht die Gleichung „im Namen des holt) (Stand: Januar 2015) rung erfahren. Fortschritts“ auch deutlich ungünstiger [3] www.ovag-gruppe.de/og/ovag-

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Anzeige gruppe.nsf/c/News,Presseinfo (Anmerkung: diese Presseinforma- tionen standen nur ca. ein halbes Jahr nach Veröffentlichung zur Verfügung) (Stand: Januar 2015) [4] Städte- und Gemeindebund Nord- rhein-Westfalen, StGB NRW-Mittei- lung 656/2003 vom 29.07.2003 [5] http://de.wikipedia.org/wiki/Ray- leigh-Streuung (Stand: Januar 2015) [6] Philips-Indal-Luma-Leuchte: http://indal-gmbh.de/produkte/ detail/ansicht/luma.html (Stand: Januar 2015) [7] Philips-City-Curve-Leuchte: www.lighting.philips.com/main/ prof/outdoor-luminaires/road-and- urban-lighting/road-and-urban- luminaires/citycurve-gen2 (Stand: Januar 2015) VdS-Journal Nr. 54 14 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

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Dadurch mag der Energieverbrauch zu- dampflampen vor allem an Hauptstraßen rückgehen, die Lichtmenge wird damit in vielen Ländern als das energieeffizi- aber auf jeden Fall zunehmen, denn nur enteste Leuchtmittel durchgesetzt und zu gerne wird ein Leuchtmittel mit hoher die weißen Quecksilberdampflampen Lichtmenge und geringerem Energiever- abgelöst, deren Verkauf ab 2015 oh- brauch eingesetzt. Gerade in der Straßen­ nehin wegen ihrer geringen Effizienz beleuchtung beobachten wir, dass dort, verboten ist. Deren gelbe Farbe, verur- wo früher die Beleuchtung aus Energie- sacht durch die Druckverbreiterung der einsparungsgründen reduziert oder gar gelben Natriumlinie (ein Prozess, wie abgeschaltet wurde, sie nun die ganze er ähnlich in Sternspektren beobachtet Nacht über in Betrieb bleibt, wenn der wird), fällt ungefähr mit der spektralen Energieverbrauch gering ist. Eine Redu- 3 Empfindlichkeitsverteilung der Zapfen, zierung ihres Einsatzes erscheint bei den Eine Laterne mit einem LED-Modul, den tagempfindlichen Sehzellen in un- geringen Wattzahlen der neuen Leucht- das im Gehäusedach voll abgeschirmt serem Auge, zusammen. Damit wird das körper nicht mehr notwendig. In der wurde. „photopische Sehen“ beschrieben und Wissenschaft wird dies als „Rebound- in dem Spektralbereich werden auch die Effekt“ bezeichnet. die photometrischen Größen (z. B. cd/m², Leuchtenköpfe erreicht. Selbst für die lux) gemessen. Die maximale Empfind- Voll abgeschirmte und blendfreie oft verwendeten Bogenmasten gibt es lichkeit unserer Augen bei Tage liegt Leuchten Leuchtenköpfe, deren Neigung so ein- im Grünen bei einer Wellenlänge von Für alle Leuchten, ob technische oder stellbar ist, dass sie im montierten Zu- 555 Nanometern. Die empfindlicheren dekorative, sollte gelten, dass sie voll stand horizontal ausgerichtet sind (Abb. Stäbchen, die für das Nachtsehen verant- abgeschirmt sind, das heißt, dass sie im 2). Bei Pilzleuchten oder klassischen La- wortlich sind und bei der Beobachtung montierten Zustand kein Licht in und ternen ist eine gute Abschirmung oft nur schwacher Himmelsobjekte aktiv sind, oberhalb der Horizontalen abstrahlen. durch den Einbau ganzer Module mög- haben im Blaugrünen (500 Nanometer) Das Leuchtmittel (klassische Lampe oder lich (Abb. 3). Ein weiterer Vorteil voll ihr Empfindlichkeitsmaximum. Dies wird LED-Modul) darf also nicht aus dem abgeschirmter Leuchten besteht darin, als „skotopisches Sehen“ bezeichnet. Ihre Lampengehäuse herausragen und muss dass kein direktes Licht in die Atmosphä- Dunkeladaption dauert sehr lange, wird durch ein flaches Glas abgedeckt sein. re gestreut wird, und sie damit nicht zu aber durch das gelbe Natriumlicht weni- Zudem darf die Leuchte nicht geneigt den Lichtglocken über den besiedelten ger gestört (Abb. 4). installiert sein. Ziel muss sein, dass die Gebieten beitragen. Lampe aus der Ferne nicht zu sehen ist, Weißes Licht mit hohen Farbtemperatu- denn sonst wirkt sie störend oder gar Welches Leuchtmittel? ren hingegen regt bei geringen Hellig- blendend (Abb. 1). In den letzten Jahrzehnten hatte sich keiten, wie sie in der Straßenbeleuchtung das gelbe Licht der Natriumhochdruck- herrschen, mit seinen höheren Blauantei- Fast alle europäischen Leuchtenher- steller bieten solche Modelle an, einige bewerben sie auch dezidiert als „Licht- verschmutzung reduzierende Lampen“. Eine Liste solcher Modelle hat die Fach- gruppe zusammengefasst [1]. Gerade die Hochleistungs-LEDs, aber auch Ent- ladungslampen mit Keramikbrennern, sind extrem hell und blendend, so dass sie abgeschirmt werden müssen. Nach der lichttechnischen Bezeichnung ent- sprechen solche Leuchten der Licht- stärkeklasse G6. Wenn lediglich eine Umrüstung ohne Austausch des Leuch- tenkopfes stattfindet, etwa durch einfa- ches Einschrauben einer LED-Lampe, ist eine Abschirmung oft nicht zu erreichen. Obwohl oft behauptet wird, dass durch Einsatz von LEDs die Lichtverschmut- zung reduziert würde, strahlen sie - 4 terhin in die Gegend. Auch die optische Empfindlichkeitsverteilung von Stäbchen (türkis), Zapfen (grün) und Zellen, welche Effizienz einer Lampe wird dadurch nicht die Tag-/Nachtaktivität steuern (blau), im menschlichen Auge. Zudem sind die verbessert, dies wird erst durch optimier- Spektren einer Natriumdampfhochdrucklampe (gelb) und einer LED-Lampe mit 3000 K te Einsatzmodule oder komplett neue (rot) abgebildet.

VdS-Journal Nr. 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky 17

5 Beleuchtung einer Straße mit Natriumdampflampen (links), mit 4000 K LEDs (Mitte) und nach einer Reduzierung auf 50% der ursprünglichen Beleuchtungsstärke um 22:30 Uhr (rechts). Alle Aufnahmen wurden mit gleichen Werten (1:1,4, f = 300 mm, 1/20 s, ISO 800) aufgenommen.

len verstärkt die Stäbchen an. Dadurch die Hα-Linie kaum gestört werden, wäh- Internethinweis: wird die Dunkeladaption gestört („sko- rend die bernsteinfarbenen LEDs bei [1] lichtverschmutzung.de/seiten/ topische Blendung“) und der Blick auf beiden Spektrallinien noch relativ große vollabgeschirmt.php schwache Himmelsobjekte verschleiert. Anteile haben. In wieweit diese Beleuch- (abgerufen 1/2015) Wird das Beleuchtungsniveau bei Um- tung astronomische Beobachtungen we- rüstungen beibehalten, erscheint eine niger stört, soll in einer Musterinstalla- weiß beleuchtete Straße bei gleicher tion auf der Wasserkuppe in der Rhön Helligkeit viel heller als eine im Natri- getestet werden, wo verschiedene gelbe umdampflicht. Das ist darauf zurückzu- LEDs installiert werden. führen, dass die photometrischen Größen im Empfindlichkeitsbereich des photopi- Der Vormarsch der weißen LED-Beleuch- schen Sehens gemessen werden. Wenn tung wird allerdings kaum zu stoppen der Helligkeitseindruck beibehalten sein. Wenn sie eingesetzt wird, sollte auf werden soll, kann beim Einsatz weißen möglichst geringe Blauanteile geachtet Lichts die Beleuchtungsstärke (und damit werden, was mit warmweißen Farbtem- natürlich der Energieverbrauch) reduziert peraturen von weniger als 3000 K erreicht werden (Abb. 5). wird. In Fulda hat der lokale Energiever- sorger „SynEnergie“ eine Demo-Straße Mit Hilfe von speziellen Filtern (Deep- mit voll abgeschirmten Leuchten mit Sky-Filter) können die Emissionslinien Farbtemperaturen von 3000 Kelvin und der Natrium- und Quecksilberdampflam- weniger eingerichtet (Abb. 7). pen unterdrückt werden, während die charakteristische Linienstrahlung kosmi- Oft werden inzwischen auch LED-Leuch- scher Nebelobjekte (vor allem [OIII] bei ten angeboten, die bereits standardmäßig 501 nm und Hα bei 656 nm) durchge- eine Halbierung der Helligkeit ermögli- lassen wird. Die Filter können optimal chen. Dies wird vom Auge nicht wahr- 6 Im Ort Serinya im spanischen nur bei Lampen mit Linienstrahlung genommen, wenn man das Reduzieren Katalonien sind Natriumdampf- eingesetzt werden, während die konti- nicht unmittelbar sieht oder einen Ver- lampen (rechts) und gelbe LED- nuierliche Strahlung von Weißlicht-LEDs gleich mit Lampen voller Helligkeit hat. Lampen (links) nebeneinander nur etwas abgeschwächt wird. Die Filter LEDs können zudem beliebig gedimmt installiert, Unterschiede sind nur in haben hier also eine geringere Wirkung. werden, eine Reduzierung auf 10-20 % den Spektren darüber zu erkennen. Eine Möglichkeit zur Reduzierung dieser der maximalen Helligkeit in den späten negativen Einflüsse wäre der Einsatz far- Nachtstunden ist so ohne Weiteres mög- biger LEDs, die in schmalen Emissions- lich. linien leuchten. Es gibt rein gelbe LEDs oder bernsteinfarbene (PC amber), die Anders als Entladungslampen können sie das Licht der Natriumdampflampen si- auch sofort wieder auf 100 % hochge- mulieren und beispielsweise in Katalo- fahren werden, womit sie sich sehr gut nien vor allem in Naturschutzgebieten für Bewegungsmelder eignen. Hierdurch eingesetzt werden (Abb. 6). kann die Lichtmenge deutlich reduziert werden und dies ergibt die höchsten Ein- Wird zu den gelben zusätzlich eine wei- sparpotenziale. ße LED geringer Leuchtkraft eingesetzt, wird das Farberkennen verbessert, wäh- Ob solche Einsparungen, der Einsatz voll rend die Blauanteile gering bleiben. Eine abgeschirmter Leuchten und die Wahl andere Variante setzt eine rote und eine einer warmweißen Lichtfarbe einen bes- weiße LED ein, das Gesamtlicht erscheint seren Blick auf den Sternhimmel gewäh- 7 rosa, was sich allerdings kaum im Stra- ren, wird die Zukunft zeigen. Leuchten-Demostraße in Fulda mit ßenverkehr durchsetzen dürfte. Bei die- voll abgeschirmten LEDs mit sen beiden Lösungen ist die spektrale Farbtemperaturen von 3000 und Energieverteilung so, dass die [OIII]- und weniger Kelvin.

VdS-Journal Nr. 54 18 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

Es geht doch! Eine Kleinstadt setzt auf neues Licht von Erik Allmacher

1 Bauform der früher vorhandenen 2 Vom Balkon über die Stadt geblickt: Rechts die von alter Beleuchtung aufgehellte Straßenleuchten Kernstadt mit Kirchturm. Der Streulichtabfall von Kernstadt zum umgerüsteten Siedlungsbereich ist extrem.

Die kleine Stadt Neukirchen in Nordhes- sen liegt am Rande des Knüllgebirges und ist schon seit vielen Jahren ein Ort, der Hobbyastronomen Freude macht. Da ist zum einen das lokale Klima, das öfters auch dann noch einen Blick auf die Ster- ne ermöglicht, wenn oben auf den Ber- gen die Wolken hängen, und da ist zum anderen die Gepflogenheit, in den späten Nachtstunden die Straßenbeleuchtung, abgesehen der von wichtigen Straßen- kreuzungen, abzuschalten. Sei es durch die städtische Haushaltslage, sei es durch hartnäckige Aufklärungsarbeit: Seit etwa 15 Jahren beginnen die späten Nacht- 3 stunden um 00.05 Uhr. Wenn es Wetter In die Siedlung geblickt: Die Hausfronten bekommen kaum direktes Licht. und Zeit zuließen, konnte ich bis dahin meine Vorbereitungen abschließen und mit dem Beobachten oder Fotografieren beginnen.

Im Frühjahr kam ich nach einer Zeit beruflicher Abwesenheit bei Dunkelheit nach Hause. Doch irgendetwas hatte sich verändert. Die Straßenbeleuchtung war an, trotzdem schien alles wie gedimmt. Ich brauchte eine Weile, um zu erfassen,

4 Die Blendung auf dem Balkon ist nur noch gering.

VdS-Journal Nr. 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky 19

was sich geändert hatte: Die vertrauten Zylinderleuchten, verächtlich Lichteimer (Abbildung 1) genannt, die nicht nur die Straßen und Wege beleuchteten, sondern auch geblendet und die Häuserfronten erhellt hatten, waren verschwunden und durch LED-Leuchten ersetzt worden (Abbildungen 2 bis 7).

LED-Leuchten sind kein Allheilmittel gegen Energieverschwendung und Licht- verschmutzung. Abschreckendes Design und völlig überzogene Beleuchtungsstär- ken sind oft zu finden. Doch was hier ins- talliert worden war, das war schon klasse! Keine unnötige Blendwirkung, keine an- 5 gestrahlten Hausfronten, ein erstaunlich Die Lichtkegel in der Wohnstraße gehen kaum über den Straßenraum hinaus. dunkler Himmel! Da auch die Lichtfarbe nicht kalt wirkt, ist hier das Ideal der „cut- off“-Leuchte getroffen, einem Leuch- tenkörper also, aus dem kein Licht über die Horizontale hinaus abgestrahlt wird. In der hier realisierten Lösung kommt dazu, dass die Beleuchtungsstärke mo- derat geblieben ist. Der Versuchung, ei- nen Teil des künftig eingesparten Stroms in „mehr Licht“ anzulegen, wurde hier widerstanden, dem Stadtkämmerer sei Dank! Leider habe ich keine Aufnahmen der vormaligen Zustände, aber die Bilder sprechen für sich.

Die Auswirkung auf den Nachthimmel ist beeindruckend! Bei voll eingeschal- teter Beleuchtung ist der Nachthimmel jetzt etwa so dunkel wie vorher während der Nachtabschaltung, als lediglich die Schwerpunktbeleuchtung Streulicht pro- duzierte. Bei Nachtabschaltung braucht 6 Die wirkungsvolle Abschirmung wird beim Blick ins Tal sehr deutlich. es jetzt schon eine Taschenlampe, und es gibt quasi keinen Unterschied mehr zur Nachthimmelshelligkeit in den Bergen. Fotografisch kann ich die erfreuliche Wendung noch nicht mit Himmelsauf- nahmen belegen, visuell konnte ich aber im 16x70-Fernglas einen weit ausge- dehnten Andromedanebel (M 31) oder den Zirrusnebel mühelos beobachten, und das bei eingeschalteter Straßenbe- leuchtung!

Zur Dokumentation habe ich Aufnahmen von meinem Balkon aus gemacht und bin auch ein Stück aufs freie Feld hinausge- gangen, um zu zeigen, welches Streulicht jetzt dominiert. Die Nacht war bedeckt, 7 der Mond schon aufgegangen. Die Blick- Umgerüstete Straßenbeleuchtung: LED-Köpfe mit flachem Schutzglas (Bildinsert) auf richtung geht über den Taleinschnitt, in alten Masten dem die Randsiedlung von Neukirchen

VdS-Journal Nr. 54 20 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

liegt – etwa 1000 Menschen wohnen hier. Am Horizont links zeigt sich der Lichtke- gel des Truppenlagers Schwarzenborn, das sieben Kilometer entfernt ist. (Abbil- dung 8). Der übrige Horizont ist durch das Mondlicht schwach zu erkennen. Das Streulicht über der Siedlung – nur ein Hauch (Abbildung 9). Der Blick nach Sü- den über die Kernstadt zeigt dagegen ei- nen deutlichen Streulichtkegel, gebildet aus Leuchten historischer Bauart um den Marktplatz herum und relativ sparsamer Weihnachtsbeleuchtung. Der angestrahl- te Kirchturm wirkt wie eine Fackel (Ab- bildung 10). Außerdem wird der Horizont von den Städten Gießen und Frankfurt sichtbar aufgehellt. Die Aufnahmen ent- standen bei Blende 2,8, ISO 400 und 30 Sekunden Belichtungszeit.

Natürlich werden die Sichtbedingungen der 1970er-Jahre nicht mehr zurückkom- men. Allein der dichte Flugverkehr sorgt für eine meist vorhandene, hochliegende Dunstschicht, die den Himmel auch von weit entfernt liegenden Lichtquellen „er- grauen“ lässt. Doch das jetzt erreichte Er- gebnis stimmt hoffnungsfroh, zumal die Nachbargemeinden mitziehen.

8 Blick vom Feld nach Osten ins Knüllgebirge: das Truppenlager Schwarzenborn aus sieben Kilome- ter Entfernung

9 Blick vom Feld nach Südost über die Siedlung: Nur ein Hauch loka- les Streulicht ist noch vorhanden.

10 Blick vom Feld nach Süden: Hell wie eine Fackel erstrahlt der Kirchturm!

VdS-Journal Nr. 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky 21

Einfluss von hellen Lichtquellen auf Messungen mit dem SQM-L von Michael Nolle

Die Sky-Quality-Meter der Firma Uni- Nun geht es vielen Amateuren, die vom die Außenbereiche des Messkegels abge- hedron erfreuen sich unter den Ama- Dach, Balkon oder dem Garten aus beob- schnitten werden. Dies wirkt sich auch teurastronomen zunehmender Beliebt- achten, wie mir. Wir haben da eine oder bei einem dunklen Himmel deutlich auf heit. Bieten sie doch für relativ geringe gar mehrere blendende Straßenlampen die Messung aus. So haben Versuche er- Anschaffungskosten die Möglichkeit, vor der Nase, die sich vielleicht nur be- geben, dass eine Blende mit einem Öff- quantitative Messwerte über die Him- grenzt ausblenden lassen. Bei Messun- nungswinkel von ca. 50° noch deutlich melshelligkeit zu erhalten, die obendrein gen der Himmelshelligkeit im Zenit ha- den Messkegel des SQM-Ls begrenzt und sehr reproduzierbar sind. Dabei gibt es ben diese Lampen in meinem Fall keinen demnach einen dunkleren Himmel vor- unter den Handmessgeräten zwei Model- Einfluss. Die Situation sieht aber anders täuscht. le, eines ohne (SQM) und eines mit Lin- aus, wenn ich Messungen in geringeren se (SQM-L) vor der lichtempfindlichen Höhen über dem Horizont durchführe. Im Folgenden habe ich mit einer Gegen- Diode. Das Modell ohne Linse hat einen Die obige Angabe des Herstellers erlaubt lichtblende aus meiner Fotoausrüstung großen Messwinkel von ca. 140°, wobei den meisten von uns nicht abzuschätzen, gute Erfahrungen gemacht (siehe Abbil- die Empfindlichkeit nach Herstelleranga- inwieweit eine solche Punktlichtquelle dung 2). Diese hat eine Gesamthöhe vom ben bei einem Winkel von ca. 42° von sich nun konkret auf die Messung aus- SQM-L-Gehäuse von 37 Millimetern und der optischen Achse auf die Hälfte ab- wirkt, da andere Faktoren, allen voran eine Öffnung von 75 Millimetern. Daraus genommen hat [1]. Das SQM ist im Prin- die Leuchtdichte der Lichtquelle, eine be- ergibt sicht ein ausreichend großer Öff- zip am besten geeignet, wenn der ganze deutende Rolle spielen. nungswinkel von ca. 90°. Himmel ohne Abschattungen oder direk- te Lichtquellen im Gesichtsfeld gemessen werden kann. Das SQM-L, welches über die Linse verfügt, hat einen begrenzten Messwinkel von ca. 70° bis 80°, wobei bei diesem Modell die Empfindlichkeit bei bereits ca. 10° von der optischen Ach- se halbiert ist. Mit diesem Gerät können gerichtete Messungen, z. B. in Richtung des Beobachtungsobjekts, durchgeführt werden. Dies macht durchaus Sinn, da die meisten Amateurastronomen unter einem Himmel beobachten, der einen starken Helligkeitsgradienten aufweist. Abbildung 1 gibt die Empfindlichkeit in Abhängigkeit vom Winkel zur optischen Achse des Sensors wieder [1]. Dabei wurden die Werte auf den Maximalwert 1 Winkelabhängige Empfindlichkeit des SQMs und des SQM-Ls gemäß Hersteller [1] normiert. Der Hersteller der Messgeräte schreibt auf seiner Webseite zu dem Um- stand, dass Messungen durch Punktlicht- Meine erste Überlegung war, einfach eine quellen beeinflusst werden können, Fol- Streulichtblende vor die Sensorlinse zu gendes: “The sensitivity to a point source halten. Hier habe ich mit mehreren Ver- ~19° off-axis is a factor of 10 lower than sionen von Blenden experimentiert: von on-axis. A point source ~20° and ~40° der abgeschnittenen Toilettenpapierrolle off-axis would register 3.0 and 5.0 ma- bis zur Faltblende von Fotoobjektiven. gnitudes fainter, respectively.” Übersetzt Durch Vergleichsmessungen mit und heißt das: Die Empfindlichkeit gegenüber ohne Blende hat sich aber schnell ge- einer Punktquelle ungefähr 19° außerhalb zeigt, dass eine solche Blende nicht zu der Achse ist um einen Faktor 10 nied- eng bemessen sein sollte, da ansonsten riger als auf der Achse. Eine Punktquelle etwa 20° und etwa 40° außerhalb der Achse würde drei bzw. fünf Größenklas- 2 Das SQM-L mit aufgesetzter sen schwächer registriert werden. Gegenlichtblende

VdS-Journal Nr. 54 22 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

Im Folgenden habe ich ein einfaches Experiment an einer recht isoliert ste- henden, teilabgeschirmten Natrium- dampf-Hochdrucklampe durchgeführt. Abbildung 3 zeigt diese Lampe bei Nacht. Leider ist mir die Lichtleistung der Lampe nicht bekannt, sie erscheint mir aber als eine gewöhnliche Lampe wie sie für die Straßenbeleuchtung eingesetzt wird (Ab- bildung 4). Die nächststehende Leuchte (in Abbildung 3 im Hintergrund sichtbar) befindet sich in 70 Meter Entfernung. Die Durchsicht in dieser Nacht war recht gut und die Himmelshelligkeitswerte wa- ren mit die besten an diesem Standort überhaupt. Dabei wurden Messungen im Zenit mit und ohne Streulichtblende in horizontalen Abständen von der Lampe zwischen 10 und 70 Metern durchge- führt.

Haupzielsetzung des Experiments war herauszufinden, wie weit man sich von einer solchen Lampe entfernen muss, damit die Messungen im Zenit nicht zu stark beeinflusst werden. Natürlich 3 haben folgende Faktoren einen weiten Die Versuchsszenerie bei Nacht Einfluss auf das Ergebnis, welche nicht berücksichtigt werden konnten, nämlich: 4 – die momentane Lichtleistung der Nahaufnahme der Versuchslampe, Lampe, welche vom Alter des Leucht- rechts mittels und der Transparenz bzw. dem

Verschmutzungsgrad des Schutzglases abhängt, – die winkelabhängige Abstrahlleistung (dementsprechend spielt die Installa- tionshöhe der Lampe eine Rolle), – die Farbtemperatur des Leuchtmittels, welche das SQM-L über die spektrale Empfindlichkeit beeinflusst.

Abbildung 5 gibt das Resultat des Expe- riments wieder. Der Zenitwinkel wurde Entfernung/ZW ohne Gegenlichtblende mit Gegenlichtblende Zenitwinkel aus der Installationshöhe der Lampe, der von Lampe Messhöhe über dem Boden und der hori- 10 m/61° 16,95 19,95 61,0 zontalen Entfernung bestimmt. Das sehr 20 m/74° 19,25 20,48 73,7 30 m/79° 20,29 20,58 78,5 5 40 m/81° 20,52 20,61 81,1 Zenitmessungen mit einem SQM-L 50 m/83° 20,59 20,63 82,7 in Abhängigkeit des Abstands bzw. 60 m/84° 20,63 20,67 83,8 Zenitwinkels zu einer relativ isoliert 70 m/85° 20,63 20,65 84,5 stehenden Straßenlampe (Näheres siehe Text)

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leichte Gefälle entlang der zu messenden Blick nicht groß zu sein, man muss aber Winkelabständen zu den blendenden Straße wurde bei der Berechnung des Ze- berücksichtigen, dass die Variabilität der Lichtquellen auf jeden Fall vermieden nitwinkels berücksichtigt. Himmelsqualität in klaren, mondlosen werden. Nächten und an ein und demselben Ort – Eine ausreichend dimensionierte Steu- Die Abbildung zeigt, dass die Blende in der gleichen Größenordnung liegt. lichtblende sollte benutzt werden. ein recht effektives Mittel zur Unterdrü- Dementsprechend kann man bei Messun- – Bei gerichteten Messungen soll nicht ckung von Streulicht bzw. der Blend- gen ohne Streulichtblende davon ausge- zu niedrig über dem Horizont ge- wirkung der Lampe darstellt. In einer hen, dass erst bei Winkelabständen von messen werden. Sonst sind nicht nur Enfernung von nur ca. 20 bis 25 Metern über 80°, welche in diesem speziellen direkte Lichtquellen, sondern auch von der Lampe werden bereits annähernd Fall 40 bis 50 Metern Abstand entspricht, indirekt beleuchtete Hauswände und Hintergrundwerte von 20,65 mag/arcsec2 kein signifikanter Unterschied mehr be- Bäume etc. mögliche Fehlerquellen. erreicht. Werden Messungen sehr nahe steht. Was bei diesem Experiment mit an hellen Lichtquellen durchgeführt, ist einfließt, aber nicht quantitativ berück- wohl die Streuung innerhalb der nicht sichtigt bzw. korrigiert wurde, ist, dass komplett schwarzen Blende nicht mehr die Beleuchtungsstärke am Messort zum Internethinweis: zu vernachlässigen. Auf der anderen Sei- Einem umgekehrt proportional mit der [1] http://unihedron.com/projects/sqm-l/ te ist es beinahe erschreckend, wie stark Entfernung zum Quadrat abnimmt, zum (Messungen von P. Cinzano) die Messungen des unabgeschirmten Anderen die Abstrahlleistung der Lampe SQM-Ls beeinflusst wurden. Noch bei ei- zur Horizontalen hin höchstwahrschein- nem Zenitwinkel von etwas weniger als lich ebenfalls abnimmt. Letzteres kann 75° beträgt der Unterschied zwischen den aber nur mittels des Polardiagramms der Messungen mit und ohne Streulichtblen- Lampe bestätigt werden. de 1,23 mag/arcsec2 und selbst bei 30 Metern Abstand von der Lampe ist im- Aus diesem einfachen Experiment kann mer noch ein Unterschied von knappen folgende Schlussfolgerung gezogen wer- 0,3 mag/arcsec2 zu vermerken. Himmels- den: helligkeitsdifferenzen von einigen Zehn- – Direkter Lichteinfall auf die Linse tel mag/arcsec2 scheinen auf den ersten des SQM-Ls sollte auch bei großen

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Wolken können auch nützlich sein von Torsten Güths

Im Dezember des Jahres 2008 hing ein trüber, grauer Nebel tagelang über der Landschaft des Rhein-Main-Gebiets. Mal wieder deprimierende Aussichten für Sternfreunde. Aufgrund des Besuchs ei- ner Bekannten im Taunus fuhren meine Freundin und ich über den Großen Feld- berg bei Frankfurt und erlebten eine tolle Überraschung: Ein strahlender, tiefblauer Himmel erwartete uns ab rund 700 Me- tern Höhe. Was für ein Anblick für die ausgedörrte Astroseele! Wie mag das nur in der Nacht aussehen?

1a+b Die Wolkenschicht schirmt das Licht von Frankfurt wirkungsvoll ab. Man beachte auch die starken Flugbe- wegungen. Die Originalaufnahme zeigt 13 Leuchtspuren. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 1600.

Bei einer normalen, klaren Winter- nacht hellt das Licht des rund 750 Meter tiefer gelegenen Frankfurt den Himmel erheblich auf! Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 1600.

2 Messaufnahmen der Zenitregion im Vergleich. Von links nach rechts die Standorte Großer Feldberg ohne Wolkenschicht, Großer Feldberg mit Wolkenschicht, Bodenrod (Taunus) mit dem Lichtdom Rhein-Main, Herchenheimer Höhe (Vogelsberg). Jeweils Einzelbilder, aufgenom- men mit einer Canon EOS 350D durch ein 28-mm-Objektiv mit 0,42-fach Fisheyevorsatz mit 30 s Belichtungsdauer bei f/2,8 und ISO 800.

VdS-Journal Nr. 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky 25

Ich war noch nie nachts auf dem Gro- ßen Feldberg aufgrund seiner Nähe zu Tabelle 1: Ermittlung der Himmelshelligkeit Frankfurt und seinem hell erleuchteten Flughafen. Die gut 45 Minuten dau- Ort Uhrzeit Himmelshelligkeit korrigiert auf Mitternacht ernde Fahrt dorthin würde sich nicht lohnen, vermutete ich, da bereits in 20 Großer Feldberg klar, mit tiefem Dunst 20:55 20,2 mag/arcsec² 20,4 mag/arcsec² Minuten Fahrentfernung lohnenswer- Großer Feldberg klar, mit tiefen Wolken 20:05 21,0 mag/arcsec² 21,3 mag/arcsec² te Beobachtungsplätze ab Bad Nauheim Zum Vergleich: erreichbar waren. Denn nur rund 35 Ki- lometer nördlich von Frankfurt können Feldanhöhe 1,7 km westl. BN Zentr. 22:55 20,2 mag/arcsec² 20,3 mag/arcsec² im Taunus recht schöne Bedingungen Taunus 9 km westlich von Butzbach 01:30 21,2 mag/arcsec² 21,1 mag/arcsec² herrschen mit SQM-L-Werten von 21,0 Herchenhainer Höhe (Vogelsberg) 00:45 21,7 mag/arcsec² 21,6 mag/arcsec² bis 21,3 mag/arcsec² im Zenitbereich. Natürlicher Nachthimmel 21,9 mag/arcsec² 21,9 mag/arcsec² Allerdings hellt das Rhein-Main-Gebiet auch hier den Süden so sehr auf, dass Messwerte gewonnen durch SQM-L- und Graustufenauswertungen von standardisierten Weit- die Milchstraße im Schild und Schützen, winkelaufnahmen [1]. Die Werte der linken Spalte sind die gemessenen Werte, die der rechten abgesehen von den hellsten Sternenwol- sind zur besseren Vergleichbarkeit auf Mitternacht korrigierte Werte. ken, völlig verblasst. Trotz seiner Höhe von 880 Metern über NN sollte demnach durch die Nähe zu Frankfurt und seinem mermilchstraße stand senkrecht über oberhalb der leichten Dunstschicht zu Flughafen die Himmelshelligkeit auf dem dem Westhorizont (Abbildung 3) und liegen. Großen Feldberg nicht geringer als an unter mir leuchteten die Wolken zwar meinen Beobachtungsorten sein. kräftig doch der Himmel darüber war Oben angekommen offenbarte sich mir dunkel! Sogar die Wintermilchstraße das Desaster: Der Himmel war viel heller Doch was wäre, wenn eine Wolken- beim Sternbild Orion war über den hell als vor zwei Wochen! Er war blass, mit schicht das Licht von Frankfurt samt sei- leuchtenden Wolken Frankfurts sichtbar. einer kaum erkennbaren Milchstraße und nem Flughafen abschirmte? (Abbildungen 1a und 4) einer Stadt Frankfurt, die wie verrückt strahlte! (Abbildung 1b) Die Messwerte Gebannt von dieser Idee fuhr ich am Eine Woche später folgte dann eine „nor- fielen dementsprechend schlecht aus: nur Abend des 16. Dezember 2008 auf den mal“ gute, klare Winternacht mit Dunst rund 20,2 mag/arcsec². Das ist nicht ein- Großen Feldberg. Das Zeitfenster war bis ca. 600 Meter Höhe. Der Gedanke lag mal besser, als direkt bei Bad Nauheim. knapp, denn um 21:20 Uhr sollte bereits nahe, einmal umfangreiche Messfahrten der Dreiviertelmond aufgehen. Und tat- ausgehend vom Großen Feldberg über Auswertung sächlich: Ab rund 750 Metern riss die Frankfurt bis zu meinen Beobachtungs- Die Messungen der Nachthimmelshellig- Wolkenschicht auf und ich konnte die orten durchzuführen. So fuhr ich erst- keit des Großen Feldbergs erfolgten re- Sterne sehen. Und wie viele! Der Himmel malig bei klarer Sicht auf den Großen lativ früh am Abend in der Zeit von 20 sah richtig gut aus! Der Rest der Som- Feldberg, der sogar den Vorteil hatte, bis 21:30 Uhr. Die Vergleichshelligkeiten

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im nördlichen Taunus oder den Ausläu- fern des Vogelsbergs.

Fazit Ich habe mit meiner anfänglich erwähn- ten Einschätzung richtig gelegen. Der im- merhin 880 Meter hohe Große Feldberg war vergleichbar mit einem Feld in 1,5 Kilometer Entfernung von Bad Nauheim und es ist folglich nicht lohnenswert, ihn von Bad Nauheim aus anzusteuern. Es sei denn, es herrscht mal wieder ein verdrießliches Wetter mit einer Wolken- schicht bis in 700 Metern Höhe!

3 Literaturhinweise: Der Blick nach Nordwesten zeigt die untergehende Sommermilchstraße und die [1] Torsten Güths (2013): Messungen darunterliegende Wolkenschicht. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS und Überwachung der Himmels- 450Da durch ein Walimex-8-mm-Fisheye mit 60 s Belichtungsdauer bei f/3,5 und helligkeit mit DSLR und Digitaler ISO 1600. Kompaktkamera, VDS-Journal Nr. 47, S. 29 ff. [2] Andreas Hänel (2015): Eichung von aus dem Taunus und Vogelsberg wurden lich dunklen Nachthimmel aufgehellt. Fischaugenaufnahmen mit dem Sky dagegen nach Mitternacht gewonnen Die Wolken haben immerhin die Hellig- Quality Meter, VDS-Journal Nr. 54 und sollten dadurch vermutlich einen 0,2 keit um einen Wert von 0,9 mag/arcsec² bis 0,3 mag großen Vorteil haben, den es bzw. um einen Faktor von rund 2,3 ab- auszugleichen gilt. geschwächt. Der Nachthimmel ist zwar so noch immer 0,6 mag/arcsec² heller als Die Ermittlung der Himmelshelligkeit natürlich, doch immerhin so schön wie erfolgte über die Bestimmung der Grau- stufen von DSLR-Aufnahmen mit stan- dardisierten Parametern. In einer zweiten Nacht im Februar des Jahres 2011 hatte ich inzwischen ein SQM-L dabei. Es zeig- te Messwerte bis 21,4 mag/arcsec² nach 23 Uhr an. Auch zeigten vergleichende Messungen an anderen Standorten, dass die Methode mit der Bestimmung über eine Graustufenwertermittlung geeignet ist. [1,2]

Aufgrund der Reduzierung der Him- melshelligkeit durch Sparschaltungen, Ausschalten von Werbung oder anderen Beleuchtungen und durch die Verringe- rung des Verkehrsaufkommens ist er- fahrungsgemäß mit einer Abnahme von rund 0,07 mag/arcsec² pro Stunde in der Zeit von 21 Uhr bis 1 Uhr zu rechnen. Vergleiche von Nachthimmelshelligkei- ten sollten dieses idealerweise berück- sichtigen. Tabelle 1 zeigt die Werte in der Übersicht, Abbildung 2 illustriert die 4 Standorte. Die Wintermilchstraße vom Parkplatz unterhalb des Gipfels des Großen Feldbergs. Man erkennt die Wintermilchstraße und eine leichte Aufhellung durch das wolkenab- Ohne die schützende Wolkenschicht ist geschirmte Frankfurt. Der rötliche Schein rechts ist die Flugbefeuerung der Türme der Himmel um 1,5 Größenklassen oder und Masten. Einzelbild, aufgenommen mit einer Canon EOS 450Da durch ein Walimex- einen Faktor vier gegenüber dem natür- 8-mm-Fisheye mit 60 s Belichtungsdauer bei f/3,5 und ISO 1600.

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Walkers Law in eigener Erfahrung von Torsten Güths

Die meisten Sternfreunde in Deutsch- land kennen die Situation: In unserem dicht besiedelten Deutschland mit seinen Wetterlaunen ist es selten möglich, einen nicht durch Lichtverschmutzung gestör- ten Blick auf den Nachthimmel zu erha- schen. Kaum fährt man einige Kilometer raus, stößt man schon auf die nächste Stadt oder ein entlegenes, hell erleuchte- tes Gewerbegebiet.

0oSo findet man ständig einen mehr oder weniger stark aufgehellten Himmel vor, der den Beobachtungsgenuss trübt. Auch kann ein DarkSky-Forscher so nicht feststellen, wie sich die Verbreitung des Lichts einer einzelnen Stadt in der At- mosphäre verhält. Es gibt jedoch noch erschlossene und leicht zugängliche Ge- genden, die das zulassen.

In den 1970er-Jahren führte der US- amerikanische Astronom Merle F. Walker eine Vielzahl von Untersuchungen der Himmelsqualität im Südwesten der USA durch. Sein Auftrag war die Beurteilung von unterschiedlichen Standorten für Observatorien in dieser trockenen und sonnenreichen Gegend. Unter anderem wurde auch die Himmelshelligkeit erfasst und in ihrer Auswirkung auf einen po- tenziellen Standort hin untersucht [1].

Walkers Law Als ein Ergebnis seiner Untersuchungen ermittelte Walker einen prinzipiellen Zu- sammenhang von der Bevölkerungszahl einer Stadt und ihrer Entfernung zu ei- nem bestimmten Beobachtungsort. Seine Gesetzmäßigkeit wird durch folgende Formel beschrieben: I = 0,01 x P x d-2,5 [2,3]

P ist dabei die Einwohnerzahl der Stadt und d die Entfernung zum Beobach- tungsort in Kilometern. Das Ergebnis I

1 Der Lichtdom von Las Vegas aus 56, 125 und 292 km Distanz. Als Kamera diente eine Canon EOS 450Da mit einem 8-mm-Walimex- Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 60 s bei Blende 3,5.

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stellt die Aufhellung als Faktor der Auf- hellung des natürlichen Nachthimmels in einer Horizonthöhe von 45° in Richtung der Stadt dar. Ein Wert von 0,02 bedeutet z. B. 2 %, der Wert 1 bedeutet 100 %.

Es darf an dieser Stelle nicht verschwie- gen werden, dass später auch andere Untersuchungen und Modellrechnungen durchgeführt wurden [4,5], jedoch das Walker Law für Laien und zur persönli- chen Einschätzung von Lichtverschmut- zung aufgrund seiner Einfachheit noch immer von Bedeutung ist.

Der Standortvergleich Ich hatte das Glück, in den Jahren 2013 und 2014 die geschäftlichen Besuche der CES (Consumer Electronics Show) in Las Vegas/Nevada mit ein paar Tagen vor- ab in Arizona kombinieren zu können. Glücklicherweise war in diesen Zeiten der Mond noch nicht störend, so dass sich eine wundervolle Verbindung zwi- schen der Flucht aus dem dauergrauen Deutschland und etwas Astronomie bei dunklem Himmel ergab.

Die Lichtverschmutzungskarte (Abbil- dung 5) zeigt die Gegend, in der ich mich herumtrieb. Gleich nach der An- kunft konnte ich auf der Fahrt von Las Vegas nach Kingman an Punkten ent- lang des Highway 95 den Einfluss der Entfernung zu dieser grell beleuchteten Spielermetropole auf die Dunkelheit des Nachthimmels ermitteln. An weiteren Abenden war es mir auch möglich, in 2 Der Fisheyeblick nach Süden zeigt die Lichtdome von Flagstaff (links) aus 29 km und der Nähe von Flagstaff und dem Grand 55 km sowie Phoenix aus 200 km und 233 km Entfernung. Als Kamera diente eine Canyon die Lichtglocken von Phoenix, Canon EOS 450Da mit einem 8-mm-Walimex-Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 60 s Flagstaff und wiederum Las Vegas zu be- bei Blende 3,5. urteilen.

Die Beobachtungspunkte befanden sich Zentrum von Las Vegas. Der dritte Punkt Vegas befand, sichtbar und die Milchstra- südöstlich von Las Vegas und in Hoch- lag bei Valle/Arizona, südlich des Grand ße im Zenit sowie in entgegengesetzter ebenen südlich des Grand Canyon bei Canyon, in 292 Kilometern Entfernung. Richtung zum Orion schon recht struktu- Flagstaff von 1.900 bis 2.100 Metern riert erkennbar (Abbildung 1). Das SQM-L Höhe. Allgemein sind diese Regionen bis Der Blick nach Las Vegas war verhee- zeigte Werte von rund 21 mag/arcsec² im auf wenige lokale Gemeinden eher dünn rend: Trotz der Entfernung von 56 Kilo- Zenit. Im Süden war ein breiter Strahl besiedelt. metern zum Zentrum war ein sehr heller sichtbar, der möglicherweise von be- Lichtdom zu sehen, in dem auch noch der leuchteten Casinohotels im 80 Kilometer Die Lichtglocke von Las Vegas/ senkrecht nach oben gehende Scheinwer- entfernten Bullhead City herrührte. Nevada ferstrahl der Pyramide des Luxorhotels An drei Punkten habe ich die Lichtglo- erkennbar war! Die Luft war sehr klar In 125 Kilometern Entfernung war der cke von Las Vegas erfasst. Entlang des und trocken. Das Licht reichte somit zwar Himmel trotz der noch deutlichen Licht- Highway 93, am Parkplatz bei Willow weit in die Umgebung, doch waren nicht glocke schon beeindruckend, obwohl Beach, in 56 Kilometern Entfernung vom so viele Aerosole in der Atmosphäre, die sich der bekannte Ort an der Route 66, Zentrum und „Santa Claus“ bei Chlori- das Licht streuten. So war das Zodiak- Kingman, nur noch 20 Kilometer ent- de in 125 Kilometern Entfernung zum licht, was sich in ca. 90° Abstand zu Las fernt im Süden befand. Der Lichtstrahl

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3 von Bullhead City war nunmehr 38 Ki- Die Allskyaufnahme im Tal des Todes. Links das Licht vom 160 km entfernten lometer entfernt und ragte bis in gut 30° Las Vegas, unten erkennt man noch den Schein des 300 km entfernten Los Angeles. Höhe empor. Die Milchstraße war ein- Als Kamera diente eine Canon EOS 550D mit einem 4,5-mm-Sigma-Fisheyeobjektiv. drucksvoll strukturiert. Im Zenit hatte Belichtet wurden 300 s bei Blende 2,8 und ISO 800. (Bildautor: Andreas Hänel) ich SQM-L-Messwerte von gut 21,2 mag/ arcsec². trotz der dünnen Luft in über 2.000 Me- Südlich des Grand Canyon, in knapp 300 Die Lichtglocken von Phoenix und tern Höhe die Atmosphäre ordentlich auf. Kilometern Entfernung von Las Vegas Flagstaff Auf dem Lowell-Observatorium, das sich war diese Stadt zwar noch fotografisch Die größte Stadt von Arizona ist Phoenix gut 100 Meter höher gleich nordwestlich detektierbar, doch fiel es nun wirklich mit rund 1,5 Millionen Einwohnern. Die von Flagstaff auf dem Mars Hill befindet, nicht mehr ins Gewicht. Hier ist sicher- gesamte Gegend um die Stadt hat zusam- konnte ich nur einen SQM-L-Wert von lich ein kleines Astroparadies! Die Mess- men rund 3,6 Millionen Einwohner, rund 20,3 mag/arcsec² messen, den Dr. Hänel werte des SQM-L fielen mit 21,5 mag/ zwei Drittel der Bevölkerung Arizonas. mit 20,4 in etwa bestätigt [6]. Dennoch arcsec² aufgrund des relativ starken na- Flagstaff ist mit 65.000 Einwohnern zwar waren auf der stadtabgewandten Seite türlichen Airglows nicht so gut aus und wesentlich kleiner und hat sogar eine die Milchstraße gut und im Westen das auch weil die Milchstraße störte. Beleuchtungsregulierung, doch hellt sie Zokiakallicht schwach sichtbar.

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4 Die Allskyaufnahme bei Natural Bridges National Monument, Utah. Einzig das bereits nicht mehr erkennbar. Allerdings natürliche Airglow beeinträchtigt die Helligkeit. Als Kamera diente eine Canon war die Horizontsicht hier etwas einge- EOS 550D mit einem 4,5-mm-Sigma-Fisheyeobjektiv. Belichtet wurden 300 s bei schränkt (Abbildung 2). Blende 2,8 und ISO 800. (Andreas Hänel) Vergleichende Eindrücke einer Reise von Dr. Andreas Hänel Das Bild ändert sich deutlich in rund 30 Im Jahr darauf war ich bei Valle in 55 Dr. Hänel bereiste den Südwesten der Kilometern westlicher Entfernung bei Kilometern Entfernung nordwestlich von USA im März und April 2014. Sein le- Parks: Dort erwartete mich ein Pracht- Flagstaff, was dessen Lichtglocke visuell senswerter Bericht ist auf den Websei- himmel! Eine mit Sternen übersäte und fast gänzlich zum Verschwinden brachte. ten des europäischen „Loss Of The Night reich strukturierte Milchstraße zog sich Allerdings blieb das Licht von Phoenix Network“ (loNNe) veröffentlicht und frei über das nächtliche Firmament! Jedoch noch deutlich sichtbar, wenn auch im downloadbar [6]. Die Erfahrungen von gab es zwei signifikante Lichtglocken: Vergleich zu 200 Kilometern Entfer- ihm bestätigen meine Beobachtungen Die von Flagstaff ragt zwar höher auf als nung deutlich reduziert. Die Lichtglocke auch bei Flagstaff. Das Sunset Crater Na- die von Phoenix, jedoch ist letztere heller nimmt in 233 Kilometern Entfernung tional Monument befindet sich rund 25 und konzentrierter. spürbar ab und beim Grand Canyon in Kilometer nordöstlich und es zeigte sich rund 280 Kilometern Entfernung war sie dort die Lichtglocke der Stadt sowie ein

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pen verwendet, außerdem wird heller und häufiger beleuchtet. Der Großraum Las Vegas zum Beispiel wird überdurch- schnittlich stark kunstvoll erhellt. Ich fand einen Faktor von über 3 zu Walker! Anders ausgedrückt: Las Vegas strahlt wie eine 4-Millionen-Metropole statt wie eine 1,3 Millionen Einwohner zählende Großstadt. Für den Großraum Phoenix (3,6 Millionen Einwohner) und Flagstaff (70.000 Einwohner) fand ich hingegen jeweils einen Faktor von „nur“ 2. Be- sonders Letzterer wirkt realistisch, wenn man die beschriebene Entwicklung der Beleuchtung zugrundelegt.

5 Die Lage der Mess- bzw. Beobachtungsorte am Black-Marble-Overlay von Google Earth. Internet- und Literaturhinweise: [1] Walker, M. F. (1970): The Califor- nia Site Survey, Publications of the SQM-L-Messwert von 21,5 mag/arcsec² Die Anzahl von Messungen war zu ge- Astronomical Society of the Pacific im Zenit. Auch der Besuch im Death Val- ring und dadurch konnten die Schwan- 82, 672-698 ley zeigte eine signifikante Lichtglocke kungen der Parameter Transparenz, [2] Walker, M. F. (1977): The effects von Las Vegas noch aus 160 Kilometern Airglow, Milchstraße, Zodiaklicht nicht of urban lighting on the brightness Entfernung sowie aus 300 Kilometern ausreichend berücksichtigt werden. Die of the night sky, Publications of the noch das Licht von Los Angeles konzen- Ausdehnung der Städte beträgt auch Astronomical Society of the Pacific triert am Südhorizont. Ähnlich der von bis zu einigen Dutzend Kilometern und 89, 405-409 Phoenix aus 200 Kilometern (Abbildun- folglich liegen weite Stadtbereiche näher [3] IDA Information Sheet #11, Estima- gen 2+3). Allerdings konnte Dr. Hänel si- zum Beobachtungspunkt. Problematisch ting the Level of Sky Glow Due to cherlich ein Nirwana am nördlichen Ster- ist auch die Wahl bzw. Einschätzung der Cities nenhimmel im Natural Bridges National Bevölkerung. Gerne finden sich Anga- [4] Garstang, R. H. (1989): Night sky Monument besuchen: Ein SQM-L-Wert ben, welche die eigentlichen Städte be- brightness at observatories and si- von knapp 21,7 mag/arcsec² bei kunst- zeichnen, jedoch sollte man auch den tes, Publication of the Astronomical lichfreiem Horizont (Abbildung 4). direkten Einzugsbereich berücksichtigen, Society of the Pacific was die Bevölkerungszahl deutlich er- [5] Duriscoe et al (2013): The relation Vergleich mit Walkers Law höht. Topografische Eigenarten des Ge- of outdoor lighting characteristics Die Leser mögen mir verzeihen, dass die ländes können zusätzlich zu einer Beein- to sky glow from distant cities, Sage numerische Auswertung der Graustufen flussung führen. Walker selbst weist auch Publications aufgrund der geringen Anzahl an Näch- auf diese Unzulänglichkeiten in seiner [6] Hänel, Andreas (2014): An Explo- ten nur Anhaltspunkte bringen kann Untersuchung hin [2]. Auch die SQM-L- ration of Dark Sky Places in the und keine belastbaren Messwerte. Für Messungen hatten nur einen begleiten- USA 2014. Download unter: www. die Graustufenermittlung wurde das auf den Effekt. cost-lonne.eu/ (Stand Januar 2015) „sonnig“ eingestellte jpg in Graustufen [7] Andreas, Hänel (2015): Eichung umgewandelt. Die Vignettierung wurde Alle diese Faktoren behindern die Da- von Fischaugenaufnahmen mit dem nicht berücksichtigt. Da die Graustufen tenerfassung deutlich und „mal auf die Sky Quality Meter, VDS-Journal Nr. nur aus dem Bereich innerhalb 25 % Schnelle nebenher“ ermittelte Werte 54 Durchmesser um die optische Achse ge- bringen folglich nur Anhaltspunkte. nommen wurden, sollten die von einer Vignettierung am stärksten betroffenen Diese Anhaltspunkte veranlassen mich Randbereiche nicht ins Gewicht fallen dennoch, mit meinem Artikel einmal [7]. anzuregen, den Koeffizienten von Wal- kers Law anzupassen. Der Lichteinfluss Leichte Schleierwolken und Airglow- war deutlich höher, als Walker mit sei- bänder beeinträchtigten die Messungen nem Gesetz beschreibt. Nicht weil die etwas. Auch die Milchstraße und das Zo- Bevölkerung angewachsen ist (Walker diaklicht behinderten. Ebenso die nicht berücksichtigt mit seiner Formel die Be- gleiche Uhrzeit (Abschaltungen im Laufe völkerungsgröße), sondern vermutlich, der Nacht) sind Faktoren, die in solche da die Beleuchtung massiv zugenommen Einzelmessungen einfließen. hat: Es werden heute effizientere Lam-

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Eichung von Fischaugenaufnahmen mit dem Sky Quality Meter von Andreas Hänel

Digitale Spiegelreflexkameras haben sich inzwischen mehrfach als zuverläs- sige Messgeräte erwiesen. Sie können für Astrometrie­ oder auch zur Sternfoto­ metrie eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn die Aufnahmen im unkom- primierten Rohformat (bei den verwen- deten Canon-Kameras: RAW-Format) aufgenommen werden. Besonders gut sind sie daher als bildgebende Messgerä- te für die Leuchtdichte einzusetzen. Da- mit sollten sie zur Messung der Hellig- keit in Straßenszenen oder zur Messung der Himmelshelligkeit eingesetzt werden können [1].

Um die Himmelsqualität an einem Beob- achtungsort dokumentieren und beurtei- len zu können, haben sich Aufnahmen mit einem Fischaugenobjektiv bewährt. Dafür hat der Autor seit 2009 eine di- gitale Spiegelreflexkamera Canon EOS 1000D mit einem Fischaugenobjektiv Sigma 1:2,8/4,5 mm eingesetzt, wobei sich die Lichtstärke dieses Objektivs be- währt hat. In helleren Gebieten wurden standardmäßig Aufnahmen mit ISO 800 und 30 Sekunden Belichtungszeit, in dunkleren Regionen mit drei oder gar fünf Minuten Belichtungszeit gemacht. Dabei wurden die Aufnahmen immer im RAW-Format und als jpeg-Bilder abgespeichert. Zusätzlich wurden Dun- kelbilder mit gleichen Belichtungszeiten aufgenommen. Gleichzeitig mit den Auf- nahmen wurden Messungen der Him- melshelligkeit mit dem Sky Quality Meter SQM-L im Zenit über ein Feld mit etwa 20° Halbwertsbreite gemacht. Da lag es nahe, zu versuchen, die Aufnahmen mit 1a+b Eine Fischaugenaufnahme, wobei oben (a) der Messbereich für den Dunkelstrom Hilfe des SQM-Ls zu kalibrieren, um die eingezeichnet ist, unten (b) die Messblende, die das SQM-L darstellt. Himmelshelligkeit auf den Fotos in den Einheiten der Himmelshelligkeit mag/ arcsec² angeben zu können. Aufnahmen wurden mit Hilfe der frei- nommen. Der Einfachheit halber wurde en Software AstroImageJ [2] bearbei- zunächst der Anteil des Dunkelstroms Ein erster Versuch im tet. Zunächst wurden die RAW-Bilder aus den Randbereichen der Fischaugen- Schulpraktikum in das Programm eingelesen und dann aufnahmen selbst bestimmt, da diese ja Da sich immer wieder Schüler für ein der grüne Farbkanal ausgewählt, da er nicht belichtet werden (Abb. 1a). Dabei Praktikum an meinem Arbeitsplatz Pla- am ehesten der spektralen Empfindlich- werden allerdings keine Pixel-zu-Pixel- netarium bewerben, wurde Jan Hoff- keitsverteilung der visuellen Helligkeit Variationen in der Aufnahme berück- mann, ein Schüler der 9. Klasse, an entspricht. An diesen Bildern wurden sichtigt. Dann wurden die Intensitäten diese Aufgabe herangeführt. Die RAW- dann die weiteren Bearbeitungen vorge- der einzelnen Pixel in einer kreisförmi-

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2 Die über die Blende auf den Grünauszügen der RAW-Daten ermittelten Intensitäten (logarithmiert) – aufgetragen gegen die gleichzeitig mit dem SQM-L gemessenen Himmelshelligkeiten. Die Streuung liegt unter 0,1 mag/arcsec2.

gen Blende von 30° Durchmesser (Abb. Kai Hinrichs [3] gemacht. Im Rahmen des Blende mit 30° Durchmesser benutzt. 1b) aufsummiert. Studiums zur Lehrerausbildung in der Doch tatsächlich ändert sich die Empfind- Physik werden solche Themen vergeben, lichkeitsverteilung des SQM-L über den Dies ist etwas mehr als der Durchmesser um mit einfachen Mitteln Arbeitsmetho- ganzen Winkelbereich und ist bei einem der Halbwertsbreite des SQM-L-Mess- den der Astronomie nachvollziehen zu Radius von 20° auf etwa 10 % der maxi- kegels am Himmel. Davon wurde dann können. Dafür bieten sich Beobachtun- malen Empfindlichkeit gefallen (Abb. 3) der mittlere Dunkelstrom entsprechend gen mit digitalen Spiegelreflexkameras [4]. Deshalb wurde diese Blende in den dem Blendendurchmesser abgezogen. als Analogon zu den CCD-Detektoren der Allsky-Bildern simuliert, lieferte aber kei- Um einen linearen Vergleich mit den Astronomie und freie Bildverarbeitungs- ne wesentlich anderen Ergebnisse. Helligkeitsmessungen zu ermöglichen, programme wie AstroImageJ oder Iris [2] wurden diese Intensitätswerte noch lo- als Ersatz für die in der Astronomie ge- Wie alle Objektive hat auch das Fisch- garithmiert. Insgesamt standen über 70 nutzte Bildverarbeitungssoftware an. augen-Objektiv einen Mitte-Rand-Abfall Fischaugenaufnahmen mit parallelen der Transmission (Vignettierung), die SQM-L-Messungen mit unterschied- Zunächst wurde untersucht, ob es wäh- allerdings bei so großen Bildwinkeln lichsten Helligkeiten zur Verfügung. Die rend der vier Jahre, während denen schwer zu korrigieren ist. Normaler- Messungen wurden gegeneinander auf- die Aufnahmen gemacht wurden, ins- weise wird dies mit Hilfe von Flatfield- getragen (Abb. 2) und es ergab sich ein trumentelle Effekte an der Kamera gab. Aufnahmen gemacht. Dafür wurden Ver- linearer Zusammenhang von etwa 19,0 Dabei wurde festgestellt, dass offenbar suche mit weißen Styropor-Halbkugeln bis 21,8 mag/arcsec², wobei die Streuung die Anzahl der „Hot Pixels“ zunimmt oder unter der Kuppel des Planetariums kaum 0,1 mag/arcsec² überschreitet und und deren Verhalten beobachtet werden gemacht, die aber keine zufriedenstellen- damit der Fehlerangabe für das SQM-L muss. Es konnten keine Änderungen den Resultate lieferten. Zufällig wurde entspricht. des Dunkelstrombildes festgestellt wer- eine Veröffentlichung gefunden, in der den, eine Temperaturabhängigkeit wird die Vignettierung in einem belgischen Genauere Analyse in einer kameraintern sogar etwas überkompen- optischen Labor punktweise bestimmt Bachelor-Arbeit siert. Dennoch ist es wichtig, möglichst wurde [5]. Diese Korrekturwerte wurden Es war jedoch klar, dass mehrere Fak- oft Dunkelbilder separat aufzunehmen. daher für das benutzte Objektiv über- toren noch genauer untersucht werden Die beobachteten Effekte haben jedoch nommen. Bis zum Bildrand des Fisch- mussten, und das wurde im Rahmen keinen Einfluss auf die Messgenauigkeit. augenobjektivs fällt die Transmission einer Bachelor-Arbeit im Fachbereich Beim ersten Versuch für das Schulprak- bis auf unter 40 % ab. Damit werden die Physik der Universität Osnabrück von tikum wurde eine einfache kreisförmige horizontnahen Lichtquellen auf den Auf-

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nahmen immer viel schwächer abgebil- det, als sie wirklich sind (Abb. 4)! Aber selbst nach Anbringung einer entspre- chenden Flatfield-Korrektur ändert sich die Kalibrierung mit dem SQM-L kaum. Die Erklärung liegt darin, dass die Vig- nettierung im Zentrum, also dem Bereich wo mit dem SQM-L gemessen wurde, noch sehr gering ist.

Ferner wurde untersucht, welchen Ein- fluss die Sterne haben. In der professi- onellen Astronomie wird die Himmels- hintergrundhelligkeit gemessen, das ist die Helligkeit des Himmels zwischen den auf einer CCD-Aufnahme erkennbaren Sternen. Das SQM-L und die Blenden- methode bei den Fischaugenaufnahmen 3 messen aber den Himmelshintergrund Die relative radiale Empfindlichkeitsverteilung des SQM-L, die zur Simulierung für plus die Helligkeit der im Feld enthal- eine Messblende für die Kameradaten genutzt wurde. Der Zentrumsabstand ist in tenen Sterne. Daher wurden neben der Pixel angegeben, 13,4 Pixel entsprechen 1°. Himmelshelligkeit in der Blende auch die Helligkeiten in sternfreien Feldern gemessen, wobei sich wiederum kein Un- gen, die bei drei Minuten Belichtungszeit Daher lag es nahe zu untersuchen, ob die terschied ergab. nahe dem Himmelsäquator deutlich zu Himmelshelligkeit auf den Aufnahmen erkennen sind. Erst im Jahr 2013 wurden durch die Strichspuren der Sterne beein- Die meisten Aufnahmen wurden nicht nachgeführte Aufnahmen (mit SkyTra- trächtigt werden könnte. Die Auswer- nachgeführt, deswegen haben die Ster- cker und NanoTracker) gewonnen. tung der Aufnahmen zeigte allerdings ne durch die Erddrehung Striche gezo- auch hier keine Einflüsse.

4 Eine Fischaugenaufnahme ohne (links) und mit Korrektur (rechts) der Vignettierung durch das Fischaugenobjektiv, der Horizont erscheint viel heller.

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Als Fazit ergibt sich, dass die Fischau- Internet- und Literaturhinweise: [4] Cinzano, P.: Report on Sky Quality genaufnahmen sehr gut mit parallel ge- [1] Güths, T.: Messung und Überwa- Meter, version L, ISTIL internal machten SQM-L-Messungen kalibriert chung der Himmelshelligkeit mit report werden können und selbst die einfachste DSLR und Digitaler Kompaktkamera, [5] Cauwerts, C., Deneyer, A., Bodart, M.: Auswertemethode, die ein Schüler wäh- VdS-Journal 47, 29 (4/2013) Vignetting effect of two identical rend seines Praktikums eingesetzt hat, [2] AstroImageJ Download: www.astro. fisheye lenses: www.wtcb.be/ offenbar bereits so genaue Ergebnisse louisville.edu/software/astroimagej/ homepage/download.cfm?dtype=lab_ liefert, wie sie mit den genutzten Geräten IRIS Download: www.astrosurf.com/ daylight&doc=Labo_LB_C_15_E. erwartet werden können. Für die Zukunft buil/us/iris/iris.htm (Januar 2015) pdf&lang=en) (Januar 2015) ist geplant, dass in den Fischaugenauf- [3] Hinrichs, K.: Photometrie von nahmen noch Konturlinien mit den Him- Nachthimmelsaufnahmen mithilfe melshelligkeiten eingezeichnet werden von Fischaugenoptik, Bachelor-Ar- sollen. beit, Physik, Univ. Osnabrück, 2014 Nachthimmelhelligkeit bei Osnabrück 2006-2014

von Andreas Hänel

Immer wieder wird die Zunahme der Lichtverschmutzung beklagt, allerdings liegen kaum zuverlässige Messungen vor, die dies quantifizieren oder bele- gen könnten. Dabei sollte man unter- scheiden, ob es um die Beeinträchtigung durch unmittelbar sichtbare Lichtquellen geht, oder um die diffuse Aufhellung des Nachthimmels über besiedelten Gebie- ten (die Lichtverschmutzung im engeren Sinne). Wenn nur einige Lichtquellen zu- sätzlich in der Nähe eines Beobachtungs- ortes neu installiert werden, erscheinen sie zwar störend oder gar blendend, in der Regel werden sie aber noch nicht den Himmel aufhellen. Dazu sind mehrere Lichtquellen notwendig, die über eine größere Fläche verteilt sind.

Um die Himmelshelligkeit (in Größenklas- sen/Quadratbogensekunden, mag/arcsec²) und eventuell eine Änderung derselben zu messen, wurde ein Sky Quality Meter SQM der kanadischen Firma Unihedron angeschafft. Seit Februar 2006 wurden Messungen gemacht, unter anderem im Garten des Verfassers (Georgsmarienhütte- Holzhausen, geografische Koordinaten: Länge 8,01019° Ost, Breite 52,2219° Nord) an der immer gleichen Stelle (Abb. 1).

Zunächst wurden die Messungen mit dem SQM (Seriennummer 527) gemacht, das einen breiten Messkegel von 40° Halbwertsbreite hat, seit April 2008 mit dem SQM-L (Seriennummer 2536), des- 1 Fischaugenaufnahme des Beobachtungsplatzes, eingezeichnet ist der Messkegel sen Messkegel durch eine Linse auf 20° des SQM-Ls

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2 Messpunkte der Himmels- helligkeit im Garten des Autors über acht Jahre hin- weg. Eine mathematische Ausgleichsgerade suggeriert eine Abnahme der Himmels- helligkeit, die bei der Streu- ung der Werte aber nicht sicher ist.

Halbwertsbreite eingeschränkt wird. Das ten liegt die Helligkeit bei 20,5 – 20,6 3. Eine gravierende Änderung ergab sich SQM hatte sich mit seinem weiten Mess- mag/arcsec², die Milchstraße ist dann im im September 2009, als die alten Pilz- kegel als sehr empfindlich gegen Stö- Zenit gut zu sehen. Es wurden weitere leuchten, die etwa 20 – 25 % des Lichts rungen durch benachbarte Lichtquellen, Untersuchungen angestellt, die hier nur nach oben abstrahlten, durch Aufsatz- abschattende Bäume oder Gebäude er- kurz zusammengefasst werden können: leuchten ersetzt wurden, die den Groß- wiesen. Da beide Geräte unterschiedliche teil des Lichts streng nach unten gerich- Messwerte lieferten, wurden längere Zeit 1. Trägt man die Daten über die Uhr- tet strahlen und nur noch maximal 3 % Parallelmessungen gemacht und eine zeit auf, zeigt sich typischerweise eine nach oben abgeben. Die Auswahl dieser systematische Abweichung von 0,3 mag/ Abnahme der Himmelshelligkeit um abgeschirmten Leuchten ging auf eine arcsec² ermittelt, um die dann die SQM- 0,5 mag/arcsec² im Verlauf der frühen Intervention bei Politikern und Stadt- Messungen korrigiert wurden. Abendstunden bis gegen Mitternacht. werken zurück, die ursprünglich moder- Zurückzuführen ist dies auf das Abschal- ne Pilzleuchten mit Lamellen einsetzen Die Messungen wurden nur bei klarem ten von Beleuchtungen. Eine Kirchenbe- wollten, die noch etwa 15 % des Lichts Wetter gemacht, wenn kein Mond am leuchtung, die nur während der Winter- nach oben abstrahlen. Ein unmittelbarer Himmel stand und die Dämmerung be- zeit eingeschaltet ist, wird gegen 23 Uhr Einfluss dieser Umrüstung ist allerdings endet war. Die ersten 3-4 Messungen abgeschaltet. nicht festzustellen. Sie dürfte aber dazu werden wegen eines instrumentellen beigetragen haben, dass die Himmelshel- Fehlers des SQM immer verworfen, an- Das Licht der Straßenbeleuchtung wird ligkeit in den letzten Jahren nicht stark schließend werden mindestens vier Mes- um 22:30 Uhr durch das Abschalten ei- zugenommen hat. sungen im Zenit mit der Orientierung des ner Lampe auf die Hälfte reduziert, al- Geräts in die Haupthimmelsrichtungen lerdings seltener bei neu installierter Insgesamt ist über die acht Jahre keine gemacht, wobei sich der Beobachter um LED-Beleuchtung. Auch private Beleuch- merkliche Zunahme der Himmelshellig- die eigene Körperachse dreht. Damit soll tungen wie etwa helle Fenster, Haus- keit festzustellen, ein mathematischer ausgeschlossen werden, dass eventuelle oder Gartenbeleuchtungen werden am Ausgleich ergibt sogar eine Abnahme um Lichtquellen, Abschattungen oder instru- späteren Abend und in der Nacht abge- etwa 0,2 mag/arcsec² in diesem Zeitraum. mentelle Einflüsse (so kann die optische schaltet. Dieses Ergebnis wird auch durch Das entspräche einer jährlichen Abnah- Achse des Geräts nicht mit der mecha- die Messungen mit einem kontinuierlich me von etwa -0,25 %. Eine Zunahme um nischen übereinstimmen) die Messungen messenden SQM-LU auf dem Dach des jährlich 1 % würde in acht Jahren eine verfälschen. Wenn keine groben Abwei- Museums am Schölerberg am Stadtrand Zunahme der Himmelshelligkeit um fast chungen erkennbar sind, wird der Mittel- von Osnabrück bestätigt. 0,1 mag/arcsec² entsprechen, was aber wert notiert. in der Streuung der Messwerte nicht er- 2. Mitte Mai bis Ende Juli sind wegen der kennbar ist. Wesentliche Einflüsse auf Trägt man die Messungen über die Zeit hellen Nächte Messungen nicht sinnvoll, diese Streuung haben die unterschiedli- auf (Abb. 2), so fällt eine starke Streuung dennoch scheinen die Nächte im Som- chen Witterungsbedingungen (vor allem auf. Die hellsten Werte wurden bei frisch mer etwas dunkler als im Winter zu sein. die Luftfeuchtigkeit), weswegen eine Än- gefallener Schneedecke beobachtet, auch Zurückzuführen ist dies auf die Wirkung derung der Himmelshelligkeit nur über bei leicht diesigem Wetter fällt die Him- der Belaubung, die Streulicht im Sommer lange Messzeiträume nachweisbar sein melshelligkeit höher aus. In guten Näch- wirkungsvoll abschattet. dürfte.

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Nachthimmelhelligkeit in Esslingen 1 2008-2014 Oben: Blick ins nächtliche Neckartal mit Industriegebiet von Wolfgang Quester

Standort und Messverfahren Ziel der Messungen ist es, etwaige lang- zu kommen Änderungen durch betrieb- Esslingen liegt im Großraum Stuttgart zeitige Veränderungen der Nachthim- liche Anforderungen. So wird z. B. die südöstlich der baden-württembergischen melhelligkeit (NHH), evtl. bedingt durch Beleuchtung des Dachparkplatzes des Landeshauptstadt. Mein Fernrohr steht menschliche Einflüsse, festzustellen. uns direkt gegenüberliegenden Super- auf dem rechts des Neckars, nach Norden Deswegen beschränke ich mich auf wol- markts normalerweise einige Zeit nach ansteigenden Hang, etwa 40 Meter über ken- und mondlose Nächte und nur auf Betriebsschluss (22 Uhr) abgeschaltet. Es dem Talgrund auf 280 Metern Seehöhe, den Mittelwert einer Messreihe um Mit- gibt aber auch Nächte, in denen sie gar und überschaut das im Tal gelegene In- ternacht (von 23 bis 01 Uhr). Eigentlich nicht erlischt. Allgemein kann ich aber dustriegebiet. Etwa zwei Kilometer öst- sollte die Messung gegen Mitternacht sagen, dass die NHH nach Mitternacht lich befindet sich das Kohlekraftwerk Ortszeit erfolgen. Aber die Aktivitäten geringer ist als davor. Altbach, dessen Dampfwolken vor allem im Industriegebiet richten sich nicht im Herbst und Winter bei Ostwind den nach dem Stand der Sonne unter dem Gemessen wird mit einem SQM-L der ka- Himmel überziehen. Abbildung 1 zeigt Horizont. Der jährliche Wechsel von nadischen Firma Unihedron [1]. Eine Lin- einen nächtlichen Blick über das Tal. Winter- auf Sommerzeit verschiebt auch se vor dem Sensor beschränkt den Öff- Beginn und Ende der Arbeitszeiten. Hin- nungswinkel der Messung auf 20°, was

2 Helligkeit des Nachthimmels am Beobachtungsort von 2008 bis 2014. Das rote Quadrat ist eine Messung auf freiem Gelände in Oberschwaben.

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den Beitrag horizontnaher Lichtquellen vermindert. Das Gerät wird auf den Zenit gerichtet und das Mittel aus mindestens 10 Messungen gebildet. Die Helligkeit wird als mag/arcsec² angegeben. Frühe- re Versuche mit subjektiven Messungen (schwächste sichtbare Sterne, Sternzäh- 3 lungen in einem festgelegten Himmels­ areal) waren aufgrund altersbedingter Häufigkeitsverteilung der Änderungen meiner Augen unbefrie- Nachthimmelhelligkeit digend verlaufen. Die Temperatur des Geräts bei den Messungen liegt bei Zim- mertemperatur zwischen 20 und 25 °C. ten mit NHH ≥ 19,7 mag/arcsec². In den Und schließlich kann man die NHH in sieben Jahren seit 2008 wurde die NHH S10-Einheiten angeben. Das ist die An- Kohler [2] schreibt, dass die Messergeb- in 84 Nächten gemessen. Aus dieser re- zahl der Sterne 10. Größe, deren Ge- nisse des SQM-L von der Gerätetempera- lativ geringen Zahl kann man aber nicht samthelligkeit gerade der NHH eines tur abhängig sind und sorgt dafür, dass auf den Fleiß des Beobachters schließen. Quadratgrades entspricht. Hier gilt: ‚‚ sich sein Gerät vor der Messung an die In nicht wenigen Nächten musste die -2,5 . log(S10) = mag/( )2 - 27,78 Nachttemperatur anpasst. Mein Gerät Beobachtung vor Mitternacht abgebro- zeigt diesen Temperaturgang nicht. Ge- chen werden und bei Mondschein wird Der Mittelwert meiner Messungen ent- rätetemperaturen zwischen 11 und 24 °C nicht gemessen. Aber natürlich werden spricht damit 1600 S10-Einheiten. ergaben in kontrollierter Umgebung ei- dann Veränderliche beobachtet. Es ist ein nen Wert von 19,61 mit einer Standard- Vorteil, den viele BAV-Mitglieder nutzen, Zusammenfassung abweichung von ± 0,06. Das ist nur 1/3 dass der Lichtwechsel veränderlicher Seit 2008 messe ich in wolken- und der am Himmel gemessenen Standardab- Sterne auch bei hellem Himmel, z. B. aus mondlosen Beobachtungsnächten die weichung (siehe nächsten Abschnitt). Der der Stadt heraus, verfolgt werden kann. Helligkeit des Nachthimmels mit einem Spektralbereich des SQM-L entspricht SQM-L. Die mittlere Helligkeit betrug nicht dem Johnson-V, sondern erstreckt Vergleich mit anderen Helligkeits- 19,81 ± 0,16 mag/arcsec² (Standardab- sich auch auf kürzere Wellenlängen. skalen weichung). Eine Zunahme der Nachthel- Heutige künstliche Lichtquellen strahlen Der gefundene Wert entspricht der als ligkeit in diesen sieben Jahren ist nicht dort zumeist wenig. Vermehrten Einsatz „Vorstadthimmel“ bezeichneten NHH [4]. nachweisbar. von LEDs, die stärker im Blauen abstrah- Auf der Bortle-Skala entspricht das der len, wird das Gerät erfassen [3]. Klasse 5-6 [5]. Internet- und Literaturhinweise: [1] www.unihedron.com/projects/sqm-l/ Ergebnisse Dawson (1984) beschreibt weitere Mess- (Stand: Januar 2015) In Abbildung 2 zeigen die gelben Krei- größen für die NHH [6]. So wird sie auch [2] Kohler, G.: www.gerd-kohler.eu/ se die seit 2008 in Esslingen erhaltenen als „ pro Quadratgrad“ ange- Zubehoer/SQM-L.html (nicht mehr Messwerte. Im langjährigen Mittel beträgt geben. Es gilt: existent) hier die NHH 19,81 mag/arcsec² mit ei- mag/(°)2 = mag/(“)2 - 17,78 [3] Puschnig, J. et al., 2013: Night ner Standardabweichung von ± 0,16. Das sky photometry and spectroscopy rote Quadrat steht für eine Messung auf Der Mittelwert meiner Messungen wird performed at the Vienna University freiem Gelände während des Ravensbur- damit zu 2,0 mag/(°)2. Observatory, ArXiv:1304.7716 ger Astrotreffens im Jahr 2008. Die Ta- [4] Pilz, U., 2010: Wie findet man belle rechts zeigt die jährlichen Median- einen brauchbaren Beobachtungs- werte. Zum Vergleich sind die Mittelwerte platz? Interstellarum Nr. 70, 41 daneben gestellt. Eine anfangs vermutete Tabelle 1: Jährliche Median- [5] Hänel, A., 2011: Dark Sky Parks in jährliche Zunahme ist nicht nachweisbar. und Mittelwerte Germany. Vortrag gehalten auf dem „11th European Symposium for the Jahr Median Mittel Auffällig ist die Zahl dunkler Nächte ‚‚ ‚‚ Protection of the Night Sky“ [mag/( )2] [mag/( )2] im Frühsommer 2014. Die Nächte wa- [6] Dawson, D. W., 1984: Light Pollu- ren besonders klar und außerdem haben 2008 19,88 19,88 tion and its measurement. Advances einige Betriebe im Industriegebiet jetzt 2009/10 19,85 19,84 in photoelectric photometry, vol. 2; ihre Nachtbeleuchtung eingeschränkt. 2011 19,70 19,70 Hrsg. Wolpert, R. C. & Genet, R. M, Die Monate August bis Dezember 2014 2012 19,75 19,75 Fairborn Observatory zeichneten sich dann durch mehrwöchi- 2013 19,83 19,80 ge regenreiche Beobachtungspausen aus. 2014 19,87 19,85 Weitere Informationen über die NHH findet man im Internet bei der Fach- Abbildung 3 zeigt über der NHH ihre Die Jahre 2009/10 wurden wegen geringer gruppe der VdS, unter „Lichtverschmutz- Häufigkeit. Meist beobachte ich in Näch- Zahl an Messungen zusammengefasst. ung“ oder „Dark Sky“.

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Lichtverschmutzung aus dem Weltall verfolgt von Andreas Hänel

Schon seit Jahren faszinieren die Sa- tellitenaufnahmen der Erde bei Nacht, welche die zunehmende Beleuchtung unseres Planeten dokumentieren. Sie können hilfreiche Unterlagen sein, um dunkle Beobachtungorte zu finden oder auch die Veränderungen des nach oben gerichteten Lichts und damit die Haupt- lichtverschmutzer zu erkennen und zu untersuchen.

Entsprechend empfindliche Sensoren ha- ben die Satelliten des amerikanischen, militärischen Programms „Defense Me- teorological Satellite Program“ (DMSP), die vor allem der Wetterüberwachung bei Nacht dienen. Der erste Satellit des damals noch geheimen militärischen Projekts unter dem Namen „Program 35“ wurde im Jahr 1962 gestartet. Die 1 VIIRS-Daten von 2012 (links) und 2014 (rechts) nördlich von Osnabrück mit der Satelliten umkreisen die Erde auf pola- „Digitalen Topografischen Karte“ als Overlay. Punkt 1 ist eine Autobahnbaustelle, ren Bahnen in 830 Kilometern Höhe in Punkt 2 ein Gewerbegebiet (s. Abb. 2), Punkt 3 unbekannt. ca. 100 Minuten und können damit im Laufe eines Tages die ganze Erde zwei-

4 Das hell erleuchtete Gewerbegebiet Niedersachsenpark an der Autobahn A1

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mal abtasten. Seit 1972 sind diese Daten bereinigte Daten für ganze Jahre zur Basierend auf den DMSP-Daten aus dem öffentlich, werden aber auch weiterhin Verfügung stellt [1]. Darstellen und bear- März 1996 (8 Nächte) und Januar sowie vom Militär genutzt. Inzwischen sind sie beiten lassen sich diese Daten am besten Februar 1997 (jeweils 10 Nächte) haben für jeden Tag abrufbar. Bearbeitet und mit speziellen Programmen für geografi- italienische Astronomen um Pierantonio archiviert werden sie jetzt vom Natio- sche Informationssysteme (GIS), wie die Cinzano im Jahr 2000 einen Atlas der nal Geophysical Data Center in Boulder/ Freeware-Programme „TatukGISViewer“ Lichtverschmutzung erstellt. Die Streu- Colorado, das auch homogenisierte und oder flexibler „QGIS“. ung des in der Atmosphäre nach oben

3 VIIRS-Daten von 2012 (links) und 2014 (rechts) aus der Rhön mit der „Digitalen gerichteten und von den Satelliten re- Topografischen Karte“ als Overlay. Punkt 1 ist die Kirche von Brüchs, Punkt 2 der gistrierten Lichts wurde modelliert und Ort Unterelsbach, die weiteren Punkte sind im Text beschrieben. daraus dann die Aufhellung des Himmels abgeleitet. Dabei fällt vor allem auf, dass der aufgehellte Himmel sich über einen viel weiteren Bereich erstreckt, als das direkte Licht, was aber auch zu erwarten war. Beide Datensätze, die DMSP-Daten des direkt nach oben gerichteten Lichts bis 2010 und die Cinzano-Daten, stellt die Fachgruppe Dark Sky als Overlays für das Programm Google Earth zur Verfü- gung, die auch in der mobilen Android- Version genutzt werden können [2]. Sie sind eine erste Hilfe bei der Suche nach dunklen Beobachtungplätzen, wobei be- sonders die DMSP-Daten helfen, lokale helle Lichtquellen zu identifizieren und vielleicht zu meiden.

VIIRS-Daten sind schärfer Seit 2012 sind die Daten des VIIRS-Emp- fängers an Bord des neuen Suomi-Natio- nal-Polar-Orbiting-Partnership-Satelliten verfügbar. Sie haben eine höhere Auflö- sung (0,75 km gegenüber 3 km) und sind intensitätskalibriert. Ein erstes Datenset aus den Monaten April und Oktober 2012 ist auch als „Overlay Black Marble“ für Google Earth verfügbar und ermöglicht 4 es bereits, einzelne intensive Lichtquel- Die Beleuchtung der Kirche in Brüchs, die inzwischen nicht mehr die ganze Nacht len zu identifizieren. Zum Zeitpunkt der in Betrieb ist. Abfassung dieses Artikels waren weitere

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Daten aus den Monaten Januar 2013 und Mai 2014 verfügbar, so dass auch zeitli- che Veränderungen erfasst werden kön- nen [1].

An zwei Beispielen sollen die Möglich- keiten dieser Daten demonstriert werden, wobei die Daten aus April und Oktober 2012 (zusammengefasst) und aus Mai 2014 verwendet werden. Den Satelliten- daten ist zur Orientierung die „Digitale Topografische Karte“ [3] überlagert. Ab- bildung 1 zeigt die Region nördlich von Osnabrück. Punkt 1 kennzeichnet 2012 den Verlauf der Autobahn A1 südlich des Ahlhorner Dreiecks, wo während der Ausbauphase auf drei Spuren eine helle Baustellenbeleuchtung installiert war, die mit der Fertigstellung wieder deinstalliert wurde und 2014 nicht mehr zu sehen ist. Punkt 2 kennzeichnet das Gewerbegebiet Niedersachsenpark an der 5 A1, das weiter ausgebaut und damit illu- ISS-Aufnahme von der Eifel und dem Köln/Bonner Raum am 8.12.2012 gegen 21:39 miniert wird (Abb. 2). Diese Region war Uhr. Weitere Erläuterungen im Text. (Bildnummer: ISS034-E-5938.jpg) früher relativ dunkel. Inzwischen werden astronomische Beobachtungen dort stark

6 Panorama der Doppelstadt Bad Neuenahr-Ahrweiler mit vor allem weißer Straßen- beleuchtung, nur einige Straßen links im Vordergrund sind mit gelbem Natriumlicht beleuchtet.

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beeinträchtigt. Die Quelle für Punkt 3 ist (Punkt 3, 4677 Einwohner), Dermbach (4, erscheint auf der „Cinzano“-Karte sehr unbekannt, es könnte eine hell illumi- 3050 Einw.) und Frankenheim (7, 1134 hell und auch auf den „Black-Marble“- nierte Baustelle oder eine Festveranstal- Einw.) strahlen mehr Licht in den Him- Daten sind viele kleine Orte als hel- tung („Hai in den Mai“?) im Mai 2014 mel als die gleich großen oder größeren le Lichtquellen zu erkennen. Trotzdem gewesen sein. hessischen Gemeinden Tann (5, 4446 konnten dort Nachthimmelshelligkeiten Einw.) und Hilders (6, 4600 Einw.). Dies von 21,75 mag/arcsec² und damit nahe Abbildung 3 zeigt ein Gebiet im Biosphä- ist teilweise auf modernere Beleuchtung, der natürlichen Nachthimmelshelligkeit renreservat Rhön, das im August 2014 als die nach der Wende installiert wurde, gemessen werden, was ermöglichte, dass sogenannter Sternenpark („International teilweise auf die flächenhafte Auswei- das Biosphärenreservat Rhön im August Dark Sky Reserve“) anerkannt wurde. sung von Gewerbegebieten außerhalb der 2014 als „International Dark Sky Reser- Nördlich von Fladungen war über dem Orte, teilweise aber wohl auch auf den ve“ anerkannt wurde. Ort Brüchs eine helle Lichtglocke zu be- verschwenderischen Umgang mit Licht obachten (Abb. 4), verursacht durch die (und damit Energie) zurückzuführen. Ein Noch schärfer sind die ISS-Bilder Beleuchtung der Kirche mit zwei schlecht ähnliches Resultat, dass die Kommunen Eine weitere Möglichkeit, Lichtquellen ausgerichteten 400-Watt-Strahlern und in Ostdeutschland heller als im Westen insbesondere in Städten zu identifizieren, als heller Punkt 1 in Abb. 3 zu erkennen. strahlen, haben Kyba et al. [4] mit dem bieten die Aufnahmen der Astronauten Brannten die Strahler anfangs die ganze Datenmaterial für ganz Deutschland he- an Bord der Internationalen Weltraum- Nacht hindurch, werden sie inzwischen rausgefunden. Jedenfalls ist nicht be- station ISS. Sie benutzen dafür mehrere abgeschaltet und sind seit 2013 auf den kannt, dass die Sicherheitslage in den digitale Nikon-Spiegelreflexkameras mit VIIRS-Aufnahmen, die generell gegen stärker beleuchteten Gemeinden besser unterschiedlichen Brennweiten. Meist 1-2 Uhr nachts gemacht werden, nicht wäre als in den weniger hellen. machen sie Freihandaufnahmen, die mit mehr zu sehen. Warum die Gemeinde hohen ISO-Zahlen aufgenommen wer- Unterelsbach (Punkt 2) im Mai 2014 so Die Interpretation der Satellitendaten für den und oft durch die große Geschwin- hell war, ist unklar, es könnte eine hell die Suche nach dunklen Beobachtungs- digkeit der ISS eine Bewegungsunschärfe erleuchtete Festveranstaltung gewesen plätzen hat allerdings ihre Grenzen. Das aufweisen. Um dies zu vermeiden, wur- sein. Die thüringischen Gemeinden Geisa Biosphärenreservat Rhön beispielsweise de auf Vorschlag des niederländischen

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Teil der Stadt wird das gelbe Natrium- dampflicht eingesetzt (Abb. 6). Viele an- dere helle Lichtpunkte (1, 2, 11) sind auf schlecht ausgerichtete Beleuchtungen, oft mit Bodenstrahlern, zurückzuführen. Besonders gravierend ist die Beleuchtung der Drachenburg (Punkt 13) bei Königs- winter im Naturpark Siebengebirge, wel- che teilweise mit Strahlern auf dem Dach illuminiert wird – die Lichtverschwen- dung ist hier weithin deutlich sichtbar!

Ein anderes Beispiel ist eine Aufnahme von Straßburg vom 21.2.2012 um 20:09 Uhr (aufgenommen mit 400 mm Brenn- weite, Abb. 7) [8]. Hier fallen vor allem weiße, rechteckige Flächen auf, die be- leuchtete Sportplätze sind. Punkt 4 ist der beleuchtete Parkplatz eines großen Einkaufszentrums (Baggersee). Die hel- len Lichtpunkte im Zentrum (Punkt 2) 7 lassen sich auf Fassadenbeleuchtungen ISS-Aufnahme von Straßburg am 21.2.2012 um 20:09 Uhr, weitere Erläuterungen der Kaufhäuser zurückführen. Punkt 3 im Text. (ISS030-E-274365.jpg) ist eine Hängebrücke für Fußgänger und Radfahrer über den Rhein nach Kehl, wo die Tragseile mit Strahlern von unten an- Gesundheitsministeriums die Nachführ­ anhand leicht identifizierbarer Lichtquel- gestrahlt werden. Sie erscheint dadurch einrichtung NightPod durch die ESA len (z. B. Straßenzüge) so ausgerichtet, heller als die benachbarte vierspurige gebaut, die die Kameras so nachführen dass es als Overlay-Bild in Google Earth und viel befahrene Straßenbrücke. kann, dass die schnelle Bewegung der eingebunden wird, dann können weitere ISS kompensiert wird. Damit sind je nach Lichtquellen identifiziert werden. Allein diese beiden Beispiele zeigen, dass Kamerabrennweite Auflösungsvermögen Beleuchtungen von unten nach oben, oft bis zu sechs Metern möglich. Von den In Abbildung 5 ist ein Ausschnitt um realisiert durch Bodenstrahler, zu den Astronauten sind viele Fotos gemacht Bonn dargestellt. Unmittelbar fallen ei- stärksten Lichtverschmutzern überhaupt worden, die über eine spezielle Webseite nige hell erleuchtete Hauptverkehrsstra- gehören. zugänglich sind [5]. Allerdings sind die ßen wie die B9 nach Bad Godesberg und Nachtaufnahmen dort schwer zu finden einige Rheinbrücken auf. Sehr hell ist der und bei vielen ist es schwierig, die Orte Konrad-Adenauer-Damm im Stadtteil auf der Erde zu identifizieren. Aus die- Duisdorf (Punkt 3). Diese Beleuchtung sem Grunde werden Interessierte aufge- wird in den Abendstunden jedoch abge- Literatur- und Internethinweise: rufen, die Lichtquellen auf den Bildern schaltet. Beim Verteidigungsministerium [1] DMSP-Download: ngdc.noaa.gov/ der ISS-Astronauten zu identifizieren [6], (Punkte 4 und 5) ist deutlich eine weiße eog/dmsp.html um letztlich eine Nachtkarte der Erde er- Lichtfarbe zu erkennen. Für die Sicher- VIIRS-Download: ngdc.noaa.gov/ stellen zu können, die im Gegensatz zu heitsbeleuchtung werden voll abge- eog/viirs.html den Daten der unbemannten Satelliten schirmte weiße LED-Leuchten eingesetzt, [2] lichtverschmutzung.de/seiten/ auch Farbinformationen enthält. Anhand während sonst auf dem Gelände meistens karten.php von zwei Beispielen sollen die Möglich- Leuchtstoffröhren genutzt werden. Der [3] www.geodatenzentrum.de keiten der Interpretation solcher Aufnah- Bundesnachrichtendienst in Meckenheim [4] Kyba, C. et al.: High-Resolution men aufgezeigt werden. (Punkt 6) setzt vor allem Leuchtstoffröh- Imagery of Earth at Night: New ren ein, wie auch die Straßenbeleuch- Sources, Opportunities and Challen- Drei Aufnahmen mit Belichtungszeiten tung in dem Ort vor allem aus Fluores­ ges, Remote Sens. 2015, 7, 1-23. von 1/20 bis 1/2 Sekunde wurden bei zenz­lampen (Leuchtstoffröhren und [5] eol.jsc.nasa.gov/ der ISS-Mission 34 am 8.12.2012 gegen Kompaktleuchtstofflampen) besteht. Die [6] www.citiesatnight.org 21:39 Uhr von der Eifel und dem Köln/ Lichtpunkte 7 und 9 sind angestrahlte [7] eol.jsc.nasa.gov/DatabaseImages/ Bonner Raum gemacht. Es wurde ein Ob- Kirchen. Die Doppelstadt Bad Neuenahr- ESC/large/ISS034/ISS034-E-5938. jektiv (f = 180 mm) an einer Vollformat- Ahrweiler (Punkt 8) benutzt vor allem JPG kamera Nikon D3S verwendet [7]. Um weiße Lichtquellen (Quecksilberdampf-, [8] eol.jsc.nasa.gov/DatabaseImages/ einzelne Lichtquellen besser identifizie- Kompaktleuchtstoff-, Halogenmetall- ESC/large/ISS030/ISS030- ren zu können, wird so ein Bild zunächst dampflampen), nur in einem kleinen E-274365.JPG

VdS-Journal Nr. 54 68° Serie 82° Serie

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1 Astronomy Picture of the Day (APOD) „Earth at Night“ (27. November 2000) [3]

Lichtverschmutzung oder wie man damit leben kann (muss) von Kai Oliver Detken

Hobby-Astronomen sind schon eine sel- den Lichtverschmutzung ausgesetzt, die Amerikaner Paul Bogard in dem 2014 tene, wie auch seltsame Spezies. Sie ge- ihm letztendlich das Hobby zunichtema- erschienenen Werk mit dem Originaltitel hen gerne raus, wenn es kalt und dun- chen kann, wenn er nicht entsprechend „The End of Night“ [2] fest, in dem er kel ist und schlagen sich die Nächte um gegensteuert. sich auf die Reise von der hellsten Stadt die Ohren, wenn die Wettervorhersage der Welt (Las Vegas) zu den dunkelsten mal wieder eine sternenklare Nacht ver- Da wir mit unserem Ansinnen eines Orten der Welt (Great Basin National spricht. Dies steht im starken Gegensatz dunklen Sternenhimmels so ziemlich al- Park in der Nevada-Wüste) aufmachte. Er zu den Gepflogenheiten anderer Erdbe- leine stehen, muss man sich anderweitig erwähnt hier u. a., dass 99 % aller Men- wohner, welche es gerne draußen warm behelfen. Und dies wird immer häufiger schen auf dem nordamerikanischen und und hell haben, was man an der wach- notwendig, da der Mensch in Europa so- westeuropäischen Kontinent keine richti- senden Haus- und Gartenbeleuchtung in wie anderen Teilen der Erde immer mehr ge dunkle Nacht mehr erleben. Dadurch der eigenen Nachbarschaft immer wieder die Nacht zum Tag macht. In dem Buch ist 80 Prozent der Kinder in den USA, gut beobachten kann. Leider wird dies „Night as Frontier: Colonizing the World und bei uns wird dies auch nicht groß- auch von vielen Städten und Gemeinden After Dark“ [1] spricht der amerikanische artig anders sein, der Anblick der Milch- so vorgelebt, wo Straßenbeleuchtungen Schriftsteller Murray Melbin sogar von straße unbekannt! Die Satellitenaufnah- meistens im Einsatz sind, um mehr Licht einer Kolonisierung der Nacht, indem die me des APOD vom 27. November 2000 in die Umgebung abzustrahlen, als - wie Menschen viele wirtschaftliche Tätigkei- in Abbildung 1 zeigt, wie weit die Licht- die Benennung eigentlich aussagt - die ten und Freizeitaktivitäten in die Nacht verschmutzung bereits zugenommen hat. Straße zu beleuchten. Daher sieht sich ausdehnen. Der Nachthimmel verblasst Und sie wird sich bis heute noch weiter der Hobby-Astronom einer zunehmen- dabei zunehmend. Dies stellt auch der ausgebreitet haben.

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Dieser industriellen Entwicklung muss- grafie durch lichtverseuchte Nachbar- oder ihnen aus dem Weg gehen kann, ist ten sich auch bereits alle Observatorien gärten vergällt werden. Die Problematik dies bei der Stadtbeleuchtung nicht mög- beugen, die noch Ende des 19. Jahrhun- der Lichtverschmutzung ist den meisten lich. Daher behelfen sich immer mehr derts direkt in den Städten erbaut worden „normalen“ Menschen dabei völlig unbe- Sternenfreunde durch entsprechende waren. Als Beispiel sei hier die Bonner kannt, wie man an persönlichen Gesprä- Filter, die nur einen Teil des sichtbaren Sternwarte genannt, die 1843 in einem chen über den Nachbarzaun dann auch Lichtspektrums durchlassen. Ich verwen- Gebiet errichtet wurde, welches nur aus häufig mitbekommt. Aussagen wie, „wir de beispielsweise die Astronomik-Clip- freiem Feld und ein paar Gaslaternen leuchten ja nicht in ihr Fernrohr“ oder Filterlösung [5] für meine DSLR-Kamera, bestand. Hier unternahm der Astronom „unsere Gartenlampen strahlen ja nicht um so die Lichtverschmutzung in Schach Friedrich Wilhelm August Argelander die Sterne an“ zeugen von einer Unwis- zu halten. Am häufigsten nutze ich dabei seine berühmte Bonner senheit. Da hilft es nur, Überzeugungsar- den CLS-Filter, der die Grenzgröße von des Himmels, indem er 325.000 Sterne in beit zu leisten und die Nachbarn einmal < 6,3 mag noch kompensieren kann und einem einzigartigen Sternenkatalog zu- zum Ansehen des nächtlichen Sternen- den Kontrast deutlich anhebt (Durch- sammenfasste. Bereits nach dem ersten himmels einzuladen. Oftmals kann man lassbereich: 450 bis 540 nm und größer Weltkrieg war das Beobachten an dieser sich auch darauf einigen, dass die nächt- 650 nm). Bei meinem Landhimmel in der Stelle aber schwierig geworden – auf- liche Ausleuchtung des Gartens ja nicht Nähe von Bremen, komme ich unter bes- grund der immer weiter anwachsenden die ganze Nacht erfolgen muss – schließ- ten Seeing-Bedingungen maximal auf Stadt und der Verbreitung des elektri- lich kostet dies ja Strom. Im Zuge der im- diese Grenzgröße, die einer Bortle-Skala schen Lichts. Ab 1960 war dann keine mer häufiger anzutreffenden Solarleuch- von 4-5 entspricht (5,8-6,3 mag). Selbst praktische Astronomie mehr von diesem ten oder -anlagen ist aber auch dies oft bei diesen relativ guten Bedingungen Standort aus möglich [4]. kein ausreichend starkes Argument. macht sich der Filter bereits positiv be- merkbar. Will man allerdings die natür- Aber auch auf dem Land findet man Neben den Nachbarn hat man aber häu- liche Aufhellung durch den Mond oder immer weniger dunkle Rückzugsor- fig auch mit Straßenlaternen oder Licht- starke künstliche Beleuchtung kompen- te. Hat man seinen Wohnstandort nach glocken aus Richtung der Ballungs­ sieren, kommt man an einem UHC-Filter der Astronomie ausgesucht, kann einem zentren zu kämpfen. Während man nicht vorbei, der das durchgelassene schnell die Beobachtung oder die Foto- Straßen­laternen entweder abhängen Lichtspektrum nochmals einengt (Durch-

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2 Milchstraße mit stehender DSLR-Kamera am Grand Canyon (10 x 15 sec, 800 ASA)

lassbereich: 485 bis 505 nm und 650 bis dort, aber auch bei uns im Garten, die [3] Astronomy Picture of the Day über 700 nm). Allerdings wird dann das Milchstraße in ihrer Vielfalt bewundern (APOD, http://apod.nasa.gov): Himmelsobjekt nahezu in Falschfarben können. Wir sollten alle daran arbeiten, Earth at Night. Credit: C. May- dargestellt und muss entsprechend über- dass dies auch so bleibt. Immerhin gibt es hew & R. Simmon (NASA/GSFC), arbeitet werden. Beide Filter lassen sich ein wenig Hoffnung: So entstehen welt- NOAA/ NGDC, DMSP Digital aber auch visuell nutzen und können weit immer mehr Sternenparks, Gemein- Archive, USA 2000 über einen EOS-Clip-Adapter von Gerd den achten öfters auf die Effektivität ih- [4] Arnold Sitte: Hell wie am Tag - eine Neumann jr. durch ein M48-Gewinde di- rer Beleuchtungen und die International Geschichte der nächtlichen Beleuch- rekt in ein 2”-Okular geschraubt werden. Dark Sky Association engagiert sich ge- tung. interstellarum 93, Ausgabe: gen die Lichtverschmutzung. Zudem hat April/Mai 2014, Oculum-Verlag Wie unbekannt vielen Menschen der sich die VdS-Fachgruppe Dark Sky [6] GmbH, Erlangen 2014 Nachthimmel ist, habe ich eindrucksvoll zum Ziel gesetzt, über die Problematik [5] Astronomik-Filter: am Grand Canyon erfahren. Hier be- aufzuklären und Lösungen anzubieten. www.astronomik.com. Webseite trug der Bortle-Wert 1-2 (7,3-7,8 mag), Man darf gespannt sein, wie diese Maß- von Gerd Neumann jr., Hamburg, da Teile der Milchstraße wie Wolken nahmen sich zukünftig auswirken. aufgerufen am: 06.12.2014 am Himmel aussahen. Viele Beobachter [6] Dark-Sky-VdS-Fachgruppe: Initia- waren so fasziniert, dass sie versuchten, tive gegen die Lichtverschmutzung diese Wolken zu fotografieren: mit Blitz- Internet- und Literaturhinweise: (www.lichtverschmutzung.de). Fach- licht! Das war natürlich ein unmögliches [1] Murray Melbin: Night as Frontier: gruppe Dark Sky der Vereinigung Unterfangen. Ich habe mit meiner da- Colonizing the World After Dark. der Sternfreunde e.V., c/o Museum mals nicht modifizierten DSLR-Kamera The Free Press, ISBN-13: 978- am Schölerberg, Osnabrück die Milchstraße mit einer Belichtung von 0029209400, 230 pages, February, 15 Sekunden zehn Mal aufgenommen New York 1987 (800 ASA, ohne Filter, 55 mm Brennwei- [2] Paul Bogard: Die Nacht - Reise in te, 1/1,8 Öffnungsverhältnis) und konnte eine verschwindende Welt. Karl so eine Vielzahl von Sternen ausmachen Blessing Verlag, ISBN-13: 978- (Abbildung 2), die ich unter gleichen 3896674678, Originaltitel: The End Bedingungen in Europa so noch nie fo- of Night, 368 Seiten, Juni, Münster tografieren konnte. Meine Kinder haben 2014

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Erhellendes zum Licht! von Matthias Engel

Erhellendes zum Licht! Licht brauchen wir nachts hauptsäch- Das Thema Lichtverschmutzung, also der lich auf den Straßen und Gehwegen, Eintrag künstlichen Lichts in die Umwelt, zur Orientierung und um ein Gefühl der Anmerkung der Redaktion: begegnet uns derzeit häufiger. In größe- Sicherheit zu schaffen. Schaut man sich ren Städten sieht man kaum noch Ster- aber eine Vielzahl der Außenbeleuch- Der Beitrag von Matthias Engel ne. Das Kunstlicht würde der Gesundheit tungen an, so werden große Lichtmen- wurde für die Zeitung „Die Zeit“ schaden, ebenso Insekten, Vögeln und gen und damit Energie und Geld direkt verfasst, jedoch aufgrund eines Pflanzen. Lichtverschmutzung – ist das in den Himmel und die Natur gestrahlt früheren Leserbeitrags zum Thema ein weiteres Ökothema, bei dem uns wie- - ohne Beleuchtungszweck. Mancherorts nicht veröffentlicht. Wir wollen der etwas verboten werden soll, diesmal bewegen wir uns in gleißenden „Licht- seinen Artikel als Beispiel dafür also das Licht, oder ist da mehr dran? tunneln“, blendende Lampen schränken bringen, wie jeder regional dazu unsere Sehfähigkeit ein, und bläulich beitragen kann, die Lichtver- Künstliches Licht ist für uns Zeichen weißes Licht beeinträchtigt unseren Tag- schmutzung zu thematisieren. von Fortschritt und Lebensqualität. Licht Nacht-Rhythmus [1]. Zusätzlich zur Stra- rund um die Uhr gilt als urban und mo- ßenbeleuchtung flutet uns eine Vielzahl dern, eine Reduzierung davon als rück- kommerzieller und privater Beleuchtung ständig. Mit dieser Ansicht haben wir von Werbetafeln bis zu leistungsstarken setzen! Richtig gelenkte Beleuchtung uns ein Maß an Beleuchtung geschaffen, Flutlichtstrahlern. spart nicht nur Geld, da das Licht nur das nun seine Schattenseiten zeigt, nicht dorthin gestrahlt wird, wo es benötigt nur für Insekten, Vögel und Sterngucker. Es ist also unbedingt notwendig, das wird, sondern ist durch reduzierte Blen- künstliche Licht zielgerichteter einzu- dung auch ein Gewinn für die Sicherheit.

1 Schematischer Vergleich unterschiedlicher Beleuchtungsanwendungen. Rechts geeignete Beleuchtung, welche die Lichtver- schmutzung verringert. Entnommen von Wikipedia – Sternenpark Schwäbische Alb: http://de.wikipedia.org/wiki/Sternenpark_ Schw%C3%A4bische_Alb

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Vermeidung unnötiger Lichtabstrahlung 2 Burgruine Bichishausen am 2.1.2013. Der winterliche Sternenhimmel über der vermindert gleichzeitig die Beeinträch- Burgruine Bichishausen im Lautertal, Schwäbische Alb. Im Norden ist der Lichtkegel tigung der Tierwelt und die Aufhellung der Stadt Stuttgart zu sehen, auch wenn diese 50 km entfernt ist. des Sternenhimmels. Oft ist weniger Licht Bildautor: Till Credner ausreichend und vor allem angenehmer, da unnötige Reflexion vermindert wird. Warmweißes Licht ist für unsere Gesund- wir also ein Gesetz zur Lichtnutzung? und umweltpolitischer Sicht. Voll abge- heit und unser Wohlempfinden wichtig Wer sich in den Städten umschaut, muss schirmte, maßvolle Außenbeleuchtung und hat nebenbei auch noch eine geringe leider zu diesem Schluss kommen. So wie mit warmweißem Licht aus energieef- Anlockwirkung auf Insekten [2]. auch z. B. Lärm und Emissionen reguliert fizienten Lampen muss den Weg in die werden, wird auch beim Licht nicht nur Gemeinden finden [3, 4]. Aber warum ist es eigentlich zu dieser Einsicht ausreichen. Andere Länder und falschen Beleuchtung gekommen? Neben Regionen wie Slowenien und Südtirol „Einfach nur hell“ ist von gestern! Ein fehlender Sensibilisierung für richtige machen es uns vor. bewusster Umgang mit Licht und eine Beleuchtung sind auch unzureichende umweltgerechte Beleuchtung mit nach- Immissionsschutzrichtlinien ein Grund Es ist also notwendig, sich mit umwelt- haltiger Lichtnutzung sind ein wahres hierfür, denn Straßenbeleuchtung wird gerechter Beleuchtung zu beschäftigen: Zeichen für Fortschritt. darin explizit ausgenommen. Brauchen aus wirtschaftlicher, gesundheitlicher

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3 Blick vom Jusenberg, dem „Jusi“, bei Kohlberg, am 12.12.2012. Der Blick geht vom Internet- und Literaturhinweise: verschneiten Gipfel des Jusis hinunter auf das Lichtermeer des Neckartals und des [1] Studie “Evaluating Potential Großraums Stuttgart. Jeder sichtbare Lichtpunkt ist eine Leuchte, die einen nicht Spectral Impacts of Various unerheblichen Anteil ihrer Energie ohne Beleuchtungszweck nach oben abstrahlt. Artificial Lights on Melatonin Bildautor: Till Credner Suppression, Photosynthesis, and Star Visibility”: www.plosone.org/ article/info:doi/10.1371/journal. [3] Fachgruppe Dark Sky: pone.0067798 (Stand: Januar www.lichtverschmutzung.de (Stand: 2015) Januar 2015) [2] Forschungsverbund Verlust der [4] Projekt Sternenpark Schwäbische Nacht: www.verlustdernacht.de Alb: www.sternenpark-schwaebische- (Stand: Januar 2015) alb.de (Stand: Januar 2015)

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Politik, Wirtschaft, Lichtverschmutzung – ein Erfahrungsbericht von Peter Köchling

Die technischen und wissenschaftlichen der größten politischen Partei des Ortes, in der Regel ohne kritische Nachfragen Hintergründe zur Entstehung von Licht- konnte ich mein Engagement in dieser ab. In den 1990er-Jahren hatte der Käm- verschmutzung sind ausreichend unter- Sache wunderbar und fruchtbar mitein- merer der Stadt Geseke mit der RWE in sucht und bekannt. Um zu verstehen, ander verbinden. Verbindung mit einem Konzessionsver- warum es überhaupt ineffiziente künst- trag einen Versorgungsvertrag für die liche Beleuchtung in unseren Städten Die Fakten städtische Straßenbeleuchtung ausge- und Gemeinden gibt, müssen wir sehr Bevor man aktiv wird, muss man sich handelt, auf den Nachbarkommunen nei- viel tiefer in das Getriebe von Politik und erst einmal umfangreich informieren. disch schauten. Der Bürgermeister nann- Wirtschaft hineinschauen. Dazu soll bei- Denn die Informationshoheit gegenüber te dies: „ein Rundum-Sorglos-Paket“. spielhaft meine Erfahrung im Kampf ge- anderen Verhandlungspartnern ist in der gen Lichtverschmutzung im ländlichen Politik ein absolutes Muss. Glücklicher- Der Antrag Westfalen stehen. weise und lobenswerterweise gehört die Um in Deutschland etwas politisch zu Stadt Geseke zu einer der wenigen Kom- bewegen, muss man in keiner Partei sein Aufgrund eines VdS-Journals über Licht- munen in Deutschland, die ihren Haus- oder ein besonderes Amt bekleiden. Bei- verschmutzung wurde ich stärker auf haltsplan u. a. im Internet veröffentlicht. des hilft aber dabei. Den Antrag für eine die Problematik aufmerksam und fragte Dies sollte die wichtigste Quelle meiner effizientere Straßenbeleuchtung habe ich mich, was ich in meiner Heimat Geseke Kennzahlen sein (Abb. 1). Die Stadt Ge- im Namen der Astronomischen Arbeits- gegen Lichtverschmutzung tun könne. seke im nordöstlichen Südwestfalen hat gemeinschaft Geseke gestellt und er kann Bei meiner Recherche wurde mir sehr ca. 20.000 Einwohner. 2005 bestand die auf unserer Internetseite nachgelesen schnell klar, dass private und gewerbli- Straßenbeleuchtung im Wesentlichen aus werden [1]. che künstliche Beleuchtung weitestge- Quecksilberdampflampen und Halogen- hend außerhalb meines Einflussbereiches lampen. Die Leuchten waren gewöhnli- Einen solchen Antrag in Briefform zu liegt. Dagegen liegt die Straßenbeleuch- che Standardware der Firma Trilux und stellen, ist ganz einfach: „Sehr geehrter tung, die für schätzungsweise 30 % der zeichneten sich durch durchschnittliche Herr Bürgermeister, …“ und los geht’s. Lichtverschmutzung verantwortlich ist, bis schlechte Austrittswinkel aus (Abb. als Bürger meiner demokratisch orga- 5). Planung, Installation, Instandhaltung, Antrag I nisierten Stadt sehr wohl in meinem Wartung und Stromversorgung der Stra- Die Verwaltung wird beauftragt, eine Einflussbereich. Und da ich nicht nur ßenbeleuchtung wird vollständig von der Reduzierung der Wege- und Straßen- in der Astronomischen Arbeitsgemein- RWE durchgeführt. Stadtrat und Bauaus- beleuchtung in Geseke vorzunehmen. schaft Geseke aktiv war, sondern auch in schuss nickten die Vorschläge der RWE Folgende Maßnahmen können dazu er- folgen: a) Abschalten oder Entfernen ganzer Leuchten b) Zeitweises Abschalten von Leuchten c) Halb-Nacht-Schaltung bei mehreren Lampen in einer Leuchte d) Dimmen durch geringere Stromein- speisung oder durch Amplituden- und Frequenzsteuerung e) Einsatz effizienter, energiesparender und dunklerer Lampen

Antrag II Die Stadt Geseke verpflichtet sich selbst, in Zukunft ausschließlich Leuchten zu installieren, welche so konstruiert sind, dass ein Grenzaustrittswinkel von 80° nicht überschritten wird.

Der Grenzaustrittswinkel ist der Win- 1 Gesekes Straßenbeleuchtung in der Übersicht: Diese Folie war Teil der Präsentation kel vom Lot aus gemessen, bei dem die in der Bauausschusssitzung. Lampe, Lichtquelle oder Flächen großer

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Leuchtdichte gerade nicht sichtbar sind. Ausnahmen von dieser Regelung bedür- fen einer besonderen Begründung und Genehmigung.

Auf diese beiden Anträge folgten noch sieben Seiten Begründung mit Bildern, die sich auf folgende Schwerpunkte be- zogen: - Kostenersparnis - Verkehrssicherheit - Öffentliche Sicherheit und Krimi- nalität - Umweltschutz - Öffentliche Gesundheit - Kultur, Image und Stadtmarketing 2 Wie man ein Viertel der Kosten bei der Straßenbeleuchtung einsparen kann Das Hauptargument für eine Kommune ist natürlich die jährliche Kostenerspar- nis, die ich optimistisch auf 60.000 € ab- knappen Kassen der Kommune beklagte, wird. Die Versammlung und auch die an- geschätzt hatte (Abb. 2). ein paar deutliche und laute Worte fin- wesende Presse reagierten verzückt und den und an meinen Antrag erinnern. Der überrascht. Aus dem „Rundum-Sorglos- Die Diskussion Bürgermeister versprach mir sofort, den Paket“ der RWE wurde an einem Abend Der Antrag wurde an den Bauausschuss Antrag nun priorisiert zu behandeln. Im ein „Rundum-Gedankenlos-Paket“. Bei weitergeleitet und dort zunächst für ein Herbst 2006 durfte ich dann als einfacher der Argumentation meines Vortrages halbes Jahr ignoriert. Schließlich muss- Bürger vor dem Bauausschuss ca. 45 Mi- achtete ich darauf, dass der sachliche te ich auf einer Parteiveranstaltung, als nuten referieren und meinen Antrag vor- Part der Zuhörer angesprochen wurde man sich gerade mal wieder über die stellen, was nicht sehr häufig gestattet sowie auch der emotionale Part (Tab. 1).

Tabelle 1: Sachliche und emotionale Argumentation

Sachliche Argumente Emotionale Argumente Wir können jährlich über 60.000 € sparen. Das Geld, das wir z. B. für das Jugendheim oder Freibad brauchen, liegt nachts auf der Straße.

Die Investitionskosten amortisieren sich in wenigen Jahren. Die Stadt sollte ihre RWE-Aktien verkaufen und sich endlich selbst um ihre Straßenbeleuchtung kümmern.

Für die Verkehrssicherheit braucht man eine gleichmäßige Durch eine hellere Straßenbeleuchtung steigen nachweislich und nicht blendende Beleuchtung. die Unfälle mit schweren Sachschäden und Personenschäden.

Eine optimale Beleuchtung für die öffentliche Sicherheit ist Weisheit der Polizei: Der beste Freund des Einbrechers ist diejenige, die die Umgebung gerade stark genug ausleuchtet, die Straßenbeleuchtung, die unsere Wohnungen ausleuchtet. allerdings so abgeschirmt und gedimmt ist, dass sie nicht blendet.

Lichtverschmutzung hat einen schädlichen Einfluss auf Wann haben Sie zuletzt einen seltenen Nachtfalter aus Ihrer Flora und Fauna. Kindheit gesehen?

Lichtverschmutzung hat einen schädlichen Einfluss auf Wozu brauchen Sie eigentlich Rollläden vor Ihrem Schlaf- unsere Gesundheit. zimmer? Bestimmt nicht für den Mond!

Lichtverschmutzung erschwert die Sicht auf den Der berühmte Sohn unserer Stadt, Professor Ludwig Schup- Sternhimmel. mann, war nicht nur Entwickler der Straßenbeleuchtung am Brandenburger Tor in Berlin, sondern auch leidenschaft- licher Astronom. Seine über 100 Jahre alten Kandelaber strahlen kaum Licht in den Himmel.

Eine Übersicht einiger meiner Argumente vor dem Bauausschuss. Sachliche und emotionale Argumente für eine bessere Straßenbeleuchtung ergänzen sich, um alle Zuhörer zu gewinnen.

VdS-Journal Nr. 54 54 20 Jahre VdS-Fachgruppe Dark Sky

3 Das Diagramm des Verhältnisses von Nacht-/Tagunfällen nach den Daten von Scott in England [2] zu sehen. Eingefügt ist – mit dem gleichen Wertebereich – das Diagramm, das die Fördergemeinschaft „Gutes Licht“ publiziert [3]. Im eingefügten Diagramm der Fördergemeinschaft „Gutes Licht“ wurden nachträglich erfundene Einzelwerte hineingemalt, um den Anschein eines signifikanten Effektes der Beleuchtungsdichte auf die Unfallzahlen zu erwecken (Grafik: A. Hänel).

Die Reaktion keit der RWE anzugreifen. Zum eigenen Verkehrsdichte und höheren Unfallzah- Einige Wochen später hatte die RWE Schaden hatten die Vertreter der RWE in len. Das Diagramm ist allein dadurch zu Gelegenheit, auf meinen Antrag zu rea­ Sachen Verkehrssicherheit ein Diagramm erklären, dass auf Straßen mit höherer gieren und im Bauausschuss zu referie- gezeigt, welches den angeblichen Effekt Verkehrsdichte die Unfallzahlen überpro- ren. Sie hatte diesmal über 90 Minuten sinkender Verkehrsunfälle bei hellerer portional steigen, ein bekannter Effekt Zeit. Die Zeit nutzte sie überwiegend für Straßenbeleuchtung zeigt (Abb. 3). im Straßenwesen. Über die Wirkung der Dinge, die nichts mit meinem Antrag zu Straßenbeleuchtung sagt dies gar nichts tun hatten, was bei einigen Zuhörern auf Ich hatte mich gut vorbereitet und zeig- aus, da hier Äpfel mit Birnen verglichen Ungeduld traf. Die Argumentation der te den Zuhörern das Diagramm der RWE werden. Vertreter der RWE war einfach: 1. Mehr über meinen Laptop, da ich es auf der Licht bedeutet mehr Sicherheit. 2. Mehr Internetseite der Fördergemeinschaft Die Glaubwürdigkeit der RWE lag am Licht ist einfach schöner! Letzteres un- „Gutes Licht“, einer Lobbygruppe der Boden des Sitzungssaales. Der Bürger- termalten Sie emotional mit einem astro- Beleuchtungsindustrie, zuvor gefunden meister machte deutlich, dass ihm das nomischen Bild der Milchstraße am Ende hatte. Zunächst machte ich deutlich, dass „Rundum-Sorglos-Paket“ der RWE zu ihres Vortrages. die angeblichen Messpunkte im Dia- teuer sei. So gab die RWE zu, dass die gramm nachträglich hineingemalt wur- Straßenbeleuchtung über Jahrzehnte Ich ergriff gleich darauf das Wort und den und nur wenig mit dem ursprüng- eben nicht an die Minimalanforderungen machte deutlich, dass ich eben diese lichen Diagramm der Originalstudie der Norm angepasst war. Laut Norm darf Milchstraße in Geseke nur noch schwer zu tun hatten. Anschließend zeigte ich man mit sinkender Verkehrsdichte in den sehen könne aufgrund der ineffizienten das Diagramm der Originalstudie und Nachtstunden die Straßenbeleuchtung und lichtverschmutzenden Straßenbe- erklärte, dass man hier das Verhältnis herunterschalten. Die RWE bot somit an, leuchtung der RWE. Die erste These hatte der Unfälle im Dunklen zu den Unfäl- eine Halbnachtschaltung ab 23 Uhr zu ich im Bauausschuss vor einigen Wochen len im Hellen gegen die Helligkeit der installieren, bei der je ein Leuchtmittel durch Zahlen der Bundesanstalt für Stra- Straßenbeleuchtung aufgetragen hatte. in einer Leuchte abgeschaltet wird. Die ßenwesen bereits widerlegt. Nun ging Helle Straßenbeleuchtungen sind aber jährlichen Einsparungen beim Strom es nur noch darum, die Glaubwürdig- vorzugsweise solche Straßen mit hoher würde sich so auf etwa 12.000 Euro be-

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Aktuelles rund um die Astronomie 4 LED-Straßenbeleuchtung der Firma Hella, betrieben durch die Stadtwerke Lippstadt, setzt neue Standards in Sachen Effizienz, Lichtverschmutzung und Design. Die Lichtverteilung ist sehr gleichmäßig bei einem niedrigen Grenz- Zeitschriften und Buchbesprechungen austrittswinkel.

Beobachtungspraxis laufen. Eine Einsparung bei den Unterhaltskosten, z. B. aufgrund des geringeren Verbrauchs an Leuchtmitteln, gestand die RWE aber nicht ein. Des Weiteren kämen auf die Stadt noch erhebliche Investitionskosten zu, da eine neue Technik einge- setzt werden müsse. Leider war die Stadt durch einen langjährigen Vertrag an die Der Himmel aktuell RWE gebunden und konnte so keinen weiteren, unabhängigen und günstigeren Partner für eine Halbnachtschaltung gewinnen. uvm. Die Umsetzung Einige Monate später wurde die Halbnachtschaltung zunächst probeweise in einer Straße getestet. Schließlich wurde die Halbnachtschaltung auf das gesamte Stadt- m Sie it: gebiet ausgedehnt. Aus der Bevölkerung kam keine negative Rückmeldung. Ich en h selbst erreichte mit einem weiteren Antrag, dass die Halbnachtschaltung bereits ab c a

21 Uhr aktiv wurde. Die jährliche Einsparung wuchs somit auf etwa 14.000 Euro. M http://

Die Nachwirkung www.Astronomie.de Etwa zeitgleich hatten die Stadtwerke im benachbarten Lippstadt zusammen mit dem Automobilzulieferer HELLA KGaA Hueck & Co. effiziente LED-Straßenleuch- ten entwickelt und im Stadtgebiet verstärkt aufgestellt (Abb. 4). Damit verpasste sich Lippstadt nicht nur ein modernes Images, sondern sicherte heimische Arbeits- plätze in der Wirtschaftskrise - auch die Arbeitsplätze vieler Geseker. So fragten sich manche Geseker, warum die Stadt Geseke nicht auch die Hella-Leuchten ins- tallieren und warum sie nicht auch von den Stadtwerken Lippstadt Strom beziehen könne. Beides verhinderten die Verträge mit der RWE. Die Verantwortlichen in Po- RZ_Astronomie-de.indd 1 13.03.2012 11:14:15 litik und Verwaltung erkannten das Sparpotential in Sachen Straßenbeleuchtung und fühlten sich von der RWE hintergangen. Die Idee, mit anderen Kommunen eigene Stadtwerke zu gründen, um die Verantwortung für die Straßenbeleuchtung

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gegeben haben. Das wenige Personal in den Bauämtern ist in Sachen Straßen- beleuchtung nur rudimentär ausgebil- det. Das Ergebnis ist eine ineffiziente, teure und lichtverschmutzende Straßen- beleuchtung (Abb. 5). Doch gegen den Widerstand der RWE konnte die Stadt Geseke ihre Kosten reduzieren. Dies hat eine öffentliche Diskussion angestoßen, welche die Bürger über eigene Stadtwer- ke nachdenken lässt. Gleichzeitig wurde die Öffentlichkeit ganz allgemein für das Thema Energieeffizienz und Lichtver- schmutzung sensibilisiert. Einen positi- ven Effekt der Halbnachtschaltung auf die Lichtverschmutzung und damit für die Astrofotografie konnte ich allerdings nicht nachweisen.

Internet- und Literaturhinweise: [1] www.astronomie-geseke.de [2] Scott, P. P. (1980): The Relation- ship between Road Lighting Quality and Accident Frequency. Report no. 929 des Transport and Road Research Laboratory (TRRL), Crow- thorne [3] Licht. Wissen 03, Straßen, Wege und Plätze, Fördergemeinschaft „Gutes Licht“, S. 14 (www.licht.de)

Inserentenverzeichnis 5 Die RWE setzt in Geseke auf die alte Technik der Firma Trilux. Große Teile des Lichts werden ungenutzt nach oben abgestrahlt. AME Astro-Messe 63

astronomie.de, Neunkirchen 55

selbst zu übernehmen, war geboren. An- 80.442,90 Euro und die Unterhaltskosten Astro-Shop, Hamburg U2 dere Nachbarkommunen verfolgten das bei 161.854,90 Euro. Obwohl seit 2004 Geschehen in Geseke intensiv und erkun- die Stromkosten Deutschlandweit deut- Astroshop.de nimax GmbH, 15 digten sich bei der Verwaltung und auch lich gestiegen sind, konnte Geseke mit Landsberg bei mir nach dem neuen Straßenbeleuch- Hilfe der Halbnachtschaltung die Kosten Baader Planetarium, U4 tungskonzept. Das Image der RWE dage- etwa konstant halten. Die noch laufen- Mammendorf gen war auf dem absteigenden Ast. Als den Verträge mit der RWE machen es lei- Reaktion zeigte die RWE verstärkt Prä- der nicht möglich, dass Geseke auch von Bresser GmbH, Reede 45 senz in Geseke. Von nun an erschien bei den tatsächlich geringeren Wartungskos- jedem Empfang, Stadtfest oder anderen ten profitiert. Diese Gewinne streicht sich Gerd Neumann jr., Hamburg 51 offiziellen Veranstaltungen ein Vertreter die RWE ein. Der Antrag II konnte sich Koring, Marocco 69 der RWE. Man darf ihn, glaube ich, Lob- gegenüber dem Netzwerk von RWE als byist nennen. Gleichzeitig wurden die Energieerzeuger und Trilux als Leuchten- Kosmos Verlag, Stuttgart 23 Geseker Vereine stärker gesponsert und hersteller nicht durchsetzen. Geseke bekam von der RWE eine neue Optical Vision Ltd., UK U3 Weihnachtsbeleuchtung. Geseke ist nur eine von vielen kleinen Optische Geräte Wolfgang Lille, 13 Kommunen in Deutschland, die sich von Heinbockel Das Fazit großen Energieversorgungsunternehmen Im Jahr 2012 lagen die Stromkosten für abhängig gemacht und die Verantwor- Spektrum der Wissenschaft Ver- 27 die Straßenbeleuchtung in Geseke bei tung für ihre Straßenbeleuchtung ab- lagsgesellschaft mbH, Heidelberg 115

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Mehr Licht, weniger Sicherheit?! von Peter Köchling

In der Diskussion um Lichtverschmut- zung und Effizienz von Straßenbeleuch- tung dauert es nicht lange, und es wird das scheinbare Totschlagargument gegen jeden Versuch, die Helligkeit einer Stra- ßenbeleuchtung zu senken, gezogen: die Verkehrssicherheit! Viele Menschen sind der Meinung, eine hellere Straßen- beleuchtung bedeute automatisch mehr Sicherheit. Und so geraten verantwor- tungsvolle Politiker, Wissenschaftler und Hobbyastronomen schnell unter den Vorwurf, sie würden ihre eigenen Inter- essen über die der Verkehrssicherheit und damit die der Allgemeinheit stellen. Doch gilt die These „mehr Licht ist gleich mehr Sicherheit“ in ihrer Einfachheit tatsäch- 1 Änderung der Unfallzahlen nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung gegenüber lich? einer unveränderten Kontrollstrecke. Schwere Schachschäden und Personen- schäden steigen mit hellerer Beleuchtung erheblich an. Rund um diese Frage ranken sich vie- lerlei Studien unterschiedlicher Qualität und Aussagekraft aus der ganzen Welt, die mal die eine, dann wieder die andere Position bestätigen. Im Folgenden möch- te ich die Ergebnisse einer deutschen Studie vorstellen, die wohl eine der um- fangreichsten und aussagekräftigsten ist.

Die Studie Hintergrund der Studie ist, dass verschie- dene westdeutsche Städte in den 1980er- Jahren dazu übergegangen sind, mit Hilfe von Halbnachtschaltungen die Leucht- dichte auf den Straßen zu halbieren. Die Stadt Münster ging sogar dazu über, ihre Straßenbeleuchtung von vornherein nur halb so hell auszulegen, wie es die 2 Änderung der Unfälle mit Personenschäden nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung Normen DIN 5044 bzw. DIN EN 13201 gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke. Die nasse Fahrbahn zeigt eine empfehlen. Die Entwicklung der Unfall- drastische Zunahme der Unfälle nach Aufhellung der Straßenbeleuchtung. zahlen nach Halbierung der Leuchtdichte verhielt sich in den verschiedenen Städ- ten sehr unterschiedlich und wurde von tung erhöht. Die Leuchtdichte wurde Fahrbahn bei der Erhebung der Daten anderen Effekten überlagert. So brauchte also etwa verdoppelt. Der andere Teil der nass oder trocken war. es eine sorgfältigere Studie „Straßenbe- Straßen blieb als Kontrollstrecken unver- leuchtung und Verkehrssicherheit“, die ändert. Anschließend beobachtete man Insgesamt wurden in dem betrachteten von der Bundesanstalt für Straßenwesen in dem Zeitraum von 1989 bis 1992 die Zeitraum vor und nach Verstärkung der durchgeführt wurde (BAST V14, 1994). Entwicklung der Unfallzahlen auf den Beleuchtung auf den Untersuchungs- Strecken. Gleichzeitig wurden stichpro- strecken 627 Unfälle gemeldet. Auf den In dieser Studie betrachtete man in sechs benartig Geschwindigkeitsmessungen an Kontrollstrecken waren es 478 Unfälle. westdeutschen Städten 22 Straßen mit PKWs durchgeführt und Passanten nach Der Vergleich der prozentualen Ände- reduzierter Leuchtdichte. In einem Teil der Erkennbarkeit von Objekten befragt. rung von Vorher zu Nachher zeigte, dass der Straßen, den Untersuchungsstre- Ein großer Vorteil der Studie war, dass schwere Sachschäden und Personen- cken, wurde die Leuchtdichte durch den bei allen Daten sowohl die Uhrzeit als schäden auf den Untersuchungsstrecken Einsatz hellerer Leuchtmittel oder durch auch die Wetterbedingungen berück- gegenüber den Kontrollstrecken deutlich die Zurücknahme der Halbnachtschal- sichtigt wurden. Man wusste also, ob die zugenommen hatten (Abb. 1). Leichte

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ßerer Leuchtdichte auf trockener Fahr- bahn (Abb. 5). Allerdings bewerteten die Passanten auf den Kontrollstrecken die Beleuchtung ebenfalls als besser, ohne dass hier etwas geändert wurde (Abb. 6). Andere Effekte scheinen die Passan- ten während der Befragung beeinflusst zu haben, so dass sich die Erkennbarkeit durch hellere Beleuchtung schlussend- lich nicht signifikant verbessert hat.

Einen markanten Effekt hatte die hellere Straßenbeleuchtung auch auf die mittle- 3 ren Geschwindigkeiten der PKW (Tab. 1). Änderung der Gesamt-Unfallzahlen vor 23 Uhr und nach 5 Uhr nach Aufhellung der Auf trockener Fahrbahn wurde bei grö- Straßenbeleuchtung gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke. In der Haupt- ßerer Leuchtdichte im Mittel 0,52 km/h verkehrszeit ist die negative Wirkung der hellen Straßenbeleuchtung am deutlichsten. schneller gefahren, auf nasser Fahrbahn sogar 1,05 km/h schneller. Die Kontroll- stecken ohne hellere Straßenbeleuchtung zeigten im betrachteten Zeitraum keine Veränderung der mittleren Geschwin- digkeit. Auch dieser Effekt überrascht nicht. Es ist bekannt, dass eine hellere Straßenbeleuchtung unbewusst ein Ge- fühl der Sicherheit vermittelt, welches zu höheren Geschwindigkeiten verleitet. Positive Effekte durch eine eventuell bes- sere Erkennbarkeit von Objekten werden so durch längere Bremswege wieder wett- gemacht.

4 Insgesamt lassen die Zahlen der Bun- Änderung der Gesamt-Unfallzahlen zwischen 23 Uhr und 5 Uhr nach Aufhellung der desanstalt für Straßenwesen nur ein Straßenbeleuchtung gegenüber einer unveränderten Kontrollstrecke. vernichtendes Urteil gegenüber den Empfehlungen der Norm zur Leuchtdich- te zu: Die volle Straßenbeleuchtung er- Sachschäden sind zurückgegangen. Viel- Die Befragung der Passanten ergab ten- höht die Unfallzahlen, insbesondere auf leicht hilft eine hellere Straßenbeleuch- denziell eine bessere Erkennbarkeit von nasser Fahrbahn, und führt zu erhöhten tung beim Einparken. Objekten bei Untersuchungsstrecken grö- Geschwindigkeiten. Eine Halbierung der

Bei genauerer Betrachtung der Perso- nenschäden (Abb. 2) zeigte sich, dass auf nasser Fahrbahn die hellere Straßenbe- leuchtung verheerend wirkte und die Un- fälle um 83 % zugenommen hatten. Ein Effekt der nicht verwundert, führt man sich vor Augen, wie sehr die Straßenbe- leuchtung auf nasser Fahrbahn blendet und die Erkennbarkeit insbesondere von Passanten erheblich verschlechtert. Die negative Wirkung der helleren Straßen- beleuchtung zeigt sich vor allem zu Zei- ten höherer Verkehrsdichte also vor 23 Uhr und nach 5 Uhr (Abb. 3). Alle drei Arten von Unfällen nahmen um mindes- tens 15 % zu. Zwischen 23 Uhr und 5 5 Uhr zeichnet sich keine klare Tendenz der Bewertung der Erkennbarkeit von Fußgängern und Radfahrern anhand einer Unfallzahlen ab (Abb. 4). Befragung von Passanten. Es existiert eine leichte Tendenz zur besseren Erkenn- barkeit bei hellerer Straßenbeleuchtung.

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6 Gesamtbewertung der Erkennbarkeit von Objekten anhand einer Befragung von Passanten. Weniger Punkte bedeuten hier bessere Erkennbarkeit. Die Passanten beurteilen die Erkennbarkeit in den Zeit- räumen der besseren Beleuchtung auch bei den unveränderten Kontrollstrecken besser.

Tabelle 1: Änderung der PKW-Geschwin- digkeiten nach Verbesserung der Straßen- beleuchtung auf den Untersuchungsstrecken im Vergleich zu den unveränderten Kontroll- strecken. Eine hellere Straßenbeleuchtung scheint zu erhöhten Geschwindigkeiten zu führen.

Straßenbeleuchtung wäre daher im Sinne Die Autoren lassen wesentliche Erkennt- der Deutschen Lichttechnischen Gesell- der Verkehrssicherheit ratsam. nisse der Daten und Fakten einfach unter schaft e. V. beruht, die wiederum von Ver- den Tisch fallen und heben lediglich jene tretern der Beleuchtungsindustrie domi- Die Interpretation der Autoren Fakten hervor, welche die These „Mehr niert wird. Die Industrie macht sich also Interessanterweise kommen die Autoren Licht ist gleich mehr Sicherheit“ stützen. ihre Norm selbst! zu einem ganz anderen Schluss. In der Bemerkenswert ist zudem, dass viele der Kurzfassung heißt es: „Die Unfallauswer- oben gezeigten Diagramme in der Stu- Doch solche Spekulationen übersteigen tungen zeigten, dass die verbesserte Stra- die überhaupt nicht zu finden sind. Die den Einflussbereich einfacher Hobby- ßenbeleuchtung teilweise einen Einfluss dramatische Entwicklung der Personen- astronomen. Dennoch kommt uns eine auf die Unfallentwicklung hatte. Bei tro- schäden bei nasser Fahrbahn wurde gar wichtige Rolle in der Diskussion um ckener Fahrbahn ergab sich bei Unfällen nicht in Diagrammen ausgewertet. Diese Lichtverschmutzung zu, da wir unabhän- mit Personenschaden zwischen 23 und musste ich mir aus den Rohdaten zu- gig von wirtschaftlichen oder politischen 5 Uhr ein Rückgang der Unfallzahlen nächst herausrechnen, um die Diagram- Interessen in der Öffentlichkeit beratend gegenüber der Kontrollstrecke um rund me überhaupt erstellen zu können. auftreten und Zusammenhänge beschrei- 45 %. Allerdings ist dieser Unterschied ben können, die andere nicht sehen kön- aufgrund zu geringer Unfallzahlen nicht Cui bono? nen oder wollen. signifikant. Bei Unfällen mit einer Betei- Ganz offensichtlich neigten die Autoren ligung von Fußgängern und Radfahrern bei dieser Studie dazu, die Daten erheb- ergab sich ein signifikanter Rückgang lich zu filtern und zu schönen, um den um 68 %. Die Geschwindigkeitsmessun- Empfehlungen der Norm nicht zu wi- gen wiesen nach, dass ein Sicherheitsge- dersprechen. Nun kann man an dieser winn aufgrund besserer Lichtverhältnisse Stelle Spekulationen für ihre Motivation nicht durch ein höheres Geschwindig- anstellen, die mich mit Sorge erfüllen, keitsniveau wieder kompensiert wurde.“ wenn man bedenkt, dass die Norm zur Straßenbeleuchtung auf Empfehlungen

VdS-Journal Nr. 54 60 Amateurteleskope / Selbstbau

Eine kleine Deutsche Montierung mit je einem Vierpunktlager pro Achse von Matthias Muttersbach

– Teil 2 –

In Teil 1 (VdS-Journal für Astronomie Nr. 53) ging es viel um Theorie und Be- weggründe, in einer Montierung Vier- punktlager statt Kegelrollen- und/oder Rillenkugellager zu verbauen. Hier sollen nun die Fertigstellung und Erfahrungen mit den ersten Einsätzen der Montierung geschildert werden.

Das Design für die Montierung stand Juni 2012 fest und war so gut wie endgültig. 1 Von links nach rechts: RA-Kopf, RA-Welle mit Drahtbett, Grundplatte RA, obere, untere Daraufhin bestellte ich ein zweites Lager­ Lagerschale, Grobverstellung RA (aus Messing, gleitend in der RA-Welle gelagert). element LEL bei der Fa. Franke GmbH. (RA bezieht sich auf die Stundenachse) Eines hatte ich ja schon, das war aber in meiner ersten Selbstbaumontierung ver- baut, die nun zerlegt werden musste. Die wurde in das DE-Gehäuse integriert Schneckenräder und Schnecken gab es, (Abb. 3). Zur Einstellung des Lagerspiels so wie ich sie benötigte, nicht vom Band. wurde die Abstimmfläche der Lagerscha- Also nahm ich Kontakt zur Fa. Kremp le bearbeitet. Die Welle für die Grobver- Wetzlar auf und fragte dort die Verzah- stellung DE besteht aus Alu, die gleitend nung von Rohlingen an, die ich selbst in zwei Messingbuchsen gelagert ist, fertigen konnte. Die positive Rückmel- welche sich in der DE-Welle befinden. dung veranlasste mich dann zu weiteren Die Abbildung 4 zeigt den Zusammen- Materialbestellungen und die Fertigung bau der DE-Sektion, auch hier noch ohne konnte im Juli 2012 starten. (Anm. d. Schneckenrad. Der Durchmesser beträgt Red.: im Folgenden stehen „RA“ für die 100 mm, die Länge über alles ca. 161 mm. Stundenachse und „DE“ für die Deklina- Hier ist das Lagerspiel schon eingestellt. tionsachse der Montierung.) Die Vorgehensweise zur Einstellung des Spiels schildere ich weiter unten im Ver- Zunächst wurden die Grundplatte RA, die lauf dieses Berichtes an der RA-Achse. Lagerschalen und die RA-Welle gefertigt. Danach die Welle in RA für die Grobver- Als Nächstes mussten die Rohlinge für stellung und der „RA-Kopf“ – dort wird die Schneckengetriebe gefertigt werden. später das DE-Gehäuse aufgeschraubt Die Verzahnung sollte Modul 0,7 sein 2 RA-Achse (Stundenachse) (Abb. 1 u. 2). Die Gesamthöhe der RA- und die Zähnezahl der Schneckenräder zusammengebaut, noch ohne Sektion beträgt im Zusammenbau 91 144, da ich die Motoren und GOTO- Schneckenrad mm, der Durchmesser des RA-Kopfes 100 mm. Das Lager wurde bei diesem Ferti- gungsstand aber noch nicht zu 100 % eingestellt, das kommt später, wenn die Montierung fast fertig ist. Die Welle für die Grobverstellung RA ist aus Messing, gleitend in der RA-Welle gelagert und in zusammengebautem Zustand mit dem RA-Kopf verschraubt.

Weiter ging es mit der DE-Sektion. Hier 3 wurden nicht – wie in RA – zwei äußere Von links nach rechts: DE-Kopf, Lagerschale, DE-Welle mit Drahtbett, DE-Gehäuse, Lagerschalen gebaut, sondern nur eine. Grobverstellung DE (aus Alu, gleitend in Messingbuchsen in der DE-Welle gelagert) Das Drahtbett für den zweiten Laufring mit Abschlussplatte. (DE bezieht sich auf die Deklinationsachse)

VdS-Journal Nr. 54 Amateurteleskope / Selbstbau 61

um einen Gesamteindruck zu bekommen. Die Abbildung 7 zeigt die Montierung, im Hintergrund liegt ein 6-Zoll-f/6-Newton. Am 15. Mai 2014 kamen die sehnlichst erwarteten Schneckengetriebe zurück. Auf den ersten Blick sahen die Schne- 4 cken und Schneckenräder sehr gut aus. DE-Achse (Deklinations- Ich habe die Montierung testweise zu- achse) zusammengebaut, sammengebaut (Abb. 8) und konnte noch ohne Schneckenrad nun auch das Lagerspiel der RA-Achse prüfen. Da gab es natürlich ein leich- tes Spiel. Die Montierung wurde wieder zerlegt und von der Abstimmfläche der unteren Lagerschale wurden ca. 0,05 mm abgenommen. Dann wurde das La- ger wieder zusammengebaut und erneut geprüft.

Mit dem Prüfen des Spiels ist das so eine Sache. Ich hatte keine ausreichenden Vorrichtungen, um das Spiel objektiv zu messen, sondern musste es erfühlen. Beim Abstimmen der Lagerschale musste 5 ich mich dann herantasten. Die Lager- Die Rohlinge der Schneckenräder aus Bronze komplett auf der jeweiligen Welle schale der RA-Achse habe ich zweimal montiert (links DE-, rechts RA-Welle). Die Räder wurden so auf den Wellen abstimmen müssen (jeweils um ca. 0,05 montiert verzahnt. mm), bis ich mit dem Spiel zufrieden war.

Weiter ging es mit der Fertigung der Steuer­ung einer SynScan EQ5 verwenden vor allem musste das Lagerspiel der RA- Schnecken- und Motorlager. Die Schne- wollte. Den notwendigen Durchmesser Achse noch eingestellt werden. Die Wel- cken sind radial mit je zwei Rillenkugel- der Rohlinge kann man zwar berech- len waren jetzt jedoch erst einmal zum lagern versehen, die sich in entsprechen- nen, ich fragte aber zur Sicherheit noch Verzahnen unterwegs. Aber es gab ja den justierbaren Lagerböcken befinden. mal bei Herrn Kremp nach. Wie sich he- genug zu tun, bis diese wieder zurück- Axial laufen die Schnecken gegen An- rausstellte, war das eine gute Idee. Mir kommen würden. laufscheiben und Einstellbuchsen aus wurde der Rat gegeben, die Rohlinge mit Messing mit Außengewinde M12 x 0,5. einem Aufmaß von 0,15 mm im Durch- Zunächst wurde die Polhöhenwiege ge- Mit diesem feinen Gewinde kann man messer zu fertigen. Des Weiteren schlug fertigt, dann ging es an die finale Bear- das axiale Spiel der Schnecken sehr mir Herr Kremp vor (Fa. Kremp, Wetzlar) beitung des DE-Gehäuses. Als das fertig schön einstellen. Dann kamen noch Klei- die Schneckenräder doch besser jeweils war, konnte man sich die Montierung das nigkeiten wie Achsklemmungen, Verklei- komplett auf der Welle montiert zu ver- erste Mal halbwegs komplett ansehen, dungen etc. zahnen, um einen besseren Rundlauf zu erhalten. Das waren natürlich wertvolle Hinweise, die ich gerne entgegennahm. Also machte ich mich an die Arbeit und fertigte die Rohlinge. Die Abbildung 5 zeigt die Rohlinge der Räder aus Bronze komplett auf der jeweiligen Welle mon- tiert, so wie sie verzahnt werden sollten. Die Abbildung 6 zeigt die beiden Schne- ckenrohlinge, Stand September 2012.

Nach einer eineinhalbjährigen Pause, Ende März 2014, konnte dann die Ver- zahnung in Auftrag gegeben und die Montierung weitergebaut werden. Es fehlten noch die Polhöhenwiege, Schne- cken- und Motorlager; das DE-Gehäuse war auch noch nicht ganz fertig. Und 6 Die Schneckenrohlinge aus Edelstahl

VdS-Journal Nr. 54 62 Amateurteleskope / Selbstbau

in GOTO-Geschwindigkeit bewegen. Ich gab die passenden Parameter ein und los ging’s. Anstandslos brachte die Montie- rung das Teleskop in Position. Das be- deutet: Test 1 bestanden. Seitdem heißt die Montierung „α leonis“.

Der Sommer 2014 war wetterbedingt lei- der nicht besonders geeignet, um Astro­ nomie zu betreiben. Obwohl es schon erste Nachführtests gab, die vielverspre- chend waren, musste ich bis zum 21. September 2014 warten, bis die α leonis das erste Mal zeigen durfte, was sie zu- 7 nächst mit einem kleinen ED80 kann. Als Die Montierung halbwegs zusammengebaut, im Hintergrund liegt ein fotografisches Objekt wählte ich Barnard 6-Zoll-f/6-Newton als Größenvergleich. 142/143 aus, zwei benachbarte Dunkel- nebel, auch bekannt als „Barnards E“ im Adler. Finale Rohbilder konnte ich am 26. September 2014 sammeln. Das Er- gebnis ist in der Abbildung 10 zusehen. Die Nachführung durch den 60 mm/238 mm-Sucher via PHD und ALCCD5 war

8 Montierung testweise zusammengebaut, ohne Schneckenlagerungen und ohne Verkleidungen

Am 23. Mai 2014 war es dann endlich so ich, ob die Antriebe ihren Sinn erfüllen. weit: Die Montierung steht auf der Säu- Dazu wurde die Montierung zunächst le und trägt meinen 10-Zoll-Newton mit vorsichtig mit den Richtungstasten der einem Eigengewicht von ca. 13 kg und Handbox bewegt, erst langsam, dann 9 8 kg Gegengewichten (Abb. 9). Das Ge- immer schneller, bis ich bei GOTO-Ge- Die fertige Montierung trägt meinen wicht der Montierung selbst beträgt ca. schwindigkeit war. Als auch das alles in 10-Zoll-Newton mit einem Gewicht 10 kg. Natürlich wackelte ich vorsich- Ordnung war, beschloss ich den Newton von ca. 13 kg plus 8 kg Gegen- tig an dem Setup herum und war selbst per GOTO auf Regulus zu richten. Dazu gewichte. Die Montierung selbst überrascht, wie stabil das Ganze war. Ei- musste die Montierung das Fernrohr je- wiegt ca. 10 kg und heißt jetzt gentlich wackelte gar nichts. Dann prüfte weils ca. 90° um die RA- und DE-Achse „α leonis“.

VdS-Journal Nr. 54 Anzeige

10 Barnard 142/143 vom 26.09.2014 durch ED80 auf α leonis. Nachführung durch Sucher 60 mm/238 mm, PHD und ALCCD5; Abweichung: ca. 2 Bogensekunden.

mit einer Abweichung von ca. 2 Bogensekunden mehr als zufriedenstellend. Demnächst werden größere Teleskope zum Einsatz kommen.

Fazit Die Verwendung von Vierpunktlagern hat Vor- und Nachtei- le. Die Vorteile liegen klar auf der Hand und überwiegen nach meiner Auffassung die Nachteile bei Weitem, die lediglich im Arbeitsaufwand und in den etwas höheren Anforderungen an die Präzision bei der Fertigung liegen. Die Lagerelemente sind nicht „besser“ als andere Lager oder -kombinationen. Erfahrungsgemäß kann ich sagen, dass die Lagerelemente in Alu verbaut sehr „tolerant“ sind, auch wenn man beim Abstimmen etwas zu viel Material abgenommen hat, da Alu relativ weich ist. In den Technischen Informationen der Fa. Franke GmbH, die auf deren Webseite kostenlos erhältlich sind, wird wegen Setzverhalten sogar eine Vorspannung empfohlen. Aber man sollte es natürlich nicht übertreiben. Ich kann jedem ambitionierten Selbstbauer nur Mut machen, die Verwendung solcher Lager in Betracht zu ziehen.

Danksagung Der größte Dank gehört meiner lieben Frau. Ohne ihr Ver- ständnis wäre das Projekt nicht umsetzbar gewesen. Mein Dank gilt weiter der Firma Franke GmbH für die freundliche Beratung und die Berechnungen der Lager. Mein Dank gilt nicht zuletzt der Firma Kremp, Wetzlar, für die freundliche Beratung und die sehr gute Arbeit. 64 Amateurteleskope / Selbstbau

Neues aus der VdS-Fachgruppe Astrofotografie – Das Astrofoto des Jahres 2014 von Thorsten Zilch

Die Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie hatten auch für das Jahr 2014 wieder 1 Die Dunkelwolke LDN 1251. die ehrenvolle Aufgabe, das Astrofoto des Jahres zu wählen. Aus einem Fundus von Fabian Neyer hat diese beein- insgesamt 52 Astroaufnahmen, die als „Astrofoto der Woche“ (AdW) unter Astronomie. druckende Szenerie in neun Nächten de innerhalb eines Jahres aus dem Kreis der deutschsprachigen Astrofotografen regel- zwischen Juli und August 2013 an mäßig veröffentlicht werden, galt es, die ersten drei Plätze zu nominieren. der Sternwarte Antares in Gossau/ Schweiz eingefangen. Mit einem Mit einer Wahlbeteiligung von 65 % konnten folgende drei Platzierungen Apochromaten TEC140 (f = 1.027 mm) bestimmt werden: und einer SBIG STL-11000M wurde das LRGB-Bild 9,3/4,3/2,7/3,3 Platz 1: Fabian Neyer, Woche 10 Stunden belichtet, zusammen Die Dunkelwolke LDN 1251 – was verbirgt sich dort? 19,7 Stunden!

Platz 2: Endriko Siegismund und Gorden Konieczek, Woche 28 Nebel um Bernes 157

Platz 3: Ulrich Teschke, Woche 43 Die Lofoten, ein Ort für die Polarlichtfotografie

Die drei Siegerbilder sind an dieser Stelle noch einmal abgebildet. Platz 3 wird im nachfolgenden Beitrag „Astrofotografen und Nordlichter“ von Peter Riepe gezeigt. Herzlichen Glückwunsch den Gewinnern, aber auch recht herzlichen Dank an die vie- len treuen Einsender!

Ihr AdW-Team der FG Astrofotografie

VdS-Journal Nr. 54 Amateurteleskope / Selbstbau 65

2 Endriko Siegismund und Gorden Konieczek waren im Mai 2014 eine Woche auf der Farm Tivoli (Namibia). Zahlreiche Bilder entstanden, darunter auch die Südliche Krone, hier als Ausschnitt. Kamera war eine auf ca. -16 °C gekühlte, modifizierte Canon 60D an einem Apochromaten TMB 80 mm/480 mm. Belichtet wurde 14 x 600 s bei ISO 500. Astrofotografen und Nordlichter von Peter Riepe

Polarlichter sind stets eine Folge ko- Skandinavien über Nordsibirien, Alas- Kulmination sehr hoch über dem Nord- ronaler Auswürfe der Sonne. Passt die ka, Nordkanada, Neufundland, Grönland horizont. Links fällt der helle Stern α Au- Auswurfrichtung zur Position der Erde, und Island erstreckt [1]. rigae (Capella) ins Auge. so gelangen diese Gasmassen etwa drei Tage später zur Erde. Die elektrisch ge- Ulrich Teschke suchte mit Astrofreunden Zu dieser Szenerie schreibt der Bildautor, ladenen Teilchen wandern entlang der im März 2014 die Lofoten auf – eine Insel­ so als wäre es live: Magnetfeldlinien in Richtung der geo- kette auf 68° nördlicher Breite vor der „In dieser Nacht tanzt der Polarlicht- magnetischen Pole und fallen in die norwegischen Atlantikküste. Am 26. März bogen stundenlang direkt über unseren Erdatmosphäre ein. Dabei erzeugt die gelang ihm ein Supermotiv (Abb. 1, S. 66). Köpfen. Das hellste Band steht bei die- Wechselwirkung­ mit geladenen Teilchen Kamera war eine Pentax K5 (DSLR APS-C) ser Aufnahme in meinem Rücken und der Lufthülle dynamische Emissionen, mit einem Weitwinkel-Zoomobjektiv Sig- lässt die schneebedeckten Berge grün die visuell überwiegend als graue Schlei- ma 10-20 mm, 1:3,5. Bei einer effektiven leuchten. Etwas abseits des hellen Ban- er sichtbar sind. Fotografische Aufnah- Brennweite von 16 mm, offener Blende des findet dieses besonders nuancierte men jedoch zeigen sie in prächtigen Far- und Empfindlichkeitseinstellung auf ISO Farbenspiel statt. Die Strahlen schießen ben. Auf der Nordhalbkugel reden wir 100 wurde 10 s belichtet. In der Bildmitte nicht in die Höhe, sondern fließen lang- von Nordlichtern, auf der Südhalbkugel erkennt man das Sternbild Perseus, etwas sam wie Öltropfen vom Himmel herab. von Südlichtern. Ab und zu – besonders tiefer zum Horizont hin steht β Persei Mit bloßem Auge sind die Polarlichter zu Zeiten starker Sonnenaktivität – kann (Algol). Vom Perseus aus nach rechts beinahe farblos und mitunter kaum von man Nordlichter auch in mittleren Brei- oben sieht man den bekannten Doppel- Wolkenstreifen zu unterscheiden, erst die ten bewundern. Schöner und höher am sternhaufen h/Chi Persei, oben am Bild- Kamera lässt die Farbenvielfalt zum Le- Himmel jedoch präsentieren sie sich in rand das Sternbild Cassiopeia. Wegen der ben erwachen. Das allgegenwärtige Grün einem wenige Grad breiten Korridor, der hohen geografischen Breite der Lofoten des Sauerstoffs in tieferen Schichten fällt sich wie ein geschlossener Gürtel von steht die Cassiopeia selbst bei unterer hier etwas schwächer aus und das üb-

VdS-Journal Nr. 54 66 Amateurteleskope / Selbstbau

1 Nordlicht über den Lofoten, Bildautor Ulrich Teschke. Daten im Text.

2 Nordlicht über Island, Bildautor Rainer Sparenberg. Daten im Text.

VdS-Journal Nr. 54 Astrofotografie 67

licherweise über dem Grün auftretende September 2014 stellte er am Ort Jökul­ Links neben dem Nordlicht stehen die Rot, ebenfalls vom Sauerstoff, ist in die- sarlon mit Blick auf den Atlantik seine weniger markanten Sterne des Sternbil- sem Ausschnitt gar nicht vertreten. Umso Canon 6D auf (Abb. 2). Sie war für die des Luchs sowie die „Tatzensterne“ des kräftiger tritt das Violett des Stickstoffs Polarlichtfotografie­ mit einem Weit- Großen Bären. hervor, welches durch tiefes Eindringen winkelobjektiv ausgerüstet (Walimex bei hohen Energien entsteht. Durch die 1:2,8/14 mm). Bei einer Empfindlich- Beide Astrofotografen haben neben dem Überlagerung dieser Farben in unter- keitseinstellung von ISO 1600 und Blen- Nordlicht auch sehr schön die Landschaft schiedlichen Anteilen entwickeln sich de 4 belichtete er gegen 01:20 Uhr MESZ mit ins Bild einbezogen. Das trägt unge- zahlreiche Farbschattierungen, die auch 12 Sekunden. Im oberen rechten Teil des mein zu der erzielten Bildwirkung bei. ins Blau reichen.“ Nordlichts zeichnet sich der Zentral- teil des Perseus ab. Inmitten des grünen Weitere Polarlichtbilder sind auf der Lichts steht Capella, unten im dichtesten Internetlinks (geprüft: November 2014): Homepage des Bildautors zu finden [2]. Bereich erkennt man die Zwillinge mit [1] Aurora Forecast, www.swpc.noaa. Castor und Pollux. Rechts im Bildfeld gov/ovation/North_New.html Rainer Sparenberg hatte sich Island für stehen die Plejaden und Hyaden, rechts [2] www.ulrich-teschke.de/polarlichter. Polarlichtaufnahmen ausgesucht. Am 7. oben die hellsten Sterne des Widders. htm Amerikanische Nationalparks in der Nacht von Michael Kunze

Meine Frau und ich haben 2014 eine weitere Reise in den Südwesten der USA unternommen. Ziel war es, einige der großen Nationalparks nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht zu besuchen. Denn der Nachthimmel ist in weiten Tei- len stockfinster und man kann so einen grandiosen Nachthimmel genießen. In Kombination mit einer atemberaubenden Landschaft ist das ein starkes Erlebnis. In den Nächten habe ich mir vorgenommen, die Landschaft und den Himmel im Zeit- raffer aufzunehmen. Zudem wollte ich Weitwinkelaufnahmen der Milchstraße 1 Eine von 27 Antennen des VLA mit Schienensystem machen.

In vielen Nationalparks werden von den Park-Rangern astronomische Beob- achtungen angeboten. So kann der Be- sucher oftmals die Sonne im Weißlicht, aber auch im Hα-Licht beobachten. Am Abend kann man zudem an Beobachtun- gen der Sterne mit größeren Teleskopen teilnehmen. Die Infrastruktur der Parks ist bemerkenswert und trägt maßgeblich zum Schutz der Natur bei.

Auf der Reise haben wir eine erste Nacht am Very Large Array (VLA) verbracht. Das VLA ist ein Radioobservatorium im Bundesstaat New Mexico, 80 Kilometer von Socorro entfernt. Es liegt auf 2.124 Metern über dem Meer und wird vom 2 Wartungshalle und Transporteinheit

VdS-Journal Nr. 54 68 Astrofotografie

Teleskope verschoben werden können (Abb. 2). Dies geschieht über ein Schie- nensystem.

Einige 100 Kilometer weiter nördlich verbrachte ich eine weitere Nacht im Ar- ches National Park. Dieser Park zeichnet sich durch viele Felsbögen aus, die durch ständige Erosion und Verwitterung ent- stehen und vergehen. Der bekannteste ist der 14 Meter hohe Delicate Arch (Abb. 3). Diesen kann man von einem Park- platz aus sehen. Aber erleben kann man den Delicate Arch erst, wenn man die 1,7 Meilen von der Wolfe Ranch wandert. Relativ steil geht es schon durch eine 3 tolle Landschaft und vorbei an alten Pe- Delicate Arch (Abb. 1). Jeder Arm des Y ist 21 Kilo- troglyphen. Ich verbrachte die Nacht al- meter lang. In der größten Ausdehnung lein und machte meine Aufnahmen. Die entspricht das nach dem Prinzip des In- Milchstraße stieg nach Sonnenuntergang National Radio Astronomy Observatory terferometers einem Teleskop von 36 Ki- empor und zeigte sich frühmorgens über (NRAO) betrieben. Das VLA besteht aus lometern Durchmesser. Für Besucher gibt dem Steinbogen (Abb. 4). 27 einzelnen Radioteleskopen, die einen es ein Besucherzentrum und man kann Durchmesser von 25 Metern besitzen. sich einige der Einrichtungen anschauen. Eine faszinierende Stimmung kann man Jedes Teleskop wiegt 230 Tonnen. Die Interessant ist die Wartungshalle, in der zudem auch möglichst noch bei Mond- einzelnen Teleskope können in verschie- ein Teleskop in aufgerichtetem Zustand schein am Grand Canyon erleben. Beson- denen Stellungen auf einer Y-förmigen Platz findet. Zudem kann das Transport- ders im Mondlicht wirkt der Riese unter Schienenstrecke angeordnet werden gerät angeschaut werden, mit dem die den Canyons außerordentlich beeindru-

4 Delicate Arch mit Milchstraße

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5 Polstrichspur über dem Grand Canyon ckend. Am North Rim kann man über ressierten über die Geschichte und die vatory, welches 1894 von Percival Lowell dem Canyon die Milchstraße sehen und Forschung auf dem Berg. Entweder kann gegründet wurde. Hier sollten der Planet am South Rim bietet der Canyon auch man an einer geführten Tour teilnehmen Mars und die von Giovanni Schiaparelli den Blick auf den Nordhimmel (Abb. 5). oder auf eigene Faust das Gelände ken- in den Jahren 1877 bis 1879 beobachte- Beide Seiten des Canyons sind sehr be- nenlernen. Das McMath-Pierce Telescope ten Marskanäle weiter untersucht werden eindruckend. Jeweils eine Nacht habe ich und das Mayall Telescope haben Besu- – weswegen der Berg, auf dem die Stern- am North und am South Rim verbracht. cherplattformen (Abb. 8), von denen aus warte steht, auch Mars Hill heißt. 1930 Viele bedeutende und namhafte Obser- sie näher betrachtet werden können. wurde Pluto nach jahrelanger Vorarbeit vatorien befinden sich in der Gegend. in Flagstaff entdeckt. Das Plutoteleskop Wir besuchten zum einen das Kitt Peak In der Stadt Flagstaff im Bundesstaat und die beiden Fotoplatten, mit denen National Observatory, welches 80 Kilo- Arizona befindet sich das Lowell Obser- Pluto entdeckt wurde, können besichtigt meter von Tuscon entfernt ist, außerdem Anzeige das Lowell Observatory in Flagstaff.

In rund 80 Kilometern Entfernung zur Großstadt Tuscon in Arizona befindet sich auf dem 2.095 Meter hohen Kitt Peak das Observatorium inmitten der Sonora-Wüste gelegen. 1958 wurde der Gipfel ausgewählt und beherbergt heute rund 20 Teleskope. Die größten sind das Mayall Telescope mit 4 m Öffnung (Abb. 6) und das WIYN Telescope (3,5 m Öff- nung). Außerdem befindet sich auf dem Gipfel das imposante McMath-Pierce So- lar Telescope (Abb. 7), das größte Son- nenteleskop der Welt. Auch ein 25-m- Radioteleskop ist zu finden, das zum Very Long Baseline Array gehört und eine von 10 Stationen in Amerika ist.

Ein Besuch auf dem Kitt Peak ist sehr lohnenswert. Ein sehr gut gestaltetes Besucherzentrum informiert den Inte-

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werden. Eindrucksvoll ist auch die Be- sichtigung des 61-cm-Clark-Refraktors, der zur Beobachtung des Mars herange- zogen wurde.

Ein weiteres Highlight in der Gegend ist der wenige Kilometer von Flagstaff ent- fernte Barringer-Meteorkrater. Mitten in der Wüste erhebt sich 45 Meter hoch der Kraterwall. Der Einschlagkrater selbst hat einen Durchmesser von 1.200 Metern und eine Tiefe von 180 Metern. Vor rund 49.000 Jahren schlug hier ein 300.000 Tonnen schwerer Meteorit ein, der diese Narbe in der Landschaft hinterließ. Ein Großteil seiner Masse verdampfte aller- dings. Ein sehr gut gestaltetes Besucher- 6 4-m-Mayall-Teleskop zentrum informiert über die Gescheh- nisse. Das größte Stück des gefundenen Meteoriten ist ausgestellt.

Das „Haus der Sonne“, der Haleakala- Vulkankrater auf der hawaiianischen Insel Maui, war mein letztes Ziel. Hier erlebte ich meine bisher eindrucksvolls- te Nacht. Unter extrem dunklem Himmel ging die Milchstraße über dem 4.200 Meter hohen Schildvulkan Mauna Kea auf, und ich habe bisher noch nie eine solch beeindruckende Nacht erlebt (Abb. 9)! Der Mauna Kea befindet sich auf der Nachbarinsel Hawaii Big Island. Auf der Inselgruppe lebt eine endemische Gänse- art, die Nene, in Höhen zwischen 1.500- 2.500 Metern. Im Jahr 1778 wurden noch 25.000 Exemplare gezählt, die durch Ein- fuhr fremder Arten nach Hawaii bis 1950 auf 30 Tiere reduziert wurden. Durch eingeleitete Schutzmaßnahmen waren es 7 1999 wieder rund 1.000 Tiere. Tagsüber Oben: McMath-Pierce-Teleskop 8 Unten: Kuppel des Mayall-Teleskops bekommt man das scheue Tier selten zu Gesicht. In dieser Nacht waren um mich herum viele Gänse, die ich zwar nicht ge- sehen, aber gehört habe. Die Tiere flogen über mich hinweg und waren neben mir und schnatterten unentwegt. Zusammen mit dem eindrucksvollen Himmel ein wahres Erlebnis.

9 Rechte Seite (Querformat): Aufgehende Milchstraße auf Maui, Hawaii

VdS-Journal Nr. 54 Amateurteleskope / Selbstbau 71

VdS-Journal Nr. 54 72 Atmosphärische Erscheinungen

1 22°-Ring und oberer Berührungsbogen im Eisnebel am Nachmittag des 28.11.2014 im Neklid-Gebiet, Foto: Claudia Hinz

Nebelsuppe: Bericht vom Treffen der Beobachter atmosphärischer Erscheinungen in Bozí Dar/Gottesgab (CZ), 28.-30.11.2014 von Alexander Haußmann

Bereits zum 12. Mal versammelten sich mittlerweile die Enthusiasten von Halos und anderen atmosphärischen Erschei- nungen in Form eines „Halotreffens“. In den letzten 5 Jahren wurden diese Tref- fen stets an Orten abgehalten, die durch besondere Eisnebel-Halophänomene auf- gefallen waren. Nach dem Sudelfeld in Oberbayern und Davos in der Schweiz fiel die Wahl diesmal auf das Fichtelberg- Keilberg-Gebiet, in welchem im Januar und Februar 2014 mehrmals Eisnebelha- los aufgetreten waren. Insbesondere das im Skigebiet Neklid/Unruh von Claudia und Wolfgang Hinz am 30.01.2014 be- obachtete „antarktische“ Phänomen gab hier den Ausschlag. Claudia und Wolf- gang organisierten für uns die Unter- bringung im ehemaligen Wohnhaus des Erzgebirgs-Heimatdichters Anton Gün- ther, welches in der Vergangenheit zu ei- ner Gruppenunterkunft für Wintersport- ler umgebaut wurde. 2 „Bozí-Devil“ mit Glorie, Foto: Kevin Förster

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3 Gruppenbild unterm Neklid-Nebelbogen, Foto: Andreas Möller (Selbstauslöser)

Wer von den Teilnehmern am Freitag im Unterkunft, die traditionellen „Sudelfeld- Für den Sonnabend stand nach einem Hellen das Ziel erreichte, hatte das Glück monster“ mit Michaels LED-Taschenlam- soliden Frühstück im eiszapfenbewehr- noch einige Sonnenstrahlen zu erha- pe als Lichtquelle in Szene gesetzt und ten Anton-Günther-Haus zunächst der schen. Im Neklid-Gebiet zeigten sich am prompt in „Boží-Devils“ umbenannt Besuch im Neklid-Gebiet auf dem Pro- Nachmittag sogar schon ein paar Eisne- (Abb. 2). Die begleitende steife Brise gramm. Dieses befindet sich etwa mittig belhalos wie der 22°-Ring und der obere ließ uns aber ziemlich schnell wieder ins zwischen Boží Dar und dem Keilberggip- Berührungsbogen (Abb. 1). Viele kamen Warme zu einem gemütlichen Ausklang fel und markierte die für den Flachländer allerdings erst im Dunklen an, wobei des Abends verschwinden. überraschend stabile Obergrenze des Ne- es sich als Herausforderung entpuppte, hinter Oberwiesenthal den richtigen Ab- zweig nach Boží Dar im dichten Nebel zu finden. Überhaupt präsentierte sich un- ser Gastort während des gesamten Wo- chenendes fast ständig in Nebel gehüllt, wohingegen die Gipfel von Keilberg und Fichtelberg über den Nebel hinausragten. Leider handelte es sich wegen einer zwi- schenzeitlich erfolgten Veränderung der Strömungsrichtung dabei nicht um Eis- nebel, sondern um gewöhnlichen Was- sertropfennebel.

Nach dem Abendessen am Freitagabend begann das Vortragsprogramm mit Bei- trägen von Anke und Manfred Hamann über Polarlichter in Lappland, festgehal- ten in Film und Foto, sowie einer Bilder- schau der Jahreshöhepunkte von Micha- 4 el Großmann. Später wurden dann am Der Fichtelberggipfel über dem Nebel vom Keilberg aus gesehen, Ortsrand, wenige Schritte hinter unserer Foto: Alexander Haußmann

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5 Radiale Schattenstrahlen um einen Fichtenwipfel, Foto: Andreas Möller

bels, die es ermöglichte, den Nebelbogen als Haloart, dessen erforderlicher Grenz- und Schattenstrahlen, ungeachtet des ohne Auflösungstendenzen so lange wie wert der Sonnen- oder Mondhöhe (58°) perspektivischen Eindrucks, aus der Nähe gewünscht zu beobachten (Abb. 3). Un- in Deutschland nur selten überschritten im Raum stets parallel zueinander liegen. ser nächstes Ziel war der Keilberggipfel, wird. Alexander Haußmann behandelte Der Sonnenuntergang bescherte uns der sich in herrlichem Sonnenschein und mögliche Eiskristallformen und -orien- noch eine linke Nebensonne sowie eine mit bizarren Rauhreifformationen prä- tierungen zur Simulation des relativ hel- sentierte. Faszinierend war auch die teils len Untergegensonnenbogens im Neklid- turbulente Bewegung des Nebels und die Phänomen vom 30.01.2014. schrittweise „Freigabe“ der Gebäude auf dem benachbarten Fichtelberg, dessen Zur Beobachtung des Sonnenuntergangs Gipfel schließlich wie eine Insel im Ne- wurde danach rechtzeitig der Fichtel- belmeer erschien (Abb. 4). berg angesteuert, wo uns spontan die Wetterwarte geöffnet wurde und wir so Bei der Abfahrt in Richtung Mittagessen einen optimalen Überblick in alle Rich- legten wir noch einen Zwischenstopp tungen genießen konnten. Bei genau- direkt an der Keilbergstraße ein, wo das em Hinsehen zeichnete sich noch eine Sonnenlicht malerisch durch das Geäst halbe Stunde vor Sonnenuntergang die der Nadelbäume fiel. Neben den dreidi- Glorie mitsamt Gipfelschatten auf dem mensional projizierten Licht- und Schat- Nebel ab. In der anderen Blickrichtung tenstrahlen waren dicht an der Sonne (zum sogenannten „Kleinen Fichtelberg“ auch ausgeprägte Kränze zu beobachten hin) waren zur gleichen Zeit wieder von und das Gewimmel der Nebeltröpfchen Bäumen projizierte Schattenstrahlen in erinnerte ein wenig an das typische Eins- einem Nebelstreifen zu erkennen. Im Un- nebelhaloglitzern (Abb. 5). terschied zur Beobachtung am Vormittag präsentierte sich der Nebel nun aber in Nach dem Mittagessen in einem der ört- der goldgelben Farbe der untergehenden lichen Gasthäuser setzten wir gut gesät- Sonne. Zudem wurde uns durch den ver- tigt unser Vortragsprogramm fort. Elmar änderten Standpunkt (in größerer Entfer- Schmidt widmete sich den speziellen nung oberhalb des Waldes) anschaulich Problemen des Zirkumhorizontalbogens vor Augen geführt, dass sämtliche Licht- 6 Der Halomator 3, Foto: Kevin Förster

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obere Lichtsäule in horizontnahem Cir- rus. Die Sonnenscheibe erschien vor Erreichen des Horizonts in der Vertika- len ziemlich stark abgeplattet, danach jedoch direkt am Horizont „breitgeflos- sen“. Dadurch war auch der exakte Zeit- punkt ihres vollständigen Verschwindens schwer feststellbar, da sich ein heller Streifen dicht am Horizont noch einige Sekunden länger als gewöhnlich hielt. Dies erinnerte ein wenig an den Nowaja- Semlja-Effekt, dort wird jedoch ein strei- fenförmiges Stück Sonne durch anomale Refraktion bis zu einigen Grad höherge- hoben. Abgetrennte Segmente oder deut- 7 Simulation des 22°-Rings als Überlagerung vieler Berührungsbögen mit dem liche Grünfärbungen gab es leider nicht. Halomator 3, Foto: Andreas Möller Claudia Hinz konnte aber noch durch das Fernglas ein durch Luftspiegelungen verzerrtes Abbild des Großen Arber er- beobachtet von Thomas Klein) eine Nach einem (im Vergleich zum üppigen haschen, welches leider schnell wieder Übersicht über die Systematik der 22°- Mittagsbrot etwas kleineren) Abendessen durch einen Wolkenstreifen am Horizont und 46°-Lowitzbögen und mögliche im Gasthaus demonstrierte uns Michael verdeckt wurde. Namensgebungsvarianten. Darauf folgte Großmann seinen neuen „Halomator 3“ zum Ausgleich ein Beitrag aus der Hoch- (Abb. 6). Dieser Aufbau ermöglicht es, Im Anschluss an diesen Außentermin gebirgspraxis: Claudia Hinz zeigte ihre ein Plexiglas-Eiskristallmodell in allen ging es wieder mit der Theorie weiter: schönsten Aufnahmen von der Zugspitze. drei Raumachsen mit Elektromotoren Alexander Haußmann gab in einem zweiten Vortrag anlässlich des Halo- phänomens von Miesbach (01.11.2014, 8 Doppelter Lampenlicht-Nebelbogen mit Interferenzbogen innerhalb des Hauptbogens, Foto: Andreas Möller

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zu drehen, um eine experimentelle Si- cher Regenbogen oder Halo eine abbil- Halos zu Gesicht bekamen – zwar ganz mulation des 22°-Rings zu ermöglichen. dende Optik (Auge, Kamera), um sichtbar klassisch in Cirrus, immerhin aber auch Interessanterweise erfordert gerade diese zu sein und projiziert nicht „von selbst“ mit einem schwachen Supralateralbogen. einfachste Haloart den größten Aufwand, ein Bild auf eine Wand (Abb. 7). Da der Rückweg ohnehin am Neklid- wenn sie an einem einzelnen Kristallmo- Gebiet vorbeiführte, versammelten sich dell nachgestellt werden soll. Als Zugabe Schließlich wagten noch einige Mutige dort nochmals fast alle Teilnehmer, so führte uns Michael noch die parryförmi- einen nächtlichen Ausflug ins Neklid- dass das große Abschiednehmen auf dem gen und Lateralbögen („plate arcs“) an Gebiet, da noch eine gewisse Chance auf historischen Grund des großen Halophä- einem einachsig rotierenden Pyramidal- Eisnebelhalos am zunehmenden Mond nomens vom 30.01.14 stattfand. Derweil kristallmodell vor. bestand. Es sollte allerdings auch dieses hatte auch die Haloaktivität wieder et- Mal „nur“ bei Nebelbögen bleiben, die was zugenommen, und als Höhepunkt Die Reihe der Innenexperimente setze wieder mit der mitgebrachten Lampe er- konnte sogar ein kurzlebiges Stück des Alexander Haußmann mit der Präsenta- zeugt wurden (Abb. 8). Dabei gelangen konkaven Parrybogens kollektiv beob- tion eines „Öltropfenregenbogens“ fort. sogar ausgesprochen lehrbuchreife Ex- achtet werden. Auch wenn die erhoff- Dabei werden in einem Wasser-Ethanol- emplare mit ausgeprägten Neben- und ten Eisnebelhalos leider auch bei die- Gemisch viele kleine Ölkügelchen zum Interferenzbögen. Immer noch lag die sem Treffen größtenteils ausblieben, hat Schweben gebracht. Aus dem relativen Nebelgrenze auf der Höhe von Neklid, die Mischung aus Vorträgen, Ausflügen Brechungsindex der schwebenden Öl- so dass nur wenige Schritte ausreichten, und Experimenten allen zugesagt und tröpfchen von 1,08 resultiert ein Haupt- um einen herrlichen Sternenhimmel zu die Anton-Günther-Baude in Boží Dar regenbogen bei ca. 90° Ablenkwinkel. genießen. Kälte und Wind brachten die ist bereits für das 13. Treffen der Beob- Der qualitative Unterschied zu den Ha- Unternehmung dann aber doch zu einem achter atmosphärischer Erscheinungen lomatorversuchen liegt dabei darin, dass mehr oder weniger zügigen Ende. vom 26.-29.11.2015 gebucht. Ein Pro- hier wie in der Natur viele statt nur eines grammpunkt steht auch schon fest: Die einzigen Streukörpers am Entstehen des Für den Sonntag war noch ein Ausflug komplette Besichtigung der Fichtelberg- Effekts beteiligt sind. Daher benötigt der auf den Keilberggipfel angesetzt, bei Wetterwarte, welche 2016 ihr 100-jähri- Öltropfenbogen genau wie ein natürli- welchem wir nun endlich auch ein paar ges Bestehen feiert.

++++++++++ Computer-Ecke ++++++++++ Das Bahnelement W und Gegenschweif- beobachtungen bei Kometen von Helmut Jahns

Die Bahnelemente von Kometen findet man im Internet auf den einschlägi- gen Seiten (z. B. von JPL Horizons un- ter http://ssd.jpl.nasa.gov/horizons.cgi). Meist wird dort ein Satz Bahndaten mit den Elementen q: Periheldistanz [AE] T: Zeitpunkt des Periheldurchgangs e: Exzentrizität i: Bahnneigung [°] ω: Perihellänge [°] Ω: Länge des aufsteigenden Knotens [°] angegeben.

Dieser Satz von Bahnelementen (oder ein äquivalenter Datensatz) ist erfor- derlich, um die Position eines Kometen unter Vernachlässigung von Störeffekten der Planeten berechnen zu können. Man kann jedoch noch etwas mehr damit an- 1 Das Bahnelement Ω beschreibt den Winkel zwischen Frühlingspunkt und der stellen. Schnittgeraden der Erdbahnebene (grün) und der Kometenbahnebene (blau).

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Es gibt bei Kometen gelegentlich das wird in ° angegeben und gibt den Winkel an dieser Stelle allerdings darauf hinge- Phänomen des Gegenschweifes, z. B. zwischen dem Frühlingspunkt und der wiesen, dass nur die wenigsten Kometen bei PANSTARRS (C2011/L4) oder bei Lu- Schnittgeraden aus Kometen- und Erd- überhaupt einen Gegenschweif ausbil- lin (C/2007 N3). Der Gegenschweif ist bahn an. Wenn also die Erde seit Früh- den. Dennoch kann es sinnvoll sein, bei ein Lichteffekt, der von Staubpartikeln lingsanfang genau diesen Winkel zu- neu erscheinenden Kometen die Formel hervorgerufen wird, die sich auf der rückgelegt hat (das gilt übrigens auch für zu benutzen und diesen Moment für eine Bahnebene des Kometen verteilen. Zu den Winkel plus 180°), passiert sie diese Beobachtung abzupassen. Es gibt einige dem Zeitpunkt, an dem die Erde durch Schnittgerade und befindet sich somit in Astrofotografen, die dies tun; manche diese Bahnebene hindurchtritt, blicken der Bahnebene des Kometen. Mit der ein- von ihnen planen bei der Zeitpunktsbe- wir entlang der Bahnebene, weshalb sich fachen Formel stimmung noch eine Toleranz von eini- diese ansonsten sehr schwachen Intensi- ΔT = Ω / 360° · 365,25 d gen Tagen ein. täten aufsummieren und das Phänomen unter günstigen Bedingungen sichtbar lässt sich der Zeitpunkt berechnen. werden lassen. Der günstigste Zeitpunkt Hierbei ist ΔT die Anzahl der Tage seit lässt sich dem Bahnelement Ω ablesen. Ω Frühlingsanfang; d steht für Tage. Es sei Vom Algorithmus zur eigenen Software von Hartmut Bornemann

Die Beschäftigung mit der Astronomie treibt einen die Arbeit mit Bleistift und studieren. Von Ausnahmen abgesehen und astronomischen Berechnungsme- Papier schnell zur Verzweifelung. findet man in den Büchern dagegen kei- thoden verleitet heute schnell zur Suche ne Daten zu astronomischen Objekten. im Internet. Wenn dann die gefunde- Nun ist es nicht gerade üblich, die Funk- Das ist Aufgabe von Katalogen, die z. T. nen Artikel Bezug auf die hier bespro- tion der Sternkarte in einem Computer- im Internet abrufbar sind. Selbst die um- chenen Bücher nehmen, empfiehlt sich Programm abzubilden, obwohl das für fangreichen Tabellen für die Berechnung vielleicht doch ein kleines Studium auf den geübten Programmierer in einem der Positionen der Planeten sind nur als die herkömmliche Art. Zu den Pionie- überschaubaren Zeitraum realisierbar Auszüge abgedruckt; sie sind aber für ren computerunterstützter astronomi- wäre. Gefragt sind eher Programme, die die praktische Anwendung hinreichend scher Berechnungsmethoden gehört Jean den gesamten Sternenhimmel in Echtzeit genau. Meeus, der bereits vor dem PC-Zeitalter simulieren und mit skalierbaren Hin- 1979 seine erste Arbeit „Astronomical tergrundbildern von Galaxien, Nebeln, Die Astronomie steht in beiden Büchern Formulae for Calculators“ herausbrach- Mond, Planeten und Sternhaufen die an erster Stelle, die Programmierung er- te. In seinem überarbeiteten Buch unter Funktion von Planetarien übernehmen. klärt lediglich das Wie. Meeus nutzt für dem Titel „Astronomical Algorithms“ [1] Man spricht dann auch von virtuellen diese Umsetzung die Computer-Sprache beschreibt Jean Meeus zahlreiche For- Planetarien, die an sich ein anspruchs- BASIC und gibt auch gleichzeitig prak- meln und deren Umsetzung nunmehr in volles Anschauungsmaterial hergeben tische Hinweise auf geschickte Formu- einem leicht verständlichen BASIC, d. h., und zudem oft auch über Funktionen zur lierungen für eine performante Über- für Computer. Oliver Montenbruck und Steuerung von automatisierten Telesko- setzung. BASIC steht für Beginner’s Thomas Pfleger setzen in ihrem Buch pen verfügen. Verfügbar sind virtuelle All-purpose Symbolic Instruction Code, „Astronomie mit dem Computer“ [2] die Planetarien als kommerzielle Produkte ein Sprachübersetzer, dessen Anfänge Sprache C++ ein und lösen so Transfor- oder auch kostenlos im Internet. in den frühen 60er-Jahren liegen, der es mationen auf eine sehr elegante Weise. zu vielen Variationen gebracht hat und Allen Produkten gemeinsam sind die Me- heute strukturierte und objektorientier- Wer die Position der sichtbaren Ster- thoden, wie z. B. die Sternzeit des Beob- te Programmierung ermöglicht. In einer ne am heutigen Abendhimmel wissen achters berechnet wird und wie sich aus modernen Variante kommt eine Imple- will, braucht keinen Computer, allenfalls Katalogdaten durch Transformationen mentierung von Microsoft unter dem eine gute Sternkarte. Der Computer wird die Koordinaten des Tages, Stundenwin- Namen „Visual Basic.NET“ daher, mit aber als Hilfsmittel für astronomische kel und Höhe, ermitteln lassen. Die Um- der sich die Beispiele aus dem Buch gut Beobachtungen immer wichtiger, wenn setzung einer Methode, die als mathema- realisieren lassen. Benutzer von Apple- höhere Ansprüche an Genauigkeit und tisches Formelwerk vorliegt, erfolgt in bzw. Linux-Computern finden sicherlich Schnelligkeit gefordert werden. Ein ein- einem Rechner mit Hilfe eines „Sprach- adäquate Übersetzer. Die nicht-kommer- zelnes Objekt kann dem Astronomen bei übersetzers“ oder eines Compilers. Das ist zielle Nutzung dieser lizenzpflichtigen der Bestimmung der Position schon et- keine Zauberei, und Einsteiger haben mit Compiler-Software ist heute erfreuli- liche Rechenschritte abverlangen. Will den genannten Büchern ausgezeichnete cherweise kostenlos und bedarf lediglich man auch noch Konjunktionen bestim- Mittel, durch Anwendung der Methoden einer Registrierung des Produktes beim men oder die Position von Planeten über gleichzeitig die Grundzüge der astrono- Hersteller. eine Reihenentwicklung berechnen, dann mischen Berechnungen erfolgreich zu

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„Astronomie mit dem Computer“ [2] setzt auch übersichtlicher und damit weniger Treibern für den Betrieb astronomischer konsequent auf der Sprache C++ auf; der anfällig gegen Fehler. Eine Umsetzung Instrumente. Nachdem man seinen Rech- Quellcode ist damit auf alle Betriebssys- der C++-Beispiele auf andere, eher bevor- ner mit der Installation dieser Software teme übertragbar. Die Autoren nutzen die zugte Sprachen, ist weitgehend möglich, fit gemacht hat, können die Beispiele erweiterten Fähigkeiten dieser Sprache setzt allerdings einige Kenntnisse voraus. aus den Büchern in die Praxis umgesetzt und ersetzen Skalare durch Vektoren und Microsoft stellt dem privaten Nutzer eine werden. Matrizen, wo immer es möglich ist. Hier- Express-Version seiner Entwicklungsum- für wurde eine Entwicklung von Klas- gebung Visual Studio mit einer kostenlo- Literaturhinweise: senbibliotheken wie Vec3D und Mat3D sen Lizenz zur Verfügung. In der heuti- [1] J. Meeus: “Astronomical Algo­ erforderlich, mit der die Schreibarbeit gen Version von Visual Studio 2013 sind rithms”, 2nd Edition, ISBN z. B. bei Drehungen im 3-dimensionalen die Sprachen Basic, C# und C++ vertre- 0-943396-61-1 Raum zu Einzeilern schrumpft –, elegant ten; manche Astronomen nutzen diese [2] O. Montenbruck, Th. Pfleger: und praktisch zugleich. Das Programm Werkzeuge für Analysen und die Ent- „Astronomie mit dem Computer“, wird durch die kompakte Schreibweise wicklung von Teleskopsteuerungen und 4. Auflage, ISBN 3-540-21204-3 Virtuelle Observatorien von Helmut Jahns

Mit Hilfe von virtuellen Observatorien wird in der Profiastro­ auszurichten. Aus der Perspektive der Sternwarten ergibt nomie gegenwärtig versucht, eine Plattform für Beobach- sich eine Effizienzsteigerung ihrer Gerätschaften. tungsdaten zu schaffen. Der Gedanke ist, die heterogenen Bestände an Messdaten (Zielobjekte, Wellenlängenbereiche, Manche virtuelle Observatorien verfolgen weitergehende Datenumfang und -formate) aller an den großen Sternwar- Ansätze. Das German Astrophysical Virtual Observatory ten getätigten Beobachtungen zu archivieren und sie über z. B. überdeckt auch Dokumentationen, Artikel, Softwaretools eine einheitliche Schnittstelle bzw. Oberfläche den Astrono- (Datenanalyse) oder Rechenleistung (Grid Computing). men zugänglich zu machen. Derzeit werden virtuelle Observatorien auf nationaler oder Der Vorteil einer solchen Plattform liegt auf der Hand: multinationaler Ebene eingerichtet oder bereits betrieben Astro­nomische Arbeitsgruppen werden in die Lage versetzt, (z. B. das oben erwähnte German Astrophysical Virtual Ob- viele ihrer Forschungsvorhaben unter teilweiser oder so- servatory, das UK Virtual Observatory Astrogrid oder das US gar ausschließlicher Verwendung bereits aufgenommener National Virtual Observatory). Es gibt jedoch Bestrebungen, Datenbestände durchzuführen. Unter diesen Umständen die Aktivitäten auf internationaler Ebene zu bündeln (Inter- entfällt die Beantragung der notorisch knappen Beobach- national Virtual Observatory Alliance) und eine einheitliche tungszeit an den Großteleskopen. Ferner besteht die Mög- Plattform zu schaffen. lichkeit, Forschungsprojekte an gegebenen Datenbeständen

Bonsai – numerische Integration auf Nvidia-Grafikkarten

von Helmut Jahns

Bonsai ist eine Codebibliothek für die numerische Integration, rischer Berechnungen. Bonsai ist sowohl unter Linux als auch die von einer Arbeitsgruppe der Universität Leiden entwickelt Windows lauffähig; der Zugriff auf die GPU erfolgt über die und zur Verfügung gestellt wird. Das Bemerkenswerte an diesem Grafikkartenprogrammierschnittstelle CUDA. Paket ist, dass Bonsai die eigentliche numerische Integration zu 99 % an die GPU (Graphics Processing Unit) der Grafikkarte(n) Die URL (Stand: Januar 2015) des Projektes lautet http://web. delegiert und den Hauptprozessor nur zum Steuern des Betriebs- bedorf.net/blog/bonsai/. Dort finden sich der Link zum be- ablaufs benutzt. schreibenden Paper sowie ein weiterer Link zum Download des Pakets für eigene Experimente. GPUs erlauben durch starke Parallelisierung (einige von ihnen besitzen mehrere hundert Kerne) die rasche Ausführung nume-

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Software von Helmut Jahns Hugin ist kostenfrei, läuft unter Windows Programme auch, in der Lage, Stapelver- und Mac und kann z. B. unter Sourceforge arbeitung an Bilddateien („Stacks“) zu Mosaikerstellung (http://hugin.sourceforge.net/download/) betreiben. mit Hugin heruntergeladen werden. ImageJ wurde in der Programmierspra- Um aus Einzelbildern Mosaike zu erstel- Internetlink: che Java entwickelt und läuft daher len, ist eine Vielzahl von PC-Programmen [1] Blog von Jan Hattenbach, plattformunabhängig. Die Schnittstelle verfügbar. Eines der bemerkenswerten www.scilogs.de/himmelslichter/ zum Programmkern ist offen und kann von ihnen ist Hugin. Dieses Tool ermög- milchstra-enpanorama-2-0/ für eigene Entwicklungen von Plugins licht bei hinreichend großen Überlappbe- (URL-Stand Januar 2015) genutzt werden, sofern man der Pro- reichen das Zusammenfügen von Bildern grammiersprache Java mächtig ist. Es der gängigen Bildformate in wahlfreier sind bereits zahlreiche Plugins erhältlich, Anordnung, z. B. in n x m-Anordnung ImageJ und wobei die Schwierigkeit eher darin be- oder einfach nur neben- bzw. überein- AstroImageJ steht herauszufinden, ob für eine gege- ander aufgereiht. Mosaikerstellung kann bene Aufgabe bereits eines existiert oder sowohl für Landschaftsaufnahmen, wenn Für Sternfreunde, die darüber nachden- ob es selbst entwickelt oder ein vorhan- z. B. kein Weitwinkelobjektiv zur Hand ken, ihr Bildverarbeitungsportfolio zu denes abgewandelt werden muss. war, als auch für bestimmte Astroauf- erweitern, könnte es sich lohnen, einen nahmen, z. B. für die Erstellung von Blick auf das Programmpaket ImageJ zu Für die Astronomie gibt es ein Erweite- Milchstraßenpanoramen [1] vorgenom- werfen. ImageJ hat seinen Ursprung in rungspaket namens AstroImageJ. Dies men werden. der Medizin und ist ein leistungsfähiges basiert auf ImageJ und wurde um zahl- und zugleich benutzerfreundliches Tool reiche Plugins und Makros für diesen Für den eigentlichen Stitching-Prozess zur Bildanalyse und -verarbeitung. Es Zweck erweitert. Einer der Schwerpunkte nimmt sich das Tool zwar etwas Zeit, bietet zahlreiche Funktionen zur quan- von AstroImageJ ist die Fotometrie. Aus dafür ist das Ergebnis meistens gut. Ein titativen mathematischen Bildanalyse, einer Vielzahl von Einzelbildern eines manuelles Nachkorrigieren der Anker- wie z. B. das Auszählen von Objekten, Veränderlichen lässt sich mit wenig Ar- punkte im Überlappbereich von Einzel- logische bzw. arithmetische Operationen beitsaufwand eine Lichtkurve generieren. bildern ist zur Ergebnissteigerung eben- oder auch Abstands- und Winkelmes- falls möglich. sungen. Es ist zudem, wie viele andere Im Netz Interactive AladinLite view von Peter Riepe

Das „Centre de Données astronomiques de Strasbourg“ (CdS) [1] gibt u. a. die folgenden astronomischen Informationsquellen in Online- Version heraus: – CDS Portal (mit Bilderwahl) – SIMBAD Astronomical Database – VizieR Service – Aladin Sky Atlas

In SIMBAD gibt es seit Jahresbeginn eine sehr praktische Neuerung. Bei der Objektsuche (query by identifier) wird das Sichtfenster „Interactive AladinLite view“ angeboten, in dem ein quadratischer Bildausschnitt von jeweils wenigen Bogenminuten um das gesuchte Objekt erscheint (Abb. 1). Im Bild kann mit dem Cursor herumgefahren werden und mit der Cursorspitze jede im Feld vorhandene Position in äquatorialen Ko-

1 Interactive AladinLite view von NGC 1532 in der Darstellung des DSS

VdS-Journal Nr. 54 80 Geschichte

ordinaten abgelesen werden. Darüber hi- zahlreichen aktuellen Infos zur Sonnen- naus ist das Fenster durch Klick auf ein aktivität sowie einer Polarlichtprognose. Doppelpfeilsymbol auf Bildschirmgröße Es werden fortlaufend aktualisierte Dia- Bücherkiste vergrößerbar. Was mich besonders beein- gramme zur Geschwindigkeit, Dichte und druckt: Mit gedrückter linker Maustaste Richtung des Sonnenwindes sowie zu von Klaus Rohe kann das Bild so in allen Richtungen Flecken, Eruptionen und KP-Index ange- verschoben werden, dass auch das nähe- geben. Über einen Newsletter kann man Physics of the re bis weitere Umfeld des Objekts abge- sich über aktuelle Ereignisse wie z. B. fahren werden kann. Polarlichtwarnungen informieren lassen. - A First Course Das Buch „Physics of the Sun – A Ganz toll ist, dass neben der Anwahl der URL: http://www.spaceweatherlive.com/ First Course“ von Dermott J. Mul- Bilddarstellung aus dem Deep Sky Survey (URL-Stand Januar 2015) lan gibt in 18 Kapiteln eine Ein- (DSS) auch die Bilddarstellungen aus dem führung in alle Aspekte der Physik Two Micron All Sky Survey (2MASS) und der Sonne. Besonderer Wert wird – sofern schon erfasst – des Sloan Digital darauf gelegt, relativ einfache Al- Sky Survey (SDSS) wählbar sind. gorithmen zu entwickeln, um wich- tige physikalische Eigenschaften Wer sich näher damit befassen möchte der Sonne, wie z. B. den radialen und weitere Einzelheiten sucht, für den Verlauf von Druck und Temperatur, steht eine Anleitung bereit [2]. quantitativ zu berechnen. Die Al- gorithmen werden ohne Bezug auf Internetlinks: eine spezielle Programmiersprache [1] CdS, http://cds.u-strasbg.fr/ Großkreise auf gut verständlich beschrieben. Für [2] ALADIN Lite documentation, http:// Leute, die keine Angst vor mathe- aladin.u-strasbg.fr/AladinLite/doc/ der Erdkugel matischen Formeln und Spaß am Programmieren haben, bietet das Portal für Sonnen- Diese Seite hat nichts mit Astronomie Buch einen fundierten Einstieg in zu tun, ist aber trotzdem ganz nett: Der die Sonnenphysik. Die im Buch aktivität inkl. News- „Great Circle Mapper“ zeichnet Großkrei- entwickelten Algorithmen lassen letter für Polarlicht- se auf der Erdkugel für die kürzeste Ver- sich mit frei verfügbarer Software bindung zwischen zwei geografischen wie Scilab, R und Python einfach alarme Positionen, z. B. für kürzeste Flugrouten. implementieren. Das Buch ist bei von Helmut Jahns Die Berechnung von Distanzen ist eben- CRC Press erschienen. Ein Wer- falls möglich. mutstropfen ist der hohe Preis von SpaceWeatherLive ist eine Seite der bel- URL: www.gcmap.com ca. 81 €. gischen Astro-Event Group (AEG) mit Das Rätsel der Rotation des Jupiters von Nikolai Wünsche

Vor 350 Jahren wurde der Große Rote Im 17. Jahrhundert beschleunigte sich Wissen­schaftsgebiete zusammengetra- Fleck des Jupiters erstmals beobachtet die Entwicklung der Natur- und Geistes- gen und in den Worten des Herausge- und mit ihm die Rotation des Planeten. wissenschaften sowie der Technik ganz bers den Mitgliedern der „Society“ und Doch die Astronomen hatten so ihre erheblich. So ermöglichte z. B. die Er- einer wissenschaftlichen Leserschaft in Schwierigkeiten damit: Die Oberflächen- findung des Fernrohrs 1609 immer neue englischer Sprache vorgestellt. Schon im details änderten sich laufend oder ver- Entdeckungen mit weitreichenden Fol- zweiten Artikel der gerade begründeten schwanden sogar, die Rotationszeit war gen. 1665 wurden in Europa die ersten „Philosophical Transactions“ vermeldet rätselhaft und entzog sich einer genauen wissenschaftlichen Fachzeitschriften ge- Oldenburg nicht nur die Entdeckung ei- Bestimmung. Erst mit der Entdeckung gründet, in Frankreich das „Journal des nes Flecks auf dem Jupiter, sondern fak- der Radiostrahlung des Jupiters vor fast sçavans“ und nur Monate später in Eng- tisch auch die Entdeckung der Jupiter- 50 Jahren, 300 Jahre nach Entdeckung land die „Philosophical Transactions of rotation durch Robert Hooke (Abb. 2): der Rotation, konnte die wahre Rotati- the Royal Society“ (im Folg. Phil. Trans., „Der begabte Herr Hook hat vor einigen onsdauer des Planeten ermittelt werden. Abb. 1). Die ersten Bände der „Philoso- Monaten einem Freund angedeutet, dass Die Jubiläen waren Anlass genug, der phical Transactions“ wurden von Henry er mit einem exzellenten 12-Fuß-Tele­ Erforschung dieser Phänomene nachzu- Olden­burg herausgegeben. Darin wur- skop, vor ein paar Tagen, bevor er davon spüren. den aktuelle Forschungsergebnisse aller erzählt hatte (offenbar am neunten Mai

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1664 gegen 9 Uhr in der Nacht), einen Giovanni Cassini beobachtete von Bolo- kleinen Fleck im größten der 3 dunkleren gna aus [4]. Jupiter stand dort doppelt Bänder des Jupiters beobachtet hat, und so hoch über dem Horizont und war ent- dass, ihn von Zeit zu Zeit beobachtend, sprechend besser beobachtbar. Cassini er fand, sich binnen 2 Stunden danach, war 1665 vermutlich der erste, der die der besagte Fleck von Ost nach West be- Rotation des Jupiters als solche benann- wegt hatte, etwa um die halbe Länge des te und ihre Dauer richtig maß. Cassini Durchmessers des Jupiters.“ [1] war es auch, der während der Jupiter- sichtbarkeit 1690/91 als erster erkannte, Robert Hooke beobachtete vermutlich dass Jupiter nicht als starre Kugel ro- von London aus, da er zu dieser Zeit am tiert, sondern eine differenzielle Rotati- Gresham College in London eigens für ihn on ausführt, bei der die Äquatorregionen gestiftete Vorlesungen hielt. Damit sind schneller als die übrigen rotieren [5]. Datum und Zeit dieser nach Hörensagen wiedergegebenen Entdeckung fraglich, Knapp ein Jahrhundert später beobach- denn Jupiter stand zur angegebenen Zeit 1 tete Johann Hieronymus Schroeter (Abb. in London tief unter dem Horizont! Titelseite der „Philosophical 3) diese Besonderheit ebenfalls, wie er Transactions“, Band 1, 1665-1666 1788 mitteilte: Die Beobachtung des Jupiters war 1664 „Wären aber die von mir beobachteten in Mitteleuropa schwierig: Der Planet Flecken und Streifen auf der Jupiterkugel bewegte sich im Sternbild Schütze, hatte Später schreibt Oldenburg: selbst gewesen, so konnte die Geschwin- -22° Deklination und erreichte deshalb „... es wurde beobachtet zuerst durch digkeit ihrer Bewegung nicht merklich nur eine geringe Höhe. Am 9. Mai 1664 Herrn Hook (wie in Nr. 1 dieser Transac- verschieden sein, weil sich überhaupt (Julianischer Kalender, entspricht dem tions erwähnt), dann durch Herrn Cassi- kein Grund denken lässt, weil ein Welt- 19. Mai heutiger Zählung) ging Jupiter in ni, ein permanenter Fleck in der Scheibe körper bald eine geschwindere, bald lang- London gegen 23:25 Uhr mittlerer Orts- des Jupiters, mit dessen Hilfe sie in der same Rotation haben sollte. [...] Meine zeit auf und kulminierte um 03:20 Uhr Lage waren zu beobachten, nicht nur dass Beobachtungen ergeben vollends die ganz in 16° Höhe. Jupiter zwei Stunden lang sich Jupiter um seine eigene Achse dreht, verschiedenen Perioden von 7 St. 7 Min, ‚ ‚ zu beobachten war etwa zwischen 01:00 sondern auch die Zeit für eine solche Co- (§12–16), 7 St. 36 (§7), 8 St. 1 (§10), ‚ ‚ Uhr und 03:00 Uhr möglich (Sonnenauf- version zu bestimmen, die er schätzt, 9 9 St. 50 30” (§28), 9 St. 55 11” (§53), ‚ gang 04:00 Uhr). Stunden und 56 Minuten zu sein.“ [3] 9 St. 55‘ 33” (§77) und 9 St. 55 57,3” (§89).” [6] Abgesehen vom offensichtlichen Zeit- fehler gebührt Hooke zweifellos die Prio­ 2 rität, diesen Fleck erstmals beschrieben und die Rotation erstmals gesehen zu Die Entdeckungs- haben, auch wenn er die Rotation – zu- nachricht von mindest in der Wiedergabe Oldenburgs Hookes Fleck – nicht als solche benannte. Der von in den „Phil. Robert Hooke entdeckte Fleck im süd- Trans.“, Bd. 1, lichen Äquatorband wurde damals als S. 3 Hooke`scher Fleck bezeichnet [2].

Er zog daraus die Schlussfolgerung, Neues aus der Fachgruppe „dass die von mir beobachteten sowohl dunklen als auch hellen Flecken und Geschichte der Astronomie Streifen­veränderungen, wenigstens größ- von Wolfgang Steinicke tenteils, sich nicht auf der Oberfläche selbst, sondern in der Atmosphäre des Zunächst die schlechte Nachricht: Leider mussten einige Artikel mangels Platz Jupiters ereignet haben müssen, weil na- auf das nächste Heft verschoben werden. Hier erscheint lediglich der Beitrag von türlich zu ein und derselben Zeit die Ro- Nikolai Wünsche, Das Rätsel der Rotation des Jupiters. Die gute Nachricht: Ort tationsperiode unter allen südlichen und und Zeit für die 12. Tagung „Geschichte der Astronomie“ stehen bereits frühzei- nördlichen Abweichungen völlig gleich tig fest. Sie wird vom 30. Oktober bis 1. November an der Archenhold-Sternwar- groß sein muss.“ te in Berlin-Treptow stattfinden. Die dortige Infrastruktur ist hervorragend und wir erwarten viele Teilnehmer. Informationen dazu auf unserer Webseite Seine Beobachtungen von Rotationsperi- http://geschichte.fg-vds.de. oden von gut 7 Stunden waren zweifellos unrichtig [7]. Doch die Schlussfolgerung,

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die Ereignisse spielten sich in der Atmo- Bei der Beobachtung des Jupiters mit sphäre ab, ist sehr bemerkenswert. Die Teleskopen­ sehen wir dynamische Wet- Erkenntnis, Jupiter ist eine Gaskugel und tererscheinungen. Vom Wetter unseres hat keine feste Oberfläche, lag damals Planeten Erde würden wir nicht erwar- noch in ferner Zukunft! Auch gut 100 ten, über Monate, Jahre oder Jahrhun- Jahre nach ihrer Entdeckung blieb die derte stabile und gleichmäßige Erschei- Rotation des Jupiters rätselhaft. nungen auszuprägen, warum dann auf dem Jupiter? Deshalb lohnt eine Beob- Der deutsche Astronom Albert Marth 3 achtung immer, auch heute noch! (Abb. 4 ) war 1868 mit 25 Jahren nach Johann Hieronymus Schröter England gegangen, weil er dort die bes- (1745-1816), nach C. Westermayr 1955 wurde zufällig die Radiostrahlung ten und modernsten Instrumente zu nut- des Jupiters durch B. F. Burke und K. L. zen hoffte. Er veröffentlichte seit 1868 Franklin entdeckt [12, 13]. Schnell zeigte regelmäßig Beiträge in den „Monthly 41s). Marth blieb dabei, da die gemessenen sich, dass diese Strahlung eine strenge Notices of the Royal Astronomical So- Werte weiterhin schwankten [10]. Periodizität aufweist, die ähnlich der Ro- ciety“ und seit 1875 dort auch Epheme- tationsperiode des Planeten ist – Jupiter riden des Jupiters. Diese Daten wurden Die unklare Rotationsdauer und die oft entpuppte sich als „Radiopulsar“ [14]. häufig in Veröffentlichungen zitiert und ungenauen Zeitangaben erschweren es Die Radiostrahlung wird durch das starke allgemein als „Marth`sche Ephemeriden heute, ältere Beobachtungsberichte zu Magnetfeld des Planeten generiert. Das (Marth‘s Ephemeris)“ bezeichnet. deuten. Der von Robert Hooke entdeckte Magnetfeld selbst entsteht in den Tiefen Fleck galt z. B. ab 1713 als verschwun- des Jupiters. In diesen Ephemeriden wurden erstmalig den. Das gleiche Schicksal teilten ande- Angaben zu einem Zentralmeridian des re Erscheinungen im südlichen Äqua- Dieses tiefe Innere rotiert offenbar sehr Jupiters gemacht. Das ist der Nullpunkt torband des Jupiters. Man hielt sie für gleichförmig. Im Jahre 1965 wurde durch der Längenkreise auf dem Jupiter. Damit zeitweilige Erscheinungen. Dem Großen die Internationale Astronomische Union schuf Marth die Möglichkeit, den Län- Roten Fleck gestand man lange das Ent- das „System III (1965.0)“ als „offizielle“ gengrad eines beobachteten Details all- stehungsjahr 1830 zu. Rotationsdauer des Jupiters definiert. Sie gemeingültig und genau zu beschreiben. beträgt 9h 55min 29,71s, die Zählung be- Marth schreibt, dass er sich auf einen Erst Mitte des 20. Jahrhunderts setzte gann am 0. Januar 1965, 12 Uhr GMT. willkürlich festgelegten Nullmeridian sich die Erkenntnis durch, dass all das Anders als bei den Systemen I und II gab bezieht, der um „Mitternacht vor dem 1. unterschiedliche Ausprägungen des Gro- und gibt es beim System III keinen An- Januar 1872 scheinbar zur Erde zeigte“. ßen Roten Flecks waren [11]. Die Größe lass, die Periodendauer nochmals an Be- Er definiert als Rotationsrate 870,60° in und Färbung aller sichtbaren Details obachtungen anzupassen – sie ist inner- 24 Stunden, woraus sich eine Rotations- auf dem Jupiter, selbst die der großen halb der Messgenauigkeit konstant [15]. dauer von 9h 55min 27s ergibt [8]. Äquatorbänder, verändern sich ständig. Das Rätsel der Rotation des Jupiters war Manchmal war der rote Fleck weiß, sein 300 Jahre nach ihrer Endeckung gelöst! Nach 1875 waren jahrelang markante Ort nur an der „Bucht des Großen Flecks“ Marths erster Wert (1872) der Rotations- weiße Flecken nahe des Äquators zu be- im südlichen Äquatorband zu erken- dauer (9h 55min 27,1s) weicht von der Ro- obachten. Da die Äquatorzone erheblich nen. Das Verschwinden des Hooke`schen tationsdauer des modernen „Systems III“ schneller rotiert, nutzte der angegebene Flecks 1713 wird vermutlich ein solches nur um 2,6 Sekunden ab. Zentralmeridian nichts. Marth trug dem „Verblassen“ gewesen sein. Rechnung, indem er in seinen Epheme- Wie aussichtslos die Versuche waren, riden 1885 zwei Rotationssysteme ein- die Rotationsdauern der Systeme I und führte: Spalte I mit 878,4° in 24 Stun- II an Beobachtungen anzupassen, zeigte den für die Äquatorzone und Spalte II sich spätestens 1979 mit Annährung und 870,31° für den Großen Roten Fleck und Vorbeiflug beider Voyager-Raumsonden die sonstigen Regionen des Jupiter (Abb. am Jupiter. Die NASA veröffentlich- 5). Die heute noch gebräuchlichen Rota- te Bildsequenzen, bei denen der Große tionssysteme „System I“ und „System II“ Rote Fleck im Bild zentriert bleibt. Um waren geboren [9]. ihn herum fliegen weiße Wolkenwirbel und andere Oberflächendetails rasch Die Werte für die Rotationsraten wurden hin und her, teilweise mit erheblichen von Marth mehrfach korrigiert, um einen Abweichungen zur Geschwindigkeit be- besseren Einklang mit den Beobachtungen nachbarter Details. Auch der Große Rote zu erreichen. Seit 1886 verwendete er für Fleck bewegte sich mal östlich, mal west- das System II erstmals den noch heute gül- lich und mit sehr unterschiedlicher Ge- tigen Wert von 877,90°/d (Rotationsdauer 4 schwindigkeit in „seinem“ System II [16]. 9h 50min 30s), seit 1889 für das System I Albert Marth (1828-1897), Doch auch im Zeitalter von Raumsonden die bis heute gültigen 870,27°/d (9h 55min Archiv Archenhold-Sternwarte Berlin und Weltraumteleskopen haben die bei-

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Marths erste Ephemeride mit beiden „Systemen“, in: Monthly Notices, 1885, S. 504

den Systeme I und II noch großen prakti- schen Wert: Sie werden von Beobachtern der Jupiteroberfläche genutzt, um – ganz im Marth`schen Sinne – den Längengrad 6 beobachteter Oberflächendetails zu be- schreiben und die Sichtbarkeit des Gro- Auch „Hubble ßen Roten Flecks vorherzusagen. Für sol- Space Telescope“- che Beobachtungen des Jupiters genügt Fotos zeigen ein kleines Amateur- oder Schulfernrohr. schnelle Änderun- gen an Jupiters Literaturhinweise und Anmerkungen: Oberfläche. [1] Phil. Trans. 1 (1665-1666), 3 (Quelle: http:// [2] B. M. Peek, 1958: “The Planet hubblesite.org) Jupiter”, London, 119 [3] Phil. Trans. 1 (1665-1666), 143 [4] vgl. “A More Particular Account of Those Observations about Jupiter, That Were Mentioned”, Phil. Trans. 1 (1665-1666), 171 [5] in: Memoires de mathematique et [8] Monthly Notices 35 (1875), 113 count of the discovery of Jupiter physique, de l`année 1692, Acadé- [9] Monthly Notices 45 (1884), 506 as a radio source”, Astrophysical mie de sciences, France [10] Monthly Notices 47 (1886), 40ff; Journal 64, 37 [6] J. H. Schröter, 1788: „Beiträge zu und: Monthly Notices 50 (1889), [14] R. H. Brown, A. C. B. Lovell 1957: den neuesten astronomischen Ent- 340ff “The Exploration Of Space By Ra- deckungen“, Berlin, 107 (§93) als [11] B. M. Peek, 1958: “The Planet dio”, London, 190 Absatz (3) Jupiter”, London, 148 [15] Geophysical Research Letters 28, [7] Die schnellste gemessene Rotations- [12] B. F. Burke, K. L. Franklin, 1955: S. 1911 (15. Mai 2001) periode zwischen 1898 bis 1943 “Observations of a variable radio [16] vgl.: http://jupos.org wird von B. M. Peek mit 9h 49min source associated with the planet 46s angegeben (vgl. B. M. Peek, Jupiter”, Journal of Geophysical 1958: „The Planet Jupiter“, Lon- Research 60, 213 don, 107) [13] K. L. Franklin, 1959: “An ac- Neues aus der Fachgruppe Kleine Planeten von Gerhard Lehmann Die Beobachtung von einem erdnahen Gerhard Dangl, Mitglied der FG Kleine deneren Ausrüstung den Kleinplaneten Kleinplaneten ist sicherlich eine der Planeten der VdS, fotografierte erfolg- nach. Mit einer DSLR Pentax K-r und reizvollsten Aufgaben in der Kleinpla- reich in den Abendstunden des 26. Ja- einem Walimex-1:1,4/85mm-Objektiv netenastronomie. Zu den der Erde nahe­ nuar diesen Kleinplaneten mit seinem fotografierte er den Kleinplaneten in den kommenden gehören die Amor-, die 10-zölligen Newton und einer CCD-Ka- Morgenstunden des 27. Januar auf der Apollo- und die Aten-Objekte. Die bei- mera (Abb. 1) von seinem Beobachtungs- Nordseeinsel Amrum (Abb. 2). den Letztgenannten kreuzen die Bahn standort in Österreich [1]. Leider war das der Erde. Der Kleinplanet (357439) 2004 Wetter in Deutschland gar nicht gut, so Bernhard Häusler, auch Mitglied der FG BL86 ist vom Apollo-Typ. In der Nacht dass dem Autor dieser Zeilen eine Beob- Kleine Planeten der VdS, kann sich über vom 26. zum 27. Januar diesen Jahres achtung unmöglich war. Aber Jost Jahn, seine erste Benennung eines von ihm kam er der Erde bis auf eine dreifache ebenfalls Mitglied der FG Kleine Plane- entdeckten Kleinplaneten freuen. Wie Mondentfernung nahe. ten der VdS, wies mit einer eher beschei- es letztendlich dazu kam, dass er seinen

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Der Kleinplanet (357439) 2004 BL86 am 26. Januar 2015 von 20:42:37 UT bis 20:50:17 UT fotografiert. Es wurden 21 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von 0,5 s zu einem Bild kombiniert. Aufgenommen mit einer Atik- 314L+-CCD-Kamera und einem 10-zölligen Newton bei f/4,8 von Gerhard Dangl. Bild- zentrum: Rektaszension 08h 21min 19s und Deklination 00° 32’ 00’’. Bildorientierung: Norden oben und Osten links. Aufnahmeort: Nonndorf/Österreich, Bildautor: Gerhard Dangl

Heimatort als (410928) Maidbronn ehren [2] Online-Anmeldung: konnte, berichtet er im nächsten Journal. www.minorplanets.eu/KPT2015 Wenn Sie dieses VdS-Journal für Astro- [3] Sternwarte Essen: nomie in Ihren Händen halten, sind es www.walter-hohmann-sternwarte.de/ nur noch wenige Tage bis zur 18. Klein- planetentagung [2] am 27./28. Juni in Es- sen in der Walter-Hohmann-Sternwarte 2 [3]. Vielleicht entscheiden Sie sich noch kurzfristig zur Teilnahme. Wenn Sie also Der Kleinplanet (357439) 2004 BL86 am Lust bekommen haben, vielleicht auch 27. Januar 2015 von 01:03 UT bis 02:44 UT einmal Kleinplaneten zu beobachten, fotografiert. Es wurden 136 Aufnahmen mit dann sind Sie herzlich eingeladen. Als einer Belichtungszeit von 20 s und einem Mitglied in der FG Kleine Planeten wer- Bildabstand von 24 s (für ein Dunkelbild) den Sie Gleichgesinnte treffen und von zu einem Bild kombiniert. Aufgenommen mit den Erfahrungen der anderen profitieren. einer DSLR Pentax K-r und einem Walimex- Objektiv 1:1,4/85 mm bei ISO 1600, Bild- Weblinks: orientierung: Norden oben und Osten links, [1] Center: Aufnahmeort: Nebel/Nordseeinsel Amrum, www.minorplanetcenter.net/ Bildautor: Jost Jahn Kosmische Begegnungen von Klaus Hohmann und Wolfgang Ries

Ab und zu findet man auf Astroauf- Autor Klaus Hohmann, als diese Besuch 20 Stunden bestimmt werden. Ihre Bahn nahmen von Deep-Sky-Objekten kurze von einem Kleinplaneten erhielt. Trotz verläuft mit der numerischen Exzentri- Strichspuren. Der Verursacher ist meist einiger durchziehender Schleierwolken, zität von 0,2497 relativ exzentrisch um ein Kleinplanet, der sich während der Be- konnte Klaus die kosmische Begegnung die Sonne. Zum Zeitpunkt der Aufnah- lichtungszeit ein kleines Stück auf seiner des Kleinplaneten (1609) Brenda mit der me befand sie sich mit einer scheinba- Bahn um die Sonne weiterbewegt hat. Für Spiralgalaxie NGC 6118 am 7. Juni 2013 ren Helligkeit von 13,8 mag in der Nähe viele Astrofotografen sind solche zufälli- fotografieren (Abb. 1, [1]). des Perihels ihrer Bahn. Der Abstand zur gen kosmischen Begegnungen eine Berei- Erde betrug ca. 211 Millionen Kilometer. cherung des Bildes. Besonders dann, wenn Entdeckt wurde Brenda im Jahr 1951 Etwas weiter entfernt, nämlich ca. 70 man nach einiger Recherche herausfindet, vom südafrikanischen Astronomen Er- Millionen Lichtjahre, ist NGC 6118, eine wer der Verursacher der Strichspur war. nest Leonard Johnson in Johannisburg, Spiralgalaxie vom Typ Sc. Ihre Masse der den Kleinplaneten nach dessen Num- wird mit ca. dem 1,1-fachen der Milch- Auch in den Sommermonaten finden merierung nach seiner Enkeltochter be- straße angenommen. Auch ihre Größe sich interessante Galaxien am Himmel. nannte. Johnson entdeckte 17 weitere ist mit der Milchstraße vergleichbar und Noch interessanter wurde eine Galaxie Asteroiden sowie 4 Kometen. Brendas beträgt ca. 100.000 Lichtjahre im Durch- im Grenzbereich der Sternbilder Schlan- Durchmesser beträgt ca. 30 km und ihre messer. Sie hat eine scheinbare Helligkeit ge und Schlangenträger für meinen Co- Rotationsperiode konnte mit knapp unter von 12,6 mag. Damit gehört sie zwar

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1 Der Kleinplanet (1609) Brenda bei der Spiralgalaxie NGC 6118. Aufgenommen am 7. Juni 2013 mit einer ATIK-16IC-HS-CCD-Kamera und einem 10-zölligen Schmidt-Cassegrain bei f/3,9 von Klaus Hohmann. Bildorientierung: Norden links und Osten unten

nicht zu den hellen Galaxien, aber ihre der interessierte Astrofotograf in dem [email protected]. Bitte vergessen Sie nicht feinen Spiralarme und bläulichen Stern- von Klaus geschriebenen Tool kosmische das Aufnahmedatum, die fotografierten wolken machen sie zu einem lohnenden Begegnungen anzeigen lassen. Interaktiv Objekte und die Daten des Teleskops bzw. Fotomotiv abseits der Sommerhighlights. hat man die Möglichkeit, verschiedene der Kamera mitzuteilen. Der Autor eines Kosmische Begegnungen finden täglich Parameter wie die Helligkeit des Deep- ausgewählten Bildes wird anschließend statt. Die nachfolgende Tabelle enthält Sky-Objektes oder die Helligkeit des aufgefordert, eine unkomprimierte Ver- eine kleine Auswahl interessanter Be- Kleinplaneten selbst auszuwählen, um sion des Bildes für den Druck zur Verfü- gegnungen zwischen Kleinplaneten und eine passende Konjunktion für sich zu gung zu stellen. Deep-Sky-Objekten, die von uns erstellt finden. wurde. Damit soll Ihnen der Weg zum persönlichen Bild einer kosmischen Be- Wir möchten Sie im Namen der Fach- Weblinks: gegnung erleichtert werden. gruppe Kleine Planeten der VdS bitten, [1] http://astrofotografie. Ihre kosmische Begegnung einzusen- hohmann-edv.de/aufnahmen/ Eine Möglichkeit, sich täglich über ak- den, um zukünftige Ausgaben des VdS- NGC6118.php tuelle kosmische Begegnungen zu in- Journals mit Ihren Bildern zu bereichern. [2] http://astrofotografie.hohmann-edv. formieren, finden Sie auf der Homepage Schicken Sie die Bilder per Mail mit dem de/aufnahmen/kosmische. von Klaus Hohmann [2]. Dort kann sich Betreff „Kosmische Begegnung“ an begegnungen.aufnahmen.php

Ausgewählte interessante Begegnungen zwischen Kleinplaneten und Deep-Sky-Objekten im 3. Quartal 2015

Datum Uhrzeit Kleinplanet mag Objekt Art mag Abstand 12.07.2015 23:00 (451) Patientia 11,6 NGC 6369 PN 11,4 6’ 21.07.2015 01:00 (500) Selinur 12,3 M 72 GC 9,2 10’ 12.08.2015 24:00 (657) Gunlod 14,7 NGC 7009 PN 8,0 10’ 19.08.2015 24:00 (351) Yrsa 13,5 NGC 7293 PN 7,3 7’ 10.09.2015 24:00 (5839) GOI 15,8 NGC 7492 GC 11,2 3’ 13.09.2015 24:00 (4) Vesta 6,4 NGC 274/5 Gx 11,8/12,5 8’

Abkürzungen: Gx = Galaxie, GC = Galaktischer Kugelsternhaufen, PN = Planetarischer Nebel

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Der Komet C/2014 Q2 Lovejoy – Entwicklung bis zum Perihel von Uwe Pilz

Der Komet C/2014 Q2 wurde am 17. Au- gust 2014 vom australischen Amateur­ astronomen Terry Lovejoy entdeckt. Er fand den Schweifstern auf einer Aufnah- me, die er mit einem 8-Zoll-Astrografen angefertigt hatte. Der Komet stand sei- nerzeit im Achterdeck und hatte die 15. Größe – recht hell für einen neu entdeck- ten Kometen.

Der Komet war zunächst ein Objekt für die Beobachter der Südhalbkugel. Dank Remote-Teleskopen liegen aus dieser Zeit Aufnahmen unserer Fachgruppe vor. Die früheste ist diejenige von Michael Hauss, nur zwei Wochen nach der Entdeckung (Abb. 1). Lovejoy nahm rasch an Hellig- keit zu und konnte ab Mitte Dezember von südlichen Standorten aus mit dem freien Auge gesehen werden. Er wurde ab den Weihnachtstagen in Mitteleuropa sichtbar. Zuvor, ab dem 16. Dezember, 1 30. August 2014, 17:56 UT, Instrument: 0,51-m-Cassegrain f/6,8, 120 s mit gelangen Winfried Kräling von Teneriffa SBIG-STL6303E-Kamera (Michael Hauss) mehrere Beobachtungen mit dem Fern- glas und dem bloßen Auge. Die erste Beobachtung vom deutschen Sprach- raum aus gelang Burkhard Leitner am 2 21. Dezember 2014, 21:15 UT, Instrument: 12-Zoll-Astrograf, f/3,6, 1.100 s mit FLI-ML-8300-Kamera (Gerald Rhemann )

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18. Januar 2015, 20:00 UT, 16x70- Fernglas (Uwe Pilz )

21. Dezember, sein südlicher Standort in Österreich begünstigte die Sichtung. Er bestimmte die Helligkeit mit einem Fernglas zu 6,0 mag bei einem beacht- lichen Komadurchmesser von 12 Bogen- minuten. Zur selben Zeit konnte Gerald Rhemann den Schweifstern von Namibia aus fotografieren. Sein Foto belegt einen Komadurchmesser von mindestens 25 Bogenminuten. Der Schweif war so lang, dass er mit mehr als 1,7 Grad die Gren- zen des Bildfelds sprengte (Abb. 2).

Ab den Weihnachtstagen wurden die Beobachtungen zahlreicher, obwohl der Komet noch tief in der Taube stand. Die beobachteten Helligkeiten stiegen rasch auf 5 mag, wegen des tiefen Standes am Himmel waren Beobachtungen mit den freien Auge zunächst nicht möglich. Nach und nach zeigte sich der Schweif: Zunächst nur als Ansatz (Walter Kutsche- ra, Volker Kasten und Gerhard Scheerle

4 Rechts: 14. Januar 2015, 23:01 UT, Instrument: 25-cm-Deltagraf, f/3,3, 30 s mit Ricoh-GXR-A12-Kamera, ISO 1600 (Uwe Wohlrab) 5 Unten: 13. Januar 2015, 21:35 UT, Instrument: 50-mm-Objektiv, f/4, 1.800 s mit Nikon-D90-Kamera, ISO 800 (André Müller)

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6 17. Januar 2015, 20:45 UT, Instrument: 85-mm-Objektiv, f/3,5, 1.200 s mit Canon-6D-Kamera, ISO 3200 (Norbert Mrozek)

7 21. Januar 2015, 18:17 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf, f/2,9, 200 s mit FLI-PL-16803-Kamera, Mosaik aus 3 Feldern (Gerald Rhemann)

8 22. Januar 2015, 19:18 UT, Instrument: 8-Zoll-Astrograf, f/2,8, 1.500 s mit FLI-ML8300-Kamera (David Bender)

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zwischen dem 26. und 28. Dezember), schließlich mehr als ein Grad lang (Ro- bin Hegenbarth am 9. Januar) bis hin zu fast 5 Grad (meine Beobachtung vom 18. Januar, Abb. 3). Ab Anfang Janu- ar wurde der Komet für das freie Auge sichtbar (zuerst für Wolfgang Scheer- le am 5. Januar). Der Komet durchlief das Perigäum am 7. Januar und näherte sich danach der Sonne. Inzwischen war die Helligkeit auf etwa 4 mag gestiegen. Wegen der Bahngeometrie blieb sie für zwei bis drei Wochen in diesem Bereich und sank dann nur langsam. Der Ko- madurchmesser lag visuell bei mehr als einem halben Grad, Gerhard Scheerle sah Mitte des Monats sogar fast 2 Grad. Auch auf fotografischen Aufnahmen ist der Komadurchmesser beachtlich: Die „Nahaufnahme“ von Uwe Wohlrab zeigt einen Komadurchmesser von 20 Bogen- minuten (Abb. 4).

Mitte des Monats bewegte sich Lovejoy 9 vom östlichen Stier in den Widder und Geozentrische Lichtkurve bis zum Perihel war damit nur wenige Grad von den Hyaden und vor allem den Plejaden entfernt. Diese schöne Szene wurde viel fotografiert, als Beispiel mögen die Auf- nahmen von André Müller und Norbert Mrozek dienen (Abb. 5 und 6). Während dieser Zeit war auch die grün leuchtende Koma visuell gut zu erkennen, ein Hin- weis auf einen gasreichen Kometen.

Meine Beobachtung mit einem Beugungs- gitter an einem 32-cm-Newton-Teleskop zeigte jedoch für den zentralen Teil der Koma eine überwiegende Kontinuums- strahlung mit schwachen Natrium- und

C2-Emissionen. Mit Annäherung an die Sonne wurde der Schweif stark vom so- laren Magnetfeld beeinflusst und zeigte Verwirbelungen, Teilabrisse und Knicke. Die Fotos von Gerald Rhemann und David Bender belegen diese Effekte in exzellen- ter Weise (Abb. 7 und 8).

Die Helligkeitsentwicklung bis zum Pe- rihel lässt sich gut mit einer absoluten

Helligkeit m0 = 2,9 mag und einem Ak- tivitätsparameter n = 9,6 beschreiben. 10 Gas- und Staubentwicklung bis zum Perihel Die Abbildung 9 zeigt die Lichtkurve bis zum Perihel samt den Ergebnissen dieser Modellrechnung. Die Resultate stimmen Die Abbildung 10 stellt die Gas- und tungen, bei denen der Plasmaschweif gut mit denen von Andreas Kammerer Staubentwicklung dar. Beide laufen pa- überwiegt, die Koma deutlich grün ist überein, welche auf Beobachtungen bis rallel, die Staubentwicklung überwiegt. und ein Staubschweif kaum nachweis- 20. Dezember beruhen. Er bestimmte die Dies widerspricht in gewisser Weise den bar ist. Sie stimmt allerdings mit meiner

Werte m0 = 2,5 mag und n = 10,0. visuellen und fotografischen Beobach- spektroskopischen Beobachtung überein.

VdS-Journal Nr. 54 90 Kometen

Rückblick auf den Kometen C/2014 Q2 Lovejoy zusammengestellt von Werner E. Celnik und Peter Riepe

Komet Lovejoy war der „Überraschungs- ten und sogar dicke Plasmawolken er- sichtigt werden. So können wir in dieser komet“ am Jahresanfang 2015. Die zu- kennbar, die im Gasschweif von der Koma Ausgabe 43 Aufnahmen von 23 Bildau- nächst schwachen (auf die Kometenhel- weg nach hinten drifteten, mitgezogen toren präsentieren. Der geneigte Betrach- ligkeit bezogen) Vorhersagen mussten vom Sonnenwind. Ein Staubschweif war ter berücksichtige bitte, dass sowohl die vielfach nach oben korrigiert werden. bestenfalls schwach zu erahnen, äußer- eingesetzten Instrumente und Kameras Kurzzeitig war der Komet sogar mit blo- te sich höchstens als nach hinten aus- wie auch die Beobachtungsorte zwischen ßem Auge sichtbar und war monatelang gedehnte Verlängerung der Koma, ohne Stadthimmel und Wüstenhimmel höchst ein Feldstecherobjekt. An einem dunklen ausgeprägte eigene Farbe, die gelblich unterschiedliche Ergebnisse erwarten Himmel konnte man den Schweif mit weiß zu erwarten gewesen wäre. lassen und auch zeigen. dem Fernglas über mehr als 6° Länge ver- folgen. Die Koma erschien recht hell und Zahlreiche Kometenfotografen sind un- Wir wünschen Ihnen viel Freude beim ausgedehnt, von intensiv grüner Farbe, serem Aufruf gefolgt und haben ihre Betrachten dieser Fotostrecke, die den der im Gegensatz zur Koma relativ licht- Aufnahmen von Lovejoy bis zum Redak- Kometen von Dezember 2014 bis Anfang schwache cyanblaue Gasschweif zeigte tionsschluss eingesandt. Leider können Februar 2015 zeigt. meist mal eng, mal weit aufgefächerte wir mangels Platz nicht jedes Bild zei- Schweifstrahlen. Manchmal waren Kno- gen. Doch sollte jeder Bildautor berück-

1 Von links nach rechts: 20.12.2014 (Mosaik aus 3 Feldern), 21.12.2014 (3 Felder), 22.12.2014 (4 Felder), 23.12.2014 (4 Felder), 27.12.2014 (4 Felder), 28.12.2014 (6 Felder), ASA-12-Zoll-Astrograf f/3,6, Kamera FLI ML 8300, belichtet LRGB 200/300/300/300 s pro Feld, Ort: Farm Tivoli, Namibia, Norden oben (Gerald Rhemann)

2 23.12.2014, 22:36-22:47 UT, Norden oben, Canon EOS 1000Da, Objektiv 1:2,8/200 mm, f/3,5, ISO 800, 17 x 30 s, Außenstelle der Regensburger Volks- sternwarte, extrem gute Horizontsicht bei sehr tiefem Kometenstand (Gottfried Meissner)

VdS-Journal Nr. 54 3 Oben: 28.12.2014, 21:16-22:32 UT, Lovejoy bei M 79, Norden oben, Refraktor Takahashi FSQ 106 ED f/5, Kamera: SBIG STL- 11000M, Baader-Filter, belichtet in L: 4 x 6 min, in RGB: jeweils 4 x 3 min (2 x 2-Binning), Ort: Somerset West, Südafrika (Dieter Willasch)

4 Rechts: 08.01.2015, 19:00-21:00 UT, Norden rechts, 14,5-Zoll- Newton, belichtet in LRGB jeweils 120 s, Ort: Nerpio/Spanien (Robert Pölzl)

5 08.01.2015, 20:14-20:36 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Moravian G2-8300m, Baader-CCD- Luminanz-Filter, belichtet 4 min, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)

6

Ganz rechts: 10.01.2015, 17:24-21:20 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Moravian G2-8300m, Baader-CCD-Lumi- nanz-Filter, belichtet 12 min, Ort: Stern- warte Leopolds- höhe (Oliver Schneider) 7 10.01.2015, 20:39 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Newton f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 12 x 60 s, in RGB: 7 x 1 min mit 200-mm-Objektiv, 8 11.01.2015, 17:40 UT, Norden rechts, ASA-N-12-Zoll-Astrograf f/3,6, CCD-Kamera Canon 6D, ISO 3200 (Norbert Mrozek) FLI PL 1680, belichtet LRGB 1.000/300/300/300 s, Ort: Eichgraben, Nieder- österreich (Gerald Rhemann)

9 12.01.2015, 22:20 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Schmidtnewton 10 12.01.2015, 17:55-22:00 UT, Norden rechts, William Optics Megrez 72, TS-Optics- f/4, Kamera EOS500, belichtet 80 x 30 s (Bernd Gährken) 2-Zoll-Reducer, Moravian G2 8300 FW, belichtet 19 x 3 min in LRGB (Bernd Weinzierl) 11 13.01.2015, 18:10 UT, Norden rechts oben, Objektiv: 12 13.01.2015, 20:46 UT, Norden re. ob., Objektiv: Canon 200 mm Canon 1:4/70 mm, Kamera: Canon EOS350Da, belichtet bei f/4,6, Kamera: Canon 5D MkII, belichtet 30 x 2 min, ISO 800, 31 x 4 min, ISO 800 (Robert Pölzl) Ort: Gurk/Kärnten (Werner Probst)

13

13.01.2015, 18:04-18:21 UT, Norden oben, Objektiv: Canon 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 1000Da, ISO 400, belichtet 6 x 180 s, Ort: Sinzing (Gottfried Meissner) 14-16

Oben: 13.01.2015, 20:28-21:06 UT, Norden oben, 4,5-Zoll-Newton, f = 440 mm, Kamera: SBIG ST830M, Baader-LRGB-Filter, belichtet: L 5 x 2 min + 4 x 1 min, RGB: je 3 x 2 min (Michael Deger)

Mitte: 13.01.2015, 18:05-19:16 UT, Norden oben, C11 Hyperstar, Kamera: EOS 1000, belichtet 12 min (Axel Rau)

Unten: 13.01.2015, 17:40-18:10 UT, Norden oben, Luminanz mit Newton 250 mm f/4, SBIG ST-2000XM, RGB mit Newton 130 mm f/5, SXV-H9, gesamt belichtet 14 min (L 7 x 30 s, RGB je 7 x 30 s), Ort: Sternwarte Gahberg (Markus Blauensteiner) 95

17-19

Oben: 14.01.2015, 18:30 UT, Norden oben, Refraktor ED70 f = 420 mm, f/6, TS-Flattener, Kamera: Canon 1000Da, CLS-Astronomik-Filter, belichtet 82 x 60 s, ISO 1600, Ort: Grasberg (Kai-Oliver Detken)

Mitte: 14.01.2015, 17:36-19:00 UT, Norden oben, C11 HyperStar, Kame- ra: Canon EOS 6D, gesamt belichtet 40 min, ISO 1600, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)

Unten: 14.01.2015, 19:20 UT, Norden oben, 8-Zoll-Newton f/2,8, CCD- Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 5 x 120 s, in RGB: 60/60/60 s (Norbert Mrozek)

VdS-Journal Nr. 54 96

20

Links: 14.01.2015, 22:20 UT, Norden oben, ASA-H8- Astrograf f/2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet: LRGB 600/250/250/250 s, Ort: Weissenkirchen/ Niederösterreich (Gerald Rhemann)

23

Rechte Seite: 17.01.2015, 18:10 UT, Zweifachmosaik, Objektiv: 1:3,5/24 mm, belichtet je Feld 30 x 60 s, Kameras: Canon EOS 6D (ISO 3200), Canon EOS 600Da (ISO 1600), Ort: Hunsrück (Stefan Binnewies)

21 22

Unten: Rechts: 16.01.2015, 17:16-18:42 UT, 17.01.2015, 17:11-19:13 UT, Norden oben rechts, Apo-Refraktor Norden rechts, Apo-Refraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Canon EOS 5D MkII, 67 x 30 s, Canon EOS 5D MkII, 194 x 30 s, ISO 3200, Ort: Rheinberg ISO 3200, Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik) (Werner E. Celnik)

VdS-Journal Nr. 54

98

24-26

Oben: 17.01.2015, 19:17 UT, Norden oben, 8-Zoll-Newton f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 5 x 120 s, in RGB: 120/120/120 s (Norbert Mrozek)

Mitte: 17.01.2015, 19:41- 19:58 UT, Norden oben, ASA12N- OK3Z f/3,6, Kamera: ALccd12, belichtet 6 x 120 s, Ort: Hobeck/ Fläming (Martin Nischang)

Unten: 17.01.2015, 20:45 UT, Norden oben, Objektiv: 1:3,5/ 85 mm, Kamera: Canon 6D, ISO 3200, belichtet 15 x 60 s, ca. 18° langer Schweif erkennbar (Norbert Mrozek)

27-28

Rechte Seite:

Links: 17.01.2015, 18:10 UT, Norden rechts, Zweifachmosaik, Objektiv: 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 6D, belichtet 90 x 40 s, invertierter Blaukanal, Ort: Hunsrück (Stefan Binnewies)

Rechts: 18.01.2015, 20:20 UT, Norden rechts, Mosaik aus 4 Aufnahmen, ASA-H8-Astrograf 1:2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet je Feld: LRGB 400/250/250/250 s, Ort: Hochkar/Niederösterreich (Gerald Rhemann)

VdS-Journal Nr. 54 VdS-Journal Nr. 54 31 20.01.2015, 19:30 UT, Norden rechts, Objektiv: Sigma 50-200 mm, f = 95 mm, f/5, Kamera: Canon 1000Da, CLS-Astronomik-Filter, belichtet 20 x 180 s, ISO 1600, Ort Grasberg, (Kai-Oliver Detken)

32 20.01.2015, 20:30 UT, Norden rechts, Objektiv: Nikon 1:2,8/180 mm, FLI-CCD-Kamera, belichtet 180 s, Bradford Robotic Telescope Teneriffa (Michael Hauss)

29 18.01.2015, 20:05-20:50 UT, Norden rechts, Celestron 14, f/1,9, CCD-Kamera QHY12, belichtet 10 x 180 s (Peter Remmel)

30 18.01.2015, 22:55-23:16 UT, Norden oben, Objektiv: Mamiya 1:2,8/80 mm, Kamera: ATIK 314-LC, belichtet 3 x 300 s, Ort: Rubi bei Oberstdorf (Thorsten Zilch) 33-35

Links: 21.01.2015, 21:15-21:35 UT, Norden rechts, Objektiv: Canon 1:2,8/200 mm bei f/3,5, Kamera: Canon EOS 1000Da, ISO 1600, belichtet 16 x 60 s, Ort: Sinzing (Gottfried Meissner)

Mitte: 21.01.2015, 17:25-18:16 UT, Norden rechts, C11 HyperStar, Kamera: Moravian G2-8300m, Baader- CCD-Luminanz-Filter, Mosaik aus 5 Bildern, belichtet je Segment 5 x 1 min, Ort: Sternwarte Leopoldshöhe (Oliver Schneider)

Rechts: 21.01.2015, 18:17 UT, Norden rechts, Mosaik aus 3 Aufnahmen, ASA-H8-Astrograf f/2,9, Kamera: FLI PL 16803, belichtet je Feld: LRGB 400/250/250/250 s, Ort: Turmkogel/Niederösterreich (Gerald Rhemann)

VdS-Journal Nr. 54 36-39

Links oben: 21.01.2015, 21:08 UT, Norden rechts, Objektiv: Kiev 1:3,5/250 mm, Kamera: Nikon D 5100, belichtet 10 x 20,6 s, Ort: Rottenburg/Laaber (Hans Gerhard Weber)

Links unten: 21.01.2015, 20:00 UT, Norden rechts, Objektiv 1:1,8/85 mm bei f/3,5, Kamera: Nikon D800e, ISO 400, belichtet 16 x 120 s, Ort: Kematen an der Krems/Österreich (Christoph Kaltseis)

Oben: 23.1.2015, 19:54-22:53 UT, Norden rechts, Objektiv: Canon 100-400 mm, Brennweite 400 mm, f/5,6, Kamera: Canon EOS 5D MkII, ISO 3200, belichtet 88 x 90 s, Ort: Gornergrat/Schweiz (Werner E. Celnik und Otto Guthier)

Rechts: 24.1.2015, 20:58 UT, Norden rechts, Objektiv: 70-200 mm, f/2,8, Kamera: Canon 5D MkII, belichtet 240 x 32 s, Schweiflänge 7° (Ralf Burkart/Kreuels)

VdS-Journal Nr. 54 40

Links: 31.01.2015, 19:07 UT, Norden rechts, Newton 200 mm/560 mm, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 10 x 60 s, in RGB: 120/120/120 s (Norbert Mrozek)

41

Rechts: 03.02.2015, 18:31 UT, Norden rechts, Newton 200 mm/560 mm, CCD-Kamera Moravian G2 8300, Mosaik aus 2 Bildern, belichtet je Bild 10 x 30 s (Norbert Mrozek)

42

Links: 06.02.2015, 19:08 UT, Norden rechts, 8-Zoll-Newton, f/2,8, CCD-Kamera Moravian G2 8300, belichtet in L: 2 x 180 s, in RGB: 120/120/120 s, Ort: Herscheid/Sauerland (Norbert Mrozek)

43

Rechts: 06.02.2015, 18:31- 21:47 UT, Norden rechts, Apo- Refraktor 150 mm/1.100 mm, Feldkorrektor, Canon EOS5D MkII, ISO 1600, 200 x 45 s (gesamt 150 min), Ort: Rheinberg (Werner E. Celnik)

VdS-Journal Nr. 54 104 Meteore

Der neue Blick auf Meteorströme von Jürgen Rendtel

Schiaparelli hatte 1872 in seinem Buch über „die astronomische Theorie der Sternschnuppen“ [1] Zusammenhänge von Meteorströmen und Kometen dar- gelegt. In der Folge konnten zahlreiche Verbindungen zwischen Kometen, Klein- planeten und Meteorströmen belegt wer- den, die zu diesem Bild passten: Mete- orströme sind Auflösungsprodukte von Kometen. Natürlich konnte nicht zu je- dem kleineren Strom sogleich ein Verur- sacher gefunden werden, doch das schien mehr eine Frage der Zeit zu sein. 1 Leoniden- Die periodischen Ströme mit sehr inten- Maximum siven Maxima konnten als konzentrierte von 1833 Teilchenwolken in relativer Nähe zum (aus: E. Weiß: Ursprungsobjekt verstanden werden. Das Bilderatlas der traf etwa auf die Andromediden des Ko- Sternenwelt, meten 3D/Biela im November 1872 und Esslingen, 1888) 1885 zu sowie insbesondere die alle 33 Jahre zuverlässig erscheinenden Leoni- den des Kometen 55P/Tuttle. Die Raten von 1799 und 1833 (Abb. 1) wurden nicht wieder erreicht: Die Peaks lagen bei 900 im November 1866, und deutlich unter 300 in den Jahren um 1900 bzw. um 1933. Die Dichte der Ströme konnte als Folge von Störungen hauptsächlich durch Jupiter, Saturn und Uranus erklärt dingt auch die Draconiden des kurzperi- Zuletzt gab es 2011 ein berechnetes Ma- werden. Ein neues starkes Leoniden-Ma- odischen Kometen 21P/Giacobini-Zinner, ximum, das von Europa aus gut verfolgt ximum wurde 1966 erwartet. Dies wurde die erstmals 1933 ein sehr hohes Maxi- werden konnte, sowie ein weiteres im da- der intensivste beobachtete Leoniden- mum verursachten. Mit einer Umlaufzeit rauffolgenden Jahr, das vornehmlich aus Sturm. Schwierig war es, die bereits 1965 von rund 6,5 Jahren traten praktisch bei kleineren Meteoroiden bestand und nicht beobachtete hohe Rate in dieses Bild ein- jedem zweiten Umlauf neue Peaks auf. in dieser Form erwartet worden war. zuordnen.

Entscheidende Schritte gab es dann Ende der 1990er-Jahre mit Hilfe von Modell- rechnungen durch McNaught und Asher [2], die schließlich das überraschende breite Leoniden-Feuerkugelmaximum von 1998 sowie die zahlreichen größe- ren und kleineren Peaks des Stroms bis in die 2000er-Jahre erklären konnten, dazu auch die genannte hohe Rate bereits im November 1965. Zahlreiche „Staubspu- ren“ (englisch: dust trails) nicht nur der Leoniden wurden bis 2011 beobachtet. Auch die Serie der Perseidenpeaks zwi- schen 1991 und 2004 konnte modelliert werden. 2 Zwei Fundstücke vom Tscheljabinsk-Meteoriten am 15.2.2013, der als L5-Chondrit klassifiziert ist. Die beiden Stücke sind jedoch in ihrer Struktur sehr unterschiedlich – In die Kategorie der „frischen“ und fast schwarz mit Metalleinschlüssen gegenüber der hellen Matrix, wie sie von anderen „strukturierten“ Ströme gehören unbe- L5-Chondriten geläufiger ist.

VdS-Journal Nr. 54 Meteore 105

Tabelle 1: Meteoritenfälle Ende März/Anfang April nach Ereignisdatum sortiert Meteoritenfall/ Datum Orbit, große Eintrittsge- Meteoriten-Typ Bestrahlungs-Alter/ Feuerkugel Bahnhalbachse schwindigkeit Mio. J. Park Forest (USA) 03.27.2003 2,53 AE 20 km/s L5 - FK Süddeutschland 03.31.2014 - - - - Neuschwanstein (D) 04.06.2002 2,40 AE 21 km/s EL6 48 Pribram (CZ) 04.07.1959 2,40 AE 21 km/s H5 28±10 Glanerbrug (NL) 04.07.1990 - - L.LL5 - Berduc (ARG) 04.07.2008 (2 AE) (14 km/s) L6 - Jesenice (SLO) 04.09.2009 1,75 AE 14 km/s L6 3,5 Mason Gully (AUS) 04.13.2012 2,47 AE 15 km/s H5 -

Eine andere Kategorie sind sehr kur- gegnung mit der Erde definieren die Lage sehr wahrscheinlich auch ein eher lose ze Peaks (unter einer Stunde Dauer), der Bahnen im Raum eindeutig – sagen zusammengefügter Körper. Wir finden die bei Strömen von langperiodischen aber wenig über den Strom selbst aus, komplett verschiedene Meteorite auf der Kometen auftraten. Das erste derartige wie wir gleich noch sehen werden. Erde, deren Bahnen vor der Kollision mit gut dokumentierte Ereignis betraf die der Erde praktisch identisch waren (Pri- a-Monocerotiden 1995, von denen kein Der neue Blick bram, 1959, L5; Neuschwanstein, 2002, Ursprungskomet bekannt ist. Der Strom Die englische Terminologie unterscheidet EL6, beide Anfang April gefallen). Wenn- hatte bereits 1925 und 1935 ähnliche zwischen einem „meteor shower“ (die am gleich es eine ganze Reihe von Meteo- Ereignisse verursacht. Es folgten die Himmel von einem Radianten erschei- ritenfällen zu dieser Zeit des Jahres gab Aurigiden 2007 des Kometen C/1911 N1 nenden Meteore) und einem „ und die Bahnen zum Teil sehr ähnlich (Kiess), der 2.500 Jahre Umlaufzeit hat stream“ (die auf ähnlichen Orbits um die sind, ist ein „Strom“ von Objekten dazu und die September-ε-Perseiden 2007 Sonne laufenden Teilchen). Im deutschen nicht nachweisbar (Tab. 1). und 2013 (bisher kein Verursacherkomet Sprachgebrauch wird der Begriff Meteor- gefunden). Auf Grundlage der Beobach- strom für beides verwendet. Wir wollen Nun kommen wir zur alternativen Be- tung von 2007 und einer angenommenen aber wegen der wichtigen Unterschei- schreibung von Teilchenströmen: Lage Kometenbahn war das 2013er-Ereignis dung der beiden Aspekte hier von Mete- im Raum, Geschwindigkeit und Zeit- berechnet worden. Nicht zuletzt gehö- orstrom und Meteoroidenstrom im oben punkt der Begegnung mit der Erde. ren die vereinzelt beobachteten Lyriden- genannten Sinn sprechen. South­worth und Hawkins entwickelten Peaks des Kometen C/1861 G1 (Thatcher) einen Zahlenwert (D-Kriterium), der die mit 425 Jahren Umlaufzeit auch in diese Objekt-Seite Ähnlichkeit einzelner Orbits charakteri- Gruppe. Bei der Freisetzung von Meteoroiden siert [5]. Dieser Wert oder leicht modifi- von ihren Mutterkörpern spielen mehrere zierte Werte werden von verschiedenen Parallel zu den Möglichkeiten der Modell- verschiedene Parameter eine wesentliche Autoren benutzt, um Ähnlichkeiten und Berechnungen gibt es mittlerweile durch Rolle. Beobachtungen von Kometen wie somit mögliche Verbindungen zwischen Videobeobachtung von Meteoren (wie auch von Kleinplaneten belegen, dass Objekten einzustufen. schon zuvor durch Radarbeobachtungen) ihre Oberflächen sehr variabel sind. Eros, eine Unmenge von präzisen Positionsda- Tempel 2 oder Ida erscheinen eher mo- Wie die Modellrechnungen zu allen ten und Orbits. Daraus lassen sich nun nolithisch, dagegen sehen Itokawa und Staubspuren von Kometen belegen, ha- schwache Ströme herausfiltern, die sich Tschurjumov-Gerasimenko eher aus wie ben diese eine endliche Länge und un- kaum vom sporadischen Hintergrund- relativ lose zusammengefügte Körper. terliegen verschiedenartigen Störungen. rauschen abheben [3]. Dazu trugen auch Alle haben sicher zahlreiche Kollisionen Das bedeutet, dass „ein Strom“ durchaus Video-Beobachtungen vom Arbeitskreis erlebt, was aus Kratern an der Oberfläche nur in wenigen Begegnungen mit der Meteore bei. Die IAU-Datenbank hat ge- oder losen Brocken abzuleiten ist. Die Erde beobachtet werden kann. Bei den genwärtig (Anfang Februar 2015) schon Substanz ist sehr wahrscheinlich auch geschilderten Fällen der periodischen über 580 Einträge und nähert sich dem sehr inhomogen. Belege dafür sind ver- intensiven Ströme ist das offensichtlich Zustand an, den Denning vor mehr als gleichweise kleine Objekte wie der nur und klar. Das wird aber sinngemäß auf hundert Jahren so beschrieb: Es gibt in rund 4 m große Kleinplanet 2007 TC_3, alle Ströme zutreffen. Ein schwacher jeder Nacht des Jahres bis zu 50 aktive der als Almahata-Sitta-Meteorit gleich Strom kann also in einem oder einigen Radianten [4]. Das ist sicher nicht einmal mehrere Typen (EL6, EH4-5) enthält. wenigen Jahren beobachtbar sein und verkehrt, aber was sehen wir tatsächlich? Selbst der als L5-Chondrit eingestufte dann „verschwinden“. Dies passt zum Radianten stellen eine Beschreibung ei- Tschelajbinsk-Meteorit weist in seinen Beispiel zu den Juni-Lyriden, die in den nes Teilchenstroms dar: Richtung und einzelnen Fundstücken überaus verschie- 1960er-Jahren wiederholt beobachtet Geschwindigkeit zum Zeitpunkt der Be- denartige Strukturen auf (Abb. 2), er war wurden, seit vielen Jahren aber nicht

VdS-Journal Nr. 54 106 Meteore

3 Meteorströme des Kometen 96P/Machholz und des Kleinplaneten (196256) 2003 EH_1 nach Modellrechnungen von Neslusan und Kollegen [9]

nachweisbar sind. Mehrere Analysen von Bekanntestes Beispiel sind Meteoro- Komet 96P/Machholz mit dem Strom in Meteoraktivität aus dem Bereich Auriga- ide des Kometen 1P/Halley, die wir als Verbindung gebracht wurde, schien die Perseus-Lynx im September/Oktober η-Aquariiden (nahe dem aufsteigenden Frage geklärt. Mit dem Kleinplaneten haben immer wieder andere Ergebnisse Knoten) im Mai und als Orioniden (ab- (196256) 2003 EH_1 kam ein weiteres gezeigt. So waren z. B. die δ-Aurigiden steigender Knoten) im Oktober beobach- Objekt als Verursacher der Quadrantiden Anfang Oktober in den 1960er- und ten können. Andere Beispiele sind die in Betracht. Des Weiteren ergaben Mo- 1970er-Jahren fotografisch nachweisbar Tauriden (Oktober-November), die u. a. dellrechnungen von Neslusan, Hajduko- [6], tauchen aber heute nur ganz schwach als Tagesstrom der Arietiden (Juni-Juli) va und Kollegen, dass die Quadrantiden auf [7]. Dafür sind die schon erwähnten erneut beobachtbar werden. Nicht nur eine gemeinsame Geschichte mit einem September-ε-Perseiden zuletzt intensi- im Fall der Tauriden sprechen wir von intensiven südlichen Strom, den Süd- ver gewesen. Hier könnte – genau wie es Meteorstrom-Komplexen (Tab. 2). lichen d-Aquariiden (Maximum Ende Kometenfamilien gibt – auch eine ganze Juli) haben. Beide Objekte füllen jeweils Gruppe von kleinen Strömen aktiv sein, Kombinationen mehrere Ströme (Abb. 3). Möglicherweise die aber jeweils nur kurzzeitig nachweis- Einer der gegenwärtig intensivsten Me- gab es einen gemeinsamen Vorläufer des bare Raten hervorbringen. Es wäre also teorströme, die Quadrantiden (Peak An- 96P und 2003 EH_1. Nach der Trennung nicht überraschend, wenn unsere Listen fang Januar), gaben lange Rätsel um ih- lieferten beide Objekte unabhängig von- von beobachtbaren Meteorströmen in je- ren Ursprung auf, denn es konnte kein einander Meteoroide, die sich entlang dem Jahr verschieden ausfallen. Mutterobjekt gefunden werden. Als der der Bahn verteilten und merklichen Ju-

Meteorstrom-Sicht Für jeden einzelnen Meteoroidenstrom gilt generell, dass die Erde bei jedem Umlauf einen anderen Abschnitt erreicht oder durchquert, der sich in der Dichte und Größenverteilung vom Durchschnitt unterscheiden wird. Ganz offensichtlich sorgt die zeitliche Entwicklung eines Me- teoroidenstroms dafür, dass sich auch die Position des Durchgangs verändern wird. Die Erde selbst sorgt natürlich auch für Bahnstörungen der Meteoroide in Erd- nähe. Die größten Störungen erfolgen jedoch durch Jupiter und bei längeren Umlaufszeiten auch durch Saturn. Dabei können Ströme für den Beobachter auf der Erde „verschwinden“ (wie die inten- siven Andromediden nach den beiden sehr starken Ereignissen von 1872 und 1885) oder neu „erscheinen“ (wie die Ge- miniden Anfang des 19. Jahrhunderts).

Einigen Meteoroidenströmen kann die 4 Erde in beiden Bahnknoten begegnen. Meteoroidenwolke des Kometen 67P/Tschurjumow-Gerasimenko (von J. Vaubaillon [10])

VdS-Journal Nr. 54 Meteore 107

piterstörungen zu verschiedenen Zeiten unterlagen. Dabei entstanden die Strö- me mit so unterschiedlichen Radianten. Wenn wir gegenwärtig die Quadrantiden beobachten, sehen wir am Himmel einen scharf begrenzten Radianten. Die Meteo- roide hingegen wurden zu unterschied- lichen Zeiten von dem einem oder dem anderen Objekt freigesetzt.

Die gravitativen Störungen sorgen dafür, dass unter bestimmten Bedingungen von einem Objekt ein riesiger Raum mit zahl- reichen Staubspuren angefüllt werden 5 kann. Als Beispiel zeigen wir die vom Meteoroide, die vom Kometen 102P/Shoemaker freigesetzt wurden, werden nach Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko langer Zeit aus Radianten an sehr verschiedenen Positionen erscheinen freigesetzten Meteoroide nach Berech- (Berechnungen von Tomko [11]) nungen von Jeremie Vaubaillion (Abb. 4). Eine eindrucksvolle Simulation, die unter Mitwirkung vieler Nutzer entstand, von nachweisbaren Radianten aus Vi- In naher Zukunft werden wir sicher ist bei YouTube zu sehen: Trails: deo- oder Radarbeobachtungen ableiten? eine überaus lange Liste von beobach- 67P/Churyumov-Gerasimenko and ESA Was sollten wir sinnvoll als Meteoroi- teten Meteorströmen haben. Die meisten Rosetta Mission (). denstrom betrachten? davon werden sehr schwache Quellen sein. Viele Einträge werden periodische Auch Kometen, deren Staubspuren von Folgerungen oder gelegentliche Ereignisse beschrei- der Erde durchquert werden, können Sowohl die Radianten als auch die ge- ben. Es gilt, aus Modellrechnungen die derart komplexe Strom-Systeme ver- nannten Bahn-Ähnlichkeiten liefern zu- erwarteten oder möglichen Ereignisse ursachen. Auch hier gibt es aktuelle verlässige Informationen über Meteor- herauszufinden und diese schließlich Berechnungen von Tomko [11], die bei- ströme. Was die Daten nicht zeigen, ist durch Beobachtungen zu belegen. Damit spielsweise im Fall des Kometen 102P/ die Ursache der Ähnlichkeit. Bilden also können wiederum die Modelle verfeinert Shoemaker Radianten fast über den ge- etwa Objekte wie die genannten Meteo- werden und unser Verständnis für den samten Himmel verteilt ergeben (Abb. riten-Mutterkörper einen „genetischen“ Komplex der Kleinkörper wachsen. Un- 5). Wenn aber ein einzelnes Objekt fast Strom? Sind Meteore, die von einem erwartete Ereignisse werden zusätzlich überall Radianten – also für den Beob- Radianten kommen, ein Strom im Sinne für Überraschungen sorgen. Dazu wird es achter auf der Erdoberfläche: Meteor- eines geschlossenen Meteoroiden-Torus kommen, selbst wenn theoretisch alle in ströme – verursachen kann, kommen wir oder eine räumlich eher „klein“ begrenz- Erdnähe gelangenden Objekte mit mög- dem eingangs genannten von Denning te Staubspur und somit eine temporäre lichen Staubspuren modelliert werden. beschriebenen Zustand nahe. Was also Erscheinung, die eventuell nur einmal Große Unbekannte bleiben weiterhin die können wir aus der wachsenden Anzahl mit der Erde zusammentrifft? Größenverteilung der freigesetzten Mete- oroide und die Geschwindigkeit, mit der sie ihr Ursprungsobjekt verlassen. Beides sind entscheidende Parameter für die Ent- Tabelle 2: Meteorstrom-Komplexe stehung von Strömen und die räumliche Ausbreitung der Meteoroide in „Längs- und Querrichtung“. Dass die Spanne sehr Komplex Zugehörige Ströme Zugeordnete Objekte groß ist, belegen bereits die ersten von Tauriden Nördliche Tauriden (917 NTA), 2P/Encke, Rosetta gemessenen Daten, die Ende Ja- Südliche Tauriden (002 STA), mindestens 13 Kleinplaneten nuar in der Zeitschrift „Science“ vorge- β-Tauriden (173 BTA), (siehe z. B. [8]) stellt wurden – und das noch weit vor ζ-Perseiden (172 ZPE) dem Perihel des Kometen 67P. Messun- gen verschiedener Instrumente zwischen Phaethon- Geminiden (004 GEM), (3200) Phaethon Juli und September 2014 erlaubten eine Geminiden Tages-Sextantiden (221 DSX) erste Abschätzung des Verhältnisses von Gas und Staub aus dem Kometen: Über Quadrantiden Quadrantiden (010 QUA), 96P/Machholz, die sonnenbeleuchtete Oberfläche gemit- Arietiden (171 ARI), (196256) 2003 EH_1 telt ist die Masse des Staubes etwa vier- Südliche δ-Aquariiden (005 SDA), mal so groß wie die freigesetzte Gasmen- Nördliche δ-Aquariiden (026 NDA) ge. Eine Wolke größerer Staubteilchen und Klumpen von Metergröße von ver-

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gangenen Perihelpassagen umkreist den showers obtained from 10 of [9] L. Neslusan, M. Hajdukova, D. Kometen auf gebundenen Bahnen [12]. observations with the IMO Video Tomko, Z. Kanuchova, M. Jakubik, Meteorbeobachter werden einerseits die Meteor Network”, WGN 37, 98 2014: „The prediction of meteor Radiantenpositionen belegen können. [4] F. W. Denning, 1899: “General showers from all potential pa- Damit lassen sich zum einen die Model- catalogue of the radiant points of rent “, Proceedings of the le zur Entwicklung testen. Andererseits meteoric showers and of fireballs International Meteor Conference, sollten Aussagen zur Meteoroiden-Popu- and shooting observed at more Giron, France, 2014. Edited by Paul lation entlang des Durchgangs der Erde than one station”, Memories of the Roggemans, International Meteor durch einen Strom Kenntnisse auch über Royal Astronomical Society 53, 202 Organization, 139 Prozesse in Kometennähe (Menge an [5] R. B. Southworth, G. S. Hawkins, [10] J. Vaubaillon, P. Lamy, L. Jorda, Freisetzung, Geschwindigkeit, Teilchen- 1963: “Statistics of meteor 2006: “On the mechanisms leading größen) liefern. streams”, Smithsonian Contribu- to orphan meteoroid streams”, tions to Astrophysics Vol. 7, 261 Monthly Not. Roy. Astron. Soc. [6] J. D. Drummond, 1982: “A note on 370, 1841 Literaturhinweise: the Delta Aurigid meteor stream”, [11] D. Tomko, 2013: “Mapovanie dyna- [1] J. V. Schiaparelli, 1871: „Entwurf Icarus 51, 655 miky prudov meteoroidov vybranych einer Astronomischen Theorie der [7] J. Rendtel, S. Molau, 2010: “Meteor komet”, PhD Thesis, Comenius Sternschnuppen“, Stettin. activity from the Perseus-Auriga University, Bratislava, 2013 [2] R. H. McNaught, D. Asher, 1999: region in September and October”, [12] A. Rotundi et al., 2015: “Dust “Leonid dust trails and meteor WGN 38, 161 measurements in the coma of comet storms”, WGN 27, 85 [8] J. Rendtel (Hrsg.), 2014: “Meteor 67P/Churyumov-Gerasimenko [3] S. Molau, J. Rendtel, 2009: “A Shower Workbook 2014”, Int. inbound to the Sun”, Science 347 comprehensive list of meteor Meteor Org. (Jan. 2015)

Riesen-Sonnenfleck AR 12192 am 24. Oktober 2014 von Jens Leich

Nach Hochnebelauflösung entwickelte 14. Juni 2002 erreichte die Nummerie- erschlagen einen und das schon bei 60 sich am 24.10.2014 ein goldener Okto- rung die Zahl 10.000. Aus praktischen mm Öffnung und rund 80-facher Ver- bervormittag. Ich hatte das Glück, zu Gründen hat man entschieden, die fort- größerung. Diese erreichte ich mit einem Hause arbeiten zu dürfen, und habe dies laufende Nummerierung auf 4 Ziffern zu Okular der Marke Televue Delos und ei- spontan unterbrochen, um den seit Ta- beschränken. Das heißt, auf 9.998, 9.999 ner Brennweite von 4,5 mm. Beobachtet gen für Aufsehen sorgenden „Monster- folgt 0000, 0001, ..., 2.192. Das bedeu- habe ich die Sonne mit einem Herschel- fleck“ mit der Bezeichnung AR 12192 tet zum Beispiel, die aktive Region „AR Prisma von Baader Planetarium, dazu ein auf der Sonne zu zeichnen. Im Übrigen 10030“ wird vereinfacht mit AR 0030 Solarcontinuum-Filter sowie ein Graufil- nummeriert die Nationale Meeres- und bezeichnet [1]. ter ND 3,0. Atmosphärenbehörde NOAA aus den USA fortlaufend aktive Regionen auf Für meinen Starfire-Apochromaten von Sehr schwer war es, die Proportionen der Sonne, die einen oder mehrere Son- Astrophysics mit 130 mm Öffnung war und Abstände richtig einzuzeichnen, ich nenflecken beinhalten können. Es müs- in der Sternwarte die Sonnensaison lei- hoffe, es ist mir einigermaßen gelungen. sen mindestens zwei Observatorien eine der schon vorbei, da die Sonne zu tief Mir sind beim Sitzen auf dem Absatz in aktive Region beobachtet haben, bevor stand. So saß ich draußen, verzichtete auf der Türöffnung zur Sternwarte fast die diese eine eigene Nummer bekommt. Videoaufnahmen und genoss am kleinen Füße eingeschlafen, aber bei dieser au- Dies gilt im Prinzip nur für die der Erde apochromatischen Refraktor von Takaha- ßergewöhnlich langen Zeit des Zeich- zugewandten Flecken. Verschwindet ein shi mit einer Öffnung von nur 60 mm, nens bekommt man in den leider nur bereits nummerierter Fleck aus unserem montiert auf einem Fotostativ, den gran- wenigen Momenten sehr ruhiger Luft Blick, kann er unter Umständen „über- diosen Anblick des riesigen Sonnenflecks viele Details in der Umbra und Penumbra leben“ und erhält beim Wiedererschei- mit seinen zahllosen Details (Abb. 1). Ich hautnah mit, auch die Veränderungen, nen eine neue Nummer. Besonders große bin beim Zeichnen fast verrückt gewor- die sich aufgrund der langen Zeichenzeit Flecken, wie der hier gezeigte AR 2192 den und muss gestehen, dass ich nach zwangsläufig ergeben. Es war ein atem- = AR 12192 = NOAA Region 2192 kann fast zwei Stunden mit Wolkenunterbre- beraubendes Erlebnis und bleibt im Ge- daher mehrere Nummern erhalten. Am chungen nicht mehr konnte. Die Details dächtnis hängen. Die Originalzeichnung

VdS-Journal Nr. 54 Sonne 109

1 Diese Zeichnung zeigt den Sonnenfleck AR 12192 am 24.10.2014 zwischen 07:57 und 09:44 Uhr UT. Beobachtungsinstrument war ein apochromatischer Refraktor von Takahashi mit 60 mm Öffnung. Die Beobachtung erfolgte mit einem Herschel-Prisma, bestückt mit einem Solarcontinuum-Filter und einem Graufilter ND 3. Das Okular war ein Delos 4,5 mm.

2 Fast zeitgleich nahm Siegfried Friedl aus Idstein den Sonnenfleck auf. Sein Newton-Teleskop hat 150 mm Öffnung und ist montiert auf einer Montierung EQ-6. Die Aufnahme entstand um 10:22 Uhr UT und wurde mit einer Kamera ASI120MM von ZWO erstellt. Als Front- filter diente eine Sonnenfilterfolie ND 3,8 von Baader Planetarium. Mit einer Barlowlinse von Baader/Abbe Zeiss wurde die Brennweite 3-fach verlängert. Zusätzlich wurde ein Solarcontinuum-Filter eingesetzt, dazu ein IR-Sperrfilter. Die Belichtung betrug 3,8 ms. Aufnahme­ software war FireCapture v2.3. Bearbeitet wurde das Bild mit AutoStakkert Version 2.1 und AstroImage 4. Insgesamt 100 von 1.000 Bildern wurden bei einem Vergrößerungsfaktor von 1,5x zum Endbild verarbeitet.

VdS-Journal Nr. 54 110 Sonne

Die provisorischen Relativzahlen des SONNE-Netzes, 2. Halbjahr 2014 von Andreas Bulling

spiegelt den Eindruck allerdings noch Tag Juli August September Oktober November Dezember besser wieder als jede gescannte digita- 1 104 119 66 104 64 104 lisierte Version. 2 116 118 74 85 70 84 3 139 111 70 82 81 67 Der größte Sonnenfleck seit vielen Jah- 4 135 99 86 70 80 83 ren zog ein enormes Interesse auf sich 5 139 85 87 64 96 49 und so fand ich auf Astronomie.de eine 6 151 90 101 52 68 44 schöne Fotografie des Flecks (Abb. 2), 7 153 85 110 51 69 40 die nur wenige Minuten nach Ende mei- 8 149 68 114 57 61 46 ner Zeichnung aufgenommen wurde. 9 124 54 123 42 57 50 Die Nachfrage, ob ich diese für diesen 10 125 43 113 24 59 61 Bericht verwenden dürfe, wurde positiv 11 111 52 105 21 64 81 beschieden. 12 92 56 85 22 68 93 13 69 55 77 32 75 90 14 42 60 70 58 83 120 Weblink: 15 18 72 63 54 79 121 [1] http://hesperia.gsfc.nasa.gov/ 16 6 76 75 42 63 130 sftheory/questions.htm#AR_ 17 5 80 86 53 72 123 numbers, Stand 29.10.2014 18 15 75 58 49 60 120 19 28 69 53 69 54 118 20 26 75 51 85 57 96 21 12 84 64 92 51 108 22 31 92 73 95 51 87 23 45 97 84 92 60 80 24 51 105 80 114 78 63 25 40 84 98 101 87 66 26 49 65 122 92 84 62 27 69 62 121 81 101 66 28 88 56 141 74 96 70 29 99 47 129 74 109 65 30 92 57 131 76 106 69 31 106 60 – 62 – 68 Mittel 78,4 75,8 90,3 66,7 73,4 81,4

Impression

Der junge Mond umarmt den alten Dieses stimmungsvolle Bild mit der Emmericher Rheinbrücke vor der Abenddämmerung nahm Reinhard Kaltenböck am 24. November 2014 auf. Unterhalb der Rheinbrücke ist die angestrahlte Klever Schwanen- burg zu erkennen.

VdS-Journal Nr. 54 NATURWISSENSCHAFTEN KOMPAKT. eilchenwelt t iefen der iefen t sPeziAl i n den

15 : Physik MAtheMAtik t echnik

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Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark – Startschuss in die wunderbare Welt der Spektroskopie

von Knud Strandbæk Bjert/Kolding (DK)

Vor gut 25 Jahren habe ich Mitglieder von der VdS-Fachgruppe Spektroskopie auf dem ATT in Essen getroffen. Das war mein erster Kontakt zur Spektroskopie. Hier wurden mir diverse Lehrmaterialien für Gymnasialschüler über die Spektro­ skopie ausgewählter Sterne gegeben. Später habe ich diese Materialien in ei- ner Gruppe des AAF-Amateur-Astrono- mischen Vereins in Dänemark benutzt.

Das Lehrmaterial war ein guter Aus- gangspunkt, die Spektroskopie heller Objekte mit kleinen Teleskopen zu er- lernen und erste Erfahrungen zu sam- meln. Später kam vermehrtes Interesse für die veränderlichen Sterne auf. Das Thema war sehr beliebt bei Amateuren in Skandinavien. Mit dazu beigetragen haben meine langjährigen Kontakte zu Paul Ahnert (1897-1989), der Leiter der 1 Mein Stella-Nova-Observatorium in Bjert nahe Kolding in Jütland/Dänemark Sternwarte Sonneberg in der ehemaligen (© Jonas Fotografi) DDR. Paul Ahnert war sehr bekannt in Amateur- und professionellen Kreisen – und nicht zuletzt auch in Dänemark, wurde mehrmals die Teilnahme an den nommenen Spektren zu vermitteln. Diese und hier war es Dr. Per Darnell ( 2007), spektroskopischen Kursen von Michael Veranstaltung fand statt in Zusammen- der mir den Kontakt mit Paul Ahnert er- Winkhaus am Carl-Fuhlrott-Gymnasium arbeit mit der Amateur-Astronomischen möglichte. In den letzten 20 Jahren habe Observatory in Wuppertal organisiert. Vereinigung in Kolding im dänischen ich die guten Kontakte mit den Astrono- Jütland. Es nahmen etwa 15 Mitglieder men, sowohl Amateure wie auch Profis Mehrmals habe ich an den durch die aus Dänemark und Norddeutschland teil. in Deutschland und Frankreich, weiter VdS-Fachgruppe Spektroskopie an der Alle haben einen großen Gewinn aus den ausgebaut. Ich wollte damit die Pro-Am- Starkenburg-Sternwarte in Heppenheim beiden Wochenenden gezogen, obwohl Zusammenarbeit in Dänemark und in ausgerichteten spektroskopischen Work- der Kurs überwiegend in deutscher Spra- den verschiedenen Ländern fördern. shops teilgenommen, bei denen die Teil- che durchgeführt wurde. Gelegentlich nehmer eine mächtige theoretische und war denn auch der Wechsel ins Engli- Gemeinsame Anstrengungen zur praktische Ausbeute mitgenommen ha- sche erforderlich, was der entspannten Weiterbildung ben. Einige der VdS-Mitglieder aus Dä- Grundstimmung recht zuträglich war. Im Laufe der Jahre ergaben sich viele nemark, darunter auch ich, haben an den Vorträge und Kurse in Dänemark, die Jahrestagungen der VdS-Fachgruppe Anschließend waren einige der Teil- sich mit der Astronomie im Allgemeinen, Spektroskopie teilgenommen. nehmer so motiviert, dass sie mit dem der Fotometrie und neuerdings der Spek- Selbstbau von Spektrografen begannen, troskopie befassten. Insbesondere haben Ich hatte im Jahr 2012 Lothar Schanne um anschließend selbst Spektren von wir selbst mehrere Spektroskopiekurse von der VdS-Fachgruppe Spektroskopie Himmelsobjekten aufzunehmen und die für Schülerinnen und Schüler an mei- eingeladen, uns in Kolding zu besuchen Datenreduktion durchzuführen. Aus den nem Stella-Nova-Observatorium durch- und an zwei aufeinanderfolgenden Wo- Beiträgen meiner dänischen Kollegen in geführt. chenenden den Teilnehmern eine gründ- diesem Heft wird das noch deutlicher liche theoretische Grundlage der Tech- werden. Es war der Startschuss in die Auch für unsere Mitglieder des Ama- niken und Methoden zur Messung und wunderbare Welt der Spektroskopie. teur-Astronomischen Vereins in Kolding digitalen Weiterverarbeitung der aufge-

VdS-Journal Nr. 54 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 113

Mein Stella-Nova-Observatorium in möglicht Erweiterungen, so dass es auch auf dem Hvidbjerg in der Nähe von Vejle Bjert nahe Kolding als Spaltspektrograf verwendet werden Fjord – zwischen Fredericia und Vejle, Für mein eigenes Stella-Nova-Observato- kann. DK – besitze ich noch ein zweites klei- rium (Abb. 1) kaufte ich vor einigen Jah- nes Observatorium unter einer Kuppel. ren einen Spectra-L200-Spektrografen in Wir hoffen, auf diese Weise ein größeres Astro­nomieinteressierte können das Fe- der ersten Version, der von Ken M. Har- Interesse aufzubauen für die verstärk- rienhaus mieten und hier einen wunder- rison entwickelt wurde. Er wird derzeit te Zusammenarbeit zwischen deutschen baren schwarzen Nachthimmel genießen. auf die neueste Version aktualisiert, mit und dänischen Amateurastronomen. einem reflektierenden Spalt ähnlich dem Unser besonderes Anliegen ist, unsere Lhires III von Shelyak. Der ursprüngliche Jugend an die Naturwissenschaften und Strahlteiler, der etwa 80 % des Lichts zur die Astronomie heranzuführen, nicht nur Science-Kamera und 20 % zur Guide- theoretisch, wie es in den Schulen ver- Weblinks: Kamera leitete, war nicht die optimale mittelt wird, sondern durch eigene kons- [1] Shelyak Lhires III: www.shelyak. Lösung, obwohl sie funktionierte. Der truktive und praktische Tätigkeit, die das com Spektrograf erhält jetzt eine reflektieren- Potenzial junger Menschen zur Begeiste- [2] Spectra-L200: www.jtwastronomy. de Spaltplatte. Mittlerweile produziert die rung und Motivierung optimal anspricht. com/products/spectroscopymain. niederländische Firma JTW-Astronomy html diese Spektrografen. Wir hoffen, damit im Mein Stella-Nova-Observatorium liegt [3] MiniSpec von Astro Spectrosco- kommenden Winter arbeiten zu können. in freier Natur im Osten der Gemeinde py Instruments, Potsdam, Daniel Agtrup-Bjert östlich von Kolding. Es gibt Sablowski: http://de.astro-spec. Zusätzlich kaufte ich einen Lhires-III- wenig Lichtverschmutzung und die Aus- com/ Spektrografen von Shelyak, ein bewähr- sicht auf den Himmel ist ziemlich frei. [4] VdS-Fachgruppe Spektroskopie: tes Arbeitspferd, das verlässlich gute Er- Natürlich sind unsere Beobachtungs- http://spektroskopie.fg-vds.de/ gebnisse liefert. möglichkeiten vom gleichen unstabilen [5] Astronomical Amateur Spectro- Wetter beeinträchtigt, das das Klima in scopy (engelsk og fransk) – Yahoo Wir hoffen, auch noch ein spaltloses Schleswig-Holstein charakterisiert, aber Group: https://groups.yahoo.com/ „MiniSpek“-Spektroskop von Daniel wir haben oft auch klare Nächte. In ei- neo/groups/spectro-l/conversations/ Sablowski zu erhalten. Dieses Gerät er- nem Sommerhaus nördlich der Ostsee topics/14435 Bau von Spektrografen von Frank R. Larsen, Taastrup, Dänemark

Im Rahmen meiner amateurastronomi- schen Aktivitäten beschäftige ich mich bereits seit einigen Jahren auch mit dem Bau eigener Spektrografen, darunter ei- nige Spektrometer mit Auflösungen R zwischen 100 und 27000, darunter auch ein Echelle-Spektrograf mit R = 6000. Derzeit nutze ich vor allem meinen klas- sischen, niedrigauflösenden Spektrogra- fen an einem 12-Zoll-SCT (Abb. 1+2). Der Spektrograf verfügt über eine einge- baute Guiding-Optik und einen Strahlen- teiler zur präzisen Kontrolle der Position des Objektbildes auf dem Spalt. Der Spalt ist eine runde OVIO-Spaltplatte von Ken Harrison, die auf einer Spindel montiert ist. Die verfügbaren Spaltweiten vari- ieren zwischen 20 und 40 µm. Weitere 1 Charakteristika dieses Selbstbauspektro- grafen: f = 100 mm-1-Zoll-Achromat als Blick in meinen Kollimator, 25x25 mm² Reflexionsgitter niedrigauflösenden von Thorlabs mit 600 Linien/mm (ruled) klassischen Selbst- und ein Objektiv, f = 50 mm, f/2,8, Domi- bauspektrografen

VdS-Journal Nr. 54 114 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark

plan, aus einer SLR. In Verbindung mit einer Art4021-CCD wird der Spektralbe- reich von 370 bis 800 mm mit R > 550 abgedeckt. Damit lassen sich Sterne bis 14 mag spektroskopieren.

Derzeit arbeite ich an einem fasergespeis- ten Echelle-Spektrografen und an einem direkt am Teleskop gekoppelten niedrig- auflösenden Echelle-Spektrografen.

Außerdem habe ich mich am Bau von Spektroheliografen versucht. Mein erster war ein Littrow-Typ mit einer Auflösung R von 25000. Der zweite hat ein klassi- sches Design mit faltenden Spiegeln und einem integrierten Teleskop mit 1500 mm Brennweite. Die erreichbare Auflösung R liegt bei 26000 bis 28000. In Verbindung mit einem Heliostaten wurde damit die Abbildung 3 aufgenommen, ein schmal- bandiges Foto im Hα-Licht. ‚‚ 2 Der Spektrograf aus Abb. 1 am 12 -SCT 3 Sonne im Hα-Licht, aufgenommen mit meinem Selbstbau-Spektroheliografen

VdS-Journal Nr. 54 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 115

Ein Spektrograf mittlerer Auflösung von Jens Jacobsen, Egeskov, Dänemark

Dieser Artikel erzählt in persönlicher Weise von meinem Kampf mit den Tü- cken der Optik und dem Bau klassischer Spektrografen und vermittelt hoffentlich auch etwas von der Faszination dieses wunderbaren Hobbys.

Mein Hintergrund Ich bin 45 Jahre alt und Ingenieur der Elektrotechnik (Dipl.-Ingenieur, Stark- strom) von Beruf. Ich arbeite für das dänische Nationale Leitungsnetz, meine Spezialität ist die Fernbedienung und der Schutz der Kraftwerke.

Ich habe seit 1980 Interesse an Astro- nomie und habe anfangs mehrere Tele- skope selbst gebaut, einschließlich dem Schleifen der Optik. Mein aktuelles Spit- zen-Teleskop ist ein 400-mm-Newton (mit Orion-Optics-Spiegel) auf einer sehr schweren englischen Montierung. Die Abbildung 2 zeigt einen Blick auf die Front des Teleskops. 1 Mein Selbstbau-Spektrograf Das 400-mm-Teleskop befindet sich in meinem Observatorium in Egeskov, zwi- schen Vejle und Fredericia in Dänemark terte Spektroskopie. Der Kurs wurde von (Abb. 3). Die Kuppel ist umgeben von Dr. Lothar Schanne, VdS, aus Deutsch- drei kostengünstigen deutschen Montie- land durchgeführt. Der Kurs hat meine rungen auf Säulen, die ich für fotome- Aufmerksamkeit zu diesem spannenden trische Messungen verwende, vor allem Teil der astronomischen Welt geweckt, für Objekte bis 13 mag. Hierzu verwen- und ich habe beschlossen, mir diese Wis- de ich verschiedene kleinere Teleskope, senschaft zu erschließen. von einem 66-mm-Williams-Refraktor bis zu einem C8. Dafür benutze ich auch Zuerst sah ich die Möglichkeit, einen mehrere ältere CCD-Kameras (klein und kommerziell produzierten Spektrogra- kostengünstig, aber nützlich für die Fo- fen zu kaufen. Ich verfüge über mehrere tometrie) mit Johnson Filtern. Die Foto- gekühlte, monochrome CCD-Kameras, metrie ist mein Hauptarbeitsgebiet. Fast darunter eine Starlight Xpress SXVR- jede klare Nacht arbeite ich mit bis zu H16 und ein Atik 314L, die beide für die drei Teleskopen gleichzeitig (Abb. 4). Spektrografie geeignet sind. Aber was ist mit dem Spektrografen selbst? Ich benutze auch ein älteres, aber ausge- zeichnetes C11 mit einer DMK21-618-Ka- Während des Kurses berichtete Lothar mera für die planetarische Fotografie. ausführlich über seine „Mäusevilla“, ei- Ein Beispiel zu meiner Planetenfotogra- nen selbstgebauten spaltlosen klassischen fie zeigt die Abbildung 5. Spektrografen. Die Ergebnisse, die Lothar mit diesem einfachen, aber sehr prakti- Die Inspiration schen Instrument erhalten konnte, beein- An zwei Wochenenden im Frühjahr 2012 druckten mich sehr. Hier war ein perfek- organisierte der Vorsitzende unserer As- tes Beispiel für ein Instrument, einfach, 2 Blick auf die Front meines tronomie-Gesellschaft, Knud Strandbæk, aber gut verstanden und vorhersehbar Selbstbau-Teleskops Amatør-Astronomisk Forening, einen und für jeden bau- und verwendbar. (400-mm-Newton mit Orion- Kurs über die grundlegende und erwei- Wiederholbarkeit und Berechenbarkeit Optics-Spiegel)

VdS-Journal Nr. 54 116 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark

Die Entscheidung für ein Design Ich entschied nach langen Überlegun- gen, dass das Instrument ein klassisches Design mit einer Auflösung um R=3000 für den Bereich des Hα-Lichts erhalten sollte. Nicht sehr viel, aber immer noch nützlich.

Anfangs verwendete ich die hervorra- gende Tabellenkalkulation Simspec von 3 Mein Observatorium in Egeskov Christian Buil, um die verschiedenen Pa- rameter für einen Spektrografen zu ent- werfen und zu kalkulieren. Ich war auch von Christians Entwurf des klassischen Spektrografen mit zwei Fotoobjektiven und einer Audine-CCD inspiriert. Die Größe der Blende wurde als Beugungs- scheibe des Sternbilds vom 400-mm- Teleskop eingegeben. Das erwies sich jedoch als etwas zu optimistisch. Mehr darüber später.

Für das erste Layout hatte ich be- schlossen, zwei Kameraobjektive (von SLR-Kameras, früher verwendet für die Astrofotografie) in meinem Design zu verwenden. Ich habe das Gehäuse aus Aluminiumblech und Standard-Alumi- niumprofilen hergestellt. Ich bestellte ein

4 Fotometrie mit mehreren Teleskopen gleichzeitig

waren die zwei Schlüsselwörter für mich. Lothar gab auch einen Überblick über die verschiedenen Arten von Spektrografen, und erklärte ihre Vor- und Nachteile. Ei- nige Fakten wurden mir in diesem Kur- sus klar:

Ich wollte mein größtes Instrument, den Newton mit 400 mm Öffnung und f/5, dafür nutzen. Ausreichendes Licht ist von größter Bedeutung in der Spektro- skopie. Ich musste zur Optimierung der Effizienz der Kombination aus Spektro­ graf und Teleskop ein Design mit F/5 wählen.

Das Gewicht war in meinem Fall kein kritisches Thema. Das 400-mm-Teleskop (Eigengewicht rund 250 bis 300 kg) soll- te auch einen schweren Spektrografen tragen können. Aber bald zeigten sich gravierende Grenzen: Der Okularaus- zug konnte nicht mehr als 500 bis 1.000 5 Gramm tragen. Jupiter, aufgenommen mit meinem C11

VdS-Journal Nr. 54 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 117

Blaze-Gitter von Thorlabs, 600 l/mm, das möglichst für die Wellenlänge des Hα- Lichts geblazed sein sollte. Die nötige standardisierte Größe betrug 50 mm x 50 mm, um den gesamten Lichtstrahl des Kollimators nutzen zu können (Vermei- dung von Lichtverlusten).

Die erste Version Die erste Version des Spektrografen war spaltlos und mit zwei Fotoobjektiven aus- gerüstet. In der Abbildung 7 ist ein Plan des Designs in 1:1 dargestellt, auf den die 6 Eine frühe Konstruktionszeichnung meines ersten Selbstbauspektrografen optischen Komponenten gelegt sind. Der Lichteintritt befindet sich unten rechts. Dort habe ich eine verschiebbare Blende mit 1 mm Durchmesser platziert, um die das Objekt umgebenden Sterne und den Himmelshintergrund zu blockieren. Die Idee war, die Umgebung um das Objekt so dunkel wie möglich zu machen. Dies funktionierte gut, aber die Auflösung des Designs war nicht viel mehr, als wir mit einem StarAnalyzer erhalten können. Es ist eben ein Unterschied zwischen dem theoretischen Beugungsscheibchen (wie in der alten Simspec-Version berechnet) und dem durch das Seeing und Guiding- Fehler vergrößerten Sternbild.

Der Gitterhalter ist in der Abbildung 8 dargestellt. Ich hatte auch die Dicke des Glassubstrats des Gitters zu berücksich- tigen, das immerhin 10 mm beträgt. Das 7 Design-Plan 1:1 mit aufgelegten optischen Komponenten zur Kontrolle des Platzbe- Gitter schwenkt um die 4 mm dicke Edel- darfs. Rechts unten der Fokus des Teleskops mit einer beweglichen 1-mm-Blende, stahl-Zentral-Schraube. Eine Feder (im dann das Kollimatorobjektiv, links unten der Gitterhalter und darüber in der Mitte das Bild nicht sichtbar) arbeitet gegen eine Fotoobjektiv zur Abbildung des Spektrums auf der CCD. Mikrometerschraube, so dass der Dreh- winkel des Gitters stufenlos einstellbar ist. Dies funktioniert gut und ist sehr genau und wiederholbar. Die Mikrome- terschraube zur Anpassung des Gitter- winkels sitzt auf der Rückseite des Spek- trografen (Abb. 9).

Der Außenmantel des Spektrografen be- steht aus 3 mm dicken Aluminiumble- chen (Abb. 10).

Mit der Gittereinstellung in nullter Ord- nung wird der richtige Objektstern in das Zentrum der Blende geschoben. Das funktioniert ganz gut, aber es ist zu- sätzlich notwendig, die Wellenlänge für jeden Stern einzustellen, die ich unter-

8 Der Gitterhalter

VdS-Journal Nr. 54 118 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark

9 Mikrometerschraube zur Einstellung des Gitterwinkels zur 10 Alubleche für das Spektrografengehäuse Auswahl des abgebildeten Spektrumausschnitts

11 Die Einrichtung zur Verschiebung der Lochblende 12 Ein verstellbarer Spalt aus zwei Bleistiftspitzerklingen gebaut

13 Beugungsmuster am Spalt, aus dem die Spaltweite berechnet werden kann 14 Blick auf den Spalt teleskopseitig

VdS-Journal Nr. 54 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 119

suchen möchte. Und hier macht sich das Defizit des spaltlosen Spektrografen be- merkbar: Es ist nicht möglich, eine Refe- renzlampe für ein Vergleichsspektrum zu verwenden. Deshalb beschloss ich bald, den spaltlosen Spektrografen in eine Ver- sion mit Spalt zu konvertieren.

Spaltspektrograf – Version 1 Für die erste Version von meinem Spalt stellte ich eine „klassische“ Variante her, basierend auf zwei Bleistiftspitzerklin- gen. Den besten Klingentyp, den ich gefunden hatte, war der aus „Staedtler“- Spitzern. Aus zwei Bleistiftspitzern habe ich die Version gebastelt, die in der Ab- bildung 12 gezeigt ist. 15 Mein erstes Spektrum mit dem Spaltspektrografen, aufgenommen im Licht einer Energiesparlampe Die mit Schrauben eingestellte Weite des Spalts ließ sich mit einem grünen Laser- Pointer ermitteln. Die Beugung des La- serlichts am Spalt ergibt das bekannte Spaltspektrograf – Version 2 Ich bestellte eine (für 30 €, also ein Beugungsmuster und basierend auf der Ich habe dann eine Mail von einem an- Schnäppchen!) und begann mit dem Bau Wellenlänge des Lasers (532 nm) lässt sich deren Mitglied der Dänischen Spektro- einer Spalt- und Guiding-Einheit für den die Weite des Spalts berechnen (Abb. 13). skopischen Gesellschaft erhalten. Lars Spektrografen. Gleichzeitig habe ich die So konnte ich den Spalt auf die gewünsch- Zielke hatte sich einen Ovio-Spalt zu- beiden Linsensysteme im Spektrogra- ten 30 μm einstellen. Mit dem Licht einer gelegt. Diese Spaltplatte reflektiert auf fen auf zwei gleiche 40-mm-Standard- Energiesparlampe nahm ich mein erstes einer Hälfte mit parallelen Spalten ver- Achromaten mit 200-mm-Brennweite „echtes“ Spektrum auf (Abb. 15). schiedener Breiten (Abb. 16). Nützlicher geändert. Das Gehäuse für die reflektie- wären aber radial angeordnete Spalte. rende Spaltplatte aus Glas machte ziem- Die Verwendung von diesem Setup am Nur wenige Wochen nach Erhalt der lich viel Arbeit, da alle Teile aus Alumi- Teleskop zeigte sofort den großen Fehler Ovio-Spaltplatte kam die Nachricht aus nium zu fertigen waren (Abb. 18). in meinem Design: Es ist nicht möglich, der Yahoo-Gruppe für Spektroskopie, den Stern auf dem Spalt zu sehen und dass Ken Harrison versuchen würde, ei- Das Licht vom Teleskop tritt am unteren zu positionieren, und es ist nicht möglich nige maßgeschneiderte Spaltplatten auf Bildrand ein, trifft den Spalt, durch den das Spektrum visuell zu erkennen, wenn der Grundlage des Entwurfs nach der der Großteil des Sternlichts durchtritt. der Objektstern etwas weniger hell ist als Abbildung 17 anfertigen zu lassen. Die- Der Rand des Sternscheibchens wird auf Wega oder Sirius. Der Spektrograf war se Anordnung wäre viel nützlicher, weil der spiegelnden Spaltplatte reflektiert schlicht nicht am Teleskop zu gebrau- durch einfaches Drehen der Platte Spalte und fällt schräg nach oben auf einen chen. Wieder etwas gelernt. Also zurück der gewählten Weite an die gleiche Posi- gegenüberliegenden Planspiegel, der das ans Reißbrett. tion kämen. Licht in Richtung einer Guiding-Kamera

16 Links: Schema der Ovio-Spaltplatte

17

Rechts: Schema einer Spalt- platte mit radial angeordneten Spalten unterschiedlicher Weite

VdS-Journal Nr. 54 120 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark

18 Gehäuse für die drehbare und reflektierende Spaltplatte 19 Der Spaltspektrograf, Version 2, im Fokus des 400-mm- Newton montiert, mechanisch durch Streben zusätzlich stabilisiert

umleitet. Der komplette Spalt-Version- Eine StarlightXpress SXVR-H16 dient Spalt und der automatischen Nachfüh- 2-Spektrograf ist in der Abbildung 19 im dem Imaging des Spektrums und eine rung. Die Abbildung 20 zeigt ein Stern- Fokus meines 400-mm-Teleskops mon- DMK41 (in Abb. 19 die blaue Box oben) scheibchen auf dem Spalt (horizontaler, tiert. dient zur Zentrierung des Sterns auf den dunkler Streifen, der das Sternscheib- chen etwa mittig durchschneidet).

Bei schwachen Sternen gab es anfangs einige Probleme beim Guiding mit dem Programm PHD-Guiding. Das Gewicht des Spektrografen war jetzt allerdings recht groß geworden und die Stabilität der Montage reichte nicht wirklich aus. Deshalb werde ich in naher Zukunft seitlich an das Teleskop eine feste Kopp- lungseinrichtung für den Spektrografen bauen, so dass das Gerät immer am Te- leskop verbleiben kann. Für die Lichtein- kopplung plane ich eine demontierbare Transferoptik, damit das Teleskop auch andersweitig, z. B. für direktes Imaging, genutzt werden kann.

Einige Ergebnisse mit dem Spaltspektrografen – Version 2 Eines der ersten Ergebnisse dieses Spektro­ grafen war das reflektierte Sonnenlicht vom Mond (Abb. 21, 22). Die grauen

20

Sternbild im Fokus des Teleskops auf dem horizontal orientierten Spalt

VdS-Journal Nr. 54 Spektroskopie – Amateurspektroskopische Aktivitäten in Dänemark 121

21 Spektrumaufnahme des Mondlichts. Links der Mitte die starke Hα-Linie, ganz rechts eine Bande des Sauerstoffs der Luft

22 Wie 21. Links der Mitte das prägnante Natrium-Dublett (Na D)

23 Spektrum des Saturns mit geneigten Linien, eine Folge seiner Rotation (Doppler-Effekt)

horizontalen Streifen darin resultieren von Saturn wiedergegeben. Die Linien Ausblick aus Rauhigkeiten der Spaltschneiden, die des Saturnlichts sind wegen seiner Ro- Als Nächstes steht die feste Montage des leicht unterschiedliche, lokale Spaltbrei- tation etwas geneigt, während die ter- Spektrografen am Teleskop an. Dazu ist ten verursachen. Dadurch tritt über die restrischen Linien (Absorptionslinien der auch die Entwicklung einer demontier- Spaltlänge unterschiedlich viel Licht ein. Erdatmosphäre) exakt senkrecht stehen. baren Transferoptik nötig. Für den Spek- In der Abbildung 23 ist ein Spektrum troskopiker gibt es immer etwas zu tun! Spektroskopische Aktivitäten im Nightsky-Observatorium von Lars Zielke

Im Jahr 2009, als ich Co-Organisator der MAF-Star-Party war, hatten wir Robin Leadbeater (GB) und Olivier Thizy (F) nach Dänemark zu Vorträgen eingeladen, um das Interesse an der Spektroskopie zu wecken. Das war meine erste Begegnung mit der Spektroskopie auf der Amateur- ebene, und es folgte der Wechsel meines Primärinteresses als Amateurastronom hin zur Spektroskopie.

Vorher hatte ich einzelne Beobachtungen und fotometrische Analysen verschie- denster Objekte durchgeführt und emp- 1 fand dabei sehr große Freude. Neben den Mein Nightsky-Observatory

VdS-Journal Nr. 54 122 Sternbedeckungen

Ausrüstung mehr zu solchen interessan- ten Beobachtungskampagnen beitragen kann.

Ich habe mehrere Spektrografen gebaut, aber ihre Stabilität und Qualität war nicht so, wie ich dies gerne gehabt hätte. Deshalb wurden sie auch nicht für echte Beobachtungen verwendet. Daher hatte ich beschlossen, den Mini-Spec von Da- niel Sablowski zu erwerben (Abb. 2), und ich hoffe, mit ihm bereits routinemäßig zu arbeiten, wenn Sie dies lesen.

Es ist so viel passiert in Dänemark rund 2 Mein Mini-Spec um die Spektroskopie. Ich habe einige Spektroskopiekurse in Deutschland und Dänemark mit qualifizierten deutschen typischen Objekten wie Supernovae und zu beobachten, zu analysieren und zu Lehrern wie Michael Winkhaus, Bernd Novae, war ich auf der Suche nach einem verstehen. Dabei wurde ich – wie auch Koch, Ernst Pollmann und – von der VdS interessanten Objekt auf TYC 2505-672-1 viele andere – von Professor Steve Shore – Lothar Schanne absolvieren können. gestoßen. Dieser geheimnisvolle R-Coro- unterstützt. Steve Shore war eine große nae-Borealis-Variable veränderte im Jahr Inspirationsquelle für mich, er beantwor- Wir dänischen Amateurastronomen freuen 2013 deutlich seine Helligkeit über eine tete immer bereitwillig Fragen, und ich uns sehr, mit unseren deutschen Freunden kurze Zeit. habe von ihm sehr viel über Novae ge- zusammen die Spektroskopie in Dänemark lernt. Ich freue mich, wenn ich zukünftig weiterentwickeln zu können. Ich bin derzeit mit der Klassifizierung mit einer verbesserten spektroskopischen von TYC 2139-1802-1 beschäftigt. Der Stern scheint wie ein Zentralstern in et- was Ähnlichem wie einem Planetarischen Nebel zu sein, ist es aber nicht. Hier habe Spektroskopiepreis ich mit meinem guten Freund Frank Lar- Die VdS-Fachgruppe Spektroskopie lobt ab 2015 einen jährlichen Förder- sen gemeinsam Spektren aufgenommen. preis im Bereich Spektroskopie für Schülerinnen und Schüler aus. Der Preis Das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, beinhaltet ein Preisgeld von 1.500,- EUR sowie einen Reisekostenzuschuss und wir hoffen mit einem fernsteuerba- von höchstens 500,- EUR für die Reise zur Preisverleihung und ggf. für ren Teleskop auf Teneriffa einige High- die Teilnahme an der Jahreskonferenz der Fachgruppe „Aspekt“ gemäß den Res-Aufnahmen vom Stern und der Blase Vergabebedingungen. um ihn herum machen zu können. Die Regularien zum Preis finden sich unter http://spektroskopie.fg-vds.de/ Das letzte Jahr habe ich fast ausschließ- pdf/preis.pdf. Einsendeschluss der Bewerbungsunterlagen ist jeweils der 30. lich dazu benutzt, um die Nova Del 2013 September. Streifende Sternbedeckungen durch den Mond im 3. Quartal 2015 von Eberhard Riedel

Drei herausragende streifende Bedeckun- rand während des Vorbeizugs am Stern Ereignis 1 am 2. September gen von Sternen durch den Mond sind beschreibt. Ein kleines Fernrohr, das zur Am 2. September wird es etwa 20 Minu- im 3. Quartal dieses Jahres zu beobach- richtigen Zeit auf einem Punkt dieser Li- ten vor Mitternacht (MESZ) auf einer Li- ten, eine davon während der totalen nien aufgestellt wird, zeigt innerhalb we- nie von Lörrach über Ulm bis ins nördli- Mondfinsternis am frühen Morgen des niger Minuten, wie das zerklüftete Rand- che Bayern spannend: Dann schiebt sich 28. September. Die Abbildung 1 zeigt die profil des Mondes den Stern teilweise der Nordrand des zu 76 % beleuchteten drei Grenzlinien dieser Ereignisse quer mehrfach schlagartig verschwinden und abnehmenden Mondes am 6,7 mag hellen über Deutschland, die der mittlere Mond- wieder auftauchen lässt. Stern VW Arietis vorbei. Wegen der Nähe

VdS-Journal Nr. 54 Sternbedeckungen 123

der beleuchteten Mondstrukturen ist die Bedeckung des Sterns weiter westlich der deutschen Grenze nicht beobachtbar. Ab der Grenze verschiebt sich die Streifung aber auf den unbeleuchteten Mondrand und kann dort mit einem Fernrohr mit 15 cm Öffnung verfolgt werden.

Die Abbildung 2 zeigt die zu erwartende Situation beim Blick durch das Fernrohr (Norden ist oben). Das Mondrandprofil ist für eine geografische Länge von 10° Ost dargestellt, gilt aber annähernd für die gesamte dargestellte Grenzlinie. Die scheinbare Sternbahn entlang des Mond- randes ist die blauweiß gestrichelte Linie, die Minuteneinteilungen zeigt. Die Länge eines weißen bzw. eines blauen Streifens entspricht jeweils 10 Zeitsekunden. Die Krümmung der scheinbaren Sternbahn ist grafisch erforderlich, weil die Profil- strukturen in 6-facher Überhöhung dar- gestellt sind. Auf diese Weise kann bes- ser beurteilt werden, wann und wieviele Bedeckungsereignisse im Einzelnen zu erwarten sind.

Die Grafik zeigt die Streifungssituation, wie sie bei exakter Positionierung auf der vorausberechneten Grenzlinie stattfinden wird. Genau hier berührt die scheinbare Sternbahn das mittlere Mondniveau, wel- ches als weiß gepunktete Linie dargestellt 1 Karte mit den Grenzlinien der drei Streifungsereignisse ist. Würde man an genau dieser geogra- fischen Position beobachten, würde man allerdings überhaupt keine Bedeckung Um eine oder mehrere Bedeckungen des bene) geografische Breite verlässt, geben erleben. Dies liegt an den tatsächlichen Sterns sehen zu können, muss man in die roten Begrenzungslinien. Diese zei- Mondrandstrukturen, die an dieser Stelle diesem Fall nach Süden ausweichen. gen einen Abstand von der Grenzlinie bei der gegebenen Libration des Mondes Einen Anhalt über die Verlagerung der von +/- 3.000 m, welche senkrecht zur teilweise deutlich unterhalb des mittleren scheinbaren Sternbahn, wenn man die Grenzlinie aufgetragen wird. Bei diesem Mondrandniveaus liegen. vorausberechnete (in der Grafik angege- Ereignis wird eine Position ab ca. 1.500 m

3 2 Beleuchtungssituation am Mondrand mit hochaufgelöstem Streifungssituation auf der Grenzlinie und Vergrößerung Oberflächenprofil

VdS-Journal Nr. 54 124 Sternbedeckungen

5 4 Profil im Kernschatten der Erde Videoaufzeichnung einer Sternbedeckung

weiter südlich als in der Grafik angege- Mond vollständig verfinstert ist, ist seine eine genügend genaue Zeitmessung zu ben die Beobachtung mehrfacher Bede- Beobachtung auch in kleinen Fernrohren ermöglichen. ckungen ergeben. problemlos möglich. Um streifende Sternbedeckungen erfolg- Ereignis 2 am 7. September Die Profilgrafik (Abb. 4), die erneut für reich beobachten zu können, werden Am 7. September findet ab ca. 04:32 die geografische Länge 10° Ost erstellt eine ganze Reihe präziser Informationen MESZ die Nordrandstreifung des 6,3 mag ist, zeigt, dass auf der Grenzlinie voraus- benötigt. Die europäische Sektion der hellen 292B Gemini (HIP 30218) statt. sichtlich nur ein wenige Sekunden langes International Timing Asso- Der abnehmende Mond ist nur noch zu Verschwinden des Sterns zu sehen sein ciation (IOTA/ES) stellt diese Daten zur 32 % beleuchtet. wird. Wenn man sich bis zu 1.000 m wei- Verfügung. Kernstück ist die Software ter südlich postiert, sind aber auch Mehr­ GRAZPREP des Autors, die sowohl eine Das Mondrandprofil in der Abbildung 3 fachereignisse zu sehen. komplette und stets aktualisierte Auf- zeigt die Situation bei der geografischen listung aller interessanten Ereignisse Länge von 10° Ost. Der Stern ist hier bei Beobachten als auch für jedes Ereignis die genauen genügendem Abstand zu den beleuch- Grundlage der hier veröffentlichten Pro- Koordinaten der Grenzlinien und viele teten Mondstrukturen gut zu erkennen. fildaten sind Laser-Messungen der japa- weitere Informationen liefert. Darüber Auf der für das mittlere Mondrandniveau nischen Kaguya-Sonde, die vom Chem- hinaus kann von jedem Standort aus das gerechneten Grenzlinie wird eine Bede- nitzer Sternfreund Dietmar Büttner für Profil des Mondes und die zu erwartende ckung des Sterns bereits erfolgen. Diese eine hochauflösende Darstellung aufbe- Sternbahn grafisch dargestellt werden, dauert von ca. 04:35:54 bis ca. 04:36:15 reitet und nachberechnet wurden. um so den besten Beobachtungsstand- MESZ. Wie die Vergrößerung innerhalb ort auswählen zu können. Letzterer muss der Abbildung offenbart, in der das Im besten Fall gilt es, eine Aufzeichnung auch unter Berücksichtigung der Höhe Mondrandprofil in 24-facher Vergröße- der Streifung per Video zusammen mit optimiert werden, weil diese einen Ein- rung dargestellt ist, wird der Stern ca. einer hochgenauen Zeitsynchronisation fluss auf den Blickwinkel zum Mond hat. zwischen 04:36:18 und 04:36:21 MESZ durchzuführen. Viele Amateure auf der Hierzu können höhenkorrigierte Grenz- in einem kleinen Mondtal erscheinen. Je ganzen Welt verfügen über eine entspre- linien direkt in eine Google-Earth-Karte weiter südlich man sich hier positioniert, chende Ausrüstung und sammeln auf übertragen werden, mit der es dann ein- umso mehr Kontakte zwischen Mond- diese Weise wertvolle Daten. Die Abbil- fach ist, die besten Beobachtungsstatio- rand und Stern werden erfolgen. dung 5 zeigt ein Bild aus einer entspre- nen festzulegen. chenden Videoaufnahme der streifen- Ereignis 3 am 28. September den Bedeckung von Lambda Gemini am Die Software kann kostenlos unter www. (totale Mondfinsternis) 4. Mai 2014, die der Autor angefertigt grazprep.com heruntergeladen und ins- Am 28. September findet beginnend um hat. Der Stern ist links von der Sichel- talliert werden (Password: IOTA/ES). Die 04:36 MESZ auf einer Linie vom nördli- spitze des Mondes kurz nach mehreren zusätzlich benötigten Vorhersagedateien chen Niedersachsen ins südliche Meck- Bedeckungen erkennbar. Am unteren sind direkt vom Autor (e_riedel@msn. lenburg-Vorpommern und durch die Bildrand ist die Einblendung der genau- com) oder über die IOTA/ES (www.iota- Stadt Neubrandenburg eine streifende en Uhrzeit und der geografischen Positi- es.de) zu beziehen. Weiterführende In- Bedeckung während der totalen Mond- on des Beobachtungsortes ablesbar. Der formationen, z. B. über die Meldung der finsternis statt. Der Stern SAO 109080 Berliner Sternfreund Sven Andersson ist Bedeckungszeiten, sind dort ebenfalls (HIP 1121) ist zwar nur 9,2 mag hell, da der Konstrukteur einer Time-Inserter- erhältlich. er aber zu diesem Zeitpunkt fast mittig Elektronik, die das hochgenaue Sekun- zum Kernschatten der Erde steht und der densignal der GPS-Satelliten nutzt, um

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Sternfinsternis in den Plejaden – Kleinplanet (2520) Novorossijsk bedeckt den Stern 24 Tauri von Oliver Klös

In den frühen Morgenstunden am Montag, Das Ereignis Die Messung dem 7. September 2015, ereignet sich ein Die Sternbedeckung findet gegen 02:28 Videobeobachtungen mit Video Time ganz besonderes Himmelsschauspiel im UT (04:28 MESZ) statt. Dabei ist der As- Insertern zur genauen Zeitmessung Sternbild Taurus. Hoch am südöstlichen teroid ca. 2,6 AE von der Erde entfernt sind für eine erfolgreiche Messung der Himmel verschwindet für etwa vier Se- und nur 17 mag hell. Nach der Berech- Bedeckung absolut wünschenswert. Es kunden ein Stern in den Plejaden (Abb. 1). nung von Steve Preston im April 2014 ist ein Irrglaube, dass helle Sternbede- beginnt das Ereignis gegen 02:18 UT ckungen einfach zu messen sind. Gera- Der über dem Atlantik, der Schatten von de helle Sterne haben oft einen großen Dieses Ereignis wird durch den Astero- (2520) Novorossijsk streift anschließend Sterndurchmesser. Dadurch geschieht der iden (2520) Novorossijsk hervorgerufen. die Westküste Afrikas und erreicht Euro- Helligkeitsabfall nicht plötzlich, sondern Der im Jahr 1976 entdeckte Kleinplanet pa im Südosten Spaniens. Über den Sü- kann sich über ein paar Sekundenbruch- gehört zum Hauptgürtel und hat einen ge- den Frankreichs, den Osten der Schweiz teile hinziehen. Das ist mit dem Auge schätzten Durchmesser von etwa 35 km. und den Westen Österreichs läuft der nicht wahrnehmbar und schon gar nicht Eine Sternbedeckung durch diesen Astero- Schattenpfad schließlich über den Sü- zeitlich zu erfassen. iden wurde bisher noch nicht beobachtet den und Osten Deutschlands (Abb. 2), (Stand: Januar 2015) und somit könnte bevor er westlich von Prag Tschechien Achten Sie darauf, dass bei der Videoauf- eine erfolgreiche Beobachtungskam- und dann den Westen Polens und die zeichnung der Zielstern sowie der Ver- pagne einen Hinweis über den wahren baltischen Staaten überquert. Wenn der gleichsstern nicht überbelichtet sind. Ist Durchmesser des Kleinplaneten geben. Schatten Russland streift, hat dort bereits der Chip in der Kamera „gesättigt“, kann die Morgendämmerung eingesetzt. der erste Moment des Helligkeitsabfalls Der Stern in der Überbelichtung verlorengehen. 24 Tauri ist ein Stern der Spektralklasse Die projizierte Schattenbreite auf der Natürlich gilt dies auch für das Ende der A0. In einem Abstand von etwa 86 Bo- Erdoberfläche beträgt nur 40 km, auch Bedeckung, wenn der Stern wieder seine gensekunden und bei einem Positions- ist die Genauigkeit der Berechnung der volle Helligkeit erreicht. Daher ist es auch winkel von 344 Grad, befindet sich die Pfadlage nicht sehr hoch. Die berechne- sinnvoll, die schwache Doppelsternkom- schwächere Komponente des Doppel- ten Zeiten haben eine Genauigkeit von ponente der viel zu hellen Alkyone als sterns mit 8,2 mag. Nur zwei Bogenmi- ±18 Sekunden. Daher sind viele Beob- Vergleichsstern vorzuziehen. nuten entfernt steht der hellste Stern der achtungen, auch außerhalb des berech- Plejaden, Eta Tauri (Alkyone), mit einer neten Pfades und seiner Fehlergrenzen, Von der Videoaufzeichnung sollten Sie Helligkeit von 2,8 mag. erwünscht [1]. eine Lichtkurve erstellten. Hierfür gibt

1 Finde den Fehler! Die Abbildung links zeigt die Plejaden mit allen ihren Sternen bis ca. 13 mag. Das zweite Bild zeigt den simulierten Anblick während der Bedeckung durch (2520) Novorossijsk. (Foto: O. Klös)

VdS-Journal Nr. 54 126 Veränderliche

es spezielle Auswertungsprogramme [2]. Im Fall einer positiven Beobachtung sind dann dort die entscheidenden Zeitpunkte der Bedeckung auf wenige Sekunden- bruchteile auswertbar. Achten Sie dar- auf, dass bei der Erstellung der Lichtkur- ve kein „Streulicht“ von Alkyone in die Messung einfließt.

Keine Videoausrüstung zur Hand? Wenn Sie über die notwendige Ausrüs- tung für eine Messung nicht verfügen, dann genießen Sie die Sternbedeckung einfach! Sehen Sie den Stern verschwin- den und wieder auftauchen, das ist ein einmaliges Ereignis, das nicht wieder- kommt. Diesen Augenblick werden Sie mit Sicherheit nie mehr vergessen!

Weblinks: [1] S. Preston: “IOTA/IOTA-ES occultation update for (2520) Novorossijsk / TYC 1800-02201-1 event on 2015 Sep 07, 02:28 2 Der Schattenpfad von (2520) Novorossijsk. Die grünen Linien stellen den Pfad dar, UT”, http://asteroidoccultation. die blauen, gestrichelten Linien die 1-Sigma-Fehlergrenzen. Mit einer Wahrschein- com/2015_09/0907_2520_35574. lichkeit von 68 % findet innerhalb dieser Fehlergrenzen die Bedeckung statt. Die htm Pfadberechnung erstellte Steve Preston im April 2014. Pfadverschiebungen in seinen [2] H. Pavlov: “Tangra 3”, aktuellen Berechnungen sind möglich. (Grafik: O. Klös) www.hristopavlov.net/Tangra3/

BAV-Veränderlichenbeobachtungs- und Urlaubswoche 2015 1.-9. August

Die nun schon traditionelle BAV-Veränderlichenbeobach- Die Übernachtung findet in den Räumen der Sternwarte tungswoche an der VdS-Sternwarte Kirchheim bei Erfurt statt (Selbstversorgung) oder alternativ in einer Pension findet nach einem Jahr Pause wieder statt. in der Umgebung. Auch tageweise Teilnahme ist möglich. Bitte melden Sie sich unter [email protected]. Vom 1. bis 9. August lernen Sie die Veränderlichen von der Pike auf kennen, erfahren ihre Geschichte, erleben Dietmar Bannuscher ihre unterschiedlichen „Temperamente“ und steigen in die visuelle und/oder fotografische Beobachtung ein.

Tagsüber werden auch Ausflüge in die geschichtsträch- tigen und schönen Städte wie Erfurt, Eisenach und Jena

angeboten, gleichfalls lockt der Thüringer Wald. sternwarte-kirchheim.de

VdS-Journal Nr. 54 Veränderliche 127

Rho Cassiopeiae 1994-2014 von Wolfgang Vollmann

Rho Cassiopeiae (Abb. 1) ist ein Stern der Lichtwechsel zwischen 4,2 und 4,8 mag V reduziert wurden, dargestellt sind. Ein Superlative: aus 8.000 Lichtjahren Ent- (Abb. 3). Im Oktober 2000 (JD 2451830) Phasendiagramm (Abb. 4) aus den Beob- fernung leuchtet der Stern so hell, dass er wurde ein besonders tiefes Minimum von achtungen dieser 20 Jahre zeigt die Pe- mit normalerweise um die 4,5 mag deut- 5,35 mag erreicht. Das letzte tiefere Mi- riode von 320 Tagen (aus AAVSO VSX lich mit freiem Auge erkennbar ist. Der nimum erreichte Rho Cas 1986 und da- [3]) nicht. Stern dürfte mehr als 500.000-mal heller vor im September 1946 mit nur 6,2 mag. als die Sonne leuchten und ist ein gelber Die Lichtkurve 1994 - 2014 wurde zum Da sich Rho Cas in astronomischen Zeit- Hyperriese vom Spektraltyp F8-K0, einer größten Teil mit dem AAVSO Vstar Tool räumen sehr rasch weiterentwickelt und der leuchtkräftigsten Sterne der Milch- [5] erstellt, wobei lichtelektrische, CCD- auf das Ende seines Sternenlebens zu- straße. Rho Cas wird auf 40 Sonnenmas- und DSLR-Helligkeiten, die auf Johnson steuert, bleibt er weiter interessant zum sen geschätzt. Mit einem Durchmesser von 4 Astronomischen Einheiten wäre Rho Cas, an die Stelle der Sonne gesetzt, größer als die Marsbahn [2] [7].

Béla Hassforther hat in den Jahren 2000 - 2003 öfter über diesen interessanten Stern berichtet [1]. Seit 2011 beobachte ich Rho Cas mit der Digitalkamera (DSLR Canon 450D, Abb. 2). Dabei verwende ich die für Gamma Cas gemachten Bil- der, deren Technik in [4] beschrieben ist: Objektiv 1:2,8, f = 35 mm bei 13 Sekun- den Belichtungszeit und Einstellung ISO 400. Die Kamera ist am Fotostativ mon- tiert und den Sternen nicht nachgeführt. Das Objektiv ist auf eine Entfernung von 3 m eingestellt, was unscharfe Sterne mit einem Durchmesser von 16-18 Pixel be- wirkt. Dadurch verteilt sich das Sternlicht auf mehr Pixel und selbst helle Sterne wie Gamma Cas sind nicht überbelich- tet. Unregelmäßigkeiten einzelner Pixel beeinflussen das Ergebnis also nicht. 1 Sternbild Kassiopeia („Himmels-W“), rechts (westlich) der gelbliche Rho Cas, Gemessen wird jeweils das Grünbild Aufnahme am 9. Okt. 2014 und auf Johnson V mit Hilfe des mittle- ren Farbindex B-V der Vergleichssterne transformiert [6]. Die Messungen von je- weils 10 Einzelbildern werden gemittelt. Die erzielte Genauigkeit reicht nicht ganz an die der lichtelektrischen Fotometrie heran, ist aber mit einer mittleren Stan- dardabweichung von 0,02 bis 0,03 mag besser als visuelle Einzelbeobachtungen. Bei Sternhöhen unter 30 Grad (> 2 Luft- massen) sinkt die Genauigkeit deutlich ab, obwohl natürlich die mittlere diffe- renzielle Extinktion berücksichtigt wird. Durch die nördliche Deklination von +57° ist Rho Cas das ganze Jahr über zu beobachten, wobei meistens in Höhen > 30° gemessen werden kann. 2 Der Stern zeigte zwischen 1994 und Rho-Cas-Lichtkurve 2011-2014, erstellt aus eigenen Beobachtungen mit der 2014 einen nahezu unregelmäßigen Digitalkamera Canon 450D

VdS-Journal Nr. 54 128 Veränderliche

Beobachten. Bei den tiefen Minima von astro.de/rb/RB2000-4/seite239. 1/2012, www.bavdata-astro.de/rb/ 1946, 1986 und 2000 warf der Stern eine html, www.bavdata-astro.de/rb/ RB2012-1/20.pdf dichte Materiehülle ab (2000: 10.000 Erd- RB2001-3/seite136.html, www. [5] AAVSO Vstar Tool: www.aavso.org/ massen) und wurde röter und kühler. Aber bavdata-astro.de/rb/RB2003-1/ vstar-overview auch sonst zeigt Rho Cas Massenverlust seite34.html, www.bavdata-astro. [6] W. Vollmann, 2011: „Beobachtung durch einen starken Sternwind. Ein kata- de/rb/RB2003-4/seite187.html Veränderlicher Sterne mit der Digi- strophales Ende des Sterns in einer Su- [2] J. Kaler: „Rho Cas“, http://stars. talkamera: Miramaximum im Okto- pernova-Explosion in der (astronomisch) astro.illinois.edu/sow/rhocas.html ber 2010“, BAV Rundbrief 1/2011, nahen Zukunft ist wahrscheinlich [7]. [3] AAVSO VSX zu Rho Cas: www. www.bav-astro.de/rb/rb2011-1/21. aavso.org/vsx pdf Literaturhinweise und Welinks: [4] E. Pollmann, W. Vollmann, F. Pus- [7] J. R. Percy, 2007: “Understanding [1] B. Hassforther, 2000-2003: BAV kás, 2012: „Hα-Emission und Variable Stars”, Cambridge Univer- Rundbriefe 4/2000, 3/2001, V-Korrelationen als Sonden von sity Press 1/2003, 4/2003, www.bavdata- Be-Sternscheiben“, BAV Rundbrief

3 Rho-Cas-Lichtkurve 1994-2014, AAVSO International Database, erstellt mit [5]. Die Beobachtungen rechts, 2011-2014, sind größtenteils meine Messungen mit der Digitalkamera.

4 Rho-Cas-Phasendiagramm 1994-2014 mit der Periode 320 Tage, AAVSO International Database, erstellt mit [5]

VdS-Journal Nr. 54 VdS-Nachrichten 129 Die 32. VdS-Tagung am 21. und 22. November 2015 in Braunschweig Otto Guthier, VdS-Vorstand

Ungerade Jahre sind „VdS-Jahre“, denn im Rhythmus von zwei Jahren finden die VdS-Tagungen in Verbindung mit ei- ner ordentlichen Mitgliederversammlung der Vereinigung der Sternfreunde e.V. statt.

Zuletzt war die VdS zu Gast im „Planetarium am Schölerberg“ in Osnabrück. Die letzte Mitgliederversammlung datiert vom 19. Oktober 2013.

Auf Einladung der Sternfreunde Braunschweig-Hondelage e.V. findet die diesjährige Tagung und Mitgliederversammlung am 21. November im „Haus der Wissenschaft“ in Braunschweig statt. Vorgesehen ist ein Vortrags- und Rahmenprogramm für diesen Tag. 1 „Haus der Wissenschaft“, Braunschweig Die Tagung soll am Samstag, 21. November, gegen ca. 10 Uhr mit Vorträgen aus dem Bereich der Amateurastronomie be- ginnen. Den vorgesehenen Fachvortrag wird Herr Prof. Dr. Joachim Block, seit Januar 2011 Leiter der DLR-Standorte Braunschweig und Göttingen, halten. Herr Professor Block wird aktuell über die neuesten Ergebnisse der Rosetta-Philae- Mission berichten. Nach der Mittagspause sollen weitere Re- ferate aus dem Bereich der Amateurastronomie folgen. Die Mitgliederversammlung wird bis gegen 17 Uhr stattfinden. Die Tagung und Mitgliederversammlung findet in der Aula im „Haus der Wissenschaft“ statt.

Nach der Mitgliederversammlung mit Wahlen zum Vorstand 2 Blick in die Aula soll der Abend in einer Tagungsstätte mit einem gemütlichen

Beisammensein ausklingen. Das Rahmen- programm am Sonntag sieht einen Besuch Spenden an die der 2004 eingeweihten „Sternwarte Braun- schweig-Hondelage“ sowie eine Besichti- Vereinigung der Sternfreunde e. V. gung der DLR in Braunschweig vor. Auch von Thomas Keßler, VdS-Schatzmeister ein Besuch im ca. 30 Kilometer entfernten „Planetarium Wolfsburg“ ist möglich. Im Jahr 2014 erhielt unsere Vereinigung wieder zahlreiche Spenden von Mitglie- dern. Der Vorstand bedankt sich bei allen Spendern ganz herzlich, auch bei den Wer sich mit einem Vortrag oder einer vielen ungenannten Mitgliedern, die bei der Überweisung der Jahresrechnung den Präsentation an der Tagung beteiligen Betrag aufrundeten. Insgesamt erhielt die VdS Spenden in Höhe von 1.406,20 EUR, möchte, ist herzlich dazu eingeladen. In- die teilweise zweckgebunden für bestimmte Projekte verwendet werden. teressenten wenden sich bitte an die Ge- Vielen Dank für Ihre Unterstützung. schäftsstelle der VdS.

Mitgl-Nr. Name Vorname Mitgl-Nr. Name Vorname Das vorgesehene Programm der 32. VdS- 11324 Dr. Fuchs Rainer 15127 Quaas Eberhard Tagung und Mitgliederversammlung wer- 11998 Glitscher Gunnar 15770 Wegt Peter den wir im nächsten „VdS-Journal für 12451 Dipl.-Phys. Quester Wolfgang 16851 Brenner Frank Astronomie“, Nummer 55, vorstellen. Alle 12540 Fehlmann Wolfgang 16973 Polle Joachim Mitglieder erhalten rechtzeitig eine Einla- 12980 Dr. Hambsch Franz-Josef 17898 Dipl.-W. Spindler Rolf dung mit einem Rückantwortschreiben. 13211 Hosters Peter 17994 Henze Werner 13448 Stück Günter 18465 Meyer Klaus Wir möchten unsere Mitglieder und Stern- 13887 Rendelmann Holger 19212 Dr. Stepputat Klaus-Jochen freunde schon jetzt zu der im November 13921 Küppers Stephan 19677 Straußberger Klaus stattfindenden 32. Tagung der VdS herz- 14604 Jonscher Peter 20468 Ritter Rainer lich einladen.

VdS-Journal Nr. 54 VdS vor Ort / Tagungsberichte 131

33. BoHeTa an der Ruhr-Universität Bochum von Kai-Oliver Detken

Die nun bereits 33. BoHeTa fand wie gewohnt an der Ruhr-Universität in Bo- chum statt und startete mit stehenden Ovationen für die Organisatoren, die auch dieses Jahr wieder ganze Arbeit geleistet hatten. So fanden 2014 ca. 200 Teilnehmer den Weg zur BoHeTa (Abb. 1 und 2) – ein neuer Rekord! Auch mach- te dies Mut für die kommenden Veran- staltungsjahre, da es anscheinend wieder wichtiger geworden ist, sich direkt mitei- nander auszutauschen. Schön auch, dass diesmal die Ausstellungswände im Hör- saalfoyer intensiv für Ergebnispräsenta- tionen genutzt wurden.

Die Vortragsreihe, die auch in diesem Jahr wieder eine enorme Dichte auf- wies, startete mit der Thematik des lo- kalen Seeings. Dr. Thomas Eversberg 1 Blick in den Hörsaal HMA 10 wies darauf hin, dass man dieses nicht von dem atmosphärischen Seeing tren- nen könne, da beide Varianten zu einer größten Anteil am Gesamtergebnis aus. Das Erstellen eines Zeitrafferfilms erläu- Bildverschlechterungen bei der Aufnah- Das heißt: Das Auskühlen bzw. aktive terte im Anschluss Rainer Sparenberg. Er me führten. Er erklärte, dass das Kuppel- Kühlen sowie das Belüften eines Teles- zeigte tolle Aufnahmen von unterschied- Seeing von verschiedenen Seeing-Arten kops sind elementar. Daher habe das freie lichen astronomischen Orten und stellte (freie Konvektion vom Boden, Turbu- Beobachten ohne Sternwartenkuppel, die die zugrundeliegende Ausrüstung (Weit- lenzen am Kuppelspalt, Spiegelwärme) entsprechend hitzeanfällig ist, auch seine winkelobjektiv, Stativ, Reisemontierung) abhänge. Dabei machte nach seinen Vorteile. kurz vor. Zusätzlich zeigte er, wie man Untersuchungen das Spiegel-Seeing den einen eigenen Schlitten für seine Kamera bauen kann, um Bewegung in die Auf- nahmen zu bekommen. Als Alternative zur DSLR-Kamera stellte er für Tagesauf- nahmen die Nutzung einer Action-Cam vor, die er für 360-Grad-Aufnahmen auf eine zylindrische Eieruhr montierte [1]. Abschließend wurden kurz Software- Varianten präsentiert, um der aufgenom- menen Bilderflut auch Herr zu werden.

Bernd Gährken stellte seine Untersuchun- gen zur Kleinplanetensternbedeckung vor, die unter sehr schlechten Wetter- bedingungen in den Alpen fotografiert werden konnte. Im Anschluss an die Aufnahmen wurde die Bedeckung durch den Kleinplaneten (9) Metis untersucht. Auf Basis diverser Fotometriekurven, die aus unterschiedlichen Sichten vorlagen, wurden zwei existierende Modelle des Kleinplaneten analysiert und das besser 2 Gute Laune bei der Lilienthaler Gruppe passende zugeordnet. Abschließend war

VdS-Journal Nr. 54 132 VdS vor Ort / Tagungsberichte

Gymnasium aufgebaute Sternwartenan- lage. Hier stehen für den Praxisteil des Astronomie-Unterrichts sechs parallele Säulen mit Montierungen auf dem Schul- dach zur Verfügung (Abb. 4). Dadurch können mehrere Teilnehmer gleichzeitig Fotos und Spektren von Himmelsobjek- ten gewinnen, wodurch ein praktischer Laborbetrieb mit zeitnaher Auswertung möglich ist [2]. Bemerkenswert ist, dass keine öffentlichen Gelder in dem Schü- lerprojekt stecken, was aber gleichzeitig auch verdeutlicht, wie die Wertigkeit der Astronomie im Schulbetrieb heute in Deutschland gesehen wird.

Auf die Suche nach Exoplaneten mach- te sich Prof. Johannes Ohlert mit seinem Vortrag. Zum Nachweis der Exoplaneten wurden dabei u. a. Transitmessungen vorgenommen – mit der Fotometrie als Messmethode. Im vorgestellten Projekt wurde versucht, in bereits bekannten Exoplanetensystemen weitere Exopla- neten zu finden. Ziel war es, die Gang- 3 Bernd Gährken (Mitte) mit seinem Metis-Globus. Neben ihm die Veranstalter, genauigkeit von Exoplaneten zu erhö- links Prof. Dr. R.-J. Dettmar, rechts Peter Riepe hen, um auch kleinere Objekte wie z. B. den Planeten WASP-12c zu finden. Man erhofft sich dadurch, Antworten auf die ein 3D-Druck des Objekts möglich (der Der Nachfolgevortrag demonstrierte, wie Frage zu finden, wie sich Planetensyste- erste Metis-Globus der Welt, siehe Abb. astronomische Ausbildung an einem me bilden, wie sie beschaffen sind und 3), der mit Stolz vorgestellt wurde. Gymnasium aussehen kann: Bernd Koch ob es dort auch erdähnliche Planeten zeigte die am Wuppertaler Carl-Fuhlrott- gibt.

4 Dachsternwarte des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums Wuppertal

VdS-Journal Nr. 54 VdS vor Ort / Tagungsberichte 133

Die Bearbeitung der Deep-Sky-Auf- nahmen mit PixInsight (PI) stand beim Vortrag von Dr. Sighard Schräbler im Mittelpunkt. Doch stellte er auch andere Alternativen zur Bildverarbeitung vor, da sich für unterschiedliche Anwendungs- fälle durchaus verschiedene Tools nutzen lassen. Weitere Beispiele mit unterschied- lichen Brennweiten wurden gezeigt: von feststehenden Kameras auf Stativ und mit Fisheye-Objektiv bis hin zu nachge- führten Teleskopen mit hoher Brennwei- te. Dabei wurde die Bearbeitung der Bil- der erläutert und PI-Vorzüge präsentiert. So stackt PI angeblich die Sterne genau- er. Auch das „Entrauschen“ der Bilder soll durch PI effizienter möglich sein. Die Farbzuordnung kann man abschließend mittels SHO-Skript beispielsweise über die Hubble-Palette vornehmen. Fazit: Es gibt viele Wege zum Ziel.

Ein ebenso interessanter wie amüsan- ter Praxisvortrag kam von Dr. Hartwig Luethen. Auf seiner Balkonsternwarte 5 hat er direkt Bilder aus der Hamburg- Sonne am 9. Juli 2014, 9:07 Uhr UT, 10-zölliges Schmidt-Cassegrain-Teleskop, Altonaer Innenstadt heraus geschossen. 2-fach-Barlowlinse, Baader-Folie, Rotfilter, DMK41, Verarbeitung mit AutoStakkert, Und das, obwohl er von dort direkt auf Registacks, Bildautor: Hartwig Luethen den beleuchteten Hafen und auf die Flut- lichtmasten des FC St. Pauli schaut. Bei Recherchen fiel ihm auf, dass der Komet Kurator Dr. Jakob Staude verlieh die trum Südwürttemberg in Bad Saulgau 23P/Brorsen-Metcalf im Jahr 1847 ganz Reiff-Preise für Astronomie 2014. In haben umfassende Materialien für die in der Nähe seines Balkons entdeckt wur- der Kategorie 1 ging der erste Preis an Klassen 1 und 2 zum Thema Erde und de. Diese Entdeckung veranlasste ihn, es die Astronomische AG am Gymnasium Mond entwickelt. einmal selbst zu versuchen. Neben Pla- Josephinum in Hildesheim. Dr. Arndt neten und Mond wurden sehr schöne Latußeck als Leiter sorgt hier seit 2003 Im Rahmen des Reiff-Fachvortrags be- Sonnenbilder im Weiß- und Rotlicht prä- zusammen mit Kollegen für eine stetige leuchtete Dr. Andreas Koch (Universität sentiert (Abb. 5) sowie auch Kometenauf- Entwicklung der Astronomie, nicht nur Heidelberg) aus Sicht eines Fachastrono- nahmen. Wie man ein PST Coronado mit im Unterricht, sondern auch durch den men die Rolle lichtschwacher Zwergga- Hilfe eines Lidl-Teleskops umbaut, wurde weiteren Ausbau der Schulsternwarte, an laxien. Er referierte über den häufigsten am Ende der Präsentation gezeigt. der anspruchsvolle Projekte laufen. Galaxientyp im Universum und die äl- testen Objekte: Zwerggalaxien. Im Rah- Das Thema Sonnenfinsternis (SoFi) 2015 Der zweite Preis ging an zwei Astrono- men seiner Forschungen stellte er fest, wurde von Stefan Krause vorgestellt. Die mie-Arbeitsgruppen am Friedrich-Schil- dass die Halos großer Scheibengalaxien nächste SoFi findet (inzwischen hat sie ler-Gymnasium Weimar (mit Schulstern- immerzu mit neuem Material von außen bereits stattgefunden) im März 2015 in warte und mehreren Schülerfernrohren). gefüllt werden. Dort findet die gravitati- Europa statt. Allerdings wird in Nord- Mario Koch und Uwe Schröter schaffen ve Zerstörung einfallender Zwerggalaxi- deutschland nur eine Abdeckung von ca. jetzt zu ihren vielseitigen Schülerpro- en statt. In Zusammenarbeit mit der VdS- 80 % erreicht, während die Faröer-Inseln jekten noch eine Allsky-Kamera an. Den Arbeitsgruppe „Tief belichtete Galaxien“ genau im Kernschatten liegen werden. dritten Preis erhielt die Astronomie- (TBG) ist eine Kooperation zwischen Allerdings sind die Wetteraussichten auf AG an der Gesamtschule Hennef-West Wissenschaftlern und Hobby-Astrono- den Faröer-Inseln ziemlich schlecht, mit (NRW). AG-Leiter Karsten Schraut, Leh- men geplant, die solche Wechselwirkun- einer 75-%-Wahrscheinlichkeit für be- rer für Mathematik, Physik, Informatik, gen erfolgreich untersuchen. Dies führte decktes Wetter. Schnelle Wetteränderun- betreibt seit der Schulgründung 2013 Fabian Neyer von der TBG-Gruppe an- gen sind möglich. Das Ende der SoFi ist systematisch den Aufbau eines astrono- hand des Systems NGC 4631/56 genauer um 12 Uhr mittags, während die Totalität mischen Schwerpunkts. Der Förderpreis aus. Der gefundene Sternenstrom und um 10:45 Uhr stattfindet. Sie wird für der Kategorie 2 geht wieder an Heidrun der mögliche Gezeitenschweif im Bereich längere Zeit die letzte, gut erreichbare Boll und Christa Müller. Die Grundschul- dieser beiden nahen Galaxien (Abb. 6) SoFi bleiben. lehrerinnen am Schülerforschungszen- sind extrem lichtschwach (> 28,5 mag/

VdS-Journal Nr. 54 DREIECK

ANDROMEDA JAGDHUNDE GROSSER BÄR 134 VdS vor Ort / Tagungsberichte DRACHE KEPHEUS

EIDECHSE Deneb BOOTES HAAR DER HERKULES BERENIKE Wega NÖRDL. SCHWAN KRONE

Gemma Arktur LEIER FÜCHSCHEN Albireo FISCHE PEGASUS

PFEIL DELFIN SCHLANGE (KOPF) FÜLLEN Atair ADLER JUNGFRAU SCHLANGE (SCHWANZ) SCHLANGEN- WASSERMANN TRÄGER Neptun SCHILD WAAGE STEINBOCK Saturn

Pluto SÜDOS SKORPION T Antares Sternkarte exakt gültig für 15. Juli SCHÜTZE 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de

6 Galaxien NGC 4631/56 und Umgebung (invertiert, Norden oben), aufgenommen als LRGB zwischen Februar und Mai 2014 mit einem 5,5-Zoll-Apochromaten (TEC) f/7,2 und einer CCD-Kamera STL-11000M. Gesamtbelichtungszeit 50 Stunden. Das Bildfeld misst ‚ ‚ ca. 42 x 32 . Aufnahme und Bildbearbeitung: Fabian Neyer, TBG-Gruppe.

arcsec2), so dass extrem tief belichtet Mit den Planetarischen Nebeln des Her- Internet- und Literaturhinweise werden muss. In diesem Fall waren es 50 schel-Katalogs beschäftigte sich Christi- (Stand: November 2014): Stunden! Amateure können so den Pro- an Harder. Herschel fertigte seine Geräte [1] Rainer Sparenberg: www.airglow.de fis neue Erkenntnisse liefern, da sie ihre selbst an und entwickelte diese laufend [2] Broschüre zum Download: freie Zeit besser einteilen und beliebige weiter. Er entdeckte u. a. 1787 die Ura- www.schuelerlabor-astronomie.de Objekte zur Fotografie auswählen kön- nusmonde Titania sowie Oberon und hat nen. Dadurch kann der Hobby-Astronom in seinem Leben mehr als 2.500 Objekte einen Beitrag zur Wissenschaft leisten. beobachtet – davon allein 35 Planeta- rische Nebel (PN). Im Herschel-Katalog Leuchtende Nachtwolken stellte Jens lassen sich schöne PN-Arten finden, Leich im Anschlussvortrag vor. Dabei die auch ein lohnendes Ziel für Hobby- stellte er fest, dass Studien über Polar- Astro­nomen sein können. lichter und Zodiakallichter schon im 19. Jahrhundert durchgeführt wurden. Der Die Veranstaltung wurde durch Zeitraf- Begriff „leuchtende Nachtwolken“ ist fer-Aufnahmen von Michael Kunze ab- allerdings etwas irreführend, da diese gerundet. Er besuchte verschiedene ame- Wolken nicht von selbst leuchten. Das rikanische Nationalparks und die Insel Phänomen ist noch nicht endgültig er- Hawaii und hielt dort den Nachthimmel forscht. Momentan wird angenommen, in Bildern fest (siehe dazu auch den Bei- dass sie durch unsere Umweltverschmut- trag in dieser Ausgabe, S. 67). So fand zung (wie z. B. Methangase) entstehen die Tagung einen schönen Ausklang, bzw. verstärkt werden. Dadurch sieht und der nächste Termin am 31.10.2015 man sie nicht nur mehr in Skandinavien, ist schon im Terminkalender notiert. sondern auch immer weiter südlich (bis hin zu den Alpen).

VdS-Journal Nr. 54 DREIECK

ANDROMEDA JAGDHUNDE GROSSER BÄR DRACHE KEPHEUS

EIDECHSE Deneb BOOTES HAAR DER HERKULES BERENIKE Wega NÖRDL. SCHWAN KRONE

Gemma Arktur LEIER FÜCHSCHEN Albireo FISCHE PEGASUS

PFEIL DELFIN SCHLANGE (KOPF) FÜLLEN Atair ADLER JUNGFRAU SCHLANGE (SCHWANZ) SCHLANGEN- WASSERMANN TRÄGER Neptun SCHILD WAAGE STEINBOCK Saturn

Pluto SÜDOS SKORPION T Antares Sternkarte exakt gültig für 15. Juli SCHÜTZE 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de

Planeten im Juli Ereignisse im Juli und 5,2° S Jupiter (-1,7 mag), W-Horizont Merkur erreichte Ende Juni eine größte 01. 0h max. Libration im Mond-SW, 8,4° 21. 12h Mond erdfern, Winkeldurchm. westliche Elongation, ist aber Anfang Juli 01. 15h Venus (-4,4 mag) 0,4° S Jupiter 29,5’ nur von südlichen Gegenden aus zu sehen. (-1,8 mag), Taghimmel 23. 22h Mond 4,5° NO Spica (α Virginis, 02. Kleinplanet (2) Pallas (9,5 mag) 1,1 mag) Venus steht am Abendhimmel und er- 0,2° S Stern Delta Herculis (3,1 24. 05:04 Erstes Viertel 25. Kleinplanet (1) Ceres (7,5 mag) reicht am 10. ihre größte Helligkeit. Sie mag) 02. 03:20 Vollmond in Opposition zur Sonne (Stern- ist Anfang Juli nur 0,4 Grad von Jupiter 05. 20h Mond erdnah, Winkeldurchm. bild Schütze) entfernt. 32,6’ 25. Zwergplanet Pluto (14,1 mag) 06. 17h Zwergplanet Pluto (14,1 mag) in 0,3° N Xi1 Sagittarii (5,0 mag) und 0,2° N Xi Sagittarii (3,5 Mars stand Mitte Juni in Konjunktion mit Opposition zur Sonne 2 06. 21h Erde im Aphel (Sonnendistanz mag) der Sonne und taucht morgens noch nicht 1,017 AE) 26. Uranus (5,8 mag) 0,5° S Stern wieder am dunklen Himmel auf. 06. 21:23 Jupitermond Europa bedeckt Io, Zeta Piscium (4,9 mag) partiell, Größe 0,18, bis 21:26 26. 0h Mond 5,8° N Saturn (0,4 mag) Jupiter trifft Anfang Juli abends mit 08. 21:24 Letztes Viertel 26. 23h Mond 10° NW Antares (α Scorpii, 1,1 mag) Venus zusammen, zieht sich dann aber 09. 3h Mond 1,6° W Uranus (5,8 mag) 10. Venus in größtem Glanz (-4,7 28. 0h max. Libration im Mond-SW, zunehmend vom Abendhimmel zurück. mag) 9,1° 12. 3h Mond 8,5° W Aldebaran (Alpha 28./29. Maximum Meteorstrom der Saturn steht tief im Süden und ist in der Tauri, 1,0 mag) Alpha Capricorniden, ganze Nacht, ca. 5/h, 23 km/s ersten Nachthälfte zu beobachten. 14. 0h max. Libration im Mond-NO, 8,3° 29. Maximum Meteorstrom der 16. 02:24 Neumond Delta Aquariden, Morgenhim- Uranus zieht seine Bahn in den Fischen 16. Beginn Beobachtungsperiode mel, 3-5 mag, ca. 20/h, 40 km/s und taucht nun wieder am Morgenhimmel Meteorstrom der Perseiden, 31. 0h Kleinplanet (2) Pallas (9,8 mag) auf. Max. am 13.8., 60 km/s 33’’ O Stern SAO 84781 (7,1 18. ca. Mond beginnt Bedeckung mag), Sternbild Herkules 13:45 Omicron Leonis (3,5 mag), Uhr- 31. 11:43 Vollmond Neptun im Wassermann ist wie Uranus ein zeit abh. v. Standort, bis ca. 15:07 31. 21h Venus (-4,3 mag) 6,4° S Jupiter Objekt für das Ende der Beobachtungsnacht. 18. 21h Mond 3,1° S Venus (-4,5 mag (-1,7 mag), W-Horizont Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° ö.L. und 50° n.Br., Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° 2:00 MEZ zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. eine Stunde zu den Zeitangaben addieren. DRACHE Algol KEPHEUS BOOTES FUHRMANN KEPHEUS KASSIOPEIA PERSEUS KASSIOPEIA Wega ANDROMED HERKULES HERKULES DREIECK NÖRDL. Algol Deneb KRONE SCHWAN

CHSE Deneb Wega PERSEUS A Gemma EIDECHSE EIDE ANDROMEDA LEIER WIDDER SCHWAN DREIECK Plejaden LEIER Albireo Aldebaran

Albireo STIER WIDDER FÜCHSCHEN FÜCHSCHEN SCHLANGEN- SCHLANGE PFEIL TRÄGER PEGASUS (KOPF) PEGASUS FISCHE PFEIL DELFIN FISCHE ADLER DELFIN Atair Uranus Atair ADLER FÜLLEN WALFISCH FÜLLEN Uranus SCHLANGEN- SCHLANGE TRÄGER WALFISCH (SCHWANZ)

WASSERMANN WASSERMANN SCHILD Neptun Neptun SCHILD

SÜDOS SÜDOS STEINBOCK Pluto STEINBOCK T Fomalhaut SÜDL. FISCH T SÜDL. FISCH Fomalhaut Sternkarte exakt Sternkarte exakt gültig für 15. August SCHÜTZE gültig für 15. September BILDHAUER 1 Uhr MESZ SÜDWEST 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de SÜD www.sternfreunde.de

Uhrzeit abh. v. Standort Planeten im August Ereignisse im August 23. 21h Mond 8,9° N Antares (α Scorpii, Merkur wird Anfang September eine größte 02. 11h Mond erdnah, Winkeldurchm. 1,1 mag) östliche Elongation erreichen, ist aber nur 33,0’ 25. 0h max. Libration im Mond-SW, 07. 03:03 Letztes Viertel 9,9° von südlichen Ländern aus sichtbar. Das 07. Merkur (-0,6 mag) 0,6° N 26. 23h Jupiter in Konjunktion mit der gilt auch für die Begegnung mit Jupiter Jupiter (-1,7 mag) und Regulus Sonne und Regulus am 7.8. (1,4 mag), früher Taghimmel 29. 19:35 Vollmond Venus wechselt rasch vom Abend- an 09. 1h Mond 43’ O Aldebaran (Alpha 30. 16h Mond erdnah, Winkeldurchm. Tauri, 0,9 mag) 33,4’ den Morgenhimmel, wo sie Ende August 10. 0h max. Libration im Mond-NO, 31.8/1.9. Maximum Meteorstrom der bereits wieder auftaucht. 9,0° Alpha Aurigiden, 65 km/s Mars ist nun ein Objekt für Frühaufsteher, 13. Maximum Sternschnuppen- er kann sich nur langsam aus der Morgen- schauer Perseiden, ca. 100/h, 60 km/s, Radiant im Sternbild dämmerung befreien. Perseus, Morgenhimmel 14. 15:53 Neumond Die Vorschau auf astronomische Ereignisse Jupiter zielt auf seine Konjunktion mit (Juli-Sept.) wurde zusammengestellt von 15. 20h Venus in unterer Konjunktion der Sonne am 26.; man findet ihn nur am Werner E. Celnik und Werner Braune (Ver- Taghimmel. mit der Sonne, Wechsel vom änderliche Sterne), Konrad Guhl (Sternbede- Abend- zum Morgenhimmel, ckungen durch den Mond), Eberhard Riedel Saturn kann nur in den ersten zwei dunk- wird beobachtbar ab Monatsende (streifende Sternbedeckungen), Oliver Klös len Abendstunden tief im Süden gesehen 18. Maximum Meteorstrom der (Sternbedeckungen durch Kleinplaneten). werden. Kappa Cygniden, 5-10/h, 25 km/s Quellen: Uranus geht jetzt bald vor Mitternacht auf, 18. 4h Mond erdfern, Winkeldurchm. US Naval Observatory, eigene Recherchen mittels GUIDE (Project Pluto), Berechnungen er ist Objekt der zweiten Nachthälfte. 29,4’ der BAV, Berechnungen der IOTA (Steve Pres- 22. 20h Mond 1,7° N Saturn (0,5 mag) Neptun ist früher dran als Uranus, nach ton), Berechnungen der IOTA/ES (Eberhard 22. 20:31 Erstes Viertel Riedel [GRAZPREP]), Kosmos Himmelsjahr ihm kann man schon zu späterer Abend- 22. ab Mond beginnt Bedeckung professional 2015 (Keller), Kosmos Der Ster- stunde suchen (Opposition am 1.9.). 21:59 von Eta Librae (4,2 mag), nenhimmel 2015 (Roth) Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° ö.L. und 50° n.Br., Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° 2:00 MEZ zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. eine Stunde zu den Zeitangaben addieren. DRACHE Algol KEPHEUS BOOTES FUHRMANN KEPHEUS KASSIOPEIA PERSEUS KASSIOPEIA Wega ANDROMED HERKULES HERKULES DREIECK NÖRDL. Algol Deneb KRONE SCHWAN

CHSE Deneb Wega PERSEUS A Gemma EIDECHSE EIDE ANDROMEDA LEIER WIDDER SCHWAN DREIECK Plejaden LEIER Albireo Aldebaran

Albireo STIER WIDDER FÜCHSCHEN FÜCHSCHEN SCHLANGEN- SCHLANGE PFEIL TRÄGER PEGASUS (KOPF) PEGASUS FISCHE PFEIL DELFIN FISCHE ADLER DELFIN Atair Uranus Atair ADLER FÜLLEN WALFISCH FÜLLEN Uranus SCHLANGEN- SCHLANGE TRÄGER WALFISCH (SCHWANZ)

WASSERMANN WASSERMANN SCHILD Neptun ERIDANUS Neptun SCHILD

SÜDOS SÜDOS STEINBOCK Pluto STEINBOCK T Fomalhaut SÜDL. FISCH T SÜDL. FISCH Fomalhaut Sternkarte exakt Sternkarte exakt gültig für 15. August SCHÜTZE gültig für 15. September BILDHAUER 1 Uhr MESZ SÜDWEST 1 Uhr MESZ SÜDWEST

Vereinigung der Sternfreunde e.V. Vereinigung der Sternfreunde e.V. SÜD www.sternfreunde.de SÜD www.sternfreunde.de

04. 2h Kleinplanet (4) Vesta (6,5 mag) 13. 07:41 Neumond, Partielle Sonnenfinster- Planeten im September 18’’ S Stern SAO 129056 (6,7 mag), nis, 79%, beobachtbar im südl. Merkur steht am 4.9. in größter östlicher Sternbild Walfisch Afrika u. Antarktis Elongation, taucht in Mitteleuropa aber nicht 04. Merkur in größter Elongation Ost, 14. 12h Mond erdfern, Winkeldurchm. am Abendhimmel auf. jedoch keine Merkursichtbarkeit 29,4’ 04. ca. Mond beendet Bedeckung von 19. 20h Mond 5° NO Saturn (0,6 mag) und Venus wird rasch zum auffälligen Morgen- 22:56 Gamma Tauri (3,6 mag), Uhrzeit 8,8° N Antares (α Scorpii, 1,1 mag) stern, bereits am 21.9. erreicht sie ihre größte abh. v. Standort 20. ca. Maximum Meteorstrom der Pisci- Helligkeit. 05. ca. Mond bedeckt Theta1 Tauri (3,8 22-4h den, 5-10/h, 25 km/s Mars tritt zögerlich am Morgenhimmel auf, 02:10 mag), Uhrzeiten abh. v. Standort, 21. 09:59 Erstes Viertel verbessert aber zunehmend seine Sichtbarkeit. bis ca. 02:42 21. 16h Venus in größtem Glanz (-4,8 mag) 05. ca. Mond bedeckt Aldebaran (Alpha 22. 0h max. Libration im Mond-SW, 10,1° Jupiter wird man ab Monatsmitte zusammen 06:05 Tauri, 0,9 mag), Uhrzeiten abh. v. 23. 09:21 Herbstanfang, Tag-und-Nacht- mit Mars und Venus am Morgenhimmel Standort, bis ca. 07:24 Gleiche sehen können. 05. 10:54 Letztes Viertel 25. 04:41 Mars (1,8 mag) 47’ N Regulus (α Saturn ist nur mehr ein Objekt für die erste 07. 0h max. Libration im Mond-NO, 9,9° Leonis, 1,4 mag), Farbunterschied! dunkle Abendstunde. 07. 03:28 Kleinplanet (2520) Novorossijsk 28. 3h Mond erdnah, Winkeldurchm. (17,1 mag) bedeckt Stern SAO 33,5’ Uranus wird Mitte Oktober seine Opposition 76192 (Eta Tauri B) (6,3 mag) für 28. 3h Mond 1,6° S Uranus (5,7 mag) erreichen und ist daher bereits im September 5,4 s, Pfadverlauf: Schweiz-SO – 28. ca. streifende Sternbedeckung durch fast die ganze Nacht über dem Horizont Österreich-W – Deutschland-O 03:36 den Mond während totaler Mond- 07. ca. streifende Sternbedeckung durch finsternis, SAO 109080 (9,2 mag), Neptun steht am 1. in Opposition zur 03:32 den Mond, SAO 95572 (6,3 mag), Pfadverlauf ca. Delft/NL – Itter- Sonne, jetzt sollte man nach ihm suchen. Sternbild Zwillinge, Pfadverlauf beck – Bakum – Munster – Alten- ca. Speyer – Worms – Zwickau - medingen – Grabow - Ahlbeck Ereignisse im September Dresden 28. 03:50 Vollmond, Totale Mondfinsternis, 01. 04:30 Venus (-4,6 mag, Phase 9%, 52’’) 08./9. Maximum Meteorstrom der Epsil- Größe 1,282, 01:10-06:24, Ende am Morgenhimmel, O-Horizont on Perseiden, ca. 10/h evtl. mehr Totalität 04:24, Dämmerungsbe- 01. 5h Neptun (7,8 mag, 2,4’’) in Oppo- 08. ca. Mond bedeckt Lambda Gemino- ginn 04:26, Sonnenaufgang 06:15 sition zur Sonne 04:51 rum (3,6 mag), Uhrzeiten abh. v. 29. Kleinplanet (4) Vesta (6,2 mag) in 02. ca. streifende Sternbedeckung durch Standort, bis ca. 05:58 Opposition zur Sonne, Sternbild 22:41 den Mond, VW Arietis (6,7 mag), 10. 5h Mond 2,1° N Venus (-4,5 mag) Walfisch Pfadverlauf ca. Basel/CH – Ulm – 11. 04:30 Mond 6,0° W Regulus (α Leonis,

Ziertheim - Prag/CZ 1,4 mag), Osthorizont ö.L. und 50° n.Br., Alle Zeitangaben in MEZ, für Standort bei 10° 2:00 MEZ zum Umrechnen in MESZ im Zeitraum 29.3. 2:00 Uhr MEZ bis 25.10. eine Stunde zu den Zeitangaben addieren. 138 Beobachterforum

Sonnenfinsternis über dem Grand Canyon Eine Reise zur partiellen Sonnenfinsternis am 23.10.2014 in die USA

von Ullrich und Martina Dittler

Das Jahr 2014 bot für Finsternisbeob- 1 180-Grad-Panorama des Beobachtungsorts am Grand Canyon: Ganz links ist die achter zwei Höhepunkte: Am 29. April DSLR-Kamera zu sehen, welche die Lichtverhältnisse über dem Grand Canyon ereignete sich eine ringförmige Sonnen- dokumentierte, rechts daneben die Instrumente zur Wetteraufzeichnung auf einem finsternis und ein halbes Jahr später, am Einbeinstativ und auf der rechten Bildseite sind die beiden Teleskope zur Beobach- 23. Oktober fand eine partielle Finsternis tung der Sonnenfinsternis im Weißlicht und im aH -Licht auf einer Reise- statt. Während die Finsternis im Frühjahr montierung zu sehen. in Australien nur von wenigen Beobach- tern am Nachmittag bzw. bei Sonnen- untergang beobachtet werden konnte, dass im Norden der USA im Oktober und terschiedliche Regionen als geeignete bot die Herbstfinsternis bessere Beob- November mit einer größeren Wolken- und landschaftlich reizvolle Reiseziele achtungsmöglichkeiten – und war auch wahrscheinlichkeit gerechnet werden für Finsternisjäger: die Westküste der für Finsternisjäger aus dem deutschspra- musste als im Süden: In Alaska schwankt USA mit ihren grünen und urwaldartigen chigen Raum einfacher zu erreichen: Die die Bewölkungswahrscheinlichkeit zwi- Nationalparks sowie die von Wüsten ge- Finsternis im Herbst begann über der schen 70 und 90 % , im Bereich der Staa- prägte Gegend des Colorado Plateau um Halbinsel Kamtschatka im Pazifischen ten Kalifornien, Nevada und Arizona den Grand Canyon in Arizona. Da wir Ozean, wanderte über die nordöstlichen hingegen war nur mit einer Bewölkungs- als Beobachtungsort für die ringförmige Gebiete Asiens und Sibirien nach Alaska. wahrscheinlichkeit von 20 bis 30 % zu Finsternis 2012 die Westküste gewählt Im hohen Norden Kanadas, d. h., nördlich rechnen. Leider verhielt sich das Maß der hatten, entschieden wir uns nun für den des Polarkreises, erreichte die Finsternis Bedeckung der Sonne genau andersher- Grand Canyon. ihren Höhepunkt mit einer maximalen um: Im Norden der USA wurden größe- Bedeckung von 75 % und wanderte wei- re Teile der Sonne vom vorbeiziehenden Die Beobachtung der partiellen Sonnen- ter über nahezu die gesamten USA und Mond bedeckt als im Süden – im Norden finsternis sollte Teil unseres Urlaubs wer- Mexiko. Der vollständige Verlauf der von Alaska bis zu 70 %, im Süden von den. Das Colorado Plateau und die Staa- Finsternis war in Alaska und im Westen Kalifornien hingegen nur 40 %. ten Nevada, Utah und Arizona haben der USA zu beobachten, während in der zahlreiche landschaftliche Highlights wie Mitte und an der Ostküste der USA die Die Wahl des Beobachtungsortes das Monument Valley, den Bryce Can- Finsternis bei Sonnenuntergang noch Bei der Wahl des Beobachtungsortes yon und den Yosemite Nationalpark zu nicht beendet war. musste daher zwischen der Bewölkungs- bieten. Der Verlauf der Reise war so ge- wahrscheinlichkeit und dem Maß der Be- plant, dass wir am 22.10.2014 am Grand Bei der Wahl des Beobachtungsortes deckung abgewogen werden. Mit Blick Canyon ankommen, innerhalb des Natio- für diese partielle Finsternis zeigten die auf die nordamerikanische Landkarte nalparks zwei Nächte verbringen und die langfristigen Wettervorhersagen schnell, erschienen zwei topografisch sehrun - Sonnenfinsternis daher am Rande der ca.

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450 Kilometer langen Schlucht im Nor- als ausgesprochen reizvoll. Der partiellen und gaben Tipps für die gefahrlose Son- den des US-Bundesstaats Arizona erleben Finsternis wurde in den USA insgesamt nenbeobachtung. Um dem Trubel direkt sollten. Die Aussicht, die Finsternis bei eher wenig Beachtung geschenkt. Den- am Visitor Center des Grand-Canyon- einer Sonnenhöhe von rund 37° zu Be- noch boten einige private Initiativen und Nationalparks zu entgehen, suchten wir ginn und 17° am Ende an diesem einma- Astroclubs sowie über 30 National- und einen Beobachtungsort nur wenige Kilo- ligen Naturwunder beobachten zu kön- Stateparks öffentliche Beobachtungen meter entfernt auf, der direkt am Rand nen, erschien uns bei der Reiseplanung an: Ranger verteilten Finsternisbrillen des Grand Canyon (South Rim) gelegen

2-3 Der wilde Westen der USA ist für stabiles sonniges Wetter bekannt – und wurde somit als Beobachtungsort gewählt. Diesmal hielt das Wetterglück aber nicht ganz. Die Bilder zeigen die für die Sonnenaufnahmen verwendete Ausrüstung und den Himmel über dem Grand Canyon.

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4 Oben: Montage der verschiedenen Phasen der partiellen Finsternis im Weißlicht. Verwendetes Equipment: DSLR-Kamera an ‚‚ 2,8 -Refraktor bei 600 mm Brennweite mit Foliensonnenfilter

war und einen freien Blick nach Süden USA wieder ein Messgerät zum Einsatz, den Tagen vor und nach der Finsternis und Osten bot. das Temperatur, Luftfeuchtigkeit und die (vgl. Abb. 4+5 und Artikel S.108) . Windstärke aufzeichnete (Abb. 1-3). Am Tag der Finsternis Lichtstimmungen und Wetterdaten Neben einer automatisch gesteuerten Während sich der Himmel am Vortag während der Finsternis DSLR-Kamera mit Weitwinkelobjektiv, und am Morgen der Finsternis noch Die Lichtstimmung der partiellen Son- welche die Veränderung der Beleuch- völlig wolkenfrei gezeigt hatte, nahm nenfinsternis unterscheidet sich deutlich tungsverhältnisse über dem Grand Can- ab Mittag die Bewölkung kontinuierlich von der Dunkelheit bei einer totalen Son- yon während der Bedeckung der Sonne zu. Zwischen Beginn der Bedeckung um nenfinsternis. Die Veränderungen der Be- dokumentieren sollte, kam eine weitere 14:19 Uhr (bei einem Wolkenstand von leuchtung während der Finsternis konn- ‚‚ DSLR an einem 2,8 -Apo mit 1000 Mil- rund 37° über dem Horizont) und dem ten dokumentiert werden: Hierzu wurde limeter Brennweite auf einer kleinen Höhepunkt der Bedeckung um 15:34 Uhr zwischen dem Beginn und dem Ende der parallaktischen Montierung zur Doku- (Sonnenhöhe: 29°) konnte die zuneh- Finsternis regelmäßig der Grand Canyon mentation der Phasen der Finsternis im mende Bedeckung immer wieder durch fotografiert. Die Kombination der Bilder Weißlicht zum Einsatz. Parallel dazu Wolkenlücken oder dünne Bewölkung zeigt eindrucksvoll die sich verändernde sollte der Verlauf der Finsternis auch im verfolgt werden. Beleuchtungs- und Bewölkungssituation. Ha-Licht dokumentiert werden: Hierzu Naturgemäß ist die Verdunkelung jedoch kam eine schwarzweiße CCD-Kamera Mit weiterem Verlauf der Finsternis und nicht so deutlich sichtbar wie bei einer von TIS an einem mit einem Coronado abnehmender Sonnenhöhe verschlech- ringförmigen oder gar bei einer totalen ‚‚ Solarmax60 ausgestatteten 2,8 -Apo mit terten sich die Beobachtungsbedingun- Finsternis (Abb. 6). 355 Millimeter Brennweite zum Einsatz. gen bis zum Ende der Finsternis um 16:45 Die CCD-Kamera wurde von einem Net- Uhr (bei einer Sonnenhöhe von 17°) so Während der gesamten partiellen Son- book gesteuert und fertigte in regelmäßi- weit, dass die noch teilweise verfins- nenfinsternis wurde auch die Lufttem- gen Abständen Bildsequenzen der Bede- terte Sonne phasenweise nicht mehr zu peratur gemessen. Und zwar, wie bei ckung im Ha-Licht an. Beide Teleskope sehen war und anschließend hinter den meteorologischen Messungen üblich, in waren parallel montiert und wurden von zunehmenden, horizontnahen, Wolken der Höhe von zwei Metern und 20 Zen- einer AstroTrack-Reisemontierung dem versank. Besonders eindrucksvoll war timetern über dem Boden. Der in der Lauf der Sonne nachgeführt. jedoch die Beobachtung der Finsternis Literatur immer wieder erwähnte Tempe- aufgrund der großen Fleckengruppe mit raturabfall während einer Sonnenfinster- Da sich bei den Sonnenfinsternissen 2012 der NOAA-Nummer 2192. Diese Flecken- nis, den die Autoren auch schon bei den in den USA, 2011 in Athen, 2010 in In- gruppe, welche die größte seit 1990 war, Finsternissen 2013, 2012, 2011, 2010 und dien und 2009 in China Temperaturver- zeigte sich eindrucksvoll auf den Bildern 2009 nachweisen konnten, wurde bei der änderungen während der Verfinsterung im Weißlicht und im Ha-Licht – und be- partiellen Finsternis am Rande des Grand dokumentieren ließen, kam auch in den stimmte das Antlitz der Sonne auch in Canyon jedoch nicht bestätigt. Dies mag

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5 Unten: Montage der verschiedenen Phasen der partiellen Finsternis im Ha-Licht. Verwendetes Equipment: TIS-Kamera ‚‚ an 2,8 -Refraktor bei 355 mm Brennweite mit Coronado-Solarmax60-Ha-Filter

6 Diese Montage aus Aufnahmen, die im Abstand von jeweils 15 Minuten entstanden sind, zeigt die sich verändernde Beleuchtungs- situation – aber auch die sich verändernde Bewölkung – während der Finsternis über dem Grand Canyon (Arizona, USA).

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7 Wenige Meilen vor dem Capitol-Reef-Nationalpark in Utah entstanden diese Strichspuraufnahmen mit Blick nach Norden, welche die Wanderung der Sterne über den vom zunehmenden Mond beleuchteten roten Sandsteinfelsen zeigt. In diesem Summenbild sind 350 Aufnahmen mit einer Belichtungszeit von je 90 Sekunden kombiniert (Gesamtbelichtungszeit: 525 Minuten = 8,75 Stunden). Entstanden ist das Bild mit einem 10-20-mm-Objektiv (bei 10 mm und f/4) an einer Canon DSLR vom Typ 450D.

zum einen an der geringen Bedeckung Fazit nis am 21.08.2017 (erneut in den USA) der Sonnenscheibe von nur rund 45 % Der Westen der USA ist eine faszinieren- sicherlich vielen Finsternisfreunden ei- liegen. Außerdem wurden die Messer- de Landschaft, die trotz der zunehmen- nen willkommenen Anlass für eine (wei- gebnisse auch durch das sich während den Bewölkung in der zweiten Hälfte der tere) Reise in die USA. der Finsternis ändernde Wetter am Beob- Finsternis einen guten Beobachtungsort achtungsort stark beeinflusst. für die partielle Sonnenfinsternis im Ok- tober 2014 bot. Als besonders interessant Internethinweis: In den Tagen nach der Finsternis prägte erwies sich dabei, dass das Antlitz der [1] Homepage der Autoren mit weiteren wieder außerordentlich gutes Wetter den Sonne in den Tagen um die Finsternis Aufnahmen: www.sonnenwind- Himmel über dem Colorado Plateau , so stark von den Sonnenflecken AR 2192 observatorium.de dass – begünstigt durch den noch jungen geprägt wurde. Während die künftigen Mond – einige Aufnahmen der Wande- Finsternisse der Jahre 2015 (über dem rung der Sterne über typischen Land- Nordmeer) und 2016 (Indonesien bzw. schaftsformationen des wilden Westens Zentralafrika) nur schwierig zu beobach- erstellt werden konnten (Abb. 7). ten sein werden, bietet die totale Finster- Vorschau auf astronomische Veranstaltungen Juli-September 2015 zusammengestellt von Werner E. Celnik aus vorliegenden Informationen (Angaben wie immer ohne Gewähr) Aktuelle Informationen im Terminkalender der VdS unter www.vds-astro.de Juli 2015 Sa, 11.07.2015 H-alpha Treff (HaTR) Mi, 08.07. – So, 12.07.2015 Ort: Ewald-Becher-Sternwarte, Rüsselsheim. Info: Rüsselsheimer Explore Science Sternfreunde e.V., www.ruesselsheimer-sternfreunde.de Mitmachstationen u. interaktive Angebote rund um die Physik, zum Ausprobieren, Entdecken und Forschen – für Kita, Schule und Fr, 17.07. – So, 19.07.2015 Familien. SüdSternFreundeTreffen (SSFT) Ort: Luisenpark, Mannheim. Info: www.explore-science.info Ort: Midgard-Lodge, NNO von Windhoek, Namibia,

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Kontakt: Wolf-Peter Hartmann, [email protected], Sa, 22.08.2015 Info: www.suedsternfreundetreffen.homepage.t-online.de 7. City-Star-Party Das Teleskoptreffen der etwas anderen Art – ab 14.00 Uhr Fr, 24.07. – So, 26.07.2015 Ort: Sternwarte Stuttgart, Zur Uhlandshöhe 41, 10. Sächsisches Sommernachtsteleskoptreffen (STT) D-70188 Stuttgart, Kontakt: [email protected], Ort: Peritz, Kontakt: Sternwarte Riesa, [email protected], Tel. +49(0)711-281871, Anmeldung: www.city-star-party.de Info: www.sternenfreunde-riesa.de/10-stt-2015 Sa, 22.08.2015 August 2015 H-alpha Treff (HaTR) Ort: Ewald-Becher-Sternwarte, Rüsselsheim. Info: Rüsselsheimer Sa, 01.08.2015 – So, 09.08.2015 Sternfreunde e. V., www.ruesselsheimer-sternfreunde.de BAV Veränderlichenbeobachtungs- und Urlaubswoche 2015 Do, 27.08. – So, 30.08.2015 Lernen Sie die Veränderlichen kennen – visuell, mit CCD oder DSLR. International Meteor Conference (IMC 2015) Mirasterne, Bedeckungsveränderliche, Pulsierende und Exoplaneten. der International Meteor Organization (IMO) Ausflüge. Ort: MAMUZ Museum Mistelbach, Waldstr. 44-46, Ort: VdS-Sternwarte Kirchheim, A-2130 Mistelbach, Österreich. Orga: Wiener Arbeitsgemein- Anmeldung u. Info: [email protected] schaft für Astronomie (WAA), Tagungssprache Englisch, Info: www.imo.net So, 02.08. – Sa, 22.08.2015 International Astronomical Youth Camp (IAYC) September 2015 Für junge Menschen im Alter 16-24 Jahren, Arbeitsgruppen zu allen Bereichen der Astronomie. Do, 10.09. – So, 13.09.2015 Ort: Jugendherberge Klingenthal, Sachsen. Internationales Teleskoptreffen ITT Info: www.iayc.org, [email protected] Ort: Emberger Alm, Kärnten. Info: www.embergeralm.info/ Fr, 07.08. – So, 09.08.2015 stella, [email protected], Anmeldung nicht notwendig, aber Zimmer unbedingt rechtzeitig WAA-Sommer-Workshop reservieren! Ort: Hohe Wand beim Gasthof Postl, Anmeldung: Wiener Arbeitsgemeinschaft für Astronomie (WAA), www.waa.at Fr, 11.09. – So, 13.09.2015 Almberg-Treffen So, 09.08. – So, 23.08.2015 Ort: Almberg bei Mitterfirmiansreut, Bayerischer Wald. Kon- Astronomisches Sommerlager (ASL 2015) takt: Andreas Hattinger, [email protected], Info: Für Anfänger u. Fortgeschrittene im Alter von 14-24 Jahren. www.almberg-treffen.de Ort: Schullandheim Wolfsburg, St. Andreasberg, Info u. Anmeldung: Vereinigung für Jugendarbeit in der Astronomie Fr, 11.09. – So, 13.09.2015 (Vega) e.V., www.vega-astro.de/sommerlager Teleskoptreffen SHT Ort: Rendswühren, Schleswig-Holstein. Kontakt: vhs-Stern- Di, 11.08. – So, 16.08.2015 warte Neumünster, [email protected], 13. Amateur-Teleskoptreffen Burgwald (ATB) Info: www.sternwarte-nms.de/veranstaltungen/teleskoptreffen-sht Ort: Wohratal-Hertingshausen, Hessen. Kontakt: Astronomie- Gruppe Lahn/Eder e.V., [email protected], Fr, 11.09. – So, 13.09.2015 Info: www.astronomiegruppe-lahn-eder.de 5. WestHavelländer AstroTreff (WHAT) Ort: Gülpe, Kontakt: Förderverein Sternenpark Westhavel- Do, 13.08. – So, 16.08.2015 land e.V., [email protected], Bayerisches Teleskopmeeting Info: http://sternenpark-westhavelland.eu/what Ort: auf dem Osterberg im Naturpark Altmühltal, Kontakt: Uli Zehndbauer, Astronomiefreunde Ingolstadt, Sa, 19.09.2015 [email protected], Internationale Astronomie-Messe AME 2015 www.astronomie-ingolstadt.de/bayerisches-teleskopmeeting Präsentationen von Ferngläsern, Teleskopen, Sternwarten, Büchern, Sternkarten und Software, umfangreiches Rahmenprogramm: Fr, 14.08. – So, 16.08.2015 Vorträge und Beobachtungen VII. Burggespräche des Orion Ort: Messegelände Villingen-Schwenningen, Kontakt: Siegfried Praktische Beobachtungen und Workshops Bergthal, Tel. +49(0)741-2706210, [email protected], Ort: Schloss Albrechtsberg an der Pielach, nahe Melk, Nieder- www.astro-messe.de österreich, Info u. Anmeldung: www.burggespraeche.info Sa, 27.09.2015 Do, 20.08. – So, 23.08.2015 SAFT – Schwäbisches Astronomie- und Fernrohr-Treffen 6. Mecklenburger Teleskoptreffen (MTT) Himmelsbeobachtung Ort: Lohmen am Garder See bei Güstrow, Kontakt: Astro- Ort: auf d. Roßberg bei Gönningen, am Parkplatz kurz vor der nomischer Verein Rostock e.V., [email protected], Auffahrt zum Roßberg-Turm. Helmut Franzen, Astronomische Info: www.astronomieverein.de Vereinigung Tübingen e. V., Sternwarte Tübingen

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