2 Februar 2014 _ 25. Jahrgang_www.BVDN.de N EURO T RANSMITTER

2/2014

Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN) und des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP)

Abrechnung Die GOÄ korrekt auslegen (Teil I)

Springer Medizin | Verlag Urban & Vogel GmbH, München Versorgungsforschung Schizophrenie Vom „Heavy User“ zum „New Chronic“?

CME: Zerebrale Vaskulitiden Klinische Manifestation, Diagnostik und Therapie

BVDN BDN BVDP

»In der aktuellen Wertediskussion um die Sterbehilfe können wir als Psychiater mit unserer medizinischen Kompetenz und Erfahrung eine Orientierung geben.«

Dr. med. Christa Roth-Sackenheim, Andernach Vorsitzende des BVDP

Wie stehen wir zur Suizidbeihilfe?

er neue Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe will Debatte offen führen „Dgeschäftsmäßige Suizidbeihilfe als neuen Straftatbestand Ich finde diese Diskussion sehr wertvoll. Wir Ärzte, insbeson- schaffen. Das Thema ist politisch und juristisch heikel.“ So dere wir Psychiater, Nervenärzte und Neurologen müssen die- schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) in einem se offen führen. Wir alle kennen Patienten, bei denen wir uns Beitrag im Feuilleton am 9. Januar 2014. Wie stehen wir als Psy- eine Suizidbeihilfe durchaus hätten vorstellen können. In der chiater, Nervenärzte und Neurologen dazu? Gerontopsychiatrie vollzieht sich derzeit ein Umdenken in der Wir sind sicher die Fachgruppe, die am häufigsten mit krank- Form, dass zum Beispiel PEG-Sonden nicht mehr in jedem Fall heitsbedingter Suizidalität zu tun hat. Wir haben deshalb gelegt werden, wenn ein dementer Patient nicht mehr selbst einen besonders geschärften Blick auf diese Diskussion, weil essen kann. wir fürchten müssen, dass die neoliberale Debatte und der all- gegenwärtige „Wahn des Machbaren“ in der Medizin zu einem Mechanistische Denkweisen hinterfragen vermeintlichen Anspruch führt, bei „Lebensüberdruss“ einen Die christlich geprägte Einstellung, die Suizidenten kein kirch- ärztlich unterstützten angenehmen Tod in Anspruch nehmen liches Begräbnis gestattete, war für lange Zeit unbewusst werte­ zu können. Polemisch gesagt: Ein wenig erinnert diese Wort- bildend. Derzeit schwingt das Pendel aus meiner Sicht eher zu wahl an den Bereich von Wunscheingriffen in der plastischen sehr in die andere Richtung. Mechanistische Denkweisen nach Chirurgie. dem Motto: „Wenn ich nicht mehr funktioniere, werde ich ent- weder repariert oder entsorgt (…)“ schwingen in der Debatte Psychiatrische Kompetenz einbringen unausgesprochen mit und werden nicht hinterfragt. Nun ist die öffentliche Debatte meist geprägt von der Abwesen- Die aktuelle Wertediskussion um Sterbehilfe bewegt sich heit psychiatrischer Kompetenz. Es wird als selbstverständlich derzeit auf den Menschen und dessen Lebenswirklichkeiten zu. vorausgesetzt, dass der Todeswunsch aus freien Stücken erfolgt Dieser Wertediskussion können wir als Psychiater eine Orien- und dass der freie Wille dabei nicht eingeschränkt ist. Es wird tierung geben. Wir werden unsere medizinische Kompetenz sogar so weit gegangen, zu postulieren, dass ein Recht auf und unsere Erfahrung, dass es vielfältige, oft medizinische und Selbstbestimmung auch das Recht umfasse, den Zeitpunkt und behandelbare Gründe geben kann, „Lebensüberdruss“ zu emp- die Art des Todes selbst zu bestimmen. finden, in die Diskussion einbringen. Sehr unglücklich haben in der Vergangenheit gewerblich ori- entierte Sterbehilfe-Vereine agiert. Andererseits haben sie mit Herzlichst, dazu beigetragen, die Debatte anzustoßen. Ihre Die FAZ schreibt im Weiteren: „Während die Bundesärzte- kammer in ihrer Musterberufsordnung Ärzten die Beihilfe zum Suizid untersagt, sind die Landesärztekammern in ihren stan- desrechtlich verbindlichen Regelungen in dieser Hinsicht teilwei- se weniger strikt. Sollte die Bereitschaft in der Ärzteschaft größer werden, Suizidbeihilfe zu leisten, wäre die Gefahr groß, dass ein Gesetz, wie es Gröhe vorschwebt, unterlaufen werden könnte.“ Das wäre dann der Fall, wenn es zwar organisierte Sterbehil- fe gäbe, diese jedoch nicht das Ziel einer Geschäftstätigkeit ver- folgte.

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Inhalt 2 Februar 2014

3 Editorial

Die Verbände informieren 8 Alle Facetten von Fatigue in Neurologie und Psychiatrie 12. Neurologen- und Psychiatertag am 5. April in Köln Frank Bergmann, Aachen Fotolia.com /

davis 10 Gesundheitspolitische Nachrichten © © Delegation ärztlicher Leistungen: Ärztemangel zwingt zu neuen Modellen 8 Auf nach Köln! Wartezeitenregulierung in der fachärztlichen Die Berufsverbände BVDN, BDN und BVDP laden herzlich Versorgung: Finanzmittel sollten besser nach ein zum diesjährigen 12. Neurologen- und Psychiatertag Morbidität aufgestockt werden in Köln. Dem Thema „Fatigue in Neurologie & Psychiatrie“ wollen sie sich nicht auf der Ebene des soziologi­schen Elektronische Gesundheitskarte: keine zentrale und gesellschaftlichen Diskurses nähern, sondern die Datenspeicherung wis­sen­schaft­lichen Fakten zusammentragen, die Fatigue- Syndrome in Neurologie und Psychiatrie zu diagnostischen Debeka: Einstweilige Verfügung gegen das und insbesondere therapeutischen Heraus­forderungen „Handelsblatt“ werden lassen. Gunther Carl, Kitzingen Ein spannendes medizinisches Programm sowie berufs- politische News in der Mitgliederversammlung erwarten 14 Auffangen, was stationär schief läuft Sie am 5. April 2014 in Köln. Aus dem BVDN-Landesverband Saarland Friederike Klein, München

18 GOÄ korrekt auslegen Abrechnungsschwierigkeiten mit der Gebührenordnung Rund um den Beruf für Ärzte (GOÄ) sind an der Tagesordnung. Die Unsicher- 18 GOÄ korrekt auslegen (Teil 1) heiten beziehen sich sowohl auf allgemeine Gebühren- Aus der Serie Praxisprobleme ordnungspositionen (GOP) als auch auf unsere Gunther Carl, Kitzingen neuro­logischen und psychiatrischen fachspezifischen Leistungslegenden. Im ersten Teil unserer Serie „GOÄ 21 Ganz nah an der Klinik korrekt auslegen“ geht es um die Positionen GOP 5–7 Dr. Tilman Kaupper aus Recklinghausen (körperliche Untersuchungen), GOP 800 (eingehende im Praxisporträt neurologische Untersuchung) und GOP 801 (eingehende Thomas Müller, Neu-Isenburg psychiatrische Untersuchung).

Titelbild (Ausschnitt): Neue Bilder 1 von Benno Hurt = Dieser Beitrag ist ein Titelthema.

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Fortbildung 22 Die vergessenen kleinen Angehörigen Kinder psychisch erkrankter Eltern Andreas Schrappe, Würzburg

30 Vom „Heavy User“ zum „New Chronic“? Versorgungsforschung Schizophrenie Kerstin Sander, Sissi Artmann, Margitta Borrmann-Hassenbach, Markus Witzmann, Gerd Laux, Wasserburg

37 Status epilepticus Einteilung in der Praxis und Neues zur Therapie Christoph Kellinghaus, Osnabrück

37 Status epilepticus 46 Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen Es gibt weder eine einheitliche, zeitbasierte Definition Subjektive Faktoren sind die besten Prädiktoren oder Einteilung dieses doch häufigen Krankheitsbildes Urs Hepp, Ulrich Schnyder, Hanspeter Mörgeli und Niklaus Stulz, noch eine gute fundierte Datenbasis zur Therapie. Ein Brugg und Zürich, Schweiz Überblick zum Stand der Erfahrungen in der Praxis und 41 Wenn sich der Prolaps spontan auflöst zur aktuellen Studiendatenlage fasst zusammen, was bei den in den Leitlinien vorgesehenen verschiedenen Thera- Neurologische Kasuistik piestufen zum Einsatz kommt. Peter Franz, München 50 CME: Zerebrale Vaskulitiden Ein Update zur klinischen Manifestation, Diagnostik und Therapie Elke Verena Voß, Martin Stangel, Hannover

58 CME-Fragebogen Wie Sie uns erreichen Verlagsredaktion: Dr. rer. nat. Gunter Freese Journal Telefon: 089 203043-1435, Fax: 089 203043-31435 66 PSYCHOPATHOLOGIE IN KUNST & LITERATUR E-Mail: [email protected] Am Erfolg gescheitert Jean Carriere und sein Roman „Der Sperber von Maheux“ Gerhard Köpf, München

Schriftleitung: 72 NEUROTRANSMITTER-GALERIE Dr. med. Gunther Carl Benno Hurt Telefon: 09321 5355, Fax: 09321 8930 E-Mail: [email protected] Die sprachlose Seite eines Schriftstellers Albert Zacher, Regensburg

17 Kleinanzeigen Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN), 60 Pharmaforum des Berufsverbandes Deutscher Neurologen (BDN) und des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP 76 Termine 78 Verbandsservice 83 Impressum/Vorschau BVDN BDN BVDP

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 7 Die Verbände informieren

12. Neurologen- und Psychiatertag am 5. April in Köln Alle Facetten von Fatigue in Neurologie und Psychiatrie

Die Berufsverbände BVDN, BDN und BVDP laden Sie herzlich ein zum diesjährigen 12. Neurologen- und Psychiatertag, der am Samstag den 5. April 2014 in Köln stattfinden wird. Es erwarten Sie ein spannendes medizinisches Programm zum Thema „Fatigue in Neurologie und Psychiatrie“ sowie aktuelle berufspoli- tische News in der Mitgliederversammlung.

as Thema „Fatigue in Neurologie Buch „Das Zeitalter der Erschöpfung: litationswissenschaftlichen Kolloquium D und Psychiatrie“ erschien uns in all Die Überforderung des Menschen durch der Deutschen Rentenversicherung seinen Facetten so spannend, dass wir die Moderne“ zu Wort kommen. Er ent- Bund zum Thema: „Das Erschöpfte „Müdigkeit“ zum zentralen Thema unse- wirft das Bild einer Epoche – um 1900 –, Selbst im Hamsterrad – Beschleuni- res diesjährigen Neurologen- und Psy- in der ein neues Leitbild entsteht, die vi- gungszwänge und Entschleunigungsin- chiatertages gemacht haben. tale Persönlichkeit: „(…) Das Gespenst seln in der Spätmoderne“: „Die Individu- Erschöpfung und Müdigkeit sind der Erschöpfung geht um, Untergangsbil- en erleben die moderne Gesellschaft zu- gleichwohl keine ganz neuen Themen der kursieren. Europa scheint am Ende. nehmend als ein Hamsterrad. Sie müssen des 21. Jahrhunderts, weder im gesell- Unter den Neurotikern, Nervösen, Ma- immer schneller rennen, nur um ‚ihren schaftlichen Diskurs noch in Neurologie genkranken und Depressiven wächst die Platz zu halten‘ und um ‚auf dem Laufen- und Psychiatrie. Schon 1905 schreibt Sehnsucht nach Erlösung und neuer Kraft, den zu bleiben‘. Jede Störung droht sie Paul Dubois in „Die Psychoneurosen nach Seelenführern, Gesundheitsapos- nicht nur aus dem Tritt zu bringen, son- und ihre Behandlung“: „(…) Seit den Ar- teln, Trainern und Ernährungsberatern. dern aus dem Wettbewerb auszuschlie- beiten von G. Beard ist eine neue Krank- Auch für sie schlägt um 1900 die Stunde. ßen, sie gewissermaßen ‚zwangszuent- heit aus Amerika importiert worden, die (…).“ So weit zu diesem lesenswerten schleunigen‘. Daher ist es weniger die sich epidemieartig verbreitet zu haben Buch von Martynkewicz. ‚Versagensangst‘ als vielmehr der ‚Anpas- scheint. Der Name Neurasthenie ist in sungszwang‘, der das Verhalten diktiert: aller Munde, sie ist die Modekrankheit Das erschöpfte Selbst im Hamsterrad Die Liste der zu erledigenden Aufgaben geworden. (…)“. 2012 hielt Professor Dr. Hartmut Rosa, wird jedes Jahr länger, und am Ende des Dubois und andere Zeitzeugen lässt Soziologe und Politikwissenschaftler an Tages steigen wir alle als ‚schuldige Sub- der Autor Wolfgang Martynkewicz in der Friedrich-Schiller-Universität, Jena, jekte‘ ins Bett, weil wir wieder unsere Lis- seinem im September 2013 erschienenen einen Plenarvortrag auf dem 21. Rehabi- te nicht abgearbeitet haben. Häufig las- sen sich die Subjekte in diesem Spiel nicht einmal durch die Warnsignale des eige- nen Körpers, sondern erst durch dessen de facto Versagen stoppen. So berichten Ärzte von Patienten, die trotz gebroche- ner Beine erst einmal weiterlaufen möch- ten, da sie sich ‚jetzt noch nicht‘ um das Fatigue-Syndro- verletzte Gliedmaß kümmern könnten. me in Neuro- logie und Psych- Die in der Regel unfreiwillige Alternative iatrie stellen zum Hamsterrad ist in diesem Sinne die eine diagnos- ‚Zwangsentschleunigung‘, die in Form tische und ins- von Arbeitslosigkeit, von Depression und besondere the- Burnout oder anderen Zusammenbrü- rapeutische Her- chen und Unfällen droht.“ ausforderung dar. otolia.com otolia.com

F Fatigue als diagnostische und therapeutische Herausforderung Wir wollen uns dem Thema „Fatigue“ im fotomek / ©

© Rahmen des Neurologen- und Psychia-

8 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Die Verbände informieren 12. Neurologen- und Psychiatertag am 5. April in Köln Die Verbände informieren

tertages nicht auf der Ebene des psychische Störungen“. Sport und Akti- soziologi­schen und gesellschaftlichen vität wirken sich nicht nur „gefühlt“ po- 12. Neurologen- und Psychiatertag Diskurses nähern, sondern die wis­sen­ sitiv auf zahlreiche ZNS-Erkrankungen am Samstag, den 5. April 2014 schaft­lichen Fakten zusammentragen, aus, vielmehr sind neurotrophe Effekte in Köln die Fatigue-Syndrome in Neurologie in aktuellen Studien belegt. Kann kör- und Psychiatrie zu diagnostischen und perliches Training bei Depressionen Thema: insbesondere therapeutischen Heraus- ähnlich wirksam sein wie eine medika- „Fatigue in Neurologie & Psychiatrie“ forderungen werden lassen. So ist das mentöse Therapie? Bei welchen anderen Fatigue-Syndrom bei Patienten mit En- psychischen Erkrankungen wirkt Sport Programm zephalomyelitis disseminata eines der und unter welchen Rahmenbedingun- häufigsten Symptome und mit etwa gen? „Körperliche Aktivität und Sport in 08.30 Uhr „Get together“ 50–60 % das am meisten belastende der Entstehung und Behandlung neuro- 09:30 Uhr Eröffnung: Dr. Frank Bergmann, Symptom. Professorin Iris-Katharina logischer und psychiatrischer Erkran- 1. Vorsitzender BVDN Penner, Neuropsychologin an der Uni- kungen“ – so lautet das Thema seines Re- Einführung ins Thema versität Basel, wird zu Ursachen und Be- ferates. »Hent lis audis09:45 magnis Uhr Prof. este Dr. plia Ingo volupta Froböse, voloriamus, ad ut handlungsmöglichkeiten primärer und Was läge bei diesem Thema und dem quisquae volor a quasSporthochschule nosae corrum, Köln que voluptas dolup- sekundärer Fatigue referieren. „Fatigue- Tagungsort Köln näher, als der Brücken- Grußwort Syndrome als Ausdruck zerebraler Schä- schlag zur Deutschen Sporthochschuletatas et is mil ipsam sin consero dignihit etur aut anis est, 10.00 Uhr Prof. Dr. Andreas Ströhle, Berlin digungen, zum Beispiel nach Schädel- in Köln. Wir freuen uns, dass sichquia Pro acepe- dolectat velit que vendis volorest aut earum rei- Hirn-Trauma“ sind Thema des Vortrages fessor Ingo Froböse, Leiter des „Zen- Sport & ZNS usda conse re num rem sed quatus de corepudis none von Professor Peter Schwenkreis aus Bo- trums für Gesundheit“ und Leiter des 10:25 Uhr PD Dr. Iris Katharina Penner, chum, Oberarzt der Klinik Bergmanns- „Instituts für Bewegungstherapie und be- Basel heil in Bochum, Berufsgenossenschaft- wegungsorientierte Prävention und Re- Fatigue bei Multipler Sklerose liches Universitätsklinikum. Professor habilitation“, spontan bereit erklärt hat, 10.50 Uhr Kaffeepause Wolfgang Maier, Präsident der DGPPN, ein Grußwort zum diesjährigen Neuro- referiert zum Thema „Fatigue-Syndro- logen- und Psychiatertag zu sprechen. 11.20 Uhr Prof. Dr. Wolfgang Maier, Bonn me aus psychiatrischer Sicht“. Negativ- Fatigue in der Psychiatrie symptomatik bei Schizophrenie, An- Auf nach Köln! 11.45 Uhr PD Dr. Peter Schwenkreis, triebsstörung bei der Depression oder „Eingerahmt“ und bebildert im wörtli- Bochum Burnout: Was ist das Gemeinsame, was chen Sinn wird der diesjährige Neurolo- Fatigue bei neurologischen das Spezifische des Fatigue-Syndroms gen- und Psychiatertag mit Bildern und Erkrankungen bei diesen Erkrankungen, wie ist der ak- Karikaturen des Künstlers Dr. Jan To- 12.10 Uhr Prof. Dr. Gerhard Gründer, tuelle Forschungsstand? maschoff, Preisträger des Deutschen Aachen Professor Gerhard Gründer, Oberarzt Preises für die politische Karikatur 2012. Perspektiven der Pharmako­ und stellvertretender Leiter der Klinik Geboren 1951 in Prag, lebt er seit 1966 in therapie von Erkrankungen für Psychiatrie, Psychotherapie und Psy- Deutschland. Nach dem Studium an der des ZNS chosomatik des Universitätsklinikums Kunstakademie Düsseldorf folgte das 12.45 Uhr Fragen und Diskussion Aachen und Vorsitzender des Referates Medizinstudium in Köln und Düssel- Psychopharmakologie der DGPPN, geht dorf. Tomaschoff ist Facharzt für Neuro- 13.30 Uhr Mittagspause der Frage nach: „Wohin entwickelt sich logie und Psychiatrie, seit 1985 mit eige- 14.30 Uhr Mitgliederversammlung BVDN die Psychopharmakologie? Gehen den ner Arztpraxis in Düsseldorf. Seine Car- 15.30 Uhr Ende des Neurologen- und Psychiatern möglicherweise bald die Pil- toons sind in zahlreichen Zeitungen und Psychiatertages len aus, oder eröffnet zum Beispiel die Zeitschriften (Die Welt, Hannoversche Entwicklung der individualisierten Me- Allgemeine, Medical Tribune, Nebel- dizin ganz neue Perspektiven einer ge- spalter, Rheinische Post, Spiegel, Süd- Tagungsort zielten und maßgeschneiderten Phar- deutsche Zeitung, Eulenspiegel, etc.) ver- Hotel Park Inn Köln City West – makotherapie von Erkrankungen des öffentlicht worden. Innere Kanalstr. 15, 50823 Köln ZNS?“ Ein spannendes medizinisches Pro- gramm sowie berufspolitische News in Sport und ZNS-Erkrankungen der Mitgliederversammlung erwarten Anmeldung Als Kontrapunkt und thematische Be- Sie. Wir sehen uns in Köln! Geschäftsstelle Krefeld gleitung wird Professor Andreas Ströhle, Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld leitender Oberarzt der Klinik für Psych- Tel.: 02151 4546921 iatrie und Psychotherapie der Charité in Fax: 02151 4546925 AUTOR Berlin, referieren. Einer seiner klini- E-Mail: [email protected] schen Forschungsschwerpunkte ist das Thema „Sport, körperliche Aktivität und Dr. med. Frank Bergmann, Aachen

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 9 Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten

DELEGATION ÄRZTLICHER LEISTUNGEN Ärztemangel zwingt zu neuen Modellen

Laut Koalitionsvertrag der neuen Bun- psychiatrischen Versorgung oder der häus- desregierung soll der Einsatz von qualifi- lichen Betreuung von immobilen neuro­ zierten nicht-ärztlichen Gesundheitsberu- logischen Patienten. Zum Teil verwirklicht fen, die delegierte ärztliche Leistungen er- wird ein solches Modell bereits in Westfalen- bringen, flächendeckend ermöglicht und Lippe mit EVA-NP (Entlastende Versorgungs- leistungsgerecht vergütet werden. Dazu assistentin Neurologie Psychiatrie). Hier hat sollen Modellvorhaben aufgelegt und eva- der BVDN in den letzten Jahren zusammen luiert werden. mit der Landesärztekammer West­falen- Dr. med. Gunther Carl, Kitzingen Lippe ein Fortbildungscurriculum und ein Stellvertretender Vorsitzender des BVDN Kommentar: Der Ärztemangel zwingt uns entsprechendes Zertifikat für Arzt-Fachhel- dazu, die Entlastung von Ärzten durch ferinnen entwickelt, die beispielsweise be- nicht-ärztliche Gesundheitsberufe zu erwä- sondere Kenntnisse und Fertig­keiten im »Es handelt sich ausdrücklich nicht gen. Im hausärztlichen Bereich wäre hier Bereich der Sozialpsychiatrie und der MS- vor allem an die Delegation von Hausbesu- Versorgung erwerben. Dabei soll es sich um eine Substitution ärztlicher chen zu denken, bei denen Tätigkeiten im ausdrücklich nicht um eine Substitution Tätigkeiten, sondern um eine Dele- Vordergrund stehen, die nicht unbedingt ärztlicher Tätigkeiten handeln, sondern um gation geeigneter Leistungen unter eine ärztliche Qualifikation erfordern. In eine Delegation geeigneter Leistungen un- unseren Fachgebieten beträfe dies mög­ ter ärztlicher Aufsicht. Eine angemessene ärztlicher Aufsicht.« licherweise den Einsatz speziell geschulter Honorierung dieser Tätigkeiten ist natürlich Arzthelferinnen in der aufsuchenden sozial- obligat. gc

WARTEZEITENREGULIERUNG IN DER FACHÄRZTLICHEN VERSORGUNG Finanzmittel sollten besser nach Morbidität aufgestockt werden Die im rot-schwarzen Koalitionsvertrag sich allerdings durchaus längere Wartezei- tiker endlich einmal eingestehen, dass die vereinbarte Regulierung von Wartezeiten ten. Man dürfe aber nicht diejenigen Ärzte Finanzmittel für Fachgebiete aufgestockt auf fachärztliche Termine hat zu zahlreichen mit versorgungsfeindlichen Budgetrestrik- werden müssen, in denen die Morbidität der Stellungnahmen geführt. So schlug die tionen bestrafen, die zusätzliche Patienten- Patienten für lange Wartezeiten sorgt. Be- Bundesärztekammer die Einführung einer fälle annehmen. In diesem Zusammenhang kanntermaßen handelt es sich dabei im „dringlichen Überweisung“ vor. Ein ähnliches ermahnte Köhler die Krankenhäuser, es mit Wesentlichen um die neuro-psychiatrischen Modell wird nach Angaben der KV–Meck- einem professionellen „sachgerechten Fachgebiete, die Onkologen, die Rheuma- lenburg-Vorpommern dort bereits seit dem Entlassungsmanagement“ zu ermöglichen, tologen, die Kardiologen und die Orthopä- Jahr 2008 praktiziert: A- und B-Überweisun- dass die Patienten nach stationärer Behand- den. Die Vorschläge zu Dringlichkeits- oder gen. Patienten mit hochakuten Erkrankun- lung ohne Reibungsverluste und versehen A- und B-Überweisungen können sofort gen bekommen vom Hausarzt eine A- mit allen notwendigen Informationen im entsorgt werden und sind lediglich ein Fall Überweisung ausgestellt und erhalten da- ambulanten Bereich weiter behandelt für die kürzlich erst eingerichteten Entbüro- mit angeblich in der Regel nach einem Tag werden können. Der neue Gesundheitsmi- kratisierungsgremien. Denn es werden sich einen Termin beim Facharzt. Für die Patien- nister Hermann Gröhe bekräftigte, sich für natürlich umgehend Wartezeiten auf ten mit weniger dringlichen Erkrankungen adäquate und kürzere Wartezeiten auf Dringlichkeits- oder A-Termine bilden. Der- stellt der Hausarzt dagegen eine B-Über- Facharzttermine einzusetzen. artige Überweisungen ausschließlich in weisung aus. Dr. Andreas Köhler, inzwischen geeigneten und zutreffenden Fällen auszu- zurückgetretener Vorstandsvorsitzender Kommentar: Wie man es auch dreht und stellen, erfordert hohe Disziplin bei den der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wendet, politischerseits handelt es sich Hausärzten. Bei wirklich indizierten dringli- (KBV), zitierte in diesem Zusammenhang weiterhin um einen dreisten und populisti- chen Fällen wird es also genauso laufen wie erneut die repräsentative Versichertenbe- schen Plan, Wartezeiten in der ambulanten bisher: Der Hausarzt ruft den entsprechen- fragung der KBV aus dem Jahr 2013. Dem- fachärztlichen Versorgung mit bürokrati- den Facharzt persönlich an und bittet um nach sind die meisten Patienten mit den schen Mitteln zu reduzieren. In Fällen mit dringliche oder sofortige Behandlung, was bestehenden Wartezeiten zufrieden. Inner- längeren Wartezeiten sollen dann die dann ja auch geschieht. gc halb von drei Tagen erhalten zwei Drittel Krankenhausambulanzen einbezogen und der Bundesbürger den gewünschten Ter- die Kosten dem ambulanten Sektor aufge- min beim Arzt. In manchen Fällen ergeben bürdet werden. Stattdessen sollten die Poli-

10 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten

Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten

ELEKTRONISCHE GESUNDHEITSKARTE BMG: keine zentrale Datenspeicherung

Daten-Ausspäh-Skandal tat hier sicherlich ein Übriges. Mit dem Verzicht auf die zent- rale medizinische Datenspeicherung bei Elektronische Patienten ist diese Anwendungsmöglichkeit Gesundheits- karte: Ist die der eGK praktisch ausgeschaltet. Und das ist Verschlüsse- gut so. Denn die Alternative der Einsicht- lungstechnik nahme in die dezentralen Datenspeicher wirklich sicher? von Krankenhäusern und Arztpraxen wird an der technischen Umsetzbarkeit scheitern, zumal wenn die Datensicherheit dieser Einrichtungen absolut gewährleistet sein muss. Außerdem dürften die Kosten hierfür ins Unermessliche wachsen. Um einen eini- germaßen vollständigen medizinischen Datensatz des Patienten auf seiner eGK zu speichern, dafür reicht bei den heute ver- wendeten Datenformaten und Chip-Karten ISO K°-photography / Fotolia.com K°-photography / ISO ©

© der physikalische Speicherplatz nicht aus. Nur wenn der Datensatz alle medizinischen Informationen über den Patienten enthält, Eine Datenspeicherung auf einem Zen- in welchem Ausmaß er seine medizinischen ist eine solche Anwendung auch medizi- tralrechner im Rahmen der erweiterten Daten zur Verfügung stellt. Dabei werden nisch brauchbar. Denn bekanntermaßen Anwendungen der elektronischen Gesund- nur bestimmte Berufsgruppen, beispiels- kann aus der Nichtbeachtung unbekannter heitskarte (eGK) wird es nach jüngster weise Ärzte und Zahnärzte, in den Perso- medizinischer Fakten beim Patienten ein Auskunft des Bundesministeriums für Ge- nenkreis der Berechtigten aufgenommen. erhebliches Gefahrenpotenzial entstehen. sundheit (BMG) nicht geben. Bevor eine der Auch diesen Personen muss dann der Pati- Die hohen Datenschutzanforderungen erweiterten Anwendungen, beispielsweise ent mittels PIN-Eingabe das Zugriffsrecht beispielsweise beim elektronischen Rezept das elektronische Rezept, die Speicherung erlauben. Krankenkassen werden keinen werden diese Anwendung der eGK mit so oder Einsichtsmöglichkeit von Patientenda- Zugriff auf die medizinischen Daten haben. erheblichen Hürden versehen, dass sie von ten realisiert wird, müsse dies detailliert Ärzten und Patienten nicht umgesetzt wer- gesetzlich geregelt werden. Ein Missbrauch Kommentar: Hintergrund dieser Verlautba- den kann. Dies trifft natürlich umso mehr werde strafrechtlich geahndet. Auch die rung des BMG sind offenbar Vermutungen auf Kinder, alte, behinderte, immobile zu- Datensicherheit in der Praxis müsse zuvor von medizinischen Softwarehäusern, dass hause versorgte oder kognitiv einge- nachgewiesen sein. Jeder Patient könne frei die Verschlüsselungstechnik der eGK unsi- schränkte Patienten zu und auf psychisch in jedem Einzelfall entscheiden, wem und cher ist. Der von der NSA hervorgerufene Kranke. gc

DEBEKA Einstweilige Verfügung gegen das „Handelsblatt“

Das „Handelsblatt“ hatte Ende letzten stachelt“. Mitte Dezember 2013 hat die De- falls vom Psychiater mehrfach erbracht Jahres sinngemäß berichtet, dass sich die beka gegen das „Handelsblatt“ eine einst- werden muss, vorenthält. Die Debeka er- private Krankenversicherung Debeka auf weilige Verfügung erreicht, all diese Mel- weckt dabei gegenüber ihren Versicherten ein „geheimes System von Zuträgern“ in der dungen nicht weiter zu verbreiten. den falschen Eindruck, dass die wiederholte Beamtenschaft stützte. Die Debeka habe Abrechnung der GOÄ 801 nur ausnahms- einem „Tipp-Geber“ für einen Hinweis auf Kommentar: Bekanntermaßen ist die Debe- weise, in besonderen Fällen und mit Be- einen möglichen neuen Versicherten vor ka diejenige private Krankenversicherung, gründung abrechenbar ist. Mehrere Ver- dem Vertragsabschluss 50 € bezahlt. Die die vielen ihrer Versicherten und unserer suche der Berufsverbände und der Bundes- Zuträger einer solchen Information an die Patienten systematisch und ohne individu- ärztekammer (BÄK), die Debeka von diesem Debeka würden von der Debeka zu einer elle Überprüfung der Verhältnismäßigkeit – von der GOÄ nicht gedeckten Vorgehen – vom rheinland-pfälzischen Innenministeri- die Erstattung der psychiatrischen Befund- abzubringen, scheiterten. gc um abgemahnten Gewinnerzielung „ange- erhebung nach GOÄ 801, die gegebenen-

12 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Die Verbände informieren Gesundheitspolitische Nachrichten

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BVDN-Landesverband Saarland Auffangen, was stationär schief läuft

Das einzige psychiatrische Großkrankenhaus in Merzig wurde geschlossen. Heute gibt es im Saarland nur noch die Universitätsklinik und kleinere psychiatrische Fachabteilungen in Allgemeinkrankenhäusern. Die bestehenden Versorgungsprobleme dort haben Folgen für die ohnehin schon mehr als ausgelasteten Praxen.

berdurchschnittliche hohe Fallzah- Problem gegenüber: Die stationäre Ver- enten ambulant zu versorgen, erläutert Ü len führen im Saarland zu einer ho- sorgung besteht nur noch aus Kranken- Storz am Beispiel Depression: „Da kom- hen Belastung in den nervenärztlichen, häusern mit kleinen psychiatrischen men schwer depressive Patienten in eine neurologischen und psychiatrischen Fachabteilungen, in denen Stellen häufig gemischte psychiatrische Abteilung und Praxen. „Obwohl wir mit voller Kraft ar- nicht besetzt sind. Die Folge: Die statio- sind dann im Zimmer mit einem Patien- beiten, stoßen wir da an die Grenzen des näre Versorgung kann oft nicht mehr ten, der sich gerade im Drogenentzug Möglichen“, berichtet Dr. Helmut Storz, die notwendige Qualität gewährleisten. befindet. Und wenn die Patienten in sehr, 1. Vorsitzender des BVDN-Landesver- Patienten haben dann stationär kaum sehr großen Gruppen behandelt werden, bandes im Saarland. mehr Arztkontakte als im ambulanten mit 20 oder 30 Patienten in Angst- und Bereich. Dazu versorgen die kleinen Depressionsgruppen, dann fragt man Lieber nicht einweisen? Fachabteilungen psychiatrisch Erkrank- sich, ob das sinnhaft ist. Da kann eine Dabei sehen sich Nervenärzte und Psy- te und Suchtpatienten gleichermaßen. stationäre Einweisung zu einem Risiko chiater im Saarland einem besonderen Manchmal scheint es da besser, die Pati- für den Patienten werden und das Erleb- te dazu führen, dass Patienten, die ein- mal in einer solchen Abteilung waren, nie wieder dorthin wollen. Deshalb ha- ben wir nun schwer depressive Patienten, die wir gar nicht mehr stationär unter- bringen.“ Das Thema hat Storz auch mit Nachdruck im Expertenrat Psychiatrie im Saarland thematisiert.

Es muss sich etwas ändern Storz sieht Möglichkeiten, wie sich die Im Saarland Situation der stationären Psychiatrie im müssen die Saarland verbessern kann. „Man müss- niedergelasse­ te darüber nachdenken, psychiatrische nen Kollegen Abteilungen zusammenzulegen, und da- den Mangel in der stationären mit größere Einheiten zu schaffen. Oder Versorgung man findet andere Wege, wie man bei ei- auffangen – ner Mischung von Suchtpatienten und und das nicht anderen psychiatrischen Patienten die nur feuer­ Situation so gestalten kann, dass auch wehrmäßig, die psychiatrischen, insbesondere die sondern fast depressiven Patienten, zu ihrem Recht schon regel­ kommen.“ Die Möglichkeiten des BVDN, haft. hier einzuwirken, sind natürlich be- grenzt. „Das können wir nicht direkt be- einflussen, das können wir nur immer wieder ansprechen.“ Unterstützung gibt es: Auch von Patienten- und Angehöri- genseite ist der Druck groß, und Sucht- beratungsstellen sowie Sozialarbeiter se- ralf werner froelich / Fotolia.com ©

© hen das Problem genauso, sagt Storz.

14 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Die Verbände informieren

BVDN-Landesverband Saarland Die Verbände informieren

Modellprojekt Heimversorgung liegen die Honorare der psychiatrischen IV in der Warteschleife Ein anderes Versorgungsproblem soll Gesprächsleistungen niedriger als die Das in unserem Bericht aus dem Jahr jetzt in 2014 seiner Lösung näher kom- der Richtlinienpsychotherapie und wer- 2012 (NeuroTransmitter 7–8/2012, men. Auf die zum Teil unzureichende den bei Psychiatern nur zu 75–80 % ver- Seite 14 ff .) avisierte Projekt zur integ- ärztliche Versorgung von Heimen hat gütet. Wie sich das nach der EBM-Re- rierten Versorgung bei Multipler Sklero- die Kassenärztliche Vereinigung des form darstellt, bleibt abzuwarten, so se ist noch nicht umgesetzt. Es wurde Saarlands inzwischen reagiert. In in die- Storz: „Wir hoff en natürlich, dass nach bereits ein saarländisches Ärztenetz für sem Jahr startet ein Modellprojekt zur der EBM-Reform die psychiatrischen Nervenärzte, Neurologen und Psychia- Heimversorgung im Nordsaarland. Es Gesprächsleistungen wirklich vollstän- ter gegründet. Der Vertrag selbst ist aber werden Hausärzte und Kollegen unter dig bezahlt werden.“ noch nicht in Kraft . Er sollte aus Rhein- anderem der nervenärztlichen Fach- Mit der EBM-Reform am 1. Juli 2014 land-Pfalz übernommen werden, diese gruppen gesucht, die auf Basis einer be- wird im Saarland auch die Honorarver- Ausweitung war aber nicht, wie ur- sonderen Honorierung mehr Zeit und teilung neu geregelt. Damit ist für Storz sprünglich geplant, problemlos möglich Energie für die Heimversorgung auf- ein wichtiges Ziel für die Arbeit des – es müsste ein ganz neuer Vertrag für bringen. „Es soll eine Gruppe von Ärz- BVDN Saarland in diesem Jahr klar: das Saarland erstellt werden. Der liegt ten für eine Einrichtung speziell an- „Wir müssen natürlich die derzeit relativ inzwischen vor, der Abschluss muss aber sprechbar sein“, erläutert Storz. günstige Honorarsituation erhalten, laut Storz noch etwas warten. „Wir müs- wenn nicht verbessern.“ Die Regiona- sen sehen, wie die Anforderungen im EBM­ und HVM­Reform stehen an lisierung der Honorarverteilung 2012 Bereich der ambulanten spezialfachärzt- Wirtschaft lich bezeichnet der BVDN- war für die nervenärztlichen Fachgrup- lichen Versorgung nach § 116b SGB V Landesvorsitzende die Lage der Nerven- pen im Saarland bisher kein Problem, bei Multipler Sklerose aussehen werden, ärzte und Neurologen mit ihrem ge- sagt Storz: „Wir haben eine gute die ja erst in 2014 defi niert werden.“ meinsamen Honorartopf im Saarland Koopera tion mit der KV, sie hört uns an, als gut verglichen mit dem Bundes- und es ist möglich, einzelne Probleme AUTORIN durchschnitt. Bei den Psychiatern sieht konkret anzusprechen und auch zu es etwas ungünstiger aus. Wie überall lösen.“ Friederike Klein, München

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NeuroTraNsmiTTer 2014; 25 (2) 17 Sie fragen – wir antworten! Praxisproblem Haben Sie in Ihrer Praxis ein wenig zu­frieden­­­stellend gelöstes oder gar ungelöstes Problem, das auch in ande- GOÄ korrekt auslegen (I) ren Praxen relevant sein könnte? Wir versuchen, uns kundig zu machen, und publizieren einen entsprechenden – Jahr für Jahr mehren sich die Abrechnungsschwierigkeiten mit der nicht rechtsverbind­lichen – Lösungs- Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), denn die letzte (geringfügige) vorschlag. Eine Haftung ist ausge- Teil­revision dieser Gebührenordnung für die privatärztliche Behand- schlossen. Auf Wunsch sichern wir jedem Rat­suchenden auch Anonymität lung erfolgte 1996. Die Unsicherheiten beziehen sich sowohl auf zu. Schreiben Sie mit dem Betreff allgemeine Gebührenordnungspositionen (GOP) als auch auf unsere „Praxisprobleme“ an: neuro­logischen und psychiatrischen fachspezifischen Leistungs- [email protected] legenden.

Körperliche Untersuchungen GOP 5–7 gesamten weiblichen Genitaltraktes er- nat) neben den Sonderleistungen nach Falls erforderlich, können diese GOP folgen. Nicht kombinierbar mit GOP den Kapiteln C bis O jeweils einmal die grundsätzlich neben der neurologischen 800/801 ist die GOP 8 (vollständiger GOP 1 und die GOP 5 berechnet werden Untersuchung (800) oder der psychiatri- Ganzkörperstatus). dürfen. Die Abrechnungslimitierung schen Untersuchung (801) erbracht und tritt nicht bereits dann ein, wenn eine abgerechnet werden. Bei der GOP 5 Abrechnungsbeschränkung der beiden GOP neben einer Sonderleis- (symptombezogene Untersuchung) kann Beratung und Untersuchung tung im Behandlungsfall abgerechnet es sich um eine auch kurze Untersu- im Behandlungsfall wurde. chung oder „Inaugenscheinnahme“ ei- In den Allgemeinen Bestimmungen nes Organs oder Symptoms handeln. Bei zum Abschnitt B der GOÄ heißt es: „Die Eingehende neurologische den GOP 6 und 7 muss eine vollständige Leistungen nach den Nrn. 1 und/oder 5 Untersuchung GOP 800 körperliche Untersuchung der Organe sind neben Leistungen nach den Ab- Mit einer „eingehenden“ neurologischen Augen, HNO, stomatognathes System, schnitten C bis O im Behandlungsfall nur Untersuchung ist nicht eine „vollständi- Nieren und Harnwege oder des vollstän- einmal berechnungsfähig.“ Nach über- ge“ neurologische Untersuchung ge- digen Gefäßstatus beziehungsweise der wiegender Auslegung der Kommentato- meint. Dies zeigt schon der Bewertungs- Haut, der Stütz- und Bewegungsorgane, ren bedeutet dies, dass im Behandlungs- vergleich der GOP 800 (195 Punkte) mit aller Brust- oder Bauchorgane oder des fall (dies bedeutet bei der GOÄ ein Mo- der GOP 825 („genaue Geruchs- und/ oder Geschmacksprüfung …“, 83 Punkte), der GOP 826 („gezielte neurologische Gleichgewichts- und Koordinationsprü- fung …“, 99 Punkte), der GOP 830 („Ein- gehende Prüfung auf Aphasie, Apraxie …“, 80 Punkte) oder der GOP 831 („Vege- Sowohl bei den tative Funktionsdiagnostik ...“, 80 Punk- allgemeinen Ge- te). Die „vollständige“ neurologische Un- bührenordnungs- tersuchung besteht aus der Untersu- positionen der chung von Hirnnerven, Reflexen, Moto- GOÄ, als auch bei rik, Sensibilität, Koordination und des unseren fachspe- zifischen Leis- Vegetativums. Nach gängiger Kommen- tungslegenden tierung ist der Leistungsinhalt der „ein- gibt es immer gehenden“ neurologischen Untersu- wieder Unsicher- chung dann erfüllt, wenn mindestens heiten in der Ab- drei dieser Bereiche untersucht wurden. rechnung. Eine „vollständige“ neurologische Un- tersuchung kann dann gegebenenfalls mit einem erhöhten Steigerungsfaktor otolia.com

F bis 3,5 berechnet werden. Natürlich kann die GOP 800 in der GOÄ auch von einem Psychiater/einer Psychiaterin er- Scanrai_Rosenstiel Fotolia.com / rangizzz / © © © © bracht werden.

18 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Praxisproblem Rund um den Beruf

Eingehende psychiatrische gen. Wie bei der „eingehenden“ neuro- sprechendes Urteil traf beispielsweise Untersuchung GOP 801 logischen Untersuchung (GOP 800) das Landgericht Berlin am 3. Juli 2008 In der GOÄ lassen sich keine formalen müssen nicht unbedingt alle Teilberei- (Aktenzeichen: 7 S 47/07). Natürlich Beschränkungen zur Häufigkeit des An- che untersucht werden. Einen leicht fehl- kann die GOP 801 in der GOÄ auch von satzes der GOP 801 finden – und übri- zuinterpretierenden „GOÄ-Ratgeber“ einem/r Neurologen/in erbracht werden. gens auch nicht der Gesprächsleistungen im Ärzteblatt 44/2007 (nicht von der GOP 804 („Psychiatrische Behandlung Bundesärztekammer publiziert) nahm Angebot einer Lösung …“ ) beziehungsweise 806 („Psychiatri- die Krankenversicherung Debeka zum Mitglieder im BVDN, BDN, BVDP er- sche Behandlung … Mindestdauer 20 Mi- Vorwand, systematisch ab der zweiten halten regelmäßig den GOÄ-Abrech- nuten“). Auch die Kombination zwi- Berechnung der GOP 801 dem Patienten nungskommentar zugesandt, in dem die schen 801 und 804 beziehungsweise 806 die Kostenerstattung zu verweigern, unsere Fachgruppe betreffenden GOÄ- ist in der GOÄ grundsätzlich nicht limi- dem Arzt Falschabrechnung zu unter- Abrechnungsprobleme diskutiert wer- tiert. Sie richtet sich nach den diagnos- stellen und eine Begründung samt Über- den. Mitglieder können auch zum Prob- tischen und therapeutischen Umstän- sendung der Behandlungsdokumenta­ lem „Debeka – GOÄ 801“ im Mitglieder- den und der medizinischen Notwendig- tion zu fordern. Dieses Vorgehen ist na- bereich der Internetseite der Berufsver- keit im Einzelfall, hierüber entscheidet türlich absolut unangemessen und von bände (www.bvdn.de) Näheres erfahren der Arzt. Die „vollständige“ psychiatri- der GOÄ nicht gedeckt. Die Häufigkeit und Lösungstipps erhalten. sche Untersuchung besteht aus den Be- der GOP 801 in der GOÄ ist nicht limi- reichen Bewusstsein, Orientierung, ko- tiert. Sie richtet sich nach den diagnos- gnitiv-mnestische Funktionen, Affekt, tischen und therapeutischen Notwen- AUTOR Antrieb, Wahrnehmung, inhaltliches so- digkeiten des Einzelfalles, dies entschei- wie formales Denken und Ich-Störun- det und verantwortet der Arzt. Ein ent- Dr. med. Gunther Carl, Kitzingen

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NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 19

Rund um den Beruf

Praxisporträt Ganz nah an der Klinik

Eine Einzelpraxis mitten im Krankenhaus – für Dr. Tilman Kaupper aus Recklinghausen hat das viele Vorteile: Zum einen kann er sich mit anderen Ärzten fachlich austauschen, zum anderen sieht er bei seinen Konsilen ganz andere Patienten als in der Praxis, und das sorgt für Abwechslung. at der Patient eine Hirnblutung? HWie tief ist das Koma? Immer dann, Praxis-Steckbrief wenn sich die Ärzte im Prosper-Hospital Inhaber: Dr. Tilman Kaupper, Facharzt für in Recklinghausen bei solchen Fragen Neurologie und Nervenheilkunde nicht ganz sicher sind, ist der Rat von Dr. Praxistyp: Einzelpraxis Tilman Kaupper gefragt. Um den nie- Ort: 45657 Recklinghausen, NRW dergelassenen Nervenarzt zu konsultie- Regionale Struktur: Kreisstadt ren, müssen sie nicht einmal weit gehen: Anteil Privatpatienten: etwa 5–10 % Seine Praxis finden sie im Untergeschoss der Klinik. Nächste Klinik: 22 km (Neurologie) und 8 km (Psychiatrie) Kaupper betreut das Klinikum, das über keine eigene Neurologie verfügt, Mitarbeiterinnen: 4 Arzthelferinnen nun schon seit elf Jahren konsiliarisch, Besonderheiten: Zusatzbezeichnung und das bringt viel Abwechslung in den Sozialmedizin und Psychotherapie Tagesablauf: So geht er mit auf die Statio­ nen, trifft Kollegen und kann sich fach- Dr. med. Tilman Kaupper, Recklinghausen lich austauschen. Dabei untersucht er auch Patienten auf der Intensivstation, die ein niedergelassener Arzt normaler- weise nicht zu Gesicht bekommt. „Das zen Wartezeiten erklärt sich Kaupper mit ten gleich in eine Schwindelambulanz erweitert enorm das Spektrum.“ Die dem diagnostischen Schwerpunkt seiner einer Universitätsklinik.“ Dafür, so räumliche Nähe zu den Klinikärzten hat Praxis: „Ich mache sehr viel Elektrophy- Kaupper, seien die Spezialambulanzen aber weitere Vorteile für beide Seiten: So siologie. Wenn es bei jemandem irgend- aber nicht ausgelegt. „Wenn es nach mir können ihm die Kollegen für Untersu- wo kribbelt und ich finde nichts, dann ginge, dürften die Zuweisungen in sol- chungen auch mal bettlägerige Patienten, kann erst einmal der Hausarzt weiter be- chen Fällen nur über niedergelassene etwa zum EEG, vorbeibringen – dies ist handeln und den Patienten gegebenen- Neurologen erfolgen.“ Ein solches Proze- bei externen Konsiliarärzten kaum falls später noch einmal vorstellen.“ Oft dere wäre auch preiswerter, schließlich möglich. Im Gegenzug kommen gele- ist daher kein Anschlusstermin nötig. Ei- seien die Kosten für eine Behandlung in gentlich Klinikpatienten auch nach ihrer nen erheblichen Teil seiner Patienten be- der Spezialambulanz um ein Vielfaches Entlassung in Kauppers Praxis: Ent- zieht Kaupper entsprechend von anderen höher als in der Facharztpraxis. puppt sich der vermeintliche Herzin- niedergelassenen Fachärzten, die eine farkt als Panik­attacke, so kann der Arzt neurologische Abklärung wünschen. Gutachten für Sozialgerichte dem Patienten bei Bedarf eine ambulan- Doch auch psychiatrische Patienten Zweimal pro Woche nachmittags nimmt te Betreuung anbieten. kommen bei ihm nicht zu kurz: Etwa die sich Kaupper Zeit für Gutachten. Die Hälfte seiner Patienten haben Depressi- fertigt der Arzt mit der Zusatzbezeich- Schwerpunkt Diagnostik onen, Ängste, Anpassungsstörungen nung Sozialmedizin ausschließlich für Auf einen Termin müssen die Betroffe- oder andere seelische Probleme. Sozialgerichte an, häufig mit der Frage, nen dann jedenfalls nicht lange warten: Der Nervenarzt sieht sich noch als Ge- ob eine posttraumatische Belastungsstö- Der Nervenarzt schätzt, dass neue Pati- neralist und setzt sich dafür ein, dass nie- rung vorliegt. An Abwechslung mangelt enten spätestens nach ein bis zwei Wo- dergelassene Neurologen und Psychiater es ihm daher nicht: Sprechstunden, chen an der Reihe sind, dringende Fälle auch weiter in der Lage sind, das Gros der Konsile, Gutachten – gerade diese Viel- auch schon innerhalb von drei Tagen, Patienten in ihrer Disziplin zu versorgen falt schätzt er in seinem Beruf, und der und für Notfälle reserviert er sich jeden – das ist längst nicht mehr selbstverständ- macht nach über 20 Jahren noch immer Morgen ab 8.00 Uhr einen Teil der lich. „Wenn jemand Schwindel hat, dann Spaß. Allerdings: Etwas mehr Freizeit Sprechstunde. Die vergleichsweise kur- schicken manche Hausärzte die Patien- hätte er dafür schon gerne. mut

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 21 Fortbildung

Jugendpsychiatrie Die vergessenen kleinen Angehörigen – Kinder psychisch erkrankter Eltern

Die Psychiatriereform und ihre Umsetzung in den 1980er-Jahren lenkten das Augenmerk auf das soziale Umfeld psychisch erkrankter Menschen. Dabei wurde jedoch ein Aspekt ausgespart, nämlich dass eine Vielzahl von Patienten Kinder haben für die sie sorgen, und dass diese Kinder infolge der elterlichen Erkrankung häufig großen Belastungen ausgesetzt sind. Eine Generation später kommen diese „vergessenen kleinen Angehörigen der Psychiatriereform“ zunehmend in den Blick der stationä- ren und ambulanten psychiatrischen Versorgung. ANDREAS SCHRAPPE, WÜRZBURG

Kinder mit einem psychisch erkrankten Elternteil haben ein mehrfach erhöhtes Risiko, später in ihrem Leben eine gleichartige oder an- dere psychische Stö- rung zu entwickeln. Steve Dobenport / iStockphoto.com © ©

22 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Fortbildung

22 Die vergessenen kleinen 37 Status epilepticus 50 CME Zerebrale Vaskulitiden Angehörigen – Kinder Einteilung in der Praxis und Ein Update zur klinischen psychisch erkrankter Eltern Neues zur Therapie Manifestation, Diagnostik und Therapie 30 Versorgungsforschung 41 Neurologische Kasuistik Schizophrenie Wenn sich der Prolaps spontan 58 CME Fragebogen Vom „Heavy User“ zum auflöst „New Chronic“? 46 AU nach Unfallverletzungen

ie Studien lassen keinen Zweifel: Rund 20–25 % der stationär behandel- der der Patientinnen und Patienten als Kinder mit einem psychisch er- ten Patienten haben Kinder und sorgen stützende Bezugspersonen oder gar als D krankten Elternteil haben ein für sie, wobei der Anteil unter den er- Ko-Therapeuten zur Erhöhung der Com- mehrfach erhöhtes Risiko, später in krankten Müttern mit 38 % höher ist als pliance einzusetzen. Erst später wird ihrem Leben eine gleichartige oder an- bei den Vätern (18 %) [1]. Knapp drei deutlich, dass die Kinder unter dieser dere psychische Störung zu entwickeln Viertel der erkrankten Eltern leben mit unangemessenen Verantwortungsüber- [1, 2]. Mattejat und Remschmidt fassen ihren Kindern im gleichen Haushalt, sei nahme leiden und in ihrer eigenen psy- zusammen, dass die Wahrscheinlich- es zusammen mit dem anderen Eltern- chischen Entwicklung sowie der natür- keit betroffener Kinder, eine psychische teil oder alleinerziehend [4]. Die Eltern- lichen Ablösung vom Elternhaus behin- Störung auszubilden, etwa um den Fak- schaft ist in der Regel auch für psychisch dert werden. Psychisch erkrankte Eltern tor vier erhöht ist [3]. Dabei spielen ge- Erkrankte eine Quelle von Sinn, Freude und die behandelnden Psychiater sollten netisch-biologische Faktoren eine ähn- und Bindung, aber oft zugleich von Sor- vielmehr die Kinder und Jugendlichen lich große Rolle wie psychosoziale Be- ge, Stress und Selbstzweifeln. In der psy- entlasten, indem sie andere erwachsene lastungen. Zusätzlich haben die Kinder chiatrischen Behandlung kommen die Bezugs- und Hilfspersonen für die Pati- mit einer Vielzahl von Belastungen zu Kinder und die Elternschaft nur selten entin oder die Familie suchen und etab- kämpfen, die direkt oder indirekt mit zur Sprache. Dabei würden Aufklärung lieren. Die Botschaft an die Kinder lau- der elterlichen Erkrankung von Mutter und Psychoedukation helfen, die Eltern tet: „Du bist nicht schuld an der Erkran- oder Vater zu tun haben. Einige Bei- zu entlasten und ihnen Unterstützung kung von Vater oder Mutter. Du brauchst spiele: zu vermitteln. Einige Beispiele: auch keine Verantwortung für ihre Stabi- ——„Ich muss mich um meinen kleinen ——„Ich habe Angst, dass ich meine De- lisierung und Behandlung zu überneh- Bruder und das Einkaufen kümmern. pression den beiden Kindern vererben men. Beteilige Dich in normalem Maß an Mama sagt, sie habe keine Kraft dazu. könnte. Wenn ich meine Psychiaterin den familiären Aufgaben und Pflichten Ich habe Angst, etwas falsch zu ma- frage, zuckt sie die Schultern und gibt im Haushalt, und kümmere Dich um chen.“ (Lena, 9 Jahre) mir keine klare Antwort.“ (Mutter) Deine Ausbildung, Freizeit und Freunde.“ ——„Manchmal schäme ich mich für Papa, ——„Ich weiß, das darf nicht so sein (…) (Aus dem Programm der Präventions- er zieht sich immer so seltsam an. Klas- aber mein Philipp ist der einzige und Therapiegruppe „Gute Zeiten – senkameraden nehme ich lieber nicht Grund, warum ich noch Kraft zum schlechte Zeiten“ im Evangelischen Be- mit nach Hause. Ich habe voll die Weiterleben habe.“ (Mutter, alleiner- ratungszentrum Würzburg) Angst, auch mal so zu werden. Kriegt ziehend) man das vererbt?“ (Frederic, 11 Jahre) ——„Und wenn die Jungs so laut sind, das „Auch psychisch erkrankte Eltern haben ——„Als ich mich gestern mit Mama ge- halte ich im Kopf nicht aus. Ich schalte normale Erziehungsprobleme!“ stritten habe, ging es ihr wieder beson- dann einfach das Fernsehen an, dann Dieser Satz von Professor Fritz Mattejat, ders schlecht. Bin ich schuld daran, sind sie eine Weile ruhig.“ (Vater) einem der Pioniere der kinder- und ju- dass sie so krank ist? Ich würde lieber Insbesondere wenn kein stabiler Eltern- gendpsychiatrischen Forschung in die- bei meiner Tante wohnen, aber ich teil in der Familie lebt, ist die Wahr- sem Feld, lässt sich noch zuspitzen: kann Mama doch nicht alleine lassen.“ scheinlichkeit groß, dass die Kinder die „Man braucht nicht psychisch krank zu (Annika, 13 Jahre) Rolle des Partner- oder Elternersatzes sein, um Erziehungsprobleme zu haben!“ Im Zentrum stehen folgende psychische übernehmen („Parentifizierung“). Auf Heutzutage ist es für die meisten psy- Erkrankungen der Eltern: den ersten Blick fühlt es sich für die Kin- chisch unauffälligen Eltern keine Beson- ——Depressionen der oft positiv an, wenn sie scheinbar auf derheit mehr, sich bei Fragen oder Pro- ——Bipolare Störungen die familiäre Situation oder die Befind- blemen in der Erziehung Hilfe zu holen. ——Schizophrene Störungen lichkeit des erkrankten Elternteils aktiv Hier kommen die Erziehungs- und Fa- ——Alkohol- und Drogenmissbrauch Einfluss nehmen können. Auch die be- milienberatungsstellen in den Blick, ——Persönlichkeitsstörungen, vor allem handelnden Psychiater sind versucht, aber auch andere Hilfen zur Erziehung, vom emotional-instabilen Typ mangels besserer Alternativen die Kin- je nach Wunsch und Bedarf der Eltern.

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 23 Fortbildung Jugendpsychiatrie

gern, wird die Erziehungstätigkeit er- Best-of-Liste für die psychiatrische Praxis leichtert und ebenfalls die Stressbelas- tung der Eltern reduziert. ——Ich lasse entsprechende Flyer, Broschüren und Kinderbücher im Wartezimmer aus- legen; damit ist das Thema Kinder und Elternschaft als „ganz normal“ eingeführt. Hilfen für Kinder und Eltern sind ——Ich versuche die Angst der Patientinnen und Patienten zu mindern, indem ich Ver- ständnis und Anerkennung für die Mühe ihrer Erziehungsarbeit zeige. möglich —— Trotz knapper Behandlungszeit habe ich meine Scheu vor Erziehungs- und Familien- In einer systemischen Sicht der Familie themen überwunden. Schließlich gibt es kompetente Beratungsdienste, auf die ich sollte die Unterstützung sowohl bei den hinweisen kann. Kindern als auch bei den Eltern ansetzen. ——Ich führe eine Liste aller potenziellen Netzwerkpartner aus Jugendhilfe, Erziehungs- Inzwischen haben sich bundesweit eine und Familienberatung, Kinder- und Jugendpsychiatrie etc. Reihe von Angeboten und Interventio- ——Mit einer Erziehungs- und Familienberatungsstelle vor Ort habe ich eine gegenseiti- nen bewährt, so dass den meisten Fami- ge Konsiliarbeziehung gebildet – so kann ich Patientinnen, die Kinder haben, an die lien gut geholfen werden kann [2, 6, 7]. Stelle verweisen. Diese wiederum kann Eltern, die sich psychiatrisch untersuchen Kinder benötigen zur Bewältigung: oder behandeln lassen sollten, an meine Praxis empfehlen. ——Aufklärung über die Erkrankung und ——Wichtig ist die Teilnahme an einer der einschlägigen Fortbildungen zum Thema „Kin- ihre Folgen für die Kinder selbst, der und ihre psychisch erkrankten Eltern“. Auch der Qualitätszirkel, die psychosozia- ——Hilfen in der emotionalen Verarbei- len Arbeitsgemeinschaften können ein Seminar vor Ort anbieten – möglichst mit tung, Teilnehmern aus Psychiatrie und Jugendhilfe. ——ein Ende der Verleugnung und Sprach- losigkeit, ——das Vorhandensein einer positiven er- wachsenen Bezugsperson, – Abbildung 1 – ——Entlastung von unangemessenen fa- miliären Rollen und Aufgaben, Familienberatung, ——freien Zugang zur sozialen Umgebung, Behandlung der Eltern Elternberatung, entlastende Hilfen ——Notfallpläne für die Krisensituation, ——das Recht auf Ablösung und ein eige- nes Leben. Psychische Erkrankung Erziehungsdefizite der Eltern Bedürfnisfrustration Lenz hat herausgearbeitet, dass es nicht einen einzigen, situationsübergreifend effektiven Coping-Stil gibt, um die aus der Erkrankung resultierenden Belas- Elterlicher Symptomatik tungen zu bewältigen [7]. Vielmehr müs- Stress der Kinder sen die Kinder differenzielles Problem- lösen lernen und unterscheiden, wann Familienberatung, Elternberatung, Behandlung der Kinder sie sich am besten: entlastende Hilfen ——ablenken oder die Situation verlassen, ——aktive Lösungsstrategien verfolgen Auswege aus dem negativen Kreislauf von kindlicher Auffälligkeit und elterlicher Be- oder sich an Bezugspersonen wenden, lastung (nach [5]). oder ——allein ihre emotionale Befindlichkeit modulieren sollten. Was kann in der psychiatrischen Ver- ——Patientinnen und Patienten brechen Aus Unwissenheit oder Angst scheuen sorgung geschehen, dass auch psychisch ihre stationäre Behandlung seltener sich viele Eltern, in der psychiatrischen labile oder erkrankte Eltern die Hilfe in vorzeitig ab, wenn für ihre Kinder und Behandlung die Kinder und ihre Eltern- Anspruch nehmen, die sie brauchen? Er- für ihre Beziehung zu ihnen gesorgt schaft anzusprechen. Dabei ist den El- fahrene Psychiaterinnen und Psychiater ist. tern zumeist bewusst, dass die Kinder beschreiben die Entwicklung ihrer Ar- ——Wenn Patientinnen und Patienten Un- von der elterlichen Erkrankung betrof- beitsweise so: In der psychiatrischen terstützung erhalten in der Erfüllung fen sind und Unterstützung bräuchten Diskussion setzt sich schrittweise die Er- ihrer Elternaufgaben, reduzieren sich [5]. Zugleich geben 80 % der Eltern an, kenntnis durch, dass die Einbeziehung der familiäre Stress und damit auch infolge der Erkrankung durch die El- von Elternschaft und Situation der Kin- das Risiko einer erneuten psychischen ternschaft selbst deutlich belastet zu sein. der den Krankheitsverlauf der Patientin- Zuspitzung beim labilen Elternteil. Trotzdem werden vom überwiegenden nen positiv beeinflussen kann, also im ——Lassen sich die situationsbedingten Teil der Eltern die präventiven Angebote Eigeninteresse der behandelnden Ärz- Auffälligkeiten und Symptome beim der Jugendhilfe nicht angenommen. Die tinnen und Ärzten sowie Therapeutin- Kind durch Kindertherapie, Erzie- Hälfte der Befragten meidet aktiv den nen und Therapeuten liegt [5]: hungsberatung oder ähnliches verrin- Kontakt mit dem Jugendamt, aber auch

24 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Jugendpsychiatrie

26 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Jugendpsychiatrie Fortbildung

eine kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung wird nicht aufgesucht [5]. Erste Hilfe für Kinder und Jugendliche Psychisch erkrankte Eltern brauchen: ——In den Erziehungsberatungsstellen gibt es qualifizierte Familienberatung und ——eine angemessene Behandlung ihrer vielerorts spezifische Gruppen für Kinder psychisch erkrankter Eltern. Erkrankung, ——Inzwischen ist eine Reihe empfehlenswerter Kinderbücher und Jugendromane ——die Anerkennung ihrer Elternrolle, erhältlich, die die Kinder allein oder mit einer erwachsenen Bezugsperson lesen ——Beratung und Unterstützung in der können; Für die Kleinen sind etliche Bilderbücher erschienen (www.bag-kipe.de). Erziehung, ——Im Internet finden größere Kinder Hilfen in fachlich moderierten Chats und Foren. ——Informationen und Hilfe, ob und wie Empfehlenswert ist zum Beispiel die staatliche geförderte Online-Beratung der sie mit den Kindern über die elterliche Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (www.bke-jugendberatung.de). Erkrankung reden sollen, ——vertrauensvolles Abwägen des Kin- deswohls. Eine wirksame Unterstützung betroffe- ner Familien wird gegenwärtig zweifach Welche Einrichtungen und Dienste können beteiligt sein? behindert: ——Kinder- und Jugendpsychiatrie ——aufseiten der Eltern und ihrer Kinder ——Jugendamt, Allgemeiner Sozialdienst durch die Tabuisierung und die man- ——Erziehungs- und Familienberatung gelnde Krankheits- und Behandlungs- ——Sozialpsychiatrischer Dienst einsicht und ——Betreutes Wohnen ——aufseiten der Fachöffentlichkeit durch ——Sozialpädagogische Familienhilfe die mangelnde Problemeinsicht und ——Mutter-Kind-Einrichtungen Kooperationsbereitschaft [8]. ——Stationäre Mutter-Kind-Behandlung Ohne eine aktive, regelhafte Zusammen- ——Flexible Formen von Patenschaften oder Pflegschaftsverhältnissen zwischen Tages- arbeit insbesondere zwischen den Ver- betreuung und Bereitschaftspflege sorgungsbereichen Psychiatrie und Ju- gendhilfe wird sich die Situation der Kinder und ihre Eltern nicht wesentlich verbessern lassen [1]. Lenz schlägt den psychiatrischen Einrichtung an der Regel nichts mit einer möglichen Kindes- Aufbau von „interinstitutionellen Ko- Hilfeplankonferenz im Jugendamt. wohlgefährdung zu tun hat, sondern prä- operationszusammenhängen“ vor, bei Behandelnde Psychiater und Psychiate- ventiv die Familie entlasten und die Be- denen die Vertreter der psychiatrischen rinnen sowie ihre Patienten und Patien- wältigungskräfte der Kinder stärken soll. und Jugendhilfedienste die Arbeitsweise tinnen sind sich häufig einig in der Ab- Nichtsdestotrotz gibt es klare Befunde, und Organisationskultur des jeweils an- lehnung des Jugendamtes als eine Behör- dass es in einigen Situationen zu einer deren Versorgungsbereichs kennen ler- de, die sich vor allem durch Sorgerechts- Kindeswohlgefährdung kommen kann. nen und konkrete Kooperationen verab- entzug und andere Eingriffe betätige. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in ei- reden. In einigen Gebieten der Bundes- Durch dieses Klischee wird die Familie ner Familie mit einem psychisch er- republik werden aktuell schriftliche Ko- möglicherweise um Entlastung und Hil- krankten Elternteil Vernachlässigung, operationsvereinbarungen entwickelt, fe gebracht, die ihr zusteht und die für Misshandlung oder sexueller Miss- in denen die Handlungsschritte und Ko- die Stabilisierung notwendig wäre. Auch brauch geschieht, ist um den Faktor 2 bis operationsformen standardisiert und wenn das Verhalten einzelner Jugend- 5 erhöht [3, 9]. Worauf ist also zu achten? verbindlich festgelegt werden. ämter oder Fachkräfte das negative Bild ——Bei einer schizophrenen Psychose ei- Die Jugendämter betonen ihre Ent- von Jugendhilfe zu bestätigen scheint, nes Elternteils oder einer manischen scheidungskompetenz bei der Auswahl sollte sich die Einschätzung durchsetzen, Entgleisung sind vor allem unbehan- der geeigneten und notwendigen Leis- dass Jugendhilfe vor allem die Leis- delte Ersterkrankungen, ungünstige tungen für ihre Familie und verwehren tungsansprüche von Eltern beschreibt. Behandlungsverläufe und Phasen flo- sich gegen richterliche Weisungen oder Psychisch erkrankte Eltern sollten darin rider Wahnvorstellungen zu beachten. ärztliche Verschreibungen bestimmter bestärkt werden, ihre Scheu vor der Ju- ——Bei einer depressiven Erkrankung ist Hilfen. Gute Erfahrungen der Zusam- gendhilfe zu überwinden, und bei der neben einer Vernachlässigung in der menarbeit werden berichtet Durchsetzung ihrer Hilfebedarfe unter- Versorgung kleiner Kinder die Mög- ——bei der Teilnahme einer Fachkraft des stützt werden. lichkeit eines erweiterten Suizids in Jugendamtes oder des allgemeinen So- Betracht zu ziehen. zialdienstes an einer Fallkonferenz vor Kindeswohlgefährdung und ——Neben diesen, eher seltenen Situatio- Entlassung aus der Klinik, oder Kindesschutz nen, ist hauptsächlich das Risiko bei ——bei der Beteiligung einer Psychiaterin/ Es kann nicht genug betont werden, dass einer Alkohol- und Suchtbelastung eines Psychiaters oder einer Mitarbei- die Unterstützung von Kindern und ih- oder bei einer Persönlichkeitsstörung terin/eines Mitarbeiters einer sozial- ren psychisch erkrankten Eltern in aller vom dissozialen beziehungsweise

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 27 Fortbildung Jugendpsychiatrie

emotional-instabilen Typ im Blick zu Jugendhilfe – Terra incognita? behalten, die mit einer Störung der Impulskontrolle einhergehen. ——Die Leistungen der Jugendhilfe werden geregelt und finanziert nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), das mittlerweile als Sozialgesetzbuch (SGB) VIII geführt wird. Dies gilt nach Deneke [9] vor allem dann, ——Jugendhilfe ist in aller Regel kommunal organisiert. In jedem Landkreis, jeder Stadt gibt wenn durch die Eltern-Kind-Interaktion es ein Amt für Jugend und Familie („Jugendamt“) mit den Fachkräften des Allgemeinen eigene traumatische oder Gewalterfah- Sozialdienstes (ASD). rungen aus der Biografie des Elternteils ——Die Jugendhilfe reicht von niederschwelligen Angeboten wie der offenen Jugend­arbeit aktiviert werden. oder dem Kita-Bereich über die Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie hin Mittlerweile setzt sich die Erkenntnis zu den sogenannten Hilfen zur Erziehung. durch, neben den drei gängigen Katego- ——Eltern haben einen Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung für sich und ihr Kind, rien der Kindeswohlgefährdung (Ver- „wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht nachlässigung, körperliche Misshand- gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist“ (§ 27 Abs. lung und sexueller Missbrauch), deren 1 SGB VIII). Auftretenswahrscheinlichkeit bei psy- ——Die Hilfen zur Erziehung umfassen ein breites Spektrum von ambulanten Leistungen chisch erkrankten Eltern nur mäßig er- wie der Erziehungsberatung über aufsuchende oder teilstationäre Angebote bis höht ist, stärker eine vierte Kategorie hin zu einer zeitweisen Betreuung des Kindes in einer Heimeinrichtung oder Pflege­ (seelische Misshandlung) zu problemati- familie. sieren. Seelische oder psychische Miss- ——Die Grundlage für die Gewährung von entsprechenden pädagogischen Angeboten ist handlung meint im engeren Sinn die das Hilfeplanverfahren, in dem sowohl die Sorgeberechtigten, die Kinder oder Jugend­ emotionale Unerreichbarkeit des Eltern- lichen sowie das Jugendamt beteiligt werden müssen. teils oder die von ihm ausgehende fort- ——Mit Ausnahme der Erziehungsberatungsstelle, die von Eltern und Kindern direkt währende Feindseligkeit und Abwertung auf­gesucht werden kann, ist für die Bewilligung der übrigen Hilfen ein Antrag beim gegenüber dem Kind, im weiteren Sinn Jugend­amt erforderlich. die Instrumentalisierung des Kindes für die eigene psychische Problematik und Bedürftigkeit des Elternteils [9].

Aus einem Interview mit einer Psychiaterin LITERATUR www.springermedizin.de/neurotransmitter Frau Dr. N., was bringt Ihnen der Blick auf Kind und Elternschaft? ? Antwort: Am Anfang war es natürlich ein Mehraufwand, mich auch mit dem Dipl.-Psych. Andreas Schrappe Thema „Kinder, Elternschaft, Familie“ zu befassen. Nachdem die Patienten aber Dipl.-Päd., Psychologischer Psychotherapeut, ihre erste Scheu überwunden hatten, waren sie erleichtert, mit jemandem über die- Supervisor, Leiter des Evangelischen Beratungs- sen wichtigen Lebensbereich sprechen zu können. Psychische Erkrankungen sind zentrums der Diakonie Würzburg Familienkrankheiten – in dem Sinne, dass die ganze Familie betroffen ist. Friedrich-Ebert-Ring 24, 97072 Würzburg E-Mail: [email protected] Wie waren Ihre Erfahrungen mit der Jugendhilfe? ? Antwort: Nun, manche Fachkräfte sind dort unsicher gegenüber psychischen Erkrankungen, sie profitieren sehr vom Kontakt mit mir. Umgekehrt lerne ich, wie umfassend und entlastend das breite Angebot der Jugendhilfe für Familien ist. Internet-Links Einige meiner Patienten konnten zum Beispiel durch eine sozialpädagogische www.bag-kipe.de: Website der Bundes- Familienhilfe oder durch Erziehungsbeistandschaft den familiären Stress deutlich arbeitsgemeinschaft Kinder psychisch reduzieren. Das war für ihre Stabilisierung sicher gut. erkrankter Eltern, mit Verzeichnis von spezifischen Einrichtungen und Ange- Hilft das auch den Kindern? boten im Bundesgebiet. ? Antwort: Wir Psychiater wissen über die familiäre Häufung psychischer Stö- rungen leider bestens Bescheid. Früher dachte ich, für die Kinder könne ich nichts www.kipsy.net: Website der Familien- tun – nun sehe ich die Chance, ihre Resilienz zu stärken. Ich ermutige die Familie, Selbsthilfe Psychiatrie/Bundesverband der über die elterliche Erkrankung zu sprechen und sich Hilfe zu holen. Angehörigen psychisch Kranker (BApK), Bonn, mit Informationen für Kinder und Zu guter Letzt – ein Tipp für die Kolleginnen und Kollegen? Eltern, Literaturhinweisen und mehr. ? Antwort: Verabreden Sie mit der nächstliegenden Erziehungs- und Familien- www.verbund-gzsz.de: Website des beratungsstelle eine Zusammenarbeit. Auf beiden Seiten kann die Anmeldezeit Fachberatungsangebots „Gute Zeiten – verkürzt werden, und jede Fachkraft kann bei einer Familie das tun, worin sie schlechte Zeiten“ im Evangelischen kompetent ist. Das ist eine echte Win-win-Situation! Beratungszentrum Würzburg.

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Literatur

1. Lenz A: Kinder psychisch kranker Eltern. Göt- tingen, Hogrefe, 2005 2. Wiegand-Grefe S, Mattejat F, Lenz A: (Hrsg.). Kinder mit psychisch kranken Eltern. Klinik und Forschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011 3. Mattejat F, Remschmidt H: Kinder psychisch kranker Eltern. Deutsches Ärzteblatt, 2008; 105, 413–418 4. Schmid M, Schielke A, Fegert JM, Becker T, Kölch M: Kinder psychisch kranker Eltern. Nervenheilkunde, 2008; 27: 521–526 5. Kölch M, Schmid M: Elterliche Belastung und Einstellungen zur Jugendhilfe bei psychisch kranken Eltern: Auswirkungen auf die Inan- spruchnahme von Hilfen. Prax Kinderpsych Kinderpsychiat, 2008; 57: 774–788 6. Lenz A: Interventionen bei Kindern psy- chisch kranker Eltern. Grundlagen, Diagnos- tik und therapeutische Maßnahmen. Göttin- gen: Hogrefe, 2008 7. Lenz A: Ressourcen fördern. Materialien für die Arbeit mit Kindern und ihren psychisch kranken Eltern (inkl. CD-Rom). Göttingen, Hogrefe, 2010 8. Schrappe A: Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil. Praxis der Kinderpsy- chologie und Kinderpsychiatrie, 2013; 62: 30–46 9. Deneke C: Misshandlung und Vernachlässi- gung durch psychisch kranke Eltern. In G. Deegener & W. Körner (Hrsg.), Kindesmiss- handlung und Vernachlässigung, Göttingen: Hogrefe, 2005: 141–154 10. Homeier S: Sonnige Traurigtage. Ein Kinder- fachbuch für Kinder psychisch kranker Eltern. Frankfurt, Mabuse, 2005 11. Homeier S, Schrappe A: Flaschenpost nach irgendwo. Ein Kinderfachbuch für Kinder suchtkranker Eltern. Frankfurt, Mabuse, 2008 12. Mattejat F, Lisofsky B: (Hrsg.) Nicht von schlechten Eltern. Kinder psychisch Kranker. Bonn, Balance-Verlag, 2008 13. Schrappe A: Die Leistungen der Jugendhilfe für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil. In Wiegand-Grefe S, Mattejat F, Lenz A (Hrsg.), Kinder mit psychisch kranken Eltern – Klinik und Forschung. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2011: 96–121

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Versorgungsforschung Schizophrenie Vom „Heavy User“ zum „New Chronic“?

Seit geraumer Zeit wird in der psychiatrischen Versorgungsforschung das Phänomen sogenannter „Heavy User“ konstatiert und analysiert. Am Beispiel einer psychiatrischen Vollversorgungsklinik wird untersucht, wodurch sich bei schizophrenen Patienten „Heavy User“ von „Non-Heavy-Usern“ unterscheiden und die entsprechenden Erhebungsinstrumente einer kritischen Prüfung unterzogen. KERSTIN SANDER, WASSERBURG, SISSI ARTMANN, WASSERBURG, MARGITTA BORRMANN-HASSENBACH, MÜNCHEN, MARKUS WITZMANN, MÜNCHEN, UND GERD LAUX, WASSERBURG

ls „Heavy User“ (HU) gelten im terversorgungsaktivitäten mit den am- zusetzen und nicht zwangsläufig kos- weiteren Sinne Menschen, die bulanten und nicht-psychiatrisch unter- tengünstiger als das Routineverfahren A„sehr viele, sehr lange oder sehr stützenden Versorgungspartnern für ist [5, 6]. intensive Gesundheitsleistungen in An- diese Patienten nicht als zufriedenstel- spruch nehmen müssen“ (Paul Camen- lend und erfolgreich angesehen werden HU im Kontext stationär- zind, im Vorwort zu [1]). Für die Psych- können. Aktuelle Verbesserungsansätze psychiatrischer Versorgung iatrie stellen HU besondere Patienten für das Phänomen HU werden im Rah- Der berichtete Anteil an HU statio- dar, da die stationären therapeutischen men integrierter Versorgungskonzepte när-psychiatrisch versorgter Patienten Bemühungen und die aus der Klinik he- [2] und Entlassungsplanungen gesehen schwankt zwischen 3% und 30% (z.B. raus eingeleiteten Nachsorge- und Wei- [3, 4], wobei Letzteres nicht einfach um- [7]). Zu dieser Spannbreite mögen regio-

Die „Heavy User“ unter den statio- när behandelten Schizophrenie- patienten sind auch Kandidaten für den Drehtür- effekt. com . otolia / F mith A lan I © ©

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nale und einrichtungsspezifische Pati- ——Intensität/Quantität der eingesetzten Q1 bis Q3 wurden als NHU definiert. entenstrukturen sowie diagnostische diagnostischen und therapeutischen Beide Gruppen wurden bezüglich sozio Schwerpunktverteilungen beitragen. Zuwendung demografischer und medizinischer Pa- Trotz der Feststellung, dass HU eine he- ——Versorgungskosten pro Patient rameter der BADO-Aufnahmebögen terogene Patientengruppe bilden, sind Obwohl die fünf Parameter auch als miteinander verglichen. Daten zu Auf- Hauptdiagnosen aus dem schizophrenen Kombination messbar sind, wird eine nahme- und Entlassungsart, Herkunfts- Formenkreis mit chronischen und the- getrennte Parameteranalyse empfohlen, region und Krankenversicherung der rapieresistenten Verläufen, familiärer da sich Patienten mit langer Behand- Patienten wurden dem Patientendaten- Belastung und Persönlichkeitsstörungen lungsdauer von solchen mit häufigen sta- management entnommen. besonders häufig [2, 8, 9]. tionären Aufnahmen deutlich unter- Aufgrund des explorativen Charakters Weitere berichtete Bedingungsfakto- scheiden können [15]. Entsprechend die- des Studiendesigns werden die Ergebnis- ren variieren in Abhängigkeit unter- ser Empfehlung haben wir als Differen- se deskriptiv-statistisch nach diskrimi- schiedlicher Methoden, konzentrieren zierungsparameter die stationäre Ver- nierenden soziodemografischen und sich aber auf folgende Faktorengruppen weildauer gewählt. Zu berücksichtigen medizinischen (psychiatrisch, soma- [8, 10, 11–15]: ist, dass bislang eine allgemein aner- tisch) Parametern dargestellt. Systema- ——Art der psychischen Erkrankung kannte, einheitliche, auf krankheitsim- tische und signifikante Unterschiede (Schizophrene und Persönlichkeits- manenten Verläufen oder diagnosti- zwischen NHU und HU, das heißt Un- störungen [s.o.] sowie Alkohol- und schen oder Schweregraderwägungen ba- terschiede, die sich in jedem Jahr des Substanzmissbrauch) sierende Definition fehlt, die zwischen Analysezeitraums gleichermaßen zeig- ——Erkrankungsschwere zu geringer, normaler, mäßig erhöhter ten, werden berichtet; Daten fallbezoge- (wie eingeschränkte Wirksamkeit oder stark erhöhter Inanspruchnahme ner Analysen nur, wenn personenbezo- medizinischer Strategien, besondere zu differenzieren erlaubt [1]. Dement- gene Analysen bei gleichem Trend dieses Therapiebedürftigkeit Betroffener, sprechend ist der Schwellenwert, ab Kriterium nicht erfüllten. Statistische Schwere der Erkrankung, Anzahl wann von HU gesprochen wird, willkür- Testverfahren waren je nach vorliegen- der Voraufnahmen, Alter) lich festgelegt und die Kriterien sind der Variablenart t-Test, Mann-Whitney- ——Sozialer Kontext (geringe psychoso- vom Kontext des Versorgungssystems, U-Test oder Chi-Quadrat-Test, jeweils ziale Funktionsfähigkeit mit entspre- in dem die Inanspruchnahme erfolgt, mit α = 5%. chenden Auswirkungen auf soziale abhängig. Kontakte sowie Wohn- und Arbeits- Ergebnisse situation) Methoden Das Geschilderte war Anlass, in der ei- Aufnahmebögen der BADO und Daten Allgemeine Patientencharakteristik genen psychiatrischen Vollversorgungs- des Patientendatenmanagements von und Verweildauer klinik retrospektiv zu untersuchen, wie Patienten der Akutpsychiatrie der kbo- Eine Beschreibung nach Anzahl, Alter, viele der Patienten den HU zugerechnet Inn-Salzach-Klinikum gemeinnützigen Geschlecht sowie Verweildauer der ins- werden können. Aufgrund der berichte- GmbH mit einer Hauptdiagnose bei gesamt 4.460 Patienten mit einer F2*.*- ten Heterogenität dieser Patientengrup- Entlassung Schizophrenie, schizotype Hauptdiagnose im Analysezeitraum ent- pe beschränkten wir die Analyse auf Pa- und wahnhafte Störungen (F20 bis F29, hält Tabelle 1. Der Frauenanteil lag bei tienten mit einer schizophrenen Erkran- gemäß ICD-10) wurden für die Jahre 49,5% (n = 2.209). kung, im Gegensatz zu bisherigen Studi- 2005 bis 2009 untersucht. Soweit nicht Die mittlere kumulierte Verweildauer en (s.o.). Wir prüften, in welchen Aspek- anders angegeben, war die Analyse per- betrug über alle Patienten und Jahre des ten sich bei ihnen HU von „Non-Heavy sonenbezogen. Analysezeitraums hinweg 50,1 Tage (SD User“ (NHU) unterscheiden, um ein Die kumulierte Verweildauer in Tagen 40,2 Tage), und nahm von 2005 (53,2 Merkmalsmuster für zukünftige Identi- pro Patient und Jahr war Differenzie- Tage) zu 2009 (47,9 Tage) um fünf Tage fikationen zu erhalten, welches erlaubt, rungsparameter der Inanspruchnahme- ab. Sie betrug für NHU 32,2 Tage, und die Patienten früh einer angemessenen Stärke psychiatrischer Leistungen, wobei nahm von Q1 zu Q2 und zu Q3 um je- Versorgung zuzuführen. Darauf gründet eine gewisse Konfundierung mit der An- weils 19 Tage zu. die Analyse der Aufnahmebögen der Ba- zahl stationärer Aufnahmen in Kauf ge- sisdokumentation (BADO). nommen wurde. Da bis zu 30% der sta- Soziodemografische Daten In der Versorgungsforschung werden tionär-psychiatrischen Patienten den F2*.*-Diagnosenverteilung, Geschlecht, NHU und HU anhand folgender Para- HU zuzurechnen sind, diente die kumu- Alter, Geschwister- und Kinderzahl, meter differenziert: lierte Verweildauerverteilung pro Jahr Mehrlingsstatus, Deutschkenntnisse, ——Anzahl stationärer Aufnahmen und der Einteilung der Patienten in die Quar- Schul- und Berufsabschluss sowie beruf- Wiederaufnahmen tile (Q) Q1, Q2, Q3 und Q4 mit anstei- licher Status und Erfolg unterschieden ——Stationäre Verweildauertage gender Verweildauer. HU waren defini- sich nicht systematisch zwischen NHU ——Anzahl und Dichte von Kontakten tionsgemäß Patienten mit der längsten und HU. mit medizinischen und komplemen- Verweildauer, also Patienten des vierten Bei den F2*.*-Diagnosesubgruppen tären ambulanten Hilfesystemen Quartil. Patienten der Quartilgruppen dominierte die paranoide Schizophrenie

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 31 Fortbildung Versorgungsforschung Schizophrenie

– Tabelle 1 – Patientencharakteristika und Verweildauer 2005 2006 2007 2008 2009 Summe/Gesamt- mittelwert Patientenzahl Gesamt 889 861 865 927 918 4.460 (100%) NHU 672 651 649 699 698 3.369 (75,54%) HU 217 210 216 228 220 1.091 (24,46%) Alter, Jahre (SD) Gesamt 44,2 (15,5) 44,96 (15,8) 44,85 (15,2) 45,96 (16,0) 45,04 (15,7) 45,02 (15,7) NHU 44,8 (15,7) 45,44 (15,8) 44,20 (15,3) 46,29 (16,2) 44,95 (15,7) 45,14 (15,8) HU 42,6 (14,8) 43,46 (15,7) 46,80 (15,0) 44,95 (15,3) 45,34 (15,7) 44,64 (15,3) Geschlecht Männlich- 334 334 325 356 346 1.695 (38,0%) NHU Männlich-HU 105 122 102 116 111 556 (12,5%) Weiblich-NHU 338 317 324 343 352 1.674 (37,5%) Weiblich-HU 112 88 114 112 109 535 (12,0%) Verweildauer, Tage (SD) NHU (Q1) 13,8 (7,2) 14,7 (6,9) 12,7 (6,7) 12,9 (6,5) 12,5 (6,3) 13,3 (6,7) NHU (Q2) 34,4 (5,0) 33,4 (5,0) 31,6 (5,3) 31,8 (5,2) 28,6 (4,5) 31,9 (5,0) NHU (Q3) 54,9 (8,8) 52,4 (7,3) 50,2 (6,9) 51,0 (7,3) 48,1 (7,9) 51,3 (7,6) HU (Q4) 111,8 (36,1) 105,8 (36,0) 102,9 (42,3) 105,9 (38,4) 105,7 (42,1) 106,4 (39,0)

Patientenzahl, Durchschnittsalter, Geschlecht und mittlere kumulierte Verweildauer der F2*.*-Diagnosegruppe. „Non-Heavy User“ (NHU) sind für die Parameter Anzahl, Alter und Geschlecht den „Heavy User“ (HU) gegenüber gestellt, während die mittlere kumulierte Verweildauer für jedes Quartil (Q) angegeben ist. SD = Standardabweichung

– Abbildung 1 – vat (33,8% vs. 48,2%), wobei die Rubrik „Nicht privat“ Heimunterbringung, Be- 60 treutes Wohnen, Wohnen in einer 57,8

55,6 Wohngemeinschaft und ähnliches um- 50 NHU fasst. NHU lebten auch öfter mit Part- HU nern (22,5% vs. 14,1%) und Kindern 40 (12,3% vs. 7,4%) zusammen als HU.

30 Medizinisch-psychiatrische und somatische Daten 20 Die Parameter „Ärztliche Einweisung“, 17,5 16,6 13,3

12,9 „Rückkehr innerhalb von 10 Tagen“, 10 „Familiäre Belastung“, „Suizidale 7, 1 6, 0

4, 0 Handlungen Angehöriger“, „Zeitraum F2*.*-Diagnosenverteilung der NHU und HU (%) 2, 4 2, 4 2, 1 1, 7 1, 5 1, 1 0, 9 0, 7 0, 7 0, 6 0, 6 0, 4 0, 4 0, 4 0, 3 0, 2 0, 1 0 0 0 0 0 0 0, 1 seit Beginn jetziger Krankheitsmanifes- F20 F20.0 F20.1 F20.2 F20.3 F20.4 F20.5 F20.6 F20.8 F20.9 F21.x F22.x F23.x F25.x F28.x F29.x tation“, „Bedrohung/Tätlichkeit im Vorfeld jetziger Aufnahme“ sowie „Kör- Prozentuale Verteilung der F2*.*-Diagnosen bei „Non-Heavy-User“ (NHU) und perliche Beeinträchtigung“ unterschie- „Heavy User“ (HU), zusammengefasst für die Jahre 2005 bis 2009. Eingekreist den sich nicht systematisch zwischen sind systematische und signifikante Gruppenunterschiede. NHU und HU. Systematische Unter- schiede wiesen hingegen folgende Para- meter auf: (F20.0), gefolgt von schizophrenem Re- um 3% bei den F25.-Diagnosen und um ——Die maximale Zahl stationärer Auf- siduum (F20.5), schizoaffektiven Stö- 5% bei den F23.-Diagnosen. nahmen nahm im Analysezeitraum rungen (F25.-), akuten vorübergehenden Die Wohnsituation und das Zusam- für HU von 6 auf 10 zu, blieb für psychotischen Störungen (F23.-) und he- menleben (Analysegrundlagen Fälle) NHU aber nahezu konstant (Tabelle bephrener Schizophrenie (F20.1, Abbil- unterschieden sich ebenfalls systema- 2). Ein 2,5-fach höherer Patientenan- dung 1). NHU und HU unterschieden tisch: NHU lebten häufiger privat als HU teil der NHU hatte nur eine stationä- sich um 4% bei den F20.5-Diagnosen, (66,4% vs. 52,9%) und seltener nicht pri- re Aufnahme, während 12% der HU

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Versorgungsforschung Schizophrenie Fortbildung

mehr als drei Aufnahmen hatten, ge- – Tabelle 2 – genüber 0,3% der NHU. Stationäre Aufnahmen ——Gemäß Rechtsgrundlage 24 Stunden 2005 2006 2007 2008 2009 Gesamt­ nach Aufnahme (Analysegrundlage mittelwert Fälle) kamen NHU öfter freiwillig in Gesamt 1 Aufnahme 75,5 74,7 72,6 74,2 74,6 74,3 die Klinik als HU (47,0% vs. 33,3%) und seltener freiwillig unter Betreu- 1–3 Aufnahmen 97,1 97,4 97,1 97,6 95,5 97,0 ung (26,7% vs. 35,9%). > 3 Aufnahmen 2,9 2,4 2,9 2,4 4,5 3,2 ——Das Alter bei erster psychischer Auf- Umfang 1–6 1–6 1–6 1–9 1–10 fälligkeit lag bei NHU mit 28,8 Jah- NHU 1 Aufnahme 87,8 88,0 85,46 86,8 87,7 87,2 ren etwas höher als bei HU mit 26,9 Jahren (geringe bis kleine Effektstär- 1–3 Aufnahmen 99,9 99,7 99,4 99,7 99,4 99,6 ken: Cohens d zwischen 0,13 und > 3 Aufnahmen 0,2 0,2 0,6 0,3 0,1 0,3 0,24). Umfang 1–6 1–4 1–4 1–4 1–5 —Die Art des zur Aufnahme führen- — HU 1 Aufnahme 37,3 33,3 34,3 35,5 33,2 34,8 den Zustands (Analysegrundlage Fälle) war bei NHU öfter das erstma- 1–3 Aufnahmen 88,5 90,5 90,3 91,2 83,2 88,8 lige Auftreten einer psychischen Er- > 3 Aufnahmen 11,5 9,5 9,7 8,8 16,8 12,0 krankung (8,4% vs. 2,9%) und selte- Umfang 1–6 1–6 1–6 1–9 1–10 ner die Verschlechterung eines chro- Angabe des prozentualen Anteils an Patienten mit der jeweiligen Anzahl an stationären Aufnahmen in der nischen Zustands als bei HU (42,3% Gesamtstichprobe und in der Gruppe der „Non-Heavy User“ (NHU) und „Heavy User“ (HU). vs. 54,4%). ——Bei NHU gab es öfter keine psychiat- rische Vorbehandlung während jetzi- ger Krankheitsmanifestation (18% – Abbildung 2 – vs. 11,2%; Analysegrundlage Fälle) und seltener eine ambulante psychia- Heavy User Non-Heavy User trische Vorbehandlung als bei HU (n=1.016) (n=3.202) (51,4% vs. 57,7%). Ebenso hatten PKV, SZ: 3% PKV, SZ: 2% NHU öfter keine medikamentöse PKV: 2% TKK: 5% PKV: 2% TKK: 5% Vorbehandlung als HU (24,7% vs. LKK: 2% LKK: 2% KKH: 2% KKH: 2% 12,8%). DAK: 9% ——In der Rubrik „Jemals Suizidversuch“ DAK: 12 % (Analysegrundlage Fälle) hatte ein AOK: 56 % höherer Patientenanteil der NHU BKK: 7% AOK: 58 % BKK: 12 %

öfter keinen Suizidversuch (72,1% BEK: 9% BEK: 10 % vs. 62,0%) und seltener mehrmalige Suizidversuche als HU (12,3% vs. 18,5%). ——Laut CGI bei Aufnahme (Analyse- Für den Analysezeitraum 2005 bis 2009 zusammengefasste Daten des Kranken- grundlage Fälle) waren NHU selte- versicherungsstatus (für Krankenversicherungen mit ≥ zehn Versicherten pro Jahr ner „schwer krank“ als HU (37,6% des Analysezeitraums) vs. 45%). Analog war der mittlere CGI-Wert (berechnet über alle Rub- riken, Analysegrundlage Fälle) bei Hause (60,6% vs. 49,3%) und seltener dener Land, Ebersberg) noch hinsicht- NHU kleiner als bei HU (6,36 vs. aus dem Heim in die Klinik verlegt als lich außerhalb des Einzugsgebietes lie- 6,52; kleine Effektstärken: Cohens d HU (20,5% vs. 31,4%) (Analysegrundla- gender Regionen. Aus dem Einzugsgebiet zwischen 0,18 und 0,27), während ge Fälle); analog wurden NHU auch öf- des Klinikums kamen 92,1% der NHU der GAF-Wert entsprechend höher ter nach Hause (65,5% vs. 47,7%) und und 99,7% der HU. Auch der Kranken- ausfiel (33,9 vs. 31,1; kleine Effekt- seltener ins Heim entlassen als HU versicherungsstatus der NHU und HU stärken: Cohens d zwischen 0,19 und (18,4% vs. 36,0%). war ähnlich (Abbildung 2). 0,33). Die Herkunftsregion der NHU und HU zeigte keine geografischen Unter- Der schizophrene „Heavy-User“ Patientenstrom, Geoanalyse und schiede , weder hinsichtlich des Einzugs- Zusammenfassend lassen sich HU mit Krankenversicherungsstatus gebiets des Klinikums (Landkreise Ro- Erkrankungen aus dem schizophrenen Hinsichtlich Aufnahme- und Entlas- senheim (plus Stadt Rosenheim), Mühl- Spektrum mit folgenden soziodemogra- sungsart wurden NHU öfter von zu dorf, Altötting, Traunstein, Berchtesga- fischen Merkmalen beschreiben:

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 35 Fortbildung Versorgungsforschung Schizophrenie

——Ausgeglichenes Verhältnis von insti- teres überwiegte (siehe aber [18]) und sie mehrere psychiatrische Kliniken aus- tutionalisiertem zu privatem Woh- öfter mit Partnern und Kindern zusam- dehnen, ebenso wie es einer Ausdeh- nen menlebten. nung auf den psychiatrisch-ambulanten ——Selteneres Zusammenleben mit Part- Die vorliegende Studie zeigt, dass Bereich bedarf. Es mehren sich Hinwei- nern und Kindern schizophrene HU ein jüngeres Durch- se, dass häufige oder lange stationäre ——Ein Drittel der Patienten aus dem schnittsalter bei erster psychischer Auf- Aufenthalte nicht nur mit der Schwere Heim kommend und dorthin zu- fälligkeit besaßen (siehe auch [18]). Ob- einer psychischen Erkrankung einherge- rückkehrend wohl NHU öfter freiwillig und seltener hen (siehe aber [21]), sondern auch mit Medizinisch-psychiatrische Merkmale freiwillig unter Betreuung stehend in die Defiziten des außerstationären Versor- waren: Klinik kamen, gab es keinen Unter- gungsangebots, wie einem Mangel an ——Dreifach längere stationäre Verweil- schied zwischen HU und NHU bezüg- sinnvoller Beschäftigung für psychisch dauer (gemäß Definition) lich der gesetzlichen Unterbringung Schwerkranke [22, 23], welche unter ——≥ zwei stationäre Aufnahmen bei oder Art der Einweisung aus dem ärztli- Umständen zu unnötigen Hospitalisie- zwei Drittel der Patienten chen (ambulant, stationär), polizeilichen rungen führen [19, 24–27]. ——Durchschnittsalter von knapp 27 (Landrats-, Ordnungsamt), gerichtli- Jahren bei erster psychischer Auffäl- chen (Maßregelvollzug, Gericht, Justiz- Fazit für die Praxis ligkeit vollzugsanstalt) oder sozialpsychiatri- Die aufgezeigten Unterschiede zwischen ——Oft medikamentöse Vorbehandlung schen Bereich; und dies unabhängig von HU und NHU müssen kritisch betrachtet ——Knapp 20% der Patienten mit Suizid- der Art der Aufnahme. Das heißt, HU werden, da sie gerade bezüglich des Er- versuch in der Vergangenheit waren nicht öfter unfreiwillig hospitali- krankungsgrades gering und die entspre- ——Höherer Schweregrad der Erkran- siert (siehe auch [7]). chenden Erhebungsinstrumente (CGI, GAF) kung als andere Patienten mit F2*.*- Grenzen der vorliegenden Studie und hinsichtlich Validität und Reliabilität, und Diagnosen (CGI, GAF, F20.5, F25.-) damit ihrer Verallgemeinbarkeit liegen damit ihrer Trennschärfe und Aussagekraft, darin, dass nur ein Ausschnitt von As- verbesserungsbedürftig sind [28–30]. Auf Diskussion pekten des stationären Inanspruchnah- der anderen Seite lässt sich aus den berich- An einer psychiatrischen Vollversor- meverhaltens, wie es über BADO-Auf- teten Unterschieden aber auch ableiten, gungsklinik wurde für einen fünfjähri- nahmebögen verfügbar ist, analysiert dass an der untersuchten psychiatrischen gen Zeitraum eruiert, wodurch sich bei wurde, welcher in Folgestudien vor- Vollversorgungsklinik insbesondere psy- schizophrenen Patienten HU von NHU dringlich bezüglich Medikation sowie chisch schwer kranke Menschen behandelt unterscheiden. Als HU wurden die 25% psychischer und somatischer Komorbi- werden. der schizophrenen Patienten definiert, ditäten zu erweitern wäre. die die längste kumulierte stationäre Analysen der medizinischen Entlas- Verweildauer pro Jahr hatten. Die we- sungsstatistik der Schweiz (1998 bis sentlich längere Verweildauer der HU 2005) zeigten für Menschen, die jemals korrespondierte mit einer höheren An- mit einer psychischen Erkrankung sta- zahl stationärer Aufnahmen und bestä- tionär behandelt wurden und einen psy- tigt frühere Befunde [16]. Beide Parame- chiatrischen oder somatischen Kran- ter eignen sich aufgrund ihrer Konfun- kenhausaufenthalt zwischen 2003 und dierung gleichermaßen, bei schizophre- 2005 hatten, dass sie körperlich behand- nen Patienten zwischen HU und NHU lungsbedürftiger waren als der entspre- zu unterscheiden. chende Bevölkerungsdurchschnitt [19]. In der oft mit einer hohen Inanspruch- Sechs verschiedene zeitliche Inan- nahme stationär-psychiatrischer Leis- spruchnahmemuster wurden identifi- tungen assoziierten familiären Belas- ziert, die das multifaktorielle Erschei- tung [8] unterschieden sich die Studien- nungsbild der jeweiligen psychischen Er- LITERATUR patienten nicht, ebenso wenig wie be- krankung und ihres Schweregrades wi- www.springermedizin.de/neurotransmitter züglich Alters- und Geschlechterstruk- derspiegeln, auf das mit einer optimalen tur, Schul- und Berufsausbildung sowie psychiatrischen Versorgung reagiert Dr. med. Kerstin Sander Berufssituation (siehe auch [7]). Über- werden sollte. So profitierten beispiels- Dr. Sissi Artmann einstimmend mit anderen Studien [8, 10, weise schizophrene Patienten, die an ei- Dr. med. Margitta Borrmann-Hassenbach 11–15] waren HU schwerer erkrankt nem Projekt der integrierten Versorgung Dr. Markus Witzmann und besaßen dadurch bedingt vermut- teilnahmen, von einer besseren sozial- Prof. Dr. med. Gerd Laux lich eine geringere psychosoziale Funk- komplementären Anbindung als nicht- Versorgungsforschung, tionsfähigkeit, wie kürzlich direkt ge- teilnehmende Patienten [20]. Kliniken des Bezirks Oberbayern zeigt wurde [17]. HU hatten gleich oft in- Zur Vorbeugung regionaler und ein- kbo-Inn-Salzach-Klinikum gemeinnützige GmbH stitutionalisierte und familientypische richtungsspezifischer Verzerrungen soll- Gabersee 7, 83512 Wasserburg Wohnformen, während bei NHU Letz- ten zukünftige Studien die Analyse auf E-Mail: [email protected]

36 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Literatur

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2 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung

Status epilepticus Einteilung in der Praxis und Neues zur Therapie

Trotz der Häufigkeit eines Status epilepticus (SE) und der Schwere dieser Erkrankung gibt es weder eine einheitliche Einteilung noch eine gute, fundierte Datenbasis zur Therapie. Etabliert hat sich die Einteilung in drei Phasen, der auch die Therapiestufen der Behandlung folgen. Die sichersten Erkenntnisse bestehen bei der unmittelbaren Ersttherapie eines SE. Danach wird die Datenlage eher dünn. Die Auswahl der Substanz bleibt größtenteils der individuellen Situation des Patienten und der Erfahrung des Behandlers überlassen. Hier ein Überblick zum Stand der Erfahrungen in der Praxis. CHRISTOPH KELLINGHAUS, OSNABRÜCK

in prolongierter, nicht von selbst scher oder motorischer Symptome. Auf her nur in wenigen Zentren und noch in sistierender epileptischer Anfall den ersten Blick erscheint diese Untertei- keiner größeren Studie verwendet wird. E wird auch als Status epilepticus lung gut handhabbar, in der Praxis ist sie Für die Therapie hat sich die Eintei- (SE) bezeichnet. Zur Häufigkeit des SE jedoch weder zuverlässig noch wird sie lung des SE hinsichtlich der Dauer bezie- in westlichen, industrialisierten Ländern pathophysiologischen Grundlagen ge- hungsweise des Erfolgs der medikamen- gibt es seit etwa 10 bis 15 Jahren verläss- recht. Grundsätzlich lässt sich die Eintei- tösen Therapie etabliert. Differenziert liche Daten, man geht von 15 bis 25 Fäl- lung der epileptischen Anfälle nach der werden grundsätzlich die Phasen len pro 100.000 Einwohnern pro Jahr aus ILAE (International League Against 1. beginnender (impending/early), [1, 2]. In Deutschland findet man als Epilepsy)-Klassifikation [6] oder der se- 2. etablierter (established) und häufigste Ursache eine nicht akute, das miologischen Anfallsklassifikation [7] 3. refraktärer (refractory) SE [9]. heißt weiter zurückliegende Schädigung auch auf den SE anwenden. Dies konnte Dieser Einteilung folgend, werden in der des Gehirns durch Ischämien oder Blu- vor allem für die semiologische Klassifi- Regel die Therapiestufen der Behand- tungen [1]. Nicht selten tritt ein SE nach kation gezeigt werden [8], die jedoch bis- lung unterschieden: Alkoholentzug sowie nach unregelmäßi- ger Medikamenteneinnahme auf, in 10% der Fälle kann keine eindeutige Ursache gefunden werden.

In der Praxis: Einteilung nach Dauer? Es gibt weder eine einheitliche, zeitba- Als häufigste sierte Definition oder Einteilungdes SE, Ursache eines noch eine gute, fundierte Datenbasis zur Status epilepti- Therapie. Typischerweise dauern epilep- cus kommen tische Anfälle nur wenige Minuten an. weiter zurück- Nach neueren Untersuchungen sinkt die liegende Schädi- Wahrscheinlichkeit eines spontanen Sis- gungen des tierens nach etwa 5 bis 10 Minuten – je Gehirns durch Ischämien oder nach Anfallstyp – stark ab [3]. In vielen Blutungen infra- Einrichtungen und auch in den jüngsten ge.

großen prospektiven Studien [4, 5] wird

.com ab einer Anfallsdauer von mehr als 5 Mi- nuten mit den ersten Maßnahmen zur Unterbrechung des Anfalls begonnen. iStockphoto

/ In der Praxis erfolgt meist eine eher

pragmatisch-vereinfachende Einteilung in „konvulsiven SE“ und „non-konvulsi- piccerella ©

© ven“ SE, je nach Vorhandensein kloni-

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 37 Fortbildung Status epilepticus

– Abbildung 1 – deutlich weniger (publizierte) Erfahrun- gen [18], der Einsatz erfolgt außerhalb der Zulassung mit einer Bolus-Dosis von 10 mg. Lorazepam 0,05−0,1 mg/kg Levetiracetam 30−60 mg/kg 2 mg/kg Valproat 20−30 mg/kg 0,15 mg/kg Midazolam 0,15−0,2 mg/kg Midazolam intramuskulär 0,025 mg/kg Phenytoin 15−20 mg/kg Thiopenthal 5 mg/kg Midazolam 0,1−0,15 mg/kg Lacosamid 5 mg/kg Ketamin 0,25−2 mg/kg Midazolam wird schon seit langem im Phenobarbital 20 mg/kg präklinischen Bereich intramuskulär appliziert, wenn ein intravenöser Zu- Beginnender / etablierter SE Etablierter SE Refraktärer SE 5−10 Minuten 15−60 Minuten >45−60 Minuten gang nicht schnell genug etabliert wer- den kann oder soll, allerdings lagen Behandlung des konvulsiven Status epilepticus gemäß der DGN-Leitlinien. kaum verwertbare Daten für den Einsatz zur Therapie des SE vor. Diese Daten­ lücke konnte nun mit der bislang größ- 1. Therapiestufe 1 (first line) bei begin- enten mit Epilepsie, besonders bei Kin- ten und aufwändigsten Untersuchung nendem SE, bei Versagen folgt dern, die Alarmierung des Rettungs- zur Therapie des SE geschlossen werden 2. Therapiestufe 2 (second line) bei etab- dienstes und den Transport in das Kran- [5]. In dieser Rettungsdienst-basierten liertem SE, der sich gegebenenfalls die kenhaus möglichst vermeiden. Seit den Studie wurde Lorazepam intravenös 3. Therapiestufe 3 (third line) zur Be- 1970er-Jahren ist die rektale Gabe von (4 mg) gegen Midazolam intramuskulär handlung des refraktären SE an- Diazepam gut untersucht und etabliert. (10 mg) bei insgesamt fast 900 Patienten schließt. In verschiedenen Studien konnte gezeigt randomisiert überprüft. Primärer End- Die Empfehlungen zur Behandlung des werden, dass mit der körpergewichts­ punkt war das Sistieren des SE beim Ein- konvulsiven SE gemäß den aktuellen adaptierten, rektalen Gabe von Diaze- treffen in der Notfallaufnahme ohne zu- Leitlinien der DGN zeigt Abbildung 1. pam der kindliche Status epilepticus in sätzliche Therapie. Dies konnte bei 60–80% der Fälle unterbrochen werden 73,4% der Midazolam-i. m.-Gruppe, Neues für Therapiestufe 1 kann [12, 13]. Allerdings stellt die rekta- aber nur bei 63,4% der Lorazepam-i. v.- Die bisherigen Leitlinien der Fachgesell- le Gabe eines Medikaments während ei- Gruppe erreicht werden. Allerdings zeigt schaften national wie international sa- nes Anfalls die Hilfspersonen oft vor die Analyse der Daten, dass es sich nicht hen für diese Therapiestufe die intrave- große praktische Schwierigkeiten. Dies unbedingt um einen Vorteil der Subs- nöse Gabe eines Benzodiazepins, vor- gilt vor allem für Körperbehinderte, die tanz, sondern eher um einen Vorteil der zugsweise von Lorazepam, vor. Diese sich häufig in Schalenrollstühlen befin- schnellen Applikation gehandelt haben Empfehlung basiert auf einer kleineren den, und generell für ausgewachsene könnte. Die Latenz vom Therapiebeginn [10] und zwei größeren Studien [4, 11], in Menschen. Eine Alternative bietet die mit der Substanz und dem Statusende denen sich Lorazepam als wirksamer als nasale oder bukkale Gabe von Midazo- war nämlich bei Lorazepam geringer als Phenytoin [11] und Diazepam [4, 10] und lam, das in verschiedenen, randomisier- bei Midazolam. genauso wirksam wie Phenobarbital [11] ten und kontrollierten Studien zum erwies. In jüngster Zeit erhält Midazo- kindlichen SE untersucht wurde. Scott et Levetiracetam zur Primärtherapie lam als Medikament zur Erstbehand- al. [14] konnten zeigen, dass bukkales In der Praxis stellt sich häufig die Frage, lung wieder mehr Aufmerksamkeit. Mi- Midazolam in 75% der Fälle prolongier- ob es insbesondere bei alten und multi- dazolam flutet innerhalb von Sekunden te Anfälle stoppen konnte, während dies morbiden Patienten nicht sinnvoll wäre, im ZNS an und ist durch seine relativ mit rektalem Diazepam nur bei 59% der auf die Gabe von Benzodiazepinen zu kurze Eliminationshalbwertszeit gut Fall war. Vergleichbare Zahlen wurden verzichten und direkt mit der schnellen steuerbar. Midazolam ist in der Notfall- in einer größeren Studie gefunden, bei Applikation eines parenteralen Antikon- und Intensivmedizin seit Jahren etab- der pro Therapiearm über 100 Anfälle vulsivums begonnen werden sollte. Zwar liert, sodass eine große Erfahrung des analysiert wurden [15]. Auch Untersu- konnte für Phenytoin gezeigt werden, Rettungsdienstpersonals hinsichtlich chungen außerhalb der westlichen in- dass im Vergleich zur vorherigen Gabe Dosiseffekten und Nebenwirkungen be- dustrialisierten Zentren, nämlich in von Diazepam die Erfolgsrate weniger steht. Uganda [16] und dem Iran [17], zeigten gut, die Nebenwirkungsrate jedoch nahezu identische Zahlen. Die Einschät- gleich ist [11]. In Fällen, in denen man Midazolam nasal/bukkal zung sowohl des Personals als auch der eine respiratorische Insuffizienz und die Im präklinischen Bereich versucht man Patienten fiel eindeutig zugunsten des Einleitung einer maschinellen Beatmung schon seit langem Alternativen zur int- bukkalen Midazolams aus. Eine speziel- unbedingt vermeiden wollte, ist jedoch ravenösen Gabe von Benzodiazepinen le Lösung zur bukkalen Applikation von im Einzelfall immer wieder von den Leit- zu finden. Einerseits ist es oft schwierig, Midazolam ist mittlerweile für Kinder linien abgewichen worden, insbesondere während eines epileptischen Anfalls ei- und Jugendliche bis 18 Jahre in Deutsch- nachdem mit Valproat und Levetira- nen intravenösen Zugang zu etablieren, land zur Behandlung des SE zugelassen. cetam Antikonvulsiva zur intravenösen andererseits will man ja gerade bei Pati- Aus dem Erwachsenenbereich gibt es Applikation verfügbar wurden, die ein

38 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Status epilepticus Status epilepticus Fortbildung

gegenüber Phenytoin und Phenobarbital kontrollierte Studien. Die Leitlinien be- 136 Patienten, die in Peer-review-Zeit- deutlich günstigeres Sicherheits- und Ne- ruhten damals wie jetzt überwiegend auf schriften publiziert wurden [22]. Die benwirkungsprofil aufweisen. Mittler- retrospektiven Fall­serien mit eher unter Spannweite der Erfolgsrate ist enorm weile liegen Daten vor, die ein solches hundert, seltener über hundert Patienten. und liegt zwischen 0% und 100%. Die Vorgehen unterstützen. In einer kleine- beiden größten Serien mit je zwischen ren Studie aus Indien [19] wurden etwa Levetiracetam, Valproat und Phenytoin 30 und 40 dokumentierten Patienten be- 80 Patienten randomisiert entweder mit gleichwertig für Therapiestufe 2 richten Erfolgsraten der Substanz von Lorazepam i. v. (0,1 mg/kg über 2–4 min) Nachdem für lange Zeit lediglich Phe- 60–70% nach Versagen der Erst- und oder Levetiracetam i. v. (20 mg/kg über nytoin als intravenöse Zubereitung zur Zweittherapie [23, 24]. In einer Sub- 10–15 min) behandelt. Bei Erfolglosig- Verfügung stand und sich zum „Gold- gruppenanalyse der retrospektiven Da- keit nach 10 Minuten erfolgte ein Cross- standard“ der Statusbehandlung entwi- ten unserer klinikeigenen Statusdoku- over in den anderen Therapiearm. Bei ckelt hatte, wurde in den letzten zehn mentation [25, 26] fanden wir, dass nach etwa 75% beider Gruppen konnte der SE Jahren – entgegen der Empfehlungen der Versagen von Benzodiazepinen und Le- primär unterbrochen werden. Die Rate Leitlinien, und ohne formale Zulassung vetiracetam die Erfolgsraten für Laco- an schweren unerwünschten Wirkungen für diese Indikation – in der Praxis zu- s­amid und Phenytoin mit etwa 35–40% (Hypotension, respira-orische Insuffizi- nehmend auf Valproat und Levetir­ in etwa gleich hoch war. Die Rate kli- enz mit Beatmungspflicht) war in der Lo- acetam zurückgegriffen. Dies liegt vor nisch relevanter Nebenwirkungen lag razepam-Gruppe jedoch deutlich höher. allem am problematischen Sicherheits- jedoch bei Lacosamid unter 5%, bei Die Daten dieser Studie sind jedoch nicht und Verträglichkeitsprofil des Pheny­ Phenytoin über 25%. Insgesamt kann ohne weiteres auf deutsche Verhältnisse toins (Hypotonie bei Infusion, Gefahr Lacosamid (noch?) nicht mit der glei- übertragbar. Zum Einen war die Kohor- schwerer Nekrosen bei akzidentell para- chen Stärke wie Phenytoin, Valproat te mit im Mittel 39 Jahren deutlich jün- venöser Zufuhr), aber auch daran, dass oder Levetiracetam empfohlen werden. ger als der Durchschnitt hiesiger Patien- Phenytoin für die enterale Dauerbe- ten, und die Ursache des SE war in der handlung der Epilepsie – zu Recht – Neues zur Therapiestufe 3 Hälfte der Fälle infektiös. Zum Anderen kaum noch in Betracht gezogen wird. Für die Behandlung des therapierefrak- erfolgte keine einwandfreie Randomisie- In den aktuellen Leitlinien [20] wurde tären Status epilepticus gibt es keine ge- rung, da für die Levetir­acetam-Gruppe die Datenlage für die Therapiestufe 2 sicherten Daten. Alle Empfehlungen be- nur diejenigen Patienten infrage kamen, ausführlich analysiert. Man kam zu dem ruhen auf Expertenmeinung und Einzel- für die die Weiterbehandlung mit diesem Schluss, dass für die intravenös verfüg- fallberichten oder kleinen retrospektiven Medikament auch ökonomisch möglich baren Substanzen Phenytoin, Valproat und unkontrollierten Fallserien. Für den war. Daher müssen die Ergebnisse dieser und Levetiracetam eine vergleichbare konvulsiven SE wird nach Versagen der Studie mit großer Vorsicht interpretiert Datenlage besteht, und daher auf der Erst- und Zweittherapie die Einleitung werden. Grundlage der bisherigen Studien alle einer Narkose bis zum Erreichen eines drei Substanzen gleich geeignet zu sein Burst-Suppression-Muster im EEG vor- Neues zur Therapiestufe 2 scheinen. geschlagen [20]. Hier stehen im wesent- Falls die Therapiestufe 1 den SE nicht Phenobarbital wird zwar vielerorts lichen Midazolam, Propofol und Thio- durchbrechen kann, werden im Rahmen ebenfalls als Alternative der Therapie- pental zur Auswahl. Seit längerem wird der Therapiestufe 2 Antikonvulsiva in­ stufe 2 betrachtet, kommt wegen seiner gerungen, welcher Substanz der Vorzug travenös appliziert. In den bis vor kur- atemdepressiven Wirkung und ungüns- zu geben ist. Zur Klärung dieser Frage zem geltenden DGN-Leitlinien aus dem tigen pharmakokinetischen Eigenschaf- wurde vor etwa zehn Jahren eine pros- Jahr 2007 waren dafür die „klassischen“ ten aber eher bei Versagen der erstge- pektive Therapiestudie initiiert, bei der Antikonvulsiva Phenytoin, Phenobarbi- nannten Präparate in Frage. Die emp- die Patienten der Therapie mit Thiopen- tal und unter bestimmten Voraussetzun- fohlenen Dosierungen der einzelnen tal/ oder mit Propofol zu- gen Valproat vorgesehen. Die Datenlage Substanzen dieser wie der anderen The- gelost wurden. Leider musste diese Stu- für die Therapiestufe 2 ist auch für diese rapiestufen finden sich inTabelle 1. die nach drei Jahren wegen massiver Re- Substanzen grundsätzlich dürftig. Große krutierungsprobleme abgebrochen wer- prospektive Therapiestudien zu dieser Lacosamid als mögliche Alternative? den, die Analyse der insgesamt 24 einge- Therapiestufe existieren nicht, allenfalls Lacosamid ist seit 2008 in Deutschland schlossenen Patienten lässt keine Rück- können aus der Primärtherapiestudie aus zur Zusatztherapie fokaler und genera- schlüsse auf eine eventuelle Überlegenheit den 1990er-Jahren [11], wo zum Zeit- lisierter Anfälle zugelassen. Als Amino- einer der Substanzen zu [27]. punkt des Studieneinschlusses etwa die säurederivat mit sehr guter Wasserlös- Hälfte der Patienten in irgendeiner Wei- lichkeit wurde schon von Anfang an Ketamin bei refraktärem SE? se vorbehandelt war und einer der Be- eine intravenöse Zubereitung vermark- Ketamin nimmt unter den in der Inten- handlungsarme die Folge Diazepam → tet. Erste Erfahrungen beim Einsatz zur siv- und Rettungsmedizin genutzten An- Phenytoin vorsah, eingeschränkte Rück- Statusbehandlung wurden bereits An- algetika und Sedativa eine Sonderstel- schlüsse gezogen werden. Daneben gibt fang 2009 publiziert [21]. 2013 zählt lung ein. In niedriger Dosis wirkt es fast es einige kleinere prospektive, nur selten Höfler [22] 19 Berichte über insgesamt ausschließlich analgetisch, während mit

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 39 Fortbildung Status epilepticus

– Tabelle 1 – der Gabe von Ketamin assoziierte Pro- Dosierungen der Antikonvulsiva zur Behandlung des Status epilepticus bleme wurden nicht berichtet. In Kom- bination mit einem Benzodiazepin, das Substanz Bolus-/Erstgabe Erhaltungsdosis Bemerkungen die dissoziativen Effekte dämpft und im Tierversuch eine synergistische Wir- Therapiestufe 1 kung mit Ketamin zeigte [34], ist Keta- Lorazepam 0,05–0,1 mg/kg n/a Atemdepression min möglicherweise eine Alternative zur über 5–10 min herkömmlichen Therapie. Diazepam 0,15 mg/kg n/a Atemdepression Clonazepam 0,025 mg/kg n/a Atemdepression Fazit für die Praxis Midazolam 0,1–0,15 mg/kg n/a Atemdepression Trotz des relativ häufigen Auftretens eines Therapiestufe 2 SE hat es in den letzten Jahren nur wenig Levetiracetam 30–60 mg/kg 2.000–4.000 große, rigoros durchgeführte randomisier- in 5–10 min mg/d te/kontrollierte Studien zur Behandlung des Phenytoin 15–20 mg/kg, 250–500 mg/d Separater Zugang, EKG/RR-Monitoring, SE gegeben. Die sichersten Erkenntnisse maximal wenn möglich ZVK, Kontraindikation bestehen bei der unmittelbaren Erstthera- 50 mg/min bei Herzinsuffizienz, AV-Block, Serum- pie. Hier hat sich Midazolam in bukkaler/ spiegelkontrollen, Enzyminduktion nasaler und intramuskulärer Verabreichung Valproat 20–30 mg/kg 30 mg/kg/d Pankreatitis, Transaminasen-Anstieg, als wirksam und sicher dargestellt. Nach über 20–30 min Ammoniak-Anstieg (Enzephalopathie); Versagen der Ersttherapie kann die Gabe Wechselwirkungen mit Phenytoin/ von Levetiracetam, Valproat und Phenytoin Phenobarbital/Midazolam/Carbape- gleich stark empfohlen werden, da die Da nem, Serumspiegelkontrollen! tenlage für die drei Substanzen vergleichbar Phenobarbital 10–15 mg/kg 10 mg/kg/d Atemdepression, Akkumulation, Im- „dünn“ ist. Lacosamid könnte als Alternative munsuppression, Kreislaufdepression, dazukommen, wenn sich die bisherigen Er- Serumspiegelkontrollen fahrungen fortsetzen. Zur Behandlung des Lacosamid 5 mg/kg 200–600 mg/d Kontraindikation bei AV-Block über 5 min therapierefraktären SE auf der Intensivsta- Therapiestufe 3 (Narkose) tion gibt es keine gesicherten Daten, die Propofol 2 mg/kg maximal Maximal über sieben Tage (Propofol- Auswahl der Substanz bleibt weiterhin der 4 mg/kg/h Infusions-Syndrom!), Blutdruckabfall individuellen Situation des Patienten und Midazolam 0,15–0,2 mg/kg 0,05–0,2 mg/ Akkumulation bei längerer Gabe der Erfahrung des Behandlers überlassen. kg/h Ketamin könnte aus theoretischen Gründen Thiopental 5 mg/kg Initial 5 mg/kg/h Unter EEG-Kontrolle, Blutdruckabfall, eine Alternative zur Barbiturat- oder Propo- Immunsuppression, Akkumulation! folnarkose werden, hier sind bisher jedoch Ketamin 0,25–2 mg/kg 0,5–2 mg/kg/h Zusätzlich Benzodiazepin-Gabe (disso- erst Erfahrungen mit weniger als zwei Dut- ziative Symptome), Hypertonie, Tachy- zend Patienten veröffentlicht. kardie n/a = nicht anwendbar; ZVK = zentralvenöser Katheter LITERATUR www.springermedizin.de/neurotransmitter

Priv.-Doz. Dr. med. Christoph Kellinghaus steigender Dosis ein sedierender Effekt Neben einigen Einzelfallberichten [29, Klinik für Neurologie, Klinikum Osnabrück hinzukommt, der jedoch die Gefahr von 30] gibt es mittlerweile zwei Fallserien, Am Finkenhügel 1, 49076 Osnabrück alptraumartigen dissoziativen Phäno- die von gutem Effekt bei refraktärem E-Mail: [email protected] menen birgt. Sein antagonistischer Ef- Status berichten. In einer Serie von neun fekt am NMDA-Subtyp der Glutamat- Kindern konnte der SE mit einer mittle- Rezeptoren lässt theoretisch einen posi- ren Dosis von 2,4 mg/kg/h bei sechs Kin- tiven Effekt auf die beimSE nachgewie- dern durchbrochen werden [31]. In einer Interessenkonflikt sene Überstimulation des glutamatergen Serie von elf Erwachsenen war die Er- Dr. Christoph Kellinghaus hat in den letzten Systems vermuten. Ein weiterer Vorteil folgsrate unter einer Dosis zwischen 0,45 beiden Jahren honorarpflichtige Vorträge ist, dass im Gegensatz zu Propofol, Mi- mg/kg/h und 2,1 mg/kg/h sogar 100 % gehalten oder Beratertätigkeit wahrgenom- dazolam und Babituraten ein stimulie- [32]. In der bisher größten Fallserie mit men für die Unternehmen UCB, Eisai und render statt suppressiver Effekt auf das 60 Episoden konnte Ketamin in 57% der Glaxo­SmithKline. Im Klinikum Osnabrück Herz-Kreislauf-System beobachtet wird. Fälle den refraktären Status kontrollie- wurden in den beiden letzten Jahren klini- Im Tierversuch war Ketamin dem ren, war allerdings nur bei Infusionsra- sche Studien mit Unterstützung der Unter- Phenobarbital bei der Behandlung des ten von 1 mg/kg/h und mehr erfolgreich nehmen UCB und Eisai durchgeführt. elektrisch induzierten SE überlegen [28]. [33]. Schwerwiegende, unmittelbar mit

40 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Literatur

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2 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung

Neurologische Kasuistik Wenn sich der Prolaps spontan auflöst

ine 53-jährige Bürokauffrau leidet normal. Das Gewicht beträgt 67 kg, bei Testen Sie Ihr Wissen! E seit zwei Jahren unter Dysästhesien 158 cm Körpergröße. In dieser Rubrik stellen wir Ihnen abwechselnd in der rechten Wade mit einem Gefühl einen bemerkenswerten Fall aus dem psychiatri- Neurophysiologische Untersuchung „als seien Käfer unter der Haut“. Zusätz- schen oder dem neurologischen Fachgebiet vor. lich werden leichte lumbale Schmerzen Die neurophysiologische Untersuchung Hätten Sie die gleiche Diagnose gestellt, dieselbe ohne eine radikuläre Ausstrahlung an- zeigt mit 49 m/s normale motorische Therapie angesetzt und einen ähnlichen Verlauf gegeben. Motorische Störungen oder Nervenleitgeschwindigkeiten für den N. erwartet? Oder hätten Sie ganz anders entschie- eine Blasen- sowie Mastdarmstörung tibialis rechts mit normalem motori- den? Mithilfe der Fragen und Antworten am Ende werden verneint. Aus der Vorgeschichte schen Summenaktionspotenzial (MSAP) jeder Kasuistik vertiefen Sie Ihr Wissen. erwähnenswert sind vor zehn Jahren von 5,0 mV. Die sensible Nervenleitge- erstmals aufgetretene Beinschmerzen schwindigkeit des N. peroneus superfi- Die Kasuistiken der letzten Ausgaben rechts als deren Ursache bei unauffälli- cialis rechts ist mit 54 m/s ebenfalls nor- (N = neurologisch, P = psychiatrisch): gem neurologischen Befund ein vor fünf mal, das sensible Summenaktionspoten- NT 6/2013 Jahren erstmals nachgewiesener großer zial (SNAP) ist mit 8 µV unauffällig. P: Depression: Alternative bei Therapieresistenz mediolateral rechtsseitiger lumbosakra- Die somatosensiblen evozierten Po- Abbildung 1 ler Discusprolaps ( ) mit tenziale lassen sich zentral nur nach Rei- NT 7–8/2013 deutlich degenerativen Veränderungen zung links mit einer normalen P40-La- N: Kopfschmerzen bei Epilepsie und Hemispastik (Abbildung 2) in diesem Segment diag- tenz von 45,8 ms ableiten. Die zentral- nostiziert wurde. Unter einer damals er- motorische Leitungszeit zum M. abduc- NT 9/213 folgten konservativen Behandlung hät- tor hallucis longus ist beidseits normal P: Clozapin-induzierte Kardiomyopathie ten sich die Rücken- und Beinschmerzen (nach links 13,3 ms; nach rechts 16,7 ms); gebessert. die Seitendifferenz liegt noch im Norm- NT 10/2013 Eine medikamentöse Therapie erfolgt bereich. N: Rasches Rezidiv eines Schädelbasistumors derzeit nicht. Ein Wirbelsäulentrauma, Elektromyografisch findet sich ein NT 11/2013 ein Zeckenbiss oder eine Stoffwechsel- leichter chronisch neurogener Umbau P: Schnell wirksame Antidepressiva störung werden verneint. im Musculus extensor hallucis longus und im M. gastrocnemius rechts mit NT 12/2013 Neurologische Untersuchung Übergangs- bis Interferenzmuster bei N: Zunehmende Gangstörung mit Monospastik Bei der neurologischen Untersuchung maximaler Willkürinnervation. Patho- NT 1/2014 findet sich ein endgradig positiver logische Spontanaktivität ist nicht regis- P: Depression: Multimorbider Patient mit Lasègue rechts. Der Finger-Boden-Ab- trierbar. Komplikationen stand beträgt 0 cm, die Rotation der BWS ist ebenso wie das Tren­del­en­ Neuroradiologische Diagnostik burg`sche Zeichen negativ. Die Mus- Die neuroradiologische Diagnostik mit keleigenreflexe sind bis auf den fehlen- NMR der BWS/LWS zeigt ausgeprägte den ASR rechts seitengleich normal aus- degenerative Bandscheibenveränderun- Das Online-Archiv finden Sie auf den lösbar. Pathologische Reflexe sind nicht gen lumbosakral mit Signalverlust und Homepages der Berufsverbände unter nachweisbar. Bei unauffälligem seiten- Höhenminderung der Bandscheibe www.bvdn.de gleichen Zehen- und Fersenstand ist je- LWK5/SWK1 mit Verfettung der Grund- www.neuroscout.de doch das monopedale Hüpfen rechts nur und Deckplatten. Der vormals erkenn- www.bv-psychiater.de abgeschwächt möglich. Es bestehen kei- bare große rechtsseitige mediolaterale ne Zeichen einer Muskelatrophie. Die Discusprolaps ist weitgehend spontan Blasen- und Mastdarmfunktion sind resorbiert (Abbildung 3), so dass sich

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 41 Fortbildung Neurologische Kasuistik

Abbildung 1: Trans- versale T2-Sequenzen 2007 zeigen einen gro- ßen mediolateral nach rechts sequestrierten Discusprolaps mit Ver- lagerung und Kom- pression der Wurzel S1 rechts.

Abbildung 3: Die Abbildung 2: In der transversale T2- sagittalen Darstellung Untersuchung sind neben dem lum- 2013 zeigt nur bosakralen Discus- noch einen klei- prolaps auch eine nen Restprolaps, Bandscheibendege- der hier bis an die neration mit Höhen- Nervenwurzel S1 minderung und heranreicht. chronische degenera- tive Veränderungen mit Signalerhöhung an der Grund- und Deckplatte der Wirbel- segemente LWK5 und SWK1 erkennbar.

Abbildung 4: Auch in der sa- auch in den sagittalen Schnittbildern gittalen Darstellung ist der zu- nur noch ein kleiner Restprolaps (Abbil- vor große Discusprolaps mit dung 4) ohne komprimierende Wirkung deutlich reduziertem Volumen zeigt. nur noch klein nachweisbar. Unverändert deutlich sind die Diagnose degenerativen Veränderungen im lumbosakralen Wirbelseg- Radikulopathie L5/S1 bei teil-resorbier- ment zu erkennen. tem großen Discusprolaps LWK5/SWK1 re.

LITERATUR www.springermedizin.de/neurotransmitter

Dr. med. Peter Franz Neurologische Gemeinschaftspraxis Tagesklinik München Nord Dr. P. Franz Dr. P. ©

© E-Mail: [email protected]

42 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Neurologische Kasuistik Neurologische Kasuistik Fortbildung

Fragen und Lösungen

Mit zunehmender Zahl neurochirurgischer b. Asymptomatische Bandscheibenvor­ Seite, die allerdings nur bei 30 % mit der und orthopädischer Anbieter ist in Deutsch- fälle finden sich häufig nach einer klinisch betroffenen Höhe übereinstimm- land, ähnlich wie in anderen Ländern, eine Vor-Operation. ten. Bei jedem dritten Patienten waren zu- Zunahme der Operationen bei Bandschei- c. Bei bis zu 30 % finden sich auch dege- dem pathologische Veränderungen auch benerkrankungen festzustellen. Lag die nerative Veränderungen auf der Ge- auf der asymptomatischen Seite nachweis- Zahl der Bandscheibenoperationen seit genseite. bar und 23 % wiesen hier sogar eine (klinisch dem Jahr 2000 über sechs Jahre stabil bei d. Mit zunehmender Alter finden sich de- unauffällige) Wurzelkompression auf. 87 Operationen pro 100.000 Einwohner im generative Veränderungen, die nicht Diagnostisch kann bei normalem neurolo- Jahr (deutschlandweit ca. 71.000 Operatio- ursächlich für die klinischen Beschwer- gischen Befund die Elektrophysiologie bei nen/Jahr), so stieg diese Zahl in den letz- den sind. 15–18 % einen pathologischen Befund ten Jahren massiv an [12]. Im Zeitraum von e. Eine Wurzelschwellung kann einen nachweisen und dadurch bei der Therapie- 2005 bis 2011 verdoppelte sich die Zahl der Vorfall vortäuschen. entscheidung hilfreich sein [14]. Bei etwa Operationen bundesweit von 327.000 auf jedem vierten Patienten lässt sich jedoch 735.000. In dieser Zeit stieg allein die Zahl Lösung keine Übereinstimmung zwischen elektro- der Krankenhäuser, die Bandscheibenope- Aussage a ist falsch. Die Kernspintomografie myografischen und kernspintomografi- rationen anbieten von 550 auf 700 an. Dabei ist heute die Untersuchung der Wahl bei schen Befunden erreichen [9]. Besonders zeigen sich jedoch in Deutschland keine so Rückenschmerzen mit oder ohne radikuläre schwierig ist die Interpretation bei vor- gravierenden geografischen Unterschiede Symptomatik. Da jedoch mit steigendem operierten Patienten, da hier laut einer in der Inzidenz operativer Verfahren und Lebensalter degenerative Veränderungen jüngsten Verlaufsuntersuchung 23 % der damit einhergehenden gesundheitsökono- sehr häufig werden, ist die Interpretation Operierten bei unauffälligem postoperati- mischen Faktoren wie dies beispielsweise immer nur in Zusammenschau mit dem vem Befund im Zeitraum von zwei Jahren aus den USA bekannt ist [40]. klinischen Befund möglich. Eine Vielzahl einen Rezidivprolaps an gleicher Stelle Die Indikation für einen operativen Eingriff von Studien belegen so auch, dass die entwickelten, der bei über der Hälfte über ist aus neurologischer Sicht oft zumindest Korrela­tion von klinischem Befund und zwei Jahre asymptomatisch blieb [44]. fraglich. Hier wäre sicher die Mahnung von kernspintomografischen Veränderungen Bisweilen findet sich bei kernspintomogra- Theodor Billroth „operiere nur, was Du schlecht ist. So wurde in einer prospektiven fischem Verdacht auf einen Bandscheiben- selbst auch an Dir machen lassen würdest“ Studie mit 200 Patienten, die bis zur ersten vorfall intraoperativ doch nur eine ge- bedenkenswert. Dies sollte doch auch bei lumbalen Kernspintomografie noch nie schwollene Nervenwurzel, die einen Se- der augenblicklichen Diskussion über die Rückenschmerzen hatten, im Beobach- quester imitiert [51]. Wirtschaftlichkeit von chirurgischen und tungszeitraum von fünf Jahren bei 51 Pati- konservativen Therapiestrategien, die in enten (25 %) ein erneutes NMR wegen star- Frage 2 erster Linie gesundheitsökonomische Be- ker Rückenschmerzen durchgeführt. Bei Eine spontane Resorption eines Bandschei- trachtungen im Fokus haben, wieder stärker 84 % fanden sich im Vergleich zur Erstunter- benvorfalls ... berücksichtigt werden [32]. Dabei steht der suchung, als noch keine Beschwerden be- a. ... beträgt meist unter 20 % des Vorfall- neurologischen Erfahrung und den wissen- standen, ein unveränderter oder sogar ge- volumens. schaftlichen Untersuchungen, die alle eine besserter Befund. Nur bei 4 % konnte ein b. ... kann lumbal oder zervikal auftreten. nur sehr schlechte Korrelation kernspinto- klinisch relevanter neuer Befund nachge- c. ... korreliert sehr gut mit dem klini- mografischer Befunde und klinischer Be- wiesen werden [24]. Hier waren ein zuneh- schen Verlauf der Radikulopathie. schwerden bei lumbalen Rückenbeschwer- mender Signalverlust der Bandscheibe, eine d. ... ist nur nach vorausgehender operati- den ohne oder mit radikulären Schmerzen erhöhte Signalgebung der Grund- und ver Teil-Sequestrektomie zu erwarten. bestätigen, die Erwartung der Neurochirur- Deckplatte oder eine zunehmende Facet- e. ... kommt nur im jungen Erwachsenen­ gen und Orthopäden entgegen, dass bei tengelenksarthrose am häufigsten. Bei alter vor. entsprechender gründlicher Exploration Ausdehnung des Beobachtungszeitraumes auch immer eine mechanische Kompression auf sieben Jahre fanden sich bei 67 % asym- Lösung zu finden wäre [1, 24]. ptomatischer Patienten Bandscheibende- Richtig ist Antwort b. Eine Vielzahl von generationen, ein Bandscheibenvorfall (7 %) Studien hat in den letzten Jahren die Ergeb- Frage 1 oder eine Spinalstenose [15]. Auch am Ende nisse operativer versus konservativer Be- Welche Aussage über die Korrelation von der sieben Jahre waren jedoch weiterhin handlungen eines Bandscheibenvorfalls klinischem und kernspintomografischem 58 % frei von Rückenbeschwerden. untersucht. Diese zeigen, dass im Langzeit- Befund bei einem lumbalen radikulären Wie problematisch die Beurteilung der verlauf zwischen konservativer und chirur- Syndrom ist falsch? kernspintomografischen Befunde ist, wurde gischer Behandlung kein Unterschied a. Mit der NMR Untersuchung gelingt bei auch in einer kleinen Studie mit 57 Patien- nachweisbar ist. Eine holländische, einfach 90 % eine sichere Zuordnung der Ätio- ten mit einseitiger lumbaler Radikulopathie randomisierte Untersuchung mit 141 chirur- logie bei einem radikulären Schmerz- deutlich [29]. Hier fanden sich bei 74 % NMR gisch und 142 konservativ behandelten syndrom. Veränderungen auf der symptomatischen Patienten fand nach einem Jahr keinen

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 43 Fortbildung Neurologische Kasuistik

Unterschied im Behinderungsgrad; in bei- gen Besserungen fand eine weitere pros- Die vaskuläre und nervale Versorgung der den Gruppen hatten sich zu diesem Zeit- pektive NMR-Untersuchung bei 42 Patien- Bandscheiben weist einige Besonderheiten punkt 95 % vollständig erholt. Lediglich die ten, die alle drei Monate eine Kernspinto- auf: So wird nur der äußere Faserring direkt radikulären Schmerzen besserten sich bei mografie während der konservativen Be- durch Blutgefäße versorgt und weist Ner- den operierten Patienten rascher [34]. Die handlung eines lumbalen Bandscheiben- venfasern auf. Die inneren Anteile des Weiterverfolgung der Patienten über fünf vorfalls erhielten, bei 88 % eine über 50 %ige Anulus fibrosus und der Nucleus pulposus Jahre zeigte – wie in vielen anderen Studien Reduktion des Vorfalls innerhalb von drei werden allein durch Diffusion aus den um- – dass ein erheblicher Teil der anfangs bis zwölf Monaten [17]. In einer vor kurzem liegenden Gefäßen versorgt. Der Flüssig- konservativ behandelten Patienten (46 %) veröffentlichten kernspintomografischen keitsaustausch wird dabei vom hydrostati- nach sechs Monaten wegen fortbestehen- Verlaufsuntersuchung von 37 Patienten mit schen Druck in der Bandscheibe, der Wasser der Schmerzen doch operiert wurde, was massiven Ischialgien erholten sich unter herauspresst, und im Gegenspiel vom kol- eine Beurteilung des konservativen Armes konservativer Therapie innerhalb von 23,2 loid-osmotischen Druck der Makromolekü- der Studie praktisch unmöglich macht. In Monaten 83 % der Patienten komplett und le im Inneren, die Wasser anziehen, be- der Gesamtgruppe hatten zudem 23 % im nur vier mussten operiert werden [41]. Die stimmt. Der Alterungsprozess wird durch Beobachtungszeitraum von fünf Jahren Auswertung der Volumetriedaten ergab eine Verschlechterung der arteriellen Ver- fortbestehende fluktuierende Beschwerden dabei eine mittlere Abnahme der Vorfall- sorgung der Bandscheibe und einer abneh- und 8 % erholten sich überhaupt nicht von größe um 64 %. Im Gegensatz zu früheren menden Diffusionskapazität der inneren der Radikulopathie [48]. Dabei sind nach Arbeiten zeigte sich jedoch nur eine Bandscheibenmatrix angetrieben. So einer Studie von Lurie die Ergebnisse am schlechte Korrelation zwischen der klini- konnte in einer Kohorten-Untersuchung lumbosakralen Übergang ungünstiger als in schen Erholung und der Abnahme des über 28 Jahre auch ein erhöhter Choleste- höheren lumbalen Segmenten [36]. Vorfalls. Als Ursache des spontanen Abbaus rinspiegel als Risikofaktor für radikuläre Besonders große Bandscheibenvorfälle wird nach einer initialen Entzündungsreak- lumbale Rückenschmerzen unabhängig werden häufig wegen der Frage einer ope- tion eine Fremdkörperreaktion gegen das von Arbeits- und Sportaktivität, Körperge- rativen Entfernung dem Neurologen vorge- Bandscheibengewebe, die Ausschüttung wicht und Rauchverhalten als Hinweis auf stellt. Nun liegen seit einigen Jahren auch eines Fibroblasten-Wachstumsfaktors, eine eine vaskuläre Komponente der Bandschei- Untersuchungen zum klinischen Verlauf ei- endotheliale Zellproliferation mit Neovas- bendegeneration nachgewiesen werden ner konservativen Therapie vor, die selbst kularisation und eine Phagozytose ange- [26]. bei einem Massenprolaps einen meist gut- nommen [18]. Kernspintomografische Untersuchungen an artigen Verlauf ohne die Gefahr einer Kau- Patienten, die frei von Rückenbeschwerden da-Symptomatik belegen [31]. Frage 3 sind, zeigen als Folge dieser Umbauvorgän- Anfangs wurden nur einzelne Fallberichte Zu den Risikofaktoren für eine ge altersabhängig deutlich zunehmende und kleine Serien mit spontaner Rückbil- Bandscheibendegeneration zählt nicht? Signal- und Formveränderungen der Band- dung von Bandscheibenvorfällen, sowohl a. Übergewicht scheiben. In einer Untersuchung von 300 zervikal als auch lumbal, veröffentlicht [2, 3, b. Rauchen Patienten konnte so nur bei 17,6 % in allen 25]. Eine kleine Verlaufsuntersuchung mit c. Aktivitätsbedingte Belastungen Höhen ein Normalbefund und bei weiteren elf konservativ behandelten Patienten, die d. Genetische Faktoren 8,3 % lediglich in einer Höhe ein pathologi- eine lumbale radiukläre Schmerzsympto- e. Erhöhte Triglycerid-Werte im Serum scher Befund erhoben werden. Aufgrund matik und in 87 % eine Muskelschwäche bei der starken Altersabhängigkeit der degene- der Erstuntersuchung zeigten, konnte dann Lösung rativen Veränderungen fanden sich diese kernspintomografisch bei 46 % eine Abnah- Richtig ist Antwort e. Der normale Alte- Normalbefunde auch fast ausschließlich bei me des Bandscheibenvorfalls um 75–100 % rungsprozess der Bandscheiben geht mit jungen Patienten unter 30 Jahren [21]. und bei weiteren 36 % um 50–75 % belegen einem Verlust der Elastiziät durch Umbau Dass degenerative Bandscheibenverände- [5]. Auch konnte bei keinem Patienten eine des gallertartigen Nucleus pulposus in ei- rungen sicher nicht alleine auf unsere intrathekale oder perineurale Fibrose, die nen fibrösen Kern und Auflösung der straf- „moderne“ Lebensweise zurückführbar immer wieder auch als Argument für eine fen Textur des Anulus fibrosus einher. Ein sind, zeigen die bereits bei dem berühmten operative Behandlung diskutiert wurde, als zunehmender Wasserverlust der Bandschei- Eismann „Ötzi“, der zwischen 3.350 und Spätfolge während der Nachbeobachtung ben mit Abnahme der Bausubstanz wie den 3.100 v. Chr. lebte und somit mit 5.200 Jahre (8 bis 77 Monate) beobachtet werden. Eine Glycosaminglykanen, die durch Kollagen noch über 2.000 Jahre älter ist als die ägyp- allerdings geringere Größenabnahme der ersetzt werden, verändert dabei die biome- tischen Mumien, nachweisbaren Bandschei- Vorfälle konnte auch von Matsubara bei ei- chanischen Eigenschaften der Bandscheibe benveränderungen [22, 47]. ner kernspintomografischen Verlaufskon- und vermindert deren Stoßdämpferfunkti- Zu den inzwischen belegten Risikofaktoren trolle von 32 Patienten gemessen werden. on [4]. Diese Veränderungen beginnen be- für eine Bandscheibendegeneration, die Bei 34 % nahm die Größe des Vorfalls nach reits im jungen Erwachsenenalter und füh- über den normalen Alterungsprozess hin- einem Jahr um mehr als 20 %, bei weiteren ren im Alter von 50 bis 80 Jahren zu einer ausgeht, haben sich in verschiedenen Stu- 28 % um 10–20 % ab. Allerdings zeigten zellarmen Fibrose des Nucleus pulposus wie dien weitere Belastungs- und Umweltfakto- 38 % keine Veränderung des Vorfalls im pathologische Untersuchungen zeigten ren nachweisen lassen. So konnte in einer Verlauf [8]. Im Gegensatz zu diesen gerin- [19]. Zwillingsstudie kernspintomografisch eine

44 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Neurologische Kasuistik Neurologische Kasuistik Fortbildung

deutlich höhere Degenerationsrate der Populationen oder großen Familien gelegt Patienten mit Rückenschmerzen und lum- lumbalen Bandscheiben bei Rauchern gesi- werden, da in diese auch Untersuchungen balem radikulären Schmerzsyndrom sowohl chert werden [5]. Eine Populationsstudie in auf mögliche Gen-Umwelt-Interaktionen in der Akutphase als auch im Verlauf kon- China mit 2.599 Probanden konnte vor erfolgversprechender erscheinen lassen servativer Therapie über Jahre spricht ge- kurzem einen signifikanten Anstieg dege- [49]. Eine Verlaufsuntersuchung bei 75 gen eine rein mechanische Ursache der nerativer Bandscheibenveränderungen in männlichen monozygoten Zwillingen er- Schmerzentstehung [23]. Da sich experi- der Kernspintomografie mit zunehmendem gab, dass genetische Faktoren für 46–66 % mentell zeigen ließ, dass eine mechanische Body-Mass-Index nachweisen [45]. Dabei der Varianz der Progression lumbaler dege- Kompression der Nervenwurzel nicht immer war sowohl die segmentale Ausdehnung als nerativer Veränderungen und Umweltfak- Schmerzen verursacht und selbst große auch die Schwere der Degeneration bei den toren wie Arbeitsbelastung oder körperli- lumbale Bandscheibenvorfälle asymptoma- Rauchern stärker ausgeprägt. ches Training nur für 2–10 % verantwortlich tisch sein können, wurde schon vor Jahren Auch wenn in mechanischen Untersuchun- zu machen sind [30]. Bestätigt wird dies eine entzündliche Komponente in der gen an Leichenpräparaten eine stärkere auch durch eine große multinationale Zwil- Schmerzentstehung vermutet [7, 9]. Tierex- Kraftbelastung durch Schäden an den Wir- lingsuntersuchung aus Finnland, Kanada perimentell konnte dann auch durch eine belkörperendplatten über eine erhöhte und den USA, die insgesamt nur einen ge- nicht komprimierende Exposition der Ner- Druckbelastung, meist am hinteren Anteil ringen Einfluss typischer Risikofaktoren wie venwurzel mit Bandscheibengewebe eine des Anulus fibrosus, zu verstärkten Struktur- körperliche Belastung in Beruf und Freizeit immunvermittelte Schädigung ausgelöst schäden der Bandscheiben führen kann, ist fand [37]. Sehr viel entscheidender scheinen werden [6]. Dabei spielen proinflammatori- der Nachweis eines mechanischen Einflus- dagegen Faktoren wie Körpergewicht und sche Zytokine wie Tumor-Nekrose-Faktor- ses in klinischen Studien oftmals nicht ein- -größe sowie die Muskelkraft zu sein. Kein alpha (TNF) ebenso wie Interleukin-1 eine deutig [11]. So fand Hangai in einer Untersu- Hinweis ergab sich auf ein erhöhtes Risiko Rolle [10]. Diese können, wie tierexperimen- chung von 200 Probanden, die an einem für Auto- oder Baumaschinenfahrer. tell belegt wurde, zur Apoptose sensibler Gesundheitsvorsorgeprogramm in fortge- Als ein genetischer Risikofaktor wurde auch Ganglienzellen führen [28]. Die immunolo- schrittenem Alter (51 bis 86 Jahre) teilnah- ein Polymorphismus des Vitamin-D-Rezep- gisch induzierten entzündlichen Verände- men, eine vermehrte Bandscheibendege- tors in einer jungen japanischen Kohorte rungen scheinen insbesondere auch bei der neration im sagittalen lumbalen NMR bei beschrieben, der zum Auftreten einer Entstehung chronischer neuropathischer erhöhter sportlicher Aktivität oder Hebe- schweren Bandscheibendegeneration über Schmerzen eine entscheidende Rolle zu belastung [35]. Auch körperlich stark belas- mehrere Etagen prädisponiert [20]. Dieser spielen [27]. So führt eine mechanische tete Leistungsschwimmer zeigten im Ver- Befund wurde unlängst von einer türki- Kompression durch einen Seidenfaden im gleich zu Hochschulschwimmern mit 68 % schen Arbeitsgruppe bestätigt. Sie fand Tierexperiment nur nach zusätzlicher Expo- im Vergleich zu 29 % eine doppelt so hohe zudem auch Veränderungen am Aggrecan- sition mit Nucleus-pulposus-Gewebe zu Rate von Bandscheibendegenerationen Gen [42]. Aggrecan ist ein Protein, das für einer schmerzhaften Hyperalgesie [13]. [33]. Die Hauptlokalisation war auch hier der den Aufbau hyaliner Knorpel von Bedeu- Untersuchungen bei jungen Skoliosepati- lumbosakrale Übergang. Hingegen fand tung ist. enten konnten auch erhöhte Werte für sich entgegen der Erwartung kein Unter- TNF-alpha im operativ entfernten Band- schied in der Rate an degenerativen Verän- Frage 4 scheibengewebe bei den Patienten, die an derungen in einer kleinen Studie mit 58 Welche der Aussagen zum Entstehen von radikulären Schmerzen litten, nachweisen Berufsreitern (Spring- und Dressurreiter) im radikulären Schmerzen bei einem Band- [50]. Erste Verträglichkeitsstudien mit loka- Vergleich zu 30 Nichtreitern, obwohl 88 % scheibenvorfall ist richtig? ler epiduraler Infiltration von Tocilizumab, der Berufsreiter und nur 33 % der Nicht- a. Ursache ist eine mechanische Kom- einem anti-Interleukin-6-Rezeptor-Antikör- Reiter an Rückenschmerzen litten [39]. Auch pression der Nervenwurzel. per, bei Ischialgien im Rahmen einer Spi- in einer multi-nationalen Zwillingsstudie b. Der Schmerz wird durch eine druckbe- nalstenose zeigten bei guter Verträglichkeit fand sich nur ein geringer Einfluss von kör- dingte verminderte arterielle Versor- auch einen positiven Effekt auf die radikulä- perlicher Belastung in Beruf und Freizeit auf gung der Nervenwurzel ausgelöst. ren Schmerzen, die Taubheit und die Rü- die Bandscheibendegeneration. Es fand c. Entzündliche Veränderungen und im- ckenschmerzen [46]. sich kein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für munologische Reaktionen sind in der In einer Phase-II-Studie mit dem TNF-alpha- Bandscheibendegenerationen durch Vibra- Entstehung des radikulären Schmerzes Blocker Etanercept konnte gegenüber Pla- tionsbelastungen wie sie bei Auto- oder wesentlich. cebo ein signifikanter Effekt auf die Baumaschinenfahrern verstärkt auftreten. d. Die radikulären Schmerzen entstehen Schmerzreduktion, der über einen Monat Von zunehmender Bedeutung sind die in überwiegend durch Muskelverspan- anhielt, erzielt werden [38]. den letzten Jahren veröffentlichten Unter- nungen und Fehlhaltungen. Die Infiltration mit Kochsalzlösung oder suchungen zu genetischen Ursachen der e. Keine der Antworten ist richtig. Kortikoiden zeigte im Vergleich zu einer Bandscheibendegeneration. Dabei wird Sham-Injektion in einer Multicenter-Studie nach großen Studien zur Identifizierungvon Lösung nach sechs, zwölf und 52 Wochen keinen möglichen Kandidaten-Genen zukünftig Richtig ist Antwort c. Die schlechte Korrela- positiven Effekt auf die Rücken- und Bein- das Interesse wieder verstärkt auf die Unter- tion der kernspintomografischen Befunde schmerzen oder krankheitsbedingte Fehl- suchung und Identifizierung von isolierten mit den klinischen Beschwerden bei vielen zeiten [43].

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NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 3 Fortbildung

Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen Subjektive Faktoren sind die besten Prädiktoren

Unfälle sind häufig: Rund 10 % der Bevölkerung erleiden pro Jahr einen Unfall, rund 1 % wird wegen Unfallverletzungen hospitalisiert. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit trägt maßgeblich zu den Unfallkosten bei. Die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit ist vom Verletzungsschweregrad, von unfallbezogenen Faktoren und von psychosozialen Faktoren abhängig. Die subjektive Einschätzung des Unfallschweregrades und der Bewältigungsfähigkeit erwiesen sich – unabhängig vom Verletzungs- schweregrad – als die besten Prädiktoren für die langfristige Wiederaufnahme der Arbeit. URS HEPP, ULRICH SCHNYDER, HANSPETER MÖRGELI UND NIKLAUS STULZ, BRUGG UND ZÜRICH, SCHWEIZ

n der Bundesrepublik Deutschland er- ausgegangen, dass in Deutschland jähr- Die Kosten der Unfallfolgen werden in folgt gemäß Bundesanstalt für Ar- lich rund 8,25 Millionen Menschen eine der Schweiz mit 4,4 Milliarden CHF (3,6 I beitsschutz und Arbeitsmedizin Unfallverletzung erleiden. Dies ent- Milliarden €) beziffert. Die direkten (http://www.baua.de) keine einheitliche spricht rund 10 % der Wohnbevölke- Heilkosten machen dabei lediglich rund Erfassung aller Unfälle. Die publizierten rung. Für die Schweiz liegt die Zahl der ein Drittel aus (www.suva.ch). Eine um- Unfallzahlen für die einzelnen Lebens- Unfallverletzungen bei fast 800.000 pro fassende Statistik der direkten und indi- bereiche werden aus unterschiedlichen Jahr, was bei einer Wohnbevölkerung rekten Kosten von Unfallverletzungen Statistiken zusammengestellt bezie- von rund 8 Millionen Einwohnern ver- für Deutschland ist uns nicht bekannt, hungsweise geschätzt. Es wird davon gleichbar ist mit den deutschen Zahlen. es kann jedoch davon ausgegangen wer- den, dass auch in Deutschland die indi- rekten Kosten die direkten Heilungskos- ten bei weitem übertreffen. Nach Unfallverletzungen steht selbst- verständlich primär die chirurgische Versorgung im Zentrum. Die Qualität dieser Behandlung ist heute auf sehr ho- Psychosoziale hem Niveau und auch nach schweren Faktoren sind Verletzungen sind oft funktionell sehr neben Schwere- gute Resultate erreichbar. Im weiteren grad der Verlet- Rehabilitationsverlauf gewinnen psy- zung sowie unfallbezoge- chosoziale Faktoren jedoch zunehmend nen Aspekten an Bedeutung, insbesondere für die für die Wieder- Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit. erlangung der Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit Arbeitsfähigkeit ist maßgeblich für die indirekten Kosten ausschlagge- verantwortlich (www.suva.ch). bend. Theoretische Konzepte In der Arbeitsrehabilitation nach Unfall- verletzungen sind einige theoretische Konzepte für die Praxis von Bedeutung: Das Konzept der Kontrollüberzeugun- gen geht ursprünglich auf Rotter zurück [1] und wurde später noch erweitert [2]. Man unterscheidet grundsätzlich zwi- schen internalen, externalen und fatalis- Rüdiger Wölk / imago ©

© tischen Kontrollüberzeugungen. Inter-

46 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen Fortbildung

nale Kontrollüberzeugungen stehen für dass aktives Coping unmittelbar nach Arbeitsunfähigkeit bedeutsam, wobei die Überzeugung, durch eigenes Verhal- einem Unfall wenig hilfreich ist und Arbeiter länger von der Arbeit fernblei- ten Einfluss auf Krankheit und Gesund- möglicherweise den Stress erhöht. Im ben [14, 18–20]. Dieser Unterschied wird heit zu haben; externale Kontrollüber- Verlauf der Rehabilitation sollte dann jedoch relativiert, wenn andere Merkma- zeugungen liegen vor, wenn Hilfe vor al- aber aktives Coping sinnvollerweise le kontrolliert werden [15]. Für eine ra- lem von anderen Personen (powerful emotionsorientiertes Coping ablösen. sche berufliche Reintegration bedeutsam others), insbesondere Ärzten erwartet Dies ist einfach nachvollziehbar: Wenn ist auch die soziale Unterstützung durch wird. Bei fatalistischen Kontrollüber- jemand zum Beispiel auf der Intensiv- das Umfeld, dadurch kann die Dauer der zeugungen werden Krankheit und Ge- station behandelt wird und auf Hilfe von Arbeitsunfähigkeit verkürzt werden [10, sundheit als nicht kontrollierbar und als anderen angewiesen ist, sind aktive Co- 18]. Eine besondere Rolle kommt dabei vom Schicksal abhängig erlebt. Dabei pingstrategien oft nicht zielführend, dem Arbeitsumfeld zu. gelten internale Kontrollüberzeugungen während in der Rehabilitationsphase ein als günstige Voraussetzung bei der Be- aktives Mitwirken von den Patienten er- Unfallbezogene Faktoren wältigung von Krankheiten und deren wartet wird und wesentlich zum Erfolg Der objektive Schweregrad der Verlet- Folgen. beiträgt. zung ist ein wichtiger prognostischer Eng mit der Theorie der Kontrollüber- Die Motivation, etwas zu verändern Faktor für die Dauer der Arbeitsunfä- zeugungen verbunden ist das Konzept ist für die Wiederaufnahme der Arbeits- higkeit. Erstaunlicherweise ist aber der der Selbstwirksamkeitserwartung [3]. tätigkeit entscheidend. Das Stufenmo- Zusammenhang zwischen Verletzungs- Die Motivation etwas zu erreichen oder dell der Verhaltensänderung („Stages of schweregrad und Dauer der unfallbe- erfolgreich zu verändern ist davon ab- Change“) basiert auf dem transtheoreti- dingten Arbeitsunfähigkeit nicht ein- hängig, ob jemand sich als fähig erlebt, schen Modell von Prochaska [4, 8]. In- deutig. Während in einigen Studien kein etwas zur erreichen oder zu bewirken [4]. terventionen können gemäß diesem Mo- Zusammenhang gesehen wurde [15, 18], Bei der Bewältigung von Krankheits- dell nur dann Wirkung entfalten, wenn fanden andere Autoren Korrelationen und Unfallfolgen sind schließlich auch sie dem entsprechenden Motivationszu- [10, 12, 21]. Grundsätzlich nimmt jedoch die Theorien von Lazarus zu Stress, Neu- stand entsprechen. So haben Interventi- der Einfluss des objektiven Verletzungs- bewertung (Appraisal) und Stressbewäl- onen, die auf eine Veränderung hinzie- schweregrades mit der Zeit ab und psy- tigung (Coping) von praktischer Rele- len kaum Aussicht auf Erfolg, wenn die chosoziale Faktoren treten stärker in vanz [5, 6]. Lazarus betonte die Bedeu- betroffene Person noch gar keine Ab- den Vordergrund. tung der primären und der sekundären sicht hat, ihr Verhalten zu ändern. Die Art des Unfalls hat Einfluss auf Bewertung von stressvollen Situationen. Der gesundheitsrelevante Einfluss von die Wiederaufnahme der Arbeitstätig- Im Rahmen der primären Bewertung Erwartungshaltungen und Einstellun- keit: So führen Verletzungen, die auf Ge- kann ein Ereignis als Schädigung und gen wird zunehmend anerkannt [4, 9]. waltdelikte zurückzuführen sind, be- Verlust (harm/loss), als Bedrohung sonders oft zu psychischen Folgestörun- (threat) oder als Herausforderung (chal- Faktoren, welche die gen, entsprechend komplexen Heilungs- lenge) beurteilt werden. In der sekun- Arbeitsunfähigkeit beeinflussen verläufen und langen Arbeitsausfällen dären Bewertung beurteilt eine Person, [22]. Arbeitsunfälle haben eine schlech- wie sie die Situation bewältigen kann, Psychosoziale Faktoren tere Prognose als Freizeit- und Sportun- was wiederum von den individuellen Be- Ein höheres Alter der Unfallopfer ist fälle. Eine spezielle Rolle nehmen die wältigungsstrategien (Coping) abhängt. möglicherweise mit längerer Arbeitsun- Verkehrsunfälle ein, weil sie einerseits Je stärker eine stressvolle Situation als fähigkeit assoziiert [10–12], allerdings sehr häufig sind, andererseits oft zu durch aktives Handeln kontrollierbar ließ sich dieser Zusammenhang nicht in schweren Verletzungen führen [23]. erlebt wird, desto eher kommen aktive, allen Untersuchungen bestätigen [13– Auch bei psychischen Folgen von Unfäl- problemorientierte Copingstrategien 16]. Das Geschlecht scheint dagegen be- len sind Verkehrsunfälle besonders rele- zum Einsatz. Wird die Situation als ver- züglich der Arbeitsunfähigkeit nach Un- vant [23, 24]. änderungsresistent erlebt, stehen eher fallverletzungen keine Rolle zu spielen, Selbstzuschreibung der Verantwor- emotionsorientierte Copingstrategien zumindest wenn unfallbezogene und tung für einen Unfall führt seltener zu im Vordergrund. Coping wird zuneh- psychosoziale Merkmale in den Unter- posttraumatischen Belastungsstörun- mend auch als Prozess und weniger als suchungen kontrolliert wurden [13–17]. gen [25], der direkte Einfluss auf die Ar- ein unveränderbares Persönlichkeits- Ein höheres Bildungsniveau ist dagegen beitsfähigkeit ist kaum untersucht. merkmal verstanden, und die Coping- mit verkürzter Arbeitsunfähigkeit nach strategien können sich über die Zeit ent- Unfallverletzungen assoziiert [10, 15, 18], Psychische Störungen sprechend dem situativen Kontext auch was jedoch auch mit in der Regel phy- Psychische Störungen in der Anamnese verändern [6, 7]. Es gibt somit auch kein sisch weniger anspruchsvollen Tätigkei- sind ein Risikofaktor für die Entwick- richtiges oder falsches Coping, vielmehr ten bei gut ausgebildeten Unfallopfern lung von posttraumatischen Belastungs- ist es entscheidend, dass die Copingstra- erklärt werden könnte. Die Art der Ar- störungen [26]; wie weit sie sich direkt tegien der Situation angemessen sind [7]. beitstätigkeit (white versus blue collar) auf die Wiedererlangung der Arbeits­ So fanden wir in einer Studie Hinweise, ist in einigen Studien für die Dauer der fähigkeit nach Unfällen auswirken, ist

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 47 Fortbildung Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen

– Abbildung 1 – Im Verlauf zeigte sich, dass diese rein subjektiven Einschätzungen die Wie- deraufnahme der Arbeitsfähigkeit am 700 besten vorhersagten. Spielten nach ei- 600 Jahr 2 + 3 589*** nem Jahr der objektive Verletzungs- Jahr 1 age) 500 schweregrad und die Art des Unfalls (T 407* 305 (Arbeits-, Verkehrs- oder Freizeitunfall) 400 noch eine Rolle [16], trugen drei Jahre 315 300 176 nach dem Unfall nur noch die Selbst- 125 200 184 einschätzung des Unfallschweregrades

Arbeitsunfähigkeit 59 284 und die Selbsteinschätzung der Bewäl- 231 100 190 tigungsfähigkeit zur Vorhersage der 125 0 Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei. Die Einschätzung des Tief Tief Hoch Hoch Einschätzungen des Unfallschweregra- Unfallschweregrades des und der Bewältigungsfähigkeit kor- relierten weder mit dem objektiven Ver- Einschätzung der Hoch Tief Hoch Tief Bewältigungsfähigkeit letzungsschweregrad noch untereinan- der. Patienten, die den Unfall als schwer und ihre Bewältigungsfähigkeit als tief Arbeitsunfähigkeit nach schweren Unfallverletzungen in Abhängigkeit von der subjek- einschätzten, hatten nach drei Jahren tiven Einschätzung des Unfallschweregrads und der Bewältigungsfähigkeit (n = 85) dreimal mehr Tage mit unfallbedingter [13]. Gruppe „Einschätzung Unfallschweregrad tief/Einschätzung Bewältigungsfähig- Arbeitsunfähigkeit, als Patienten, die keit hoch“ im Vergleich mit den anderen Gruppen: *p < 0,05, ***p < 0,001 den Unfall als wenig schwer und ihre Bewältigungsfähigkeit als hoch einstuf- ten. Die vier Gruppen (siehe Abbildung kaum bekannt. Weit besser untersucht die Arbeitsfähigkeit auswirken kann. 1) unterschieden sich nicht nach dem ist der Einfluss von psychischen Störun- Die Zusammenhänge zwischen Kom- Verletzungsschweregrad. gen in der Folge von Unfällen, wobei so- pensation und Wiederaufnahme der Ar- In einer kürzlich publizierten Repli- wohl spezifische Störungen wie die post- beit sind komplex und von vielen ande- kationsstudie konnte anhand eines we- traumatische Belastungsstörung, als ren Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit niger selektiven Patientenkollektives die auch unspezifische Störungen wie De- abhängig [4]. Zudem bestehen erheb- Bedeutung der Selbsteinschätzung des pression, Angst und Somatisierungsstö- liche methodische Probleme, kausale Unfallschweregrades und der Bewälti- rung in der Folge von Unfällen auftreten Schlussfolgerungen aus beobachteten gungsfähigkeit bestätigt werden [31]. können [21, 27, 28]. Korrelationen abzuleiten. Diskussion Kompensation Vorhersage der Arbeitsunfähigkeit bei Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach Die zu erwartenden Versicherungsleis- Patienten einer unfallchirurgischen unfallbedingten Verletzungen ist eines tungen wirken sich auch auf die Progno- Intensivpflegestation der wesentlichen Outcome-Kriterien. se von unfallbedingten Verletzungen In einer Studie mit schwerverletzten Un- Erstaunlicherweise gibt es dazu relativ aus. So wurden in der Schweiz über lan- fallpatienten, untersuchten wir Prädik- wenige Untersuchungen und oft werden ge Zeit die Folgen von sogenannten toren für die Dauer der Arbeitsunfähig- vor allem die chirurgischen Resultate Schleudertraumata (whiplash), wenn ein keit. Alle Patienten hatten schwere Ver- und die (körperliche) Funktionsfähig- „typisches Beschwerdebild“ vorlag, von letzungen erlitten, die eine Versorgung keit als Outcome-Kriterien verwendet. den Unfallversicherungen kompensiert. auf der chirurgischen Intensivpflegesta- Besonders von Patienten mit Rücken- In Ländern ohne entsprechende Kom- tion erforderten [13]. Die Dauer der un- schmerzen ist bekannt, dass sich die pensationen, werden Whiplash-Trauma- fallbedingten Arbeitsunfähigkeit wurde Prognose – unabhängig vom somati- ta deutlich seltener diagnostiziert [29]. nach zwölf Monaten und nach drei Jah- schen Befund, –verschlechtert, je länger Laufende versicherungsrechtliche Ver- ren im Rahmen von Interviews erhoben die Arbeitsunfähigkeit andauert [32, 33]. fahren verschlechtern möglicherweise (Abbildung 1). Unmittelbar nach dem Eine rasche Reintegration in den Ar- die Prognose und die Wahrscheinlich- Unfall wurden allen Patienten im Rah- beitsprozess ist deshalb sowohl medizi- keit, dass jemand an die Arbeit zurück- men des Erstinterviews folgende zwei nisch als auch ökonomisch entschei- kehrt; die Datenlage dazu ist allerdings Fragen gestellt: dend. nicht eindeutig [30]. Posttraumatische 1. Wie schwer schätzen Sie den Unfall Psychosozialen Faktoren sowie der Belastungsstörungen nach Verkehrsun- ein, den Sie erlitten haben? subjektiven Bewertung durch die Patien- fällen werden häufiger beobachtet, wenn 2. Wie schätzen Sie Ihre Fähigkeit ein, ten und deren Erwartung in Bezug auf ein versicherungsrechtliches Verfahren den Unfall zu bewältigen (bezüglich die Prognose werden im klinischen All- im Gang ist [28], was sich wiederum auf der Wiederaufnahme der Arbeit)? tag noch viel zu wenig Bedeutung zuge-

48 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Fortbildung Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen Arbeitsunfähigkeit nach Unfallverletzungen Fortbildung

messen. Je länger der Unfall zurückliegt, im Sinne eines Prozesses an die Situati- durch gezielte Interventionen verändern desto mehr kommen diese Faktoren on anpassen sollten [6, 7]. lassen. Hier besteht sicher noch Bedarf an zum Tragen. In unserer Untersuchung weiterführenden Studien. konnten wir zeigen, dass sowohl die pri- Fazit für die Praxis märe als auch die sekundäre Bewertung Mit zwei einfachen Fragen kann die Progno- nach Lazarus direkt auf die Dauer der se der Wiedererlangung der Arbeitsfähig- Arbeitsunfähigkeit Einfluss haben [5, 13]. keit, unabhängig vom Verletzungsschwere- Einer der besten Prädiktoren für die grad, erstaunlich gut vorhergesagt werden. Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Un- Für den klinischen Alltag bedeutet dies, fallverletzungen ist die Überzeugung dass neben der chirurgischen Versorgung LITERATUR der Patienten, dass es ihnen gelingt [13, der unfallbedingten Verletzungen, schon www.springermedizin.de/neurotransmitter 20]. Die Erwartung an die Arbeit zu- früh auch eine Rehabilitation unter Berück- rückzukehren scheint im Verlauf der Re- sichtigung psychosozialer Faktoren erfol- habilitation an Bedeutung zu gewinnen gen sollte. Primäre und sekundäre Bewer- PD Dr. med. Urs Hepp (Korrespondenz) [4], was ein Hinweis darauf sein könnte, tung, Copingstrategien und Motivationsla- Dr. phil. Niklaus Stulz dass diese Selbsteinschätzung veränder- ge sollten von Beginn weg mitberücksich- Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG) bar ist und somit auch Interventionen tigt werden. Gerade im psychiatrischen Postfach 432, 5201 Brugg/Schweiz zugänglich sein könnte. Solche Interven- Konsiliar- und Liaisonbereich kann hier das E-Mail: [email protected] tionen sollten aber auf die momentane Bewusstsein der chirurgischen Teams geför- Motivationslage der Patienten abge- dert werden und die Patienten sollten ent- Prof. Dr. med. Ulrich Schnyder stimmt sein, damit sie Aussicht auf Er- sprechend geführt und unterstützt werden. Dr. phil. Hanspeter Mörgeli folg haben [4, 8]. Dazu passen die Über- Eine offene Frage bleibt, wie weit sich die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie legungen, dass auch Copingstrategien subjektive Einschätzung des Unfallschwere- Universitätsspital Zürich nicht unveränderbar sind, sondern sich grades und der Bewältigungsfähigkeit Rämistrasse 100, Zürich/Schweiz

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NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 49 Literatur

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2 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Zertifizierte Fortbildung

Zerebrale Vaskulitiden Ein Update zur klinischen Manifestation, Diagnostik und Therapie

Systemische Vaskulitiden führen mit unterschiedlicher Häufi gkeit zu einer neurologischen Manifestation am zentralen oder peripheren Nervensystem. Eine zerebrale Beteiligung kann sich auf sehr vielfältige Weise manifestieren. Dies hängt nicht zuletzt mit der Art und dem Kaliber der betroff enen Gefäße zusammen. Auf- grund der Heterogenität der klinischen Präsentation, fehlender nicht invasiver krankheitsspezifi scher diag- nostischer Parameter und der häufi g schwierigen bioptischen Zugänglichkeit betroff ener Hirnregionen stellt die Diagnose einer zerebralen Vaskulitis oft eine Herausforderung dar. Eine frühzeitige Diagnose ist jedoch im Hinblick auf die rechtzeitige Einleitung einer immunsuppressiven Therapie für die Prognose entscheidend. ELKE VERENA VOSS, MARTIN STANGEL, HANNOVER

a b e

c f

d g Springer-Verlag 2010 Springer-Verlag

© MRT-Bilder und korrespondierende histologische Präparate eines 78 Jahre alten Patienten mit histologisch gesicherter Riesenzellarteriitis. Pfeil: Wandverdickte linke A. temporalis superfi cialis, die eine perivaskuläre Kontrastmittelaufnahme sowie ein perivaskuläres Ödem aufweist (a–d). e–g: Wandverdickte Arterie mit einzelnen Riesen zellen (g).

50 NeuroTraNsmiTTer 2014; 25 (2) Zertifizierte Fortbildung Zertifizierte Fortbildung

ei einer Vaskulitis kommt es zu einer Entzündung und Klinische Symptomatik Nekrose von arteriellen und/oder venösen Gefäßwänden. Typische, jedoch unspezifische Symptome zerebraler Vaskuli­ B Im zentralen Nervensystem (ZNS) führt die entzünd­liche tiden stellen Kopfschmerzen, fokale und multifokale neurolo­ Infiltration der Gefäßwand zu einer Schwellung und Lumen­ gische Herdsymptome, epileptische Anfälle sowie eine Enze­ einengung und es kann durch die endotheliale Verletzung zu phalopathie dar. Vaskulitiden großer und mittelgroßer Gefäße einer Aktivierung der Gerinnungskaskade und zu Thrombo­ führen häufig zu rezidivierenden zerebralen Infarkten oder sen kommen. Die häufigste klinische Symptomatik bei einer transitorisch ischämischen Attacken. Je nach Größe der betrof­ zerebralen Vaskulitis stellt somit eine zerebrale Ischämie dar. fenen Gefäße kann es zu Territorialinfarkten oder auch laku­ Die Destruktion der Gefäßwand kann auch zu einer Perfora­ nären Läsionen kommen (Abbildung 1). Bei den Kleingefäß­ tion mit einer zerebralen Blutung führen. Insbesondere Vasku­ vaskulitiden steht eher eine progrediente Enzephalopathie mit litiden der kleinen Gefäße präsentieren sich jedoch eher durch kognitiven Defiziten, Persönlichkeitsveränderungen, affekti­ eine chronische Symptomatik mit Kopfschmerzen oder einer Enzephalopathie. Ende 2012 ist eine Revision der Nomenklatur von Vasku­ – Tabelle 1 – litiden der Chapel Hill Konsensuskonferenz (CHCC) erschie­ Einteilung der Vaskulitiden nen [1] (Tabelle 1). Die primären Vaskulitiden werden nach (nach revidierter CHCC-Nomenklatur von 2012 [1]) der betroffenen Gefäßgröße klassifiziert und bei den Klein­ gefäßvaskulitiden werden solche in Assoziation mit antineu­ Großgefäßvaskulitis trophilen zytoplasmatischen Antikörpern (ANCA) von Im­ —— Riesenzellarteriitis (RZA) munkomplexvaskulitiden unterschieden. Des Weiteren wer­ —— Takayasu-Arteriitis (TA) den von diesen systemischen Vaskulitiden solche abgegrenzt, —— Vaskulitis mittelgroßer Gefäße die nur einzelne Organe betreffen (single organ vasculitis = —— Polyarteriitis nodosa (PAN) SOV) und hierzu zählt die primäre Vaskulitis des ZNS (pri­ —— Kawasaki-Erkrankung mary central nervous system vasculitis = PCNSV; Synonym: Kleingefäßvaskulitis primäre ZNS-Angiitis, primary angiitis of the central ner­ ANCA-assoziierte Vaskulitis (AAV) vous system = PACNS), bei der sich der entzündliche Gefäß­ —— Granulomatose mit Polyangiitis (GPA, Wegener) prozess ausschließlich innerhalb des ZNS abspielt. Die sekun­ —— Eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Churg-Strauss) dären Vaskulitiden werden unterteilt in Vaskulitiden in As­ —— Mikroskopische Polyangiitis (MPA) soziation mit systemischen Erkrankungen wie den Kolla- Immunkomplex-Kleingefäßvaskulitis genosen und in solche, die in wahrscheinlichem Zusammen­ —— IgA-Vaskulitis (IgAV, Henoch-Schönlein) hang mit einer bestimmten anderen Ätiologie wie Infek- —— Kryoglobulinämische Vaskulitis (CV) tionen, der Einnahme von Medikamenten oder einer Tumo­ —— Anti-GBM-Erkrankung rerkrankung stehen. Die Häufigkeit einer zerebralen Beteili­ —— Hypokomplementämische Urtikariavaskulitis (HUV, anti-C1q-Vaskulitis) gung bei den primären Vaskulitiden ist sehr unterschiedlich Vaskulitis variabler Gefäßgröße und findet sichzum Beispiel häufig bei der Takayasu-Arteri­ Behçet-Erkrankung (BD) itis (30 %), bei der Panarteriitis nodosa (20–40 %), bei der eo­ —— Cogan-Syndrom (CS) sinophilen Granulomatose mit Polyangiitis (Churg-Strauss- —— Syndrom) (20–25 %) sowie beim Behçet-Syndrom (10–40 %). Vaskulitis einzelner Organe Dahingegen ist eine neurologische Manifestation beim Ka­ —— Primäre Angiitis des ZNS (PACNS) wasaki-Syndrom und den Immunkomplexvaskulitiden sehr —— Kutane leukozytoklastische Angiitis (CLA) selten [2–4]. —— Kutane Arteriitis —— Isolierte Aortitis Diagnose zerebraler Vaskulitiden —— Andere Die Diagnose einer zerebralen Vaskulitis ergibt sich zumeist Vaskulitis bei systemischen Erkrankungen aus einer Konstellation von klinischen Symptomen, typischen —— Lupus Vaskulitis Laborbefunden sowie charakteristischen Veränderungen in der —— Vaskulitis bei Sarkoidose bildgebenden Diagnostik und im Liquor. Eine diagnostische —— Rheumatoide Vaskulitis Sicherung und eindeutige nosologische Zuordnung kann häu­ —— Andere fig allerdings nur durch eine Biopsie aus einem betroffenen ­Or Vaskulitis mit wahrscheinlicher Ätiologie gan erfolgen. Entscheidend für die weitere Behandlung und Prognose ist vor allem die Abgrenzung primärer Vaskulitiden —— Hepatitis-C-Virus-asoziierte kryoglobulinämische Vaskulitis unterschiedlichen Gefäßkalibers von solchen Vaskulitiden, die —— Hepatitis-B-Virus-asoziierte Vaskulitis im Rahmen von anderen systemischen Erkrankungen oder im —— Syphillis-assoziierte Vaskulitis Medikamenten-assoziierte Immunkomplexvaskulitis Rahmen von Infektionen, Tumorerkrankungen oder der Ein­ —— Medikamenten-assoziierte ANCA-assoziierte Vaskulitis nahme bestimmter Medikamente auftreten. Empfehlungen zur —— Tumor-assoziierte Vaskulitis Diagnostik zerebraler Vaskulitiden sind in Tabelle 2 zusam­ —— Andere mengefasst. ——

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 51 Zertifizierte Fortbildung Zerebrale Vaskulitiden

ven Störungen oder psychotischen Symptomen im Vorder­ wie Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß grund. Die Nekrose der Gefäße kann zu zerebralen Blutungen oder rheumatischen Beschwerden sollte differenzialdiagnos­ führen. Seltener kommt es auch zu einer aseptischen Meningi­ tisch eine systemische Vaskulitis in Betracht gezogen werden. tis. Bei einer Beteiligung des peripheren Nervensystems findet sich meist eine Polyneuropathie, typischerweise als subakute Labordiagnostik Mononeuritis multiplex. Insbesondere bei einem gleichzeitigen Bei systemischen Vaskulitiden spiegelt sich die Krankheitsak­ Auftreten von neurologischen und systemischen Symptomen tivität häufig in erhöhten peripheren Entzündungsparametern wie dem C-reaktivem Protein (CRP), in der Blutkörperchen­ senkungsgeschwindigkeit (BSG), im Komplementverbrauch – Tabelle 2 – (C3 und C4), in Blutbildveränderungen (Lymphozytopenie, Empfohlene Diagnostik zur Abklärung Thrombozytopenie oder auch reaktive Thrombozytose, Anä­ einer zerebralen Vaskulitis mie), in der pathologischen Proteinelektrophorese (erniedrig­ tes Albumin, erhöhte Gammaglobulinfraktion) als auch im Basisdiagnostik Nachweis zirkulierender Immunkomplexe (IgG/A/M/E) wider. MRT T1-, T2-, Flair-, T2*-Sequenzen, Diffusions- und Gadolinium- Laborchemisch können sich auch Hinweise auf eine Organbe­ Kopf unterstützte Sequenzen, MR-Angiografie teiligung wie der Niere durch erhöhte Nierenretentionswerte Labor Differenzialblutbild, BSG, CRP, Kreatinin inklusive GFR, CK, Leber, oder eine erniedrigte Kreatinin-Clearence ergeben. Gerinnung, Schilddrüsenwerte, Proteinelektrophorese, Rheuma­ Zur Abgrenzung ANCA-assoziierter Vaskulitiden oder Vas­ faktor, ANA (wenn pathologisch ENA-Differenzierung), c/pANCA, Antiphospholipid-Antikörper, Immunfixation, ACE kulitiden im Rahmen von Kollagenosen ist die Bestimmung von spezifischen Autoantikörpern sinnvoll. Allein anhand des Bei Fieber: Blutkulturen Autoantikörperbefundes kann jedoch keine spezifische Diag­ Urinstatus, Hämoccult nose gestellt werden und ein negativer Befund schließt eine Serologie: Lues, Borrelien, Hepatitis B und C, HIV Autoimmunerkrankung nicht aus. Daher ist die Antikörper- Liquor Zellzahl, Zytologie, Protein gesamt, oligoklonale Banden, diagnostik nicht als Screeninguntersuchung geeignet und soll­ Borrelien, Lues te nur gezielt entsprechend der Klinik erfolgen. Bei erhöhter Zellzahl Kultur/ggf. Antigene (Bakterien, Pilze) Bei den ANCA-assoziierten Vaskulitiden unterscheidet man Ultra- Dopplersonogafie der intra- und extrakraniellen hirnversorgen- ANCA, die gegen das Zytoplasma neutrophiler Leukozyten schall den Gefäße, gegebenenfalls auch der A. temporalis (c-ANCA) gerichtet sind von denen, die gegen perinukleäre Oberbauchsonografie Strukturen gerichtet sind (p-ANCA). Die c-ANCA sind in der Regel gegen die Serin Proteinase-3 gerichtet und finden sich am Röntgen Thorax, ggf. Dünnschicht-CT-Thorax bei Verdacht auf Sarkoidose häufigsten bei der Granulomatose mit Polyangiitis (früher: Zusatzdiagnostik Wegener Granulomatose) (60–90 %). Seltener sind sie auch bei Labor LDH, Haptoglobin, Ferritin, Immunglobuline quantitativ, der mikroskopischen Polyangiitis (15–45 %) nachweisbar. Die Kryoglobuline, Komplement, Kälteagglutinine, Coombs-Test p-ANCA binden meist die Myeloperoxidase (MPO) und selte­ Serologie: Mykoplasmen, Chlamydien, Toxoplasmose, ner Elastase. pANCA lassen sich insbesondere bei der mikro- Zystizerkose skopischen Polyangiitis (70 %) und der eosinophile Granulo­ Tbc-Diagnostik: Quantiferon-Test, Tbc-Diagnostik aus Sputum matose mit Polyangiitis (Churg-Strauss-Syndrom) (50–60 %) und Urin nachweisen. Nicht eindeutige Färbemuster werden als atypi­ Urinelektrophorese sche ANCA bezeichnet. Lymphozytentypisierung Kollagenosen weisen oft spezifische Antikörper gegen nuk­ Thrombophiliediagnostik leäre Antigene im Zellkern auf, die als extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) bezeichnet werden. Zu dieser Gruppe zählen Humangenetik (bei Verdacht auf CADASIL) die Antikörper gegen Doppelstrang-DNA (dsDNA), Einzel­ Liquor PCR Herpesgrupe, ggf. Pilze, Bakterien, Mykobakterien, strang-DNA (ssDNA), Histone, Sm, RNP (Ribonukleoprotei­ Toxoplasmen ne), SS-A (Ro), SS-B (La), U1-RNP, Scl 70 (Topoisomerase), Bild­ Konventionelle Angiografie (DSA) der Hirngefäße RNA-Polymerase, Centromer, Ku, Mi-2 (Helicase), PM-Scl, gebung Fluoreszenzangiografie des Fundus NOR-90 und Fibrillarin. Ganzkörper-PET zur systemischen Tumor-/Entzündungssuche Das Vorliegen von Autoantikörpern gegen nukleäre Anti­ gene im Zellkern kann durch die Bestimmung der antinukle­ Zur Diagnosesicherung (vor Therapie immer anstreben!) ären Antikörper (ANA) als Screeningtest bestimmt werden. Biopsie Bei Hinweis auf systemische Vaskulitis gezielte Biopsie aus Ein positiver ANA-Titer ist allerdings nicht spezifisch für das zum Beispiel Temporalarterie, Nasenschleimhaut, Konjunktiven, Lymphknoten, Haut, Muskel, Nerv, Niere, Lunge, Leber, Vorliegen einer Autoimmunerkrankung, so dass bei positivem Knochenmark Befund immer ergänzend eine weitere ENA-Differenzierung und/oder erfolgen muss. Der ANA-Titer ist bei Gesunden meist ≤ 1 : 320. kombinierte leptomeningeale und parenchymatöse ZNS-Biopsie In der Normalbevölkerung finden sich allerdings vor allem bei (möglichst aus kontrastmittelaufnahmender Läsion) Menschen über 70 Jahren erhöhte ANA-Titer (bis 20 %), ohne dass eine Autoimmunerkrankung zugrunde liegt. Auch ande­

52 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Zertifizierte Fortbildung Zerebrale Vaskulitiden Zertifizierte Fortbildung

– Abbildung 1 – ] 6 edizin aus [4 2012 M Springer © a b c d e © Typische kernspintomografische Veränderungen bei zerebralen Vaskulitiden. Charakteristisch für zerebrale Vaskultiden ist ein multilokuläres Infarktmuster, bei dem Ischämien in mehreren Gefäßversorgungsarealen auftreten (a + c, Flair-Sequenzen). Die Infarkte weisen typischerweise ein unterschiedliches Alter auf (a + b), was durch diffusionsgewichtete Sequenzen nachgewiesen werden kann (b). Entsprechend der vom Entzündungsprozess betroffenen Gefäßgröße können sowohl lakunäre (a) als auch territo- riale Infarkten auftreten (c). Kommt es zu intrazerebralen Blutungen, sind die Blutungsresiduen mittels Gradientenechosequenzen nachweisbar (d). Bei Vaskulitiden der mittleren und großen Gefäße kann sich die Gefäßentzündung in einer vermehrten Kontrast- mittelanreicherung der Gefäßwände widerspiegeln (e, A.cerebri media, T1-Sequenz mit Gadolinium).

re entzündliche Erkrankungen wie virale oder bakterielle In­ was durch diffusionsgewichtete Sequenzen verifiziert werden fektionen, Multiple Sklerose oder auch Neoplasien können zu kann (Abbildung 1b + c). Mittels Gradientenechosequenzen erhöhten ANA-Titern führen. Bei den primären Vaskulitiden (T2*) lassen sich außerdem Blutungsresiduen nachweisen (Ab- finden sich allerdings nur selten positive ANA-Titer. bildung 1d). Die Gefäßentzündung kann sich auch in einer pa­ thologischen Kontrastmittelanreicherung der Gefäße, des Liquordiagnostik Hirnparenchyms oder der Meningen widerspiegeln (Abbil- Bei zerebralen Vaskulitiden finden sich im Liquor in der Regel dung 1e). Die differenzialdiagnostische Abgrenzung zu infek­ unspezifische entzündliche Veränderungen. In circa 50–80 % tiösen Erkrankungen, nicht-entzündlichen Vasopathien, mul­ findet sich eine geringe lymphozytäre Pleozytose (meist < 100 tiplen Embolien bei bakterieller Endokarditis oder Koagulopa­ Zellen/µl) und/oder eine Schrankenstörung mit leichter bis mä­ thien, chronisch-entzündlichen ZNS-Erkrankungen wie Mul­ ßiger Proteinerhöhung. Bei einem Drittel der Patienten kann tiple Sklerose, Leukenzephalopathien bei Stoffwechselerkran­ auch eine intrathekale Immunglobulinsynthese, gelegentlich kungen oder Malignomen ist häufig schwierig 7[ –9]. auch mit Nachweis von oligoklonalen Banden, die entweder rein Mit der MR-Angiografie können „Vaskulitis-typische“ Ge­ intrathekal (Typ 2) aber auch identisch in Serum und Liquor sein fäßveränderungen nachgewiesen werden, allerdings gelingt können (Typ 3 und Typ 4), vorliegen. Trotz der geringen Spezi­ hierbei nur eine Darstellung der größeren Gefäße. Eine höhe­ fität ist die Liquordiagnostik zum differenzialdiagnostischen re Sensitivität weist die digitale Subtraktionsangiografie (DSA) Ausschluss erregerbedingter zerebraler Vaskulitiden unerläss­ insbesondere bei Vaskulitiden mittlerer Gefäße auf (30–100 %); lich und es sollte daher immer eine entsprechende virologische sie ist allerdings auch nur wenig spezifisch [5, 7]. Charakteris­ und mikrobiologische Liquordiagnostik erfolgen. Begleitende tisch für eine zerebrale Vaskulitis sind angiografische Gefäß­ zerebrale Vaskulitiden finden sich zum Beispiel häufig bei einer verengungen, Verschlüsse, segmentale Erweiterungen, Kaliber­ Lues-Infektion, bakteriellen und tuberkulösen Meningitiden, bei sprünge, ein „beading“ (perlschnurartige Veränderungen) und einer bakteriellen Endokarditis und seltener auch bei zerebraler Aneurysmen. Indirekte Zeichen sind eine verlängerte Kreis­ Aspergillose, Infektionen mit Borrelien, Cytomegalie-Virus laufzeit und Kollateralgefäße. Besonders bei Vaskulitiden klei­ (CMV), Varizella-Zoster (VZV), HIV sowie Hepatitis B und C. ner Gefäße sind jedoch auch mit der DSA falsch negative Be­ funde nicht selten, da die Größe der Gefäße unterhalb des Auf­ Bildgebung lösungsvermögens liegt. In einer kleinen retrospektiven Studie Die zerebrale Magnetresonanztomografie (MRT) stellt bei der erbrachte die DSA keinen zusätzlichen diagnostischen Hinweis, Abklärung einer zerebralen Vaskultis die bildgebende Metho­ wenn in der MR-Angiografie bereits mehr als zwei Stenosen in de der ersten Wahl dar. Das MRT hat zwar eine hohe Sensitivi- unterschiedlichen Gefäßterritoren nachzuweisen waren [10]. tät (50–100 %), allerdings nur eine geringe Spezifität (10–40 %) [5, 6]. Typischerweise finden sich bei einer zerebralen Vaskuli­ Biopsie tis multiple bilaterale, mehrere vaskuläre Territorien betreffen­ Die Diagnose einer zerebralen Vaskulitis lässt sich nur histolo­ de Infarkte im Kortex, subkortikal und im tiefen Marklager, gisch sichern und auch eine genaue Klassifikation gelingt oft die je nach betroffenem Gefäßkaliber unterschiedliche Größe nur durch eine Biopsie. Besteht der Hinweis auf eine systemi­ haben können (Abbildung 1a + c). Die Läsionen sind überwie­ sche Vaskulitis mit einer ZNS-Beteiligung sollte aufgrund des gend supratentoriell, selten im Hirnstamm und Kleinhirn. Die geringeren Komplikationsrisikos zunächst eine Biopsie aus Infarkte weisen typischerweise ein unterschiedliches Alter auf, einem klinisch betroffenen extrazerebralen Organ vor dem Be­

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 53 Zertifizierte Fortbildung Zerebrale Vaskulitiden

ginn einer immunsuppressiven Therapie angestrebt werden häufigsten Ursachen für renovaskulären Bluthochdruck dar, (z. B. aus Haut, Niere, Muskulatur, Nerv, Lymphknoten, Kno­ wohingegen sie in Europa nur sehr selten vorkommt. Durch chenmark). Eine Ausnahme bilden das Behçet-Syndrom und die Arteriitis der A. subclavia kommt es zu einer Claudicatio die Takayasu-Arteriitis, deren Diagnose in der Regel anhand Symptomatik am Arm sowie zu dem typischen klinischen der klinischen Diagnosekriterien gestellt werden kann. Da bei Symptom der nicht tastbaren Radialispulse („pulseless di­ der primären ZNS-Vaskulitis eine extrazerebrale Manifesta­ sease“) mit einem nicht messbaren Blutdruck an den Armen. tion fehlt und die übrigen bildgebenden und liquoranalyti­ Im Rahmen des entzündlichen Gefäßprozesses kommt es schen Befunde unspezifisch sind, kann die Diagnose aus­ durch die Intimaproliferation und -fibrose zu einer Stenose bis schließlich durch eine Hirnbiopsie gesichert werden. Hierbei hin zu einem kompletten Gefäßverschluss. Auch kann es kann die Sensitivität der Hirnbiopsie durch gezielte Auswahl durch die entzündlichen Gefäßveränderungen zu einer des Biopsieortes erhöht werden (bis 75 %). Sie sollte möglichst Thrombose kommen. Bei Beteiligung der Carotiden kann es aus einer kontrastmittelaufnehmenden Läsion oder aus einer somit zu zerebralen Ischämien durch eine Gefäßstenose oder gut erreichbaren Läsion der nicht dominanten Hemisphäre er­ einen Gefäßverschluss beziehungsweise durch arterio-arteri­ folgen. Bei fehlenden Veränderungen im Hirnparenchym wird elle Embolien kommen. eine kombinierte parenchymatöse und leptomeningeale Biop­ Primär erfolgt bei der TA eine Behandlung mit Prednisolon sie am anterioren Pol des nicht dominanten Temporallappens und Methotrexat. Alternativ kommt eine Behandlung mit Aza­ empfohlen [11–14]. thioprin, Cyclophosphamid oder Infiliximab in Betracht.

Neurologische Manifestation und Therapieprinzipien Vaskulitiden mittelgroßer Gefäße primärer Vaskulitiden Polyarteriitis nodosa Großgefäßvaskulitiden Bei der klassischen Polyarteritiis nodosa (PAN) handelt es sich um eine nekrotisierende Vaskultis der mittleren Gefäße. Eine Riesenzellarteriitis (Arteriitis temporalis) neurologische Manifestation ist neben einer kardiovaskulären, Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist eine Großgefäßvaskulitis und renalen und gastrointestinalen Beteiligung häufig. Hierbei stellt mit einer Inzidenz von 15–25/100.000 die häufigste pri­ steht vor allem das periphere Nervensystem in Form einer Mo­ märe Vaskulitis dar [15]. Betroffen sind überwiegend Frauen noneuritis multiplex im Vordergrund (50–75 %) [4]. Seltener im höheren Lebensalter (> 50 Jahre) und es findet sich eine häu­ findet sich eine zerebrale Beteiligung (20–40 %), die sich sym­ fige Assoziation mit der Polymyalgia rheumatica (50–70 %). Be­ ptomatisch vor allem als Kopfschmerzen, eine Enzephalopa­ troffen sind in der Regel Äste der A. carotis externa (A. tempo­ thie oder auch eine Retinopathie und seltener als zerebrale In­ ralis, A. occipitalis) und in einem Drittel der Patienten die A. farkte manifestiert. Bei 70 % der Patienten kann außerdem eine ophthalmica und Aa. ciliares als Äste der A. carotis interna so­ Assoziation mit einer Hepatitis B oder seltener auch einer He­ wie der Aortenbogen und die Aortenbogenäste. Klinische Leit­ patitis C nachgewiesen werden [3]. Die Patienten mit Nachweis symptome sind vor allem Kopfschmerzen und eine Claudica­ von HbsAg haben ein höheres Risiko der Entwicklung einer tio masticatoria durch Beteiligung der die Massetermuskulatur Mononeuritis multiplex bei einer insgesamt schlechteren Pro­ versorgenden Äste der A. carotis externa. Die Beteiligung der gnose [17]. Ciliararterien führt zu ein- oder beidseitigen Sehstörungen Bei Patienten mit positiver Hepatitisserologie wird neben und kann bis zur Erblindung führen. Zu einer zerebralen einer immunsuppressiven Behandlung eine Therapie mit Vi­ Ischämie durch eine Beteiligung intrazerebraler Gefäße kommt rustatika empfohlen. Bei der Hepatitis-B-assoziierten PAN es nur sehr selten. erfolgt eine Behandlung mit Prednisolon und Lamivudin, bei Therapeutisch steht eine Behandlung mit Prednisolon im Nachweis einer Hepatitis C mit Ribavirin und Interferon- Vordergrund, die in langsam ausschleichender Dosierung in alpha. Bei fehlendem Nachweis einer Hepatitis wird die PAN der Regel über mehrere Monate bis Jahre unter Osteoporose­ mit Prednisolon und Cyclophosphamid behandelt. Bei schwe­ prophylaxe und Magenschutz erforderlich ist. Bei Auftreten ren Verläufen kann auch eine Plasmapherese oder Immun- eines Rezidivs unter Dosisreduktion muss eine erneute Anhe­ globulintherapie in Betracht gezogen werden. Alternativ wird bung der Kortisondosierung erfolgen. Zur Einsparung von insbesondere bei Nachweis von Kryoglobulinen Rituximab Kortison wird in erster Linie eine begleitende Behandlung mit eingesetzt. Methotrexat empfohlen. Als begleitender Laborparameter kann die BSG zur Therapiesteuerung mit herangezogen wer­ Kawasaki-Syndrom den. Zur Prophylaxe ischämischer Gefäßkomplikationen soll­ Beim Kawasaki-Syndrom handelt es sich um eine akute febri­ te eine Behandlung mit ASS 100 mg erfolgen. le Vaskulitis, die vor allem Kinder und Jugendliche betrifft und bei der eine infektiöse Genese vermutet wird. Typischerweise Takayasu-Arteriitis kommt es zu einem mukokutanen Lymphknotensyndrom, Bei der Takayasu-Arteriitis (TA) kommt es zu einer Entzün­ beidseitigen Konjunktivitiden, einer Erdbeerzunge, einem Ex­ dung der Aorta und der großen vom Aortenbogen abgehen­ anthem und Schuppung der Haut an Händen und Füßen sowie den Gefäße [16]. Diese Vaskulitis betrifft vor allem Frauen um einer Herzbeteiligung mit aneurysmatischen Erweiterungen das 40. Lebensjahr und stellt im asiatischen Raum eine der der Herzkrankzgefäße oder einer Peri-/Myokarditis. Eine ze­

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– Tabelle 3 –. sa findet sich häufig eine periphere neurologische Beteiligung Diagnostische Kriterien der (50–75 %) in Form einer Mononeuritis multiplex oder Poly­ primären ZNS-Vaskulitis [45] neuropathie. Etwa ein Fünftel der Patienten entwickelt eine 1. Klinische Symptome einer multifokalen oder diffusen ZNS-Erkrankung zere­brale Beteiligung am häufigsten in Form von Hirnnerven­ mit rezidivierendem oder progredientem Verlauf. paresen (vor allem II, VII und VIII) und seltener als Enzepha­ 2. Zerebrale Angiografie und/oder MRT mit Befund, der die Diagnose einer lopathie oder zerebrale Infarkte. Vaskulitis unterstützt. Bei der mikroskopischen Polyangiitis kommt es zu einer ne­ krotisierenden nicht-granulomatösen Entzündung vor allen 3. Ausschluss einer zugrunde liegenden systemischen Infektion oder Entzündung (systemische Symptome und oder BSG/CRP-Erhöhung pulmonaler und renaler Gefäße. Bei über 90 % der Patienten möglich). sind MPO-ANCA nachweisbar. Zu einer zerebralen Beteili­ gung kommt es nur sehr selten. 4. Histologischer Nachweis einer leptomeningealen oder parenchymatö- sen Vaskulitis und Ausschluss einer Infektion, Neoplasie oder anderen Therapeutisch wird zur Remissionsinduktion bei allen primären Gefäßerkrankung. ANCA-assoziierten Vaskulitiden mit ZNS-Beteiligung eine kombinierte Behandlung mit Prednisolon und Cyclophospha­ Bei drei von vier Kriterien ist eine Immunsuppression begründbar. mid empfohlen, wobei sich hier die Pulstherapie im Vergleich zur oralen Cyclophosphamid-Therapie im Hinblick auf Neben­ wirkungen und Gesamtdosis als günstiger erwiesen hat [20, 21]. Als Alternative kann zur Remissionsinduktion Rituximab ein­ gesetzt werden, dessen vergleichbare Wirksamkeit zu Cyclo­ rebrale Beteiligung ist selten und kann sich als Epilepsie, in phosphamid in zwei 2010 veröffentlichten prospektiven Studi­ Hirnnervenparesen, einer aseptischen Meningitis oder auch en gezeigt werden konnte [22, 23]. Zur Remissionserhaltung zerebralen Infarkten manifestieren. können Azathioprin, Methotrexat oder Leflunomid eingesetzt Therapeutisch wird eine Behandlung mit Immunglobulinen werden [24]. Eine Behandlung mit Mycophenolatmofetil wird und Aspirin zur Prophylaxe kardiovaskulärer Komplikationen bei der Granulomatose mit Polyangiitis aufgrund einer erhöh­ empfohlen [18]. ten Rezdivrate im Vergleich zu Azathioprin nur in zweiter Li­ nie empfohlen [25]. Bei der eosinophilen Granulomatose mit Vaskulitiden kleiner Gefäße Polyangiitis ergibt sich zukünftig als Behandlungsoption mög­ licherweise die Therapie mit einem monoklonalen IL-5-Anti­ ANCA-assoziierte Vaskulitiden (AAV) körper [26]. Bei milden Verläufen kann bei der EGPA anstatt Charakteristisch für diese Gruppe von Vaskulitiden ist der einer Remissionsinduktion mit Prednisolon und Cyclophos­ Nachweis von ANCA, deren Spezifität sich jedoch je nach phamid auch eine Immunsuppression mit Azathioprin, Me­ Krankheitsentität und ethnischer Gruppe unterscheiden kann. thotrexat sowie Ciclosporin A oder eine Behandlung mit Inter­ Zu den ANCA-assoziierten Vaskulitiden werden die Granulo­ feron-alpha erwogen werden. matose mit Polyangiitis (GPA, früher: Wegener Granulomato­ se [19]), die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, Immunkomplex-Kleingefäßvaskulitiden Churg-Strauss-Syndrom) und die mikroskopische Polyangiitis Zu den Immunkomplexvaskulitiden zählen die antiglomeru­ (MPA) gezählt. läre Basalmembrankrankheit (anti-GBM-Erkrankung, Good­ Bei der GPA handelt es sich um eine nekrotisierende granu­ pasture-Syndrom), Hypokomplementämische Urtikaria-Vas­ lomatöse Vaskulitis, die vor allem Niere, Lunge, Haut, Augen, kulitis (HUV), die kryoglobulinämische Vaskulitis (CV) so­ Ohren und das Nervensystem betrifft. Zu einer zerebralen Be­ wie die IgA-Vaskulitis (IgAV, Purpura Schoenlein Henoch). teiligung kann es per continuitatem durch eine schädelbasis­ Bei der anti-GBM-Erkrankung und der HUV kommt es in der nahe Ausdehnung der granulomatösen Entzündung aus dem Regel zu keiner neurologischen Manifestation. Bei der kryo­ Nasopharynx kommen, die dann vor allem zu Paresen der globulinämischen Vaskulitis ist eine zerebrale Beteiligung Hirnnerven II, VI, VII und VIII führt. Außerdem kann die sehr selten, eher kommt es zu einer Polyneuropathie. Es findet intraparenchymatöse Kleingefäßvaskulitis innerhalb des ZNS sich eine gehäufte Assoziation mit einer Hepatitis-C-Virusin­ zu einer Enzephalopathie, zu epileptischen Anfällen oder zu fektion (HCV). Bei der HCV-assoziierten Form wird eine Vi­ fokal-neurologischen Ausfällen führen. ruselimination mit Interferon alpha und Ribavirin empfohlen. Das Churg-Strauss-Syndrom oder auch eosinophile Granu­ Bei fehlendem Ansprechen ist eine Behandlung mit Glukokor­ lomatose mit Polyangiitis ist gekennzeichnet durch eine nek­ tikoiden und bei schweren Verläufen mit Azathioprin und Cy­ rotisierende granulomatöse Entzündung der kleinen und mitt­ lophosphamid sinnvoll. Als Alternative konnte auch hier eine leren Gefäße einhergehend mit einer Eosinophilie. Bei 40 % der Wirksamkeit von Rituximab zur Remissionsinduktion gezeigt Patienten sind p-ANCA mit Bindung der Myeloperoxidase werden [27]. Bei schweren Komplikationen kann zusätzlich (MPO-ANCA) nachweisbar. In erster Linie (> 90 %) ist der Re­ eine Plasmapherese erfolgen. Eine Kryoglobulinämie kann spirationstrakt betroffen und es kommt zu einem allergischen auch mit lymphoproliferativen Erkrankungen assoziiert sein, Asthma. Es kann allerdings auch zu einer Beteiligung der Haut, so dass bei Nachweis eines monoklonlaen Kryoglobulins im­ Niere, Herz, Gastrointestinaltrakt und des Nervensystems mer eine entsprechende weitere hämato-onkologische Ab- kommen. Ähnlich wie bei der klassischen Polyarteriitis nodo­ klärung und gegebenenfalls Behandlung erfolgen sollte. Die

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IgA-Vaskulitis findet sich häufig bei Kindern, jedoch nur sel­ Cogan-Syndrom ten im Erwachsenenalter. Auch hier kommt es nur sehr selten Das Cogan-Syndrom bezeichnet ein oculo-vestibulo-auditori­ zu einer Beteiligung des zentralen oder peripheren Nerven- sches Syndrom bei dem es zu einer Morbus Menière ähnlichen systems [28]. Symptomatik mit Hörminderung und Schwindel sowie einer Therapeutisch steht eine Behandlung mit Glukokortikoiden Sehminderung durch eine interstitielle Keratitis kommt [32]. im Vordergrund und bei schweren Verläufen kommen klassi­ Ursächlich wird ein vaskulärer Entzündungsprozess vermutet. sche Immunsuppressiva wie Azathioprin, Cyclophosphamid Etwa 30 % der Patienten entwickeln im Verlauf eine Großgefäß­ oder Ciclosporin A zum Einsatz. vaskulitis ähnlich der Takayasu-Arteriitis, und 10–15% eine Vaskulitis der mittleren Gefäße vergleichbar mit einer Polyar­ Vaskulitiden variabler Gefäßgröße teriitis nodosa. Als seltene neurologische Manifestationen wur­ den Kopfschmerzen, epileptische Anfälle, zerebrale Ischämien, Behçet-Syndrom Sinusvenenthrombosen, Enzephalitis und Meningitis, Enze­ Beim Behçet-Syndrom handelt es sich um eine Kleingefäß­ phalopathie, Myelopathien, Optikusneuritiden und Hirnner­ vaskulitis mit Beteiligung der Venen, deren Ätiologie unge­ venparesen sowie periphere Neuropathien und Myopathie be­ klärt ist. Als möglicher Auslöser der Erkrankung werden so­ schrieben [33]. Die Behandlung erfolgt in erster Linie mit Kor­ wohl infektiöse Trigger, autoimmune Prozesse, eine geneti­ tikosteroiden und bei schwereren Verläufen auch mit Azathio­ sche Prädisposition und Veränderungen des Gerinnungssys­ prin oder Cyclophosphamid. tems postuliert. Klinisch charakteristisch sind orale und ge­ nitale Ulzerationen sowie eine Uveitis. Es kann jedoch auch Vaskulitiden einzelner Organe zu einer Beteiligung von Herz, Lunge, Gastrointestinaltrakt, Gelenken und des ZNS kommen. Eine neurologische Mani­ Primäre Vaskulitis des ZNS festation tritt beim Behçet-Syndrom in der Regel erst im Ver­ Bei der primären Vaskulitis des ZNS (PACNS) handelt es sich lauf der Erkrankung mit einer Latenz von ein bis acht Jahren um ein seltenes Krankheitsbild mit einem Hauptmanifesta­ auf [29]. Hierbei wird eine vaskuläre von einer parenchyma­ tionsalter um das 50. Lebensjahr und einer geschätzten Inzi­ tösen Form des Neuro-Behçet unterschieden. Bei letzterer fin­ denz von zwei bis drei Fällen pro 1.000.000 Einwohnern im den sich kernspintomografisch zerebrale Läsionen vor allem Jahr [34]. Histologisch handelt es sich am häufigsten um eine im Hirnstamm und in den Basalganglien, auch eine spinale granulomatöse Vaskulitis (58 %), es kann jedoch auch zu einer Manifestation ist möglich. Klinisch können sich diese Ent­ lymphozytären (28 %) oder nekrotischen Gefäßentzündung zündungsläsionen mit einer entsprechenden fokal-neurolog­ (14 %) kommen [11, 35]. sichen Ausfallsymptomatik manifestieren. Des Weiteren lei­ Die klinische Symptomatik kann sehr unterschiedlich und den die Patienten häufig an Kopfschmerzen sowie Aufmerk­ die Manifestation sowohl akut als auch chronisch progredient samkeits- und Konzentrationsstörungen [29, 30]. Bei der vas­ sein. Im Vordergrund stehen subakute oder chronische Kopf­ kulären Manifestation kommt es zu einer intrakraniellen Hy­ schmerzen (40–60 %) und es finden sich häufig Zeichen einer pertension und Sinusvenenthrombosen. zerebralen Enzephalopathie mit kognitiven Defiziten und af­ Zur Behandlung des Neuro-Behçet gibt es keine evidenzba­ fektiven Auffälligkeiten (40–80 %). Akute zerebrale Ischämien sierten Standardtherapien [31]. Bei einer schubförmigen Ver­ oder transitorisch ischämische Attacken (30–50 %) sind häu­ schlechterung erfolgt eine Behandlung mit einer Kortisonstoß­ figer als intrazerebrale oder subarachnoidale Blutungen (< 10 %) therapie über fünf bis sieben Tage mit einer anschließenden [12, 34, 36]. ausschleichenden oralen Therapie mit 1 mg/kgKG Prednisolon Die Diagnosestellung der PACNS ist häufig schwierig, da kei­ über zwei bis drei Monate. Je nach systemischer Krankheitsak­ ne spezifischen diagnostischen Marker existieren. Das diffe­ tivität benötigen manche Patienten auch eine niedrigdosierte renzialdiagnostische Spektrum ist breit und umfasst insbeson­ Dauerbehandlung mit Kortikoiden. Zur Einsparung des Kor­ dere infektiöse Erkrankungen, systemische primäre und se­ tisons kann eine immunsuppressive Behandlung, beispielswei­ kundäre Vaskulitiden, andere chronisch-entzündliche ZNS- se mit Azathioprin, Chlorambucil, Cyclophosphamid oder Me­ Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Kollagenosen, Amyloid­ thotrexat erfolgen, wobei es keine Evidenz dafür gibt, dass die­ angiopathie, Leukenzephalopathien bei Stoffwechselerkran­ se Behandlungen eine neurologische Manifestation des Behçet- kungen und Tumoren wie Lymphome. Eine wichtige Syndroms oder Rezidive beziehungsweise eine Progression ei­ Differenzialdiagnose zur PACNS stellt außerdem das reversib­ nes Neuro-Behçet verhindern können. Eine immunsuppressi­ le Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) dar [37–39]. Hierbei fin­ ve Behandlung mit Ciclosporin A wird aufgrund möglicher den sich vergleichbare klinische, kernspintomografische und ZNS-Nebenwirkungen nicht empfohlen, da diese nur schwer angiografische Befunde wie bei der PACNS, entzündliche Ver­ von Symptomen des Neuro-Behçet abzugrenzen sind. Kommt änderungen des Liquors und in der Biopsie fehlen jedoch. Ur­ es zu einer Sinusvenenthrombose erfolgt eine Antikoagulation. sächlich liegen dem RCVS wahrscheinlich Vasospasmen zu­ Bei systemischer Manifestation des Behçet-Syndroms gibt es grunde. Die klinische Symptomatik und die angiografischen außerdem Hinweise auf eine Wirksamkeit von Interferon-al­ Gefäßveränderungen sind typischerweise innerhalb weniger pha, TNF-Antagonisten und Thalidomid, es liegen jedoch kei­ Wochen reversibel und es kann zu einer vollständigen Spon- ne evidenzbasierten Daten zur Wirksamkeit dieser Präparate tanremission kommen. Als Komplikation kann es durch die beim Neuro-Behçet vor. Vasospasmen jedoch auch zu ischämischen oder hämorrhagi­

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schen Infarkten mit einer bleibenden Behinderung kommen. Fazit für die Praxis Als erfolgreiche Therapieoptionen wurde der Einsatz von Kal­ Bei systemischen Vaskulitiden kommt es nicht selten zu einer zere- zium-Kanal-Blockern, eine kurzzeitige Steroidbehandlung so­ bralen Beteiligung, wobei es je nach betroffenen Gefäßen sowohl wie Magnesiumsulfat beschrieben, wobei keine Behandlungs­ zu einer akuten neurologischen Ausfallsymptomatik durch einen studien zu diesen Therapien existieren. Schlaganfall oder zu einer chronisch-progredienten Symptomatik Im Hinblick auf die Schwierigkeit der Abgrenzung von Dif­ mit Kopfschmerzen oder einer Enzephalopathie kommen kann. ferenzialdiagnosen wie dem RVCS und der möglichen Neben­ Zur näheren Klassifikation und weiteren differenzialdiagnostischen wirkungen einer immunsuppressiven Therapie, sollte vor Ein­ Abklärung anderer Erkrankungen wie Kollagenosen oder Infektions- leitung einer Behandlung immer eine Biopsie zur Diagnosesi­ krankheiten sind eine entsprechende laborchemische Diagnostik, cherung einer PACNS entsprechend der Diagnosekriterien eine Kernspintomografie des Kopfes mit Angiografie und eine nach Moore angestrebt werden [45] (Tabelle 3). Die Konstella­ Lumbalpunktion erforderlich (Tabelle 2). Eine bioptische Diagno- tion aus typischen Veränderungen im kranialen MRT- und der sesicherung ist vor Einleitung einer immunsuppressiven Therapie MR-Angiografie, einem pathologischen Liquorbefund und feh­ insbesondere bei der PACNS anzustreben. Die Diagnose einer pri- lenden Hinweisen auf eine andere systemische Erkrankung mären ZNS-Vaskulitis stellt wegen der in der Regel fehlenden labor- kann die Diagnose einer PACNS zwar stützen, jedoch nicht be­ chemischen Veränderungen, der oft schweren Zugänglichkeit be- weisen. Auch wenn die Biopsie aufgrund der segmentalen und troffener Gehirnareale undder negativen Biopsieergebnisse in etwa fokalen Verteilung der PACNS in etwa 25 % falsch negative Be­ einem Viertel der Fälle eine besondere diagnostische Herausforde- funde liefert, ist sie als Goldstandard anzusehen [11, 13, 40]. rung dar. Therapeutisch ist bei einer zerebralen Vaskulitis zur Remis- Da es keine prospektiven Behandlungsstudien zur PACNS sionsinduktion meist eine längere hochpotente Immunsuppression gibt, orientieren sich die Therapieempfehlungen an den Be­ erforderlich. handlungsstrategien von systemischen Vaskulitiden mit schwe­ rer Organmanifestation. Therapie der Wahl ist eine kombinier­ te Gabe von Prednisolon (1 mg/kgKG/d) und eine Cyclophos­ LITERATUR phamid-Pulstherapie (500–1.000 mg/m2 Körperoberfläche in­ www.springermedizin.de/neurotransmitter travenös, die ersten zwei Gaben in zweiwöchigem Abstand, die weiteren monatlich). Die Steroidbehandlung kann auch als PD Dr. med. Elke Verena Voß Pulstherapie eingeleitet werden. Die CYC-Pulstherapie ist Neurologische Klinik mit Klinischer Neurophysiologie wahrscheinlich im Hinblick auf schwerwiegende Nebenwir­ Medizinische Hochschule Hannover kungen günstiger als eine orale Dauertherapie. Die erforderli­ che Behandlungsdauer ist aufgrund der nur geringen Fallzah­ Prof. Dr. med. Martin Stangel len unklar. Empfohlen wird eine Therapiedauer von mindes­ Neurologische Klinik mit Klinischer Neurophysiologie tens sechs bis zwölf Monaten, wobei die Rezidivraten bei kür­ Medizinische Hochschule Hannover zerer Behandlungsdauer wahrscheinlich höher liegen (bei Carl-Neuberg-Str. 1, 30625 Hannover sechs Monaten circa 30 %, bei zwölf Monaten < 10 %) [3, 5]. Bei E-Mail: [email protected] Remission der Erkrankung unter Steroiden/Cyclophosphamid kann im Verlauf aufgrund des günstigeren Nebenwirkungs­ profils eine Umstellung auf Azathioprin 1( –2 mg/kgKG/d), Methotrexat (20–25 mg/Woche) oder Mycophenolat Mofetil (1–2 g/d) erwogen werden [41]. Die meisten Patienten sprechen initial auch auf eine Monotherapie mit Steroiden an, die Rezi­ divraten werden hierbei höher eingeschätzt. In einer Kohorten­ studie mit 101 Patienten mit primärer ZNS-Vaskulitis waren die Ansprechraten auf eine alleinige Steroidtherapie mit denen Interessenkonflikt einer Kombinationstherapie mit Steroiden und Cyclophospha­ Die Autoren erklären, dass sie sich bei der Erstellung des Beitrags von mid vergleichbar [34]. Insbesondere bei den Patienten mit feh­ keinen wirtschaftlichen Interessen leiten ließen. Dr. Voß erhielt Refe­ lendem histologischen Nachweis der isolierten ZNS-Angiitis rentenhonorare von der Biogen ldec GmbH, Novartis Pharma GmbH. kann somit zunächst eine Steroid-Monotherapie erwogen wer­ Professor Stangel erhielt Referentenhonorare, Reisekostenzuschüsse den. Es wurden auch Therapieerfolge mit Azathioprin als pri­ und Beraterhonorare von der BiogenIdec GmbH, Baxter Deutschland märe Therapie der PACNS oder mit TNF-alpha-Blockern und GmbH, Bayer Vital GmbH, CSL Behring GmbH, Genzyme, Mycophenolat Mofetil als Eskalationstherapie beschrieben, so­ Grifols,Merck-Serono GmbH, Novartis Pharma GmbH, Snofi Aventis dass diese als Behandlungsalternativen insbesondere bei Pati­ Deutschland GmbH und Teva GmbH. enten mit Kontraindikationen gegen Cyclophosphamid oder Werbung in dieser Zeitschriftenausgabe hat keinen Bezug zur CME- fehlendem Ansprechen auf die Behandlung in Betracht gezo­ Fortbildung. Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie gen werden können [42–44]. Spezifische Parameter zum Be­ die CME-Fragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei handlungsmonitoring gibt es nicht, so dass der klinische Ver­ Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für Präpara­ lauf und der MRT-Befund zur Beurteilung des Therapieerfol­ te, die zur Therapie des dargestellten Krankheitsbildes geeignet sind. ges herangezogen werden.

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 57 springermedizin.de/eAkademie

CME-Fragebogen FIN NT1402MH gültig bis 28.2.2014 Teilnehmen und Punkte sammeln können Sie ••als e.Med-Abonnent an allen Kursen der e.Akademie, ••als Abonnent einer Fachzeitschrift an den Kursen der abonnierten Zeitschrift oder ••als Leser dieses Magazins – zeitlich begrenzt – unter Verwendung der FIN.

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••Ausführliche Erläuterungen unter www.springermedizin.de/info-eakademie Fortbildung­ anerkannt. 10.1007/s15016-014-0001-5 DOI:

Zerebrale Vaskulitiden

Zu welcher Form der Vaskulitis wird die Welche Aussage zu Diagnosestellung Welche Aussage zur Riesenzellarteriitis primäre Angiitis des ZNS (PACNS) nach zerebraler Vaskulitiden trifft zu? trifft zu? der revidierten Nomenklatur der Chapel ☐☐ Durch den Nachweis von erhöhten ANA- ☐☐ Die Riesenzellarteriitis manifestiert sich Hill Konsensuskonferenz (CHCC) von 2012 (antinukleären Antikörper)-Titern kann meist im jungen Erwachsenenalter. gezählt? das Vorliegen einer systemischen Auto- ☐☐ Typisches Symptom ist eine Claudicatio ☐☐ Kleingefäßvaskulitis immunerkrankung bewiesen werden. masticatoria. ☐☐ Großgefäßvaskulitis ☐☐ Bei zerebralen Vaskulitiden ist der ☐☐ Als Komplikation ist das Auftreten zere- ☐☐ Vaskulitis einzelner Organe Liquor in der Regel unauffällig. braler Ischämien häufig. ☐☐ Vaskulitis variabler Gefäßgröße ☐☐ Die digitale Subtraktionsangiografie ☐☐ Therapeutisch steht eine Behandlung ☐☐ Vaskulitis mit wahrscheinlicher (DSA) ist bei zerebralen Vaskulitiden mit Cyclophosphamid im Vordergrund. Ätiologie immer pathologisch, sodass sie zur ☐☐ Die Riesenzellarteriitis stellt eine seltene Diagnosestellung unverzichtbar ist. primäre Vaskulitis dar. Welche Aussage zu systemischen Vaskuli- ☐☐ Der fehlende Nachweis von p- oder c- tiden trifft zu? ANCA (antineutrophile zytoplasmati- Bei der Polyarteriitis nodosa (PAN) ... ☐☐ Das Fehlen erhöhter Entzündungspara- sche Antikörper) schließt eine ☐☐ ... ist der Nachweis von c-ANCA (anti- meter schließt eine systemische Vaskuli- systemische Vaskulitis aus. neutrophile zytoplasmatische Antikör- tis aus. ☐☐ Die Diagnose einer primären ZNS-Vas- per) charakteristisch. ☐☐ Erhöhte ANA (antinukleäre Antikörper)- kulitis kann oft nur bioptisch gesichert ☐☐ ... handelt es sich um eine Vaskulitis der Titer sind bei Kleingefäßvaskulitiden werden. kleinen Gefäße. charakteristisch. ☐☐ ... findet sich häufig eine Assoziation mit ☐☐ Die Takayasu-Arteriitis zählt zu den Welche Aussage zur MRT-Diagnostik trifft einer Campylobacter-jejuni-Infektion. ANCA (antineutrophilen zytoplasmati- bei zerebralen Vaskulitiden zu? ☐☐ ... ist eine Behandlung mit Chloroquin schen Antikörper)-assoziierten Vaskuli- ☐☐ Das cMRT ist hochspezifisch für die sinnvoll. tiden. Diagnose einer zerebralen Vaskulitis. ☐☐ ... kann es zu einer Mononeuritis multi- ☐☐ Eine immunsuppressive Therapie ist bei ☐☐ Bei zerebralen Vaskulitiden finden sich plex kommen. systemischen Vaskulitiden nur selten er- typischerweise multiple Infarkte unter- forderlich. schiedlichen Alters, die mehrere Gefäß- Welche Aussage zur primäre Angiitis des ☐☐ Im Rahmen einer Hepatitis-C-Infektion territorien betreffen. ZNS (PACNS) trifft zu? kann es zu einer kryoglobulinämischen ☐☐ Der Nachweis von Blutungen ist bei ☐☐ Die PACNS ist eine der häufigsten Vas- Vaskulitis kommen. zerebralen Vaskulitiden durch ein cMRT kulitiden. nur selten möglich. ☐☐ Das Erstmanifestationsalter der PACNS Eine der häufigsten neurologischen Mani- ☐☐ Durch eine hochauflösende MR-Angio- liegt meist im Jugendalter. festationen einer Vaskulitis ist eine ... grafie gelingt in der Regel auch der ☐☐ Die PACNS führt häufig zu einer peri- ☐☐ ... Ascencen-Epilpsie. Nachweis von Kleingefäßvaskulitiden. pheren Beteiligung in Form einer Poly- ☐☐ ... zerebrale Ischämie. ☐☐ Anhand des Verteilungsmusters der neuropathie. ☐☐ ... Myositis. Läsionen ist im cMRT die Abgrenzung ☐☐ Bei der PACNS kommt es häufiger ☐☐ ... aseptische Meningitis. einer Vaskulitis von einer Multiplen zu zerebralen Blutungen als zu ☐☐ ... Myelitis. Sklerose mit hoher Sicherheit möglich. Ischämien.

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☐☐ Klinisch manifestiert sich die PACNS oft Die Behandlung der primären Angiitis des Bitte beachten Sie: Diese zertifizierte Fortbildung mit Kopfschmerzen. ZNS (PACNS) ... ist zwölf Monate auf springermedizin.de/eakade- ☐☐ ... ist durch prospektive Behandlungs- mie verfügbar. Dort erfahren Sie auch den genau- Welche Aussage zur Diagnose/Differenzi- studien gut etabliert. en Teilnahmeschluss. Pro Frage ist jeweils nur eine Antwortmöglichkeit aldiagnose trifft für die primäre Angiitis ☐ ... erfolgt in erster Linie durch intrave- ☐ (Richtig- oder Falschaussage) zutreffend. Sowohl des ZNS (PACNS) zu? nöse Immunglobuline. die Fragen als auch die zugehörigen Antwortop- ☐☐ Als Differenzialdiagnose ist ein rever- ☐☐ ... ist nur selten länger als sechs Monate tionen werden im Online-Fragebogen in zufälli- sibles Vasokonstriktionssyndrom (RCVS) erforderlich. ger Reihenfolge ausgespielt, weshalb die Num- in Betracht zu ziehen. ☐☐ ... kann nach Remission auf eine Thera- merierung von Fragen und Antworten im ☐☐ Die Abgrenzung einer PACNS zu chro- pie mit Azathioprin oder Methotrexat ge­druckten Fragebogen unterbleibt. Prüfen Sie nisch-entzündlichen ZNS-Erkrankungen umgestellt werden. beim Übertragen der Lösungen aus dem Heft da- her bitte die richtige Zuordnung. gelingt meist durch das MRT. ☐☐ ... ist bezüglich des Therapieerfolgs ☐☐ Eine Liquordiagnostik ist zur Diagnose- durch Kontrolle der BSG gut zu über- stellung meistens entbehrlich. wachen. ☐☐ Eine Hirnbiopsie sollte möglichst aus einem nicht betroffenen Hirnareal erfolgen. ☐☐ Eine normale digitale Subtraktionsangio­ grafie (DSA) schließt eine PACNS aus.

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NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 59 Literatur

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2 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Kurz & Knapp Pharmaforum

Gute Studiendaten zum RLS Depression im Alter – Komorbiditäten ——Eine Phase-III-Studie zum Einsatz der Fixkombination aus retardiertem Oxy- berücksichtigen codon und retardiertem Naloxon beim Restless-Legs-Syndrom (RLS) belegt eine Eine Depression im höheren Lebensalter ge Wirkungen und Hyponatriämien. Für hohe Wirksamkeit und gute Verträglich- ist häufig, wenn auch mit etwas anderen Wollmer sind dies die wesentlichen Sicher- keit bei Patienten mit nicht zufriedenstel- Symptomen als bei jüngeren Patienten. Die heitsrisiken zu Beginn der Therapie. lender Vortherapie [Trenkwalder C et al. Behandlung älterer Betroffenerunterschei - Eine aktuelle Analyse zeigte, dass insbeson- Lancet Neurol 2013; 12 (12): 1141–50]. In det sich zwar nicht grundsätzlich, muss aber dere Escitalopram, Citalopram, Amitryptilin der zwölfwöchigen multizentrischen, die häufigen Komorbiditäten berücksichti- und – in geringerem Maße – Bupronion ein randomisierten, placebokontrollierten gen. Risiko für eine mäßige Verlängerung der Doppelblindphase erreichten die vorbe- Im Alter kann bei einer Depression durchaus QTc-Zeit aufweisen [Castro VM et al. BMJ handelten Patienten in der Verumgruppe die gewohnte Kernsymptomatik, wie zum 2013; 346: f288]. Für Duloxetin (Cymbalta®) eine durchschnittliche Verbesserung des Beispiel Traurigkeit, fehlen, dafür zeigt sich zeigt die Analyse keinen Effekt auf diesen IRLS (International RLS Study Group Se- die Erkrankung häufig in somatischen Be- für die kardiale Sicherheit wichtigen Para- verity Rating Scale)-Scores von 31,7 um schwerden. Wie gefährlich Depressionen im meter. Es gibt durch Studien belegte güns- 16,6 Punkte (Placeboarm von 31,6 um 9,5 Alter sind, zeigen die immer noch hohen tige Effekte von Duloxetin auf Kognition Punkte). Retardiertes Oxycodon/Naloxon Suizidraten, insbesondere bei Männern. und Schmerz [Raskin J et al. Am J Psychiatry war Placebo signifikant überlegen. In der Eine Depression darf nicht als normale Al- 2007; 164 (6): 900–9], gerade auch im Rah- anschließenden offenen Extensionspha- terserscheinung gedeutet werden, mahnte men einer diabetischen Polyneuropathie se über 40 Wochen blieb die Wirksamkeit daher Privatdozent Dr. M. Axel Wollmer, [Wasan AD et al. Current Drug Safety 2009; konstant hoch. Nach einem Jahr wurden Chefarzt der Klinik für Gerontopsychiatrie 4 (1): 22–9], betonte Wollmer. Für ihn ist 42 % der Patienten als IRLS-Remitter ein- an der Asklepios Klinik Nord – Ochsenzoll, Duloxetin für ältere Patienten eine bemer- gestuft. Eine Augmentation, die wich- Hamburg. kenswerte Substanz, gerade im Hinblick auf tigste Nebenwirkung unter dopaminer- Ein spezielles Antidepressivum für alte Pati- die neben der antidepressiven Wirkung ger Therapie und die häufigste uner- enten gibt es nicht, erläuterte er weiter. Er ebenfalls belegte Wirksamkeit bezüglich wünschte Nebenwirkung unter L-Dopa empfehle, immer mit einer niedrigeren Stressinkontinenz, Schmerzzustände und bei RLS, wurde unter der Therapie mit Einstiegsdosis zu beginnen und langsamer die Effekte auf kognitive Symptome. retardiertem Oxycodon und Naloxon aufzutitrieren als bei Jüngeren. Zu achten Friederike Klein über ein Jahr nicht beobachtet. sei – auch im Zusammenhang mit den indi- viduellen Komorbiditäten und den hierfür Pressegespräch im Rahmen des Nach Informationen von Mundipharma verordneten Medikamenten – insbesondere DGPPN-Kongresses 2013 in Berlin, 27.11.2013 auf QTc-Zeit-Verlängerungen, anticholiner- Veranstalter: Lilly Deutschland MS: Gehirnvolumen erhalten ——Eine wirksame MS-Therapie soll so- wohl die Schubrate senken und die Be- Unbehandelte Negativsymptome stehen hinderungsprogression bremsen als auch den Abbau des Gehirnvolumens Recovery entgegen verzögern. Neue 4-Jahres-Daten der FREEDOMS-Extensionsstudie, vorgestellt Die Mehrzahl der Patienten mit Schizo- Defizite stellen laut Lambert relevante Hin- beim ECTRIMS-Kongress 2013 in Kopen- phrenie weist mindestens ein Negativsymp- dernisse für die berufliche und soziale Rein- hagen, zeigen, dass MS-Patienten auch tom auf. Insbesondere wenn sie nicht früh- tegration dar und stünden dadurch dem im Hinblick auf den Erhalt von Gehirnvo- zeitig behandelt werden, sind Negativsym- primären Ziel der Schizophrenietherapie – lumen von einer rechtzeitigen Umstel- ptome mit einem schlechten funktionellen dem Erreichen der funktionellen und sozia- lung auf Fingolimod (Gilenya®) profitie- Outcome verknüpft. Sie werden häufig len Autonomie („Recovery“) – entgegen. ren. Eine rechtzeitige und kontinuierliche durch Positivsymptome verdeckt und per- Trotz dieser gravierenden Konsequenzen Therapie mit Gilenya® senkte den Verlust sistieren oft unter einer antipsychotischen steht die Behandlung der Negativsympto- von Gehirnvolumen um 30% im Ver- Therapie, berichtete Professor Martin Lam- me im klinischen Alltag bisher im Schatten gleich zu einer zwei Jahre späteren Um- bert, Leiter des Arbeitsbereichs Psychosen der Positivsymptomatik, konstatierte stellung [Radue EW et al. ECTRIMS 2013, am Universitätsklinikum Hamburg-Eppen- Lambert. Mit Antipsychotika – einschließ- Poster P1043]. Weitere Studiendaten be- dorf. Bis zu 60 % der an Schizophrenie er- lich der Atypika – könne metaanalytischen stätigen erneut den Zusammenhang krankten Patienten weisen mindestens ein Daten zufolge keine ausreichende Verbes- zwischen der Rate der Hirnatrophie und Negativsymptom auf, bei 30 % persistiert die serung von Negativsymptomen erreicht der Behinderungsprogression [Barkhof Negativsymptomatik und 20 % haben über werden. Eine häufig zusätzlich zu einer F et al. ECTRIMS 2013, Poster P518]. mindestens zwölf Monate zwei oder mehr antipsychotischen Therapie praktizierte negative Symptome, so Lambert. Fortbeste- Strategie sei der Off-label-Einsatz von Anti- Nach Informationen von Novartis hende Negativsymptome und kognitive depressiva. Nach verschiedenen Metaana-

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lysen hätten einige Antidepressiva – über- Mittlerweile gehe man davon aus, dass die tors rückt daher als möglicher Therapiean- raschenderweise insbesondere das sedie- Negativsymptome auf eine dopaminerge satz in den Fokus. In klinischen Studien mit rende Mirtazapin – zwar einen gewissen Unteraktivität in mesokortikalen Bahnen dem Wirkstoff Bitopertin wird zurzeit die Nutzen auf die Negativsymptomatik, es zurückzuführen seien, sagte Professor Ge- Modulation der glutamatergen Signalüber- bleibe aber offen, ob es sich dabei um einen org Juckel, Universitätsklinikum Bochum. tragung am NMDA-Rezeptor über eine direkten Effekt auf die Negativsymptomatik Die dopaminerge neuronale Aktivität im Glycin-­Wiederaufnahmehemmung unter- handelt oder um eine Linderung komorbi- mesolimbischen System werde wiederum sucht. Dr. Gunter Freese der depressiver Symptome. Nach der Erfah- über glutamaterge Neurone im Kortex rung von Lambert zeigt die integrierte kontrolliert. Eine Schlüsselrolle spiele dabei Versorgung nach dem Hamburger Modell der glutamaterge NMDA-Rezeptor. Bei einer Pressegespräch „NMDA-Rezeptor-Hypofunk­ – mit kognitiver Verhaltenstherapie, sozia- Unterfunktion der NMDA-Rezeptoren wer- tion – ein Schlüssel zur Pathophysiologie der lem Kompetenztraining und kognitiver de der feinregulierte Tonus der glutamater- Schizophrenie?“ im Rahmen des DGPPN-Kon- Remediation zusätzlich zu einem Antipsy- gen und dopaminergen Aktivität verscho- gresses, Berlin, 28.11.2013 chotikum – die besten Ergebnisse. ben. Die Unterfunktion des NMDA-Rezep- Veranstalter: Roche Pharma AG

Online-Programm weist Wege aus der Depression

Depressive Patienten müssen derzeit – Abbildung 1 – lange Wartezeiten für eine Psychotherapie in Kauf nehmen, andere finden erst gar Sofortiger Zugang zum Online-Programm* (2): e15 (2): Kontrollgruppe: Zugang zum Online-Programm* nach Woche 9 keinen Therapeuten in der Nähe ihres 30 Wohnortes, und Berufstätigen fällt es mit- 25 unter schwer, tagsüber Termine beim The- rapeuten wahrzunehmen. Für solche Pati- 20 enten kann ein zertifiziertes Online-Pro- p<0,001 15 gramm die Depressionstherapie ergänzen. Unterstützende Online-Programme gehö- 10 ren in Schweden, Großbritannien oder Wert auf dem Beck‘schen 0 Australien längst zur Grundversorgung. Die Depressionsinventar (BDI, Mittelwert) Studien- Woche 9 Woche 18 Woche 27 Monat 6 Akzeptanz der Patienten sei hoch, selbst beginn (Follow-up)

ältere Depressive hätten davor weniger Nach Meyer B et al. J Med Internet Res. 2009; 11 Scheu als angenommen, berichtete Profes- Verbesserung des Depressionsgrades im Verlauf. Vergleich zwischen der Gruppe mit sor Gerd Laux aus Wasserburg am Inn. Bei sofortiger Nutzung von deprexis® und der Kontrollgruppe mit verzögerter Nutzung. einer Umfrage in einer Klinik in Oberbayern war von 73 depressiven Patienten ein Viertel bereit, nach dem Klinikaufenthalt an einem Alltag integrieren. Empfohlen wird, das xis® allein sowie eine Gruppe mit dem Pro- Online-Programm teilzunehmen, weitere Programm zwölf Wochen lang ein- bis gramm und zusätzlicher Online-Unterstüt- 40 % wollten sich vielleicht oder nach einer zweimal pro Woche zu nutzen. zung durch einen Psychotherapeuten. Zu Schulung beteiligen. Der Erfolg der Online-Intervention ließ sich Beginn lag der Wert auf der Beckschen De- in einer Studie [Meyer B et al. J Med Internet pressionsskala in allen Gruppen bei etwa 30 Erfolgreiche Online-Intervention Res. 2009; 11 (2): e15] mit knapp 400 Patien- Punkten. In der Wartegruppe blieb der Wert Für solche Patienten gibt es mit deprexis® ten belegen. 80 % von ihnen durften das weitgehend konstant, mit deprexis® ging er inzwischen ein CE-zertifizierte Online-Pro- Programm sofort anwenden, die übrigen um 9 Punkte und mit dem Programm plus gramm, dessen Wirksamkeit in mehreren kamen zunächst auf eine Warteliste. Nach Therapeutenunterstützung um 11,5 Punkte Studien bestätigt wurde. Das Programm neun Wochen gelang einem Viertel der Pa- zurück. Der Unterschied zwischen den bei- basiert auf Verfahren wie der kognitiven tienten mit deprexis® die Remission, aber den Therapiegruppen war nicht signifikant, Verhaltenstherapie, der Akzeptanz- und nur knapp 2 % der Patienten von der Warte- wohl aber der zwischen den einzelnen Commitment-Therapie und der positiven liste, berichtete Professor Martin Hautzin- Therapiegruppen und der Warteliste. Wei- Psychologie. Es enthält strukturierte Übun- ger, Tübingen. Als nun auch die Patienten tere Informationen: www.deprexis.de gen und Module, die sich inhaltlich und der Warteliste das Programm anwenden Thomas Müller methodisch an der Nationalen Versor- durften, erreichten sie nach neun Wochen gungsleitlinie „Unipolare Depression“ orien- ähnliche Remissionsraten (Abbildung 1). Satellitensymposium „Computer-gestützte tieren. Diese Übungen werden individuali- Eine weitere Studie [Berger T et al. Cogn Patientenprogramme bei Depression – siert auf die Patienten zugeschnitten. Da- Behav Ther. 2011; 40 (4): 251–66] über zehn Chancen und Herausforderungen“, durch können sie den Umgang mit belas- Wochen verglich 76 Patienten in drei Grup- DGPPN-Kongress Berlin, 27.11.2013 tenden Situationen erlernen und in den pen: Eine Warteliste, eine Gruppe mit depre- Veranstalter: Merz Pharmaceuticals

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Kramer-Pollnow-Preis Welches Antidepressivum bessert kognitive ——Zum zehnten Mal verlieh das Komitee des Kramer-Pollnow-Forschungspreises Einschränkungen? 2013 die Auszeichnung für Störungsbil- der im Bereich der biologischen Kinder- Kognitive Einschränkungen sind eine sieht die beste Datenlage für Duloxetin und und Jugendpsychiatrie. In Köln erhielt häufige Begleiterscheinung von Depressio- Vortioxetin, einer multimodalen Substanz, Professorin Katya Rubia, Institute of Psy- nen und müssen als ungünstiges prognos- die agonistisch und antagonistisch an ver- chiatry, London, den von Medice gestif- tisches Zeichen gewertet werden: 94 % der schiedenen Serotonin-Rezeptoren wirkt teten Preis für die Ergebnisse von zwei Patienten weisen während der akuten Phase und die Wiederaufnahme dieses Botenstof- Metaanalysen zum Einfluss von Stimulan- einer Depression und 44 % auch nach der fes am Transporter wirksam blockiert. Prä- zien auf die neuropsychologische Leis- akuten Phase Einschränkungen von Ge- klinisch modulierte die Substanz Neuro- tungsfähigkeit bei ADHS-Patienten. Der dächtnis, Aufmerksamkeit, Lern- und Exe- transmitterfunktionen von GABA und Glu­ Preis wurde erstmals europaweit ausge- kutivfunktionen auf, erklärte Professor tamat, die an der Verbesserung kognitiver schrieben und ist mit 6.000 € dotiert. Christian Otte, Klinik für Psychiatrie und Leistungen beteiligt sein könnten. In einer Psychotherapie, Universitätsmedizin Chari- klinischen Studie mit 453 Patienten zeigten Nach Informationen von Medice té Berlin. Vor allem bei älteren Patienten mit Duloxetin wie auch Vortioxetin im Placebo- Depressionen in Remission können kogni- vergleich positive Effekte auf die Kognition. Hinweise auf Verzögerung der tive Residualsymptome ausgeprägt sein. Dabei wurde ein Unterschied beobachtet, Neurodegeneration Betroffene Patienten sprechen schlechter der laut Volz zu Hoffnungen Anlass gibt: auf eine Therapie an, neigen häufiger zu Beide Antidepressiva zeigten Wirksamkeit ——Eine Subgruppenanalyse der Phase- Rückfällen und erleiden gravierendere bei auditiven Gedächtnisaufgaben, doch III-Studie ALLEGRO hat gezeigt, dass bei soziale Folgen. Vor diesem Hintergrund nur unter Vortioxetin verbesserten sich die Patienten mit Multipler Sklerose (MS) der wünscht sich Otte Antidepressiva, die auch Patienten im Digit Symbol Substitution-Test orale Wirkstoff Laquinimod (derzeit im die Kognition verbessern. (DSST), der vornehmlich exekutive Funktio- europäischen Zulassungsverfahren) ei- Die Therapie kognitiver Defizite bei Depres- nen prüft. nen positiven Effekt auf die Hirnatrophie sion ist laut Professor Hans-Peter Volz, Ende 2013 hat Vortioxetin (Brintellix®) die hat. Die Hirnatrophie steht bei MS für das Krankenhaus für Psychiatrie, Psychothera- europäische Marktzulassung zur Behand- Voranschreiten der Behinderung – ein pie und Psychosomatische Medizin Schloss lung von Episoden einer Major-Depression Aspekt, der das Leben der Patienten Werneck, „ein noch weitgehend ungelöstes bei Erwachsenen erhalten. langfristig im zunehmenden Maße be- Problem“. In kleineren Studien sind positive Dr. Dirk Einecke einträchtigt. Bisher ist man davon ausge- Effekte unter Escitalopram, Fluoxetin, Par­ gangen, dass sich die Behinderungspro- oxetin, Sertralin, Tianeptin sowie unter be- Symposium „Denken, Fühlen, Handeln: gression nicht verstärkt, wenn man die gleitender Gabe von Donepezil beschrie- Wichtige Ziele in der Depressionstherapie“; entzündlichen Schübe erfolgreich thera- ben, wobei letzteres aber die Depression DGPPN-Kongress 2013, Berlin, 28.11.2013 piert. Aktuelle Untersuchungen haben langfristig verschlechtern kann, so Volz. Er Veranstalter: Lundbeck aber ergeben, dass auch bei schubfreien Patienten die Behinderungsprogression voranschreitet. Bei einem anderen Sub- gruppenvergleich (jeweils schubfreie Schizophrenie – Adhärenz fördern, besseres Patienten) von Laquinimod und Placebo Outcome erzielen konnte anhand des EDSS gezeigt wer- den, dass in der Placebogruppe fast 40 % Medikamente können nur dann ihre moderne Atypika nicht verzichten. Jüngs- mehr Patienten eine Behinderungspro- Wirkung entfalten, wenn der Patient sie tes Mitglied in der Riege ist die Depot-For- gression aufwiesen. auch einnimmt. Diese scheinbare Banalität mulierung von Aripiprazol, das in den USA Nach Informationen von Teva ist aufgrund der oftmals fehlenden Krank- bereits seit Anfang 2013 zugelassen ist heitseinsicht bei Patienten mit Schizophre- (Abilify Maintena®). In der US-Zulassungs- ADHS: neue Retardvariante nie von hoher Relevanz. Depot-Antipsycho- studie erhielten die Patienten in einer Sta- tika beseitigen die Unsicherheit im Hinblick bilisierungsphase zunächst 10–30 mg/d ——Ab sofort ist Methylphenidathydro- auf Nicht-Adhärenz und haben so dass Po- Aripiprazol oral und im Verlauf Depot- chlorid – neuraxpharm® Retardtabletten tenzial, ein besseres Outcome zu erzielen. Aripiprazol (400 mg i.m. einmal pro Monat). als einzige generische Retardvariante des Sie stellen damit eine wertvolle Therapie­ Waren die Patienten stabil eingestellt, er- Wirkstoffes Methylphenidat indikations- option für Patienten mit Schizophrenie dar, hielten sie für die Erhaltungstherapie über gleich mit Concerta® erhältlich. Schu- betonte Professor Christoph U. Correll, The 52 Wochen entweder weiter Depot-Aripi- lungsunterlagen für Ärzte erhalten Sie Zucker Hillside Hospital, Glen Oaks/USA, prazol (400 mg i.m. einmal pro Monat) oder auf: www.methylphenidat.info. der auch für einen möglichst frühzeitigen Placebo. Dabei zeigte sich unter Verum eine Einsatz plädierte. Entscheidet man sich für signifikant niedrigere Rezidivrate von 10 % Nach Informationen von neuraxpharm ein Depot-Antipsychotikum, muss man auf (Placebo: 39,6 %; p < 0,0001; Kane JM et al.

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Clin Psychiatry 2012, 73: 617–24). Das Si- 7,1 % der Patienten unter Depot-Aripiprazol Erkrankung zuvor mit oralem Aripiprazol cherheitsprofil entsprach dem von oralem (400 mg i.m. einmal pro Monat) das Kriteri- stabilisiert werden konnte. Mit der Markt- Aripiprazol. um „drohendes Rezidiv“, unter der subthe- einführung wird 2014 gerechnet. In der EU-Zulassungsstudie erhielten die rapeutischen Aripiprazol-Dosis waren es Dr. Gunter Freese Patienten in der Stabilisierungsphase eben- 21,8 % (p = 0,0006), und unter oralem Aripi- falls 10–30 mg/d orales Aripiprazol, wurden prazol 7,8% (n.s) [Fleischhacker WW et al. danach aber für bis zu 38 Wochen entweder 14th ICSR 2013, Grande Lakes,FL/USA]. Satellitensymposium „Weiter denken in der auf Depot-Aripiprazol (400 mg i.m. einmal Psychiatrie. Was alles möglich ist, wenn pro Monat) oder auf eine subtherapeutische Markteinführung steht bevor Therapieziel und Therapiestrategie zusam- Aripirazol-Dosis (50 mg einmal pro Monat) Am 15. November 2013 hat die EMA Abilify menpassen“, DGPPN-Kongress 2013 in Berlin, eingestellt, oder sie erhielten weiterhin Maintena® zugelassen zur Erhaltungsthera- 29.11.2013 orales Aripiprazol. In Woche 26 erfüllten nur pie bei Patienten mit Schizophrenie, deren Veranstalter: Otsuka und Lundbeck

MS-Basistherapeutika unterscheiden sich in ihrer Effektivität

Der Einsatz effektiver immunmodulato- – Abbildung 1 – rischer Basistherapeutika und die Anwen- dung von Maßnahmen zur Steigerung der Unterschiede in Kein Einfluss der Vortherapie beeinflusst Adhärenz können Patienten mit Multipler Altersgruppen Krankheitsdauer Adhärenz 100 Sklerose (MS) vor neuen Schüben schützen 90 % 89 % 90 % 90 87 % und das Fortschreiten der Erkrankung ver- 83 % 82 % 83 % zögern. 80 72 % 69 % 70 Metaanalyse hilft bei der Auswahl 60 Bislang war die relative Wirksamkeit der 50

verfügbaren Immunmodulatoren weitge- tienten [%] 40 Pa 31 % hend unklar. Eine Metaanalyse der unab- 30 28 % hängigen Cochrane Collaboration, in der 44 20 17 % 18 % 17 % randomisierte, kontrollierte Studien mit 13 % 10 % 11 % 10 % 10 insgesamt 17.401 MS-Patienten mit schub- 0 förmig remittierender und progressiver MS < 30 J 30 - 50 J > 30 J < 1 J 1 < 5 J 5 - 10 J > 10 J Mit Ohne (mittlere Studiendauer: 24 Monate) einge- Vortherapie Vortherapie (n = 18) (n = 53) (n = 10) (n = 46) (n = 9) (n = 11) (n = 12) (n = 13) (n = 68) schlossen waren, lieferte jetzt neue und wichtige Resultate: Interferon beta-1a < 95 % Adhärenz (<35 Injektionen) < 95-105 % Adhärenz (35-27 Injektionen) (IFN-β1a) s.c. (Rebif®) erwies sich gegen- über allen anderen MS-Basistherapeutika in Interimsanalyse der nicht-interventionellen Studie READOUTsmart nach drei Monaten. Bezug auf die Prävention von Schüben und [nach: Rieckmann P et al. 2013] Behinderungsprogression als überlegen [Filippini G et al. Cochrane Database Syst Rev. 2013, doi: 10.1002/14651858.CD008933. stetig zu [Steinberg SC et al. Clin Drug Invest mentiert [Rieckmann P et al. AAN 2013, pub2]. Solche Aspekte können dem Arzt im 2010; 30: 1–12]. Bei einer Adhärenz von P01.166]. Drei Viertel der Patienten waren klinischen Alltag helfen, eine Auswahl der 70–75 % sei mit einem um 10 % erhöhten sogar zu 100 % adhärent und mit zuneh- Präparate vorzunehmen, so Professor Peter Schubrisiko zu rechnen, so Chan. mendem Alter der Patienten verbesserte Rieckmann, Sozialstiftung Bamberg, Klini- sich ihre Adhärenz (Abbildung 1). Dagegen kum Bruderwald. Adhärenz und Injektionstechnik zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Neben der Auswahl einer wirksamen Thera- Im Rahmen der Anwendungsbeobachtung Adhärenz und MS-Dauer. Strukturierte MS- pie hat aber auch die Optimierung der Ad- READOUTsmart (REal ADherence mOnito- Management-Programme sind laut Chan härenz eine relevante Bedeutung für das ring in mUlTiple sclerosis applying the eine wichtige Maßnahme zur Optimierung Management der MS. „Bis zu 60 % der neu electronic device RebiSmart™) wird die der Adhärenz. Abdol A. Ameri eingestellten MS-Patienten fallen nach ei- quantitative Adhärenz bei Anwendung des nem Jahr aus der Behandlung“, sagte Pro- elektronischen Injektors RebiSmart™ unter- fessor Andrew Chan, Klinikum der Ruhr- sucht. Das Gerät ermöglicht eine patienten- Universität Bochum. Das gelte sowohl für freundliche Injektion und eine elektronische Satellitensymposium „Multiple Sklerose – die Basis- als auch für die Eskalationsthera- Adhärenzerfassung. Bei der Interimsanalyse bekannte Symptome in neuem Licht“, pie. Mit abnehmender Adhärenz der Patien- nach drei Monaten wurde eine mittlere DGN-Kongress 2013 in Dresden, 18.9.2013 ten nimmt die Schubwahrscheinlichkeit quantitative Adhärenz von 97,4 % doku- Veranstalter: Merck-Serono

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Depot-Antipsychotika bei Schizophrenie schon in der Frühphase sinnvoll

Mangelhafte Therapieadhärenz steigert Substanzmissbrauch, so Aubel. Es ist indi- deltoidal), gefolgt von einer monatlichen bei Patienten mit Schizophrenie das Rezi- ziert zur Erhaltungstherapie der Schizo- Erhaltungsdosis mit laut Empfehlung 75 mg divrisiko. Große Vorteile hinsichtlich der phrenie bei erwachsenen Patienten, die auf (deltoidal oder gluteal), die patientenindivi- Therapietreue bieten moderne, nebenwir- Paliperidon oder Risperidon eingestellt duell aber zwischen 25 mg und 150 mg va- kungsarme und lang wirksame Depot-Anti- wurden. Bei bestimmten erwachsenen Pa- riieren und monatlich angepasst werden psychotika wie Paliperidonpalmitat (Xepli- tienten mit Schizophrenie und frühem An- kann. Bei Umstellung von oralem Risperidon on®), erklärte Dr. Thomas Aubel, Dortmund. sprechen auf orales Paliperidon oder Rispe- oder Paliperidon kann die Vortherapie so- „Das atypische Antipsychotikum wird mo- ridon kann Xeplion® ohne vorherige Einstel- fort abgesetzt werden. In Abhängigkeit von natlich injiziert und sichert eine kontinuier- lung auf eine orale Behandlung angewendet der klinischen Situation könne auch ein liche Medikamenteneinnahme.“ Besonders werden, wenn die psychotischen Symptome Ausschleichen der Vortherapie sinnvoll sein, bei jungen Patienten sei die Depotgabe, die leicht bis mittelschwer sind und eine Be- so Aubel. Bei Umstellung von lang wirksa- das Risiko für Rezidive und unvollständige handlung mit einem Depot-Antipsychoti- mem Risperidon kann Paliperidonpalmitat Remissionen deutlich reduzieren kann, gut kum erforderlich ist. anstelle der nächsten geplanten Injektion akzeptiert. Die guten klinischen Erfahrungen mit Pali- – ohne Initialdosen – mit der Erhaltungsthe- Klinische Wirksamkeit und Verträglichkeit peridonpalmitat bei Patienten, deren Be- rapie erfolgen. Die Erhaltungsdosis richtet von Paliperidonpalmitat in der Kurz- und handlung mit anderen Antipsychotika sich nach der Dosis der Vormedikation: Langzeitbehandlung sind durch ein um- schwierig war – etwa wegen Dekompensa- Nach Risperidon 25 mg, 37,5 mg bezie- fangreiches Studienprogramm belegt. Das tion, schwieriger Compliance oder Neben- hungsweise 50 mg alle zwei Wochen sind Medikament ist gut verträglich und verfügt wirkungen – schilderte Aubel anhand ver- für eine vergleichbare Steady-State-Exposi- über ein geringes Interaktionspotenzial mit schiedener Fallbeispiele. Die Umstellung tion 50 mg, 75 mg beziehungsweise 100 mg Substanzen, die über das CYP450-System auf Paliperidonpalmitat führte zu einer monatlich zu wählen. der Leber metabolisiert werden, weil es psychischen Stabilisierung und Verbesse- Michael Koczorek diesen Abbauweg weitgehend umgeht. rung der Akutsymptomatik. Somit sei Paliperidon gut zu kombinieren Die Behandlung mit Paliperidonpalmitat Regionalsymposium „Zukunft Psychiatrie – und erfordere keine Dosisanpassung etwa erfolgt mit einer initialen Injektion von Sonne oder Regen“, Hannover, 9.11.2013 bei Komedikation, Lebererkrankungen oder 150 mg an Tag 1 und 100 mg an Tag 8 (beide Veranstalter: Janssen-Cilag Depression: Verbesserung der synaptischen Plastizität als Therapieziel

Die Pathogenese depressiver Erkrankun- hafte Remission verbessern. Mittlerweile therapie hat sich die Substanz bewährt. In gen ist mit einem Monoamindefizit alleine habe sich gezeigt, dass Tianeptin neben einer Langzeitstudie über 16,5 Monaten nicht erklärbar. Mittlerweile sei gut belegt, einer Reduktion der extrazellulären Seroto- war der Anteil der Patienten mit Rückfall­ dass Depressionen die Folge einer Störung nin-Konzentration vor allem die bei einer ereignissen in der Tianeptingruppe signifi- der Plastizität von Hirnstrukturen ist, die in Depression gestörte glutamaterge Neuro- kant niedriger als in der Placebogruppe der Regulierung von Stimmungen und transmission wieder normalisiere, berichte- (16 % vs. 3665%; p < 0,002) [Dalery J et al. Emotionen involviert sind, berichtete Pro- te Professor Hans-Peter Volz, Direktor des Hum Psychopharmacol 2001; 16 (S1): 39–47] fessor Siegfried Kasper, Direktor der Univer- Krankenhauses für Psychiatrie, Psychothe- – und zwar unabhängig von der Zahl der sitätsklinik für Psychiatrie und Psychothera- rapie und Psychosomatische Medizin, Episoden in den letzten fünf Jahren vor pie, Medizinische Universität Wien. Die Werneck. Die Modulation des glutamater- Einschluss in die Studie. Ein Vorteil gegen- Wiederherstellung der Plastizität hat als gen Systems sei auch der Grund für die über SSRI sei die gute gastrointestinale Therapieziel an Bedeutung gewonnen. prokognitiven Effekte der Substanz. Verträglichkeit von Tianeptin sowie das Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von geringere Risiko für sexuelle Funktionsstö- Chance auf dauerhafte Remission Tianeptin (25–50 mg/d) wurde in placebo- rungen, hob Volz hervor. Zudem weise die Antidepressiva wie Tianeptin (Tianeurax®), und aktiv kontrollierten klinischen Studien Substanz kein klinisch relevantes Interakti- die die bei depressiven Patienten gestörte nachgewiesen. Eine Metaanalyse von fünf onspotenzial auf. synaptische Plastizität wiederherstellen, die sechswöchigen Head-to-Head-Studien mit Abdol A. Ameri depressiven Kernsymptome rasch und Tia­neptin versus SSRI dokumentiert eine nachhaltig verbessern und darüber hinaus vergleichbare antidepressive Wirksamkeit Mittagssymposium Neuraxpharm im Rahmen die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern, [Kasper S, Olié JP. Eur Psychiatry 2002; 17 des Neurologie-Psychiatrie-Updates, Düssel- könnten daher die Chancen auf eine dauer- (Suppl 3): 331–40]. Auch in der Erhaltungs- dorf, 6.12.2013; Veranstalter: Neuraxpharm

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Jean Carrière und sein Roman „Der Sperber von Maheux“ Am Erfolg gescheitert

Was wir vom kargen Leben der Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in den französischen Cevennen wissen, verdanken wir wesentlich einem Roman, der zum Zeitpunkt seines Erscheinens (1972) in Frankreich in aller Munde war, in Deutschland aber nie so recht bekannt geworden ist. Die Rede ist von Jean Carrières Roman „Der Sperber von Maheux“ („L’Ėpervieux de Maheux“), der mit einiger Verspätung 1980 im Heidel- berger Verlag „Das Wunderhorn“ erschien, übersetzt von Elke Wehr und ergänzt um ein Nachwort von Lothar Baier und Manfred Metzner. Mit diesem Roman verbindet sich ein eigenartiges Autorenschicksal, dessen Psychopathologie uns vor dem Hintergrund des Zusammenhanges von Psychopathologie und Literatur besonders interessant erscheint. Die Biografie des Autors beglaubigt nämlich ein Wort von Jorge Luis Borges, demzufolge der Erfolg ein Missverständnis sei: „Vielleicht das Schlimmste von allen.“

So absurd es klin- gen mag: Gegen die Schreibblocka- de, wodurch die auch immer ausge- löst sei, hilft nur – das Schreiben über die Blockade. Das haben schon viele Autoren auf ein- drucksvolle Weise gezeigt. Sergey Nivens / Fotolia.com © ©

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66 Psychopathologie in 72 Neurotransmitter- Kunst & Literatur Galerie

Der Sperber von Maheux Benno Hurt Der Erfolg seines einzigen Meister- Der Künstler befragt den Betrachter werks war erbarmungslos, abwegig seiner Bilder, ob auch er ihm begeg- seines schriftstellerischen Verständ- nende Lebenswirklichkeiten so nisses. Jean Carrières machte genau wahrnimmt, ob er ähnliche Augen- das krank – für letztlich einen viel zu blicke kennt, die gelegentlich einmal hohen Preis. einen Unort gar verzaubern können.

er Sperber von Maheux“ war der saurer Wein. Genügsamkeit und Impro- zu Sinnfragen hin entwickelt, die nicht zweite Roman des in Nîmes ge- visationsvermögen sind so die überle- auf irgendeine billige Weise gelöst wer- „Dborenen französischen Schrift- benswichtigen Tugenden der Hochland- den, indem sie etwa effekthascherisch stellers Jean Carrière (1928–2005). Es ist bewohner – Eigenschaften, die sich mit eine verlogene Ideologie des einfachen ein wunderbarer Roman in einer ebenso der Zeit aber auch in Schicksalsergeben- Lebens lobpreisen: „In Carrières Roman detailgenauen wie poetischen Sprache, heit und Stumpfsinn wandeln können.“ gibt es keine Helden, niemanden, der der doch einen harten, scheinbar un- Trotz der Spannung der äußeren dauerhaft die Sympathie des Lesers zu menschlichen Erzählgegenstand hat. Er- Handlung, die dem bäuerlichen Jahres- gewinnen vermag und auch kein Happy zählt wird – und hier folgen wir den An- lauf, aber auch dem Wechsel der Gene- End. Die Welt wird nicht gerettet; sie gaben bei Wikipedia – „die Geschichte rationen und ihren problembelasteten dreht sich nur weiter. Harter, nüchterner der armen Bauernfamilie Reilhan in den Interaktionen verpflichtet ist, geht der Realismus vor einem Hintergrund au- südfranzösischen Cevennen, die in ih- besondere Reiz des Buches von der Spra- ßergewöhnlicher Poesie zeichnet das rem entlegenen Gehöft Maheux immer che, aber auch dem Detailreichtum aus, Buch aus, in dem Prosa und Lyrik über- nur so über die Runden kommt, bis es der vor dem Leser so ausgebreitet wird, zeugend vereinigt sind.“ (Wikipedia) dann unaufhaltsam bergab geht und die dass er selbst hineingezogen wird in die- Zweifellos handelt es sich bei diesem au- Familie am Ende zerfällt. Sie spielt in der se Welt aus archaisch-anarchischer ßergewöhnlichen Roman um ein leider Zeit vor und nach dem Zweiten Welt- Kargheit, Verzicht und unbeugsamem weithin unbekanntes Meisterwerk der krieg, vor allem aber Mitte der 1950er- Überlebenstrotz. Eine Flut von Bildern, Weltliteratur. Jahre. Der Autor nimmt den Leser mit Vergleichen und Metaphern nimmt den in die fremde Welt der Berge, in das Leser mit in diesem Erzählstrom, wo Prix Goncourt 1972 – Fluch statt Hochland, das eher im hohen Norden sich Naturschilderungen und lyrische Segen oder in längst vergangenen Zeiten ange- Passagen derart umfangen, dass selbst Jean Carrière war der Sohn eines Diri- siedelt zu sein scheint, als in der realen banale Alltagsgegenstände zu leuchten genten und einer Pianistin. Es liegt nahe, Nähe zur heiteren Mittelmeersonne. beginnen. Lehrreiche Exkurse sind nicht dass sich bei diesem Elternhaus schon Lange Zeit hofft die Familie durch Be- etwa aufdringlich, sondern poetisch so früh eine musikalische Begabung zeigte harrlichkeit und harte Arbeit ihre Exis- überhöht, dass sie zugleich den Blick ins und sich bald in dem Berufswunsch ma- tenz in der menschenfeindlichen Natur Innere der handelnden Personen freige- nifestierte, Musiker zu werden. Carrière der Berge sichern zu können. Doch wie ben. Der Duft des Frühlings, die un - ging nach Paris, um Musikkritiker zu in einem schlechten Traum weht ihnen barmherzige Hitze des Sommers, das werden, kehrte jedoch bald seltsam vom Schicksal stets nur eisiger Wind letzte herbstliche Aufbäumen der Natur, kränkelnd nach Hause zurück, um sich entgegen. Die Gründe für das Abwan- die wuchtigen langen und gnadenlosen dem literarischen Schreiben zuzuwen- dern vieler Hochlandbewohner in die Winter werden unmittelbar erfahrbar den. Durch Vermittlung seines Vaters warmen Städte des Südens oder die rei- beschrieben. Ebenso gilt dies für die All- trat Carrière in Kontakt mit dem damals chen Gegenden des Nordens werden in täglichkeiten, das Essen, Schlafen, die schon berühmten Autor Jean Giono, der diesem Roman schnell offenbar. So be- Krankheiten, das Gebären, das Sterben, sein Lehrmeister wurde und bei dem er steht das Essen der Reilhans meist nur die Wünsche, die Ängste, die Träume, 1954–1960 eine sechsjährige unkonven- aus Maronensuppe und Brot, dazu gele- die Demütigungen und die Enttäu- tionelle, aber wirkungsvolle „Ausbil- gentlich das kümmerliche Fleisch eines schungen, den Trotz, den Widerstand – dung“ absolvierte, die mit einer Biogra- selbst geschossenen Eichelhähers und kurzum für all das, was sich ständig neu fie des Meisters abgeschlossen werden

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 67 Journal Jean Carrière und sein Roman „Der Sperber von Maheux“

Schriftstellern, die sich im ersten Stock nach Belieben benutzte. Angewidert ent- des Pariser Restaurants Drouant in der deckte er sein Buch in Warenhäusern Rue Gaillon nahe der Opéra Garnier ver- zwischen Seife und Krawatten. Er hatte sammeln. das Gefühl, sich prostituiert zu haben, in Für gewöhnlich ging der Prix Gon- der Gosse gelandet zu sein. Sein ‚Sperber‘ court an Autoren der Verlage Gallimard, hingegen war auf seinem Höhenflug Grasset oder Seuil, weswegen auch hin- nicht mehr aufzuhalten: In drei Wochen ter vorgehaltener Hand gerne von der waren 300.000 Exemplare verkauft, „Galligrasseuil-Mafia“ die Rede war. Car- 1.700.000 sollten es insgesamt werden. rière war die Sache von Anfang an nicht Der Erfolg des wenig gefälligen Romans geheuer. Kaum war ihm der Preis zuer- – der Geschichte der letzten Bauern eines kannt worden, hielt er sein Werk für winzigen Dorfes in den Cevennen, Op- misslungen: „Gleich am nächsten Mor- fer der industriellen Revolution –, mit gen stürzte ich mich auf mein Buch, blät- dem Carrière einer unmenschlichen terte darin: Es war leer (…). Die Frucht Fortschrittsideologie entgegentritt, be- war trocken. Ich fand weder Geschmack stätigte, was er immer schon vermutet noch Duft noch Konsistenz.“ Der Erfolg hatte: ‚Bücher werden weniger nach ih- war „wie ein Raubvogel“ auf den Autor ren Qualitäten (oder Fehlern) beurteilt, herabgestürzt, er „explodierte mir im als nach dem ihnen gerüchteweise zuer- Gesicht, aufs Köstlichste mörderisch“, kannten Genre.‘“ wird er später notieren und sich fühlen, Jean Carrière war der Auffassung, er als sei ihm sein „Personenstand entglit- habe den Erfolg nicht verdient, und die ten“, als sei er „der Besitzer eines fal- hohen Verkaufszahlen würden sich rä- sollte, die aber erst 1985 vollendet wurde. schen Namens (…), hin- und hergerissen chen, denn sie würden ihm nicht verzie- Giono förderte seinen Schüler auch, in- zwischen Blendung und Hilflosigkeit“, hen. Der Erfolg setzte ihn derart unter dem er ihm frühe Publikationsmöglich- denn dieser Prix Goncourt, nach dem Druck, dass er glaubte, er, der Schrift- keiten erschloss. Doch nebenbei ver- sich die einen wie verrückt sehnten, den steller müsse sich von nun an ständig kaufte der junge Autor Schallplatten andere wie Julien Gracq weise ablehnten, selber übertreffen, woraus ein gefährli- oder installierte Fernsehantennen auf war für Jean Carrière „ein Kuchen, der cher Verfolgungswahn entstehe. Dabei den Dächern. Bereits für seinen ersten mit Fliegen bedeckt und mit harten Boh- fühlte er sich wie ein Gladiator in einer Roman („Rückkehr nach Uzès“, 1967) nen gespickt“ war. „An ihm beißt man überfüllten Arena voller gieriger Zu- erhielt Carrière den Preis der Académie sich die Zähne aus, und das Schlimmste schauer, „die nur auf ein winziges Zei- française. Damit war die literarische aber war, dass dieser maßlose und bru- chen von Schwäche warten: ‚Genug, ei- Welt auf den Autor aufmerksam gewor- tale Erfolg mich in eine Kategorie nem das Blut gefrieren, die Hand erstar- den. Und obgleich sein zweiter Roman Schriftsteller trieb, in die ich nicht ge- ren, jedes Wort aus der eigenen Feder „Der Sperber von Maheux“ in einem klei- hörte.“ suspekt werden zu lassen.‘“ Dieser Er- nen Verlag erschienen war, erhielt er folg, an dem ein derartiger Fluch hing, 1972 den von den Brüdern Edmond und Schicksalhafter Erfolg musste den Autor krank machen: Schlaf- Jules Goncourt gestifteten Prix Gon- All dem, was mit dem Prix Goncourt störungen, bereits bekannte, nunmehr court, den wohl bedeutendsten franzö- verbunden war und was ihm folgen soll- verstärkte psychosomatische Auffällig- sischen Literaturpreis, der zwar damals te, war Jean Carrière nicht gewachsen. keiten lösten einander ab: „Da packte finanziell nur mit 50 Francs (circa 60 Die Kritikerin Katharina Zimmer plötzlich ein Gefühl der Leere mein Deutsche Mark) ausgestattet war, dessen schreibt dazu in „Die Zeit“ (vom Herz, entsetzlich, unbarmherzig, ein wi- Ruhm aber kaum zu überbieten war. 4.3.1988): „Je mehr Gutes man über sei- derliches Gefühl, als müsste man seine Der seit 1903 alljährlich von der ne Bücher sagte, für desto schlechter Seele auskotzen (…). Die Geräusche ka- Académie Goncourt verliehene Preis hielt er sie. Und die bösen Kritiken tra- men bei mir an wie abgedämpft durch zeichnet das beste erzählerische Werk fen umso schmerzlicher, als er glaubte, die Entfernung – eine Entfernung, die aus, das im laufenden Jahr in französi- ihre Verfasser seien die einzigen, die sein nicht räumlich war, eher ein innerer Ab- scher Sprache erschienen ist. Seine Ver- Buch wirklich gelesen hätten. Die Un- stand. Ich war undurchdringlich, in mir leihung ist der Höhepunkt des literari- glaubwürdigkeit seines Erfolges schien selbst zweifach verriegelt. (…) Ich ver- schen Lebens in Frankreich, obgleich er sich ihm durch das, was er dann erlebte, daute nicht mehr. Meine Magerkeit wur- heute symbolisch nur mit 10 Euro do- nur noch zu bestätigen. Interviews im de so furchtbar, dass man hätte glauben tiert ist, was jedoch durch enorme Ver- Radio und im Fernsehen, Signierstun- können, ich käme von Auschwitz. Ich kaufszahlen des ausgezeichneten Wer- den, Diskussionen, Reisen durch Frank- schied meine Nahrung in Form eines kes, Einladungen und sonstiges „litera- reich, Europa und fast die ganze Welt rötlichen Wassers aus. (…) Die Angst risches Merchandising“ mehr als kom- jagten einander. Er war ein Hampel- zerrieb mir die Eingeweide.“ Dazu ka- pensiert wird. Die Jury besteht aus zehn mann geworden, ein Objekt, das man men Depressionen und Medikamenten-

68 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Journal Jean Carrière und sein Roman „Der Sperber von Maheux“ Jean Carrière und sein Roman „Der Sperber von Maheux“ Journal

missbrauch – kurzum eine breite Palette Mitglieder der Académie Goncourt ver- Erst Jahre später wird Carrière mit der von psychischen Störungen, die bis hin folgten mich bis in meine Träume, ver- 22 Jahre jungen Lehrerin Francoise Bat- zu paranoiden Symptomen reichen. langten Rechenschaft für meine Unfä- tistini die Liebe und ein neues Glück fin- Wirre Phantasien, Selbstmordgedanken, higkeit, forderten mich auf, mit einem den. Freilich ist dies auch mit einem auf- Phobien (besonders Arachnophobie), bi- noch größeren Werk zu beweisen, dass merksamen Hausarzt namens Jean- polare Störungen. (…) All dies brach auf ich auch wirklich der Schriftsteller war, Louis Raoux verbunden, der seinem Jean Carrière herein. Dazu traten tragi- den sie gekrönt hatten. (…) Ich hatte das schwierigen Patienten, den er vorsichtig sche Lebensereignisse, die er in unmit- Gefühl, in der Haut eines Staatspräsi- und behutsam differenzierend in einen telbar kausalem Zusammenhang zum denten zu stecken, den man seiner Funk- bipolaren Kontext einordnete, erfolg- Prix Goncourt sah: Vier Monate nach tionen wegen notorischer Unfähigkeit reich das Präparat „Indalpin“ (SSRI) ver- der Preisverleihung erreichte ihn die enthoben hatte (…), und im Herzen mei- ordnete, das allerdings 1985 wegen To- Nachricht vom Tod seines Vaters. Carri- ner inneren Düsternis erwartete ich, in xizität vom Markt genommen und von ère zögerte nicht, sich schuldig zu füh- das bodenlose Loch der Geistesgestört- Professor Jean-Claude Scotto durch ein len. Der Vater war mit dem Fahrrad un- heit gestoßen zu werden.“ Die Lektüre anderes ersetzt wurde. Gegen Ende sei- terwegs gewesen, ein Auto hatte ihn an- seiner Lieblingsbücher blockierte ihn nes Buches „Der Preis“ bekennt Carriè- gefahren. Sicher war er so zerstreut ge- erst recht: „Der Husar auf dem Dach“, re: „Wenn ich meine Heilung nur auf die wesen, weil er mit seinen Gedanken bei „Schall und Wahn“, „Die Bekenntnisse Errungenschaften der Biochemie zu- seinem Sohn und dessen Erfolg war. des Nat Turner“, „Auf Marmorklippen“, rückführen wollte, käme ich auf das Ge- Dieser fühlte sich sogleich für diesen „Zeno Cosini“, „Moby Dick“, „Walden“, biet der Märchen. Ich habe schon die Tod verantwortlich. Wenig später erlitt „Die Gärten der Finzi-Contini“, „Il de- Schlagzeilen vor Augen, die mich zu ei- die Frau des Schriftstellers einen Ge- serto die Tartari“. (...) Bücher, Bücher, ner Zielscheibe des Gespötts machen hirnschlag. Der Professor im Kranken- was für eine herrliche Hochstapelei!“ könnten: ‚Von Indalpin gerettet entsteigt haus geniert sich nicht, den vor Sorge Man kann offenbar eine Schreibblocka- Schriftsteller dem Grab.‘ Giftige Varian- verstörten Autor für das Unglück ver- de nicht mit Literatur, sondern parado- te: ‚Besser, er wäre dort geblieben.‘“ An- antwortlich zu machen. Sein Beruf brin- xerweise nur mit Schreiben über die Blo- dere selbstironische Variante: „Künftige ge es doch sicher mit sich, dass er seine ckade heilen. Preisträger, deckt euch im Voraus mit Frau oft allein lassen müsse. Der Prix Pillen gegen die Goncourtpille ein (…).“ Goncourt habe die Frau verwirrt, indi- Verwundersame Medizin Immerhin lautet die Summe: „Wie dem rekt sei er verantwortlich für die Steno- Bemerkenswert negativ sind scheinbar auch sei, intelligente Ärzte haben mir ge- se. Dazu stellt der Arzt die Frage, ob der aber auch die Erfahrungen, die Carrière holfen, ein Schiff flott zu machen, das an Autor seine Frau überdies gezwungen mit der Medizin gemacht hat: „Am ent- allen Stellen leckte.“ Dies sei zur Ehren- habe, die Pille zu nehmen. Das ärztliche mutigsten war aber die Höllenrunde von rettung der Medizin nicht unterschla- Fazit lautet: „Romane schreiben und Er- Arzt zu Arzt. Ich ging zu ihnen, wie man gen! Vor solchen Späßen des Geheilten folg haben ist schön und gut, aber das eine Kartenlegerin aufsucht, oder eine allerdings liegen viele schmerzhafte Pha- reicht nicht aus, um ein Paar zusam- Pythia, die sich auf Kaffeesatz speziali- sen der tiefen Krise und endlos lange menzuhalten.“ Der Schriftsteller ver- siert hat. (…) Einer verschrieb mir Stär- Tage und Nächte, in denen sich Carrière bringt von nun an die Tage am Kranken- kungsmittel für das Nervensystem, der quälte: „Mein Kopf war leer. Von allen bett seiner kranken Frau. Sie wird wie- andere wieder gab mir Beruhigungsmit- Worten verlassen. Ich schrieb Sätze ohne der gesund. Einige Jahre später jedoch tel, die mich in ein Land der Nebel Hand und Fuß, in der Hoffnung, wie ein haben sich die beiden so auseinander ge- tauchten. Ich wechselte von Medika- Chemiker in seinem Labor eine Art Re- lebt, dass sie sich scheiden lassen (vgl. menten, die am helllichten Tag Halluzi- aktion zwischen ihnen auszulösen. Es Zimmer). Hervé Bazin, der (damalige) nationen in mir bewirkten, zu solchen, passierte nichts (…). Im Grunde hatte Präsident der Académie Goncourt, hat- die meine Stumpfheit nur noch verstärk- ich nichts mehr zu sagen.“ Die einzige te ihm das prophezeit: „Pass auf: Zuerst ten.“ Es konnte bei solcher Symptomatik Antwort, die er noch fand, war seine kommt der Goncourt, dann die Schei- nicht ausbleiben, dass der Schriftsteller Drogensucht. Parallel dazu setzte ihm dung. Man muss schon die Zähne fest das Lager wechselte und von der Schul- von außen die Nachwirkung des Preises zusammenbeißen, damit das Schiff medizin zur „sanften Konkurrenz“ weiter zu: „Berge von Post aus aller Welt nicht an diesem riesigen Riff zerschellt.“ überlief: „Ich suchte einen Hohepriester erreichen ihn täglich, vor allem Dankes- Der Prix Goncourt und „Der Sperber“ der Homöopathie auf, von dem man sag- schreiben, Bittbriefe und Stapel von Ma- folgten dem Autor überall hin, „wie ein te, er könne Wunder wirken. Er war ein nuskripten, die um literarische Stellung- ironisches Emblem meiner Unfähigkeit.“ integrer Mann, aber ich fürchte, seine nahme und Protektion bitten. Es sind so Carrière versuchte, ihn auf langen an- kleinen Pillen befanden sich nicht auf viele, dass seine Frau Michele ihre strengenden Fußmärschen abzuschüt- der Höhe seiner Fähigkeiten. (…) Mona- Lehrerstelle aufgeben muss, um als sei- teln, vergebens: „Ich war auf der Suche telang befolgte ich peinlichst die wun- ne Sekretärin die Flut von Post und Ter- nach einer Transparenz und einer Leich- dertätige Vorschrift, aber das Wunder minen bewältigen zu können. Sein tigkeit, die man nur um den Preis der blieb aus. Ein Glas Wasser hätte es ge- Name wird überall zu Vermarktungs- Selbsttötung bekommen kann. (…) Die nauso getan.“ zwecken nachgefragt. Früher ein armer

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Jean Carrière und sein Roman „Der Sperber von Maheux“ Journal

Poet, ein Waldmensch, ein Verrückter – abgemagert, exzentrisch, hinter jedem Weiberrock herlaufend, vom Lehrerge- halt seiner Frau lebend und von den Nachbarn verspottet – wird er in der Re- gion jetzt überall geachtet und hofiert.

Die Befreiung Sogar im politischen Wahlkampf ist Carrière als Prominenter willkommen. Doch sein literarischer Ruf ist bereits Vergangenheit. Die scharfzüngige Pari- ser Presse hat ihn längst abgeschrieben. In ihrer Neigung zu spöttischen Schub- laden hat sie ihn zum ‚Sperbermann‘ de- gradiert. Da Carrière literarisch nicht nachlegen konnte, bleibt es in der Öf- fentlichkeit bei diesem Urteil. Das Buch wie Francis Walder (Goncourt-Preis barkeit ist. Carrière schildert sehr offen endet mit einer glücklichen Wendung. 1958) viele der Preisträger gefühlt.“ und persönlich bis in kleinste Detail, Ein befreundeter Arzt verschreibt ihm (Zimmer). was es heißt, sich der Schriftstellerei zu ein neuartiges Mittel, das ihn von seiner So absurd es klingen mag: Gegen die verschreiben, damit anfangs nur auf Ab- Schlaflosigkeit heilt. Carrière fühlt sich Schreibblockade hilft nur – das Schrei- lehnung zu stoßen, sein Manuskript zu wie neu geboren und erholt sich auch ben (siehe auch zum „Writer’s Block“ verbrennen, ein anderes zehn Jahre in von seiner Depression. 1987 mit fast NeuroTransmitter 3/2008, Seite 98–101). der Schublade liegen zu lassen, dabei fünfzig Jahren findet er endlich seinen Jean Carrière hat es 1987 mit seinem aber sich stets treu zu bleiben und weiter inneren Frieden wieder. Er schreibt da- Werk „Le Prix d’un Goncourt“ (dt.: „Der zu kämpfen. Das Buch ist erhellend in raufhin das Buch ‚Der Preis‘ als Lebens- Preis“, 1988) auf eindrucksvolle Weise dem Sinne, dass es detaillierte Einblicke bilanz und Rechtfertigung vor sich gezeigt. Allerdings hat es fünfzehn lan- hinter die Kulissen des Erfolgs gibt“ selbst und anderen.“ (Wikipedia) ge Jahre gedauert, bis diese Antwort auf (Wikipedia). Die Befreiung von der Schreibblocka- den Schock des Prix Goncourt möglich So lesenswert das Werk „Der Preis“ de beschreibt Carrière wie die Erlösung geworden war. Darin beschreibt er auf über das individuelle Schicksal Carriè- von einem „bösen Zauber“. Die Liste de- eindrucksvolle Weise die Ambivalenzen res hinaus ist, so erstaunlich ist es auch, rer aber, die – um mit Freud zu sprechen der künstlerischen Tätigkeit zwischen dass heute niemand mehr von Carrière – „am Erfolge scheitern“, ist lang, wie uns Fascinosum und Tremendum, die ge- spricht. Er ist in Frankreich ebenso in Katharina Zimmer anhand einer klei- fährliche Balance im Medientaumel, die der Versenkung verschwunden wie in nen Aufzählung vor Augen führt: „Der Siegestrunkenheit und der dazu gehö- Deutschland und zählt damit zu der Preis hat bei mir zwanzig Jahre Inspira- rende jahrelange Kater, der Verlust von schier unüberschaubaren Anzahl jener, tion ausradiert.“ (Jean-Louis Bory, Gon- innerem Halt und die Suche nach die völlig zu Unrecht vergessen sind, ob- court-Preis 1945) „Ich habe zehn Jahre menschlicher Sicherheit und künstleri- gleich sie dem heutigen Leser ebenso viel gebraucht, um wirklich wieder mit scher Zuversicht: Die ersten beiden Sät- zu sagen hätten wie ihren Zeitgenossen, Schreiben anzufangen.“ (Georges Con- ze dieses Buches lauten: „Man sollte im- denn „die Alten“, heißt es bei Cioran in chon, Goncourt-Preis 1964) „Bory hatte mer mit einer Pistole an der Schläfe „Aveux et Anathèmes“ (1987), „nahmen recht (…). Überdies konnte Conchon schreiben. Beim geringsten Fehltritt sich nicht nur deshalb vor dem Erfolg in sich des Eindrucks nicht erwehren, er würde der Schuss losgehen.“ Das Werk Acht, weil sie die Eifersucht der Götter hätte die Auszeichnung eher einer ge- „Der Preis“ ist „ein autobiografischer fürchteten. Viel mehr noch fürchteten wissen Verachtung als der Achtung vor aber durchaus generalisierbarer Abriss sie die mit dem Erfolg an sich verbunde- seinem Werk verdankt. André Schwarz- über das zwiespältige Wesen künstleri- ne Gefahr eines inneren Ungleichge- Bart hatte den Preis 1959 für seinen ers- scher Arbeit. Außenseitertum, krank- wichts.“ ten Roman ‚Der Letzte der Gerechten‘ heitsbedingte Getriebenheit, Schicksals- erhalten. Obwohl er danach stetig weiter schläge und ständige materielle Unsi- geschrieben hat, veröffentlichte er nur cherheit sind der Preis, der für die Er- noch wenig. Seit 1972 ist kein Buch mehr schaffung eines literarischen Werks von von ihm erschienen. Schließlich gebe es dauerhaftem Wert zu zahlen ist – Prosa LITERATUR BEIM VERFASSER auch, hat Hervé Bazin einmal geäußert, geschrieben unter Qual, Verwirrung ‚Schriftsteller, die nur ein Buch im Bauch und Entbehrung – geschaffen von der Prof. Dr. Gerhard Köpf haben‘. Zumindest jedoch ‚völlig aus Sensibilität einer dünnen Haut, deren Ariboweg 10, 81673 München dem Gleichgewicht geworfen‘ haben sich unvermeidbare Kehrseite große Verletz- E-Mail: [email protected]

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 71 Benno Hurt Die sprachlose Seite eines Schriftstellers

Unmöglich, mit wenigen Zeilen das künstlerische Werk des Schriftstellerfotografen Benno Hurt darzustellen, denn allein seine Arbeiten als Fotograf sind über die Jahre hin schon so bemerkenswert reich an Qualität und Quantität und dabei so weit gefächert, dass eine Schau auf das Gesamtwerk einen eigenen Katalog erforderte. Schon möglich sind drei Seiten nur kleiner Einblicke in ein großartiges Repertoire.

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aum hatte der 23-jährige Benno Hurt während des Jura- Unorte Studiums mit dem Schreiben begonnen, so fügte er sich Wie auch im Roman verzichtet Hurt in seinem bildnerischen K schon mit einer Erzählung in eine Anthologie des Titels Schaffen auf alles Opulente, auf jede effekthascherische Raffi- „Vor dem Leben – Schulgeschichten von Thomas Mann bis nesse des Technischen, um umso klarer die feinsten Struktu- Heinrich Böll“ (Hrsg. M. Gregor-Dell) in die erste Riege deut- ren der von ihm wach-neugierig beobachteten und schließlich scher Schriftsteller ein. Die vielbeachteten und -gelesenen Ro- in Bild und Wort dargestellten Wirklichkeit wiederzugeben. mane des schließlich zum Jugendrichter avancierten Schrift- Hurt präsentiert Unorte (so nennt er sie selbst), zum Beispiel steller-Juristen weisen ihn als einen der subtilsten Chronisten Wohnobjekte von farbenfroher Trostlosigkeit, deren Buntheit der bundesrepublikanischen Geschichte aus, der sich allerdings nicht über ihre herbe Formgestaltung hinwegzutäuschen ver- fast von Anfang an nicht auf das Wort als Medium seines mag, die jedoch in seinen Bildern eine eigene Ästhetik haben. künstlerischen Ausdrucks- und Gestaltungswillens beschrän- Der Betrachter wird zu einem Dialog des Sehens eingeladen, ken wollte, sondern sich auch der Fotografie virtuos zu bedie- wird dabei nicht mit Werten und Urteilen eingeengt, sondern nen weiß. Er sagt selbst darüber: „Mit meinen Bildern will ich sieht sich einer Szenerie gegenüber, die sich an einem bestimm- ausdrücken, was ich sprachlos empfinde.“ ten Tag, zu einer bestimmten Stunde, ja Sekunde, beim zufäl-

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Neue Bilder 4 ligen Zusammentreffen einer Wetterlage, von Licht und Schat- Lichtszenerie und natürlich dem ästhetischen Gespür des Fo- ten dem Künstler dargeboten hatte. Der sie als Trouvaille fest- tografen. hielt, ohne etwas zu arrangieren, der sich ganz auf sein Emp- Eine ähnliche tief beeindruckende Wirkung erzeugt die pri- finden verließ, weder mit dem Objektiv korrigierte, noch auf mär absolut profane Verschalung einer Betonkonstruktion, de- technische Besonderheiten der Belichtungsautomatik zurück- ren schlanke gelbe Vertikalen in einer idealen Proportion von griff. horizontalen Verstrebungen gekreuzt werden, während im Die Bilder befragen den Betrachter, ob auch er ihm begeg- Vordergrund feingliedrig hingebreitete Armiereisen die hero- nende Lebenswirklichkeiten so wahrnimmt, ob er ähnliche ische Strenge des zentralen Bildobjektes abmildern. Augenblicke kennt, Augenblicke, die gelegentlich einmal einen Unort gar verzaubern können, wie zum Beispiel den aufgelas- Ausstellung im Justizpalast München senen Parkplatz, dem für sich jedes ästhetisch Ansprechende Nebenbei: Der letzte Roman Benno Hurts „Im Nachtzug. Eine mangelte, bis ihn Benno Hurt bei seinem fotografischen Fla- Entfernung“ ist 2011 erschienen und eine ganz besondere Ehre nieren (so könnte man seine Beschreibung der Suche nach fest- war dem aktiven Juristen 2003 zuteil geworden, als 100 seiner haltenswerten Seheindrücken nennen) entdeckt und als gera- damaligen Fotografien im Zusammenhang mit einer Lesung dezu zauberhafte Szene abgelichtet hat. Dabei übersilbert eine seiner Erzählungen „Der Samt der Robe“ im Justizpalast in hinter dunklen Tannenwipfeln entschwundene kühle Nach- München ausgestellt wurden. mittagssonne lediglich unkrautumrandete geometrisch streng Am Anfang war das Wort – oder das Bild? Oder gar beides gegliederte Betonplatten. Nichts wird hinzugefügt. Der Be- gleichzeitig! trachter wird nicht betrogen, der Unort nicht durch techni- sches Raffinement künstlich geadelt. Die Schönheit entsteht AUTOR aus dem Zusammentreffen eines unansehnlichen Objektes, einer zauberhaften nur Sekunden dauernden natürlichen PD Dr. med. A. Zacher, Regensburg

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Veranstaltungen BVDN/BDN/BVDP-Landesverbände 2014

Datum / Zeit / Ort Landesverband / Titel / Themen Anmeldung

28.2.–1.3.2014 NI Mitgliederversammlung/Fortbildung Fortbildungsakademie der Berufsverbände Bad Harzburg Landesverband Niedersachsen Traubengasse 15, 97072 Würzburg Braunschweiger Hof, Tel.: 0931 2055516, Fax: 0931 2055511 Herzog-Wilhelm-Str. 54 E-Mail: [email protected]

22.3.2014 RP Mitgliederversammlung des Landesverbandes Fortbildungsakademie der Berufsverbände Alzey, Hotel Best Wes- Rheinland-Pfalz Traubengasse 15, 97072 Würzburg tern, Karl-Klipp-Str. 13 Tel.: 0931 2055516, Fax: 0931 2055511 E-Mail: [email protected]

5.4.2014 12. Deutscher Neurologen- und Psychiatertag Geschäftsstelle Krefeld, D. Differt-Fritz Köln, Beginn 8.30 Uhr Thema: Fatigue in Neurologie und Psychiatrie Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Park Inn Köln City West – Tel.: 02151 4546921, Fax: 02151 4546925 Innere Kanalstr. 15 E-Mail: [email protected]

10.5.2014 BAY Mitgliederversammlung/Fortbildung Fortbildungsakademie der Berufsverbände Klinikum R. d. Isar, Traubengasse 15, 97072 Würzburg Hörsaal, München Tel.: 0931 2055516, Fax: 0931 2055511 –CME-Punkte– E-Mail: [email protected]

24.6.2014 16. Hauptstadtsymposium www.dgppn.de/en/veranstaltungen/ Haus der Land- und „Psychisch Kranke – Stiefkinder des Gesundheitswesens ?“ hauptstadtsymposium.html Ernährungswirtschaft, Vorträge und Podiumsdiskussion mit Vertretern aus der Politik Claire-Waldoff-Str. 7, Veranstalter: DGPPN in Verbindung mit ACKPA, BApK, BVDN und Kurzfristige Anmeldung vor Ort möglich! Berlin BVDP, DGBS u.a. (Zertifizierung beantragt)

Fortbildungsveranstaltungen 2014

20.–21.2.2014 6. Fachtagung Psychiatrie Forum für Gesundheitswirtschaft e.V. ver.di – Bundes- Regionale psychiatrische Hilfesysteme und Ökonomie: in Kooperation mit der Gewerkschaft ver.di verwaltung, „Spielregeln“ psychiatrischer Versorgung zwischen Markt Karl-Ferdinand-Braun-Str. 2, 28359 Bremen Paula-Thiede-Ufer 10 und Regulierung Tel.: 0421 96096-18, Fax: 0421 96096-10 Berlin [email protected] www.fachtagung-psychiatrie.org

1.–4.3.2014 European Congress of Psychiatry – EPA 2014 kenes inernational ICM – International European Psychiatry Focusing on Body and Mind 1–3, Rue de Chantepoulet Congress Centre Munich PO Box 1726, CH-1211 Geneva 1, Switzerland Messe München GmbH Tel.: +41 22 908 0488, Fax: +41 22 906 9140 E-Mail: [email protected]

2.–7.3.2014 Burnout-Prävention und Resilienztraining Dr. med. Markus Will Bad Bevensen, für Ärztinnen und Ärzte Klosterplatz 3, 57439 Attendorn Hotel zur Amtsheide Ärztliche Fortbildungswoche in der Lüneburger Heide Tel.: 02722 636860 68 CME-Punkte E-Mail: [email protected] der Kategorie C– www.dr-markus-will.de

7.–8.3.2014 6. Neurologie-Update-Seminar wikonect GmbH Mainz, Rheingoldhalle www.neuro-update.com Hagenauer Str. 53, 65203 Wiesbaden Tel.: 0611 204809-19, Fax: 0611 204809-10 E-Mail: [email protected]

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Fortbildungsveranstaltungen 2014

19.–23.3.2014 International Congress of Clinical Neurophysiology (ICCN) Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH Estrel Hotel & Conven­ and Annual Meeting of the German Society for Clinical Project Managers Justus Appelt & Nadia Al-Hamadi tion Center Berlin Neurophysiology and Functional Imaging 2014 Carl-Pulfrich-Str. 1, 07745 Jena Tel.: 0 3641 3116311/15, Fax: 036413116243 E-Mail: [email protected] www.iccn2014.de

20.–21.3.2014 5. Deutscher Interdisziplinäre Notfallmedizin MCN – Medizinische Congressorganisation Rhein-Main-Hallen, Kongress – DINK Nürnberg AG Friedrich-Ebert-Allee, Neuwieder Str. 9, 90411 Nürnberg Wiesbaden Tel.: 0911 39316-40, -47, Fax: 0911 39316-66 E-Mail: [email protected] www.dink2014.de

20.–22.3.2014 Wissenschaftlicher Kongress der Deutschen Gesellschaft event lab. GmbH Universität Leipzig für Essstörungen e.V. Dufourstr. 15, 04107 Leipzig CAMPUS Augustusplatz Tel.: 0341 240 596 62 Hörsaalgebäude E-Mail: [email protected] www.dgess-leipzig2014.de

21.–23.3.2014 Frühjahrstagung der Arbeitsgruppe Pädiatrie der Deutschen Conventus Congressmanagement & Marketing GmbH Stadtsäle Bernlochner Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin Marit Herrnberger Ländtorplatz 2, (DGSM) e.V. Carl-Pulfrich-Str. 1, 07745 Jena Landshut Tel.: 03641 3116362, Fax: 03641 3116243 E-Mail: [email protected] www.dgsm-paediatrie.de

28.–29.3.2014 4. Psychiatrie-Update-Seminar wikonect GmbH Kurhaus Wiesbaden www.psychiatrie-update.com Hagenauer Str. 53, 65203 Wiesbaden Tel.: 0611 204809-19, Fax: 0611 204809-10 E-Mail: [email protected]

5.–6.4.2014 17. Substitutionsforum der Österreichischen MAW – Medizinische Ausstellungs- und Sala Schloß Mondsee, Gesellschaft für arzneimittelgestützte Werbe­gesellschaft Schlosshof 1a Behandlung von Suchtkrankheit (ÖGABS) Freyung 6, 1010 Wien Der „süchtige“ Jugendliche Tel.: (+43/1) 536 63-71 oder 42, Das genaue Programm wird in Kürze auf der Website Fax: (+43/1) 535 60-16 www.oegabs.at veröffentlicht E-Mail: [email protected]

8.–11.5.2014 8. World Congress on Controversies in Neurology (CONy) ComtecMed Hilton Berlin Wissenschaftliche Schwerpunkte: Multiple Sklerose, Stroke, 53, Rothschild Boulevard, PO Box 68, –CME-Punkte– Parkinson‘s Disease, Migräne, Demenz, Alzheimer und Epilepsie Tel Aviv, 61000, Israel Tel.: +972 3 5666166, Fax: +972 3 5666177 E-Mail: [email protected] www.comtecmed.com/cony/2014

17.5.2014 4. Aachener Symposium – Psychosomatik im Stiftung für ambulante Psychiatrie und 9.30–16.00 Uhr Kindes- und Jugendalter Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter Universitätsklinikum Lütticher Str. 512a, 52074 Aachen RWTH Aachen, Tel.: 0241 4703130, Fax: 0241 79419 Pauwelsstr. 30 E-Mail: [email protected], www.stiftung-kjpp.de

21.–24.5.2014 International Tinnitus Seminar 2014 der CPO HANSER SERVICE GmbH Langenbeck-Virchow Deutschen Tinnitus-Stiftung Charité Paulsborner Str. 44, 14193 Berlin Haus, Berlin (German Tinnitus foundation) Tel.: 030 300669-0 E-Mail: [email protected] www.international-tinnitus-seminar-2014.com

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 77 Verbandsservice Organisation/Ansprechpartner/Geschäftsstelle

Neuropsychologie: Paul Reuther Neuroonkologie: Werner E. Hofmann Pharmakotherapie Neurologie: Gereon Nelles Geschäftsstelle des BVDN BVDN Pharmakotherapie Psychiatrie: Roland Urban D. Differt-Fritz Prävention Psychiatrie: Christa Roth-Sackenheim Gut Neuhof, Am Zollhof 2 a, 47829 Krefeld Prävention Neurologie: Paul Reuther Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 Schlaf: Ralf Bodenschatz E-Mail: [email protected] Berufsverband Deutscher Nervenärzte Schmerztherapie Neurologie: Uwe Meier, Bankverbindung: Sparkasse Neuss Monika Körwer Kto.-Nr.: 800 920 00, BLZ 305 500 00 Suchttherapie: Ulrich Hutschenreuter BVDN Homepage: http://www.bvdn.de www.bvdn.de Cortex GmbH s. oben Geschäftsstelle BVDN

Vorstand/Beirat 1. Vorsitzender: Frank Bergmann, Aachen Stellv. Vorsitzender: Gunther Carl, Kitzingen Schriftführer: Roland Urban, Berlin Schatzmeister: Paul Reuther, Delegierte in Kommissionen der DGN Bad-Neuenahr-Ahrweiler Leitlinien: Uwe Meier Sektion neue Bundesländer: N.N. Versorgungsforschung: Uwe Meier Beisitzer: Christa Roth-Sackenheim, Andernach; BDN Weiterbildung/Weiterbildungsermächtigung: Uwe Meier, Grevenbroich; Paul Reuther, Rolf Hagenah Bad Neuenahr-Ahrweiler Anhaltszahlen/Qualitätssicherung: Berufsverband Deutscher Neurologen Fritjof Reinhardt, Paul Reuther 1. Vorsitzende der Landesverbände Rehabilitation: Harald Masur Baden-Württemberg: Birgit Imdahl CME: Friedhelm Jungmann, Paul Reuther Bayern: Gunther Carl www.neuroscout.de DRG: Rolf Hagenah, Reinhard Kiefer Berlin: Gerd Benesch Brandenburg: Holger Marschner Verbindungsglied zu anderen Gesellschaften Bremen: Ulrich Dölle Vorstand des BDN oder Verbänden Hamburg: Guntram Hinz 1. Vorsitzender: Uwe Meier, Grevenbroich DGNR: Harald Masur; AG ANR: Paul Reuther Hessen: Rudolf Biedenkapp 2. Vorsitzender: Christian Gerloff, Hamburg BV-ANR: Paul Reuther; UEMS: Friedhelm Jungmann Mecklenburg-Vorpommern: Schriftführer: Heinz Wiendl, Münster Ramon Meißner, Frank Unger Kassenwart: Martin Delf, Hoppegarten BDN-Landessprecher Niedersachsen: Norbert Mayer-Amberg Beisitzer: Frank Bergmann, Aachen; Elmar Busch, Baden-Württemberg: Wolfgang Freund Nordrhein: Frank Bergmann, Angelika Haus Gelsenkirchen; Peter Berlit, Essen; Heinz Herbst, Bayern: Karl-Otto Sigel Rheinland-Pfalz: Günther Endrass Stuttgart Berlin: Walter Raffauf Saarland: Helmut Storz Brandenburg: Martin Paul Sachsen: Babette Schmidt Beirat: Andreas Engelhardt, Oldenburg; Peter Bremen: Helfried Jacobs Sachsen-Anhalt: Michael Schwalbe Franz, München; Matthias Freidel, Kaltenkirchen; Hamburg: Heinrich Goossens-Merkt Schleswig-Holstein: Fritz König Holger Grehl, Erlangen; Heinz Herbst, Stuttgart; Hessen: Thomas Briebach Thüringen: Volker Schmiedel Fritz König, Lübeck; Frank Reinhardt, Erlangen; Mecklenburg-Vorpommern: Liane Hauk-Westerhoff Westfalen: Rüdiger Saßmanshausen Claus-W. Wallesch, Magdeburg Niedersachsen: Elisabeth Rehkopf Nordrhein: Uwe Meier Ansprechpartner für Themenfelder Ansprechpartner für Themenfelder Rheinland-Pfalz: Günther Endrass Neue Medien: Arne Hillienhof IV und MVZ: Uwe Meier, Paul Reuther Saarland: Richard Rohrer EDV, Wirtschaftliche Praxisführung: GOÄ/EBM: Rolf F. Hagenah, Uwe Meier, Holger Grehl Sachsen: Mario Meinig Thomas Krichenbauer Qualitätsmanagement: Uwe Meier Sachsen-Anhalt: Michael Schwalbe Forensik und Gutachten Psychiatrie: Risikomanagement: Rolf F. Hagenah Schleswig-Holstein: Uwe Meyer-Hülsmann P. Christian Vogel Öffentlichkeitsarbeit: Vorstand BDN Thüringen: Dirk Neubert Gutachten Neurologie: DRG: Reinhard Kiefer Westfalen: Martin Bauersachs Friedhelm Jungmann Belegarztwesen Neurologie: Joachim Elbrächter Fortbildung Assistenzpersonal: Übende Verfahren – Psychotherapie: Gerd Wermke Roland Urban Psychiatrie in Europa: Gerd Wermke U.E.M.S. – Psychiatrie, EFPT: Roland Urban Kontakt BVDN, Gutachterwesen: U.E.M.S. – Neurologie: Friedhelm Jungmann BVDP Frank Bergmann ADHS bei Erwachsenen: Bernhard Otto Ausschüsse PTSD: Christa Roth-Sackenheim Akademie für Psychiatrische und Migrationssensible psych. Versorgung: Neurologische Fortbildung: Greif Sander Albert Zacher, Uwe Meier Berufsverband Deutscher Psychiater Ambulante Neurologische Rehabilitation: BVDP-Landessprecher Paul Reuther Bayern: Oliver Biniasch, Christian Vogel Ambulante Psychiatrische Reha/ www.bv-psychiater.de Baden-Württemberg: Birgit Imdahl, Sozialpsychiatrie: Norbert Mönter Thomas Hug Weiterbildungsordnung: Vorstand des BVDP Berlin: Norbert Mönter Frank Bergmann, Gunther Carl, Uwe Meier, 1. Vorsitzende: Christa Roth-Sackenheim, Brandenburg: Delia Peschel Christa Roth-Sackenheim, P. Christian Vogel Andernach Bremen: N. N. Leitlinien: Frank Bergmann, Uwe Meier, Stellvertretender Vorsitzender: Hamburg: Ute Bavendamm, Guntram Hinz Christa Roth-Sackenheim Christian Vogel, München Hessen: Peter Kramuschke Kooperation mit Selbsthilfe- und Schriftführer: Sabine Köhler, Jena Mecklenburg-Vorpommern: Christine Lehmann Angehörigengruppen: Vorstand Schatzmeister: Oliver Biniasch, Ingolstadt Niedersachsen: Norbert Mayer-Amberg Beisitzer: Uwe Bannert, Bad Segeberg; Nordrhein: Christian Raida Referate Frank Bergmann, Aachen; Greif Sander, Hannover Rheinland-Pfalz: Wolfgang Rossbach Demenz: Jens Bohlken Saarland: Gerd Wermke Epileptologie: Ralf Berkenfeld Referate Sachsen: Ulrike Bennemann Neuroangiologie, Schlaganfall: Paul Reuther Soziotherapie: Sybille Schreckling Sachsen-Anhalt: Regina Nause Neurootologie, Neuroophtalmologie: Sucht: Greif Sander Schleswig-Holstein: Uwe Bannert Matthias Freidel Psychotherapie/Psychoanalyse: Hans Martens Thüringen: Sabine Köhler Neuroorthopädie: Bernhard Kügelgen Forensik: P. Christian Vogel Westfalen: Rüdiger Saßmannshausen

78 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Verbandsservice Organisation/Ansprechpartner/Geschäftsstelle Beitritt Verbandsservice

Ich will Mitglied werden! An die Geschäftsstelle der Berufsverbände BVDN, BDN, BVDP Krefeld Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld, Fax: 02151 45469-25/-26

☐ Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Nervenärzte e.V. (BVDN) (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). ☐ Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Neurologen e.V. (BDN) (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). ☐ Ich wünsche die DOPPELMITGLIEDSCHAFT – BDN und BVDN – zu gleichen Beitragskonditionen. ☐ Hiermit erkläre ich meinen Beitritt zum Berufsverband Deutscher Psychiater e.V. (BVDP) (Mitgliedsbeitrag 580 €, ab 2. Gemeinschaftspraxismitglied 440 €, Arzt in Weiterbildung 90 €, Senior 60 €). ☐ Ich wünsche die DOPPELMITGLIEDSCHAFT – BVDP und BVDN – zu gleichen Beitragskonditionen. ☐ Ich wünsche die DREIFACHMITGLIEDSCHAFT – BVDN, BDN und BVDP – zu gleichen Beitragskonditionen.

Zusatztitel oder -qualifikation (z.B. Psychotherapie, Sonografie): ______Tel.-Nr.______Fax ______E-Mail/Internet: Ich bin ☐ niedergelassen ☐ in der Klinik tätig ☐ Chefarzt ☐ Facharzt ☐ Weiterbildungsassistent ☐ Neurologe ☐ Nervenarzt ☐ Psychiater ☐ in Gemeinschaftspraxis tätig mit: ______☐ in MVZ tätig mit: ______

Ich wünsche den kostenlosen Bezug einer der folgenden wissenschaftlichen Fachzeitschriften im Wert > 170 €/Jahr: ☐ Fortschritte Neurologie / Psychiatrie ☐ Aktuelle Neurologie ☐ Klinische Neurophysiologie, EEG-EMG ☐ Psychiatrische Praxis Es ist nur eine Auswahl pro ☐ Die Rehabilitation ☐ Psychotherapie im Dialog Mitglied möglich. ☐ PPmP – Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie ☐ Balint-Journal Zum Eintritt erhalte ich die BVDN-Abrechnungskommentare (EBM, GOÄ, Gutachten, IGeL, Richtgrößen etc.). ☐ Kostenlose NERFAX-Teilnahme gewünscht ☐ Kostenloser Mailservice „Das muss man wissen ...“ gewünscht

EINZUGSERMÄCHTIGUNG Hiermit ermächtige ich den BVDN/BDN/BVDP (nicht Zutreffendes ggf. streichen) widerruflich, den von mir zu entrichtenden jährlichen Mitgliedsbeitrag einzuziehen.

Konto-Nr.: ______bei der ______BLZ ______

Wenn mein Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht seitens des kontoführenden Kreditinstitutes keine Verpflichtung zur Einlösung. Einen Widerruf werde ich der Geschäftsstelle des Berufsverbandes mitteilen.

Name: ______Praxisstempel (inkl. KV-Zulassungs-Nr.) Adresse: ______Ort, Datum: ______Unterschrift: ______

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 79 Verbandsservice ÄK- und KV-Vertreter

Nervenärzte als Vertreter in den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) und Ärztekammern (ÄK)*

Name Ort BVDN Delegierter Telefon Fax E-Mail-Adresse BVDN-Landesverband: BADEN-WÜRTTEMBERG Prof. Dr. J. Aschoff Ulm nein ÄK 0731 69717 Dr. J. Braun Mannheim ja ÄK/KV 0621 12027-0 0621 12027-27 [email protected] Prof. Dr. M. Faist Oberkirch ja ÄK 07802 6610 07802 4361 [email protected] Dr. P. Hezler-Rusch Konstanz ja ÄK 07531 18330 07531 18338 [email protected] BVDN-Landesverband: BAYERN Dr. G. Carl Würzburg ja ÄK/KV 09321 24826 09321 8930 [email protected] Dr. K. Ebertseder Augsburg ja KV 0821 510400 0821 35700 [email protected] Dr. M. Eder Regensburg nein ÄK 0941 3690 0941 3691115 Dr. W. Klein Ebersberg ja ÄK 08092 22445 Dr. Katrin Krome Bamberg nein ÄK Dr. H. Martens München ja ÄK 089 2713037 08141 63560 [email protected] Dr. W. Schulte-Mattler Regensburg nein ÄK 0941 944-0 0941 944-5802 Dr. C. Vogel München ja ÄK 089 2730700 089 27817306 [email protected] BVDN-Landesverband: BERLIN Dr. G. Benesch Berlin ja KV 030 3123783 030 32765024 [email protected] Dr. W. Raffauf Berlin 030 2832794 030 2832795 [email protected] BVDN-Landesverband: BRANDENBURG Dr. St. Alder Potsdam ja ÄK 0331 7409500 0331 7409615 [email protected] Dr. M. Böckmann Großbeeren ja ÄK 033701 338880 Dr. G.-J. Fischer Teltow ja ÄK 03328 303100 Dr. H. Marschner Blankenfelde ja KV 03379 371878 [email protected] BVDN-Landesverband: BREMEN Dr. U. Dölle Bremen ja ÄK/KV 0421 667576 0421 664866 [email protected] BVDN-Landesverband: HAMBURG Dr. H. Ramm Hamburg ja KV 040 245464 [email protected] Dr. A. Rensch Hamburg ja ÄK 040 6062230 040 60679576 [email protected] Dr. R. Trettin Hamburg ja ÄK 040434818 [email protected] BVDN-Landesverband: HESSEN Dr. K. Baumgarten Gießen ja KV 0641 791379 0641 791309 [email protected] Prof. Dr. A. Henneberg Frankfurt/M. ja ÄK 069 59795430 069 59795431 [email protected] P. Laß-Tegethoff Hüttenberg ja ÄK 06441 9779722 06441 9779745 [email protected] Dr. W. Wolf Dillenburg ja KV 02771 8009900 [email protected] BVDN-Landesverband: MECKLENBURG-VORPOMMERN Dr. L. Hauk-Westerhoff Rostock ja ÄK 0381 37555222 0381 37555223 liane.hauk-westerhoff@ nervenaertze-rostock.de BVDN-Landesverband: NIEDERSACHSEN Dr. R. Luebbe Osnabrück ja KV 0541434748 [email protected] BVDN-Landesverband: NORDRHEIN Dr. F. Bergmann Aachen ja KV 0241 36330 0241 404972 [email protected] Dr. M. Dahm Bonn ja ÄK/KV 0228 217862 0228 217999 [email protected] Dr. A. Haus Köln ja ÄK/KV 0221 402014 0221 405769 [email protected] BVDN-Landesverband: RHEINLAND-PFALZ Dr. M. Dapprich Bad Neuenahr ja ÄK 02641 26097 02641 26099 [email protected] Dr. G. Endrass Grünstadt ja KV 06359 9348-0 06359 9348-15 [email protected] Dr. V. Figlesthaler Speyer ja ÄK 06232 72227 06232 26783 [email protected] Dr. R. Gerhard Ingelheim ja ÄK 06132 41166 06132 41188 [email protected] Dr. Ch. Roth-Sackenheim Andernach ja ÄK 0160 97796487 02632 964096 [email protected] Dr. K. Sackenheim Andernach ja ÄK/KV 02632 96400 02632 964096 [email protected] Dr. S. Stepahn Mainz ja ÄK 06131 582814 06131 582513 [email protected] BVDN-Landesverband: SAARLAND Dr. Th. Kajdi Völklingen nein ÄK/KV 06898 23344 06898 23344 [email protected] Dr. U. Mielke Homburg ja ÄK 06841 2114 06841 15103 [email protected] Dr. H. Storz Neunkirchen ja KV 06821 13256 06821 13265 [email protected] BVDN-Landesverband: SACHSEN Dr. M. Meinig Annaberg-B. ja KV 03733672625 03733 672627 [email protected] BVDN-Landesverband: SACHSEN-ANHALT N.N. BVDN-Landesverband: SCHLESWIG-HOLSTEIN Dr. U. Bannert Bad Segeberg ja ÄK/KV 04551 969661 04551 969669 [email protected] BVDN-Landesverband: THÜRINGEN Dr. K. Tinschert Jena ja KV 03641 57444-4 03641 57444-0 [email protected] BVDN-Landesverband: WESTFALEN Dr. V. Böttger Dortmund ja KV 0231 515030 0231 411100 [email protected] Dr. C. Kramer Bielefeld ja ÄK 0521 124091 0521 130697 Dr. K. Gorsboth Warstein ja ÄK 02902 97410 02902 97413 Dr. A. Haver Gütersloh ja ÄK 05241 16003 [email protected]

80 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Verbandsservice ÄK- und KV-Vertreter Adressen Verbandsservice

Dr. Uwe Bannert Dr. Matthias Freidel Dr. Thomas Krichenbauer Dr. Wolfgang W. Rossbach Oldesloerstr. 9, 23795 Bad Segeberg Brauerstr. 1–3, 24568 Kaltenkirchen Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen Holzhofstr. 5, 55116, Mainz Tel.: 04551 96966-1, Fax: -96966-9 Tel.: 04191 8486, Fax: -89027 Tel.: 09321 5355, Fax: -8930 Tel.: 06131 222377, Fax: -227939 E-Mail: [email protected] Dr. Frank Freitag E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Dr. Martin Bauersachs Berliner Str. 127, 14467 Potsdam Dr. Christine Lehmann Dr. Christa Roth-Sackenheim Wißtstr. 9, 44137 Dortmund Tel.: 0331 62081125, Fax: -62081126 Wismarsche Str. 5, 18057 Rostock Breite Str. 63, 56626 Andernach Tel.: 0231 142818 Dr. Wolfgang Freund Tel.: 0381 4965981, Fax -4965983 Tel.: 0160 97796487, Fax: -9640-96 E-Mail: [email protected] Waaghausstr. 9–11, 88400 Biberach E-Mail: christine-lehmann-rostock@ E-Mail: [email protected] Dr. Gerd Benesch Tel: 07351 7833, Fax -7834 t-online.de Dr. Greif Sander Bundesallee 95, 12161 Berlin E-Mail: [email protected] Holger Marschner Bödekerstr. 73, 30161 Hannover Tel.: 030 3123783, Fax: -32765024 Prof. Dr. Christian Gerloff Zossener Damm 33, 15827 Blankenfelde Tel.: 0511 667034, Fax: -621574 E-Mail: [email protected] Universitätsklinikum Hamburg-Eppen- Tel.: 03379 371878, Fax: -371879 E-Mail: [email protected] Dr. Ulrike Bennemann dorf, Martinistr. 52, 20251 Hamburg E-Mail: bvdn@nervenarztpraxis-marsch- Dr. Rüdiger Saßmannshausen Holzhäuser Str. 75, 04299 Leipzig Tel.: 040 42803-0, Fax: -42803-6878 ner.de Poststr. 30, 57319 Bad Berleburg Tel.: 0341 5299388, Fax: -5299390 Dr. Heinrich Goossens-Merkt Dr. Norbert Mayer-Amberg Tel.: 02751 2785, Fax -892566 E-Mail: ubennemann@psychiatrie-leipzig. Wördemanns Weg 25, 22527 Hamburg Bödekerstr. 73, 30161 Hannover E-Mail: sassmannshausen@ de E-Mail: dr.goossens-merkt@neurologie- Tel.: 0511 667034, Fax: -621574 bvdn-westfalen.de Dr. Frank Bergmann hamburg.net E-Mail: [email protected]# Babette Schmidt Kapuzinergraben 19, 52062 Aachen Dr. Holger Grehl Dr. Ramon Meißner Straße am Park 2, 04209Leipzig Tel.: 0241 36330, Fax: -404972 Fahrner Str. 133, 47053 Duisburg Hinter der Kirche 1b, 19406 Sternberg Tel.: 0341 4220969, Fax -4220972 E-Mail: [email protected] Tel.: 0203 508126-1, Fax: -508126-3 Tel.: 03847 5356, Fax: -5385 E-Mail: [email protected] Prof. Dr. Peter-Dirk Berlit E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Dr. Volker Schmiedel Alfried-Krupp-Krankenhaus, 45131 Essen Prof. Dr. Rolf F. Hagenah Dr. Uwe Meier Wiesestr. 5, 07548 Gera Tel.: 0201 4342-527, Fax: -4342-377 Appelhorn 12, 27356 Rotenburg Am Ziegelkamp 1 f, 41515 Grevenbroich Tel.: 0365 8820386, Fax -8820388 E-Mail: [email protected] Tel.: 04261 8008, Fax: -8400118 Tel.: 02181 7054811, Fax: -7054822 E-Mail: [email protected] Dr. Rudolf Biedenkapp E-Mail: rhagenah@web .de E-Mail: [email protected] Dr. Michael Schwalbe Frankfurter Str. 127, 63067 Offenbach Dr. Liane Hauk-Westerhoff Christoph Meyer Annendorfer Str. 15 Tel.: 069 82366061, Fax: -82366063 Deutsche Med Platz 2, 18057 Rostock Darmstädter Str. 44, 64625 Bensheim 06886 Lutherstadt-Wittenberg E-Mail: [email protected] Tel.: 0381 37555224, Fax: -37555223 Tel.: 06251 4444, Fax: -4141 Tel.: 03491 442567, Fax: -442583 Dr. Oliver Biniasch E-Mail: liane.hauk-westerhoff@ E-Mail: c.meyer@therapiegemeinschaft. E-Mail: [email protected] Friedrich-Ebert-Str. 78, 85055 Ingolstadt nervenaerzte-rostock.de de Dr. Karl-Otto Sigel Tel.: 0841 83772, Fax: -83762 Dr. Angelika Haus Dr. Norbert Mönter Hauptstr. 2, 82008 Unterhaching E-Mail: [email protected] Dürener Str. 332, 50935 Köln Tegeler Weg 4, 10589 Berlin Tel.: 089 4522 436 20 Dr. Lutz Bode Tel.: 0221 402014, Fax: -405769 Tel.: 030 3442071, Fax: -84109520 Fax: -4522 436 50 Mühlhäuserstr. 94, 99817 Eisenach E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Tel.: 03691 212343, Fax -212344 Dr. Annette Haver Prof. Dr. Gereon Nelles Dr. Helmut Storz E-Mail: [email protected] Strengerstr. 16–18, 33330 Gütersloh Werthmannstr. 1, 50935Köln Stieglitzweg 20, 66538 Neunkirchen Dr. Jens Bohlken Tel.: 05241 16003, Fax: -24844 Tel.: 0221 7902161, Fax: -7902474 Tel.: 06821 13256, Fax: 13265 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Klosterstr. 34–35, 13581 Berlin Dr. Dipl.-Psych. Heinz Herbst Tel.: 030 33290000, Fax: -33290017 Marienstr. 7, 70178 Stuttgart, Dirk Neubert Dr. Roland Urban E-Mail: [email protected] Tel.: 0711 220774-0, Fax: -220774-1 Bärwinkelstr. 33, 99310 Arnstadt Turmstr. 76 a, 10551 Berlin Dr. Thomas Briebach E-Mail: [email protected] Tel.: 03628 602597, Fax: 582894 Tel.: 030 3922021, Fax: -3923052 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Ludwigstr. 15, 61169 Friedberg Dr. Guntram Hinz Tel.: 06031 3830, Fax: -3877 Harksheider Str. 3, 22399 Hamburg Dr. Martin Paul Dr. P. Christian Vogel E-Mail: [email protected] Tel.: 040 60679863, Fax: -60679576 Bergstr. 26, 15907 Lübben Agnesstr. 14/III, 80798 München PD Dr. Elmar Busch E-Mail: [email protected] Tel.: 03546 2256988 Tel.: 089 2730700, Fax: -27817306 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Munckelstr. 55, 45879 Gelsenkirchen Dr. Thomas Hug Tel.: 0209 160-1501 oder Bergheimer Str. 33 69115 Heidelberg Dipl. med. Delia Peschel Prof. Dr. Claus-Werner Wallesch Mobil: 0173 2552541 Tel.: 06221 166622 Fröbelstr. 1, 03130 Spremberg Neurol. Klinik, Am Tannenwald 1 E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Tel.: 03563 52213, Fax: -52198 79215 Elzach E-Mail: [email protected] Tel.: 07682 801870, Fax: -801866 Dr. Gunther Carl Dr. Birgit Imdahl Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen Dr. Walter Raffauf E-Mail: klaus.wallesch@neuroklinik- Bergstr. 5, 78628 Rottweil elzach.de Tel.: 09321 5355, Fax: -8930 Tel.: 0741 43747 Dircksenstr. 47, 10178 Berlin E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Tel.: 030 2832794 Fax: -2832795 Dr. Gerd Wermke Talstr. 35–37, 66424 Homburg Dr. Martin Delf Dr. Helfried Jacobs Dr. Christian Raida Lindenallee 7, 15366 Hoppegarten/Berlin Urbacher Weg 31, 51149 Köln Tel.: 06841 9328-0, Fax: -9328-17 Bremerhavener Heerstr. 11 E-Mail: [email protected] Tel.: 03342 422930, Fax: -422931 28717 Bremen Tel.: 02203 560888, Fax: 503065 E-Mail: [email protected] Tel.: 0421 637080, Fax: -637578 E-Mail: [email protected] PD Dr. Albert Zacher Dr. Ulrich Dölle E-Mail: [email protected] Dr. Elisabeth Rehkopf Watmarkt 9, 93047 Regensburg Leher Heerstr. 18, 28359 Bremen Bischofsstr. 30, 49074 Osnabrück Tel. 0941 561672, Fax -52704 Dr. Friedhelm Jungmann E-Mail: [email protected] Tel.: 0421 237878, Fax: -2438796 Im Wildfang 13a, 66131 Saarbrücken Tel.: 0541 8003990, Fax: -80039920 E-Mail: [email protected] Tel:.06893 9875020, Fax -9875029 E-Mail: [email protected] Dr. Reinhard Ehret E-Mail: [email protected] Dr. Dr. habil. Paul Reuther Schloßstr. 29. 20, 12163 Berlin Dr. Sabine Köhler ANR Ahrweiler, Schülzchenstr. 10 Tel.: 030 790885-0, Fax: -790885-99 Dornburger Str. 17a, 07743 Jena 53474 Bad-Neuenahr-Ahrweiler E-Mail: [email protected] Tel.: 03641 443359 Tel.: 02641 98040, Fax: -980444 Dr. Günther Endrass E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Obersülzer Str. 4, 67269 Grünstadt Dr. Fritz König Dr. Richard Rohrer Tel.: 06359 9348-0, Fax: -9348-15 Sandstr. 18–22, 23552 Lübeck Kaiserstr. 3, 66386 St. Ingbert E-Mail: [email protected] Tel.: 0451 71441, Fax: -7060282 Tel.: 06894 4051, Fax: 06894 4021 Dr. Peter Franz E-Mail: info@neurologie-koenig- E-Mail: [email protected] Ingolstädter Str. 166, 80939 München luebeck.de Tel.: 089 3117111, Fax: -3163364 E-Mail: [email protected]

NeuroTransmitter 2014; 25 (2) 81 Verbandsservice Kooperationspartner

1. Vertragliche Kooperations- 2. Politische Kooperations- 53177 Bonn-Bad Godesberg E-Mail: [email protected] partner der Berufsverbände partner der Berufsverbände Tel.: 0228 381-226 (-227) www.dgppn.de Fax: -381-640 Arbeitgemeinschaft ambu- Bundesärztekammer (BÄK) E-Mail: r.radzuweit@bv- Deutsche Gesellschaft für lante NeuroRehabilitation Arbeitsgemeinschaft der neurorehagodeshoehe.de Gerontopsychiatrie und -psy­ (AG ANR) deutschen Ärztekammern www.bv-neuroreha.de chotherapie e.V. (DGGPP) e.V. von BVDN und BDN Herbert-Lewin-Platz 1 Postfach 1366, 51675 Wiehl Sprecher: Dr. Dr. Paul Reuther 10623 Berlin Gesellschaft für Neuro- Tel.: 02262 797683, Fax: -9999916 Schülzchenstr. 10, 53474 Ahrweiler Tel.: 030 4004 560 psychologie (GNP) e.V. E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] Fax: -4004 56-388 Geschäftsstelle Fulda www.dggpp.de E-Mail [email protected] Postfach 1105, 36001 Fulda Athene Akademie www.bundesaerztekammer.de Tel.: 0700 46746700 Deutsche Gesellschaft für Qualitätsmanagement im Fax: 0661 9019692 Kinder- und Jugendpsychiatrie Gesundheitswesen Kassenärztliche Bundes- E-Mail: [email protected] und -psychotherapie (DGKJP) Geschäftsführerin: vereinigung (KBV) www.gnp.de Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin Gabriele Schuster Herbert-Lewin-Platz 2 Tel.: 030 28096519, Fax: -28096579 Traubengasse 15, 97072 Würzburg 10623 Berlin Deutsche Gesellschaft für E-Mail: geschaeftsstelle@ Tel.: 0931 2055526, Fax: -2055525 Postfach 12 02 64, 10592 Berlin Neurotraumatologie und dgkjp.de, www.dgkjp.de E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected] klinische Neurorehabilitation www.kbv.de (DGNKN) Berufsverband für Kinder- und Cortex GmbH Vorsitzender: Dr. Mario Prosiegel Jugendpsychiatrie, Psychoso- Gut Neuhof Neurologie Fachklinik Heilbrunn matik und Psychotherapie in Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Wörnerweg 30 Deutschland (BKJPP) Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 Deutsche Gesellschaft für 83670 Bad Heilbrunn Von-der-Leyen-Str. 21, 51069 Köln E-Mail: [email protected] Neurologie (DGN) Tel.: 08046 184116 Tel.: 0221 16918423 Geschäftsführung: E-Mail: [email protected] Fax: -16918422 Deutsches Institut für Qualität Dr. Thomas Thiekötter www.dgnkn.de E-Mail: [email protected] in der Neurologie (DIQN) Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin www.bkjpp.de Schanzenstr. 27, Schlosserei 4 www.dgn.org Deutsche Gesellschaft für 51063 Köln, Tel.: 0221 955615-95 Neurochirurgie (DGNC) Ständige Konferenz ärztlicher Mobil: 0173 2867914 Fortbildungsakademie Alte Jakobstr. 77, 10179 Berlin psychotherapeutischer E-Mail: [email protected] der DGN Tel.: 030 284499 22 Verbände (STÄKO) Geschäftsführung: Fax: -284499 11 Brücker Mauspfad 601 Fortbildungsakademie Karin Schilling E-Mail: [email protected] 51109 Köln Traubengasse 15, 97072 Würzburg Neurologische Universitätsklinik www.dgnc.de Tel.: 0221 842523, Fax: -845442 Tel.: 0931 2055516, Fax: -2055511 Hamburg-Eppendorf E-Mail: [email protected] E-Mail: info@akademie- Martinistr. 52, 20246 Hamburg Berufsverband Deutscher psych-neuro.de E-Mail: [email protected] Neurochirurgen (BDNC) Deutsche Gesellschaft für www.akademie-psych-neuro.de hamburg.de Alte Jakobstr. 77, 10179 Berlin Suchtmedizin e.V. Vorsitzender: PD Dr. Albert Tel.: 030 284499 33 c/o Zentrum für Interdisziplinäre Zacher, Regensburg Bundesverband Ambulante Fax: -284499 11 Suchtforschung (ZIS) der NeuroRehabilitation e.V. E-Mail: [email protected] Universität Hamburg QUANUP e.V. (BV ANR) www.bdnc.de Martinistr. 52, 20246 Hamburg Verband für Qualitätsentwick- Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Tel. und Fax: 040 42803 5121 lung in Neurologie und Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 Deutsche Gesellschaft für E-Mail: [email protected] Psychiatrie e.V., Gut Neuhof E-Mail: [email protected] Neuroradiologie (DGNR) www.dgsuchtmedizin.de/ Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld www.bv-anr.de Straße des 17. Juni 114 Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 10623 Berlin Deutsche Gesellschaft für E-Mail: [email protected] Deutsche Gesellschaft für Tel.: 030 330997770 Suizidprävention (DGS) E-Mail: [email protected] Neurologische Rehabilitation Fax: -916070-22 Vorsitzender: Univ.-Doz. Dr. www.quanup.de (DGNR) E-Mail: DGNR@Neuro Elmar Etzersdorfer 1. Vorsitzender: radiologie.de Furtbachkrankenhaus Prof. Dr. Eberhard König www.neuroradiologie.de Klinik für Psychiatrie und Neurologische Klinik Bad Aibling Psychotherapie Kolbermoorstr. 72 Psychiatrie Furtbachstr. 6, 70178 Stuttgart 83043 Bad Aibling Tel.: 0711 6465126, Fax: -6465155 Tel.: 08061 903501, Fax: -9039501 Deutsche Gesellschaft für Psy- E-Mail: [email protected] E-Mail: ekoenig@schoen- chiatrie, Psychotherapie und www.suizidprophylaxe.de kliniken.de Nervenheilkunde (DGPPN) www.dgnr.de Reinhardtstr. 14, 10117 Berlin Tel.: 030 28096601/02 Bundesverband Neuro- Fax: -8093816 Rehabilitation (BNR) Kommissarische Vorsitzender: Rolf Radzuweit Geschäftsführung: Godeshöhe, Waldstr. 2–10 Juliane Amlacher

82 NeuroTransmitter 2014; 25 (2) Impressum / Vorschau 

Offizielles Organ des Berufsverbandes Deutscher Vertrieb: Marion Horn (Leitung), Tel.: 06102 506-148 Nervenärzte e.V. (BVDN), des Berufsverbandes Deutscher E-Mail: [email protected] Neurologen e.V. (BDN) und des Berufsverbandes Abonnement: Die Zeitschrift erscheint 11-mal jährlich. Deutscher Psychiater (BVDP) Bestellungen nimmt der Verlag unter Tel.: 06221 345- Herausgeber: Berufsverband Deutscher Nervenärzte e.V. 4304, per Fax: 06221 345-4229 sowie auch über das (BVDN), 1. Vorsitzender: Dr. med. Frank Bergmann (fb) Internet unter www.springerfachmedien-medizin.de Kapuzinergraben 19, 52062 Aachen und jede Buchhandlung entgegen. Das Abonnement gilt Tel.: 0241 36330, Fax: -404972 zunächst für ein Jahr. Es verlängert sich automatisch um E-Mail: [email protected] jeweils ein Jahr, wenn dem Verlag nicht 30 Tage vor Ende des Bezugszeitraums die Kündigung vorliegt. Geschäftsstelle BVDN, BDN, BVDP: D. Differt-Fritz, Am Zollhof 2a, 47829 Krefeld Bezugspreise: Einzelheft 24 €, Jahresabonnement 204 € Tel.: 02151 4546920, Fax: -4546925 ­ (für Studenten/AIP: 122,39 €) jeweils zzgl. Versandkosten E-Mail: [email protected] Inland 30 €, Ausland 49 €, inkl. MwSt.. Für Mitglieder des BVDN, BDN und BVDP ist der Bezugspreis im Mitglieds- Schriftleiter: Dr. med. Gunther Carl (gc) (verantwortlich) Peter Maszlen / Fotolia.com beitrag enthalten. Sonderpreis für DGPPN-Mitglieder: © Friedenstr. 7, 97318 Kitzingen, Tel.: 09321 5355 © Jahresabonnement 51 € zzgl. Versandkosten (s.o.). Fax: 09321 8930, E-Mail: [email protected] Copyright – Allgemeine Hinweise: Verlag: Springer Medizin | Urban & Vogel GmbH Veröffentlicht werden nur Arbeiten und Beiträge, die an Aschauer Str. 30, 81549 München anderer Stelle weder angeboten noch erschienen sind. 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Die alleinige Gesellschafterin der Springer den Beitrag auch online Dritten zugänglich machen Science+Business Media GmbH ist die Springer (Online-Recht) und auf Datenträgern (CD-ROM etc.) Science+Business Media Deutschland GmbH, die 100% verwerten (Offline-Recht). Jede gewerblich hergestellte der Anteile hält. Die Springer Science+Business Media oder benutzte Fotokopie verpflichtet nach § 54 (2) UrHG Somatische Komorbidität Deutschland GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft zur Gebührenzahlung an die VG Wort, Abteilung Bei Patienten mit gerontopsychiatrischen der Springer SBM Two GmbH, die 100% der Anteile hält. Wissenschaft, Goethestr. 49, 80336 München, von der Syndromen wie Delir, Demenz und Depres- die Modalitäten zu erfragen sind. Die Zeitschrift und Die Springer SBM Two GmbH ist eine 100%ige Tochter sion treten zahlreiche, häufig unerkannte der Springer SBM One GmbH, die 100% der Anteile hält. alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen Begleiterkrankungen auf. Aus dieser Ko- Die Springer SBM One GmbH ist eine 100%ige Tochter sind urheberrechtlich geschützt. Mit Ausnahme der der Springer SBM Zero GmbH, die 100% der Anteile hält. gesetzlich zugelassenen Fälle ist eine Verwertung ohne und Multimorbidität ergeben sich dann Die Springer SBM Zero GmbH ist eine 100%ige Tochter Einwilligung des Verlages strafbar. Die Wiedergabe von oft hochkomplexe klinische Fragen. der Springer Science+Business Media G.P. Acquisition Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen S.C.A., Luxemburg, die 100% der Anteile hält. etc. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Geschäftsführer: Joachim Krieger (President Professional Namen im Sinne der Warenzeichen- und Marken- Ultraschall bei Riesenzellarteriitis Businesses), Fabian Kaufmann, Dr. med. Esther Wieland schutzgesetzgebung als frei zu be­trachten wären und Die Riesenzellarteriitis ist die häufigste Vas- Director Facharzt Medizin: Dr. med. Christoph Posch daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für kulitis älterer Menschen. Bei Standarddiag- Ressortleitung: Dr. rer. nat. Gunter Freese Angaben über Dosierungsanweisungen, Anwendungs- nose per Biopsie beträgt der Zeitverzug bis gebiete und Applikationsformen von Medikamenten, Redaktion: Dr. rer. nat. Gunter Freese (Leitung) zum Befund mehrere Tage, bei Sonografie für die Empfehlungen im Expertenrat sowie für Abrech- Tel.: 089 203043-1435, Fax: -203043-31435 nungshinweise kann vom Verlag keine Gewähr über- wird ein Therapiebeginn hingegen nicht E-Mail: [email protected] nommen werden. Derartige Angaben müssen vom verzögert, zusätzlich kann der Ort einer ge- Dr. rer. nat. Carin Szostecki (-1346), jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer planten Biopsie präzise festgelegt werden. Dr. rer. nat. Thomas Riedel (-1327), Thomas Müller Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Monika Hartkopf (Chefin vom Dienst, -1409) Bernadette Helms (Assistenz, -1368) Druck: KLIEMO Printing, Hütte 53, B-4700 Eupen Es wird auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Herstellung: Ulrike Drechsler (Leitung), Botulinumtoxin gegen Depression? Tel.: 06221 4878-662, Edda Führer (Layout) Die Unterbrechung der „Facial-Feedback- © Verlag Urban & Vogel GmbH, München Corporate Publishing: Ulrike Hafner (Leitung), Schleife“ durch gezielte Hemmung mimi- ISSN 1436-123X Tel.: 06221 4878-104, E-Mail: [email protected] scher Muskel in der Glabella-Region Anzeigenverkauf: Peter Urban (Leitung), mithilfe von Botulinumtoxin-Injektionen Tel.: 089 203043-1333, E-Mail: [email protected]) ist ein neuer Ansatz in der Behandlung der Zur Zeit gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 1.10.2013. geprüft Facharzt-Studie 2012 Depression.

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