Massives Bauen Architektur|Alpin Sport Zentrum, Schruns/AT

Rustikales Natursteinmauerwerk ohne Deh- nungsfugen: Dieses Haus muss massiv gebaut sein. Und tatsächlich entpuppt es sich als cle- vere Konstruktion aus mehreren Mauerschalen, die unterschiedliche Funktionen erfüllen. Innen tragen und dämmen zwei Ziegelschalen verschiedener Roh- dichte, außen weckt das unregelmäßige Verblendmau- erwerk Assoziationen an das traditionelle Bauen mit Naturstein in der Alpenregion.“ DBZ Heftpaten Ansgar und Benedikt Schulz

Alpin Sport Zentrum, Schruns/AT Massive Natursteinwand

bernardo bader architekten Bernardo Bader (rechts)

www.bernardobader.com Foto: B. Bader B. Foto: Foto: Adolf Bereuter, / B. Bader Dornbirn / B. Bereuter, Adolf Foto:

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Kaum liest man , schon denkt man an Holzarchitek- baus mit in die neue Heimat. So verwundert es nicht, wenn Hochwertige Materialien tur. In Schruns, keine halbe Stunde mit dem Zug von diese Bauweise auch bei einem aktuellen Neubau zum Zuge Zum benachbarten Josefsheim, einem hell verputzten Dreige- entfernt, ist das ein voreiliger Schluss. Denn entgegen dem kommt: Bernardo Bader Architekten aus Vorarlberg planten für schosser, und dem gegenüberliegenden Hotel Löwen mit sei- traditionellen Holzbau der Bregenzerwald-Gemeinden wurde die Silvretta GmbH, eines der größten Bergbahn- und nen langen, dunklen Holzbalkonen, setzt sich die repräsentative das Montafon anders beeinflusst: Einst über den Süden von Tourismusunternehmen Österreichs, ein Ausbildungs- und Ver- Natursteinhülle des Neubaus deutlich ab. „Wir wollten ein Ge- den Walsern besiedelt, brachten diese die Tradition des Stein- waltungsgebäude. bäude schaffen, dessen Körper klar mit dem Tal verbunden ist“, erläutert Architekt Joachim Am- brosig die Materialwahl. „Der Tou- rismus ist der größte Arbeitgeber im Tal und das neue Ausbildungszen- trum verdeutlicht diese gewichtige Stellung.“ Oft ist Naturstein heute nur eine optische Hülle, hinter der sich zahlreiche Dämm- und Tragma- terialien verbergen. Für den Neubau jedoch wollten die Architekten in der Materialwahl klar bleiben. Statt einer zwischenliegenden Dämmschicht aus Mineralwolle oder Hartschaum- platten sind die Wände massiv auf- gebaut. Der inneren Schicht aus sta- tisch wirksamem Ziegel ist, davon unabhängig, eine Schicht Dämmzie- gel vorgelagert. Die Ziegel sind je- Schnitt AA, M 1 : 333,33 doch nicht gefüllt, dämmend wirken die Luftkammern des Hochlochzie- gels. Auf dem winddichten Verputz und einer Drainageebene folgt schließlich die 25 cm dicke, selbst- tragende Bruchsteinwand aus ver- schiedenen Gneisen, Graniten und anderen Steinsorten. Diese wurden entsprechend ihrer Farbigkeit be- mustert: heller Calanca Gneis und dunkelgrauer Maggia Gneis sind je- weils etwa zu einem Drittel im Mau- erwerk vertreten, dazu kombinierten die Architekten braune und helle Ge- A A steine. Die eingesetzten Steine stammen aus einem Umkreis von etwa 250 km. „Wichtig war vor allem die frühe und intensive Abstimmung mit den planenden Statikern, dem ausführenden Steinmetz und der Bauherrschaft“, so der Architekt. Foto: Adolf Bereuter, Dornbirn / B. Bader Dornbirn / B. Bereuter, Adolf Foto: Foto: Adolf Bereuter, Dornbirn / B. Bader Dornbirn / B. Bereuter, Adolf Foto: Grundriss, 1. Obergeschoss, M 1 : 333,33 Nicht nur die tauglichen Steinarten, Stein, Holz, Glas – der massive Neubau sondern auch die Art der Vermörtelung, die Ableitung des Re- Gesteinsarten in der Natursteinfassade ist aus robusten, wartungsfreien und re- genwassers und die Ausbildung der Sturzdetails besprach und Calanca Gneis (helles Grau) Silvr cyclebaren Materialien gebaut Maggia Gneis (dunkles Grau) ettastr bestimmte das Team gemeinsam. „Anhand diverser Muster- Brauner Stainzer (und andere braune Steinsorten)

aße mauerungen konnten wir die genaue Erscheinung des Hauses Serizzo antigorio (weißer Granit) aße bestimmen.“ Luserner Gneis (Eigenfarbe)

gbahnstr

Ber

Lageplan, M 1 : 4 000

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Gebaut wurde über zwei Fensterstürze und Atti- Jahre – zunächst die in- ka wurden aus Ortbeton nere tragende sowie erstellt die dämmende Ziegel- schicht bis Ende 2017. Nach der Winterpau- se begannen die Arbei- 1 ten an dem Außenmau- erwerk Foto: B. Bader B. Foto: Bader B. Foto:

Auf dem winddichten Qualitäten der massiven Bauweise nutzen Verputz und einer Drai- Die träge Baumasse speichert Energie gut, was den Heizauf- nageebene folgt die 25 cm dicke und selbst- wand verringert. Diese nachhaltige Bauweise entsprach dem tragende Bruchsteinwand Wunsch der Bauherrschaft – ein Haus aus Stein ist im Sommer aus verschiedenen regio- kühl, im Winter warm. Zur 70 cm starken, dreischichtigen Au- nalen Steinsorten ßenwand kommt das spezielle Deckensystem hinzu: In die 8 cm starke Fertigteildecke mit Akustikelementen aus Glasgranulat sind für Kühlung respektive Heizung Wasserleitungen einge- lassen, die kaltes oder warmes Wasser führen können. Die zu- Auf der Unterseite der gleich als Schalung eingesetzten Deckenelemente wurden auf unverputzten Fertig- teildecke sieht man die die Wände gelegt, armiert und mit Beton vergossen. „Die Akus- ­Akustikelemente aus tik war bereits im Rohbau beeindruckend“, erklärt Ambrosig. Glasgranulat „Zusätzlich fängt ein Akustikputz den Schall ab.“ Im Erdge- schoss verwenden die Architekten robusten Stein, in den obe- Foto: Adolf Bereuter, Dornbirn / B. Bader Dornbirn / B. Bereuter, Adolf Foto: ren Geschossen eine Holzdeckung. Die bauteilaktivierten De- cken halten die Raumtemperatur konstant, bislang konnte auf Massiv und ökologisch Baudaten eine Kühlanlage verzichtet werden. Mit robusten, wartungsfreien Baumaterialien haben Bernardo Objekt: Alpin Sport Zentrale Adresse: Silvrettaplatz 1, 6780 Gebaut wurde über zwei Jahre – zunächst die zwei Ziegel- Bader Architekten ein ökologisches Gebäude entwickelt, in Schruns/AT schichten bis Ende 2017, nach der Winterpause wurde mit dem dem auf Hightech verzichtet wird und gezielt die Vorteile der Typologie: öffentlicher Bau Außenmauerwerk begonnen. Die Gemeinde hat das neue Ge- Massivbauweise genutzt werden. Alle Materialien sind trenn- Bauherr: Silvretta Montafon Holding 2 GmbH, Schruns/AT, bäude gut angenommen, auch der Gestaltungsbeirat der Ge- und recyclebar – das vor allem auch dank dem Verzicht auf www.silvretta-montafon.at meinde, der seit 2013 gemeinsam mit Bürgermeister und Bau- eine künstliche Isolierung im Wandaufbau. Die Aktivierung der Architekten: bernardo bader archi- amt bei Bauprojekten in der Kernzone des Ortes gestalterische 3 Bauteile trägt dazu bei, dass weniger Energie zum Heizen und tekten, /AT, www.bernardobader.com und architektonische Fragen diskutiert, begegnete dem Projekt Kühlen verwendet werden muss. Planungsteam: J. Ambrosig, von Beginn an positiv. Im September 2018 bezog die Verwaltung das Alpin Sport A. Baudendistel Zentrum und pünktlich zum Beginn der Wintersaison im No- Bauunternehmen: Nägele Hoch- und Tiefbau GmbH, Röthis/AT, Aussteifender Kern vember wurde das Haus eröffnet. Aktuell ist es für den Mies www.naegele-hochtiefbau.at Aus der Ferne mag das neue Verwaltungsgebäude sehr schlicht van der Rohe Award 2019 nomminiert. Katinka Corts, Zürich Bauleitung: Fleisch Loser Baupro- wirken, aus der Nähe jedoch werden die Freude am Detail und jektabwicklung GmbH, /AT, www.fleisch-loser.at damit die Handwerkskunst deutlich. Auf jeder der vier Seiten Bauzeit: April 2017 – September 2018 knickt die Fassade leicht ab, mal nach innen, mal nach außen. Aus dem vermeintlichen Würfel wird so ein unregelmäßiger Fachplaner Körper, dessen Außenkanten zwischen den umgebenden Ge- Tragwerksplaner: Mader & Flatz ZT GmbH, Bregenz/AT bäuden, dem Freiraum und dem Straßenverlauf in Sichtbezie- 1 Dachaufbau: TGA-Planer: Koller & Partner GmbH, Bekiesung, 6,0 cm Bregenz/A, www.koller-partner.at hungen stehen. Über dem öffentlichen Erdgeschoss mit Lobby, Bit. Abdichtung, 1,0 cm Infotheke und Sitzungsraum liegen vier Büroetagen mit Ar- Gefälledämmung 2%, 2 – 26 cm HLS-Planer: Ludwig Schneider Mindestdämmung, 12,0 cm Elektroplanung, Egg/AT, beits- und Besprechungsräumen. Treppenhaus, Aufzug und Bitumen Dampfsperre, 1,0 cm www.etech-schneider.at Stahlbetondecke – Ortbeton, 8,0 cm Bernhard Weithas, Nasszellen zonieren als aussteifende Kerne die Geschosse, dank 2 Wandaufbau: Bauphysikplaner: ihnen sind die Spannweiten geringer und die Decken dünner Innenputz (luftdicht), 2,0 cm /AT, www.weithas.com HLZ Porotherm, 17 cm Fassadenplaner: gbd ZT GmbH, dimensioniert. Als Bodenbelag kommt im Erdgeschoss Stein HLZ Porotherm, 24,0 cm Dornbirn/AT, www.gbd.at Kalkzementputz, 2,0 cm zum Einsatz: Granit und Luserner Gneis. Die Böden der Büro- Drainagematte, 2,0 cm 4 Bodenaufbau: etagen sind mit sägerauen Eichendielen belegt. Dazu passend Natursteinmauer, 24,0 cm Naturstein, 7,0 cm Projektdaten 4 3 Bodenaufbau: Estrich, 9,0 cm Grundstücksfläche: 4 831 m² wählten die Architekten raumhohe Eichenfenster, die aus einem Holzboden Fichte, fallende Breite, 3,0 cm PE-Folie 338 m2 Blindboden, 2,7 cm Trittschalldämmung 2,0 cm Bebaute Fläche: festverglasten Teil und einem schmalen Lüftungsflügel beste- Balken auf TSD, 5,6 cm EPS Schüttung, 10,0 cm Bruttogeschoßfläche: 1 440 m² hen. Von außen betrachtet, schafft die asymmetrische Vertei- Konterbalken dazwischen Holzlehmschüt- Stahlbetondecke, 25,0 cm Nutzfläche (mit UG): 1 583 m² tung, 5,0 cm 5 Wand gegen Erdreich: Heizwärmebedarf: 22 kWh/m²a lung der Fenster ein abwechslungsreiches Spiel und eine Leich- Schiftholz, 2,7 cm Noppenmatte 5 Aufbeton, 25,0 cm XPS-Dämmung, 10 cm

tigkeit inmitten des schweren Steins. Bader B. Foto: Fassadenschnitt, M 1:50 Fertigteildecke mit Akustikelementen, 8,0 cm WU-Beton, 25 cm Fassadenschnitt, M 1 : 50 46 DBZ 05|2019 DBZ.de 47