Rachor, E., Bönsch, R., Boos, K., Gosselck, F., Grotjahn, M., Günther, C
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Rachor, E., Bönsch, R., Boos, K., Gosselck, F., Grotjahn, M., Günther, C.-P., Gusky, M., Gutow, L., Heiber, W., Jantschik, P., Krieg, H.J., Krone, R., Nehmer, P., Reichert, K., Reiss, H., Schröder, A., Witt, J. & Zettler, M.L. (2013): Rote Liste und Artenlisten der bodenlebenden wirbellosen Meerestiere. – In: Becker, N.; Haupt, H.; Hofbauer, N.; Ludwig, G. & Nehring, S. (Red.): Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 2: Meeresorganismen. – Münster (Landwirtschaftsverlag). – Na- turschutz und Biologische Vielfalt 70 (2): S. 81-176. Die Rote Liste gefährdeter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands, Band 2: Meeres- organismen (ISBN 978-3-7843-5330-2) ist zu beziehen über BfN-Schriftenvertrieb – Leserservice – im Landwirtschaftsverlag GmbH 48084 Münster Tel.: 02501/801-300 Fax: 02501/801-351 http://www.buchweltshop.de/bundesamt-fuer-naturschutz.html bzw. direkt über: http://www.buchweltshop.de/nabiv-heft-70-2-rote-liste-gefahrdeter-tiere-pflanzen-und- pilze-deutschlands-bd-2-meeresorganismen.html Preis: 39,95 € Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (2) 2013 81 –176 Bundesamtfür Naturschutz Rote Liste und Artenlisten der bodenlebenden wirbellosen Meerestiere 4. Fassung, Stand Dezember 2007, einzelne Aktualisierungenbis 2012 EIKE RACHOR,REGINE BÖNSCH,KARIN BOOS, FRITZ GOSSELCK, MICHAEL GROTJAHN, CARMEN- PIA GÜNTHER, MANUELA GUSKY, LARS GUTOW, WILFRIED HEIBER, PETRA JANTSCHIK, HANS- JOACHIM KRIEG,ROLAND KRONE, PETRA NEHMER,KATHARINA REICHERT, HENNING REISS, ALEXANDER SCHRÖDER, JAN WITT und MICHAEL LOTHAR ZETTLER unter Mitarbeit von MAREIKE GÜTH Zusammenfassung Inden hier vorgelegten Listen für amMeeresbodenlebende wirbellose Tiere (Makrozoo- benthos) aus neun Tierstämmen wurden 1.244 Arten bewertet. Eszeigt sich, dass die Verhältnis- se in den deutschen Meeresgebietender Nord-und Ostsee (inkl. der Ausschließlichen Wirt- schaftszone)nicht grundlegendbesser als an Land sind. Menschliche Einflüssewie vor allem Bodenfischerei und Eutrophierung sowie Biotopbeeinträchtigungen undsogar -zerstörungen in den Küstenbereichen haben zu starken Veränderungen in manchen Tierbeständen geführt. 32 % aller bewerteten Arten sind in denRoten Listen aufgeführt, davonallerdings mehr als die Hälfte wegen ihrer extremen Seltenheit in der Kategorie R. Für viele Arten ist die Datenlagenoch unbefriedigend (über 36 % aller 1.244 Arten sind deshalb derzeit nicht hinsichtlich ihrer Be- standsentwicklungen zu bewerten und daher in Kategorie „D“ eingestuft). Durch Erkenntniszu- wachsund gezielte Untersuchungen zu einzelnen Arten istdavon auszugehen,dass in denkom- menden Jahrenaktualisierte Rote Listen erstelltwerden können, vielleicht sogar für die Ökosys- teme von Nord- und Ostsee insgesamt. Summary Onethousand twohundred andfourty-four speciesfrom nine phyla of macrozoobenthoshave been evaluated for the Red Lists of invertebratespeciesinthe German North Sea and Baltic Sea waters (including the Exclusive Economic Zone). Itisevident that theconditions in these ma- rinewaters are, in effect, no better than ashore. This is due to human impact, such as demersal fishingand eutrophication, whichhave, accompanied by the impact on coastal water biotopes, led to major changesinthe populationsofanumber of marineanimals. Thirty-two percent of all species assessed arefound in the Red Lists. However, more than half of these species are extremely rare and therefore assessed as potentially threatened. Data are still insufficientfor any trend analysisinmore than 36 % of the total 1,244 evaluated species (see highnumbersincate- gory„D“). Due to increasesinknowledge and investigationsonselected taxaitisexpectedthat in afew years updated Red Lists canbeprovided, potentially covering the entire ecosystemsof the North and Baltic Seas. 81 1. Einleitung 1.1 Behandelte Gruppen Seit derersten Bearbeitung einerGruppe bodenlebender wirbelloser Meerestiere für die Ro- ten Listen Deutschlands, der Zehnfüßigen Krebse (Decapoda) durch TÜRKAY (1977), ist es bei jeder Neubearbeitung derRoten Liste mariner Wirbelloser zu einemstetigen Zuwachsananaly- sierten Großtaxagekommen (1984: Zehnfüßige Krebse, Stachelhäuter, Igelwürmer; 1998: zu- sätzlich Schwämme,Nesseltiere, Weichtiere, Vielborster, Asselnund Seescheiden). In dieser vierten Fassung der Roten Listewird nunversucht, für alle wichtigen, gut erfassbaren Gruppen der am Meeresboden lebenden,größeren wirbellosenTiere (Makrozoobenthos) Bilanzen über dieBestandssituation und -entwicklung und damit die Gefährdung zu erstellen. Gleichzeitig werden erstmals Checklistender unsbekannten Taxaaller bearbeiteten Gruppen vorgelegt. Dabei umfasst der Untersuchungsraumnunmehr neben dendeutschen Hoheitsgewässern auch die gesamtedeutscheAusschließliche Wirtschaftszone(AWZ), die in der Nordseebis in die zentralen Bereiche jenseits der Doggerbank reicht („Entenschnabel“). Dadurchhaben sich für viele der bereitsfrüher behandelten Arten neue Bewertungen der Gefährdunginsgesamt erge- ben,daältere Bewertungen sich in der Nordsee im Wesentlichen auf dieDeutsche Buchtbe- schränkten. Ein einfacher Vergleich der Listen und Bewertungen von 1998 und jetzt ist deshalb nicht angebracht. Einige Arten kamendurch die Erweiterung des Untersuchungsraumessogar neu hinzu. In die Bilanzierung wurden die zu den Ranzenkrebsen zählenden Kumazeen (Cumacea) und Flohkrebse (Amphipoda), die Seepocken (Balanomorpha), dieAsselspinnen(Pantopoda) sowie die Moostierchen (Bryozoa) undSchädellosen(Acrania) neuaufgenommen. Andere Gruppen wie insbesondere die Ringelwürmer (Annelida) und Nesseltiere(Cnidaria) sowie die Weichtiere (Mollusca) wurdenumfassend revidiert. Somitliegen nunListen für am Meeresbodenlebende Tiere ausneun Tierstämmen vor. Das sind neben denoben genannten Gruppen die Schwämme (Porifera), Igelwürmer(Echiurida) sowiebei denGliederfüßern(Arthropoda) weitere artenreiche, am Meeresboden lebendeKrebs- gruppen (Crustacea), nämlich Asseln undZehnfüßige Krebse. Hinzu kommen die Stachelhäuter (Echinodermata) und von den Chordatadie Seescheiden(Ascidiacea). Es wurden insgesamt 1.286 Taxa betrachtetund 1.244davon bewertet. Die hier vorgelegten Artenlisten umfassen auch einige Taxa, die als „dauerhaft Unbeständi- ge“ angesehenund mithin als etabliert aufgefasst werden müssen. Sie kommenwahrscheinlich nur zeitweise in den deutschen Gewässernvor, weil sie ausbenachbarten Meeresgebieten ein- wandern,kurzfristig eineoder wenige Generationen ausbilden und dann –teilweise für Jahr- zehnte –wiederverschwinden. Aus Richtung Kanal kommen in die Nordsee so z.B. die Sand- koralle Sabellaria alveolata (Vielborster)oder der Zwergtintenfisch Sepiola atlantica,indie Ostsee aus Richtung Kattegat etwa dieNetzreusenschnecke Nassarius reticulatus.Bei diesen Arten gestaltetsich die Einschätzung insbesondere der Trend-Kriterien (vgl. Kap. 2) besonders schwierig. Es sei angemerkt, dass für mehrere Gruppen dieser neuen Roten Liste der Erfassungsgrad trotz umfangreicher Suchbemühungen unvollständig ist. Durch viele laufende und geplante Umweltverträglichkeitsuntersuchungen(z.B. zu Offshore-Windparks) und Zusammenführung der Ergebnisse in einer Datenbank wird sich dieser Rückstand für einen Teil der Arten in naher Zukunft verringern. Durch denMangel an taxonomisch versierten Expertenwird er für be- stimmteGruppen jedoch wahrscheinlich bestehen bleiben. Zu diesen Gruppenzählendie Nes- seltiere (hierv.a.die Polypentiere), aber auch die Flohkrebse. 82 1.2 Nomenklatur und Taxonomie AlsReferenz und zurKlärung taxonomischer Fragen zu der hier vorgelegten Roten Liste wurde vorwiegenddas World RegisterofMarineSpecies,(WoRMS,www.marinespecies.org) genutzt. Es erwiessich in vielen Fällen auch zur Klärungvon Synonymien alshilfreich. Bei wenigen Zwei- felsfällen oder beiinDeutschland ungebräuchlichentaxonomischen bzw. nomenklatorischen Auf- fassungenwurde anderen Quellengefolgt (Dokumentation im Einzelnens.Kap.3). Dabeihandelt es sich um dieDatenbankenITIS(Integrated Taxonomic Information System, www.itis.gov) und ERMS (European Register of Marine Species, COSTELLO et al.2008). Am Anfangder Aufstellung der Listen wurde zusätzlichauf Artenlisten des Umweltbundesamtes zurückgegriffen (www.um weltbundesamt.de/wasser/themen/blmp/blmp_akbiologie.htm#artenlisten). 1.3 Bedeutung der deutschen Meeresgebiete Den deutschen Meeresgebieten kommteine besondere Rolleauch für die internationalen Ar- ten-und Biotopschutzbemühungen zu: DieBelt- und Arkonasee sind die Eingangstore zur zent- ralen und östlichen Ostsee, also entscheidende Bereichefür Wiederbesiedlungen ausdem Katte- gat. Das deutsche Wattenmeer verbindet die benachbarten dänischen und niederländischen Euli- toralgebiete undist damitein Zuwanderwegsowohl wärmeliebender alsauch borealer Arten entlang der südöstlichen Nordseeküste. Die Doggerbank istein wichtiger Sandbankkomplex in der zentralenNordsee, der für im flachen Küstenmeer lebendeArten ein äußerst wichtiges Ver- netzungselement darstellt undzudemmit seiner Grenzlage zwischen der arktisch-boreal be- stimmtennördlichen und der stark lusitanisch beeinflussten südwestlichen Nordsee ein wichti- ges Indikatorgebiet für die sich verstärkende Klimaänderung und damit verbundenenArealver- schiebungen ist. Helgoland stellt eineneinzigartigen FelsbiotopimSüden der Nordsee dar, ge- kennzeichnet durch viele nur hier vorkommende Arten, vor allemzahlreicheunter Kategorie R in den Roten Listen aufgeführteNordseearten. Diese Arten haben häufig erst an der norwegi- schenoder britischenKüste weitere stabile Populationen, wenn sienicht auch auf deninzwi- schenweit besser als in den 1990er Jahren untersuchten