für Astronomie Nr. 28 Zeitschrift der Vereinigung der Sternfreunde e.V. / VdS
DAS WELTALL Orionnebel DU LEBST DARIN – ENTDECKE ES! Computerastronomie Internationales Jahr der Astronomie
INTERNATIONALES ISSN 1615 - 0880 www.vds-astro.de I/ 2009 ASTRONOMIEJAHR [email protected] • www.astro-shop.com Tel.: 040/5114348 • Fax: 040/5114594 Eiffestr. 426 • 20537 Hamburg
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Liebe Mitglieder, liebe Sternfreunde,
vor uns liegt ein spannendes und interes- Und: Vom 2. – 4. Oktober 2009 findet in santes Jahr: 2009 wurde von der UN Jena die 29. VdS-Tagung statt, zu der wir und UNESCO zum „International Year of Sie heute schon herzlich einladen. Astronomy“ (IYA), dem „Jahr der Astro- nomie“ erklärt! Das Journal enthält wieder viele inte- ressante Beiträge unserer Mitglieder und Für uns Amateur-Astronomen sollte die- Fachgruppen, für die sich die Redaktion ser Beschluss der UN eine Chance, aber vielmals bedankt! Das Titelbild: auch eine Verpflichtung sein, möglichst vielen Menschen an der Faszination Zu Beginn des Neuen Jahres wünschen wir Unser Bildautor Georg Zeitler hat DAS Astronomie teilhaben zu lassen. Lesen allen Mitgliedern und Amateur-Astronomen Winterobjekt am Himmel schlechthin Sie in dieser Ausgabe, was Astronomen, ein gutes und interessantes Astrojahr 2009 festgehalten: Der Große Orionnebel trägt Volkssternwarten, Planetarien und Ihre mit vielen klaren Nächten und schönen die Nummer 42 im Messier-Katalog und VdS rund um das IYA 2009 planen. Exakt astronomischen Beobachtungen. zählt zu den spektakulärsten Nebelobjekten 400 Jahre nachdem Galileo Galilei sein am Himmel. Das Bild entstand am 2. Fernrohr auf Jupiter richtete und die nach Herzlichst Februar 2008 um 21:44 Uhr Weltzeit bei ihm benannten Monde entdeckte und Bad Tölz. Georg Zeitler montierte dazu Johannes Kepler, der berühmte deutsche Ihre eine Digital-Spiegelreflexkamera (Canon Astronom, seine „Astronomia Nova“ ver- EOS 40D mit Hutech-Umbau) mit einem öffentlichte, steht die Astronomie in fast IDAS LPS-Filter an eine Lichtenknecker 140 Staaten der Erde im Mittelpunkt. Doch Flat-Field-Camera 1:3,5 / 500 mm. Um lesen Sie selbst und beteiligen Sie sich Otto Guthier und Sven Melchert die Nebelstrukturen sowohl im hellen möglichst oft mit Aktivitäten im Jahr der Zentralbereich als auch in den schwachen Astronomie. Außenbereichen des Nebels sichtbar zu machen, setzte er kurz- und langbelich- Vor Ihnen liegt die neue, 28. Ausgabe PS: Denken Sie bitte an die Überweisung tete Aufnahmen zu einem Gesamtbild unserer Mitgliederzeitschrift „VdS-Jour- des Jahresbeitrages; die Rechnung liegt zusammen. Die Einzelbelichtungen betru- nal für Astronomie“, die Ihnen zahlreiche dieser Ausgabe bei. gen 10x330s, 2x180s, 4x60s und 8x30s, Neuigkeiten aus dem Bereich der VdS in der Summe demnach 69 Minuten bietet. Gesamtbelichtung. Die Redaktion gratu- liert zu diesem beeindruckenden Ergebnis. Die Wichtigste vorweg:
Die Mitgliedsbeiträge bleiben für das Jahr Anschrift des Autors: 2009 unverändert, ebenso die Bezugskosten Georg Zeitler für „Sterne und Weltraum“. Walchstadter Str. 4 81377 München Kaum zu glauben aber wahr, das Journal erscheint nun vier Mal im Jahr – auch das ist eine wichtige Botschaft aus dem Vorstand für Sie, liebe Mitglieder.
VdS-Journal Nr. 28 2 I NHALT
DAS WELTALL EDITORIAL 1 DU LEBST DARIN – ENTDECKE ES!
NACH REDAKTIONSSCHLUSS – 4. Ausgabe des VdS-Journals 4 – Was tut sich im Jahr der Astronomie 4 – Mitgliedsbeiträge 5 INTERNATIONALES ASTRONOMIEJAHR – VdS-Medaille 5 – Das internationale Jahr der Astronomie 2009 steht vor der Tür 6 Das internationale Jahr der Astronomie SCHWERPUNKTTHEMA Seite 6 Computerastronomie – Schwerpunktthema Computer-Astronomie 10 – Programmieren in der Astronomie 10 – Mein Weg zur astronomischen Programmierung 12 – Paralleles Programmieren astronomischer Algorithmen 14 – Fehlerabschätzung und Erkennung von Ausreißern mit Hilfe des Leaving-One-Out Verfahrens 16 – Die Bahn des Toro 19 – Planetariumsprogramme im Vergleich 21 – Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Fernglashalterung Ephemeridenrechnung 28 Seite 32 – Die Genauigkeit der Systemuhr bei CCD-Aufnahmen 30 FACHGRUPPENBEITRÄGE Amateurteleskope/Selbstbau – Fernglashalterung 32 – Tubuslüftung einmal anders … 34 – Der Blick ins All – Bau eines Dobson-Teleskopes, Teil 2 36
Astrofotografie – VdS-Fachgruppe Astrofotografie – drei nicht 39 alltägliche Dinge – 10 Tipps für den Webcam-Anfänger Teil 1: 41 Die ersten fünf Tipps – Ethik in der Astrofotografie 44 – Jets & more mit dem WATEC-„Würmchen“ 49 – Die Nebellandschaft im Orion 50
Atmosphärische Erscheinungen – Äußerst intensive Pollenkoronen am 11. bis Die Nebellandschaft im Orion 13. Mai 2008 54 Seite 50 – Lichtbahnen auf Feldern: Eine ungewöhnliche Spielart der konzentrischen Lichtbögen 55
CCD-Technik – Tagungsrückblick 59
Deep-Sky – Die „rote Punktwolke“ – Bildauswertung mit Aladin und Simbad 59 – Die wechselwirkenden Galaxien NGC 3226/7 60
Geschichte der Astronomie – Neues aus der FG Geschichte 61 Astronomisches Sommerlager 2008 – Carl E. Sagan – eine biografische Skizze 61 Seite 65 – Politiker, Feuerwehrhauptmann und Naturforscher 63
Jugendarbeit – Astro-Elchtest im vergangenen Sommer 64 – Astronomisches Sommerlager 2008 65 – Simulation von Planetenbahnen 67 – Die Sonne und ihre bevorstehende Entwicklung 68
Kleine Planeten – Asteroidenbeobachtung international – eine grenz- überschreitende Zusammenarbeit 70 – Kosmische Begegnungen 71 – Große Vorträge über Kleine Planeten 72 Kosmische Begegnungen Kometen Seite 71 – Helle Kometen des Jahres 2009 75 – 500 Kometen und kein bisschen müde 77 VdS-Journal Nr. 28 I NHALT 3
Meteore – 100 Jahre Tunguska-Ereignis 80
Sonne – Die provisorischen Relativzahlen des Sonne-Netzes 80 – Erratum 81 – Die partielle Sonnenfinsternis am 01. August 2008 81
Spektroskopie – Europäische Kooperation im Rahmen der Spektroskopie- Workshops 2007 und 2008 am Observatoire de Haute 11. Kleinplanetentagung 2008 Provence 83 Seite 72 – Von einem Monochromator, der im Labor nicht mehr sein durfte und auf dem Schrott noch nicht sein sollte … 85
Sternbedeckungen – Neptun-Mond Triton bedeckt GSC 5800 42/2UCAC 27013747 88
Veränderliche – Seltene Bedeckungen: Epsilon Aurigae und EE Cephei 90 – Neue Sterne, was tun? 92 – Einstieg in die Veränderlichenbeobachtung mit DSLR: RV UMa 94 500 Kometen und kein bisschen müde... – Extragalaktische Novae in M 31 und M 81 98 Seite 77 – Lichtverschmutzung im Bundestag 100 – VdS-Vorstandsinfo 101 SERVICE – Der Umgang mit „Arbeiten“ der Fachastronomie 102 – M wie Messier 103 ZUM NACHDENKEN – Astronomische Bildung – Quo vadis? 107 VDS-NOSTALGIE – Das war´n noch Zeiten 108 BEOBACHTERFORUM – Weitere „Hochgeschwindigkeitsssterne“ der Milchstraße 110 – Die Umlaufbewegung des Doppelsterns Xi Bootis 112 Sonnenfinsternis am 1. August 2008 – Impressionen aus unserem Sonnensystem 115 Seite 81 und 116 – Totale Sonnenfinsternis am 1. August 2008 116
VDS-NACHRICHTEN – Wir begrüßen neue Mitglieder 120 – Astronomietag 2008 120 – Endlich ist es soweit: Das 4. Journal kommt in 2009 121 – Einladung zur 28. Planeten- und Kometentagung 2009 in Violau 121 – Ein erfolgreicher Astronomietag 2008 – mit den Monschauer Sternfreunden 122 – 3. AME (Astronomie-Messe) in Villingen-Schwenningen 123 – 29. VdS-Tagung vom 2. bis 4. Oktober 2009 in Jena 123 Astronomietag 2008 – Die ersten Fachgruppen-Flyer sind fertig 124 Seite 122 – Der Gipfel auf dem Hügel 125 VDS VOR ORT/ – Hot Product 2009 – SaT 133 TAGUNGSBERICHTE – Sahara Sky – eine Südsternwarte nördlich des Äquators 128 VORSCHAU – Vorschau auf astronomische Veranstaltungen 130 – Vorschau auf astronomische Ereignisse 131 HINWEISE – Inserentenverzeichnis 106 – Impressum 18 – Hinweise für Autoren 133 – VdS-FG-Redakteure 134 – VdS-FG-Referenten 134 Neue Fachgruppenflyer – Komet im Vorgarten 135 Seite 124 – Autorenverzeichnis 136 VdS-Journal Nr. 28 4 NACH REDAK TIONSSCHLUSS
VdS-Vorstandsinfo: Vierte Ausgabe des VdS-Journals VdS-Vorstand
Liebe Mitglieder, VdS-Vorstand gefasst worden. Die zukünf- Der Vorstand möchte mit dieser Initiative liebe Leserinnen und Leser, tigen Ausgaben sollen einen Umfang von den Mitgliedern sowie den Leserinnen 132 Seiten pro Heft umfassen. und Lesern noch mehr Spaß und Freude nach vielen Gesprächen und langen Vorbe- Dieser Schritt ist durch eine erhebliche mit unserer Mitgliederzeitschrift bereiten. reitungen dürfen wir Ihnen heute zu Verstärkung bei der Redaktionsarbeit Außerdem sind einige Erweiterungen vor- Jahresbeginn eine erfreuliche Nachricht möglich geworden. In Zukunft werden gesehen, die unser Magazin bereichern mitteilen. Ab dieser Ausgabe unserer Herr Dr. Werner Celnik und Herr Stephan und interessanter gestalten werden. Wir Mitgliederzeitschrift „VdS-Journal für Fichtner die Redaktionsarbeit verstärken wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen Astronomie“, Nummer 28, erscheint und tatkräftig an den vier Ausgaben mit- und sind sehr auf Ihre Reaktion gespannt diese Zeitschrift für VdS-Mitglieder und arbeiten. Eine wichtige Botschaft ist, dass (einen umfassenden Bericht zu diesem den interessierten Hobbyastronomen die Mitgliedsbeiträge dadurch nicht Thema finden Sie auf Seite 121 in den vier Mal im Jahr. Dieser Beschluss angehoben werden, sondern weiterhin VdS-Nachrichten). ist nach reiflichen Überlegungen und bei 30.- EUR pro Jahr betragen (siehe Berechnungen am 25. Oktober 2008 vom nebenstehenden Bericht). Was tut sich im Jahr der Astronomie? von Sven Melchert, VdS-Vorstand
Liebe Leserinnen und Leser, Die dritte Rubrik richtet sich an Amateur- liebe Mitglieder, astronomen und wurde von den Fach- vielleicht haben Sie es schon entdeckt, gruppen der VdS zusammengestellt. dieser Ausgabe des VdS-Journals liegt eine Hier sind die instrumentellen Anfor- kleine Broschüre bei: das Jahresprogramm derungen natürlich höher und einige zum Jahr der Astronomie 2009. Hier finden Beobachtungsempfehlungen stellen eine Sie alle Informationen zu Veranstaltungen echte Herausforderung dar. Da viele und Himmelsschauspielen in diesem Amateure ihr persönliches Steckenpferd Jahr. Den Hauptteil des Jahresprogramms haben, bietet sich so die Gelegenheit, bilden die zwölf Monate Januar bis einmal in andere Beobachtungsdisziplinen Dezember. Für jeden Monat werden hier hereinzuschnuppern und so Neues zu ler- drei interessante Himmelsereignisse und nen. Beobachtungsprojekte angegeben. Das Programmheft wurde von der VdS Die erste Rubrik nennt Himmelsschau- in Zusammenarbeit mit dem Kosmos spiele, die man über einen längeren Zeit- Verlag erstellt, die allgemeinen Beob ach- raum beobachten kann, zum Beispiel den tungshinweise stammen aus dem Jahr buch Abendstern Venus zu Jahresbeginn oder „Kosmos Himmelsjahr“. Auch über nahm Weitere Sponsoren sind herzlich eingela- die „Nächte der Planeten“ im November der Kosmos Verlag das Layout des Heftes den, sich an Druck und Verbreitung des 2009. Die zweite Rubrik stellt tagesak- und ist für die Druckkosten von 100.000 Heftes zu beteiligen. Als Gegenleistung tuelle Ereignisse vor, wenn zum Beispiel Exemplaren aufgekommen. Als weiterer erhält jeder Sponsor einen Anzeigenplatz der Mond einem hellen Planeten begegnet, Sponsor hat sich der Spektrum-Verlag für sich. Interessenten wenden sich bitte an eine Finsternis zu beobachten ist oder viele bereit erklärt, das Heft den Zeitschriften Sven Melchert, Telefon 07 11 - 2 19 14 05, Sternschnuppen zu erwarten sind. „Spektrum der Wissenschaft“ und „Sterne oder [email protected]. In beiden Rubriken werden nur sehr auf- und Weltraum“ kostenlos beizulegen. Die fällige Ereignisse beschrieben, die jeder – VdS hat ihrerseits den Druck von 20.000 Wenn Sie eines der im Programmheft ange- auch ohne Teleskop – einfach am Himmel Exemplaren finanziert und stellt diese im gebenen Ereignisse beobachtet oder sogar sehen kann. Vielleicht nutzen Sie die Rahmen der Aktion zum Astronomietag fotografiert haben, dann lassen Sie es uns Gelegenheit und weisen ihre Bekannten, 2009 am 4. April den Volkssternwarten zur wissen. Wir werden im VdS-Journal regel- Verwandten oder Nachbarn auf diese Verfügung. Wie zu jedem Astronomietag mäßig darüber berichten und auch auf der Himmelsschauspiele hin, so dass auch sie werden die Sternwarten dazu persönlich Homepage www.vds-astro.de Ihre Fotos im „Jahr der Astronomie“ die Gelegenheit von der VdS angeschrieben. veröffentlichen. In diesem Sinne: auf ein haben, ein kosmisches Schauspiel live zu Die erste Auflage des Programmheftes erfolgreiches „Jahr der Astronomie“ und erleben. wird aber sicher nicht die letzte sein! allzeit klaren Himmel!
VdS-Journal Nr. 28 NACH REDAK TIONSSCHLUSS 5
VdS-Medaille 2008 an Frau Sonja Itting-Enke von Otto Guthier, VdS-Vorstand
Die VdS-Medaille 2008 erhält Frau und konnten ihre große Gastfreundschaft Sonja Itting-Enke, die im Rahmen der genießen. Frau Itting-Enke hat außerdem Bochumer Herbsttagung am 15. November viel für die astronomische Volksbildung in 2008 verliehen wurde. Die seit vielen Namibia getan, indem sie astronomische Jahren in Windhoek/Namibia lebende Frau Kurse abhält und Gästeguides astrono- Itting-Enke erhält diese Auszeichnung für misch ausbildet, die den Touristen astro- ihr astronomisches Lebenswerk und ihre nomisches Wissen vermitteln. oft selbstlose Unterstützung von vielen Frau Itting Enke ist die 10. Preisträgerin Hobby-Astronomen, die nach Namibia der VdS-Medaille, die von der VdS jähr- gereist sind und ihre Hilfe in Anspruch lich vergeben wird und Hobbyastronomen nehmen konnten. Ohne ihre tatkräftige für ihre herausragende Tätigkeiten auf Frau Sonja Itting-Enke im März 2008 in Unterstützung wäre die im Jahre 1986 dem Gebiet der Amateur-Astronomie, ihrer Sternwarte in Namibia organisierte und durchgeführte VdS- für Entdeckungen oder für Arbeiten im Reise mit 45 Sternfreunden aus Anlass Bereich der Volksbildung ehrt. Der Preis tuliert Frau Sonja Itting-Enke zu dieser der Halley-Watch-Kampagne nie zustan- ist mit einer für die VdS nicht unbedeu- Auszeichnung und wünscht ihr weiterhin de gekommen. Vielen Sternfreunden hat tenden Summe von 500.- EUR dotiert. alles Gute. (Ein ausführlicher Bericht über sie in den Jahren danach den „Blick auf Erstmals wurde damit eine Preisträgerin die Preisverleihung folgt in der nächsten den südlichen Sternhimmel“ erleichtert ausgezeichnet. Der VdS-Vorstand gra- Ausgabe des VdS-Journals.)
Die Beiträge für das Kalenderjahr 2009 sind fällig von Thomas Kessler, VdS-Vorstand ! Dieser Ausgabe des Journals ist die Beitragrechnung 2009 durch eine eventuelle Rückgabe der Lastschrift in Rechnung beigefügt. Da der Versand in einer Fensterversandtasche gestellt werden, weiterberechnet werden müssen. erfolgt, dient das Adressfeld auf der Beitragsrechnung gleich- Wegen des hohen Verwaltungsaufwands bei Schecks und zeitig dem Versand. Wer also dieses Journal erhalten hat, hat wegen der hohen Kosten bei Auslandsschecks werden auch eine Beitragrechnung bekommen. Schecks, wie in der Beitragsordnung bestimmt, grundsätzlich nicht angenommen. Um die Beiträge in der Steuererklärung geltend zu machen, bedarf es keiner gesonderten Zuwendungsbestätigung. Bis Bei Überweisungen aus dem Ausland sind folgende Angaben zu einem Betrag (Beitrag/Spende) von nicht mehr als 200,00 notwendig: €, reicht der Zahlungsnachweis in Verbindung mit der auf der Sparkasse Starkenburg Beitragsrechnung abgedruckten Bestätigung. BIC/SWIFT-Code = HELADEF1HEP Die Mitgliedsnummer besteht grundsätzlich aus vier Stellen. IBAN = DE79509514690000011745 Da in der Vereinsbuchhaltung fünfstellige Konto nummern geführt werden, wird der Mitgliedsnummer – nur für Bitte helfen Sie der Geschäftsstelle und der Buchhaltung durch Beitragszwecke – eine 1 vorangestellt. eine rechtzeitige Zahlung des Beitrages bei der Bewältigung der nicht unerheblichen Arbeiten im Zusammenhang mit dem Sofern Sie nicht den vorbereiteten Überweisungsbeleg benut- Jahreswechsel. zen, achten Sie bitte unbedingt darauf, die Mitgliedsnummer Da leider regelmäßig mehr als 10% der Mitglieder gemahnt anzugeben. Hinweise auf den Bezug einer Zeitschrift o.ä. sind werden, vorsorglich noch einmal der Hinweis, dass nach der nicht notwendig, da die Zahlungszuordnung ausschließlich Satzung die Mitgliedschaftsrechte ruhen, wenn der Beitrag über die Mitgliedsnummer erfolgt. nicht bis zum 31. März bezahlt ist. Die Beiträge können auch mit Banklastschrift eingezogen werden. Soweit Sie am Banklastschriftverfahren teilnehmen Bei Fragen im Zusammenhang mit der Beitragszahlung kön- wollen und bisher noch keine Bankeinzugsermächtigung nen Sie sich auch direkt an den Schatzmeister unter thomas. erteilt haben, setzen Sie sich bitte mit der Geschäftsstelle in [email protected] oder schriftlich an Thomas Kessler, Verbindung. Bitte beachten Sie, dass Bankspesen, die der VdS Postfach 1930, 21309 Lüneburg wenden.
VdS-Journal Nr. 28 6 NACH REDAK TIONSSCHLUSS
DAS WELTALL DU LEBST DARIN – ENTDECKE ES! Das internationale Jahr der Astronomie 2009 steht vor der Tür von Daniel Fischer
„Eine globale Feier der Astronomie die noch nie solch ein Vergnügen hatten, und ihrer Beiträge zur Gesellschaft und das war die Grundidee hinter dem IYA, Kultur“, wie es sie noch nie gegeben hat, und es werden schon seit Jahren die besten steht uns 2009 bevor: Das Internationale Wege zu diesem Ziel diskutiert. So sol- Jahr der Astronomie (International Year of len insbesondere Völkerscharen zu öffent- Astronomy, IYA), das die Vollversammlung lichen Beobachtungsaktionen gelockt INTERNATIONALES ASTRONOM der Vereinten Nationen Ende 2007 ausge- werden, welche natürlich durchweg von IEJAHR rufen hat, soll „weltweites Interesse nicht Sternfreunden ausgerichtet werden müs- nur an Astronomie sondern Wissenschaft sen: Wenn jeder der geschätzt 100.000 im Allgemeinen“ stimulieren. Doch dafür Astroaktiven dieses Planeten im Laufe wird nicht die UNO sorgen: Wie nie zuvor des Jahres hundert anderen Menschen zu sind gerade die Amateurastronomen der ihrem ersten Blick durch ein Teleskop ver- Welt gefordert und aufgerufen, dieses hilft, stehen am Ende 10 Millionen „first- Projekt mit Leben zu füllen. Nach spätem timer“, die dann wieder anderen von den kühnen Plan, zu Abermillionen sogenann- Start hat sich auch in Deutschland einiges Freuden des Selberbeobachtens berichten. te „Galileoskope“ unter’s Volk zu brin- bewegt. Ein anderer Ansatz nennt sich „Teleskop- gen, simple Bausätze für Miniteleskope, Amnestie-Programm“: Wiederum unter mit denen jeder zumindest zwei der Die Initiative war von italienischen Astro- Anleitung erfahrener Sternfreunde sollen Schlüsselbeobachtungen Galileis nachvoll- nomen ausgegangen: 2009 jährt sich ungenutzte Fernrohre aus dem Kaufhaus ziehen können sollte. Doch bald mussten zum 400. Mal der Beginn teleskopischer wiederbelebt und ihre Besitzer in ihrer die Planer einsehen, dass geringer Preis, Himmelsbeobachtungen durch Galileo Handhabung unterrichtet werden. All dies Handhabung durch blutige Laien und doch Galilei. Seine bahnbrechende Erfahrung ist natürlich sehr personalintensiv und astrotaugliche Bildqualität schlicht unver- des teleskopischen Blicks an den Himmel könnte nie eine wirkliche Breitenwirkung einbar sind – was blieb, richtet sich eher an möglichst viele Menschen teilen zu lassen, erreichen: Deswegen gab es eine Weile den Schulprojekte.
Highlights im Jahr der Astronomie: 20. Januar Eröffnungsfeier Berlin (Einladung!) 8.-28. März Nächte des Saturn weltweit 8. März Saturn in Opposition - Planet des Jahres weltweit 16.-28. März GLOBE at Night (Sterne zählen) weltweit 20. März Festakt „400 Jahre neuzeitliche Astronomie“ zu Kepler Stuttgart (Einladung!) 27. März - 16. August Ausstellung „Der Mond“ Wallraf-Richartz-Museum Köln 29. März Earth Hour (eine Stunde Lichter aus) ausgewählte Städte weltweit 2.-5. April 100 Stunden Astronomie weltweit 3. April - 31. März 2010 Ausstellung „Sternstunden - Wunder des Sonnensystems“ Gasometer Oberhausen 4. April Astronomietag deutschlandweit 12. April Yuri‘s Night (Weltraumparties) weltweit 22. April Konzert „Sternstücke“ Deutsches Museum Bonn 24. April Astronomische Frühjahrstagung Universität Würzburg 7.-14. Mai Premierenwoche des IYA-Planetariumsprogramms erst Berlin, dann ganz Deutschland & Österreich 10. Mai - 28. Juni „Flug mit dem Raumschiff Somnia zum Mars“ (für Kinder) Weil der Stadt 16. Mai 25. Astronomiemesse „ATT“ Essen 18.-26. Juni „Historische Sternwarten stellen aus“ deutschlandweit 20. Juni „Lange Nacht der Sterne“ Beethovenhaus Bonn 27. Juni IYA-Kulturfest Bonn Münsterplatz 14. August Jupiter in Opposition weltweit 21.-25. September TBC Highlights der Physik Köln 2.-4. Oktober Tagung der Vereinigung der Sternfreunde mit Ausstellung Jena 9.-23. Oktober Great World Wide Star Count weltweit 24.-25. Oktober TBC 50 Stunden Astronomie weltweit? Auf jeden Fall F+D 9.-15. November Woche der Schulastronomie deutschlandweit 31. Dezember partielle Mondfinsternis Europa u.a.
VdS-Journal Nr. 28 KALENDER 2009 / AHNERT 2009
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2009
Ahnerts Astronomisches Jahrbuch ist das unentbehrliche Standardwerk für alle Sternfreunde. Im handlichen Zeitschriftenformat enthält es alle wichtigen Informa- tionen über die Himmelsereignisse im »Internationalen Astronomiejahr 2009«, versehen mit Sternkarten, Hintergrundinformationen, Beobachtungstipps und den besten Aufnahmen von Amateurastronomen. So können sowohl Einsteiger als auch fortgeschrittene Sternfreunde Monat für Monat ihre eigenen Beobachtungen planen. Ca. 194 Seiten; € 9,80 zzgl. Porto, als Standing Order € 8,50 inkl. Inlands- versand, ISBN 978-3-938639-95-5
Astronomen präsentieren im Bildkalen- Kalender »Himmel und Erde 2009« der HIMMEL UND ERDE 2009 ihre schönsten Aufnahmen und lassen Sie an den fantastischen Möglichkeiten der modernen Natur beobachtung teilhaben. Zusätzlich bietet er wichtige Hinweise auf die herausragenden Himmelsereig- nisse 2009 und erläutert auf einer Extra- seite alle auf den Monats blättern des Kalenders abgebildeten Objekte knapp und anschaulich. 14 Seiten; 13 farbige Großfotos; Spiralbindung; Format: 55 x 45,5 cm; € 29,95 zzgl. Porto; als Standing Order € 27,– inkl. Inlandsver- sand; ISBN 978-3-411-80246-3
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1-1_Himmel_Ahnert_CD.indd 126 14.11.2008 14:09:15 Uhr 8 NACH REDAK TIONSSCHLUSS
Die breite Öffentlichkeit aber muss Einzelner. Im Raum Nürnberg, Stuttgart, Drei Webseiten zum IYA 2009 nun um so mehr von den Sternfreunden Heidelberg, Jena oder Bonn zum Beispiel der Welt an die Hand genommen wer- oder auch im Ruhrgebiet sind die Planungen www.astronomie2009.de den. Zwar sind auch zahllose andere für das IYA schon weit gediehen und auf – die deutsche Homepage Veranstaltungen angedacht, um die Freuden speziellen Webseiten dokumentiert, die www.100hoursofastronomy.org der Astronomie greifbar zu machen, aber über die zentrale Homepage zu finden sind – die Zentrale der „100 Stunden“ Starparties zu allen Gelegenheiten sollten (siehe Kasten). Andere Regionen scheinen astrojahr.blogspot.com im Mittelpunkt stehen. Oder noch besser, noch im Dornröschenschlaf zu liegen und – Nachrichten vom IYA um einen anderen Anglizismus zu benut- werden vielleicht durch Erfolge anders- zen, Sidewalk-Astronomie: Nicht das Volk wo aufgeweckt. Ein paar deutschlandweite muss zu den Astronomen kommen, son- Veranstaltungen – neben den konzertierten und in seiner ganzen Größe ausgenutzt dern die Sternfreunde kreuzen mit ihren Beobachtungsaktionen, die noch durch „50 werden wird. Auch weniger greifbare, Teleskopen dort auf, wo die Bevölkerung Stunden Astronomie“ im Herbst ergänzt dafür aber umso nützlichere Projekte sind flaniert, auf öffentlichen Plätzen, auch werden sollen – sind auch schon spruchreif: im Rahmen des IYA eingeleitet worden, mitten in der Stadt, oder tatsächlich auf So wird im Mai in knapp 30 Planetarien ein namentlich ein Pool von Vortragenden aus dem Bürgersteig. Weltweite Aktionen die- von der Europäischen Weltraumbehörde der Profi- und Amateurastronomie, die am ser Art gelten weiterhin als (der) Kern teilfinanziertes aufwändiges Programm Exzellenzcluster „Origin and Structure of des Astronomie-Jahres, wobei es aber stets anlaufen, das den Bogen von Galilei bis zu the Universe“ in Garching entstehen wird. den lokalen Sternfreunden obliegt, sich um den Satelliten Herschel und Planck schlägt, Und natürlich das Netzwerk von Webseiten Genehmigungen und Sicherheitsfragen aller während andere Aktionen (bis hin zu einer rund um das Astronomiejahr, die der breiten Art zu kümmern – Zusammenarbeit mit den Sonderbriefmarke und -münze) den nicht Öffentlichkeit einen einfacheren Zugang Kommunen ist also der erste Schritt. Ein minder bedeutenden Astronomen Johannes zu den astronomischen Ressourcen in der erstes herausgehobenes Intervall reicht vom Kepler feiern. näheren Umgebung erlauben soll als es je 8. bis 28. März, wenn das Cassini-Projekt der Auch manch lokale Veranstaltung dürfte von möglich war. Jenseits aller traditionellen NASA zu „Saturn-Beobachtungsnächten“ überregionalem Interesse sein: neben dem oder auch völlig ungewohnten Aktionen aufruft, in den Wochen nach der Opposition nationalen „Kick-Off“ in Berlin im Januar – gerade im Zusammenspiel mit Musik, des dann günstig platzierten Ringplaneten. und einem astronomischen Kulturfestival Literatur, Schauspiel, bildender Kunst Allerdings ist dann Voll- bzw. abneh- in Bonn Ende Juni wird vor allem die oder Architektur ergeben sich erstaunliche mender Mond: Wenn sich dieses popu- gigantische Ausstellung „Sternstunden – Möglichkeiten, wenn sich geeignete Partner lärste wie am einfachsten zu präsentie- Wunder des Sonnensystems“ im Gaso- finden lassen – sind es vor allem solche rende Himmelsobjekt erneut dem ersten meter Oberhausen ab Anfang April für neuen Netzwerke, die über das Jahr 2009 Viertel nähert, beginnen die „100 Stunden buchstäbliches Aufsehen sorgen. Der hinaus noch lange nachwirken und die Astronomie“ des IYA vom 2. Bis 5. April, gerade zu Ende gegangene Vorgänger mit Astronomie als zentralen Bestandteil der die den Astronomietag 2009 am 4. April Satellitenbildern der Erde lockte immer- Kultur im Bewusstsein der Allgemeinheit einschließen. Damit die Kunde von den hin rund 350.000 Besucher in das unge- verankern sollen. Wenn denn die große „100 Hours“ auch jeden erreicht, sollen die wöhnliche Bauwerk, das diesmal auch viel Welle so richtig ins Rollen kommt: Das konkreten Beobachtungen durch intensive astronomische Hardware zu bieten haben liegt allein an uns. Internet- und Massenmedienaktionen ange- trieben werden, vor allem in einem noch festzulegenden Zeitraum von 24 Stunden. The International Year of Astronomy 2009
Wie vieles im IYA sind auch diese Pläne The International Year of Astronomy 2009 (IYA2009) will be a global celebration, noch recht vage und die zentrale Webseite in developed and developing countries alike, of astronomy and its contributions to – wo jede Starparty angemeldet gehört – ist society and culture, stimulating worldwide interest not only in astronomy, but in erst im Aufbau. Die 100 Stunden sind indes science in general, with a particular slant towards young people and education at nur einer von 11 sogenannten Eckpfeilern all levels. IYA2009 will mark the monumental leap forward that followed Galileo’s (Cornerstones) des IYA, zu denen z.B. auch first use of the telescope for astronomical observations, and portray astronomy as aufwändige Wanderausstellungen astrono- a peaceful global scientific endeavour that unites astronomers in an international, mischer Großbilder und eine ausgeklügel- multicultural family of scientists working together to find answers to some of the ten Webseite zur Bündelung der besten most fundamental questions that humankind has ever asked. Astronomie im Internet gehören sollen, die den kühnen Namen „The Portal to IYA2009 is, first and foremost, an activity for the citizens of Planet Earth. It aims to the Universe“ tragen wird. In Deutschland convey the excitement of personal discovery, the pleasure of sharing fundamental muss das Jahr der Astronomie leider ohne knowledge about the Universe and our place in it and the value of the scientific cul- nennenswerte finanzielle Unterstützung des ture. […] The vision of the International Year of Astronomy (IYA2009) is to assist Bundes auskommen, der die thematischen the citizens of the world rediscover their place in the Universe through the day- and Wissenschaftsjahre ausgerechnet 2009 night time sky, and thereby engage a personal sense of wonder and discovery. All beendet. Umso mehr ist Eigeninitiative auf humans should realize the impact of astronomy and basic sciences on our daily lives, allen Ebenen gefragt, und die hat sich and understand better how scientific knowledge can contribute to a more equitable erfreulicherweise vielerorts eingestellt, and peaceful society. immer dank der unermüdlichen Arbeit (aus dem IYA-Antrag an die Vereinten Nationen)
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Computer haben sich in der Astronomie schon seit Jahrzehnten seit Jahrzehnten einen festen Platz eingenommen, obschon es als unentbehrliche Hilfsmittel erwiesen. Sie unterstützten die sich etwas anders gestaltet. Hier sind vor allem die Bereiche Arbeit der Astronomen in jeder Phase ihrer Tätigkeit, vor Beobachtungsplanung, Fernrohrsteuerung, Bildbearbeitung allem bei der Meßwertaufnahme und -analyse. oder Messwertanalyse rechnerunterstützt. Eine Sonderrolle nimmt hierin die astrophysikalische oder himmelsmechanische Simulation ein. Sachverhalte, Vor diesem Hintergrund möchten wir gern den Schwerpunkt die weder einer direkten Beobachtung noch einer ana- dieser Journalausgabe diesem Thema widmen und ihn dafür lytischen Theorie zugänglich sind, können unter Einsatz nutzen, eine Palette interessanter Artikel aus verschie- großer Rechenleistung erklärt und veranschaulicht werden. denen Zweigen der rechnenden Astronomie zu präsentieren. Simulationen haben sich neben der Beobachtung und der Vielleicht machen sie ja interessierten Sternfreunden Lust Theorie als dritte Disziplin in der Astronomie etabliert und auf mehr und veranlassen Sie dazu, sich intensiver mit sich als erfolgreiche Methode zum Erkenntnisgewinn erwie- dem Thema Software, Algorithmen und Programmierung zu EINLEITUNG sen. Auch in der Amateurastronomie haben Rechner schon beschäftigen. Helmut Jahns Programmieren in der Astronomie von Helmut Jahns
Im Internet ist bereits eine Vielfalt astro- theoretischen Beschreibung. Mit einer tierung ist gegenwärtig ein zentrales nomischer Software verfügbar, sodass man Simulation schafft sich der Program- Paradigma in der Softwareentwicklung, meinen könnte, dass es für alle Fälle mierer eine eigene „künstliche Welt“, welches im Vergleich zum weitgehend ver- schon eine passende Software gäbe und es aus der sich Erkenntnisse gewinnen las- trauten prozeduralen Programmieren zwar somit gar nicht notwendig sei, sich selbst sen und deren Resultate mit der Realität etwas abstrakter ist, aber auch mit einigen mit dem Programmieren auseinanderzu- verglichen werden können. Vorteilen aufwarten kann. Diese Technik setzen. Für viele Fälle mag es stimmen, – Das Programmieren vermittelt tiefe ist für die meisten neu und das Erlernen aber bei genauerem Hinsehen ergeben Kenntnisse des Rechners und seiner erfordert Aufwand; hierin dürfte der wahr- sich dennoch ein paar gute Gründe, sich Funktions weise. scheinlichste Grund liegen, weshalb die Programmierkenntnisse anzueignen: – Das Tüfteln, das Abstraktionsvermögen einen oder anderen Berührungsängste zum – Der Wunsch zum Selbermachen: und das analytische Denken werden Programmieren bestehen. vorhandene Software lässt unter geschult. Tatsächlich ist aber das Programmieren Umständen den Anwender Funktionen Die Möglichkeiten, die man heutzutage weniger schwierig als es den Anschein hat. vermissen oder sie entspricht nicht sei- für die astronomische Programmierung Die Gilde der Autoren von Programmier- nen Anforderungen. Ebenso kann der antrifft, können besser kaum sein. Die büchern hat den Elfenbeinturm längst ver- Programmierer die Benutzeroberfläche Hardware birgt, was Speicher und lassen und ein breitgefächertes Literatur- ganz nach eigenen Vorstellungen gestalten. Rechenleistung betrifft, keine nennens- angebot hervorgebracht, welches alle – Zu manchen Teilgebieten der Astro- werten Einschränkungen mehr; für die Niveaus bedient und den Einstieg erheb- nomie ist schlicht kein Angebot an Entwicklung stehen zahlreiche, oft kosten- lich erleichtert. Zudem kann im Netz auf Software verfügbar. lose und leistungsfähige Tools bereit und jede Menge Ressourcen wie z.B. Online- – Der Wunsch, Programmierkenntnisse für Benutzeroberflächen bzw. grafische Artikel oder Newsgroups zurückgegrif- in Form einer Weiterbildung zu Ausgaben sind äußerst leistungsfähige fen werden. Es lässt sich nahezu jede erwerben oder zu erweitern, sei es Bibliotheken verfügbar. Der Entwicklung Information bekommen, die man braucht. aus beruflichen Gründen oder des rei- eigener Software steht von technischer nen Interesses wegen. Keine andere Seite somit nichts im Wege. Die ersten Schritte Herangehensweise vermittelt einen der- Tatsächlich ist die eigenständige Software- Wenn der Entschluss steht, das Program- art vertieften Einblick in die zu bearbei- entwicklung unter Amateurastronomen mieren zu erlernen, und am Anfang noch tende Fragestellung wie es am Rechner weniger verbreitet als man zunächst jegliche Orientierung fehlt, so ist man für zu programmieren. annehmen möchte. Der Grund hierfür ist jede Hilfe dankbar. Eine Empfehlung für – Vielfach mangelt es an kleinen Tools, nicht nur die bereits angeführte einfache die ersten Schritte sind, neben Büchern wie z.B. Konvertern zum Austausch Verfügbarkeit anderer Software über das natürlich, Programmierkurse, die in ein- von Daten zwischen verschiedenen Internet, die eine Eigenentwicklung über- schlägigen Computermagazinen (z. B. die Applikationen mit zueinander inkompa- flüssig machen kann, sondern auch die c‘t) in loser Folge erscheinen und sich tiblen Datenformaten. Möglichkeiten, welche heutige Software- speziell an Einsteiger richten (z. B. [1]). – Die Notwendigkeit, ein eigenes entwicklung mit sich bringt. Grafische Diese Kurse sind i.d.R. relativ kostengün- Auswerte ver fahren umzusetzen. Benutzeroberflächen beispielsweise müs- stig online zu beziehen. – In Form von Simulationen gibt es sen zwar längst nicht mehr selbst pro- Was soll man nun programmieren? Man eine völlig eigenständige Klasse von grammiert werden, jedoch erfordern sie sollte vermeiden, mit viel zu hohen Software. Sie behandeln Teilgebiete den Umgang mit umfangreichen Soft- Erwartungen und entsprechend komplexen der Astronomie, die der direkten warebibliotheken. Aufgaben zu starten. Für den Einstieg Beobachtung oder Messung eben- Diese Softwarebibliotheken sind meist bieten sich z.B. überschaubare Be- und sowenig zugänglich sind wie einer objektorientiert gehalten. Objektorien- Umrechnungsprogramme an – Aufgaben,
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Integrierte Entwicklungsumgebungen ermöglichen es, Dialoge mit Menüs, Auswahl- und Eingabefeldern, Buttons u. dgl. grafisch zu erzeugen und mit Eigenschaften (links im Bild) zu versehen. Hierfür wird ebenso wie für die Behandlung von Ereignissen (z.B. Mausklicks) automatisch entsprechender Code erzeugt. Dem Programmier werden so die elementaren Dinge abgenommen, sodass er sich auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren kann. an denen die Astronomie geradezu reichhal- tig ist und die schon bald Erfolgserlebnisse Überblick zu Programmierumgebungen und Tools (Auswahl) bescheren. Eventuell könnte man sich beim ersten Programm auf eine reine Konsolen- anwendung festlegen, also ein Programm, MS Visual Studio ist eine integrierte Entwicklungsumgebung für Windows und das ohne grafische Benutzeroberfläche unterstützt die Sprachen Visual Basic, C# und C++. Eine Express-Variante mit auskommt und über die Kommandozeile eingeschränktem Leistungsumfang ist kostenlos im Netz verfügbar. aufgerufen und gesteuert wird. Der Vorteil Delphi ist eine auf Pascal basierende objektorientierte Sprache für Windows. ist, dass man sich zunächst auf das Erlernen Die zum Herunterladen freigegebene Explorer-Version von Turbo Delphi ist im der Sprachstrukturen konzentrieren kann. Funktionsumfang geringfügig eingeschränkt. Eine Benutzeroberfläche kann man bei Die GNU Compiler Collection (gcc) ist eine Sammlung freier Compiler des GNU- Bedarf immer noch nachrüsten. Projekts für verschiedene Programmiersprachen (u. a. C, C++ und Java). Es gibt Portier- ungen der Tools für mehrere Betriebssysteme. Außerdem ist das Crosscompilieren für Der Mensch wächst an seinen Aufgaben andere Plattformen möglich. Das A und O sind gute Bücher. Mit der Java ist eine Programmiersprache, deren Anwendungen auf mehreren Plattformen Zeit entwickelt sich auch ein Gefühl (Windows, Linux und Unix) mit Java-Interpretern lauffähig sind. Die Java-Laufzeit- dafür, welche Bücher einen weiterbrin- umgebung kann frei von der Sun-Homepage heruntergeladen werden. gen. Das Stöbern vorab ist beim Kauf Eclipse ist eine weitverbreitete integrierte Entwicklungsumgebung. Sie vereinigt die von Programmierbüchern enorm wichtig. Steuerung aller Prozesse, welche die Programmierung begleiten, wie z. B. das Edi- Speziell zu astronomischen Berechnungen tieren, Compilieren, Debuggen oder die Navigation im Quelltext. Obwohl Eclipse für gibt es einige hervorragende Werke, von Java prädestiniert ist, gibt es auch Erweiterungen für andere Programmiersprachen. denen hier nur eine Auswahl genannt wird Scilab ist ein Softwarepaket zur numerischen Mathematik, welches neben zahl- [2-4]. reichen mathematischen Funktionen eine Programmierschnittstelle bietet. Der Mit den Fortschritten, die sich einstellen, Vorteil liegt auf der Hand: die Programmierung komplexer mathematischer Routinen tritt die Auseinandersetzung mit dem rich- in Eigenregie entfällt. tigen Gebrauch und Schreibweisen der
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Kommandos einer Programmiersprache zunehmend in den Hintergrund und man Tipps zum Programmieren beginnt, sich mehr Gedanken über die Struktur seiner Programme, guten Stil, Es gibt ein paar Dinge, mit denen man sich beim Programmieren das Leben Effizienz, besondere Vorgehensweisen um einiges erleichtern kann. Die aufgeführten Punkte sind zum großen Teil und Tools zu machen. Man bekommt Erfahrungswerte, die aus diversen Softwareprojekten hervorgegangen sind. außerdem ganz andere Perspektiven auf Projektorganisation und technische 1. Es ist sehr hilfreich, sich vor dem Schreiben der ersten Programmcodezeile Zusammenhänge; eine ungemein wert- Gedanken über den Funktionsumfang und die Gestaltung des Programms volle Erfahrung, die man ab einem (Stichwort: Softwarearchitektur) zu machen, insbesondere wenn es sich um ein gewissen Zeitpunkt auf keinen Fall Tool mit mehr als ein paar hundert Zeilen Code handelt. Auf diesem Wege ver- mehr missen möchte. Die astronomische ringert man die Gefahr, sich die Erweiterbarkeit und Wartbarkeit des Programms Programmierung ist ein spannendes und zu verbauen. Außerdem wird das Programm effizienter und man bekommt ein reizvolles Thema. In den Kästen sind besseres Gefühl für den zu erwartenden zeitlichen Aufwand. ein paar weitere Infos zusammengetra- gen, welche eine Orientierung bieten und 2. Die Frage, was das Programm leisten und welchen Funktionsumfang es sich für die Praxis als ungemein nützlich besitzen soll, ist wichtiger einzuordnen als die Frage nach der zu verwendenden erwiesen haben. Betätigungsfelder finden Programmiersprache, dem Betriebssystem oder der Plattformunabhängigkeit. sich viele: Bildbearbeitung, Astrophysik, Optik, Himmelsmechanik, Auswertung von 3. Berechnungen und Programmlogik sollten im Quelltext möglichst gut von der Messungen, um nur einige zu nennen. Darstellung der Daten und dem Einlesen von Eingaben getrennt werden. Auf die- Natürlich besteht auch die Möglichkeit, sem Wege gewinnt das Programm eine gute Struktur und zahlreiche Fehler und sich bei Fragen zu Algorithmen direkt Nachteile werden von vornherein vermieden. an unsere Fachgruppe zu wenden. Die Ansprechpartner sind Bernward Grosse 4. Quelltexte sollten stets mit aussagekräftigen Kommentaren versehen werden. [email protected] und Helmut Jahns [email protected] 5. Für mathematische Verfahren sind zahlreiche Bibliotheken verfügbar (z.B. BOOST). Die Einarbeitung in die Benutzung fremden Codes ist unter Literatur Programmierern zwar unbeliebt, jedoch ist in vielen Fällen deutlich weniger Zeit [1] Schäpers/Huttary, Entwicklungshilfe - aufzuwenden, als wenn mathematische Routinen selbst programmiert und fehler- Programmieren mit dem Visual Studio bereinigt werden müssen. Express, c‘t 04-11/2006, online zu bezie- hen unter www.heise.de/kiosk/archiv/ct [2] Meeus, Astronomical Algorithms, Atlantic Books, 2005 [3] Montenbruck, Pfleger, Astronomie mit Mein Weg zur astronomischen dem Personal Computer, Springer, 2004 [4] Danby et al., Astrophysics Simulations, Programmierung John Wiley Inc., 1995 von Ralph Brinks
„Sage es mir, und ich vergesse es; zeige es mir, und ich erinnere mich; lass es mich programmieren, und ich behalte es.“ (Variation eines Satzes, der Konfizius zugeschrieben wird)
Wie bei vielen Leuten meiner Generation erstellte kleinere Programme selbst oder (geboren in den frühen 1970er Jahren) bekam tippte sie aus Zeitschriften ab. Ich erinne- ich den ersten Kontakt mit Rechnern über re mich einen abgetippten Vokabeltrainer, das, was man damals einen Heimcomputer den man selbst mit Daten füttern konn- nannte. Unser Heimcomputer war ein te und wie ich begann, eigene kleine Commodore 64 (kurz C64), den mein Programme zu erstellen. Vor dem Vater aus Neugier und technischem Hintergrund der schönen bunten Spiele Interesse angeschafft hatte. Unter uns waren allerdings die Möglichkeiten, mit Kindern war es schick, sich damit zu BASIC ansprechende Grafiken zu erstel- beschäftigen, wobei die meisten den C64 len, sehr begrenzt, weshalb mein Interesse als Spielekonsole nutzten. Spiele wurden zugunsten anderer Beschäftigungen nach- in der Schule diskutiert und ausgetauscht. ließ. In der weiterführenden Schule hatte Das mitgelieferte Handbuch enthielt eine der Computer-Unterricht Ende der 80er Beschreibung der Programmiersprache Jahre ein Schattendasein. Informatik BASIC. Wer richtig etwas auf sich hielt, war ein Wahlfach und ich erinnere mich
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dabei lebhaft an die Programmiersprache Hürden der Computer-Wissenschaften Zusammen mit dem Aufkommen des Logo, mit der man leicht Linien und erzählte. Eines der Schreckgespenste Internets und den Diensten World Wide andere geometrische Elemente auf dem hieß dynamische Speicherverwaltung, Web (WWW) und E-Mail begriff ich lang- Bildschirm darstellen konnte. Später wurde womit man meint, dass ein Programm sam, welche Möglichkeiten Computer im Informatikunterricht auch PASCAL während der Ausführung Speicher anfor- boten, einerseits für die Kommunikation, gelehrt, eine Programmiersprache, deren dert und wieder freigibt. Häufig legt man andererseits für die Naturwissenschaft. Strukturen auch heute noch anzutreffen vor dem Ablaufen fest, wieviel Speicher Natürlich hatte ich von den Problemen der sind. Die Informatikkurse fanden par- ein Programm benötigt. Bei bestimmten angewandten Mathematik gehört, z.B. die allel zu den Naturwissenschaften wie Anwendungen muss dies aber zur Laufzeit Nullstellen einer Funktion zu bestimmen, Physik und Chemie statt, letztere hielt ich geschehen. Ein einfaches Beispiel ist wenn eine analytische Lösung unmöglich damals für die bessere Wahl. Zwar bekam ein Programm zur Matrizenrechnung, ist. Ein Beispiel ist die Kepler-Gleichung, ich noch während der Schulzeit einen bei der Benutzer während der Laufzeit die für die Positionsbestimmung von Personal Computer; meine Aktivitäten die Dimension der Matrizen verändern Planeten eine Rolle spielt. Erst, als ich selbst beschränkten sich aber im Wesentlichen kann. Offenbar hatte dieses Konzept den eine Nullstelle dieser Gleichung berechnet auf Textverarbeitung. Informatiker fasziniert und offenbar auch hatte und den Wert des Ergebnisses für die Die moderne Datenverarbeitung auf dem einige Mühen gekostet. Das Problem inte- Lösung des Positionsproblems gesehen PC hat mich in meinen astronomischen ressierte mich allenfalls theoretisch, bis zu hatte, habe ich mich langsam mit den Interessen unterstützt, denn meinen ersten dem Tag, wo ich selbst einen Algorithmus Methoden der Numerischen Mathematik himmelskundlichen Vortrag habe ich dort zur Matrizenrechnung als Übungsaufgabe angefreundet. Das war der Beginn einer eingetippt und auf einem Nadeldrucker für das Mathematikstudium umsetzen großen Freundschaft, die bis heute andau- ausgegeben. Das war ein ohrenbetäu- musste. Für eine Weile wurde auch mir ert. Die angewandten Probleme haben bendes Erlebnis. die dynamische Speicherverwaltung mich bis zu meiner Abschlussarbeit und eine Hürde, bis ich nach Semesterende zur Promotion geführt, sogar darüber Während meines Mathematikstudiums in einem PASCAL-Kurs meine Pro- hinaus in den Beruf. Mitte der 90er Jahre wohnte ich in grammierkenntnisse im Hinblick auf einer Wohngemeinschaft mit einem dynamische Speicherverwaltung ergänzen Ich denke, es ist müßig, den Stellenwert Informatiker, der mir allerlei von den konnte. von Computern in der Berufswelt zu
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erläutern. Die meisten nutzen den PC für -untergangszeiten, inklusive Tageshöhe berechnet hat, hat bei der Betrachtung des die Kommunikation und zur schnellen der Sonne auf +/- 4 Minuten in weniger Himmelskörpers ein wesentlich innigeres Informationsbeschaffung. Im technisch-, als 100 Programmzeilen berechnet. Jeder, Verhältnis zur Beobachtung, als wenn wissenschaftlichen Bereich wird der PC der sich so einen Algorithmus mal selbst man die Daten aus dem Jahrbuch oder aber auch noch mit Rechenaufgaben erarbeitet oder nachprogrammiert hat, dem Internet erhalten hat. Zuweilen lassen im ursprünglichen Sinne gefüttert – ein lernt eine ganze Menge über Astronomie, sich rechnerisch gar Dinge erschließen, Aspekt, der von vielen Nutzern manchmal in diesem Fall etwa über die Refraktion die für das Auge völlig unsichtbar sind. leicht übersehen wird. Ich möchte diesen und die Zeitgleichung. Die gewonnenen Als Beispiel nenne ich den Sonnentransit Punkt im Hinblick auf die Astronomie Erkenntnisse können gemäß des Mottos zu des Planetoiden Adonis. Dieser war mit etwas erläutern. Als Astronomen stehen Beginn dieses Aufsatzes sicher länger erin- Mitteln des Amateurastronomen nicht beo- wir manchmal vor dem Problem, wann der nert werden, als wenn man nur passiv etwas bachtbar, wohl aber rechnerisch „sichtbar“ Mond auf- und untergeht, wo ein Planet über Zeitgleichung und Refraktion gelesen [4]. Der Denker Bertrand Russell sagte am Himmel zu sehen ist oder wann es an hat. So ein kleines Projekt ist einfach einmal, er wundere sich immer wieder, wie einem Beobachtungsort astronomisch dun- zu verwirklichen, auch wenn man kaum übereinstimmend die Zahlen die Vorgänge kel wird. Typischerweise schauen wir dann Erfahrungen mit dem Programmieren hat. und das Fließen der Natur bändigen und ins Jahrbuch. Es gibt Fälle, in denen das Der Autor dieser Zeilen empfiehlt, eine begreifen können. In dieser Einheit von nicht hilft, weil z.B. der Urlaubsort hin- der kostenlosen Mathematikumgebungen Theorie und Praxis liegt für mich die sichtlich des Dämmerungsbeginns nicht Octave [2] oder Scilab [3] zu wählen. Dort Faszination und Schönheit der rechnenden erfasst ist. Dann schaut man im WWW kommt man zügig zu Ergebnissen, ohne Astronomie. nach und übernimmt passiv die gefun- umständlichere Konstrukte einer höheren denen Werte. Nun kann man solche Fragen Programmiersprache – wie die oben Literatur: aber auch aktiv, d.h. rechnerisch klären. erwähnte dynamische Speicherverwaltung [1] Arnold Barmettler: Auf-/Untergang und Meist reichen einfache geometrische – zu lernen. Ich bin mir sicher, dass Azimut/Höhe der Sonne http://lexikon. Überlegungen, ein Rechner (zum echten jeder, der mit seiner selbst berechneten astronomie.info/zeitgleichung/sunscript. Rechnen) und schon kann man das Problem Untergangszeit am Urlaubsort einen male- html, Zugriff 20. August 2008 selbst mit brauchbarer Genauigkeit lösen. rischen Sonnenuntergang beobachtet, die- [2] Octave, http://www.octave.org Als Beispiel nehme ich den Algorithmus sen noch intensiver in schöner Erinnerung [3] Scilab, http://www.scilab.org für die Auf- und Untergangszeiten [1], halten wird. Das lässt sich verallgemei- [4] Ralph Brinks: Der Planetoid Adonis vor der für alle Orte der Erde zwischen -65° nern: jeder, der selbst die Position eines der Sonnenscheibe, VdS-Journal Nr. 27, und +65° Breite die Sonnenauf- und Planeten oder Asteroiden am Himmel 2008 Paralleles Programmieren für die Astronomie von Helmut Jahns
Während noch vor einigen Jahren der Prozessortakt bei PCs mit gewohnter Segment 1 Regelmäßigkeit erhöht wurde, ist in letzter Zeit eine Stagnation zu beobachten, da die Segment 2 Prozessorhersteller bei der Miniaturisierung offenbar an Grenzen gestoßen sind. Als Folge verlagerte sich der Fortschritt bei der Prozessorentwicklung immer mehr zur Parallelisierung, die einen Leistungsgewinn ... durch Verteilen von Aufgaben auf mehrere Prozessorkerne versprechen. Gegenwärtig werden PCs mit Multikernsystemen ange- boten, die bis zu vier Prozessoren auf sich vereinigen – eine Technik, die bislang ausschließlich Großrechnern vorbehalten war, hält nun auch bei Heimanwendern Segment n Einzug. Nicht jede Anwendung kann die Multikern- funktionalität auf Anhieb nutzen; viel- Bei der Bildbearbeitung kann eine Zeichenebene in mehrere Segmente zerteilt mehr muss sie bereits bei der Entwicklung werden (z.B. in Streifen, wie hier dargestellt). Diese Segmente können verschie- explizit auf die Ausführung mehrerer denen Threads (Befehlsstränge) zugewiesen werden. Befehlsstränge (Multithreading) vorberei- tet werden, was Vorbedingung für das sem Trend stark profitieren, jedoch lohnt Niemand würde auf die Idee kommen, Verteilen auf mehrere Prozessorkerne ist. sich parallele Programmierung nur bei die klassische ungestörte Ephemeriden- Astronomische Software kann von die- besonders rechenintensiven Algorithmen. rechnung, die in Sekundenbruchteilen
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erfolgt, parallelisiert programmieren zu wollen – der minimale Nutzen rechtfertigt den Mehraufwand in der Programmierung Das Verfahren von Bulirsch-Stoer erweitert die Numerische Integration nicht. dahingehend, dass man den Schritt von t nach t+h nicht nur einmal, sondern Das Standardverfahren in der Parallel- n-mal ausführt, wobei die Schrittweite h für jede Ausführung wiederum in programmierung ist das Multithreading, Unterschritte unterteilt wird: h/2, h/4, h/8, ..., h/2n. Je kleiner die Schrittweite, bei dem die abzuarbeitende Aufgabe auf desto genauer ist die ermittelte Position, aber desto langsamer wird ihre mehrere separate Befehlsstränge ver- Berechnung. teilt wird. Bereits bei herkömmlichen Man bekommt über jeden Feinheitsgrad eine Folge von Koordinaten für t+h, Einzelkernprozessoren kann auf die- wobei diejenige mit der Schrittweite h/2n die genaueste ist und die Folge sem Wege eine scheinbar gleichzeitige konvergiert. Man könnte versuchen, mit möglichst großen Werten für n eine Programmausführung erreicht werden, maximale Genauigkeit zu erzielen, aber dies ist aus mehreren Gründen nicht wenn auch ohne Geschwindigkeitsvorteil. praktikabel; stattdessen extrapoliert man die Folge für n gegen unendlich. Gängige Entwicklungsumgebungen halten Wegen der Konvergenz der Folge ist dieser Vorgang gefahrlos. deswegen schon seit längerem entspre- Die Berechnung für die verschiedenen Feinheitsgrade erfolgt unabhängig von- chende Techniken bereit. einander, sodass diese auf mehrere Threads verteilt werden können. Ob Multithreading sinnvoll ist, muss vorab sorgfältig und fallbezogen geprüft werden, denn nicht jede Aufgabe eignet sich dafür. Ideal sind jene, bei denen die verschie- denen Threads nicht oder nur selten ihre Daten untereinander abgleichen müssen (Nebenläufigkeit). Der Grund liegt auf der Hand: häufiger Datenabgleich erfor- dert weitere Rechenleistung mit der Folge, dass der Performancezuwachs durch die Parallelisierung zunichte gemacht wird. Bahnabschnitt eines Himmelskörpers, wie er sich für den Bulirsch-Stoer-Algorithmus darstellt. Je kleiner die Typischer Anwendungsfall paralleler astro- Schrittweite h wird, desto besser passt sich die rechne- nomischer Programmierung ist neben der rische Bahntrajektorie der tatsächlichen (gestrichelt) an. Abbildungsberechnung in der Optik die Der Grenzübergang h gegen 0 (entspricht n gegen unend- Bildbearbeitung. Eine Grafikfläche lässt lich) erfolgt durch Extrapolation. sich stets in mehrere Segmente untertei- len, die unabhängig voneinander berech- net werden können (mit Einschränkungen von denen der übrigen Himmelskörper Die Prozessoren sind häufig ungleichmäßig allerdings, z.B. wenn Operationen von abhängen. Man könnte versucht sein, die ausgelastet, da auf dem Rechner zeitgleich Nachbarpixeln abhängen). Berechnung der jeweils drei Orts- und noch andere Prozesse ausgeführt werden. Geschwindigkeitskoordinaten auf sechs Um zu vermeiden, dass ein Prozessor, Numerische Integration Threads zu verteilen. Da nach jedem der seine Aufgabe aufgrund geringer Last Ein Klassiker unter den astronomischen einzelnen Rechenschritt die Ergebnisse schneller erledigt, im Leerlauf auf die ande- Algorithmen ist die Numerische Inte- abgeglichen werden müssen, ist dieses ren warten muss, lässt sich häufig eine grö- gration [1]. Sie erlaubt die Berechnung Verfahren sehr ineffizient. ßere Zahl von Teilaufgaben definieren als der Positionen von Himmelskörpern im Dies ist aber keineswegs das letzte Wort. Prozessorkerne vorhanden sind. Man erhält Sonnensystem unter Berücksichtigung Oftmals kann die Parallelisierbarkeit über so einen Pool an Teilpaketen, aus dem man gravitativer Störungen, die von den die Wahl geeigneter Verfahrensvarianten jedem Prozessor nach Beendigung seiner Planeten ausgeübt werden. Hieraus kön- erzwungen werden. Das Beispiel des vorigen Teilaufgabe sofort und dynamisch nen Gleichungen aufgestellt werden, mit Algorithmus von Bulirsch-Stoer aus dem eine neue zuweisen kann. Die CPU-Last denen anhand der Orts- und Geschwindig- Kasten demonstriert sehr schön, welche verteilt sich auf diesem Wege gleichmä- keitskoordinaten aller beteiligten Objekte Freiheitsgrade es zur Parallelisierung eines ßiger und die Gesamtperformance steigt. zum Zeitpunkt t ein kompletter Satz neuer Algorithmus gibt. Es gibt Anwendungen, die mehr als einen Koordinaten berechnet werden, die dem Algorithmus zur Erledigung einer Aufgabe späteren Zeitpunkt t+h entsprechen, wobei Tips & Tricks beherrschen. Doch welcher ist der effi- h die sogenannte Schrittweite ist. Diese Parallele Anwendungen zu programmieren zienteste? Häufig kann dies nicht von Rechenvorschrift wird mit den erhaltenen ist mit einem etwas höheren Aufwand und vornherein bestimmt werden. Anstatt dem Ergebnissen ständig wiederholt, und man größerer Sorgfalt verbunden. Die wohl Anwender die Auswahl zu überlassen bekommt mit diesem Verfahren sehr prä- wichtigste Neuerung besteht darin, dass (was schon allein deshalb nicht zweck- zise Positionen der Himmelskörper zu beim Programmieren nicht nur Logik und mäßig ist, da der Anwender mit solchen beliebigen Zeitpunkten. Es hat jedoch den Struktur, sondern zusätzlich das zeitliche Implementierungsdetails nichts zu tun hat. Nachteil, dass es sehr leistungshungrig ist. Verhalten beim Ablauf zu beachten ist. Außerdem kann der Anwender sich für Für die parallele Ausführung scheint die Es gibt ein paar weitere Dinge, mit deren einen ineffizienten Rechenweg entschei- Numerische Integration auf den ersten Blick Beachtung man sich das Leben erheblich den), könnten die Algorithmen gleichzeitig denkbar ungeeignet, da alle Koordinaten vereinfachen kann: ablaufen, wobei einer von ihnen sich als
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der erfolgreichste erweisen wird. Noch Wenn mehrere Threads auf dem gleichen Parallelprogrammierung ist softwaretech- bessere Ergebnisse bekommt man, indem Datenstand arbeiten, z.B. wenn sie die nisch außerordentlich reizvoll und ihre die Effizienz jedes Verfahrens gemessen Rechenergebnisse anderer Befehlsstränge Bedeutung wird in der nächsten Zeit und dem erfolgreichsten Algorithmus der benötigen, so arbeiten die schnelleren weiterhin ansteigen. Die Astronomie größte Anteil an Rechenzeit zugewiesen Threads bei fehlender Synchronisation auf bietet zudem ein reichhaltiges Feld von wird. möglicherweise veralteten oder gar inkon- Anwendungen. Die nächsten Jahre werden voraussicht- sistenten Daten weiter, da langsamere lich Prozessoren mit einer noch größeren Threads mit ihren Ergebnissen nicht hin- Anzahl an Kernen hervorbringen. Daher terher kommen – ein fataler Fehler, der Literatur: sollte nach Möglichkeit die Anzahl der zudem mit geringer Programmiererfahrung [1] Press et al., Numerical Recipes, Prozessorkerne als variabel und nicht als schwer zu entdecken ist. Es gibt verschie- Cambridge University Press, 2007 fest angenommen werden, sprich: die dene Verfahren, dem im Vorfeld zu begeg- Software nach oben skalieren lassen. nen, z.B. mit Kritischen Abschnitten oder Synchronisation ist ein zentrales Thema. Semaphoren. Fehlerabschätzung und Erkennung von Ausreißern mit Hilfe des Leaving-One-Out- Verfahrens von Sirko Molau
Das Problem In der messenden Astronomie besteht häu- fig die Aufgabe darin, aus einer Anzahl von fehlerbehafteten Einzelmessungen oder –schätzungen einen verlässlichen Mittelwert zu bilden oder eine Funktion anzupassen (d.h. den oder die Parameter der Funktion zu schätzen).
Typische Beispiele sind – Astrometrie: Ermittlung der Plattenkonstanten aus einer Vielzahl von Positionsmessungen (x/y-Koordi- naten) von Referenzsternen, um wiede- rum die Koordinaten eines beweglichen Objekts (z.B. Kleinplanet, Meteor, Komet) zu ermitteln – Photometrie: Ermittlung der Abhängigkeit zwischen der gemes- In einem Referenzbild einer bildverstärkten Meteorkamera mit starker Verzeichnung wurden senen Helligkeit (Pixelsumme) und der 25 Referenzsterne (markiert durch grüne Kreuze) vermessen. Aufgrund der geringen Zahl an Magnitude von Referenzsternen, um Messpunkten (25 Messungen bei 7 freien Parametern) war der mittlere quadratische Fehler die Helligkeit eines variablen Objekts mit 1,5´ viel zu optimistisch – der mittlere Leaving-One-Out-Fehler betrug 2,4´. (z.B. Kleinplanet, Meteor, Komet, Veränderlicher) zu ermitteln Häufig besteht die Aufgabe zudem darin, die Funktion trivialer Natur ist, lässt – Zeitmessung: Mittelung von vie- eine Fehlerabschätzung zu liefern und sich der optimale Wert des Parameters len Einzelzeitmessungen eines mögliche Ausreißer, welche die Messung in der Regel analytisch herleiten (z.B. Kontaktereignisses, um einen verfälschen, zu erkennen und zu elimi- durch lineare Regression) – bei komplexen mittleren Kontaktzeitpunkt zu nieren. Abhängigkeiten werden iterative Verfahren erhalten (z.B. Sternbedeckungen, (z.B. der EM-Algorithmus) verwendet: Mondverfinsterungen und Die Parameter- und Fehlerschätzung Man geht von einem Ausgangswert aus Meridiandurchgänge bei Planeten, In der Regel wird zur Bestimmung des und variiert den Parameter so lange, bis die Helligkeitsminima und -maxima bei unbekannten Wertes (Parameter einer Fehlerquadratsumme minimal ist. Veränderlichen) Funktion oder Mittelwert) die Methode – Objektzählung: Mittelung von einzel- der kleinsten Fehlerquadrate verwendet: Häufig wird die Qualität des ermittelten nen Aktivitätsmessungen, um einen Dazu wird der Parameter so gewählt, dass Parameters auf dieselbe Art und Weise geglätteten Mittelwert zu erhalten (z.B. die Summe der quadrierten Abweichungen geschätzt, d.h. man gibt die mittlere qua- Meteore, Sonnenflecken) der Einzelmessungen minimal ist. Wenn dratische Abweichung (mean squared
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error – MSE) der Einzelmessungen vom Mittelwert bzw. der Funktion an. Dieser Wert ist jedoch zu optimistisch, weil jede einzelne Messung bzw. Beobachtung dop- pelt in die Berechnung einfließt – einmal zur Ermittlung des unbekannten Parameters und einmal zu dessen Fehlerabschätzung. Besonders bei einer kleinen Anzahl von Messungen ist der reale Fehler größer als die mittlere quadratische Abweichung.
Das kann man sich an folgendem Gedan- kenexperiment leicht veranschaulichen: Es soll die Lage eine Gerade geschätzt werden und es liegen genau zwei (nicht identische) Beobachtungen (Punkte ent- lang der Gerade) vor. Es ist trivial eine Gerade zu finden, die beide Punkte trifft, so dass der mittlere quadratische Fehler der Lösung Null ist, obwohl jeder, der beiden Beobachtungen fehlerbehaftet sein kann.
Die Lösung Wie kann man es besser machen? Bei der Kreuzvalidierung (cross validation) teilt Werden die Leaving-One-Out-Fehler der einzelnen Sterne (grüne Punkte) grafisch darge- man die Menge der Messungen zufällig stellt (größerer Durchmesser = größerer Fehler), können falsch identifizierte Referenzsterne in zwei Teile: Man berechnet aus der (Ausreißer) schnell ermittelt werden. Das im Hintergrund dargestellte Koordinatensystem ersten Hälfte den Wert des unbekannten ergibt sich aus den Plattenkonstanten und zeigt deutlich die Verzeichnung an den Parameters und benutzt die zweite Hälfte Bildfeldrändern. der Messung, um die mittlere quadratische Abweichung und damit die Qualität der dierung besteht darin, dass zur Parameter- Die Grundidee ist dieselbe: Man ermit- Schätzung zu ermitteln. Dann tauscht man schätzung jeweils nur die Hälfte der telt den unbekannten Parameter aus einer die beiden Hälften über Kreuz aus, d.h. Messungen herangezogen werden – der Teildatenmenge und nutzt die verbliebenen man ermittelt aus der zweiten Teilmenge Fehler ist also wiederum zu pessimistisch. Beobachtungen zur Fehlerabschätzung. In den unbekannten Parameter und nutzt die Dieser Nachteil wird bei einer Spezialform, diesem Fall wird das Verfahren jedoch erste Teilmenge zur Fehlerabschätzung. der Leaving-One-Out-Kreuzvalidierung zyklisch wiederholt und es wird jeweils Ein Nachteil der (einfachen) Kreuzvali- (L1O Algorithmus), vermieden. nur eine Messung zur Fehlerabschätzung
Bei der Vermessung einer Meteorspur kann mit Hilfe des Leaving-One-Out-Algorithmus eine fehlerhafte Meteorposition (rot) problemlos eliminiert werden, so dass die mittlere Meteorbahn (grün) korrekt berechnet wird.
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entnommen, wie der folgende Ablaufplan darauf bedacht ist, den Fehler für diese Abbildung 1 zeigt ein Beispiel, bei dem nur schematisch darstellt. Einzelmessungen zu verringern. Der ermit- 25 Referenzsterne (markiert durch grüne telte Parameter wird also große systema- Kreuze) für ein Polynom dritten Grades – Schleife über alle Messungen i tische Abweichungen aufweisen und auch vermessen wurden. Der mittlere quadra-
– Entnehme die Messung mi der mittlere quadratische Fehler ist größer tische Fehler über alle Referenzsterne – Schätze den unbekannten Parameter als erwartet. betrug 1,5´, der mittlere L1O-Fehler hin-
Pi auf Basis aller Messungen außer mi gegen 2,4´, also 60% mehr.
– Ermittle den quadratischen Fehler ei Woran erkennt man nun aber, welcher Mess-
der entnommenen Messung mi auf wert fehlerhaft ist? Der L1O Algorithmus Bei der Fortsetzung der Messung wurde
Basis von Pi liefert eine individuelle Fehlerschätzung versehentlich ein Referenzstern falsch – Wiederhole die Schleife für alle anderen für jede einzelne Messung und der Fehler identifiziert. Am mittleren Gesamtfehler Messungen i des Ausreißers ist überproportional groß. macht sich dieser Ausreißer bemerkbar. – Bilde den Mittelwert über die Einzel- Er kann also leicht als solcher identifiziert Stellt man dann die L1O-Fehler der ein-
fehler ei und eliminiert werden. zelnen Referenzsterne grafisch dar, wobei der Durchmesser eines Sterns seinem Das Verfahren ist rechenaufwändiger als die Ein Beispiel Positionsfehler entspricht, ist der Ausreißer übliche Methode, bei der alle Messungen Zum Schluss ein praktisches Beispiel: Mit schnell identifiziert (Abbildung 2). bei der Parameter- und Fehlerabschätzung der Software MetRec werden Meteore eingehen, aber sie liefert vor allem bei automatisch in Videoaufnahmen erkannt Auch bei der Vermessung von Meteore kleinen Datenmengen einen viel realis- und vermessen. Dazu werden zuvor kommt die Ausreißererkennung zum tischeren Wert. Referenzsterne vermessen und die Platten- Einsatz. Abbildung 3 zeigt ein typisches konstanten berechnet, mit Hilfe derer Meteor, das auf acht Videoframes (grün Ausreißererkennung x/y-Koordinaten in Rektaszension und markiert) erkannt und einzeln von der Dasselbe Verfahren eignet sich auch Deklination umgerechnet werden können. Software vermessen wurde. Fälschlicher zur Erkennung und Eliminierung von Bei der Meteorbeobachtung werden große Weise erkannte die Software das Meteor Ausreißern (outlier rejection). Man stelle Gesichtsfelder genutzt, so dass häufig eine jedoch auch auf dem neunten Frame sich wieder das Problem einer Vielzahl merklich Verzeichnung zu beobachten (rot markiert). Wird nun die mittlere von Einzelmessungen vor, die eine Gerade ist. Mit einem Polynom dritten Grades Meteorbahn bestimmt, ergibt sich auf- ergeben sollen. Ein einzelner Messwert kann diese Verzeichnung gut beschrie- grund der Fehlidentifikation eine deutliche hat dabei einen überproportional großen ben werden, allerdings sind dazu sieben Abweichung (rote Linie). Der Ausreißer Fehler – sei es durch echte Messfehler freie Parameter des Polynoms zu schät- ist jedoch mit Hilfe des Leaving-One-Out- oder Schreibfehler bei der Erfassung der zen. Wenn man zu wenig Referenzsterne Algorithmus schnell identifiziert, und die Beobachtung. Bei der Parameterschätzung vermisst, können die Plattenkonstanten korrigierte Bahn (grüne Linie) passt durch geht dieser falsche Wert mit besonders zufällige Messfehler ausgleichen und ver- Auslassung der falschen Messung sehr gut hohem Gewicht ein, da sein Fehler bergen, so dass der errechnete mittlere zum Meteor. quadriert wird und die Schätzprozedur quadratische Fehler zu klein ist.
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Die Bahn des Toro von Helmut Jahns
Die überwiegende Mehrzahl der Klein- planeten unseres Sonnensystems bewegt sich im Asteroidengürtel zwischen den Bahnen des Mars und Jupiter. Genau genommen sind ihre Bahnellipsen jedoch nur Näherungen, da die kleinen Planeten Störungen durch die Schwerkraftwirkung der großen Planeten unterliegen. Die Bahnstörungen haben zur Folge, dass die Lage und Form der Bahn variiert, wobei der größte störende Einfluß auf den masse- reichsten Planeten Jupiter zurückgeht. Bei einigen Gruppen von Kleinplaneten führen die Bahnstörungen zu bemerkens- werten Bahneigenschaften. Die bekannteste Gruppe dürften die Trojaner sein, welche die Sonne auf Bahnen mit der gleichen Umlaufzeit wie Jupiter umlaufen, aller- dings dem Planeten um ca. 60° vorauseilen Abb. 1: Die Lage der Bahn des Kleinplaneten Toro im inneren Sonnensystem. Während oder nachfolgen. Toro im Perihel der Venusbahn nahekommt, liegt sein Aphel, also der Punkt des größten Sonnenabstands, jenseits der Marsbahn. Die Torobahn ist um ca. 9° gegen die Erdbahnebene Ein anderes Phänomen sind Kleinplaneten, geneigt. die sich in Resonanz zu einem der Planeten des Sonnensystems befinden. Resonanzen menhang mit Kleinplaneten gebraucht der Asteroid (1685) Toro, der in diesem können auftreten, wenn die Umlaufzeiten wird, dann besteht die Resonanz bedingung Beitrag vorgestellt werden soll. zweier Himmelskörper kommensurabel stets zwischen dem Asteroiden und einem Toro befindet sich in einer 5:8-Resonanz sind, d.h. durch ein Verhältnis zweier nied- der großen Planeten des Sonnensystems. zur Erde. In der Zeitspanne, die Toro für 5 riger, ganzer Zahlen (z.B. 1:2, 2:3, 2:5, etc) Aufgrund der Dominanz des masse- Umläufe benötigt, vollbringt die Erde ziem- beschrieben werden können (Mean Motion reichen Jupiter beziehen sich die mei- lich genau 8 Umläufe. Seine Umlaufzeit Resonance). Ein Beispiel wurde vorste- sten Bahnresonanzen auf seinen Umlauf. beträgt damit 1,6 Jahre, und obwohl die hend bereits erwähnt: die Trojaner sind im Resonanzbeziehungen eines Kleinplaneten große Halbachse der Bahnellipse ca. 1,37 Grunde ein Spezialfall einer 1:1-Resonanz. zu einem anderen Planeten sind hinge- AE (Astronomische Einheiten, 1 AE ~ 150 Wenn der Begriff der Resonanz im Zusam- gen eher selten. Eines dieser Objekte ist Mio. km) misst, liegt sein Perihel, also
Abb. 2: Die Veränderung der Umlaufzeit U von Toro in den Abb. 3: Wenn die Bewegung Toros über 25 Jahre in einem nächsten 500 Jahren. Auf der x-Achse ist das Julianische Datum Koordinatensystem aufgezeichnet wird, welches synchron zur aufgetragen. Man erkennt, dass die Umlaufzeit um den Wert Verbindungslinie Sonne-Erde rotiert (korotierendes Bezugssystem), von 1,6 Jahren pendelt. Darüber hinaus sind weitere Störungen so erhält man die Rosettenkurve aus dieser Abbildung. Die erkennbar. Achsenbeschriftung bezeichnet Astronomische Einheiten (AE) in beiden Raumrichtungen. Die fixiert zu denkende Erde ist ebenso wie die Sonne farblich hervorgehoben.
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der Ort seines geringsten Sonnenabstands, Toro tatsächlich innerhalb der Erdbahn. Der Grund dafür ist in einer Resonanz in der hohen Exzentrizität der Bahnellipse gefangen ist. Gibt zu suchen. In Abbildung 1 ist die Geometrie es auch eine der Torobahn dargestellt. Möglichkeit, sich Es ist eine gewisse Vorsicht geboten, denn das Ergebnis plau- Kommensurabilitäten sind ein notwendiges, sibel zu machen? aber keineswegs hinreichendes Kriterium Häufig ist es so, für Resonanzen. Nicht jede Darstellbarkeit dass Simulationen von Umlaufzeiten in niedrigen ganzzah- Resultate liefern, ligen Verhältnissen von n : m impliziert eine die auf analy- Resonanz – eine solche Übereinstimmung tischem Wege kann auch rein zufälliger Natur sein! Das nicht oder zumin- Problem ist nun, wie zwischen beiden dest nicht ohne Fällen zu unterscheiden ist. weiteres verstan- Für eine echte Resonanz muss als zusätz- den werden kön- liche Bedingung zwischen den beteiligten nen. Die Dynamik Objekten eine gravitative Wechselwirkung zwischen Erde bestehen, die dazu führt, dass die Kommen- und Toro ist Abb. 4: Die Helligkeitsentwicklung von Toro zwischen 2001 und 2021. surabilität über längere Zeiträume sta- glücklicherweise Man erkennt deutlich, daß seine Helligkeit hauptsächlich zwischen 16 bil bleibt. Kleinere Abweichungen von weniger komplex. und 19 mag pendelt, aber ca. alle vier Jahre Maxima mit einer Breite der exakten Resonanzbedingung werden Um zu erklären, von wenigen Wochen aufweist. Im Frühjahr 2016 beispielsweise steigt nicht fortwährend größer, sondern lassen wie die Bindung die Helligkeit auf bis zu 12,5 mag an. das Verhältnis der Umlaufzeiten um den in der Resonanz exakten Wert schwingen. Dieses Verhalten funktioniert, ist typisch für Resonanzen. benötigen wir erneut die Bahnlage aus August wieder größer. Das Resultat beider Zur Prüfung einer Resonanz können die Abbildung 1. Die Bahn Toros kreuzt die entgegengerichtet wirkenden Effekte ist, Eigenschaften der Bahn über längere Erdbahn im Januar und im August [1]. dass Toro in der 5:8-Resonanz gehalten Zeiträume berechnet und aufgezeichnet Die Umlaufzeit Toros beträgt aufgrund wird. werden. Toro ist dahingehend schon in den der 5:8-Resonanz 1,6 Jahre. Das hat nun 70er Jahren eingehend untersucht wor- zum Ergebnis, dass alle fünf Toro-Umläufe Beobachtung den [2]. Mit dem Tool aus [3] wurde das (also alle acht Jahre) eine enge Begegnung Toro hat einen geschätzten Durchmesser Planetensystem inklusive Toro numerisch zwischen Erde und Toro im Monat August von lediglich 3 km und seine Helligkeit integriert und die zeitliche Entwicklung sei- sowie eine weitere, noch engere im Januar pendelt normalerweise zwischen 16 und 19 ner Umlaufzeit für die nächsten 500 Jahre stattfindet. mag. In der Abbildung 4 ist die Helligkeit grafisch darstellt (Abb.2). Man erkennt, für den Zeitraum von 2001 bis 2021 auf- dass das Verhältnis der Umlaufzeiten nicht Während der Passage im August eilt Toro getragen. Der Graph zeigt alle vier Jahre exakt 1,6 Jahre beträgt, sondern um diesen der Erde voraus und besitzt eine größe- einen Peak, bei dem die Helligkeit infolge Wert pendelt. re Geschwindigkeit. Die Schwerkraft der von Erdpassagen auf Werte zwischen 12,5 Beim Betrachten der Abbildung 2 fällt Erde reduziert die Winkelgeschwindigkeit und 14,5 mag ansteigt, sodass er für die zudem auf, dass die Oszillation der Umlauf- Toros, was dazu führt, dass die kommen- visuelle Beobachtung in Reichweite mit- zeit unregelmäßig erfolgt. Dies ist weniger den Passagen im Januar enger werden. telgroßer Amateurteleskope gelangt. ein Artefakt des Verfahrens zur Numeri- schen Integration, sondern wahrschein- Bei den Januar-Begegnungen sind die Die Beobachtungsfenster währen nur lich auf Störungen infolge der Nähe zu einer Verhältnisse genau entgegengesetzt: Toro wenige Wochen; das nächste öffnet sich 13:5-Resonanz zur Venus zurückzuführen [2]. eilt der Erde hinterher, sodass die Erde im Juli 2012. Mit einer Maximalhelligkeit den Kleinplaneten beschleunigt und des- von 14,1 mag sollte er in unseren Breiten Die Dynamik der Resonanz sen Umlaufzeit erhöht. Dadurch wird die am Morgenhimmel aufgesucht werden Abbildung 2 liefert einen Hinweis, dass Distanz bei der nächsten Begegnung im können.
Trojanerhelligkeiten zu gegebenen Zeitpunkten Objekt Datum Rektaszension Deklination Elongation Helligkeit Achilles 01.12.2010 4h 13m 40s +33°44,1‘ 167,6° 14,9 mag Hektor 12.12.2010 5h 34m 3s +45°12,2‘ 157,5° 14,6 mag Nestor 28.10.2009 2h 12m 29s +17°37,8‘ 175,3° 15,5 mag Priamus 08.09.2011 23h 3m 34s +2° 43,1‘ 171,3° 15,4 mag
Maximalhelligkeiten für ausgewählte Trojaner in den nächsten Jahren. Die Zeitpunkte sind nach der jeweils größten Helligkeit ausgewählt. Die einfacheren von ihnen sollten visuell für Geräte mit 12‘‘ bis 14‘‘ Öffnung knapp erreichbar sein.
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Weitere himmelsmechanisch befindet. Die Bahnen solcher Himmels- Cruithne nur mit großen Öffnungen von interessante Ziele körper werden koorbital genannt. Dies Beobachtungsplätzen auf der Südhalbkugel Wer himmelsmechanisch besondere Klein- führt im Zusammenhang mit seiner realisieren. planeten in seinen Beobachtungsplan auf- Bahnexzentrizität dazu, dass er unsere nehmen möchte, findet mehrere dankbare, Erde quasi umläuft. Nach der Entdeckung Quellen: wenn auch durchweg ambitionierte Ziele. wurde Cruithne deswegen eine Zeit lang [1] The Solar System, http://www.geocities. Die eingangs erwähnten Trojaner z.B. als „zweiter Erdmond“ bezeichnet, was com/CapeCanaveral/Launchpad/8098/ erreichen Helligkeiten bis zu 14 mag und insofern unkorrekt ist, da keine gravitative Solar.htm sind für Teleskope ab 12‘‘ Öffnung visuell Bindung an die Erde wie bei unserem [2] Clifford J. Cunningham, Introduction To durchaus einen Versuch wert. Mond vorliegt. Asteroids, Willmann-Bell, 1988 Die günstigste Beobachtungszeit ist jähr- [3] Ein Programm zur Numerischen Etwas anspruchsvoller zu beobachten ist lich im November; die Helligkeit steigt Integration des Sonnensystems, (3753) Cruithne. Dieser Kleinplanet ist der dann auf 15,5 mag an. Wegen der süd- VdS-Journal 15, 3/2004 derzeit einzige bekannte Himmelskörper, lichen Deklination von etwa 37° lässt der sich in einer 1:1-Resonanz zur Erde sich eine erfolgreiche Sichtung von Planetariumsprogramme im Vergleich von Thomas Pfleger, Uli Zehndbauer, Bernd Hoffmann, Rolf Glöckner, Paul Hombach, Helmut Jahns
Sternkarten- oder Planetariumsprogramme konzentrierten sich jeweils auf ein der Funktionen) nicht bewertet werden. gehören zum unverzichtbaren Hand werks - Programm. Um wenigstens teilweise ein Besondere Funktionen und Fähigkeiten ein- zeug angehender und erfahrener Stern- gemeinsames Verständnis und ein „Gefühl“ zelner Programme lassen sich gelegentlich freunde. Sie helfen bei der Erstellung von für die Ausprägung bestimmter Kriterien nicht treffend mit den Kriterien beschrei- Aufsuchkarten und bei der Identifikation zu bekommen, haben wir anlässlich eines ben. Daher ergänzt eine Beschreibung die von beobachteten Himmelsobjekten. Fachgruppentreffens einige Programme Kriterienliste. Neben dem praktischen Einsatz bei gemeinsam bewertet. Leider konnten der Vorbereitung und Unterstützung nicht alle Teammitglieder am Treffen Das Bewertungsergebnis eines Kriteriums von Beobachtungen bieten sie zusätz- teilnehmen, aber für ein Freizeitprojekt ist entweder eine Anzahl Sterne 0 (0 für lich umfangreiche Möglichkeiten, das auf eigene Kosten ist der Einsatz der unzutreffend oder nicht vorhanden, anson- Geschehen am Himmel zu veranschau- Teilnehmer wirklich respektabel. Wir sten maximal 5 Sterne) oder ein erläu- lichen. Damit wird ein Planetariums- möchten in diesem Zusammenhang darauf ternder Kurztext. programm zu einem wertvollen Lern- hinweisen, dass die Nichtberücksichtigung mittel, das erfahrene Sternfreunde in von Programmen keine Qualitätsaussage Wir haben auf eine Gewichtung der erreich- der Öffentlichkeitsarbeit einsetzen kön- oder Bewertung darstellt, sondern den ten Punktzahlen und eine Rangfolge ver- nen. Und wer hätte nicht auch einfach beschränkten Ressourcen geschuldet ist. zichtet. Den unterschiedlichen Benutzer- Spaß daran, mit solcher Software auf Wir hätten gerne weitere Programme in rollen (wie Beobachter, Astrofotograf oder spielerische Weise virtuelle Raum- und den Vergleich einbezogen, haben aber ver- Lehrkraft) entsprechende Gewichtungen Zeitreisen zu unternehmen, begrenzt nur mieden, uns nur unzureichend bekannte wären zu subjektiv. Wir wollten das durch die Fähigkeiten der Software und die Programme zu bewerten. Ergebnis nicht durch unsere persönlichen Fantasie des Benutzers? Erfahrungen oder Vorlieben beeinflussen, Bei komplizierten Auswahlentscheidungen was durch Manipulation der Gewichtung Die vielseitigen Nutzungsmöglichkeiten helfen sorgfältig recherchierte Listen von möglich geworden wäre. Weiterhin haben von Planetariumsprogrammen einer- Merkmalen und Fähigkeiten der Produkte wir auch nicht zwischen kostenlosen und seits und die individuellen Wünsche und weiter, die man dann anhand der persönlichen kommerziellen Programmen unterschie- Vorstellungen der Sternfreunde anderer- Präferenzen bewerten kann. Häufig (etwa den. seits machen eine generelle Empfehlung bei Autotests oder den Untersuchungen für eine bestimmte Software unmög- der Stiftung Warentest) geben die Autoren Nachfolgend werden einige lich. Dennoch wird die Frage nach dem solcher Produktvergleiche nicht nur die Bewertungskriterien erläutert: „richtigen“ oder „besten“ Programm im erreichten Punktzahlen der einzelnen Ästhetik des Kartenbilds: dies ist sehr Gespräch oder in Internetforen oft gestellt. Bewertungskriterien an, sondern gewich- subjektiv. Um dem Leser ein eigenes Urteil Die FG Computerastronomie hat sich ten diese. Dieses Vorgehen wird als zu ermöglichen, haben wir einheitliche daher entschlossen, diesen thematischen Nutzwertanalyse bezeichnet und ergibt eine Parameter (Bildausschnitt, Grenzgröße Dauerbrenner aufzugreifen. Rangfolge der untersuchten Produkte. etc.) für die abgebildeten Screenshots fest- gelegt. Bei der Vielzahl verfügbarer Programme ist Zu Beginn unseres Projekts haben wir es unvermeidbar, eine Auswahl zu treffen. zunächst einen umfangreichen Kriterien- Aufsuchkartenmodus: einige Programme Schon für ein einzelnes Programm ist die katalog erarbeitet. Bei der Vielfalt der stellen mehrteilige Karten dar, die mit unter- Bewertung aufwändig. Wir mussten daher untersuchten Programme können gele- schiedlichem Maßstab und Grenzgröße die arbeitsteilig vorgehen: Teammitglieder gentlich einzelne Kriterien (wegen Fehlen Orientierung erleichtern sollen.
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Vektorgrafikexport: darunter versteht darstellung die gewünschten Kataloge aus. riesigen Datenvolumens nur stichproben- man eine Funktion zum Abspeichern Diese Vorgehensweise ist intuitiv, hat aber haft sein. Wir haben Wolfgang Steinicke der Karte in einem Dateiformat, das Nachteile. Manchmal weiß man nicht, in als anerkannten Experten für Deep-Sky- mit Vektorgrafikprogrammen wie Corel welchem Katalog ein gesuchtes Objekt Kataloge gebeten, einige Testfälle zu nen- Draw manuell überarbeitet werden kann. enthalten ist. Oft müssen mehrere Kataloge nen, die allerdings nur Anhaltspunkte für Im Gegensatz zum Export von Bitmaps für die Anzeige ausgewählt werden, damit die Datenqualität sein können. geht dabei keine Bildinformation oder bestimmte Objekte auf der Karte erschei- Auflösung verloren. nen. In diesem Fall aber werden mehrfach Genauigkeit der Ephemeriden: auch in unterschiedlichen Katalogen enthaltene hier mussten wir unsere Untersuchung Objektinformationen: viele Programme Objekte i.d.R. nicht als ein und dasselbe auf repräsentativ ausgewählte Beispiele überfluten den Anwender mit einer Fülle Objekt erkannt. konzentrieren. Dazu wurden himmels- von für den Anwendungsfall oft irrelevanten Wegen solcher Redundanzen und klei- mechanische Situationen gewählt, bei Daten. Daher ist eine Konfigurierbarkeit nen Datenunterschieden bei Position, denen Ungenauigkeiten in der Berechnung der Objektinformationen wichtig, um Größe oder Positionswinkel kommt es deutlich auf das erzielte Ergebnis durch- gezielt auswählen zu können, welche Daten zu mehrdeutigen Kartensymbolen mit oft schlagen. Dazu haben wir eine strei- angezeigt werden sollen. Die Exportmög- unleserlicher Beschriftung. Gerade in dicht fende (und tatsächlich von uns beobach- lichkeiten von Daten sind v.a. für dieje- mit Objekten besetzten Himmels arealen tete) Sternbedeckung herangezogen, die nigen Anwender interessant, die mehre- (Galaxiengruppen oder –haufen, Milch- Ephemeride des erdnah vorbeiziehenden re Programme benutzen und mit diesen straßenfelder) kann das „Katalogproblem“ Kleinplaneten 2006 VV 2 betrachtet und gemeinsam eine Aufgabe lösen möchten. über den Praxisnutzen der Karten ent- eine interessante Konstellation der Jupiter- Die Export- und Importfunktionen werden scheiden. Die Lösung ist ein konsoli- monde. damit zum Dreh- und Angelpunkt fortge- dierter Katalog mit sauber erfasster schrittener Systemlösungen. Identität der Objekte. Dadurch werden Animation: diese Funktion ist für den mehrfache Symbole weitgehend vermie- Einsatz der Software als Lehrmittel wich- Kataloge: traditionell werden Objektdaten den. Die Softwarehersteller scheuen aus tig. Werden Bewegungsabläufe am Himmel in Katalogen zusammengefasst, z.B. dem Aufwandsgründen oft die Erstellung eines im Zeitraffer dargestellt, wünscht man NGC oder IC. Die meisten Programme konsolidierten Katalogs. sich eine flüssige, ruckelfreie Darstellung organisieren ihren Datenhaushalt anhand Weiterhin stellt sich die Frage nach der mit konstantem Zeitraffungsfaktor. Leider von Katalogen: man wählt für die Karten- Datenqualität. Tests können hier wegen des arbeiten einige Programme so, dass der
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Rechenaufwand für die Einzelbilder die Objektlisten zur Beobachtungsplanung: Fortgeschrittene Sternfreunde möchten Geschwindigkeit bestimmt. Die Anima- vielen Kartenprogrammen fehlen Funk- vielleicht ihre Privatsternwarte automati- tion läuft dann in Abhängigkeit von der tionen zur Vorbereitung und Planung von sieren oder sogar fernsteuern. In solchen Anzahl darzustellender Objekte unter- Beobachtungen. Spezielle Programme fül- Fällen sind die Integrationsfähigkeiten der schiedlich schnell. Typisch ist hier eine len diese Lücke. Die Ergänzung eines Software entscheidend. Wir können man- hohe Geschwindigkeit am Tag und eine Kartenprogramms mit einer Planungs- gels eigener Erfahrung keine Empfehlungen Verlangsamung, wenn nach Einbruch software ist zu empfehlen. Dann stellt zur Eignung bestimmter Software für sol- der Dunkelheit die Sterne erscheinen. sich jedoch die Frage, ob und wie ein che „großen“ Automationslösungen geben. Legt man auf Realitätsnähe Wert, ist das Kartenprogramm mit den Objektlisten aus Der Anbieterkreis solcher Komplettpakete unschön. Wir haben deshalb angegeben, einer Planungssoftware arbeiten kann. zur Sternwartenautomation ist jedoch sehr ob die Animation gleichmäßig (realer Takt) Einige der betrachteten Kartenprogramme überschaubar. Seriöse Anbieter sollten in abläuft oder nicht (virtueller Takt). bieten selbstdefinierte Objektlisten an: der Lage sein, dem Interessenten Referen- eine solche Liste präsentiert die geplanten zen zu nennen. Will man ein Programm nachts am Teleskop Objekte in übersichtlicher Form und verwenden, dann soll die Bildschirm- erlaubt das Zentrieren der Karte oder Benutzerfreundlichkeit: dieser Aspekt darstellung die Dunkeladaption des Auges das Posi tio nieren des Teleskops auf ein ist von persönlichen Vorlieben und nicht beeinträchtigen. Viele Programme bie- ausgewähltes Objekt. Gelegentlich exi- Gewohnheiten geprägt und daher (wie ten dazu einen „Nachtmodus“ an, bei dem stiert hier eine Importfunktion für extern auch die Ästhetik des Kartenbilds) sehr die Darstellung überwiegend in Rottönen erstellte Dateien. Für Einzelheiten sei hier subjektiv. Dennoch haben wir versucht, erfolgt. Neben dem Farbwechsel ist aber auf die Dokumentation der betreffenden einige Kriterien zu definieren und zu auch von Bedeutung, wie viele „helle“ Programme verwiesen. bewerten, die aus unserer Erfahrung Bedienungselemente oder Bildbestandteile heraus zu einer guten Akzeptanz durch verbleiben (z.B. Schaltflächen, Hilfetexte Integrationsmöglichkeiten: auch sehr die Benutzer führen. Man möchte beim oder Symbolleisten). Wir sind davon leistungsfähige Programme können nicht Arbeiten mit dem Programm vor allem ausgegangen, dass man zusätzlich zum „alles“, weshalb es nützlich ist, wenn im Nachteinsatz möglichst wenig herum- Nachtmodus des Programms noch einen ein Programm ein Zusammenwirken mit klicken, um das gewünschte Ergebnis zu dunkelroten Bildschirmfilter verwen- vorhandener (z.B. auf Funktionen wie erhalten. Dazu gehört auch die einfache, det und haben dann die Wirksamkeit des Kamerasteuerung und Bildaufnahme intuitive Auffindbarkeit von Einstellungs- Nachtmodus bewertet. spezialisierter) Software ermöglicht. möglichkeiten, die die Kartendarstellung
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beeinflussen. Die Benennung von Menü- Möglichkeit zur Konfiguration als Kriterium tionsumfang (Kataloge, Bilder) des befehlen und die Bedeutung von Sym- aufgenommen. Manche Programme bie- Programms ab. Um Vergleichbarkeit bolen (Icons) sollte intuitiv verständlich ten die Möglichkeit, Programmfunktionen zu erreichen, sind wir hier jeweils von sein. Programmfunktionen sollten stets sehr flexibel auf vom Anwender einstell- einer vollständigen Installation ausge- auch über Menüeinträge aufrufbar sein bare Tasten (oder Tastenkombinationen) gangen. Weiterhin ist es interessant, ob und nicht nur über möglicherweise aus- bzw. Mausfunktionen zu legen. ein Programm auch auf einem betagten geblendete Symbolleisten. Weil man im Rechner vernünftig läuft, den man der Nachteinsatz gerne auf eine Beleuchtung Preisverhältnis bei Upgrades: hier haben Astronomie gewidmet, aber ansonsten der Tastatur verzichten möchte, kommt den wir denjenigen Anteil des Preises angege- abgeschrieben hat. Möglichkeiten der Maus zur Bedienung ben, den ein Lizenzinhaber mit einer älteren des Programms entscheidende Bedeutung Version gegenüber einem Neukunden Thomas Pfleger zu. Alleine mit der Maus sollte es im bezahlen muss. Dieses Verhältnis gibt Idealfall möglich sein, Kartenausschnitte darüber Auskunft, wie sehr der Hersteller festzulegen und die Karten zu verschieben, die Kundentreue honoriert. zu skalieren und auch zu drehen. Wegen der individuellen Vorlieben bei Ressourcenbedarf: der Speicherplatzbedarf der Programmbedienung haben wir die auf der Festplatte hängt oft vom Installa-
Cartes du Ciel
Die Gegenüberstellung von kommerzi- eller Software und Freewareprogrammen ist sicherlich nicht ganz fair, jedoch ist sie für eine Aussage, wo denn letztere im Vergleich zu ersterer steht, unerläss- lich. Eines der bekanntesten und meist- verbreiteten Programme ist Carts du Ciel, oder kurz CdC. Obwohl es eine Freeware ist, bietet CdC einen zu den kommer- ziellen Mitbewerbern vergleichbaren Funktionsumfang.
Eine Stärke von CdC ist die Anbindung externer Kataloge, von denen auf der Homepage bereits einige verfügbar sind. Einige Sternfreunde haben ihre selbster- stellten oder konvertierten Kataloge eben- Himmelsregion um Gamma Cygni, erstellt mit Cartes du Ciel im Kartenmodus. falls zum freien Herunterladen ins Netz gestellt. Beispielsweise können Asteroiden aus dem weitverbreitete Format Astorb. dat gelesen werden. Über das Tool CatGen können zudem weitere Kataloge importiert werden, sofern sie als ASCII-Textdateien vorliegen. CatGen ermöglicht mit Hilfe eines Dialogfensters das händische Adressieren von Spalten für Positionen und andere objektbezogene Daten für den anschließenden Import.
Die Benutzerführung von CdC ist ins- gesamt etwas gewöhnungsbedürftig und umständlich. Die Darstellung wirkt zudem etwas unelegant. Ein Hang zum Tüfteln ist für die Erlernung der Bedienung hilf- reich, wobei man allein aufgrund des Verbreitungsgrades in Internetforen viele Tipps und Workarounds erhalten kann. Manche Features wird man vermissen; so fehlen z.B. die Schattenwürfe der Jupiter- Himmelsregion um M 86, Cartes du Ciel.
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monde auf den Planeten. Bei der Arbeit fiel auf, dass sämtliche ASTORB- basierten Kleinplanetenpositionen fehlerhaft berechnet werden, was erst behoben wird, wenn das durch die zwischenzeitlich eingeführte sechs- stellige Asteroidennumerierung geänderte Dateiformat berücksichtigt wird. Der Anwender wird auch mit dem einen oder anderen Bug konfron- tiert, allerdings sollte man sich dabei bewusst sein, dass die Software das Werk eines einzelnen Programmierers ist.
Mit Cartes du Ciel steht ein Programm zur Verfügung, welches einer- seits alle Möglichkeiten zur Beobachtungs vor bereitung besitzt, auf der anderen Seite aber auch nicht vollends zu überzeugen vermochte. Der Verbreitungsgrad in der Astroszene gründet sich in erster Linie auf die kostenfreie Verfügbarkeit (Download von der Homepage des Projekts www.astrosurf.com/astropc). Der „kantigen“ Benutzerführung wegen empfiehlt es sich, Mitbewerber ebenfalls in Betracht zu ziehen.
Helmut Jahns Der Kataloggenerierer CatGen von Cartes du Ciel erleichtert das Importieren von Deep-Sky-Katalogen.
Guide 8.0
Die Installation von Guide erscheint sehr unzeitgemäß. Anstelle eines gerad- linigen benutzerdefinierten Setups fin- det man eine verhältnismäßig umständ- liche Installationsprozedur vor, die dem Anwender einige Handarbeit bis zur Wunschkonfiguration abnötigt. Die Darstellung der Karten ist angenehm. Guide ist dafür bekannt, dass Himmels- ereignisse mit hoher Genauigkeit berech- net werden können, was anhand derjenigen Ereignisse, die zum Testen ausgewählt wurden, bestätigt werden konnte. Ein Manko ist, dass die Kataloge seit 2002 nicht mehr komplett überarbeitet wurden. Außerdem wird ein Teil des Datenbestands auf Englisch wiedergegeben, obwohl Himmelsregion um Gamma Cygni, erstellt mit Guide 8 in Deutsch als Sprache bei der Installation Bildschirmdarstellung Ansichtsmodus. ausgewählt wurde. Einige Funktionen sind sehr gewöhnungs- bedürftig, da sie auf Tastaturbefehle (Karte vergrößern/verkleinern) zurückgreifen. Die Nutzung der rechten Maustaste, mit der standardmäßig kontextsensitive Hilfetexte aufgerufen werden, ist anderweitig belegt, z. B. der Anzeige und Beschreibung des angeklickten Zielpunktes. Tastaturbefehle sind heute nicht mehr „State of the art“; hier ist deutlich die DOS-Herkunft des Programms zu erkennen. Der Funktionsumfang des Programms ist beachtlich, aber nach den Jahren hätte es ein „Face-Lifting“ dringend nötig. Guide setzt für die Bedienung profunde astrono- mische Kenntnisse voraus und ist deshalb für Anfänger nur bedingt geeignet.
Rolf Glöckner Himmelsregion um M 86, Guide 8.
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TheSky 6.0 Professional
TheSky 6 bietet bei der Kartendarstellung praktisch alle Funktionen, die man von einem praxisgerechten und vollwertigen Programm erwarten darf. Positiv hervorzu- heben sind die zahlreichen und feinfühligen Einstellmöglichkeiten. Sie werden über- sichtlich in Form eines nach Objekttypen und –katalogen gegliederten Baums (dem „Display Explorer“) dargestellt. Besonders hervorzuheben ist, dass sich die Anzeige der vielen Objektinformationen über den Display Explorer sehr detail- liert beeinflussen lässt. So können nicht nur Bezeichnungen von Objekten, son- dern auch Koordinaten oder physika- lische Eigenschaften wie Gesamt- oder Flächenhelligkeit in der Karte aufgetragen Himmelsregion um Gamma Cygni, TheSky 6.0. werden.
Die Steuerung der Grenzgröße von Sternen und nichtstellaren Objekten in Abhängigkeit vom Gesichtsfeld erfolgt automatisch, aber leider ist sie nicht anpassbar. Verändert man den Kartenmaßstab, so zeigt der vir- tuelle Himmel oft zu viele oder zu wenige Objekte. Auch ist die aktuelle Grenzgröße für Sterne oder nicht stellare Objekte nicht kollektiv einzustellen, sondern individuell je nach Objekttyp. So flexibel dies für das Feintuning auch sein mag, so umständlich erscheint es andererseits oft. Manchmal ist eben weniger mehr!
In der Version 6 kann man nun zusätzlich zum traditionellen Stil der Kartendarstellung Himmelsregion um M 86, TheSky 6.0. einen realitätsnahen Modus wählen. Hier können auf Wunsch fotografische Die Möglichkeiten zur Beeinflussung des grundfoto in die Karten einblenden Horizontpanoramen, horizontnaher Dunst, Kartenbildes sind vielfältig und flexibel. lassen. Die „Image Link“ Technik von die Milchstraße und Lichthalos um Sonne Sie reichen von der Auswahl einzelner TheSky bringt die Rastergrafiken durch und Mond dargestellt werden. Kartenebenen (mit ihren spezifischen Mustererkennung schnell und genau mit Die normale Bildschirmdarstellung („Virtu- Informationen) bis zur Benutzung indi- den Vektorgrafikdaten zur Deckung. al Sky“) lässt sich nicht wie am Bildschirm viduell erstellter Kartensymbole! Durch dargestellt ausdrucken. Für den Ausdruck den Kartenexport im WMF-Format ist bei Der „Real Mode“ wurde wohl auch in (und die Druckvorschau) benutzt TheSky Bedarf die Nachbearbeitung der Karten Hinblick auf den didaktischen Einsatz den „Chart Mode“, der vollständig vek- mit einem Vektorgrafikprogramm (z.B. entwickelt. Wer mit der Software selbst torbasiert arbeitet. Damit gelingen selbst Corel Draw) möglich. TheSky hat daher Planetarium spielen will, profitiert von großformatige Ausdrucke ohne sicht- auch die Kartengrundlagen für einige der „Teacher’s Console“, einem einfachen bares Pixelraster. Für ein zufriedenstel- Druckerzeugnisse geliefert. Bedienpult zur Steuerung der wich- lendes Druckergebnis gilt es zunächst, die tigsten Funktionen. Manche Notebooks „richtigen“ Einstellungen zu finden, weil In den „Virtual Sky“ sind zahlreiche Auf- bieten die Möglichkeit, zusätzlich zum die Werkseinstellungen teilweise etwas nahmen von Himmelsobjekten oft naht- eingebauten Display das Bildsignal einer unglücklich getroffen sind. Verzichtet man los integriert, während sie in anderen weiteren Windows-Arbeitsfläche über auf die Darstellung der Sterne gemäß Programmen oft wie „hineingeklatscht“ den Monitoranschluss auszugeben. Mit Spektraltyp und passt die Sterndichte und aussehen. Wer über den (inzwischen ver- einer solchen Konfiguration und einem Scheibchengröße so an, wie es gedruckten griffenen) CD-Satz „The RealSky“ oder Beamer erscheint dann der Himmel in der Karten nahe kommt, dann erhält man einen die DSS-Ausgabe auf 102 CD-ROMs ver- Wandprojektion und die Teacher’s Console sehr hochwertigen Ausdruck. fügt, kann ein flächendeckendes Hinter- auf dem Bildschirm des Notebooks.
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Die Zuschauer werden nicht durch die Beim Thema „Objektdaten“ bietet TheSky Programmen diesem Ziel am nächsten. Programmbedienung abgelenkt. Das nicht nur die ausführliche Anzeige nach Wer des Englischen ausreichend kundig ist gute Konzept der Bedienkonsole sollte dem Anklicken eines Objektes, sondern (denn von Version 6 gibt es keine deutsch- aber vom Hersteller noch durch weitere mit dem „Data Wizard“ ein mächtiges sprachige Version), der erhält für den Steuerungsmöglichkeiten ausgebaut wer- und bisher einzigartiges Werkzeug zur Kaufpreis ein Füllhorn an praxisgerechter den. Abfrage seiner Datenbanken. Man defi- und mächtiger Funktionalität. Wem die Der Umfang der in der Professional niert damit Art und Umfang einer Abfrage, Professional Version zuviel an Funktionen Version mitgelieferten Sterndaten geht wobei nicht nur statische Daten einbezo- bietet oder zu teuer ist, der kann auf die etwa eine Größenklasse über den GSC gen werden können, sondern auch berech- einfacher ausgestatteten Varianten zurück- hinaus, weil ein Auszug des USNO B nete Werte (wie z.B. Ephemeridengrößen greifen. In deren Preissegment gibt es dann Katalogs mitgeliefert wird. Damit werden von Kleinplaneten oder Kometen)! Damit allerdings eine Reihe von Alternativen, tiefe Karten auch ohne Internetzugang lassen sich Aufgaben lösen, vor denen wie unser Vergleich zeigt. möglich. Auch der Umfang der Deep-Sky- die meisten anderen Programme passen Daten ist sehr groß, jedoch könnten statt müssen. Thomas Pfleger der vielen schwachen PGC-Galaxien noch einige interessantere Kataloge dabei sein. Sternfreunde fragen gelegentlich nach einer Das Programm erlaubt, eigene Datensätze Software, die „alles“ kann. TheSky kommt zu importieren. von allen dem Rezensenten bekannten
Starry Night Pro 6.2.3
Die Besonderheit von Starry Night liegt in der Tatsache, dass es sich primär als ein Planetariumsprogramm versteht, d.h. die Hauptaufmerksamkeit liegt in der möglichst realistischen Darstellung des Sternenhimmels. Je nach Version und Rechenleistung kann ein fotografisches Bild des gesamten Himmels dargestellt, Lichtverschmutzung naher und entfernter Städte sowie Luftunruhe simuliert und das Zirpen der Grillen eingeblendet werden. Zeitliche Abläufe und Flüge durch das Sonnensystem und durch das Universum können dargestellt und als Filme gespei- chert werden. Das Programm ist voll netter Features, die es ermöglichen, Vorgänge im Sonnensystem Himmelsregion um Gamma Cygni, Starry Night 6.2.3. anschaulich darzustellen. Zum Beispiel ist wegen den Größenverhältnissen die konstante Lage der Erdachse bei dem Umlauf um die Sonne mit „normalen“ Programmen nur sehr schwer darzustellen. Mit Starry Night ist es möglich, dafür temporär den Erddurchmesser so weit zu vergrößern, dass die Darstellung keine Probleme bereitet. Trotz dieser, zum Teil sehr überla- denen optischen Möglichkeiten bie- tet das Programm einen reichhaltigen Funktionsumfang, so dass man im Großen und Ganzen alle Aufgaben, die man mit einem Astronomieprogramm bearbeiten möchte, erfüllen kann. Positiv zu vermer- ken ist die enge Anbindung ans Internet, so dass regelmäßig Bahndaten aktualisiert
Himmelsregion um M 86, Starry Night 6.2.3.
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werden, neue Kometen automatisch in der Liste auftauchen und gegebenenfalls Sterne zur Darstellung nachgeladen wer- den. Die Kartendarstellung ist noch nicht opti- mal. Hier wünscht man sich doch mehr Einflussmöglichkeiten. Zwar kann man die Datendichte, die man auf der Karte visualisieren möchte, frei einstellen, aller- dings sind Metadaten, wie Legenden und Beschriftungen nur sehr grob steuerbar. Ein weiterer Nachteil liegt in der beschränkten Rechengenauigkeit. Sie reicht nicht aus, um (streifende) Sternbedeckungen vernünftig zu pla- nen. Auch ist der Ereignisfinder noch ausbaufähig. Es ist z.B. nicht möglich, Konjunktionen zweier beliebiger Objekte Himmelsregion um Gamma Cygni, SkyMap Pro 10. in einem gegebenen Zeitintervall zu bestimmen. da muss man momentan noch auf andere Programme, wie z.B. XEphem, ausweichen. Die Entwickler haben aber schon angekündigt, dass sie an einer Lösung arbeiten. Das gleiche gilt für das rudimentäre Cross-Referencing der verschiedenen Objektdatenbanken sowie die Tabellendarstellung der berechneten Ephemeriden. Fazit: Dieses Programm ist vor allem dann die erste Wahl, wenn man neben seinen üblichen Tätigkeiten mit einem Astronomieprogramm auch noch für Präsentationen, Publikationen, Schulungen und Öffentlichkeitsarbeiten qualitativ hoch- wertige Bilder, Grafiken und Animationen generieren möchte.
Bernd Hoffmann Himmelsregion um M 86, SkyMap Pro 10.
Aktuelle Entwicklungen im Bereich der Ephemeridenrechnung von Moritz Heger
In der Ephemeridenrechnung haben sich große Fortschritte in der analytischen Mond existiert in vergleichbarer Form die in den letzten Jahren Neuerungen ergeben, Untersuchung und Beschreibung der Beschreibung ELP/MPP02 [3]. die in der Literatur für die interessierte Planetenbahnen erfahren. Im Jahr 1895 Für gegenwärtige Zeiträume beträgt die Öffentlichkeit noch keinen Eingang gefun- erstellten Newcomb und Hill Tabellen Genauigkeit von ELP/MPP02 einzelne den haben. Im folgenden werden einige zur Berechnung der Planetenörter, die in Meter, in VSOP87 weist Mars in der interessante Entwicklungen vorgestellt. Teilen noch bis in die 1980er Jahre die Entfernung zur Erde Fehler von einigen Diese werden in diesem Rahmen nicht Grundlage des wichtigsten astronomischen hundert Metern auf. näher im Detail behandelt; stattdessen Jahrbuchs, des Astronomical Almanac, wird besonders auf das Quellenverzeichnis waren. Eine bedeutende, analytisch gewon- Parallel dazu wurde beginnend in den 1960er hingewiesen, das ein weiteres Studium nene Beschreibung der Planetenbahnen in Jahren, einhergehend mit der Entwicklung ermöglichen soll. trigonometrischen Reihen ist VSOP87 [1]. der elektronischen Rechner, die nume- Seit dem 17. Jahrhundert hat die Himmels- Diese hat in Amateurkreisen durch Jean rische Bahnrechnung entwickelt. In dieser mechanik durch Kepler, Newton, Lagrange Meeus Verbreitung gefunden, wenn auch werden die der Planetenbewegung zugrun- und Newcomb sowie durch Einstein in einer gekürzten Variante [2]. Für den deliegenden Differentialgleichungen direkt
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gelöst. Dadurch entfällt die aufwendige davon betroffen ist. Die nur ungenau Aussagen und praktische Messungen analytische Aufstellung der Bahnmodelle bekannte Masse der meisten Kleinplaneten noch zusammenführen zu können. Für aus den Differentialgleichungen; dafür im Asteroidengürtel macht eine genauere die Amateurastronomie ergeben sich erfordert der Rechenaufwand die Nutzung Rechnung unmöglich.[8] keine Änderungen, hier ist die Arbeit von von elektronischen Rechenmaschinen. Newcomb und Hill in den meisten Fällen Ab 1984 beruhen die Daten im Astro- Für Amateurastronomen sind durch das vollkommen ausreichend. Bestehende nomical Almanac auf DE102 vom Jet Internet sowohl analytische als auch nume- Rechnerprogramme oder Verfahren sind Propulsion Laboratory JPL der NASA rische Bahnergebnisse einfach erhältlich dadurch kaum veraltet oder ungültig [4]. Augenblickliche Grundlage der geworden[9][12][13]. Nachteilig ist bei geworden. Publikation ist die Ephemeride DE405 den numerisch erstellten Datensätzen die [5]. Vergleichbar ist EPM2004 vom Größe der Dateien und die Beschränkung Institut für Angewandte Astronomie der der Gültigkeit auf einen begrenzten Literatur Russischen Akademie der Wissenschaften Zeitraum. Demgegenüber sind die trigo- [1] P. Bretagnon, G. Francou: Planetary the- [6]. Seit 2003 befasst man sich aufgrund nometrischen Funktionen analytischer ories in rectangular and spherical vari- der Schwierigkeiten, durch analytische Bahnbeschreibungen rechenintensiv. ables. VSOP87 solutions. In: Astronomy Untersuchungen mit Messgenauigkeiten and Astrophysics 202 (1988). o.V., S. vergleichbare Ergebnisse zu erreichen, Mit der Verfügbarkeit hochgenauer 309–315 auch am Institut de Mécanique Céléste Bahndaten wird die exakte Umsetzung von [2] J. Meeus: Astronomical Algorithms, 2nd et de Calcul des Ephémérides IMCCE Zeit- und Koordinatensystemdefinitionen ed. Willmann-Bell, Richmond, Virginia, mit numerischen Verfahren. Letztes in Programmen von Interesse. Auch hier USA (1998) veröffentlichtes Ergebnis ist derzeit gibt es Änderungen. Die International [3] J. Chapront, G. Francou: The lunar theo- INPOP06 [7]. Die durch umfangreiche Astro no mical Union IAU hat seit 2000 ry ELP revisited. Introduction of new pla- Rechnungen ermittelten Bahndaten sind neue Koordinatensysteme und Rechen- netary perturbations. In: Astronomy and als Tschebyschow-Polynome veröffent- verfahren beispielsweise für Präzessions- Astrophysics 404 (2003). o.V., S. 735-742 licht, welche ohne großen rechnerischen und Nutationsrechnung eingeführt, die [4] X X Newhall, E.M. Standish, J.G. Aufwand auswertbar sind. Algorithmen und Programme sehr viel Williams: DE102: a numerically integra- einfacher und effizienter gestaltbar ted ephemeris of the Moon and Die numerischen Lösungen berücksich- machen. Hierzu finden sich Erläuterungen, planets spanning forty-four centuries. In: tigen Punktmassen-Wechselwirkungen vollständige Algorithmen für komplette Astronomy and Astrophysics 125 (1983). zwischen den Planeten, der Sonne, Rechenwege und ausgeführte Beispiele o.V., S. 150-167 Asteroiden, relativistische Effekte, im Astronomical Almanac [10]. Die jähr- [5] E.M. Standish: JPL Planetary and Effekte durch Abweichungen von der lich erscheinende Publikation ist stets auf Lunar Ephemerides, DE405/LE405. JPL Kugelgestalt, Erdgezeiten und die dem aktuellen Stand der teils raschen Interoffice Memorandum IOM 312.F - 98 Librationen des Mondes. Die Anfangs- Entwicklung und für den ernsthaften - 048 (1998) und Randbedingungen wie Orte und Programmierer entsprechender astrono- [6] E.V. Pitjeva: High-Precision Ephemerides Geschwindigkeiten zu einem bestimmten mischer Anwendungen unentbehrlich. of Planets—EPM and Determination of Zeitpunkt oder Massen und sonstige Some Astronomical Constants. In: Solar Konstanten und Koeffizienten werden bei Bahndaten sind auch ohne Programm- System Research 39 (3): 176. (2005) der Modellerstellung so gewählt, dass die erstellung durch den Amateurastronomen [7] A. Fienga, H. Manche, J. Laskar, and M. rechnerischen Ergebnisse möglichst gut aus dem Internet abrufbar. Das HORIZONS Gastineau : INPOP06. A new numerical mit verfügbaren Messdaten übereinstim- System des JPL der NASA [14] stellt die planetary ephemeris (2006) men. meisten Möglichkeiten zur Verfügung, ist [8] E.M. Standish, A.G. Fienga: Accuracy deshalb aber anfangs schwer zu bedie- limit of modern ephemerides imposed by Die Abweichungen der aktuellen nume- nen. Dem routinierten Nutzer erlaubt das the uncertainties in asteroid masses. In: rischen Modelle untereinander liegen System beispielsweise die numerische Astronomy and Astrophysics 384 (2002). gegenwärtig im inneren Sonnensystem bei Integration von Kleinplanetenbahnen zur o.V., S. 322-328 etwa einem Kilometer. Die Entfernungen Erstellung hochgenauer Ephemeriden. [9] ftp://ftp.imcce.fr/pub/ephem/planets/ zwischen Erde und Mond weichen zwi- Weniger Einarbeitungsaufwand erfordert vsop87/ schen den Modellen um einzelne Millimeter das Angebot des U.S. Naval Observatory [10] The Astronomical Almanac for the Year voneinander ab; dies entspricht in etwa [15]. Ebenfalls von Interesse ist die Seite 2007, United States Naval Observatory, der Messgenauigkeit mit Lunar Laser des IMCCE unter „Ephemerides“ [16]. Washington, Her Majesty‘s Nautical Ranging (LLR). Mit INPOP06 errechnete Almanac Office, London (2007) Entfernungen zwischen Erde und Mars Abschließend bleibt zu bemerken, dass [12] http://ssd.jpl.nasa.gov/?planet_eph_export weichen von Funklaufzeitmessungen typi- viele der in der letzten Zeit erreichten [13] http://www.imcce.fr/inpop/ scherweise um 10 Meter ab, dies liegt Genauigkeitssteigerungen und einge- [14] http://ssd.jpl.nasa.gov/?horizons in der Größenordnung der Streuung der führten Neudefinitionen vor allem bei [15] http://aa.usno.navy.mil/data/ Messwerte. Außerhalb der Zeiträume, für LLR- und VLBI-Messungen von Interesse [16] http://www.imcce.fr/ die Radio- und Lasermessungen vorlie- sind. Hier haben die Messverfahren mitt- gen, steigen die geschätzten Fehler im lerweile Genauigkeiten erreicht, die eine inneren Planetensystem schnell auf meh- Verbesserung der mathematischen Modelle rere Kilometer an, wobei besonders Mars erforderlich machen, um theoretische
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Die Genauigkeit der Systemuhr bei CCD-Aufnahmen von Hans G. Diederich
Einleitung für Lichtkurven auf, dass die Windows- Welche Lösungen bieten sich an? Einer der großen Vorteile der CCD-Kamera Systemuhr meines Notebooks gegen Ende Nachdem mein Ärger verraucht war, bei der Aufnahme von Einzelbildern für eine mehrere Minuten vorging. Ich schaute begann ich nach Lösungen zu suchen und Lichtkurve (Liku) ist, dass Helligkeitswert mir das einige Nächte an, erstellte kleine stellte fest, dass beim Aufrufen des Fensters (gespeichert im Pixelteil der Bilddatei) Statistiken und merkte bald, dass kein „Eigenschaften von Datum / Uhrzeit“ die und Aufnahmezeit (gespeichert im FITS- erkennbarer Zusammenhang zwischen der Windows-Systemuhr auch ohne Vornahme Header der Bilddatei) untrennbar mitei- richtigen Zeit und der von der Systemuhr von Änderungen von der CMOS-Uhr syn- nander verbunden und „maschinenlesbar“ angezeigten bestand. Die Abweichungen chronisiert wird. Die Lösung lautete also, sind. Das Maximum an Benutzerkomfort waren also überhaupt nicht vorherzusehen, während der Aufnahmeserie mehrmals die wird erreicht, wenn das astronomische eine Reduzierung der FITS-Headerzeiten Windows-Systemuhr aufzurufen. Bildbearbeitungsprogramm automatisch damit unmöglich. Ich wusste nur, diese Datei auf Datei einliest, auswertet, die Zeiten können um bis zu 8 Minuten abwei- Das ist lästig. Nun könnte man sich das Wertepaare von Helligkeit und Zeit in eine chen: ein unhaltbarer Zustand. anfangs erwähnte Tool installieren. Ich Tabelle schreibt und dieses als Diagramm wählte dagegen eine dritte Möglichkeit. ausgibt. Daraus folgt aber auch: die Zeit Die Recherche in einigen Mailinglisten Hierbei wird über die noch freie COM- im FITS-Header muss stimmen. Dieses ist erbrachte schließlich als Tipp, es gäbe Schnittstelle ein DCF77-Modul ange- in der Tat ein Problem, wofür es allerdings ein Programm, welches die Systemuhr schlossen. Dieses empfängt permanent auch Lösungen gibt. Hiervon handelt die- korrigiert. Auf der Website des Herstellers die Zeit vom Zeitzeichen- und Normal- ser Aufsatz. wurde ich fündig. Im folgenden Text frequenzsender DCF77 und synchronisiert Zwei Fragen sind zu unterscheiden: (1) beziehe ich mich auf die Systemuhr von hiermit laufend die Windows-Systemuhr. welche Zeit schreibt das CCD-Programm in Windows 95 und gebe meinen Eindruck Damit sind dann die in den FITS-Header den FITS-Header und (2) wie genau ist die der technischen Zusammenhänge wieder. geschriebenen Zeiten im Rahmen der Systemuhr? Diese Fragen werden für ein Fragestellung (1) ausreichend genau, und Notebook behandelt, auf dem Windows 95 Beim Download der umfangreichen die entstehende Lichtkurve wird ohne und entsprechende Anwendungen installiert Bilddatei von der Kamera über die LPT- Einschränkungen auswertbar. sind. Sie sind für jede Kombination von Schnittstelle zur Festplatte bleibt die Hardware – Betriebssystem – Anwendung Windows-Systemuhr stehen oder geht zu beantworten, um die o. g. Vorteile bei nach. Um das zu kompensieren, lässt der Lichtkurvenerstellung und -auswer- das Aufnahmeprogramm die Windows- tung auch wirklich nutzen zu können und Systemuhr schneller laufen. Sie geht nun um fehlerhafte Daten zu vermeiden. also vor, manchmal mehr, manchmal weni- ger, eben unvorhersehbar. Wenn wir aus Welche Zeit wird in den FITS-Header einer Lichtkurve ableiten wollen, ob das geschrieben? Maximum eines Veränderlichen langsam Dies ist einfach festzustellen: Zunächst wegdriftet, wenn schon wenige Sekunden wird die Systemuhr anhand einer DCF77- Abweichung neue Erkenntnis bedeuten, Uhr genau gestellt, danach eine Aufnahme dann sind einige Minuten Ungenauigkeit mit vielleicht 30 s Belichtungszeit gestar- unzumutbar. tet und der Beginn und das Ende des Downloads von der Systemuhr oder der Und was macht das eben erwähnte DCF77-Uhr abgelesen. Der anschlie- Programm nun in dieser verfahrenen ßende Blick in den FITS-Header bringt Situation? Es stellt wiederholt die Windows- dann sofort an den Tag, wie sich das Systemuhr anhand der Zeit der CMOS- Aufnahmeprogramm verhält: Schreibt Uhr, die als Hardware mit Schwingquarz es den Beginn der Belichtungszeit, das und Pufferbatterie realisiert ist und sich Ende der Belichtungszeit, das Ende des in jedem PC bzw. Notebook befindet. Ist Downloads oder irgend etwas dazwischen dieses Programm nicht installiert, verhal- in den FITS-Header? Das Ergebnis wird ten sich Notebook und Betriebssystem wie notiert und zukünftig als Korrektur bei der folgt: Die CMOS-Uhr wird pro Nacht nur Reduzierung der Zeiten im FITS-Header ein einziges Mal, nämlich beim Booten, angebracht. bemüht, um die Software-Systemuhr zu stellen, die danach bis zum Ausschalten Zeigt die Systemuhr die richtige Zeit an? keinerlei Synchronisierung mehr erfährt. Mir fiel bei den ersten insgesamt 2 bis 3 Stunden dauernden Aufnahmeserien
VdS-Journal Nr. 28 Foto: © NASA/ESA/HST
Die Kosmos Winter-Highlights Wissenschaft und Weltall – von der Entstehung des Urknalls bis zur Forschung auf der Internationalen Raumstation ISS.
Hawkings neueste Erkenntnisse Europa forscht im All Was hat den Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren aus- Mit dem europäischen Raum- gelöst? Das ist die große Frage – denn die Entwick- labor Columbus kann die lung des Universums seither wurde bereits gründlich Internationale Raumstation erforscht. Jetzt aber wollen Stephen Hawking & Co. endlich als Forschungsplatt- auch die letzte Grenze der menschlichen Erkenntnis form in der Schwerelosigkeit überwinden. Haben Raum, Zeit, Materie und Energie genutzt werden. Das Buch einen Anfang oder sind sie ewig? Ist es überhaupt erklärt spannend, kritisch sinnvoll zu fragen, was vor dem Urknall geschah? Und und verständlich, woran welche Rolle spielt der Mensch die Astronauten im Weltall im Kosmos? Wissenschafts- arbeiten, wie die Eperimente journalist Rüdiger Vaas verfolgt ablaufen und was sie für das die Forschungen von Stephen Leben auf der Erde bedeu- Raumlabor Columbus 218 Seiten, 231 Fotos, €/D 34,90 Hawking seit Jahren, hat ihn ten. Was kann man in Zu- ISBN 978-3-440-11711-8 mehrfach getroffen und berich- kunft von der Raumstation tet spannend und allgemeinver- erwarten? Wird sie sogar zum Sprungbrett ständlich von den neuesten The- für Flüge zum Mond oder gar zum Mars? orien und Fragestellungen des Mehr dazu auch unter: berühmtesten Kosmologen un- www.raumlabor-columbus.de serer Zeit.
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KOSMOS_VdSJournal_28.indd 1 05.11.2008 14:32:50 Uhr 32 AMATEURTELESKO PE/SELBSTBAU
Fernglashalterung von Frank Leiter
Der Nachthimmel zeigt bereits mit Fern- der Halterung einfließen zu lassen. Die Eine der senkrechten Seiten wird um gläsern eine enorme Fülle von beein- in diesem Artikel vorgestellte Lösung zur eine horizontal drehbare Achse mit dem druckenden Objekten. Die Bandbreite Halterung eines Fernglases entstand am Fotostativ verbunden. Die andere Seite an geeigneten Ferngläsern ist groß und heimischen Wohnzimmertisch mit nicht bildet die Basis für den Halterungskopf, an erstreckt sich vom 8x25 bis zu den Groß- mehr als einer Säge, einem Klemmblock, dem letztlich das Fernglas befestigt wird. feldstechern jenseits der 10-cm-Objektiv- einem Akkuschrauber und einer Hand- Auf der dem Kopf gegenüberliegenden öffnung. Unabhängig von der Vergrößerung bohrmaschine, sowie Schleifpapier und Seite ist wenigstens ein Arm verlängert, des Fernglases gilt: je ruhiger das Bild, einem Gewindeschneidsatz. Letzterer ist um ein Gegengewicht aufzunehmen. Der desto mehr Details sind sichtbar. Ein nicht wirklich nötig, stellte sich jedoch Kopf weist zwei Gelenke auf. Dadurch ruhiges Bild lässt sich durch Montieren als sehr praktisch heraus. Um den Wohn- ist das Fernglas auf engerem Raum in alle des Fernglases auf einem Stativ erreichen. zimmertisch zu schonen, diente ein Meter Richtungen schwenkbar. Ein preisgünstiger Eigenbau sollen im Küchenplatte als Werkbank. Folgenden vorgestellt werden. Die Lager sind möglichst einfach Anforderungen an die Halterung konstruiert: Warum selbst bauen? Die wichtigsten Anforderungen sind: – Lager der Kopfgelenke: Schrauben Großfeldstecher sind meist mit mehr oder – die Halterung soll mit einem bereits bilden die Achsen. Metallene weniger guten Stativen lieferbar. Bei vorhanden Kamerastativ zusammen Unterlegscheiben sitzen zwischen Ferngläsern bis 50 mm Objektivöffnung genutzt werden können Buchenholzwänden. Durch Festziehen steht der interessierte Sternfreund jedoch – das Fernglas soll in allen Richtungen der Schrauben lässt sich die Gängigkeit vor zwei Problemen: Üblicherweise positioniert werden können und einstellen. denken die Hersteller von Stativen an – in der eingestellte Position verblei- – Parallelogrammlager: Schrauben terrestrische Beobachtung statt an die ben (erleichtert die Benutzung von bilden auch hier die Achsen. An den Belange von Sternfreunden. Die Adapter Sternkarten und das Zeichnen) Armen sind Aluhülsen befestigt, für Fotostative sind daher für hori- – einfache Montage durch die Schrauben gesteckt sind. zontnahen Betrieb ausgelegt. Je höher – keine komplizierten Teile Kunststoffunterlegscheiben und jedoch das Objekt über dem Horizont – keine teuren Spezialbauteile Holz bilden die Gegenflächen. Die steht, desto weniger gut funktioniert der Vorspannung wird durch Stoppmuttern Adapter. Hier jedoch gibt es Abhilfe im Die Halterung durfte vollständig an ein eingestellt. einschlägigen Astronomiefachhandel, d.h. 10x50 Fernglas angepasst werden. Für – Stativlager: Küchenplattenbeschichtung für die Himmelsbeobachtung optimierte das ebenfalls im Hause vorhandene 20x70 gleitet auf Buchenholz. Die Gängigkeit Fernglashalterungen. Damit kommt aber Fernglas bevorzuge ich ein Einbeinstativ wird durch eine Schraube eingestellt, das zweite Problem zum Tragen: Die Preise bzw. die „Autodachmontierung“. die auch die Achse bildet. handelsüblicher Fernglashalterungen über- steigen den Preis des Fernglases sehr leicht Die Konstruktion Die beiden Arme sind aus zwei miteinan- bei weitem. Angesichts des notwendigen Die vorgenannten Anforderungen werden der verschraubten Leisten aufgebaut, so Aufwands an Bauteilen und Arbeitsstunden von einer Parallelogrammhalterung in dass sich hier noch eine Versteifung gegen verbunden mit den geringen Stückzahlen Holzbauweise erfüllt. Holz ist ein kosten- Durchbiegung ergibt. Die Armlänge wurde kann dem Astrofachhandel kein Vorwurf günstiger Werkstoff und leicht erhält- auf 50 cm festgelegt, was im Zusammenspiel gemacht werden. Die Preise sind abso- lich. Meine Wahl fiel auf Buchenholz, mit Fotostativ und Sitzgelegenheit einen lut reell. Trotzdem wird das Budget sehr da das ebenfalls zur Auswahl stehende ausreichenden Aktionsradius garantiert. schnell gesprengt. Daher ist ein Eigenbau Kiefernholz einen wesentlich weicheren Das Gegengewicht ist ein Hantelgewicht, eine gute Option. Hierbei ist jedoch zu Eindruck machte. In Bezug auf Durch- welches sich auf den Arm aufschieben beachten, welche Möglichkeiten die hei- biegung und Verwindungssteifigkeit lässt. Gesichert ist es mit einer durch mische Werkstatt hergibt. siegte die Buche beim Test im Baumarkt. den Arm hindurch gesteckten Schraube. Bisher hat sich diese Wahl bewährt. Das Für die Halterung des 10x50 Fernglases Eigenbau ohne Werkstatt Buchenholz ist hart genug zum Formen wurde ein Hebel von 1:1 gewählt, d.h. der Sofern er Mieter ist, verfügt der zum von durchaus belastbaren Gewinden. Es ist Gegengewichtsarm weist auch eine Länge Eigenbau geneigte Sternegucker oftmals so hart, dass zum Schneiden des Gewindes von 50 cm auf. Eine Hantelscheibe mit 1 kg über eingeschränkte Möglichkeiten in sei- ein Werkzeug überaus hilfreich war. Gewicht ist ausreichend, die Gewichte ner Werkstatt. Die Situation verschärft Ein Parallelogramm besitzt folgenden von Kopf und Fernglas auszugleichen. sich, wenn kein passender Hobbyraum in prinzipiellen Aufbau: zwei parallele, senk- Ein hundertprozentiger Ausgleich ist nicht Keller oder Speicher zur Verfügung steht. rechte Seiten sind durch zwei parallel notwendig, da die Lager schwergängig Dann bleibt nur die Lösung, in Küche, zueinander orientierte Arme miteinander eingestellt werden. in Wohnzimmer oder auf dem Balkon verbunden. Die Arme sind jeweils drehbar eine vorübergehende Werkstatt einzu- gelagert. Damit lässt sich eine der senk- Die Umsetzung richten. Entsprechend limitiert sind die rechten Seiten in der Höhe verschieben Zunächst wurden die Leisten für die Arme Möglichkeiten. Dies gilt es in die Planung während sie immer noch senkrecht bleibt. verleimt und verschraubt, anschließend
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Links im Bild das 10x50 Fernglas, rechts die beiden Arme des Parallelogramms. Die zwei Gelenke der Kopfkonstruktion sind dazwischen angeordnet.
Das u-förmige Teil in der Mitte mit den beiden Achsen, auf denen die Arme des Parallelogramms gelagert sind. Am Ende des langen Armes ist das Gegengewicht erkennbar.
Die Fernglashalterung ist komplett mit Fernglas und Gegengewicht bestückt und auf das 3/8“-Gewinde des Fotostatives geschraubt.
die Ösen befestigt. Hier gibt es prak- dient als Achse. Durch Anziehen der ein-, Bauteilbeschaffung herausgerechnet. tischerweise vorgefertigte Hülsen mit Sicherungsmuttern kann die Klemmkraft Die Kosten sind überschaubar. angesetztem Flansch. Der Flansch wird und damit die Gängigkeit des Gelenks mit den Armen verschraubt, wobei eine sehr gut eingestellt werden. In den senk- Beobachten mit ruhendem Fernglas Schraube ausreichend Stabilität gibt und rechten Teil des „U“ ist eine Schraube Erfahrungen mit einem ruhenden 20x70 gleichzeitig eine leichte Drehung erlaubt, eingeschraubt, die die Achse des zweiten, Fernglas besagen, dass Einzelsterne in so dass Winkelfehler ausgeglichen wer- waagrechten Gelenks bildet. Sie durchsetzt M 36 und M 38 zu sehen sind und sich den können. Das stativseitige Teil ist ein die eigentliche Fernglasaufnahme. die Ringe um Saturn erahnen lassen. Ein „U“, welches aus drei Teilen aufgebaut Die Konstruktion der Fernglasaufnahme ist 10x50 zeigt hier natürlich etwas weniger, ist. Zwei Seitenteile werden mit einer abhängig von dem zu halternden Fernglas. jedoch sind mehr Details in M 44 und Basis verschraubt und verleimt, die eine Im vorliegenden Fall musste ein Gewinde M 35 zu erkennen als im Freihandbetrieb. zentrale Bohrung aufweist. Durch diese am Mitteltrieb des Fernglases erreicht wer- Der Körper ist in einer sehr entspannten Bohrung wird nachher die Schraube hin- den, daher sind zwei Winkel notwendig. Haltung, die Objekte bleiben lange im durch gesteckt, die als Achse des horizon- Die Achse des waagrechten Gelenks sollte Gesichtsfeld. Die Sterne sind scharf ohne talen Lager dient. etwa den Schwerpunkt von Fernglas und im Feld hin und her zu zittern, wodurch Aufwändiger ist die Konstruktion des Fernglasaufnahme durchsetzen. Geringe schwächere Sterne erreichbar werden. Kopfes, da wie gesagt zwei Gelenke Abweichungen können jedoch durch eine So lässt sich der Anblick des großen vorhanden sein sollen. Sinnvoll ist es, schwergängige Einstellung der Gelenke Orionnebels genießen. am Ende des Parallelogramms zunächst kompensiert werden. eine senkrechte Achse vorzusehen. Dazu Generell empfiehlt sich für die Achsen Fazit wird ein Holzblock am Parallelogramm die Verwendung von Sicherungsmuttern, Die einfache Holzhalterung ist sehr preis- befestigt, der senkrecht durchbohrt ist. damit die Gängigkeit eingestellt werden wert und schnell herstellbar, wobei nur Der Holzblock wird dann von einem kann, ohne dass sie sich nach mehrfacher ein geringer Werkzeugaufwand notwen- u-förmigen Teil umfasst. Zwischen den Benutzung zu stark ändert. Alles in allem dig ist. Der Bau kann am heimischen Holzteilen liegt jeweils eine metallene lässt sich eine solche Halterung in etwa Wohnzimmertisch gelingen. Der Gewinn Unterlegscheibe. Eine Gewindestange zehn Stunden bauen, Konstruktionsphase an Beobachtungsqualität ist gewaltig.
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Tubuslüftung einmal anders... von Oliver Schneider
Vielleicht kennen Sie auch das Problem, ich nach jeder Aufnahme nachfokussieren mit dem ich mich schon seit dem Betrieb muss oder halt erst abwarten muss mit meines Hobbys Astrofotografie beschäf- dem Belichten, bis die Temperatur ange- tige: Die Temperaturanpassung meiner glichen ist. Dadurch ist aber der Vorteil Sternwarte, insbesondere des Fernrohres an des festen Standortes und der kurzen die Außentemperatur. Vor ein paar Wochen Einrichtungszeit wieder dahin. Ich habe trat das Problem mal wieder deutlich zu schon mehrere Versuche unternommen, Tage, als ich gegen 23 Uhr aus unserer das Problem in den Griff zu bekom- Volkssternwarte in Bielefeld-Ubbedissen men. Ich habe verschiede Rohrlüfter und nach Hause kam. Als ich mich um 19 Uhr Ventilatoren eingebaut, die aber zum einen auf den Weg in unsere Volkssternwarte über die Dauer ziemlich viel Strom ver- machte – zum wöchentlichen Treffen und brauchen und außerdem recht laut sind. Öffentlichkeitsarbeit – war der Himmel Rohrlüfter aus dem Sanitärhandel sind bedeckt. Die Wetteraussichten waren auch recht teuer in der Anschaffung. Ein nicht gut. Als ich nun aber um 23 Uhr Raumklimagerät kommt für mich nicht in zurück aus unserer Volkssternwarte wie- Frage, aus ökologischen Gesichtspunkten. der zu Hause eintraf, zeigte sich trotz der Außerdem müsste man dann noch eine „bedeckten“ Wetterprognosen ein wunder- Temperaturdiffenzsteuerung haben, barer Sternenhimmel. Ich entschloss mich, damit die derzeitige Außentemperatur trotz des Mondes an diesem Abend, noch automatisch am Raumklimagerät einge- ein paar Schmalbandfilter-Aufnahmen zu stellt wird. Eine Lösung, die aber auch machen – halt mal wieder unsere altbekann- recht teuer ist, ist der Einbau von solar te deutsche „Wolkenlückenastronomie“. betriebenen Lüftern. Diese haben den Als ich nun meine Sternwarte betrat, zeigte Vorteil, keinerlei Stromkosten zu produ- sich wieder das Problem: Die Temperatur zieren. Ich verwende einen Robofokus innerhalb der Sternwarte und somit des mit Temperaturanpassung, aber damit Fernrohres war deutlich höher als die komme ich auch nicht richtig klar. Ich Außentemperatur. Ich habe in meiner habe fast nie den richtigen Fokuspunkt Sternwarte im Bodenbereich Lüftungsgitter mit der Temperaturkompensation erreicht. und im oberen Bereich an zwei Seiten Meine jetzige Lösung des Problems ist größere Lüftungsklappen eingebaut, die eine Idee von Josef Schäfer, dem ich an immer geöffnet sind – außer im Winter dieser Stelle nochmals danken will. Warum bei Schneeankündigung. Diese „natür- den ganzen Raum der Sternwarte anpas- liche“ Belüftung reicht aber nicht aus, wie sen, vielleicht reicht ja auch schon der sich auch jetzt wieder zeigte. Ich öffnete Tubus mit Spiegel? also mein Rolldach und begann nach kur- zer Einrichtungszeit – dem Vorteil eines Meine Lösung: Ich habe dazu an eines mei- festen Standortes – mit dem Belichten der ner Außengitter im Bodenbereich (Abb. 1) Einzelbilder. Nun passte sich aber in der von innen einen Lüftungsschlauch aus dem Zwischenzeit durch das geöffnete Dach Sanitärhandel mit einem Über gangsstück meine Sternwarte und auch der Tubus an angebracht. Diese Schläuche werden die Umgebungstemperatur an. Dies hatte normalerweise für Dunstabzugshauben zur Folge, dass mein Fokuspunkt sich etc. verwendet. Ich habe einen Schlauch- mit zunehmender Anpassung immer wie- durchmesser von 100mm gewählt. Der der veränderte und die Aufnahmen immer Schlauch ist nur in das Lüftungsgitter unschärfer wurden. Das bedeutet, dass gesteckt und jederzeit herausziehbar (Abb. 2). An diesem Ende des Schlauches Von oben: befindet sich ein selbstgebastelter Filter Abb. 1: aus drei Lagen dünner Mullbinde, der die Außenlüftungsgitter Staubteilchen herausfiltert. An der anderen Seite ist der Schlauch an den Lüfter meiner Abb. 2: Newtonspiegelzelle angebracht (Abb. 3). angebrachter Lüftungsschlauch Dies hat etwas Bastelei erfordert; aber es gibt Anschlussstücke, die man mit vier Abb. 3: Schrauben anbringen kann und sich dem- Tubusrückseite mit Schlauchanschluss entsprechend umbauen lassen. Der Lüfter
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ist ein alter PC-Lüfter und wird regelbar oder Fotografie nicht. Nur beim Durch- mit 12 Volt betrieben. Mein Tubus ist schwenken der Montierung nehme ich ihn von hinten nach einer Idee von Mischa vom Lüftungsgitter ab. Schirmer mit Schaumstoff verschlossen, es besteht ein Spalt zwischen Hauptspiegel Ich habe folgende Teile gebraucht: und Schaumstoff. Der PC-Lüfter saugt – 2 PC-Lüfter 80 mm (bei mir aus alten nun über den Schlauch direkt aus dem PC-Netzteilen) Außenbereich der Sternwarte Luft an und – 1 Außengitter mit Durchführung bläst diese durch ein zentrales Loch in – 1 Schlauch, 100 mm Durchmesser, der Spiegelzelle auf den Hauptspiegel. 1,5 m lang Die Luft läuft um den Spiegel herum und – 2 Übergangsstücke Außengitter / tritt vorn am Tubus aus. Zusätzlich habe Lüfteranschluss ich noch vorn auf meine Tubusabdeckung – 1 Netzteil 12 Volt / 1000 mA und eine einen zweiten PC-Lüfter aus dem Zeitschaltuhr (war beides vorhanden) PC-Schrott angebracht, der die Luft aus Meine Kosten beliefen sich auf ca. 40,- E. dem Tubus saugt (Abb. 4). Dieser wird vor der Beobachtung mit der Abdeckung ent- Erste Tests des Aufbaues haben gezeigt, fernt. Diese beiden Lüfter werden über ein dass ich von nun an keine Auskühlzeit des kleines 12-Volt-Schaltnetzteil (1000 mA) Tubus mehr benötige. Außerdem hat sich und über eine Zeitschaltuhr nun täglich gezeigt, dass auch die Sternwarte selbst angesteuert. kühler geworden ist. Weitere Tests stehen in diese Richtung aber noch an. Die Lüfter selbst haben mit angegebenen 25 Kubikmeter pro Stunde Luftdurchlass Fazit Abb. 4: einen ausreichenden Austausch der Luft Durch den verhältnismäßig kleinen vorderer Lüfter im Tubus. Während der Beobachtung oder Aufwand wird gewährleistet, dass der der Fotografie regle ich die Drehzahl des Tubus mit Hauptspiegel und auch die vorhanden ist. Natürlich muss im Laufe Spiegelzellenlüfters herab, um Schwing- angebrachten Geräte wie Okularauszug, der Nacht durch die Temperaturänderung ungen zu vermeiden. Der Schlauch ist Fangspiegel etc. auf Außentemperatur immer noch nachfokussiert werden, aber sehr leicht beweglich, er bleibt immer am gehalten werden und somit die Fokusdrift die Fotografie kann nun mit Öffnen der Fernrohr. Er behindert die Beobachtung zu Beginn der Beobachtung nicht mehr Sternwarte sofort beginnen. Der Blick ins All – Bau eines Dobson-Teleskops von Elias Danner
Abb. 1: Abb. 2: Das Oberteil Die Fangspiegelhalterung
gleich an die Planung und Berechnung der Stangenkonstruktion. Da das Teleskop möglichst leicht, schwingungsarm und stabil werden sollte, verwendete ich nur Aluminium und schichtverleimtes Multiplex-Holz aus Birke und Kiefer. Desweiteren verwendete ich Teflon und Ebony-Star aus den USA. Alles – bis auf Okularauszug und Sucher – ist Eigenbau. Das Oberteil, welches den Sekundärspiegel – Teil 2 – und den Okularauszug beherbergt, sollte relativ leicht sein, damit der Schwer- In der letzten Ausgabe vom VdS-Journal punkt nicht zu hoch kommt. Ich baute das berichtete ich über die Herstellung der Ganze aus zwei 10 mm starken Kiefer- Optik, nun möchte ich die Mechanik des Multiplexringen, die mit 2-mm-Flugzeug- 8“-Dobson vorstellen. Nachdem ich mich für die Gitterrohr- Abb. 3: Bauweise entschieden hatte, ging es Die Stangenhalterungen
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sperrholz beplankt wurden. Für die nötige Stabilität setzte ich zwischen die Ringe zusätzlich Aluminium-Rechteckprofile. Die Ringe haben außerdem Aussparungen für das Okularbrett bekommen, an dem der Okularauszug befestigt wird.
Für die Fangspiegelspinne verwendete ich – wie Reiner Vogel – vier 0,8-mm-Federstahl- drähte, die ich passend bog und mit Hilfe von durchbohrten M4-Gewindeschrauben an den Oberteil-Ringen befestigte. Da sich dies im losen Zustand als sehr schwie- rig herausstellte, fixierte ich alles exakt auf einem Brett, spannte die Drähte und bekam so die genaue Montage zustande. Für die Fangspiegelhalterung sägte ich ein passendes Rohr aus Aluminium zu, schliff einen Winkel zurecht, auf den der Spiegel geklebt wurde und befestigte das Ganze aneinander. Damit man den Winkel, den Abb. 4: ich auf 40° vorgebogen habe, auch fein ver- Das Unterteil mit angebrachter Lüftersteuerung und Akku
stellen kann, schnitt ich ein M4-Gewinde in die obere Platte des Winkels und kann so mit einer Schraube, die auf das untere Winkelteil drückt, den Winkel verstellen. Ebenfalls verstellbar sind die Richtung des Spiegels zum Okularbrett, sowie die Höhe, in der der Fangspiegel im Hut sitzt. Der Fangspiegel selbst wird mit drei Silikontropfen auf der einen Winkelseite aufgeklebt.
Ich bekam die acht Stangen für den Gitter- rohrtubus mit 18 mm Außendurchmesser und einer Wandstärke von 2 mm vom loka- len Metallgroßhändler, der sie mir auch Abb. 5: Abb. 6: passend auf 90 cm ablängte. Die obere Die Rückseite der Spiegelzelle Die Justierung der Spiegelzelle im Unterteil Stangenhalterung habe ich wie Reiner
Abb. 7: Abb. 8: Die Höhenräder Die Rockerbox
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den Hauptspiegel besitzt. Ober- und Unterteil sollten so gebaut werden, dass sie ineinander verstaubar sind, was durch die sorgfältige Planung gut gelang. Bei der Spiegelzelle ent- schied ich mich für eine Alukonstruktion, da dies für mich am besten zu verwirklichen war. So besorgte ich wiederum Alu- miniumprofile, die ich so auf Gehrung sägte, dass sie Abb. 9: ein gleichseitiges Dreieck Das Bodendreieck bildeten, welches ich mittels Blindnieten (sehr empfeh- lenswert) zusammen nietete. Auf den drei Dreiecksseiten befestigte ich aus Alu- minium-U-Profilen frei lagernde Wippen, auf deren Auflagepunkten der Spiegel liegt. Damit die Zelle frei justiert werden kann, muss- te ich mittels starker Federn und drei Zugschrauben die Beweglichkeit der Spiegelzelle herstellen, an denen der Spiegel in der Abb. 10: Zelle nun justiert werden Abb. 11: Die Steuerbox kann. Die Spiegelzelle selbst Das fertige Teleskop „Piak“ hängt an drei Klötzchen im Unterteil. Vogel realisiert, indem ich die Stangen Ich wählte den Durchmesser der Höhen- große Anti-Vibrations-Lüfter ein, die schon jeweils paarweise in einem Aluwinkel räder so groß, dass sie gerade noch in mit geringer Drehzahl viel Luft transpor- fasste und den Winkel dann mittels Fahr- der Spiegelkiste verstaut werden können. tieren. So können störende Nebeneffekte radschnellspannern am unteren Ring des So fräste ich mit Hilfe einer Oberfräse vermieden werden. Die Elektronik hierfür Oberteils befestigte. So lässt sich der Hut aus 15-mm-Multiplex einen Kreis mit 30 habe ich in eine Aluminium-Box gebaut schnell und problemlos von den Stangen cm Durchmesser aus und sägte diesen – die als kleine Zugabe – die aktuelle trennen, wobei die Verbindung trotzdem wiederum in zwei Teile. Um eine gute Temperatur in rotem Licht anzeigen stabil ist. Gleitfähigkeit zu erreichen, beschichte- kann. Sie ist abnehmbar und verfügt über Die Befestigung der Stangen am Unterteil te ich die Gleitflächen der Höhenräder Anschlüsse, an die die Lüfter angeschlos- war wesentlich komplizierter, da mir nur mit Ebony-Star und lasse sie nun auf sen werden. sehr wenig Platz zur Verfügung stand. Teflonstücken laufen. Deswegen stellte ich mit fachmännischer Fazit Hilfe kleine Buchenholzklötzchen her, Die Rockerbox besteht aus 15 mm star- Das Teleskop, welches ich später auf den die an einer Seite geschlitzt waren, und kem Birke-Multiplex, welches vorher Namen „Piak“ taufte, konnte ich nach jeweils ein Rohr klemmen können. Damit exakt an die Schwerpunktlage angepasst einer Arbeitszeit von zwei Jahren zur sie so weit wie möglich in den Ecken der und verschraubt wurde. Nach ein paar Einsatzfähigkeit bringen. Seitdem werde ich Spiegelkiste verschwinden, habe ich sie an Korrekturen war das Teleskop dann richtig mit jedem Blick zum Sternhimmel für die der Schleifmaschine angeschliffen, so dass austariert. Das Horizontallager habe ich Arbeit belohnt, denn jeder Teleskopbauer sie sich mit Hilfe von Schlossschrauben wie die Spiegelzelle als Aluminiumdreieck wird das Gefühl kennen: Der Blick durch gut in den Ecken befestigen ließen. realisiert und ebenfalls wie die Höhenräder das selbstgebaute Teleskop ist einzigartig. mit Ebony-Star als Gegenstück zum Das Unterteil besteht aus 12 mm starkem Teflonboden der Rockerbox versehen. Weitere Informationen zu diesem Birke-Multiplex mit den Maßen 30x32 Als kleines Extra habe ich den Hauptspiegel Tele skop bauprojekt finden Sie unter cm und wurde an den Kanten verschraubt. von unten belüftet sowie eine Seitenlüftung www.photohead.org Zur Stabilisierung setzte ich noch eine über den Spiegel quer durch das Unterteil Blende aus Holz und Plexiglas in die Kiste angebracht. Da das Ganze möglichst ein, die natürlich eine Aussparung für schwingungsarm sein sollte, baute ich zwei
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VdS-Fachgruppe Astrofotografie – drei nicht alltägliche Dinge von Peter Riepe
1. Eine nicht alltägliche Anfrage der Astroliteratur herausgesucht hat. So baren Objektdurchmesser abzuschätzen. Klar, die FG Astrofotografie ist eine gelangt man an die Koordinaten und kann Wurde das Bild mit einer Brennweite Anlaufstation für Ratsuchende! Die Fach- das Objekt einstellen. Natürlich lässt sich von 100 oder 2000 mm aufgenommen? gruppenmitglieder sind auf unserer Home- ein Objekt auch ohne Koordinaten auffin- Hat das Objekt 2 oder 20 Bogenminuten page http://astrofotografie.fg-vds.de/ vor- den, z. B. mit „Starhopping“ nach einer Ausdehnung? Ferner: Handelt es sich gestellt, jeder kann sie kontaktieren. So weitwinkeligen Bildvorlage. um einen auffälligen, hellen Haufen oder kommen nach wie vor Mails mit Anfragen um einen lange belichteten, schwachen? zu Objekten, fotografischen Techniken und Zur Beantwortung. Meine erste Idee Welche scheinbaren Helligkeiten haben zur Bildbearbeitung. Dabei gibt es hin und war: Schaue in den Tirion-Himmelsatlas, die hellsten Sterne im Feld, 5 mag oder 10 wieder auch Anfragen, die selbst ein altge- was du bei RA = 00 h 30 min und mag? Kann man sie auf einer Sternkarte dientes Fachgruppenmitglied wie mich in DEK = +31° 00´ eingezeichnet vorfin- identifizieren? Fleißarbeit war angesagt. ungläubiges Staunen versetzen. So trudelte dest. Fehlanzeige – nördlich des Sterns Zunächst wollte ich mit der Suche nach kürzlich ein Deep-Sky-Foto ein (Abb. 1), 28 And gibt es kein Deep-Sky-Objekt, den Messier-Kugelhaufen starten, danach verbunden mit folgender Anfrage: das mit dem aus Abb. 1 Ähnlichkeit hätte. mit denen aus dem NGC-Katalog. Ich zog
Hallo, ich hab vor ein paar Tagen etwas fotogra- fiert, von dem ich nicht genau weiß, was es eigentlich ist. Handelt es sich dabei um IC24? Datum: 30.08.2008 Uhrzeit: 22:27 DEC: ca. 31° (ich denke mal +31°) RA: ca. 30 Minuten
Genauere Angaben kann ich leider nicht machen, da das Teleskop keine elektro- nischen Teilkreise o.ä. besitzt.
Gruß, Sternfreund Abb. 1: Anonymes Objekt ohne Angabe der Aufnahmedaten.
Keine Bange, der Anfragende soll hier Auch im weiteren Umkreis gab es keinen wieder SIMBAD zurate und begann mit nicht bespöttelt werden. Vielmehr geht Erfolg. So nahm ich mir meinen Sky M 2. Der Aufruf des POSS-Bildes von es um das Aufzeigen einer Systematik Catalogue 2000 vor. Wo liegt IC 24? Ist es 12,9´ x 12,9´ brachte keine Ähnlichkeit bei der Astrofotografie, die bei unserem ein offener Sternhaufen, wie man gemäß zutage! Weiter mit M 3, M 5 usw. Es Sternfreund noch verbessert werden kann. der Bildvorlage vermuten könnte? Nichts verging schon einige Zeit, bis dann endlich Zunächst einmal, wie bereitet er seine gefunden. Ist es ein Kugelsternhaufen? M 56 im Sternbild Lyra an der Reihe war. Astroaufnahme vor? Sucht er am Himmel Durchaus möglich, aber IC 24 ist nicht Hier fiel mir auf, dass die kleinen Sterne nach auffälligen Objekten, die dann mit unter den Kugelsternhaufen. Gibt es IC auf 3 Uhr und 7 Uhr mit dem dazwischen einer Kamera abgelichtet werden? Das 24 überhaupt? Nach kurzer Suche in der liegenden doppelten Stern in Abb. 1 eine kann man so machen, aber dann sollte Datenbank SIMBAD stellte ich fest: nega- Ähnlichkeit zum POSS-Bild aufwiesen. man sich die Position anhand benachbarter tiv. Wie kam der Ratsuchende überhaupt Nur, die Orientierung war anders – eine Sterne merken und das Objekt später über auf diese nicht existente Katalognummer? andere Winkellage – und außerdem spie- ein Tabellenbuch oder Himmelskarten Von der Struktur her müsste es ja eigentlich gelverkehrt. Die richtigen Koordinaten identifizieren. Seine Frage zeigt ja – er ein Kugelsternhaufen sein. Da aber weder 2000 sind RA = 19 h 16,6 min und Dek will wissen, was er aufgenommen hat. Daten zur Aufnahmeoptik noch zur Kamera = +30° 11´. Die Deklination hatte der Der übliche Weg ist sicherlich, sich ein geschweige denn zu den Belichtungszeiten Sternfreund passabel einigeschätzt. Aber Wunschobjekt vorzunehmen, das man vorlagen, wurde es schwierig. Es gab die Rektaszension? Ob er eventuell seinen aus Beobachtungshinweisen oder aus keinerlei Anhaltspunkt, um den schein- damaligen Stundenwinkel gemeint hat?
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Abb. 2: Abb. 3a, b: POSS-Bild des Kugelsternhaufens M 56. Detailausschnitt, an dem ein Dilemma deutlich wird: a) Warum lassen wir bei der Bildkante 12,9´ Länge. Bildbearbeitung die Farbinformationen in den hellen Objektbereichen verloren gehen? b) Wieso kann das Bild nach einer Kontrastanhebung nicht so aussehen?
2. Nicht alltäglich und provokant! Melle (Abb. 4 und 5). So war endlich ein- Wir alle kennen das große Problem der mal genügend Zeit, fachliche Fragen zur Bildbearbeitung: Das Herausarbeiten Teleskoptechnik vor Ort auszutauschen schwacher Details in Deep-Sky-Aufnah- und zu diskutieren. Die Kirchheimer men, z.B. Halos von Planetarischen brachten nach heftigem Regen während Nebeln, Lichtbrücken bei wechselwir- des Tages schönes Hochdruckwetter zum kenden Galaxien oder Strukturen in licht- Abend mit. So konnten wir trotz des schwachen HII-Regionen. Erst mehr oder Vollmondes einige Deep-Sky-Objekte beo- weniger starke Kontrastanhebungen sorgen bachten: zuerst die Planetarischen Nebel für eine deutliche Wiedergabe. Ist das in NGC 6826 und NGC 7662 mit ihren Ordnung? Nein, denn bei allen nichtline- Zentralsternen von 10,4 bzw. 13,2 mag, aren Bildbearbeitungen werden die hellen danach den Kugelsternhaufen M 15. Alles Objekte im Bild vergewaltigt! Inzwischen erfolgte bei 357-facher Vergrößerung sehen wir das schon als „normal“ (weil (3,1 mm Austrittspupille). scheinbar) unvermeidbar an! Ein Vergleich zwischen Abb. 3a und 3b macht klar, was falsch ist. Die hellen Sterne sind Abb. 4: ausgebrannt, in ihren Zentren weiß. Ein Kirchheimer Besuch blauer O-Stern muss aber überall blau in Melle am 13.09.2008. sein, er ist nicht nur am Rand ein O-Stern und im Zentrum ein weißer G-Stern! Entsprechend muss ein orangefarbener K-Stern überall orange sein. Warum diese Fehler mit Kopfnicken akzeptieren und auf die verlorenen Farbinformationen in den Intensitätsspitzen verzichten??? Hier gibt es eine Lösung, die demnächst über die FG Astrofotografie vorgestellt wird.
3. Nichtalltäglicher Besuch Drei der sechs Mitglieder der Sternwarte Melle sind Mitglieder der Fachgruppe Astrofotografie. Insofern haben wir uns Abb. 5: ganz besonders über einen Besuch gefreut, Beobachtungen am der schon lange vorgesehen war. Dr. Jürgen Meller 1,12-m-Newton. Schulz, Leiter der Sternwarte Kirchheim, machte mit Vereinskollegen, Ehefrauen und Kindern einen Besuch bei uns in
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10 Tipps für den Webcam-Anfänger. Teil 1: Die ersten fünf Tipps von Bernd Gährken
Die digitale Technik hat die chemische verwenden. Das mitgelieferte Programm Fotografie heute weitgehend abgelöst. ´Vrecord´ muss installiert werden, bevor Dies gilt im besonderen Maße für die die Kamera in den PC gestöpselt wird! Astronomie. Für die Planetenfotografie Bei den neueren Webcams wird als werden zurzeit meist preiswerte Webcams Speicherformat standardmäßig MPEG verwendet. Für den Anfänger gibt es einige angeboten. Um Artefakte zu vermeiden, Stolpersteine bis zum ersten erfolgreichen sollte jedoch ein AVI-Format mit einem Webcambild. Oft helfen schon ein paar verlustfreien Codec verwendet werden. Die einfache Tricks, die Ergebnisse wesentlich Aufnahme erfolgt in Form kleiner Filme. zu verbessern. Beim schnell rotierenden Jupiter sollte die Aufnahmedauer 2 min nicht überschrei- Tipp 1 Die richtige Hardware ten, da sonst schon Bewegungsunschärfe Die erste Frage, die sich stellt, ist die zu sehen ist. Bei diesem Objekt ist daher Abb. 1: Frage nach der richtigen Kamera. Am die Bildanzahl auf etwa 2500 beschränkt. Das klassische Kombipack für den Markt gibt es Hunderte von Modellen, von Giotto ist neben Registax das meistgenutzte Webcam-Einsteiger: Philips SPC 900 mit denen jedoch nur wenige astrotauglich Bildverarbeitungsprogramm. Anleitungen IR-Sperrfilter, 1,25-Zoll-Adapter und sind. Am besten wendet man sich an die zur Verwendung finden sich im Internet. Barlowlinse. bekannten Astrohändler. Dort sind die gän- Es gibt zu dem Thema mittlerweile auch gigen Varianten am Lager. Die meistver- empfehlenswerte Bücher. So zum Beispiel kauften Kameras kommen von der Firma „Astrofotografie digital“ von Stefan Seip Philips. Die Modelle 740, 840 und SPC900 und das „Praxisbuch der Astronomie mit verfügen über einen echten CCD-Chip, dem PC“ von Steffen Brückner. während bei einfacheren Modellen oft nur ein stärker rauschender CMOS-Sensor Tipp 3 Die richtige Brennweite eingebaut ist. Momentan wird nur noch Wer beim ersten Versuch die Kamera die SPC900 hergestellt, doch die 740er direkt in den Okularauszug steckt, erhält und 840er Baureihe ist gebraucht noch bei zunächst enttäuschende Ergebnisse. Die Ebay erhältlich. Das Objektiv der Philips- Planeten sind nur winzige Scheibchen, auf Kameras kann herausgeschraubt werden. denen kaum etwas zu erkennen ist. Um Bei der SPC900 ist das Objektiv zusätzlich die Leistungsfähigkeit der Kamera voll mit einem Spannring gesichert, der zuvor auszuspielen, wird eine höhere Brennweite mit etwas Kraft herausgezogen werden benötigt. Entscheidend sind dabei das muss. Für das frei werdende Gewinde Auflösungsvermögen der Optik und das bietet der Handel Adapter auf das Format Nyquist-Kriterium. Das theoretische der gängigen Okularhülsen von 1,25 und Auflösungsvermögen (A) der Optik lässt 2 Zoll. Beide Adapter haben innen lie- sich aus dem Objektivdurchmesser herlei- gend ein Gewinde für IR-Sperrfilter. Die ten. Es gilt die Faustformel: A = 120“ divi- Abb. 2: Anschaffung eines IR-Sperrfilters ist unbe- diert durch den Optikdurchmesser in mm. Webcam mit 2-Zoll/T2-Adapter und vari- dingt zu empfehlen. Alle Linsenoptiken Ein 8-Zoll-Spiegelteleskop liefert demnach ablem Projektions- und Fokaladapter. Der haben im IR einen anderen Brennpunkt als 120“ / 203 = 0,6 Bogensekunden. 2-Zoll/T2-Adapter hat ein innenliegendes im visuellen Spektralbereich. Die CCD- 1,25-Zoll-Filtergewinde, so dass mit einem Chips sind im IR sehr empfindlich, so dass Das Nyquist-Kriterium besagt, dass pro 1,25-Zoll-IR-Sperrfilter gearbeitet werden ohne Filter die Bildschärfe sichtbar leidet. Struktureinheit mindestens 2 Pixel benö- kann. Zudem besitzt auch unsere Atmosphäre im tigt werden, um alle Details aufzulösen. IR eine starke Refraktion. Beim zurzeit Dies wären in unserem Rechenbeispiel 2 horizontnahen Jupiter ist der Filtereinsatz Pixel / 0,6 Bogensekunden = 3,3 Pixel pro daher auch bei der Verwendung einer rei- Bogensekunde. Ein 40 Bogensekunden nen Spiegeloptik sinnvoll. Abb. 3 (rechts): Tipp 2 Die richtige Software Philips SPC 900 mit 2-Zoll/T2-Adapter Zur Aufnahme ist jeder PC mit USB- hinter einem 200-mm-Teleobjektiv mit M42- Anschluss geeignet. Als Aufnahmesoftware Anschluss. Durch den winzigen Webcam- kann man die auf der CD mitgelieferten Chip entspricht das Gesichtsfeld etwa einer Programme oder das kostenlose Giotto Brennweite von 2 m im Kleinbildformat.
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großes Jupiterscheibchen sollte mit einem flexibel ist man mit einem klassischen reichend parallel sind, um die nur weni- 8-Zöller mindestens auf einem Feld mit „variablen Projektions- und Fokaladapter“. ge Mikrometer großen Partikel von der 132 Pixeln Durchmesser fotografiert wer- Damit kann man wie bei einem alten Quarzschutzschicht bis auf den Chip zu den. Der Chip der Philips-Kameras besitzt Balgengerät den Projektionsabstand stufen- projizieren. bei 3,6 mm x 2,7 mm Kantenlänge 640 x los einstellen. Der frontseitige 1,25-Zoll- 480 Pixel. Jupiter sollte demnach auf dem Anschluss erlaubt die Verwendung einer Der im Adapter sitzende IR-Sperrfilter bie- Chip mit 0,75 mm Durchmesser abgebildet Barlowlinse. Auseinandergeschraubt kann tet einen guten Schutz gegen Verstaubung. werden. Dies entspricht einer Brennweite die Barlowlinse auch in den Adapter Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lassen sich von etwa 3,9 Metern oder einem Öffnungs- hineingeschoben werden. Alternativ kann erfahrungsgemäß einzelne Staubkörner verhältnis von etwa 1:20. In der Praxis man die Barlowlinse auch ganz weglassen auf dem Chip nicht dauerhaft verhindern. haben sich Öffnungsverhältnisse von ca. und direkt mit Okularprojektion arbeiten. Zur Reinigung gibt es unterschiedliche 1:30 als optimal erwiesen. Dies liegt daran, Allerdings werden gute Projektionsokulare Methoden. Beschädigungen sind dabei dass die verwendeten Farbchips nicht die und ausreichend Fokusweg benötigt. Am kaum zu befürchten, da der Chip und volle Auflösung eines Schwarz-Weiß- Newton funktioniert diese Variante oft seine Kontakte durch eine Glasplatte Chips besitzen. Allerdings sollte sich die nicht. Der „variable Projektions- und Fokal- geschützt sind. Bestens bewährt hat sich Brennweite auch nach dem Seeing und adapter“ hat rückseitig ein T2-Gewinde, so der im Foto- und Astrohandel erhältliche der Helligkeit des Objekts richten. Der dass zwingend ein 2-Zoll-T2-Webcam- Speckgrabber. Es handelt sich um einen lichtschwache Saturn ist besser mit 1:20 adapter verwendet werden muss. kleinen Stift, der frontseitig mit winzigen, aufzunehmen, während der helle Mars bei klebrigen Mikrofasern besetzt ist. Damit Top-Seeing auch schon einmal 1:40 ver- Tipp 4 Sonnenfotografie lassen sich Verschmutzungen sicher und tragen kann. Es wird also eine Möglichkeit Bei der Sonnenfotografie sind ein paar schonend beseitigen. Auch bei den Chips benötigt, die Brennweite flexibel zu steu- Besonderheiten zu beachten. Das Gehäuse größerer Spiegelreflexkameras hat sich der ern. Optisch exzellent ist der Baader- der Webcams ist nicht lichtdicht. Wird der Speckgrabber als sehr brauchbar erwie- Flatfieldkonverter. Günstige Alternativen Kunststoff direktem Sonnenlicht ausge- sen. Ein Speckgrabber kostet ca. 10 Euro. bieten sich durch die Verwendung von setzt, so kommt es zu Streulicht, das den Noch billiger ist die Verwendung von Barlowlinsen oder die Okularprojektion Kontrast deutlich mindern kann. Es ist Tesafilm. Dazu schneidet man einen klei- (Abb.1). Die bereits aus der konventio- daher sinnvoll, die Webcam abzudecken. nen Klebestreifen so zurecht, dass er pas- nellen Technik bekannten T2-Lösungen Eine genial einfache Methode ist es, sie in send auf den Webcam-Chip gedrückt und lassen sich für die Webcam wiederver- Alufolie einzuwickeln. wieder abgezogen werden kann. Da der wenden, wenn zum Anschluss der Kamera Film nicht immer an allen Stellen gleich nicht ein 1,25-Zoll-Adapter sondern ein Gerade bei der Sonnenfotografie sind gut haftet, ist die Prozedur mehrfach zu 2-Zoll-Adapter angeschafft wird. Der auf dem Chip liegende Staubkörner wiederholen. Dabei ist darauf zu achten, 2-Zoll-Adapter hat auf der Innenseite ein besonders störend. Während sich bei dass der genutzte Klebebereich nicht zuvor T2-Gewinde, das direkt auf das vorhan- den kleinen Planeten meist ein staub- mit dem Finger berührt worden ist. Leider dene Equipment geschraubt werden kann freies Eckchen findet, kann dies bei einer ist nicht jede Filmrolle gleich gut geeignet. (Abb.2). Zudem lassen sich mit der 2-Zoll/ großen Fleckengruppe schwierig werden. Manchmal kommt es zu Ablösungen der T2-Variante auch alte M42-Foto-Objektive Zum Glück bietet sich mit einem Flatfield Klebeschicht, was die Situation sogar noch für die Webcam reaktivieren. Die Steigung eine gute Lösung. Mit den identischen verschlechtern kann. Es ist daher empfeh- des T2-Gewindes ist zwar anders als bei Einstellungen aus der Objektaufnahme lenswert, das Material vor dem Einsatz an M42, doch auf einem Gewindegang lässt wird ein fleckenloses Sonnengebiet ange- einem Fenster oder Spiegel zu testen und sich die Kamera doch befestigen (Abb. 3). fahren, das Bild unscharf gestellt und mit einer guten Lupe genauestens nach eine weitere Bildserie belichtet. Das Kleberesten zu untersuchen. Da die Webcams nur wenige Gramm Additionsergebnis aus dieser Serie wird wiegen, stellen sie keine Belastung dar. später bei der Addition der Objektbilder Bei Mondfinsternissen lassen sich mit als Flatfield hinterlegt. Literatur: Fotooptiken zwischen 200 und 300 mm – Steffen Brückner: Praxisbuch der Astronomie Brennweite sehr gute Resultate erzielen. Für Tipp 5 Reinigung der Webcam mit dem PC, Data-Becker-Verlag, die bei der Planetenfotografie notwendigen Der sich auf dem Chip sammelnde Staub ISBN 3815825555 Öffnungsverhältnisse um 1:30 sind die klas- ist oft nicht einfach zu erkennen. Vom – Stefan Seip: Astrofotografie digital, Kosmos- sischen 2-fachen Barlowlinsen meist nicht Dreck auf Okularen und Filtern lässt er Verlag, ISBN 3440104265 ausreichend. Gelegentlich ist von Amateuren sich jedoch durch ein Drehen der Kamera zu lesen, die mehrere Barlowlinsen hinterei- unterscheiden. Schmutz im optischen Links zu Giotto: nander setzen. Dies ist unnötig! Besser ist System ändert auf dem Bildschirm seine – http://www.videoastronomy.org/ es, den Projektionsabstand einer Linse mit Position, der Staub in der Kamera bewegt – http://silvia-kowollik.de/astro/webcam/giotto. einer Verlängerungshülse zu vergrößern. sich nicht. htm Wer bereits mehrere Barlowlinsen besitzt, – http://www.quickastro.de/ sollte schauen, ob sich die Linsen ein- Auch das Öffnungsverhältnis spielt eine fach herausdrehen lassen. Bei den preis- Rolle. Bis 1:8 gibt es selten Probleme. Homepage des Autors: werten Modellen aus China sind Linsen Erst ab 1:20 werden die Krümel deutlich http://www.astrode.de/webcamtipps.htm und Hülsen oft separate Bauteile, die auch sichtbar. Dies liegt daran, dass nur bei einzeln verwendet werden können. Sehr hohen Brennweiten die Lichtstrahlen aus-
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Ethik in der Astrofotografie von Jochem Berlemann
Einleitung suchten ihr Bestes, „schöne“ Bilder zu Dieses gilt für In den ersten Jahren der Fotografie (1825 - machen, auf Kosten der Realität. 1908 – die Orientierung (Zenit oben, nicht 1890) galt ein Foto als ein Dokument, ein versuchten z.B. Graveure der Photogravur gespiegelt) unbestechliches Abbild der Wirklichkeit. & Color Company in einer Tafel des – scheinbare Helligkeiten der Sterne Auch bei den Astronomen wurde die Orion-Nebels die Sterne hervorzuheben. untereinander korrekt Fotografie um 1880 als eine große Der Direktor des Observatoriums – W. W. – Farbton der Sterne gemäß Strahlungs- Hoffnung gesehen „... visuelle Dokumente Campbell – „war rasend vor Wut“. So hat klasse (Farbe eines Temperaturstrahlers) herzustellen, die es ihnen ermöglichen auch damals schon die Wissenschaftlichkeit würden, den sichtbaren Himmel mit gegen die Ästhetik gekämpft. Der Einzug Da schwächere Objekte, wie Nebel und mathematischer Präzision zu beschreiben der digitalen Fotografie in die Astronomie Galaxien sonst nicht sichtbar wären und ...“ [1]. „Der Triumphzug der Fotografie war sicher einer der großen Meilensteine, die Dynamik der Technik begrenzt ist, in die Observatorien war eine Technik, so der Manipulation wurde hierdurch jedoch dürfen solche Objekte gegenüber den schien es, ... gepaart mit der Entwicklung Tür und Tor geöffnet. In diesem Beitrag Sternen während der Postproduktion in mechanischer Druckmethoden, ... die eine soll diskutiert werden, was heute der der Helligkeit angehoben werden. von Ansichten und Intervention unabhän- Maßstab in der digitalen Astrofotografie gige Vervielfältigung versprach.“ Leider für Naturgetreue und Wissenschaftlichkeit Erlaubt sind wurde daraus nichts: „Fotografien sollten sein sollte, was man bei der Verwendung der – Beseitigung von Gerätefehlern, wie zwar realistische und von menschlicher heute häufig verwendeten DSLR-Kameras Vignettierung und Chiprauschen durch Hand unberührte Bilder sein, technische vermeiden sollte, welche Schwierigkeiten Flats und Darks Schwierigkeiten verhinderten jedoch, dass sich speziell beim Einsatz dieser Kameras – Beseitigung von Himmelsrauschen sie vollständig von Maschinen wiederge- auftun und wie man sie umgehen kann. durch Mehrfachbelichtungen geben werden konnten“ [1]. Briefwechsel – Beseitigung von Lichtverschmutzung aus den Archiven des Lick-Observatoriums Richtlinien durch lineare Operationen mit diversen Druckereien in New York, Es sollten alle Verfahren und Techniken Chicago und Kalifornien enthüllen, erlaubt sein, die eine naturgetreue Abbil- Nicht erlaubt sind dass „Bildnisse geboren wurden und in dung ermöglichen. Naturgetreu heißt, wie – Änderung der scheinbaren Helligkeiten Säurebädern und unter dem Werkzeug das menschliche Auge es sehen würde, der Sterne untereinander des Retuschierers starben“. Graveure ver- wenn es empfindlicher wäre. – Änderung des Farbtons der
Abb. 1: Abb. 2: Kennlinie der EOS 350Da mit einem Flatfield-Aufbau. Auf der Abszisse ist die Belichtungszeit Qualitativer Verlauf in „Curves“ zur aufgetragen, auf der Ordinate die echten ADU-Werte bei Canon-RAWs mit 12 bit Auflösung Linearisierung der Kennlinie. (die Photoshop-Werte der Infopalette sind durch 8 zu teilen, da Photoshop intern im 16-bit- Modus mit 15 bit rechnet, d.h. angezeigter Maximalwert = 32768 entspricht 4096); ISO 800/30°; Offset im Nullpunkt durch fehlenden Dark-Abzug.
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Abb. 3: NGC 1499, aufgenommen mit Takahashi FSQ 106 und Canon EOS 350Da. Belichtungszeit 10 x 240 s bei ISO 800/30°. Dark- und Flat-Abzug sowie Sigma- Combined in REGIM, Nachbearbeitung in Photoshop.
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Sterne gegenüber der natürlichen Wahrnehmung – nichtlineare Operationen und über- mäßige digitale Nachbearbeitung, die Artefakte hervorrufen (Artefakt: Gegenstand, der im Gegensatz zur Naturalie seine Form durch mensch- liche Einwirkung erhielt).
Praktische Probleme bei DSLR- Kameras Das Hauptproblem in der Astrofotografie ist die Nichtlinearität der häufig verwen- deten DSLR-Kameras wie z.B. der Canon EOS 350D, der begrenzte Dynamikbereich, das Fehlen von Blooming als Warnzeichen von Übersteuerung bei solchen Kameras sowie die verlockenden Möglichkeiten in der digitalen Nachbearbeitung, „die Regler noch etwas aufzudrehen“, damit das Bild schöner wird. Bei der Verwendung des empfehlenswerten RAW-Formats ergibt sich das Problem der fehlenden Referenz Abb. 4: im Farbton – speziell beim Austausch des a) leicht gesättigte Aufnahme, b) nach der Bearbeitung in Photoshop, Originalfilters, da die Bilder der Bayer- c) 120 s Belichtungszeit, d) 240 s Belichtungszeit. Matrix ohne automatischen Weißabgleich gespeichert werden. Belichtungszeiten der Durchmesser der von kurzen Brennweiten unter 800 mm, da Fehlende Dynamik hellen Sterne vergrößert wird, was eine hier häufig ein zu heller Stern im Blickfeld Bild 1 zeigt die Helligkeits-Kennlinie nachträgliche Korrektur erschwert. Bild ist, der Blooming-Effekte zeigt. Hilfreich einer EOS 350D im RAW-Modus mit 4c zeigt eine Aufnahme mit 120 s, Bild sind lange Brennweiten, die Vermeidung einer Auflösung von 12 bit pro Kanal. 4d mit 240 s Belichtungszeit. Deutlich von zu hellen Sternen durch einen geeig- Gewarnt sei hier vor einer Verwendung erkennt man im rechten Bild die ver- neten Ausschnitt sowie die Verwendung des JPG-Formats, hier verschenkt man größerten Sterndurchmesser durch die von Schmalbandfiltern (z.B. H-Alpha). durch die geringe Auflösung von 8 Bit pro Sättigung des Chips, aber auch das gerin- Kanal viel Dynamik. Tabelle 1 zeigt den gere Hintergrundrauschen. Bei DSLR-Kameras gibt es 3 Maßnahmen, großen Vorteil, bei DSLR-Kameras das Bei NABG-CCD-Kameras (NABG die Sättigungseffekte zu verringern: RAW-Format zu nutzen. Außer dem erheb- = non-Antiblooming) kann das bei der 1. Statt weniger „tiefer“ Aufnahmen sollte lich umfangreicheren Dynamikbereich Aufnahme nicht passieren. Die Kennlinien man viele Aufnahmen mit kürzeren entfallen die JPG-Artefakte und der dieser Kameras automatische, jedoch „fremdbestimmte“ sind linear (Bild 5), Weißabgleich. eine Übersteuerung Wenn während der Aufnahme Sättigungs- zeigt sich sofort als effekte auftreten, kann man diese nicht Blooming (Bild 6). mehr korrigieren. Bild 3 sieht erst einmal Nach Veröffentlichung nicht schlecht aus. Bei einer Vergrößerung in [2] haben auch sieht man jedoch im Bild 4a, dass die ABG-CCD-Kameras hellen Sterne bereits durch die lange ein lineares Verhalten Belichtungszeit in der Sättigung sind, da im Arbeitsbereich für die korrekte Belichtung des Nebels die bis ca. 80 - 90% der Belichtungszeit zu hoch angesetzt war: Maximalamplitude, – der Helligkeitswert ist am Grenzwert das Blooming als (255/255/255) Warnzeichen fehlt – der Farbton ist im Kern weiß, die Farbe jedoch hier auch. Bei ist nur noch als Hof zu sehen. NABG-Kameras kann man bis zum Blooming Fast alle Aufnahmen werden dann in der hellsten Sterne Abb. 5: der Nachbearbeitung durch zu intensive bedenkenlos belich- Kennlinie der ST-10XE, aufgenommen mit Flatfield-Aufbau und Anwendung von „Curves“ und „Levels“ ten. Schwierigkeiten H-Alpha-Filter. Ab ca. 52000 ADU setzt Blooming ein, da die „Full- in Photoshop weiter verdorben (Bild ergeben sich dabei Well-Capacity“ von 77000 e- (und 1,5 e- pro ADU-Wert) den linearen 4b). Hinzu kommt, dass durch längere bei der Verwendung Bereich begrenzt, nicht der ADU.
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Belichtungszeiten machen und stacken (d.h. addieren). 2. Die unerwünschten Effekte der Nachbearbeitung kann man umgehen, indem man die Sterne im Bild vor der Bearbeitung auswählt, dann die Auswahl umkehrt und die Sterne somit von der weiteren Bearbeitung ausspart. 3. Zusätzlich kann man nach der Bearbeitung des Bildes nach Punkt 2 die ausgebrannten Sterne durch die Sterne einer zusätzlichen Aufnahme ersetzen, bei der alle (oder fast alle) Sterne des Sichtfeldes im line- aren Bereich des Chips sind – das sind natürlich weniger als bei Übersteuerung.
So ein Bild sollte man Komposit nennen und nicht mehr Foto. Hilfreich sind hier- bei die Photoshop-Werkzeuge „Modify – Selection“, „Feather“, „Edit – Fade“ und „Filter – Others – Minimum“. Die Anwendung dieser Werkzeuge in der Nachbearbeitung findet sich in [3].
Bild 7 zeigt ein Beispiel, in dem die Sterne aus Bild 4d durch die aus Bild 4c ersetzt wurden. Wenn helle Sterne im Aufnahmebereich sind, muss man in Kauf nehmen, dass schwächere Sterne im Komposit nicht mehr sichtbar sind. Die begrenzte Dynamik der Technik lässt leider kein Ergebnis zu, das alle vor- handenen Helligkeiten linear darstellt. Die Verwendung von HDR-Aufnahmen ist als unnatürlich abzulehnen (wie auch in der Tageslichtfotografie). Das übliche „Stretchen“ durch „Curves“ und „Levels“ in Photoshop darf man bei den Stern- Layern natürlich nicht einsetzen. Abb. 6: Gamma Cas mit IC 63; Einzelaufnahme mit 360 s und Astronomik H-Alpha-Filter, ohne Dark. Korrekter Farbton Verwendet man die auf die spektralen Empfindlichkeiten der Chips abgestimmten Farbton aller Objekte automatisch korrekt. Farbraum (Bild 8) die x/y-Koordinaten Faktoren für R, G, und B bei S/W-CCD- Bei RAWs von DSLR-Kameras besteht das des Temperaturstrahlers aus der „Black- Kameras mit Filterrad, ergibt sich der Problem, zunächst keinen zuverlässigen Body-Kurve“. Anhaltspunkt für den korrekten Farbton zu haben (speziell, wenn das Originalfilter Die x/y-Werte müssen dann in zwei Schritten ersetzt wurde). Hier kann eine physika- mit Hilfe der Matrizenrechnung in RGB- lische Betrachtung helfen: Werte [5] umgerechnet werden. Wer sich Wenn man einen Stern identifiziert hat nicht in die Theorie und Mathematik der und seine Strahlungsklasse kennt, kann Farblehre einarbeiten möchte, benutzt den man sich aus der spektralen Verteilung einfach zu bedienenden „Color-Calculator“ seines Lichtes in guter Näherung das [6]. Tabelle 2 zeigt die RGB-Werte ver- Verhältnis von R zu G zu B berechnen. schiedener Temperaturstrahler. Ein anderer Natürlich darf der Stern nicht durch zu Y-Wert ändert nur die Helligkeitswerte lange Belichtungszeiten oder übermäßige und nicht das Verhältnis von R zu G zu Nachbearbeitung in der Sättigung sein, B. Somit muss in einer Farbkorrektur Abb. 7: da dort alle Farben Richtung Weiß aus- in Photoshop anhand eines Sterns mit Komposit aus Bild 4c und 4d brennen. Hierzu ermittelt man im CIE- einer bekannten Farbtemperatur nur das
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Verhältnis von R zu G zu B eingehalten werden. Man erkennt, dass nur Sterne mit einer Farbtemperatur von ca. 6500 K annähernd weiß sind (143/138/142). Alle anderen haben einen mehr oder weni- ger großen Farbstich. Sterne der späten G-Klasse sowie K und M sind gelblich bis rötlich, Sterne der Klassen O, B, A und F blau bis weißlich/bläulich. Verwiesen sei zur Farbe der Sterne auch auf den Beitrag von P. Riepe und H. Tomsik [7].
Zusammenfassung Die mit digitalen Spiegelreflex-Kameras erstellten Fotos sind in der Regel für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar. Der Grund ist die Nichtlinearität sowie die Sättigung der Chip-Kennlinie sowie die fehlende Farborientierung bei Ersatz des Originalfilters und Verwendung des empfehlenswerten RAW-Formats. Dieser Beitrag zeigt einige Möglichkeiten auf, die Astrofotos im Sinne von Naturgetreue zu verbessern. Wer den Aufwand nicht scheut, wird sicher bald zu anerkannteren Ergebnissen kommen. Was man bei der Aufnahme und Nachbearbeitung auch macht, eine korrekte Beschreibung der Aufnahmedaten und der Verfahren der Nachbearbeitung ist für die Einschätzung des Ergebnisses unerlässlich. Abb. 8: CIE-Normfarbtafel. Abszisse: x, Ordinate: y [4].
Literatur [1] Alex Soojung-Kim Pang, Technologie Auflösung in Bit Anzahl der Anzahl linear Kontrastumfang und Ästhetik der Astrofotografie, Reihe Amplitudenstufen darstellbarer in Blendenstufen Fotografie in Wissenschaft, Kunst und Magnituden Technologie, Suhrkamp, Frankfurt am Chemie (Referenz) ca. 10000 ca. 10 ca. 13 Main 2002 JPG-Format(8 Bit) 256 6 8 [2] www.astro-siggi.de/tutorial-ccd-technik DSLR-RAW (12 Bit) 4096 9 12 [3] R. Wodaski, The New Astro Zone System CCD (16 Bit) 65536 12 16 for Astro Imaging, New Astronomy Press, 2007 Tabelle 1: Dynamikbereich der verschiedenen Formate mit chemischer Fotografie als Referenz. [4] www.wikipedia.org [5] http://farbe.wisotop.de T [K] x y R G B [6] http://www.members.aol.com/colorenginc/ [7] P. Riepe, H. Tomsik, Vortrag am Tag der 2500 0,480 0,412 202 121 51 Astrofotografen, Recklinghausen 2007 3000 0,438 0,405 186 128 72 sowie VdS-Journal Nr. 25, 53 (I/2008) 4000 0,386 0,378 168 133 100 5000 0,345 0,351 154 136 122 5500 0,33 0,341 147 138 130 6500 0,314 0,323 143 138 142 7500 0,30 0,31 137 138 151 10000 0,283 0,29 131 139 165 15000 0,265 0,27 123 139 180 40000 0,247 0,245 116 138 199
Tabelle 2: Strahlungstemperatur und x/y-Werte aus CIE-Diagramm sowie RGB-Werte für eine Helligkeit Y = 30. Der Temperaturbereich von 2500 bis 40000 K deckt die Spektralklassen M bis O ab, d.h. rote bis blaue Sterne.
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Jets & more mit dem WATEC-„Würmchen“ von Wilfried Wacker
Käme zu mir einmal der freundliche ältere objekten, aber – selbst wenn der oben Herr mit dem großen Geldkoffer, so würde erwähnte Koffermann käme – das ist nicht ich (falls überhaupt etwas übrigbleibt) „mein Ding“. Das – wie Hape Kerkeling zwar mein Teleskop-Equipment erweitern, sagen würde – prickelt nicht! aber kameraseitig würde es allerhöchstens das neuste Modell der WATEC 120N „Mein Ding“ sind eher unbekannte Exoten, geben, eine Umstellung auf „richtige“ schwächste Nebel, fernste Galaxien – CCD-Kameras könnte ich mir nicht mehr Objekte, die eine vage Vorstellung der vorstellen. Ich habe im Laufe der Jahre unendlichen Weiten des Kosmos geben. dieses kleine Würmchen von Kamera echt Aber auch die „unendlichen Weiten“ des schätzen gelernt, kommt sie doch mei- fertigen Rohbildes zu erkunden, was erst nen Vorstellungen von Astrofotografie mit allen Mitteln der Nachbearbeitung aus am Nächsten. Ich denke, dass dieser dem Bild herauszuholen ist, macht den Kameratyp – ebenso wie die Mintron Reiz der Sache aus. Man geht hier echt an Abb. 1: – mittlerweile hinreichend bekannt sein die Grenzen des überhaupt mit den gege- Nebel um den noch sehr jungen Stern RY dürfte, ansonsten kann sich, wer möchte, benen Mitteln Machbaren, fiebert: schaff Tauri im Stier. Daten im Text. im Internet ausreichend informieren. ich‘s oder schaff ich‘s nicht? Und man kann sich diese Freude vorstellen, wenn Früher, ja, da wäre der Erwerb einer pro- das winzige Pünktchen oder der zarte fessionellen CCD-Kamera ein Traum für Nebelquell dann aus dem tiefen Rauschen mich gewesen, aber leider (oder glückli- des Bildes noch hervorkommt. Ja!!! Jetzt cherweise?) habe ich mir nie eine wirklich einmal zwei Beispiele. Bitte bedenken ausreichend stabile Montierung für meinen Sie beim Betrachten, wie schwach diese 16-Zöller leisten können. So waren die Objekte überhaupt sind und mit welchen Belichtungszeiten immer auf allerhöchs- Mitteln sie aufgenommen wurden! tens 20 bis 30 Sekunden beschränkt, so dass die Zeiten der ersten CCD-Versuche Beispiel 1: Im Januar 2008 entdeckte ich mit einer OES Alpha Mini recht unglück- im Internet ein Farbbild [2], das mit dem lich endeten. Dann aber kam die Mintron, Gemini-Nord-Teleskop aufgenommen und da merkte ich schon, was für ein worden war: die „Nebel-Windeln“ eines Potenzial in diesen Überwachungskameras noch ganz jungen Sterns im Stier (RY steckt, was dann die WATEC noch bei Tau). Bedenkenlos wurde der alte zer- Abb. 2: weitem übertraf! Und ich merkte, dass ich kratzte 16-Zöller f/4,5 darauf gerichtet, die Feld um DG Tauri, DG Tauri B und FV damit in der oft nur kurzen verfügbaren WATEC am Okularauszug angebracht und Tauri. Daten im Text. Zeit am Teleskop sehr viel machen konnte. schnell einmal 100 Bilder à 10 Sekunden Der ganze Vorgang einer Aufnahmeserie aufgenommen (10 s ist die höchste Einzel- ist meistens nach 5 bis 10 Minuten belichtungszeit der WATEC). Dass auf mit meinen einfachen Möglichkeiten das abgehandelt, dafür ist die WATEC ein- dem Rohbild noch nichts zu erkennen sichtbar gemacht (Abb. 1), wofür andere fach ideal. Natürlich darf das passende ist, stört mich eben so wenig wie die ein Riesen-Teleskop/-Kamera brauchen, Aufnahmeprogramm nicht fehlen, für mich Tatsache, dass aufgrund von Windböen und – ist das nichts? gibt‘s da nur noch Giotto [1], das bis heute 49 Bilder der Serie unbrauchbar waren. immer noch alle meine „Testkonkurrenten“ So blieben lächerliche 51 x 10 s zum Beispiel 2: Ich verfolge mit großem ausgestochen hat, es geht – zumindestens Addieren. Ziemlich schwierig für Giotto, Interesse seit Längerem das Wirken von für mich – nicht schneller, leichter, besser bei den verwackelten Aufnahmen hat es Hans-Günter Diederich, der in der Astro- als mit Giotto! aber trotzdem ganz gut geklappt! Nach szene sehr aktiv ist, unermüdlich hoch- dem Darkabzug wird das Ergebnis durch gradig interessante Astro-Artikel verfasst, Ein lieber Sternfreund lieh mir ein- die Photoshop-Filtergarnitur (hier ganz man kennt sie ja auch hier aus dem VdS- mal seine ST-8 aus, schon eine richtige besonders der Filter „Tiefen und Lichter“, Journal. Mittlerweile schmücken viele Profikamera, aber abgesehen von den ein meiner Meinung nach viel zu wenig Ausdrucke seiner Reportagen und Postings Montierungsproblemen könnte ich mir beachtetes Werkzeug in Photoshop!) und meine Objekt-Ordner; er gibt mir immer nicht vorstellen, einen ganzen Abend für Neat Image zum Rauschabzug gequält. Ich wieder neues „Futter“. Und es freut mich ein einziges Ergebnis opfern zu müssen! habe da kein Konzept, ich spiele solange jedes Mal diebisch, wenn ich eines sei- Natürlich erfreue auch ich mich immer herum, bis ich entweder etwas sehe oder ner Projekte – mit großem Profigerät, wieder an den perfekten Bildergebnissen nicht! Die Ergebnisse sind dann natür- grosser CCD-Kamera und Integrationen der Könner unter den Astrofotografen von lich nicht gerade schön zu nennen, aber über 3000 Sekunden – mit meinem kleinen mehr oder weniger bekannten Himmels- darauf kommt es mir nicht an: ich habe WATEC-Würmchen unter weit schlech-
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teren Bedingungen nachvollziehen kann! denn mal meine drei Chefs (Frau, Arbeit, ein ganzes VdS-Journal füllen damit! Ich So stoße ich in einer der raren, brauchbaren Petrus) ein Einsehen haben! denke auch, ich werde so ab und an mal Sternennächte im Januar 2008 in meinem wieder so ein kleines Geschichtchen hier Objekteordner auf seine Postings vom Hans-Günter stellte mir sofort eines seiner bringen, vielleicht bringt es ja den einen Dezember 2005 zu DG Tau, einem ganz Bilder von DG Tau zur Verfügung, hier oder anderen Leser zum Schmunzeln!? jungen T-Tauri-Stern im gleichnamigen nochmals meinen herzlichsten Dank, und Vielleicht animiert es aber auch einmal Sternbild. Kurz auszugsweise daraus nicht nur dafür! Leider war es - wie er sagte - zum Nachmachen, das würde mich am zitiert: „Südlich von DG Tau befindet auch nicht gerade eine „schöne“ Aufnahme meisten freuen. Gerne kann man mir auch sich ein längliches, schwaches Wölkchen, (Celestron 14, 1100 s), hier müsste man schreiben, Antwort kommt garantiert!! darin DG Tau B, ein 20 mag schwaches mit mehr Integration sicher noch mehr Sternchen. Es ist die Quelle eines gut rausholen können! Normalerweise schmü- Liebe Leser, Sie merken sicher den Spaß- kollimierten bipolaren Jets: ein schmales cken wir beide unsere Ergebnisbilder mit faktor, den darf man haben, man muss nie- Wölkchen.“ Schwach? Jet? Das ist natür- zahlreichen Bezeichnungen, Kästchen und mandem etwas beweisen, man darf ohne lich etwas für mich! Zusätzlich steht rechts Linien. Doch damit der Leser auch etwas Blamage auch versagen (manche Objekte von DG Tau noch FV Tau, den ebenfalls ein erkennen kann, habe ich nachträglich die sind auch für mich einfach unmachbar). ganz schwacher Nebel umgibt! Also ´ran Beschriftungen wieder entfernt! Das kom- Bei den brauen Zwergen z.B., auch eines an den Speck: 180 x 10 Sekunden belich- binierte Bild zeigt im rechten Teil meine von Hans-Günters Projekten, beiß ich mir tet, nach Abzug der „Windböenschäden“ Aufnahme, einmal sieht man DG Tau mit regelmäßig die Zähne aus. Aber: abwarten. blieben noch 130 Bilder übrig, und nach dem bogenförmigen Nebel, etwas rechts Und nicht so auf „Experten“ hören, es dem Bearbeitungsmassaker stellte sich unterhalb den Jet von DG Tau B. Auf dem geht oft viel mehr, als es dürfte. Man muss heraus: es reichte schon, um zumindest Zoomausschnitt oben links ist er noch es einfach nur tun! Unprofessionell? Ja, die Nebel darzustellen (Abb.2, auf dem etwas besser zu erkennen. Links unten ist sicher, aber genau darin liegt der Erfolg! Original sind sie noch besser zu sehen). das Bild von Hans-Günter zu sehen, dort Und es ist ja nur für einen selber, man tut Den rötlichen 20-mag-Stern im Jet kriege sieht man auch den schwachen Nebel um keinem anderen damit weh! ich wahrscheinlich sowieso nicht, weil FV Tau, der auf meinem Originalbild auch die WATEC ziemlich blauempfindlich ist, zu erkennen ist. Quellen hier müsste ich einfach noch einmal 2000 [1] Giotto Bildaufnahme/Bearbeitung: http:// Sekunden oder mehr versuchen. Nun denn, Das sind jetzt nur einmal zwei lose Beispiele www.videoastronomy.org/giotto.htm ein Wacker braucht eine Aufgabe, wenn meiner Aktivitäten, ich glaube, ich könnte [2] http://apod.nasa.gov/apod/ap050923.html Die Nebellandschaft im Orion von Peter Riepe
Die vorliegenden Bilder stammen von aktiven Sternfreunden, die mit der FG Astrofotografie in engem Kontakt stehen. Sie haben ihre Fotos geschickt, einfach weil sie sich über ihre gelungenen Ergebnisse freuen. Und in der Tat – die aufgenommene Szenerie ist überwälti- gend. Zweifellos stellt der zentrale Bereich des Sternbildes Orion ein sehr beliebtes und daher häufig abgelichtetes Motiv dar. Der „Große Orionnebel“ M 42 mit seinem rundlichen Anhängsel M 43 sowie NGC 1977, nur 35´ nördlicher gelegen, bilden einen Blickfang, dem man sich nicht entziehen kann. Das Aussehen wirkt dynamisch – und tatsächlich ist hier einiges los: Neu entstandene Sterne geben große Mengen an Energie ab, helle und dunkle Nebelsträhnen werden so in turbulente Bewegungen versetzt.
Abb. 1: Heiko Hillenbrand fotografierte am 8.2.2008 in Münnerstadt/Nordbayern bei mondloser Nacht ohne jeglichen Filter fokal mit einem 8“-Newton f/5 von Celestron. Weitere Ausstattung: Skywatcher EQ6 mit Boxdörfer SDI- Steuerung. Kamera war eine Canon EOS 20D. Bei ISO 800 entstanden sechs Aufnahmen: 1 x 1 min, 1 x 2 min, 1 x 3 min, 1 x 4 min, 1 x 5 min, 1 x 7 min. Nachgeführt wurde mit einer Philips ToUCam Pro SC1 durch eine „Russentonne“ MTO mit f = 1000 mm. Die sechs Bilder wurden mit Photoshop überlagert und bearbeitet. Astrofotografie 51
Abb. 3 (unten) : Exakt 11 Monate früher benutzte Günter Kerschhuber vom Astronomischen Arbeitskreis Salzkammergut ebenfalls auf der Sternwarte Gahberg ein TeleVue NP 101 mit 540 mm Brennweite. Er fertigte in Kirchdorf dieses 2-fache Mosaik an. Das LRGB-Bildes von M 42 wurde mit einer CCD-Kamera SXV-H9 (Starlight) 121/14/19/27 Minuten belichtet. NGC 1977 wurde – ebenfalls als LRGB-Bild – 147/19/28/38 Minuten belichtet. Hierbei wurde das L-Bild nicht gebinnt, die R,G und B-Auszüge erfolgten im 2-fachen Binning-Modus. Dazu kam vom Trapez ein RGB-Bild ohne Binning mit 5/5/7 Minuten. Es wurden Astronomik-Filter verwendet. Die Nachführung geschah mit einem SXV-Guider. Zur Bildgewinnung/-bearbeitung wurden Astroart und Photoshop benutzt. Man beachte auch die Webseite: www.astronomie.at/kerschhuber/index.htm
Abb. 2 (oben): Am 29.12.2006 gelang Harald Strauß auf der 860 m hoch gelegenen Gahberg-Sternwarte am Attersee seine erste CCD-Farbaufnahme. Er setzte eine Starlight SXV-H9 an einem 14“-Hypergraphen mit f = 1090 mm ein. Das reine RGB-Bild wurde 630/600/780 Sekunden ohne Binning belichtet. Die Nachführung übernahm eine SXV-GuideCam an einem 2,5“-Refraktor.
Abb. 4 (links): Christian Rusch fotografierte das Orionzentrum in der Nacht vom 26. zum 27.12.2006. Mit seiner Ausrüstung fuhr er zur Hochalp in 1100 m Höhe (Ostschweiz). Optik: Takahashi FS60C mit f = 266 mm, Kamera: Canon EOS 20Da. Sein Ziel war es, eine möglichst tiefe Aufnahme zu erhalten. Die Belichtungszeiten erstreckten sich auf 1 x 2 s, 1 x 8 s, 2 x 30 s, 4 x 2 min und 8 x 8 min. So konnte ein großer Dynamikbereich abgedeckt werden. Die Bildbearbeitung erfolgte mit Photoshop CS2. Der klare Himmel bringt´s!
VdS-Journal Nr. 28 52 ASTROF OTOG RAFIE
Auf kurzbelichteten Aufnahmen wirkt M 42 die durchschimmernden, verbindenden schon einmal die längliche Nebelstruktur mit dem nördlich ansetzenden M 43 stets Nebelsträhnen in dieser Dunkelzone sind bewusst geworden, die sich am mittleren wie ein rötlich gefiederter Vogel mit aus- unverkennbar. Der etwa 1600 Lj entfernte linken Bildrand bei RA = 05 h 38 min und gebreiteten, blaugrauen Schwingen und Orionnebel ist ein Gemisch aus selbstleuch- DEK = -05°15´ befindet und wie ein ausge- nach links oben schauendem Kopf (Abb. tendem Gas, das durch die enthaltenen streckter Finger nach Westen auf M 43 zeigt? 1). Tiefer belichtete Aufnahmen zeigen jungen Sterne zur Emission angeregt wird, Außerdem macht das Bild sehr schön deut- jedoch, dass M 42 in Wirklichkeit eine und aus Staub, der das Licht der Sterne lich, dass M 42 eine komplett geschlossene komplette, geschlossene Blase bildet, reflektiert. Insofern mischen sich rote und runde Form besitzt. deren südlicher Rand die Schwingen wie blaue Farbanteile mit dem Dunkel und eine Girlande fortsetzt und schließt (Abb. den braunen Anteilen des Staubes. NGC Wird das Feld noch weitwinkeliger, so wird 2). 1977 erscheint überwiegend im blauen eindeutig erkennbar, dass auch in Richtung Licht, hat also sehr hohe Reflexionsanteile. der Gürtelsterne noch rotleuchtende Gas- Sehr tief belichtete Aufnahmen dokumen- Aus dem Inneren heraus dringt jedoch – massen vorherrschen (Abb. 5). Die Nebel- tieren (Abb. 3), dass M 42 und M 43 nur die eindeutig rot – das Licht des ionisierten zone südlich des „linken“ Gürtelsterns hellsten Teile eines ausgedehnten, zusam- Wasserstoffs. Von daher entpuppt sich auf Zeta Orionis – auch als IC 434 bekannt menhängenden Nebelgebietes sind, dem sehr tiefen, weitwinkeligen Aufnahmen – beherbergt eine dichte Dunkelwolke, den NGC 1977 eindeutig zugehört. Zwar sind schließlich die wahre Pracht dieser ein- bekannten Pferdekopfnebel, hier gerade beide Nebelkomplexe durch ein dunkleres maligen Nebellandschaft mit einer reich- erkennbar. Knapp nordwestlich von Zeta Gebiet dichter Staubwolken getrennt, aber haltigen Strukturierung (Abb. 4). Wem ist Orionis liegt NGC 2024, der von kräftigen Staubbändern durchzogen wird und etwas gelblicher gefärbt ist. Schließlich wird der zentrale Nebelbereich von M 42 bis zu den Gürtelsternen von einem riesigen roten Gasbogen eingerahmt mit Namen „Barnard´s Loop“. Dieser Bogen ist in Form verschiedener Strähnen mit den zen- tralen Nebelbereichen verbunden.
Ein schöner Blick auf die Vielfalt der Nebel im Bereich des Oriongürtels rundet diesen kleinen Bildbericht ab (Abb. 6). Zentral zieht sich der rotleuchtende IC 434 mit dem eingebetteten Pferdekopfnebel durchs Bild. Im oberen Viertel ist der östliche Gürtelstern Zeta Orionis mit NGC 2024 zu sehen. Nördlich davon erkennt man zwei kleine Reflexionsnebel: IC 431 und IC 432. Zwischen NGC 2024 und dem Pferdekopfnebel leuchtet der Reflexionsnebel NGC 2023.
Lieber Leser, Sie sehen, dass wir Ihre Bildeinsendungen gern in Artikelform zur Geltung bringen. Also weniger Zurück- haltung: Beliefern Sie die Fachgruppe Astro fotografie!
Abb. 5: Und noch einmal nach Österreich! Robert Pölzl nahm in St. Hemma/Steiermark am 8.1.2008 ab 23:20 Uhr dieses weite Feld auf. Auf einer Canon EOS 350Da saß ein Sigma- Objektiv mit f = 105 mm, abgeblendet auf Blende 4. Als Montierung diente bei merk- lichem Wind eine Losmandy G11 mit ST-4 zur Nachführung. Bei ISO 800 wurde 1 x 1 min, 1 x 2 min und 8 x 5 min belichtet. Die übliche Überbelichtung des M42-Zentrums wurde durch die kurz belichteten Bilder kompensiert.
VdS-Journal Nr. 28 Astrofotografie 53
Abb. 6: Hansjörg Wälchli setzte am 7.1.2005 eine Canon EOS 10D ein und belichtete 6 x 15 min bei ISO 800. Als Aufnahmeoptik diente ein Borg ED (D = 125 mm bei f = 640 mm). Nachgeführt wurde mit Hilfe einer Philips ToUCam Pro SC WebCam an einem Borg 76 mm als Leitrohr. Aufnahmeort war der Gurnigelpass (1600 m ü. NN). Nachbearbeitung: AstroArt 3.0, Photoshop 8, NeatImage Pro.
VdS-Journal Nr. 28 54 ATMO SPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN
Äußerst intensive Pollenkoronen am 11. bis 13. Mai 2008
von Claudia Hinz
Abb. 1/Abb. 2: Typische Kiefernkoronen mit den charakteristischen „Knoten“, aufgenommen von Reinhard Nitze, Barsinghausen (links) und Manfred Heinrich, Leipzig (rechts)
Wer denkt nicht gern an den Mai 1998 der Ball mal an die Äste der ringsherum Pollen aufgrund leichter nordnordöstlicher zurück, als durch explosionsartigen Früh- stehenden Kiefern kam, sah es jedes Mal Höhenwinde in Höhe einer sehr ausge- jahrsbeginn und einer Inversions schicht, aus, als ob man eine 2 Jahre lang einge- prägten Inversionsschicht in ca. 500-800m welche die Pollendichte zusätzlich bün- staubte Decke ausschüttelt. Und auch auf mehrere hundert Kilometer nach Süden delte, Tag und Nacht sehr intensive der Heimfahrt am Pfingstmontag konnte transportiert und sorgten ebenso wie 1998 Kiefernkoronen beobachtbar waren. Erst man auf den Straßen und der Autobahn in für ein ausgedehntes Beobachtungsgebiet. zu diesem Zeitpunkt, als selbst der lai- den Kieferwäldern eine Art Nebel durch enhafte Gelegenheitsbeobachter Zeuge die Pollenschwaden wahrnehmen.“ Autor: knotenförmiger Farbkränze um die licht- Torsten Schippmann aus Braunschweig Claudia Hinz, schwächere untergehende Sonne und um nahm schließlich eine Probe der Bräuhausgasse 12, 83098 Brannenburg. den fast vollen Mond wurde, haben es Staubschicht auf seinem Auto und iden- die seit 1985 bekannten Pollenkoronen tifizierte sie unter dem Mikroskop als Bildautoren: geschafft, ins Licht der Öffentlichkeit zu Pollen der Pinus silvestris (Wald-Kiefer). Reinhard Nitze, rücken. Leider blieben in den Folgejahren Alexander Haussmann konnte Tags darauf Heinrichstr. 11, 30890 Barsinghausen. derartige ausgedehnte Sichtungen inten- die Kiefernpollen unter dem Mikroskop Manfred Heinrich, siver Pollenkoronen aus. Nur vereinzelt fotografisch festhalten (Abb. 3). Käthe-Kollwitz-Str. 35, 04109 Leipzig. wurden sie von wenigen aufmerksamen Einen letzten Aufschluss geben die Alexander Haußmann, Beobachtern registriert. Doch 10 Jahre Temperaturgradienten der entspre- Schipkauer Str. 26, 01968 Hörlitz. später – Pfingsten 2008 – war es endlich chenden Tage. Demnach wurden die wieder soweit. Hoch MARCO brachte sonniges Wetter und Sommertemperaturen, welche verbreitet über der 25°C-Marke lagen. Und da waren sie plötzlich wieder: helle, farbige Koronen, welche in deut- lich asymmetrischer Form die Sonne und den nächtlichen Mond umrahmten (Abb.1, Abb. 2). Im METEOROS-Forum (http://www. meteoros.de) berichtete Tobias F., der im Spreewald zelten war: „So schnell wie sich eine neue Pollenschicht auf dem Auto niedersetzte, konnte man die Scheiben gar Abb. 3 nicht putzen. Wenn beim Volleyballspielen
VdS-Journal Nr. 28 ATMO SPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 55
Lichtbahnen auf Feldern: Eine ungewöhnliche Spielart der konzentrischen Lichtbögen von Reinhard Nitze
Betrachtet man im Winter nach Einbruch nerte an eine Lichtsäule, wie sie manchmal Abb. 1: der Dunkelheit die Zweige eines kahlen oberhalb oder unterhalb der auf- bzw. Konzentrische Lichtbögen an Zweigen Baumes im Licht einer Straßenlaterne, untergehenden Sonne am Himmel beo- einer kleinen Birke vor dem Hintergrund so scheint es, als ob die Lichtquelle von bachtet werden kann. Die Ursache waren der tief stehenden Sonne. Aufnahmedatum: zahlreichen durchbrochenen Lichtbögen unzählige Spinnenfäden. Die ungewöhn- 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, umgeben ist. Dieser Effekt fällt besonders lich milde Witterung hatte eine hohe Niedersachsen. auf, wenn die Zweige besonders fein und Aktivität der kleinen Tierchen bewirkt und nass sind. nun schwebten überall silbrig glänzende Auch am Tage, bei niedrigem Sonnenstand Spinnenweben durch die Luft (Abb. 2). ist dabei ganz ähnlich wie bei den kon- kann diese Erscheinung im Winter an zentrischen Lichtbögen, lediglich mit Zweigen vor dem Hintergrund der Sonne Schon 2 Tage vorher, also am 09.02.2008 dem Unterschied, dass die Spinnenfäden beobachtet werden. (Vorsicht! Nicht direkt bemerkte ich beim Beobachten von Pollen- alle mehr oder weniger gleichmäßig in und ungeschützt in die Sonne sehen. Gefahr koronen (ebenfalls im Raum Barsing- der Waagerechten liegen. Während die von Augenschäden!). Der Auslöser dieser hausen) die zahlreichen umherwirbelnden Zweige des Baumes als Reflektionsträger Erscheinung ist reflektiertes Licht auf der Spinnenfäden. Viele davon lagerten sich gewissermaßen die Lichtquelle komplett Oberfläche der Rinde. Für diese Lichtringe auf den Feldern der Umgebung im sprie- umgeben, decken die horizontal gelagerten sind nur jene Bereiche der Zweige von ßenden Getreide ab, aber auch in den noch Spinnenfäden nur einen Teil des optisch Bedeutung, welche zur Lichtquelle wei- kahlen Bäumen blieben einige hängen. Als wirksamen Bereiches ab. Als Folge davon sen. Alle anderen (nicht reflektierenden) später das Licht der tief stehenden Sonne erscheinen die Lichtreflektionen nur in Bereiche erscheinen dunkler und sind daher auf die Felder fiel, erschienen die schon einem schmalen Streifen unterhalb der für den Effekt nicht relevant (Abb. 1). erwähnten „Lichtsäulen“. Dieser Effekt ist Sonne. So erklärt sich der lichsäulenähn- zur Winterszeit sehr außergewöhnlich, da liche Charakter. Wenn man sich übrigens Am 11.02.08 konnte ich auf den Feldern er eigentlich der Namenspate einer ganz die Mühe macht und diese „Feldlichtsäule“ in der Umgebung des Ortes Barsinghausen anderen Periode im Jahr ist, nämlich dem aus der Hocke betrachtet, so erkennt man (Niedersachsen) eine ungewöhnliche Altweibersommer. wieder (zumindest partiell) die konzen- Spielart dieses Effektes beobachten. trischen Lichtbögen. Diese Variante schien auf den 1. Blick Doch wo liegt nun die Verbindung zu gar nichts mit den Lichtringen zu tun den „Konzentrischen Lichtbögen“? Wie zu haben, denn ihr Erscheinungsbild war unschwer zu erraten ist, basiert das silb- Autor und Bildautor: ein ganz anderes. Es sah eher wie ein rige Schimmern auf Lichtreflektion an Reinhard Nitze, Lichtstreifen auf dem Boden aus und erin- eben diesen Spinnenfäden. Das Prinzip Heinrichstr. 11, 30890 Barsinghausen
VdS-Journal Nr. 28 56 ATMO SPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN
Abb. 3: Dieses Bild ist nicht zerkratzt. Es handelt sich um umherwirbelnde Spinnenfäden. Die farbigen Ringe um die hinter der Straßenlaterne verborgenene Sonne sind durch Pollen verursacht. Diesen Pollenkränzen galt ursprünglich die Aufnahme. Aufnahmedatum: 09.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen. Abb. 2: Durch unzählige Spinnenfäden verursachte Lichtbahn auf einem Getreidefeld während einer ungewöhnlich milden Periode im Februar. Aufnahmeort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen. Aufnahmedatum: 11.02.08.
Abb. 4: Im Nahbereich sieht man, wie die „Lichtsäule“ wieder in die kon- zentrischen Lichtbögen oder Lichtlinien übergeht. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
VdS-Journal Nr. 28 ATMO SPHÄRISCHE ERSCHEINUNGEN 57
Abb. 5: Lichtsäule auf dem Feld, zusammen mit dem Baum partielle Erscheinung der konzentrischen Lichtbögen. Aufnahmedatum: 11.02.08. Ort: Barsinghausen/Egestorf, Niedersachsen.
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