NO 03/18 // EUR 6,90 DAS MUSIKMAGAZIN

SIR PAUL McCARTNEY Einmal Beatles, immer Beatles

COMBO LESEN UND GEWINNEN! Frage beantworten und Tickets gewinnen (Seite 12).

I AM FROM AUSTRIA Die Erben-Generation des Austropop SELINA OTT Am besten unter Druck LEONARD BERNSTEIN Zum 100. Geburstag einer Legende PRÄSENTIERT

LIVE

WOODSTOCK AREA | ORT IM INNKREIS www.elwoodmusic.at COMBO VORWORT

LIEBE LESERINNEN UND LESER!

Wieder einmal möchten wir Euch auf eine spannende Reise mitnehmen – eine Reise durch die Welt der Musik. Mit der mittlerweile fünften Ausgabe unseres Musikmagazins combo wollen wir Euch abermals interessante Persönlichkei- ten vorstellen und uns tiefgründig mit dem Thema Musik auseinandersetzen. Schon ein Blick auf das Titelblatt und in das Inhaltsverzeichnis (bitte einmal umblättern!) zeigt, dass wir uns auch dieses Mal eine sehr bunte Mischung aus- gesucht haben – und das ist auch gut so!

Man lasse sich den Inhalt dieses Hefts auf der Zunge zer- Magazin, warum konzentrieren wir uns dann nicht gehen: Die nicht müde werdende Pop-Legende Paul Mc- einfach auf Bierzelt-Musik und Humptata? Auch diese Cartney als Held unserer Titelstory. Der klassische Kla- Frage ist legitim. rinettist und designierte Woodmaster Matthias Schorn als Gesprächspartner im Interview. Die beeindruckende Doch auch auf diese Frage gibt es eine einfache Ant- Erfolgsgeschichte der Vorarlberger Tanzgruppe Zurca- wort. Genauso wie sich das „Woodstock der Blasmusik“ roh. Außerdem: Ein Blick auf die aktuellen Protagonis- nicht auf eine Musikrichtung, auf einen Stil oder eine ten der deutschsprachigen Popmusik und – quasi zum bestimmte Zielgruppe beschränken möchte, genauso Drüberstreuen – Leonard Bernsteins 100. Geburtstag wie das Festival seinem Publikum eine möglichst gro- und die Ausnahmetrompeterin Selina Ott im Porträt. ße Bandbreite an musikalischen und künstlerischen Da ist doch sicher für jedermann und jedefrau etwas Erlebnissen bieten möchte, möchten auch wir unse- dabei! Man könnte sich aber auch durchaus fragen, wie ren Lesern eine breite Themenvielfalt anbieten. Doch so eine bunte Mischung zusammenpassen soll. Die Ant- damit nicht genug: So wie sich jeder Festivalbesucher wort ist denkbar einfach. Es gibt nämlich für all die Ge- am Woodstock-Wochenende mit Leib und Seele in die schichten, die wir erzählen möchten, einen gemeinsa- Musik vertiefen möchte, möchten wir uns in unsere men Nenner: die Musik. Schließlich ist es die Musik, die Geschichten vertiefen. Wir möchten nicht nur an der Persönlichkeiten wie McCartney und die Beatles welt- Oberfläche kratzen, sondern tiefe Einblicke ermöglichen berühmt und zu wahren Ikonen gemacht hat. Es ist die und ab und zu einen Blick über den Tellerrand riskieren. Musik, die sogar langjährige und routinierte Orchester- Das ist das Ziel unserer Reise. Und wir hoffen, dass Ihr musiker wie Matthias Schorn manchmal zum Weinen Euch genauso sehr darauf freut, wie wir das tun. Denn bringt. Erst mit Musik werden tolle akrobatische Vor- das ist Musik. Das ist Woodstock. Das ist combo. stellungen zu rhythmischen Bewegungen, zu echtem Tanz. Und es ist auch die Musik, die all den jungen, talen- Viel Spaß beim Lesen und – vielleicht sogar noch tierten Künstlern auf der ganzen Welt ein Sprachrohr wichtiger – viel Zeit fürs Lesen wünschen Euch gibt und eine Plattform, um sich zu präsentieren. Der Grund, warum wir glauben, dass eine so enorme Vielfalt an Themen und Geschichten perfekt in dieses Magazin passt, erschließt sich vielleicht nicht auf den ers- Thomas Nigl ten Blick. Wir sind doch das „Woodstock der Blasmusik“- und das combo-Team

IMPRESSUM

Medieninhaber, Verleger, Herausgeber & Redaktionssitz: graustein events GmbH, Am Tobersbach 8, A-4221 Steyregg, www.graustein.com. Geschäftsführer: Simon Ertl. Redaktionsleitung: Reinhold Gruber. Redaktionelle Mitarbeit: Eva Berger, Philip Brunnader, Hedi Döller, Martin Dunst, Walter Egger, Christine Frauenhoffer (CvD), Dietmar Maier, Thomas Nigl, Peter Mußler. Lektorat: Sabina Reisenberger. Titelfoto: Atelier Poschauko & Stefan Bausewein. Hersteller: hs Druck GmbH, Gewerbe- straße Mitte 2, A-4921 Hohenzell. Grafik, Satz und Layout: tricksiebzehn KREATIVAGENTUR Gmbh, A-4910 Ried im Innkreis, www.tricksiebzehn.at. Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz: combo - das Musikmagazin ist Mitgliederzeitung des Woodclub (Fanclub des Festivals „Woodstock der Blasmusik“), ist aber auch unabhän- gig davon erhältlich. Grundlegende publizistische Richtung: Magazin für Musikbegeisterte aller musikalischen Richtungen mit Schwerpunkt Unterhaltungsmusik. Einzelverkaufspreis: EUR 6,90. Bezugsquellen: www.combo-magazin.com. Mediadaten und Anzeigen: [email protected] GESCHENK- IDEEN www.woodse.com

ACMANN Fassungsvermögen von ca. 0,3 Liter, inkl. Gravur. ORIINA WOODOCKS Die Gummistiefel- Alternative im ECAER Woodstock-Look Zum Beispiel für einen Tee mit Rum. Oder umgekehrt.

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COMBOTITEL

06 PAUL McCARTNEY

Der ewig junge 76-Jährige feiert mit INHALT „“ ein fulminantes Comeback COMBOSTORY

18 I AM FROM AUSTRIA

Von Granada bis Kramer: Die erfrischenden Erben des Austropop 30 ZURCAROH

Vom Ländle in die USA: Die erstaunliche Geschichte einer Tanzbewegung SELINA OTT 40 SELINA OTT Eine Trompeterin, Die preisgekrönte Klassik-Trompeterin die hervorsticht. über sich und ihr Instrument Vor allem dort, wo die meisten anderen 48 LEONARD BERNSTEIN Schwäche zeigen: 40 Zum 100er einer Legende auf dem Präsentierteller. 54 MATTHIAS SCHORN

Ein Klarinettist wird Woodmaster 62 AUFGETRUMPFT!

Diese Bands geben beim Woodstock der Blasmusik den Ton an 68 BRASS PALMAS 54 Foto: © Allan Warren 48 Blasmusiker auf Reisen – Erinnerungen an Baška

COMBOSERIE

67 WAS IST BRASS?

Mehr als schöner Schein

COMBOMUSIKTIPPS

73 OHRENSCHMAUS

Neue Alben – gehört und bewertet.

IMPRESSUM Foto: © MPL Communications 06 03 SIR PAUL McCARTNEY Paul McCartney und die Beatles haben Generationen von Menschen begeistert, fasziniert, inspiriert, aufgeregt, angeregt, bewegt. Viele gute Gründe also für eine combo-Titelstory.

05 COMBO TITEL

06 P l ay i t again, Paul!

Das Philharmonic Pub in Liverpool. In der Jukebox wählt ein Gast gerade einen Beatles-Song. Doch statt dem erwarteten Hit aus der Konserve steht da plötzlich er in ganzer Größe vor den Gästen und spielt mit seiner Band den gewünschten Song live: Paul McCartney.

Text: REINHOLD GRUBER // Fotos: MPL COMMUNICATIONS/MJ KIM COMBO TITEL

s ist eine Szene aus einer Folge seine Mutter die Inspiration für „Let sich fast alles auch ein halbes Jahr- der TV-Reihe „Carpool Karao- It Be“ war, dann ist das ein Gänse- hundert später noch frisch und un- Eke“ mit dem britischen Mode- hautmoment. „Ich hatte einen Traum verbraucht anhört. Erator und Comedian James Corden. in den 1960er Jahren, in dem mei- Zu sehen, wie begeistert, ja enthu- ne verstorbene Mutter zu mir kam. Ganz abgesehen davon, dass viele siastisch die Menschen – jung wie Beim Wiedersehen sagte sie zu mir: Songs Klassiker-Status haben. Für alt – auf Paul McCartney reagieren, ‚Es ist alles okay, kümmere dich nicht alle Zeiten. Und wer McCartney bei ist der lebende Beweis dafür, dass darum.‘ Das war großartig. Sie gab mir seiner höchst unterhaltsamen Fahrt die Beatles und ihre Musik außerge- das positive Wort. Als ich aufwachte, durch Liverpool zuhört und zusieht, wöhnlich geblieben sind. dachte ich, was war das? Sie sagte: ‚Let entdeckt einen Mann mittleren Al- it be.‘ Und so schrieb ich den Song.“ ters, dem die Begeisterung für das, Auch mehr als 50 Jahre nach der was er tut, nicht abhandengekom- Trennung der Fab Four leben die Bevor sie die nun noch bedeutende- men ist. Das hört man auch sehr Songs und mit ihnen die Beatlema- ren Worte gemeinsam singen, sagt deutlich auf seinem neuen Album nia. Letztere hat Paul McCartney ge- Corden nur ein sichtlich beeindruck- „Egypt Station“. rade mit seinem neuen Album wie- tes: „Das ist die wunderbarste Ge- der so richtig befeuert. Und, animiert schichte, die ich jemals gehört habe.“ Was mit Stimmen und dem typi- von Corden, die Menschen weltweit schen „Hallen-Lärm“ einer Bahnsta- zum Lachen gebracht und zu Tränen „When I find myself in times of troub- tion beginnt, markiert den Beginn gerührt. Mehr als 130 Millionen Mal le, Mother Mary comes to me / Spea- einer Reise durch das Land, das Paul wurde das 23 Minuten lange Video king words of wisdom, let it be / And McCartney sein Eigen nennt. Eine über Facebook und YouTube inner- in my hour of darkness she is stan- Traumlandschaft, wie er sie nennt. halb des ersten Monats aufgerufen. ding right in front of me / Speaking Aber eine, in der man so viel Ver- Ein absoluter Rekordwert und die er- words of wisdom, let it be“ schiedenes sehen und erkennen folgreichste „Carpool Karaoke“-Folge kann. Balladen, die zu Herzen gehen. bislang. Grund genug, um sich einem Ja, kümmere dich nicht darum. Es gibt Rocksongs, die genüsslich, aber be- Phänomen und einer echten Legende immer eine Antwort. Was für eine stimmt vor sich hin stampfen („Hunt anzunähern. Versuchsweise. Botschaft mit Ewigkeitswert, die Mil- You Down“). Popsongs mit sinfoni- lionen Menschen in ähnlicher Form schen Dimensionen. Und ein musi- Die 76 Jahre, die Paul McCartney für sich interpretiert haben werden. kalisch opulent aufbereiteter Pro- mittlerweile schon erlebt hat, sieht testsong, in dem McCartney klar und man ihm nicht an. Vor allem dann Bei James Corden kommt in diesem unmissverständlich macht, was er nicht, wenn er, von Corden darum Moment die Erinnerung an seinen mit Donald Trump, dem hartnäckigen gebeten, auf seinen eigenen Spuren Großvater auf, der ebenfalls Musiker Verleugner des Klimawandels, tun durch Liverpool reist und dabei da- war. Zusammen mit seinem Vater möchte: „möglichst bald wegsperren“. von erzählt, wie das damals war, als er spielte er dem jungen James die bes- Nachzuhören in „Despite Repeated mit John Lennon in der Wohnung an ten Lieder der Welt vor. „Let It Be“ Warnings“. Und gleichzeitig hat Paul der Forthlin Road, Hausnummer 20, war eines dieser Lieder. Das ist pure McCartney keinerlei Berührungs- Lieder wie „She Loves You“ schrieb Emotion. Die Kraft von Musik, die ängste mit der jüngeren Generation. und sie gleich nebenan im Wohnzim- auch McCartney bis heute noch fas- „Fuh You“, von OneRepublic-Front- mer dem Vater vorspielte. Von 1956 ziniert. „Es ist schon unglaublich, was mann produziert, steht bis 1963 lebte Paul hier mit seinem ein Lied, was Musik generell mit je- dem „alten Onkel“ auch ziemlich gut. Vater Jim und seinem um zwei Jah- dem von uns machen kann.“ Denn so wirkt er bis heute. Ein netter re jüngeren Bruder Michael. Mutter Mann, dem man zwar ansieht, dass er Mary, Hebamme von Beruf, starb Diese und andere Erinnerungen, die etwas älter ist, aus dessen Augen aber nur wenige Monate nach dem Einzug in den 23 Minuten zusammen mit immer noch der jugendliche Schelm der Familie in die Sozialwohnung an einigen Songs die Gefühlswelt des blickt, ein Charakter, der diese Welt Brustkrebs. Paul war zu diesem Zeit- Zuschauers auf eine Achterbahn- mit offenen Armen empfängt. punkt 14 Jahre alt. In diesem Alter fahrt schicken, machen deutlich, dass hatte er sein erstes Lied geschrieben. Musik kein Marketing, keine Werbe- Der Mann, der „Yesterday“ geschrie- Titel: „I Lost My Little Girl“. strategie und keinen Outfit-Berater ben hat, um nur einen weiteren Song braucht, wenn sie einfach auf dem zu nennen, und als einer der bes- Wenn McCartney im Auto neben Punkt ist. Und die Musik der Beatles ten aller Zeiten gilt, hat Corden sitzend davon erzählt, wie war immer so auf dem Punkt, dass seine Popularität bei den jüngeren

08 09 10 Menschen vor allem dem Umstand zu verdanken, dass er in „FourFive- Seconds“ neben und die Gitarre spielt. Und dass er jener lustige Typ ist, der mit dem noch lustigeren James Corden durch Liverpool fährt.

Bemerkenswert ist, dass Paul Mc- Cartney fast auf Understatement macht, wenn es um seine Qualitäten als Songwriter geht. Aber er meint es wirklich ehrlich, wenn er sagt: „Ich weiß eigentlich bis heute nicht, wie man einen Song schreibt. Wenn ich mich hinsetze, um etwas zu schrei- ben, will ich auch gar nicht wissen, wie es geht und was ich als Nächstes tun muss“, verriet er in einem Inter- view mit dem „Rolling Stone“. Für ihn ist dies Ausdruck eines Selbst- verständnisses, das nicht darauf ausgerichtet ist, planbar zu sein. Er will nicht vorhersehbar sein. Mag sein, dass gerade dies sein persönli- ches Erfolgsgeheimnis ist. Er nimmt wahr und beschreibt, er sieht und merkt sich eine Zeile, aus der dann mehr werden kann, wenn sie nicht aus der Erinnerung verschwindet. Er kommt aus einer Generation, die noch nicht das Handy mit tausen- den Notizen und Gesprächsfetzen gefüllt hatte, um dann irgendwann später aus dem Fragment von damals einen Song zu schreiben. Früher sei man gezwungen gewesen, den Song gleich zu Ende zu schreiben. Wer dann wie McCartney und sein bei den Beatles kongenialer Song- writing-Partner John Lennon vor Ideen und Einfällen nur so sprudelte, musste ja fast zwangsläufig so viele Songs schreiben, wie sie die Beat- les in ihren aktiven Jahren in den 1960ern geschrieben haben.

Bis heute arbeitet McCartney nach der mit Lennon erprobten Methode: Wenn er eine Anfangsidee für ei- nen Song habe, dann müsse er diese eben zu einem Ende bringen. Das sei allemal besser, als nach Monaten zu einem Fragment zurückzukehren

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