Zeitung für Literatur und Gesellschaft

Redaktion: Alida Bremer und Saša Ilić

Ausgabe: 14. Oktober 2015 – Zur Frankfurter Buchmesse 2015 2. Jahrgang, Nr. 3

Feral Tribune: Die Geschichte einer permanenten Revolution Einführung zur Sondernummer (Beilage zur Frankfurter Rundschau)

Vom Beginn der Vorkriegskri- Lucić, Heni Erceg, Marinko Čulić, Lachen der Freiheit: Einführung in Frage nach der Zukunft der Frei- se in Jugoslawien bis zur aktuel- Ivica Đikić, Drago Hedl und ande- Feral Tribune (2. erweiterte Aus- heit erneut zu stellen: Darko len Flüchtlingskrise, die die EU rer -, die in zahlreichen südosteu- gabe, Verlag Adamić, Rijeka, 2015) Vidović, Edi Matić, Maja Vrančić, zu einer Überprüfung der eigenen ropäischen Medien präsent sind. dem Phänomen Feral Tribune Jelena und Mascha Dabić und dem Werte zwingt und die auch Süd- Deshalb haben wir uns entschlos- und seinem revolutionären Ein- Belgrader Design-Studio Metakli- osteuropa erschüttert und zwar sen, der Zeitung Feral Tribune fluss auf den öffentlichen Raum, nika. Unser besonderer Dank gilt entlang der gleichen Linien wie und ihren Machern diese Nummer den Verfolgungen, denen die Zei- dem Journalisten Danijel Majić vor einem Vierteljahrhundert, gab von Beton International: Zeitung tung ausgesetzt war und ihrem und der gesamten Redaktion der es kaum Medien und Stimmen, für Literatur und Gesellschaft zu Ende gewidmet. Wir veröffentli- Frankfurter Rundschau sowie denen es gelang, sich dem Irrsinn widmen, die unter diesem Namen chen einige Auszüge aus diesem jenen Stiftungen, die uns erneut des Krieges und der Kurzsichtig- seit Dezember 2013 existiert. Wir Buch. Außerdem veröffentlichen das Erscheinen ermöglicht und keit der Verantwortlichen für die haben sie gegründet als Plattform, wir zum ersten Mal in deutscher die uns unbürokratisch und un- katastrophale Politik zu widerset- durch die die deutsche und – wie Sprache ausgewählte Texte der kompliziert geholfen haben, diese zen. Ein derartiges Medium war wir hoffen – auch europäische Öf- wichtigsten Feral Tribune-Auto- Ausgabe zu realisieren: der Allianz einst das Satireblatt Feral Tribune fentlichkeit interessante Autorin- ren, sowie einige der aufsehener- Kulturstiftung und der Heinrich aus Split (Kroatien), und heute nen und Autoren aus Südosteuro- regendsten Titelseiten des Blattes. Böll Stiftung. sind es die kritischen Stimmen pa kennenlernen kann. Wir bedanken uns bei all jenen, die der ehemaligen feralovci – Viktor Der kroatische Journalist Bo- es uns durch ihre Unterstützung Alida Bremer Ivančić, Boris Dežulović, Predrag ris Pavelić hat seine Studie Das ermöglicht haben, die Feral’sche und Saša Ilić Feral Tribune Feral Tribune

vom Katheder der Universität in Schlechtes und Inhumanes fin- Boris Dežulović Boris Dežulović Regensburg den byzantinischen den?“ wurde 1964 in Split geboren. Seit Kaiser Manuel II zitiert – „Zeig Nun gut, außer Wasserleitun- 1988 gehörte er mit Viktor Ivančić mir doch, was Mohammed Neues gen, Kanalisation, Straßenbau, und Predrag Lucić zur Redaktion gebracht hat, und da wirst du nur Schulwesen, Landwirtschaft, me- von Feral Tribune. Im Jahr 1999 Schlechtes und Inhumanes finden dizinischer Versorgung, Techno- verließ er Feral und wurde Ko- Islam wie dies, dass er vorgeschrieben logie, Philosophie, Architektur, lumnist der Wochenzeitung Glo- hat, den Glauben, den er predigte, Theater, Kunst und Wein? bus. Von 1990 an arbeitete er als durch das Schwert zu verbreiten“ Journalist für die Wochenzeitung – und unter jenem weißen Mütz- In Ordnung - und auch den Fuß- Nedjeljna Dalmacija, später auch chen erscheint mir Regs Gesicht, ball. als Kriegsreporter und Kommen- und anstelle des Papstes sehe ich tator für . Er Johann Cleese den Zweiten, wie Der Text wurde 2006 in der schreibt für zahlreiche Medien in er sich rhetorisch fragt: „Was ha- kroatischen Wochenzeitung Glo- Kroatien, Serbien und Bosnien- ben uns diese Muslime eigentlich bus veröffentlicht. Hercegovina. Im Jahr 2004 wurde Gutes gebracht?!“ er von der Kroatischen Journali- Aus dem Kroatischen von Alida stengesellschaft zum Journalisten band Gedichte aus Lora (auf che Kolumnensammlungen und Die Mathematik – könnte Bremer des Jahres gewählt. Er hat folgen- Deutsch erschienen im Drava Essays. Seine Bücher, Erzählun- plötzlich ein Informatikstudent de Romane veröffentlicht: Verlag 2008), sowie die Erzähl- gen, Gedichte und Essays wurden aus der letzten Reihe einwerfen. Christkind (2003), Jebo sad hi- sammlung Poglavnikova bakte- in zahlreiche Sprachen übersetzt. Und das Dezimalsystem – ljadu dinara (2005), den Gedicht- rija (2007), außerdem zahlrei- könnte ein zweiter hinzufügen. Und die Zahlen, die wir heu- te immer noch arabisch nennen, die Unbekannte X und die revo- lutionäre Null, nach der die Welt nie mehr so werden wird, wie sie vorher war. Und die Trigonome- Wissen Sie, wir hatten – wie die Massenmörder aller Zeiten, Boris Dežulović trie und die Algebra, so benannt Predrag Lucić soll ich sagen – das Problem mit mit undurchsichtigem Stoff ver- nach Kitab al Jabr, dem Werk des dem Pferd, erläuterte Abdellatif hängten. In jener legendären Szene aus berühmten Mathematikers Al- Kabbaj, zuständig für die Öffent- Colin Powell zeigte uns vor der Kultkomödie Das Leben des Chwarizmi. Von dessen Namen lichkeitsarbeit, diese “künstleri- dem verhüllten Guernica Satelli- Brian betrachtet John Cleese in sich, nebenbei gesagt, auch der schen Erwägungen”. Sie müssen tenaufnahmen vom Irak. Damit der Rolle des Reg, des Anführers Begriff Algorithmus ableitet. Guernica wird doch zugeben, dass es nicht schön hat er uns eindeutig angekündigt, der Volksfront von Judäa, die Gla- Gut – könnte Benedikt XVI, wäre, jemanden vor den UN-Mi- dass auch der Irak vom Satelliten diatorenkämpfe in der Arena und der Anführer der Volksfront von krofonen zu sehen, der – verzeihen aus betrachtet bald wie ein blauer stellt die rhetorische Frage, was Europa, unwillig eingestehen – Sie den Ausdruck – unter dem Hin- Flicken auf der Wange der Welt diese Römer eigentlich Gutes ge- ich gebe zu, dass die Zahlen und phie, Astronomie und der Gitar- füm, der Seife, dem Alkohol, der verhängt tern eines Pferdes steht. aussehen könnte. Allerdings nur, bracht hätten. die Algebra zwei Dinge sind, die… re... Pharmazie, der Hygiene und der Das Verhängen der Tappisse- wenn es gelingt, hinreichend blau- Und die Geographie – könnte Die Pharmakologie – könnte modernen Chemie, was, frage ich rie, auf der Picassos Bild repro- en Stoff zu finden und den gan- Den Aquädukt – wirft einer sich ein weiterer Student erin- eine strebsame Studentin aus der euch, haben die Muslime je für duziert ist, auf dem die Vernich- zen Schrecken zu verdecken, den der Mitstreiter ein. nern. ersten Bank hinzufügen. – In der uns getan? tung von eintausendsechshundert Bush, Rumsfeld, Powell und ande- Und die Kanalisation – erin- Und die Philosophie. Dank ih- Epoche, in der Europa in Gestank Menschen im baskischen Dorf re Power-Synonyme anzurichten nert sich ein anderer. rer Übersetzungen ist die griechi- und Seuchen erstickte, brachten Was also haben uns die Muslime Guernica dargestellt wird, hat sich planen. Also gut, ja – gesteht Reg un- sche Philosophie über das düstere uns die Araber die Seife und das Neues gebracht außer Schlechtem sowohl auf der faktischen wie auch willig ein – ich gebe zu, dass der Mittelalter gerettet worden. Sie Parfüm, erklärten uns, dass die und Inhumanem? – liest Joseph auf der symbolischen Ebene zum Dieser Text wurde in Feral Aquädukt und die Kanalisation haben die erste Landkarte über- Seuchen sich durch verschmutz- Ratzinger den Studierenden der mit einem blauen Tuch zu verhän- Schlüsselereignis unserer Zeit ver- Tribune Nr. 908 vom 8. Februar zwei Dinge sind, die… haupt ausgearbeitet, als erste ha- tes Wasser verbreiten, und brach- Regensburger Universität vor, gen. wandelt, in einen Akt, aufgrund 2003 veröffentlicht, der Irakkrieg Und die schönen Straßen – ben sie den Umfang der Erdkugel ten uns das berühmte Buch Qa- eingehüllt in Samt und Seide, wo- Es sei ungebührend, so räum- dessen sich künftige Generationen begann am 20. März 2003. fügt der erste Mitstreiter hinzu. berechnet, und sie haben das he- nun Ibn Sine, die erste Enzyklo- bei er bei dieser Gelegenheit nicht te einer von ihnen ein, dass der an uns erinnern und Grund haben Ach ja, selbstverständlich, die liozentrische System entwickelt. pädie der Medikamente und der nur die Tatsache vernachlässigt, US-amerikanische Außenminister werden, sich unserer zu schämen. Aus dem Kroatischen von Alida Straßen – murmelt Reg. – Aber Sie haben die erste Sternwarte ge- Elixiere. Verzeihung, der al-iksire. dass die Muslime sowohl die Stof- eine Rede über die Notwendigkeit, Die Geschichte wird sich der Bremer abgesehen von der Kanalisation, baut, sie begründeten die moder- Schließlich waren eben die ara- fe, die er trägt, zu uns gebracht den Irak in einer alliierten Aktion heutigen “Verteidiger der westli- dem Aquädukt und den Straßen... ne Astronomie und brachten uns bischen Alchemisten – Alchemie haben, wie auch das Papier, von zu bombardieren, vor jenem Bild chen Zivilisation” erinnern als je- Medizinische Versorgung – aus dem Osten den Kompass. von al-himiya oder al-kimiya – dem er liest, sondern dass die Ara- halte, dass die Opfer eines Luftan- ner, die in einen verbrecherischen unterbricht ihn der zweite – und Und das Papier. die Urväter der modernen Che- ber auch das Konzept der Univer- griffes zeige – tote Kinder, Frauen Krieg gezogen sind, nachdem sie Predrag Lucić das Schulwesen. Und den Reis. mie. Sie haben unter anderem sität über Spanien nach Europa und Tiere. keinesfalls zufällig ausgerechnet wurde 1964 in Split geboren. Er Naja gut, jetzt reicht es aber – In Ordnung, es reicht – könnte die Laugen und das Schießpulver verbreitet haben. Ach, das sei nur eine vorläufige jenes Bild verhängten, auf dem das ist einer der Mitbegründer und verliert Reg die Nerven. der Papst die Nerven verlieren. entdeckt und erfanden die De- „Die Tinte des Gelehrten ist Maßnahme, rechtfertigte sich ein Massaker dargestellt ist, das Fran- Gestalter von Feral Tribune. Er Und die Melioration, also die Und den Zucker, die Orange, stillation und dabei erhielten sie heiliger als das Blut des Märty- Predrag Lucić anderer, und es wird nur so lange cisco Franco mit Hilfe der Luftwaf- begründete die Buchreihe von Bodenverbesserung – fahren sei- die Zitrone, den Pfirsich – könn- al-kuhul. Kommt Ihnen das Wort rers“ hat – Sie werden es kaum verhüllt bleiben, bis die Kameras fe seiner nazistischen und faschi- Feral Tribune und fungierte als ne Genossen fort. ten die Studenten in ihrer Aufzäh- bekannt vor? glauben – der schreckliche Mo- wieder verschwunden sind. Wis- stischen Verbündeten an Zivilisten Herausgeber. Seit Sommer 2009 Die öffentlichen Bäder. lung fortfahren. – Die Ölpresse, Ja, den Alkohol – könnte je- hammed gesagt. In den Tagen, bevor Colin Po- sen Sie, wenn die Menschen die verübte, der Mann, der ebenfalls schreibt er für Novi List aus Ri- Und den Wein. Bewässerungssysteme und über- mand zustimmend nicken. - Das Und was hat uns Mohammed well vor dem Sicherheitsrat bis Aufnahmen mit dem Picasso im zum “Verteidiger der westlichen jeka eine Tageskolumne unter Ja, den Wein. – nickt der erste. haupt die moderne Landwirt- ist wirklich etwas, was wir ver- noch gebracht, außer dass er vor- zu diesem Zeitpunkt unbekannte Hintergrund sehen, dann werden Zivilisation” auserkoren war. Man dem Titel Trafika. Seit 2011 ver- – Der Wein wird uns wirklich feh- schaft. Die Baumwolle, die Textil- missen würden, wenn die Araber geschrieben hat, den Glauben, den Beweise für Saddams Massenver- sie nicht begreifen, dass sie etwas wird sich an sie erinnern aufgrund öffentlich Radio Freies Europa len, wenn die Römer weg sind. industrie und die Mode. Die Jacke weggingen. er predigte, durch das Schwert zu nichtungswaffen aus dem Ärmel sehen, was sich im Gebäude der der Tatsache, dass sie sich auf- veröffentlicht Stenogrami and Ka- Also gut! – explodiert Reg ist eine arabische Erfindung. Sie Also gut! – könnte Benedikt verbreiten, fragt Benedikt XVI in schüttelte, die er mit den wohl- Vereinten Nationen abspielt. machten, die Zivilisation zu vertei- menogrami. Gemeinsam mit Bo- schließlich. – Mal abgesehen von haben die erste Camera obscura XVI schließlich explodieren. – seiner Rede über die Sinnlosig- bekannten militaristischen Sprü- Ich habe damit nichts zu tun, digen und dabei das berühmteste ris Dežulović tritt er seit 2007 als dem Aquädukt, der Kanalisation, konstruiert und die Optik begrün- Mal abgesehen von dem Dezimal- keit der Verbreitung des Glaubens chen über die Notwendigkeit einer behauptete der formale Hausherr, Antikriegs-Kunstwerk versteck- Kabarettist auf. Er hat zahlreiche dem Straßenbau, dem Schulwe- det. Ach ja, und die „qitara“. Die system, den Zahlen, der Algebra, durch Gewalt, wobei er die Gele- Militärintervention im Irak gar- der Generalsekretär der Vereinten ten, das diese Zivilisation hervor- Bücher veröffentlicht, unter ande- sen, der Bodenverbesserung, den Gitarre. der Mathematik, der Philosophie, genheit versäumt, an dieser Stelle nierte, fand in dem Gebäude am Nationen Kofi Annan. Wenn Sie gebracht hat. Man wird sich an sie rem die Gedichtbände Ljubavnici öffentlichen Bädern, dem Wein Und den Kaffee. der Weltlandkarte, dem Kom- ein wenig vor der eigenen Tür zu East River ein Großreinemachen glauben, dass hier alles in meinem erinnern als an jene, die ihre Kunst iz Verone und Mjesec iznad Splita, und der medizinischen Versor- Das sieht ihnen ähnlich – pass, dem Papier, dem Reis, dem kehren und an den katholischen statt. Die zentrale hygienische Namen gemacht wird, würde das mit Bomben schaffen, während den satirischen Band Sun Tzu na gung, was, frage ich euch, haben könnte Benedikt vom Katheder Zucker, der Baumwolle, den Be- Jihad zu erinnern. Und dann zu Maßnahme wurde an “Guernica” bedeuten, dass ich allgegenwär- sie zugleich die wahren Kunst- prozorčiću, und gemeinsam mit die Römer je für uns getan? herab zischen. – Aber außer Ma- wässerungssystemen, der Camera fragen: „Zeig mir doch, was Je- von Pablo Picasso vorgenommen tig bin. Aber das bin ich nicht. Ich werke, wie Picassos Guernica, auf Boris Dežulović Greatest Shits – Ich sitze vor dem Fernseher und thematik, Geographie, Philoso- obscura, der Optik, der Jacke, der sus Neues nach Lateinamerika – die eifrigen UN-Diplomaten hat- habe gehört, dass es aus künstleri- dem nicht nur der Generalissimus Anthologie der zeitgenössischen sehe Papst Benedikt XVI, wie er Gitarre, dem Kaffee, dem Par- gebracht hat, und da wirst du nur ten beschlossen, dieses Gemälde schen Erwägungen erfolgt ist. Franco angeklagt wird, sondern kroatischen Dummheit.

2 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 3 Feral Tribune Feral Tribune

die Kroaten und die Tschetniks gik! Erstens, es darf nie wieder wirklich, Frau Lehrerin, wer waren der studentischen Zeitung FESB, Viktor Ivančić zermalmen!“ Da brüllte die Lehre- Krieg geben! Und zweitens, selbst also diese Partisanen?“ Die Leh- später als professioneller Jour- rin los: „Nives, was ist das für ein wenn, dann ist es absolut unmög- rerin schaute mich an, als würde nalist bei Slobodna Dalmacija. Er unpatriotisches Benehmen?! Auf lich, dass die Kroaten gemeinsam sie mich gleich aufspießen wollen, war einer der Gründer und lang- wessen Seite stehst du eigentlich? mit den Tschetniks gegen die Ser- und schrie: „Siehst du, was du an- jähriger Chefredakteur der Wo- Das Notizheft des Robi K.: In dieser Klasse will ich solche Din- ben und die Ustascha kämpfen! gerichtet hast, du Vollidiot? Woll- chenzeitung Feral Tribune. Er lebt ge nicht hören!“ Schluss, aus!“ Dann sagte ich: „Aber ten wir in dieser Stunde über den und arbeitet in Split. Er ist Träger Seerobbe-Nives hielt ab sofort warum wird dann mein Großvater, Heimatkrieg sprechen oder über zahlreicher Auszeichnungen, u.a. den Schnabel. Mein Freund Dino der Kroate ist, auf der Insel Šolta die Partisanen?“ Ich sagte: „Mein dem Preis der Internationalen Fö- Vaterländische Erziehung lächelte machomäßig. Die Lehrerin als Tschetnik beschimpft?“ Die Großvater sagt, die Partisanen wa- deration der Journalisten (1996), Smilja zeigte mit dem Zeigefinger Lehrerin starrte mich an, inzwi- ren der entscheidende Faktor im dem Internationalen Preis für die auf ihn und sagte: „Und du, Klug- schen war sie schwer verwirrt. Mei- Heimatkrieg!“ Die Lehrerin fragte Freiheit der Medien (1997), ver- scheißer, grins nicht so dumm! Wie ne Kumpels in der Klasse schauten schnippisch: „Und wie das bitte? geben vom Committee to Protect kommst du auf die Idee, dass es ei- mich auch verwundert an. Ich sag- Lass mal hören!“ Ich sagte: „Weil Journalists, dem Olof-Palme-Preis wer waren unsere Verbündeten?“ „Die Tschetniks waren zusammen brüllte: „Das reicht jetzt aber!“ Ich nen neuen Krieg geben wird? Her- te: „Und zwar nur deshalb, weil er sie nicht dabei waren!“ (1998), verliehen vom Olof-Palme Die Lehrerin sagte: „Die Deutschen mit den Deutschen und den Usta- sagte zu ihr: „Dieser Lernstoff ist aus mit der Sprache, du Schwach- bei den Partisanen war!“ Fond Stockholm, der Goldenen und die Ustascha!“ scha! Und die Serben waren zu- sauschwer, Frau Lehrerin! Ich ka- kopf?!“ Dino breitete seine Arme Dann fragte Drahtseil-Rino: Robi K. (Klasse 3a) Friedestaube (2007), vergeben Ich schaute die Lehrerin Smi- sammen mit unseren Kroaten, also pier gar nichts mehr!“ Die Lehrerin aus und sagte: „Wenn ich es richtig „Wer ist denn das schon wieder, vom Archivio Disarmo, Rom. Er lja leicht verwirrt an. Dann sagte gegen die Deutschen, die Ustascha schrie: „Du hast alles durcheinan- kapiert habe, ist das wie bei der diese Partisanen?“ Dachschaden- Aus dem Kroatischen von hat dreizehn Bücher veröffentlicht aber mein Freund Dino: „Moment und die Tschetniks!“ Dann fragte der gebracht mit deinem Opa und Champions League! Jeder spielt Kane sagte: „Nie gehört!“ Schwei- Mascha Dabić und Alida Bremer – Romane, Essays, Erzählungen, mal, Frau Lehrerin, wurden die die kleine Tea: „Warum sagt dann mit dem Zweiten Weltkrieg! Von gegen jeden, und am Ende werden nezucht-Nela sagte: „Das müssen darunter auch drei Sammlungen nicht schon im Zweiten Weltkrieg meine Mama, dass mein Großvater jetzt an halten wir uns an den Hei- die Punkte zusammengezählt!“ Ich irgendwelche Touristen sein, so der bekanntesten Kolumnen aus zermalmt?“ Dann sagte Dachscha- im Heimatkrieg von den Italienern matkrieg und Schluss! Haben das sagte: „Klar doch! Man kann den wie die Deutschen und die Italie- der Reihe Das Notizheft des Robi den-Kane: „Also wirklich, ver- verhaftet wurde?“ jetzt alle verstanden?!“ Wir alle Wettkampf ja nicht mittendrin un- ner!“ Die Lehrerin Smilja stand wie Viktor Ivančić K., die aus der Perspektive eines dammtnochmal! Wenn die Unse- Die Lehrerin Smilja drehte sich in der Klasse beruhigten uns und terbrechen!“ Die Lehrerin schrie: angewurzelt und mit düsterer Mie- geboren 1960 in Sarajevo. Er ar- Drittklässlers auf humorvolle Art ren im Zweiten Weltkrieg die Deut- zu ihr um und sagte: „Tea, mein hielten das Maul. Die Lehrerin rief „Hört mir mal gut zu, ihr Bengel, ne vor der Tafel. Dann stellte die beitete seit Anfang der achtziger und im Slang der Stadt Split das schen und die Ustascha zermalmt Schatz, es ist unmöglich, dass die laut: „Und kein Wort mehr über die das ist eine ziemlich dämliche Lo- Heulsuse Lidija eine Frage: „Also Jahre als Journalist, zunächst in Zeitgeschehen kommentieren. Viktor Ivančić haben, und danach kam dann der Italiener deinen Großvater im Italiener und die Deutschen, denn Heimatkrieg, wie konnten die dann Heimatkrieg verhaftet haben! Das das sind jetzt unsere lieben Touri- unsere Verbündeten sein?“ Dann kann allenfalls im Zweiten Welt- sten! Ist auch das jetzt allen klar?“ Diese eine Lehrerin da, Smilja, schaltete sich Seerobbe-Nives ein: krieg passiert sein!“ Dachschaden- Wir alle schwiegen und nickten stellte sich vor die Tafel und sagte: „Vielleicht haben sie nicht alle zer- Kane fragte: „Und was waren die mit unseren Köpfchen. Die Lehre- hielt sich mit einigen Frauen, und von Trnovo sehen könne, bejahte „Kinder, heute lernen wir etwas malmt! Vielleicht haben sie einige Italiener – Deutsche, Ustascha oder rin sagte: „Okay! Also, wir kehren Drago Hedl als ich ihn fragte, ob er vielleicht er erneut. Seine Gesichtszüge lie- über den Heimatkrieg! Ich muss zermalmt und andere verschont, Tschetniks?“ Die Lehrerin Smilja wieder an den Anfang zurück! Im irgendwo Slobodan Davidović ge- ßen keine Veränderung erkennen, gleich zu Beginn meine Begeiste- damit sie sie später als Verbünde- rief aus: „Italiener waren Italiener! Heimatkrieg okkupierten die Ser- sehen habe, antwortete er kurz an- doch in seinen Augen sah man, rung, mein Glück und meine Zu- te haben!“ Schweinezucht-Nela Sie hatten sich nur verbündet mit ben und die Tschetniks unser Land, gebunden: „Das bin ich.“ dass ihm erst jetzt klar wurde, dass friedenheit darüber kundtun, dass fragte: „Wie haben sie entschie- den Deutschen, den Ustascha und und dann...“ Dino sprang ihr bei: „... er entdeckt war. Ich fragte ihn, wie dieses Thema in den Lernstoff für den, wen sie zermalmen und wen den Tschetniks! Und also gegen und dann wurden sie von den Kroa- Wie wir Ein angespanntes er sich heute fühle. Er hielt kurz die dritte Klasse Eingang gefunden sie verschonen sollen, um später die Kroaten und Serben!“ Dann ten und den Ustascha zermalmt! Gespräch inne, blickte über mich hinweg hat! Es ist nie zu früh für uns stolze Verbündete zu haben?“ Drahtseil- fragte die Streberin Sandra: „Und Stimmt’s?“ und sagte: „Schlecht, so wie sich je- Kroaten, diesen Stoff durchzuneh- Rino sagte: „Vielleicht haben sie sie waren sie dann später im Heimat- Die Lehrerin Smilja warf ihm Auf seinem unglaublich unbe- der fühlen würde, der dabei war.“ men!“ Dann klatschte die Lehre- Schnick-Schnack-Schnuck spielen krieg verbündet mit den Kroaten einen bedeutungsvollen Blick zu. wegten, ausdruckslosen Gesicht Er fuhr fort, dass er nichts weiter rin in die Hände und fragte: „Weiß lassen?“ und Serben?“ Mein Freund Dino Dann presste sie hervor: „So in Slobodan begann ich die Züge des Mitglieds zu sagen habe, und wandte sich in zufällig jemand von euch, was das Die Lehrerin Smilja klatschte sagte zu ihr: „Du bist so doof wie etwa!“ Ich meldete mich: „Im Ge- der Škorpioni zu erkennen, die ich Richtung Kirche. Ich übersetzte überhaupt war, der Heimatkrieg?“ zweimal in die Hände und sagte: eine Pfanne, Sandra! Wie sollen gensatz zum Zweiten Weltkrieg, vor einer Woche auf der schreckli- noch Woods Frage, ob er sich we- Die ganze Schülerbande schwieg, „Kinder, ich bitte euch, macht uns sie denn verbündet sein mit den als die Kroaten und die Serben die chen Aufnahme gesehen hatte. Ich gen der Dinge, die er getan habe, alle schüttelten ihre Köppe, als hät- das Leben nicht so schwer! Ein Kroaten und den Serben, wenn Tschetniks und die Ustascha zer- ten sie keinen blassen Schimmer. Davidović erinnerte mich an einen Mann mit schlecht fühle. Noch bevor ich einfacher Lernstoff sollte das sein, die Kroaten doch gegen die Ser- malmt haben! Stimmt’s?“ Die Leh- einem roten Barrett auf dem Kopf, den Satz beendet hatte, antworte- Die Lehrerin fragte: „Was? Gar damit wir verstehen, wer der Ag- ben waren!“ Die Streberin Sandra rerin warf nun mir einen bedeu- der eiskalt raucht, überheblich di- te Davidović auf Englisch: „Yes.“ niemand?“ Dann zeigte ich auf. Die gressor ist und wer das Opfer, und fragte: „Wann?“ Dino sagte: „Na, im tungsvollen Blick zu und presste rekt in die Kamera blickt, während Dann ging er auf ein Auto mit ei- Lehrerin sagte: „Bitte sehr, Robi!“ nicht, dass wir da bis zum siebten Heimatkrieg!“ Dachschaden-Kane hervor: „So in etwa!“ Dann meldete sechs Bosniaken mit den Händen nem Kennzeichen aus Vinkovci Ich sagte: „War das der Krieg, als Jahrhundert zurückgehen...“ Aber sagte: „Vielleicht war die Hälfte der sich Dino: „Was bedeutet, dass im fanden auf dem Rücken gebunden und die Unseren mit Hilfe der Alliierten da schaltete sich die Heulsuse Li- Italiener mit den Serben und die nächsten Krieg die Kroaten und zu, das gerade vor der Kirche zum mit dem Gesicht auf dem Boden die Deutschen und die Ustascha dija ein: „Und wo waren dann die andere Hälfte mit den Kroaten!“ die Tschetniks die Serben und die Stehen kam und auf das Davidović zermalmt haben?“ Serben und die Tschetniks?“ Die Schweinezucht-Nela fragte: „Wie Ustascha zermalmen werden!“ Die am Straßenrand liegen. Obwohl offensichtlich gewartet hatte. Die Lehrerin Smilja warf mir Lehrerin fragte: „Wann?“ Die Heul- haben sie entschieden, wer auf wel- Lehrerin riss Augen und Mund auf. fand ich mich Auge in Auge mit die Aufnahme nicht besonders gut Als wäre nichts geschehen, einen vernichtenden Blick zu. Slobodan Davidović wieder, einem war und inzwischen beinahe zehn ging er seelenruhig auf das Auto zu suse Lidija sagte: „Na, im zweiten cher Seite ist? Haben sie Schnick- Dann sagte Seerobbe-Nives: „Wa- 2 Dann stemmte sie ihre Hände in Weltkrieg!“ Die Lehrerin Smilja Schnack-Schnuck gespielt?“ rum müssen die Kroaten immer Mitglied der Škorpioni , der an Jahre vergangen waren, wuchs in und half einem kleinen etwa sieb- die Hüften und fragte: „Sag mal, kratzte sich am Kinn und dach- Die Lehrerin Smilja schlug mit siegen? Vielleicht werden dann dieser brutalen Exekution betei- mir die Gewissheit, dass es sich zigjährigen Mann auszusteigen. Es wer hat dir denn das erzählt?“ Ich te ein wenig nach. Dann sagte sie: dem Klassenbuch auf das Pult und mal die Serben und die Ustascha ligt war. Er stand in Banovci nahe tatsächlich um denselben Mann stellte sich heraus, dass es sich da- daraufhin: „Mein Großvater von Vukovar zwei Häuser entfernt handelte. Die letzten Zweifel ver- bei um den Priester handelte. Sei- der Insel Šolta!“ Die Lehrerin sagte: von dem Haus, in dem eine Kir- schwanden, als Davidović meine ne Frau half ihm bei Aussteigen, „Tja, dein Großvater erlaubt sich ei- che untergebracht ist. Die „Kirche Frage bejahte, ob er während des aber auch die Hilfe von Davidović nen Spaß, junger Mann! Der Mann Gottes“3 befindet sich in einem Krieges den Škorpioni angehört war notwendig, denn gemeinsam ist wohl alt geworden und hat nicht gewöhnlichen eingeschossigen habe. Sein Eingeständnis schoc- setzten sie ihn in einen Rollstuhl. mehr alle Tassen im Schrank!“ Ich Gebäude in der Branko-Radičević- kierte mich. Während Davidović den Priester sagte: „Sorry, Frau Lehrerin, aber Straße 23. Es war einige Minuten Mein Unbehagen verstärkte aus dem Auto hob, holte ich mei- mein Großvater hat sehr wohl alle vor elf, unmittelbar vor Beginn des sich durch das kurze, aber eindeu- ne Kamera hervor und machte Sonntagsgottesdienstes. Er unter- tige Klicken eines Fotoapparates. schnell ein Bild. Ich hatte keine Tassen im Schrank!“ Die Lehre- Drago Hedl rin sagte: „Okay, wenn er alle Tas- Nicholas Wood, ein Journalist der Zeit, das Objektiv scharf zu stellen. sen im Schrank hat, dann meinte New York Times, mit dem ich an Als ich zum zweiten Mal klickte, quidierung nach Trnovo gebracht worden er wohl einen anderen Krieg!“ waren (Anm. d. Ü.). jenem Morgen von nach Ba- bemerkte er, was ich tat, hob ner- Und ich fragte: „Welchen anderen Genau eine Woche, nachdem novci gefahren war, hatte zweimal vös seinen Arm und sagte mir, ich 2 Die Škorpioni waren eine paramilitärische Krieg?“ Die Lehrerin Smilja sagte: ich an einem der Schneidetische serbische Spezialeinheit, die sich zahlrei- heimlich aus der Hüfte seine digi- solle aufhören. Gemeinsam mit „Den Zweiten Weltkrieg! Dieser des Fernsehsenders B92 in Bel- cher Kriegsverbrechen schuldig gemacht tale Canon ausgelöst. Davidović dem Priester und seiner Frau ging Krieg war noch vor dem Heimat- grad die Gesamtaufnahme der hat, die u. a. 2005 vor dem Haager Kriegs- hatte es nicht bemerkt, so dass er in die Kirche, ohne meine Fra- grausamen Liquidierung von verbrechertribunal zur Anklage gebracht wir das Gespräch fortsetzten, das gen weiter zu beachten, die ich krieg!“ Ich fragte: „Wen haben die wurden (Anm. d. Ü.). Unseren dann im Heimatkrieg zer- sechs Bosniaken1 in Trnovo sah, allerdings immer angespannter ihm stellte, bis er in der Eingangs- malmt?“ Die Lehrerin sagte. „Sie 3 Die “Church of Good (Cleveland)” ist eine wurde. Als ich ihn fragte, ob er ei- tür verschwand. der ältesten und größten Pfingstkirchen haben die Serben und die Tschet- 1 Es handelte sich um bosnisch-muslimi- weltweit. In Kroatien wurde sie vor dem ner von den Männern sei, die man niks zermalmt!“ Ich fragte: „Und sche Männer, die aus Srebrenica zur Li- Ersten Weltkrieg gegründet (Anm. d. Ü.). auf den Aufnahmen der Exekution

4 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 5 Feral Tribune Feral Tribune

Begegnung vor der ner der Unglücklichen versuchte Gottes sich nur um das geistliche sich vor den Opfern des Verbre- hende Politikerin, gab anrührende Messe – mit dem Kopf im Staub liegend Leben seiner Gläubigen zu küm- Heni Erceg chens, nicht aber des Genozids zu Sprüche über die Notwendigkeit – zu erklären, dass er unschuldig mern habe. Seine Frau sagte uns, verbeugen! Dort wurde er aller- einer Bestrafung der Täter als Vor- Die Information, dass sei. Davidović antwortete ihm: bevor sie nach Vinkovci aufbra- dings recht grob ausgebuht und aussetzung für eine Versöhnung Davidović sich in Banovci aufhal- „Unschuldig! Du bist genauso un- chen, dass wir die Heilige Schrift angegriffen, dieser Mann, der als von sich. ten könnte, einem Ort nahe der schuldig wie ich!“ Der Mann, der lesen mögen und dass wir darin Es spielten ehemaliger Handlanger von Slo- Als würde sie in ihrem eigenen Grenze zur Republik Serbien und das getan hatte, betete nun in aller alle Antworten finden würden. bodan Milošević gerne zu sagen Staat nicht auch Verbrecher ha- Montenegro, gelegen an der Ei- Ruhe in seiner Kirche. Die Nach- Vor Davidovićs Haus empfing pflegte, dass man „für einen ge- ben, die man wie Helden verehrt, senbahnlinie Zagreb – Belgrad, barn aus der Straße von Davidović, uns seine Mutter, die wohl auch ge- töteten Serben hundert Muslime zum Beispiel Tomislav Merčep, war aus dem Ort Šid gekommen. nur einige Häuser von dem seinen rade von der Messe zurückgekehrt töten soll“ - und gerade infolge der für die schrecklichen Folter- Einer der dort lebenden Ange- entfernt, erzählten uns, dass er ein war. Sie sagte, sie wisse nicht, wo wackere einer derartigen politischen Rhe- qualen und den Tod von Dutzen- hörigen der Škorpioni, der nicht ruhiger und anständiger Mensch ihr Sohn sei. Ich fragte sie, ob sie torik spielte sich der Völkermord den serbischer Zivilisten verant- an der Exekution der Bosniaken sei, immer bereit zu helfen. Ilija, die Videoaufnahme gesehen habe in Srebrenica ab. Nun ringen die wortlich ist, unter denen auch ein in Trnovo beteiligt gewesen war, der sich nur widerwillig vorstell- und ob sie wisse, wer darauf zu se- Weltmächte um diesen Begriff, zwölfjähriges Mädchen war. Die kannte zwar nicht die genaue te und seinen Nachnamen nicht hen sei. Sie blickte zu Boden und Recken… und ihre Vertreter lamentieren Klage gegen ihn wurde jüngst von Adresse, aber er war sich sicher, preisgeben wollte – genauso wenig schwieg eine Weile, doch dann sag- mit gesenkten Köpfen über die der kroatischen Justiz dahinge- dass Davidović in Banovci lebte. wie seine Frau -, sagte uns, dass er te sie: „Ich habe davon gehört und „Versäumnisse“ der UN, über die hend umgewandelt, dass anstelle Er hatte recht genau die Stelle be- den besagten Film mit der Exeku- weiß, wer zu sehen ist.“ Ich fragte falschen Einschätzungen der eu- seiner Verantwortung als Befehls- schrieben, an dem sich sein Haus tion in Trnovo nicht gesehen, aber sie, wie sie sich nach all dem füh- ropäischen Regierungen und ge- haber er nur dafür angeklagt wird, befinden müsse. Davidović hatte davon gehört habe, und dass auch le, und sie antwortete: „Es werden geeilt, um neben den Grabstätten ben in aller Betroffenheit ähnliche dass er es „versäumt hat zu verhin- vor einiger Zeit mit diesem Mann Davidović darin zu sehen sei. Dar- schreckliche Tage kommen, eine von 8000 ermordeten Bosniaken Plattitüden von sich – all das in ei- dern, dass an serbischen Mitbür- gesprochen und versucht heraus- über spreche man im Dorf, sagte Zeit, in der die Mütter die Frucht über das Heldentum ablegen zu ihre politische Messe abzuhalten nem Städtchen, in dem neben den gern Kriegsverbrechen begangen zufinden, ob es für ihn in Serbien, er, aber alle seien überrascht, und ihres Leibes verfluchen und der können. Und dann – als sich der und ein wenig Asche über die ei- wenigen überlebenden Bosniaken wurden“. Wie müssen sich die Op- das von Banovci nicht einmal fünf sie könnten sich nur schwer vor- Milch nachtrauern werden, mit Wirbel um das Video gerade etwas genen Häupter zu streuen, weil auch heute noch die Mörder, die fer dieses Verbrechers fühlen, den Kilometer entfernt beginnt, siche- stellen, dass Davidović an dieser der sie die Kinder gestillt haben.“ legte – tauchten wie vom Teufel sie vor zwanzig Jahren in vollem die Familien dieser Bosniaken auf die kroatische Präsidentin als „be- rer sei. Doch als man dort, einen Aktion beteiligt gewesen sei. […] Davidovićs Bruder, der plötzlich geschickt ausgerechnet vor der Bewusstsein sehr viele Bewoh- dem Gewissen haben, spazieren sonderen Gast“ zu ihrer Inaugura- Tag nach der Ausstrahlung der Unter der schattenspenden- und ganz überraschend aus dem Sonntagsmesse diese Journalisten ner dieses Landstriches geopfert gehen – in diesem Pseudo-Staat, tion eingeladen hat? Um später in schockierenden Aufnahmen, be- den Krone eines Kirschbaums Haus auftauchte, wandte sich mit der Frage auf, ob er, Slobodan haben, um angeblich den Krieg der sich Republika Srpska nennt Srebrenica ganz betroffen Famili- gann, Angehörige der Škorpioni zu standen Ilija und seine Frau in ziemlich barsch an seine Mutter Davidović, derselbe Mann sei, in Bosnien schneller beenden zu und der ausgerechnet durch die enmitgliedern der dortigen Opfer verhaften, hatte er wohl vermutet, ihrem Hof und beschrieben uns und befahl ihr, das Gespräch sofort der damals vor zehn Jahren die können. Gnade derselben internationalen die Hände zu schütteln. dass es besser für ihn sei, in Banov- ihren ruhigen Nachbarn, der nach abzubrechen. Zusammen gingen unglücklichen Bosniaken in den In den Tagen vor dem Jahres- Organisationen entstehen konnte. Denn worin besteht letzten ci zu bleiben. dem Krieg zurück nach Banovci sie in den Hof, und er knallte uns Himmel befördert hatte, vor das tag dieser Tragödie kamen jene Ein ausgezeichnetes Beispiel Endes der Unterschied zwischen Im Telefonbuch von Banovci, gekommen sei, als einen tüchtigen das eiserne Tor vor der Nase zu. Angesicht Gottes, zu dem er jetzt Heni Erceg Menschen, die die größte Verant- für den Zynismus der ganzen Ge- dem kroatischen Verbrecher einem Ort, der vor dem Krieg auf- Menschen, der bereit sei, jede Ar- Am Nachmittag fuhren wir betete. wortung für das Massaker an den schichte über Srebrenica, über die Merčep und dem serbischen Ver- grund der Nähe zum serbischen beit zu übernehmen. Er beschäfti- zurück nach Osijek. Ich war in- Bosniaken tragen, eben die Büro- falsche Schuld, über Resolutionen, brecher Mladić? Nur in der Grö- Šid den Namen Šidski Banovci ge- ge sich mit Landwirtschaft, arbei- nerlich aufgewühlt, und es spulten Der Artikel wurde im kraten des UN-Sicherheitsrates über die papageiartig wiederhol- ßenordnung der Opferzahl. Doch tragen hatte, kommt der Nachna- te auch als Maurer, vor dem Krieg sich in meinem Kopf gleichzeitig Juni 2005 in Feral Tribune auf die Idee, dass es angebracht ten Aufrufe zur Verantwortung, beide wurden von einer mehr oder me Davidović nur einmal vor, und sei er einige Jahre in Deutschland zwei Filme ab. Auf dem einen war veröffentlicht. Hyperaktiv, beinahe bis aufs sei, eine Resolution zustande zu und all das vor den Gräbern der weniger erfolgreichen, aber in je- zwar in der Željeznička-Straße gewesen, und auch als Saisonar- Davidović zu sehen, der ruhige Blut, spielt die politische Elite bringen, in der stehen sollte, dass Männer aus Srebrenica, konnte dem Fall verbrecherischen staat- Nummer 4. Aber das Haus, in dem beiter an der Adria. Das war die Nachbar aus den Berichten seiner Anmerkung: Zehn Stunden, ihre Spielchen überall in der so- sich in Srebrenica ein Genozid ab- man neulich auf einer Srebrenica- lichen Politik der Auslöschung Davidović wohnte – die Nachbarn altbekannte Geschichte von den Mitbürger, der zurückgezogen le- nachdem die Journalisten Nicho- genannten Region, wie man heute gespielt habe und dass in Zukunft Konferenz in Den Haag erleben. einer anderen ethnischen Gruppe zeigten es uns, ohne zu ahnen, wa- friedfertigen, stillen, guten Nach- bende, stille, fast scheue Gläubige, las Wood (New York Times) und das Territorium des einstigen ge- niemand mehr das Recht haben Dort versammelten sich die inter- geleitet. Aus diesem Grund diente rum wir nach ihm suchten -, ist die barn, von zurückgezogen leben- der sonntags den Gottesdienst be- Drago Hedl (Feral Tribune) Slo- meinsamen Staates nennt, um nur solle, diese Tatsache zu negieren. nationalen Verursacher der Sre- Srebrenica in dem erbärmlichen Nummer 3. Als der Journalist der den Menschen, von jenen, die „kei- sucht. bodan Davidović in Banovci aufge- ja nicht den verhassten Namen Ju- Russland legte sein Veto ein, denn brenica-Tragödie, diese Schreib- Streit um die Anzahl der Getöte- New York Times und ich den Hof ner Fliege etwas zu Leide tun kön- spürt hatten, wurde er verhaftet. goslawien in den Mund nehmen zu mit einem solchen Beschluss wäre tischtäter, die aus ihren Büros an ten, in den Machenschaften um betraten, fanden wir niemanden nen“, Protagonisten, die das Buch Händewaschen Das Bezirksgericht in Zagreb ver- müssen; wie Funken sprühen die das gesamte serbische Brudervolk dem Massaker teilhatten. Auch hohle Resolutionen, in dieser po- vor. Ein Hund, der im Hof ange- von Slavenka Drakulić Keiner war urteilte ihn rechtskräftig zu fünf- gegenseitigen Anschuldigungen besudelt worden, und der serbi- Hasan Nuhanović, der Dolmet- litischen Travestie als ausgezeich- kettet war, bellte scharf, und dar- dabei bevölkern. Im zweiten Film sah ich ihn in zehn Jahren Gefängnis. der kleinen Führer der noch klei- sche Premierminister erbat in scher, der für jene übersetzte, de- nete Spielwiese, auf der man sein aufhin kam eine ältere Frau aus seiner Tarnuniform, überheblich, neren Staaten, sie beschuldigen diesem Zusammenhang bei den ren Aufgabe es war, „die geschütz- Gewissen reinwaschen konnte - dem Haus, das ziemlich schäbig Gottes Urteil unbarmherzig, während vor ihm Aus dem Kroatischen von Alida sich in Briefen und Resolutionen… Russen, sein unschuldiges Volk te UN-Zone zu überwachen“, ein begleitet von jenem pathetischen und baufällig aussah. Sie beäugte jene armen, zu Tode erschrocke- Bremer Die einen wollen, dass das Ver- zu schützen. Er drohte, dass „der Zeuge des Genozids, war eingela- „Nie wieder“. Bis zum nächsten uns misstrauisch, bestätigte aber […]Die Messe endete früher als nen Bosniaken herlaufen, denen brechen in Srebrenica als Geno- Balkan am Rande des Krieges ste- den worden. Aber unmittelbar vor Srebrenica. auf meine Frage, dass Slobodan erwartet, so dass Davidović nicht klar ist, dass es ihre letzten Schrit- zid bezeichnet wird, die anderen hen würde, sollte diese Resoluti- der Konferenz wurde er wieder Davidović hier wohne. Sie sag- mehr dort war, als wir zur „Kirche te sind. Sein Gewehr glitzert in der sagen, dass es bloß ein gewöhnli- on über Srebrenica verabschiedet ausgeladen, er sei nicht willkom- Der Text wurde im Juli 2015 in te, dass sie seine Mutter sei, und Gottes“ zurückkehrten. Doch der Sonne. An diesem Tag im Juli 1995 Drago Hedl ches Verbrechen war, und so ist werden“. Daraufhin schrieb der men, da „seine Anwesenheit eini- der slowenischen Zeitung Mladina fügte hinzu, er sei nicht zu Hause. Priester Veljko Bogdanović beweg- war er der Herr über Leben und geboren 1950 in Osijek, studierte der gesamte traurige 20. Jahrestag Präsident Serbiens sogar einen gen Menschen Unbehagen berei- veröffentlicht. Sie fragte uns dann, wer wir seien, te sich in seinem Rollstuhl auf das Tod. Diese armen Männer gehen Literaturwissenschaften und ar- der Tragödie von Srebrenica von Brief an die englische Königin und ten“ könnte. Vielleicht weil in Sre- und die Tatsache, dass wir uns als Auto zu. Ich fragte ihn, wie lange mir nicht aus dem Sinn, darun- beitete als Journalist und Redak- einem Dunstschleier verlogenen bat sie um Hilfe. Eine scharfe Note brenica sein Vater, seine Mutter Aus dem Kroatischen von Alida Journalisten vorstellten, schien Davidović schon Mitglied seiner ter zwei milchbärtige Jungen, die teur u.a. für Slobodna Dalmacija, Mitgefühls und perfider Aussagen wurde von Belgrad nach Zagreb und sein Bruder getötet wurden, Bremer ihr sehr unangenehm zu sein. […] Kirche sei, doch er war verärgert, man begleitet von Jala-Rufen, mit Novi List, Feral Tribune, Jutarnji einheimischer und internationa- geschickt. Es sei skandalös, dass oder weil Nuhanović ein bitterer dass ich ihn vor der Messe, ohne denen man in diesen Gegenden List, The Guardian, Time, Priva- ler Politiker überzogen. Sie alle die Kroaten in Kürze den Jahres- Zeuge dafür ist, dass die damals Ein stiller Nachbar gefragt zu haben, fotografiert hat- das Vieh antreibt, zur Hinrich- te Eye, Current History und Die sind in großer Zahl nach Potočari tag der Befreiungsaktion „Oluja“ beschlossene Srebrenica-Resolu- te, und verweigerte zunächst ein tungsstätte führte. Wochenzeitung. 1995 bis 1996 („Sturm“) begehen würden, da es tion sich in Blut auflöste. Und ist Heni Erceg Nach jenem kurzen ange- Gespräch. Er wurde dann doch Ich stellte mir vor, wie arbeitete er im Institute for War sich „in erster Linie um ein Ver- es schließlich nicht morbide, wenn studierte Philosophie, Englische spannten und bisweilen recht etwas nachgiebiger und antwor- Davidović nach dem Krieg zurück and Peace Reporting (IWPR) in brechen an 250.000 Serben ge- der ehemalige US-amerikanische Sprache und Literatur. Mit jour- unbehaglichen Gespräch beglei- tete, dass Davidović seit einigen in sein Dorf gekehrt war, seine London. Für seine investigativen handelt hat, die aus Kroatien ver- Präsident Bill Clinton, während nalistischen Arbeiten begann sie tete Davidović den Priester in die Monaten in die „Kirche Gottes“ Uniform ablegte, seine Hände journalistischen Arbeiten wurde trieben wurden“, und dass man in dessen Amtszeit sich das Verbre- sich in den 80er Jahren als Repor- „Kirche Gottes“, und wir blieben komme. Seine Mutter komme al- sorgfältig wusch, und während er er mit zahlreichen Preisen ausge- Belgrad sehr genau beobachten chen abspielte, heute dort steht terin des Kroatischen Fernsehens vor der Tür stehen, entsetzt von lerdings schon seit Jahren. Als ich sie mit einem Handtuch abtrock- zeichnet, u.a. The Knight Inter- würde, wer von den ausländischen und bedauert, dass wir alle ge- zu beschäftigen. 1993 kündigte sie der Tatsache, dass wir soeben je- Bogdanović fragte, ob er die Video- nete, fasste er den Beschluss, ein national Press Fellowships Award Diplomaten den Feierlichkeiten in meinsam versäumt hätten, recht- aufgrund der nationalistischen nem Mann begegnet waren, der aufnahme gesehen habe und was neues Leben zu beginnen. Ein ru- (USA) und den Dr. Erhard-Busek Kroatien beiwohnen würde. Und zeitig zu intervenieren? Nun will Redaktionspolitik und schloss sich an der kaltblütigen Ermordung er über die Rolle von Davidović higes, beinahe idyllisches Leben in SEMO Preis für bessere Verstän- was wird das „mächtige“ Serbien man also diesen „kleinen“ Fehler den Gründern der Wochenzeitung von sechs Menschen beteiligt ge- denke, sagte er: „Gott allein wird einem abgelegenen Dorf nahe der digung in Südosteuropa (Öster- jenen antun, die sich trauen zu zwanzig Jahre später durch eine Feral Tribune an. Von 1999 bis wesen war. In meinem Kopf spul- darüber urteilen, wer etwas getan Grenze. Ganz plötzlich trübte sich reich). Er veröffentlichte dreizehn kommen? Das führte der serbi- Resolution zum Genozid wieder- 2008 war sie Chefredakteurin des te sich der Film ab, vor allem jene hat.“ Und auf die Frage, ob er mei- alles durch die Ausstrahlung eines Bücher, darunter drei Romane, sche Premierminister nicht aus. gutmachen. Eine riesige Tragödie Blattes. Für ihre journalistische Szene, in der Davidović mit seiner ne, dass Davidović schuldig sei, vor langer Zeit aufgenommenen und einige Dokumentarfilme. Für Er lehnte es aber demonstrativ ab, wird manipuliert, und der Jahres- Arbeit wurde sie mehrfach ausge- kalten und unerbittlichen Stimme antwortete Bogdanović, dass es in Videos, das damals wohl deshalb den Film „Vukovar – Der letzte an einer internationalen Konfe- tag wird von so vielen politischen zeichnet. Sie veröffentlichte drei zu den verängstigten Bosniaken, diesem Land Institutionen gäbe, aufgenommen worden war, um Schnitt“ erhielt er 2006 den Preis renz in Dubrovnik teilzunehmen. Hochstaplern begangen, dass es Bücher und ist heute Kolumnistin die mit gebundenen Händen auf die diese Frage beantworten könn- den Enkelkindern Zeugnis über des Filmfestivals in Sarajevo. Und begab sich mutig zu der Ge- traurig stimmt. Auch die kroati- der slowenischen Wochenzeitung der Erde liegen, sagt: „Betet!“ Ei- ten, und dass er als Abgesandter die großen Taten im Krieg und denkfeier nach Srebrenica. Um sche Präsidentin, eine rechts ste- Mladina.

6 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 7 Feral Tribune Feral Tribune

Verständnis von der journalisti- von Journalismus als Mittel, durch jeden, der kein Mitleid empfindet Ivica Đikić Ivica Đikić schen Profession gewappnet sind: das man sich quasi-intellektuell wegen des Kataklysmus der alten wurde 1977 in Tomislavgrad (Bos- Sie warten darauf, dass Papa wieder austoben und die Mittelmäßigkeit EPH, aber es gibt keine Autorefle- nien-Hercegovina) geboren. Seit etwas Geniales ausheckt. Nach dem zur Regel machen kann, als Mittel, xion. Nach dem Absturz bleiben 1994 arbeitet er als Journalist. Absturz bleiben ein wenig verlo- um den niedersten Leidenschaften Klatsch und Tratsch, Intrigen, Ver- Von 1997 bis 2008 arbeitete er als rene Chefkolumnisten zurück, die schmeicheln zu können, als Mittel, rat, intime Beichten an Bartheken, Journalist und Redakteur bei Feral Was bleibt nach dem Absturz? gedacht hatten, dass die Nähe zum um die Öffentlichkeit verachten diskret-pathetische Einträge in Tribune. Von 2009 bis 2010 war er Boss und die persönliche Treue zu und um Beziehungen zu Trägern den sozialen Netzwerken. Bis zur Chefredakteur der Zeitung Novi ihm die leichtesten Wege zu einem der politischen, wirtschaftlichen nächsten Vernetzung… List (Rijeka), und seit 2010 ist er bequemen Leben darstellten und und gesellschaftlichen Macht auf- Chefredakteur der Wochenzeitung zu einem Raum, in dem sie ihre bauen zu können, die auf Händel Der Text wurde am 25. Novem- (Zagreb). Er hat drei Ro- moralisierenden Ergüsse pflegen einzugehen bereit sind. Nach dem ber 2014 auf Portalnovosti.com mane, drei essayistische Bücher, Er hatte sich aber auf das Gespräch beinahe alle in der Medienszene zum Ende in der Illusion lebte, konnten, die in ihrem Inneren im- Absturz bleiben die Ruinen der veröffentlicht. einen Erzähl - und einen Gedicht- eingelassen, weil er damals Sym- folgten, und auch Premiermini- dass er so wichtig sei, dass sich mer ein mehr oder weniger stark Überheblichkeit und der Anma- band veröffentlicht. Einige seiner pathien für Feral Tribune hegte, ster Sanader folgte ihm. Lasst uns schon irgendjemand finden würde, ausgeprägtes Privatinteresse ver- ßung zurück. Es bleibt die Wut ge- Aus dem Kroatischen Bücher wurden ins Spanische, Ita- zwar etwas von oben herab und Schulden machen, damit wir unse- der ihn vor dem Zusammenbruch bargen, private Sympathien, pri- gen den Rest der Welt – aufgrund von Alida Bremer lienische und Slowenische über- gönnerhaft, aber wir waren ihm re irrationalen, kleinbürgerlichen bewahren werde. Sein Blick war vate Abneigungen, Frustrationen, eines unterbrochenen Märchens, setzt. In deutscher Sprache liegt doch sympathisch. Das Interview Bedürfnisse befriedigen können! von Irrationalität und Irrtümern Übermut, oder aber sie arbeiteten das aussah, als währte es für ewig. der Roman Ich träumte von Elefan- wurde allerdings nie veröffentlicht, Lasst uns Schulden machen, da- getrübt, was ihn unter anderem einfach Pavićs Interessen ab. Nach Es bleibt Ungewissheit, aus der ten vor (Antje Kunstmann Verlag, weil Pavić es bei der Autorisierung mit wir in überteuerte Immobilien daran hinderte, das eigene Kom- dem Absturz bleibt ein Verständnis Verbitterung hervorquillt gegen München, 2013). derart verunstaltete, dass meine sowie ambitionierte Bauvorha- promittiertsein und die eigene kämpferischen Fragen völlig sinn- ben investieren können, immer Unglaubwürdigkeit zu erkennen: los erschienen. Es war sowieso ein verbunden mit den finanziellen Niemand, der seriös ist, wollte noch Gespräch unter Gehörlosen gewe- Interessen zahlreicher Glieder ei- mit ihm zu tun haben. Es blieb ihm sen: Ich griff frontal an, und er hielt ner allzu langen Kette. So wie viele nur verzweifeltes Herumirren, das An die vierzigtausend Men- Filmfestival, schöpfen ihre öffent- sich wie ein Mann, der – im Unter- andere begann Pavić aufzuwachen, man dank der Verlautbarungen der Boris Dežulović schen, die bis zu jenem Herbst in liche Bedeutung – und damit auch Ivica Đikić Vukovar gelebt hatten, verschwen- ihren Sinn – ausschließlich aus schied zu mir – weiß, wie die Dinge als Sanader am 1. Juli 2009 seinen EPH-Zeitungen, allen voran Ju- dete allerdings niemand einen Ge- ihrer Funktion als unglaubliche unter Erwachsenen ablaufen. Rücktritt verkündete: Die näch- tarnji List, live verfolgen konnte. danken. Diese würden sich schon Entdeckung des Lebens in einer Pavić hatte natürlich mit der sten zweieinhalb Jahre, bis zu den Aber Pavić ist nicht abgestürzt noch zurechtfinden, ein neues Le- toten Stadt. Außerhalb des Kriegs- Als ich das erste und einzige Koalitionsregierung unter Ivi- Parlamentswahlen 2011, waren die – und es handelt sich in der Tat um Vukovar – Ein ben anfangen, aus den Turnsälen kontexts ist jedes Lebenszeichen Mal in sein Büro kam, stand Nino ca Račan, die im Januar 2000 einzigen, in der EPH sich opposi- einen Absturz, wie sehr man auch und Flüchtlingslagern herausfin- in Vukovar ohne Bedeutung, gera- Pavić auf dem Gipfel seines Erfolgs. Tuđmans HDZ abgelöst hatte, an- tionell verhielt. Dafür gab es zwei versucht, diese Tatsache schön zu den – die Menschen waren nicht dezu inexistent. Ohne Krieg bleibt Es war Sommer, Ende der neun- gebandelt, um ab 2004 noch en- Gründe. Es war klar, dass die Nach- färben -, weil er nicht wusste, was das Problem. das Leben in Vukovar wie eine ziger Jahre: Alle seine Zeitungen gere Beziehungen zu dem neuen folgerin Sanaders an der Spitze der ein guter Text oder was eine gute Das Seltsame an der ganzen heimtückische Diversion zurück, verkauften sich ausgezeichnet, und Chef der HDZ, Premierminister HDZ und der Regierung, Jadranka Zeitung ist, sondern weil er gierig LEBENSGROSSES Geschichte ist allerdings, dass man eine Bombe unter dem Denkmal Jutarnji List (Das Morgenblatt) – , einzugehen. Weder Kosor, die nächsten Wahlen nicht und gleichzeitig ständig und über- in jenen Tagen auch in Serbien die der Heldenstadt. im April 1998 an den Start gegan- das eine noch das andere half ihm werde überleben können. Und eine mäßig verängstigt war. Deshalb gleiche Idee hatte. Nicht wenige Ein lebendiges Vukovar ohne gen – erlebte einen schwindeler- dabei, seine Schulden bei Miros- Gruppierung innerhalb der Kosor- sanken seine Ansprüche an den befürworteten in Belgrad die Idee ein Podest mit der eingemeißel- regenden Anstieg seiner Auflagen lav Kutle loszuwerden, an die ihn Regierung, die vom damaligen Journalismus immer mehr: Man der Denkmalstadt, und zwar wa- ten Inschrift „Damit es sich nie- und seines Einflusses. Pavićs Euro- nach nie bestätigten polizeilich Innenminister und heutigen HDZ- rannte Profit und politischer Pro- Denkmal für ren das nicht etwa serbische An- mals wiederholen möge“ existiert papress Holding (EPH) war schon festgestellten Verdachtsmomen- Vorsitzenden Tomislav Karamar- tektion nach, in der Überzeugung, tikriegsaktivisten, sondern groß- auf der Landkarte nicht. Vukovar eine strategische Partnerschaft ten auch eine Bombenexplosion ko angeführt wurde, beleuchtete dass die Zeitungsauflagen sich serbische Patrioten, die in den gehört zu den fünfzehn größten mit der WAZ (Westdeutsche Allge- unter seinem Auto erinnern soll- aktiv und auf allen Ebenen Pavićs umgekehrt proportional zu ihrer Belgrader Medien das Projekt mit Städten Kroatiens, aber nirgend- meine Zeitung) eingegangen, und te. Zu Račans Zeiten bemühte er Geschäfte, so dass ihm ganz am Qualität und Seriosität verhalten eine tote Stadt der gleichen Argumentation pro- wo im öffentlichen Leben machen die Firma EPH, gegründet 1990, sich, seine Haut zu retten, indem Ende der Legislaturperiode die- – und proportional zur Anzahl der pagierten – „damit es sich niemals sich seine Basketball- oder Fuß- war stabil, gesund und befand sich er seine ideologische Rechtsgläu- ser Regierung Verhaftung drohte. ausgehandelten politischen und wiederholen möge“. ballclubs bemerkbar: ein einziges in rapidem Aufstieg. Die einzige bigkeit unter Beweis zu stellen Allem Anschein nach rettete die wirtschaftlichen Deals. Der Verfall Die Idee der Denkmalstadt Mal spielte der Fußballclub Vuko- Belastung bestand in den Geheim- versuchte. Mit Sanader konnte er Zuneigung des Staatspräsidenten der Kriterien und die Flucht vor wurde jedoch niemals realisiert. var in der ersten Liga, und zwar als verträgen, die Pavić mit den medi- sich dann schnell geschäftlich ei- Ivo Josipović und des General- dem Journalismus beziehungswei- Sie existiert nur noch in vergilbten die Stadt wieder in das kroatische enpolitischen Parteigrößen der da- nigen. Sein Imperium erweiterte staatsanwaltes Mladen Bajić den se die Verwandlung der Zeitung in Zeitungsausschnitten von damals. Staatsgefüge integriert und der mals regierenden HDZ abgeschlos- sich geschwind, und das Geld, das Zeitungsmogul. Pavić und Kara- ein Instrument zur Realisierung So dachte man zumindest. Club durch eine politische Ent- sen hatte, und in den Schulden, er im Zeitungsbusiness verdient marko waren ansonsten bis zu anderer Geschäftsinteressen, wur- Die heimatliebenden Baumei- scheidung in die höchste Wettbe- die er beim HDZ Tycoon Miroslav hatte, begann massiv in große Spe- diesem Zeitpunkt nahe Freunde de kontinuierlich begleitet von im- Damals, vor etwa zwanzig Jah- fach gewesen wäre: Alles hätte man ster hatten nämlich in all den Jah- werbsklasse lanciert wurde, aus Kutle gemacht hatte. Diese beiden kulationsprojekte mit Immobilien und Geschäftspartner gewesen. mer neuen Medienstrategien und ren, war unter den professionellen in Vukovar so belassen können, wie ren emsig an dem Projekt weiter der er schon im darauf folgenden Punkte, vor allem der zweite, wür- abzufließen. Das war der Anfang Ihre Liebe machte Verbitterung neuen Trends, die man sich vom Klageweibern, die sich über den to- es an jenem Tag war, als die serbi- gearbeitet, und nun, zwei Jahr- Jahr wieder abstieg und spurlos den sich später zu Pavićs Alptraum vom Ende. Platz, und es besteht keine Chance, ten Körper des hingemordeten Vu- schen „Befreier“ einmarschierten Westen abgeguckt hatte und über zehnte später ist Vukovar tatsäch- verschwand, nachdem er seinen entwickeln, aber sie wurden nicht dass sie erneut aufflammt: Pavić ist kovar beugten, eine Idee ungemein und der bereits tödlich verwunde- Während dieser gesamten Peri- die Pavić genauso gerne sprach wie lich im Zustand der kriegerischen zeremoniellen Zweck erfüllt hatte. zu den entscheidenden Faktoren nicht mehr Besitzer von EPH, und beliebt: Die Ruinen sollten für die ten Stadt einen Panzerschuss mit- ode, von 2000 bis 2009, verkauften über die Zukunft des Journalismus, Neunziger konserviert, hergerich- Einen anderen Zweck erfüllt für seinen geschäftlichen Absturz künftigen Generationen erhalten ten in die Stirn verpassten. die Zeitungen von Pavić – zusätz- er hat keinen Pfand mehr in der ein Thema, zu dem er andere zu tet wie sein eigenes Denkmal. Vu- Vukovar in der Tat nicht: Es gibt bleiben, als ein Stadtmuseum oder Das „Projekt“ sah vor, die ge- fünfzehn Jahre später. lich zu den Diensten, die er den Re- Hinterhand, um politische Händel belehren neigte, ohne aber verste- kovar ist leer gefegt von jeglichem Pavić empfing mich ausge- gierenden leistete – einen lifestyle, zu betreiben mit dem auf das Amt hen zu wollen, dass das Tarnen der ein Gedenkpark. Kurzum, Vukovar samte ermordete Stadt zu konser- urbanen, gesellschaftlichen und streckt auf ein schwarzes Leder- der auf Befriedigung unrealisti- des Premierministers drängenden Leere und der vielfältigen inneren sollte als sein eigenes Denkmal vieren, und eventuell jene Ruinen menschlichen Sinn, also ist Vuko- sofa. Rote Marlboro, Coca-Cola, scher Wünsche gründete. In dem Kandidaten der Rechten Tomislav Verwüstungen zeitlich limitiert ist weiter bestehen. zu befestigen, von deren Statik eine var heute in der Tat nichts anderes légeres Outfit. Er beantwortete Moment, in dem Sanader Premier- Karamarko. Diesen Hebel hat nun – und wenn die Zeit abgelaufen ist, Diese bizarre Idee stammte Gefahr für die künftigen Besucher als ein Denkmal seiner selbst, ein meine Fragen, wobei er mal lag und minister wurde, war klar, dass auch der mächtige Zagreber Anwalt Ma- beginnen Agonie und Destruktion. keineswegs von einer verschwin- ausgegangen wäre. Der denkwür- lebensgroßes Denkmal für eine mal saß. Wir führten ein Streitge- der Staat einen solchen lifestyle zu rijan Hanžeković übernommen, Was bleibt nach all dem und denden Minderheit. In den Reihen dige durchlöcherte Wasserturm, tote Stadt. spräch, ich überschüttete ihn mit praktizieren beginnen werde. Un- der auf nichts und niemanden nach dem Absturz? Nach dem Ab- der Verfechter befanden sich auch das verstümmelte Hotel Dunav, Außerhalb dieser symboli- Fragen und Nachfragen. Ich war zählige Texte über die Gastronomie Rücksicht nimmt, wenn es um den sturz bleibt ein degradierter Be- durchaus renommierte Personen, das dem Erdboden gleichgemach- schen Funktion existiert Vukovar damals ein- oder zweiundzwanzig und über Restaurants, nicht nur Ausbau seines Einflusses geht. An sitzer legal abgesaugter Millionen, Professoren, Mitglieder der Aka- te barocke Stadtzentrum, das nie- schlicht und ergreifend nicht. Die und glaubte, dass ein Interview mit über solche in Zagreb und in Kroa- seinen 90%igen Anteil an EPH ist der - da nicht fähig, sich zu schä- demie der Wissenschaften und dergebrannte Schloss Eltz, all das letzte nicht kriegsbezogene Neu- jemandem, der so mächtig ist, ein- tien, sondern auch in New York, Pa- er gekommen, indem er die Antei- men - wahrscheinlich von neuen die sogenannte heimatliebende hätte bleiben sollen im Zustand igkeit über diese Stadt wurde wohl fach ein Streit sein müsse. Er war ris und London, unzählige Beiträge le von der sich verabschiedenden Medienunternehmungen träumt; Intelligenzija, die sich einen in- des „day after“, des 19. Novembers Ende der achtziger Jahre kolpor- sechs- oder siebenundvierzig, aber über Wein- und Champagnersor- Hypo-Bank kaufte. Die Bank war er wird nie reif genug sein, um der ternen Wettbewerb um die größt- 1991, lediglich von einem Stachel- tiert. Seitdem trägt jede Nachricht er wirkte älter. In seinem Gesicht ten, mit Ausflügen nach Frank- zeitweilig Besitzerin des größten eigenen Bedeutungslosigkeit ins mögliche rituelle Würdigung der draht umzäunt, im Gedenken an aus Vukovar ein kriegerisches und in seiner Stimme verwoben reich, Italien und Kalifornien, wei- kroatischen Zeitungsverlags, ein Auge sehen zu können – an einer Heldenstadt Vukovar lieferte. Wie jenen fürchterlichen Herbst und Vorzeichen, selbst dann, wenn kei- sich zwei Gefühlslagen miteinan- ter Spezialbeilagen über kostbare Ausgleich für ausbleibende Zinstil- seiner ausländischen Adressen. Es ein solches Ansinnen zu bewerk- als Warnung an zukünftige Gene- ne direkte Verbindung zum Erbe der: Er bedauerte mich ein wenig Uhren, Inneneinrichtungen, Rei- gungen. bleibt eine desorientierte Nach- stelligen gewesen wäre, lässt sich rationen, „damit es sich niemals des Krieges besteht. Die wenigen ob meiner Naivität, und zugleich sen, Autos, Finanzprodukte und Als der Immobilienmarkt zu- kommenschaft und ein Kreis aus bis heute nicht einwandfrei eruie- wiederholen möge“, wie bei sol- Flämmchen des zivilen Lebens in ging ich ihm mit meiner Dreistig- andere Konsumgenüsse! EPH war sammenbrach, konnte Pavić nie- verwöhnten Jüngern, die nur mit ren, obwohl die Sache im Grunde chen Gelegenheiten gerne in Stein dieser Stadt, wie etwa das Vukovar keit des Anfängers auf die Nerven. der Vorreiter eines Trends, dem mand mehr helfen. Obwohl er bis Arroganz und einem pervertierten genommen außergewöhnlich ein- gemeißelt wird.

8 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 9 Feral Tribune Feral Tribune

acht Jahre anhaltende Rezession sich das erste Mal auf das ehema- Vorkammern des kroatischen po- mehr von ihm ausgehen, aber nur Marinko Čulić nach Kroatien geschwappt. Das lige Jugoslawien bezog. So wie litischen und gesellschaftlichen dann, wenn man ihm ein genauso bedeutet, dass sich die Mitglied- Kroatien von Jugoslawien nur das Verfalls, der durch keine Wahl un- verzweigtes und gut organisiertes schaft in der EU auf die ökono- Schlechteste (das Monopol der terbrochen, sondern immer nur Gegenprojekt entgegen stellt. Die mische Entwicklung in Kroatien regierenden Partei) übernommen erneut verfestigt wird. Die Wahlen regierende „Kukuriku“-Koalition Arithmetik neutral ausgewirkt hat, und dass und das Beste verworfen hat (das können nichts ändern, da der kle- kann das nicht und will es auch man nach anderen alternativen autochtone Entwicklungsmodell, rikale Nationalismus nach meh- nicht, sie verschließt sich lieber Entwicklungsmodellen Ausschau das relativ erfolgreich auf indu- reren Jahrzehnten handwerklich erneut in einem „heimatlichen“ halten muss. Ein guter Wegwei- strielle und landwirtschaftliche tadellos durchgeführter Homo- Bund. Diese Koalition könnte nur ser könnte der Rausschmiss des Produktion und Tourismus und genisierung und Indoktrination zu einem solchen Gegenprojekt der Politik: toxischen Schweizer Franken aus die Selbstverwaltung der Arbeiter der Gesellschaft von den höheren werden, wenn die Parteien, aus de- dem Devisenmarkt sein, womit die aufbaute und das die Beziehungen Etagen der Politik in den unteren nen sie sich zusammensetzt, ihre sozialdemokratische Regierungs- im Vielvölkerstaat im Gleichge- Etagen der Gesellschaft angekom- Gehäuse verlassen, in denen sie partei in legitimer und kluger wicht halten konnte), geschieht men ist. durch engstirnige Parteiinteres- Wahlen Weise die Aussichten für ihre Wie- nun das gleiche mit Europa. Auch Und so geschah das, was wir sen verschlossen sind. Und wenn derwahl erhöht hat. Aber zugleich von dort wird das Schlechteste seit Jahren beobachten. Wenn die sie eine Art progressiver Liga wer- ist sie in einen Clinch mit Brüssel übernommen: das neoliberale Linke an die Regierung kommt, den könnte, um diesen oft verwen- geraten, unter dessen Schirmherr- Modell des gefräßigen und sozial versucht sie, den Nationalismus deten Ausdruck hier einzuführen, ohne Wahl schaft diese arrogante Übermacht rücksichtslosen Kapitalismus, der und Klerikalismus in vorherseh- in der sich all diejenigen versam- der Banken ins Werk gesetzt wur- in seiner Hochphase neoimperiali- bare und mehr oder weniger be- meln, die sich den authentischen de, deren schädliche „Finanziali- stische Züge gegenüber Afrika und herrschbare Bahnen zu lenken. europäischen Werten verpflichtet sierung“ (die Flucht aus der Pro- dem Nahen Osten angenommen Aber da sie das mononationale fühlen: Antifaschisten, Universi- duktion ins Spekulantentum) eine hat (worin auch die tatsächlichen Modell des Staates und der Ge- täten, Gewerkschaften, Kultur- Weltwirtschaftskrise ausgelöst Wurzeln der derzeitigen wahrhaft sellschaft selbst akzeptiert hat, schaffende, Medien, NGOs. Nur hat. Doch das ist ein begrenzter biblischen Flüchtlingskrise zu obwohl sie von der Rechten heftig so könnte der Verfall Kroatiens Konflikt. Milanovićs Regierung sehen sind). Gleichzeitig wurde beschuldigt wird, eben das nicht gestoppt werden, der von schein- hat mit dieser Maßnahme einer das Beste verworfen: zuvorderst zu tun, hat sie kein Werkzeug, um bar unterschiedlichen, aber ihrem keine Maler oder Schauspieler aus tokollarischen Pietät und der Ein- ken zu lassen, überließ er als er- schweren Krankheit nur eine die bürgerliche Staatsform, die es sich den erpresserischen Beschul- Wesen nach gleichen Erscheinun- Vukovar, es gibt keine Musikbands trichterung von Heimatliebe – ein ster kroatischer Premierminister Aspirin-Tablette entgegen gesetzt, prinzipiell – leider nicht immer in digungen des klerikalen Nationa- gen begleitet ist, wie zum Beispiel oder Rapper aus Vukovar, es gibt Prozess, dem man zustimmt, ohne überhaupt der Staatspräsidentin einer Krankheit, deren Überträger der Praxis – ablehnt, jemanden zu lismus zu widersetzen. Ganz im von der Abschaffung der kyrilli- keine Starlets, Designer oder Ska- allzu viele Fragen zu stellen, aus die Entscheidung darüber, an wel- das Finanzkapital ist. Ohne jedwe- bevorzugen, nur weil er zur „rich- Gegenteil, in ihrer Regierungszeit, schen Schrift und von der Abwick- ter aus Vukovar, es gibt keine Häu- Furcht vor der symbolischen Kraft chem Tag die Wahllokale öffnen de Absicht, weitere Maßnahmen tigen“ Volksgruppe gehört oder eskaliert dieser am heftigsten, und lung der alten, im europäischen ser in Vukovar auf den Immobili- der Heldenstadt. sollen. Geschickt und effektvoll, zu ergreifen. weil er die Sakramente der „rich- so entstand auch jene Halbwelt Maßstab relevanten Fabriken wie enseiten, es gibt keine Gay Parade Es mag vielen nicht gefallen, keine Frage. Noch weniger Absichten dies- tigen“ Religion in der „richtigen“ von protestierenden Kriegsvete- TOZ und Gredelj. In beiden Fällen in Vukovar, es gibt keinen sensa- aber Tatsache ist, für ein solcher- Aber hier fehlt etwas wie bezüglich haben Karamarko und Kirche empfängt. Und damit drin- ranen (eigentlich eine Minderheit handelt es sich um höchste zivili- tionellen Cabernet Sauvignon der art symbolisches Vukovar, eine die Hefe im Brotteig. Sowohl seine HDZ. So dass sich hier er- gen wir in das Herz des Problems unter den Kriegsveteranen), die satorische Errungenschaften, und Marke Vupik, es gibt keine Son- zutiefst unlebendige und sinnent- Milanović als auch sein konserva- neut ein Vergleich aufzwingt, der ein. Genauer gesagt, in eine der ihre Zelte in der Hauptstadt auf- ausgerechnet solche sterben am derlinge aus Vukovar auf YouTube leerte Stadt, die nur so strotzt vor tiver Gegenkandidat Karamarko bauten und die von der HDZ ge- ehesten aus in diesem Land. oder im Abendprogramm, es gibt gewichtigen Worten, die aus billi- - Milanović mit gespielter Gleich- lenkt wurden. Doch der unfähige keine Eröffnungsfeiern, bei denen gen Styroporbuchstaben zusam- gültigkeit, Karamarko mit ebenso Karamarko ließ zu, dass derartige Dieser Text wurde am 11. Sep- ein Flatterband durchschnitten mengesetzt sind, ist es im Grun- gespielter Leidenschaftlichkeit Veteranen und die Katholische tember 2015 in der Wochenzeitung wird, hier werden keine Riesen- de genommen ganz gleich, wer Marinko Čulić - versuchen zu verbergen, dass Kirche die politische Agenda der Novosti veröffentlicht. karpfen geangelt, und es gibt kei- im kroatischen Vaterlandskrieg diese Wahlen kaum politisches HDZ bestimmen und nicht umge- ne schwachsinnigen Guinness- gewonnen hat. Wäre die Stadt Gewicht haben. Genau genom- kehrt – wie zu Tuđmans Zeiten. Aus dem Kroatischen von Alida Rekorde, es gibt in Vukovar nicht besetzt geblieben, dann hätten men, überhaupt kein Gewicht. Wir Deshalb sehen wir derzeit, wie Bremer einmal Tycoons und Diebe, es die Befürworter einer „Denkmal- benötigen keinen Feldstecher, um Karamarko in eine Risikozone gibt keine Skandale oder Affären, stadt“ von der anderen Seite, diese Oh Mann, das ist spannend – eine derartige Voraussage zu ma- eintritt, in der er aufgrund seines auch keine Verkehrsunfälle oder genauso gestaltet – als bloße Hülle so spannend wie ein Regenschirm. chen. Es reicht uns ein rekapitu- überzogenen Radikalismus die bewaffneten Raubüberfälle. Kurz und als Denkmal ihrer selbst. Und Seit Wochen schon beschäftigt lierender und leider düstrer Blick Wahlen verlieren könnte, obwohl gesagt, ohne einen kroatisch-ser- die Mahnung „Damit es sich nie- sich das politische Kroatien mit zurück. es bis gestern so aussah, dass er die bischen Kriegskontext gibt es in mals wiederholen möge“ gäbe es der Frage, wann die Parlaments- Sowohl unter den rechten wie Macht schon in der Tasche habe. Vukovar rein gar nichts. dann ebenso in einsprachiger Va- wahlen stattfinden sollen, und aus auch den linken Regierungen be- Aber auch wenn es so eintritt, wird Es gibt nur die Heldenstadt, es riante, in diesem Fall natürlich in den Reihen der HDZ, der sich ein stätigte Kroatien mit jeder weite- sich nichts ändern. Es werden sich gibt den kroatischen Heimatkrieg, kyrillischer Schrift. Marinko Čulić Teil der unabhängigen Medien be- ren Wahl nur das Image eines er- nur die erpresserischen Angriffe es gibt die beiden Kriegshelden, Die Stadt Vukovar, derart re- wurde 1951 in Šibenik geboren. Er herzt angeschlossen hat, erheben folglosen Landes, das krampfhaft auf die Linke ob ihrer mangelnden den älteren und den jüngeren „Ha- duziert auf die Funktion als „ein studierte Politikwissenschaften sich lautstarke Klagen darüber, versucht, die Vorteile der eigenen Heimatliebe fortsetzen, worauf- bicht“, so ihr Deckname, es gibt Ort der besonderen Pietät“, bar in Zagreb und arbeitet seit mehr dass die Regierungskoalition her- getrennte kroatische und serbi- jeglicher Lebendigkeit, ist – um staatlichen Unabhängigkeit unter hin diese mit einer Light-Variante als dreißig Jahren als Journalist umtrickse. Niemand äußert sich sche Schulklassen, es gibt Graffiti sich bedeutungsschwangererer Beweis zu stellen. Aber es klappt desselben Patriotismus antworten (z.B. für die Zeitungen Večernji aber genauer dazu, wie getrickst zum Thema Kroaten und Serben, Worte zu bedienen – umsonst ge- nicht. Auch die Mitgliedschaft wird, über den sie angeblich nicht List und Danas). Seit 1993 schrieb es gibt die kyrillische Schrift und fallen. wird. Und dann gibt ausgerechnet in der Europäischen Union hat verfügt. Und so geht es immer wei- er für Feral Tribune und blieb der zweisprachige Tafeln, es gibt De- jener, von dem man es am wenig- nichts ändern können, ganz im ter. Was könnte der Ausweg aus Zeitung über die gesamten fünf- monstrationen und Gedenkmär- sten erwartet hätte, die vernünf- Gegenteil, der nationalistische diesem geschlossenen Kreis sein, zehn Jahre ihrer Existenz treu. sche, Transparente, Friedhofslich- tigste Erklärung zu dieser angeb- Orkan, der schon im dritten Jahr der immer mehr an eine Schlinge Er war jahrelang Korrespondent ter, Fahnen und Totenmessen, es lich dramatischen Unklarheit ab, (seitdem Tomislav Karamarko die um den Hals erinnert? Ein anstän- in Zagreb für Radio France In- gibt nur Tschetniks und Verteidi- Boris Dežulović und zwar genau der Mann, auf den HDZ führt) das Land verwüstet, diger Absturz der HDZ, der wahr- ternacionale. Der Chefredakteur ger, Bischöfe, Generäle und den ist Träger des Journalistenprei- diese neurotischen Verdächtigun- hat ausgerechnet im Moment des scheinlich erfolgt, wenn Kara- der Zeitung Feral Tribune, Viktor Stab zur Verteidigung des kroati- ses European Press Prize in der gen abzielen. Premierminister Beitritts an Fahrt aufgenommen. marko die Wahlen verliert, würde Ivančić, und Marinko Čulić wur- schen Vukovar - Kann sich irgend- Kategorie „bester Kommentar“. Zoran Milanović führte aus, dass Europa hat in den besonders sicher helfen. Aber wie realistisch den 1996 angeklagt, Präsident jemand daran erinnern, wann er Er erhielt den Preis im Jahr 2014 es ihm einerlei sei, ob die Wahlen schwierigen Beitrittsverhand- ist es, dass sich das derzeitige Franjo Tuđman beleidigt zu ha- das letzte Mal eine Nachricht aus für diesen Text, der am 19.11.2013 heute, morgen oder übermorgen lungen über all das, was es hier in klerikal-nationalistische Projekt ben. In erster Instanz wurden sie dieser Stadt gelesen hat, in der der in der Wochenzeitung an- stattfinden würden, und dass es Ordnung bringen wollte, anschei- von alleine auflöst, das sich hin- freigesprochen, und nach dem Tod Stab zur Verteidigung des kroati- lässlich des Jahrestages des ser- im Grunde auch den Bürgern des nend sein Pulver verschossen, und reichend stark fühlt zuzulassen, von Franjo Tuđman zog die Staats- schen Vukovar nicht vorkam? bischen Einmarsches in Vukovar Landes egal sei, und dass nur die danach Kroatien allzu leicht sich dass an seinen Rändern Initiati- anwaltschaft die Klage vor dem Zweiundzwanzig Jahre später erschien. aufgeheizten Gemüter der po- selbst überlassen. Natürlich, die- ven entstehen, die sich für die Le- Revisionsgericht zurück und das ist Vukovar nichts anderes als eine litischen Elite sich darüber den se verschämten, aber unbestreit- galisierung des Ustascha-Grußes Verfahren wurde eingestellt. konservierte Stadtruine aus dem Aus dem Kroatischen von Kopf zerbrechen würden. Damit baren Zeichen der ökonomischen einsetzen? Jahr einundneunzig, eine präpa- Mascha Dabić nahm er sich elegant aus dem Erholung in den letzten Monaten Wohl sehr unrealistisch. Rea- rierte Leiche, ein Abstellplatz für Kreis der politischen Elite heraus sind bestimmt eine Folge des EU- listisch ist, dass man dieses Pro- Kerzen und Kränze, der keinem und schloss sich den Bürgern an. Beitritts. Doch davor war ebenfalls jekt demontieren und irgendwo anderen Zweck dient als der pro- Um es noch überzeugender wir- aus dieser Richtung eine schwere, ablegen kann, wo keine Gefahren

10 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 11 Feral Tribune Feral Tribune

und begrüßte ihn, worüber er sich hinein, und schon hatten wir Feral dem etwas Gutes bringen würde Predrag Lucić Boris Pavelić sichtlich freute. […] Tribune. Es sah sehr professionell und welches allen – in erster Linie Aus dem zweiten Kapitel „Die aus, es gefiel uns gut. Dieses Kon- den Menschen, aber auch der De- Geburt der Feral aus dem Geiste zept liegt allem, das später kam, mokratie – ungeheuren Schaden der Musik - 1984-1988“ zu Grunde, die Parodie einer Zei- zufügen würde. Sie lehnten die Das Lachen tung, die sich zu einer parodisti- vereinfachte, aufgezwungene, offi- Das Land Die Redaktionsmitglieder der schen Zeitung auswuchs“, erzählt zielle Interpretation dieses Krie- Feral sind glänzende Stilisten und Dežulović. ges ab und behielten sich das Recht Schreiber, die sich darauf verste- Nach knapp einem Jahr, Ende vor, die Ereignisse mit ihren eige- hen, hervorragend mit der Spra- 1989 bis Anfang 1990, kam es zu nen Augen zu betrachten und mit der Freiheit che umzugehen. Davon zeugen un- einer dramatischen Veränderung ihrem eigenen Kopf zu beurteilen. ohne Küsten zählige Seiten voller geistreicher der öffentlichen Landschaft in Ihre damalige Redaktion unter der Sprachspiele. Diese Charakteristik Kroatien, die bis heute nachwirkt. Leitung von Joško Kulušić, dem der Feral harrt noch einer gründ- „Die Ereignisse überschlugen legendären Kula, ermöglichte eine – Einführung lichen Erforschung durch einen sich. Wenn ich mich richtig erin- solche Haltung nicht nur, sondern Spezialisten für Ästhetik und Lin- nere, fand Franjo Tuđman zum forderte sie geradezu ein. Halten wir uns hier nicht unnö- reits „halb Europa“ wütend auf die guistik: Es wäre nicht verwunder- ersten Mal im Dezember 1989 in Ausgehend von dem funda- tig mit Ljubo Ćesić Rojs auf, der die Asylsuchenden ist, warum sollten lich, wenn sich herausstellte, dass Feral Erwähnung “, erinnert sich mentalen Axiom, wonach ein parlamentarische Debatte über das sich die Kroaten nicht auch halb- in Feral der heimliche Witz der we- Dežulović an die Anfangszeiten. Journalist nicht dafür bezahlt niger im politischen Inhalt oder […] wird, oberflächliche, kollektivisti- Asylgesetz um den folgenden Satz europäisch verhalten!? Das Abgeordnetenhaus der bereichert hat: „Haben wir nicht Die kroatische politische Halb- in der Ironisierung des einen oder Zu dem größten Verdienst der sche Überzeugungen gutzuheißen SFRJ – führte die Bürger mit anderen Politikers begründet ist, Feral Tribune zählt der Umstand, und zu recyceln, sondern dass ohnehin schon genug Homosexu- welt ist sich nicht im Klaren über einer traurigen Geschichte hin- elle, müssen wir sie etwa noch aus die Tatsache, dass die Asylsuchen- als vielmehr im Sprachspiel. […] dass die Redaktion in Zeiten des seine Arbeit gerade darin besteht, Tribune ters Licht nationalen Fiebers einen küh- eben diese Überzeugungen in Fra- den arabischen Ländern importie- den kein untätiges Gesindel auf Symposium der Ökonomen ren?!“ Halten wir uns also mit ihm der Suche nach einer möglichst len Kopf bewahrte. „Der Humor ge zu stellen – ein Axiom, das na- Jugoslawiens zu Ende gegangen war für uns nicht nur eine Mög- heliegend erscheint und dennoch nicht auf, denn bei ihm scheinen bequemen Unterbringung für den Auswahl von Texten aus dem Buch – Anatomie eines Selbstmordes Kopf und Arsch den Platz gewech- eigenen Hintern sind, sondern - lichkeit, mit unserer Umgebung von der Mehrheit enthusiastisch An der Spitze der jugosla- abzurechnen, sondern auch als über Bord geworfen wurde –, ent- selt zu haben. ganz im Gegenteil - es sind Men- wischen Delegation – 8,2 km Das Lachen der Freiheit – Einfüh- stream Pendent zur Band Discipli- menschliche Wesen zu überleben. stand ein faszinierendes journali- Der kahlköpfige Schreihals re- schen, die versuchen, den eigenen Schienen gestohlen rung in Feral Tribune ist 2014 im na kičme. […] Andauernd rissen wir Witze, viele stisch-satirisches Werk, das in der sümierte in seinem Aphorismus Kopf aus der Schlinge zu ziehen, Auf dem Gebiet der Gemein- Verlag Adamić in Rijeka (Kroati- „Es war Punk, und kein Tratsch unserer Späße kamen gar nicht in kroatischen und jugoslawischen lediglich den diskriminierenden bevor diese von irgendjemandem de Priština – eine Schau der Ge- en) erschienen. Die 2. erweiterte aus Split“, sagt heute Predrag die Zeitung. Je mehr die Dinge in Medienlandschaft seinesgleichen Ansatz, den auch die angeblich zugezogen wird. In solchen Situa- meinsamkeit Ausgabe vom Februar 2015 umfasst Lucić, einer von den drei tragen- eine Katastrophe abglitten, desto sucht. kultivierten kroatischen Konser- tionen sind die Menschen meist Ende des Monats: Zahltag 700 Seiten. Hier werden zum er- den Säulen der Feral Tribune, der mehr dienten uns die Witze als ein In dieser Epoche wurde aus vativen pflegen, deren Kommen- nicht wählerisch, wenn es darum in Split – Kommunisten werden sten Mal einige Auszüge in deut- einige Monate, nachdem Ivančić Heilmittel, um unseren gesunden einer ambitionierten satirischen tare zum Asylgesetzentwurf nicht geht, wo genau sie ihren Kopf un- von der Polizei geschützt scher Sprache veröffentlicht. und Marinković die Leitung über- Menschenverstand zu bewahren, Beilage in Split eine politische und weniger fremdenfeindlich sind als terbringen sollen, solange er noch Sitzung des Präsidiums des nommen hatten, der Redaktion was in der Tat nicht so leicht war“, satirische Wochenzeitung, an der die von Ćesić. Dorica Nikolić ließ sicher auf ihren Schultern sitzt. Zentralkomitees des Bundes beitrat. Ja, in der Tat, es war Punk. erzählt Dežulović. man nicht mehr vorbei kam, weil verlautbaren, das neue Asylgesetz Ihre Not ist so groß, dass sie mög- der Kommunisten Jugoslawiens Es wurde schon viel darüber spe- Aus dem dritten Kapitel sie das Gewissen der ganzen Na- würde den Asylsuchenden vieles licherweise selbst in Kroatien ihre – Der letzte macht das Licht aus kuliert, ob Feral Tribune die reich- „Future belongs to me - 1988-1990“ tion abbildete und ein Modell für versprechen, was nicht einmal al- Rettung suchen würden, in einem Die Zensur schlief jedoch haltige Tradition des journalisti- eine andere, bessere Gesellschaft len kroatischen Bürgern zustände, Land, das während seiner gesam- nicht. Die Versuche, die Zeitung schen Humors in Split fortgesetzt Einen Monat nach dem Bruch bot, ausgedrückt durch die jour- wie etwa das Recht auf eine Unter- ten Geschichte mehr Asylsuchende Feral zu disziplinieren, sind so alt Feral Tribune erschien zum oder eher abgebrochen habe. Lucić mit der Zeitung Nedjeljna Dalma- nalistische, künstlerische, design- kunft, auf einen Aufenthaltsstatus, als positive Asylbescheide produ- wie die Zeitung selbst. Keine zwei ersten Mal am 12. November 1989 vertritt die zweite These und er- cija, im Zuge dessen die Journali- gestalterische und schriftstelle- auf Schulbildung und Glaubens- ziert hat, und das traditionell einen Monate, nachdem Ivančić und als selbstständige Zeitung. Den innert daran, dass Feral Resultat sten Ivančić, Lucić und Dežulović rische Arbeit einer Vielzahl von freiheit, rechtliche und soziale schlechten Ruf hat, wenn es um die Marinković die Leitung übernom- ursprünglichen, von Senjanović einer anarchistischen und rebelli- ihre Kündigungen einreichten, Journalisten und Intellektuellen, Unterstützung, Hilfe bei der Inte- Verfolgung von Menschen geht, men hatten, wurden im Januar erdachten Namen Feral ergänz- schen, aber auch offenen, rockigen und zwar mit dem Gedanken, dem die sich ideologisch und fachlich gration ins gesellschaftliche Leben, die eine abweichende Gesinnung 1985 zwei Aphorismen aus Feral te Dežulović in einem genialen Sensibilität war, und nicht etwa Journalismus für immer den Rüc- voneinander unterschieden, die das Recht auf Familienzusammen- haben oder einer nicht genehmen von der Kommission für ideologi- Streich durch das Wort Tribune, der elfenbeinturmartigen und ver- ken zu kehren, wurden die drei von jedoch eine gemeinsame Grund- führung etc. Diese Gans, die bereits Ethnie angehören. sche Fragen des Zentralkomitees wodurch er dem bedeutungsvol- schlossenen, ein wenig narzissti- Joško Kulušić, dem Chefredakteur überzeugung teilten, dass es näm- Zagreb mit ihrer Politik gerettet Und nun ist es an Kroatien, des Bundes der Kommunisten len Begriff Feral eine klangliche Boris Pavelić schen und selbstgenügsamen loka- der Zeitung Slobodna Dalmacija - lich einen Wert hat, sich für den hat, will nun ganz Kroatien vor den sich diesen in Not geratenen Men- Kroatiens als „konterrevolutio- Referenz an Herald beifügte. Der len Tradition zuzurechnen ist. […] einem Mann, der fähig zu großen einzelnen einzusetzen und sich Asylsuchenden retten und ruft die schen gegenüber so zu verhalten när“ eingestuft. […] auf der Bedeutungsebene wie auch Die Autoren erprobten ver- Entscheidungen war, so Predrag jeglichem – vor allem nationali- Autoren des Gesetzentwurfs dazu wie Schiffbrüchigen gegenüber, die Im Sozialismus ließ sich noch „Als die Zeitungsbeilage Feral auf der Klangebene vieldeutige schiedene Formate, ließen sie Lucić - zur Mitarbeit eingeladen. stischen – Fundamentalismus und auf, „nicht den Fehler zu wiederho- bloß an die Küste wollen. Denn ge- der Anschein einer harmonischen entstand, wurde sogleich Druck Name Feral Tribune blieb ein dau- dann hinter sich, prüften sie er- Die drei Journalisten nahmen das jeglicher Versteinerung zu wider- len, den halb Europa gemacht hat“. nau das ist es, was diese Menschen Gemeinschaft aufrecht erhalten, ausgeübt, die Zeitung wurde gera- erhafter Orientierungspunkt für neut, und das war es, was Feral Tri- Angebot an, allerdings unter einer setzen. Und „halb Europa“ hat, so Dorica eigentlich sind. Die Frage ist nur – und auch einige Jahre nach Ti- dezu mit einem Fluch belegt“, er- alles, was unter diesem Titel ver- bune in eine satirische Sensation Bedingung: An ihren Texten dürfe Dann, Anfang 1992, ging es Nikolić, „dafür gesorgt, dass die ist es die richtige Küste? Oder gibt tos Tod konnte der Humor noch innert sich Viktor Ivančić. „Etwa öffentlicht wurde. „Ich kann mich verwandelte und den journalisti- nicht einmal ein Komma geändert auch in Bosnien los. […] Von An- Asylanten sich die Wut der Bevöl- es hier nur Treibsand, besiedelt milde sein, wohlwollend, typisch alle zwei Monate musste ich zum nicht genau an den Augenblick schen Witz mit Formaten berei- werden. Kulušić stimmte zu und fang an brachten einige Feral- kerung zuziehen, denn die euro- von mürrischen Lebewesen, die gar „Split-artig“; als jedoch die Ge- Büro für Staatssicherheit am erinnern, in dem mir dieser Zu- cherte, die in diesem Teil Europas hielt sich stets an dieses Abkom- Autoren und einige wenige Intel- päischen Staaten befinden sich in nicht wissen, dass Meere, Schiffe sellschaft in eine kollektive Psy- Katalinića brig pilgern. Oder ich satz ‚Tribune’ eingefallen ist, aber zuvor unbekannt gewesen waren. men, wie die Feral-Macher gerne lektuelle, die Tuđmans Aussagen einer Rezession, und ihre Bürger und Schiffbrüchige existieren? chose abglitt – was seit 1984 allen erhielt eine amtliche Ladung, oder ich hatte schon immer die Idee ge- In der Ausgabe vom 3. Dezember respektvoll betonen. sorgfältig studiert hatten, ihre fühlen sich von den Asylanten be- Diejenigen, die uns mit der In- Zeitungen unmissverständlich zu ein Ermittler kam in die Redaktion habt, im Zeitungsnamen den Titel 1985 wurden „Ferals geschmack- Während eine stattliche Mehr- Vermutung zum Ausdruck, dass droht, weil sie denken, dass sie sie vasion der Asylsuchenden Angst entnehmen ist –, reagierten dieje- und verlangte, dass ich mich in sei- einer renommierten Zeitung zu lose Verknüpfungen“ eingeführt, heit der übrigen Medien und Jour- Tuđman in Bosnien und Herze- finanzieren müssen.“ machen, haben in Wahrheit die- nigen, die sich ihre Nüchternheit nem Büro einfand. Es war immer parodieren. Eine andere satirische eine bis dato unbekannte charak- nalisten den Krieg gegen Kroatien gowina bereit sei, mit den Serben Bevor noch irgendjemand auf ses Land aufs übelste verleumdet. erhalten hatten, auf die einzig derselbe Mann. Die Gespräche Beilage habe ich Le Spizd (in etwa teristische satirische Verknüpfung zum Anlass nahm, aus Heimatlie- einen Pakt zu schließen, und zwar die Idee gekommen ist, in Kroatien Denn wenn dieses Land tatsächlich angemessene Weise. Es verwun- dauerten eine oder zwei Stunden Le Verarsch, Anm. d. Ü.) genannt, von Überschriften und Unterüber- be die Politik der HDZ zu unter- zu Lasten der Bosniaken (musli- Asyl zu beantragen, hat diese so- so ist, wie sie es darstellen, dann dert daher nicht, dass die meisten und waren stets absurd. Er zeigte als parodistische Anspielung auf schriften, welche „die Genossen in stützen, eine Haltung, die in der mische Bevölkerung Bosnien und zial-liberale Dame also alles dafür wäre es besser, es würde gar nicht künstlerisch-kulturologischen mir einen Witz in Feral und frag- Le Monde. Ich schlug also vor, eine den Foren“ häufig schäumen ließ: berühmten Aussage einer Jour- Herzegowinas, Anm. d. Ü.). Anfang getan, die kroatische Bevölkerung existieren, außer als Traumbild der Widerstandszellen gegen den zer- te: ‚Was wolltest du damit sagen?’, Parodie auf die Herald Tribune zu nalistin gipfelte: „Für die Heimat 1992 war es für einen Großteil der gegen die potenziellen Asylsuchen- Ertrinkenden. Wenn es wirklich so fallenden Sozialismus praktisch Das Warten der jugoslawi- und ich antwortete dann: ‚Genau machen, die Redaktion war einver- würde ich sogar lügen“, hielten die kroatischen Öffentlichkeit un- den aufzuhetzen (denn ihnen wür- wäre, wäre es besser für sie, diesen zeitgleich entstanden, in einem schen Rentner ist nun zu Ende das, was da steht.’ ‚Verarsch mich standen, und wir kauften in einer Feral-Macher und die junge Trup- vorstellbar, dass Tuđman, dessen den, wie sie meinte, mehr Rechte Traum niemals Wirklichkeit wer- Abstand von wenigen Monaten im – Kokain billiger geworden nicht’, erwiderte er. Er war aller- alten Buchhandlung eine Ausgabe pe aus Slobodna Dalmacija in ihrer Land mitten in einem Krieg ge- zugestanden als den kroatischen den zu lassen. Jahr 1984: Mladina in Ljubljana Ein Abriss des gesellschaft- dings kein wirklicher Satrap: zwar der Herald Tribune – in jenen gu- Kriegsberichterstattung ebenso gen Serbien und gegen die serbi- Bürgern), schon im Voraus eine Der Artikel wurde am 23. Mai und die Neue Slowenische Kunst lichen Plans Jugoslawiens bis ließ er geschwollene Drohungen ten, alten Zeiten konnte man im wie in der Feral-Satire das Be- schen Rebellen steckte, bereit sein Rechtfertigung für die zu erwar- 2003 in Feral Tribune Nr. 923 ver- mit Laibach, Radio 101 in Zagreb, zum Jahr 1990 – Teilungen bis vom Stapel – ‚Das hier ist kein Kin- beschissenen Jugoslawien in Split wusstsein hoch, dass es in diesem könnte, irgendwelche Abkommen tenden fremdenfeindlichen Aus- öffentlicht. Top lista nadrealista und New Pri- in den Tod dergarten, kein Spielchen’, sagte eine amerikanische Zeitung kau- Krieg absolut nichts Heiliges gab, mit dem Feind in Bosnien und fälle zu liefern, und diese auch noch mitives in Sarajevo, Ekaterina Ve- Die Pflege revolutionärer er – aber er war nicht gewalttätig. fen. Ich schnitt also die Buchsta- dass dieser Krieg nur ein notwen- Herzegowina zu schließen, noch als eine zivilisatorische Errungen- lika in Belgrad als ein Ableger der Errungenschaften – Inflation Später, im Jahr 1994, trafen wir ben des Titels Herald Tribune aus, Aus dem Kroatischen von diges Übel sei, welches nieman- dazu auf Kosten der natürlichen schaft hinzustellen. Denn wenn be- Mascha Dabić Band Šarlo akrobata und als Main- 91,6 Prozent uns an der Riva, ich hielt ihn an radierte das „d“ fort, malte ein „F“

12 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 13 Feral Tribune Feral Tribune kroatischen Verbündeten, der dieses Titelbild überschattete vie- Republik“ vor, weil er ihn als An- die Köpfe von Franjo und Miroslav zum Tuđman-Regime, weil es sei- Anfang Juni 1997 – Die welt- bosnischen Muslime. Ferals Satire le andere nicht weniger wertvolle hänger des spanischen Diktators Tuđman sowie von Jadranko Prlić ne materiellen, politischen, sym- weite Journalistenvereinigung Viktor Ivančić über Tuđmans Verhältnis zu Bos- Exemplare des Genres satirische Francisco Franco bezeichnet hat- ersetzt worden waren. Sie tragen bolischen und medialen Grundla- zeichnet Feral Tribune mit der nien in jener Zeit, als die Kroaten Fotomontage. Veröffentlicht te, weiter klagte sie ihn als Chefre- Blumen statt Gewehre, und an der gen nicht demontierte. Goldenen Feder der Freiheit aus. und die Bosniaken sich in Bosnien wurde es anlässlich der damali- dakteur wegen einer Fotomontage Hauswand neben den getöteten Für Feral Tribune war das ein Der Preis wurde in Amsterdam und Herzegowina noch immer ge- gen Verhandlungen über die Zu- an, auf der Ante Pavelić Franjo Menschen sind ein Peace-Zeichen Paradox: Die Zeitung, die am ge- verliehen. Gebt meinsam dem brutalen serbischen kunft von Bosnien-Herzegowina Tuđman die steinerne Blume von und der Graffito „Peace, Bruder!“ nauesten Tuđmans System einer Angriff widersetzten, konnte un- in Genf, bei denen vor laufender Jasenovac überreicht. Dem Feral- zu sehen. Das Foto und die Foto- geheuchelten Demokratie ent- 23. Oktober 1997 – Eine Jour- realistisch oder übertrieben wir- Kamera Landkarten über die Tei- Journalisten Marinko Čulić wurde montage sind von kurzen Bildun- larvt und die am meisten zu seiner nalistin des CNN verleiht dem Fe- ken – aber sehr bald stellte sich lung des Landes gezeichnet wur- vorgeworfen, „Tuđmans Integrität terschriften begleitet: „Bosnien im Wahlniederlage beigetragen hatte, ral Tribune-Chefredakteur Viktor mir heraus, dass diese Mutmaßung ex- den. Dieses Titelbild wurde von als Staatsmann und Privatperson … und nach dem Krieg“. war unter Račan zur Marginali- Ivančić in New York den Preis des akter war als alles, was die anderen den bedeutendsten internationa- schädigen“ zu wollen, weil er ihn Im Gespräch für dieses Buch sierung verurteilt. Wenn man die- amerikanischen Komitees zum Zeitungen damals vorhergesehen len Medien übernommen, in der als „Anhänger eines faschistisch- diente Viktor Ivančić diese Satire se Periode aus heutiger Distanz Schutz von Journalisten. Bei der hatten. Außenpolitikredaktion der New kommunistischen Regimes“ dar- zur Erklärung der inneren Logik betrachtet, lässt sich feststellen, Preisverleihung sagte Ivančić: Aus dem vierten Kapitel „Des York Times hing es eingerahmt an gestellt hatte. von Ferals Fotomontagen. Das dass selbst die Feral-Redakteure „Wir bei der Feral Tribune meinen mehr Kaisers gleiche Kleider - 1990- der Wand, später wurde es auch in Die Ironie des Zufalls wollte Problem liegt darin, sagt Ivančić, – obwohl sie sich des gegenseiti- nicht, dass die Freiheit der Nation 1993“ internationale Anthologien auf- es, dass der Beginn der Gerichts- dass sogar wohlwollende libera- gen Misstrauens in Bezug auf die wichtiger ist als die Freiheit des genommen – es hatte, mit einem verhandlung, der 14. Juni, fast le Intellektuelle in der Lage sind, Post-Tuđman-Regierung bewusst Einzelnen. Wir wollen keine sol- Feral Tribune war kaum zwei Wort, planetaren Ruhm erlangt. genau auf den zehnten Jahrestag ein tiefes Unverständnis für Satire waren – nicht vollends begreifen che nationale Freiheit, bei der je- davon Monate als eigenständige Zeitung „Ich könnte der Aussage zustim- einer anderen Anklage gegen Fe- zu zeigen. „Es gibt bei den soge- konnten, dass sie auch nach den der dasselbe denken muss.“ erschienen, da war die internatio- men, dass dieses Titelbild nicht ral fiel: am 19. Juni 1986 hatte die nannter Ethikern das Bedürfnis, neunziger Jahren nicht zu gleich- nale Presse schon auf sie aufmerk- das allergeistreichste war, aber es Staatsanwaltschaft von Split An- mit der Linie der tagespolitischen berechtigten Gesprächspartnern September 1998 – Feral Tribu- sam geworden. Le Monde: „Nach hatte den Moment hervorragend klage gegen Viktor Ivančić und Korrektheit zu bestimmen, was im öffentlichen Leben werden ne wird auf dem Festival der po- der Heftigkeit der Karikaturen, getroffen. Ich kann mich erinnern, Velimir Marinković, den damali- im Rahmen des guten Geschmacks würden. Die Zeit von den Wahlen litischen Satire im italienischen den Wortspielen und den politi- wie Passanten vor den Zeitungs- gen Kollegen von Ivančić bei der geht und was nicht. Und das führt am 3. Januar bis zu ihrem Ende er- Forte dei Marmi zum weltbesten schen Anspielungen halb-Charlie verkäufern stehen blieben und satirischen Beilage der Nedjeljna sie natürlich zu einer sicheren Ver- lebte Feral in einer ständigen Zer- Satireblatt des Jahres gekürt. Gebt mir noch von den Ge- Hebdo, nach dem Gedankenreich- lachten. Auf jeden Fall hat es nie- Dalmacija, erhoben, indem sie fehlung. Denn in der Satire gibt es rissenheit zwischen dem Ehrgeiz, nerälen Gotovina und Markač. tum halb-Le Monde diplomatique, manden kalt gelassen, selbst jene drei vorausgegangene Anklagen kein Maß für guten und schlech- aufgrund ihrer kritischen Haltung Januar 1999 – Viktor Ivančić Mehr Gotovina und Markač bit- befasst sich dieses Magazin (…) mit nicht, die Feral nie gelesen haben“, wegen angeblicher Zerstörung ten Geschmack! Die Satire ist ent- zu einem gleichberechtigten medi- wird der Preis des schwedischen te. Die Heldenportion ist zu klein allen verbotenen Fragen in Kroa- erinnert sich Predrag Lucić. […] der sozialistischen Ordnung und weder humanistisch oder nicht. alen Spieler zu werden, und immer Olof Palme-Fonds für das Jahr für meine chronische Unersätt- tien. In einer Situation, die man „Von Charlie Hebdo, seien wir Beleidung der SFRJ zusammen- […] Es gibt aber das Bedürfnis, die neuen Vergewisserungen, dass das 1998 verliehen. lichkeit. Schafft Nachschub für heute als ‚wesentlich schlimmer‘ ehrlich, haben wir bis zum Er- fasste. In der Ausgabe vom 20. Mai Satire politisch in eine Form zu nicht gelingen würde, da für sie die Festtafel herbei. Ich will noch einschätzt als jene der letzten Jah- scheinen seiner Reporter in Split 1996 schreibt Ivančić: „In der Zwi- gießen, und in diesem Fall haben eine gleichberechtigte Behandlung 15. November 2006 – Drago mehr Feierlichkeiten und heimat- re, wird das Bestehen ihres radika- Anfang Februar 1994 so gut wie schenzeit hatten sich sowohl der selbst akademische Professoren einfach nicht möglich war. Hedl wird in Washington der Preis liebende Narkose. len Magazins vielleicht der letzte nichts gewusst“, erinnert sich Pre- Staat, als auch das System, als auch der Journalistik dieses Bedürfnis Aus dem neunten des Internationalen Zentrums Verpasst mir die Generäle Go- Test dieser Enthusiasten der Frei- drag Lucić in Novi list vom 9. Ja- die Armee, als auch die Partei, als befürwortet. In der Satire kann Kapitel „Viva Lu - 1999-2001“ für Journalisten verliehen, den er tovina und Markač intravenös. heit sein. Auf jeden Fall ein ernst- nuar 2015. „Dann haben wir aber auch die Staatsanwälte verändert. nicht die Heftigkeit das Problem gemeinsam mit der Leiterin der Reibt sie mir in die Haut wie Sal- hafter Einsatz: die Möglichkeit, al- begriffen, dass Charlie Hebdo ei- Nur Feral hat sich nicht verändert. sein, sondern nur ihre Motivation. Korrespondenzstelle des BBC in Am Montag, dem 24. Oktober be. Verabreicht sie mir in Tablet- les zu erzählen, was um sie herum gentlich ein französischer Cousin Heute, zehn Jahre später, stehen Die Heftigkeit war für uns nie ein Bagdad erhält. 1994, explodierte in der Redakti- ten und Kapseln. Verschreibt mir geschieht, oder aber sich mit dem von Feral war, von dem wir nicht wir wieder an der gleichen Stelle, Problem. Ihretwegen haben wir on der Feral Tribune in Split eine ein Rezept, damit ich Gotovina Schweigen über die kommenden einmal gewusst hatten, dass es ihn hinter der sympathischen Brü- uns nie Schranken auferlegt. Unse- 27. April 2007 – Viktor Ivančić Bombe. Wer weiß, was passiert und Markač vor und nach jedem bleiernen Jahre abzufinden.“ […] gab.“ Anfang Februar 1994 kamen stung im Gerichtssaal, dort, wo re Satire war zwar zerstörend, aber wird die Goldene Friedenstaube wäre, wenn der Bombenleger bes- Atemzug schlucken kann. Spritzt die Charlie-Redakteurin Bene- die Angeklagten die Frage beant- immer humanistisch, immer in der des italienischen Instituts für in- ser informiert gewesen wäre – so sie mir direkt ins Hirn. Loboto- dicte Charles und der Zeichner worten, ‚was sie damit eigentlich Absicht, den Mächtigen zu verspot- ternationale Forschungen Archi- wurden nur die Räume zerstört, misiert mich mit Gotovina und Tignous nach Split, letzterer hieß sagen wollten‘. Nebenbei gesagt ist ten und den Schwächeren zu ver- vio Disarmo verliehen. Der Preis in denen sich die Redaktionsmit- Markač. eigentlich Bernard Verlhac, um das der einzige Platz im Gerichts- treten. Die Satire, gute Satire, wie wird „Journalisten zugewidmet, glieder noch kurz zuvor aufgehal- Gebt mir mehr vom Kroati- unter anderem auch eine Reporta- saal, an dem man aufrecht stehen wir sie gemacht haben, muss einen die große Anstrengungen zum Auf- ten hatten. In diesen Tagen war schen Fernsehen. Beglückt mich ge über Feral zu machen. […] kann.“ humanistischen Antrieb haben. bau des Friedens unternehmen“. jemand in die Redaktion eingebro- mit noch mehr Moderatoren ge- Zwei Monate später, sichtlich Aus dem siebten Kapitel „Will- Wenn du so arbeitest, bestimmt du chen, hatte aber nichts mitgenom- hüllt in die Fahne unseres Landes. erfreut über die Entdeckung ih- kühr an der Macht - 1995-1998“ das Maß für dich selbst, aber das ist 20. Juni 2008 – Die letzte Aus- men, und das ganze Redaktions- Ich sehne mich nach mehr von den nen poetisch so nahe stehender weder das Maß für die Zensur noch gabe der Feral Tribune erscheint. kollektiv wurde mit Drohbotschaf- Herren Rotim und Farkaš in den Herzensbrüder, besuchten die Wie wagemutig Feral Tribu- für die Selbstzensur, sondern bloß ten überschüttet. „Mehrere wohl- Posen betroffener Mumien. Hüllt Hebdo-Leute Feral noch einmal, ne im Gegensatz zu den anderen das Maß einer moralischen Ent- Aus dem Kroatischen von wollende Personen haben uns auch Kameramänner in Fahnen. diesmal von den allerersten re- Medien war, demonstriert auch scheidung: Ich möchte niemanden Jelena Dabić und Mascha Dabić darüber informiert, dass im Spli- Und Schnittmeister, Produzenten präsentativen Figuren angeführt, der Fall vom 30. März 1998, als die beschimpfen. Jemanden zum Teu- ter politischen Untergrund schon und die Putzfrauen auch. dem Chefredakteur Philippe Val Spliter Zeitung eine Fotomontage fel schicken – das kann jeder. Aber Kurze Chronologie der seit einiger Zeit das Gerücht von Von den lieben Zuschauern und Georges Wolinski, den Lucić veröffentlichte, vor der selbst die das ist einfach nicht dieses Genre, Zeitung Feral Tribune einer ‚baldigen Aktion gegen Feral‘ ganz zu schweigen. Reserviert mir „die Legende des französischen liberalsten Anhänger des kroa- das ist keine Satire. Sie muss eine kursiert“, schreibt Chefredakteur einen Platz mit guter Aussicht Comics und der Karikatur“ nennt. tischen journalistischen Main- humanistische Intention haben. 16. Oktober 1983 – Die erste Boris Pavelić Ivančić im Leitartikel vom 28. Ok- und mit viel Raum für jubelndes Mit dabei war auch ein Kamera- streams zurückschreckten […]. Ein Satiriker, der von Hass erfüllt Ausgabe der Feral wird veröffent- wurde 1967 geboren. Er studierte tober. Und er ruft in Erinnerung: Gebrüll. Platziert mich mitten team des Fernsehsenders Arte, Die Montage wurde anlässlich des ist, ist ein schlechter Satiriker. licht als „wöchentliche politische an der Philosophischen Fakultät „Die Strafbataillone sind Trümp- in das Publikum in dreifarbigen deren Mitarbeiter eine Reportage heute vergessenen Vorschlags von Damit wir uns richtig verstehen: Unterhaltungsbeilage“ der Wo- in Zagreb. Seit 1992 arbeitet er als fe des Faschismus. Wenn ihr Ge- Zwangsjacken. Am 28. Dezember 1993 publi- über Split und Kroatien im Krieg Tuđman, Bosnien-Herzegowina Wir haben Tuđman nicht gehasst; chenzeitung Nedjeljna Dalmacija. Journalist. Er arbeitete bei der klapper das Ambiente bestimmt, Gebt mir den „Kroatischen zierten die Feral Tribune-Redak- voller schwarzem Humor dreh- zu demilitarisieren, veröffentlicht. wir haben ihn auf eine gesunde Die Unterhaltungsbeilage wurde kroatischen Nachrichtenagentur dann ist es überflüssig, über die Sieg“ in bedeutenden Mengen. teure das, was später ihr bekann- ten, konzipiert und moderiert Im satirischen Teil des Blattes Art verspottet, und mittels der Sa- von Djermano Senjanović Ćićo HINA, zur Zeit ist er Journalist bei Strömungen in der Regierung zu Ich bin bereit, noch mehr von dem testes Titelbild werden sollte: die von Charlies Redakteuren. „Hast wurde auf der oberen Seitenhälf- tire politisch verachtet“, erklärt herausgegeben. Er hatte auch den der Tageszeitung Novi list in Rije- reden: über jene, die sich gezielter karierten Schrott aufzusaugen. lächelnden Gesichter von Tuđman du jemanden getötet?“, fragten te das berühmte Foto des israeli- Ivančić. […] Namen „Feral“ (Lampe) erdacht. ka. Er war auch Berichterstatter Gewalt nominal widersetzt, und Meine Ohren sind bereit für noch und Milošević, montiert auf zwei die Franzosen Viktor Ivančić, der schen Fotoreporters Ron Haviv Aus dem achten für andere kroatische und auslän- jene, die sie offen unterstützt. […]“ lautere Heimatlieder. Gebt mir nackte Männerkörper, die, einan- gerade demobilisiert worden war, abgedruckt, der in Bijeljina Frei- Kapitel „Die Waggonbewohner - 12. November 1989 – Die Beila- dische Medien. Er ist Verfasser der Aus dem fünften die Hymne. So laut, dass ich über der zärtlich umarmend, im Bett und sprachen mit ihm über seine schärler des berüchtigten serbi- 1998-1999“ ge Feral erscheint zum ersten Mal Bücher Zehn bessere Jahre – die Kapitel „Wir haben zumindest den die Masse zerstäubt werde.. sitzen und sich fragen­ – oder ist das Erfahrungen bei der Armee. „Ja, schen Paramilitär-Anführers Ar- Unmittelbar nach den Wah- unter dem Titel Feral Tribune. Bilanz des Bürgers und Präsiden- Kopf auf den Schultern… - 1993- Lasst mich geistig zurückblei- eine Frage an den Leser? – „Haben ich habe an die zwanzig Serben kan fotografiert hatte, von denen len am 3. Januar 2000 begann die ten Stjepan Mesić und Das Lachen 1994“ ben. Idiotisiert mich multimedial. wir dafür gekämpft?“ Dieses Titel- getötet, ich habe den Vertrag lange einer mit einem Gewehr in der ei- kollektive Auseinandersetzung mit Juni 1993 – die erste Ausgabe der der Freiheit – Einführung in Feral Wascht mein Gehirn interdiszipli- bild wurde in den nächsten Jah- vor der festgesetzten Zeit erfüllt, nen und einer Zigarette in der an- den Illusionen über die schnelle unabhängigen Feral Tribune er- Tribune. Mit seinen Kollegen Ivi- Für den 14. Juni 1996 wurde när. ren die am meisten beschriebene, deshalb haben sie mich entlassen“, deren Hand gegen den Kopf einer Korrektur von Ungerechtigkeiten scheint. ca Đikić und Davor Krilo verfas- vor dem Amtsgericht in Zagreb Ich möchte Zeitungen kau- am häufigsten wiedergegebene erwiderte dieser wie aus der Pisto- Frau mittleren Alters tritt, die auf und den Weg zur Herrschaft des ste er das Buch General Gotovina eine Gerichtsverhandlung gegen fen, aber Poster mit Generälen Fotomontage von Feral Tribune le geschossen. […] dem Asphalt liegt. Auf der unteren Rechts. Es kam ganz anders: Das November 1996 – Das Interna- – Wirklichkeit und Mythos. Er lebt Feral Tribune anberaumt. Die bekommen, auf denen einfach ge- und wurde – vielleicht auch unbe- Hälfte der Seite befand sich eine Mandat der sozialdemokratisch tional Press Directory verleiht Fe- in Zagreb. Anklägerin Višnja Lončar warf schrieben steht „Jutarnji list“. Ich rechtigterweise – zum stärksten Fotomontage desselben Fotos, auf geführten Račan-Regierung stand ral Tribune einen Preis für Presse- Ivančić „Beleidigung und Gering- möchte die Poster mit den Bildern politischen Symbol des Blattes; dem die Köpfe der Mörder durch in vielerlei Hinsicht in Kontinuität freiheit. schätzung des Präsidenten der der Generäle, auf denen „Jutarnji

14 Oktober 2015 Beton International Beton International Oktober 2015 15 Feral Tribune list“ geschrieben steht, nicht nur Gebt mir den Verteidigungs- auf höchste Lautstärke auf dem DAS LACHEN DER samstags und sonntags, sondern minister, der vor Verzückung zer- Jelačić-Platz in Zagreb. Bedient FREIHEIT Programm auch an allen anderen Tagen der schmilzt, bis von ihm nur noch mich mit noch mehr faschistischer Woche kaufen können. Ich möch- eine Pfütze reinen Glücks zurück Routine. Führt mich in einen Bier- te postermäßig auf dem Laufen- bleibt. Den Minister der Kriegsve- garten, damit ich mich durch Fac- Donnerstag, den 15. den bleiben. teranen, der seine liebsten Kame- kelzug und Schwur verwirklichen Oktober 2015 Gebt mir als Beigabe zu den raden mit Orden überschüttet als kann. Bringt mich ins München Zeitungen noch mehr Aufkle- wären sie Konfetti. Das ganze Par- des Jahres dreiunddreißig. Zeit: 12.00 – 13.00 ber mit geballter Faust und dem lament, das die Rolle der Ehren- Gebt mir noch mehr vom Hei- Ort: Kroatischer Spruch: „Proud to be Croat“. wache übernimmt und salutiert. matkrieg. Ich will, dass der Hei- Gemeinschaftsstand, Messe, Schmückt mich mit dem passen- Eine Messe im Präsidentenpalast matkrieg jede Minute meines Halle 5.0 D117 den Brandzeichen. Bereitet mich auf dem Pantovčak, in der die offi- Lebens im Frieden in Beschlag für die Herde vor. Beklebt mich zielle Seligsprechung stattfindet. nimmt. Ich möchte immer wieder Buchpräsentation: Das Lachen von Kopf bis Fuß mit selbstkleben- Heiligenscheine und Champagner Kroatien befreien, das für immer der Freiheit – Einführung in dem Journalismus. werden vom Oberbefehlshaber befreit wurde. Ich möchte den Feral Tribune von Boris Pavelić Vom Kroatischen Fernsehen persönlich ausgegeben. Frieden im Visier behalten. Teilnehmer: Boris Pavelić will ich am meisten bekommen. Mir reicht das Protokollmelo- Ich wünsche mir die Büste des und Viktor Ivančić, Boris Reizt mich auf mit Hilfe der digita- dram noch nicht. Ich möchte noch Richters Theodor Meron nach Sel- Dežulović & Predrag Lucić len Technologie. Feuert aus Fern- mehr Staatsakte. Ich will einen ca auf der Insel Brač, direkt neben Moderation: Danijel Majić (Journalist, Frankfurter sehröhren Salven auf mich ab. Ver- Staatspräsidenten, der den Ge- die Büsten von Genscher und Jo- Rundschau) schafft mir scharfe Reißzähne und nerälen den Arsch küsst. Ich will hannes Paul. Ich wünsche mir eine stumpfe Moderatoren vom Typus einen Parlamentspräsidenten, der Anwalt-Mišetić-Straße, die die Mi- Zeit: 20.00 – 22.00 eines Mislav Togonal. Ich will noch den Generälen den Arsch küsst. le-Budak-Straße kreuzt. Ich wün- Ort: Bistro im Senckenberg mehr wütende Journalisten wie Ich will ein Oberhaupt der Katho- sche mir eine Gedenkbadewanne Museum Ivica Šola und Anwälte wie Zvoni- lischen Kirche, das den Generälen auf der Kreuzung Ilica-Straße / Senckenberganlage 25 mir Hodak, die ihre Zähne in das den Arsch küsst. Ich will, dass un- Kamilica-Straße, gefüllt mit den 60325 Frankfurt am Main Fleisch des Menschenrechtlers sere Ritter von hinter Unterstüt- Tränen von Ingrid Antičević. Diskussion: Darf man das? Zoran Pusić schlagen. Ich möchte zung bekommen. Steinigt mich mit Tradition. Über die Freiheit der Satire noch mehr Fernsehmoderatoren Ich brauche noch mehr höfli- Marmoriert mich stumpf. und der Medien wie Edi Škovrlj, die auf den Ver- che Erwähnungen der Opfer der Errichtet das Denkmal für die Teilnehmer: Viktor Ivančić, treter der serbischen Minderheit Operation „Oluja“. Lasst mich Generäle Gotovina und Markač in Boris Dežulović & Predrag Milorad Pupovac einbeißen. Färbt noch mehr unbekannten Tätern meinem Wohnzimmer. Errichtet Lucić und Doris Akrap meinen Blick auf die Welt mit ih- begegnen. Noch mehr unbeabsich- das Denkmal für die Generäle Go- (Journalistin, TAZ) ren blutigen Schnauzen. tigten Fehlern und sporadischen tovina und Markač in jedermanns Moderation: Wolfgang Klotz Führt mir Verräter zu in gro- Vorkommnissen, die den großarti- Wohnzimmer. Kehrt die sieben- (Leiter der Central and Eastern ßer Zahl. Lasst die Abtrünnigen gen Sieg im Kriege hinten besudeln hundert getöteten alten Menschen European Online Library) mit verbundenen Augen auf den können. unter meinen Teppich. Zwanzig- Titelseiten antreten. Ich glühe von Erhebt meine Ignoranz zu ei- tausend niedergebrannte Häuser, Freitag, den dem Wunsch, den Triumph durch ner feierlichen zivilisatorischen zweihunderttausend Vertriebene, 16. Oktober 2015 berechtigte Rache zu veredeln. Ich Geste. Mit der hilflosen Justiz all das bitte auch unter meinen möchte die NGO-Szene brennen nährt meine schon vorhandene Teppich kehren. Mein Teppich ist Zeit: 14.30 – 15.00 sehen wie die abgefackelten Dörfer Gefühlslosigkeit. Lenkt mein Ge- groß genug, um die ganze Müllhal- Ort: Stand der Frankfurter in der Krajina. wissen um in ein entschiedenes de des nationalen Ruhms zu ver- Rundschau, Messe, Halle 3.1 Überschüttet mich mit dem Schulterzucken. bergen. Standnummer C48 „Kroatischen Sieg“ vom frühesten Macht mich noch mehr zum Macht mich zum stolzen Hüter Diskussion: Freiheit in Zeiten Morgen an. Aus Radiosendern, mit Mitstreiter des gemeinsamen Ne- der Legende unter dem Teppich. von Krieg und Nationalismus Kirchenglocken und Schiffssire- gierens einer gemeinsamen ver- Teilnehmer: Viktor Ivančić, Boris Dežulović & Predrag nen. Presst mir mit dem „Kroati- brecherischen Unternehmung. Er- Dieser Text wurde am 26. Lucić schen Sieg“ den Atem aus der Lun- füllt mein Leugnen mit Stolz und 11. 2012 in der Zeitung Novosti Moderation: Danijel Majić ge, damit ich nicht aussprechen Ruhm. Überzeugt mich davon, dass veröffentlicht. muss, dass wir das Verschwinden die Morde und Brandschatzungen Zeit: 20.00 – Open End der Serben feiern. unser aller Werk sind, bzw. das Aus dem Kroatischen von Alida Ort: Bistro im Senckenberg Ich brauche einen solchen Werk eines Kollektiven Niemands, Bremer Museum „Kroatischen Sieg“, der nicht im da wir weder morden noch brand- Senckenberganlage 25 Widerspruch zu dem Verschwin- schatzen. 60325 Frankfurt am Main Impressum den der Serben steht. Der Staats- Verallgemeinert mich eindi- präsident möge mir einen solchen mensional. Präpariert mich etno- V.i.S.d.P. EINMAL NACH EUROPA UND „Kroatischen Sieg“ in Liveüber- national. Vögelt mich kariert. Dr. Alida Bremer RETOUR: EIN ABEND MIT tragung präsentieren. Vor mir soll Ich sehne mich danach, dass www.alida-bremer.de sich der „Kroatische Sieg“ aus der sich mein Ich in unserem Wir auf- FERAL TRIBUNE Feder Davor Butkovićs ergießen. löst. Ich möchte nicht, dass mein Herausgeber 1) Diskussion: Die Welt in der Her mit Davor Butković, der Ich meiner Entwicklung in die Verein KURS aus Split / Kroatien andauernden Krise: Was hätten vor sieben Jahren schrieb, dass Masse entgegensteht. Überlasst Verein RK LINKS aus Belgrad / wir von Ex-Jugoslawien lernen General Gotovina „einfach ein Kri- mich der Wirkung der Medienma- Serbien können? mineller“ sei. Ich möchte, dass sich schine zur wirksamen Entpersona- Teilnehmer: Michael Thoss Lektorat und Korrektur Davor Butković in meinem Kopf lisierung. (Geschäftsführer der Allianz Ali el Baya wie ein wildgewordenes Karussell Jagt mir das geliebte Kroatien Kulturstiftung) und Viktor dreht. Ich will, dass der rotieren- in die Knochen. Schiebt mir das ge- Ivančić, Boris Dežulović & Layout und Design de Davor Butković mich mental liebte Kroatien in alle verfügbaren Predrag Lucić und Saša Ilić Metaklinika, Beograd durchlüftet. Öffnungen des Körpers. Presst alle Moderation und Übersetzung: Gebt mir mehr vom Premier- anderen Inhalte mit Hilfe des ge- Alida Bremer minister, der die Generäle Gotovi- liebten Kroatiens aus mir heraus. na und Markač auf dem roten Tep- Lasst mich so sehr vom geliebten 2) Mit Gesang und Tanz durch pich empfängt wie ein kopfnicken- Kroatien erfüllt sein, dass nichts Euroslawien der Page. Zeigt die Bilder wieder Menschliches in mir zurückbleibt. Satirisch-musikalische und wieder, die seine staatsmänni- Gebt mir den Sänger Thomp- Performance von Boris sche Demut zeigen. Gebt mir den son mit dem Ustascha-Gruß „Za Dežulović und Predrag Lucić Premierminister, der in einer der dom spremni“ in der Hauptsen- 3) Party mit DJ Semjuel Wiederholungen vielleicht sogar dezeit. Gebt mir ihn auf dem Pro- In Kooperation mit der Heinrich- niederkniet. kurative-Platz in Split. Dreht ihn Böll-Stiftung e.V.

16 Oktober 2015 Beton International