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Von der Quelle des Unheils zum Optimismus

" Into Darkness" von J. J. Abrams von Marc Hairapetian

Hätte sich "Star Trek"-Schöpfer (1921 - 1991) träumen lassen, dass sein Raumschiff Enterprise auch fast 40 Jahre nach seiner ersten (Trickfilm-)Fahrt durch die unbekannten Regionen unseres Universum weltweit ein Millionenpublikum begeistert? Vielleicht ja. Der in Texas geborene ehemalige B-17-Bomberpilot der Army Air Force, der als Drehbuchautor von Serien wie "Polizeibericht", "Dr. Kildare" und "The Lieutenant" seinen künstlerischen Durchbruch schaffte, glaubte an Humanismus und Internationalismus. In seinem Meisterstück "Raumschiff Enterprise" (im Original "Star Trek", 1966 - 1969) entwarf er in Zeiten des kalten Krieges eine weitgehend positive Zukunft, in der Menschen aller Rassen und Aliens aller Schattierungen in friedlicher Ko-Existenz leben und weiße Männer schwarze Frauen küssen. Sechs Jahre nach seinem Tod war er einer der ersten der mittels einer (realen) Pegasus-XL-Rakete Teile seiner Asche im Weltraum bestatten lies. 2014 sollen weitere Teile seiner Asche mit denen seiner 2008 verstorbenen Frau Majel Barrett in das All befördert werden. Eingefleischte "" vermissen seine visionären Geschichten, in denen seine wohl berühmtesten Figuren, der all zu menschliche Captain Kirk (gespielt von ) und der rationale Vulkanier Mr. (kongenial verkörpert von ), intergalaktische Probleme mit Emotion versus Logik lösen. Auch wenn das Relaunch von Regisseur J. J. Abrams nicht ganz den Charme der Zukunftswelten aus den Swinging Sixties entfaltet, konnte sich sein "Star Trek"-Debüt von 2008 mehr als sehen lassen. Die Findung der deutlich verjüngten Crew-Mitglieder war dramatisch, amüsant und sexy zugleich. Wie Roddenberry setzte er bei allen Zugeständnissen an die digitalen Spielereinen, die das heutige Kino bietet, eher auf die Reflexion von gesellschaftlichen Zuständen, statt fiktive Technologien zu fokussieren. Sein zweiter Streich "Star Trek Into Darkness", der insgesamt zwölfte Film für die große Leinwand der im Zeitraum von 1986 - 2387 nach Christus spielenden Science- Fiction-Reihe, die, wenn man alle Ableger ("Raumschiff Enterprise", "Die Enterprise", "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert", "Star Trek: Deep Space Nine", "Star Trek: Raumschiff Voyager", "Enterprise" und "Star Trek: Enterprise") zusammenzählt, auf 728 Episoden kommt, hätte Roddenberry sicher mit Stolz erfüllt. Der in 2D gedrehte und (unnötiger Weise) in 3D nachbearbeitete Film spielt in einer alternativen Zeitlinie des Star-Trek-Universums und stellt den von interpretierten James "Jim" Tiberius Kirk und seine Mannschaft, in der fast die Hälfte Frauen sind, gleich zu Beginn vor drastische Probleme: Auf dem Planeten Nibiru, laut antiker Mythologie eine "Quelles des Unheils", versucht das Enterprise-Team die dort wenig entwickelte Zivilisation vor einem Vulkanausbruch zu schützen. Dabei wird Spock () fast getötet. Kirk kann ihn zwar retten, doch er verletzt damit die oberste Direktive der Föderation, die keine Einflussnahme in die Entwicklung fremder Kulturen duldet. So wird ihm das Kommando über die Enterprise entzogen. Erst nach einem Anschlag auf ein als Archiv getarntes Waffenlabor der Sternenflotte kann er sich rehabilitieren, doch mit dem Terroristen John Harrison () trifft er auf einen mit allen Wassern gewaschenen Gegenspieler, der sich obendrein noch als vor 300 Jahren in Tiefschlaf versetzter, gentechnisch veränderter Soldat Khan entpuppt. Flottenadmiral Marcus () liess ihn auftauen, um ihn für seine Zwecke zu benutzen. Ein Verwirrspiel beginnt, in dem Kirk weder Feind noch Freund trauen kann. Heroismus und Humor, Monumentalität und Menschlichkeit gehen in "Star Trek Into Darkness" eine Allianz ein, wobei die Grundstimmung - wie der Titel schon verrät - düster ist. Doch in dem Figuren zentriertem Drama, das zwischen Kammerspiel und Spektakel geschickt die Balance hält, wollen Kirk und Co. auf Dauer nicht in Depressionen verfallen - und letztendlich gewinnt der Optimismus wieder die Oberhand. Darstellerisch ist der Film außergewöhnlich stark, was vor allem am differenzierten Spiel von Benedict Cumberbatch liegt. Aber auch als loyaler Vorgesetzter Admiral Pike überzeugt. Und die mit süßem Sexappeal betörende Zoë Saldaña als Lieutenant Nyoto Uhura kann es mit ihrer Kult verdächtigen Vorgängerin Nichelle Nichols aufnehmen. Der rhythmisch vorwärtstreibende Soundtrack von punktet mit einem eigenen, leicht fatalistisch anmutenden "Star Trek Main Theme", dass der furiosen alten Melodie von seine Referenz erweist. Nicht alles neu macht der Mai, doch im Fall von "Star Trek Into Darkness" ist einer der besten ""-Kinofilme seit Robert Wises legendären Opener "Star Trek: Der Film" (1979) herausgekommen!

Marc Hairapetian am 9. Mai 2013 für SPIRIT EIN LÄCHELN IM STURM www.spirit-fanzine.de