Repositorium für die Medienwissenschaft

Maria Dschaak Alexandra West: Films of the : Visceral Horror and National Identity 2017 https://doi.org/10.17192/ep2017.3.7551

Veröffentlichungsversion / published version Rezension / review

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Dschaak, Maria: Alexandra West: Films of the New French Extremity: Visceral Horror and National Identity. In: MEDIENwissenschaft: Rezensionen | Reviews, Jg. 34 (2017), Nr. 3. DOI: https://doi.org/10.17192/ep2017.3.7551.

Nutzungsbedingungen: Terms of use: Dieser Text wird unter einer Creative Commons - This document is made available under a creative commons - Namensnennung 3.0/ Lizenz zur Verfügung gestellt. Nähere Attribution 3.0/ License. For more information see: Auskünfte zu dieser Lizenz finden Sie hier: https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/ Fotografie und Film 393

Alexandra West: Films of the New French Extremity: Visceral Horror and National Identity Jefferson: McFarland 2016, 206 S., ISBN 9781476663487, USD 39,95

New French Extremity ist die Bezeich- night in Paris (2011) sowie der Tatsa- nung einer sehr jungen Bewegung che ab, dass „France often ranks highly französischer Filme, die von Artfo- among other international power- rum-Kritiker James Quandt in seinem houses in education, healthcare and Artikel „Flesh & Blood: Sex and Vio- life expectancy, maintaining its desi- lence in Recent French Cinema“ (In: rable reputation“ (ebd.). Eine genauere Artforum­ , Februar 2004, S.126-132) Analyse und kritische Einschätzung geprägt wurde. Einen neuen Bei- der Genese dieses Idealbildes spart trag zur Erschließung der darunter sie allerdings aus. Stattdessen beginnt fallenden Filme liefert die Autorin West ihre Ausführungen mit einem ­Alexandra West, die für diverse Maga- Umriss der französischen Geschichte, zine wie das Rue Morgue Magazin oder der den Fokus auf Phänomene der „cul- auch The Toronto Star geschrieben hat ture of uncertainty, violence, and may- und 2012 den Faculty of Horror Pod- hem“ (ebd.) legt, um so das Idealbild cast mitbegründete. Ihre Arbeit behebt Frankreichs als nicht-wahrheitsgetreu ein Desiderat in der noch am Anfang zu entlarven. Darauf folgt im zweiten stehenden Forschung zu Body ­Horror, Kapitel ein weiterer Umriss – diesmal in der sie der These nachgeht, dass der französischen Filmgeschichte. die Filme des New French Extremity Den Hauptteil der Arbeit bilden die „deeply French“ (S.6) seien. Sie ver- nachfolgenden elf filmanalytischen sucht aufzuzeigen, dass das, was Kapitel. In ihrer Argumentation greift „France has to fear is itself“ (S.178). West sowohl auf die Filme als auch Prämisse ihrer Untersuchung ist ein auf Aussagen der Regisseur_innen von ihr konstatiertes Idealbild von selbst zurück. Sie beginnt mit einem Frankreich und die daraus resultierende Kapitel zu Carne (1992), I Stand Alone Divergenz zwischen diesem Idealbild (1999) und Irréversible (2002) von und der tatsächlichen französischen Gaspar Noé. Darauf folgen unter Realität, die West in den Filmen des anderem Überlegungen zu den Filmen New French Extremity zum Vorschein Baise-moi (2000), Trouble­ Every Day kommen sieht. Die Wahrnehmung (2001), (2003), Martyrs von Frankreich als „idyllic and idolized (2008) und Inside (2007). Das vorletzte bastion of all that is beautiful, good, Kapitel „American Remakes in New and true“ (S.13) leitet West aus dem von French Extremity“ widmet sich US- Frankreich vermittelten Bild in Filmen amerikanischen Filmproduktionen, wie Le fabuleux destin d‘Amélie Poulain bei denen Regisseur_innen des New (2001), Before Sunset (2004) und Mid- French Extremity auf dem Regiestuhl 394 MEDIENwissenschaft 03/2017 saßen – wie etwa Mirrors (2008) und einem Korpus von 27 Filmen hat sich Maniac (2012). Die Relevanz des Kapi- die Autorin allerdings viel vorgenom- tels erschließt sich nicht ganz. West men. Hinzu kommen kleine, durchaus behauptet zwar, dass die von ihr ausge- lesenswerte Passagen allgemeinerer wählten Filme „the aesthetics of New Natur zu Begriffen wie dem von Tim French Extremity“ (S.168) aufweisen, Palmer in Brutal Intimacy (Middle- da die vorherigen Analysen sich aber town: Wesleyan UP, 2011) alternativ weniger auf die Ästhetik der Filme als zu New French Extremity gewählten auf ihren Inhalt konzentrieren, ist die Ausdruck Cinéma du corps, der Bedeu- Verbindung nicht ganz schlüssig. tung des in Horrorfilmen oder Das Buch endet mit einem Inter- auch Antonin Artauds The Theater and view zwischen West und Colin Ged- Its Double (New York: Grove Press, des, der bis zum Jahr 2017 für das 1958). Allerdings ergibt sich hieraus Programm der Sektion „Midnight eine Fülle an Themenblöcken und Madness“ des Toronto International Interferenzen, die auf ungefähr 190 Film Festival zuständig war. Unter Textseiten nicht erschöpfend bearbeitet seiner Leitung wurden viele Filme des werden können – dies macht die größte New French Extremity erstmals einem Schwäche der Publikation aus. Zusam- internationalen Filmpublikum zugäng- menfassend lässt sich sagen, dass West lich. Zusammen besprechen Geddes zwar einen Überblick über die Filme und West einige der Highlights des des New French Extremity und einen Festivals und die teilweise drastischen ersten Einstieg in die Thematik liefert, Publikumsreaktionen. aber seine Leser_innen eher unbefrie- Positiv anzumerken ist, dass West digt und mit offenen Fragen zurück- eine Einstiegslektüre geschaffen hat, lässt. die leicht zu lesen und deswegen einem breiten Publikum zugänglich ist. Mit Maria Dschaak (Berlin)