When Formats Become Form – Lesarten Historischer Konstellationen Von Kunst Und Medien Seit 1960«
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1 »When Formats Become Form – Lesarten historischer Konstellationen von Kunst und Medien seit 1960« Vom Fachbereich II (Kulturwissenschaften und Ästhetische Kommunikation) der Universität Hildesheim zur Erlangung des Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. Phil) angenommene Dissertation von Rudolf Frieling geboren am 23. 11. 1956 in Münster/Westf. 1 2 Gutachterin/Gutachter: Prof. Dr. Jan Berg, Universität Hildesheim Prof. Dr. Hans-Otto Hügel, Universität Hildesheim Prof. Harald Pulch, FH Mainz Tag der mündlichen Prüfung: 13. 12. 2005 Vorsitzende der Prüfungskommission: Prof. Dr. Beatrix Nobis 2 3 When Formats Become Form – Lesarten historischer Konstellationen von Kunst und Medien seit 1960 Vorwort 1. Lesarten historischer Konstellationen von Kunst und Medien seit 1960 – Einführung 7 1.1. Vermittlungsparadoxie 14 1.2. Methodische Überlegungen 24 1.3. Lesarten der Medienkunst: Entwurf von Geschichten 26 1.4. Metadiskurs und das Remapping im Archiv 2. Form Follows Format – zum Spannungsverhältnis von Museum, Medientechnik und Medienkunst 30 2.1. Von der Moderne zur Medienkunst 38 2.2. Die offene Form – Medienkunst abseits der Museen 41 2.3. Das geschlossene Format: Distribution/Massenmedien 45 2.4. Das Museumsformat I: Skulptur und Installation 49 2.5. Das Museumsformat II: White Cube – Black Cube 51 2.6. Von der Form zur Plattform 54 2.7. Standards setzen oder eigenhändig nutzen 58 2.8. Software – Soft Cinema – Soft Space 3. Geschichten der Medienkunst 61 3.1. Chronologie und Topologie: Videokunst in Deutschland im Kontext 63 3.1.1. VT≠TV – Video als neues Medium 1960/70 72 3.1.2. Kontexte der Videokunst 1980/90 99 3.2. Performative Prozesse und mediale Verkörperungen – Die Medien zwischen Kunst und Leben 133 3.3. Ikonografischer Diskurs: Materialien zum Verhältnis von Text und Bild 3 4 137 3.3.1. Sprache, Sprechen, Video: Gary Hill 145 3.3.2. Bilder und Erzählung: Robert Cahen 152 3.3.3. Visuals als kultureller Diskurs: Peter Callas 174 3.3.4. Textraum/Bildraum und sozialer Diskurs: Jochen Gerz 188 3.3.5. Der globale Text- und Bildraum: Beispiele der Netzkunst 195 4. Metadiskurs – das Archiv und die Medien 198 4.1. Die enzyklopädische Maschine 203 4.2. Politik des Archivs 210 4.3. Mediale Speicherungen: Übertragung und Verlust 218 4.4. Datenbank als kulturelle Form 225 4.5. Navigation und Mapping 250 4.6. Performativität: dynamische Wissenskonfigurationen 255 4.7. Das vernetzte Archiv: Archivgeneratoren 262 5. Remapping und offene Fragen 275 Bibliografie 4 5 Vorwort Wie wichtig der Verlauf der Zeit in der Kunst wie in der Biografie ist, davon zeugt die vorliegende Arbeit. Das Verstreute, das Temporäre, das Flüchtige – all dies sind Begriffe, die sich auf die Medienkunst anwenden lassen. Zugleich bezeichnen sie aber auch meine eigene kuratorische wie wissenschaftliche Tätigkeit seit 1983, dem damaligen Abschluss meines Literatur- und Geisteswissenschaftsstudiums an der FU Berlin. Es ist nach zwei Jahrzehnten beruflicher Aktivität eine wichtige Erfahrung gewesen, im Prozess des Sammelns und Umschreibens vieler Gedanken und Texte vor allem aus den letzten 10 Jahren die Kontinuität zu den Anfängen und die fruchtbaren Auswirkungen der frühen Beschäftigung mit James Joyces ›offenen Kunstwerken‹ in anderem Licht zu notieren. Das spezifische Interesse am Spannungsverhältnis von Linearität und Non-Linearität, geschlossener und offener Form, stammt aus dieser Zeit und übertrug sich von der Literatur auf die Medien und die zeitbasierten Künste. Auch methodisch sind wichtige Impulse dieser Studienzeit von 1976–83 bis heute spürbar. Eine Medienwissenschaft im eigentlichen Sinn gab es damals noch nicht, dafür spannende Konstellationen in den Zusammenhängen von Ethnologie, Psychoanalyse, Religionswissenschaft, vergleichender Literatur und Politikwissenschaft. Wichtige Einflüsse waren für mich die Vorlesungen von Klaus Heinrich am Religionswissenschaftlichen Institut, die Wahl des Examensthemas in englischer Literaturwissenschaft zu James Joyce sowie die Diskussionen im Kontext des Fachbereichs der Soziologen (hier besonders die Seminare bei Dietmar Kamper und Christoph Wulf), die als erste die Studenten mit der neuen französischen Philosophie bekannt machten. Nach einer Zeit der eigenen künstlerischen Recherche mit Film und Video war es vor allem die Mitarbeit bei dem neuen VideoFest in Berlin, die meine geisteswissenschaftlichen Interessen in einen produktiven Kontakt mit den medialen Formen zeitbasierter Künste brachten. Es entstanden schließlich in den 1990er Jahren verstreute Texte für Künstlerkataloge (Cahen, Callas und Gerz) oder Zeitschriften (Hill und der ganze Zusammenhang zu Bild und Text), wiederum andere Perspektiven verdanken sich der langjährigen wissenschaftlichen Arbeit zur Geschichte der Medienkunst in Deutschland. 5 6 Die Textmaterialien wurden überarbeitet, oft wesentlich erweitert, aktualisiert und in den hier entworfenen Zusammenhang eingefügt, ohne jedoch grundlegende Argumentationen zu verändern. Es ist gerade der Ansatz dieser »Geschichten der Medienkunst«, dass sich geografische, topologische und monografische Perspektiven verschränken, ohne gleich einem vereinheitlichenden Diskurs unterworfen zu werden. Eine gewisse Rekursivität der Themen und Namen ist dabei nicht nur unvermeidlich, sondern auch produktiv. Die Vielfältigkeit der Argumentation wird, so lautet zumindest die Hoffnung des Verfassers, zu einer theoretischen wie materialreichen, aussagekräftigen Konstellation der Medienkunst. Zugleich spiegelt sich in der Abfolge der Textschwerpunkte indirekt auch eine Entwicklung der 1990er Jahre von der Videokunst zur interaktiven und vernetzten Kunst. Das gesamte Kapitel 4 »Metadiskurs – das Archiv und die Medien« dagegen ist neu für die vorliegende Arbeit verfasst worden und stellt eine Art Review der gesammelten Materialien und Perspektiven dar, allerdings weniger als inhaltliche Zusammenfassung, sondern viel mehr als ein Ausgangspunkt für die Phänomene, Effekte und Folgen der »Ära des Bildertauschs« (Gene Youngblood). Mein Dank gilt Prof. Dr. Jan Berg für seine spontane Bereitschaft, dieses Dissertationsprojekt zu unterstützen, Dieter Daniels für die langjährige und produktive Kooperation, ohne die viele der vorliegenden Ideen nicht in der Form hätten entstehen können, dem verstorbenen Gründungsdirektor des ZKM, Heinrich Klotz, und dem jetzigen Vorstand Peter Weibel für die nachhaltige Unterstützung meiner publizistischen Tätigkeit sowie Hartmut Jahn, der den endgültigen Anstoß zu diesem lange aufgeschobenen Projekt einer Dissertation gab. Vor allem aber bedanke ich mich bei meiner Frau, Sybille Weber, die mich nun schon seit über einem Jahrzehnt begleitet und dabei meine genaueste und schärfste Textkritikerin ist. Ihren immer präzisen formalen wie inhaltlichen Einwürfen verdanke ich zu wesentlichen Teilen die Lesbarkeit des Textes. Karlsruhe, September 2004/Mai 2006 6 7 1. Lesarten historischer Konstellationen von Kunst und Medien seit 1960 – Einführung 1.1. Vermittlungsparadoxie Die Medienkunst ist im Bewusstsein der Gesellschaft in den 1990er Jahren deutlich im Wert gestiegen. Alles Mediale hat nicht zuletzt im Sog der New Economy große Bereiche der Gesellschaft ›infiziert‹. Auch die Kunst hat sich mehr und mehr den Medienkünsten geöffnet, was unter anderem auch mit der Gründung des Zentrums für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe oder des Ars Electronica Centers in Linz sichtbar wurde. Auffällig bleibt jedoch, dass bei aller Euphorie die wissenschaftliche Rezeption des Zusammenhangs von Kunst und Medien merkwürdig einseitig geblieben ist. Während spezialisierte Onlineforen und Mailinglisten das Bedürfnis nach einer offenen und kontroversen Debatte zu den Medien und ihren ästhetischen, sozialen, politischen Bedingungen und Wirkungen befriedigen, herrscht in der geisteswissenschaftlichen Arena eine nach wie vor große Distanz zwischen Theorie und Medienwissenschaftlern einerseits – hier können stellvertretend die Arbeiten von Friedrich Kittler genannt werden – und ästhetischen oder historischen Kunst- und Kulturwissenschaften andererseits. Diese Distanz ist also eine doppelte: einerseits der spezialisierte, vor allem online geführte Diskurs, der kaum in die Wissenschaftsrezeption einwirkt, und andererseits die Kluft zwischen Medien und Kunst. Wenn sich das künstlerische Medium Video über Jahrzehnte immer wieder neu neue Orte der Präsentation suchen muss, dann ist dies ein signifikantes Manko gegenüber anderen Kunstformen, das sich nicht zuletzt auch auf die Rezeption auswirkt. Die Präsentation von Videotapes muss bis heute jeweils neue Formen finden zwischen Kino, Galerie, Fernsehen, Café oder Club. Ob als Ausstellungsstück, à la carte in einer Videothek oder als lineare Programmierung, das Pro und Contra dieser Modi ist in der Vergangenheit ausführlich Gegenstand von Debatten gewesen. Fazit blieb immer, dass die Präsentation von Video eigene Bedingung erfordert, die in bereits bestehenden Kontexten nur schwer zu erfüllen sind. Die Rezeption der Videotapes scheiterte 7 8 daher meist an ihrer mangelnden öffentlichen Sichtbarkeit, im Gegensatz etwa zum funktionierenden Netzwerk anspruchsvoller Kinematheken, das sich in Deutschland in den 1970er Jahren gebildet hatte, um ein Forum für den unabhängigen Autorenfilm zu sein. In der Einführung wurde zudem bereits auf das spezifische Problem der Kataloge eingegangen, die keine angemessene kritische Rezeption aus der zeitlichen und räumlichen Distanz ermöglichen. Das visuelle Genre Videokunst bleibt also paradoxerweise vielfach unsichtbar und wird bis Mitte