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(Ernst Werner) Hans Zocher (27.04.1893 Bad Liebenstein/Thüringen - 16.10.1969 Rio de Janeiro) Kolloidwissenschaftler, Taktosole Pionier der Flüssigkristalldisplays (LCD)

(Nebst der Vorschrift zur Herstellung eines V2O5-Taktosols)

Juli 2006

Klaus Beneke Institut für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität D-24098 Kiel [email protected] 2

(Ernst Werner) Hans Zocher (27.04.1893 Bad Liebenstein/Thüringen - 16.10.1969Rio de Janeiro)

Kolloidwissenschaftler, Taktosole (V2O5-Sole) Pionier der Flüssigkristalldisplays (LCD)

(Nebst der Vorschrift zur Herstellung eines V2O5-Taktosols)

Ernst Werner Hans Zocher wurde als Sohn von Emil und Helene Zocher, am 27. April 1893 in Bad Liebenstein1 in Thüringen, geboren. Schon als Kind machte ihn sein Vater, ein Botaniker, mit den Pflanzen und Mineralien der thüringischen Land- schaft bekannt. Nach der Schule studierte Hans Zocher von 1912 bis Burgruine Liebenstein 1914 Chemie, Physik, Mathematik und Mineralogie an den Universitäten und Jena. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er zum Militär als Frontkämpfer eingezogen und erlitt 1916 bei Kampfhandlungen sehr schwere Verletzungen, wobei seine linke Gesichtshälfte lebenslang entstellt wurde. Während der Rekonvaleszenz konnte er oftmals ein Mineralogisches Museum besuchen und setzte danach bis 1919 sein Studium an der Universität fort. Bereits 1917 wurde Hans Zocher Assistent bei Arthur Rosenheim2 und leitete Experimentalkurse der anorganischen und physikalischen

1 Bad Liebenstein liegt im nordwestlichen Thüringer Wald und ist durch Berge und Mischwälder geprägt. Diese und Bergwiesen, sowie der in unmittelbarer Nähe liegende Rennsteig, laden zum Wandern ein. Bad Liebenstein hatte in Jahre 1900 1 500 Einwohner und heute 4 100 Einwohner. 2 Arthur Rosenheim (17.08.1865 New York - 21.03.1942 Berlin), studierte in Berlin und war ein Schüler von Karl Friedrich Rammelsberg (01.04.1813 Berlin - 28.12.1899 Berlin). Er promovierte 1888 an der Universität Berlin mit der Dissertation Über Vanadinwolframsäure. Beide gründeten 1891 das „Wissenschaftliche-chemische Laboratorium Berlin N“. Rosenheim wurde a. o. Professor und 1921 o. Professor für Physikalische Chemie an der Universität Berlin. Rosenheim wurde 1933 wegen seiner jüdischen Herkunft die Lehrbefugnis entzogen und aus dem Amt entlassen. Auch die Deutsche Chemische Gesellschaft warf ihren Vizepräsidenten Rosenheim 1933 hinaus. Arthur Rosenheim arbeitete vorwiegend auf dem Gebiet der Iso- und Heteropolysäuren. Sein Schüler Gerhart August Jander (26.10.1892 Alt-Döbern - 08.12.1961 Berlin), der 1917 bei Arthur Rosenheim Über die Tellursäure und ihre Alkalisalze in ihrem Verhalten als Halbkolloide promoviert hatte, führte die Arbeiten über Iso- und Heteropolysäuren fort. BENEKE K (2000) Gerhart Jander (1892 - 1961). In: Die Kolloidwissenschaftler Peter Adolf Thiessen, Gerhart Jander, , Hans Witzmann und ihre Zeit. Kaiserreich - Weimarer Republik - Drittes Reich. Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische- und Elektrochemie - Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, Preußische Akademie der Wissenschaften zu 3

Chemie. Wissenschaftlich beschäftigte sich Hans Zocher mit Untersuchungen an zinnsauren und bleisauren Salzen und promovierte 1920 mit diesem Thema (REITSTÖTTER, 1963, MACHADO, 1979, DEMUS, 2005).

Herbert Freundlich Hans Zocher

Hans Zocher wechselte im Jahre 1920 (MACHADO, 1979, DEMUS, 2005, 3 4 ZOCHER, 1955) zu Herbert Freundlich in das von Fritz Haber geleitete Kaiser-

Berlin - Zweiter Weltkrieg - Migration - UdSSR - DDR - BRD. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften, IX, Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 2000. Verlag Reinhard Knof, Nehmten. Seite 9-23 3 Herbert Max Finlay Freundlich (28.01.1880 Charlottenburg (heute Berlin) - 31.03.1941 (Minn.)). Herbert Freundlich promovierte 1903 bei in Leipzig mit der Dissertation Über das Ausfällen kolloider Lösungen durch Elektrolyte. H. Freundlich wurde ab 1913 Professor in Braunschweig und Berlin und 1919 stellvertretender Direktor Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem und 1923 gleichzeitig Honorarprofessor in Berlin. Er trat 1933 von seinen Ämtern zurück und emigrierte 1933 nach London und 1938 nach Minneapolis in die USA, wo er als Research Professor für Kolloidchemie arbeitete. Bereits 1907 beschrieb er bei der Adsorption an Grenzflächen die Menge des Adsorbens in Abhängigkeit der Konzentration durch die Freundlich-Adsorptionsisotherme. Herbert Freundlich war ein ausgesprochener Kolloidwissenschaftler der kolloidale Systeme mit elektrophoretischen Methoden und der Kapillaranalyse untersuchte. Er studierte die Fließelastizität und Strukturviskosität an Solen (Eisen (II)-hydroxid) und entdeckte 1929 die magnetische Thixotropie, nachdem in seiner Arbeitsgruppe 1923 von Andor Szegvári und Emmy Schalek die Thixotropie an konzentrierten Eisenoxidsolen entdeckt wurde, der Herbert Freundlich den Namen gab. Herbert Freundlich, der eigentlich Pianist werden wollte und dessen Hobby Schmetterlinge waren, starb am 31. März 1941 in Minneapolis. REITSTÖTTER J (1954) Herbert Freundlich (1880 - 1941). Kolloid-Zeitschrift 139: 1-11 4 Fritz Haber (09.12.1868 Breslau - 29.01.1934). Nobelpreisträger der Chemie 1918 für die Synthese von Ammoniak aus Stickstoff und Wasserstoff. 4

Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem, wo er bis 1931 blieb. Er habilitierte sich 1926 an der Universität Berlin wurde Privatdozent, und wurde 1930 zum a. o. Professor an der Universität Berlin ernannt (REITSTÖTTER, 1963, MACHADO, 1979, DEMUS, 2005).

Im Jahre 1928 heiratete Hans Zocher, der evangelischen Glaubens war, die Sekretärin Katharina Adler (05.12.1894 Breslau - 1967), die einer jüdischen Familie entstammte. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor. Der Sohn Michael Zocher arbeitete später im Institut für Strukturforschung am University College London. Die Tochter Dorothea, die auch längere Zeit in England lebte, betreute ihren Vater nach dem Ableben der Mutter (1967) bis zu seinem Tode (1969) und lebte dann weiterhin in Brasilien (DEMUS, 2005).

Hans Zocher war in dieser Zeit Fritz Haber wissenschaftlich sehr aktiv und veröffentlichte über 50 Publikationen. Er beschäftigte sich mit der Anisotropie5 der Materie, d. h. Orientierung von Molekülen und kolloidalen Systemen. Er verwandte bei seinen Untersuchungen hauptsächlich optische Methoden, insbesondere polarisiertes Licht. Er befasste sich zunächst mit anisotropen kolloidalen Systemen (heute als lyotrope Mesophasen bezeichnet) und konnte nachweisen, dass eine große Anzahl kolloidaler Teilchen in Solen wie in Gelen vorwiegend nicht sphärische Formen aufweisen. Außer den bekannten Solen von

V2O5, Al2O3, TiO2, BaSO4, Bentonit (Montmorillonit) untersuchte Zocher auch eine größere Anzahl von Farbstoffen, wie u. a. Benzopurpurin, Setocyanin, Geranin, Pinacyanol sowie die Gele von Salzen der Harnsäure, Chinin und seinen Derivaten. Er folgerte aus seinen Beobachtungen u. a., dass eine Beziehung zwischen Dichroismus und Doppelbrechung von Farbstoffen besteht und diese vom Verfahren zur Herstellung der Anisotropie unabhängig ist. D. h. bei den meisten Farbstoffen

5 Unter Anisotropie versteht man bei kristallinen Festkörpern die Ungleichwertigkeit der Raumachsen im Hinblick auf die Fortleitung von Druck, Strahlung, Strom und Wärme, auf Spaltbarkeit, Härte, Wärmeausdehnung, Elastizität, Auflösungs- und Kristallisationsge- schwindigkeit usw. Der Gegensatz ist die Isotropie. Unter Isotropie versteht man die Eigenart eines Stoffes, nach allen Raumrichtungen hin die gleichen chemischen und physikalischen Eigenschaften zu zeigen. Isotrope Stoffe sind z. B. Gase, Flüssigkeiten (mit Ausnahme der Flüssigkristalle), amorphe Stoffe wie Gläser und Harze sowie kubische Kristalle. Durch Krafteinwirkung von außen lässt sich oftmals Anisotropie z. B. in Form optischer Doppelbrechung erzwingen. NEUMÜLLER O A (2003) Duden. Das Wörterbuch chemischer Fachausdrücke. Bibliographisches Institut & E. A. Brockhaus AG, Mannheim, Seite 74 und 350 5 kann die Anisotropie auf mechanischem Wege, durch Polieren hergestellt werden (Deformationsstrukturen). Durch diese Untersuchungen entwickelte Hans Zocher ein Verfahren zur Herstellung von leicht polarisierenden Folien (Schichten), das später bei der General Electric Company Anwendung fand.

Gemeinsam mit Hans Kautsky6 veröffentlichte Hans Zocher Arbeiten über die Chemielumineszenz von ungesättigten Siliciumverbindungen. Dabei konnte erstmals aufgezeigt werden, dass Energieübertragung in der Emission auch in kondensierten Systemen auftritt. Die durch die Oxidation von Siliciumverbindungen erzeugte Energie wird durch adsorbierte Farbstoffe emittiert, wobei dieser Vorgang die Umkehrung von fotochemischer Sensibilisierung ist (KAUTSKY, ZOCHER, 1922, 1923, ZOCHER, KAUTSKY, 1923)

6 Hans Kautsky (13.04.1891 Wien - 1966 Triest). Hans Kautsky wurde als Sohn des preußischen Kunstprofessors und Kulissenmaler Hans Kautsky in Wien geboren. Er erhielt eine humanistisch-künstlerische Ausbildung und sollte und wollte Maler werden. Deshalb wurde Hans Kautsky schon zur Schulzeit zu Malerfreunden des Vaters geschickt. Aber er interessierte sich auch sehr für die Chemie und richtete sich ein kleines Kellerlabor ein. Er begann als 20jähriger das Chemiestudium, obwohl er nie das Abitur gemacht hatte, an der TH Berlin-Charlottenburg, das er 1917 mit dem Verbandsexamen abschloss. Es war Krieg und Hans Kautsky konnte unter Herbert Freundlich seinen Dienst in der Antigaskampf- Forschung mit dem Entwickeln und Prüfen von Kohlefilter-Gasmasken im KWI für Physikalische Chemie und Elektrochemie ableisten. Danach wurde er bezahlter Mitarbeiter und promovierte 1922 „Über einige ungesättigte Siliciumverbindungen“. Karl Freudenberg holte Hans Kautsky nach Heidelberg zur Leitung der Anorganischen Abteilung. Dort habilitierte er sich und wurde 1934 a. o. Professor. Hans Kautsky, der aus einer politisch links und sozialdemokratischen denkenden Familie kam, blieb dies auch in Nazizeiten. Er wurde 1936 als a. o. Professor und Leiter des Anorganischen Instituts nach Leipzig beordert bis das Institut 1943 durch Bombenangriffe zerstört wurde. Nach dem Krieg fand er spät eine Interimsstelle bei Ernst Leitz in Wetzlar, konnte aber später an der Universität Marburg als „Silicium-Chemiker“ untergebracht werden. Hans Kautsky war sehr vielseitig, wird aber heute gerne vergessen. Er belebte u. a. die Photochemie mit und ohne Sauerstoff in Farbfotografie und Krebstherapie, die Funktion der Antioxidantien in der Ernährung und Gesundheit, sowie die Schichtenadsorption und Schichtentransferenergetik. Besonders bekannt wurden auch seine Arbeiten auf dem Gebiet der Silage, die sich bei Sauerstoffzutritt in die sehr unbeständigen hexazyklischen, selbstentzündlichen, bei Bestrahlung phosphoreszierenden, chemisch substituierbaren Sirene (z. B. Si2H2O)3 oder eigentlich Si6(OH)3H3 mit graphitartiger Struktur) umwandelten. Diese bildeten schließlich unter Wasserstoffentwicklung eine lamellige Struktur der Kieselsäure (SiO2) („Kautsky´sche Kieselsäure“), die „Siloxene“ mit erstaunlichen fotophysikalischen und adsorptiven Eigenschaften für Farbstoffe und kolloidale Systeme. KUHN W (1961) Hans Kautsky zum 70. Geburtstage. Zeitschrift für Elektrochemie. Berichte der Bunsengesellschaft für Physikalische Chemie 65: 305-306 JAENICKE L (2004) Hans Kautsky (1891 - 1966). Erscheinungsbild und Bilderscheinung. BIOspektrum, Sonderausgabe 10: 532-535 Auch URL: http://www.biospektrum.de/pdf/1507.pdf (12.05.2006) 6

Georg Quincke7 beobachte erstmals die Strömungsdoppelbrechung an 8 kolloidalen Lösungen (QUINCKE, 1902). Wilhelm Biltz beschrieb 1904 erstmals die Herstellung eines Vanadinpentoxidsols, wie es später Herbert Freundlich und Hans Zocher für ihre Untersuchungen benutzten. Wilhelm Biltz hatte sich 1903 in Göttingen mit einer Arbeit über kolloidale Lösungen habilitiert, und wurde 1905 Nachfolger an dem Chemischen Laboratorium der Königlichen Bergakademie zu Clausthal von Friedrich Wilhelm Küster9.

7 Georg Hermann Quincke (19.11.1834 a. d. Oder - 13.01.1924 Heidelberg). Professor der Physik in Berlin, Würzburg und von 1875 bis 1907 in Heidelberg. Georg Quincke untersuchte die Erscheinungen der Oberflächenspannung und Kapillarität und die optischen Eigenschaften der Metalle. Er entwickelte ein Verfahren zur Bestimmung der magnetischen Feldstärke aus der Steighöhe von paramagnetischen Flüssigkeiten in kommunizierenden Röhren (Quinckesche Steighöhenmethode (1885)). Mit dem Quinckeschen Interferenzrohr (1866) kann man die akustischen Wellen (Schall) interferometrisch messen. Der Bruder Heinrich Irenäus Quincke (26.08.1842 Frankfurt a. d. O. - 19.05.1922 Frankfurt a. M.) wirkte von 1878 bis 1915 als Professor der Medizin in Kiel. FREUDIG D (Hrsg.) (1996) Quincke, Georg Hermann (1834 - 1924). In: Lexikon der Naturwissenschaftler. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. Seite 228 8 Wilhelm Eugen Biltz (08.03.1877 Berlin - 13.11.1943 Heidelberg). Studierte ab 1896 Chemie an den Universitäten Berlin, Heidelberg und Greifswald, wo er 1898 promovierte und ein Jahr als Vorlesungsassistent wirkte. 1900 ging er an die Universität Göttingen und wurde Vorlesungsassistent bei Otto Wallach, wo er sich 1903 habilitierte. 1905 ging Wilhelm Biltz als außerordentlicher Professor an die Bergakademie Clausthal und wurde 1921 auf den Lehrstuhl der anorganischen Chemie an die TH Hannover berufen, wo er 1941 emeritiert wurde. In Göttingen und Clausthal arbeitete Wilhelm Biltz auf dem Gebiet der Kolloidchemie. In Clausthal beschäftigte er sich neben den Untersuchungen von Kalisalzlagerstätten auch mit Polysulfiden und mit Fragen der analytischen Chemie. In Hannover beschäftigte er sich mit Fragen über Mol- und Atomvolumina, wobei er thermische, kalorimetrische und röntgenografische Analysenmethoden anwandte. Mit Wilhelm Klemm (05.01.1896 Guhrau (bei Breslau) - 24.10.1985 Danzig) führte er Messungen der elektrischen Leitfähigkeiten geschmolzener Salze durch. Besonders bekannt wurde er mit seinen Büchern über qualitative und quantitative Analysen. Sein Bruder Heinrich Biltz (26.05.1865 Berlin - 29.10.1943 Breslau), der ebenfalls Chemiker wurde, wirkte als Hochschullehrer in organischer und anorganischer Chemie an den Universitäten Greifswald, Kiel und Breslau. BENEKE K (2005) Li (Lisabeth) Klemm, geb. Hermann (09.10.1895 Eberswalde - 15.10.1948 Kiel). Forscherin neben ihrem Mann Wilhelm Klemm (1896 - 1985). URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/klemm.pdf (09.05.2006) 9 Friedrich Wilhelm Küster9 (11.04.1861 Falkenberg (Kreis Luckau) - 22.06.1917 Frankfurt a. d. Oder; an den Folgen eines unglücklichen Sprunges beim Schwimmen erlitt er einen Bruch des Rückgrates. Friedrich Küster wurde besonders bekannt durch sein Nachschlagewerk Logarithmische Rechentafeln für Chemiker die erstmals 1894 erschienen. Später erschienen diese als Küster/Thiel/Fischbeck Logarithmische Rechentafeln und heute als Küster/Thiel Rechentafeln für die chemische Analytik in der 105 Auflage (2002) im Verlag Walter de Gruyter, Berlin, New York erschienen sind. STUMPP E (2005) Forschung und Lehre am Chemischen Laboratorium der Königlichen Bergakademie zu Clausthal an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Contakt, Magazin der Universität Clausthal-Zellerfeld Nr. 16 Mai 2005, Seite 31-37 7

Hans Kautsky Georg Quincke

Heinrich Quincke Wilhelm Biltz

Wilhelm Biltz beschrieb die Herstellung des Vanadinpentoxidsols in der Arbeit folgendermaßen (BILTZ, 1904): 8

„Die in der Literatur angegebenen umständlichen Methoden zur Bereitung colloïdalen Vanadinpentoxyds habe ich nicht mit Erfolg verwenden können. Dagegen gelingt es leicht, derartige Flüssigkeiten zu erhalten, wenn man Ammoniumvanadat mit verdünnter Salzsäure verreibt, wobei Vanadinpentoxyd als rothbraunes Pulver zurückbleibt. Beim Auswaschen des abfiltrirten Pulvers mit kaltem Wasser tritt ein Punkt ein, bei welchem das Waschwasser beginnt, gefärbt durchzulaufen. Bringt man den Filterinhalt nun in reines Wasser, so löst er sich vollständig zu einer klaren, kräftig rothgelb gefärbten Flüssigkeit auf, die ohne weiteres verwendet werden kann.“

Friedrich Wilhelm Küster Wolfgang Ostwald

Wolfgang Ostwald10 beschrieb 1943 die Herstellung des Vanadinpentoxid-Sol folgendermaßen (OSTWALD, 1943):

„Vanadinpentoxid-Sol (nach W. Biltz). Man verreibt Ammoniumvanadat (etwa 0,5 g) mit wenigen Tropfen verdünnter Salzsäure im Mörser und bringt den roten Niederschlag auf ein gewöhnliches Filter, wo man ihn so lange auswäscht, bis er dunkelrot durchzulaufen beginnt. Sobald der Niederschlag peptisiert wird, spült man

10 BENEKE K (1993) Wolfgang Ostwald (27.05.1883 Riga – 22.11.1943 Dresden). In: Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften I. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1993, Seite 1-7 Siehe auch: BENEKE K (2002) Wolfgang Ostwald - Mentor und Förderer der Kolloidwissenschaften. URL: http://www.kolloidgesellschaft.uni-essen.de/pictures/ostwald3.pdf (112.05.2006) 9 ihn vom Filter in einen Erlenmeyer und übergießt ihn mit etwa 200 ccm Wasser, woraus er bei öfterem Umschütteln in wenigen Stunden in eine der Durchsicht ziemlich klare, dunkelrote Lösung übergeht.“

Heinrich Thiele11 beschrieb 1950 die Herstellung des Vanadinpentoxis-Sol folgendermaßen (THIELE, 1950):

„Vanadinpentoxydsol12 Man verreibt am besten in der Achatreibschale 1 g Ammoniumvanadat mit wenig Wasser zu einem Brei, fügt 10 ccm 1n Salzsäure hinzu und lässt den roten Niederschlag absitzen, der formal nach

11 Heinrich (Friedrich) Thiele (30.08.1902 Berlin - 07.09.1990 Grebin/Holstein). Heinrich Thiele wurde als Sohn des Bildhauers Heinrich Thiele und seiner Frau Helene, geb. Musaeus in Berlin geboren. Er besuchte das Friedrichs- und Helmholtz-Realgymnasium zu Berlin und begann 1921 erst mit dem Studium der Pharmazie, dann der Naturwissenschaften an der Universität Berlin. Von 1923 bis 1927 war er als Gast von Institutsdirektor Fritz Haber am Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem. Dort promovierte Heinrich Thiele 1925 zum Dr. phil. mit summa cum laude mit einer Arbeit über „Photochemie von Si-Verbindungen spezieller Feinstruktur“ in der Abteilung von Herbert Freundlich. Von 1927 bis 1928 war Heinrich Thiele zuerst Assistent an der TH Danzig, an der Landesanstalt für Wasser-, Boden- und Lufthygenie und am Chemischen Institut der Universität Heidelberg. 1929 kam Heinrich Thiele an die Universität Kiel, wo er bis zu seiner Pensionierung blieb. Zunächst wurde er in Kiel Assistent und Leiter der Wasserabteilung am Hygenie-Institut, 1937 habilitierte er sich und er wurde 1939 zum Dozenten für Kolloidchemie ernannt. Während des Krieges wurde er als Meteorologe zur Luftwaffe eingezogen. 1950 wurde Heinrich Thiele a. o. Professor an der Universität Kiel. Erste eigene Arbeiten von Heinrich Thiele betrafen den Graphit, Graphitsäure und die Huminsäure. Ab Ende der (19)30er Jahre, unterbrochen durch den Kriegseinsatz, widmete sich H. Thiele neben der Kolloidchemie auch dem Grenzbereich der Medizin in dem er sich mit der Orientierung von Fadenmolekülen und ionischen Gruppen durch Ionendiffusion befasste. Dieses diente zum Darstellen von Modellen biologischer Gewebe und ergab sich später als allgemeines Prinzip der Strukturbildung beim Wachstum und bei der Entstehung der zwischenzelligen Struktur und führte zur praktischen Anwendung. Heinrich Thiele konnte ein Hautimplatat entwickeln welches bei Verbrennungen und Abrasionen wie bei Verkehrsunfällen eingesetzt werden konnte. Ein anders Arbeitsgebiet von Heinrich Thiele waren die Untersuchungen von Muscheln, Perlen, Knochen und Zähne, deren Strukturaufbau und –abbau, danach Wiederaufbau und Remineralisation. Hier konnte er ein Knochenimplantat „Kieler Span“ genannt und Zahnimplantate aus künstlichen Dentin entwickeln. Dazu konnte er auch ein zell- und antigenfreies Cornealimplantat entwickeln. Weiterhin arbeitete Heinrich Thiele an einem neuartigen Material für künstliche Arterien, ein Gebiet welches er im Ruhestand in seinem Privatlabor weiter bearbeitete. Auch arbeitete Thiele über die Brennstoffzelle mit Membranen aus Isopren und entwickelte eine Theorie der Wirbelstürme. Man kann sagen, dass Heinrich Thiele ein vielseitiger und erfolgreicher Forscher war. BENEKE K, Heinrich Thiele (1902 - 1990). In: Zur Geschichte der Christian-Albrechts- Universität zu Kiel, deren Hochschullehrer der Chemie, dessen Chemischen Institut und des Instituts für Anorganische Chemie, von der Gründung (1665) an. In Vorbereitung 12 Biltz W, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 37 (1904) 1095-1116 10

2 NH4VO3 + 2 HCl →V2O5 + 2 NH4Cl entsteht. Statt der Salzsäure kann man auch eine andere starke Säure verwendet werden. Den Niederschlag, welcher aus einer Reihe von Isopolysäuren des Vanadins besteht, dekandiert man mit heißem Wasser und wäscht dann durch Zentrifugieren aus, bis die überstehende Flüssigkeit anfängt eine rote Farbe anzunehmen. Dies ist das Anzeichen für beginnende Peptisation, Nun bringt man den Niederschlag durch die entsprechende Menge Wasser in Lösung, so dass ein etwa 2%iges Sol entsteht. Zentrifugieren führt schneller zum Ziel. Das fast klare, schöne rubinrote Sol gibt nach wenigen Tagen Seidenglanz und zeigt dann Strömungsdoppelbrechung. Es besteht aus stäbchenförmigen Kriställchen. Ein Teil des Vanadins ist molekular gelöst nach ´´´ 2 H4 (V5O16) + 6 H´ ↔ 5 (V2O5) + 7 H2O bei pH 2,2-6,8“

Es war Herbert Freundlich und sein Mitarbeiter H. Diesselhorst die 1915 erstmals

diese Doppelbrechung an V2O5-Solen beschrie- ben. Es sollten noch weitere Arbeiten auf diesem Gebiet folgen (DIESSELHORST, FREUND- LICH, 1915, DIESSELHORST, FREUNDLICH, LEON- HARDT, 1916, FREUNDLICH, 1916, DIESSELHORST, FREUNDLICH, 1916). Herbert Freundlich benutzte für diese Strukturen auch erstmals den Begriff „Taktoide“. Als Hans Zocher zu Herbert Freundlich kam arbeitete auch er erst mit Herbert Freundlich, später selbständig auf diesem Gebiet der Doppelbrechung. (FREUND-

LICH, SCHUSTER, ZOCHER, 1923). Auch die V2O5- Taktsole wurden von Hans Zocher mit Herbert Freundlich und C. Schuster 1924 untersucht und beschrieben (FREUNDLICH, STAPELFELDT, ZOCHER (1924a, b). Hans Zocher und Wilfried Heller beschrieben im Jahre 1930 ein Taktsol des β-FeOOH (ZOCHER, HELLER, 1930) Heinrich Thiele

An V2O5-Solen untersuchten Hans Zocher und Mitarbeiter auch quantitativ den Zusammenhang zwischen Anisotropie und Fließfähigkeit, den Einfluss der Elektrolytkonzentration an Benzopurin. Den anisotropen Übergang von Farbstoffen in kolloidalen Teilchen konnte er an Quecksilbersulfosalicylsäure aufzeigen. Auch im

Magnetfeld führte er Anisotropiemessungen an V2O5- und Fe2O3-Solen durch, wobei letztere eine außerordentliche Veränderlichkeit aufwiesen (REITSTÖTTER, 1963). 11

Wolfgang Ostwald schrieb zu der Strömungsdoppelbrechung in Solen im Jahre 1944, obwohl er diese schon in einer vorhergehende Ausgabe geschrieben hatte (Ostwald, 1944):

„In neuerer Zeit hat nun meine These, daß kolloider und mesomorpher Zustand besonders häufig miteinander verknüpft sind, eine erhebliche Erweiterung und Sicherung erfahren durch sehr bemerkenswerte Untersuchungen von H. Zocher13 und seinen Mitarbeitern. Freilich darf ich nicht verschweigen, daß ich in der theoretischen Bewertung dieser Ergebnisse von ihrem Entdecker abweiche, der in ihnen nur „merkwürdige Analoga“ zu den mesomorphen Systemen erblickt und sie als wesentlich verschieden von diesen ansprechen möchte, während ich der Meinung bin, daß hier völlig typische mesomorphe Systeme vorliegen, so typisch wie etwa Ammoniumoleat oder die Sandqvistsche Bromphenanthrensulfonsäure. Zunächst sind einige der Zocherchen Systeme insofern besonders bemerkenswert und neuartig, als sie Beispiele der bisher noch selten beobachteten mesomorphen Formen anorganischer Stoffe darstellen. Es handelt sich besonders um Vanadinpentoxyd- und Eisenhydroxydsole neben verschiedenen Farbstoffsolen. Es sind Sole, welche zunächst die Erscheinungen der sog. Strömungsdoppelbrechung zeigen, wie sie zuerst von G. Quincke (1902) und L. Tieri (1911) aufgefunden wurden und in neuerer Zeit von H. Dieselhorst, F. Freundlich, H. Zocher und ihren Mitarbeitern sehr eingehend studiert worden sind14. In ruhendem Zustande sind sie meist isotrop und lassen bei gekreuzten Nikols das Gesichtsfeld dunkel. Rührt man z. B. in der Beobachtungskuvette oder läßt das Sol langsam strömen, so beobachtet man eine Aufhellung des Gesichtsfeldes, das Zeichen für Doppelbrechung. Ich kann Ihnen diese Erscheinung besonders schön an einem farblosen Sol der Quecksilbersulfosalizylsäure mit dem Projektionsapparat (Dem.) zeigen15. Sie sehen, wie beim Rühren mit dem Glasstabe prachtvoll gefärbte Schlieren in dem sonst dunklen Gesichtsfelde auftauchen.

Bei den zwei genannten Oxydsolen wurde nun beobachtet, daß sie sich beim Altern, aber auch bei der Einwirkung von Licht, Wärme usw. entmischen. Es

13 H. Zocher und Mitarbeiter, Zeitschrift für physikalische Chemie 98, 293 (1921), Zeitschrift für Anorganische Chemie 147, 91 (1925), Kolloid-Zeitschrift 41, 220 (1927) usw.; daselbst weitere Literatur 14 Literatur bei H. Zocher, l. c. [QUINCKE G (1902) Über die Aufklärung von trüben Flüssigkeiten [On the clearing of turbid solutions]. Annalen der Physik 4. Folge 7: 57 L. Tieri (1911) Increase in the birefractivity of recently prepared Bravais iron. Atti della Accademia Nazionale dei Lincei, Classe di Scienze Fisiche, Matematiche e Naturali, Rendiconti 19: 49-53 ] 15 Wo. Ostwald, und H. Mertens, Ambronn-Festschrift (1921); S. Bergmann und H. Zocher, ibid. 292] 12 entstehen Tröpfchen eines konzentrierten Sols, die sich zu Boden setzen und dabei teilweise oder ganz verschmelzen können. Wir haben in dieser spontanen Entmischung Vorgänge, die wohl eng verwandt sind mit denen der üblichen spontanen Gelatinierung oder auch der Retrogradation etwa von Stärkekleistern, Viskosesolen usw. Die mikroskopische Betrachtung lehrt nun aber, daß diese Tröpfchen, trotzdem sie flüssig sind und miteinander verschmelzen können, eine von der Kugelform abweichende Gestalt haben. Sie sehen beim Vanadinpentoxyd wie breite Spindeln oder „Zweiecke“ aus. (Abb. C auf Tafel VII), während es beim Eisenoxyd mehr kurze dicke Zylinder sind. Diese Tröpfchen zeigen nun aber permanente Doppelbrechung trotz ihrer flüssigen Beschaffenheit, und obgleich H. Zocher nur von einer „merkwürdigen Analogie“ zwischen ihnen und flüssigen Kristallen spricht, sehe ich keinen Grund, warum man sie nicht ohne jeden Vorbehalt als solche apostrophieren soll, genau so wie die eiförmigen doppelbrechenden Tröpfchen etwa von Ammoniumoleat, der Sandqvistchen Säure, des Cholesterylbenzoats usw. Man vergleiche z. B. die Zochersche Abb. C (Vanadinpentoxid) mit der Lehmannschen Abb. A (Ammoniumoleat), beide im polarisiertem Licht aufgenommen. Vanadiumpentoxidsol ergibt unter den genannten Bedingungen die viel erwähnten Spindelformen, auch mit der nach G. Friedel kennzeichnenden positiven Doppelbrechung. Sehr bemerkenswert ist aber, daß entmischtes Eisenhydroxydsol zwei Haupttypen; einen mehr geradlinig begrenzten, schichtig gebauten Typ, der starke Doppelbrechung ergibt, wie er nach G. Friedel auch für smektische Formen typisch ist, und eine zweite mehr kreisförmig umgrenzte aber ebenfalls geschichtete Form, die nach H. Zocher indessen nur durch andere Lagerung der ersten Form zustande kommt, nämlich durch Lagerung der aufbauenden Schichten parallel zum Glase des Präparates16“.

Sehr vielfältig ist die Kolloidchemie anisometrischer Teilchen, da sich diese in unterschiedlicher Weise zusammenlagern können. Dabei können die Ladungsdichten der einzelnen Flächen verschieden sein, aber auch die Ladungen können sich im Vorzeichen unterscheiden. Bei der Destabilisierung werden mehrere

Arten von Kontakten gebildet, die gegebenenfalls mit unterschiedlich hohen cK- Werten verbunden sind.

Die Bildung steifer Gele schon bei relativ niedrigen Massengehalten ist charakteristisch für stark anisometrische Teilchen, auch wenn die Wechselwirkung zwischen den Teilchen noch stark abstossend ist, also bei Salzkonzentrationen 17 unterhalb der cK-Werte . Dabei wird ein starker geometrischer Zwang aufgebaut,

16 Die röntgenographische Untersuchung der Präparate ergibt die Struktur der Goethit- Kriställchen. 17 Der CK-Wert ist die stabile Grenzwert-Konzentration von kolloidalen Teilchen in Lösung, die durch Salzlösung (verschiedene Wertigkeiten, bei unterschiedlichen CK-Werten (Schulze- 13 dem die Teilchen mit ihren abstoßenden diffusen Doppelschichten unterworfen sind. Durch diese regelmäßige Orientierung der Teilchen wird die Bewegung drastisch verhindert, das System versteift.

In Sedimenten und gelartig versteiften Dispersionen findet man optische Doppelbrechung vor die durch die Parallelorientierung der anisomet- rischen Teilchen auftritt. Liegen verdünnte Dispersionen vor beobachtet man diese Erscheinung bei Bewegung oder Strömung (Strömungsdoppel- brechung, die Dispersionen schillern (Schiller-Schichten bei plättchenförmigen Teilchen). Gerhard Lagaly (2003) Optische Doppelbrechung ist die Folge der richtungsabhängigen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts. Ordnen sich anisometrische Teilchen in kolloidalen Systemen, tritt Doppelbrechung auf. Dies geschieht auch, wenn die Teilchen keine Eigendoppelbrechung zeigen und die disperse Phase und das Dispersionsmittel unterschiedliche Brechungsindices haben. Sind die anisometrischen Teilchen nicht zu klein ordnen sich diese bereits bei leichtem Strömen der Dispersion. Daher lässt sich die Strömungsdoppelbrechung häufig beim Bewegen der Dispersion als richtungsabhängige Lichtreflexion (Schillern) beobachten (LAGALY, SCHULZ, ZIMEHL, 1997a).

Waren bei den bisher beschriebenen Fällen die Kräfte zwischen den Teilchen abstoßend, so bilden sich bei leicht attraktiven Wechselwirkungen, wenn z. B. das sekundäre Minimum ausreichend tief ist, Taktosole. Diese Dispersionen erscheinen homogen, unter dem Mikroskop zeigen sich aber spindelförmige Bereiche (Taktoide) aus parallel orientierten Teilchen mit hoher Teilchenzahldichte und Doppelbrechung, neben Bereichen mit geringer Teilchenkonzentration. Die Taktoide werden immer wieder durch die Brownsche Molekularbewegung auseinander gerissen, da das sekundäre Minimum meist nicht sehr tief ist. Es kommt zu Fluktuationen in der Teilchengröße. Steigt die Größe der Teilchen an wird das Minimum tiefer und der Grad der Paralleleausrichtung höher.

Hardy-Regel) zur Ausflockung gebracht werden (Peptisation). Die Schulze-Hardy-Regel besagt, dass die bei der Koagulation eines Sols durch Elektrolyteinwirkung beobachtete Flockungskraft von der Ionenwertigkeit abhängt, indem zweiwertige Ionen 20- bis 100-mal, dreiwertige 500- bis 3 000-mal wirksamer sind als einwertige Ionen. 14

Neben einer Phase geringer Teilchenzahldichte, können die spindelförmigen Bereiche auch koaleszieren und eine eigene, optisch anisotrope Phase von geringer Teilchenzahldichte bilden. Die Abstände zwischen den Teilchen können 1 bis 100 nm und mehr betragen. Man kennt dazu als Beispiele Eisenoxid-Hydroxid-Sole, WO3- und V2O5-Taktosole und Dispersionen des Tabakmosaikvirus (LAGALY, SCHULZ, ZIMEHL, 1997a).

Die genaue Herstellung eines Vanadinpentoxid-Taktsols findet man in dem Buch Dispersionen und Emulsionen (LAGALY, SCHULZ, ZIMEHL, 1997b):

Chemikalien Geräte

Ammoniummonovanadat, reinst (Merck Achatreibschale Nr. 824) Salzsäure 1M eingestellt (Merck Nr. Messzylinder 50 ml 9057) Wasser (entionisiertes) Rollrandgläser 20 ml

„Ein koaleszierendes Taktsol entsteht unter folgenden Bedingungen (Vorschrift von K. Beneke):

1 g NH4VO3 wird in einer Achatschale mit

wenigen Tropfen H2O zu einem Brei verrieben und mit 10 ml 1 M HCl verrührt. Es entsteht ein roter Nieder- schlag, der in einen Mess- zylinder überführt wird. Mit Klaus Beneke (2002) beim Herstellen Wasser wird auf insgesamt von kolloidalem Fluor-Apatit18 20 ml aufgefüllt und absitzen lassen. Die gelbe Lösung wird von dem roten Niederschlag abdekandiert, der erneut in heißem Wasser (80 - 90 °C) dispergiert (Gesamtvolumen wiederum 20 ml) und danach abgetrennt wird. Dieser Vorgang wird dreimal wiederholt. Danach ist der

18 WILLIGEROTH S F, BENEKE K, HANNING M, ZIMEHL R (2002) Preparation strategies for phosphate-based mineral biomaterials. Progress in Colloid and Polymer Science 121: 1-6 15

Niederschlag deutlich voluminöser. Er wird nochmals abgetrennt und erneut in heißem Wasser (Gesamtvolumen 20 ml) dispergiert. Der Niederschlag bleibt rot, aber auch die Lösung wird rot. Nun wird mit heißem Wasser auf 40 ml aufgefüllt und nach Abkühlen eine Verdünnungsreihe hergestellt. Bei Mischungsverhältnissen ≥ 2,5 ml Sol in 10 ml Gesamtlösung erfolgt nach etwa drei Tagen eine Phasentrennung. Die untere Phase ist die taktoide Dispersion; die überstehende enthält weniger und kleinere Teilchen. Bei verdünnten Lösungen dauert die Ordnung zum Taktoid wesentlich länger, evtl. bis zu einigen Monaten. Bei ≤ 1 ml Sol auf 10 ml Gesamtvolumen bilden sich keine Taktoide. Mischt man beide Phasen durch Schütteln, trennen sie sich nach einiger Zeit erneut“

Verdünnungsreihe Keine Phasentrennung Phasentrennung

V2O5-Sol (-) (X) Nach 3 Tagen Nach 7 Monaten

1,0 ml Sol + 9.0 ml H2O- -

1,5 ml Sol + 8.5 ml H2O- X

2,0 ml Sol + 8.0 ml H2O- X

2,5 ml Sol + 7.5 ml H2OX X

3,0 ml Sol + 7.0 ml H2OX X

3,5 ml Sol + 6,5 ml H2OX X

4,0 ml Sol + 6.0 ml H2OX X

5,0 ml Sol + 5.0 ml H2OX X

6,0 ml Sol + 4.0 ml H2OX X

Vanadinpentoxid-Taktsol Vanadinpentoxid- Taktsol 16

Hinweis. Die gesamten verdünnten Lösungen wurden nach etwa 2 Jahren zusammengegeben und in einer Flasche aufbewahrt. Nach über zehn Jahren ist das Vanadinpentoxid-Sol noch immer ein Takt-Sol.

Hans Zocher und Mitarbeiter untersuchten auch den spezifischen photochemischen Effekt polarisierten Lichtes auf AgCl und gefärbte Schichten, den 19 so genannten Weigert-Effekt (ZOCHER, COPER, 1928).

Von den anisotropen kolloidalen Phasen, die man heute als lyotrope Mesophasen bezeichnet, kam Zocher zu den thermotropen Flüssig-Kristallen20. An

19 Der Weigert Effekt ist nach Fritz Weigert benannt, der diesen 1920 beschrieb. WEIGERT F (1920) Ein besonderer Effekt von palarisierte Strahlung [On the specific effect of polar radiation]. Annalen der Physik 4. Folge 63: 681-725 Der Weigert-Effekt sagt folgendes aus: Bestrahlt man photographisches Papier, das man bei Tagelicht vorbelichtet hat, stellenweise mit intensivem, linear polarisiertem, monochromatischem Licht, dann zeigen die bestrahlten Stellen die gleiche Farbe wie das Licht, mit dem sie bestrahlt wurden. Außerdem ist das an diesen Stellen refektierte Licht ebenfalls polarisiert, und zwar erhält man die größte Helligkeit, wenn man durch einen Analysator blickt, dessen Schwingungsrichtung mit derjenigen des zur Bestrahlung verwendeten Lichtes übereinstimmt. Fritz Weigert (1876-1947). Arbeitete auf den Gebieten der Photochemie, Biophysik und physikalischer Medizin. Er hatte 1899 mit der Arbeit „Zur Kenntnis des aus α- Chlorbutyronitril entstehenden Körpers“ an der Universität Berlin promoviert. Ab 1914 bis 1935 o. Prof. für Photochemie an der Universität Leipzig. Wurde aus so genannten rassischen Gründen entlassen und ging nach England wo er 1936 Direktor des Physico- chem. Department of the Cancer Research Institute am Mount Vernon Hospital at Northwood in Middlesex wurde. 20 „Flüssige Kristalle wurden erstmals von dem Physiker Otto Lehmann (13.01.1855 Konstanz - 17.06.1922 Karlsruhe) beschrieben und von ihm so benannt (LEHMANN, 1889; 1890). Im März 1888 bekam Lehmann einen Brief mit zwei Proben von dem Dozenten der Botanik an der Deutschen Technischen Hochschule in Prag, Friedrich Reinitzer (27.02.1857 Prag - 16.02.1927 Graz), mit der Bitte; das Cholesterylacetat und Cholesterylbenzoat, die beide beim Schmelzen Doppelbrechung zeigen, zu untersuchen. Reinitzer hatte einen Schmelzpunkt vom Cholesterylacetat bei 114 °C (mit Trübung) und 145 °C (ohne Trübung) bei Cholesterylbenzoat bei 145.5 °C (mit Trübung) und bei 179 °C (ohne Trübung) festgestellt (REINITZER, 1888). Lehmann, der als anerkannter Experte in Mikroskopie und Kristallforschung galt, hatte eine ähnliche Erscheinung schon früher an Silberiodid gefunden. Durch Berufungen und Umzüge von der TH Aachen nach der TH Dresden und an die TH Karlsruhe kam Lehmann erst 1889 dazu, den Stoff zu untersuchen. Im August 1889 war es Lehman klar, dass es sich um dabei um einen Zustand handelte, bei dem der Stoff flüssig, aber die optischen Eigenschaften (Anisotropie) der festen Kristalle besitzt. Dazu prägte Lehmann den Begriff Flüssige Kristalle. Lehmann hatte lange zu kämpfen, bis sich seine Ansicht durchsetzte, denn es war eine weitverbreitete Meinung, dass es sich dabei um zweiphasige Gemische, etwa in der Art einer Emulsion, handelte. Als es Georg Heilmeier in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts gelang, durch Anlegen einer elektrischen Spannung an eine dünne Flüssigkristallschicht einen elektrooptischen Effekt zu erzeugen, haben die Einsatzgebiete für Flüssigkristalle durch eine konsequente Weiterentwicklung 17 den Flüssig-Kristallen21 untersuchte er verschiedene physikalische Eigenschaften und publizierte grundlegende Arbeiten zur Elastizität, Orientierung an Oberflächen und der Wechselwirkung mit elektrischen und magnetischen Feldern. Bereits 1929

bekannter und Erschließung neuer Effekte ständig zugenommen. Heute kennt man bereits über 80 000 flüssigkristalline Verbindungen (KNOLL, KELKER, 1988; KIPNIS, 1999)“. BENEKE K (1999) Erich Hückel (1896 - 1980) und seine Arbeiten zur theoretischen Chemie. In: Biographien und wissenschaftliche Lebensläufe von Kolloidwissenschaftlern, deren Lebensdaten mit 1996 in Verbindung stehen. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften, VIII. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 304 Verlag Reinhard Knof, Nehmten. 1999: 274-304 URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/Hueckel.pdf (05.05.2006) 21 Unter flüssigen Kristallen versteht man Stoffe, die sich makroskopisch wie Flüssigkeiten verhalten, also die Form des Behälters annehmen, aber in einigen wesentlichen physikalischen Eigenschaften, insbesondere in optischer Hinsicht, ein Verhalten aufweisen, wie es nur von kristallinen Materialien bekannt ist. Bei der Betrachtung von Flüssig-Kristallen im Polarisationsmikroskop wird ein kristalloptisches Verhalten beobachtet. Ergeben sich bei isotropen Flüssigkeiten zwischen gekreuzten Polarisatoren ein dunkles Gesichtsfeld, kommt es bei einem Flüssig-Kristall zu einer Aufhellung. Dieses kann man nur dadurch erklären, dass zumindest eine Teilordung in der Flüssigkeit vorhanden ist, die Moleküle also einen Orientierungszustand aufweisen. Die Orientierung der Moleküle hat zur Folge, dass alle wichtigen physikalischen Parameter wie elastisches und dielektrisches Verhalten, magnetische Suszeptibilität, Brechungsindex, elektrische Leitfähigkeit und Viskosität von der Richtung abhängen, also anisotrop sind. Man kennt heute mehrere tausend organisch- chemische Verbindungen, die außer der anisotrop-festen und der isotrop-flüssigen noch eine anisotrop-flüssige Phase besitzen. Die anisotrop-flüssige Phase bildet sich im Allgemeinen oberhalb des Schmelzpunktes, mehr oder weniger als viskose, trübe Flüssigkeit. Bei höherer, definierter Temperatur wird die Schmelze dann klar durchsichtig und isotrop. Dieser Vorgang ist reversibel. Flüssig-Kristalle, die in einem spezifischen Temperaturbereich zwischen dem festen Kristall und der isotropen Flüssigkeit existieren, werden enantiotrop genannt. Daneben gibt es noch monotrope Flüssig-Kristalle deren Schmelze erst bei Unterkühlung anisotrop werden. Flüssigkristalline Verbindungen sind fast immer organisch. Bei den Flüssig-Kristallen unterscheidet man je nach Art des wirksamen Ordnungsprinzipes zwischen nematischen, cholesterinischen und smektitischen Flüssigkristallinen Phasen. Diese Begriffe wurden im Todesjahr von Otto Lehmann im Jahr 1922 durch Georges Friedel eingeführt, der in seiner Arbeit „Les Etats mesomorphes de la Materie“ das gesamte, bis dahin bekannte Material geordnet und die Gesetzmäßigkeiten, insbesondere die Bildung der smektischen Phasen aufgezeigt hat. FRIEDEL G (1922) Les Etats mesomorphes de la Materie. Annales de Physique 18: 273 KOBALE M, KRÜGER H (1975) Flüssige Kristalle. Physik in unserer Zeit 6: 66-77 „Höchstwahrscheinlich war [Rudolf Virchow (13.10.1821 Schivelbein (Pommern) - 05.09.1902 Berlin)] (übrigens der erklärte Gegner Haeckels [Ernst Haeckel 16.02.1834 Potsdam - 09.08.1919 Jena]) der erste, der eine flüssig-kristalline Phase von Organmaterial gesehen, beschrieben und benannt hat, Er entdeckte in pathologischem Gewebe 1854 eine von ihm Markstoff, Myelin, genannte Substanz. Kurz danach wies der Frankfurter Augenarzt Mettenheimer [Carl Friedrich Mettenheimer 1824 - 1898] für das Myelin die Doppelbrechung nach. Man hätte also 1857 mit Recht von „flüssigen Kristallen“ sprechen können.“ In: KELKER H (1986) Flüssige Kristalle und die Theorien des Lebens. 100 Jahre Flüssigkristallforschung. Naturwissenschaftliche Rundschau 39: 239-247 GRAY G W (1998) Chapter I. Introduction and Historical Development. In: (D. Demus, J. Goodby, G. W. Gray, H.-W. Spiess, V. Vill (Editors), Handbook of Liquid Crystals. Wiley- VCH, Weinheim, pp 1-16 18 beschrieben Zocher und Birstein die Aufhebung der Verdrillung cholesterinischer Phasen im elektrischen Feld (ZOCHER, BIRSTEIN, 1929). Dieses gilt als eine Vorstufe der von Martin Schadt und Wolfgang Helfrich (geb. 1932) 1971 erfundenen Drehzelle (Schadt-Helfrich-Zelle, Schadt-Helfrich-Effekt22), heute als TN-Zelle (Twisted Nematic = gedreht nematisch) bezeichnet (SCHADT, HELFRICH, 1971, Helfrich, Schadt, 1971). Diese ist bis heute als wichtigste Grundlage der Flüssigkristalldisplays (LCD = Liquid 23 Crystal Displays), wie z. B. beim flachen Bildschirm , anzusehen (BUNTZ, 2005, DEMUS, 2005).

Rudolf Virchow Ernst Haeckel

22 „Beim Schadt-Helfrich-Effekt ist eine nematische Flüssigkristall-Schicht mit positiver Anisotropie der Dielektrizitätskonstante parallel zu den Grenzflächen orientiert. Die Orientierungseinrichtungen auf der oberen und der unteren Grenzfläche stehen senkrecht aufeinander, und es resultiert eine um 90 ° verdrillte Flüssigkristall-Schicht. Die Polarisations- ebene von linear polarisiertem Licht wird beim Durchtritt durch die Flüssigkristall-Schicht ebenfalls um 90 ° gedreht. Im elektrischen Feld (U = ≈ 1-5 V) entsteht ein Orientierungs- muster parallel zum elektrischen Feld, und die resultierende Orientierung ähnelt einer homöotropen Orientierung. Die optischen Eigenschaften einer um 90 ° verdrillten Flüssig- kristall-Schicht sind besonders interessant. Im ausgeschalteten Zustand ist eine derartige Schicht zwischen gekreuzten (parallelen) linearen Polarisatoren lichtdurchlässig (lichtundurchlässig). Im eingeschalteten Zustand ähnelt eine Schadt-Helfrich-Anzeige einer ausgeschalteten DAP-Anzeige (DAP = Deformation aufgerichteter Phasen). Sie ist zwischen gekreuzten (parallelen) Polarisatoren lichtundurchlässig (lichtdurchlässig). Mit dem Schadt-Helfrich-Effekt lassen sich auch optisch gute Reflexionsanzeigen aufbauen. Dabei wird ein Polarisator mit einer reflektierenden Schicht hinterlegt. In der Praxis nimmt man trotz des Helligkeitsverlustes oft einen diffusen Reflektor, um unerwünschte Spiegelungen zu vermeiden. Durch Ersetzen des linearen neutralen Polarisators durch einen linearen selektiven Polarisator lassen sich in einfacher Weise farbige Schadt-Helfrich- Anzeigen realisieren. Schadt-Helfrich-Anzeigen lassen sich nicht nur durch ein elektrisches Feld ein-, sondern auch ausschalten. Hierzu verwendet man Flüssigkristall-Gemische, deren Dielektrizitätskonstante- Anisotropie im NF-Feld positiv, im HF-Feld dagegen negativ ist.“ KOBALE M, KRÜGER H (1975) Flüssige Kristalle. Physik in unserer Zeit 6: 66-77 23 Marktbeobachter schätzten schon 1995, dass in jenem Jahr etwa 43% der Display- Umsätze auf Flachbildschirme entfallen würden: Es handelte sich somit schon damals um einen 6 Mrd. $-Markt. 19

Otto Lehmann Friedrich Reinitzer

Bei seinen Untersuchungen benutzte Zocher öfters auch die Polarisationsoptik, um submikroskopische Strukturen zu untersuchen. Dabei 20 untersuchte er z. B. die farbändernden Abstufungen von Schmetterlingsflügeln, von Lignin, Kautschukkristallen in gestreckten Gummischichten, die Orientierung von Chlorophyll-Molekülen in den Chloroplasten von Pflanzen und in Lipiden (REITSTÖTTER, 1963).

Wolfgang Helfrich (um 1970)

Im Jahre 1931 wurde Hans Zocher an die Deutsche Technische Hochschule Hans Zocher (DTH) nach Prag, als a. o. Professor für Physikalische Chemie und Elektrochemie, berufen und 1937 zum ordentlichen Professor und Direktor des Instituts für Physikalische Chemie ernannt. Ebenfalls 1937 war er Dekan des chemischen Fachbereichs.

Prag mit Hradschin (1928) 21

In der Tschechoslowakischen Republik hatten die deutschen Hochschulen schwierige Situationen zu bestehen. Dominierte während der österreichischen Monarchie, die bis 1918 bestand, die deutsche Sprache im gesamten Staat (anderssprachige Minderheiten wurden benachteiligt), kehrten sich die Verhältnisse in der Tschechoslowakei um und die Deutschen wurden zu einer Minderheit. Dazu gab es nationalistische Bestrebungen, die drei existierenden deutschen Hochschulen zu schwächen und wenn möglich an die tschechischen Hochschulen anzugliedern. Durch unzureichende materielle Versorgung, Unterbesetzung mit wissenschaftlichem Personal, Zweckentfremdung begonnener Neubauten und Eingriffe in die Selbstverwaltung wurden diese Ziele unterstützt24.

Nach den Einmarsch der Deutschen in die Tschechoslowakei am 15. März 1939 kam es zu einer weiteren Reinigungsaktion an den Hochschulen, die auch Hans Zocher traf, da er mit einer Jüdin verheiratet war. Dieser wurde im März 1939 von der Deutschen Technischen Hochschule entlassen. Zocher war neben seiner

24 „Die 1348 vom Kaiser Karl IV. gegründete älteste deutsche Universität in Prag war eine der ältesten Universitäten Europas. Im Jahr 1882 wurde diese in eine selbständige deutsche (K. K. Deutsche Karl-Ferdinands-Universität) und eine tschechische (K. K. Tschechische Karl-Ferdinand-Universität) geteilt. Nach der tschechischen Staatsgründung 1918 wurde am 19. Februar 1920 durch die „Lex Mares“ die tschechische Karl-Universität zur legitimen Erbin der Prager Universitätstradition erklärt. In dem sogenannten Insignienstreit (1934) wurden die Deutschen vom tschechoslowakischen Ministerium für Schulwesen und Volkskultur verpflichtet, die mittelalterlichen Universitätsinsignien auszuhändigen. Dieser Vorfall sorgte im nationalsozialistischen Deutschen Reich in der Politik und in den Universitäten für große Aufregung. Am 2. August 1939, fast fünf Monate nach der Schaffung des sogenannten Protektorats Böhmen und Mähren, in das die bereits im September 1938 um das Sudetenland und im März 1939 um die Slowakei amputierte Tschechoslowakei verwandelt worden war, wurde die Deutsche Universität in die Reichsverwaltung übernommen. Dabei kam es zu studentischen Unruhen, die tschechische Karls-Universität wurde geschlossen. Neun „Rädelsführer“ wurden standrechtlich erschossen und etwa 1 200 Studenten und jüdische Professoren wurden in Konzentrationslager überführt. Auch die jüdischen Professoren der deutschen Universität wurden entlassen und größtenteils nach Theresienstadt deportiert. In Konkurrenz der Universitäten in Posen und Straßburg wurde die Deutsche Universität Prag zur Frontuniversität erklärt und arbeitete bis zum März 1945. Durch das Dekrete des Präsidenten der Tschechischen Republik vom 18. Oktober 1945 wurde verfügt die Deutsche Universität Prag aufzulösen, nachdem im Sommer 1945 die Karls-Universität wieder eröffnet worden war. Bei der Jagd auf alle Deutschen in Prag im Jahre 1945 wurden 30 Professoren der deutschen Prager Hochschule umgebracht. Die Professoren der deutschen Universität wurden verhaftet und später vertrieben. Damit endete endgültig das Nebeneinander der beiden Prager Universitäten, und damit endete auch ein wichtiges Stück tschechisch-deutscher Gemeinsamkeit. Im Februar 1948, nach dem kommunistischen Umsturz fand eine weitere „Säuberung“ an der Karls-Universität in Prag statt (GLETTER, MÍSKOVÁ, 2001)“. BENEKE K (2005) Elsa Ullmann (geb. 20. Februar 1911 in Potsdam). Professorin für Technologische Pharmazie in München. Galenikerin, Kolloid- und Grenzflächenwissen- schaftlerin. 55 Seiten URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/ullman.pdf (04.05.2006) 22

Tätigkeit an der Hochschule seit 1931 auch technischer Berater des „Vereins für Chemische und Metallurgische Produktion“ (Aussiger Verein) und mehrerer chemischer Firmen. Die Tätigkeit für diese Firmen konnte Hans Zocher wohl in den Räumen der Deutschen Universität in Prag weiter ausüben, wodurch er auch Unterstützung durch Jaroslav Heyrovsky25 erhielt. Jaroslav Heyrovsky kam nach der Schließung sämtlicher tschechischer Hochschulen am 17. November 1939 selbst in Bedrängnis, konnte aber mit Hilfe seines Freundes Prof. Johannes Böhm (gest. 1952), seine Forschungen zur Polarographie in der Deutschen Universität Prag bis Kriegsende fortsetzen. Dieses brachte Jaroslav Heyrovsky nach Kriegsende 1945 wiederum in erhebliche Schwierigkeiten, wurde er doch der Kollaboration mit den Deutschen bezichtigt und hatte danach große Mühe sich in den Wissenschaftsbetrieb wieder einzugliedern (DEMUS, 2005).

In der Zeit in Prag erschienen von Hans Zocher 17 Publikationen u. a. Arbeiten über Flüssigkristalle, kolloidchemische Themen und anwendungsbezogene Untersuchungen. Es ist zu vermuten, dass die Bedingungen für die Wissenschaft in Prag wenig förderlich war (DEMUS, 2005).

Für die Zeit von 1939 bis Kriegsende gibt es keine Unterlagen oder Belege über Hans Zocher. Man kann aber ahnen, dass es für ihn und seine Familie als Deutsche nach Kriegsende in Prag sehr schwer war und sie große Probleme hatte:

„Der Mai-Aufstand 1945 schuf für die DTH Prag eine traurige Bilanz. Eine heute nicht mehr mit Sicherheit feststellbare Zahl von Hochschulangehörigen war in den Wirren zu Tode gekommen, erschlagen oder grausam umgekommen als Gefangene oder Lagerhäftlinge durch Misshandlungen, durch Hunger, Krankheit

25 Jaroslav Heyrovsky (20.12.1890 Prag - 27.03.1967 Prag). Heyrovsky studierte ab 1909 Chemie, Physik und Mathematik an der Universität Prag und von 1910 bis 1914 am University College in London bei William Ramsay (02.10.1852 Glasgow - 23.07.1916 High Wycombe (Buckinghamshire)), wo er seinen BSc. erlangte. Im 1. Weltkrieg arbeite Heyrovsky als Chemiker für Radiologie in einem Lazarett, studierte gleichzeitig in Prag und promovierte 1918. 1929 habilitierte er sich und wurde Dozent für physikalische Chemie an der Universität Prag. Danach arbeitete er bei Bohuslav Brauner (08.05.1955 Prag - 15.02.1935 Prag) am Institut für Analytische Chemie der Prager Universität. Hier wurde Heyrovsky 1922 a. o. Professor und Direktor des Instituts für Physikalische Chemie und 1926 o. Professor für Physikalische Chemie. Heyrovsky wurde 1950 Direktor des neu gegründeten Zentralen Polarografie-Instituts (später Heyrovsky-Institut für Polarografie der Akademie der Wissenschaften der CSSR). Heyrovsky beschäftigte sich erfolgreich ab 1920 mit polarografischen Methoden, eine Methode die analytische Anwendung fand. Er erhielt 1959 den Nobelpreis der Chemie für die Entdeckung und Entwicklung der Polarografie. FISCHER A (1989) Heyrovsky, Jaroslav (1890 - 1967). In: Lexikon bedeutender Chemiker (Hrsg. W. Pötsch). Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a. M. Seite 292 FREUDIG D (Hrsg.) (1996) Heyrovsky, Jaroslav (1890 - 1967). In: Lexikon der Naturwissenschaftler. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. Seite 213-214 23 oder Freitod. Nur von Wenigen sind die Daten bekannt und groß ist die Zahl der Vermissten“ (J. J. BOEHM-PILSEN).

Jaroslav Heyrovsky Otto Kratky

Während es den meisten Professoren aus Prag, die den Krieg überlebt hatten, es schafften in Deutschland oder Österreich wieder in akademische Positionen zu gelangen, versuchte dies Hans Zocher für sich vergeblich. Otto Kratky26, Nachfolger

26 Otto Kratky (09.03.1902 Wien - 11.02.1995 Graz). Kratky studierte an der TH Wien wo er 1929 zum Dr. techn. promovierte. Er arbeitete von 1928 bis 1933 als Assistent am Kaiser- Wilhelm-Institut (KWI) für Faserstoffchemie in Berlin. Von 1934 bis 1940 wirkte Kratky als Assistent am ersten Universitäts-Laboratorium in Wien, wo er sich 1937 habiltierte. Ab 1936 war er auch Abteilungsleiter in diesem Laboratorium. Er wurde 1940 Leiter der Röntgenabteilung am KWI für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin. Danach war er von 1943 bis 1945 a. o. Professor für Physikalische Chemie an der TH Prag. Von 1946 bis 1972 war Otto Kratky o. Professor und Leiter des Instituts für Physikalische Chemie an der Universität Graz. Nach seiner Emeritierung 1972 wurde Kratky Direktor des Instituts für Röntgenfeinstrukturforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften sowie des Forschungszentrums in Graz. 1977 wurde er Leiter des Instituts für Physikalische Chemie der Akademie der Wissenschaften in Graz. Kratky war maßgeblich an der Entwicklung der Röntgenkleinwinkelforschung theoretisch und experimentell (Kratky- Kamera) beteiligt. Er untersuchte mit diesem Verfahren besonders hochpolymere Stoffe, Biopolymere im gelösten Zustand und kolloidale Systeme. Bei der Cellulose konnte er 1963 Deformationsvorgänge bei regenerierter Cellulose klären. FISCHER A (1989) Kratky, Otto (geb. 1902). In: Lexikon bedeutender Chemiker (Hrsg. W. Pötsch). Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a. M. Seite 250-251 24 von Hans Zocher an der DTH in Prag, der ebenfalls wie Hans Zocher kein Parteigänger der Nationalsozialisten war, erhielt 1946 einen Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Universität Graz.

Hans Zocher wurde vom Direktor des Instituts für Mineralproduktion (eine Abteilung des Landwirtschaftsministeriums) Dr. Mario da Silva Pinto eingeladen in Rio de Janeiro zu arbeiten. Die Einladung wurden durch Empfehlungsschreiben wie Albert Einstein27, James Franck28 und Rudolf Ladenburg29 unterstützt. Sie bescheinigten Hans Zocher persönliche Qualitäten und wissenschaftliche Verdienste, sowie seine ausgeprägten demokratischen Überzeugungen, die er in der für ihn schwierigen Zeit unter Beweis gestellt hatte. James Franck und Albert Ladenburg kannte er aus der Berliner Zeit am KWI, ob er Albert Einstein persönlich kannte ist nicht bekannt (MACHADO, 1979, DEMUS, 2005).

Hans Zocher kam am 28. Juli 1946 nach Brasilien und begann seine Arbeit am Laboratório da Produção Mineral Ministério da Agricultura, Rio de Janeiro. Hier

27 Albert Einstein (14.03.1879 Ulm - 18.04.1955 Princeton (N. J., USA). Emigrierte 1932 in die USA. Erhielt 1921 den Nobelpreis der Physik für die Entdeckung des Gesetzes des photoelektrischen Effektes (Lichtquantenhypothese). 28 James Franck (26.08.1882 Hamburg - 21.05.1964 Göttingen). Franck wurde 1916 Professor in Berlin und 1918 bis 1920 Abteilungsleiter im KWI für Physikalische Chemie in Berlin-Dahlem. Von 1920 bis 1933 wirkte Franck als Professor der Physik in Göttingen und emigrierte danach in die USA. Dort war er von 1935 bis 1938 Professor an der John Hopkins University in Baltimore (Md.) und 1937 bis 1947 Professor für Physikalische Chemie in Chicago (Ill.). James Franck erhielt 1925 gemeinsam mit Gustav L. Hertz (22.07.1887 Hamburg - 30.10.1975 Berlin) den Nobelpreis der Physik für ihren Franck-Hertz-Versuch (1913) in dem sie durch Elektronenstoßanregung diskrete Anregungsstufen von Quecksilberdampf-Atomen nachwiesen. Weiterhin stellte Franck 1926 das die Intensivitätsverteilung von Linien in Bandenspektren bestimmende und von Edward Uhler Condon (02.03.1902 Alamogordo (N. Mex.) - 26.03.1974 Boulder (Colo.)) quantenmechanisch begründete Franck-Condon-Prinzip auf. James Franck arbeitete über die Physik der Gasentladungen, Quantenphysik, Atom- und Molekülspektren. Franck war an der Entwicklung der Atombombe beteiligt, warnte aber die amerikanische Regierung im Franck-Report vor ihren Einsatz. FREUDIG D (Hrsg.) (1996) Franck, James (1882 - 1964) . In: Lexikon der Naturwissen- schaftler. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg. Seite 213-214 29 Rudolf Walter Ladenburg (06.09.1882 Kiel - 1952 Princeton (USA)). War der Sohn des Chemikers Albert Ladenburg (02.07.1842 Mannheim - 15.08.1911 Breslau) der in Kiel und Breslau Hochschullehrer war. Rudolf Ladenburg studierte von 1900 bis 1906 Physik an den Universitäten Heidelberg, Breslau, München, Cambridge und promovierte 1906 bei Conrad Röntgen in München. Danach war er Assistent An der TH Charlottenburg und Universität Breslau, wo Rudolf Ladenburg sich 1909 habilitierte und 1914 zum a. o. Professor ernannt wurde. Er leitete im 1. Weltkrieg die von ihm gegründete Schallmessabteilung der Artillerie- Prüfungskommission in Berlin. 1924 wurde er Vorstand der Physikalischen Abteilung des KWI für Physikalische Chemie in Berlin-Dahlem und gleichzeitig a. o. Professor an der Universität Berlin. Rudolf Ladenburg emigrierte 1932 in die USA und wurde an die Universität Princeton berufen wo 1950 emeritiert wurde. 25 wurde er mit physikalisch-chemischen Untersuchungen betraut. Er wurde 1949 zum auswärtigen Mitglied der brasilianischen Akademie der Wissenschaften gewählt und 1952 zum Vollmitglied ernannt. Ebenfalls im Jahre 1952 wurde Hans Zocher brasilianischer Bürger. Die brasilianische Akademie verlieh Hans Zocher 1964 den Einstein-Preis für die wissenschaftliche Erforschung der spontanen Strukturbildung in Solen. Der Doktor honoris causa der Staatlichen Universität Rio de Janeiro wurde Hans Zocher im Jahre 1963 verliehen (REITSTÖTTER, 1963, MACHADO, 1979, DEMUS, 2005).

Albert Einstein James Franck

Die brasilianische Regierung betraute Hans Zocher mehrfach mit besonderen Aufgaben. So erhielt er 1949 die Aufgabe zur Inspektion der Anilinfabriken in São Paulo. Dazu kamen Aufträge des nationalen Amtes für mineralische Produkte. Im Ölinstitut des Landwirtschafts- ministeriums wurde er 1949 zum Professor für Kolloidchemie er- Albert Einstein und Rudolf Ladenburg (1950) nannt. Bereits 1951, also vor seiner 26

Einbürgerung, wurde Hans Zocher zum Chef der Forschung des Nationalen Forschungsrates ernannt.

Rio de Janeiro

Die unterbrochene wissenschaftliche Publikationstätigkeit setzte bei Hans Zocher 1947 wieder ein. Hier wurde er besonders von Dr. Clara Török einer langjährigen Mitarbeiterin unterstützt. Er erschienen Publikationen über kolloidchemische Themen, Flüssigkristalle und über die Adaption der Foucault- Toepler-Methode auf das Kofler-Mikroskop. Mit Fritz Feigl30, dem Begründer der

30 BENEKE K (1999) Friedrich (Fritz) Feigl (15.05.1891 Wien - 23. (26) 01.1971 Rio de Janeiro) und die Geschichte der Chromatographie und der Tüpfelanalyse. In: Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften VIII. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1999, Seite 216-244 URL: http://www.uni-kiel.de/anorg/lagaly/group/klausSchiver/Feigl.pdf (12.05.2006) 27

Tüpflelanalyse, der 1938 von Österreich nach Belgien und von dort 1941 nach Brasilien emigriert war, publizierte Hans Zocher eine Arbeit „Zur Kenntnis der Fluoreszenz von Salzen des 8-Oxychinolins“ (FEIGL, TÖRÖK, ZOCHER, 1950). Der größte Teil der Arbeitskraft von Hans Zocher wurde in Brasilien jedoch durch die praktische Arbeit beansprucht. Es erschienen dort bis zu seinem Tod in insgesamt 23 Jahren zwanzig Publikationen.

Mehrfach unternahm Hans Zocher Reisen nach Deutschland, Frankreich, England, Israel und einmal 1968 in die USA, wo er aus Anlass der 1. Internationalen Konferenz über Flüssig- kristalle in Kent (Ohio) einen Hauptvortrag hielt.

Hans Zocher war seit 1925 Mitglied der 1922 von Wolfgang Ostwald gegründeten Kolloid-Gesellschaft31. Auch nach dem Krieg trat er 1952 wieder der nach dem Kriege neugegründeten Kolloid- Gesellschaft32 bei und pflegte über diese Kontakte zu Kolloidwissenschaftlen und

Fritz Feigl alten Freunden, wie z. B. den Kolloidwissenschaftler und Patentanwalt Josef Reitstötter33 in München.

31 BENEKE K (1996) Über 70 Jahre Kolloid-Gesellschaft. Gründung, Geschichte, Tagungen (mit ausgesuchten Beispielen der Kolloidwissenschaften). Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften V. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1996, 226 Seiten 32 BENEKE K (1996) Über 70 Jahre Kolloid-Gesellschaft. Rekonstruierte Mitgliederliste von 1922 bis 1996. Beiträge zur Geschichte der Kolloidwissenschaften VI. Mitteilungen der Kolloid-Gesellschaft, 1996, Seite 105 33 Josef Reitstötter (02.12.1894 Wien - 29.09.1982 München). Josef Reitstötter wurde als Sohn eines Lehrers in Wien geboren und studierte an der TH Wien bei dem Elektrotechniker Pawek. Danach ging er zu Richard Zsigmondy nach Göttingen, wo er zum Dr. phil. und später in Wien zum Dr. techn. promovierte. Danach war J. Reitstötter am KWI für Physikalische Chemie und Elelektrochemie bei Herbert Freundlich in Berlin, wo er auch Hans Zocher kennen lernte. Später war er bei John Eggert (1891 - 1973) bei der AEG in Berlin. Bald darauf habilitierte sich J. Reitstötter an der TH Berlin für Kolloidchemie und wurde zum Professor ernannt. 1945 übernahm Reitstötter das zerstörte Institut von Adolf Butenandt in Berlin-Dahlem am Corrensplatz und baute dort in kurzer Zeit ein funktionsfähiges Institut für Ernährungswissenschaft auf, das er bis 1950 leitete. Später wirkte Josef Reitstötter als Patentanwalt in München. Schon seit den 1920er Jahren bearbeitete Reitstötter den Patentteil der Kolloid-Zeischrift und schrieb u. a. Bücher über Patente wie 1925 „Fortschritte in der anorganisch-chemischen Industrie an Hand der deutschen Reichspatente dargestellt (1200 Seiten, Julius Springer, 28

Hans Zocher Josef Reitstötter

Hans Zocher wird als bescheidener und zurückhaltender Mensch beschrieben; ausgestattet mit trockenem Humor und nobler Gesinnung. Seinen Schülern war er ein guter Mentor, dessen ausdauernde und geduldige Forschung diesen als wissenschaftliches Vorbild diente und für deren Belange er sich vehement einsetzte (REITSTÖTTER, 1963, MACHADO, 1979, DEMUS, 2005).

Berlin)“. Neben seiner Tätigkeit an der Hochschule wirkte er auch Patentanwalt, später nur als noch als Patentanwalt. Das Ausscheiden aus der Hochschule hat er wohl nie ganz verschmerzt. Ca. 80 Publikationen seiner Forschungen erschienen seit 1917 auf dem Gebiet der Kolloidchemie wie z. B. über Goldsole, Eisenoxidsole, Preußisch Blau, Cellulose, Metallsole, Silberemulsionen, Gelatine, Photographische Emulsionen, Blutserum, Öl/Wasser- Emulsionen, Kartoffelstärke-Gele. Berufungen nach Wien, Graz und Dresden hat Josef Reitstötter abgelehnt. Er war Beisitzer im ständigen Beirat der Gesellschaft Deutscher Chemiker. Als Forscher und Wissenschaftler und zugleich als juristischer Berater wurde ihm das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst, I. Klasse der Republik Österreich verliehen. THIELE H (1964) Zum 70. Geburtstag von Josef Reitstötter. Kolloid-Zeitschrift und Zeitschrift für Polymere 200: 93-94 29

Fritz Feigl und Izaak Fritz Feigl Maurits Kolthoff34 (1954)

Danksagung

Ich danke herzlich Dr. José Eduardo Ferreira da Costa Gardolinski, Universidade Federal do Paraná, Departamento de Química, Centro Politecnico in Curitiba für die Zusendung des Artikels „A Memoira do Prof. Hans Zocher“. Klaus Volke aus Freiberg in Sachsen danke ich für den Hinweis und die Überlassung des Artikels von Dietrich Demus.

34 Izaak Maurits Kolthoff (11.02.1894 Almelo (Niederlande) - 04.03.1993 St. Paul (Minnesota)). Kolthoff studierte ab 1911 Pharmazie und Chemie an der Universität Utrecht und promovierte 1918. Von 1918 bis 1927 wirkte er als Konservator am Pharmazeutischen Institut in Utrecht und von 1924 bis 1927 als Privatdozent für Angewandte Elektrochemie. Kolthoff unternahm 1924 eine Vortragsreise in die USA und erhielt 1927 eine Professur für Analytische Chemie an der University of Minnesota in Minneapolis, von der er 1962 zurücktrat. Kolthoff untersuchte Neutralisationstitrationen und führte 1915 die Verwendung von Pufferlösungen ein. Er dehnte seine Arbeit auf Redox-Titrationen aus und untersuchte deren Reaktionsmechanismen, Nebenreaktionen und mögliche Fehlerquellen. Kolthoff erforschte erstmals konduktometrische Bestimmungsmethoden und wandte 1920 die Bezeichnung potentiometrische Titration an. Für beide elektrochemischen Methoden fand er zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten in der analytischen Chemie. In Minneapolis beschäftigte sich Kolthoff mit gravimetrischen Analysenmethoden und untersuchte besonders den Einfluß von Adsorptionsvorgängen, wobei er auch radioaktive Isotope einsetzte. Kolthoff erkannte 1967 den analytischen Wert der von Pedersen gefundenen Kronenether. FISCHER A (1989) Kolthoff, Izaak Maurits (geb. 1894). In: Lexikon bedeutender Chemiker (Hrsg. W. Pötsch). Verlag Harri Deutsch, Frankfurt a. M. Seite 245 30

Literatur

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V2O5-Solen [The birefringence of V2O5-sols]. Elster Geitel Festschrift: 453 DIESSELHORST H, FREUNDLICH H (1916) Die Anordnung von „Schlieren“ in kolloiden Lösungen und eine Methode zur Ermittlung der Gestalt der kolloiden Partikel [The formation of “Schlieren“ in colloidal solutions and a method for determining the shape of the colloidal particles] Physikalische Zeitschrift 17: 117-128 FEIGL F, TÖRÖK C, ZOCHER H (1950) Zur Kenntnis der Fluoreszenz von Salzen des 8- Oxychinolins [The fluorescence of the salts of 8-quinolinol]. Monatshefte für Chemie, 81: 274-279

FREUNDLICH H (1916) Die Doppelbrechung von V2O5-Solen [The birefringence of

V2O5-sols]. Zeitschrift für Elektrochemie und Angewandte Physikalische Chemie 22: 27-33 FREUNDLICH H, SCHUSTER C, ZOCHER H (1923) Doppelbrechung von Farbstofflösungen [Double refraction of solutions of dyes]. Zeitschrift für physikalische Chemie 105: 119-144 FREUNDLICH H, STAPELFELDT F, ZOCHER H (1924a) Quantitative Untersuchungen am Vanadinpentoxyd, I. Die Strömungsanisotropie [Vanadium pentoxide Sol. I. Streaming anisotropy]. Zeitschrift für physikalische Chemie 114: 161-189 FREUNDLICH H, STAPELFELDT F, ZOCHER H (1924b) Quantitative Untersuchungen am Vanadinpentoxyd, II. Das Wirbelkreuz [Vanadium pentoxide Sol. II. The vortex cross]. Zeitschrift für physikalische Chemie 114: 190-207 31

GLETTER M, MÍSKOVÁ A (2001) Prager Professoren 1938 - 1948: zwischen Wissenschaft und Politik. (Veröffentlichungen zur Kultur und Geschichte im östlichen Europa; 17). Klartext Verlag, Essen, 682 Seiten. Ausschnitt unter URL: http://www.bsz-bw.de/depot/media/3400000/3421000/3421308/01_0384.html (13.05.2003) HELFRICH W, SCHADT W (1971) Birefrigence of nenatogenic liquid caused by electrical conduction. Physical Review Letters 27: 561-564 KAUTSKY H, ZOCHER H (1922) Ueber die Beziehung zwischen Chemi - und Photoluminiszenz bei ungesättigen Siliziumverbindungen [The relation between chemi- and photoluminescence of unsaturated silicon compounds]. Zeitschrift für Physik 9: 267-284 KAUTSKY H, ZOCHER H (1923) Ueber das Wesen der Chemiluminiszenz [Chemi- luminescence]. Zeitschrift für Elektrochemie und Angewandte Physikalische Chemie 29: 308-312 KIPNIS A (1999) Lehmann, Otto. In: Ottnad B (Hrsg) Badische Biographien N F, Band 5. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden Württemberg. W. Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, im Druck KNOLL P M, KELKER H (1988) Otto Lehmann. Erforscher der flüssigen Kristalle. Eine Biographie mit Briefen von Otto Lehmann. P. Knoll, Ettlingen und H. Kelker, Frankfurt/Main. Copyright 1988, 140 Seiten LAGALY G, SCHULZ O, ZIMEHL R (1997a) Anisometrische Teilchen. In: Dispersionen und Emulsionen. Eine Einführung in die Kolloidik feinverteilter Stoffe einschließlich der Tonminerale. Mit einem historischen Beitrag über Kolloidwissenschaftler von Klaus Beneke. Steinkopff-Verlag, Darmstadt. Seite 91-93 LAGALY G, SCHULZ O, ZIMEHL R (1997b) Handversuche zur Herstellung einiger kolloidaler Dispersionen. In: Dispersionen und Emulsionen. Eine Einführung in die Kolloidik feinverteilter Stoffe einschließlich der Tonminerale. Mit einem historischen Beitrag über Kolloidwissenschaftler von Klaus Beneke. Steinkopff-Verlag, Darmstadt. Seite 192-195 LEHMANN O (1889) Über fließende Krystalle. Zeitschrift für Physikalische Chemie 4: 462-472 LEHMANN O (1890) Über tropfbarflüssige Krystalle. Annalen der Physik und Chemie N F 40: 401-423 MACHADO R D (1979) A Memoria do Prof. Hans Zocher. Anals da associado Brasileira de Quimica 30 (Nos. 3-4): 6-10 OSTWALD WO (1943) Versuch 33. Vanadinpentoxid-Sol (nach W. Biltz). In Kleines Praktikum der Kolloidchemie. Mitbearbeitet von Dr. P. Wolski und Dr. A. Kuhn. 9. Unveränderte Auflage. Verlag von Theodor Steinkopff, Dresden und Leipzig, Seite 13 32

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Publikationsliste von Hans Zocher

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Zocher H, Coper K (1925) Über die Erzeugung optischer Aktivität an Silber durch zircular polarisiertes Licht [The production of optical activity in silver by circularly polarized light]. Sitzungsberichte der preußischen Akadademie der Wissenchaften (1925) 23: 426-431 Zocher H (1925) Optical anisotropy of selectively absorbing substances; mechanical production of anisotropy (in German). Naturwissenschaften 13: 1015-1021 Zocher H (1925) Optische Methoden zur Untersuchung der Anisotropie in Kolloiden [The optical method for the investigation of anisotropy in colloids]. Kolloid-Zeitschrift 37: 336-351 Berkman S, Zocher H (1926) The optical anisotropicity of colored sols of sodium mercurisulfosalicylate (in German). Kolloidchemische Beihefte 23: 292-309 Freundlich H, Neukircher H, Zocher H (1926) Über die Elastizität und die Strömungsdoppelbrechung in Solen mit nichtkugeligen Teilchen I. [Elasticity and flow double refraction in sols having non-spherical particles. I.]. Kolloid-Zeitschrift 38: 43- 47 Freundlich H, Neukircher H, Zocher H (1926) Über die Elastizität und die Strömungsdoppelbrechung in Solen mit nichtkugeligen Teilchen II. [Elasticity and flow double refraction in sols having non-spherical particles. II.]. Kolloid-Zeitschrift 38: 48-54 Berkman S, Bohm J, Zocher H (1926) Anisotropes Kupfer, Silber und Gold [Anisotropic copper, silver and gold]. Zeitschrift für physikalische Chemie 124: 83-96 Berkman S, Zocher H (1927) Über das magnetische Verhalten verschiedener Stoffe [The magnetic behavior of various substances]. (1927), Zeitschrift für physikalische Chemie 124: 318-326 Zocher H, Jacobsohn K (1927) Über freiwillige Strukturbildung im Vanadinpentoxydsol [Spontaneous structure formation in vanadium pentoxide sols]. Kolloid-Zeitschrift 41: 220-222 Zocher H, Jacoby F C (1927) Über die optische Anisotropie selektiv adsorbierender Farbstoffe [The optical anisotropy of selectively absorbing dyestuffs]. Kolloidchemische Beihefte 24: 365-417 Berkman S, Zocher H (1927) Zur Kenntniss der physikalisch-chemischem Eigenschaften der Merkurisulfosalizylate, 1 Teil [Information on physico-chemical properties of mercurisulfosalicylates. I.] Kolloid-Zeitschrift 42: 309-322 Berkman S, Zocher H (1927) Zur Kenntniss der physikalisch-chemischem Eigenschaften der Merkurisulfosalizylate, 2 Teil [Information on physico-chemical properties of mercurisulfosalicylates. II.] Kolloid-Zeitschrift 42 322-328 Freundlich H, Patschke G, Zocher H (1927) Über die Passivität von Eisenspiegeln, I. Chemischer Teil [The passivity of iron mirrors]. Zeitschrift für physikalische Chemie 128: 321-344 35

Freundlich H, Patscheke G, Zocher H (1927) Über die Passivität von Eisenspiegeln, II. Optischer Teilí [The passivity of iron mirrors]. Zeitschrift für physikalische Chemie 130: 289-307 Zocher H (1927) Über die Einwirkung elektrischer, magnetischer und mechanischer Kräfte auf Mesophasen [The action of magnetic, electric and mechanical forces upon mesophases]. Physikalische Zeitschrift 28: 790-796 Zocher H, Coper K (1928) Einfluss photographischer Reaktionen auf den Weigert- Effekt in Photochlorid [The Weigert effect in photochloride exhibiting anisotropy]. Zeitschrift für physikalische Chemie 132: 302-312 Zocher H, Coper K (1928) Über die Erzeugung optischer Aktivität durch zirkulares Licht [The production of optical activity by circular light]. Zeitschrift für physikalische Chemie 132: 313-319 Zocher H, Coper K (1928) Über die Erzeugung von Anistropie von Oberflächen [The production of anisotropy of surfaces]. Zeitschrift für physikalische Chemie 132: 295- 302 Zocher H (1928) Structure in colloidal solutions (in German). Collegium (Darmstadt) (1928), 203-208 Zocher H, Albu H W (1928) Über Sol-Gel Systeme mit anisotropen Teilchen, I. Dibenzoylzystin [Sol-gel systems with anisotropic particles. I. Dibenzoylcystine]. Kolloid-Zeitschrift 46: 27-33 Zocher H, Albu H W (1928) Über Sol-Gel Systeme mit anisotropen Teilchen, II. Bariummalonat [Sol-gel systems with anisotropic particles. II. Barium malonate]. Kolloid-Zeitschrift 46: 33-36 Zocher H, Jacobsohn K (1929) Über Taktosole [Tactosols]. Kolloidchemische Beihefte 28: 167-206 Zocher H (1929) Über unsymetrische Metallkolloide [Unsymmetrical metal colloids]. Metallwirtschaft, Metallwissenschaft, Metalltechnik 8: 467-469 Zocher H, Birstein V (1929 Contributions to the study of mesophases (intermediate states of aggregation). I. The existence of mesophases (in German). Zeitschrift für physikalische Chemie, A 141: 413-423 Zocher H, Birstein V (1929) Contributions to the study of mesophases (intermediate states of aggregation). II. The comparative conngurations at a mesophase (in German). Zeitschrift für Physikalische Chemie, Abteilung A: Chemische Thermodynamik, Kinetik, Elektrochemie, Eigenschaftslehre 142: 113-125 Zocher H, Birstein V (1929) Contributions to the study of mesophases (intermediate states of aggregation). III. The aqueous mesophase of arsphenamine (in German). Zeitschrift für Physikalische Chemie, Abteilung A: Chemische Thermodynamik, Kinetik, Elektrochemie, Eigenschaftslehre 142: 126-138 Zocher H, Birstein V (1929) Mesophases (intermediate states of aggregation). IV. Some further cases of aqueous mesophases (in German). Zeitschrift für 36 physikalische Chemie, Abteilung A: Chemische Thermodynamik, Kinetik, Elektrochemie, Eigenschaftslehre 142: 177-185 Zocher H, Birstein V (1929) Mesophases (intermediate states of aggregation). V. Influence of electric and magnetic fields (in German). Zeitschrift für physikalische Chemie, Abteilung A: Chemische Thermodynamik, Kinetik, Elektrochemie, Eigenschaftslehre 142: 186-194 Zocher H, v. Fischer H J (1929) Über die optische Anisotropie des gedehnten Kautschuks [The optical anisotropy of stretched rubber]. Kautschuk 5: 173-175 Zocher H, Stiebel F (1929) Dunkelfeldmikroskopie monomolekularer Filme. Vorläufige Mitteilung [Dark-field microscopy of monomolecular films]. Naturwissenschaften 17: 672-673 Bradfield R, Zocher H (1929) Kurze Mitteilung über die Doppelbrechung von Bentonit [The double refraction of bentonite (short communication)]. Kolloid-Zeitschrift 47: 223 Freudenberg K, Zocher H, Dürr W (1929) Lignin and Cellulose. XI. Further experiments with lignin (in German). Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft 62B: 1814-1823 Zocher H, Coper K (1928) Einfluss photographischer Reaktionen auf den Weigert- Effekt in Photochlorid [The influence of photographic reactions on the Weigert effect in photochloride]. Zeitschrift für physikalische Chemie 139A: 263-272 Zocher H, Coper K (1929) Über den Einfluss photographischer Reaktionen auf den Weigert-Effekt in Photochlorid [The influence of photographic reactions on the Weigert effect in photochloride]. Zeitschrift für physikalische Chemie 141A: 217-218 Zocher H, Heller W (1930) Schillerschichten als Reaktionsprodukte der langsamen Eisenchlorid-Hydrolyse [Irridescent strata produced by the slow hydrolysis of iron chloride]. Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie 186: 75-96 Zocher H, Stiebel F (1930) Dunkelfeldmikroskopie dünnster Filme auf Flüssigkeitsoberflächen [Dark-field microscopy of thin films on liquid surfaces]. Zeitschrift für Physikalische Chemie, Abteilung A: Chemische Thermodynamik, Kinetik, Elektrochemie, Eigenschaftslehre 147: 401-435 Freundlich H, Tamchyna J V, Zocher H (1930) Über die Nachweisbarkeit der Strömungs-Doppelbrechung in sehr kleinen Konzentrationen [Investigation of streaming double refraction in very low concentrations]. Zeitschrift für wissenschaftliche Photographie (Schaum-Festschrift) 29: 102-109 Coper K, Frommer L, Zocher H (1931) Über die Struktur der aus dem Molekülstrahl entstandenen Schichten [Structure of layers formed by molecular rays]. Zeitschrift für Elektrochemie und Angewandte Physikalische Chemie 37: 571-577 Zocher H (1931) Optik der Mesophasen [Optics of mesophases]. Zeitschrift für Kristallographie, Kristallgeometrie, Kristallphysik, Kristallchemie 79: 122-133 Heller W, Zocher H (1933) Über die transversale magneto-optische Anisotropie einiger kolloidaler Lösungen I. [The transverse magneto-optic anisotropy of a few colloid solutions I.]. 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Zocher H, Machado R D (1963) Emploi de la methode de Foucault-Toepler avec le microscope de Kofler. Revue de Optique 42: 447-450 Zocher H, Török C (1967) Crystals of higher order and their relation to other superphases. Acta Crystallographica 22 (6): 751-755 Zocher H (1969) Nematic and smectic phases of higher order. Molecular Crystals and Liquid Crystals 7: 177-180 Zocher H (1969) Topics of liquid crystals yet to be discussed. Molecular Crystals and Liquid Crystals 7: 165-175 Zocher H (1974) Microstructure of liquid crystals. Swarm theory and the theory of the elastic continuum of liquid crystals. Liquid Crystals Plast. Crystals 1: 64-66