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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Denisia

Jahr/Year: 2007

Band/Volume: 0020

Autor(en)/Author(s): Peters Günther, Theischinger Günther

Artikel/Article: Die gondwanischen Aeshniden Australiens (: und Brachytronidae) 517-574 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at

Die gondwanischen Aeshniden Australiens (Odonata: Telephlebiidae und Brachytronidae)

G. P ETE R S & G . T HEI SC H IN G E R

Abstract: Studying the relationships of the Dendroaeschna TILLYARD led to a phylogenetic analysis of the genus Austro- aeschna SELYS, the family Telephlebiidae COCKERELL and the clade Euaeshnida BECHLY. Autapomorphies and synapomorphies are listed sequentially for each taxa involved, details are discussed and illustrated in three phylograms. The taxa Pulchaeschna subgen. nov. (type species: unicornis pulchra TILLYARD) and Notoaeschnini trib. nov. (type genus: TILLYARD) are formally established. Australian „brachytronine aeshnids“ (Panbrachytronoda tax. nov.: Telephlebiidae s. nov. and Dendroaeschna TILLYARD) are characterized in terms of their chorology and ecology. Numerous photographs of live and prepared spe- cimens document the diversity of morphology and coloration found among these .

Key words: Euaeshnida, Telephlebiidae, Austroaeschna, phylogeny; Pulchaeschna subgen. nov., Notoaeschnini trib. nov.

Inhalt 1. Einführung

1. Einführung ...... 517 Zum Thema „Diversität und Verbreitung“ schrieben M.J. TYLER, G.F. WATSON & A.A. MARTIN in „Ecologi- 2. Kurze Charakterisierung der Gattungen der cal Biogeography of Australia“ (1981): „The sciences of australischen Brachytroninen ...... 518 biogeography and ecology depend to a great deal upon 3. Die endemischen Taxa und ihre the existence of an accurate and stable taxonomic phylogenetischen Beziehungen ...... 523 foundation. For any broad conclusion to be maintained 3.1. Das Austroaeschna-System ...... 525 it is also desirable that a large proportion of the taxa 3.2. Das System der Telephlebiidae ...... 530 comprising the fauna be known and named.“ Über die 3.3. Die Telephlebiidae im System der australischen Libellen, die in diesem Beitrag vorgestellt Euaeshnida BECHLY, 1996 ...... 535 werden sollen, gibt es umfassende Information von al- 4. Areale, ihre Orientierungen, Dimensionen len Arten in morphologischer, ökologisch-bionomi- nebst Verbreitungsmustern, Expansions- und scher und chorologischer Hinsicht. Demgegenüber aber Schrumpfungserscheinungen ...... 540 existiert bis dato keine „stable taxonomic foundation“ im Sinne einer kritikfähigen Hypothese über ihre phy- 5. Qualitäten der Lebensweise und ökologische Existenzparameter ...... 545 logenetischen Verwandtschaftsbeziehungen. 6. Diskussion ...... 547 Dieser Widerspruch hat zwei Ursachen. Zum einen 7. Danksagung ...... 552 gehören die Libellen in Australien wie auch in anderen 8. Literatur ...... 552 Weltgegenden zu den seit Jahrzehnten intensiv er- forschten Insektengruppen, die zudem die Vorteile ei- ner in jeder Regionalfauna überschaubaren Artenzahl und relativ guter visueller und kollektorischer Zugäng- lichkeit bieten. Zum anderen hat die Beschränkung auf die konventionelle taxonomische Vergleichsmethode nach dem Muster „je ähnlicher, desto enger verwandt“, die im systematischen procedere nicht mehr sein kann

als eine „0“ – oder Ausgangshypothese, die Vorstellun- Denisia 20, gen über das System der Odonata und ihrer Teiltaxa bis zugleich Kataloge der oberösterreichischen in das vergangene Jahrzehnt hinein dominiert. Inner- Landesmuseen Neue Serie 66 (2007): halb der Familie unterschied man die Un- 517-574 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at

terfamilie der „höheren“ Aeshninae von der „primitive- gischen Existenzparameter wie Einnischung, Larvalha- ren“ der Brachytroninae, letztere wiederum unterglie- bitate, Spezialisierungen, Konkurrenz etc. (Kap. 5). Wir dert in die „more advanced“ Brachytronini und die „less meinen, dass Informationen aus chorologischen, eido- advanced“ Gomphaeschnini (DAVIES & TOBIN 1985). nomischen und ökologischen Erhebungen für die Inter- Aus den Unzulänglichkeiten dieses typologischen Sys- pretation systematisch-phylogenetischer und zoogeogra- tementwurfes resultieren fast alle Schwierigkeiten, die phischer Hypothesen wertvoll sind. In der abschließen- „Brachytroninae“ Australiens für die zoogeographische den „Diskussion“ (Kap. 6) soll vor allem erörtert wer- Geschichte des Kontinents nutzbar zu machen. Obwohl den, wie sich unsere Hypothesen und Befunde in das das Verbreitungsmuster der Gruppe auf eine gondwani- Gesamtbild der Aeshniden-Systematik und das der his- sche Vergangenheit hinzudeuten scheint (als „southern torischen Zoogeographie Australiens einordnen lassen. group“), könnten andererseits südostasiatische Gattun- gen ( SELYS und andere) ihre möglichen, 2. Kurze Charakterisierung wenn auch „remotely related“ Verwandten sein (LIEF- der Gattungen der australischen TINCK 1954, J.A.L. WATSON 1981). „Brachytroninae“ An diesem systematisch-zoogeographischen Rätsel entzündete sich unser Interesse an der Systematik und In die Aeshniden-Unterfamilie Brachytroninae Phylogenese der australischen Brachytroninae. Die vom wurden von DAVIES & TOBIN (1985) alle Gattungen ge- stellt, die nicht zu den Aeshninae gehören sollen, da ih- Juniorautor dieses Beitrages bereits geleistete taxonomi- re mediane Flügellängsader (MA) nicht zur Gabelbil- sche und feldbiologische Vorarbeit (s. THEISCHINGER im dung neigt und weil die Schaltadern Mediansupplement Literaturverzeichnis) galt uns als solide Ausgangsbasis (Mspl) und Radialsupplement (Rspl) mit wenigen Aus- zur Lösung des angezeigten Konfliktes. Wir wollen also nahmen nicht bogig nach hinten (sigmoid) ausgebeult versuchen, die Frage zu beantworten, ob und inwieweit sind (Abb. 1). Die Brachytroninae selbst wurden wie- die australischen brachytroninen Libellen eine ge- derum in zwei Teilgruppen (Tribus) untergliedert, die schlossene Abstammungsgemeinschaft sind oder ob es Brachytronini und die Gomphaeschnini. Erstere haben außerhalb des Kontinents Taxa gibt, die mit einer oder (wie die Aeshninae) eine Interradius-Gabel (IR2-Ga- mehreren der australischen Arten enger verwandt sind bel), letztere angeblich keine. Inzwischen hat sich im als diese untereinander. Dazu sei noch angemerkt, dass Ergebnis phylogenetischer und kladistischer Untersu- die „Brachytrininae“ des herkömmlichen Systems nicht chungen herausgestellt, dass unter den herkömmlichen nur in Australien vertreten sind, sondern auch in Süd- Gomphaeschnini ein hochrangiges monphyletisches und Nordamerika, in der Westpaläarktis und in der Ori- Taxon „versteckt“ ist, das sehr wahrscheinlich die entalis vorkommen. Sie fehlen in Afrika und auf Mada- Schwestergruppe aller übrigen Aeshnidae darstellt, gaskar, in Indien außerhalb des Himalaja und auch von nämlich das der Gomphaeschnidae (BECHLY 1996, LOH- Sumatra bis Neuguinea sowie auf Neukaledonien und in MANN 1996, VON ELLENRIEDER 2002). Von den „außer- Neuseeland. halb“ dieser Gomphaeschnidae noch verbliebenen Theoretische Grundlagen unserer Untersuchung Gomphaeschnini alter Lesart existieren in Australien sind die Phylogenetische Systematik (HENNIG 1950, AX zwei Gattungen: Antipodophlebia FRASER und 1984, SUDHAUS & REHFELD 1992, WÄGELE 2000) und TILLYARD. Alle übrigen australischen brachytroninen das Evolutionäre Artkonzept (WILEY 1978, TEMPLETON Libellen sollen zu den Brachytronini (Flügel mit IR2- 1989, PATERSON 1993, MAYDEN 1997, PETERS 1998). Gabel, jedoch ohne „ausgebeulte“ Rspl und Mspl) gehö- Der phylogenetisch-systematischen Analyse (Kap. 3) ist ren, verteilt auf sechs Gattungen: Acanthaeschna SELYS, ein vor allem für den Nichtspezialisten gedachtes „In- Austroaeschna SELYS, Austrophlebia TILLYARD, Dendro- ventarverzeichnis“ mit Kurzcharakteristika der zu disku- aeschna TILLYARD, Notoaeschna TILLYARD und Spin- tierenden Taxa vorangestellt (Kap. 2). Es reproduziert aeschna THEISCHINGER. Die bisherige Annahme, dass zu die derzeit noch gebräuchlichen taxonomischen Einstu- keinem der aufgezählten acht Genera irgendwelche Ar- fungen der Arten und Artengruppen einschließlich der ten außerhalb des Kontinents gehören, wird zu einer unerlässlichen nomenklatorischen Details. Dem Phylo- wissenschaftlichen Aussage erst dann, wenn nachgewie- genie-Kapitel (Kap. 3) folgen zwei Abschnitte, die die sen werden kann, dass es sich bei ihnen um monophyle- behandelten Libellenarten als lebendige Fortpflanzungs- tische Taxa (geschlossene Abstammungsgemeinschaf- gemeinschaften und ihre aktuellen Existenzverhältnisse ten) handelt. Immerhin: alle bis dato diesen acht Gat- verständlich machen sollen: Die Areale, ihre Orientie- tungen zugeordneten Arten sind nicht etwa auf den rungen und Dimensionen nebst Verbreitungsmustern, Kontinent Australien im ganzen verteilt, sondern kom- Ausbreitungs- und Schrumpfungserscheinungen (Kap. men mit einer Ausnahme (Austroaeschna anacantha TIL- 4) sowie die Qualitäten der Lebensweise und die ökolo- LYARD) nur in Ost-Australien vor, und zwar in den Berg-

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Abb. 1: Flügel von Austroaeschna parvistigma = und die in dieser Arbeit häufig benützten Termini. regionen des Great Dividing Range. Einige Arten mar- Gruppe mit T. cylops TILLYARD, 1916 (Taf. 1 oben), T. kieren Areale, die bis hinab in die vorgelagerten Küs- godeffroyi SELYS, 1883 (Taf. 1 unten) und T. brevicauda tenregionen reichen oder sogar auf diese beschränkt TILLYARD, 1916 (Taf. 2 oben) das 4. Segment seine zy- sind. lindrische Gestalt weitgehend beibehalten hat. Die Imagines fliegen vornehmlich in der Dämme- Gomphaeschnini sensu DAVIES & TOBIN, 1985 rung bis zu weitgehender Dunkelheit. Sie jagen niedrig,

Telephlebia SELYS, 1883 oft über Lichtungen, Verkehrswegen und ähnlichen Dieses australische Genus der herkömmlichen Gom- Plätzen und verbergen sich tagsüber überwiegend im schattigen Gebüsch und an unbesonnten Felswänden. phaeschnini existiert in 6 Arten (THEISCHINGER 1985). Die Junglarven leben in detritus-reichen Felswannen Die Imagines aller Arten sind aphantochrom gefärbt; ih- und in den Kolken von Rinnsalen und kleinen Bergbä- re Flügel haben oft gelb- bis goldbraune Längsstreifen chen. Die größeren Larven (Taf. 4 oben) verbringen of- und/oder Flecke (Taf. 1-3). Basal- und Cubitalraum ha- fenbar einen Teil ihres Daseins außerhalb des Wassers ben akzessorische Queradern, die Subcosta ist transnodal und jagen auch dort (TILLYARD 1916). Sie führen mithin über ein bis zwei Zellen verlängert (Abb. 2), und die eine semiaquatische Lebensweise. Analschleife ist viel tiefer als breit (Abb. 3). Ihre Stirn ist schmal und in der Mitte zugespitzt (Abb. 4). Die Lar- Antipodophlebia FRASER, 1960 ven haben wie Antipodophlebia einen deutlich abwärts A. asthenes (TILLYARD, 1916) (Taf. 4 unten) ist die gekrümmten Epiproct (Abb. 5) und die Anzahl der An- einzige Art dieser Gattung. Ihre Männchen wurden erst tennenglieder ist reduziert. Ihre Haut ist körnig und 60 Jahre nach der Erstbeschreibung zweier Weibchen dicht mit feinsten Härchen besetzt (TILLYARD 1916). bekannt (THEISCHINGER 1977). Sie ist die kleinste aller Bei den Imagines der T. tillyardi-Gruppe mit den Ar- australischen brachytroninen Libellen (um 35 mm Flü- ten T. tillyardi CAMPION, 1916 (Taf. 2 unten), T. tryoni gellänge) und eine der kleinsten Aeshniden überhaupt. TILLYARD, 1916 (Taf. 3 oben) and T. undia THEISCHIN- Obwohl generell und insbesondere in der Genitalmor- GER, 1985 (Taf. 3 unten) ist in beiden Geschlechtern phologie Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen mit nicht nur das 3., sondern auch das 4. Abdominalseg- Telephlebia und z. T. sogar mit Austrophlebia bestehen ment tailliert, während bei den Spezies der T. cyclops- (Aphantochromie, über den Nodus hinaus verlängerte

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Subcosta, Queradern im Basal- und Cubitalfeld der Flü- „Stromschnellen“ jagen dann auch die Männchen nied- gel (Abb. 6)), hat Antipodophlebia ausgeprägte eigene rig hin und her – auf der Suche nach Weibchen, die ver- „Schlüsselmerkmale“, wie z. B. eine breite bogig gerun- suchen, ihre Eier in die nasse Algenkruste der Gesteins- dete Stirn, ein relativ grobmaschiges Geäder (Taf. 4 un- blöcke einzustechen oder, wie jüngst beobachtet (HAW- ten), ein sehr kurzes Pterostigma und stark verkürzte KING et al. 2004), völlig unter Wasser gehend, epili- Appendices superiores der Männchen, so dass ihre gene- thisch ablegen. rische Sonderung gegenüber Telephlebia, zu der sie ur- prünglich gestellt wurde, durchaus verständlich er- Spinaeschna THEISCHINGER, 1982 scheint. Die Imagines der beiden Arten dieser Gattung, S. Die Imagines fliegen „erst nach Einbruch der Däm- tripunctata (MARTIN, 1901) (Taf. 6 oben) und S. watsoni merung auf kleinen Waldblößen entlang von Bergquel- THEISCHINGER, 1982 (Taf. 6 unten), unterscheiden sich len“ in „schießendem Flug“ dicht über dem Boden, von den offenbar nahverwandten Notoaeschna-Arten „eher wie Bremsen (Tabanidae) als wie Libellen erschei- durch die im Vergleich zur Situation in den Vorderflü- nend“ (THEISCHINGER 1978). Ihre Flugzeit fällt in den geln deutlich breiteren Diskoidaldreiecke in den Hin- australischen Frühling und Frühsommer. Die Larven le- terflügeln sowie auch durch die erkennbar verdickten 8. ben in ihren letzten Stadien außerhalb des Wassers an und 9. Abdominalsegmente der Weibchen, deren anale feuchten Plätzen unter Holz- und Rindenstücken an Appendices zudem auffallend lang sind (Abb. 10). dicht bewaldeten Schluchthängen (WATSON & THEI- Die Spinaeschna-Larven (Taf. 7 oben rechts) haben SCHINGER 1980). ein schlankeres Prämentum mit Glossen und Paraglos- sen, „gesägte“ Labialpalpen mit Endhaken und keine Brachytronini sensu DAVIES & TOBIN, 1985 Dorsalstachel auf den Abdominalsegmenten, jedoch ab- dominale Seitenstachel bereits ab dem 3. Segment. Sie Notoaeschna TILLYARD, 1916 sind ebenfalls Bewohner montaner und submontaner TILLYARD (1916) war es, der die erstbeschriebene Art, Flüsse und Bäche, und Spinaeschna-Exuvien werden N. sagittata (MARTIN, 1901) (Taf. 5 oben), aus der Gat- häufig zusammen mit solchen von Notoaeschna an den- tung Austroaeschna herauslöste, deren Spezies sie generell nicht unähnlich ist. Doch gemeinsam mit der anschlie- selben Stellen gefunden. ßend vorzustellenden Gattung Spinaeschna unterscheiden sich die Arten von Notoaeschna in einigen Merkmalen Dendroaeschna TILLYARD, 1907 deutlich von Austroaeschna: Antennen 6-gliedrig, Öhr- Die in Richtung Flügelbasis versetzte zweite ver- chen breiter als lang, Appendices superiores der Männ- stärkte Antenodalquerader (ax2) sollte das charakteri- chen relativ lang und bogig einwärts gekrümmt, Endglied sierende Merkmal der von BECHLY (1996) innerhalb der der Vesica spermalis mit langen Flagella (Abb. 7), Su- traditionellen Brachytroninae eingerichteten Familie praanalplatte der Weibchen deutlich zugespitzt oder mit Telephlebiidae sein. Als einzige „Australierin“ der Grup- dornartig verlängertem Mittelteil (Abb. 8), ventrale Por- pe widerspricht Dendroaeschna dieser Zuordnung: ihre tion des 10. Segments der Weibchen fein bestachelt, ax2 befindet sich in der normalen aeshniden-üblichen doch ohne Randzähnchen. Die Larven, insbesondere die Position über dem Diskoidaldreieck (Abb. 11). Dendro- Notoaeschna-Larven (Taf. 7 oben links), haben auffallend aeschna ist monotypisch: D. conspersa TILLYARD, 1907 lange und kräftige Beine, Epiproct und Paraprocte sind (Taf. 21). Ihre auffallend breite, an den Seitenkanten bestachelt, und auch bei weiblichen Larven ist ein Epi- dicht bürstenartig behaarte Stirn (Abb. 12) ist in Aust- proct-Höcker vorhanden. Durch sehr große, prominente ralien ohne Beispiel, hat jedoch Parallelen unter den hi- Dorsalfortsätze unterscheiden sich Junglarven von Noto- malajanisch-südchinesischen Genera Gynacanthaeschna aeschna sehr deutlich von denen von Spinaeschna (THEI- FRASER und Cephalaeschna SELYS. Queradern im Basal- SCHINGER 2002). Und ebenso deutlich unterscheiden feld der Flügel, wie für Telephlebia und Antipodophlebia er- sich reife Notoaeschna und Spinaeschna Larven: Noto- wähnt, sind auch bei Dendroaeschna vorhanden. aeschna-Larven zeigen nur 1 Paar Glossen (Abb. 9), und Die Imagines der relativ kleinwüchsigen Art sind ihre Abdominalsegmente tragen je einen stumpfen Sta- tagsüber, aber auch in der Dämmerung, aktiv, heliochrom chel entlang der Rückenmitte. gefärbt und wie die Arten von Austroaeschna und der Die Larven beider Notoaeschna-Arten, N. sagittata oben behandelten Genera Notoaeschna und Spinaeschna und der weiter nördlich verbreiteten N. geminata THEI- im männchlichen Geschlecht blauäugig. Sie fliegen in SCHINGER, 1982 (Taf. 5 unten), leben in kleinen Flüssen der Regel erst in der 2. Hälfte des Sommers und im insbesondere an Stellen, wo sich das Wasser schäumend Herbst. Die Larven leben in Bächen und kleinen Flüssen zwischen Steinen und Felsen ergießt („rapids“), und des Berg- und küstennahen Tieflands. Sie zeichnen sich auch in „riffle“-Situationen von Bächen. Über diesen durch zugespitzte Postocularlappen und dorsal gekielte

520 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at terminale Abdominalsegmente aus (Taf. 21 unten). (Gesamtlänge bis 50 mm). Durch ihre beiden Arten verkörpert Austrophlebia Acanthaeschna SELYS, 1883 ein unter australischen Brachytroninen mehrfach wie- Neben der ebenfalls monotypischen Dendroaeschna derkehrendes disjunktes Verbreitungsmuster: A. costalis ist A. victoria MARTIN, 1901 (Taf. 8) wohl die rätselhaf- lebt südlich des 21. Breitengrades, A. subcostalis nörd- teste Art der australischen Brachytroninen und zudem lich davon. Zwischen beiden Arealen befindet sich das nur von sehr wenigen Plätzen bekannt (THEISCHINGER „Paluma-Eungella gap“ (WATSON & THEISCHINGER 2000). Die Imagines sind wie Telephlebia und Antipo- 1984; THEISCHINGER 2001). dophlebia aphantochrom gefärbt und haben wie diese relativ breite Flügel mit abgerundeten Spitzen. Das lan- Austroaeschna SELYS, 1883 ge Pterostigma teilen sie lediglich mit Telephlebia, eine Mit 20 oder 21 Arten stellen die bisher in dieser vergleichbar relativ offene Flügeladerung ist eher bei Gattung vereinigten Spezies die große Mehrheit der Antipodophlebia zu sehen. Mit den Spezies von Austro- australischen Brachytroninae. Obwohl diagnostisch si- aeschna verbindet sie, abgesehen vom „offenen“ Geäder, cher von den übrigen australischen Genera unterscheid- die längliche Analschleife und der Mangel an akzessori- bar (THEISCHINGER 1982, WATSON et al. 1991), ist es schen basalen Queradern. Bemerkenswert sind einige gattungstypische Besonderheiten: der braune Längs- schwierig, die Monophylie dieser Gruppe zu begründen. streif an den Thoraxseiten, eine akzessorische (zweite) Die der Gattung zugerechneten Arten haben einen vom Radius-Supplementärader (Rspl2), die dem Radiusast Augenhinterrand-Kiel separierten Postgenae-Wulst, RP3/4 parallel verläuft, wobei beide Adern (RP3/4 und dem bei etlichen Arten die sogenannten Postokular- Rspl2) deutlich zum Flügelhinterrand umbiegen (Taf. 8 loben aufsitzen (Abb. 14). Bei einer ganzen Reihe von oben); der hintere Winkel des Diskoidaldreiecks stößt Arten ist das Occipitaldreieck auf seiner Rückseite mit einem nach hinten gerichteten pfropfenförmigen Fort- direkt auf die Analader (ALLBROOK & WATSON 1978) (Abb. 13). satz ausgestattet. Dieser „occipital knob“ (Abb. 15) fin- det sich aber auch bei den Imagines von Notoaeschna Im Unterschied zu Telephlebia und Antipodophlebia und Spinaeschna. Die basale Portion von Segment 10 der scheint Acanthaeschna mehr tagaktiv zu sein. Die Lar- Weibchen ist als „zahntragende Platte“ mit deutlich ven (Taf. 8 unten) leben wahrscheinlich in stark be- entwickelten apikalen Zähnchen ausgebildet (Abb. schatteten, tiefen Pfützen träge fließender Bäche und 16), und der Vorderrand des Labiums der Larven trägt 2 Flüsschen des Küstentieflandes. Paare von Tuberkeln, die Glossen und Paraglossen (Abb. 17). In Analogie zu Acanthaeschna zeigen alle Austrophlebia TILLYARD, 1907 Arten eine deutliche Tendenz zur axialen Streckung der Die Arten dieser Gattung sind die mit Abstand Analschleife (Abb. 18). größten brachytroninen Libellen Australiens (Flügel- länge über 60 mm, Abdomenlänge um 70 mm): A. cos- Ausgangspunkt für die systematische Erforschung talis (TILLYARD, 1907) (Taf. 9 oben) und A. subcostalis der Gattung war ihre vom Juniorautor seit langem prak- THEISCHINGER, 1996 (Taf. 9 unten) (THEISCHINGER tizierte Unterteilung in mehrere Teilgruppen: die A. for- 1996). Es handelt sich um aphantochrome Odonaten cipata-Gruppe mit den Arten A. forcipata (TILLYARD, mit goldbraunen Flügeln, die zudem ein braunes Band 1907) (Taf. 10 oben) und A. weiskei (FÖRSTER, 1908) entlang ihres Vorderrandes aufweisen (Taf. 9). Inner- (Taf. 10 unten) (bereits von FÖRSTER (1908) als Drom- halb der Brachytroninae sind sie in ihrer Größe ver- aeschna FÖRSTER herausgestellt), die A. pulchra-Gruppe gleichbar mit der japanischen maclachlani SELYS (jetzt Pulchaeschna subgen. nov.) mit A. pulchra TILLY- und der nordamerikanischen heros HAGEN; ARD, 1909 (Taf. 11 oben), A. eungella THEISCHINGER, in ihrer Gesamterscheinung erinnern sie an gynacanthi- 1993 (Taf. 11 unten) und A. muelleri THEISCHINGER, ne Aeshniden. Zu ihren morphologischen Besonderhei- 1982 (Taf. 12 oben), die A. unicornis-Gruppe mit A. ten gehören ein relativ engmaschiges Geäder mit einer unicornis MARTIN, 1901 (Taf. 13 oben), A. pinheyi THEI- vielzelligen Analschleife, akzessorische Queradern in SCHINGER, 2001 (Taf. 13 unten), A. speciosa SJÖSTEDT, der Flügelbasis, eine schmale, mitten zugespitzte Stirn 1917 (Taf. 14 oben), A. cooloola THEISCHINGER, 1991 und das Vorhandensein eines thorakalen Metastigmal- (Taf. 14 unten), die A. subapicalis-Gruppe mit A. subapi- streifs (Taf. 9). Speziell bei den Larven gibt es eine Rei- calis THEISCHINGER, 1982 (Taf. 16 oben), A. atrata MAR- he von Merkmalen, in denen die Austrophlebia-Arten TIN, 1909 (Taf. 16 unten), A. hardyi TILLYARD, 1917 mit den Arten der Gattung Austroaeschna übereinstim- (Taf. 17 oben) und A. tasmanica TILLYARD, 1916 (Taf. 17 men oder ihnen ähnlich sind (THEISCHINGER 2002). unten) und schließlich die A. multipunctata-Gruppe mit Entsprechend der Größe der Imagines sind auch die rei- A. multipunctata (MARTIN, 1901) (Taf. 19 oben), A. obs- fen Larven von Austrophlebia (Taf. 7 unten) sehr groß cura THEISCHINGER, 1982 (Taf. 19 unten), A. parvistigma

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(SELYS, 1883) (Taf. 18 unten), A. sigma THEISCHINGER, Gebiet und eine nicht gerade leicht zu sammelnde 1982 (Taf. 20 oben) und A. christine THEISCHINGER, Gruppe von Libellen nicht 100%ig bewältigen können. 1993 (Taf. 20 unten). Mehr oder weniger außerhalb die- ser Gruppen verblieben A. anacantha TILLYARD, 1908 3. Die endemischen Taxa und ihre (Taf. 15 unten), A. flavomaculata TILLYARD, 1916 (Taf. 18 oben) und A. inermis MARTIN, 1901 (Taf. 12 unten). phylogenetischen Beziehungen Die überraschende Vielgestaltigkeit der australi- Alle Austroaeschna-Imagines sind mehr oder minder schen Brachytroninen offenbart sich in den beträchtli- von mittlerer Größe. Sie sind heliochrom gefärbt (Ta- chen generellen und speziellen morphologischen Unter- feln 11-20) und tagaktiv, obwohl die Lichtverhältnisse schieden zwischen den Gattungen und bisweilen selbst in Regenwaldbächen der Tropen oft dämmerungsähn- zwischen Arten einer Gattung. Vor diesem Hintergrund lich sind. Ihre rheophilen Larven (Taf. 15 oben) leben machte es sich zum einen erforderlich, eine relativ hohe an Bergbächen und Bergflüssen, mitunter auch in klei- Anzahl von Merkmalen und Merkmalkomplexen zu un- nen Quellrinnsalen. tersuchen und zum anderen alle verfügbaren rezenten Zum Abschluss sei bemerkt, dass Bemühungen des Genera der Neoaeshnida BECHLY, 1996 zu Vergleichen Juniorautors und einer Anzahl anderer in- und ausländi- heranzuziehen. Einzig die Vielzahl der geprüften Taxa scher Sammler, in den letzten 14 Jahren noch unbe- bot hinreichende Chancen für zuverlässige Lesrich- schriebene australische „Brachytroninen“ zu finden, bis- tungsentscheidungen zwischen den alternativen, oft her weitgehend erfolglos waren. Überdies konnte an auch nur graduell abgestuften Ausprägungen der Cha- den Juniorautor herangetragenen Identifikationserfor- raktere im Sinne von „eher ursprünglich“ (plesiomorph) dernissen bezüglich Imagines und Larven vernünftiger contra „relativ abgeleitet“ (apomorph). Außerdem er- Größe von zahlreichen Lokalitäten Australiens in allen leichterte die breit angelegte Materialbasis eine Unter- Fällen entsprochen werden. Damit sollte man anneh- scheidung zwischen der Mehrfachentstehung homolo- men können, dass alle existierenden Arten (nach den ger Strukturen und einer mehrfachen Reduktion dersel- herkömmlichen Artbegriffen) bekannt sind und dass ben sowie auch das Auffinden von Abhängigkeiten über die diesen Begriffen entsprechende Abgrenzung (Koppelungen) in den phylogenetischen Abwandlun- der Arten ausreichende Sicherheit besteht. Es ist jedoch gen von zwei oder mehr Merkmalen. Die Mehrfach-Ex- auch zu bedenken, dass nur wenige Sammler ein sehr pression rsp. Mehrfach-Unterdrückung von Merkmal- großes und an vielen Stellen schwer- bis unzugängliches qualitäten in einzelnen Subtaxa eines Taxons, von BRUNDIN (1976) als „unique inside parallelisms“ und von SAETHER (1979) als „underlying synapomorphies“ bezeichnet, sind auch bei den Neoaeshnida ein generell verbreitetes und nicht gerade seltenes Phänomen. Wir analysierten vier Komplexe von Charakteren: a) Merkmale des Flügelgeäders: Proportionen der basa- Abb. 2-20: (2-5) Telephlebia: (2) T. tryoni Y, len Flügelzellen (Basal-, Cubital- und Subdiskoidal- Vorderflügel; (3-5) T. godeffroyi: (3) =, Hinterflügel; zelle, Diskoidaldreieck, Analschleife und Analdrei- = = (4) , Kopf, dorsal; (5) Larve, Abdomenende, lateral; eck) nebst den Positionen der verstärkten Anteno- (6) Antipodophlebia asthenes Y, Vorderflügel; (7, 8) Notoaeschna sagittata: (7) =, Penoid, lateral, und dalqueradern, des Arculus und Nodus sowie des „anal Endglied, ventral; (8) Y, Abdomenende, dorsal; (9) crossing“ (Rudiment des Cubitus posterior); Vorhan- Notoaeschna sagittata Larve, Labium, ventral; (10) densein rsp. Fehlen akzessorischer Queradern in den Y Spinaeschna tripunctata, , Abdomenende, dorsal; basalen Flügelfeldern, Position und Gestalt des Pte- (11, 12) Dendroaeschna conspersa: (11) =, Vorderflügel; (12) Y, Kopf, dorsal; (13) Acanth- rostigmas und der Interradius-Gabel; Besonderheiten aeschna victoria =, Hinterflügel; (14) im Verlauf der Längsadern und im Adernetz der je- Augenhinterrand-Kanten und Postgenae-Kiele: (links): weils zwischen ihnen liegenden Flügelbereiche. Notoaeschna sagittata = (2 Ansichten), Acanthaeschna victoria = (2 Ansichten); Austroaeschna pulchra =; A. b) Strukturen und Proportionen von Kopf, Thorax und cooloola Y; A. unicornis =; A. anacantha Y; (rechts): Abdomen nebst Anhangsorganen (Mundteile, An- Austrophlebia costalis = und Y; Dromaeschna tennen, Augen, Beine, sekundäre Geschlechtsorgane, forcipata =; D. weiskei =; Austroaeschna subapicalis =; A. flavomaculata =; A. multipunctata =; (15-20) Analanhänge); Besonderheiten in den Oberflächen- Austroaeschna: (15) A. subapicalis Y, Kopf, dorsal; strukturen und Proportionen der Körperteile, insbe- (16) A. speciosa Y, Subanalplatte, ventral; (17) A. sondere des Kopfes und der Abdominalsegmente. atrata Larve, Labium, ventral; (18, 19) A. parvistigma =: (18) Hinterflügel; (19) Vorderflügel; (20) A. c) Zeichnungs- und Färbungsmuster der einzelnen Kör- flavomaculata =, Hinterflügel. perabschnitte unter den Aspekten ihrer Ausgestal-

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tung und Differenzierung. 1908 (bei den beiden letzteren mit individuellen Aus- nahmen), bei allen Arten der Brachytron-Gruppe (Bra- d) Morphologische Merkmale, Größe und Proportionen chytron EVANS, 1845, Aeschnophlebia SELYS, 1883, Epi- reifer Larven anhand von Exuvien. aeschna HAGEN, 1875, SELYS, 1900, Tetra- Im Verlaufe der Erhebungen stellten sich unserer canthagyna SELYS, 1883) und schließlich auch bei allen Ausgangshypothese „Alle australischen Brachytroninae Formen der Aeshninae sensu DAVIES & TOBIN, 1985 sensu DAVIES & TOBIN, 1985 konstituieren ein Mono- einschließlich SELYS, 1883 und Oplon- phylum“ zunehmende Argumentationsschwierigkeiten aeschna SELYS, 1883. entgegen. Wir fanden Kongruenzen zwischen der austra- Die Telephlebiidae COCKERELL im Umfang der ih- lischen Telephlebia und den holarktisch/orientalisch ver- nen von BECHLY (1996) zugesellten Gattungen zeigen breiteten Arten der Gattung Boyeria MCLACHLAN, die basale Verlagerung der ax2 auch in den Hinterflü- 1896, und als ein „Stein des Anstoßes“ erwies sich auch geln (mit Ausnahme von Acanthaeschna). Die Ausdeh- Dendroaeschna. Die Individuen dieser monotypischen nung der Translokation von ax2 auf die Hinterflügel Gattung (D. conspersa) zeigen nicht nur abweichend dürfte eine Synapomorphie dieses Taxons sein, Plan- von allen übrigen „Australiern“ (Abb. 19, 20) die zwei- aeschna und Dendroaeschna wiederum ausgenommen. Es te verstärkte Antenodalquerader (ax2) in „aeshnidenge- sei angemerkt, dass unsere Schwierigkeiten in der phy- rechter“ Position über dem Diskoidaldreieck (Abb. 11), logenetischen Beurteilung des Merkmals „Basalver- sondern stimmen auch in der extrem breiten, frontal schiebung von ax2“ nicht nur im Auffinden von Merk- längsgekielten Stirn (Abb. 12) mit der himalajanischen malabwandlungen lagen, durch deren Bewertung ihr Gynacanthaeschna FRASER, 1921 überein. Die Frage mehrfacher Wechsel zum vertrauten „Normzustand“ nach eventuellen australisch-asiatischen Verbindungen (ax2 über dem Flügeldreieck) wahrscheinlich gemacht von Telephlebia und Dendroaeschna hat uns über Jahre werden konnte, sondern auch darin, dass die Basalver- beschäftigt. Wir entwarfen, diskutierten und verwarfen schiebung, wie bereits von BECHLY (1996) angemerkt, fast ein Dutzend von Phylogrammen der australischen ein eher quantitatives Charakteristikum darstellt: ax2 Brachytroninae mit und ohne Einschluss ihrer mögli- kann, abweichend von seiner reversen Position bei den chen Verwandten außerhalb des Kontinents, ehe wir die Aeshninae und Gomphaeschninae, sowohl auf Höhe nun hier vorzutragende Version ihrer Monophylie und des basalen Viertels des Diskoidaldreiecks als auch sei- inneren Hierarchie als eine diskussionswürdige Aus- nes basalen Winkels stehen, ferner zwischen Diskoidal- gangsbasis für weitere Untersuchungen erachteten. Die- dreieck- und Arculus-Niveau, auch über dem Arculus se Version beruht vor allem auf zwei wesentlichen Ein- und schließlich sogar kurz vor ihm. Leicht variierende sichten, zu denen wir im Ergebnis der komplexen Mer- Positionen kommen individuell in allen Gattungen vor. malvergleiche schließlich gekommen sind. Besonders deutlich sind sie innerhalb der westpaläarkti- 1. Die ax2-Verlagerung von einer Position über der schen Boyeria-Spezies. Dem Normzustand angenäherte Mitte des Diskoidaldreiecks auf ein Niveau zwischen ax2-Positionen über dem Basalwinkel des Flügeldreiecks seinem Basalwinkel und dem Arculus (Abb. 20) ist kei- oder gleich distal von ihm sind relativ häufig bei Plan- ne Synapomorphie der Telephlebiidae COCKERELL, aeschna- und -Individuen zu sehen. 1913. Wir fanden die Verlagerung („recessed ax2“) in Schließlich sei erwähnt, dass species- und gruppen- Beschränkung auf die Vorderflügel auch bei Allopetalia typische Unterschiede in der Position einzelner Ele- SELYS, 1873 und bei allen von BECHLY et al. (2001) ab- mente des Flügelgeäders nicht auf die Stellung des ax2 gebildeten Angehörigen seiner fossilen Gomph- beschränkt sind. Es gibt sie auch hinsichtlich der ersten aeschnaoidinae. Es ist sogar wahrscheinlich, dass sie be- verstärkten Antenodalquerader (ax1), des Arculus, des reits bei der jurassischen Eumorbaeschna BECHLY et al., rudimentären Cubitus posterior (CuP-Kreuzung), des 2001 ausgebildet war (BECHLY et al. 2001, l.c., S. 140). Nodus und Pterostigmas, der Interradius-Gabel (IR2- Nach diesen Beobachtungen erscheint eine „Basalver- Gabel), um nur die auffälligsten zu nennen. Einige von schiebung“ von ax2 im Vorderflügel als eine Autapo- ihnen werden noch im Detail zu erörtern sein. morphie der Euaeschnida BECHLY (= Aeshnidae FRASER, 1957) oder doch zumindest der Neoaeshnida sensu 2. Innerhalb monophyletischer Taxa niederer Hie- BECHLY et al., 2001, die dann von verschiedenen Subta- rarchiestufen, etwa auf dem herkömmlichen Familien- xa aufgegeben wurde, so z. B. bei den Gomphaeschninae und Unterfamilienniveau, existiert, wie schon angedeu- sensu BECHLY et al., 2001, repräsentiert durch Gomph- tet, ein großes Reservoir an Parallelismen (Homopla- aeschna SELYS, 1871, Sarasaeschna KARUBE & YEH, 2001, sien), die sich in der Expression gleichförmiger homolo- SELYS, 1889 und Linaeschna MARTIN, 1908, ger Merkmalausprägungen in einzelnen Subtaxa doku- bei den brachytroninen Genera Dendroaeschna, Plan- mentieren. Selbst Merkmale, die ausschließlich oder aeschna MCLACHLAN, 1896 und Limnetron FÖRSTER, doch fast ausschließlich nur bei den Aeshnodea zu fin-

524 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at den sind, wie etwa die IR2-Gabel oder bestimmte Que- sicherheiten im Phylogramm der Gattung (Abb. 21) be- radern im basalen Teil des Flügels, machen keine Aus- treffen die unicornis-Gruppe sowie die terminale Dreier- nahme. Auch so auffallende „Besonderheiten“ wie eine gruppe obscura/sigma/christine. Zum einen könnte es sich breite Stirn, Farbmale auf den Flügeln, Verdichtung erweisen, dass A. unicornis pinheyi THEISCHINGER, 2001 oder Vergröberung des Geädernetzes, verbreiterte Ha- eine distinkte Spezies darstellt (wie in unserem Schema mular-Durchlässe, verlängerte Abdominalsegmente, prognostiziert) und zum anderen ist nicht auszuschlie- Hinterleib der Männchen ohne „Taille“ usw. wurden ßen, dass nicht A. sigma, sondern A. obscura die mehrfach hervorgebracht. Sehr häufig sind Reduktio- Schwesterart von A. christine sein könnte. nen in Struktur- und Zeichnungsmerkmalen. Zum Verständnis der Auflistung der Autapomor- Da wir anfänglich nur sehr vage Vorstellungen über phien der Subtaxa und Spezies von Austroaeschna mö- eine mögliche Monophylie der brachytroninen Aeshni- gen noch einige Anmerkungen nützlich sein. Vor allem den Australiens hatten und da uns die Annahme einer müssen drei Strukturen auf der Rückseite der Kopfkap- Monophylie für die Gesamtheit ihrer in Australien exis- sel im Bereich des Occipitale und der Postgenae er- tierenden Genera nach einigen Voruntersuchungen wähnt werden, die Austroaeschna und z. T. auch ihre auch nur als eine von mehreren denkbaren Hypothesen nächstverwandten Genera synapomorph kennzeichnen: erschien, begannen wir mit der phylogenetischen Ana- Occipital-Zapfen, separate obere Postgenae-Kiele und lyse „von unten“: An den Anfang unserer Ermittlungen Postocular-Zipfel. stellten wir die artenreichste und hinsichtlich der ein- Die Ausformung eines Occipital-Zapfens (Abb. 15) zelnen Spezies gut bearbeitete Gattung Austroaeschna ist ein apomorpher Grundmuster-Charakter der Tele- SELYS, 1883 (THEISCHINGER 1978, 1982, 1993, 2001). phlebiiden, der allerdings im Verlaufe ihrer Stammesge- Diesem Teil der Arbeit folgte die Untersuchung der sys- schichte in mehreren Subtaxa reduziert wurde. Er hat tematischen Beziehungen zwischen allen australischen sich bei 2 von 6 Telephlebia-Spezies erhalten, bei allen Gattungen, und nach dem Entwurf einer vertretbaren vier Arten der Notoaeschnini trib. nov. (s. Kap. 3.2.) Monophylie-Hypothese für deren Mehrheit stellte sich und im Falle von Austroaeschna bei den Spezies von schließlich die Frage nach ihren Verwandtschaftsbezie- Pulchaeschna subgen. nov., den Arten der A. unicornis- hungen zu den außer-australischen Brachytroninen. Der Gruppe, bei A. anacantha sowie bei zwei der vier Spezies Versuch, eine Antwort auf diese Frage zu finden, führte der A. subapicalis-Untergruppe. Unter den non-australi- unvermeidlich zu einer Prüfung der Monophylie aller schen Brachytroninen fanden wir einen kleinen Occipi- generischen und supragenerischen Taxa der Euaeshnida tal-Zapfen nur bei der nordamerikanischen Nasiaeschna. BECHLY, 1996. Zu unserem Bedauern, weil vermutlich Verwirrung stiftend, fielen die Prüfungen in einer Reihe Synapomorph auf Austroaeschna und Dromaeschna von Fällen negativ aus: es fanden sich sowohl paraphy- beschränkt ist die Separation der zu beiden Seiten des letische als auch polyphyletische „Taxa“ wie z. B. die der Occipitale verlaufenden flach-kantigen oberen Postge- Gynacanthini sensu DAVIES & TOBIN, 1985. Der hier (s. nae-Kiele von den Hinterkanten der Komplexaugen Kap. 3.3.) zu offerierende Vorschlag eines phylogeneti- (Abb. 14). Die plesiomorphe Alternative besteht in der schen Systems der Euaeshnida ist das Ergebnis unserer Vereinigung der Postgenae-Kiele mit den Hinterkanten Studien, von dem wir annehmen, dass es einen Fort- der Augen in einigem Abstand jederseits des Occipitale schritt in der Aeshniden-Systematik darstellt, jedoch (Abb. 14). keineswegs „der Weisheit letzten Schluss“. Auch die bei den Weibchen den Postgenae-Kielen zu beiden Seiten des Occipitale aufgesetzten Postocular-Zip- 3.1. Das Austroaeschna-System fel sind wahrscheinlich eine Dromaeschna/Austroaeschna- Synapomorphie (Abb. 15). Eine gewisse Unsicherheit re- Die in der Monographie von THEISCHINGER (1982) sultiert aus dem Umstand, dass sie nur bei D. forcipata dem Genus Austroaeschna zugerechneten beiden Arten vorhanden sind, während sich bei D. weiskei nicht einmal der von FÖRSTER (1908) aufgestellten Gattung Drom- Spuren von ihnen finden lassen. Allerdings: sie fehlen bis aeschna (forcipata und weiskei) erwiesen sich als Schwes- auf geringe Reste auch den Arten der unicornis-Gruppe tergruppe aller übrigen Arten von Austroaeschna. Drom- von Austroaeschna (mit Ausnahme von A. inermis, deren aeschna ist deshalb als Genus zu revalidieren. Spezies ty- Weibchen meist noch kleine Postocular-Zipfel zeigen). pica ist Dromaeschna forcipata (TILLYARD, 1907). Die Weibchen von A. (P.) pulchra tragen generell ein Austroaeschna ist mit 18 oder 19 Spezies die auf tra- Paar Hörnchen oberhalb der weitgehend reduzierten Pos- ditionellem Gattungsniveau mit Abstand artenreichste tocular-Zipfel (Abb. 22), und die Arten der terminalen Gruppe der australischen Telephlebiiden. An der Mo- Gruppierung obscura/sigma/christine haben nur „noch“ nophylie des Taxons ist kaum zu zweifeln. Gewisse Un- schwache Andeutungen dieser Struktur.

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Aus der nachfolgenden Auflistung der Aut- und Sy- aeschna und Dromaeschna (s. Kap. 3.2.). Abweichend von napomorphien der Austroaeschna-Subtaxa ist abzulesen, ihren Grundmuster-Eigenschaften können helle Streifen, dass wesentliche Argumente zur phylogenetischen Struk- Flecken und Tüpfel von Art zu Art sowohl bis zum Ver- schwinden verkleinert als auch vergrößert sein; einzelne tur der Gattung über vergleichende Analysen der Abän- Elemente können miteinander verschmelzen, und es derungen der hellen Zeichnungselemente an Kopf, Tho- können „neue“ (im Grundmuster nicht vorhandene) rax und Abdomen gewonnen wurden. Gleiches gilt auch gruppen- und artspezifische Elemente hinzutreten (Abb. für die diesbezüglichen Unterschiede zwischen Austro- 24, 27, 28, 35, 38, 43, 45, 46; Taf. 10-20).

Aut- und Synapomorphien 1. Austroaeschna abdominale Anterodorsalflecken (AD) primär paa- rig angelegt unpaare dorsomediane „Signalflecken“ auf den ter- minalen Abdominalsegmenten (underlying synapo- morphy) Augen der adulten Männchen blau 2. Subgenus Pulchaeschna subgen. nov. (Typusart: Austroaeschna unicornis pulchra TILLYARD, 1909; einschließend A. pulchra, A. eungella THEISCHINGER und A. muelleri THEISCHINGER) Stirn auf über 50% der Kopfbreite verbreitert (Taf. 11, 12 oben) Ovipositor beim Weibchen und im letzten Larven- stadium Segment 10 deutlich überragend Abdominalflecken bis auf die markanten Antero- dorsalia (AD) reduziert (Taf. 11, 12 oben) larvales Prämentum schlank (Längen/Breiten-In- dex 1.7-1.8) 2.1. A. (P.) muelleri Signalflecken“ auf Abdominalsegment 9 in beiden Geschlechtern vergrößert (Taf. 12 oben) 2.2. A. pulchra/eungella Postocular-Zipfel stark verkleinert (Abb. 22, 23) Appendix inferior verbreitert (parallel so bei A. inermis und der subapicalis-Untergruppe) terminale Abdominalsegmente der Larven dorsal gekielt 2.2.1. A. (P.) pulchra Weibchen mit Hörnchen über den Resten der Pos- tocular-Zipfel (Abb. 22) 2.2.2. A. (P.) eungella einzelne Individuen mit „offener“ Analschleife (pa- rallel zu Dendroaeschna) (Taf. 11 unten) Seitenstachel am larvalen Abdominalsegment 5 winzig 3. Subgenus Austroaeschna IR2-Gabel mit eingefügter mittlerer Zellreihe (Taf. 12 unten, 13, 14 oben, 15 unten, 16, 17) Analschleife überwiegend länger als tief (Abb. 18) mindestens 3 Zellen zwischen Analschleife und Flügelhinterrand Mesepimeralstreif in Tüpfel aufgelöst (Abb. 24) Metepimeralstreif, von der ursprünglichen Schräg- Abb. 21: Phylogramm von Austroaeschna. stellung abweichend, unterschiedlich abgewandelt

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(Abb. 24, 27, 28, 35, 38, 43, 45, 46) Appendices superiores der Männchen verkürzt und paarige helle Flecken auf den Ventralpartien der einwärts abgeknickt (Taf. 14 oben; Abb. 32) abdominalen Terga von Abdominalsegment 3 bis Segment 8 zuneh- 4. A. unicornis-Gruppe mende Vergrößerung der MD bei Männchen (Taf. Postocular-Zipfel bis auf geringe Reste reduziert 14 oben) Mesepimeralstreif bis auf ein oberes und ein unte- Abdominalsegment 5 der Larven ohne Seitensta- res Fleckchen reduziert (Abb. 24) chel (parallel so in A. pinheyi) Metastigmalstreif sekundär komplett (Abb. 24) 4.2.2.2. A. cooloola Metepimeralstreif schmal sichelförmig, dahinter mittlere Zellreihe der IR2-Gabel auf das äußere ein längliches Fleckchen (Abb. 24) Drittel reduziert Subgenitalplatte der Weibchen mit reduzierter An- Appendices superiores (Männchen) verschmälert zahl (9-5) randständiger oligomerer Dornen (Abb. (Abb. 33) 16) 5. A. anacantha/subapicalis/flavomaculata/parvis- 4.1. A. inermis tigma-Gruppe Occipital-Zapfen mit Rückwand des Occipitale Postocular-Zipfel groß (sekundär verkleinert bei verschmolzen (Abb. 25) terminalen Taxa) Wülste des Penoid-Endgliedes mit drei Paar Analschleife um 50% länger als tief (Abb. 18) Stacheln (Abb. 26) Labrum mit markantem, gelb bis orangefarbenem Appendices superiores (Männchen) kürzer als Seg- meist zweigeteiltem herzförmigem Fleck (Abb. 34) ment 10 Stirn oberseits mit „Augenflecken“ (Taf. 15 unten, nur unteres Teilfleckchen des Mesepimeralstreifs 17 oben, 18-20) (in der A. subapicalis-Untergruppe erhalten (Abb. 27) nur bei A. hardyi) Larven mit auffallend langen kräftigen Beinen alle Thoraxstreifen in Tüpfel aufgelöst (Abb.35, 4.2. A. unicornis-Untergruppe 38, 43, 45, 46; Taf. 15 unten, 16-20) Analschleife deutlich länger als tief (Taf. 13, 14) oberer Tüpfel des Mesepimeralstreifs sigmoid gebo- Tendenz zur Vereinigung der AD, AL (Anterolate- gen (Abb. 38, 43, 45, 46) ralflecken), ML (Mediolateralflecken) und MD 6. A. anacantha (Mediodorsalflecken) auf Abdominalsegment 8 zu Pterostigma verlängert einem „Signalfleck“ (Taf. 13, 14) akzessorische Analschleife larvaler Meso- und Metathorax mit je einem Paar Postocular-Zipfel auch bei Männchen deutlicher Lateralhöcker Metastigmalstreif in 4, Metepimeralstreif in 3 Tüp- 4.2.1. A. unicornis/pinheyi fel aufgelöst (Abb. 35) deutliche verlängertes Abdomen infolge Streckung von Segment 8: bei Männchen das 5.7-6.1 fache gelber Fleck auf den Tibien (vor dem Tibia/Femur- der Kopfbreite erreichend (Norm bei Austroaeschna Gelenk) ist das 5.2-5.4 fache; parallel so bei Notoaeschna 7. A. subapicalis/flavomaculata/parvistigma-Infra- und Dromaeschna) gruppe 4.2.1.1. A. unicornis (+ „ intermediates“) mittlere IR2-Zellreihe proximal verkürzt oder mit- auf Segment 8 entfallen bei den Männnchen 9.3- ten unterbrochen oder völlig aufgelöst 9.5% der Abdomenlänge (bei A. pinheyi nur 8.9- Abdominalsegment 10 der Männchen mit deutli- 9.1%) chem Dorsalhöcker (Taf. 16-20) 4.2.1.2. A. pinheyi 8. A. subapicalis-Untergruppe unterer Fleck des Mesepimeralstreifs nur als schwa- mediale Lappen des Penoid-Endgliedes mit rohrar- ches Strichelchen erhalten (Abb. 28) tiger Führung unter den Endlappen (Abb. 36) Segment 10 des Männchens im Profil steil gerun- Appendix inferior verbreitert und terminal meist det abfallend (Abb. 29) (flach gerundet bei A. uni- leicht zweizipfelig (Abb. 37) cornis; Abb. 30) „Augenflecken“ auf der Stirnoberseite reduziert 4.2.2. A. speciosa/cooloola Von den 2 Flecken des Metepimeralstreifs ist der Vorderflügel deutlich länger als Hinterflügel (bei obere der größere (Abb. 38) Männchen 102-104% der Hinterflügel-Länge) akzessorisches Fleckchen schräg über/hinter dem Subanalplatte der Weibchen mit maximal 5-6 Metastigma (Abb. 38) randständigen Zähnchen 8.1. A. subapicalis/atrata 4.2.2.1. A. speciosa larvales Prämentum kurz und breit (Index 1.0-1.1), Dorsalkante von Abdominalsegment 10 der Männ- mit Kontrastfärbung auf der Ventralseite chen im Profil eckig (Abb. 31) keine Mandibelflecken

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gelber Fleck auf den Labialpalpen kontrastvoll ver- 11. A. parvistigma-Teilgruppe stärkt (Abb. 39) kauende Mundteile auffallend orangerot getönt große gelbe Postorbitalflecken auf Höhe der Incisu- (Abb. 44) ra lateralis ventro-posteriorer Rand des verkürzten Humeral- von vorn nach hinten leicht ansteigender brauner streifs mitten eingedellt (Abb. 45) Streif über die Kopf- und Thoraxseiten (Taf. 16; Metepimeralstreif in 2 Fleckchen aufgelöst, das un- Abb. 38) (parallel so bei Acanthaeschna; Taf. 8 tere meist das größere (Abb. 45) oben) 12. A. parvistigma gelber Fleck auf Meso- und Metafemur oberhalb abdominale PD reduziert, MD verlängert des Tibia-Femur Gelenks 8.1.1. A. atrata AL in Kontakt mit den ML (parallel zu A. sigma keine Spur von einem Occipital-Zapfen und A. christine) Dorsalhöcker auf Abdominalsegment 10 posteriad abdominale Ventralflecken groß („reversal“?) gerichtet (Abb. 40) larvale Labialpalpus-Zähnchen schwach ventrale Abdominalflecken verkleinert 13. A. multipunctata-Komplex 8.1.2. A. subapicalis Postocular-Zipfel winzig bis fehlend Occipital-Zapfen in die Rückwand des Occipitale Zellmittelreihe in der IR2-Gabel bis auf terminale eingezogen Reste reduziert (Taf. 19, 20) dorsale Zähnchen auf dem Appendix inferior präa- Dornen auf der Lateralfläche der Fossa genitalis auf pikal situiert 1-3 an ihrer Spitze reduziert larvale abdominale Seitenstachel stark entwickelt keine Mandibelflecken und leicht laterad abgespreizt Stirn frontal sekundär braun (parallel zu A. hardyi 8.2. A. hardyi/tasmanica und A. tasmanica) 4-5 Zellen zwischen Analschleife und Flügelrand 14. A. multipunctata Stirn frontal sekundär braun (Abb. 41) Abdominale Ventralflecken der Männchen verklei- helle Femoralflecken reduziert nert larvales Prämentum breit (Index 1.2-1.3) 8.2.1. A. hardyi 15. A. obscura/sigma/christine „Augenflecken“ auf der Dorsalfläche der Stirn („re- AD nur noch auf Abdominalsegment 3 erhalten versal“) oder völlig fehlend (Taf. 19 unten, 20) vorderer Prothoraxfortsatz der Larve dünn, fast na- 16. A. obscura delartig larvales Prämentum schmal (Index 1.6-1.7) 8.2.2. A. tasmanica 17. A. sigma/christine Abdominalsegment 8 der Männchen auf 56% der Humeralstreif sekundär komplett („reversal“) (Taf. Kopfbreite verlängert 20; Abb. 46) Dorsalhöcker auf Abdominalsegment 10 (Männ- 17.1. A. sigma chen) sehr groß und nach hinten gestreckt (Taf. 17 ventrale Lappen des Penoid-Endgliedes verlängert unten) und abwärts gebogen (Abb. 47) 9. A. flavomaculata-Untergruppe 17.2. A. christine Occipital-Zapfen total reduziert auch Abdominalsegment 3 ohne AD Hinterkopf ganz schwarz ML lateral unmittelbar mit den AL verbunden Pro- und Metacoxae mit gelbem Fleck keine PD auf Abdominalsegment 8 (Weibchen) MD auf Abdominalsegment 8 der Männchen ver- und 9 (Männchen) (Taf. 20 unten) längert und vergrößert (Taf. 18-20) larvaler Epiproct ventral nicht gezähnelt, sondern Abb. 22-39: Austroaeschna: (22, 23) Occipitale, dor- nur fein und dicht behaart sal: (22) A. pulchra Y; (23) A. eungella Y; (24) A. uni- cornis =, Kopf + Thorax, lateral; (25-27) A. inermis: 10. A. flavomaculata (25) Y, Occipitale, dorsal; (26) =, Penoid, lateral, und sehr kompakter Thorax (Thoraxhöhe = Kopfbreite, Endglied, ventral; (27) =, Kopf, dorsal, + Thorax, late- weshalb die Art kleinköpfig wirkt) ral; (28, 29) A. pinheyi: =, Kopf, dorsal, + Thorax, late- = = Diskoidaldreieck verkürzt, oft nur 2-zellig (Abb. 42) ral; (29) , Abdomenende, lateral; (30) A. unicornis , Abdomenende, lateral; (31, 32) A. speciosa =, Abdo- Metepimeralstreif in 3 Fleckchen aufgelöst (Abb. 43) menende: (31) lateral; (32) dorsal; (33) A. coloola =, AD verlängert Abdomenende, dorsal; (34) A. parvistigma Y, Kopf, helle Ventralflecken nur auf Abdominalsegment 3 frontal; (35) A. anacantha Y, Thorax, lateral; (36) A. = larvales Prämentum kompakt und breit (Index 1.1- atrata , Penoid, lateral, und Endglied, ventral; (37- 39) A. subapicalis: (37) =, Abdomenende, dorsal; (38) 1.2) Kopf + Thorax, lateral; (39) Kopf, ventral.

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3.2. Das System der Telephlebiiden, nämlich den asiatischen Telephlebiiden australischen Telephlebiidae sensu BECHLY, 1996 sowie auch Planaeschna und Boyeria durchweg (s. Kap. 3.3.). Falls sich die postulierte „under- Ein eindeutiger Beleg für die Monophylie der ende- lying synapomorphy“ auf ein den „Australiern“ überge- misch-australischen „brachytroninen Aeshnidentaxa“ ordnetes Taxon beziehen sollte, wäre zu erwarten gewe- (s. Kap. 2) wurde nicht gefunden. Die Aufrechterhal- sen, dass so ein Höcker zumindest in der einen oder an- tung der eingangs postulierten Monophylie-Hypothese deren Artengruppe der non-australischen Telephlebii- beruht auch unter Ausschluss von Dendroaeschna auf in- den anzutreffen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. direkten Indizien. Zum einen sprechen „underlying sy- napomorphies“ für eine inklusive Verwandtschaft der Höcker auf dem 10. Segment gibt es zum anderen australischen Taxa und zum anderen existieren, über die auch bei einer Reihe von Aeshnini sensu DAVIES & Gattungen „verstreut“, Zeichnungsmuster, die bei non- TOBIN (einschließlich und Basiaeschna). australischen „Telephlebiiden“ nicht vorkommen, so Doch diese Höcker erheben sich über der vorderen z. B. die fascialen braunen Längstreifen über die Thorax- Segmenthälfte und ihr Gipfel steht allenfalls über der seiten bei Acanthaeschna und Austroaeschna subapicalis Segmentmitte, während er bei den australischen Tele- und A. atrata. phlebiiden stets über dessen distaler Hälfte aufragt (Abb. 40, 52, 53). Am Beispiel der Postocular-Zipfel konnte studiert werden, dass selbst ein „nur“ auf „Gattungsniveau“ be- Einer vertieften Prüfung ihrer Zugehörigkeit zum schränktes Sondermerkmal im Verlaufe der Speziatio- fraglichen Monophylum der australischen Telephlebi- nen unterschiedliche Wandlungen erfahren kann: Ver- iden wurden vier Gattungen unterzogen: Telephlebia we- stärkung der Expression (wie im Falle von A. anacantha gen ihrer phänotypischen Ähnlichkeit mit einigen ein „Übergreifen“ der Occipital-Zipfel auf das männli- Boyeria-Spezies, Dendroaeschna wegen der Position des che Geschlecht), aber auch Verkleinerung dieser Zipfel ax2 über dem Diskoidaldreieck, Austrophlebia wegen ih- bis hin zu ihrem völligen Verschwinden, wobei alle vor- res sekundär verdichteten Geädernetzes und Acanth- kommenden Varianten der Ausprägung des Merkmals aeschna wegen mehrerer plesiomorpher Merkmalausprä- stets artspezifisch sind (Abb. 48-51). gungen und Sondermerkmale. Abgesehen von Nasiaeschna wurden Occipital-Zap- Die Übereinstimmungen zwischen Telephlebia und fen bei Austroaeschna, Notoaeschna, Spinaeschna sowie Boyeria erwiesen sich als phylogenetisch irrelevant. Ein bei zwei von sechs Telephlebia-Spezies gefunden. Ihre zwischen dem Diskoidaldreieck und dem proximalen unterschiedlich fortgeschrittene Reduktion bei Austro- Ende des Mspl axial verlängertes, jedoch in einer Stopp- aeschna (s. Kap. 3.1.) und ihr Vorhandensein bei den zelle endendes Tspl erwies sich als die plesiomorphe Va- beiden „fortlebenden Stammarten“ der Telephlebia-Sub- riante dieser Schaltader (Abb. 54), die in dieser Gestalt taxa sowie ihre irreguläre Verteilung über die anhand auch bei anderen Gattungen der Telephlebiidae sensu anderer Merkmale rekonstruierten Gruppierungen der BECHLY, 1996 (Notoaeschna, Cephalaeschna SELYS, 1883, australischen Gattungen sprechen eher für ein autapo- Caliaeschna SELYS, 1883, Planaeschna u. a.) zu sehen ist. morphes Grundmuster-Merkmal („Occipital-Zapfen Abgerundete Flügelspitzen wie bei Telephlebia und bei vorhanden“) als für eine Mehrfachentstehung dieses (SAY, 1879) sind offenbar in Anpassung Charakters innerhalb der australischen Telephlebiiden. an eine besondere Flugweise mehrfach hervorgebracht Da jedoch diese Alternative nicht eindeutig entschie- worden, so auch bei Acanthaeschna, einigen Cephal- den werden kann, muss der ihr übergeordnete Begriff aeschna-Spezies und beispielsweise auch bei Oligoaeschna von der „underlying synapomorphy“ (SEATHER 1979) als minuta ASAHINA, 1986 und bayadera SELYS, hinreichende Erklärung akzeptiert werden. 1891. Analoges gilt für das Merkmal „zugespitzte Stirn- kante“. Indizien für eine unmittelbare Verwandtschaft Ein anderes Verteilungsbild bot das Merkmal „me- zwischen Telephlebia und Boyeria wurden also nicht ge- dianer Höcker auf dem 10. Segment der Männchen“. funden. Die Höcker sind wiederum bei den Arten von Austro- aeschna und Telephlebia vorhanden, aber auch bei Antipo- Dendroaeschna steht wegen der „Normalposition“ dophlebia und Austrophlebia ausgebildet, nicht jedoch bei ihres ax2 über dem Diskoidaldreieck (Abb. 11) nicht Notoaeschna und Spinaeschna und auch nicht bei Dendro- nur in Opposition zu den übrigen australischen „Bra- aeschna und Acanthaeschna. Auch für sie muss die Hypo- chytroninen“, sondern zu allen Telephlebiiden sensu these einer „underlying synapomorphy“ in Anspruch ge- BECHLY, 1996. Eine Beschreibung und Ausdeutung die- nommen werden und zwar aus zwei Gründen. Zum ers- ses Phänomens wurde zu Beginn des Kapitels gegeben. ten fehlen solche Höcker den durch Synapomorphien Eine weitere Besonderheit von Dendroaeschna, die brei- erschlossenen nächsten Verwandten der australischen te Stirn (in Relation zur Kopfbreite) (Abb. 12), dürfte

530 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at kein so exklusives Merkmal darstellen, wie es uns an- (anq, pnq, caq; Taf. 9) zwei Apomorphien beibehalten fänglich erschien. Neben der diesbezüglichen Überein- hat: Keine mrq (Synapomorphie der Austroaeschninae), stimmung mit der asiatischen Gynacanthaeschna (deren und keine Doppelzellreihe zwischen IR2 und Rspl rsp. Weibchen eine ganz abweichend gebaute Subgenital- zwischen MA und Mspl. Dieser Umstand ist bemerkens- platte haben) gibt es relativ breitstirnige Arten (Stirn- wert, weil evolutive Rückgriffe auf „alte“, d.h. genoty- breite über 50% der Kopfbreite) auch in der Gattung pisch „abgeschaltete“, aber im Genom durchaus noch Cephalaeschna in Asien sowie im Genus Austroaeschna, vorhandene Muster z.B. bei großwüchsigen gynacanthi- Subgenus Pulchaeschna, in Australien. Selbst Brachytron nen Aeshniden nicht selten vorkommen. hat eine relative Stirnbreite von 53-54%. Dendro- Kaum geringer als im Falle von Dendroaeschna sind aeschna und Gynacanthaeschna scheinen nur die Extrem- die Probleme mit der Bestimmung der phylogenetischen werte eines evolutiven Trends zur Breitstirnigkeit unter Position von Acanthaeschna victoria, der wohl seltensten den Panbrachytronoda tax.nov. anzuzeigen. Erst eine Art unter den brachytroninen Aeshniden Australiens. Inspektion der Exuvien von D. conspersa brachte eine Wegen des kissenförmig aufgewölbten (prominenten) Lösung des Problems ihrer phylogenetischen Position. Vertex scheint sie zu den Telephlebiiden zu gehören. Die reifen Larven haben „Knopfaugen“, d. h. Augen mit Wegen der synapomorphen Übereinstimmungen mit einem stecknadelkopf-artig vorgewölbten Vorderteil, der Austrophlebia/Dromaeschna/Austroaeschna-Gruppe in von TILLYARD (1916) als „prominent eyes“ bezeichnet. Die postorbitalen Loben tragen je einen Lateraldorn einigen Geädermerkmalen (verkürzter IR1 mit entspre- („projecting lateral spine“). Das eher schmal und hoch chend zurückgesetzter Zelldoppelreihe, voll ausgebilde- wirkende Abdomen hat einen über die Endsegmente 8- tes Tspl) sowie wegen des kurzen gewölbten Appendix 10 verlaufenden Längskiel, der über den hinteren Seg- inferior mit erhöhten Seitenkanten erscheint sie im mentkanten jeweils einen kleinen Höcker bildet. Der nachstehend offerierten Phylogramm (Abb. 55) als kurze Epiproct wirkt wie stumpf abgeschnitten („trunca- Adelphotaxon der genannten Kronengruppe. Außer- te“), wobei unter stärkerer Vergrößerung mitunter zwei dem zeigen die Genera dieser Gruppe gemeinsam mit winzige Außenzähnchen und 1-2 mediane Höckerchen den Notoaeschnini und Acanthaeschna die apomorphe zwischen ihnen sichtbar werden. In allen diesen apo- Version der IR2-Gabel (ihre symmetrische Variante) morphen Merkmalen sind die Dendroaeschna-Larven und auch die häufig vergrößerten larvalen Paraglossen. nicht nur von den Telephlebioda tax.nov. (s. Kap. 3.3.) Doch wenn man bedenkt, dass die genannten Synapo- verschieden, sondern sie stimmen – zu unserer Überra- morphien des Geäders ebenso wie eine Vergrößerung schung – auch Punkt für Punkt mit den Brachytroninae der larvalen Paraglossen innerhalb der brachytroninen s. nov. überein, deren Imagines von Gattung zu Gattung Aeshniden mehrfach unabhängig hervorgebracht wur- ansonsten sehr unterschiedlich gebaut sind. „Knopfau- den, muss zugegeben werden, dass die hier erwogene Po- gen“, Abdominalkiel, stumpf „abgeschnittener“ Epi- sition von Acanthaeschna allein mit dem „parsimony proct: keines dieser Merkmale gibt es bei den übrigen principle“ nicht sicher begründet werden kann. Die Aeshnodea. Wenn man noch die Position des ax2 über Zweifel an der Einordnung der Gattung in die Austroae- der Mitte des Diskoidaldreiecks bei Dendroaeschna und schninae werden durch eine Häufung von plesiomor- den Brachytroninen hinzurechnet sowie die Ähnlich- phen Strukturen vergrößert: ax2 steht lediglich im Vor- keit im Bau der „dentigerous plate“ der Weibchen bei- derflügel, nicht jedoch im Hinterflügel proximal vom der Taxa (randliche Bedornung, oft ein Paar vergrößer- Innenwinkel des Diskoidaldreiecks, die ventralen Fort- ter Stachel in seitlich-terminaler Position), so bleibt sätze der Hamuli anteriores zeigen keine Spuren von Be- nur der Schluss, Dendroaeschna als das gondwanische haarung, die Larven haben einen gegabelten Epiproct Adelphotaxon der holarktisch-orientalischen Brachyt- und tragen „noch“ Setae auf den Labialpalpen. Außer- roninae s.nov. zu akzeptieren. In diesem Kontext er- dem fehlt jede Andeutung eines Occipital-Zapfens, der scheint die abdominale „Taille“ der Dendroaeschna- ansonsten zumindest bei je einer Gattung der drei Tele- Männchen als ein plesiomorphes, das Vorhandensein phlebiiden-Subtaxa (Telephlebiinae, Notoaeschnini, von mrq im Geäder der Imagines als ein sekundär apo- Austroaeschnini) gefunden wird. Es ist nicht die einzel- morphes Merkmal. ne Plesiomorphie, die Bedenken aufkommen lässt, nachdenklich stimmt vielmehr der Umstand, dass Austrophlebia ist nicht nur durch ihre besondere Kör- gleich mehrere „reversals“ zu ursprünglicheren Merk- pergröße, sondern auch durch ein extrem dichtes Geäder malausprägungen angenommen werden müssen, um ausgezeichnet, wobei die Annahme zulässig ist, dass bei- Acanthaeschna als Angehörige der australischen Tele- de Phänomene in einem ursächlichen Zusammenhang phlebiiden zu legitimieren. stehen. Das Bemerkenswerte an dieser Gattung ist, dass sie trotz der Verdichtung des Maschennetzes einschließ- In der nachfolgenden sequenziellen Auflistung der lich des „Einzuges“ zahlreicher zusätzlicher Queradern Aut- und Synapomorphien der Telephlebiiden fehlt

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Abb. 40-54: (40-53) Austroaeschna: (40) A. atrata =, Abdomenende, dorsal; (41) A. hardyi =, Kopf, frontal; (42, 43) A. flavomaculata =: (42) Vorderflügel; (43) Thorax, lateral; (44, 45) A. parvistigma Y: (44) Kopf, ventral; (45) Thorax, lateral; (46, 47) A. sigma =: (46) Kopf and Thorax, lateral; (47) Penoid, lateral, und Endglied, ventral; (48) A. anacantha =: Kopf, dorsal; (49) A. muelleri Y, Kopf, dorsal; (50) A. subapicalis =, Kopf, dorsal; (51) A. atrata =, Kopf, dorsal; (52) A. sigma =, Abdomenende, lateral; (53) A. subapicalis =, Abdomenende, lateral; (54) Telephlebia godeffroyi =, Hinterflügel.

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Dendroaeschna, weil wir als sicher annehmen, dass sie zu 2.1.2. T. tillyardi-Gruppe den Brachytroniden gehört (Kap. 3.3.). Die verbleiben- Abdominalsegment 4 in beiden Geschlechtern den Gattungen werden zu den Telephlebiidae s.nov. tailliert (Abdomen mit doppelter Taille) (Taf. 2 verbunden. Mit der hier vorgenommenen Einbindung unten, 3 oben) von Acanthaeschna ist deren Monophylie fraglich. Ohne Appendices superiores (Männchen) nach außen Acanthaeschna erscheinen die Telephlebiidae allein we- zugespitzt gen des Occipital-Zapfens als ein hinreichend beglau- 2.1.2.1. T. tillyardi bigtes Monophylum. Flügel-Fascien auch das Supratriangulum überde- ckend (Taf. 2 unten) Aut- und Synapomorphien basiventraler Vorsprung der Appendices superiores der Telephlebiidae s.nov. (Männchen) betont eckig 1. Telephlebiidae 2.1.2.2. T. tryoni/undia Vertex erhaben (mit kissen- bis kegelförmiger Pro- Occipital-Zapfen reduziert minenz) Dorsalhöcker auf Segment 10 verkleinert Occipital-Zapfen vorhanden (Abb. 15, 49, 50, 56) Appendices superiores (Männchen) verkürzt Dorsalhöcker in der distalen Hälfte von Abdomi- 2.1.2.2.1. T. tryoni nalsegment 10 der Männchen (Abb. 40, 52, 53) Dorsalhöcker auf Abdominalsegment 10 2. Telephlebiinae (Männchen) flach und mit verlängerter Basis transnodale „Subcosta“ (Abb. 2) (Taf. 3 oben) erhöhte Anzahl von mrq and caq; anq proximal Pterostigma auffallend verlängert (Taf. 3 oben; ax1 Abb. 59) Flügelspitzen stumpfrund (Abb. 59) 2.1.2.2.2. T. undia Schaft des Penoids beträchtlich länger als sein Fascien bis auf je einen basalen und nodalen Fleck Endglied (Abb. 57) reduziert (Taf. 3 unten) Antennen der Larven nur mit 5 oder 6 Segmenten 2.2. Antipodophlebia asthenes Larvaler Epiproct ventrad gekrümmt (Abb. 5) Körpergröße stark verringert Abdominalsegment 10 reifer Larven beider Ge- (Vorderflügellänge ca. 35 mm) schlechter mit Dorsalhöcker (Abb. 5) Analdreieck 3-zellig 2.1. Telephlebia Membranula reduziert Geädernetz verdichtet 3. Austroaeschninae braune Flügel-Fascien oder -Flecke (Taf. 1-3) IR2-Gabel symmetrisch Pterostigma verlängert Doppelzellenreihe zwischen RP1 und RP2 verkürzt Diskoidaldreieck im Vorderflügel verschmälert (erst kurz proximal des Pterostigmas einsetzend) Stirn schmal, mitten zugespitzt (Abb. 4) keine mrq (Atavismen kommen vor) Appendices superiores (Männchen) schmal, mit Analdreieck 3-zellig (parallel Antipodophlebia) schwachem lateralem Kiel (Abb. 58) 4. Notoaeschnini trib.nov. (Typusgattung: Noto- 2.1.1. T. cyclops-Gruppe Appendices superiores (Männchen) fast gerade und aeschna TILLYARD, 1916; einschließend die Genera cylindrisch (Abb. 58) Notoaeschna TILLYARD und Spinaeschna THEISCHIN- Cerci reifer Larven verlängert und mit stumpfem GER) Apex mrq reduziert 2.1.1.1. T. cyclops MP erreicht die Flügelkante auf Nodus-Niveau Flügel-Fascien in Flecken aufgelöst (Taf. 1 oben) Vertex mit rundem Höcker 2.1.1.2. T. godeffroyi/brevicauda spezialisierte Hamuli anteriores (Abb.60 b) Occipital-Zapfen reduziert Supraanalplatte der Weibchen mit deutlichem Dunkler Fleck auf der Stirnoberseite verbreitert Mitteldorn (Abb. 8, 10) (Abb. 4) Antennen der Larven 6-gliedrig 2.1.1.2.1. T. godeffroyi larvale Epi- und Paraprocte bestachelt (Abb. 61) Flügel im Spitzenteil verschmälert (auf Höhe der larvaler Epiproct verkürzt (parallel zu Dendro- 80%-Marke der Flügellänge beträgt die Breite nur aeschna) 20-22% der Länge, bei T. cyclops und T. brevicauda Beine der Larven sehr lang jedoch 24-25%; analoge Verhältnisse bei T. 4.1. Notoaeschna tillyardi) Larven mit mediodorsalen Abdominalstacheln 2.1.1.2.2. T. brevicauda (Taf. 7 oben links) Appendices superiores (Männchen) verkürzt Profemur der Larven mit Basaldorn

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larvales Prämentum kurz und breit, Palpen ohne 4.2. Spinaeschna Endhaken (Abb. 9) Pterostigma der Männchen dunkel, der Weibchen 4.1.1. N. sagittata hell (Taf. 6 oben; parallel zu Austroaeschna) Occipital-Zapfen des Weibchens massiv und kegel- Anale Appendices des Weibchens sehr lang (Taf. 6 förmig oben; Abb. 10) Abdominalsegment 10 des Männchens verschmä- Larven mit drei Prothorax-Fortsätzen lert (Taf. 5 oben) larvales Mesoprocoxale mit ausgprägter hakenarti- 4.1.2. N. geminata ger Basis Appendix inferior (Männchen) stark gewölbt und 4.2.1. S. tripunctata tief (Taf. 5 unten) ventraler Zahn an den Appendices superiores helle Zeichnungselemente des Kopfes und der Vor- (Männchen) stark ausgeprägt (Abb. 62) derseite des Thorax reduziert 4.2.2. S. watsoni Occipital-Zapfen des Weibchens vergrößert helle Abdominalflecken verkleinert (Taf. 6 unten) 5. Austroaeschnini voll ausgebildete, parallel MA verlaufende Tspl (Taf. 8-14, 15 unten -20) Appendix inferior kurz, mit erhöhten Seitenkanten und stark gewölbt (Abb. 29, 30, 40, 52, 53) angehobenes, ab Mitte bis zur Hinterkante erhöh- tes Occipitale 6. Acanthaeschna victoria Äste der IR2-Gabel distal divergierend RP3/4 zum Flügelhinterrand gebogen (Taf. 8 oben) akzessorische Rspl (Rspl2) in beiden Flügelpaaren (Taf. 8 oben) Flügelspitzen stumpf-rund (Taf. 8 oben) 7. Austrophlebia/Dromaeschna/Austroaeschna- Gruppe Vertex-Höcker nach vorn oben zugespitzt (Abb. 63) Paraglossen der Larven vergrößert (Abb. 17) keine Setae auf den larvalen Labialpalpen 8. Austrophlebia sekundär verdichtetes Geädernetz (Taf. 9) braune Fascien entlang des Flügel-Vorderandes (Taf. 9) Aphantochromie (Taf. 9) 8.1. A. costalis braune Flügel-Fascien sehr stark getönt (Taf. 9 oben) 8.2. A. subcostalis Appendix inferior (Männchen) leicht verbreitert Weibchen mit weniger Randzähnchen an der Sub- analplatte larvales Prämentum verbreitert (Index < 1.4) 9. Dromaeschna/Austroaeschna obere Postgenae-Kiele beiderseits des Occipitale von der Augenhinterrand-Kante separiert (s. Abb. 14) Postocular-Zipfel mehrfach exprimiert (Abb. 15, 48, 49) Penoid-Endglied mit deutlichen Feldern von Mi-

Abb. 55: Phylogramm der Telephlebiidae. kroborsten (Abb. 47, 64)

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10. Dromaeschna Anzahl der akzessorischen basalen Queradern (anq, im Vorderflügel nur vereinzelt Doppelzellen zwi- pnq, mrq, caq). schen RP3/4 und MA (Taf. 10 oben) Im Verlaufe dieser Studien wurden einige weitere Analdreieck relativ schmal (nur 29-30% der Dis- phylogenetisch interessante Merkmale gefunden, deren tanz zwischen Innenwinkel des Analdreiecks und Interpretation zum Entwurf des hier zu offerierenden caudalem Winkel des Diskoidaldreiecks) Systems wesentlich beitrug. Es weicht in einigen Punk- Vertex-Spitze verkleinert ten von den Entwürfen BECHLY‘s ab, versteht sich je- imaginales Labrum ganz oder fast ganz schwarz- doch als deren Vertiefung und Ausgestaltung. braun (Abb. 65) Thorax-Streifen grün (Taf. 10) Zu den von BECHLY hypothetisierten Autapomor- Abdomen gestreckt infolge Verlängerung des 3. phien der Euaeshnida sei das Merkmal „Außenseite des Segments auf 93-95% der Kopfbreite Analdreiecks gerade (nicht eingedellt)“ hinzugefügt Basalhöcker der Appendices superiores distad ver- (vergl. diesbezügliche Textfiguren bei BECHLY et al. schoben 2001). Mit den Panaeshnodea tax.nov. (s. unten) tritt 10.1. D. weiskei als neues Merkmal im Vorderflügel ein gegabelter CuA keine Spur von Postocular-Zipfeln in Erscheinung, mit einem zwischen zwei Zellreihen in Aphanthochromie (nur Thoraxstreifen grün; Taf. Richtung Flügelbasis verlaufenden Hinterast (Abb. 1), 10 unten) der von allen Subtaxa beibehalten wird. Ab den nur abdominale MD erkennbar Aeshnodea BECHLY, 1996, existiert als weitere Autapo- 10.2. D. forcipata morphie eine kurze, meist gerade Längsader (IR1) in der Appendices superiores (Männchen) stark einwärts Flügelspitze zwischen RP1 und RP2 (Abb. 1). Sie tritt gebogen (Taf. 10 oben) gewissermaßen an die Stelle des reduzierten „Pseudo- Humeral- und Metastigmalstreif sekundär komplett IR1“, der unter dem Pterostigma von RP1 abzweigt. (Taf. 10 oben) Letzterer fehlt „schon“ den rezenten Gomphaeschni- 11. Austroaeschna den, doch sie haben auch „noch“ keinen IR1. Wegen nur 2-3 caq (Taf. 11-14, 15 unten-20) des steiler gestellten, mehr in die Position einer caq ge- Männchen mit nur 1 Paranalzelle (Abb. 66) brachten PsA stößt die innere Randader der zudem ver- Analschleife nur mit 5 (selten 6-7) Zellen breiterten Analschleife nun proximal der PsA auf die Pterostigma der Männchen dunkel, der Weibchen Analis (Parallele bei ). hell (Parallele zu Spinaeschna) Appendix inferior (Männchen) nur halb so lang Das die Aeshniden vor allen anderen Anisoptera wie Segment 10, meistens kürzer (Abb. 52, 53) auszeichnende Merkmal der Interradius-Gabel („IR2- unpaare mediodorsale „Signalflecken“ in mehreren fork“) ist keine strenge Autapomorphie der Aeshnodea, Subtaxa (Taf. 11-14, 15 unten, 16,17) sondern eine mehrfach exprimierte „underlying synapo- morphy“. Während einzelne Individuen von Allopetalia, 3.3. Die Telephlebiidae im System der Basiaeschna und Oplonaeschna allenfalls Andeutungen einer asymmetrischen IR2-Gabel zeigen, ist eine solche Euaeschnida BECHLY, 1996 Variante (durchlaufender IR2 mit nach vorn abbiegen- Wegen der Übereinstimmungen im Merkmal „ax2 dem schwächerem Gabelast) bei Boyeria, Racenaeschna auch im Hinterflügel auf dem Niveau des Basalwinkels CALVERT, 1958, Telephlebia und einigen Gattungen der des Diskoidaldreiecks oder proximal von ihm“ kamen Aeshnidae s.nov. ausgebildet (Abb. 59). Sie stellt offen- Boyeria und die asiatischen Telephlebiiden sensu BECH- bar den urtümlicheren Typus dieser Gabel dar, aus der in LY, 1996 (nachfolgend als Boyeriidae s. et stat.nov. be- mehreren Aeshnodea-Subtaxa symmetrische IR2-Ga- zeichnet) von vornherein als mögliche nahe Verwandte beln mit primärer Junktion hervorgegangen sind (BECH- der australischen Taxa (jetzt Telephlebiidae) in Be- LY 1996). Auch von dieser Konfiguration kommen se- tracht. Da jedoch eine proximad versetzte ax2 im Vor- kundäre Abwandlungen vor, insbesondere sekundär derflügel auch bei Allopetalia festgestellt und zuvor be- asymmetrische mit durchlaufendem Vorder- und ab- reits von BECHLY et al. (2001) bei Eumorbaeschna ver- zweigendem Hinterast. mutet und von den fossilen Gomphaeschnaoidinae be- schrieben worden war, führte die Untersuchung des Ein Grundmuster-Merkmal der Euaeshnida, das Wandels der ax2-Position zu einer Beschäftigung mit „Auftreffen des MP auf den Flügelhinterrand deutlich der Gesamtheit aller Euaeshnida. Analoge Vergleiche distal der Nodus-Position“ wird in einigen Subtaxa von galten den wechselnden Positionen des Tspl bezüglich seiner apomorphen Variante („MP-Mündung auf No- Mspl, der Ausmündung des MP am Flügelrand in Rela- dus-Niveau“) abgelöst (Taf. 5, 6). Dieser Merkmalzu- tion zur Nodus-Position sowie den Variationen in der stand ist jedoch zu sporadisch exprimiert, um von einer

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Abb. 56-66: (56-59) Telephlebia: (56) T. tillyardi Y, Occipitale, dorsal; (57, 58) T. godeffroyi =: (57) Penoid, lateral, und Endglied, ventral; (58) Abdomenende, dorsal; (59) T. tryoni =, Vorderflügel; (60) Hamuli anteriores =: (a) Austroaeschna parvistigma; (b) Noto- aeschna sagittata; (61, 62) Spinaeschna tripunctata, Adomenende: (61) Y Larve, dorsal; (62) =, lateral; (63) Austroaeschna obscura =, Vertex, dorsal; (64, 65) Dromaeschna forcipata =: (64) Penoid, lateral, und Endglied, ventral; (65) Kopf, frontal; (66) Austroaeschna obscura =, Hinterflügel.

„underlying synapomorphy“ sprechen zu können. Er fin- „Lestiden-Schrägader“ reproduzieren, welche ansonsten det sich bereits bei Paramorbaeschna BECHLY et al., 2001, allen Angehörigen der Neoaeshnida fehlt. dann bei den rezenten Gomphaeschninae s.nov., bei al- Für das gestaltreiche neue Taxon der Panbrachytro- len Aeshnidae s.nov. und den meisten Gynacanthidae s. noda (s. unten) ist ein Kamm dichtstehender Sensillen et stat. nov. sowie schließlich bei den australischen Ta- auf den ventralen Fortsätzen der Hamuli anteriores eine xa Dendroaeschna und Notoaeschnini trib. nov. Bei je- charakteristische Autapomorphie (Abb. 60a). Ursprüng- nen Gynacanthiden, die die plesiomorphe Variante des lich ist ein spärlich-diffuser Besatz dieser Fortsätze mit Merkmals rekapitulieren, handelt es sich interessanter- feinen Härchen. Dürftig behaarte bis fast nackte ventra- weise um großwüchsige Spezies von Gynacantha RAM- le Hamularfortsätze gibt es infolge Reduktion des Sensil- BUR, 1842 und HAGEN, 1867, die, abgese- lenkammes auch in einzelnen Gattungen dieses Mono- hen von mrq, neben der proximalen auch die distale phylums (Acanthaeschna, Allopetalia, Brachytron, Nasi-

536 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at aeschna, , Notoaeschna, Spinaeschna). Al- Die Hierarchie der Monophyla der Euaeshnida le Arten der Panbrachytronoda sind ferner dadurch aus- 1. Euaeshnida BECHLY, 1996 gezeichnet, dass Tspl stets parallel zu Mspl verläuft (wie 2. Eumorbaeschna BECHLY et al., 2001 schon im Falle der fossilen Gomphaeschnaoidini). 3. Neoaeshnida BECHLY, 1996 Die Tendenz zur Wiederherstellung einer ax2-Posi- 4. Gomphaeschnaoidinae BECHLY et al., 2001 tion proximal vom Innenwinkel des Diskoidaldreiecks 5. Panaeshnodea tax.nov. (als ein „reversal“ des Grundmuster-Merkmals der 6. Gomphaeschnidae s.nov. Neoaeshnida) hat sich, stammesgeschichtlich betrach- 7. Aeshnodea BECHLY, 1996 tet, allmählich durchgesetzt. Im Bereich der nicht auf- 8. LEACH, 1815; s.nov. gelösten Trichotomie innerhalb der Telephlebioda zei- 9. Panbrachytronoda tax.nov. gen die Genera Limnetron und Planaeschna individuell 10. Brachytronidae COCKERELL, 1913; des öfteren im Vorderflügel eine ax2 über oder in der s.nov. unmittelbaren Nähe des Innenwinkels des Flügeldrei- 10.1. Dendroaeschna TILLYARD, 1907 ecks (statt über dessen Mitte); bei Allopetalia ist eine Po- 10.2. Brachytroninae COCKERELL, sition proximal des Innenwinkels erreicht, die dann so- 1913; s.nov. wohl im Falle der Telephlebiidae (mit Ausnahme von 10.2.1. Tetracanthagyna SELYS, 1883 Acanthaeschna) als auch bei den Allopetalioidea s. et 10.2. 2. Brachytronini COCKERELL, stat.nov. nicht nur für die Vorderflügel gilt, sondern 1913; s.nov. mehr oder minder deutlich auch auf die Hinterflügel 11. Telephlebioda tax.nov. „übergegriffen“ hat. 12a. Limnetron FÖRSTER, 1908 12b. Planaeschna MCLACHLAN, 1896 Für die Verknüpfung von Allopetalia, Boyeria und der 13. Eutelephlebioda tax.nov. Caliaeschninae zu den Allopetalioidea erachten wir – 14. Telephlebiidae COCKERELL, wie bereits VON ELLENRIEDER (2002) – die Existenz eines 1913; s.nov. paarigen Flagellums, das vom ventralen Lobus des End- 15. Allopetalioidea COCKERELL, gliedes der Vesica spermalis ausgeht, als Synapomor- 1913; s. et stat.nov. phie. Bei aller Unsicherheit in der systematischen Be- 16. Allopetalia SELYS, 1873 wertung der Flagella und Cornua der Aeshniden, die wir 17. Boyeriidae COCKERELL, 1913; mit der zitierten Autorin teilen, ist anzunehmen, dass s. et stat.nov. sie von den Flagella der Notoaeschnini (Ursprung am 18. Boyeria MCLACHLAN, 1896 ventralen (oberen) Ende der medianen Loben des „Pe- 19. Caliaeschninae BECHLY, noids“) qualitativ verschieden sind. 1996; s.nov. Der Erörterung weiterer Details unseres Aeshniden- Zu bestimmten Taxa dieser Euaeshnida-Hierarchie Systems muss eine sequenzielle Auflistung der beteilig- ergeben sich noch einige Bemerkungen. Entgegen der ten Taxa vorangestellt werden, um Eindeutigkeit und Ansicht von BECHLY nehmen wir an, dass die rezenten Übersicht herzustellen. Wir bedauern die in mehreren Gomphaeschninae sensu BECHLY et al., 2001 nicht die Fällen notwendig gewordene Einführung neuer Taxon- Schwestergruppe der fossilen Gomphaeschnaoidinae Namen, möchten jedoch zugleich betonen, dass sie sind, sondern als Gomphaeschnidae s.nov. das Adelpho- mehrheitlich nur im Kontext phylogenetischer Überle- taxon der Aeshnodea darstellen. Mit letzteren teilen sie gungen von Belang sind. Wie bereits im Falle des den gegabelten CuA, die Anwesenheit von 2 und mehr Austroaeschna- und Telephlebiiden-Systems wurde ver- anq zwischen ax1 und ax2 und von Queradern im Su- mieden, „höherrangige“ Kategorialnamen für einzelne pratriangulum sowie die Abwesenheit eines Pseudo- Gattungen zu geben, die denen ihrer Adelphotaxa rang- IR1. Andererseits zeigen die Gomphaeschnaoidini die mäßig entsprochen hätten (Beispiel: Allopetalia als apomorphe Variante des Tspl-Verlaufs (parallel zum Schwestergruppe der Boyeriidae). Die phylogenetische Mspl) und mehrheitlich eine sehr schräg gestellte undu- Position eines Taxons ist allein (doch dafür eindeutig) lierende Pterostigma-Stützader. Im Falle der in beiden aus der hierarchisch-enkaptischen Sequenz der Mono- Taxa (fossile Gomphaeschnaoidini und rezente Gom- phyla ablesbar. Die gebräuchlichen und vertrauten no- phaeschninae) vorkommenden „Cordulegastridenlü- minalen Kategorialbegriffe der Taxonomie zur Kenn- cke“ dürfte es sich um Parallelismus handeln, zumal die- zeichnung hierarchischer Subordination (z. B. Aeshnoi- se Lücke laut BECHLY auch außerhalb der Euaeshnida ge- dea – Aeshnidae – Aeshninae –Aeshnini) reichen meis- funden wurde. Die Gomphaeschnidae s.nov. bestehen tens nicht aus, alle Subtaxa eines phylogenetischen Sys- aus den rezenten Genera Linaeschna, Gomphaeschna, tems zu benennen. Sarasaeschna und Oligoaeschna.

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Das Taxon Aeshnoidea s.nov. entspricht weitge- 2. Eumorbaeschna hend den Aeshninae sensu DAVIES & TOBIN, 1985; sei- Subdiskoidaldreieck im Hinterflügel meistens 2-zel- ne ranghöchsten Teilgruppen (Adelphotaxa) sind die lig Aeshnidae s.nov. und die Gynacanthidae s. et stat.nov. undeutliches Tspl in Mspl fortgesetzt Die Aeshnidae sind die Aeshnini sensu DAVIES & TO- ax2-Position über dem Basalwinkel des Diskoidal- BIN plus Basiaeschna und Oplonaeschna; die Gynacanthi- dreiecks im Vorderflügel wahrscheinlich dae entsprechen den Gynacanthini der genannten Au- 3. Neoaeshnida toren, jedoch ohne Limnetron und Tetracanthagyna. Die Rspl zweigt im stumpfen Winkel bogig vom RP2 ab Brachytronini werden von den Genera Aeschnophlebia, RP3/4 und MA nicht undulierend Brachytron, Epiaeschna und Nasiaeschna konstituiert. Mspl voll ausgeprägt Tspl in Mspl fortgesetzt Die im Phylogramm dargestellte Trichotomie der im Supratriangulum keine Queradern Telephlebioda tax.nov. ist im wesentlichen eine Wider- distale „Lestiden-Schrägader“ reduziert spiegelung unzureichender Kenntnisse über Limnetron, postdiskoidale Zellen in 2 Reihen (häufige „rever- Racenaeschna und Planaeschna. Racenaeschna kann das sals“ zur 3-Reihigkeit) Adelphotaxon zu Limnetron sein (4-stachlige weibliche 4. Gomphaeschnaoidinae Subanalplatte), doch es gibt Diskrepanzen (Racen- Pterostigma-Stützader sehr schräg gestellt und aeschna-Larven mit apomorph einspitzigem Epiproct leicht undulierend laut DeMarmels in litt., Imagines mit plesiomorph nur 1 anq zwischen ax1 und ax2 asymmetrischer IR2-Gabel; jeweils gegenteilige Ver- 4.1. Paramorbaeschna hältnisse bei Limnetron). Für eine vertretbare Bestim- MP erreicht den Flügelhinterrand auf Nodus-Ni- mung der phylogenetischen Position der Gattung fehlen veau (Parallele zu den Aeshnoidea stat.nov.) immer noch die Männchen. Aus diesem Grund er- zwischen MA und Mspl 2 Zellreihen scheint Racenaeschna nicht im Phylogramm der Euae- 4.2. Gomphaeschnaoidini (ohne Paramorbaeschna) schnida (Abb. 67). Der Vollständigkeit halber sei ange- Tspl parallel Mspl verlaufend merkt, dass die Gattung in den von VON ELLENRIEDER Pterostigma-Stützader sehr schräg gestellt (2002) veröffentlichen Cladogrammen als Mitglied der distale Paranalzelle axial verlängert Aeshnodea aufgelistet ist. Planaeschna war uns materiell 5. Panaeshnodea nur durch Exemplare von P. milnei zugänglich. Die pu- CuA im Vorderflügel gegabelt und mit Ast in blizierten Beschreibungen von Imagines und Larven Richtung Flügelbasis vermitteln ebenfalls ein widersprüchliches Bild: apo- Queradern im Supratriangulum morphe symmetrische IR2-Gabeln und nur eine Zellrei- Pseudo-IR1 reduziert he zwischen IR2 und Rspl rsp. MA und Mspl (parallel zu mindestens 2 anq zwischen ax1 und ax2 (seltene den Telephlebiiden), plesiomorph zweizipfelig gegabelte sekundäre Reduktionen auf 1 anq) larvale Epiprocte, plesiomorphe Gelb/Schwarzfärbung 6. Gomphaeschnidae ax2 über dem Diskoidaldreieck der Imagines wie bei den asiatischen Boyeria-Spezies. Nodus im Vorderflügel distal der halben Flügellän- ge Aut- und Synapomorphien der Euaeshnida Abdomen verjüngt (verschmälert) ab Segment 4 1. Euaeshnida 6.1. Linaeschna postdiskoidale Zellen in drei Reihen Diskoidaldreieck in Vorder- und Hinterflügel stark deutlich schräg gestellte Pseudo-Analis (PsA) gestreckt keine caq 2 postdiskoidale Zellreihen in Vorder- und Hinter- MP trifft distal der Nodus-Position auf den Flügel- flügel hinterrand 6.2. Gomphaeschninae (die obgenannten Charaktere sind Grundmuster- Analschleife 3-4-zellig, schmal und quer zur Flügel- Merkmale) achse verlängert distale Seite des Diskoidaldreiecks mit leichtem Queradern im Supratriangulum weitgehend redu- Knick (Ansatzpunkt des Tspl) ziert Analdreieck mit gerader statt sigmoider Außen- „Cordulegastridenlücke“ meistens vorhanden kante 7. Aeshnodea ax2 im Vorderflügel über dem Basalwinkel des Dis- mehrfache Ausbildung einer IR2-Gabel (primär in koidaldreiecks asymmetrischer Form) (die letztgenannten Merkmale sind Autapomor- IR1 als gerade Schaltader zwischen RP1 und RP2 phien) (Abb. 1)

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mrq in mehreren Taxa exprimiert, z.T. sekundär auf 10.2. Brachytroninae Atavismen reduziert Vertex 2-spitzig mindestens 1 akzessorische Cubitoanal-Querader Männchen ohne „Taille“ (caq) 10.2.1. Tetracanthagyna PsA in Gestalt und Stellung als distale caq erschei- extrem kurzes Basalfeld (< 10% Vorderflügel-Län- nend ge; parallel zu Gynacanthidae) Innenseite der verbreiterten Analschleife trifft pro- 3 postdiskoidale Zellreihen ximal PsA auf die Analis (parallel so bei Gomph- Weibchen mit großer mehrstachliger Subanalplatte aeschna) larvaler Abdominalkiel auf Segm. 8 und 9 mit spit- mehrfache Enstehung einer basalen Doppelzelle im zen Höckern Diskoidaldreieck (primär im Hinterflügel) 10.2.2. Brachytronini mehrfache Entstehung einer akzessorischen Anal- Pterostigma verlängert und Richtung Nodus ver- schleife schoben (auf ein Niveau von 78-82% der Vorder- flügel-Länge) 8. Aeshnoidea 11. Telephlebioda ax2 über dem Diskoidaldreieck ax2 im Vorderflügel auf dem Niveau des Innnen- CuP proximad verschoben winkels des Diskoidalsdreiecks oder proximal da- MP auf Nodus-Niveau ausmündend (parallel zu von Gomphaeschnidae) larvale Paraglossen in zahlreichen Subtaxa vergrö- „Aeshnidenmulde“ mehr oder minder deutlich aus- ßert („underlying synapomorphy“) gebildet 12a. Limnetron 8.1. Gynacanthidae Doppelzellen zwischen IR2 und Rspl rsp. MA und Basalfeld verkürzt (Arculus proximad verschoben) Mspl partiell reduziert ausgeprägte „Kugelaugen“ (parallel zu Anaci- Subanalplatte (Weibchen) 4-stachlig aeschna) 12b. Planaeschna 8.2. Aeshnidae (mit Basiaeschna und Oplonaeschna) je eine Zellreihe zwischen IR2 und Rspl sowie zwi- schmales Analdreieck (Parallelen bei einzelnen schen MA und Mspl Gynacanthiden-Genera) larvale Paraprocte verkürzt „aeshnomorpher“ Hamularapparat (Hamularschlei- 13. Eutelephlebioda fen, Ventralfortsätze reduziert, Frontalfortsätze ein- ax2 zumindest im Vorderflügel proximal des Innen- gekürzt, starke Sklerotisierung) winkels des Diskoidaldreiecks 9. Panbrachytronoda larvaler Epiproct einspitzig (bei Acanthaeschna und Tspl in unterschiedlich vollkommener Ausprägung der Mehrzahl der Boyeria-Spezies „noch“ 2-spitzig) parallel Mspl verlaufend (wie bei den Gomph- 14. Telephlebiidae aeschnaoidini) ax2 auch im Hinterflügel proximal des Innenwin- Ventralfortsätze der Hamuli anteriores mit Sensil- kels des Diskoidaldreiecks (parallel zu den lenkamm (Abb. 60a) Boyeriidae s. et stat.nov.; Ausnahme: Acanth- 10. Brachytronidae aeschna) Rückwand des Occipitale mit Zapfen („underlying ax2 über dem Diskoidaldreieck synapomorphy“; Abb.15, 22, 23, 48, 50) IR2-Gabel symmetrisch 15. Allopetalioidea Pterostigma-Schrägader verschoben oder unkennt- Endglied der Vesica spermalis mit paarigem Flagellum, lich von dessen dorsalem (unterem) Lobus ausgehend reife Larven mit stecknadelkopf-artigen „Knopfau- 16. Allopetalia gen“ 4-5 Zellen zwischen Analschleife und Flügelrand larvales Abdomen schmal und hoch 2. Abdominalsegment verlängert larvales Abdomen mit Mittelkiel auf den hinteren helle Thorax-Seitenstreifen reduziert Segmenten ventrale Fortsätze der Hamuli anteriores wulstig larvaler Epiproct stumpf („blunt“), wie mit abge- verkürzt schnittener Spitze 17. Boyeriidae 10.1. Dendroaeschna mrq und caq relativ zahlreich, anq proximal ax1 Queradern (mrq) im Medianraum (parallel zu Telephlebia) Stirn sehr breit und mit medianem Kiel (Abb. 12) ax2 auch im Hinterflügel proximal des Innenwin- larvaler Epiproct nur halb so lang wie die Paraproc- kels des Diskoidaldreiecks (parallel zu den Tele- te (Taf. 21 unten) phlebiidae)

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4. Areale, ihre Orientierungen, Dimensionen nebst Verbreitungsmustern, Expansions- und Schrumpfungserscheinungen

Recht allgemein schreibt WATSON (1982) über jene Gebiete Australiens, in denen brachytronine Aeshni- den (=Telephlebiidae) vorkommen: „Australia is, essen- tially, a warm to hot, dry continent with a narrow, rela- tively well-watered coastal margin. The montane eas- tern seaboard shows a gradient from predominantly summer rainfall in the north to predominance of anticy- clonic, winter rains in the south. The south-west of wes- tern Australia is an area of winter rainfall, …“ Dem be- schriebenen Scenario entprechend erstrecken sich die Areale der brachytroninen Aeshniden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, maximal nur über die margina- len 200 km des östlichen, südöstlichen und extrem süd- westlichen kontinentalen Australien und schließen Tas- manien ein. Im ganzen nehmen die heutigen Areale den extre- men Südwesten (Südwestecke Australiens), ein mehr ausgedehntes und geschlossenes, langgestrecktes Gebiet im Südosten und ein weniger geschlossenes Gebiet im Nordosten, einschließlich des definitiv tropischen Be- reichs nördlich von 20° S, ein. Die Areale aller Genera und supraspezifischen Taxa im Osten sind nord-süd orientiert, lang und schmal. Die größte Nord-Süd-Ausdehnung hat das Areal von Austro- aeschna, gefolgt von Telephlebia, Spinaeschna, Austrophle- bia, Dendroaeschna, Notoaeschna, Antipodophlebia, Acanth- aeschna und Dromaeschna in dieser Reihenfolge. Art- Areale von polytypischen Gruppen erreichen nie die Ge- samtausdehnung der Gruppe, wenngleich es fast in jeder eine weit, aber mehr südlich, verbreitete Art gibt. Abb. 67: Phylogramm der Euaeshnida. 18. Boyeria Durch schmale nord-süd ausgerichtete Gebiete be- sehr schmale gestreckte Diskoidaldreiecke in bei- grenzte Existenzmöglichkeiten lassen bei Änderung ge- den Flügelpaaren wisser klimatischer Bedingungen eine gerichtete Aus- larvaler Occiput eckig ausgestellt dehnung von Arealen zu, die aber zunehmend anfällig sind für Unterbrechungen und Zerstückelung. So gibt es 19. Caliaeschninae innerhalb der Areale der meisten supraspezifischen Ta- CuP proximad verschoben (parallel zu den xa erkennbare morphologische Disjunktionen, die in Aeshnoidea) ihrer Größe u. a. von der geographischen Dimension der querverbreiteter Hamular-Durchlass (parallel zu Arealunterbrechungen und vom Ausmaß der geologi- den Notoaeschnini; Abb. 60b) schen und klimatischen Unterschiede abhängen sowie von der Landschaftsform. Ausdehnung und Unterbre- chung (Schrumpfen) von Arealen, Erkennen der mor- phologischen Disjunktionen und die darauf folgende ta- xonomische Auswertung haben entscheidend zur heute bestehenden und anerkannten Diversität der australi- schen Fauna der Telephlebiiden/Brachytroniden beige- tragen. Ähnliche Verhältnisse wurden auch bei anderen Libellenfamilien sowie bei Plecopteren und Megalopte-

540 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at ren beobachtet (WATSON & THEISCHINGER 1984; THEI- den/Brachytroniden bewohnte Berggruppen, Black- SCHINGER 1999, 2001). down Tableland und Carnarvon Range/Salvator Rosa. Im Blackdown Tableland erreicht möglicherweise In der Folge wird die gesamte Fauna der Telephlebii- Austroaeschna pinheyi (Adelphotaxon der nahe der den/Brachytroniden Australiens kurz dargestellt, wobei Grenze zwischen Queensland und New South Wales an- auf taxonomische Disjunktionen (meist auf der Ebene schließenden A. unicornis) wahrscheinlich als einzige von Adelphotaxa der Artgruppe), deren Vorhandensein dort vorkommende Art ihre maximale Nordausdeh- durch Arealteilung bzw. Schrumpfung verstanden wer- nung. den kann, näher eingegangen wird. Austroaeschna pinheyi (s. oben) kommt aber sicher in Die Entfernung zwischen dem heute für das Vorkom- Carnarvon Range vor, das außerdem die beiden dort men von Telephlebiiden/Brachytroniden geeigneten wahrscheinlich endemischen Arten Austroaeschna muel- Gebiet im Südwesten und solchen Gebieten im Südos- leri (Adelphotaxon des weitverbreiteten und bis in das ten Australiens ist sehr groß. Nur eine Art der sonst aus- Eungella Gebiet reichenden Artenpaares A. pulchra und schließlich östlichen Gattung Austroaeschna, A. anacant- A. eungella) und Telephlebia undia (s. oben) und eine mög- ha (Adelphotaxon der im Südosten weitverbreiteten A. licherweise weit isolierte Population der mehr südöstlich subapicalis/flavomaculata/parvistigma-Gruppe), kommt in weitverbreiteten Dendroaeschna conspersa beherbergt. Südwestaustralien vor und dort natürlich endemisch. Vom mehr küstennahen Gebiet zwischen Black- Im Osten haben vor allem Kombinationen von be- down Tableland und Carnarvon Range und zwischen stimmter geographischer Breite und Höhenlage, da- den beiden und etwa 26.5°S sind wiederum brachytro- durch bewirktes vergleichbares/verschiedenes Klima, nine Aeshniden nicht bekannt mit Ausnahme der wohl und ähnlicher/unterschiedlicher geologischer Unter- mehr ökologisch gesonderten Acanthaeschna victoria und grund nicht nur zu bisweilen weit abgelegenen nördli- Telephlebia tryoni (siehe oben), die in einem schmalen chen Populationen meist südlicher Arten, sondern auch niedrigen Küstenstreifen und auf Fraser Island nördlich zu anderen diskussionswürdigen systematisch/taxono- wohl bis 25°S vordringen. misch ausgewerteten Disjunktionen geführt. Im Bergland südlich von etwa 26.5°S bis zum Hun- So stellt zum Beispiel das Gebiet zwischen etwa ter River kommen je eine Art aller Artengruppen von 20°S und 20.5°S die Grenze dar zwischen einer defini- Austroaeschna (pulchra, unicornis, subapicalis, sigma) und tiv tropischen Fauna, die sich aus Dromaeschna forcipata der Genera Austrophlebia (costalis), Notoaeschna (gemi- und D. weiskei (Dromaeschna ist das Adelphotaxon der nata), Spinaeschna (tripunctata), Dendroaeschna, Antipo- extrem weitverbreiteten und sogar in die Tropen vorge- dophlebia und Telephlebia (godeffroyi und cylops) vor, im drungenen Gattung Austroaeschna), Austroaeschna spe- daran anschließenden engen Küstenstreifen im allge- ciosa (sehr nahe verwandt mit der weitverbreiteten A. meinen nur Acanthaeschna victoria und Telephlebia tryoni, unicornis), Austrophlebia subcostalis (Adelphotaxon der und nur in dessen nördlichem Teil die Dünenart Austro- südlich weitverbreiteten und bis in das Eungella Gebiet aeschna cooloola (Adelphotaxon der tropischen A. spe- reichenden A. costalis), Spinaeschna watsoni (Adelpho- ciosa). Zwischen etwa 32°S und 33°S waren und sind taxon der viel weiter südlich weitverbreiteten S. tri- Arealunterbrechungen entlang des Tals des Hunter Ri- punctata) und Telephlebia tillyardi (Adelphotaxon der ver anscheinend Ursache für heute anerkannte taxono- beiden viel weiter südlich geographisch und wohl auch mische Disjunktionen in Notoaeschna (geminata/sagitta- ökologisch weit voneinander getrennten Spezies T. tryo- ta) und praktisch auch im Austroaeschna multipunctata- ni und T. undia) zusammensetzt, und Faunen mit stärker Komplex (sigma/obscura). südlicher Ausrichtung. Südlich des Hunter lassen sich Faunen der haupt- Die südlicheren Faunen erreichen, soweit bekannt, sächlich nördlich von 35°S gelegenen Sandsteingebirge mit Austroaeschna christine (Adelphotaxon der viel wei- und der hauptsächlich südlich von 35°S gelegenen Gra- ter südlich weitverbreiteten A. sigma) und A. eungella nitgebirge unterscheiden. Ungefähr entlang dieser Linie (Adelphotaxon der viel weiter südlich weitverbreiteten kommt es zur Ablösung der nördlichen Austroaeschna A. pulchra), Austrophlebia costalis (s. oben) und Telephle- obscura durch A. multipunctata (beide A. multipunctata- bia cyclops (das Eungella Gebiet ist der nördlichste Komplex) und von Telephlebia godeffroyi durch T. brevi- Fundplatz dieser generell viel weiter südlich verbreiten cauda (beide T. cyclops-Gruppe). Sonst kommen alle Art) ihre maximale Nordausdehnung im Eungella Ge- Genera des Berglandes nördlich des Hunter River auch biet und in Jaxut. im Bergland südlich des Hunter vor, wenn auch Aus- Bedeutend weiter südlich (ca 23°S-24°S) liegen trophlebia, Dendroaeschna und Antipodophlebia die Süd- zwei weitere, ziemlich isolierte und von Telephlebii- küste Australiens nicht erreichen. Von den Arten nörd-

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Abb. 68: Telephlebiiden/Brachytroniden-Taxa und ihr belegtes Vorkommen in den hauptsächlich für die Gruppe bekannten Regionen.

Südwestaustralien (swA) 31.5-35°S 115-116.5°E Südaustralien (SA) 34.5-35.5°S 138.5-139.5°E Grampians (Gr) 37-38°S 142-143°E Otways (Ot) 38-39°S 143-144°E Tasmania (Tas) 40.5-44°S 144.5-148.5°E Australian Alps (AA) 35-38°S 145.5-149°E Ost- und Südküste von Victoria (Vces) 37-39°S 144-150°E Neusüdwales Küste südlich des Hunter (einschliesslich Blue Mountains) (BNcs) 32.5-37°S 148-152.5°E Neusüdwales Küste nördlich des Hunter (Ncn) 28-33°S 152-153.5°E Barrington Tops (BT) 31.5-32.5°S 151-152°E Warrumbungles (Wb) 31-32°S 148.5-150°E New England Ranges (NE) 29-31.5°S 150-152°E Bergland südlich von Brisbane (Bsm) 27.5-29°S 151.5-152°E Bunya Mountains und nördliche und speziell östliche Vorberge (BuM) 26-27.5°S 151.5-153°E Carnarvon Ranges (CR) 24.5-26°S 147.5-149°E Südqueensland Südküste und Hinterland (Cc) 25-28°S 153-153.5°E Blackdown Tableland (BlTl) 23.5-24.5°S 149-149.5°E Eungella/Clark Ranges (ECR) 20.5-21.5°S 148-148.5°E Küste nördlich Eungella/Clarke Ranges (20n) 15-20°S 145-148.5°E

lich des Hunter fehlen, wie schon erwähnt, Austro- Nord-Süd Ausdehnung der Areale und aeschna sigma (weitgehend) und Notoaeschna geminata, deren Besiedlungscharakter dazu kommen jedoch Austroaeschna atrata, A. flavoma- culata und A. inermis und, wie schon erwähnt, A. obscu- Für alle Taxa wirds eingangs in Klammern die Nord- ra, A. multipunctata, Notoaeschna sagittata und Telephle- Süd Ausdehnung ihrer Areale in Graden geographi- bia brevicauda. scher Breite und in Kilometern angegeben. Darauf folgt ihre bekannte Verbreitung im großen Rahmen. Unter Die tasmanische Fauna umfasst zwei endemische Nordosten ist das Gebiet nördlich der Queensland/New Arten, A. tasmanica und A. hardyi, die zusammen die South Wales Grenze zu verstehen, unter Südosten das Schwestergruppe der montanen A. subapicalis und A. Gebiet südlich davon. atrata darstellen. Außerdem kommen noch Austro- aeschna unicornis und A. parvistigma in Tasmanien vor. Genus Telephlebia (16-39°S; c. 2530 km) Bis nach Südaustralien sind offenbar nur A. unicor- Relativ geschlossen im Südosten, ausgenommen Grampians nis und A. parvistigma vorgedrungen. und Tasmania, und in den Tropen nördlich von 20°S, mehr zerstückelt im Süden des Nordostens einschließlich eines

542 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at schmalen Küstenstreifens zwischen etwa 30°S und 23°S, und Genus Austrophlebia (16-35.5°S; c. 2145 km) wohl isoliert in Carnarvon Range sowie im Eungella Gebiet. Ziemlich geschlossen nördlich von etwa 35.5°S im Südosten Telephlebia cyclops-Gruppe (21-39°S; c. 1980 km) und zerstückelt einschließlich des tropischen Gebietes im Nordosten. Relativ geschlossen im Südosten, mehr zerstückelt im Süden des Nordostens und mit einer Art bis in die Tropen reichend. Austrophlebia costalis (20.5-35.5°S; c. 1650 km) Telephlebia brevicauda (35.5-39°S; c. 385 km) Ziemlich geschlossen nördlich von etwa 35.5°S im Südosten, Relativ geschlossen im südlichen Südosten. zerstückelt einschließlich des tropischen Gebietes südlich von 21°S im Nordosten. Telephlebia godeffroyi (28-35.5°S; c. 825 km) Relativ geschlossen im centralen und nördlichen Südosten. Austrophlebia subcostalis (16-19.5°S; c. 385 km) Ziemlich zerstückelt im tropischen Gebiet des Nordostens Telephlebia cyclops (21-32°S; c. 1210 km) nördlich von 20°S. Ziemlich zerstückelt im nördlichen Südosten und südlichen Nordosten; reicht im Eungella Gebiet in die Tropen. Genus Dromaeschna (15.7-19.5°S; c. 420 km) Ziemlich geschlossen im tropischen Nordosten nördlich von Telephlebia tillyardi-Gruppe 20°S. (16-30°S; c. 1540 km) Relativ geschlossen in den Tropen nördlich von 20°S, zerstü- Dromaeschna forcipata (15.7-19.5°S; c. 420 km) ckelt in einem schmalen Küstenstreifen zwischen etwa 30°S Ziemlich geschlossen im tropischen Nordosten nördlich von und 23°S, und isoliert im Carnarvon Range. 20°S. Telephlebia tillyardi (16-20°S; c. 440 km) Dromaeschna weiskei (15.7-19.5°S; c. 420 km) Relativ geschlossen in den Tropen nördlich von 20°S. Ziemlich geschlossen im tropischen Nordosten nördlich von 20°S. Telephlebia tryoni (23-30°S; c. 770 km) Ziemlich zerstückelt in einem schmalen Küstenstreifen zwi- Genus Austroaeschna (16.5-43.5°S; c. 2970 km) schen etwa 30°S und 23°S. Weit isoliert im extremen Südwesten, geschlossen im Südos- ten, einschließlich Tasmanien, und im Nordosten ziemlich zer- Telephlebia undia (24.7-25°S; c. 30 km) stückelt und bis in das tropische Gebiet nördlich von ca. 20°S Isoliert im Carnarvon Range. reichend. Isoliert im Carnarvon Range/Salvator Rosa. Antipodophlebia asthenes (28-34°S; c. 660 km) Subgenus Pulchaeschna (20.5-39°S; c. 2035 km) Zerstückelt im mittleren und nördlichen Südosten und im süd- Ziemlich geschlossen mit Ausnahme Tasmaniens im Südosten, lichen Nordosten. mehr zerstückelt im südlichen Nordosten; isoliert im Eungella Genus Notoaeschna (26-38°S; c. 1320 km) Gebiet und im Carnarvon Range. Relativ geschlossen im gesamten Südosten und im südlichen Austroaeschna pulchra (23.5-39°S; c. 1705 km) Nordosten. Ziemlich geschlossen mit Ausnahme Tasmaniens im Südosten; Notoaeschna sagittata (32.5-38°S; c. 605 km) im Nordosten mehr zerstückelt und bis etwa 26°S reichend. Relativ geschlossen im südlichen und mittleren Südosten Austroaeschna eungella (20.5-21.3°S; c. 90 km) (nördlich bis zum Hunter River). Möglicherweise weit isoliert im Eungella Gebiet und vielleicht Notoaeschna geminata (26-32.5°S; c. 715 km) in der Clarke Range des tropischen Nordostens. Relativ geschlossen im nördlichen Südosten und im südlichen Austroaeschna muelleri (24.7-25°S; c. 30 km) Nordosten (nördlich des Hunter River). Weit isoliert in Carnarvon Range (c. 25°S/148°E). Genus Spinaeschna (16-38°S; c. 2420 km) Subgenus Austroaeschna Relativ geschlossen im gesamten Südosten und weit isoliert im As in Genus Austroaeschna Nordosten im tropischen Gebiet nördlich von 20°S. Spinaeschna tripunctata (31-38°S; c. 770 km) Austroaeschna unicornis-Gruppe (16.5-43.5°S; c. 2970 km) Relativ geschlossen im gesamten Südosten. Relativ geschlossen in Südosten, mehr zerstückelt im Nordos- Spinaeschna watsoni (16-20°S; c. 440 km) ten einschließlich die Tropen, sowie in Carnarvon Range/Sal- Weit isoliert im Nordosten im tropischen Gebiet nördlich von vator Rosa. Interessant erscheint das Fehlen in den Otways, 20°S. Grampians und im Eungella Gebiet. Acanthaeschna victoria (25-32°S; c. 770 km) Austroaeschna inermis (33.5-37°S; c. 385 km) Wahrscheinlich zerstückelt entlang der nordöstlichen und Im Südosten, auf das alpine Gebiet und auf höhere Lagen von südöstlichen Küste. Kanangra Boyd beschränkt.

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Abb. 69: Übersichts- karte der Gebiete Au- straliens, von denen Telephlebiiden/- Brachytroniden haupt- sächlich bekannt sind (Abkürzungen wie in obiger Liste dieser Gebiete).

Austroaeschna unicornis (28-43.5°S; c. 1650 km) Austroaeschna flavomaculata Relativ geschlossen im Südosten einschließlich der östlichen (35-37.5°S; c. 275 km) Hälfte von Tasmanien; nicht im alpinen Gebiet. Ziemlich zerstückelt im Südosten in hohen (meist >1450 m) Lagen des alpinen Gebietes. Austroaeschna pinheyi (23.5-28°S; c. 495 km) Ziemlich zerstückelt im südlichen Nordosten, westlich bis Sal- Austroaeschna parvistigma (29-43.5°S; c. 1595 km) vator Rosa (ca. 147°E), nördlich vermutlich bis Blackdown Ziemlich geschlossen im Südosten einschließlich Tasmanien in montanen Gebieten, aber ausgenommen das alpine Gebiet. Tableland (ca. 24°S). Austroaeschna multipunctata (35-39°S; c. 440 km) Austroaeschna speciosa (16.5-18°S; c. 165 km) Relativ geschlossen im südlichen Südosten. In dessen Norden Relativ zerstückelt im tropischen Nordosten. wohl nicht entlang der Küste. Austroaeschna cooloola (25-28°S; c. 330 km) Austroaeschna obscura (33-37.5°S; c. 495 km) Etwas iIsoliert im Dünenland des Cooloola Gebietes ein- Relativ geschlossen im mittleren Südosten; weiter südlich schließlich Fraser und Stradbroke Islands. wohl nur entlang der Küste. Austroaeschna anacantha + Austroaeschna sigma (26-33.5°S; c. 825 km) flavomaculata/parvistigma-Gruppe Relativ geschlossen im nördlichen Südosten, mehr zerstückelt (21-43.5°S; c. 2475 km) und wohl nur bis ca. 26°S reichend im Nordosten. Weit isoliert im extremen Südwesten, relativ geschlossen im Austroaeschna christine (21-21.3°S; c. 30 km) Südosten, einschließlich Tasmanien und ziemlich zerstückelt Möglicherweise weit isoliert im tropischen Nordosten im Eun- im südlichen Nordosten. Weit isoliert im Eungella Gebiet (ca. gella Gebiet (ca. 21°S/148.5°E). 21°S/148.5°E) im Nordosten. Interessant erscheint das Fehlen im Carnavon Range/Salvator Rosa. Austroaeschna subapicalis-Gruppe (28-43.5°S; c. 1650 km) Austroaeschna anacantha (31-35°S; c. 440 km) Praktisch auf die montanen Gebiete des Südostens des konti- Weit isoliert im extremen Südwesten. nentalen Australien und auf Tasmanien beschränkt.

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Austroaeschna atrata (35-38°S; c. 330 km) Verschiedene Grade der Rheophilie, unterschiedli- Praktisch auf die höheren Lagen des alpinen Gebietes des Süd- che Temperaturtoleranz und Substratpräferenz ermögli- ostens beschränkt. chen einerseits eine bestimmte Abfolge von Arten ent- lang von Fließgewässern (Längszonierung), anderseits Austroaeschna subapicalis (28-39°S; c. 1210 km) Sympatrie mehrerer Spezies durch eine Art Querzonie- Etwas zerstückelt über die montanen Gebiete des Südostens rung, besser Nutzung verschiedener Biotope in densel- mit Ausnahme Tasmaniens und des Großteils des alpinen Ge- ben Gewässerabschnitten. All dies kann am besten an bietes. Beobachtungen an der Gattung Austroaeschna darge- Austroaeschna hardyi (41-43.5°S; c. 275 km) stellt werden und erfolgt am Ende des Kapitels. Auf Tasmanien beschränkt. Die Morphologie der Imagines und Larven und das Austroaeschna tasmanica (41-43.5°S; c. 275 km) ähnliche, meist crepusculare Verhalten der Imagines Auf Tasmanien beschränkt. und die vergleichbare semiterrestrische Lebensweise der Larven weisen auf die nahe Verwandtschaft der Genera Dendroaeschna conspersa (24-38°S; c. 1540 km) Antipodophlebia und Telephlebia hin. Ihr Verhalten und Ziemlich geschlossen im Südosten ausgenommen den extre- ihre Larvalhabitate sind hochspezialisiert und isoliert. men Süden, das alpine Gebiet, Otways, Grampians und Tas- Die Einnischung erscheint eher als zweite Wahl einer manien; im südlichen Nordosten isoliert in Carnarvon Range. grundsätzlich aquatischen Gruppe. Die Spezialisierun- Die geographische Lage der australischen Gebiete, gen sind wohl auch in der kleinerwüchsigen und weni- aus denen Telephlebiiden/Brachytroniden hauptsäch- ger erfolgreichen (monotypischen) Antipodophlebia wei- lich bekannt sind, ihre Ausdehnung und die für sie ge- ter vorangetrieben als in Telephlebia. Die letztere Gat- brauchten Abkürzungen sind in der Liste neben Abb. tung zeigt heute eine ausgeprägte Nord-Süd Zweitei- 68 und in Abb. 69 gegeben. Abb. 68 demonstriert das lung. Während in der südlichen Gruppe die Areale und Vorkommen der einzelnen Genera, Subgenera und Ar- damit auch die Habitate der einzelnen Arten nur eng- ten in diesen Gebieten. räumig getrennt sind oder sogar geringfügig überlappen (T. brevicauda in den Snowy Mountains und in meist südlicheren Gebieten, T. godeffroyi in nördlich anschlie- 5. Qualitäten der Lebensweise und die ßenden, meist wärmeren Gebieten, meist je weiter ökologische Existenzparameter der nördlich desto höher; T. cyclops in Flecken subtropi- Einnischung, Larvalhabitate, schen bis tropischen montanen Regenwaldes), haben Spezialisierung, Konkurrenz die Arten der nördlichen T. tillyardi-Gruppe weit vonei- nander getrennte Areale und recht verschiedene Habi- Form und Ausdehnung der im vorangegangenen tate inne, und zwar im tropischen Regenwald nördlich Kapitel behandelten Areale der australischen Telephle- von 20° S (T. tillyardi), in tief eingeschnittenen biiden/Brachytroniden sind generell vom Vorhanden- Schluchten des Carnarvon Range (T. undia) und in tief- sein kalten und sauerstoffreichen Wassers bestimmt, wie liegenden Regenwaldflecken entlang der Zentralküste es vor allem permanente, stark fließende Bäche und und an entsprechenden Stellen auf den küstennahen Flüsse, zum Teil aber auch sumpfig/moorige Quellgerin- Inseln (Fraser und Stradbroke Islands). ne enthalten. Mit der passenden Mischung von Son- neneinstrahlung, Beschattung und Ufervegetation wer- Beide extrem rheophilen Spezies der praktisch auf den solche Biotope zu Jagd- und Paarungsrevieren für den Südosten Australiens beschränkten Gattung Noto- die Adulti und mit passendem Substrat zu Larvalhabita- aeschna kommen vikariierend südlich (N. sagittata) und ten, in denen der Großteil des mindestens einjährigen nördlich des Hunter River (N. geminata) vielfach syn- Lebenszyklus stattfindet. top mit Spinaeschna tripunctata vor. Die Larven leben an der Unterseite von Felsblöcken. Geologischer Untergrund, Meereshöhe, geographi- sche Breite, Landschaftsform (z. B. tiefe enge Schluch- Die anscheinend schwächer rheophile Gattung ten), Uferbeschattung und Art, Reichtum und Ausdeh- Spinaeschna zeigt entlang des Hunter keine nennenswer- nung von Vegetation (z. B. geschlossenes Kronendach te morphologische Disjunktion und schließt mit der be- im tropischen Regenwald) sind Umstände, die physika- deutend dunkleren S. watsoni weit isoliert von der süd- lische und chemische Eigenschaften von Gewässern lichen S. tripunctata eine Art in den Tropen nördlich von 20°S ein, die dort in schnell fließenden Bächen und und terrestrischen Habitaten maßgeblich beeinflussen Flüssen recht verschiedener Größe vorkommt. und so für Ausbreitung, Vorkommen oder Fehlen und lokale Diversität von Telephlebiiden/Brachytroniden Die Gattung Dendroaeschna ist monotypisch. Die entscheidend sein können. Imagines sind tagaktiv, wurden aber zumindest stellen-

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weise auch dämmerungsaktiv beobachtet. Ob dies eben- Die Larvalhabitate von beiden Dromaeschna Arten so wie die meist jahreszeitlich späte Flugzeit (Schlüpfen sind Fließgewässer im tropischen Regenwald. Es scheint, vielfach etwa Mitte April) die Konkurrenz mit größe- dass die größeren und offeneren Bäche und Flüsse in ren, syntopen Austroaeschna Spezies vermindert, ist niedrigerer Mereshöhe von D. forcipata bevorzugt wer- nicht bekannt. Die Weibchen legen (in der Umgebung den, während die seltenere D. weiskei entlang dunklerer von Sydney bis Juli) die Eier in totes Holz oder auch an Nebenbäche und in größerer Meereshöhe in Biotopen feuchtes moosiges Gestein. Die Larvalhabitate sind mit mehr extremem Regenwaldcharakter überwiegt. meist etwas bewachsene schattige Kolke aber auch ruhi- Das hell orange Abdomenende beider Geschlechter in ge, seichte Buchten, manchmal gebildet durch Wurzel- D. weiskei ist wohl eine Anpassung an diese Habitate. stöcke am Ufer wachsender Bäume. Die Larven beider Dromaeschna-Arten leben meist an Nur wenige Exemplare der monotypischen Gattung oder zwischen großen Steinen und Felsblöcken. Acanthaeschna sind bekannt. Obwohl sich darunter Austroaeschna ist in zwei Subgenera Austroaeschna auch eine Larve befindet, kann über die Ökologie der s.str. und Pulchaeschna subgen.nov. unterteilt. In Austro- sowohl tag- als auch dämmerungsaktiv gefundenen A. aeschna s.str. lassen sich drei ostaustralische Artengrup- victoria nur spekuliert werden. Die Fundumstände des pen, die A. unicornis-Gruppe, die A. subapicalis-Gruppe jüngst gesammelten Materials lassen es durchaus mög- und die A. flavomaculata/parvistigma/multipunctata- lich erscheinen, dass küstennahe, schwach fließende Gruppe unterscheiden. In allen vier genannten Grup- temporäre Gewässer in Regenwaldflecken geringer See- pen gibt es mindestens je eine mehr oder weniger in tie- höhe der Larvalhabitat der dort nur mit Telephlebia tryo- feren Lagen weitverbreitete Art (A. pulchra; A. unicor- ni vorkommenden und von allen anderen Gattungen nis; A. subapicalis; A. parvistigma und vielleicht A. mul- wahrscheinlich ökologisch isolierten Art sind. Auch das tipunctata), mindestens eine, die in mehr oder weniger saisonell frühe (Anfang Oktober) Erscheinen der Imagi- hohen Lagen des alpinen Gebiets vorkommt (A. pulch- nes spricht vielleicht für ein Schlüpfen vor der mögli- ra; A. inermis; A. atrata; A. flavomaculata und vielleicht cherweise periodischen Austrocknung solcher Habitate. A. multipunctata) und eine oder einige Arten, die die Die Gattung Austrophlebia umfasst zwei Arten. Die weitverbreiteten Arten oder einander geographisch ab- südlichere A. costalis ist sehr weit verbreitet in meist lösen. Diese Arten sind oft relativ engräumig oder re- niedrigeren Lagen im Süden, wurde allerdings südlich liktartig verbreitet. (A. muelleri, A. eungella; A. pinheyi, der geographischen Breite von 37°S bisher nicht gefun- A. speciosa, A. cooloola; A. subapicalis, A. hardyi, A. tas- den. Bis zu Höhen von über 1000 m lebt sie im schon manica; A. anacantha; A. obscura, A. sigma, A. christine). tropischen Eungella Gebiet. Unmittelbar nördlich Im Kosciusko-Gebiet wurden mehrfach an ein und schließt die auf die Tropen nördlich von 20°S be- derselben Bachstelle A. flavomaculata, A. multipunctata, schränkte A. subcostalis an. Flugaktivität der Austrophle- A. inermis, A. atrata und A. pulchra gesammelt. Die Lar- bia Imagines wird häufiger knapp vor der Dämmerung ven von A. flavomaculata leben meist nur in Höhen von beobachtet als tagsüber, und der schnelle, unregelmäßi- über 1450 m und bis 1800 m in Sphagnum und unter ge Flug wird durch Aufhängen an der Schattenseite von Steinen aber auch zwischen Vegetation in Quellgerin- ufernahen Farnen, Farnbäumen und Büschen häufig un- nen. A. multipunctata ist hauptsächlich von kleinen Bä- terbrochen. Larvalhabitat beider Arten sind meist gut chen bekannt, wo die Larven zwischen Wasserpflanzen beschattete, tiefe und kühle Tümpel in sonst eher und an Steinen vorkommen. Die Larven von A. inermis schnell fließenden Bächen, meist in Regenwaldab- leben oft im schnellfließenden Wasser an Holz und Fel- schnitten. Die Larven sitzen vielfach verborgen in Spal- sen, die von A. atrata meist in Holzspalten und weniger ten größerer Holzstücke. Konkurrenz mit potentiell syn- häufig an Felsen und im Detritus von Tümpeln, wäh- topen anderen Telephlebiiden-Arten wird wohl durch rend A. pulchra Larven meist im Kies nahe größeren diese Nischenbildung, die ungewöhnliche Aktivitätspe- Steinen und Felsen zu finden sind. Die Exuvienfunde an riode der Imagines und den möglicherweise damit zu- besagten Stellen im Hauptbach bestätigten dann auch sammenhängenden Gigantismus der Austrophlebia Ar- gewisse Präferenzen der einzelnen Arten speziell für un- ten weitgehend vermieden. terschiedliche Strömungsstärke und Substratgröße, wo- Die Schwester-Gattungen Dromaeschna und Austro- bei sich ein Gefälle A. inermis/atrata – A. pulchra – A. aeschna kommen nahezu vikariierend vor. Die zwei multipunctata ergab. A. multipunctata wurde zusätzlich Dromaeschna Arten leben nur im tropischen Gebiet auch noch ganz in der Nähe in Anzahl in einem winzi- nördlich von 20°S, während alle Arten von Austro- gen Bächlein gefunden, wo sie als einzige Austroaeschna aeschna mit Ausnahme der wohl auch auf die Tropen vorkam. A. flavomaculata, von der Exuvien am Haupt- nördlich von 20°S beschränkten A. speciosa nur südlich bach nie gefunden wurden, kam wohl von kleineren dieses Gebietes vorkommen. Quellgerinnen in unmittelbarer Nähe des Bachufers.

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Auch Telephlebia brevicauda, anscheinend von feuchten Situationen an steilen überrieselten Uferstellen oder vom Rand der Quellgerinne kommend, flog mitunter an denselben Bachstellen. Dieses syntope Vorkommen von Vertretern aller Ar- tengruppen von Austroaeschna im Winter-Schneegebiet und das Ablösen dieser kaltangepassten Arten von mehr oder weniger circumalpin weitverbreiteten Arten in geringerer Meereshöhe sind Beispiele für Einni- schung als Folge von Spezialisierung auf gewisse klein- bis großräumig bedingte Habitatseigenschaften. Größe und Form von gruppen- oder artspezifischer ökologi- scher Toleranz sind sicher mitbestimmend für Ausbrei- tungspotenz, Überlebenschancen und die jeweils mögli- che lokale/regionale Diversität. Während A. pulchra und A. multipunctata sowohl al- pin als auch circumalpin verbreitet sind, unterscheiden sich ihre Habitate in höheren Lagen von denen weiter im Tal ebenso wie die Habitate von A. unicornis und A. subapicalis von denen von A. inermis und A. atrata unter anderem in Temperatur, Fließgeschwindigkeit und Sub- Abb. 70: Sympatrie/Allopatrie von Austrophlebia, Dromaeschna und Austro- aeschna Spezies. stratgröße. A. parvistigma kommt sicher in wärmeren und stärker bewachsenen Gewässern vor als A. flavoma- In den Tropen nördlich von 20°S sind Habitate, die culata. Von den nördlichen geographischen Ablösearten vielleicht für das Vorkommen von nicht zur A. unicornis ist A. obscura wahrscheinlich weniger empfindlich im Gruppe gehörende Arten geeignet wären, möglicher- Hinblick auf höhere Temperatur und Austrocknung als weise durch die Arten von Dromaeschna besetzt. A. multipunctata, und A. sigma hat in niederen Lagen stellenweise sicherlich auch höhere Temperaturen aus- Im kühlen Tasmanien lebt im Norden und Osten A. zuhalten als in den von ihr gewöhnlich bevorzugten unicornis vorzugsweise im Unterlauf von Flüssen in tro- montanen Habitaten. ckenem Sclerophyllforest und A. parvistigma ist in trä- gen Fließgewässern häufig und weit verbreitet. Die Die südwestaustralische Austroaeschna, A. anacant- Stammart der A. subapicalis Gruppe hat eine Art mit ha, hat dort als einzige Art ihrer Gattung bezüglich stärkerer Präferenz für Regenwaldflüsse und eine Art der Temperatur und Feuchtigkeit wahrscheinlich weniger mehr offenen trockenen Eucalyptuswälder hervorge- günstige Bedingungen als die Arten der A. subapicalis bracht. Beide kommen manchmal auch syntop vor. Die und A. flavomaculata Gruppe im Osten. Sie ist eine eng- Larven leben vielfach an totem Holz. räumig verbreitete kleine Art. In den nachfolgenden Tabellen werden die bisher Bei mehr oder weniger syntopem Vorkommen von gefundenen Sympatrien/Syntopien jedes einzelnen Ta- A. pinheyi und A. muelleri in Carnarvon Gorge ist A. xons mit allen anderen Taxa aufgezeigt. Strikte Allopa- pinheyi gewöhnlich am Hauptbach und am Ausgang der trien/Allotopien zwischen Taxa können auf hochgradig engen Schluchten zu finden, A. muelleri in den schatti- verschiedenen und auch sehr ähnlichen Spezialisierun- gen Schluchten. gen basieren. Bei syntopem Vorkommen von A. eungella und A. christine im Eungella Gebiet, scheint A. christine mehr 6. Diskussion zurückgezogen und in steileren, dunkleren Habitaten zu Wo immer es gelingt, herkömmliche „morphologi- überwiegen, A. eungella in mehr offenen, wasserreiche- sche“ Arten als integrierte Fortpflanzungsgemeinschaf- ren Situationen. ten (evolutionäre Spezies; PETERS 1998) auszuweisen Im Blackdown Tableland (A. pinheyi) und im Dü- und supraspezifische Taxa als geschlossene Abstam- nengebiet (A. cooloola) sind wahrscheinlich die kühls- mungsgemeinschaften wahrscheinlich zu machen (AX ten und feuchtesten Habitate gerade noch ausreichend 1984), wird es möglich, ökologische, biogeographische für je einen Vertreter der A. unicornis Gruppe. und paläontologische Untersuchungen auf eine objekti-

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Abb. 71: Sympatrie/Allopatrie von supraspecifischen Telephlebiiden- Taxa und Spezies von Spinaeschna, Notoaeschna und Telephlebia und von Dendroaeschna conspersa (Brachytronidae).

ve systematische Grundlage zu stellen. Evolutionäre rungsangebot. Einem Konkurrenz- oder gar Verfolgungs- Spezies und geschlossene Abstammungsgemeinschaften druck vonseiten anderer Wasserinsekten sowie Fischen sind naturhistorisch entstandene Entitäten mit indivi- und Vögeln scheinen die Larven nur in geringem Maße duellen Eigenschaften. Jede von ihnen ist einmalig. Wir ausgesetzt zu sein. sind uns, wie bereits im Kap. 3.1. erwähnt, hinreichend Dem Phylogramm der Austroaeschna-Spezies (Abb. sicher, dass es sich bei den Arten von Austroaeschna 21) messen wir einen hohen Wahrscheinlichkeitswert (evtl. mit Ausnahme der noch an größerem Material zu gegenüber der historischen Wirklichkeit zu. Alle Arten prüfenden A. pinheyi) wie auch bei allen übrigen Arten sind morphologisch in einem Maße untersucht worden, der australischen „brachytroninen Aeshniden“ um evo- das eine detaillierte stammesgeschichtliche Interpreta- lutionäre Spezies handelt. tion zahlreicher Merkmale erlaubte. Austroaeschna ist Aus den chorologischen und bionomisch-ökologi- gegenwärtig ein relativ artenreiches Taxon, das sich in schen Ausführungen in Kap. 4 und 5 ist zu entnehmen, einem anscheinend vergleichsweise engen Raum entfal- dass die Austroaeschna-Spezies unterschiedlich hoch tet hat – wenn man A. anacantha beiseite lässt. Durch spezialisierte Formen darstellen. Die eng gestaffelten die Existenz dieser südwestaustralischen Art wird ein ge- Nischen-Präferenzen dürften ebenso wie die an regiona- wisser „post quem non“-Zeithorizont in das Schema ein- le geologische und klimatische Faktorengefüge, d.h. an gezogen: Die im obersten Miozän eingetretene nachhal- bestimmte Boden-, Gewässer- und Vegetationsformen tige Aridisierung großer Teile des australischen Konti- gebundenen Positionen und Ausdehnungen der Areale nents, der „Late Miocene event“ (KEMP 1981), isolierte vornehmlich Ergebnisse interspezifischer und interge- A. anacantha von ihren Verwandten in den montanen nerischer Konkurrenz sein. Die Ressource, um die die und Küstengebieten im Osten und Südosten des Konti- Larvenpopulationen der verschiedenen Arten konkur- nents. Für diese Art und ebenso für die Stammart ihres rieren, ist kühles sauerstoffreiches Wasser in Fließgewäs- Adelphotaxons muss mithin ein Mindestalter von 5-6 sern und (sekundär) in Quellrinnsalen und feuchtege- Mio. Jahren angenommen werden. Aus dem Phylo- sättigten Sickerstellen mit einem gesicherten Nah- gramm ist ablesbar, dass die Stammarten von Pulch-

548 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at aeschna und der A. unicornis-Gruppe älter sein müssen sie die Südküste des kontinentalen Australien erreicht. als A. anacantha. Es ist durchaus möglich, dass eines Dieser Befund deutet darauf hin, dass die Berg- und Küs- glücklichen Tages fossile Austroaeschna-Larven oder tenregionen von Victoria im Süden bis nach SE- Exuvien in mittel- bis obermiozänen limnischen Sedi- Queensland im Norden so etwas wie das „Kernland“ der menten gefunden werden. phylogenetischen und ökologischen Entfaltung des Ta- xons Austroaeschna ausmachen und dies gemeinsam mit Ökologische Erwägungen legen den Gedanken na- einer Reihe weiterer Genera der australischen „Brachy- he, dass sich der Speziationsprozess in der Gattung troninen“. Es ist wahrscheinlich, dass der „episodic Austroaeschna im Pleistozän fortsetzte. Die Larven von uplift“ dieser Region, deren „major elevation“ im späten A. flavomaculata wachsen in flachen anmoorigen Rinn- Miozän und Pliozän stattfand (GALLOWAY & KEMP l.c.) salen und Sickerquellen heran, die über einem oberflä- ein geologisches Ereignis darstellt, das das Überleben chennahen felsigen Untergrund Hangwiesen und Stau- und die Prosperität der gondwanischen „Aeshniden“ denfluren mit lockerem Gebüsch- und Baumbewuchs Australiens ursächlich beeinflusste. entwässern (Kap. 5). Diese Biotope liegen nicht nur im rezenten Winterschneegebiet der Australischen Alpen Wie bereits im 3. Kapitel erörtert und belegt, ließ in Höhen zwischen 1450 und 1800 m, sondern sie sind sich die 0-Hypothese einer Monophylie der australi- auch eine Folgelandschaft der pleistozänen Firn- schen brachytroninen Aeshniden nicht verifizieren. schnee/Gletscher-Region. Da die Nische einer Art zu Von den neun auf Gattungsniveau benannten Taxa ge- deren individuellen Eigenschaften gehört, in der Zeit- hören Dendroaeschna mit Sicherheit und Acanthaeschna dauer ihrer Existenz also nicht gewechselt wird, und da möglicherweise nicht zu den verbleibenden sieben Ge- es nach dem Zeugnis der Geologen in Australien keine nera, die das monophyletische Taxon der Telephlebii- Spuren einer prä-pleistozänen Vergletscherung gibt dae konstituieren. Dendroaeschna ist höchstwahrschein- (KEMP l.c.), muss angenommen werden, dass A. flavo- lich ein Subtaxon der Brachytronidae. Bereits in den maculata ein „Kind“ des Eiszeitalters ist, also erst seit Cladogrammen von VON ELLENRIEDER (2002) erscheint maximal 2 Mio. Jahren existiert. Dies wäre ein „ante die Gattung wegen des larvalen Abdominalkiels in ei- quem non“-Datum in der Geschichte der Gattung. ner entsprechenden Position. Die „Unterbringung“ von Acanthaeschna im Phylogramm der Telephlebiidae ist, Die phylogenetische Konsequenz eines pleistozän- wie in Kap. 3 dargestellt, fragwürdig und darum als pro- zeitlichen Ursprungs von A. flavomaculata besteht da- visorisch anzusehen. Wenn Acanthaeschna trotz der Syn- rin, dass die Arten ihres Adelphotaxons, der parvistigma- apomorphien mit der Kronengruppe nicht zu den Tele- Teilgruppe (A. parvistigma, A. multipunctata, A. obscura, phlebiidae gehört (denn bei den aufgelisteten Synapo- A. sigma und A. christine), nicht älter sein können als morphien könnte es sich auch um Homoplasien han- sie, da sie alle auf eine Stammart zurückgehen, die die deln), so stellt sich die Frage, zu welchem anderen Ta- Schwesterart von A. flavomaculata war. Unter den auf- xon sie in einer Schwestergruppenbeziehung stehen gezählten Arten entspricht A. parvistigma aufgrund ihrer könnte. Wegen des parallel zum Mspl verlaufenden Tspl morphologischen Charaktere am ehesten einer „fortle- fällt sie unter die Panbrachytronoda tax.nov. Wegen des benden Stammart“. Ihr Naturell in Gestalt einer „prä- im Vorderflügel „verschobenen“ ax2 und der vergrößer- parvistigma“ kann bereits ausgeprägt gewesen sein, be- ten larvalen Paraglossen sollte sie zu den Telephlebioda vor sie sich in die rezenten Spezies A. parvistigma und A. tax.nov. gehören. flavomaculata teilte, und sie ist auch die einzige Art ih- rer Gruppierung, die im Verlaufe der mehrfachen pleis- Aber die ventralen Fortsätze der Hamuli anteriores tozänen Landverbindungen die Insel Tasmanien er- sind nackt, d.h. ohne Spur einer Behaarung, während reichte. ein Sensillenkamm (mit Reduktionserscheinungen in einigen Genera) bei allen Panbrachytronoda ausgebil- Es ist fraglich, ob A. unicornis und die Stammart von det ist. Es muss daher nach weiteren, eventuell auch A. hardyi/tasmanica die Insel ebenfalls erst im Pleistozän molekularen Merkmalen gesucht werden, um eine grö- erreichten. Wenn die Landverbindung zwischen Tasma- ßere Vergleichsbasis zur Ermittlung der phylogeneti- nien und dem Kontinent erst im Miozän verloren ging, schen Position von Acanthaeschna zu gewinnen. wie GALLOWAY & CAMP (1981) vermuten, so geschah dies in einer Zeit, während der Austroaeschna auf dem Ganz unabhängig von der Lösung des Acanth- Festland bereits weit verbreitet war (s. A. anacantha). aeschna-Problems ist der Befund festzuhalten, dass die Bedenklich stimmt in diesem Zusammenhang allerdings brachytroninen Aeshniden Australiens, von WATSON der Umstand, dass A. pulchra, eine wie A. parvistigma (1981) zu den südlichen Gruppen der Libellenfauna ge- nicht eng spezialisierte und weitverbreitete Art auch zählt, keine homogene Gruppe im Sinne einer geschlos- nach Durchsicht umfangreicher Larvenaufsammlungen senen Abstammungsgemeinschaft darstellen, denn zu- nicht auf Tasmanien festgestellt werden konnte, obwohl mindest Dendroaeschna gehört nicht zu den Telephlebii-

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den. Wenn unter gondwanischen Relikten Taxa ver- im Falle der Caliaeschninae oder der Gattung Plan- standen werden, deren Phylogenese sich auf einem der aeschna bekannt wäre. Nur anhangsweise sei erwähnt, Tochterkontinente des Gondwana-Landes vollzogen dass es bei einigen relativ weit verbreiteten Arten wie hat, dann muss Dendroaeschna als das einzige überleben- etwa A. subapicalis, A. unicornis und A. pulchra durchaus de gondwanische Relikt der demnach einst offenbar na- Indizien für ihre Unterteilung in geographische Unter- hezu weltweit verbreiteten Brachytronidae angesehen arten gibt. werden. Auf diesen Aspekt wird noch zurückzukommen Die Verbreitung der Telephlebiidae konzentriert sein. sich mit geringen Abweichungen auf das Verbreitungs- Das Taxon Telephlebiidae enthält drei Gattungs- gebiet von Austroaeschna, d.h. auf die temperaten und gruppen: die Telephlebiinae (7 Spezies), die Notoae- subtropischen Gebiete Ost-Australiens. Es gibt keine schnini (4 Spezies) und die Austroaeschnini (23 Spezies Telephlebiinae und Notoaeschnini in SW-Australien ohne Acanthaeschna victoria). Die beträchtliche Arten- und auf Tasmanien (obwohl T. brevicauda in Victoria zahl letzterer geht, wie bereits diskutiert, im wesentli- auch die Südküste des Kontinents bewohnt), und auch chen „zu Lasten“ von Austroaeschna, der phylogenetisch Austrophlebia und Dromaeschna fehlen in beiden Gebie- jüngsten Teilgruppe (Abb. 55). Zum Teil dürfte sich die- ten. Der vorhin für Austroaeschna geprägte Begriff vom ses Faktum mit der starken Radiation der Austroae- „Kernland der phylogenetischen und ökologischen Ent- schnini im Jung-Tertiär und Pleistozän erklären, zum faltung“ gilt also für alle Genera der Telephlebiiden. anderen eventuell aber auch mit dem höheren stammes- Dieses „Kernland“, das ostaustralische Berg- und Küs- geschichtlichen Alter der Telephlebiinae und Notoae- tenvorland, hat zwei für die an ein gemäßigtes und par- schnini (höhere Aussterberate) sowie mit den hochspe- tiell subtropisches Klima adaptierten Libellen wesentli- zialisierten Nischenbildungen ihrer Larven. che Eigenschaften: eine hauptsächlich meridionale Ex- tension (Nord-Süd-Orientierung) und eine vertikale Ein auffälliges Phänomen im System der Telephle- Staffelung der Faktorengefüge des Makro- und Mesokli- biidae ist die Häufigkeit vikariierender Artenpaare. Es mas infolge der Höhendifferenzen. Im Falle von nicht gibt sie in allen drei Teilgruppen: Telephlebia godeffroyi/ extremen Klimaschwankungen können Tiere und Pflan- brevicauda, T. tryoni/undia, Notoaeschna sagittata/gemina- zen ihre Lebensräume sowohl nach Norden oder Süden ta, Spinaeschna tripunctata/watsoni, Austrophlebia costa- als auch berg- oder talwärts verlagern und so unabhän- lis/subcostalis, Austroaeschna pulchra/eungella, A. unicor- gig von der jeweiligen Dauer eines bestimmten klimati- nis/pinheyi, A. speciosa/cooloola, A. sigma/christine, A. schen Regimes überleben. Es ist anzunehmen, dass es atrata/subapicalis. Diese Artenpaare sind keineswegs ein vor allem die genannten Eigenschaften des Dividing Kunstprodukt taxonomischen Ermessens, die man auch Range und seines küstenseitigen Vorlandes waren und als „subspecies geographicae“ einer jeweils einzigen Art sind, die die Existenz der Telephlebiiden ermöglichten ausgeben könnte (evtl. abgesehen vom noch unent- und die Konfiguration ihrer Verbreitungsgebiete be- schiedenen Fall A. unicornis/pinheyi). Die Mehrzahl der stimmten. Partner hat keinen unmittelbaren räumlichen Kontakt zueinander, wie dies bei üblicherweise als Subspezies de- Das „Kernland“ ist sowohl Refugium als auch Aus- klarierten Populationsverbänden der Fall ist. Die geo- breitungszentrum. Im Verlaufe von für sie günstigen graphisch voneinander getrennten Areale sind Aus- geographisch-klimatischen Verhältnissen gelangten druck unterschiedlicher Nischenbildungen, gesteuert Austroaeschna-Populationen nach SW-Australien und von differierenden mesoklimatischen Parametern (Tro- Tasmanien, und als die nördlichen Landstriche der Di- pen – Subtropen, Küstentiefland – collines Bergland – viding Range infolge der Kontinentaldrift tropisch wur- subalpine Region etc.) und von den physikalischen, hy- den (heute sind das die Gegenden nördlich des 20. Brei- drochemischen und mikroklimatischen Eigenheiten der tengrades), konnte sich aus einer mit Austroaeschna ge- Gewässer (Kap. 5). Artenpaare, deren Partner unmittel- meinsamen Stammart auch ein rein tropisch verbreite- baren räumlichen Kontakt zu einander haben, wie etwa tes Telephlebiiden-Monophylum entwickeln: Drom- A. atrata und A. subapicalis, sind, abgesehen von den aeschna (s. Kap. 4 u. 5). Nach den Darstellungen von Nischenpräferenzen, durch ausgeprägte autapomorphe CROOK (1981) geriet der Norden Australiens im Verlau- morphologische Unterschiede als evolutionäre Spezies fe des Miozäns unter ein tropisches Regime. Vor ca. 10 erkennbar. Die Entstehung der vikariierenden Arten- Mio. Jahren verlief der 20. Paläo-Breitenkreis ungefähr paare, die 20 der 34 Telephlebiiden-Spezies auf sich ver- auf der Höhe von Cairns. Im Gefolge von Dromaeschna einen, verlangt nach einer evolutionsbiologischen Er- haben nur wenige weitere Taxa eine Nische unter tropi- klärung. Sie könnte gefunden werden, wenn die syste- schem Klima gebildet: von den Telephlebia-Spezies allein matische Situation in anderen artenreichen Libellenta- T. tillyardi, unter den Notoaeschnini nur Spinaeschna xa von vergleichbarem phylogenetischen Status, etwa watsoni, von den beiden Austrophlebia-Arten A. subcos-

550 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at talis und im Falle von Austroaeschna lediglich A. specio- rung der Libellen generell spärlich ist (keine Fossilien sa. Die Larven einiger weiterer Arten leben in Küsten- aus der Oberkreide, nur wenige aus dem Alt-Tertiär), nähe zwar südlich des 20. Breitengrades, doch oft unter lässt sich nichts darüber sagen, welche Aeshniden-Taxa dem Dach von Regenwald-Inseln und so de facto eben- das „große Sterben“ am Ende der Kreidezeit überlebten. falls unter tropischen Verhältnissen: Telephlebia tryoni, Unter den im Phylogramm (Abb. 67) aufgeführten Austroaeschna coolola, A. christine und A. eungella. Diese terminalen monophyletischen Taxa gibt es relativ weni- Notierungen mögen illustrieren, dass die Telephlebiiden ge, die ausschließlich auf die Südkontinente beschränk- offensichtlich nicht aus der in Australien relativ jungen te Gattungsgruppen enthalten: einige Gattungen der tropischen Region in temperate und gemäßigte Klima- Aeshnidae (Castoraeschna, Marmaraeschna, Neureclipa zonen eingedrungen sind, sondern dass Expansionen und Andaeschna in Südamerika, drei weitere Genera im mehrfach in umgekehrter Richtung verliefen. tropischen und südlichen Afrika (PETERS in Vorberei- Unser Entwurf eines Stammbaums der Euaeshnida tung) sowie in der Terra Australis (Aust- BECHLY, 1996 weicht in einigen wesentlichen Punkten ralien, Neuseeland, Neukaledonien)), einige Gattungen von den von BECHLY (1996, 2001) und VON ELLENRIE- der Gynacanthiden in Südamerika (Neuraeschna, Stau- DER (2002) publizierten Phylo- rsp. Cladogrammen ab. rophlebia, Subaeschna), eine Gattung der Brachytronidae Die zukünftige systematische Forschung wird sich um (Dendroaeschna in Australien) und schließlich drei die Aufklärung der Widersprüche bemühen müssen. Er- Gruppen der Telephlebioda (Limnetron/Racenaeschna freulich mag die Feststellung sein, dass hinsichtlich der und Allopetalia in Südamerika, Telephlebiidae ein- basalen Dichotomien eine weitgehende Übereinstim- schließlich Acanthaeschna in Australien). Die Gom- mung besteht. Die Gomphaeschnidae (allerdings ohne phaeschnidae, Brachytroninae, Caliaeschninae sowie die fossilen Gomphaeschnaoidinae BECHLY et al., 2001) Planaeschna und Boyeria sind auf den Gondwana-Konti- sind das Adelphotaxon der Aeshnodea BECHLY, 1996, nenten überhaupt nicht vertreten. Unter den „Aeshni- die sich ihrerseits in die Schwestergruppen der dengattungen“ der südlichen Hemisphäre gibt es eine „aeshnoiden“ und „brachytronoiden“ „Aeshniden“ un- Zweiteilung zwischen solchen, die in der Tropenzone terteilen (Aeshnoidea s.nov. und Panbrachytronoda Tief- und Hügelländer besiedeln und solchen, die in der tax.nov.). Diese Adelphotaxa bestätigen im wesentli- südlich gemäßigten Klimazone leben, nördlich des chen die herkömmliche Zweiheit der Aeshnidae sensu Wendekreises jedoch allenfalls in stark strukturiertem DAVIES & TOBIN, 1985, wenn man davon absieht, dass Gebiet, vornehmlich im höheren Bergland und Gebir- Basiaeschna, Oplonaeschna, Limnetron (und wohl auch ge, wie weiter oben am australischen Beispiel Austro- Racenaeschna) sowie Tetracanthagyna ihre jeweilige Zu- aeschna/Dromaeschna veranschaulicht. Zu den tiefländi- gehörigkeit zu einer der beiden „Unterfamilien“ ge- schen Tropenbesiedlern gehören alle aufgezählten Gy- tauscht haben. Bemerkenswert ist die von uns vorge- nacanthiden und in Afrika Afroaeschna. nommene Aussonderung der Gomphaeschnaoidinae aus den Gomphaeschnidae sensu BECHLY, 1996, die nun Als „gondwanische Elemente“ wären mithin die nicht mehr bis in die Unterkreide zurückverfolgt wer- Genera zu bezeichnen, die im südlich-gemäßigten Kli- den können, zumal auch die von BECHLY mit bereits magürtel verbreitet sind und nördlich von ihm, falls fraglicher Gattungszugehörigkeit aufgeführten Gomph- überhaupt, fast nur in Bergregionen vorkommen. Diese aeschna inferna und G. sibirica wegen des sich nicht im Zuordnung bedarf jedoch noch einer weiteren Ein- Mspl fortsetzenden Tspl wahrscheinlich auch nicht zu schränkung. Es gibt Gattungsgruppen wie etwa Marmar- den Gomphaeschnidae gehören dürften. Da aber die aeschna und Neureclipa, die mit einem transamerika- Gomphaeschnaoidinae bereits in der Unterkreide exis- nisch verbreiteten Taxon unmittelbar verwandt sind tierten, muss es zu jener Zeit zumindest auch schon die oder nur dessen Subtaxa darstellen (, VON Stammart der Gomphaeschnidae und Aeshnodea gege- ELLENRIEDER 2003). Von ihnen kann also nicht behaup- ben haben. Bislang jedoch scheint kein kreidezeitliches tet werden, dass ihr Ursprung „gondwanisch“ sei. Wenn Fossil gefunden worden zu sein, das einem dieser Taxa man noch jene Genera beiseite lässt, deren nähere Ver- mit Sicherheit angehörte. Eventuell könnten die beiden wandtschaftsbeziehungen ungeklärt sind (Limnetron, aus der Unterkreide Ost-Sibiriens bekannt gewordenen Racenaeschna), verbleiben nur wenige echte „gondwa- Baissaeschna-Spezies zu den ältesten Aeshnodea gehö- nische Elemente“: Castoraeschna (als einziges Genus der ren, doch fehlen den fossilen Flügeln die basalen Par- Aeshnidae) und Allopetalia (eventuell noch Limnetron) tien, so dass eine halbwegs zuverlässige Interpretation in Südamerika, Adversaeschna (WATSON 1992) und schwierig ist (BECHLY et al. 2001). Alle hinreichend gut Dendroaeschna (als einzige Brachytronide) sowie die sie- erhaltenen tertiären Aeshnidenfossilien sind in rezent ben oder acht Gattungen der Telephlebiidae in Austra- existierende Gattungsgruppen inkorporiert oder stehen lien. Ein Vergleich bietet sich an: die Anzahl der Gene- diesen nahe (NEL et al. 1994). Da die Fossilüberliefe- ra, die für den nördlichen gemäßigten Klima-Gürtel als

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autochthon gelten können, ist ähnlich bescheiden: Für das Überlassen von Fotos sind wir Günther s.str., Boyeria, Caliaeschna und als nördliches Fleck, Andre Günther, Leonard Müller, Steve Richards Pendant zu den Telephlebiidae die Brachytronini mit 4 und Keith Wilson sehr verbunden. Gattungen. Alle genannten Taxa nördlich und südlich Zuletzt, aber ganz besonders, danken wir unseren der Wendekreise bieten mit Ausnahme von Aeshna im Ehefrauen Adelheid (Peters) und Christine (Theischin- Norden sowie Castoraeschna, Adversaeschna und den Te- ger) einerseits für die Ermöglichung unserer gemeinsa- lephlebiidae im Süden ein reliktäres Verbreitungsbild. men Sammeltour durch Südostaustralien, andererseits Der Reichtum der Arten und Abstammungsgemein- für deren so klaglosen und angenehmen Ablauf, und schaften der Aeshnodea liegt eindeutig im Tropengür- auch dafür, dass beide über längere Zeit je einen zeitwei- tel, wohl nicht zuletzt wegen seiner über viele Jahrmil- lig sehr schweigsamen Partner mit Fassung ertragen ha- lionen fortdauernden klimatischen Stabilität. ben. Die hiermit der Kritik der Kollegen anheim gestell- te Arbeit ist das Ergebnis einer außergewöhnlichen 9- jährigen Zusammenarbeit zwischen den Autoren in der 8. Literatur Absicht, die Naturgeschichte und Systematik der Tele- ALLBROOK P. & J.A.L. WATSON (1978): The status of the Australian phlebiiden zu verstehen. Unsere Kooperation entzün- aeshnid genera Acanthaeschna SELYS and Austroaeschna SE- LYS (Odonata). — J. Aust. ent. Soc. 17: 323-327. dete sich an der Frage: Wer ist Dendroaeschna und wo gehört sie hin? Wir glauben, Wesentliches herausgefun- AX P. (1984): Das Phylogenetische System. — G. Fischer Verlag, Stuttgart. den zu haben. Trotzdem, etliche im Text diskutierte Fragen sind offen geblieben (Beispiel Acanthaeschna). BECHLY G. (1996): Morphologische Untersuchungen am Flügelge- äder der rezenten Libellen und deren Stammgruppenvertre- Wir haben uns bemüht, unsere Antworten auf die ter (Insecta; ; Odonata) unter besonderer Berück- selbstgestellten Fragen nicht durch oberflächliche sichtigung der Phylogenetischen Systematik und des Grund- Kommentare als „erledigt“ erscheinen zu lassen. Der planes der *Odonata. — Petalura, Special Vol. 2: 1-402. Feldzoologe und der Museumssystematiker sind sich in BECHLY G., NEL A., MARTINEZ-DELCOS X., JARZEMBOWSKI E.A., CORAM über 100 Briefen und schließlich auf gemeinsamen Ex- R., MARTILL D., FLECK G., ESCUILIIE F., WISSHAK M.M. & M. MAISCH (2001): A revision and phylogenetic study of Mesozoic Ani- kursionen zu den Telephlebiiden-Habitaten darüber ei- soptera, with descriptions of numerous new taxa (Insecta: nig geworden, dass es unangebracht ist, den Biologen Odonata: Anisoptera). — Neue Paläontologische Abhand- der nächsten Generation „fertige Resultate“ zu hinter- lungen 4: 1-219.

lassen. Wir sind nicht in Sorge darüber, dass unsere Be- BRUNDIN L. (1976): A Neocomian chironomid and Podonominae- funde und Schlussfolgerungen durch gegenteilige Auf- Aphroteniinae (Diptera) in the light of phylogenetics and fassungen in Frage gestellt werden könnten. Unsere Be- biogeography. — Zool. Scr. 5: 139-160. fürchtung ist vielmehr: Gelingt es Acanthaeschna victo- COCKERELL T.D.A. (1913): Two fossil insects from Florissant, Colo- ria, wohl einer der seltensten Aeshniden der Erde, den rado, with a discussion of the venation of the aeshnine dragonflies. — Proc. U.S. natn. Mus. 45: 577-583. Agressionen der „umwelt“-vernichtenden Ökonomie standzuhalten? CROOK K.A.W. (1981): The break-up of the Australian-Antarctic segment of Gondwanaland. — In: KEAST A. (Ed.), Ecological biogeography of Australia, Junk, The Hague Vol. I: 1-14. 7. Danksagung DAVIES D.A.L. & P. TOBIN (1985): The dragonflies of the world: A systematic list of the extant species of Odonata. Vol. 2. Ani- Wir sind Frau Natalia von Ellenrieder und Herrn soptera. — Societas Internationalis Odonatologica, Ut- Günter Bechly für anregende Diskussionen herzlich recht.

dankbar, auch wenn diese mündlich und brieflich ge- DE MARMELS J. (1993): Los generos venezolanos de la familia führten Unterhaltungen schon einige Jahre zurücklie- Aeshnidae (Insecta: Odonata). — Trabajo de Ascenso, Fa- gen. Ebenso hoch schätzt der Juniorautor den langjähri- cultad de Agroomia, Universidad Central de Venezuela, Maracay. gen und intensiven Gedankenaustausch mit dem leider viel zu früh verstorbenen Toni (J.A.L.) Watson. FÖRSTER F. (1908): Über die australischen Aeschniden der Gruppe Brachytron KARSCH. — Annls Soc. ent. Belg. 52: 190-194.

Herrn Peter Schönefeld und Frau Isolde Dorandt GALLOWAY R.W. & E.M. KEMP (1981): Late Cainozoic environments (Naturkundemuseum Berlin) gebührt Dank für ihre be- in Australia. — In: KEAST A. (Ed.), Ecological biogeography reitwillige Hilfe bei Problemen mit unserer Kommuni- of Australia, Junk, The Hague Vol. I: 51-80. kation via Internet, und Frau Vera Heinrich (daselbst) HAWKING J., SUHLING F., WILSON K., THEISCHINGER G. & G. REELS (2004). fertigte dankenswerter Weise die Reinzeichnungen der Underwater and epilithic oviposition by Australian Aeshni- dae (Odonata). — International Journal of Odonatology 7: Phylogramme an. Shane McEvey’s (Australian Muse- 33-36. um, Sydney) sachliche und sprachliche Hilfe wird dank- HENNIG W. (1950): Grundzüge einer Theorie der phylogeneti- bar anerkannt. schen Systematik. — Deutscher Zentralverlag Berlin.

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Tafel 1 oben: Telephlebia cyclops TILLYARD: = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Telephlebia godeffroyi SELYS: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 2 oben: Telephlebia brevicauda TILLYARD: = dorsal, = lateral; unten: Telephlebia tillyardi CAMPION: Y dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 3 oben: Telephlebia tryoni TILLYARD: = dorsal, = lateral, Y dorsal; unten: Telephlebia undia THEISCHINGER: = lateral, Y lateral.

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Tafel 4 oben: Telephlebia godeffroyi SELYS: Exuvie dorsal; unten: Antipodophlebia asthenes (TILLYARD): = lateral, Y lateral.

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Tafel 5 oben: Notoaeschna sagittata (MARTIN): = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Notoaeschna geminata THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 6 oben: Spinaeschna tripunctata (MARTIN): = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Spinaeschna watsoni THEISCHINGER: = lateral.

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Tafel 7 oben links: Notoaeschna sagittata (MARTIN): Larve dorsal; oben rechts: Spinaeschna watsoni THEISCHINGER: Larve dorsal; unten: Austrophlebia costalis (TILLYARD): Exuvie dorsal.

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Tafel 8 Acanthaeschna victoria MARTIN: oben: = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Larve dorsal.

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Tafel 9 oben: Austrophlebia costalis (TILLYARD): = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Austrophlebia subcostalis THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y dorsal.

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Tafel 10 oben: Dromaeschna forcipata (TILLYARD): = dorsal, Y lateral, Y lateral; unten: Dromaeschna weiskei (FÖRSTER): = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 11 oben: Austroaeschna pulchra TILLYARD: = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Austroaeschna eungella THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 12 oben: Austroaeschna muelleri THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Austroaeschna inermis MARTIN: = dorsal, = lateral, Y dorsal.

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Tafel 13 oben: Austroaeschna unicornis (MARTIN): = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Austroaeschna pinheyi THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 14 oben: Austroaeschna speciosa SJÖSTEDT: = dorsal, = lateral, = lateral; unten: Austroaeschna cooloola THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 15 oben: Austroaeschna unicornis (MARTIN): Larve dorsal; unten: Austroaeschna anacantha TILLYARD, 1908: = dorsal, = (Kopf) dorsal, Y lateral.

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Tafel 16 oben: Austroaeschna subapicalis THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, = lateral; unten: Austroaeschna atrata MARTIN: = dorsal, = lateral, Y (Kopf) dorsal.

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Tafel 17 oben: Austroaeschna hardyi TILLYARD: = lateral, Y lateral; unten: Austroaeschna tasmanica TILLYARD: = lateral.

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Tafel 18 oben: Austroaeschna flavomaculata TILLYARD: = dorsal, Copula; unten: Austroaeschna parvistigma (SELYS): Y dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 19 oben: Austroaeschna multipunctata (MARTIN): = dorsal, = lateral, = (Abdominalsegment 5) dorsal; unten: Austro- aeschna obscura THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, = (Abdominalsegment 5) dorsal.

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Tafel 20 oben: Austroaeschna sigma THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, = lateral; unten: Austroaeschna christine THEISCHINGER: = dorsal, = lateral, Y lateral.

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Tafel 21: Dendroaeschna conspersa (TILLYARD): oben: = dorsal, = lateral, Y lateral; unten: Exuvie, dorsal.

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