Corona Magazine 9/2019

Der Verlag in Farbe und Bunt Beschreibung & Impressum

Das Corona Magazine ist ein traditionsreiches und nicht- kommerzielles Online-Projekt, das seit 1997 die Freunde von Science-Fiction, Phantastik und guter Unterhaltung mit Informationen und Hintergründen, Analysen und Kommen- taren versorgt.

Seit dem Wechsel des Projekts zum Verlag in Farbe und Bunt im Herbst 2014 erscheint es im zeitgemäßen E-Book- Gewand.

Redaktion Uwe Anton, Reiner Krauss, Bettina Petrik, Thorsten Walch, Reinhard Prahl, Alexandra Trinley, Oliver Koch, Lieven L. Litaer, Birgit Schwenger, Sven Wedekin, Kai Melhorn, Armin Rößler, Rüdiger Schäfer, Anna Pyzalski, Sharine Jansen, C. R. Schmidt, Bernd Perplies, Hermann Ritter, Carsten Schmitt, Hartmut T. Klages, Frank Stein, Bastian Ludwig

Chefredakteur Medienjournalist & Autor Björn Sülter schreibt Romane (Beyond Berlin, Ein Fall für die Patchwork Kids) & Sach- bücher (Es lebe ), ist Headwriter und Experte für SYFY und mit Kolumnen und Artikeln bei Quotenmeter, Serienjunkies, in der GEEK! oder im FedCon Insider ver- treten.

2 Dazu präsentiert er seinen beliebten Podcast Planet Trek fm und ist als Hörbuchsprecher (Der Earl von Gaudibert, Dunkle Begegnungen, Star Trek - The Next Generation: Q sind herzlich ausgeladen) und Moderator aktiv. Er lebt mit Frau, Tochter, Pferden, Hunden & Katze auf einem Bauern- hof irgendwo im Nirgendwo Schleswig-Holsteins.

Ausgabe #350, September 2019

1. Auflage, 2019 ISBN 978-3-95936-178-1 © September 2019 / Alle Rechte vorbehalten

Der Verlag in Farbe und Bunt Gneisenaustraße 103

3 45472 Mülheim an der Ruhr

Herausgeber | Mike Hillenbrand Chefredakteur & E-Book-Satz | Björn Sülter Lektorat | Bettina Petrik, Telma Vahey & Björn Sülter Cover | EM Cedes

Corona Webseiten | www.corona-magazine.de Kontakt | [email protected]

+49 (0) 201 / 36 03 68 01 [email protected] http://www.ifub-verlag.de/ https://www.ifubshop.com/

4 Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser,

350 Ausgaben wird das Corona Magazine dieser Tage jung! Unfassbare 22 Jahren liegen bereits hinter der Redaktion aus Ehrenamtlern. Unzählige Menschen haben hinter den Kulissen in dieser Zeit in verschiedener Funktion daran mitgewirkt, dass Sie regelmäßig mit phantastischen Artikeln, Rezensionen, Kolumnen und Specials aus allen Themengebieten versorgt werden. Ihnen allen möchte ich an dieser Stelle für den unermüdlichen Einsatz danken. Ein Projekt wie dieses wäre ohne diese Hingabe nicht möglich. Und vergessen wir nicht: Das Corona Magazine ist von Beginn an und bis heute nicht-kommerziell und somit für Sie, liebe Leser, kostenfrei! Seit zwei Jahren ist es mir nun bereits eine Ehre, für das Corona Magazine verantwortlich zu sein. Und auch wenn

5 die Aufgabe viele Stunden der mühsamen Arbeit mit sich bringt, so ist das fertige Produkt doch immer wieder jede Sekunde wert. Das Corona Magazine ist für uns alle eine Herzensangele- genheit. Bleiben Sie uns gewogen!

Zu Ihrer Information: Die nächste Ausgabe erscheint recht- zeitig zur Verleihung des DPP 2019 auf der BuchBerlin am 23. November 2019. Vielleicht treffen wir uns dort ja am Stand des Verlags in Farbe und Bunt? Nach der Ausgabe #351 verabschieden wir uns in eine kurze Winterpause und sind Mitte Februar 2020 wieder mit vollem Elan für Sie da!

Ihr Björn Sülter Chefredakteur

6 Termine – Treffen sie uns!

Sie treffen den Verlag in Farbe und Bunt und das Corona Magazine in den kommenden Monaten auf folgenden Ver- anstaltungen an:

23./24. November 2019, BuchBerlin, Berlin

Ende November ist der Verlag auf der BuchBerlin vertreten. Am Samstag ab 18.30 Uhr wird im Atrium zusätzlich der DPP 2019 verliehen. Thorsten Walch liest für uns aus seinem Es lebe Star Wars, das pünktlich zur Messe erscheinen wird.

7 Tipps fürs Lesevergnügen

»Ich habe gar keinen eBook-Reader« ist eine häufig gehörte Aussage, wenn es darum geht warum ein phantastisch interessierter Mensch noch kein neues Corona Magazine gesehen und gelesen hat.

Beispielsweise sind Kindle Paperwhite und Tolino tolle eBook-Reader, sie können tausende von Büchern in einem schmalen, robusten Gerät mitnehmen und dank mattem eInk-Display und dezenter Hintergrundbeleuchtung sowohl in der Sonne am Strand als auch abends, ohne Taschen- lampe, im Bett lesen.

Jede Ausgabe ihres Corona Magazines kann ganz selbstver- ständlich auch auf ihrem Smartphone, iPhone oder Compu- ter geschaut und gelesen werden. Hier haben sie gar die volle Farbkraft unserer Bilder in den Beiträgen.

8 Wie das geht? Amazon-Kunden installieren sich idealer- weise die Kindle-App oder schauen im Browser selbst, genau wie beim Tolino webreader. Windows 10 Nutzer können gar ein lokales eBook ganz einfach mit dem integ- rierten Edge-Browser öffnen.

Schauen sie uns somit in Zukunft auf vielen Geräten und sagen sie es allen weiter, die noch nicht wussten wie sie uns lesen können und freuen sie sich somit auf ein Magazin von und in »Farbe und Bunt«.

Kindle-App für Windows und iOS https://www.amazon.de/kindle-dbs/fd/kcp

Tolino webReader https://mytolino.de/tolino-webreader-ebooks-online- lesen/

9 Ihr Reiner Krauss Autor und eBook-Gestaltung

10 Podcast

Ab sofort hat das Corona Magazine einen eigenen Podcast: Deep Inside mit Joshua Hillenbrand & Reiner Krauss.

Die erste Ausgabe behandelte das Thema Franchises. Die zweite Ausgabe bot ein Interview mit Jacqueline May- erhofer (Hunting Hope).

Via Soundcloud: https://soundcloud.com/user-104747826

Via RSS-Feed: http://feeds.soundcloud.com/users/sound- cloud:users:521030382/sounds.rss

11 Thema des Monats Doktor … wer?

von Peter R. Krüger

Einige Skeptiker unter den Phantastik-Fans kennen Doctor Who (seit 1963) vielleicht noch als billige und albern wirkende Serie von der Insel aus längst vergangenen Tagen; manche Fans hingegen fühlen sich durch die aktuellste Erneuerung des Charakters des Doctors verunsichert. Doch Doctor Who ist viel mehr als das alles. Seit dem Neustart der Serie im Jahr 2005 hat sich vieles gewandelt. Was ist dran an der Skepsis und der Verunsicherung? Und lohnt es sich überhaupt, jetzt noch damit anzufangen, die Welt von Doctor Who zu entdecken?

12 Am Anfang war das ZDF – und wollte den Doctor nicht

Die erfolgreiche britische Science-Fiction-Serie Doctor Who erfreut sich auch hierzulande immer größerer Beliebtheit, doch brauchte sie eine sehr, sehr lange Anlaufphase. Das ZDF hielt sie nämlich bei einer Sichtung im Jahr 1968 für nicht programmtauglich. Erst 1989 durfte man den Doctor erstmals in deutscher Sprache erleben – gerade, als der Serie in Großbritannien der vorläufige Todesstoß versetzt wurde. Der Autor des Artikels wagt einen kurzen Blick zurück auf besagtes Jahr, darauf, was die Serienwelt im Bereich der Science-Fiction zu dieser Zeit sonst so geboten hatte. Das Genre-Highlight im deutschen Fernsehen war damals wohl V – Die außerirdischen Besucher kommen (1984–1985). Aber auch von älteren Formaten wie Mondbasis Alpha 1 (1975–1977) oder Buck Rogers (1979–1981) war man hierzulande schon verwöhnt gewesen, als der Doctor zum ersten Mal auf das deutsche Publikum losgelassen wurde.

13 Bis die neue Star Trek-Serie mit Captain Picard & Co. auch die heimische Mattscheibe erobern durfte, sollte allerdings damals noch etwa ein Jahr vergehen, obwohl sie im Original bereits erfolgreich lief. Von 1989 bis 1990 konnte das deutsche Publikum dafür den siebten und bis dahin letzten Doctor im TV erleben, 1995 dann das Special zum 20-jährigen Jubiläum aus dem Jahr 1983 mit dem fünften Doctor und anschließend erst den sechsten Doctor. 1998 gab es den Film mit dem achten Doctor zu sehen, und dann war für zehn Jahre Pause in Deutschland. Überhaupt schien es so, als wäre die Zeit von Doctor Who vorbei, denn auch bei den Briten war Sendepause. Die BBC Studios hatten die Serie abgesetzt.

Doctor Who im Schnelldurchlauf

Für den Fall, dass einige Leser gerade darüber gestolpert sind, was es mit der Regeneration und der Aufzählung der Nummern auf sich hat, nachfolgend ein Crashkurs zum Hauptcharakter der Serie. Nachdem der erste Schauspieler des Doctors (William Hartnell) die Rolle nicht mehr übernehmen konnte, musste sich die BBC etwas einfallen lassen, um diese erklärbar an einen anderen Schauspieler zu übertragen. So kam es, dass es hieß, der Doctor sei ein außerirdischer Zeitreisender mit 13 Leben, und fortan wurde bei jedem Wechsel des Darstellers eine Inkarnation verbraucht.

14 In diesem Artikel geht es zwar später hauptsächlich um den 13. Doktor, jedoch ist nicht davon auszugehen, dass es sich bei diesem wirklich um die letzte Inkarnation handelt. Diese Thematik intensiver zu beleuchten, erfordert aber mindestens einen eigenen Artikel, zu einer anderen Zeit.

Und dann kam der neue Doctor

2005 (hierzulande drei Jahre später) erfolgte dann den Neustart, und dieser schlug ein wie die berühmte Bombe. Auf einmal war Doctor Who salonfähig. Spannende Geschichten, überzeugende Schauspieler und eine Tricktechnik, die sich nicht mehr verstecken musste, sondern – bis dato untypisch für Doctor Who – sich mit einem Mal zu den Big Playern der Science-Fiction-Serien zählen konnte. Battlestar Galactica (2004–2009)? Firefly: Der Aufbruch der Serenity (2002–2003)? Doctor Who? Optisch und inhaltlich alles auf einem, sehr hochwertigen Niveau. Nun zum aktuellen Stand der Dinge – obwohl, geht das eigentlich bei einem Zeitreisenden? Im Anbetracht dessen, dass sich dieser Artikel gleich munter durch die Zeitgeschichte bewegen wird, nicht ganz einfach zu beantworten. Aber zumindest, was die Veröffentlichung als Serie angeht, ist die Sache simpel. Aktuell bestreitet man mit dem nunmehr 13. Doctor das 56. Jahr seit Bestehen der Serie, und zwar schon in der 37. Staffel.

Jetzt wird alles anders 15 Der 13. Doctor? Ja. Obwohl bei dieser Inkarnation zum allerersten Mal eine Frau (Jodie Whittaker) die Rolle des Zeitreisenden übernommen hat, wird sie in der Serie weiterhin als »der« Doctor bezeichnet. Die Maßnahme sollte nicht negativ bewertet werden. Dem Abweichen von der Wahl von bislang immer männlichen Darstellern gegenüber gab es genug Vorbehalte, von vielen verschiedenen Seiten. Und ja, auch der Autor dieses Artikels war seinerzeit zwar gespannt auf die neuen Folgen, aber auch skeptisch. Die Erfahrung in der Fiktionswelt hat gezeigt, dass es nicht unproblematisch ist, unvermittelt das Geschlecht einer etablierten Figur zu verändern. Beispielsweise wurden in der vorerwähnten Neuauflage Battlestar Galactica aus einigen ehemals männlichen Helden kurzerhand weibliche, und das, obwohl die Originalserie Kampfstern Galactica aus den 1970er-Jahren durchaus bereits starke weibliche Rollen vorzuweisen hatte. Doch die Entscheidung war gefallen. Der erste Auftritt des 13. Doctors fand zum Ende des Specials Aus der Zeit gefallen statt, nachdem sich der 12. Doctor (Peter Capaldi) der Regeneration unterzogen hatte.

16 Die neuen Abenteuer

Gerade frisch regeneriert fiel der Doctor prompt aus seinem Zeit-Raumschiff – der sogenannten TARDIS – und ließ den Zuschauer mit einigen Fragezeichen im Gesicht zurück. »Ist ein weiblicher Doctor eigentlich noch immer der Doctor?«, wurde sich da gefragt. An welchem Platz würde sich der Charakter sowohl in der Serie als auch beim Publikum einfinden? Und war die Entscheidung, aus dem Doctor eine Frau zu machen, nicht vielleicht doch zu gewagt? Zieht man die Quoten zurate, bleibt festzustellen, dass die erste Staffel mit weiblichem Doctor weltweit einen besseren Start hinlegte als die der drei vorhergehenden männlichen Kollegen. Immerhin! Dass danach die Quoten schwankten, ist ganz normal und soll in diesem Artikel nicht zu sehr in den Vordergrund treten. Quoten sind eine Sache, das Seh-Erlebnis eine ganz andere.

17 Zehn Folgen umfasst die aktuelle elfte Staffel (gezählt seit dem Neustart 2005), und die nutzen den Umstand des Geschlechterwechsels an manchen Stellen sogar fabelhaft aus. Wirken die ersten beiden Episoden Die Frau, die zur Erde fiel und Das Geistermonument noch, als wären sie hauptsächlich für den amerikanischen Markt geschneidert worden, weil es darin viel Action und viele Kämpfe gibt, die vermutlich zeigen sollen, dass auch ein weiblicher Doctor mit diesem ganzen Jungskram zurechtkommt, ändert sich der Grundton bereits in Folge 3, Rosa ungemein. Der Doctor und seine Begleiter reisen darin ins Amerika der 1950er-Jahre und erleben ein Abenteuer in der Bürgerrechtsbewegung rund um Martin Luther King und Rosa Parks. Nun könnte man der Ansicht sein, diese Folge zielte ebenfalls auf den amerikanischen Markt ab. Aber hier zeigte sich zum ersten Mal in dieser Staffel, dass der neue Showrunner Chris Chibnall (Life on Mars – Gefangen in den 70ern) die Prämisse des Doctor Who-Paten der ersten Stunde, Sydney Newman sehr gut verstanden hat und auch umsetzen kann. Newman wollte nämlich nicht nur Unterhaltungsprogramm schaffen, sondern die Möglichkeit, mit Hilfe der Abenteuer des Zeitreisenden etwas aus der Geschichte zu lernen. An dieser Stelle sei ausdrücklich empfohlen, im Zuge des Genusses der Folge Rosa den Namen Parks zu googeln. Es lohnt sich! Mit Spinnefeind und Das Tsuranga-Rätsel folgen zwei Doctor Who-typische Folgen, die die Sparten Grusel und 18 Science-Fiction gut bedienen, bevor es an die nächste Geschichtsstunde geht. Diesmal sehr raffiniert mit der Familiengeschichte der indisch-stämmigen aktuellen Begleiterin des Doctors, Yasmin »Yaz« Khan (Mandip Gill) verknüpft. In Dämonen in Punjab erfährt man nicht nur etwas über die Heimat und die Familie von Yaz, sondern auch Hintergründe zur damaligen Aufteilung von Britisch-Indien in die heutigen Staaten Indien und Pakistan. Auch diese Handlung lädt zum Googeln ein. Der spannende Mix aus echter Geschichte, Charakterhintergrund und fremden Wesen, deren Absichten erst im Laufe der Folge klar werden, machen diese Folge zu einem Highlight, das gefühlvoll erzählt wird. Wer schon immer mal einen Blick in die Zukunft von Paketdienstleistern werfen wollte, bekommt in Form der nächsten Folge Frei Haus die (nicht ganz ernst gemeinte) Gelegenheit, ehe Die Hexenjäger auf hervorragende Weise einen Blick in die Geschichte der Menschheit wirft. Hexenjagd im England des 17. Jahrhunderts und ein weiblicher Doctor, der den Sachen wie gewohnt auf den Grund gehen will … Das funktioniert diesmal so nicht. Die Folge weiß die Gelegenheit zu nutzen, die Protagonistin vor ein Problem zu stellen, auf das ein männlicher Doctor niemals auf diese Weise gestoßen wäre. Daraus wird im Handumdrehen eine der besten Folgen der Staffel, weil darauf geachtet wurde, dass es bei Zeitreisen mit einem weiblichen Doctor andere Auswirkungen auf das Geschehen geben muss. Absolut sehenswert!

19 Verkehrte Welt setzt zunächst auf ein scheinbar typisches Waldhütten-Horror-Szenario, entwickelt sich aber ganz anders als gedacht. Eine der Stärken wirklich guter Doctor Who-Folgen ist es, den Zuschauer mit cleveren Erzählungen zu überraschen und die Fehlannahme auszunutzen, dass man schon zu wissen glaubt, wie die Geschichte ausgeht. Am Ende der Staffel befinden sich die Zeitreisenden mit dem Doctor Auf dem Pfad der Vergeltung. Eine Episode, die sich bewusst am Staffelanfang orientiert, dabei aber eher halbgar erscheint. Zwar gibt es wieder einige Actioneinlagen, die auch diese Episode sehr amerikanisch wirken lassen, es fehlt aber das gewisse Etwas, um einen runden Eindruck zu hinterlassen. Schade, da diese Staffel mit dem Großteil der Folgen wirklich überzeugen konnte. Aber das war ja zum Glück noch nicht alles. Um die Wartezeit auf die zwölfte Staffel (diese erscheint erst im Jahr 2020) etwas zu verkürzen, wurde den Fans noch das Neujahrsspecial Tödlicher Fund präsentiert. Für dieses haben sich die Macher eine sehr interessante Story einfallen lassen, die einen berüchtigten alten Feind des Doctors erneut auf die Bildfläche befördert. Eine gute Story, angemessene Action und tolle Spezialeffekte lassen über einige kleine Schwächen hinwegsehen, die vor allen eingefleischten Doctor Who-Fans sauer aufstoßen dürften (als Stichwort sei nur »UNIT« genannt). Insgesamt rundet dieses Special die elfte Staffel sehr gut ab und macht neugierig auf mehr.

Ist das noch Doctor Who? 20 Auf jeden Fall! So skeptisch, wie viele zuerst auf Whittaker reagiert haben, so ehrlich muss man damit sein, dass auch viele ihrer Vorgänger die Fans erst von ihren Qualitäten als fiktiver Zeitreisender überzeugen mussten. Matt Smith (Terminator Genisys) beispielsweise hatte es als Nachfolger von David Tennant (Marvel's Jessica Jones) zuerst ebenfalls etwas schwer, wurde dann aber zu einem der beliebtesten Doctors, was es wiederum seinem Nachfolger Capaldi schwer machte, die Herzen der Fans zu erobern. Die Serie lebt seit vielen Jahrzehnten gerade davon, dass sich darin immer wieder große Änderungen ergeben, und sie schafft damit etwas, was nur wenigen Produktionen vergönnt ist, die über eine so lange Zeit hinweg bestehen: Sie kreiert durch den Wechsel unter anderem einen Zugang für neue Zuschauer.

Auch für Neueinsteiger geeignet

21 Man muss gar nicht viel wissen, um in die wunderbare Welt von Doctor Who hineinzufinden. Die Figur ist ein Außerirdischer vom Planeten Gallifrey, lebt schon seit vielen hundert Jahren und hat ein Zeit-Raumschiff, das wie eine englische Polizeinotrufzelle aussieht. Er wandelt alle paar Jahre sein Äußeres und reist gerne mit menschlichen Begleitern, um mit ihnen gemeinsam phantastische Abenteuer zu erleben. Meist löst der Doctor seine Probleme mit Witz und Verstand anstatt mit Gewalt. Und man kann sofort und bei jeder Folge einsteigen (Doppelfolgen beginnen in der Regel mit einem kurzen Rückblick). Es gibt also keinen vernünftigen Grund, nicht zu einem Whovian werden und nicht noch viel mehr über Doctor Who erfahren zu wollen. Vielleicht über die TARDIS? Oder über die Gegner des Doctors? Oder über den Doctor selbst und seine Begleiter? Da bleibt dem Autor nur, eine vergnügliche Zeitreise mit dem Doctor zu wünschen, und die Hoffnung, den einen oder anderen, der sich bislang nicht an Doctor Who herangetraut hat, mit diesem Artikel vielleicht neugierig gemacht zu haben.

22 23 Special: Der Deutsche Phantastik Preis 2019

Bereits seit 1999 werden jährlich die besten Werke phantas- tischer Literatur im Rahmen des Deutschen Phantastik Prei- ses geehrt. Somit feiert dieser aktuell sein zwanzigjähriges Bestehen.

Der aktuelle Wettbewerb Das Corona Magazine ist neben der phantastisch! und Sim- ply Easy Marketing in diesem Jahr federführend für die Organisation des aktuellen Durchlaufs. Eine unabhängige Jury aus zwanzig Kennern der Literatur- und Phantastikszene hatte im Sommer in mühevoller Arbeit die Longlists der zwölf Kategorien erstellt. Vom 1. bis 31. August stimmte dann eine fast fünfstellige Anzahl von Lesern ab und beförderte fünf Werke pro Kategorie in die Shortlists. Seit dem 16. September und noch bis zum 31.

24 Oktober kann nun über die zwölf Sieger abgestimmt werden. Diese werden dann in einer Gala auf der BuchBerlin am 23. November 2019 ab 18:30 Uhr live auf der Bühne präsen- tiert und geehrt. Wir freuen uns, heute alle sechzig Nominierten in den zwölf Kategorien präsentieren zu dürfen. Die Abstimmung erreichen Sie unter www.deutscher- phantastik-preis.de.

Die Nominierten in den Shortlists Bester deutscher Roman

Die Chroniken von Azuhr: Die weiße Königin / Bernhard Hennen / Fischer Tor Die Flammen von Enyador / Mira Valentin / BoD Sturmtochter: Für immer verboten / Bianca Iosivoni / Ravensburger Houston Hall: Schatten der Vergangenheit / Mary Cronos / Feelings Das Vermächtnis der Grimms - Wer hat Angst vorm bösen Wolf / Nicole Böhm / Drachenmond Verlag

Bestes deutschsprachiges Romandebüt

Bloody Mary Me: Blut ist dicker als Whiskey / M. D. Hirt / Carlsen Dark Diamonds Der Welten-Express / Anca Sturm / Carlsen Verlag 25 Ein Königreich aus Feuer und Eis / Leni Wembach / Carl- sen Impress Die Prinzessin der Elfen: Bedrohliche Liebe / Nicole Alfa / Carlsen Impress Der fünfte Magier: Schneeweiß / Christine Weber / Self- publishing

Bestes deutschsprachiges Jugendbuch

Die Krone der Dunkelheit / Laura Kneidl / Piper Loa - Die weiße Mambo / Petra Reneé Meineke / Sad Wolf Verlag Thalamus / Ursula Poznanski / Loewe Verlag Das Flüstern des Waldes / Mira Valentin und Kathrin Wandres / Carlsen Impress Bestias: Die Bestien Chroniken 1 / Greg Walters / BoD

Bester internationaler Roman

Der Outsider / Stephen King / Heyne Elfenkrone / Holly Black / cbj Verlag Scythe: Der Zorn der Gerechten / Neal Shustermann / Sauerländer Die Rabenringe - Odinskind / Siri Petterson / Arctis Verlag Children of Blood and Bone: Goldener Zorn / Tomi Ade- yemi / FJB

Beste deutschsprachige Kurzgeschichte

26 Totenpfade / Jenny Wood / Art Skript Phantastik Housten hat Probleme / Markus Heitkamp / Talawah Ver- lag Schicht im Schacht / T. S. Orgel / Amrun Verlag Unter der Erde / Janna Ruth / pako Verlag Das letzte Erwachen / Swantje Oppermann / pako Verlag

Beste deutsche Anthologie

Noir Anthologie (1) / Mica Bara u. a. / SadWolf Verlag Magische Kurzgeschichten. Winter Romanze / Sandra Schwarzer / Schwarzer Drache Verlag The P-Files / Hrsg: Sascha Eichelberg / Talawah Verlag Schnittergarn: Die Anthologie des Todes / Marc Hama- cher / Leseratten Verlag Geschichten aus den Herbstlanden / Fabienne Siegmund u. a. / Verlag Torsten Low

Bestes deutschsprachiges Hörspiel/Hörbuch

Bestias / Greg Walters / Marco Sven Reinbold / Ronin Hör- verlag Die Chroniken von Azuhr - Die Weiße Königin / Bernhard Hennen / Wolfgang Wagner / Argon Verlag Spiegelsplitter / Ava Reed / Hanna Baus, Frank Stieren / Carlsen Audio Die Legende von Enyador (Teil 1) / Mira Valentin / Robert Frank / Audible Studios

27 Aurafeuer - Das Erbe der Macht (1) / Andreas Suchanek / Clemens Benke / SAGA Egmond

Beste deutschsprachige Serie

Perry Rhodan / Chefredakteur Klaus N. Frick / Pabel Moewig Die Phileasson-Saga / Bernhard Hennen & Robert Corvus / Heyne Das Erbe der Macht / Andreas Suchanek / Greenlight Press Die Chroniken von Chaos und Ordnung / J. H. Prassl / Aca- bus Verlag Die Grimm-Chroniken / Maya Shepard / Sternensand Ver- lag

Bester deutschsprachiger Grafiker

Die letzten Zeilen der Nacht / Alexander Kopainski / Dra- chenmond Verlag Die Krone der Dunkelheit / Guter Punkt / Piper Sturmtochter- Für immer verboten / Carolin Liepins / Ravensburger Götterherz / Jaqueline Kropmanns / Sternensand Verlag Timeless Uncertainty-Im Bann des Feindes / Tociljdesign by Michelle Tocilj / SadWolf Verlag

Bestes deutschsprachiges Sekundärwerk

28 Es lebe Star Trek - Ein Phänomen, zwei Leben / Björn Sülter / Verlag in Farbe und Bunt Die Überschreitung der Gegenwart: Science Fiction als evolutionäre Spekulation / Wolfgang Neuhaus / Golkonda Geek! Magazin / various / Panini Das komplette Marvel-Universum: Der verrückte Reise- führer durch alle Welten, Dimensionen und Galaxien / vari- ous / Heel Das Science-Fiction-Jahr 2018 / Herausgeber Michael Görden / Golkonda

Bestes deutschsprachiges Comic/Manga

Myre-Die Chroniken von Yria (Buch 2) / Text und Zeich- nungen Claudya Schmidt / Splitter Robotermärchen, Ein seltsamer Tag (1) / Text Olaf Brill, Zeichnung Michael Vogt / Atlantis Captain Berlin / Text Jörg Buttgereit, Zeichnung Fufu Frauenwahl / Weissblech Comics Sterne sehen / Asja Wiegand / Zwerchfell Verlag Capacitas / Marika Herzog / Eigenproduktion

Sonderpreis 2019: Beste Übersetzung

Das Gold der Krähen / Leigh Bardugo / Michelle Gyo / Dro- mer Knaur ta’puq mach - Der kleine Prinz auf Klingonisch & Deutsch / Antoine de Saint-Exupéry / Lieven L. Litaer / Der Verlag in Farbe und Bunt 29 Das Labyrinth von London / Benedict Jacka / Michelle Gyo / Blanvalet Scythe-Reihe / Neal Shusterman / Pauline Kurbasik & Kristian Lutze / Sauerländer Children of Blood and Bone-Reihe / Tomi Adeyemi / And- reas Fischer / Fischer

30 Unendliche Weiten – Die Star-Trek- Ecke

Kolumne: Wohin geht die Reise, Captain?

von Thorsten Walch

Die kommende neue »Picard«-Serie – genannt Star Trek: Picard, wie man mittlerweile weiß – war bereits in der April-Ausgabe des Corona Magazine Thema dieser Kolumne. Seinerzeit gab es gerade die ersten, noch eher spärlichen Informationen dazu, und man hat sich gefragt, ob die Star Trek-Fangemeinde humorvoll-denglisch ausgedrückt ein »The Over-Next Generation« erwarten könnte (was der Autor dieses Artikels zumindest theoretisch verneint hat).

31 Eigentlich sollte die vorliegende Kolumne eine ganz andere Facette der neuen Serie behandeln. Dass die sozialen Netzwerke, allen voran natürlich Marktführer Facebook, immer größeren Einfluss auf die Fan-Welt gewinnen, bedarf keiner gesonderten Erwähnung, ebenso wenig, dass Picard derzeit ein alles beherrschendes Thema in diversen Star Trek-Gruppen ist. Seit einigen Wochen gibt es nun online heftige Diskussionen darüber, ob die neue Serie auf die Ereignisse im 2009er-Star Trek-Kinofilm Bezug nehmen wird, die zur Zerstörung des Planeten Romulus im 24. Jahrhundert des Roddenberry’schen Universums und damit zur Entstehung der sogenannten Kelvin-Zeitlinie führten. »Völlig ausgeschlossen!«, hatte der Kolumnist ursprünglich an dieser Stelle vermelden wollen. Schließlich agieren die Filmschmiede Paramount Pictures und der TV-Multi CBS seit 2005 strikt getrennt voneinander. Paramount hält die Rechte für Star Trek-Kinofilme inne, CBS die für die TV-Serien. Und bis auf allerkleinste Abstriche darf juristisch bedingt eins nicht in das andere integriert werden, da dies zu Querelen führt. Dieser Umstand hat mithin dazu geführt, dass man die Kelvin-Zeitlinie einst überhaupt erdachte: Auf diese Weise ließen sich Star Trek-Geschichten erzählen, die die TV-Chronologie wenig bis gar nicht berührten. Vermutlich auch aus diesem Grund dachte man gar nicht erst daran, den neuen Spock-Darsteller Zachary Quinto (American Horror Story) für einen Auftritt in der zweiten Staffel der (noch) aktuellsten Serie Star Trek: Discovery (seit 32 2017) zu verpflichten, sondern gab die Rolle seinem jüngeren Kollegen Ethan Peck (In Time – Deine Zeit läuft ab). Auch das Design des berühmten Raumschiffs Enterprise musste ein komplett anderes sein als das in den von J.J. Abrams (Westworld) inszenierten neuen Kinofilmen. Und ganz sicher, so sollte hier zu lesen sein, würde man in Picard nicht auf die Geschehnisse rund um den romulanischen Frachter-Kommandanten Nero (Eric Bana) eingehen, die das Thema des ersten, inzwischen gar nicht mehr so neuen Films bildeten. Doch kommt es bekanntlich erstens stets anders als man zweitens oftmals denkt. Kurz bevor der Kolumnist seinen Rechner hochgefahren und sich an die Arbeit für die aktuelle Kolumne gemacht hat, gab es eine bahnbrechende Neuigkeit: Die Trennung zwischen Paramount und CBS wird in Kürze aufgehoben. Die Star Trek-Universen der Kinofilme und der TV-Serien werden wieder vereint.

Ein Franchise

Diese Entwicklung wirft ein völlig neues Licht auf Picard und auch auf alle anderen kommenden Projekte. Da die Neuigkeit sehr plötzlich, ohne vorhergehende, sonderlich laute Gerüchte verbreitet wurde, darf man durchaus mutmaßen, dass diese »Wiedervereinigung« bereits seit geraumer Zeit Thema in den Chefetagen der beiden Rechteinhaber gewesen ist. Mögliche Gründe für diesen erfreulichen Schritt gibt es gleich mehrere. Zum einen ist da der Pseudo-Misserfolg des 33 2016er-Kinofilms Star Trek Beyond, der zwar nicht zum teuren Mega-Flop wurde, aber die in ihn gesetzten finanziellen Erwartungen nicht erfüllen konnte. Und obwohl die Filme allesamt recht ordentliche Einspielergebnisse an den Kinokassen vorweisen konnten, gab es mitunter schwerwiegende Kritik seitens der Fans. Viele waren mit der Schaffung der Kelvin-Zeitlinie und den sich daraus ergebenden Problematiken bei der Handlung nicht einverstanden und fanden gemeinhin, dass Star Trek, Star Trek Into Darkness (2013) und Star Trek Beyond zwar an und für sich sehenswerte Weltraum-Actionfilme sind, mit dem Grundgedanken des ursprünglichen TV- und Filmuniversums jedoch nicht mehr wirklich etwas zu tun haben. Darüber mag man geteilter Meinung sein, doch vielleicht sah man bei Paramount allmählich die sprichwörtlichen Felle davonschwimmen, während es bei CBS deutlich erfolgreicher zuging. Obwohl auch Discovery seit Serienstart ein wahres Sperrfeuer an Fan-Kritik über sich ergehen lassen muss, soll die Serie den Streaming-Anbietern CBS All Access und Netflix geradezu phantastische Neuanmeldungs-Quoten beschert haben und erweist sich nach wie vor als so einträglich, dass bereits ein knappes Jahr nach dem Start der zweiten Staffel pünktlich zum Weihnachtsgeschäft die Folgen auf DVD und Blu-ray veröffentlicht werden. Für via Streaming erstveröffentlichte Produktionen ist das ganz und gar nicht eine Selbstverständlichkeit. Viele Fans von so mancher erfolgreicher Streaming-Serie warten bis heute auf die Veröffentlichung der dazugehörigen »Hardware« – die laut 34 einigen anderen Fan-Meinungen allerdings völlig überflüssig ist, da man sich die Folgen ja immer im Stream anschauen kann. Umgekehrt war man bei CBS von der langjährigen Teilung unangenehm betroffen, wenn es um die Bezugnahme auf Ereignisse ging, die eventuell in einem der Kinofilme eine wichtige Rolle gespielt hatten – katastrophal bei einer Serie, die innerhalb eines seit vielen Jahrzehnten bestehenden Franchise spielt. Glücklicherweise finden beide Bereiche der Star Trek-Welt nun wieder unter einem gemeinsamen Dach statt, und es ist durchaus anzunehmen, dass entsprechende Gespräche bereits stattgefunden haben, als Picard auf dem Reißbrett entstand. Von Anfang an war die Rede davon, dass der Untergang des romulanischen Imperiums und dessen Konsequenzen Teil der Handlung der neuen Serie sein würden. Und dafür konnte man die Kinofilme gar nicht außer Acht lassen. Schließlich war der beginnende Untergang der einstigen Erzfeinde bereits das zentrale Thema des Abgesangs auf Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert (1987–1994), also des Films Star Trek: Nemesis von 2002, und eben nicht erst seit dem späteren Star Trek-Streifen aktuell. Resümierend gesagt werden zukünftig viele Probleme unter den Tisch fallen. Was genau kann das aber bedeuten?

»The Shape of Things to Come« – Was kommen wird

35 Erstens (und vielleicht am wichtigsten): Es wird vermutlich das bisherige Kanon-Gerangel bei Discovery unter den Tisch fallen, das vielen Fans die Serie zumindest teilweise verleidet hat. Dass der Charakter des Spock einen neuen Darsteller und die Enterprise ein abweichendes Design hat, ist für den Moment nicht zu ändern, doch hat man summa summarum in beiden Fällen recht annehmbare Lösungen gefunden. Zumal es fraglich ist, ob Quinto an einer Verkörperung der Rolle in einer TV-Serie überhaupt interessiert gewesen wäre. Wie vor kurzem bekannt wurde, wird die Serie ab ihrer dritten Staffel nunmehr im 31. Jahrhundert des Star Trek-Universums spielen und vermutlich dort auch verweilen. Damit bleiben Probleme bezüglich des Kanons ohnehin außen vor. Für die geplante »Sektion 31«-Serie (von der in letzter Zeit übrigens bemerkenswert wenig Neues zu erfahren war) eröffnen sich jedoch interessante Möglichkeiten. Theoretisch könnte Agentin Philippa Georgiou (Michelle Yeoh) etwa ihrem Kollegen Admiral Alexander Marcus (Peter Weller) begegnen, der in Into Darkness als Kommandant der übermächtigen USS Vengeance fungierte. Der Film spielt bekanntlich vergleichsweise wenige Jahre nach Discovery, in deren Zeitlinie die neue Serie angesiedelt sein muss, falls man keine weiteren Zeitreise-Twists einzubauen gedenkt. Auch andere Ausflüge in das bisher abgeteilte neue filmische Star Trek-Universum wären möglich. Umgekehrt könnten kommende neue Kinofilme Bezug auf die Serien nehmen – vorausgesetzt natürlich, dass man in diesen zeitlich im 23. Jahrhundert bleibt. Gewisse 36 Andeutungen von etwa dem neuen »McCoy«-Darsteller Karl Urban (Thor: Tag der Entscheidung) weisen darauf hin, dass selbst Quentin Tarantinos Star Trek-Idee zu Zeiten von Kirk und Spock angesiedelt sein könnte. Dass dergleichen sehr gut funktionieren kann, zeigen die Kinofilme Star Trek: Der erste Kontakt (1996) und Star Trek: Der Aufstand (1998), die herauskamen, als Star Trek: Deep Space Nine (1993–1999) und Star Trek: Raumschiff Voyager (1995–2001) noch im Fernsehen zu sehen gewesen waren. In beiden Filmen wird Bezug auf die Raumstation Deep Space Nine genommen, es gab sogar einen in der Endfassung leider nicht verwendeten Gastauftritt von Armin Shimerman (Timeless) als Quark in Der Aufstand. Ferner hat bekanntlich der »Holodoc« Robert Picardo (The Flash) einen kurzen Gastauftritt in Der erste Kontakt, während die mittlerweile zum Admiral beförderte Kathryn Janeway (Kate Mulgrew) höchstpersönlich Jean-Luc Picard (Patrick Stewart) in Nemesis auf seine Reise schickt. Diese Szenen waren allesamt so gestaltet, dass auch Kinogänger, die die Serien damals nicht verfolgten, sie mühelos verstehen konnten. Dafür genügen kleine dramaturgische Kniffe.

Persönliche Theorien zu Star Trek: Picard

Von all dem abgesehen genießt es der Kolumnist ab und zu, auch einmal eigene Theorien an den Mann und an die Frau bringen zu können – und dies soll im folgenden Absatz geschehen.

37 Die bisherigen Informationen zur Picard-Serie sind weiter eher vager Natur, was sich auch für eine Weile nicht ändern wird. Bekanntlich wurde der Serienstart von Herbst 2019 auf das frühe 2020 verschoben. Es ist nebenbei bemerkt durchaus vorstellbar, dass man diesen Schritt getan hat, um einer übermächtigen Konkurrenz aus dem Weg zu gehen. Im November 2019 geht nämlich der neue Streaming-Dienst Disney+ in den USA an den Start, und mit ihm die erste Star Wars-Realserie The Mandalorian. Wie in einer der letzten Kolumnen im Corona Magazine zu lesen war, gibt es eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass Star Trek und Star Wars niemals in direkte Konkurrenz zueinander treten, sondern immer Zeit zwischen der Veröffentlichung von eigenen neuen Franchise-Inkarnationen und jenen des anderen verstreichen muss. Vielleicht ist dieser Umstand nicht der Hauptgrund für die Verschiebung, es scheint jedoch gut vorstellbar, dass er damit zu tun haben könnte. Jedenfalls kamen dem Kolumnisten angesichts des kürzlich veröffentlichten neuen Picard-Trailers ein paar Ideen, die durch die Neuigkeit der Wieder-Hochzeit von Paramount und CBS noch ausgebaut wurden. Es ist bereits bekannt, dass sich in der Serie Picard nach einer großen (persönlichen?) Katastrophe aus der Sternenflotte zurückgezogen hat und mit seinem Hund auf dem Weingut seines verstorbenen Bruders lebt. Der Untergang des romulanischen Reichs allein dürfte nicht der Grund für seinen Ausstieg gewesen sein, da er schließlich den Anfang vom Ende einst selbst miterlebt hat und alles 38 Weitere mit Sicherheit kommen sah. Was aber wäre, wenn der Grund für seinen Abgang die Zerstörung der Enterprise gewesen ist, die Picard als Einziger überlebt hat? Möglicherweise ein Verlust in einer Schlacht gegen marodierende Romulaner? Man sieht auch Data (Brent Spiner) im Trailer, stark verjüngt dank moderner Tricktechnik. Dieser aber, so weiß man, opferte sich in Nemesis für das Wohl seiner Schiffskameraden. Könnte er in Einzelteile zerrissen überlebt haben? Unwahrscheinlich. Ein demontierter Data – ein Soong’scher Androide jedenfalls – ist ebenfalls zu sehen. Ist dies möglicherweise einer seiner beiden Brüder? Der verschlagene Lore oder der unfertige B-4? Ersteres ist unwahrscheinlich, da Lore seine charakterlichen Schwächen trotz mehrmaliger Abschaltung niemals verloren hat und entsprechend wenig vertrauenswürdig ist. B-4 sei es jedoch ebenfalls nicht, wurde wiederholt seitens der Produzenten versichert. Schön und gut – B-4 war ja auch ein unfertiger Prototyp ohne größere Intelligenz und wirklichen eigenen Charakter. Aber wurde nicht Datas Persönlichkeit in Nemesis auf B-4 übertragen, was sich schon am Ende des Films bemerkbar machte, als B-4 das vorher von Data vorgetragene Irving-Berlin-Stück zu intonieren begann? Könnte die Aussage, es handle sich nicht um B-4, eine Spitzfindigkeit sein? Nicht mehr B-4 … sondern eben Data? Vor allem: B-4 blieb damals nicht an Bord der Enterprise, er wurde zu einer Forschungseinrichtung der Sternenflotte gebracht. Möglicherweise wurde ihm hier geholfen, Datas 39 Persönlichkeit voll und ganz zu integrieren, was sicher einige Zeit in Anspruch genommen hätte. Folglich kann Data durchaus ein Überlebender sein. Seven of Nine () ist in der Vorschau ebenfalls in einer etwas älteren, aber noch immer sehr attraktiven Version zu sehen. Für sie gilt diese Theorie ohnehin nicht, da Seven of Nine niemals auf der Enterprise eingesetzt gewesen ist. Und dann ist da die kürzlich verkündete Neuigkeit vom Gastauftritt von Jonathan Frakes als Captain William Riker und Marina Sirtis als Commander Deanna Troi (oder Riker-Troi?). Beide gingen am Ende von Nemesis an Bord der USS Titan, über die Riker das Kommando übernommen hatte. Auch sie waren somit vermutlich nicht an Bord einer eventuell vernichteten Enterprise. Gastauftritte von Lt. Cmdr. Geordi La Forge (LeVar Burton), Dr. Beverly Crusher (Gates McFadden) oder Worf (Michael Dorn), der seinerzeit dem klingonischen Ratskanzler Martok (John Garman Hertzler) zur Seite stand und daher vermutlich auch nicht an Bord seines alten Schiffs war, sind für die neue Serie nicht angekündigt. Gingen diese Charaktere alle mit der Enterprise unter? Für den Kolumnisten ergibt sich folgendes mögliches Setting der neuen Serie: Picard hat sich nach der Zerstörung der Enterprise (Erfolgte diese dank der nun aufgehobenen Einschränkungen vielleicht während der Vernichtung von Romulus?) aus der Sternenflotte zurückgezogen und betreut Data, der noch immer Probleme in seinem neuen (B-4-)Körper hat. Eines Tages wird er von der 40 Sonderbeauftragten Seven of Nine zu einer wichtigen Mission gerufen, in die die im Trailer gezeigten Nebendarsteller (darunter der an einen Elfenkrieger aus Der Herr der Ringe oder The Shannara Chronicles erinnernde Romulaner) auf unterschiedliche Weise involviert sind. Fertig wäre das neue Abenteuer!

Spekulationen

Nichts hiervon ist gesichert, sondern ist diese Theorie ein Produkt reiner oder auch nur vermuteter Logik. Vielleicht kommt alles ganz anders, vielleicht kommt der noch intakte Data eines Tages durch eine Zeitfalte marschiert oder ist schlicht und ergreifend ein Produkt von Picards Phantasie. Vielleicht ist Seven of Nine nun eine Feindin der Föderation. Vielleicht, vielleicht, vielleicht. Sicher ist nur, dass sich durch die Zusammenfügung der beiden Hälften des Franchise hochinteressante Möglichkeiten ergeben. Und seien Sie ehrlich: Was macht bis zum Start der Serie schon so vergleichbar viel Spaß wie das Spintisieren von Eventualitäten?

41 Special: Stars in ande- ren Rollen – Teil 43: Die Bad Guys – Teil 1

42 von Thorsten Walch

Für die diesmalige Jubiläumsausgabe des Corona Magazine möchten wir diese Kolumne in einer ganz besonderen Form präsentieren: Aus diesem Grund widmen wir sie diesmal keinem einzelnen Schauspieler, sondern jenen Darstellern, denen nur auf den allerersten Blick undankbare Rollen zufallen: Die der Antagonisten, der Bösewichter nämlich. Was wären Weltraum-Helden wie Captain James T. Kirk und seine KollegInnen Jean-Luc Picard, Benjamin Sisko, Kathryn Janeway, Jonathan Archer oder Philippa Georgiou und Christopher Pike ohne Gegenspieler, gegen die es anzutreten gilt? Das Star Trek-Universum ist groß, das braucht man keinem Fan des Franchises zu sagen, und aus diesem Grund können leider kaum alle Bösewichter aus dem Roddenberry’schen Universum beziehungsweise ihre Darsteller an dieser Stelle vorgestellt werden. Doch zumindest die einprägsamsten unter ihnen sollen nachfolgend zu finden sein. Trotzdem aber ist es auch hierzu nötig, diese Kolumne zu einem Zweiteiler zu machen, da die Informationsfülle den Rahmen dieser Kolumne sprengt. Lesen Sie in dieser Ausgabe Wissenswertes über die Bösewichter aus der klassischen Star Trek-Originalserie, The Next Generation sowie Deep Space Nine, während es in der nächsten Ausgabe des Corona Magazine mit den Antagonisten aus Voyager, Enterprise, Discovery und auch den Kinofilmen weitergeht.

43 TOS – die klassische Star Trek-Originalserie

Während der dreijährigen Laufzeit der Originalserie traten verschiedene Antagonisten auf den Plan, die nicht selten keine humanoide Form besaßen und zugleich in einigen Fällen auch nicht wirklich „böse“ waren, sondern lediglich um ihr Überleben kämpften: Ein Musterbeispiel hierfür ist die auf Silikat-Basis bestehende Lebensform „Horta“, welche in der gleichnamigen Episode lediglich „ihre Kinder rettet“ (der Originaltitel der Folge lautet übrigens Devil In The Dark), oder aber der zwergenhafte Balok, der mittels einer gruseligen Puppe sein eher niedliches Erscheinungsbild tarnt und sich nur anfänglich bedrohlich gibt, letztendlich jedoch als überaus wohlwollend erweist (Pokerspiele - The Corbomite Maneuver). Einer der ersten Bösewichter jedoch, die uns bereits zu Beginn der klassischen Originalserie begegnen, ist der charismatische Harcourt Fenton Mudd, kurz „Harry“ genannt. Ein klassischer Spieler und Gauner, der eigentlich keinen wirklich boshaften Charakter besitzt, allerdings in allererster Linie seine eigenen Ziele verfolgt und dabei nötigenfalls über Leichen geht. Erstmals begegnet Harry Mudd der Crew des Raumschiffes Enterprise unter Captain Kirk in der Folge mit dem Titel Die Frauen des Mr. Mudd (Mudd’s Women), ein weiteres Mal in der zweiten Staffel in Der dressierte Herrscher (I, Mudd). In der Episode Der Liebeskristall (Mudd’s Passion) aus der Star Trek-Zeichentrickserie bekommen es Kirk & Co. ein drittes Mal mit ihm zu tun.

44 Gespielt wurde Mudd bei seinen beiden Real-Auftritten von dem Schauspieler Roger C. (für „Charles“) Carmel (1932 -1986). Carmel arbeitete während seiner Karriere, die 1958 mit einer kleinen Rolle im Filmdrama Stage Struck neben Henry Fonda und Susan Strasberg begann, vorwiegend als Nebendarsteller in Filmen wie Leise flüstern die Pistolen (1966) mit Dean Martin und TV-Serien wie Die Munsters (1965) oder der Batman-Realserie mit Adam West und Burt Ward (1967). Auch lieh er dem Zeichentrick-Roboter Cyclonus in den beiden Filmversionen der Zeichentrickserie Tranformers (beide von 1986) seine Stimme. Ein weiterer bekannter Bösewicht aus der klassischen Originalserie ist der Klingone Commander Kor, der in der Folge Kampf um Organia (Errand Of Mercy) leider nur einmalig zu sehen ist. Er ist der erste Klingone, den die Star Trek-Welt je zu sehen bekam. Auch er war in der Star Trek-Zeichentrickserie in Die Zeitfalle (The Time Trap) ein weiteres Mal zu sehen, außerdem trat er in Star Trek: Deep Space Nine, Der Blutschwur (Blood Oath) als gealterte und mildere Version Kors beziehungsweise dessen Nachfahre (da sind sich die Gelehrten unter den Fans bis heute nicht ganz einig!) auf und kehrte in Das Schwert des Kahless (The Sword Of Kahless) ein weiteres sowie in Der Dahar-Meister (Once More In The Breach) ein letztes Mal zurück. Der Name seines Darstellers lautet John Colicos (1928-2000). Der griechisch-stämmige Kanadier spielte 1957 als Fiesling Chino im Western Rebell der roten Berge eine erste größere Rolle, in dem der in Deutschland später als „Old Shatterhand“ bekannt gewordene Lex Barker der 45 Hauptdarsteller war. Nach Auftritten in TV-Serien wie Kobra, übernehmen Sie! und Mannix sowie Filmen wie dem Western Zum Teufel mit Hosianna (1972) oder dem Thriller Scorpio, der Killer (1973) war er zwischen 1978 und 1980 in der Science-Fiction-Kultserie Kampfstern Galactica als verräterischer Graf Baltar zu sehen. Danach wirkte er im Horrorfilm Das Grauen (1980) sowie dem Psychothriller Wenn der Postmann zweimal klingelt neben Jack Nichsolson und Jessica Lange mit. Khan Noonien Singh, ein genetisch veränderter Supermensch aus jener dunklen Epoche des Star Trek-Universums, die als „Eugenische Kriege“ bekannt geworden ist, gilt sicherlich bis heute als bekanntester und ikonischster Bösewicht des Roddenberry’schen Universums, obwohl er zumindest in der klassischen Originalserie nur einen einzigen Auftritt in der Folge Der schlafende Tiger verbuchen kann. Allerdings kehrte er 1982 als Superbösewicht und Titelfigur in Star Trek II – Der Zorn des Khan (The Wrath Of Khan) in einem bis heute gefeierten Auftritt zurück. Der in Mexiko geborene Ricardo Montalbán (1920-2009) wurde bereits einzeln in dieser Kolumne vorgestellt. Er begann seine Karriere 1942 in den mexikanischen Filmen El verdugo de Sevilla und Cinco fueron escogidos und trat nach seinem Umzug in die USA in Filmklassikern wie Sayonara (1957) oder Dominique – Die singende Nonne (1966) auf, während man ihn im Fernsehen in Serien wie Bonanza (1961) und Hawaii Fünf-Null (1968 und 1972) bewundern konnte. Seine bekannteste Rolle außerhalb von Star Trek 46 war die des wundersamen Mr. Roarke in der Fantasy-Familienserie Fantasy Island (1977-1984). Koloth aus der TOS-Episode Kennen Sie Tribbles? (Trouble With Tribbles) ist ebenfalls Klingone, wenn auch kein ganz so finster gezeichneter wie sein Kollege Kor. Ihn sah man danach noch ebenfalls in der Star Trek-Zeichentrickserie in der Folge Mehr Last mit den Tribbles (More Tribbles, More Troubles). In zwei der genannten Deep Space Nine-Episoden war auch Koloth mit von der Partie. Sein Darsteller William Campbell (1923-2011) wirkte in Filmen wie dem Drama Menschenschmuggel (1950) oder dem Kriegsfilm Die Nackten und die Toten (1958) sowie TV-Serien wie Der Chef (1972) oder Quincy (1983) mit. Seine Rolle als Koloth war bereits sein zweiter Auftritt in einer Star Trek-Folge: In Episode 17 der ersten Staffel, Tödliche Spiele auf Gothos (The Squire Of Gothos) war er als der omnipotente Trelane zu sehen gewesen, in dem manche Fans einen allerersten „Q“ erkennen wollen (…was durch einen allerdings un-kanonischen Roman später bestätigt wurde). Kang hingegen ist ein herrschsüchtiger Krieger, mit dem es Captain Kirk und seine Crew in Das Gleichgewicht der Kräfte (Day Of The Dove) zu tun bekommen. Zweimal sah man ihn danach noch im Star Trek-Universum wieder: In der Folge Der Blutschwur (Blood Oath) in Deep Space Nine sowie der Folge Tuvoks Flashback (Flashback) in Star Trek: Raumschiff Voyager. Michael Ansara (1922-2013) stammte ursprünglich aus Syrien, kam jedoch bereits in seiner frühen Jugend in die 47 USA. Nach Anfängen in Filmen wie Kim – Geheimdienst in Indien (1950) wirkte er in Monumentalfilmen wie Das Gewand (1953) und Die zehn Gebote (1956) sowie in Western wie Die Comancheros (1961) mit, während er im TV in Bezaubernde Jeannie (1966 und 1969) und Auf der Flucht (1967) mitspielte.

Star Trek – The Next Generation

Der wohl klassischste TNG-Bösewicht (ob er wirklich ein solcher ist, darüber scheiden sich die Geister) tritt gleich im Pilotfilm Mission Farpoint (Encounter At Farpoint) in Erscheinung: Der pseudo-omnipotente und unglaublich von sich eingenommene geheimnisvolle Q, seines Zeichens ein Angehöriger einer Gott-gleichen und eigentlich körperlosen Rasse. Weitere sieben Male tritt er in Folgen der insgesamt sieben Staffeln TNG auf: Rikers Versuchung (Hide And Q), Zeitsprung mit Q (Q Who), Noch einmal Q (Déja Q), Gefangen in der Vergangenheit (QPid), Eine echte Q (True Q), Willkommen im Leben nach dem Tode (Tapestry) sowie der Abschlussepisode Gestern, heute, morgen (All Good Things). In Q – unerwünscht (Q-less) hatte er ferner einen Auftritt in Star Trek: Deep Space Nine sowie in Todessehnsucht (Death Wish), Die Q-Krise (The Q And The Grey) und Q2 (dito) gleich drei in Star Trek: Raumschiff Voyager. John de Lancie (*1948) war vorwiegend im Fernsehen in Serien wie der Sechs-Millionen-Dollar-Mann (1977 und 1978), Die Dornenvögel (1983) oder MacGyver (1986) zu 48 sehen und wirkte in neuerer Zeit in Torchwood (2011), CSI: Vegas (2014) oder The Quest (2015) mit. Im Kino spielte er in Filmen wie Der König der Fischer (1991) neben Jeff Bridges und Robin Williams oder Die Hand an der Wiege (1992) und Crank 2: High Voltage (2009) mit Actionstar Jason Statham mit. Obwohl die Klingonen im 24. Jahrhundert Captain Picards und der Enterprise-D schon lange Verbündete der Föderation und keine Bösewichter mehr sind, gibt es dennoch auch in dieser Zeit Ausnahmen: Die bekanntesten unter diesen ist zweifellos das Schwesternpaar Lursa und B‘Etor, das nach dem Tod ihres älteren Bruders Duras die Führung des gleichnamige Hauses übernehmen. Duras war durch sein unehrenhaftes Verhalten in Ungnade im Reich gefallen, und seine Schwestern tun es ihm in ebenbürtiger Weise gleich. So spinnen die beiden schwerwiegende Intrige in Kollaboration mit den verfeindeten Romulanern und sind maßgeblich für den Ausbruch des Bürgerkriegs im klingonischen Reich verantwortlich. Obwohl ihr Plan, ihren unfähigen Neffen Toral als neuen Ratskanzler an die Macht zu putschen misslingt, können die beiden ihre Köpfe aus der sprichwörtlichen Schlinge ziehen und weiterhin ihre machtgierigen Pläne verfolgen. Lursa und ihre (jüngere) Schwester B’Etor treten erstmals in der Doppelfolge Der Kampf um das klingonische Reich I & II (Redemption I & II) auf, ein weiteres Mal in Ritus des Aufsteigens (Firstborn). In der DS9-Episode Die Kohn-Ma (Past Prologue) erweisen sie der titelgebenden Raumstation die zweifelhafte Ehre ihrer Anwesenheit, während sie im siebten Star Trek-Kinofilm 49 Treffen der Generationen (Generations) neben Dr. Soran (auf den wir im zweiten Teil dieser Kolumne noch zurückkommen) als Antagonisten auftreten und auch ihren Tod finden. Barbara March (1953-2019) und Gwynyth Walsh (*1950) sind die Namen der beiden Darstellerinnen. Die am 11. August 2019 nach einer langjährigen Krebserkrankung verstorbene Kanadierin Barbara March war neben ihren Auftritten als Lursa im Star Trek-Universum in der Serien-Adaption des Filmklassikers In der Hitze der Nacht (1987), dem TV-Film Der Klan der Vampire (1991) sowie Serien wie L.A. Law – Staranwälte, Tricks, Prozesse zu sehen. Ihre Serien-Schwester B’Etor wurde von Gwynyth Walsh gespielt, die außer dieser Rolle auch Gastauftritte in Filmen und Serien wie Zu Weihnachten eine Ehefrau (1988), Perry Mason und der glücklose Freund (1991) oder Sea Beast – Das Ungeheuer aus der Tiefe (2008) hatte. Tomalak schließlich gehört dem Volk der Romulaner an und ist so wie die meisten Angehörigen seines Volkes ebenso raffiniert wie verschlagen. Als hochrangiger Offizier innerhalb des Romulanischen Sternenimperiums trifft er mehrmals auf die Crew der Enterprise-D und ist in unterschiedliche Affären zwischen seinem Volk und der Sternenflotte verwickelt, wenn es beispielsweise um das unbefugte Eindringen eines romulanischen Schiffes in die Neutrale Zone oder das vermeintliche Überlaufen eines anderen hochrangigen Romulaners auf Seiten der Föderation geht. Hierbei wird jedoch stets deutlich, dass Tomalak ein ausschließlich politischer, niemals jedoch 50 persönlicher Gegner von Picard ist. Tomalak ist in insgesamt vier TNG-Episoden zu sehen: Auf schmalem Grat (The Enemy), Der Überläufer (The Defector), Gedächtnisverlust (Future Imperfect) – hier allerdings nur in Form eines Hologramms – sowie Gestern, heute, morgen (All Good Things). Der griechisch-stämmige Amerikaner Andreas Katsulas (1946-2006) spielte 1987 neben Ex-Highlander Christophe Lambert 1987 seine erste größere Filmrolle im Mafia-Drama Der Sizilianer und war von da an häufig in mitunter unsympathischen Rollen wie in Die Besucher und Ruf nach Vergeltung (beide 1989) oder als der berühmte einarmige Mörder in Auf der Flucht (1993) als Gegenspieler von Leinwand-Star Harrison Ford zu sehen. Seine bekannteste Rolle jedoch war die des reptilienhaften Narn G’Kar in der ikonischen Science-Fiction-Serie Babylon 5, die er neben in der Hauptserie zwischen 1993 und 1998 auch in zwei der nachfolgenden TV-Filme (Babylon 5: Der erste Schritt, 1998, und Babylon 5: Legende der Ranger) verkörperte.

Star Trek: Deep Space Nine

Kommt die Rede auf die Bösewichter in der dritten Star Trek-Serie, fällt stets fast im gleichen Atemzug der Name „Gul Dukat“. Wie kaum ein anderer Bösewicht war der Cardassianer, der anfangs als ehemaliger Kommandant der ursprünglich „Terok Nor“ genannten Raumstation und früherer Präfekt Bajors der Übergangsregierung der Föderation das Leben schwer machte, einem stetigen 51 Wandel unterworfen und zeigte trotz seiner üblichen Feindseligkeiten auch immer wieder einmal ganz andere Charakterzüge. Dies erschwerte seine Einschätzung für Commander beziehungsweise Captain Sisko, Major beziehungsweise Colonel Kira und dem Rest der neuen alten Besatzung von Deep Space Nine in hohem Maße. Da Gul Dukat eine wiederkehrende Nebenrolle in den sieben Staffeln von Deep Space Nine spielte und in insgesamt 38 Episoden zu sehen war, sollen diese an dieser Stelle nun nicht alle einzeln aufgezählt werden. Gul Dukats Darsteller heißt Marc Alaimo und wurde 1942 geboren. Sein Filmdebüt hatte der auch ohne seine Maske kantig aussehende Mime 1976 im TV-Drama Helter Skelter – Nacht der langen Messer, in dem es um die Morde des Sektenführers Charles Manson und seiner „Family“ ging. Es folgten Genre-Filme wie Der Zauberbogen (1981) oder der Science-Fiction-Film The Last Starfighter (1984) sowie ein Auftritt als Gegenspieler von Sylvester Stallone und Kurt Russell in Tango & Cash (1989) oder neben deren Actionfilm-Kollegen Arnold Schwarzenegger in Total Recall (1990). Im TV war Alaimo in seiner langen Karriere unter vielem anderem in Ein Colt für alle Fälle (1983 und 1986), T.J. Hooker (in den gleichen Jahren) sowie Walker, Texas Ranger (1995 und 1998) zu sehen. Legat Damar, der erst ab der vierten Serienstaffel von Deep Space Nine in Erscheinung tritt und dessen Rolle im Verlauf der 23 Episoden der restlichen Serie, in denen er zu sehen ist, mehr und mehr an Wichtigkeit gewinnt, ist anfänglich die rechte Hand Gul Dukats und seinem 52 Vorgesetzten und auch Freund treu ergeben. Allerdings ändern sich die Dinge mit der Zeit und Damar führt schließlich den cardassianischen Widerstand gegen das allmächtig scheinende Dominion an. Dadurch verliert er voll und ganz seinen Status als der einstige Antagonist, der er zunächst in der Serie war. Sein Darsteller Casey Biggs (*1955) wirkte vor seinem Einstieg in Deep Space Nine in Serien wie General Hospital (1963 im zarten Alter von 8 Jahren), Matlock (1989) und Melrose Place (1994) mit. Nach dem Ende von DS9 war er in Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI, Emergency Room (beide 2001) sowie als illyrianischer Raumschiff-Captain in der Star Trek: Enterprise-Episode Beschädigungen (Damage) zu sehen. Ein anderes Kaliber ist Vedek Winn Adami, später gar zur Kai und damit dem spirituellen Oberhaupt der Bajoraner aufgestiegen. Bereits seit der ersten Staffel ist die machthungrige Geistliche in insgesamt 15 Episoden ein wiederkehrender Gastcharakter in Deep Space Nine, doch aus ihren anfänglichen persönlichen Motiven wird zunehmend eine Gefahr für den Bund zwischen Bajor und der Föderation und schließlich verlässt Winn alle gewohnten spirituellen Pfade, als sie sich den finsteren Pagh-Geistern zuwendet, die den gütigen „Propheten“ entgegenstehen. Gespielt wird sie von Hollywood-Star Louise Fletcher (*1934), die dem breiten Publikum erstmals als sadistische Oberschwester Ratched im Melodram Einer flog über das Kuckucksnest (1975) neben Jack Nicholson ein Begriff wurde. Für diese Rolle erhielt sie den „Oscar“ als beste 53 Nebendarstellerin. Danach war sie in Filmen wie Exorzist II – Der Ketzer (1977), Es war einmal in Amerika (1984) oder Two Moon Junction (1988) zu sehen. Seit 2017 ist die mittlerweile 85-jährige Schauspielerin in der Rolle der Rosie in der Netflix-Dramaserie Girlboss zu sehen. Weyoun ist ein Diplomat vom Volk der Vorta aus dem Gamma-Quadranten, in den das nahe der Station Deep Space Nine gelegene Wurmloch führt und aus dem das furchteinflößende Dominion in den Alpha-Quadranten gelangen konnte. Weyoun ist der Kontaktmann des Dominion zur Föderation und ihren Verbündeten und erweist sich dabei nicht selten als schwieriger Verhandlungspartner, da er andere grundsätzlich nicht an der wahren Natur der Pläne seiner Vorgesetzten teilhaben lässt und dabei mit großer Hinterlist vorgeht. So wie alle seiner Rasse wurde Weyoun mehrmals neu geklont, nachdem sein Vorgänger auf unterschiedliche Arten und Weisen ums Leben kam – insgesamt gibt es mindestens acht solcher Klone. Auch Weyoun in seinen unterschiedlichen Klon-Inkarnationen ist ein wiederkehrender Gastcharakter in Deep Space Nine und in insgesamt 26 Episoden zu sehen. Jeffrey Combs (*1954) war erstmals in der Action-Komödie Da steht der ganze Freeway Kopf (1981) zu sehen und entwickelte sich ab Mitte der 80-er Jahre zu einem ausgesprochenen Star im Horror-Genre vorzugweise in den H.P.-Lovecraft-Verfilmungen des Regisseurs Brian Yuzna (Re-Animator, 1985 sowie die Fortsetzung Bride Of Re-Animator, 1989 oder Meister des Grauens, 1991). In Star Trek: Deep Space Nine war er parallel zu seiner Rolle als 54 Weyoun auch als der raffgierige Ferengi Brunt in einem wiederkehrenden Gastpart zu sehen sowie später in 11 Folgen von Star Trek: Enterprise als andorianischer Raumschiffkommandant Shran. Im TV sieht man ihn immer wieder einmal in Serien wie Criminal Minds (2014) oder Gotham (2015), während er im Kino seinem Lieblings-Genre treu bleibt und unter anderem in Die Kunstschule des Grauens (2015) zu sehen ist.

Teil 2 der Kolumne folgt im nächsten Corona Magazine.

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58 News: TREKminds

von Thorsten Walch

CBS und Paramount wieder unter einem Dach!

Wie im August bekanntgegeben wurde, schließen sich die CBS Corporation und der Produktionsmulti Viacom, zu dem auch Paramount Pictures gehören, künftig wieder zusammen, um dadurch eines der größten Produktionsunternehmen der Welt, ViacomCBS Inc., zu werden. Für das Star Trek-Franchise bedeutet dies, dass die strikte Trennung der TV- und der Filmproduktionen, welche seit dem Ende der Serie Star Trek: Enterprise im Jahr 2005 vollzogen worden war, somit aufgehoben ist. Diese Trennung (CBS zeichnete für die Star Trek-TV-Inkarnationen verantwortlich, Paramount für die drei neuen Kinofilme) hatte für einen erheblichen Bruch in der chronologischen Kontinuität des Franchises gesorgt, deren Ergebnis unter

59 anderem die bei Fans umstrittene „Kelvin-Zeitlinie“ aus den drei New Trek-Kinofilmen gewesen war, ferner musste das Design des Raumschiffes Enterprise für die zweite Staffel von Star Trek: Disocvery abweichend von dem in den drei neuen Kinofilmen gestaltet werden. Künftig können Star Trek-Filme und -Serien wieder voll und ganz Bezug aufeinander nehmen. Die Leitung des neuen Gesamtunternehmens wird Bob Bakish übernehmen, der bislang Viacom vorstand.

Tarantino-Trek mit William Shatner?

Obwohl eine offizielle Bestätigung nach wie vor aussteht, brodelt bezüglich der Star Trek-Version des exzentrischen Filmemachers Quentin Tarantino (sein neuester Film Once Upon A Time In Hollywood ist aktuell in den Kinos zu sehen) nach wie vor die Gerüchteküche. Dabei ist nicht nur strittig, ob das von Mark L. Smith (The Revanant – Der Rückkehrer) basierend auf Tarantinos Idee verfasste Drehbuch wirklich verfilmt wird, sondern auch, ob Tarantino in diesem Fall

60 selbst die Regie übernehmen würde, da er stets verkündet hat, lediglich 10 Kinofilme drehen zu wollen (sein aktueller Film ist sein neunter). Das Drehbuch basierend auf Tarantinos Ideen würde gegenwärtig ein „R“-Rating in den USA, erhalten was in etwa einer FSK-16-Freigabe hier bei uns entsprechend würde. Laut „Dr. McCoy“-Darsteller Karl Urban jedoch nicht wegen der übermäßigen Verwendung von Schimpfwörtern, sondern wegen eines ausgesprochen harten Realismus. Zuletzt sorgte Altstar William Shatner bezüglich des Projektes für Furore: Trotz seiner mittlerweile 88 Lebensjahre würde er durchaus ein letztes Mal in seine Rolle als Captain Kirk zurückkehren. „Ob man Star Trek fünfzig Jahre später und einige Pfunde später macht? Kommt schon, kein Problem!“, ließ der Mime in einem Interview verlauten. Ob und wann der auf Tarantino basierende Star Trek-Film produziert wird, steht derzeit noch in den sprichwörtlichen Sternen.

Star Trek: Picard

Allerlei Neuigkeiten gibt es auch rund um die neue Serie Star Trek: Picard, in der Sir Patrick Stewart erneut in seine ikonische Rolle zurückkehren wird. Im ersten längeren Trailer zur Serie, der Ende Juli auf der San Diego Comic Con erstmals dem Publikum vorgestellt wurde, erhält man einen ersten Blick auf die Nebendarsteller in der neuen Serie, zu der eine junge, offensichtlich auf der Flucht befindliche Frau sowie ein mit einem Schwert bewaffneter Romulaner gehören und bekommt einige actionreiche Sequenzen zu 61 sehen, in denen Blicke sowohl auf die Romulaner als auch auf die scheinbar deaktivierten Borg zu erhaschen sind. Für die größte Überraschung jedoch sorgte eine kurze Sequenz, in der man den gealterten Picard beim Kartenspiel mit „Data“ Brent Spiner zu sehen bekommt. Laut den Produzenten soll es sich dabei nicht um den aus Star Trek Nemesis bekannten „B-4“ oder Datas missratenen Zwilling Lore handeln, sondern um Data selbst (eine kleine Analyse über all dies findet sich in der allgemeinen Star Trek-Kolumne in dieser Ausgabe). Ferner ist Seven Of Nine vom Raumschiff Voyager, erneut gespielt von Jeri Ryan, in dem neuen Trailer zu sehen. Bekannt wurde auch, dass Jonathan Frakes und Marina Sirtis Gastauftritte als Captain William T. Riker und Deanna Troi-Riker (?) haben werden. Allerdings enthielt der Trailer auch einen kleinen Wermutstropfen für die wartende Star Trek-Fangemeinde: Die Serie wird nicht, wie ursprünglich geplant, Ende 2019 auf CBS All Access in den USA und bei Netflix-Konkurrent Amazon Prime hier bei uns zu sehen sein, sondern erst „2020“, wie ohne genauere Angaben im Trailer angegeben wird. Spekulationen zufolge liegt der Grund dafür im für November geplanten Launch des Streamingdienstes Disney+ in den USA, der die Serie The Mandalorian aus dem benachbarten Star Wars-Universum mit sich bringen wird: Möglicherweise will man eventueller Konkurrenz aus dem Wege gehen. Allerdings wird es vor dem Start der Serie einen kanonischen Roman sowie einen Comic auch in deutscher Übersetzung geben, die in die neue Serie einführen werden. 62 Neue Short Treks – unter anderem mit Pike und Spock!

Auch in diesem Jahr wird es eine insgesamt 6-teilige Reihe der 10- bis 15-minütigen Short Treks-Kurzepisoden als kleines Intermezzo für die Zeit zwischen den neuen Star Trek-Serien beziehungsweise Staffeln geben. Im Gegensatz zu den vier ersten Short Treks von 2018 wird es sich dabei allerdings nicht um Kurzfilmchen rund um die Discovery handeln: Drei der geplanten Episoden werden Captain Pike (Anson Mount), Mister Spock (Ethan Peck) und Number One (Rebecca Romijn, deren Charakter den Eigennamen „Una“ tragen wird [was letztlich nichts anderes als „One“ – „Eins“ – bedeutet, Anm. d. Verf.]) als Hauptdarsteller präsentieren und auf dem neuen alten Raumschiff Enterprise spielen. Hier wird es sehr wahrscheinlich eine Folge geben, in der Una zusammen mit Spock im Turbolift steckenbleibt, während eine andere Folge eine Begegnung mit den berühmt-berüchtigten Tribbles schildern soll. Zwei der Short Treks werden in Ausblick auf die kommende erste neue Star Trek-Animationsserie Lower Decks in gezeichneter Form daherkommen, die verbleibende Short Treks-Folge soll im Serienuniversum von Star Trek: Picard spielen. Bereits die Titel der sechs Kurzfilme wurden bekanntgegeben: Ask Not, Q & A, The Trouble With Edward, The Girl Who Made The Stars, Ephraim And Dot sowie Children Of Mars sollen diese lauten. Bereits ab dem kommenden Herbst soll es in den USA bei CBS All Access mit den neuen Short Treks losgehen, wann mit einer deutschen Veröffentlichung zu rechnen ist, 63 steht noch nicht fest (im Falle der ersten Short Treks erfolgte diese rund drei Monate nach der Erstveröffentlichung). Interessant dürfte sich auch die Frage nach der Veröffentlichungsplattform gestalten, da Star Trek: Picard bei uns bekanntlich nicht bei Netflix, sondern bei Amazon Prime herauskommen wird.

Star Trek: Discovery Staffel 3 eventuell erst Ende 2020

Fans der bislang noch neuesten Star Trek-Serie Discovery werden möglicherweise noch fast ein Jahr auf die dritte Staffel der Serie warten müssen: Nach momentanen Planungen wird diese erst ab dem Herbst 2020 an den Start gehen, vermutlich, um eine Konkurrenz aus eigenen Reihen mit Star Trek: Picard zu vermeiden. Allem Anschein nach ist es tatsächlich geplant, die Discovery in der Zukunftswelt des 32. Jahrhunderts, in die es das Schiff am Ende der zweiten Staffel verschlägt, zu belassen, was die vielfach kritisierten Kanon-Probleme auf einen Schlag aus der (Fan-) Welt schaffen würde.

Star Trek: Discovery Staffel 2 ab Herbst auf BluRay

Die zweite Staffel von Star Trek: Discovery wird pünktlich zum Beginn des Weihnachtsgeschäftes am 21. November in unterschiedlichen Versionen auf BluRay und DVD veröffentlicht - ebenso verfuhr man bereits im vergangenen Jahr im Fall von Staffel 1. Dem US-Release wird sich zeitgleich oder wenig später die deutsche Veröffentlichung 64 anschließen. Ebenfalls für den Herbst angekündigt wurde eine Picard-Box, die neben den vier TNG-Kinofilmen die TV-Doppelfolgen In den Händen der Borg/Angriffsziel Erde sowie Geheime Mission auf Celtris III enthalten wird.

Barbara March ist gestorben

Am 11. August 2019 verstarb die Schauspielerin Barbara March im Alter von 65 Jahren an einem Krebsleiden. Star Trek-Fans kannten sie als feindselige Klingonin Lursa aus drei Folgen von Star Trek – The Next Generation (Der Kampf um das klingonische Reich Teil 1 und 2, Ritus des Aufsteigens), einer Episode von Star Trek: Deep Space Nine (Die Kohn-Ma) sowie dem 7. Star Trek-Film Treffen der Generationen, wo sie stets zusammen mit ihrer Serien- und Filmschwester B’Etor, gespielt von Gwynyth Walsh auftrat. Star Trek-Fans speziell der Klingonen werden ihr allzeit ein ehrendes Andenken bewahren.

Im Gedenken an Sylvia Strybuc

Am 26. August hieß es auch Abschied nehmen von einem wahren Urgestein des deutschen Star Trek-Fandoms: Sylvia Gabriele Strybuc schloss nach längerer schwerer Krankheit im Alter von 72 Jahren für immer ihre Augen. Sylvia Strybuc gehörte zu den Mitbegründern der hiesigen Star Trek-Fandomszene und war persönlich mit Star Trek-Schöpfer Gene Roddenberry (+ 1991), seiner Frau Majel Barrett-Roddenberry (+2008) sowie mehreren der 65 Seriendarsteller bekannt, vor allem „Scotty“ James Doohan (+2005), mit dem sie eine enge Freundschaft verband. Im September 1994 veranstaltete sie mit der Star Dream One-Convention in Mannheim eine der ersten großen deutschen Star Trek-Veranstaltungen. Bis kurz vor ihrem Tod war Sylvia Strybuc nach wie vor im Star Trek-Fandom aktiv. Live Long And Prosper, Sylvia!

66 Special: Lieblingsfolgen – Teil 1

In loser Folge werden die Trekkies der Redaktion ab dieser Ausgabe von ihren Lieblingsepisoden aus allen Trek-Serien berichten. Den Anfang macht unser Chefredakteur Björn Sülter (Autor von Es lebe Star Trek).

11.59 (23:59) aus Star Trek: Voyager

von Björn Sülter

What’s up?

Captain Janeway erzählt die Geschichte ihrer Vorfahrin Shannon O'Donnell, die sich als erste in einer langen Reihe von Forschern in ihrer Familie hervorgetan hat. Sie galt als eine der treibenden Kräfte hinter dem Bau des Millennium 67 Gates, eines über eine halbe Meile hohen Turmes, der ein Modell für die erste Marskolonie wurde. Für Janeway wurde sie zu einem Vorbild. Doch hat sie die Rechnung ohne Tom Paris gemacht, der sie auf Unstimmigkeiten zwischen Janeways Erzählungen und den historischen Fakten stößt …

Lazy Days

Zunächst deutet nichts darauf hin, dass die Episode sich abseits gewohnter Konventionen bewegen würde. Janeway erträgt den plappernden Neelix am frühen Morgen nur dank eines heißen Kaffees. In seinen Ausführungen geht es um ein Wissensquiz mit Tom Paris. Der Captain ist nur mäßig interessiert, doch bietet sich ihr immerhin eine gute Gelegenheit, den Dienstbeginn noch etwas zu verschieben. Sie erzählt dem Talaxianer ihrerseits eine kleine Geschichte über eine Vorfahrin, die angeblich im Jahre 2000 daran beteiligt war, das berühmte Millenium Gate auf der Erde mit zu erbauen.

Frozen Sky

Janeway ist auch gar nicht verlegen darum, die Bedeutung ihrer Vorfahrin herauszustellen. Sie dichtet ihr sogar das Einfliegen per Jet an. Die Realität könnte jedoch nicht weiter von dieser Version entfernt sein und entblößt die Erinnerungen des Captains schnell als äußerst verzerrte Version der Wahrheit. Wir erleben in der Folgezeit nämlich 68 eine zweite Handlungsebene: Die wahre Geschichte der Shannon O’Donnell. Diese tuckert allerdings im tiefsten Winter in ihrem alten, verbeulten Auto in die verschlafene Kleinstadt Portage Creek und zerlegt es direkt an der erstbesten Kreuzung. Klingt nicht sehr heroisch? Wie einst Otto Waalkes hat sie somit schnell drei Probleme: Kaputtes Auto, kein Geld, keinen Job. Unnötig zu erwähnen, dass sie auch gar nichts mit dem Millenium Gate zu tun hat – zumindest zunächst nicht. Sie stolpert vielmehr mitten hinein in eine Situation, die für sie genauso neu ist wie für uns Zuschauer und lernt die Fakten mit uns gemeinsam erst Schritt für Schritt. Große Auswahl an potenziellen Helfern in der Not gibt es angesichts vieler geschlossener Geschäften in dem gemütlichen Städtchen nicht. Wie gut, dass wenigstens ein Buchladen mit einem „WE'RE OPEN“-Schild lockt. O’Donnell outet sich an dieser Stelle als nicht sehr wählerisch: Eiszapfen an der Nase, niemand in Sicht - also rein da.

69 The Night we met

Dieser semi-freiwillige Weg führt sie nicht nur heraus aus der Kälte, sondern auch hinein in das Herzstück der Episode. Wie einst im Film E-Mail für dich mit Tom Hans und Meg Ryan steht der Buchladen auch in dieser Geschichte für das Bewahren von Werten und bildet in gewisser Weise den Anachronismus in einer aus Seriensicht bereits lange vergangenen Welt. Doch funktioniert so eine Geschichte natürlich nicht ohne weitere Personen aus Fleisch und Blut. Eine tritt in Gestalt des Witwers Henry Janeway auf, seines Zeichens Besitzer des Ladens und lokaler Querkopf. Mit dem Millenium Gate hat er nichts am Hut und wehrt sich mit Händen und Füßen gegen den Verkauf seines Ladens. Dass er damit dem Fortschritt im Weg steht und all seine Nachbarn (die bereits 70 ihre Grundstücke für gutes Geld verkauft haben) in den Ruin treibt, ist ihm zunächst egal. Janeway kämpft verbissen und stur für die gute und richtige Sache. Kommt uns das irgendwie bekannt vor? Die Gegenüberstellung der beiden Figuren könnte sie nicht weiter voneinander entfernt positionieren. Auf der einen Seite haben wir eine rastlose Ingenieurin, die mit beiden Beinen in der Realität steht und ihren Blick der Zukunft zuwendet, die aber auch kein Zuhause besitzt oder akut sucht. Auf der anderen Seite findet sich Janeway als der Eremit wieder, der ewig gestrig den vereinsamten, trauernden Wolf mimt, der sich mehr durch verstaubte Bücher als über Sozialkontakte definiert. Einzige Ausnahme: Sein Sohn, um den er sich alleine kümmert. Die Gegensätze könnten nicht größer sein, doch gelingt es den beiden immerhin, eine gemeinsame Ebene zu finden: die der Sympathie und Empathie. Janeway spürt, dass er hier eine verlorene Seele vor sich hat, die tough wirkt, aber letztlich doch nur ziellos vor sich hintreibt. O’Donnell wiederum findet eine unbekannte Geborgenheit in diesem kauzigen Mann und fühlt sich zu ihm, seinem Sohn und den stummen Zeitzeugen in den Regalen auf eine magische Art und Weise hingezogen. Zu diesem Zeitpunkt beginnt man dann auch als Zuschauer spätestens, sich von den Dialogen des Duos gefangen nehmen zu lassen. Wo man gerade noch die Episode einer SF-Serie hatte schauen wollen, findet man sich nun in der Kneipe beim Bier oder später beim Wein im Buchladen mitten in Romantik und erwachenden Gefühlen 71 wieder. Grandios ist dabei, wie der offenbar gar nicht so unkreative Janeway einfach ein Buch über Paris an den Tisch stellt und so seine Weltsicht verdeutlicht: Man kann auch Zuhause reisen. Die Gedanken sind frei und stark. Sie fliegen durch Bücher und Fantasie. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hat er dann auch die Zuschauer und das Herz von Shannon O'Donnell gewonnen.

Love will lead you back

Doch ist es im Leben und in Liebesdingen bekanntermaßen selten einfach. So erhält O’Donnell das verlockende, wie unmoralische Angebot, beim Gate-Projekt zu arbeiten. Wie war das noch mit den drei Problemen? Dieses Angebot auszuschlagen wäre in ihrer Situation schlicht Wahnsinn! Der Haken an der Sache: Sie müsste Janeway zum Verkauf seines Ladens bewegen. Leichter gesagt, als getan. Doch tut O'Donnell ihr Bestes und beißt sie auf Granit. Ihr Gegenüber verkörpert den Typus des unbeweglichen Menschen, der Neuerungen nicht mehr zulassen will und offenbart zudem ein Lebensproblem: Er lässt seine Angebetete lieber gehen, als seine Sichtweise zu überdenken. Zumindest im ersten Moment. Einen Streit später will O‘Donnell daher auch die Stadt verlassen. Im Gepäck hat sie neben enttäuschten Gefühlen immerhin die Zusage, an einem anderen Ort einen Job zu erhalten und verlässt Portage Creek mit vielen Fragen und offenen Enden. Und an welcher Stelle kommt nun das Happy-End? 72 Man könnte (ganz der Zyniker) behaupten, dass eigentlich gar keines nötig gewesen wäre. Allerdings freut man sich doch mit, weil diese beiden, auf ganz unterschiedliche Art verlorenen Seelen, schlichtweg ihr Happy-End verdient haben. Kein Wunder also, dass O'Donnell doch noch umdreht. Der Grund ist denkbar einfach: Ihr Ritual mit den Cookies auf der Autobahn fühlt sich plötzlich falsch an. Ist es vielleicht Zeit, zu bleiben? Doch muss sich auch Janeway bewegen. Während O’Donnell vielleicht das erste Mal in ihrem Leben zurückschaut, schaut dieser endlich nach vorne. Er verlässt seinen Laden noch innerhalb der Frist eine Minute vor Mitternacht und betritt eine neue Welt außerhalb seiner Rückzugsoase. Die Message versteht jeder sofort: Wenn der eine in der Vergangenheit lebt und der andere in die Zukunft möchte, dann muss man sich eben zumindest in der Gegenwart treffen. Das aufeinander zugehen der Beiden ist ein Versprechen für den Versuch einer gemeinsamen Zukunft. Das Millenium Gate ist doch noch gerettet und zwei Suchende haben die Liebe gefunden. Zu viel Soap? Mag sein. Aber einfach nur schön.

Meanwhile, back at the Golden Ranch

Unterfüttert wird der Liebesreigen im Schnee von Portage Creek immer wieder von Szenen auf der Voyager. So darf Captain Janeway erneut die Mentorin für Seven geben und die herbe Borg ermuntern, auch Erkundigungen über ihren Stammbaum einzuholen. 73 Auch schön ist die Zusammenkunft der Führungscrew, bei der alle über geliebte Vorfahren berichten. Das Konzept der Crew als Familie wird hier einmal mehr äußerst positiv in den Vordergrund gestellt. Die Stimmung beim Captain kippt jedoch ein wenig, als Paris sich partout nicht an den Namen O‘Donnell erinnern kann. Irrt er? Janeway forscht nach und erlebt eine Enttäuschung: Shannon O'Donnell war zwar in Portage Creek, hat aber - wie der Captain es zynisch ausdrückt - nur ihren Namen, aber nicht die Geschichte geändert. Sie hinterfragt sogar, wie sich historische Fakten mit der Zeit verändern, um irgendwann sinnentstellt wiedergegeben zu werden. Ein schöner Seitenhieb auf die eigene Episode Living Witness, in der es exakt um diese Thematik ging. Den Rahmen der Episode bilden somit auch die Zweifel Janeways bezüglich ihres Glaubens an die Vorfahrin. Als sie gen Ende traurig in ihrem Quartier sitzt, ist es ihre Crew, die für Aufmunterung und Einordnung der Ereignisse sorgt. Sie möchten den „Tag der Vorfahren“ einführen, um jene zu preisen, die zur Inspiration geworden sind. In diesem Rahmen erhält Janeway dann auch ein gerahmtes Bild von einer zum Zeitpunkt des Fotos 92-jährigen Shannon O'Donnell im Kreise ihrer Familie. Freuen kann der Captain sich jedoch nicht. Immer noch bleibt sie bei ihrer Einschätzung, dass dieses Erbe nicht verdient wurde. In einer Umkehr der Mentorenposition ist es diesmal ausgerechnet Seven, die ihr widerspricht. Für sie steht fest, dass es keine Relevanz besitzt, wie die Geschichte wirklich abgelaufen ist. Wichtig ist nur, was Janeway daraus gemacht 74 hat! Somit ist der Anteil O’Donnels in jedem Fall Teil der Prägung des Captains. Wer würde einer solchen Borg-Logik widersprechen? Verträumt emotional endet die Episode dann mit einer wunderschönen Überblendung zwischen einem Foto der versammelten Voyager-Familie und vom Moment, als das O'Donnell-Foto entstand. Familie und Freunde sind eben das wichtigste.

Out of Body Experience

Kate Mulgrew liefert obendrauf als O'Donnell eine grandiose Performance ab. Dabei verbindet sie bekannte Eigenschaften von Janeway mit einem neuen, auf eine andere Art nicht ganz perfekten Menschen unserer heutigen Zeit und erschafft in der Summe einen vollkommen anderen Charakter, der uns sofort vertraut und sympathisch, aber auch etwas fremd ist. Wie schwer das sein kann, musste in Star Trek: Enterprise Jolene Blalock in der Episode Carbon Creek erfahren. In den dortigen Rückblenden spielte Blalock ihre eigene Vorfahrin auf der Erde, lieferte aber nur eine blasse 1:1-Kopie von T'Pol ab. Woran das lag wird nie zu klären sein: Drehbuch zu schwach? Schauspielerin überfordert? Mulgrew hatte derlei Probleme in jedem Fall nicht. Klar ist aber auch, dass es bei einer solch starken Leistung desaströs gewesen wäre, wenn der Gegenpart qualitativ abgefallen wäre. Glücklicherweise wählte man jedoch Kevin Tighe, der den Henry Janeway mit Charme, Verschrobenheit und Witz spielt. 75 The Verdict

11:59 ist mit Sicherheit weder eine typische Trek-Episode noch ein SF-Abenteuer im üblichen Sinne. Sie verzichtet gänzlich auf Action oder Tech-Lösungen, sondern konzentriert sich lieber mit Hingabe und einer feinen Beobachtungsgabe auf eine kleine, menschliche und höchst emotionale Geschichte, die für Kathryn Janeway an Relevanz kaum zu überbieten ist. Unser Captain erinnert sich an ihre Wurzeln, die Gründe für ihre Lebens- und Karriereentscheidungen und lernt vielleicht auch etwas besser ihre Rolle im Verlorengehen der Voyager zu akzeptieren. Dass überdies auch noch der Rest der Crew charmant-witzigen Anteil an der Handlung sowie der Aussage der Episode erhält, Gastdarsteller Kevin Tighe (Battlestar Galactica) eine wunderbare Performance abliefert und vor allem Kate Mulgrew groß aufspielt, rundet die Sache ab. Die Serie liefert somit ein Kleinod ab, dass man sich immer wieder anschauen möchte. Die Voyager-Familie funktionierte selten so schön wie hier.

Hintergrund: Too much Information

Ursprünglich sollte die komplette Episode in unserer Zeit spielen. Während des Drehbuchschreibens entschied man sich aber dagegen und ergänzte die Rahmenhandlung auf 76 der USS Voyager – eine gute Idee, die die Aussage nur verstärkte.

Der Soundtrack stammt vom Komponisten David Bell und passt sich insbesondere der Atmosphäre der Rückblenden gut an. Dazu liefert er einige Töne abseits der Seriennorm.

Die altbekannten Kulissen auf dem Paramount-Gelände wurden für die Episode liebevoll umgestaltet und lassen uns ein in der Zeit stehengebliebenes Kaff irgendwo im Nirgendwo erleben.

Für die kurze Abschlusssequenz schminkte man Kate Mulgrew auf alt um sie im Kreise ihrer Familie zeigen zu können.

Interessant sind die Zukunftsvisionen, die die Serie hier präsentierte. So würde laut der Episode, die am 5. Mai 1999 erstmals in den USA ausgestrahlt wurde, der Millenium-Bug (von 2000 auf 2001) keine Auswirkungen haben - wie auch der von 1999 auf 2000. Abgesehen von kleineren Ausnahmen war diese Vorhersage in beiden Fällen korrekt - hier gibt es Punkte für hellseherisch begabte Vorhersagen.

Das äußerst faszinierende Millenium Gate hingegen, welches nach der Seriengeschichte um 2012 herum hätte fertiggestellt werden sollen, ist bisher keine Realität geworden. Hier war die Episode zwar visionär, aber auch etwas zu optimistisch. 77 Zitate: Talk to me, baby

„The point is, there's some of him in you, just as there'll be some of you in your descendants.“ - „If I choose to procreate.“ - „Oh, I wouldn't dismiss it so lightly. Someday you might enjoy a little Seven of Nine Point Five running around.“ (Neelix und Seven)

„I, too, come from a distinguished line.“ - „His cousin's an electric shaver.“ - „Hardly. My program was compiled from the most advanced holomatrices in the Federation. My cousin was a prize-winning chess program.“ (Holodoc und Paris)

„I'm stuck in the future. You're stuck in the past. But maybe we could... get unstuck in the present.“ (Shannon O'Donnell)

„Shannon O'Donnell inspired me when I was a girl. She had a... an influence on my imagination - on my goals.“ - „I never realized genealogy could have such an impact.“ - „I wouldn't have become a Starfleet captain if it wasn't for her.“ (Janeway und Seven)

„I love to see places I've never been and try new things. I'm kind of an explorer.“ - „Really? Hm. That station wagon of yours doesn't exactly look like a sailing ship.“ - „It's a rocket ship.“ - „My mistake.“ (Shannon und Henry)

78 „I thought it would look nice in your ready room, o-on the shelf, next to your desk?“ - „Thank you. But I'm not so sure she has a place there anymore.“ - „You are mistaken, Captain. Her life captured your imagination. Historical details are irrelevant.“ - „I concur with that analysis.“ - „If it weren't for Shannon O'Donnell, you never would have joined Starfleet.“ - „Yeah - and I would have never got you all stuck here in the Delta Quadrant.“ (Neelix, Janeway, Seven, Tuvok, Chakotay und wieder Janeway)

„To family.“ - „To family!“ (Janeway und ihre Crew)

79 Werbung

80 Abschied von Aron Eisenberg (6. Januar 1969 - 21. September 2019) von Thorsten Walch

Abschiednehmen ist eine scheußliche Sache, wenn es dabei um jemanden geht, den man persönlich geliebt, gemocht oder gar verehrt hat, und das Schreiben von Nachrufen ist eine traurige, nichtsdestotrotz ungemein wichtige Pflicht. Noch schwieriger wird das Ganze dann, wenn die Person, der man gedenken möchte, nur eine vergleichsweise kurze Zeitspanne in der Endlosigkeit unseres Universums vergönnt gewesen ist. So, wie bei Aron Eisenberg der Fall, der am 21. September mit nur 50 Jahren für immer seine Augen geschlossen hat. Der einzige Trost mag sein, dass seine finale Leidenszeit eine kurze gewesen ist: Nur einen Tag vor seinem Ableben verkündete Arons Ehefrau Malíssa Longo auf den sozialen Netzwerken, dass sich ihr geliebter Mann in kritischem Zustand in einem Krankenhaus befinde – zwei weitere Tage davor hatte er noch gewohnt scherzhafte Nachrichten auf Facebook und seinem Twitter-Account verbreitet, die nicht ahnen ließen, wie es um ihn stand.

Kein Held aus der zweiten Reihe

Für uns Star Trek-Fans war Aron in erster Linie Nog, der anfangs freche kleine Ferengi-Lausejunge, der zu Beginn der Serie zusammen mit Commander Siskos gleichaltrigem Sohn 81 Jake die Flure der mächtigen Raumstation Deep Space Nine in der dritten Serie des Star Trek-Universums gleichen Titels unsicher machte. Und dessen glühendster Wunsch es irgendwann wurde, ein Angehöriger der Sternenflotte zu werden, wozu ihm der Vater seines besten Freundes auch verhalf. Und der irgendwann als honorabler Offizier während des Kampfeinsatzes bei der Belagerung von AR-558 in Ausübung seiner Pflicht gar ein Bein verliert und am Ende der Serie als Lieutenant an Bord der U.S.S. Defiant, dem fest auf Deep Space Nine stationierten Kampfschiff, Dienst tut. Nog, anfänglich eher als Buffo, d.h. als clownesker, die Handlung auflockernder Charakter in die Serie eingeführt, durchläuft eine der interessantesten Charakterentwicklungen während deren 7-jähriger Laufzeit und entwickelte sich von der wiederkehrenden Gastrolle zunehmend zu einer wichtigen Identifikationsfigur insbesondere für die jungen Serienfans. Diese konnten Wichtiges aus dem Werdegang Nogs lernen: Nämlich, dass man nahezu alles erreichen kann, wenn man nur fest genug an sich selbst glaubt und an seinem persönlichen Unvermögen arbeitet, so gut es die Umstände eben zulassen. Und eigentlich hätte es kaum jemanden gegeben, der dies treffender hätte spielen können als Aron Eisenberg, dessen persönlicher Lebenslauf voller Parallelen für ebendiese Aussage war.

Ein schwieriger Start ins Leben

Aron Eisenberg nämlich hatte während seines gesamten 82 Lebens mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Er kam mit nur einer Niere zur Welt, welche in ihrer Funktion erheblich beeinträchtigt war. Dies führte zu einer Entwicklungsstörung, was zur Folge hatte, dass Aron lediglich eine Körpergröße von 1,52 Meter erreichte. Im Alter von 17 Jahren musste er sich daher einer Nierentransplantation unterziehen, was seinen allgemeinen Zustand zunächst erheblich verbesserte. Schon in jungen Jahren beschloss Aron, Schauspieler zu werden. Seine gleich drei ersten, zunächst noch recht kleinen Rollen spielte er allesamt 1989 20-jährig: In der starbesetzten Komödie Beverly Hills Brats unter anderem neben Martin Sheen, Burt Young und Whoopi Goldberg, dem dritten Teil der damals populären Horrorfilmreihe House mit dem Titel The Horror Show sowie Teil 4 einer anderen bekannten Reihe von Gruselfilmen, Amityville 4. Von da an sah man ihn immer wieder einmal in Nebenrollen in Filmen wie Straßen des Schreckens (1990) oder Puppet Master III – Toulon’s Rache (1991) sowie TV-Serien wie Parker Lewis – Der Coole von der Schule (ebenfalls 1991). 1993, im Alter von 24 Jahren erhielt er dann die „Rolle seines Lebens“ als Ferengi Nog in Star Trek: Deep Space Nine und blieb ihr bis zum Ende der Serie 1999 in insgesamt 47 Episoden treu, wobei sein Charakter wie bereits erwähnt während der Laufzeit mehr und mehr an Wichtigkeit gewann.In dieser Zeit sah man ihn weiterhin in Filmen (Vergewaltigt – Jung und schuldig, 1993, Geklonte Zukunft, 1998) und Serien (Was ist los mit Alex Mack, 1994 sowie in einer Folge von Star Trek: Raumschiff Voyager als zweifelndem Jung-Kazon). 83 Nach dem Ende von Deep Space Nine teilte er das Schicksal allzu vieler seiner Serienkollegen und war nur noch sporadisch in Film und Fernsehen zu sehen. In der 2-teiligen, ursprünglich als Star Trek-Fanfilm-Produktion gedachten und später mit eigenständigem Charakter versehenen Space-Opera-Reihe Renegades verkörperte er den zwar diabolisch aussehenden, aber durchaus loyalen Alien-Charakter Fnaxnor.

Ein Fan-Liebling

Die Star Trek-Fangemeinde vergaß den trotz seiner körperlichen Probleme ungemein quirligen und energiegeladenen Schauspieler jedoch nicht. Nach dem Ende von Deep Space Nine wurde Aron Eisenberg ein Star in der weltweiten Convention-Szene und trat auch hierzulande oftmals auf etlichen größeren und kleinen Veranstaltungen auf, darunter natürlich auch die legendäre FedCon. Dabei erwies er sich stets als „Star zum Anfassen“, dem Allüren aller Art fremd zu sein schienen. Der Verfasser dieses Nachrufes erinnert sich an ein ungemein witziges Gespräch mit ihm über die klassische Originalserie und Arons scherzhafte Bemerkung über den „zu kurz geratenen Spock“, den er gern in einer Neuauflage gespielt hätte. Unvergessen ist auch die ebenfalls auf Conventions aufgeführte Show The Ferengi Family, bei der Aron zusammen mit seinen Deep Space Nine-Kollegen Max Grodénchik (sein Serien-Vater Rom) und Chase Masterson (Roms Frau Leeta) auftrat und unter anderem den „Sluggo 84 Cola-Song“ („…die schleimigste Cola der Galaxis!“) zum Besten gab. Mitunter trat Aron Eisenberg zusammen mit Max Grodénchik, mit dem er auch privat eng befreundet war, auf besagten Conventions im vollen Ferengi-Make-Up auf und ließ sich so mit den Fans fotografieren. Obwohl Aron Eisenberg vielleicht oftmals in seinem Leben das Lachen getrübt worden sein mag, so verstand er es doch immer meisterlich, anderen Heiterkeit zu bringen.

Die Liebe seines Lebens

Sie fand Aron Eisenberg um das Jahr 2013 herum in der Schauspielerin und Sängerin Malíssa Longo, mit der er seit 2016 verlobt war und die er erst am 28. Dezember 2018 geheiratet hatte. Aus seiner geschiedenen ersten Ehe stammten seine 1997 und 1999 geborenen Söhne Nicholas Lawrence und Christopher Ryan Eisenberg. Malíssa Longo initiierte eine große Spendenaktion, als sich Arons Gesundheitszustand verschlechterte und er 2015 eine weitere Nierentransplantation erhalten musste. Sie war auch bis zuletzt an der Seite ihres Mannes, mit dem sie, wie sie schrieb, einen der wichtigsten Teile ihrer selbst verloren hat.

Obwohl die Todesursache von Aron Eisenberg zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Zeilen noch nicht bekanntgegeben wurde, ist doch anzunehmen, dass es sich dabei um die Spätfolgen seiner lebenslangen Erkrankung gehandelt haben wird. 85 Einen Abschluss zu finden, fällt immer schwer. Ganz besonders dann, wenn man gern noch so viel mehr über einen sympathischen Schauspieler und auch Menschen geschrieben hätte, dessen Leben viel zu früh mit gerade einmal 50 Jahren geendet hat. Das letzte Wiedersehen mit Aron Eisenberg fand im vergangenen Sommer statt, als der Verfasser dieses Nachrufs zusammen mit Autorenkollege Reinhard Prahl die großartige Dokumentation What We Left Behind im Bochumer Kino-Center anmoderierte und anschließend auch selbst anschaute: Aron Eisenberg berichtete hier sichtlich ergriffen und gerührt von der großartigen Erfahrung, die seine Mitwirkung bei Star Trek: Deep Space Nine für ihn selbst bedeutet hat und sorgte damit für einen der eindringlichsten Gänsehaut-Momente des ohnehin berührenden Films. „Er ist nicht wirklich tot, so lange wir an ihn denken!“, heißt es an einer anderen Stelle im Star Trek-Universum, und das sollten wir Fans beherzigen. Er wird uns fehlen, aber er wird wiederkommen, wenn wir es möchten. Alles, was wir dazu tun müssen ist, den Fernseher einzuschalten. Und aus diesem Grund möchten wir eine zweite Anleihe beim klassischen Star Trek vornehmen, wenn wir zum Abschied sagen: „Defiant-Kurs anlegen auf den zweiten Stern von rechts, Lieutenant Nog! Und dann geradeaus bis zum Morgen!“.

86 Phantastisches Sehen

Rezension Film: Es Kapitel 2 – Lange Erzählung mit wenig Inhalt

von Bettina Petrik

Es war in der Corona Magazine-Ausgabe 10/2017, in der die Redaktion den ersten Teil der neuen Adaption von Stephen Kings vielleicht bekanntestem Werk Es unter die Lupe genommen hat. Damals bestand unter den Rezensenten große Uneinigkeit, was die Qualität des Werks betraf. Und auch bezüglich des abschließenden zweiten Teils Es Kapitel 2, der Anfang September in heimischen Kinos angelaufen ist, fallen die Stimmen in der Presse sehr unterschiedlich aus. Mit 7,3 Sternen auf dem IMDB-Barometer und 65 % (Kritiker) bzw. 82 % (Publikum) positiver Stimmen auf dem anderen großen Stimmungsportal Rotten Tomatoes bewegt

87 sich der Versuch von Andy Muschietti (Mama), es besser als die erste TV-Version von 1990 zu machen, im oberen Beliebtheits-Viertel.

Copyright: Warner

Das Meisterwerk, auf das so viele gehofft haben, auch und gerade Fans des TV-Films, der bei Horrorfans bis heute Kultstatus genießt, ist es aber keineswegs. Es Kapitel 2 fällt im Vergleich zu Ergüssen anderer zeitgenössischer Meister des Genres wie James Wan (Conjuring-Reihe) oder Guillermo del Toro (Splice – Das Genexperiment) vor allem durch eine Schwäche negativ auf. Auch nunmehr als Gesamtwerk betrachtet schafft es Muschiettis Arbeit nicht, das auf die Leinwand zu bringen, was genannte Regisseure ebenso wie King selbst auszeichnet. Das, was im so sehr auf Effekte und negative Emotionen setzenden Genre des Grusels vielleicht die Königsklasse des Filmedrehens ausmacht: den Zuschauer durch tiefgehende Charakterisierung, durch das Mitleiden mit den Figuren den 88 Horror der Geschehnisse nachvollziehen zu lassen anstatt durch eine Reihe von Jump-Scares und pompöse CGI-Effekte. Wenn Letztere so wie im vorliegenden Fall dann auch noch selbst für das ungeübte Zuseherauge an mehr als einer Stelle schwächeln, bleibt von einer heillos auf geschlagene 169 Minuten aufgeblasenen Geschichte am Ende kaum mehr als der Wunsch, sich wieder mal das Buch zu schnappen, in das man sich wie im Fall der Autorin dieses Artikels schon als Teenager verliebt hat. Oder eben den alten TV-Zweiteiler in den DVD-Player einzulegen, um den Kino-Abend wenigstens noch versöhnlich ausklingen zu lassen. Besagter Film kommt schon aufgrund des begrenzten Budgets der damaligen Zeit natürlich auch nicht an das Niveau moderner Horrorklassiker heran, er nimmt einen aber dank herausragender Leistungen wie von dem unvergessenen Jonathan Brandis (SeaQuest) und der an einigen Stellen einfach doch mehr dem Geist des Buchs entsprechenden Erzählung mit in eine Vergangenheit, in der man nach dem Abspann Angst davor hatte, sich über den Abfluss zu beugen. In der man am nächsten Tag vielleicht doch etwas hoffnungsvoller wieder in den schlimmen Schulalltag eintauchte, in der Hoffnung, eines Tages auch auf Freunde zu treffen, mit denen man sich selbst den schlimmsten Bedrohungen stellen konnte.

Es ist dieses Gefühl, das man vermisst, wenn man sich die aktuelle Es-Verfilmung einverleibt hat. Und das ist schade, 89 denn das Horrorgenre leidet ohnehin genug unter dem Ruf der völligen Emotionsleere und Effekthascherei. Die Chance, hier auf der Grundlage eines legendären Stoffs etwas zu ändern, hat Muschietti leider im Gesamtbild vertan.

Monster-Klassentreffen

Vertiefende Handlungsbeschreibungen braucht es bei einem King-Werk selten, der Fokus des Meisters des Horrors liegt in den wenigsten Fällen auf Verschachtelungen à la Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer (2011–2019) oder Inception (2010). Es Kapitel 2 setzt die Geschichte 27 Jahre nach dem Ende des ersten Films fort – die Länge eines schauderhaften Zyklus, dem die Kleinstadt Derry im beschaulichen Maine ausgesetzt ist (nicht nur Schauplatz dieser einen King-Geschichte, wie eingefleischte Fans wissen). Die Kinder von damals, die jenes Monster besiegt haben, das Derry seit Urzeiten heimsucht, kehren als Erwachsene zurück, als klar wird, dass sie das Grauen nur aufgehalten, keineswegs aber gestoppt haben, um ihre Aufgabe endgültig zu erfüllen. Um durch die Erzählung durchzusteigen, braucht man da theoretisch nicht mal den Vorgängerfilm gesehen zu haben. Erfreulicherweise verabschiedet sich der Regisseur aber diesmal von dem linearen Erzählstil des Vorgängers, der 2017 schon mit eine der größten Stärken von Buch und TV-Adaption zunichtegemacht hat. Denn nur durch die vielen Rückblenden auf die Geschichte der einstigen Kinder können die Erlebnisse der erwachsen gewordenen 90 Protagonisten die ganze schockierende Skala des Grauens verdeutlichen, das auf diesem Teil der USA liegt.

Auch in anderen Aspekten, Anspielungen und Easter Eggs orientiert sich Es Kapitel 2 mehr als der Vorgänger an dem Basismaterial. So beginnt der Film schon mit einer Szene, die es in die TV-Adaption seinerzeit bedauerlicherweise nicht geschafft hatte, der Ermordung des Homosexuellen Adrian Mellon (Xavier Dolan). An dieser Stelle soll die große Stärke von Muschiettis Erzählstil nicht unerwähnt bleiben, die schon Teil 1 zu einem Erfolg gemacht hat, nämlich, Horror zu etwas Menschlicherem, Greifbarerem zu machen als dem Biest, das im Dunklen unter dem Bett lauert. Eine der sehr gut funktionierenden Abänderungen der Geschichte ist definitiv, beide Teile jeweils um rund 30 Jahre in die Zukunft zu verlegen, was dank des erwähnten ewigen Zyklus auch handlungstechnisch kein störendes Hindernis darstellt. Es ist eine unangenehme, aber nötige Erinnerung an den Zuschauer, dass Verbrechen wie an Mellon tatsächlich auch in einem so aktuellen Jahr wie 2016 immer noch an der Tagesordnung sind. Die wahren Monster sind oft genug die Menschen selbst, die in diesem Fall mit ihrem gewaltsamen homophoben Überfall erst dafür sorgen, dass Es (Bill Skarsgård) Mellon in seine Klauen bekommt. Das Monster ist der gewalttätige, perverse Vater von Beverly Marsh (Jessica Chastain) und der ebenso misshandelnde Ehemann, von dem sie sich zu Beginn des Films glücklicherweise lösen kann, als ihre Vergangenheit sie einholt. Das Monster ist der psychopathische Henry Bowers 91 (Teach Grant), der selbst in der Nervenheilanstalt fast 30 Jahre nur den einen Gedanken hat, sich an den Kindern von damals zu rächen und dann tatsächlich fast auch den Job von Es für das Monster erledigen kann. Das Monster sind die Kinder, die den sogenannten Klub der Verlierer damals körperlich und seelisch aufs Übelste mobben – auch das nach wie vor ein brandaktuelles Thema.

Muschietti ist sehr gut damit, die oft nicht viel rosigere Realität unter die düstere Fantasy des Horrors zu mischen, und stellenweise schafft er es damit, dass man sich in seiner Erzählung ebenso in Schrecken verliert wie einst bei der Ur-Version. Dass er durchaus mit Liebe und Respekt zu den Anfängen bei der Sache ist, beweist auch das erste Cameo von King selbst in einer Verfilmung seit Langem, genauso wie der Auftritt des nunmehr erwachsenen Kinderdarstellers von Ben Hanscom aus der TV-Version, Brandon Crane (Otherworld).

Kaum an der Oberfläche gekratzt

Aber im Großen und Ganzen krankt der Film an Oberflächlichkeit, an stellenweise wirklich schlecht umgesetzten Spezialeffekten und auch an der einen oder anderen schauspielerischen Leistung. Wie die sehr eindimensional, schlafwandlerisch-verschreckte Chastain hier von der Kinderdarstellerin ihres Charakters Sophia Lillis fast schon an die Wand gespielt wird, ist erschreckend, 92 wenn man einige ihrer früheren Leistungen kennt. Während man hingegen einmal mehr vor Skarsgård den Hut ziehen darf, der der einstigen Darstellung von Tim Curry (Star Wars: The Clone Wars) in nichts nachsteht und seine vortreffliche Mimik problemlos auch durch die Clownsmaske präsentiert.

Storytechnische Schwächen sollte man als Neuumsetzungen durchaus offen gegenüberstehender Rezensent nicht in Vergleichen mit dem Ur-Material suchen. Und doch ist es sehr schade, dass das so epische, fundamental formende Ritual von Chüd, das vor allem im Buch der Monstergeschichte einen ungeahnt tiefsinnigen Charakter verleiht, in diesem Film völlig abgewandelt verheizt wird. Schon die TV-Adaption traute sich damals gar nicht erst an die Darstellung der Schildkröte – die man in dieser Version gar zu einem ausgestopften Cameo degradierte – als gottgleicher ebenbürtiger Gegner von Es heran. Die auf mentaler Verschmelzung basierende Umsetzung von Chüd wäre zugegebenermaßen auf der Leinwand auch schwierig glaubhaft zu präsentieren. Aber die teils abstruse und verlogene Geschichte eines fehlgeschlagenen Indianerrituals, mit der Mike Hanlon (Isaiah Mustafa) hier seine ehemaligen besten Freunde verleitet, sich dem Monster noch einmal zu stellen, untergräbt auf fatale Weise die Bande der Freundschaft, die diese sieben Personen einst zusammengeführt haben, ihren damaligen Sieg gegen Es überhaupt erst ermöglicht haben. Auch macht es Hanlon, der schon im ersten Teil durch die fehlerhafte Übertragung seiner eigenen Geschichte an Ben 93 Hanscom (Jeremy Ray Taylor) viel von seinem Zweck und seinem Charme eingebüßt hat, nicht sympathischer. In einer Laufzeit von fast drei Stunden hätte eigentlich genug Zeit sein sollen, sich auf die Geschichte von all diesen Personen zu konzentrieren. Hervorzuheben, warum das Schicksal sie damals zusammengeführt hat, wie King das in einem seiner längsten Werke so detailliert beschreibt, und wie sie es wirklich geschafft haben und schaffen, sich dem Monster aus dem All erfolgreich entgegenzustellen.

Wie leider schon in der TV-Adaption erreicht die Darstellung stattdessen fast schon ein lächerliches Ausmaß, wenn Pennywise sich in seiner angeblichen Urform als Spinne mit Clownskopf offenbart. Hier hat der Regisseur die Chance vertan, umzusetzen, was der eigentliche Schrecken ist und wie dieser von den Verlierern besiegt wird: nämlich mit der Macht des Glaubens. Ansatzweise, ganz am Ende erst geht die Handlung auf diese so unglaublich starke mentale Waffe ein. Aber durch die fehlende Vorarbeit, durch das Auslassen aller tatsächlich wichtigen Aspekte des Buchs (wissentliche Ignoranz des Grauens durch die Erwachsenen, Prägung der Verlierer bis hin zu der Tatsache, dass sie alle kinderlos sind, das Nachspiel von Bill Denbrough [James McAvoy] mit seiner hier völlig vernachlässigten Ehefrau, die riesige Bedeutung der silbernen Kugeln einer einfachen Schleuder) ist es schwer, als Zuschauer zu verstehen, warum das übermächtige Monster plötzlich zu einem leicht besiegbaren Kleinkind wird.

94 King ist ein Meister darin, einem das Unglaubliche glaubhafter zu machen. Dieser Film scheitert leider daran.

Es bleibt nur zu hoffen, dass die in naher Zukunft anstehenden Adaptionen des Meisters – vor allem die kommende Endzeit-Verfilmung The Stand – Das letzte Gefecht, die mindestens so charakterlastig wie Es ist – seinen Zauber besser einzufangen vermögen.

Es Kapitel 2 Mit: Jessica Chastain, James McAvoy, Bill Hader Regie: Andy Muschietti Länge: 169 Minuten Verleih: Warner Bros. GmbH

95 Rezension Film: The Beyond – Science-Fiction der ruhigeren Gangart

von Reinhard Prahl

Was ist da los? Als ein mysteriöses Wurmloch über der Erde erscheint und kugelförmige schwarze Objekte überall auf dem Planeten auftauchen, steht die Welt Kopf. Die Leiterin der sogenannten Space Agency, Gillian Laroux (Jane Perry) und ihr Team setzen alles daran, die Vorkommnisse zu deuten und entsenden eine Sonde in das »the Void« getaufte Phänomen. Das Vorhaben misslingt und ruft das Militär auf den Plan, das von nun an jede Veränderung der schwarzen Kugeln argwöhnisch beäugt. Als alle Versuche einer Interpretation fehlschlagen, setzt Laroux eine vom U.S.-Militär angeregte Geheimoperation durch, mittels derer das Gehirn eines Menschen in einen 96 künstlichen Körper transferiert werden kann. Der sogenannte Human 2.0 soll mit einer Raumfähre das Wurmloch durchqueren, um hinter das Geheimnis der Erscheinung zu kommen. Die erste Versuchsperson stirbt, doch beim zweiten Anlauf gelingt es, das Gehirn der Astrophysikerin Jessica Johnson (Noeleen Comiskey) mit einem transhumanen Körper zu verbinden. Zusätzlich mit einem Soldaten der neuen 2.0-Serie an Bord startet das Raumschiff. Was wird Johnson vorfinden? Eine fremde Intelligenz? Und wenn ja, sind die Aliens friedlich oder bereiten sie eine Invasion vor, die die Menschheit ins Verderben führen wird?

Found Footage: Licht und Schatten

Filme, die sich als Dokumentation tarnen und Aufnahmen im »Found Footage«-Stil präsentieren, sind bereits seit 1970 nichts Ungewöhnliches mehr. In diesem Jahr erst sendete das ZDF Rainer Erlers Die Delegation, von der der Autor dieser Kolumne bereits 2018 in seinem zweiteiligen Artikel über die Geschichte des deutschen Phantastik-Films ausführlich berichtete. Nach einer längeren Atempause war es 2009 Neill Blomkamps District 9, der diverse Stilmittel der »utopischen Dokumentation«, wie Erler es nannte, zumindest partiell einsetzte. Dies löste einen kleinen Boom aus, dem Werke wie Europa Report (2013) und nun The Beyond folgten. Die Vor- und Nachteile derartiger Werke liegen auf der Hand. Verwackelte Handkameras, Split Screen, fiktive 97 Interviewschnipsel etc. vermitteln dem Zuschauer im besten Fall ein authentisches Gefühl, das ihn tief ins Geschehen hineinzuziehen vermag. Anders als bei Spielfilmen wirkt hier gerade das scheinbar unprofessionell gefertigte Material sehr real und überaus glaubwürdig. Andererseits wird unter Umständen der Handlungsspielraum der Protagonisten eingeschränkt, und die Geschichte verliert sich zu schnell durch harte Brüche, die die Handlung immer wieder mehr stören als ihr zu nützen.

In der Ruhe liegt die Kraft

Auf The Beyond trifft dies bedingt ebenfalls zu. Die Figuren dienen lediglich dazu, das Thema zu transportieren und fungieren erzählend statt handelnd, in einem retrospektiv aufgebauten Fiktiv-Doku-Drama. Daraus resultiert im positiven Sinne eine Verminderung des Tempos, die als dramaturgischer Kniff zu verstehen ist und zu einer äußerst dichten Atmosphäre führt. Regisseur Hasraf Dulull, der vorher eher als VFX Supervisor bei Serien wie The Aliens oder Jericho (beide 2016) bekannt gewesen war, geht in diesem Werk bewusst das Risiko ein, die Action auf ein Minimum zu reduzieren und im wahrsten Sinne des Wortes Bilder sprechen zu lassen. Im Großen und Ganzen gelingt dies hervorragend, geht aber teilweise zulasten des Spannungsbogens, der hier und da etwas steiler hätte ausfallen dürfen. Tatsächlich ist es dann auch eher das Gesamtbild, das den insgesamt eher minimalistischen Film sehenswert macht. 98 Der Plot ist grundsätzlich nicht neu, er erinnert insgesamt ein wenig an Arrival (2016), auch wenn für The Beyond eine wesentlich weniger komplexe Erzählstruktur gewählt wurde. Das Thema einer hochentwickelten, hier allerdings körperlosen Alien-Spezies, die die Menschheit aus höchster Not rettet, ist dennoch erfrischend und hebt sich wohltuend vom Disney-Zirkus ab, der einem im Kino allerorts begegnet. The Beyond möchte Ruhe ausstrahlen, zum Nachdenken anregen, wissenschafts- und militärkritisch, aber trotz allem utopisch-optimistisch sein. Nicht immer wird Dulull seinen eigenen Ansprüchen vollends gerecht, was zum einen der Wahl der Stilmittel, zum anderen aber auch der für die gewünschte Komplexität zu geringen Lauflänge geschuldet ist. Die zeitlichen Sprünge geraten bisweilen holprig und lassen der Geschichte wenig Zeit, sich angemessen zu entwickeln. Andererseits vermag sich das Ende nicht wirklich in den Gesamtkontext einzugliedern und setzt dem Dach ein unnötiges, instabiles Stockwerk auf. Hätte man das Finale gekürzt und die freiwerdende Zeit darauf verwendet, tiefergehende Erklärungen zu liefern, wäre das Endergebnis sicherlich noch besser ausgefallen, als es ohnehin ist. Die genannten Kritikpunkte sollen in keiner Weise davon ablenken, dass dem Regisseur und Drehbuchautor vollster Respekt für seine insgesamt beeindruckende Leistung, die auch musikalisch auf kraftvolle Ruhe setzt, gebührt.

Routiniert aber dennoch unverbraucht

99 In schauspielerischer Hinsicht setzt der Film auf routinierte aber eher unbekanntere TV-Veteranen, die ihren Rollenschemata zwar treu bleiben, aber mit Spielfreude und emotional ansprechend agieren. Die Kanadierin Perry etwa ist überwiegend als Sprecherin für Computerspiele-Hits wie Hitman (2018) oder Mass Effect: Andromeda (2017) aktiv, verdingt sich aber auch als TV-Mimin in Serien wie Chimerica oder Devils (beide 2019). Der charismatische Nigel Barber wird aufgrund seines Auftretens gerne als Präsident oder CEO besetzt und übernimmt in The Beyond die Rolle des fast schon antagonistischen Kritikers, der aber dennoch die Entscheidungen der Space Agency vorantreibt und mitträgt. Erwähnenswert ist auch der Auftritt von Comiskey (The Desert), die als Human 2.0 Jessica ihr volles Potential leider nur ansatzweise zu zeigen vermag, aber dennoch beim Verfasser dieser Rezension einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Fazit

Bis auf einige verschmerzbare Schwächen ist The Beyond ein sehenswerter britischer Science-Fiction-Film, von denen man sich in der knallbunten Comic-Kinowelt mehr wünschen würde. Das Ende mag ein wenig übermotiviert sein, und Werke wie dieses sind sicherlich nicht jedermanns Geschmack. Doch wer es ein wenig ruhiger und thematisch ansprechender mag, wird mit dieser Produktion von 2017 seine Freude haben. 100 Die Blu-ray ist für 11,99 EUR zu haben und wird vom Studio Hamburg herausgegeben. Das Bild zeigt sich knackig scharf, der Ton liegt allerdings nur in Dolby 2.0 vor. Der Box liegt ein Wendecover bei, auf sicherlich grundsätzlich vorhandene Extras wie ein Making-of oder Interviews mit den Darstellern wurde leider verzichtet. Klare Kaufempfehlung!

The Beyond Mit: Jane Perry, Nigel Barber, Noeleen Comiskey Regie: Hasraf Dulull Länge: 103 Minuten Verleih: Studio Hamburg

101 Rezension Serie: Dschinn – die erste Fantasy-Serie aus Arabien auf Netflix

von Reinhard Prahl

Auf einem Schulausflug in der Felsenstadt Petra rufen die Jugendlichen Mira (Salma Malhas) und Yassin (Salma Malhas) versehentlich zwei Dschinns herbei, die sich fortan an sie heften. Yassins übernatürlicher Schatten Vera (Aysha Shahaltough) führt wenig Gutes im Schilde und trachtet danach, dem Teenager die Seele zu rauben. Die Aufgabe des von Mira erweckten Geistwesens Keras (Hamza Abu Eqab) ist es, dies zu verhindern. Dass Yassin in der Schule gemobbt wird und Rachegedanken hegt, hilft Keras nicht gerade. Mira jedoch ist gutherzig und freundlich, Eigenschaften, die der

102 Dschinn dringend benötigt, um gegen seine böse Kontrahentin zu bestehen. Mira und Yassin selbst ahnen noch gar nichts davon, dass sie von Dschinns verfolgt werden. Erst, als in der Schule immer mehr das Chaos ausbricht und sich ihre Freunde an die Gurgel gehen, ahnt Mira, dass etwas Schlimmes im Gange ist.

Alt – und doch so neu

Mit Dschinn bringt Netflix nicht nur die erste arabische Eigenproduktion seinem internationalen Publikum näher, sondern bedient sich auch der Figur des aus dem Koran bekannten Dschinns. Im westlichen Kulturraum sind diese übernatürlichen Wesen am ehesten durch zahlreiche Aladdin-Adaptionen bekannt, allen voran natürlich die Disney-Zeichentrickversion von 1992 sowie die folgende Animationsserie (1994-1995). Diese wurde aktuell von Walt

103 Disney mit Will Smith (Gemini Man), Mena Massoud (Merging with the Infinite) und Naomi Scott (Power Rangers) in den Hauptrollen als Fantasy-Musical mit großem Erfolg neu aufgelegt (das Corona Magazine berichtete). Doch lange zuvor schon, bereits im Jahr 1967 schwappte unter dem deutschen Namen Bezaubernde Jeannie (1965–1970) eine Sitcom über den großen Teich, die eine Dschinni in den Mittelpunkt des Geschehens stellte. Natürlich wurden die Wesen aus rauchlosem Feuer dabei einer starken Amerikanisierung und Romantisierung unterzogen. In der arabischen Welt gehören Dschinns aber zum heute noch Volksglauben. Es wird kaum einen gläubigen Muslim geben, der nicht die 72. Sure namens Al-Ginn kennt, in der es heißt: »Mir ist eingegeben worden, dass eine kleinere Schar Ǧinn zuhörte. Sie sagten: ›Wir haben einen wunderbaren Qurʾân gehört.‹«

Modern, weltoffen und jung

Kaum eine Idee könnte sich für ein neues arabisches Fantasy-Serienformat besser eignen. So ließen es sich der Genre-Neuling Mir-Jean Bou Chaaya als Autor und Executive Producer und seine Co-Autoren Elan Dassani und Rajeev Dassani (beide Knight Rider) nicht nehmen, sich der zahlreichen Volksmythen zu bedienen und sie in ein modernes Gewand zu kleiden.

104 Gedreht wurde in Jordanien mit seiner eher weltoffenen Hauptstadt Amman und der berühmten Felsenstadt Petra. Dankenswerterweise nutzen die Showrunner ihre Chance, sich international zu präsentieren, auch dazu, mit einigen althergebrachten Klischees zu brechen. Wenn etwa die Hauptfigur Mira (hervorragend gespielt von Jungtalent Malhas), mit ihrem Freund lautstark Schluss macht, auf einer Party Alkohol konsumiert oder in der traumhaften Kulisse von Petra herumknutscht, entspricht dies so gar nicht dem hierzulande verbreitetem Bild arabischer Gesellschaften. Zugegeben: Diese Darstellung jugendlicher Freizügigkeit mag an der einen oder anderen Stelle übertrieben wirken. Doch beweist Bou Chaayas Herangehensweise, dass man sich zumindest in einigen islamisch geprägten Ländern des Nahen Ostens langsam an starke und selbstbewusste Frauen ohne Kopftuch gewöhnt. Auch die restliche, fast durchweg junge Besetzungsriege wird als erstaunlich international geprägt präsentiert. Daher lohnt es sich auch, die bislang fünf Episoden auf Arabisch mit deutschen Untertiteln zu genießen, zumal eine deutsche Synchronisation bislang ohnehin nicht vorliegt. Wer da genau hinhört, wird zahlreiche englischsprachige Begriffe bemerken, die sich offenbar in den Sprachgebrauch junger Leute in Jordanien eingeschlichen haben. Wen wundert‘s? Schließlich sind auch dort soziale Netzwerke, Netflix & Co. beliebt. Zudem überrascht die Tatsache, dass zumindest auf höheren Schulen auch Fächer wie Geografie zumindest teilweise auf Englisch unterrichtet werden.

105 Es ist klar, dass die Serie mit ihrem bislang schlichten aber durchaus spannenden Plot rund um böse und gute Dschinns, die Besitz von Jugendlichen ergreifen und damit eine Schule ins Chaos stürzen, auf ein vornehmlich junges Publikum abzielt. Zudem greift man auf kurze, knackige Episoden mit einer Länge von rund 25 Minuten zurück. Lediglich die Pilotfolge wurde auf 45 Minuten verlängert. Neben der erwähnten Malhas castete man unter anderem die Jungschauspieler Alkhail als Yassin, Abu Eqab als den guten Dschinn Keras und Shahaltough als die böse Dschinni Vera. Das schauspielerische Niveau zeigt sich entsprechend schwankend. Während Mira und Vera mit Elan und glaubwürdig verkörpert werden, wirkt ausgerechnet die Figur des Keras noch etwas steif und unbeholfen. Dies mag sich mit ein wenig Übung allerdings noch geben.

Fazit

Insgesamt geht Bou Chaayas Kalkül auf. Ein arabischer Volksmythos, gekleidet in ein modernes Seriengewand mit starken Fantasy-Elementen und einem Schuss Highschool-Drama: Diese Zutaten ergeben einen kurzweiligen Cocktail, den man ohne weiteres an einem faulen Abend genießen kann. Dysfunktionale Figuren, übermäßige Brutalität oder einen komplexen, auf mehreren Ebenen vorgetragenen Plot sollte man selbstredend nicht erwarten. Das geben derartige Konzepte schlicht nicht her.

106 Und wer partout nicht auf Jugendserien steht, ist hier wahrscheinlich auch nicht richtig. Alle anderen dürfen gerne einen Blick riskieren. Als Belohnung winkt vielleicht die eine oder andere angenehme Überraschung wie gute Kameraführung, sympathische und motivierte Schauspieler und das Bild eines islamischen Landes, das so gar nicht in manch traditionelle Vorstellung passen mag. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur das arabischsprachige, sondern auch das westliche Publikum diesem mutigen Versuch, mit festgefahrenen Meinungsbildern aufzuräumen, Rechnung trägt. Eine zweite Staffel wäre jedenfalls wünschenswert. Rezension Serie: Auf Tuchfühlung mit der Katastrophe: Chernobyl

von Birgit Schwenger

107 Ein überraschender Serienerfolg, der thematisch die nukleare Reaktorexplosion in Tschernobyl aufgriff, erschien am 06.09.2019 auf DVD und Blu-ray. Nachfolgend ein paar Gedanken hierzu.

Erschreckende Realität

Science-Fiction zeigt ja häufig eine mögliche Zukunft der realen Welt. Das Genre nutzt kommende Szenarien, um sich mit zeitkritischen Fragen auseinanderzusetzen und potentielle Entwicklungen und Gefahren der Zukunft aufzuzeigen. Beim Anschauen der Reihe Chernobyl aus diesem Jahr wünscht man sich, dass dies auch hier der Fall wäre, dass in der Serie einfach nur ein mögliches Katastrophenszenario gezeigt wird, das es zu verhindern gilt. Dass die Menschheit aus den Risiken und Gefahren der Atomkraft lernt und die Welt eben nicht mit einer nuklearen Katastrophe konfrontiert wird. Doch Chernobyl ist kein Schreckensszenario der Zukunft, sondern bittere Wirklichkeit.

108 Die Geschichte

Am 26.04.1986 um 01:23 Uhr explodiert der Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Nähe der ukrainischen Kleinstadt Prypjat, damals noch Teil der Sowjetunion. Die Simulation eines vollständigen Stromausfalls im Kraftwerk hat einen unkontrollierten Leistungsanstieg ausgelöst, der schließlich zur Katastrophe führt. Inmitten dieses »katastrophalen Unfalls« der höchsten Kategorie der internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse findet man sich in der ersten Folge der von HBO und Sky Television produzierten fünfteiligen Miniserie als Zuschauer wieder. Das Schreckensszenario ist an Horror kaum zu überbieten, auch wenn Anatoli Djatlow (Paul Ritter), der stellvertretende Chefingenieur des Kraftwerks sowie die diensthabenden Techniker gar nicht wahrhaben

109 wollen, was soeben passiert ist. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. In düster-beklemmenden Bildern wird man Zeuge, wissend um die tödlichen Gefahren des schrecklichen Unfalls, wie Djatlow sich mit aller Macht gegen die Möglichkeit wehrt, dass der Reaktor explodiert sein könnte. Sogar Augenzeugenberichte weist er von sich und lässt die Werksfeuerwehr rufen, um das Feuer auf dem Dach des Reaktors löschen zu lassen, der zu diesem Zeitpunkt längst wie das Höllenfeuer der Apokalypse brennt. Verharmlosende Falschinformationen, strikte Realitätsverweigerung und Vertuschungsversuche, mit denen sich die Verantwortlichen von Beginn an von aller Schuld reinwaschen wollen, führen dazu, dass wertvolle Zeit vergeht, bis das wahre Ausmaß der Katastrophe erkannt wird. Michail Gorbatschow (David Dencik), zu dieser Zeit Staatsoberhaupt, beauftragt den stellvertretenden Ministerpräsidenten Boris Schtscherbina (Stellan Skarsgård) sowie den Wissenschaftler Waleri Legassow (Jared Harris) mit dem Vorsitz in einem Untersuchungskomitee, das die Lage vor Ort klären und Rettungsmaßnahmen ergreifen soll. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt: Verzweifelt versuchen der gewiefte Politiker und der Experte, die Katastrophe in den Griff zu bekommen und noch weitaus Schlimmeres zu verhindern. Unterstützung erhalten sie von der Atomphysikerin Ulana Khomyuk (Emily Watson), die im über 400 km entfernten Minsk die stark erhöhte Radioaktivität feststellt und sich auf den Weg nach Tschernobyl macht, um der Wahrheit auf den Grund zu gehen. 110 Dass die Ausgangssituation und das Ende von Chernobyl – ähnlich wie seinerzeit bei dem Mega-Erfolg Titanic (1997) – natürlich gemeinhin bekannt sind, tut der intensiven Spannung keinen Abbruch. Über 30 Jahre später hat kaum noch jemand den genauen Hergang der Katastrophe vor Augen, zumal dieser erst nach und nach offengelegt und aufgeschlüsselt wurde. Unheimliche Beklemmung und unfassbare Ohnmacht erfassen einen als Zuschauer ob der späteren weltweiten Folgen, wenn die Ingenieure und Techniker im Kraftwerk sich weigern, Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen, sich damit beruhigen wollen, dass sie nicht Schuld haben anstatt zu handeln und wirksame Gegen- bzw. Rettungsmaßnahmen zu ergreifen. Es wird auf erschreckende Weise klar, wie knapp die Welt an einer noch um ein Vielfaches schlimmeren Katastrophe vorbeigeschrammt ist, wie viel mehr Menschen hätten sterben können, wie viele Regionen für lange, lange Zeit beinahe unbewohnbar geworden wären. Man möchte den Charakteren zurufen: »Tut doch etwas! Seht endlich den Tatsachen ins Auge und handelt!« Und wird sich gleichzeitig bewusst, dass man sich das vermutlich gerade besser selbst sagen sollte.

111 Die Folgen

Haben die Menschen aus der nuklearen Katastrophe von Tschernobyl gelernt? Kann ein vergleichbarer Unfall wieder passieren? Werden weiterhin Fakten ignoriert, um jede Schuld weit von sich schieben zu können? Würde bzw. wird dann wieder versucht, das Ausmaß der Katastrophe zu vertuschen? Wären konzertierte internationale Rettungsaktionen angesichts des aktuellen weltpolitischen Konfliktpotentials überhaupt möglich? Vielleicht sind auch diese Fragen – neben der perfekten Inszenierung und den exzellenten Leistungen der Schauspieler – der Grund, warum die Serie im Frühjahr völlig zurecht zu einem weltweiten Erfolg wurde. Auch wenn die geschilderten Ereignisse sich vor über 30 Jahren zugetragen haben, lassen sie einen nach wie vor fassungslos

112 zurück, wirkt der Schock nicht weniger nach. Und es bleiben die äußerst unbequemen Zweifel, ob die Menschen heute mit solchen Katastrophen besser umgehen (würden), ob man potentielle Entwicklungen und Gefahren der Zukunft besser erkennen und verhindern könnte. Serienschöpfer Craig Mazin (The Huntsman & the Ice Queen) hat hier definitiv ein Meisterwerk geschaffen. Die szenische Umsetzung ist brillant: Fassungslos machende Bilder sagen mehr als jedes Wort es könnte. Immer wieder fängt die Kamera Szenen ein, die gleichzeitig wunderschön und unglaublich schrecklich sind. Mazin und sein Team schöpfen aus einer ungeheuren Palette an visuellen Möglichkeiten und Darstellungsformen, gehen neue Wege, um die Tragik und Dramatik sichtbar zu machen. Die Arbeit unter anderem von Harris (The Expanse) als Legassow, Skarsgård (Thor) als Schtscherbina und Watson (Equilibrium) als Khomyuk lässt einen vergessen, dass man keine Dokumentation, sondern eine dramatische Umsetzung der Ereignisse als TV-Serie sieht. Unbedingt ansehen!

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115 Perlentaucher Film: Six-String Samurai – Hail to the King, Baby!

von C. R. Schmidt

Die Russen haben den Kalten Krieg gewonnen und die Vereinigten Staaten in die Knie gezwungen. Nordamerika ist eine atomare Wüste, bevölkert von Monstern, Mutanten und mächtig schrägen Gestalten. Soweit sollte diese Prämisse nichts Neues sein, solch ein Szenario findet man heute in diversen Endzeit-Fiktionen zuhauf. Six-String Samurai (1998) jedoch ist anders, geht jenen einen Schritt weiter, durch den dieser postapokalyptische Kultfilm im Vergleich zu seinen Kontrahenten heraussticht: Die letzte Bastion der Freiheit markiert Lost Vegas, ein verheißungsvolles Königreich, regiert von niemand anderem als Elvis Presley höchstpersönlich. Doch der König stirbt, und so ziehen alle Thronanwärter des Lands los, um Anspruch auf die Herrschaft zu erheben.

116 Ungewöhnlich und unterhaltsam

Die Geschichte von Six-String Samurai dreht sich um Buddy (Jeffrey Falcon), einen Ödländer, der dank Hornbrille und Gitarre gewisse Ähnlichkeiten zu Rock-'n'-Roll-Legende Buddy Holly aufweist. Buddy weiß ganz genau, wie man sich im Ödland zurechtfindet. Auf der Rückseite seiner Gitarre hat er eine Klinge befestigt, die er genau so fein spielen kann wie sein Instrument. Die Ähnlichkeiten zur realen Welt hören an dieser Stelle nicht auf: Hier und da finden sich gewisse Verweise auf Legenden der amerikanischen Musikgeschichte, die durch das verseuchte Land streifen, um den King abzulösen. Ein Quartett aus Musikern in Schwarz wird zu Buddys Erzrivalen, und das Oberhaupt der Gruppe, nur »Death« (Stephane Gauger) genannt, hat dank seiner langen Haare und seines Zylinders große Ähnlichkeit mit Guns n' Roses-Gitarrist Slash. Selbstverständlich hat auch dieser Typ Gitarre und Schwert parat. Wer eins und eins zusammenzählen kann, kann sich denken, ob und wie sich die beiden duellieren. Was auf dem Papier wie ausgemachter Schwachsinn klingt, ist in der Umsetzung tatsächlich ein überraschend guter Film, der nicht nur bei einem ironischen Ansehen unterhält. Emotionaler Kern der Geschichte sind ein namenloses Waisenkind (Justin McGuire), das von Buddy aufgelesen wird, und die Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt. In diesem Handlungsstrang tauchen ab

117 und zu trotz Startschwierigkeiten gefühlvolle Szenen auf, die den Zuschauer eiskalt erwischen können.

Rasant und abstrus

Wodurch Six-String Samurai jedoch genauso besticht, ist die Action. Es handelt sich bei dem Werk um einen waschechten Kampfkunstfilm, stark orientiert an Originalen aus dem Orient, und Buddy-Darsteller Falcon ist ein wahrhaft talentierter Meister der Martial Arts. Er und das Waisenkind ziehen gemeinsam durch das Ödland, ihren Blick stets auf Lost Vegas gerichtet, und dabei stellen sich ihnen einige brutale Hindernisse in den Weg. Es lauern – genretypisch – Monster und Kannibalen, aber auch abtrünnige russische Streitkräfte auf die Protagonisten, so mangelt es keinesfalls an Spannung und guter Action. Was angesichts der Prämisse niemanden überraschen dürfte, ist der Fokus des Films auf Musik. Die Aufnahmen der amerikanischen Natur und der Häuserruinen werden von einem wirklich guten Soundtrack untermalt, der vor allem auf Rockabilly und Surf Rock basiert. Die flotten Tracks werden natürlich auch über Kampfszenen gelegt und werten diese stark auf. Buddy und das schwarze Quartett sind dabei nicht die einzigen Verweise auf die amerikanische Musikgeschichte, die sich in Untertönen durch den gesamten Film ziehen.

Fazit

118 So manch einer würde Six-String Samurai vielleicht als schlechten Film bezeichnen. Die absurde Handlung und das offensichtlich geringe Budget sprechen dafür. Aber wer das tut, verpasst eine Geschichte voller Stil, verborgenem Talent und mit echtem Herz. Es ist kein Film für jedermann, aber für Fans von Musik, von Werken wie Mad Max (1979) oder von guter Action ist es mehr als nur ein Streifen, der einen langweiligen Abend retten kann.

Six-String Samurai Mit: Jeffrey Falcon, Justin McGuire, Kim De Angelo Regie: Lance Mungia Länge: 91 Minuten Verleih: Starmedia Home Entertainment

Perlentaucher Film: Und täglich grüßt das Murmeltier: Was vom Tage übrig blieb

von Sven Wedekin

119 Jeder erlebt mal einen Tag, den er am liebsten spätestens am nächsten Morgen vergessen möchte, weil so ziemlich alles schief gegangen ist, was schief gehen konnte. Für den TV-Wetterfrosch Phil Connors (Bill Murray) gilt dies im Grunde für fast jeden Tag seines Lebens. Der Misanthrop hat stets schlechte Laune, was er seinen Mitmenschen auch überdeutlich zeigt. Er verleiht seinem latenten Frust über seine scheinbar so stupide Arbeit als Wetteransager beim Fernsehen Ausdruck, indem er seine Kollegen immer wieder daran erinnert, dass er sich eigentlich zu Höheren berufen fühlt. An einem 2. Februar soll er schließlich über den sogenannten Murmeltiertag berichten, der in einem kleinen Städtchen mit den unaussprechlichen Namen Punxsutawney alljährlich an diesem Datum begangen wird. Das Murmeltier Punxsutawney Phil (!) wird dabei traditionell in einer feierlichen Zeremonie aus seinem Bau geholt, und wenn es, so sagt es der Brauch, seinen Schatten sieht und sich erschrickt, soll dies bedeuten, dass der Winter noch einige Zeit andauert. Bei den Dreharbeiten zu der Reportage geht Connors seiner neuen Aufnahmeleiterin Rita (Andie MacDowell) mit seinem divenhaften Benehmen gehörig auf die Nerven, die lässt sich davon aber ihre Laune nicht vermiesen. Seine Stimmung wird hingegen noch schlechter, als das Drehteam aufgrund eines Schneesturms gezwungen ist, einen weiteren Tag in Punxsutawney auszuharren.

120 Doch es kommt noch viel schlimmer: Am nächsten Morgen wird Connors genau wie am Vortag von seinem Radiowecker mit den Klängen des Sonny and Cher-Hits I Got You Babe geweckt. Es ist wieder der 2. Februar, Murmeltiertag. Irgendwie ist Connors in eine Zeitschleife geraten, was ihn dazu verdammt, diesen Tag immer wieder aufs Neue erleben zu müssen. Und es scheint keinen Weg zu geben, aus dieser Falle zu entkommen ...

Mehr als nur witzig

Eine wirklich gute Filmkomödie zeichnet sich auch dadurch aus, dass sie mehr zu bieten hat als eine Reihe billiger Scherze. Sie schafft es, eine perfekte Balance zwischen Komik und einer gewissen Ernsthaftigkeit zu entwickeln. Dass Und täglich grüßt das Murmeltier von Regisseur Harold Ramis (Ghostbusters – Die Geisterjäger)zu einem kleinen Klassiker avancierte, ist zweifellos auch der Tatsache zu

121 verdanken, dass Ramis genau dies auf ganz hervorragende Weise gelungen ist. Die Hauptfigur wird von Ramis‘ Ghostbusters-Schauspielkollegen Murray als jemand dargestellt, mit dem sich viele Zuschauer wegen seines schlechten Umgangs mit praktisch allen in seiner Umgebung nur schwer identifizieren können, da er immer sagt, was er denkt und dabei auf die Gefühle seiner Mitmenschen pfeift. Doch wie er schnell lernen muss, macht einen eine solche Einstellung zum Leben keineswegs glücklich. Als Connors denselben Tag gezwungenermaßen immer wieder durchlebt, nutzt er dies – ganz seinem egoistischen Charakter entsprechend – zunächst nur, um sich allen möglichen, auch sexuellen Vergnügungen hinzugeben, da er sich um die Folgen keine Gedanken mehr machen muss. Doch ein Wunsch bleibt auch nach hunderten Wiederholungen unerfüllt: dass Rita die Gefühle erwidert, die er inzwischen für sie entwickelt hat. Bei jedem neuen Durchgang versucht er, ihr näherzukommen, doch immer wieder handelt er sich nur eine Ohrfeige von ihr ein. Es dauert eine Weile, bis ihm bewusst wird, dass sich sein Leben nur zum Besseren ändern kann, wenn er sich öffnet und damit aufhört, seine wahren Gefühle hinter seiner zynischen Fassade zu verbergen. Bis ihm dies dämmert, ist es ein weiter Weg, der von Ramis als eine schmale Gratwanderung zwischen Komödie und Selbstfindungsdrama inszeniert wird.

Was im Leben wirklich wichtig ist 122 Für einen Schauspieler ist es eine der größten Herausforderungen, eine Verwandlung seiner Figur in das absolute Gegenteil von dem, was sie zu Filmbeginn war, glaubhaft darzustellen. Doch wenn es jemanden gibt, der genau dies meistert, dann zweifellos Murray, der mit diesem Werk damals bewies, mehr zu sein als der sprücheklopfende Spaßmacher aus den Ghostbusters-Filmen. Ihm gelang das bemerkenswerte Portrait eines Mannes, dessen Leben in den ewig gleichen Strukturen festgefahren ist, ohne dass er sich der Tatsache bewusst ist, daran selbst die Schuld zu tragen. Erst die Bekanntschaft zu der lebensfrohen Rita macht ihm klar, wie negativ sein Menschen- und Weltbild ist. Doch diese Einsicht reicht noch nicht, um die Frau für sich zu gewinnen. Erst als Connors aufhört, immer nur an sein eigenes Wohlergehen zu denken und den Sinn seines Daseins in der Zeitschleife darin erkennt, anderen Menschen zu helfen und sie glücklicher zu machen, verliebt sich Rita endlich auch in ihn. Die Moral der Geschichte lautet, dass man die Welt nicht unbedingt ändern muss, um sie zu einem besseren Ort zu machen. Viel wichtiger ist, sich selbst und sein Verhalten zu verändern, um so ein besserer Mensch zu werden. Dank dieses philosophischen Untertons hebt sich Und täglich grüßt das Murmeltier weit über den Durchschnitt anderer Hollywoodkomödien. Bemerkenswerterweise schafft der Film es, den Zuschauer zum Nachdenken über

123 den Sinn seines eigenen Lebens anzuregen, ohne in einen übertrieben predigenden Stil zu verfallen.

Große Schauspielkunst mit Nebenwirkungen

Bei alldem kommt auch der Humor nie zu kurz. Wie in vielen Filmen zuvor gelingt es Murray, den Zuschauer durch seine Mimik und seine Vorliebe für Improvisation zum Schmunzeln zu bringen. Mit dieser Form der Schauspielkunst steht er in der Tradition der großen Stummfilmkomiker wie Buster Keaton (Unglaubliche Geschichten) oder auch Charlie Chaplin (His Prehistoric Past), was ihn zur Idealbesetzung für den zunächst so griesgrämigen Connors macht. Auch MacDowell wirkt durch ihre Ungezwungenheit, dank der sie sich trotz Phils schlechten Benehmens nie aus der Ruhe bringen lässt, in jeder Minute sympathisch. Ein Verdienst, der dem Streifen nebenbei zuzurechnen ist, ist, den Murmeltiertag weltweit bekannt gemacht zu haben. Seit über 130 Jahren wird dieser in Punxsutawney in Pennsylvania tatsächlich gefeiert. Durch den Erfolg des Films wurde das kleine Städtchen zu einer Touristenattraktion, die an jedem 2. Februar von tausenden Gästen besucht wird, die Phil das Murmeltier in Aktion sehen wollen. Nicht zuletzt ist der Film sogar in den deutschen Sprachgebrauch eingezogen. Wenn sich ein Ereignis auf die immer gleiche Weise wiederholt, wird die Formulierung »... und täglich grüßt das Murmeltier« auf meist ironische Weise bemüht. 124 So ist der Streifen mehr, als er auf den ersten Blick zu sein scheint, und macht auch über 25 Jahre nach seiner Premiere noch Spaß. Und das sogar noch nach der hundertsten Wiederholung ...

Und täglich grüßt das Murmeltier Mit: Bill Murray, Andie MacDowell, Chris Elliott Regie: Harold Ramis Länge: 101 Minuten Verleih: Sony

Perlentaucher Serie: Unglaubliche Geschichten – 60 Jahre The Twilight Zone

von Thorsten Walch

Man schreibt den 02.10.1959. Mitten in der beschaulichen Herbstzeit des letzten Jahres eines später von vielen

125 unglaublich verklärt betrachteten Jahrzehnts, das wie kaum ein anderes für die sprichwörtliche »gute alte Zeit« steht. Es schlägt eine Sternstunde phantastischer TV-Unterhaltung. Eigentlich nicht nur eine, sondern die Sternstunde schlechthin. In Form des 25-minütigen Kurzfilms Where Is Everybody? (deutscher Titel: Die leere Stadt) flimmert auf dem Sender CBS die erste Folge einer neuen TV-Serie über die damals auch in den USA noch schwarzweißen Fernsehbildschirme. The Twilight Zone/Unglaubliche Geschichten ist der Titel der Reihe, die einem im noch vergleichsweise jungen Fernsehen weit verbreiteten Trend folgt: Es handelt sich um eine Anthologie-Serie. Eine feste Hauptdarstellerriege gibt es nicht, abgesehen von einem geheimnisvoll wirkenden Mann, der zu Beginn und am Ende jeder Folge einleitende und abschließende Worte spricht. Allwöchentlich soll eine andere Geschichte in einem anderen Setting und mit anderen Darstellern erzählt werden. Anthologie-Serien sind in den 1950er-Jahren sehr populär, es gibt sie in so gut wie allen Unterhaltungsgenres. Playhouse 90 (1956–1961) beispielsweise erzählt Geschichten aus dem Bereich Drama, der Krimi-Sektor wird unter anderem durch Official Detective (1957) abgedeckt, während es bei Alfred Hitchcock präsentiert (1955–1962) im Mystery-Genre deutlich unheimlicher zugeht. Produktionen wie Abenteuer im wilden Westen (1956–1961) hingegen präsentieren Geschichten aus dem titelgebenden Bereich, und The Eddie Cantor Comedy Theater (1955) bringt die Leute zum Lachen. 126 Die Episoden dieser Reihen sind fast immer um die 25 Minuten lang, was in der damaligen Zeit ein gängiges TV-Format ist. Einer der Gründe für den Boom ist, dass man Anthologie-Serien deutlich günstiger produzieren kann als Reihen mit Stamm-Besetzung und –Setting. Etwa lassen sich für den Dreh bereits bestehende Kulissen von Kinofilmen recyceln. Den meisten Serien dieser Art aus dieser Zeit ist es eigen, dass die erzählten Geschichten sehr einfach gestrickt sind, für eine wenig anspruchsvolle Berieselung der Zuschauer sorgen. In den 1950er-Jahren gilt das Fernsehen noch bestenfalls als der kleine Bruder der Kino-Industrie, und es ist noch gar nicht allzu lange her, dass das neue Medium das Radio als Nummer 1 der heimischen Unterhaltung abgelöst hat.

Besser als die Konkurrenz

Unglaubliche Geschichten bedient seit jeher großzügig das Genre der Phantastik: Erzählt werden Geschichten aus den Bereichen Science-Fiction, milder Horror und vor allem erdgebundene Fantasy. Damit stand die neue Serie damals allerdings ebenso wenig allein da wie die meisten anderen Anthologie-Reihen: Lights Out (1946–1952) etwa hatte vorher bereits »übernatürliche« Geschichten erzählt; in einer anderen populären Reihe namens Science Fiction Theatre (1955–1957) war es meist um Außerirdische gegangen. Noch zu Beginn des Jahres 1959 war mit One Step Beyond (1959–1961) bei der CBS-Konkurrenz ABC eine sehr ähnliche 127 Serie an den Start gegangen, und Unglaubliche Geschichten wurde gar hier und da als Nachahmung bezeichnet. Doch trotz unbestrittener Qualitäten besaß One Step Beyond einfach nicht dieselbe Tiefe. In Where Is Everybody? läuft beispielsweise ein Mann (Earl Holliman), der allem Anschein nach das Gedächtnis verloren hat, durch eine menschenleere Kleinstadt. Alles wirkt, als sei die Stadt noch Minuten vorher bewohnt gewesen – Automotoren sind gestartet, angezündete Zigaretten liegen in Aschenbechern, und auf eingeschalteten Herden blubbert die Suppe in den Kochtöpfen. Nachdem der zunächst namenlose Protagonist mit Mühe seine eigene Identität aufgedeckt hat – Mike Ferris –, kommt er hinter das Geheimnis der unheimlichen Situation. Der zuvor aus Filmen wie Alarm im Weltall (1956) oder dem Western Zwei rechnen ab (1957) leidlich als Nebendarsteller bekannte Holliman lieferte in dieser Episode eine beeindruckende Darstellung ab, die bis heute das Lob von Kritikern erntet. Und bereits in der allerersten Folge offenbarte sich die Besonderheit der neuen Serie, dank derer sie sich von Vorgänger-Shows deutlich abhob: die Abschlusspointe, der sogenannte »Twist«, der Bestandteil jeder Folge von Unglaubliche Geschichten werden sollte. Pünktlich am Ende jeder Folge geschah etwas, das den damaligen Zuschauer nicht selten mit offenstehendem Mund zurückließ und das je nach Stimmung mal unheimlich, mal lustig oder auch durchaus herzergreifend sein konnte. Selbst für heutige Verhältnisse

128 sind diese Twists oft schwer vorhersehbar für Leute, die die Folgen noch nicht kennen. Die zweite Episode, die am 09.10.1959 gesendet wurde, machte die großen stilistischen Unterschiede der Geschichten deutlich. In One for the Angels (Das Geschäft mit dem Tod) macht der liebenswerte Straßenhändler Lou Bookman (gespielt von dem damals sehr populären Komiker Ed Wynn) in bester Brandner-Kaspar-Manier einen Deal mit dem personifizierten Tod (Murray Hamilton, der 15 Jahre danach den schmierigen Bürgermeister in Der weiße Hai darstellte), nur um erkennen zu müssen, dass ein solches Geschäft zwangsläufig ungeahnte Auswirkungen haben muss. Auch die restlichen 34 Folgen der ersten Staffel wiesen abgesehen vom Twist kaum Ähnlichkeit zueinander auf. In Mr. Denton on Doomsday (Mr. Dentons zweite Chance) ging es um einen versoffenen ehemaligen Revolverhelden, der durch eine Schicksalsfügung zu alter Größe aufsteigt, in Walking Distance (Vielleicht in einer Sommernacht) kann ein Geschäftsmann vermeintlich in die Zeit seiner Kindheit zurückkehren, und in Time Enough at Last (Alle Zeit der Welt) darf ein missverstandener Bücherwurm nach einem Atomkrieg endlich lesen, so viel er will, woran ihn zuvor jedermann einschließlich seiner garstigen Ehefrau hindern wollte. Unglaubliche Geschichten war zwar nicht von Folge 1 an ein absoluter Super-Erfolg, doch konnte die Serie während ihrer ersten Staffel stabile Einschaltquoten vorweisen,

129 sodass bereits während der Ausstrahlungszeit (diese endete am 01.07.1960) feststand, dass es eine zweite geben würde.

Rod Serling

Bei dem erwähnten stets in einem dunklen Anzug gekleideten, ungewöhnlich aussehenden Mann, der mit seiner wohlklingenden Stimme auf mitunter kryptische Weise in die jeweilige Episode einführte und danach ein kommentierendes Nachwort sprach, handelte es sich übrigens nicht um einen Schauspieler, sondern um Edwin Rodman Serling, genannt »Rod«, den Schöpfer von Unglaubliche Geschichten höchstpersönlich. Der 1924 geborene Serling war ein Kriegsveteran, er war bei seinen Einsätzen als Fallschirmspringer an der Pazifikfront zwischen 1943 und 1946 mehrmals schwer verwundet worden, was ein aufmerksamer Betrachter an seiner Körperhaltung und auch seiner Mimik erkennen konnte. Nach dem Krieg begann er zunächst ein Sportstudium, verlegte sich dann aber auf die Fächer Sprache und Literatur. Noch während des Studiums nahm Serling eine Tätigkeit bei einem Radiosender als Autor, Regisseur und Darsteller für das Medium der in der Nachkriegszeit sehr beliebten Hörspiele an. Nach Ende seines Studiums blieb er zunächst weiterhin Autor bei einer Radiostation, interessierte sich jedoch zunehmend für das sich immer mehr verbreitende Fernsehen. Nachdem er für sein Drehbuch für den TV-Film Patterns 1955 mit dem »TV-Oscar«, dem »Emmy« ausgezeichnet worden war, 130 wechselte er vollends zu Film und Fernsehen und arbeitete unter anderem für MGM sowie für den TV-Sektor der World Meteorological Organization, die man grob als die damalige US-Variante des Deutschen Wetterdiensts beschreiben kann. Schon seit seiner Kindheit in den 1930-er Jahren war Serling ein großer Fan der phantastischen Literatur gewesen, die sich in dieser Zeit vorwiegend auf den Seiten von »Pulp-Magazinen« abgespielt hatte, auf billigem Zeitungspapier gedruckte Vorläufer heutiger Heftromane, allerdings mit verschiedenen einzelnen Geschichten statt einer Gesamthandlung. Die Autoren, die für diese Hefte schrieben, wurden zu seinen persönlichen Helden: Ray Bradbury (Die Mars-Chroniken), Robert Bloch (Kein Platz auf der Erde) und Richard Matheson (I Am Legend) waren nur einige Beispiele dafür. Als Serling sich in den späten 1950er-Jahren daran machte, The Twilight Zone zu konzipieren, schwebte ihm stets vor, dass die Serie nicht allein durch Schauspielernamen brillieren sollte. Bekannte und »seriöse« Leinwanddarsteller waren ohnehin nicht bereit, für das »Kino des kleinen Mannes« zu arbeiten. Doch gab es durchaus bereits erste ausgesprochene Fernsehstars, die ihren Ruhm dem noch neuen Medium verdankten. Vielmehr wünschte sich Serling aber, dass The Twilight Zone eine Autoren-Show werden sollte: »Basierend auf einer Geschichte von …« statt »In den Hauptrollen«. Doch da Serling klar war, dass er nicht genügend Rechte an bestehenden Geschichten würde erwerben können, 131 wollte auch er selbst entsprechende Drehbücher erdenken. Ganz ging dieses Konzept freilich letztlich nicht auf, da es einfach nicht ohne bekannte Darsteller als Publikumsmagneten ging, dennoch konnte der Regisseur nicht wenige prominente Autoren gewinnen, die im Laufe der Jahre Vorlagen für Episoden von Unglaubliche Geschichten verfassten. 1958 wurde basierend auf Serlings eigener Geschichte The Time Element realisiert. Die Episode handelte von einem Mann, der mittels einer Reise in die Vergangenheit die Zukunft – seine eigentliche Gegenwart – verändert und anschließend den Konsequenzen ins Auge sehen muss. The Time Element hatte ursprünglich denr Pilotfilm zu Unglaubliche Geschichten darstellen sollen, doch CBS war zu dieser Zeit noch nicht bereit, das Projekt zu realisieren. Stattdessen kaufte der eher genrefremde TV-Produzent Bert Granet das Script und machte eine Episode seiner eigenen Serie Westinghouse Desilu Playhouse (1958–1960) daraus. Da die Episode sehr gut beim Publikum ankam, gab man wiederum Serling bei CBS anschließend grünes Licht.

Erkennungsmerkmal

Schon ab der ersten Folge wurde die zündend-unheimliche Titelmelodie der Serie zu einem ausgesprochenen Markenzeichen und steht bis heute ebenso exemplarisch für sie wie etwa das Raumschiff Enterprise-Intro für das dazugehörige Franchise. Geschaffen hatte die Melodie der aus Rumänien stammende Komponist und Dirigent Marius 132 Constant, während der berühmte Bernard Herrmann (unter anderem bekannt für den Science-Fiction-Klassiker Der Tag, an dem die Erde stillstand) die Begleitmusik für einen Großteil der Serienepisoden beisteuerte. Dass Herrmann auch das Titelthema komponierte, ist ein weit verbreiteter (Fan-)Irrtum Außerdem sprach Serling mit seiner sonoren Stimme einen einleitenden Text, der nach dem Erklingen der Titelmelodie zu hören war und in nachfolgenden Staffeln immer wieder einmal leicht abgewandelt wurde, ursprünglich jedoch lautete: »There is a fifth dimension beyond that which is known to man. It is a dimension as vast as space and as timeless as infinity. It is the middle ground between light and shadow, between science and superstition, and it lies between the pit of man‘s fears and the summit of his knowledge. This is the dimension of imagination. It is an area which we call the Twilight Zone.« Der Prolog wurde für die verschiedenen deutschen Fassungen der Serie von diversen Sprechern unterschiedlich synchronisiert, doch konnte kein Versuch dem wahrhaft Gänsehaut erzeugenden Original das Wasser reichen. Erst für die insgesamt vierte deutsche Ausstrahlung zwischen 1991 und 1992 bei ProSieben wurde folgende recht würdige Übersetzung verfasst, die Alexander Allerson (Wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen) einsprach: »Es gibt eine fünfte Dimension jenseits der menschlichen Erfahrung – eine Dimension, so gewaltig wie der Weltraum 133 und so zeitlos wie die Ewigkeit. Es ist das Zwischenreich, wo Licht in Schatten übergeht, Wissenschaft auf Aberglaube trifft. Sie liegt zwischen den Fallgruben unserer Furcht und den lichten Gipfeln unseres Wissens. Dies ist die Dimension der Fantasie, das Reich der Dämmerung – die Twilight Zone.«

Ein Straßenfeger

Im Herbst 1960, nämlich am 30.09.1960, ging es mit der zweiten Serienstaffel von Unglaubliche Geschichten in den USA weiter. War die Serie zuvor akzeptabel erfolgreich gewesen, erlebte sie nun ihren endgültigen Durchbruch und wurde ein ausgesprochener Straßenfeger, wie man damals gern sagte. Es gab verschiedenes Merchandise zu kaufen, darunter eine im Jahr 1962 gestartete und bis 1982 veröffentlichte Comic-Reihe. The Twilight Zone Magazine veröffentlichte die Originalgeschichten, die den Episoden zugrundelagen und neue, stilistisch ähnliche Stories, weiter gab es Kaugummi mit dem Serienlogo und dergleichen mehr. Als Schauspieler engagierte man nun damals teilweise schon recht bekannte Gesichter wie den jungen Charles Bronson (Robur – Der Herr der sieben Kontinente), den Stummfilm-Veteranen Buster Keaton (The Spook Speaks) und sogar Hollywood-Stars wie den ansonsten eher genrefremden Lee Marvin, Agnes Moorehead (Frankenstein, wie er wirklich war) oder Ida Lupino (Die Insel der Ungeheuer). Gleichzeitig traten vielversprechende 134 Jungschauspieler in Erscheinung, die Namen wie Dennis Hopper (Land of the Dead), Burt Reynolds (Schwerter des Königs – Dungeon Siege) und Robert Redford (The Return of the First Avenger) trugen. Auch ein gewisser gerade erst ins Geschäft eingestiegene Kanadier mit dem Namen William Shatner (Raumschiff Enterprise) fand zweimal den Weg in die Twilight Zone: einmal in Nick of Time (Ein Penny für die Zukunft) aus der zweiten Staffel, als junger Liebender, der auf eine Wahrsagemaschine vertraut, später dann in Nightmare at 20,000 Feet (Porträt eines ängstlichen Mannes) in Staffel 5, wo er einen verängstigten Flugzeugpassagier darstellt, der auf der Tragfläche als Einziger ein monströses Geschöpf sieht. Bei dieser Folge handelt es sich um eine der meistzitierten und auch persiflierten TV-Produktionen überhaupt. Doch auch andere Folgen erreichten Kultstatus, darunter To Serve Man (Das Buch der Kanamiter), in der der spätere »Beißer« aus zwei James Bond-Filmen, Richard Kiel, alle Angehörigen einer Alien-Rasse spielt, die etwas ganz Besonderes mit der Menschheit vorhat. Oder auch It’s a Good Life (Die lächelnde Stadt) mit dem kleinen Bill Mumy (Lost in Space: Verschollen zwischen fremden Welten) als eigentlich wahrhaft wunschlos glücklichem Jungen. Der damalige Nachwuchs-Regisseur Richard Donner, der später Kassenschlager wie Das Omen (1976), Superman (1978) und die Lethal Weapon-Reihe (seit 1987) inszenierte, verdiente sich in Serlings Kultserie zudem seine ersten Sporen. 135 Das Ende einer Legende

Einen ersten Knick bekam die Erfolgsgeschichte 1963 ab der vierten Serienstaffel. Da sich in dieser Zeit bei Fernsehserien mehr und mehr 50-minütige Episoden durchzusetzen begannen, verlangten die Studioverantwortlichen von Autor und Produzent Serling eine entsprechende Anpassung, und dieser musste gezwungenermaßen die Laufzeit der Folgen verdoppeln. Dies erwies sich als nicht eben vorteilhaft, da die geraffte Erzählweise der bisherigen Episoden flachfiel. Das Ergebnis war ein deutlicher Rückgang der Einschaltquoten, und trotz einiger Highlights sticht die vierte Staffel bis heute qualitativ unangenehm hervor. Mittlerweile hatte Unglaubliche Geschichten auch neue Konkurrenz durch The Outer Limits (1963–1965) erhalten, welche Serie allerdings reine Science-Fiction-Geschichten präsentierte, und verlor nach und nach ihr Alleinstellungsmerkmal. Hinzu kam, dass Serling mit seinen vielen selbstgewählten Funktionen bei der Produktion zunehmend überfordert war, da auch seine ohnehin angeschlagene Gesundheit zu stagnieren begann. Leider konnte die Rückkehr zu den gewohnten 25-Minuten-Folgen ab der fünften Staffel die sinkenden Einschaltquoten nicht nach oben korrigieren. Am 19.06.1964 kam nach der 1567. Episode The Bewitchin‘ Pool (Eine schönere Welt) das Aus für die Twilight Zone.

Die Nachfolge 136 Als Serling nicht mehr für eine ganze Serie verantwortlich war, konnte er die Drehbücher für Hollywood-Filme wie Sieben Tage im Mai (1964), Überfall auf die Queen Mary (1966) oder den Science-Fiction-Klassiker Planet der Affen (1968) verfassen. Da Unglaubliche Geschichten ähnlich wie Raumschiff Enterprise (1966–1969) ab den späten 1960er-Jahren eine ausgesprochene Renaissance erlebte und auch in Form von Wiederholungen noch sehr erfolgreich im Fernsehen gezeigt wurde, versuchte Serling 1969, an den Erfolg anzuknüpfen. Dummerweise jedoch hatte er die Titelrechte an CBS verkauft, was ihm eine Fortsetzung unmöglich machte. So hob er die Nachfolgereihe Night Gallery (Wo alle Wege enden) aus der Taufe, die es bis zu ihrer Einstellung im Jahre 1973 auf insgesamt 43 unterschiedlich lange Episoden brachte. Allerdings gab es ein paar bedeutende Unterschiede zu Unglaubliche Geschichten. Wo alle Wege enden war deutlich Horror-lastiger als Serlings erste Schöpfung und präsentierte dem damaligen TV-Publikum mitunter krassen Stoff. Allerding verlor Serling auch bei diesem Projekt sein Händchen für aufstrebende Talente nicht. Es gab Gastspiele von Darstellern wie der früheren Hollywood-Diva Joan Crawford (The Sixth Sense) und Horrorfilm-Legende Vincent Price (Edward mit den Scherenhänden) und den letzten Auftritt des einstigen »Old Shatterhand«-Darstellers Lex Barker. Zudem führte Spock-Darsteller Leonard Nimoy in Night Gallery erstmals Regie. Und auch der aufstrebende 137 Jungregisseur Steven Spielberg (Jurassic Park) kam in dieser Reihe zu ersten Ehren (übrigens im Zuge der besagten Episode mit Crawford). Serling verstarb schließlich am 28.06.1975 51-jährig an den Folgen einer Bypassoperation.

Das Erbe

Doch Serlings Lebenswerk wurde fortgesetzt. 1983 kam der leider nur mäßig an den Kinokassen erfolgreiche Twilight Zone: The Movie heraus (dessen deutsche Fassung den gewöhnungsbedürftigen Titel Unheimliche Schattenlichter erhielt), der durch einen Unfall bei den Dreharbeiten traurige Berühmtheit erlangte. Beim Absturz eines Kamerahubschraubers kamen zwei als Statisten fungierende Kinder sowie der Schauspieler Vic Morrow (Das Grauen aus der Tiefe) ums Leben. Zwischen 1985 und 1987 erschien erneut unter dem Titel The Twilight Zone ein erstes Serien-Remake, das ab Beginn der 1990er-Jahre hierzulande unter dem Titel Unbekannte Dimensionen zu sehen war. Diesmal stammten die Drehbücher unter anderem vom Horror-König Stephen King (Es) persönlich, oder auch von Joseph »J.« Michael Straczynski, der einige Jahre später Babylon 5 (1994–1998) aus der Taufe heben sollte. Serling ehrte man, in dem man sein (verzerrtes!) Bild im Episodenvorspann zeigte und ihn als Schöpfer der Originalserie nannte. Auch dem Gespür für hervorragende Schauspieler blieb man in dieser Neuauflage treu. Unter anderem hatten der 138 spätere Action-Star Bruce Willis (The Orville) sowie der damals noch weitgehend unbekannte Morgan Freeman (Der Nussknacker und die vier Reiche) Hauptrollen in einzelnen Folgen. Trotz eines gewissen Unterhaltsamkeitsfaktors konnte die insgesamt 64-teilige Serie dem Original nicht auch nur ansatzweise das Wasser reichen, ebenso wenig wie die nur eine einzige Staffel umfassende weitere Neuauflage von 2002 mit demselben Namen (auch in Deutschland nun Twilight Zone genannt). Trotz des Auftritts von Superstar Forest Whitaker (Star Wars: Rogue One) als Moderator fiel die Serie beim Publikum durch. Seit diesem Jahr läuft erneut mit dem Titel The Twilight Zone eine Neuauflage von Unglaubliche Geschichten auf CBS All Access, in der Schauspieler und Sprecher Jordan Peele (A Toy Story: Alles hört auf kein Kommando) die Rolle des »Narrators« übernommen hat – eine deutsche Veröffentlichung von selbiger steht noch aus.

Unglaubliche Geschichten in Deutschland

Im Gegensatz zu anderen Serien schaffte Unglaubliche Geschichten recht schnell den Sprung auf die deutschen Bildschirme, allerdings anfangs nur einmalig. Am 25.10.1961 strahlte das Deutsche Fernsehen (der Vorläufer der heutigen ARD, damals noch der einzige TV-Sender hierzulande) die Episode Die leere Stadt aus, allerdings blieb es vorerst bei der Präsentation dieser einen Folge. Weiter ging es erst 1967, als das ZDF unter dem Titel Unwahrscheinliche 139 Geschichten 13 Folgen der Serie ausstrahlte. Als Sprecher des Prologs fungierte seinerzeit Joachim Cadenbach (Die 1000 Augen des Dr. Mabuse). 1971 folgte die Ausstrahlung von 24 weiteren Folgen, diesmal durch den Regionalsender Bayerisches Fernsehen, wobei Joachim Nottke (Krieg der Vampire) den Vorspann sprach. In diesem Zuge wurde der Serientitel mit Geschichten, die nicht zu erklären sind eingedeutscht. 33 Episoden hingegen kamen erst Anfang der 1990er-Jahre bei ProSieben unter ihrem Originaltitel ins deutsche Fernsehen. Von den insgesamt 156 Folgen von The Twilight Zone wurden 129 synchronisiert, der Rest schaffte es niemals ins deutsche Fernsehen, darunter die komplette vierte Staffel der Serie. Während Unglaubliche Geschichten in den USA spätestens ab den frühen 1960er-Jahren ein Megahit war, erlangte die Reihe in Deutschland nie einen ähnlichen Bekanntheitsgrad. Erst mit der Veröffentlichung als aufwändig restaurierte Version durch das Label Koch Media auf DVD und Blu-ray wurde sie vielen TV-Freunden überhaupt erst bekannt. Etwas populärer war da schon die erste Neuauflage von 1985, die ebenfalls von Koch Media veröffentlicht wurde, allerdings in einer nicht-digitalisierten Version und lediglich auf DVD. Neuauflage Nummer 2 mit Whitaker wurde 2005 im deutschen TV gezeigt, aber nicht für das Heimkino veröffentlicht.

140 Kultklassiker

Noch mal zurück zum Original: Obwohl es sich um eine für heutige Verhältnisse wirklich antiquierte Serie handelt, hat Unglaubliche Geschichten trotz »Schwarzweiß«-Optik viel zu bieten. Besser kann man Fernsehen nur schwerlich machen, sei es in punkto Erzählstil, Kameraführung oder der Kombination aus Bild und Ton. Kaum eins der modernen Franchises würde es ohne den berühmten Vorläufer geben, der sich über alle Genres der Phantastik erstreckte, und bis heute wirken manche Episoden seltsam zeitlos, da vieles, was die Menschen beschäftigt, im Grunde genommen das Gleiche geblieben ist. Für den Verfasser dieses Artikels jedenfalls ist Unglaubliche Geschichten ein ewiger Favorit, der sich auf seiner persönlichen Rangliste nicht sonderlich weit hinter der klassischen Raumschiff Enterprise-Serie bewegt … aus Gründen. Happy 60th Anniversary, The Twilight Zone!

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142 Perlentaucher Serie: Garth Marenghi's Darkplace – Bauchschmerzen vor Lachen, und kein echter Arzt in Sicht

von C. R. Schmidt

Horrorautor Garth Marenghi sitzt im Kerzenlicht an seinem Schreibtisch und liest einige Zeilen aus einem seiner Bücher vor. Er legt das Werk nieder und stellt sich dem Publikum vor. In den 1980er-Jahren hat er sich als Drehbuchautor und Hauptdarsteller einer Serie versucht. Die Filmrollen waren lange in den Sanden der Zeit verschollen, doch nun soll das Publikum an ihnen teilhaben. Schon beginnt das Intro der Serie, reißerische Synthesizer spielen eine eingängige Melodie, während Clips von Ärzten gezeigt werden, die Monster, Dämonen und Kultisten bekämpfen.

143 Nicht, was es zu sein scheint

Die Miniserie Garth Marenghi’s Darkplace (2004) aus britischer Produktion zu erklären, ist alles andere als einfach. Es handelt sich um das überraschend komplizierte Geflecht einer fiktionalen Horrorserie aus der Feder eines Horrorautors mit aufgedunsenem Ego und eingewebten Interviews mit Darstellern und Produzenten. Der Clou des Ganzen: Weder Marenghi selbst noch seine Horror-Krankenhausserie haben je existiert.

Ungewöhnliches Projekt, geniale Umsetzung

Die 1980er-Jahre stehen momentan im Auge eines popkulturellen Nostalgiesturms, und Hit-Serien wie Stranger Things (seit 2016) beweisen dies immer wieder. Darkplace stammt allerdings aus dem Jahr 2004 und fungiert als eine Art finsterer Prophet dieses Trends. Die Serie ist komplett im Look der 1980er-Jahre gehalten, die Sets des Krankenhauses sehen aus wie Pappmaché, Frisuren und Mode sind glorreich übertrieben. Die Schauspieler in der Serie haben die überraschend schwere Aufgabe, absichtlich amateurhaft zu spielen, und sie legen eine Glanzleistung hin. Vor allem Matthew Holness (Halloween Comedy Shorts) muss hier einen echten Balanceakt vollführen: Er spielt den Autoren Marenghi, eine mehr oder weniger offensichtliche Parodie Stephen Kings, dessen Serie ein leidenschaftliches Projekt ist. Auch seine Darstellung des Chefarztes Dr. Rick 144 Dagless ist überzogen und absurd, und sie kitzelt selbst nach tausendfachem Anschauen der Serie jeden Lacher heraus. Dazwischen geschnittene Interviewclips präsentieren einen Einblick in das Innenleben der Produktion und die angeblichen Hürden, vor der diese steht. So entschuldigen sich Marenghi und sein Team übertrieben und unpassend für den Tod einer Katze in einer anstehenden Szene. Richard Ayoade, bekannt unter anderem aus The Lego Movie 2 (2019), glänzt hierbei besonders. Er spielt Dean Learner, Freund und Verleger Marenghis, der eine der Hauptrollen in der Arztserie innehat. Learner könnte nicht einmal schauspielern, um sein eigenes Leben zu retten, und gerade seine Fehlversuche als Amateur zählen zu den Highlights der Serie. Darkplace brilliert durch absichtlich schlecht geschriebene Drehbücher und kleine Momente, die einen Einblick in die Produktion der fiktiven Arztserie liefern. Ein Paar Hände im Hintergrund wirft eine Katze ins Bild, die Kameramänner filmen die Handlung nur dürftig, und die Dialoge sind so hölzern, dass die Lacher schneller feuern als bei manchen Sitcoms. So lässt sich schnell akzeptieren, dass kosmische Pilzsporen Menschen in wandelnde Brokkolimonster verwandeln oder die Krankenhauscafeteria ein Tor zur Hölle enthält. Wer genau hinschaut, entdeckt auch noch beim dutzendsten Sichten der Serie unfertige Sets im Hintergrund, Kameramänner, die aus Versehen durch das Bild laufen oder Kleindarsteller, die unabsichtlich in die Kamera schauen.

145 Die Magie dieses Werks liegt darin, das alles nicht wie einen dahergekommenen Trashfilm zu betrachten, sondern zu bewundern, wie viel Aufwand in die Produktion gesteckt wurde, um eine Karriere bei ihrem Untergang zu beobachten, und zwar durch überraschend viele Schichten einer Erzählstruktur. Die Serie umfasst nur sechs Folgen in Sitcom-Länge, weshalb sie in ihrer Gänze etwa so lang wie ein Spielfilm ist. Es sei jedoch gewarnt: An den Genuss von Darkplace sollte sich nur heranwagen, wer des Englischen mächtig ist, da niemals eine deutsche Tonspur produziert wurde.

Fazit

Für Fans von Mockumentarys wie Die Jungs von Spinal Tap (1984) oder What We Do in the Shadows (2014) kann bezüglich Darkplace eine uneingeschränkte Empfehlung ausgesprochen werden.

146 Perlentaucher Serie: Ein Jubiläum zum Jubiläum: Ein Engel auf Erden

von Reinhard Prahl

Bekanntermaßen wird in diesem September die 350ste Ausgabe des Corona Magazine gefeiert. Die Gelegenheit ist daher günstig, an ein weiteres Jubiläum zu erinnern, von einem Werk, das vor 35 Jahren seinen Anfang nahm und bis heute als Dauerbrenner im internationalen Fernsehen zu sehen ist. Am 19.09.1984 strahlte NBC die erste Folge von Michael Landons Erfolgsserie Highway to Heaven (im Deutschen: Ein Engel auf Erden) aus. Der Schauspieler, Produzent, Autor und Regisseur war durch seine Rolle als Little Joe Cartwright im Serienhit Bonanza, der 1973 mit der 14. Staffel endete, zum Star geworden. Landons Popularität steigerte sich noch einmal, als er 1974 die Hauptrolle in der von Blanche Hanalis‘ erdachten und von ihm mitproduzierten Familienserie

147 Unsere kleine Farm (1974–1983) übernahm. Das Multitalent schrieb 48 von 210 Episoden und führte in 90 Folgen Regie.

Idee und Präsentation

Bereits vor dem Ende von Unsere kleine Farm kam Landon die Idee für eine Fantasy-Familien-Serie namens Ein Engel auf Erden, die er selbst entwickeln, finanzieren und produzieren wollte. Die Eingebung kam dem Superstar, als seine Tochter Cheryl einen schweren Autounfall erlitt und im Krankenhaus um ihr Leben kämpfte. Nach eigenen Erzählungen saß er täglich an ihrem Bett und betete. Schließlich gelobte er, eine Serie zu Gottes Ehren zu schaffen, sollte Cheryl wieder genesen. Das Wunder geschah tatsächlich und legte den Grundstein zu einem Mega-Erfolg, der seinesgleichen in der schnelllebigen, brutalisierten und dysfunktionalen Fernsehlandschaft dieser Tage sucht. Zunächst war es allerdings gar nicht so einfach, die Idee bei NBC an den Mann zu bringen. 1983 leitete der im Jahr 1997 verstorbene Brandon Tartikoff den Sender, und der hatte ihn bereits mit Hitserien wie ALF (1986–1990), Knight Rider (1982–1986) und Das A-Team (1983–1987) erfolgreich umgemodelt gehabt. Nur am Rande sei erwähnt, dass Tartikoff später auch in die Entwicklung von Star Trek: Deep Space Nine (1993–1999) involviert war. Michael Korn, CFO und CEO von Michael Landon Productions, erzählte einst in einem Interview, dass Landon die Präsentation mit so viel Humor durchführte, dass 148 Tartikoff und die anderen Verantwortlichen an einen Scherz glaubten. Als er gefragt wurde, ob er es ernst damit meinte, einen Engel verkörpern zu wollen, bejahte Landon amüsiert. Schließlich stimmte man in der Chefetage trotz einiger Bedenken zu, weil man den Fähigkeiten des langjährigen Partners vollstes Vertrauen entgegenbrachte. Diese Entscheidung sollte sich als goldrichtig erweisen.

Ein phantastisches Konzept der Menschlichkeit

War Landon bei Unsere kleine Farm »nur« als Regisseur, Drehbuchautor und Mitproduzent mitbeteiligt gewesen, behielt er nun die Zügel vollends in der Hand. Er schrieb an allen 111 Episoden von Ein Engel auf Erden mit oder verfasste sie gar komplett. In 90 weiteren führte er darüber hinaus Regie und fungierte über die volle Laufzeit der Serie hinweg als Executive Producer.

149 Die Grundidee der Fiktion basierte auf einem Engel, der von Gott zur Erde gesandt wurde, um die Schicksale einzelner Menschen zum Guten zu wenden. Wie bereits in Landons beiden Vorgängerserien waren es die allzu menschlichen Themen, die zunächst die Herzen der amerikanischen und später die der Zuschauer in zahlreichen Ländern der Welt eroberten. Das Fantasy-Thema blieb zwar stets präsent, wurde aber absichtlich in den Hintergrund gerückt. Menschlichkeit, Wärme, Zuneigung, Liebe, Mitgefühl und Barmherzigkeit sollten anstelle von Zauberei oder Wunderwirken die Probleme der von dem Engel Jonathan Smith und seinem Begleiter, dem ehemaligen Polizisten Mark Gordon (Victor French) besuchten Menschen lösen. Erst, wenn dieser Ansatz an Sturheit, zu viel Hass oder an Verblendung scheiterte, durfte der Engel hin und wieder ein kleines Wunder beisteuern. Diese beschränkten sich allerdings in der Regel auf kleine Hilfestellungen. So erlangten etwa ein kleiner Junge und sein Großvater für wenige Minuten übermenschliche Kräfte, um sich einer fiesen Bande von jugendlichen Schulhof-Erpressern zu erwehren und so ihre Liebe zueinander wiederzufinden. Ein andermal lässt der Engel einen Piloten in seinem geliebten Flugzeug zum Himmel emporsteigen, um in Frieden sterben zu können. Oder er empfängt ein just verstorbenes Kind, um es zu den Himmelstoren zu geleiten, wo geliebte Menschen warten. Und in einer Folge darf sich sogar Gordon als Engel mit Smiths Fähigkeiten versuchen. 150 Ansonsten sind es klassische, auf guten Taten basierende Konfliktlösungen, die Smiths »Boss«, wie Gott in der Serie liebevoll genannt wird, bevorzugt. Um dies zu ermöglichen, bedurfte es einer entsprechenden Konzeptionierung der Hauptfigur, die das phantastische Kernelement der Show bildete und als Grundgerüst diente. Die übernatürlichen Engelswesen rekrutieren sich aus Verstorbenen, die in ihrem Leben durch das Vollbringen guter Werke aufgefallen sind und daher in einer neuen Gestalt auf Erden wandeln, um Menschen in Not beratend und helfend zur Seite zu stehen. Engel benötigen weder Essen noch Schlaf und können wie bereits angedeutet in einem gewissen Maße Wunder wirken. Weiter können sie ihre Schützlinge jederzeit und überall aufspüren und sich an jeden gewünschten Ort teleportieren. All diese Fähigkeiten entnahm der gläubige Christ Landon, der als Sohn eines katholischen Vaters und einer jüdischen Mutter geboren wurde, dem Alten und Neuen Testament und übertrug sie geschickt auf die Zeit Mitte der 1980er-Jahre. Zusätzlich stellte er der Figur Smith einen raubeinigen aber gutherzigen Begleiter zur Seite, der allwöchentlich bewies, dass es keiner Wunder bedarf, um ein gutes Herz zu haben.

Themenvielfalt der Superlative

Die Themenvielfalt der Serie ist so breit gefächert wie das Leben selbst. Landon scheute sich damals nicht davor, auch Eisen anzufassen, die nicht nur der amerikanischen 151 Gesellschaft im Grunde genommen auch heute noch zu heiß sind. Dazu gehörten unter anderem der Vietnamkrieg, der sowohl aus der Sicht eines traumatisierten Veteranen, als auch aus der einer Vietnamesin geschildert wurde, die wegen ihrer Liebe zu einem G. I. Repressalien in ihrer Heimat erdulden musste. Menschen mit Handicaps lagen dem neunfachen Vater zudem offenbar besonders am Herzen. So gibt es unter anderem zwei Episoden, die sich mit einem querschnittsgelähmten Anwalt befassen. Lernbehinderte oder Kinder mit Down-Syndrom, Waisen, erblindete und taubstumme Menschen, Schwarze, Obdachlose, herzlose Behörden, Umweltverschmutzung und familiäre Gewalt werden in der Reihe ebenfalls einfühlsam behandelt. Die Liste ließe sich beinahe endlos fortführen.

Bis heute aktuell

Das eigentlich Erstaunliche, fast schon Erschreckende ist, dass all diese Themen bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren haben, was vielleicht mit dazu beiträgt, dass Ein Engel auf Erden derzeit allein in Deutschland regelmäßig auf zwei Sendern erfolgreich im Mittags- und Abendprogramm läuft. Was dem einen oder anderen heutzutage zu kitschig und seifig erscheinen mag, ist für andere eine immer noch wohltuende Abwechslung vom Action-Fernsehalltag und Balsam für die Seele zugleich. Einige mögen die Serie vielleicht sogar als eine Art Leitfaden dafür sehen, wie das Zusammenleben von Menschen funktionieren könnte, wenn 152 sie denn nur etwas weniger Stolz, Habsucht, Neid, Zorn und Geltungsdrang an den Tag legen würden. Insofern stört auch die (auf moderne Verhältnisse bezogene) antiquiert wirkende Gemächlichkeit nicht, mit der Filme und Serien in den 1980er-Jahren nun einmal standardmäßig präsentiert wurden. Hektische Schnittfolgen, die kaum mehr Luft zum Atmen lassen sowie mehr oder weniger bombastische CGI-Effekte zu harter, dramatischer Musik sind und waren nicht notwendig, um ein wenig Herz in die Wohnzimmer zu zaubern. So hat eine Serie wie Ein Engel auf Erden, von der das ZDF ab 01.01.1987 zunächst 53 Episoden, zum Teil gekürzt zeigte, auch heute noch ihre Berechtigung. RTL plus kaufte 1988 übrigens die Rechte und sendete die restlichen Folgen schließlich unter dem Namen Der Engel kehrt zurück. Dies führte zu einiger Verwirrung und der inkorrekten Annahme, dass es sich um zwei verschiedene Serien im Sinne einer Fortsetzung oder eines Spin-offs handelte. Vor einigen Jahren publizierte das Label PIDAX die Show zunächst in Einzelstaffel-DVD-Boxen und legte später eine Komplettbox auf, die leider keinerlei Specials enthält und insgesamt sehr lieblos wirkt. Dennoch lassen sich mit ihrer Hilfe zumindest alle Folgen ungekürzt und remastered in deutscher und englischer Sprache genießen.

Ein trauriges Ende

Ein Engel auf Erden wurde 1989 eingestellt, nachdem Landons langjähriger Freund und Filmpartner French, der 153 sehr sympathisch fünf Jahre lang Smiths Sidekick verkörpert hatte, am 15.06.1989 an Lungenkrebs verstorben war. Nur zwei Jahre später diagnostizierten die Ärzte bei Landon selbst Bauchspeicheldrüsenkrebs. In einer offiziellen Pressekonferenz, die bei Entertainment Tonight gezeigt wurde, verkündete er lächelnd: »Ich finde das natürlich nicht witzig, doch wenn du voranschreitest und gegen etwas kämpfen möchtest, kannst du das nicht, indem du in der Ecke des Rings stehen bleibst.« Am 18.04.1991 wurde bekannt, dass der Krebs so weit fortgeschritten war, dass eine Operation außer Frage stand. Zu dieser Zeit war Landon dennoch guter Dinge, dass er die heimtückische Krankheit noch besiegen könnte und ließ verlautbaren, ein Buch schreiben zu wollen. Noch am 09.05.1991 verkündete er in der populären Sendung The Tonight Show Starring Johnny Carson, dass es ihm gut ginge und er nicht aufgeben würde. Doch am 01.07.1991 verstarb Landon im Alter von nur 54 Jahren an den Folgen seiner schweren Erkrankung. Sein Andenken bleibt unvergessen.

154 Werbung: Achtung, VÖ 23.112019

155 Special: He-Man and the : Ein Überblick über die frühen Jahre (1982 bis 1988)

von Marco Golüke

Star Wars hat die Filmlandschaft, insbesondere die Science-Fiction, schon bei seinem ursprünglichen Erscheinen für immer verändert. Darüber sind sich Fans, Kritiker und Cineasten ausnahmsweise mal einig. Aber auch in anderen Bereichen war Star Wars ein großer Einfluss – und einen davon nimmt die Artikelreihe in Augenschein, die in dieser Ausgabe des Corona Magazine beginnt.

156 Die Welt der Plastikfiguren

Im Bereich der Actionfiguren gab es seit der Einführung 1967 neben dem Charakter G.I. Joe von , einer Soldatenfigur in einem militärischen Szenario, lange keine anderen bedeutenden Reihen. Erst Kenner mischte 1977 mit Star Wars den Markt auf. Anfang der 1980er-Jahre dominierten die zwei Firmen den Markt voll und ganz. Zwar brachte auch seinerzeit zwei gut laufende Spielzeugserien heraus, nämlich Barbie für Mädchen und Hot Wheels für Jungs. Aber die eigene Actionfiguren-Reihe mit dem Namen Big Jim (in Europa Mark Strong genannt), eine Art Barbie für Jungs, die seit 1971 über den Ladentisch ging, fristete ein Nischendesign, nachdem Kenner mit Star Wars groß wurde. Die Ironie an der Geschichte: Mattel war die Star Wars-Lizenz seinerzeit zuerst angeboten worden, und Kenner wurde von einem ehemaligen Mattel-Angestellten geführt.

157 Mattel versuchte dem Problem mit einigen Lizenzreihen beizukommen, wie zu Flash Gordon, Kampf der Titanen oder Kampfstern Galactica. All diese Versuche blieben leider erfolglos, da diese Fiktionen einfach nicht dieselbe Zugkraft hatten wie Star Wars. Also bekam der Designer (100 Greatest Toys) den Auftrag, einen neuen Helden zu entwerfen, der zu damals beliebten Themen wie Militär, Science-Fiction und Sword and sorcery passte.

Ein wilder Genre-Mix

Sweet dachte bei seinen ersten Entwürfen ursprünglich mehr an Barbaren, die dank des Films Conan, der Barbar (1982) zu der Zeit ebenfalls populär waren. Mattel hatte sogar die Lizenz für das Franchise, fand den Film aber zu brutal. Sweet modellierte daher erst einmal immense Muskeln an eine Big Jim-Figur und brachte diese in die richtige Pose. Nach eigenen Angaben waren alle damals sonst im Handel erhältlichen Actionfiguren mit einem emotionslosen Gesichtsausdruck versehen, was Sweet ändern wollte. Neben dem ersten Protagonisten mit dem Namen He-Man entwickelte er den sogenannten Tankhead zum Thema Militär, der ein Panzergeschütz als Kopf hatte, und den Bulletman zum Thema Science-Fiction, der wie ein bunter Boba Fett mit Muskeln aussah. Mattel gefielen diese Ideen, so beauftragte man Mark Taylor, einen weiteren Designer damit, ein komplettes Konzept zu entwerfen. Dieser verband den Entwurf von 158 Sweet mit einem eigenen aus seinen Anfängen als Zeichner. So entstanden die Charaktere He-Man, , Mer-Man, Stratos, , Zodac, Man-at-Arms und Beast-Man. Diese Figuren waren allesamt unterschiedlich entworfen. Beast-Man sah eher aus wie ein Gorilla, Mer-Man war ein Fischmensch, Stratos konnte fliegen und hatte Federn an den Armen. Teela war eine Kriegerprinzessin, Man-At-Arms ein stark bewaffneter Soldat und Zodac ein kosmischer Kämpfer. Der geplante Gegenspieler Skeletor wurde als Humanoide mit einem Skelettkopf entworfen, um als Verkörperung der Angst zu dienen, während He-Man mit blondem Haar, Lendenschurz und überproportionierten Muskeln die Inkarnation des Guten darstellte. Zusätzlich kam man auf eine ganz besondere Idee: Man wollte zu den Figuren gleich ein Spielset mitliefern, das auch zum Transport der Plastikhelden geeignet sein würde. So entstand das sagenumwobene mit dem unheimlichen Totenkopf als Eingang, das das Setting der Spielzeugreihe endgültig in ferne Welten verlegte. Ein paar Fahrzeuge sollten die erste Welle an Figuren komplettieren. Für den Boden entwickelte man den Battle Ram und für die Luft den Wind Raider. An dieser Stelle ging den Entwicklern das Geld aus, man brauchte aber noch ein drittes Fahrzeug. Zum ersten aber nicht zum letzten Mal griff man bei Mattel daher zu einem Trick – man verwendete Gussformen erneut. Der etablierte Tiger von Big Jim war für die He-Man-Reihe viel zu groß,

159 also bekam er einen Sattel und wurde zu – dem Reittier von He-Man.

Das Wagnis der Veröffentlichung

Mattel hielt den Namen »He-Man« seinerzeit nicht für tragfähig genug. Als Resultat nannte man die Reihe lieber Masters of the Universe. Der ebenfalls im Raum stehende Vorschlag »Lords of Power« wurde abgelehnt, da diese Bezeichnung zu religiös gewesen wäre. In Folge arrangierte Mattel ein Treffen mit Vertretern von führenden Spielzeugläden, um sie von der neuen Reihe zu überzeugen. Als man keine Antwort auf die Frage hatte, womit man den Kindern die Geschichte denn schmackhaft machen wollte, denn für den Verkauf von Star Wars-Figuren gab es ja immerhin die Filme, improvisierte man auf die Schnelle. Comics sollten nun jeder Packung beiliegen. Die ersten vier sogenannten Minicomics erklärten die Welt von Masters of the Universe. He-Man wurde darin als Barbar aus dem Norden vorgestellt, der in die Zivilisation kam, um Grayskull vor Skeletor zu beschützen. In diesem Schloss lag das »Zauberschwert«, das seinem Träger immense Macht versprach. Leider war es zweigeteilt, und die eine Hälfte hatte Skeletor bereits in seinen Besitz bringen können. Als Clou war der He-Man- und der Skeletor-Figur jeweils eine Hälfte des Schwerts beigelegt. 1982 war es dann soweit. Die Reihe stand in den Regalen zum Kauf bereit. Sie kam außerordentlich gut an und eroberte mit fünf Millionen verkauften Figuren fast 20 % 160 Marktanteil im ersten Jahr. 13 Millionen Dollar Umsatz (die Angaben variieren hier zwischen sieben und 19 Millionen) waren angepeilt worden, es wurden 38 Millionen. Dieser Erfolg fußte aber nicht etwa auf den Minicomics, denn die Reihe war für Kinder ab fünf Jahren entworfen worden, die naturgemäß häufig noch gar nicht lesen konnten. Als weitere Improvisation für die Präsentation war eine Zeichentrickserie erschaffen worden, die zu Beginn nur aus zwei kleinen einstündigen Filmen bestehen sollten.

Die Anfänge der Serie

Mattel wandte sich hierfür an , das Studio, das damals Blackstar (1981–1982) produzierte. Eine Serie, deren Handlung ähnlich der von Masters of the Universe war. Zuvor hatte sich Filmation unter anderem mit der Zeichentrickserie zu Raumschiff Enterprise (1966–1969), genannt Die Enterprise (1973–1974) einen Namen gemacht. (Bravestarr), der kreative Kopf hinter Filmation, sagte Mattel, dass er für das gebotene Geld auch eine ganze Serie produzieren könnte. Das kam natürlich gut an beim Figurenriesen. Leider ist es aber doch ein Unterschied, ob man eine Serie fürs Kinderfernsehen erdenkt oder eine Actionfiguren-Reihe, so wurde die Geschichte rund um He-Man signifikant geändert. Er war nun nicht mehr ein Barbar, sondern Prinz Adam von Eternia, der durch sein Zauberschwert zu He-Man wurde. Er bekam also eine Tarnidentität wie Superman verpasst – und genau diese Verwandlung war es, die die Kids begeistern sollte. 161 »Bei der Macht von Grayskull! Ich habe die Macht!« (Ursprünglich in der deutschen Synchronisation: »Ich habe die [Zauber]kraft!«) ist bis heute in der Fiktionswelt ein ähnlich starkes Zitat wie »Möge die Macht mit dir sein«.

Siegeszug im Fernsehen

130 Folgen in Form von zwei Staffeln umfasst die Serie, die im Fernsehen den Titel He-Man and the Masters of the Universe (1983–1985) bekam. Neben Prinz Adam erfand Filmation auch , den tollpatschigen Zauberer. Dieser diente vor allem den Kindern als Identifikationsfigur, da sein Charakter verspielt angelegt war. Andere Charaktere wurden ebenso überarbeitet, so bekam Man-At-Arms einen Schnauzbart und wurde zum Stiefvater von Teela, die anstatt Kriegerprinzessin zu bleiben zur Befehlshaberin der königlichen Streitkräfte wurde. Sie und Adam waren nun in der Geschichte gemeinsam aufgewachsen, der Prinz hatte aber eher nur Faulenzen und Nickerchen im Kopf, während Teela immer auf der Hut war. Abgeschlossen wurden die damaligen Folgen stets mit einer moralisch wertvollen Botschaft für die Kinder, z. B. zum Thema Drogen oder Freundschaft, was für die damalige Zeit ebenso etwas Besonderes war. Die deutsche Version wurde im Großen und Ganzen von nur vier Personen synchronisiert: Helgo Liebig, Herbert Tennigkeit (Bravestarr), Michael Grimm und Monika Barth. Diese Serie ist es, der He-Man und seine Gefährten den heutigen Status als Kultfiguren zu verdanken haben. Mattel 162 fuhr in den Folgejahren immense Rekorde ein. Dies lag nicht nur am Spielzeug selbst, sondern an vielem anderem Merchandise. Tapeten, Sandspielzeug, Bettwäsche und Comics, um nur ein paar Beispiele zu nennen. In Deutschland erschienen zusätzlich insgesamt 37 Hörspiele zur Reihe bei Europa, die allerdings qualitativ stark schwankten und auch die Geschichte so abänderten, wie sie es gerade brauchten, teilweise sogar innerhalb der Hörspiel-Serie selbst. So war Zodac mal ein Bösewicht, mal ein Guter und dann mal wieder neutral. Im Laufe der Spielzeugreihe kamen viele neue Figuren heraus, etliche davon mit für sich sprechenden Namen wie oder Man-E-Faces. Fast immer wurden in der Produktion bereits bestehende Teile wiederverwendet. So ist die Stinkor-Figur (die tatsächlich stank) im Grunde nur ein Mer-Man mit anderen Farben in einer umgefärbten Rüstung von Mekaneck. Moss Man, der Gegenpol zu Stinkor (er roch nach Tannenduft), war ein grüner Beast-Man, der mit Modellbaugras beflockt war und die Waffe von Zodac in einer anderen Farbe dabei hatte. So hielt Mattel die Kosten niedrig, während die Kinder sich immer wieder neue Figuren zum Spielen wünschen konnten.

Die Schwesternreihe

Der immense Erfolg der He-Man-Serie brachte schließlich auch einen Ableger mit dem Namen hervor. 20 % der Käufer der Figuren waren seinerzeit Mädchen, also war dieser Schritt eine logische Entwicklung. 163 Bis auf eine Figur waren alle Figuren der Reihe weiblich, und die Hauptheldin She-Ra hatte ursprünglich nur eine einzige Gegnerin, nämlich . Das reichte natürlich nicht für die auch diesmal als begleitendes Marketing-Tool geplante Zeichentrickserie, die sogar mit einem eigenen Kinofilm eingeleitet werden sollte. So wurden kurzerhand die ursprünglich einmal für die He-Man-Reihe entworfenen und bereits erhältlichen Figuren der Wilden Horde und der Schlangenmenschen, die in der Trickserie zu He-Man keine Beachtung fanden, in die Schwesternreihe verschoben. Handlungstechnisch wurde She-Ra zur Zwillingsschwester von He-Man erkoren und sollte auf dem Planeten Etheria gegen die Wilde Horde kämpfen, die den Planeten unterjochte und zu der nun auch Catra und die Schlangenmenschen gehörten. Adora, Adams Schwester, die durch ihre eigenen Verwandlungsformel dank ihres Schwerts zu She-Ra wird, war einst als Baby von Eternia entführt worden und diente zu Beginn der Serie She-Ra – Prinzessin der Macht (1985–1987) aufgrund von Gehirnwäsche und Zauberflüchen noch der Horde. Die Serie umfasste am Ende 93 Folgen, von denen die ersten fünf den besagten Kinofilm in leicht geschnittener Form bildeten (in Deutschland fiel der Schnitt um einiges radikaler aus und ließ bedeutende Abschnitte völlig aus). Obwohl die Zeichentrickserie ähnlich populär wurde wie die zu He-Man, floppte die Spielzeugreihe. Offenbar wollten Mädchen eben doch lieber einen He-Man und keine Barbie, die geschrumpft war und als Zubehör einen Kamm hatte.

164 Der Absturz

1986 war trotz dieses Rückschlags der absolute Höhepunkt von Mattels Erfolgsstory erreicht. Man erzielte in diesem Jahr einen Umsatz von 400 Millionen Dollar. Das sind inflationsbereinigt circa 830 Millionen Euro. Das Folgejahr konnte diese Zahl nicht toppen, ganz im Gegenteil, man brach auf nur sieben Millionen Dollar Umsatz ein. Obwohl es Bemühungen gab, die Reihe immer moderner und interessanter zu präsentieren, zum Beispiel mit Hilfe von neuen Actionfeatures, unterschätzte Mattel den damaligen Markt einfach und erhöhte die Produktionszahlen immer weiter. Der Haken daran war, dass es zwar ein großes Sortiment gab, aber die beiden zentralen Figuren häufig nicht erhältlich waren. Neue Käufer hatten also keine Möglichkeit, richtig einzusteigen. 1987 kam als letztes Aufbäumen ein Realfilm zum Franchise in die Kinos. He-Man wurde darin von Dolph Lundgren gespielt, der zuvor Rocky IV – Der Kampf des Jahrhunderts (1985) gedreht hatte, und Frank Langella (Muppets Most Wanted) wurde zu Skeletor. In weiteren Rollen waren Courteney Cox (President Evil) und Robert Duncan McNeill (Star Trek: Raumschiff Voyager) zu sehen. Der Film hatte ein Budget von 22 Millionen Dollar und spielte knapp 18 davon wieder ein. Abgesehen vom finanziellen Misserfolg bewegte sich der Film auch weit weg von dem, was zuvor in der Fiktion gezeigt worden war. Es gab keinen Prinz Adam und keinen Orko, stattdessen erfand man neue Charaktere wie Gwildor 165 (Billy Barty) und Blade (Anthony De Longis). Die Handlung wurde kurzerhand auf die Erde verfrachtet, wo He-Man und seine Freunde Hilfe von Teenagern bekommen. Fans und Kritiker waren von diesen Änderungen nicht begeistert. So schrieb die Cinema beispielsweise: »Doof, aber effektvoll.« Eine bereits in der Produktion befindliche Fortsetzung wurde eingestellt, als die Filmfirma Insolvenz anmeldete. Filmmaterial, Kostüme und Requisiten wurden in Folge für das Werk Cyborg (1989) mit Jean-Claude Van Damme wiederverwendet, das im TV zeitweise fälschlich unter dem Titel Masters of the Universe II lief. 1988 kamen die letzten Figuren der Reihe auf den Markt, und diese schon nur noch in Italien. »Laser Power He-Man« und »Laser Light Skeletor« hatten dabei bereits das Aussehen der Nachfolgeserie, die im nächsten Teil dieser Reihe behandelt werden soll.

Viel Nostalgie

Der Autor dieses Artikels erinnert sich an seine erste Figur aus der Reihe, als wäre es gestern gewesen. Er hatte zum Kinderarzt gemusst, und seine Mutter war auf Betriebsausflug gewesen, deswegen war seine Oma mit ihm hingegangen. Ein Allergietest war angestanden, der einige Stunden dauern würde, das muss so im Jahr 1985 gewesen sein. Die Oma ging mit dem Knirps vorher noch in einen Spielwarenladen, wo er sich etwas aussuchen durfte. Er entschied sich für He-Man, den es aber nicht gab. Also 166 wurde es Mekaneck. Kurze Zeit später, auf dem Weg zum Arzt, entdeckte man in einer Auslage ein Zweierpaket mit He-Man und Skeletor. Das wollte der Kleine natürlich umso lieber haben, aber die Oma meinte, dafür wäre kein Geld mehr da. Also ging es mit einem Krieger und keinem Gegner zum Arzt und schließlich nach Hause. Am Abend kam die Mutter heim und brachte als Überraschung auch eine Figur mit. Sie hatte sich lange gesträubt, da die Figuren ihr alle zu gruselig aussahen, aber sie wusste ja von dem Test und wollte einfach etwas mitbringen. Zum Glück war es Grizzlor, ein Kämpfer der Bösen. Die Geschichte konnte beginnen ...

Als Buchtipp zum Artikel empfiehlt der Autor abschließend Mastering the Universe: He-Man and the Rise and Fall of a Billion-Dollar Idea (2005) von Roger Sweet und David Wecker.

167 Phantastisches Spielen

Interview: Markus von Känel zur Ausstellung Zwischen den Welten in Bern von Peter R. Krüger

In der Zeit von 03.07.-26.07.2019 wurde in der Galerie Soon in Bern eine interessante Ausstellung von Action Toys und Actionfiguren rund um Science-Fiction-Filme und –Serien präsentiert. Neben Modellen von X-Wings, von der Galactica, von diversen Enterprise-Varianten oder einem Adler aus der beliebten Serie Mondbasis Alpha 1 (1975–1977) fanden sich Figuren von Batman und C-3PO, ein paar Daleks und das namensgebenden Alien aus der bekannten Filmreihe. Und das sind längst nicht alle Stücke, die zum größten Teil einst ihr Dasein als Spielzeug begannen und nunmehr zu begehrten Sammlerobjekten geworden sind. Über 170 Ausstellungsstücke präsentierte Markus von Känel dem interessierten Publikum über 3 Wochen lang und zeigte dabei auch so manche Rarität, die bei dem einen oder anderen Sammler das Herz höher schlagen ließ. Der Redaktion des Corona Magazine stand von Känel im Interview Rede und Antwort.

168 Frage: Markus, sag mal, wie kam es eigentlich überhaupt dazu, dass du eine solche Ausstellung geplant und letztlich auch durchgeführt hast?

Markus: Das frage ich mich im Nachhinein auch, denn letztendlich habe ich die Ausstellung innert zwei Wochen auf die Beine gestellt. Von der Auswahl der Stücke, der Logistik, über den Flyer-Druck, das Bekanntmachen in den sozialen Medien bis hin zur Gestaltung des Ausstellungsraums. Da war zeitlich nicht viel Luft, aber es hat unendlich viel Spaß gemacht! Die Anfrage kam von der renommierten Galerie Soon in Bern, deren Besitzer ich kenne. Die bekannte Gemälde-Galerie macht jeweils im Juli und August Sommerpause. Um diese »leere« Zeit zu überbrücken, entstand die spontane Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, einen Teil meiner Sammlung auszustellen. Und wie ich Lust hatte! Allerdings war ich gerade in Bonn auf der FedCon angekommen, als ich von dem Angebot erfuhr. Die Uhr tickte also. Ich sammle Spielzeug seit 23 Jahren. So sind in der Zwischenzeit gut 4.500 Objekte zusammengekommen. Ich überlegte mir zuerst, welche Themengebiete ich präsentieren möchte und welche Stücke sich dafür eignen. Es sollten natürlich einige große und auffällige Stücke dabei sein. Zudem kreierte ich den Titel der Ausstellung, der mir notabene auf der FedCon in den Sinn kam: Zwischen den Welten.

169 Frage: Bei den Stichworten Spielzeug und Actionfiguren denken viele Menschen vermutlich an ihre alten Spielsachen, die irgendwann auf dem Flohmarkt gelandet oder irgendwo anders hin verschwunden sind. War das bei dir auch so oder besitzt du tatsächlich einige deiner Ausstellungsstücke von Kindheit an?

Markus: Ich habe tatsächlich noch einige Original-Stücke aus meiner Kindheit in meiner Sammlung. Dazu gehört an vorderster Front ein Modell der USS Enterprise (NCC-1701) und der Klingon Battle Cruiser von Dinky Toys aus den Siebzigerjahren. Oder das originale Castle Grayskull von

170 Masters of the Universe von Mattel. Viel ist es allerdings leider nicht. Nicht etwa, weil die Stücke, als ich ins pubertäre Alter kam, im Nirwana von Flohmärkten verschwunden wären. Nein, vielmehr gab es die meisten Sachen bei uns in den damaligen Spielwarengeschäften gar nicht erst. Star Wars – ‘Tschuldigung: Krieg der Sterne – etwa wurde hierzulande sehr stiefmütterlich behandelt (es war ein Ding der Unmöglichkeit, in Bern an eine Darth-Vader-Figur oder an eine Maske heranzukommen), Star Trek war in den späten Siebzigern/Achtzigern in Schweizer Spielwarenläden schlicht inexistent (außer besagte Dinky Toys-Modelle oder ein Bausatz von ATM). Anderes Film- und TV-Serien-Merchandise wiederum blieb vorderhand sowieso dem US-Markt vorbehalten, oder England. Kurz: Die Spielwarenhändler hatten aber sowas von keine Ahnung, was sich die Kleinen hier sehnlichst wünschten! Natürlich waren Masters of the Universe oder auch Transformers hier ein Thema, aber eben lieblos. Man musste sich da die Perlen wirklich zusammensuchen. Dazu kam, dass es das Geschäftsmodell Comic Shop in der Schweiz noch nicht gab. Die größte Buchhandlung in Bern, der Stauffacher hat zwar seit Jahren eine sehr gute Comic-Abteilung, aber damals gab‘s eben nur … Comics! Keine Figuren, kein Begleitmaterial, »nur« Comics! So ergab es sich, dass ich erst im Januar 1996 von ein paar Kollegen zum ersten Mal in den Comic Shop Analph in Zürich geschleift wurde. Da taten sich mir neue Welten auf, denn der Laden war mit Figuren, Statuen und 171 Raumschiffmodellen vollgestopft. Ich war völlig paralysiert! Wie in Trance kramte ich meine 100 Franken hervor (der Maximal-Betrag, den ich damals aufwenden konnte) und kaufte mir davon eine Data-Figur und ein Modell der USS Enterprise (NCC-1701-D) mit Licht und Soundeffekten von Playmates Toys bzw. Bandai. Dies war der Startschuss zur heute vorliegenden Sammlung.

Frage: Alleine das klingt schon sehr interessant. Aber sag mal, gibt es unter deinen Stücken eins, das du ganz besonders lieb gewonnen hast?

Markus:

172 … Es sind über 4.500 Stücke, und ich hab alle lieb (lacht)! Das ist natürlich ganz schwer zu sagen, denn grundsätzlich sammle ich nur Sachen, die mir gefallen und die ich unbedingt haben will. Es führt auch kein knochengerader Weg daran vorbei, festzuhalten, dass ich eigentlich nie ein Sammler war und mich auch heute noch nicht so sehe. Ich liebe Spielzeug und wollte – und will das im Übrigen immer noch – in erster Linie damit spielen! Ich war nie ein Sammler im Sinne eines Komplettisten, sondern schlicht einer, der sich für seine Fantasiewelten Spielsachen zusammenkauft. Aber klar, natürlich hat man da auch seine Lieblinge, die sich in 23 Jahren aber auch mal ändern können. Von der Themenwelt her ist mir die Line Masters of the Universe Retro Classics von Mattel, die seit 2008 herausgegeben wird, sehr ans Herz gewachsen. Gerade auch mit der Neuauflage von Castle Grayskull, dem Wind Raider, von Roton oder dem Talon Fighter mit Point Dread. Zudem sind die Figuren, in einem leicht größeren Maßstab als die Figuren aus den Achtzigerjahren gehalten, absolut gelungen. In punkto Actionfiguren sind aber auch die Muppets-Figuren und Playsets von Palisades Toys, die zum 30-Jahres-Jubiläum herauskamen, gigantisch gut. Bei Raumschiffen und Fahrzeugen hat für mich nach wie vor Hasbro mit seinen Star Wars-Artikeln die Nase vorn. Aktuell in Form der – aber sauteuren – Khetanna, der Segelbarke von Jabba the Hutt. Ganz, ganz groß geschrieben ist natürlich auch das Thema Doctor Who von Character Building. Dies ist aber auch dem 173 Umstand geschuldet, dass ich ganz großer Doctor Who-Fan bin.

Frage: Und gibt es auch eines, das du eigentlich nicht so toll findest?

Markus: Das ist halt so ‘ne Sache. Geschmäcker und auch Prioritäten ändern sich. Wie gesagt, ich hab alle lieb, aber die Wichtigkeit einiger Figuren oder Toy Lines hat sich in den Jahren schon verschoben. Spider-Man beispielsweise ist mir heute nicht mehr so wichtig wie zu der Zeit, als die Sam-Raimi-Filme herausgekommen sind. Ähnlich verhält es sich mit den Figuren von Der Herr der Ringe oder Der Hobbit. Was aber nichts über die Figuren von Toy Biz etc. aussagt. Die sind nämlich in den vorliegenden Fällen wirklich toll gelungen. Und Toy Biz gehört jetzt nicht gerade zu den Herstellern, die qualitätsmäßig immer an vorderster Front mitspielen.

Frage: Lass mich eine Aussage aus der vorletzten Antwort aufgreifen. Lustigerweise fällt mir dazu der Film Mel Brooks' Spaceballs (1987) ein, und ich stelle mir dich gerade als Lord Helmchen vor. Korrekterweise muss ich erwähnen, dass ich nicht erlebt habe, wie du mit deinen Figuren gespielt hast (lacht). Wie ist das aber in Wirklichkeit? Ist das nur der

174 Wunsch, weil die Spielzeuge einfach toll gemacht sind oder könnte man dich tatsächlich mal beim Spielen erwischen?

Markus: Ja, aber sicher doch! Das ist ja der Sinn des Ganzen. Und dies war zu Beginn bereits der treibende Faktor: Ich wollte nicht »sammeln«, sondern bloß Spielsachen kaufen. Ganz konkret spiele ich mit den Sachen und erfülle damit vollumfänglichst den Zweck der meisten Dinge, die ich in meiner Sammlung habe. Ich sage immer als Witz: Wenn mich ein Kumpel am Freitagnachmittag anruft und mich fragt, ob ich mit was trinken komme, dann sag ich: »Du, momentan ist ganz schlecht, bin mitten in einem Luftkampf.« Der Witz daran ist, dass es kein Witz ist, sondern dass man mich tatsächlich ertappen kann, wie ich mit Luftkämpfen und Auto-Verfolgungsjagden beschäftigt bin. Da starten, landen und fliegen die Raumschiffe in meinen Händen, brettern die Batmobils und Agentenfahrzeuge über die Modellstraßen aus Sperrholz, da entdecken die Actionfiguren zusammen mit mir geheime Verstecke auf Eternia, das neue Innenleben der TARDIS oder sind zu Besuch bei den Munsters an der Mockingbird Lane. Das alles begleitet von viel Geräuschen und intonierten Filmmusiken aus meinem Munde (lacht). Meine Freundin nennt das Ganze »piu, piu« (wie die Schussgeräusche aus Laserpistolen). Um es auf den Punkt zu bringen: Es sieht genauso aus wie Lord Helmchen in Spaceballs! Du glaubst gar nicht, wie entspannend dies ist. Drei Stunden im 175 Sammlungsraum, und ich bin wie neugeboren und die Ruhe selbst! Zudem gibt‘s beim Spielen auch immer wieder die eine oder andere brauchbare Idee, die ich für ein Filmprojekt beziehungsweise Drehbuch verwenden kann. Psychologisch würd ich da jetzt nicht zu viel reinstopfen. Ich bin dahingehend einfach Kind geblieben und erfreue mich am Spiel mit Actionfiguren und tauche dabei ab in eine eigene Welt.

Frage: Nun war es mir ja möglich, einen ersten Blick auf deine Ausstellung zu werfen, kurz bevor du diese eröffnet hast. So spannend ich die Sachen auch fand, konnte ich leider nicht die Reaktionen der Besucher miterleben. Wie kam denn die Ausstellung bei den Gästen an? Gab es da auch einen ganz besonderen Moment?

Markus: Das Opening war ein voller Erfolg! Es freute mich sehr, dass neben Freunden, Familie und Bekannten auch Interessierte kamen, die ich nicht kannte und die auf die Ausstellung aufmerksam geworden waren. Kaum war die Türe offen, kam beispielsweise eine israelische Familie herein, die in der Schweiz auf der Durchreise war. Der Vater war wohl ein großer Star Wars-Fan und hätte am liebsten einige Stücke der Sammlung gekauft. Wir hatten da auch einen kleinen Verkaufsstand mit einigen Figuren, Spielen, Käppis und anderem Merchandise, wo man sich tatsächlich 176 rege bediente. Die Reaktionen waren durchwegs positiv bis begeistert. Selbst Besucher, die mit der Materie nicht vertraut waren, konnten sich an der Ausstellung erfreuen und haben interessiert Fragen gestellt. Es gab aber auch die Fans und Nerds, die bei so manchem Stück in Begeisterungsstürme ausbrachen. Ich hätte die ganze Ausstellung während dieser Zeit sicher zehnmal verkaufen können. Die Khetanna, der Darth Vader Concept Helmet, die Shuttlerampe aus Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert oder der Shuttle complex von G.I. Joe waren absolute Hingucker und zogen die Leute während der knapp vier Wochen in ihren Bann. Einem gewissen Star Trek-Motto getreu begeisterte mich die Vielfältigkeit am meisten: Es waren schlussendlich Leute aus Indien, Schweden, Australien, den Niederlanden, Deutschland, Israel, Asien und natürlich der Schweiz da.

Frage: Als Fan von Doctor Who (und ich weiß ja nun, dass du auch ein Whovian bist) bin ich ja fast schon etwas neidisch auf die schöne Sammlung von Daleks, dem 11. Doctor, einem Cyberman, der TARDIS und, und, und. Auch wenn sich die Serie Doctor Who im deutschsprachigen Raum immer größerer Beliebtheit erfreut, so sind diese Sachen sicher nicht ganz so leicht zu beziehen. Woher kommen denn diese Sammlerstücke?

Markus:

177 Wow, großes Thema. Und vor allem: Innen ist das Thema noch viel größer als außen (lacht)! Zuerst mal: Ich bin absoluter Doctor Who- und auch Torchwood-Fan. Ehrlich gesagt habe ich nach meiner Faszination für Star Trek, und die begann immerhin schon mit 6 Jahren, seither nie mehr etwas Vergleichbares erlebt – bis Doctor Who kam. Nun muss ich dazu sagen, dass ich zwar ein Whovian bin, aber zur New-Who-Ära gehöre. Das fing 2010 an, und ich habe sogar Torchwood zuerst gesehen. Ich wollte hinterher eigentlich nur die thematischen Lücken, beispielsweise bezüglich Captain Jack Harkness, schließen und mir demzufolge 2012 die entsprechenden Doctor Who-Episoden anschauen. Tja, und dann war‘s um mich geschehen. So sehr, dass ich inzwischen auch einen großen Teil der alten Folgen und Staffeln gesehen habe. Doctor Who ist in meinem Leben zu einem wichtigen Teil geworden, ja schon fast zu einem Stück Lebensphilosophie und bedeutet mir weit mehr, als nur eine TV-Serie zu sein. Das hört sich vielleicht auf den ersten Blick beziehungsweise auf das erste Ohr etwas heftig an. Die Serie hat mich aber nicht nur im Innersten berührt, sondern mir auch Kraft in schwierigen Zeiten gegeben, deshalb ist das Thema für mich auch sehr emotional behaftet. Ich sage dies im Vorfeld, damit man verstehen kann, dass ich seit 2012 auch alle Hebel in Bewegung gesetzt habe, um an Doctor Who-Merchandise zu kommen. Die Situation hat sich zwar in den letzten Jahren mit zunehmender Popularität und Beliebtheit der Serie, auch und gerade im deutschsprachigen Raum, verbessert. Aber es ist bis heute 178 schwierig. In lokalen Geschäften ist die spontane Doctor Who-Ausbeute sehr überschaubar. Und wenn, sind wir da im Bereich von allgemeinem Merchandise wie Wecker, Bilder, Schlüsselanhänger etc. Im Bereich der Actionfiguren hört es dann vollends auf. Da wird man nur auf Comic-Messen und Conventions fündig. Da habe ich aber auf der Fantasy Basel, der Comic Con in Stuttgart oder bei dem niederländischen Händler »meines Vertrauens« auf der FedCon schon das eine oder andere Prunkstück ergattern können. Andererseits habe ich einen großen Teil meiner Doctor Who-Sammlung selbst aus England bzw. aus London mitgebracht, wo ich regelmäßig und gerne immer wieder hinfahre. Zudem habe ich seit Jahren drei Händler in Großbritannien, die mich über eBay mit Doctor Who-Artikeln versorgen. Besonders herzig: Mein erstes TARDIS-Playset habe ich 2012 ebenfalls auf eBay erstanden. Ein gebrauchtes, in gutem Zustand, gekauft von einer englischen Familie. Nachdem ich das Set auf eBay erworben hatte, schrieb mir der Vater, dass es mit dem Kauf wohl nichts werden würde, da der Versand in die Schweiz wohl nochmals die Höhe des Kaufpreises ausmache. Das sei schade, da sich sein Sohn schon gefreut hatte, weil das Geld in eine neue PlayStation hätte investiert werden sollen. Ich konnte den Vater beruhigen und teilte ihm mit, dass mir die hohen Verschiffungskosten bekannt sind und ich natürlich bereit bin, den gesamten Betrag zu bezahlen. Die Freude bei Vater und Sohn war riesig.

179 Frage: Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Und zu Doctor Who könnten wir vermutlich ein ganz eigenes Interview führen. Aber zurück zum Thema Bezugsquellen. Bist du bevorzugt bei den entsprechenden Händlern bei den Eidgenossen zu finden oder sucht ihr eher die Nachbarländer und das Internet auf?

Markus: Ich habe es schon kurz angerissen: Für meine Sammlung schöpfe ich alle drei erwähnten Optionen aus. Inzwischen haben wir auch in der Schweiz einige Comic Shops, die sich sehen lassen können. Allerdings nicht gleich nebenan. In Bern gibt es neben der erwähnten Buchhandlung den Nerd-Shop mamike meines Kollegen Robert. In Neuchatel (Neuenburg) in der französischen Schweiz ist es der wotyoo-Laden von Tobi, ebenfalls ein guter Kollege von mir. Dann gibt‘s in Zürich den erwähnten Analph, wo alles angefangen hat, der allerdings inzwischen sein Actionfiguren-Sortiment leider, leider stark zurückgeschraubt hat. Figurentechnisch obenauf schwimmt allerdings Kollege Markus mit seinem Fantastic Empire in Basel. Dann gibt’s noch je einen Laden in Genf und in Kaiseraugst. Danach sind wir leider auch schon am Rande der Galaxie angelangt, und es hat sich erschöpft. Wenig, wenn man bedenkt, dass beispielsweise bei euch im deutschen 7.000-Seelen-Dorf Hasselroth zwei große Nerd-Figuren- und Retro-Game-Shops namens Kuschel-Muschel und Kuschelmuschel-Reloaded an der 180 gleichen Straße liegen, nur wenige Meter voneinander entfernt! Du siehst, ich grase sowohl die Schweiz als auch die Nachbarländer – da besonders England und Deutschland – nach geeigneten Shops ab. Ein großer Spaß natürlich, wenn man einen neuen Shop entdeckt und sich vor Ort vom Sortiment begeistern lassen kann. Trotzdem ist das Internet zu einem ständigen Begleiter geworden. Da vor allem eBay. Ich muss aber dazu sagen, dass ich keine Versteigerungen mitmache, sondern nur an »Sofort-Kaufen«-Artikeln interessiert bin. Diesbezüglich hab ich mir jetzt in sieben Jahren ein Netz von Händlern aufgebaut, wo man weiß, was man bekommt. Hauptsächlich aus London bzw. dem UK, aus New York und Tokio. Zwischendurch gibt es spannende Experimente, wie vor kurzem ein älteres amerikanisches Ehepaar irgendwo im Nirgendwo von Texas, das den Shuttle complex von G.I. Joe verkaufte. Die wussten zwar, was das Ding an Sammlerwert hat, aber offenbar nicht, wie man es richtig verpackt, um es nach Europa zu befördern. Ein Teil des Playsets war bei der Ankunft in Bern in unzählige Teile zerbrochen, der Pappkarton sah aus wie durch den Wolf gedreht. Der Spaßfaktor erhöhte sich noch, als ich feststellte, dass die Amis als Füllmaterial unter anderem gebrauchte Pizzaschachteln samt Inhalt und die dazugehörigen sich ausbreitenden Fettflecken verwendet hatten. Ich sag‘s ja: Experiment. Das Playset konnte ich retten und restaurieren und bei der Ausstellung dann doch noch präsentieren.

Frage: 181 Hoffentlich ohne Pizzareste! Aber sag mal, das Ganze kostet ja nun auch einiges an Geld. Hand aufs Herz, wenn du deine Ausstellung verkaufen würdest, reicht es dann für den zweiten Ferrari oder doch nur für einen Zuschuss zum gebrauchten Fiat?

Markus: Da ich Zeit meines Lebens nie im Besitz eines Fahrausweises war, liegt mir der Ferrari/Fiat-Vergleich natürlich etwas ferner als anderen. Ich denke aber, dass ich mir nicht nur ein E-Bike davon kaufen könnte, sondern wohl die ganze E-Bike-Firma (lacht). Nein, Spaß beiseite. Eine ausgedehnte Weltreise und ein Jahr Auszeit hätten sich wohl einige davon gegönnt, für andere wär‘s eventuell ein kleiner Batzen für ihren Eigenheim-Ausbau gewesen. Für mich war immer klar: Meine Sammlung ist meine Sammlung, und das soll sie auch bleiben. Sich daran erfreuen, Spaß haben, Abenteuer erleben, das heimliche Kind rauslassen, Start- und Landegeräusche imitieren, spielen und verweilen. Alles Dinge, bei denen ich unendlich Kraft tanken und die Seele baumeln lassen kann. Ein für mich sehr kostbares Gut.

Frage: Und damit eindeutig viel mehr wert als die E-Bike-Firma. Könntest du dir vorstellen, diese Ausstellung irgendwann auch einmal in Österreich oder Deutschland oder sogar darüber hinaus zu präsentieren?

182 Markus: Grandiose Idee! Das könnte ich mir sogar sehr gut vorstellen. Gerade in Deutschland und Österreich würde mir das sehr viel Freude bereiten. Die Ausstellung steht ja jetzt bereit, inklusive Beschrieben, Aufstellern, Plaketten, Bildern, Blaupausen etc. Das heißt, man kann sie quasi ohne weiteres Zutun unter den Arm nehmen und an anderen Orten präsentieren. Zudem würde es mich sehr freuen, in diesem Zuge mit weiteren Nerds, Fans, Sammlern, Science-Fiction-Verrückten und Interessierten der Materie in Kontakt zu treten, spannende Gespräche zu führen und sich auszutauschen. Es gibt da draußen eine unglaublich große, vielfältige und lebendige Community, wo es Unzähliges zu entdecken gibt. Und die Fans halten diesen pulsierenden, bunten Kosmos zusammen. Mit einem Ausstellungs-Trek in die Weiten des Fandoms vorzudringen, wäre ein Traum!

Frage: Sozusagen dahin zu gehen, wo noch nie eine Schweizer Spielzeugausstellung zuvor gewesen ist. Vielen Dank für deine Zeit und den interessanten Einblick in die tolle Ausstellung Zwischen den Welten.

Markus: Ich danke dir auch! Es hat sehr viel Spaß gemacht.

183 Rezension: Monolith Arena - Rasante Lege-Duelle von Bastian Ludwig

Irgendwo auf einer namenlosen Welt. In einer Arena treffen vier Fraktionen aufeinander, um sich in einem tödlichen Wettkampf zu messen. Es treten an: Die Elfen, die sich die Vorboten des Waldes nennen, die dämonischen Gebieter des Schlunds, die menschlichen Ritter des Imperiums des Drachens und die Zwerge, die man als die Wächter des Reichs kennt. So lasset die Spiele beginnen.

Die Regeln

Monolith Arena ist ein asymmetrisches Strategiespiel mit Legemechanismus. Die Grundregeln sind für zwei Spieler gedacht, mit Hilfe von Zusatzregeln können auch drei oder vier Personen in der Arena antreten. Dort legen die Spieler Einheiten aus, die dann gegeneinander kämpfen. Ziel des Ganzen ist die Vernichtung des gegnerischen Banners, ebenfalls ein Plättchen, das mit 20 Trefferpunkten zwanzig Mal so gut gerüstet ist wie eine typische Einheit. Die Regeln sind überschaubar. Vier Fraktionen stehen zur Auswahl. Jede Fraktion besitzt einen verdeckten Vorrat aus 35 Plättchen; auf der Hand liegen pro Zug maximal drei Plättchen, die gespielt werden können.

184 Arenaplättchen kann man in der Arena, also auf dem Spielbrett platzieren. Zu diesem Plättchentyp gehören zum einen die »Champions« genannten Einheiten, die sich mit Nahkampfangriffen, Fernkampfangriffen oder Rüstungen in die Schlacht stürzen. Daneben gibt es Runen, die die Fähigkeiten angrenzender Einheiten verstärken. Eine strategische Finesse sind die titelgebenden Monolithen, von denen jeder Spieler einen besitzt. Ein Monolith besteht aus drei Ebenen. In der oberen liegt das Banner, in den beiden unteren kann man, für den Gegner nicht zu sehen, Arenaplättchen platzieren. Im Spiel kann man den Monolithen dann entfalten, also die beiden unteren Ebenen in der Arena auslegen und so zur rechten Zeit die vorausgewählten Plättchen ins Spiel bringen. Den zweiten Plättchentyp stellen Befehle dar. Diese Plättchen werden nicht in der Arena platziert, sondern ausgespielt, angewandt und dann abgelegt. Mit ihnen kann man dann zum Beispiel Arenaplättchen drehen oder bewegen oder einen Kampf vom Zaun brechen.

Die Phasen

Das Spiel teilt sich in zwei große Phasen auf, die sich im Laufe einer Partie mehrfach wiederholen: Zum einen die Positionierung von Einheiten und Runen in der Arena, zum anderen der Kampf.

185 Noch ist der Monolith eingefaltet …

In der ersten Phase platzieren die Kontrahenten abwechselnd in jedem Zug bis zu drei Plättchen in der Arena beziehungsweise spielen sie als Befehle aus. Dabei geht es darum, sich eine gewinnbringende Stellung für den anstehenden Kampf aufzubauen, indem man gegnerische Einheiten ins Visier nimmt, eigene schützt und natürlich möglichst viel Schlagkraft auf das gegnerische Banner konzentriert. Der Clou: Kämpfe werden nicht sofort ausgefochten, das passiert erst in der späteren Kampfphase. Die Aufbauphase kann mehrere Züge dauern, währenddessen interagieren Plättchen nicht miteinander. Stattdessen baut sich im Verlauf mehrerer Züge eine Kettenreaktion an Kampfhandlungen auf. Man muss also im Auge behalten, welche Einheit welches Ziel mit wie großer Kampfkraft zu welchem Zeitpunkt des Kampfs angreifen wird. Gleichzeitig muss man bedenken, welche Züge der Gegner vornehmen könnte, um flexibel darauf reagieren zu können. Durch diesen Kniff erschafft Monolith Arena mittels weniger

186 Grundregeln eine beachtliche strategische Tiefe, die immer fordert, aber nie überfordert. Hinzu kommt, dass sich die unterschiedlichen Fraktionen dank teilweise individueller Fähigkeiten, Einheiten und Runen sehr unterschiedlich spielen, wobei sie aber gut ausbalanciert sind. Die Vorboten des Waldes sind agil, das Imperium des Drachens ist offensiv, die Hüter des Reichs setzen auf eine starke Verteidigung, und die Gebieter des Schlunds agieren hinterhältig mit Giften und Magie.

… doch schon im nächsten Moment entfaltet er seine volle Schlagkraft.

Phase 2

Ist das Schlachtfeld fertig bereitet, wird es Zeit für den Kampf. Der wird entweder von einem Spieler durch ein entsprechendes Befehlsplättchen ausgelöst oder entfacht automatisch, wenn die Arena voll besetzt ist. Die Einheiten besitzen Initiativwerte, die von oben nach unten

187 abgehandelt werden. Angriffswerte von Einheiten werden mit den Verteidigungswerten von Angegriffenen gegengerechnet; nicht selten vernichten sich Einheiten in einer Initiativphase gegenseitig. Vernichtete Einheiten und Runen werden aus dem Spiel genommen. Wenn ein Banner angegriffen wird, wird der Schaden auf einer Leiste notiert. Wer zuerst das gegnerische Banner vernichtet, hat gewonnen. Außerdem endet das Spiel, wenn einem Kontrahenten die Plättchen ausgehen; dann gewinnt der Spieler, dessen Banner noch die meisten Lebenspunkte besitzt. Das funktioniert alles schnell und rund. Eine Partie ist mit gerade einmal 30 Minuten veranschlagt, und das kommt auch gut hin. Man hat immer einige Optionen zu bedenken, es artet aber nie in Planungsmarathons aus. Einzig der Umstand, dass man seine Plättchen erst zu Beginn des eigenen Zuges ziehen und dann auch erst mit der Planung beginnen kann, bremst den Spielfluss ein wenig. Das Ziehen der Plättchen ist theoretisch auch das einzige größere Manko des Spiels, stellt es doch einen nicht zu unterschätzenden Glücksfaktor dar, wo bei einem Strategiespiel doch eigentlich Verstand und Berechnung den Sieg bestimmen sollten. Überraschenderweise torpediert der Glücksfaktor aber nicht den Strategieteil. Stattdessen ist es eine Herausforderung, mit den Plättchen, die einem Fortuna zuspielt, die beste Taktik auszubaldowern. Wem dennoch zu viel Glück im Spiel ist, der kann das durch Zusatzregeln abmildern – da hat der Autor mitgedacht. 188 v.l.n.r.: ein Champion, eine Rune und ein Befehl

Das Äußere

Über die Grafik des Spiels muss man nicht viele Worte verlieren. Die ist ordentlich, viel mehr als generische Fantasy-Illustrationen darf man aber nicht erwarten. Das geht vollkommen in Ordnung, denn wichtiger ist, dass die Plättchen übersichtlich und schnell zu erfassen sind.

Fazit

Monolith Arena ist ein schnelles kleines Strategiespiel, das dank cleverer Mechanik mit wenigen Regeln eine beachtliche Tiefe erreicht. Wer sich nicht daran stört, dass der Glücksfaktor für einen Strategietitel recht hoch ist, bekommt hier ein wunderbares Zwei-Personen-Spiel geboten.

189 Monolith Arena Brettspiel für 2 bis 4 Spieler ab 10 Jahren Michał Oracz Pegasus Spiele, 2018 EAN: 4250231716850 Sprache: Deutsch

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191 Perlentaucher: Zak McKracken and the Alien Mindbenders

von Fabian Wölz

Schon 1988, nur ein Jahr nachdem Lucas Arts das Point-and-Click-Genre mit Maniac Mansion und dem SCUMM-System neu erfand, erschien das mit Zak McKracken and the Alien Mindbenders das zweite Projekt seiner Art. Die Köpfe hinter dem Spiel, das sich um Verschwörungstheorien, alte Ruinen und Außerirdische drehen sollte, waren David Fox und Matthew Alan Kane. Die ursprünglich ernste, hollywoodhafte Handlung wurde während der Entwicklung auf Anraten von Maniac Mansion-Schöpfer Ron Gilbert zu einer humorvollen, augenzwinkernden Behandlung des Alien-Themas umgeschrieben. Die Geschichte beginnt im fernen Jahr 1997. Zachary Francis McKracken, genannt Zak, ist Reporter bei einem kleinen Revolverblatt und hat die Nase voll davon, sich reißerische Geschichten auszudenken. Eines Nachts hat er

192 einen merkwürdigen Traum, in dem ihm Außerirdische, eine Weltkarte, eine Frau und eine mysteriöse Maschine erscheinen. Am nächsten Tag erkennt er die Frau bei einem Fernseh-Interview wieder. Sie heißt Annie Larris und ist Wissenschaftlerin und Leiterin der Gesellschaft für altertümliche Weisheiten. Nachdem Zak sie besucht und ihr von seinen Visionen erzählt, schließen sich die beiden zusammen um herauszufinden, was wirklich hinter alldem steckt. Gemeinsam mit den beiden Yale-Studentinnen Melissa und Leslie decken Zak und Annie den Plan einer bösen Alienrasse, den Caponiern, auf: Die Außerirdischen haben die weltweite Telefongesellschaft übernommen und senden einen Brummton, welcher der Menschheit das Gehirn vernebeln und sie so für eine Invasion gefügig machen soll. Um dies zu verhindern, müssen Zak und seine Partnerinnen versteckte Artefakte finden und die mysteriöse Maschine aktivieren, die von den ebenfalls außeridischen Skolarien zurückgelassen wurde. Dafür bereist der Spieler antike Ruinen in aller Welt und sogar auf dem Mars.

193 Nachdem mit Maniac Mansion die spielerische Grundlage geschaffen wurde, wollte man bei Zak McKracken einen Schritt weitergehen: Viele verschiedene Schauplätze statt nur einem Haus und ein erweitertes SCUMM-System mit mehr Aktionsverben. Leider gingen diese Ambitionen nicht ganz auf. Während die Villa im Vorgänger übersichtlich gestaltet war und die individuellen Räume viel Liebe zum Detail boten, sind die Areale in Zak McKracken ziemlich klein und öde geraten. Die zusätzlichen Verben sorgen eher für Frust als für mehr Kreativität, da man am Ende mehr Versuche braucht um auf die gesuchte Lösung zu kommen. Generell weiß man als Spieler oft nicht so recht, was als nächstes zu tun ist. Während man aber beim Vorgänger noch ungestraft erkunden durfte, tappt Zak McKracken in genau die Falle, die Lucas Arts eigentlich vermeiden wollte: Unlösbare Situationen. Jedes Mal, wenn Zak den Schauplatz wechselt oder in einem Geschäft einen Gegenstand erwirbt, muss er mit seiner Cashcard bezahlen. Das Guthaben ist aber nicht endlos, sodass man wortwörtlich pleitegehen und festsitzen kann. Für Spiele dieser Ära gilt eben: So oft wie möglich speichern und mehrere Spielstände parallel nutzen. Erwähnenswert ist auch die Kopierschutzvorrichtung des Spiels: Immer wenn Zak aus den USA ausreist, muss der Spieler einen Visumscode eingeben. Diese Codes liegen dem Spiel auf einem braunen, extra schwer kopierbaren Stück Papier bei. Gibt man den Code mehrmals falsch ein, landet Zak im Knast und muss sich vom Wärter eine Rede zum Thema Raubkopien 194 anhören. Zak McKracken and the Alien Mindbenders erschien ursprünglich für Commodore 64 und MS-DOS und wurde im folgenden Jahr für Amiga und Atari ST portiert. 1990 erschien eine CD-Rom-Version in Japan für den FM Towns-Heimcomputer, die erheblich bessere Grafiken und Sounds bot. Diese Version ist auch heute weltweit als Download zum Kauf erhältlich. Die Idee hinter dem Spiel klingt eigentlich nicht schlecht und die Thematik rund um alte Zivilisationen und Außerirdische sowie die wechselnden Schauplätze erwecken dieses 80er-Abenteuerfeeling, das an einen gewissen Geschichtsprofessor mit Hut und Peitsche erinnert. Das Spiel selbst wird dem aber nicht so ganz gerecht. Abseits von Zak selbst sind die Charaktere ziemlich flach und die Handlung wird quasi nur durch die Rätsel vorangetrieben. So kommt das angestrebte cineastische Gefühl einfach nie so richtig auf. Trotzdem legt das Spiel den Grundstein für spätere Spiele des Entwicklerstudios, besonders die des oben bereits erwähnten Archäologie-Kollegen. Zak McKracken war besonders in Europa, speziell Deutschland erfolgreich und erhielt 2008 vom deutschen Entwicklerteam Artificial Hair Bros. Eine nicht-kommerzielle, inoffizielle Fortsetzung mit dem Titel Zak McKracken: Between Time and Space.

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196 Phantastisches Lesen

PERRY RHODAN: TARA-Psi nach Arkon!

von Alexandra Trinley

Mit Zemina Paaths Gedächtnis kehrt das Tempo in die Zyklushandlung zurück, und das ist gut so. Die ersten zwanzig Bände des »Mythos«-Zyklus waren perfekt erzählt und lieferten die sorgsame Erkundung einiger abgelegener Planeten in einer fremd gewordenen Milchstraße, führten uns zu den Dunkelwelten der Posbis, deren Roboterzivilisation wegen der Plasmakomponenten ein extrem individualisiertes und manchmal auch schrilles Eigenleben entwickelt hat, und zu weiteren Völkern. Sie waren aber auch ein wenig statisch. Zeit, dass wieder mal

197 richtig was abgeht. Und hier hat der Zyklus Fahrt aufgenommen. Was geschah nach der zeitversetzten Rückkehr der RAS TSCHUBAI in die um 500 Jahre gealterte Milchstraße? Nun, die Veränderung der Machtverhältnisse forderte Geheimhaltung. Perry Rhodan traf unter strengen Sicherheitsvorkehrungen im Habitat Gongolis auf seinen alten Freund Reginald Bull, der aktuell Regierungschef der in der Milchstraße verbliebenen Terraner ist. Diese haben sich im Ephelegon-System ein Ersatz-Terra aufgebaut, das sie vor den neuen Machthabern, den Cairanern, verstecken. Die alten Freunde haben unterschwellige Konflikte wegen Bulls chaotarchisch geprägtem Zellaktivator und wegen der 500 Jahre, in denen Bull auf fast verlorenem Posten stand, während für Rhodan nur wenige Wochen verstrichen sind. Gemeinsam brachen sie ins Solsystem auf. Dort wurden Erde und Mond durch den Planeten Iya und dessen Mond Vira ersetzt, die unerklärlicherweise fast identisch mit Terra und Luna sind und doch einer völlig anderen Entwicklung entstammen. Es scheint, als hätte der gleiche Himmelskörper wie Terra sich seit dem Kambrium anders entwickelt, seltsamerweise mit Anklängen an andere Epochen – so gibt es batteriebetriebene Luftschiffe, Funkgeräte und einfache Feuerwaffen.

198 Fünfäugigkeit ist auf Iya die Norm; seine Bewohner, die Ayee, sind vage humanoide Flugwesen mit flacher Nase, roten Lippen und wie mit schwarzgrünem Moos bewachsenen Schädeln. Auch die Fauna des Planeten ist fünfäugig, weshalb Rhodans Reisegruppe nicht nur sich selbst, sondern auch den Okrill Phylax entsprechend tarnt, als sie den Planeten erkunden.

199 Der entsprechende Doppelband PR 3017 und 3018 kam gut an, die Verfasserin dieser Kolumne, die Susan Schwartz sonst sehr schätzt, geriet allerdings an ihre Grenzen und las stattdessen den ersten Band ihrer Albalon-Reihe, Der Bund der Fiandur, der ihr ausgesprochen gut gefiel, weil Schwartz aka Zietsch hier ihre Figuren völlig im Griff hat, ihnen allgemeingültige Konflikte auf den Leib schreibt wie die Gemütlichkeit behüteten Sklavendaseins angesichts der Herausforderungen der Freiheit und den eigenen gesunden Menschenverstand in den Erzählfluss einbringt. Die Ayee-Handlung kommt nicht auf dieses Niveau. Uwe Antons Das Rätsel von Pescha (PR 3019) beschreibt, wie der Weg durch die Welt der Ayee weitergeht. Begleitet von Anklängen an Karl May führt uns die Reise quer über Iya, umgeben von Diamanten und einem riesenhaften Zug namens Kupferkarawane, zumindest in die Nähe des Orakels. Laut Auskunft des Autors sind darin auch eine Vielzahl von Anspielungen versteckt, die von der Warte kommender Romane aus viel verraten, unter anderem, dass Cairaner Datenmanipulationen verabscheuen und dass es ein Geheimprojekt namens Trajekt gibt, welches einem noch größeren und wichtigeren Geheimprojekt dient, in welchem das Solsystem eine unersetzliche Rolle spielt. Ist dies das im Titel genannte, wahre Geheimnis von Pescha? Das dort residierende Orakel treffen wir erst im Folgeroman, und damit beginnt ein neuer Zyklusabschnitt. Michelle Sterns Die Stunde des Orakels (PR 3020) bringt den Umschwung. Das Orakel, dem Rhodan und seine Reisegruppe begegnen, ist eine alte Bekannte: YLA gilt als 200 Tochter der großen Mondpositronik NATHAN und konnte sich von Anfang an abschotten. Die Maschinenintelligenz tauchte in Band 2702 auf und zierte dort das Titelbild.

YLA galt damals als »positronisches Phantom«, denn sie wirkte wie zusammengesetzt aus den Scherben eines Spiegels mit dem Abbild einer schönen, dunkelhaarigen Frau. Ihre physische Erscheinung besteht aus mikroskopisch

201 kleinen Bauteilen, die sich zu einer Holoprojektion zusammensetzen können. Nach dem Posizid und unter cairanischer Kontrolle erscheint sie anders … wobei, wie uns der Folgeroman von Leo Lukas, der Eyshus Geschenk (PR 3021) titelt, verrät, dies Teil eines Spiels ist, mit dem die schlaue YLA sich trotz allem mit Rhodan austauschen kann. Mehr zu verraten, würde den beiden bezaubernd geschriebenen Romanen einen Teil ihrer Spannung nehmen, und das haben sie nicht verdient. Band 2702, in dem YLA eingeführt wurde, war übrigens eins der ersten Produkte des Expokratenduos Montillon/Vandemaan. Er wurde von Marc A. Herren verfasst, der sich bald darauf in einen bürgerlichen Beruf zurückzog, aktuell aber Band 7 der laufenden Miniserie Mission SOL schrieb, zu der die Verfasserin dieser Kolumne eine Interviewreihe macht (Link im Anschluss, Anm. D. Red.).

202 Bemerkenswert ist Bulls großes Spiel (PR 3022) von Marcus Michael Thurner aus mehreren Gründen. Reginald Bulls Spedd-Spiel mit dem Cairaner Gar Zunurudse, bei dem nichts Geringeres als die Ersatzerde Yla den Einsatz bildet, gerät zum Charakterporträt zweier entschlossener Strategen, die ihre jeweiligen Werte zur Richtlinie ihres

203 Handelns machen. Das ist keine Kleinigkeit in einem Spiel cairanischen Ursprungs. Der klare Aufbau bringt die Abschnitte des Spiels so richtig schön zur Geltung, und die Auflösung ist der Spielsituation angemessen. Der TARA-Psi, ein Kampfroboter mit Psi-Fähigkeiten, kann sich in der Nebenhandlung austoben und wird auch in den Folgeromanen sein Unwesen treiben. Das vertraute »Plopp«, mit dem Luft durch einen aus dem Nichts materialisierenden Körper verdrängt wird, stammt nun nicht mehr unbedingt von einem Mausbiber. In der Heftbeilage zum Thema »50 Jahre Mondlandung» finden sich kleine Berichte darüber, wie Autoren und Zeichner den historischen Tag verbrachten, woran sie sich erinnern. Und dann bildet Band 3022 eben nicht den zweiten Teil eines Doppelromans, auch wenn der Folgetitel vom selben Autor stammt. Der On-Pirat (PR 3023) von Michael Marcus Thurner ist ebenfalls von einer Charakterdarstellung getragen, denn ein ungeheuer von sich selbst eingenommener Pirat des Linearraums, der natürlich dem Volk der Onryonen entstammt, liefert sich mit dem Arkonidenfürsten Atlan den Kampf seines Lebens. Beide Romane sind ausgesprochen lesenswert. Verena Themsen verfasste Der Geist von Hellgate (PR 3024), dessen Titelbild einen der historischen Momente der Serie abbildet: Es war Hellgate, in dessen Gluthitze Perry Rhodan ums Überleben kämpfen musste, nachdem er den nach 10.000 Jahren auf der Erde endlich wieder an Bord eines Raumschiffs befindlichen Atlan unterschätzt hatte. Die beiden Männer, die einander für Feinde hielten, rangen um 204 den Zugang zu jener kleinen Station, die das Tibi von PR 3024 abbildet. Atlans idiotisches Lied »Das Wasser ist nass, das Wasser ist nass, wie köstlich schluckt und schlürft sich das« (PR 50) provozierte Rhodan zur entscheidenden Fehlreaktion, und dessen Sieg war der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Nun, Themsen, die auf Arkoniden spezialisierte Datenverwalterin der Serie, tauchte trotz der Anspielung nicht in die Vergangenheit ein, bemühte sich nicht um einen Zweitaufguss des Mythos. In ihrem Roman gibt es Arkoniden, Naats, Gluthitze und Kämpfe, aber er spielt in der Seriengegenwart. Die BJO BREISKOLL befindet sich im Orbit und erlebt Abenteuer. Endlich werden die hochinteressanten Zain-Konstrukte aktiv.

205 Von überwältigender Schönheit ist Wim Vandemaans Ich erinnere mich (PR 3025). Der Roman ist leider von einem ziemlich grausigen Titelbild begleitet. So scheußlich das Tibi geriet, so schön ist der Roman, und das will einiges heißen. Der Expokrat der Serie, dessen überbordende Phantasie so manchen Zykluszusammenhang zur Wackelpartie verdammt, gestaltet die Erinnerungen der Thesan Zemina Paath, von einem eingesetzten Gehirnfragment erweckt, zu bunten Bilderwelten voll stilistischer Eleganz.

206 Ein wenig knüpft auch dieser Band an die Einführung Atlans in die Serie an, denn er beginnt an Bord eines Schiffs, hier der BJO BREISKOLL, und entführt in ferne Erinnerungen, welche die Gegenwart in neues Licht tauchen. Mehrfaches Lesen kann nicht schaden, um den Facettenreichtum verstehen zu können. Es lohnt sich. Weiter geht es mit der Atlan-Handlung. Atlan und die Kristallsklaven (PR 3026) stammt ebenfalls von Michael Marcus Thurner. Wir begegnen einer Zivilisation, die ausgebeutet wird, weil ihre Angehörigen etwas mit Kristallen tun können – etwas, was unter den veränderten physikalischen Bedingungen, der sogenannten Hyperkorrosion, von unschätzbarem Wert ist. Hubert Haensel liefert mit dem Anschlussband Zurück nach Arkon (PR 3027) eine klassische, temporeiche Raumschlacht, in der Gegner einander fremd bleiben und es jede Menge Explosionen gibt. Die ehemaligen Kopfgeldjäger Dancer und Schlafner mischen ebenfalls mit, und die Haensel eigene, aufwändige Gestaltung der natürlichen Umgebung prägt die Atmosphäre des Romans. Mit der Rückkehr nach Arkon wird es wieder ein wenig ruhiger, aber deshalb nicht weniger spannend. Erneut steht das umfassende Porträt einer Zivilisation an – einer den Lesern wohlbekannten Zivilisation, die neu erkundet werden muss, was Atlan denn auch sehr gründlich tut. Wir erinnern uns an den allgemeinen Zustand der Milchstraße: eine Datensintflut hat fast alle historischen Dokumente entwertet, sodass nur noch die Speicher der RAS TSCHUBAI gesichertes Wissen enthalten – was einer der 207 Gründe zu sein scheint, warum die Cairaner das Schiff so gern in die Finger bekämen. Alles hat sich verändert – auch Arkon, das zu Beginn der Serie noch Mittelpunkt eines dekadenten, aber übermächtigen Kristallimperiums war und durch das Auftreten des Utopischen Tribunals in Kristallbaronien zerfiel, kleinere Machtzentren, in denen die Lebenskultur der Arkoniden lebendig blieb: so wie das frühere Imperium waren sie Kristallisationspunkte von Dekadenz, Macht und Intrigen.

208 Wie sich die Welt der Arkoniden verändert hat, beschreibt Uwe Anton in Die Kristallgetreuen (PR 3028) in vielschichtiger und durchdachter Weise. Auch hier findet sich eine Insider-Anspielung an die Gründerzeit der Serie, hieß das Terra, auf dem der Admiral und Kristallprinz Atlan nach dem Untergang des nach ihm benannten Kontinents Atlantis 10.000 Jahre lang festsitzen sollte, doch damals Larsaf III.

209 Nun geht es um den Thantur-Baron Larsav da Ariga, der mit allen Mittel arkonidischer Politik um sein Reich und sein Leben kämpft, was Atlan genugsam Gelegenheit gibt, sich als Angehörigen dieser ungleich skrupelloseren Zivilisation zu outen. Erinnerungen an diverse Auseinandersetzungen mit Perry Rhodan, die den mehr oder minder schonenden Umgang mit Gegnern zum Thema haben, runden das gezielte Vorgehen des weißhaarigen Unsterblichen ab. Arkon, Thantur-Baron – was ist denn nun Thantur-Lok? Welche wichtigen Planeten gibt es dort? Der Roman enthält so einiges an Einführung, das bei diesem speziellen Thema jedoch bitter nötig ist und angesichts der detailreichen Entfaltung arkonidischen Lebens in der Handlung wirklich nur eine Grundlage bildet. Die Erkundung beginnt auf Zalit, ebenfalls Altbestand der Serie. Das dem Roman vorangestellte NDE-Dossier »Arkon aktuell« informiert: Zalit ist der vierte von insgesamt fünfzehn Planeten, die die rote Riesensonne Voga umkreisen, welche sich nur 3,14 Lichtjahre von Arkon entfernt im Zentrum des Kugelsternhaufens Thantur-Lok befindet. Besiedelt wurde der Planet etwa 13.000 Jahre vor Beginn der alten terranischen Zeitrechnung von Arkoniden, die sich bei der Anpassung an die neuen Umweltbedingungen leicht veränderten. Regierungsoberhaupt ist der Zarlt von Zalit, die Hauptstadt Tagnor hat 30 Millionen Einwohner. Eine eigens dafür gegründete neue Stadt stellt den Regierungssitz der Vereinigten Sternenbaronien.

210 Dort kommt Atlan mit der CAI CHEUNG an. Was wird er vorfinden? Immer noch Messingträume, jene besondere Art der Realitätsflucht, in der eine buntere, bessere Wirklichkeit erlebt wird? Wie zu dekadentesten Zeiten reagierten die Gesprächspartner sehr langsam auf die Auskunft, dass die Neuankömmlinge den Thantur-Baron Larsav da Ariga an Bord haben. Atlan als Experte versteht schnell, dass dies Unstimmigkeiten anzeigt. Der so unarkonidisch gewordene Arkonide taucht in die Mentalität seines Volkes ein, ist er selbst. Die Trichterbauten, die auf dem Titelbild abgebildet wurden, sind zugleich Familiensitze. Sie heißen Khasurn. Jeder Khasurn hat eine Hierarchie und eine Geschichte. Atlans Gesprächspartner sind Edle Zweiter Klasse und Sonnenträger, Bezeichnungen, an denen sich die Vielfalt arkonidischer Ränge zeigt, und es finden sich deutliche Spuren von Atlans Vergangenheit, hat sich doch auch die eine oder andere auffällige Familienähnlichkeit über die Jahrtausende erhalten. So kehrt Atlan in die Heimat zurück und zur arkonidischen Geschichte, der es nicht so übel erging wie der terranischen. Thantur-Lok ist der arkonidische Name des Kugelsternhaufens M 13 im Sternbild des Herkules. Er liegt etwa 20.000 Lichtjahre oberhalb der Milchstraßenhauptebene, die Entfernung zum Solsystem beträgt circa 34.000 Lichtjahre. Bei einem Durchmesser von etwa hundert Lichtjahren besteht er aus ungefähr 100.000 Sonnen.

211 Vor knapp 25.000 Jahren gründeten dort die Vorfahren der Arkoniden, die sich von den Akonen abgespalten hatten, eine neue Kolonie, die ihren Stammvätern lange verborgen blieb – bis es zur Auseinandersetzung kam. Das in der Folge gegründete Ewige Imperium existiert in den virtuellen Träumen der Messingwelt weiter, in die sich viele Arkoniden geistig zurückgezogen haben, doch der aktuelle Thantur-Baron regiert als Primus inter pares ein Kerngebiet von etwa tausend besiedelten Welten, deren politische Ausrichtung zur Disposition steht. Deshalb knallt es dann doch ganz schön beim Zusammentreffen der Arkoniden, und das, obwohl Atlan inkognito reist, sich durchaus zurückhält und offene Gewalt erst am Ende der lang gesponnenen Intrigen entsteht. Den TARA-Psi setzt der Arkonide natürlich auch ein wenig anders ein … und die Kristallgetreuen sind denn auch ein klassischer Geheimbund, wie die Arkoniden wohl immer einen haben. Der Roman präsentiert einen diffizilen, fein gewebten Lebensraum voll subtiler Bosheit, arroganter Elitekämpfer und genussreicher Prachtentfaltung. Ist es modern und revolutionär, dass der Thantur-Baron mit einem jungen Mann zusammenlebt, oder römisch-klassisch? Im Folgeroman Angriff der Signaten (PR 3029) erzählt Uwe Anton mehr von arkonidischen Geheimorganisationen und religiösen Fanatikern.

212 Wie wird es weitergehen? Diesmal hat die Redaktion in Rastatt frühzeitig eine Reihe von Titeln bekanntgegeben. Oliver Fröhlich, Susan Schwartz, Leo Lukas und Kai Hirdt erzählen von Dunkelwelten und Agenten. Der Lordadmiral der USO, Monkey, tritt auf, die übel beleumdete Freihandelswelt Lepso wird Handlungsort, und es gibt so

213 einiges aus dem Blickwinkel kybernetischen Lebens zu berichten, ehe es um graue Schleier und graue Materie geht, die noch völlig unbekannt sind. Da PR 3035 wiederum von Uwe Anton stammt, werden wir spätestens zu diesem Zeitpunkt sicherlich wieder eine umfassende, mit Erläuterungen angereicherte Beschreibung des Phänomens lesen können.

Leseproben und aktuelle Informationen auf der Verlagsseite: http://perry-rhodan.net

Interviews zum jeweils aktuellen Heft und zur aktuellen Miniserie auf der Website der Perry Rhodan Online Community: https://www.proc.org

214 PERRY RHODAN: Silverberg und Caligari – Sachbücher von RHODAN-Autoren

von Alexandra Trinley

Die Sommerferien boten eine willkommene Gelegenheit, eine Reihe von Büchern durchzulesen, anzulesen, nochmals zu lesen oder Revue passieren zu lassen, die von Autoren der PERRY RHODAN-Serie stammen, aber nichts mit der Serie zu tun haben. Darunter waren zwei Sachbücher, nämlich Robert Silverberg – Zeiten der Wandlung von Uwe Anton und Der Caligari-Komplex von Olaf Brill. Erwähnt seien Gustav Meyrink, der Herr des Golem von Hermann Ritter, und Das große Leo Lukas Lesebuch.

215 In der Reihe MEMORANDA des Golkonda Verlags werden seit 1994 Leben und Werk bedeutender Science-Fiction-Autoren besprochen. Als Band 15 erschien Uwe Antons A.E. van Vogt – der Autor mit dem Dritten Auge. Band 6 von Hermann Ritter titelt Gustav Meyrink, der Herr des Golem, und kam der Autorin dieser Kolumne erst nach Ferienende in die Finger – die frühen Ausgaben der

216 Reihe haben einen deutlich geringeren Umfang als die aktuellen, was wohl der Grund dafür ist, dass sie nur noch antiquarisch erhältlich sind. Er liest sich gut. Als Band 26 erschien im Sommer 2018 Uwe Antons Robert Silverberg – Zeiten der Wandlung. Ähnlich den stets umfassend recherchierten Romanen des Wuppertaler Autors, der auch über Philip K. Dick und Stephan King umfangreiche Werke verfasste, ist dieses Sachbuch in seiner Art enzyklopädisch, weist jedoch einen sorgfältigen, durch das übersichtliche Layout zusätzlich zugänglich gemachten Aufbau auf. In der Einleitung beschreibt Anton seine Vorgehensweise. Angesichts von Silverbergs ausgesprochen umfangreichen Werk von mehr als 1600 Kurzgeschichten und 600 Büchern, darunter jeweils etwa 100 Sachbücher und Anthologien, war zum Erstellen eines übersichtlichen Werkführers Reduktion angesagt: was die Genregrenzen der Science-Fiction überschreitet – Krimis, sehr harmlose Pornos und Geschichten für Sport- und Westernmagazine – wurde mit wenigen Ausnahmen, die besonderer Beachtung wert sind, nicht besprochen. Sämtliche Romane Silverbergs fanden Aufnahme in den Band, ebenso alle seine Kurzgeschichtensammlungen, während keine seiner Anthologien und Sachbücher enthalten sind. Weggelassen wurden auch viele der schnell hingeschriebenen Geschichten des Frühwerks, über die schon Silverberg selbst den Mantel des Vergessens breitete und die nie nachgedruckt wurden.

217 Eine vorangestellte Biographie spürt der Vernetzung von Leben und Schreiben nach und macht die Einteilung im Inhaltsverzeichnis nachvollziehbar. Die biographischen Eckdaten: wie so viele andere Hochbegabte war Robert Silverberg ein Nachkomme osteuropäischer Juden. Er wurde am 15. Januar 1935 in New York geboren, schrieb viel, entwickelte sich und lebt derzeit, 84-jährig, in Oakland. Die Unterteilung in Schaffensphasen weist vier Stationen auf, die den fast 500 Seiten starken Band gliedern. 130 Seiten sind dem Frühwerk gewidmet, in dem Silverberg „wie am Fließband“ schrieb. Das könnte eine ermüdend lange Liste ergeben, wäre nicht jede einzelne Besprechung mit Informationen zu Erscheinungsort und -jahr versehen, mit dem betreffenden Titelbild illustriert und kurzweilig nacherzählend aufgebaut. Tatsächlich erinnert jede einzelne Besprechung an einen Elevator Pitch, jene knappe Darlegung einer Idee, für die man wenige Stockwerke lang Zeit hätte, falls man den wichtigen Entscheidungsträger zufällig im Fahrstuhl treffen sollte. Der Stil ist anschaulich, Nebeninformationen und analytische Anmerkungen wurden elegant in den Textfluss eingewoben, so dass trotz der Knappheit das Wesentliche zur Geltung kommt. Dieser erste Abschnitt zum Frühwerk enthält nun wirklich eine Reihe ziemlich wilder Geschichten, deren Schwachpunkte dargelegt, aber nicht breitgetreten werden, so dass die Präsentation unterhaltsam wirkt. Es folgt der Lebensabschnitt, der nach einem Roman Silverbergs benannt ist und der dem Sachbuch den Titel 218 gab, die „Zeit des Wandels“ zwischen den Schaffensphasen, in denen der Autor Krimis und diverse weitere Bücher schrieb. Mit der Schwierigkeit, anspruchsvollere Bücher abzusetzen, war Silverberg im folgenden Lebensabschnitt konfrontiert, den Anton als „die kritische Phase“ bezeichnet. Der Autor versuchte sich an Geschichten mit höherem Niveau, die sich jedoch schlechter verkauften. Schließlich fand Silverberg eine Balance zwischen eigenem Anspruch und der Zugänglichkeit für ein großes Publikum: die 142 Seiten des vierten Abschnitts widmen sich dem „geschliffenen Spätwerk“, in denen der Autor Storys, Kurzgeschichtensammlungen und Bestseller schrieb. Es folgen Besprechungen autobiographischer Schriften, einige Worte zu den herausgegebenen Anthologien, der Text von Silverbergs Ehrengastrede vom Heicon 70, der 1970 in Heidelberg stattfand, und anderes mehr. Die 60 Seiten (!) umfassende deutsche Bibliographie von Silverbergs Werken stammt von Joachim Körber. So entstand ein inhaltlich ebenso wie im analytischen Zugriff umfassendes, sorgfältig gegliedertes Buch, das sich gut in die Hand nehmen und in Abschnitten wie auch im Zusammenhang unterhaltsam lesen lässt, weil der Gehalt so gründlich eingebaut wurde, dass nichts davon schwer wirkt.

219 Ein Meisterwerk des expressionistischen Films ist das Thema von Olaf Brill. Sein Sachbuch setzt die Bilder des 1920 in die Kinos gebrachten Films Das Kabinett des Dr. Caligari zur Veranschaulichung der Inhalte sowie zur eindrucksvollen Illustration ein und stellt ihre Hintergründe dar. Durch diese ausgeprägte Ausrichtung aufs Bild ist das anspruchsvolle Werk ebenso schön anzusehen wie übersichtlich. Auch die einprägsamen Untertitel erlauben

220 gezieltes Schmökern in einem zugänglichen Werk, das zugleich einem hohen wissenschaftlichen Standard genügt. Die ersten 300 Seiten unterteilen sich in die sehr konkrete Analyse des Films, die Beschreibung seiner Entstehungsgeschichte und die Darlegung seiner Wirkung. Stets sind die Inhalte mit den optischen Elementen verbunden, so dass man im Buch blättern, Bilder angucken und, neugierig geworden, direkt über den interessanten Happen weiterlesen kann Brill ist freiberuflicher Autor und Redakteur, als Dozent ist er unter anderem fürs Deutsche Filminstitut tätig. Die Arbeit am Layout ist ihm vertraut, und er war an der überaus präzisen Gestaltung dieses Buchs mit Hingabe beteiligt: allein der optische Eindruck vermag zu überzeugen, das Layout führt ein den Textinhalt ergänzendes Eigenleben, das den ausgezeichnet geschriebenen Inhalt belebt und ergänzt. Der Schwarzweißfilm Das Kabinett des Dr. Caligari stammt von 1920, wird also bald 100 Jahre alt. Mit der zwiespältigen Geschichte vom Schausteller, Irrenarzt oder Verbrecher Caligari, dem Somnambulen Cesare und dem Erzähler, der unerhörte Vorgänge aufdecken möchte und dabei selbst nicht unbedingt zuverlässig bleibt, geriet dem Regisseur Robert Wiene durch seine eindrucksvollen Filmbilder und die progressive Erzählweise ein Meilenstein der Filmgeschichte, dessen Hintergründe sich in diesem umfassenden Sachbuch nachverfolgen lassen. Mehr Sachbücher? Was wäre, wenn … die gute Fee des Ministeriums käme, und ein Wink ihres Zauberstabs verlängerte die 221 Sommerferien auf doppelte Länge? Spannend wäre das Leo Lukas Lesebuch, das eine repräsentative Auswahl der vielseitigen Texte des österreichischen Kabarettisten beinhaltet. Und vieles andere mehr.

Bibliographie: Uwe Anton: Robert Silverberg. Zeiten der Wandlung. SF Personality, Band 26. Memoranda bei Golkonda, München/Berlin 2018, 512 Seiten, 18,90 € ISBN 978-3-946503-30-9. Als E-Book 6,99 € Olaf Brill: Der Caligari-Komplex. Belleville: Münster, überarbeitete und erweiterte Fassung 2012, 412 Seiten, 38 €, ISBN 978-3-923646-77-7 Leo Lukas: Das große Leo Lukas Lesebuch. Ueberreuter: Wien, 208 Seiten, 21,95 €, ISBN 9783800077137

PERRY RHODAN: Schwarze Saat und Drachenflug – Im Gespräch mit Madeleine Puljic von Alexandra Trinley

Die österreichische Autorin veröffentlicht seit Jahren im Fantasy- und Science Fiction-Bereich. 2017 wurde sie für ihren Roman Noras Welten mit dem Deutschen Selfpublishing Preis ausgezeichnet. Seit 2016 ist sie auch im Perryversum tätig. Nach diversen PERRY RHODAN

222 NEO-Romanen und zwei Beiträgen zur Miniserie OLYMP erschien nun ihr erstes Taschenbuch zur Serie. Das Gespräch führte Alexandra Trinley.

AT: Madeleine, wir haben drei Themen, und zwar dein Taschenbuch Schwarze Ernte, das am 30. August 2019 bei Bastei-Lübbe erschien, die PERRY RHODAN-Miniserie Mission SOL, die in deinem Haushalt konzipiert, betreut und auch geschrieben wird, und zu guter Letzt dein eigenes aktuelles Romanprojekt. Schwarze Ernte erscheint als dritter Band der Dunkelwelten-Trilogie.

MP: Richtig, wobei die drei Romane nur lose zusammenhängen und unabhängig voneinander gelesen werden können. Jeder Band erzählt von den Ereignissen auf einer anderen Dunkelwelt, die zwar durch ein Geheimnis aus der Vergangenheit miteinander verbunden sind, aber für jede Welt entstehen andere Probleme daraus, sodass sich drei völlig unterschiedliche Geschichten ergeben.

223 AT: Du warst maßgeblich an der Konzeption der Trilogie beteiligt?

MP: Wir Autoren standen in regem Austausch miteinander, da gingen einige Ideen hin und her. Robert Corvus hatte die ursprüngliche Idee, aus der letzten Endes dann auch sein Roman entstanden ist. Während die beiden Kollegen wilde Vorschläge geliefert haben, war mein Part im kreativen Prozess dann mehr, das Ganze zusammenzufassen zu einem Konzept, das die Redaktion abgesegnet hat.

224 AT: Worauf muss man achten bei der Balance, etwas für Neuleser Zugängliches zu erschaffen, das zugleich alteingesessene Fans der Serie nicht langweilt?

MP: Das ist natürlich immer eine gewisse Herausforderung. Altleser freuen sich hoffentlich über die liebgewonnenen Elemente, die wir in der Trilogie wiederaufleben lassen, nachdem sie in der Erstauflage zum Teil schon länger nicht mehr erwähnt wurden. Die Schauplätze und Geschichten dagegen sind neu, sodass sich auch Neuleser schnell zurechtfinden werden.

AT: Denkst du, das ist euch gelungen?

MP: Das hoffe ich doch.

AT: Sprechen wir über die aktuelle Miniserie. Du bist die Frau von Kai Hirdt, dem Expokraten von Mission SOL. Wie geht er bei dieser Tätigkeit vor?

MP: Sehr akribisch und mit viel Grübeln und Fluchen. Da werden riesige Zettel bemüht, Handlungspläne strukturiert und alles bis ins kleinste Detail geplant, zum Teil in enger 225 Kooperation mit den jeweiligen Autoren. Trotzdem kommt es eben auch gerne mal anders als gedacht, was dann noch mehr Grübeln und Fluchen zur Folge hat.

AT: Mission SOL orientiert sich sehr an der kosmischen Ebene der Serie, sie spielt teilweise auf der Kosmokratenwelt Evolux; das mythenumwitterte Hantelschiff SOL, das sich in drei Segmente aufteilen kann, wird zusammengesucht, und dann trifft Perry Rhodan auf seinen verschollenen Sohn Roi 226 Danton. Magst du fürs Corona Magazine kurz umreißen, welche Bedeutung diese drei für die Serie haben?

MP: Kosmokraten und Chaotarchen sind so hochentwickelte Mächte, dass sie so weit über den Menschen stehen wie wir über Amöben. Ihre Auseinandersetzungen betreffen die Menschheit aber aufs Heftigste, so wie ein Mensch gedankenlos eine aufstrebende Amöbenkultur mit potenziell großer Zukunft durch einen Spritzer Sagrotan vernichtet. Die SOL ihrerseits fliegt seit 1500 Jahren durchs All, war an vielen solcher Auseinandersetzungen beteiligt und hat oft ihren Beitrag geleistet, um die Menschheit vor kosmischen und auch manchen selbstgemachten Gefahren zu schützen. Und das gerne unter der Leitung eines unsterblichen Expeditionsleiters wie eben Perry Rhodan oder seinem Sohn Michael, besser bekannt als Roi Danton. Beide setzen sich seit Jahrtausenden bedingungslos für die Menschheit ein. Aber das funktioniert immer besser, wenn sie weit voneinander entfernt sind. Sperrt man sie zusammen auf dasselbe Raumschiff, wird es schnell brenzlig.

AT: Sie haben sich ja nun getroffen. Die Miniserie geht in die zweite Hälfte. Was kommt da auf uns zu?

MP:

227 Spannende Romane von großartigen Autoren, was sonst? Noch ist die SOL nicht wieder komplett – dass wir den fehlenden Mittelteil noch finden werden, kann der Leser sich denken. Aber damit sind die Probleme der Besatzung noch lange nicht am Ende.

AT:

228 Kommen wir zu deinem eigenen aktuellen Romanprojekt, das ebenfalls in der Science-Fiction angesiedelt ist. Kannst du uns schon mehr darüber erzählen?

MP: Das Projekt, an dem ich aktuell schreibe, wird nächstes Jahr erscheinen. Damit reise ich zwar weder so weit in die Ferne noch in die Zukunft wie mit PERRY RHODAN, aber es kommen immerhin Raumschiffe drin vor.

AT: An Konkretheit ist diese Beschreibung kaum zu unterbieten. Worum könnte es gehen? Du läufst bei mir ein wenig unter »Mama der Drachen«, wegen deiner einschlägigen Vorliebe für die Schuppennasen. Kommen welche vor?

MP: Habe ich die? Ich kann auch ganz ohne Drachen. Aber ja, wenn man den Begriff sehr sehr weit dehnt, dann kommen Drachen in meinem Science Fiction-Roman vor.

AT: Warum sollte man oder frau ihn lesen?

MP: Um es mit den Worten von George R. R. Martin zu sagen: »Dragons are cool.« Auch im Weltraum.

229 AT: Dann mal vielen Dank für die Auskünfte, Madeleine.

MP: Sehr gerne!

PERRY RHODAN Mission SOL: https://perry-rhodan.net/produkte/miniserien/mission-s ol

Dunkelwelten-Trilogie: https://perry-rhodan.net/produkte/dunkelwelten

Madeleine Puljic: Noras Welten bei Piper: https://www.piper.de/buecher/noras-welten-isbn-978-3- 492-26036-7

PERRY RHODAN: Andreas Eschbach: Das größte Abenteuer von Hartmut T. Klages

Bestseller-Autor Andreas Eschbach (Das Jesus Video) legt mit seinem neuesten Roman PERRY RHODAN – Das größte Abenteuer (2019) das Prequel zu der seit 1961 ununterbrochen wöchentlich erscheinenden Heftromanserie PERRY RHODAN vor, die eine künftige Menschheitsgeschichte im Weltraum rund um die

230 titelgebende Hauptfigur erzählt. Dieser Artikel nimmt das Werk für Sie unter die Lupe.

Die Serie

231 Science-Fiction-Autorinnen und -Autoren haben zwar etwas weniger Freiheit in der Gestaltung ihrer Plots und Welten als solche im Bereich der Fantasy. Aber in der Regel würde man denken, dass sie dafür weit weniger Recherche betreiben müssen als Autoren anderer Genres. Der Meinung waren vermutlich auch Karl-Herbert Scheer (Antares II) und Walter Ernsting alias Clark Darlton (Roboter irren nie), als sie 1961 eine Abenteuerserie begründeten, die den Aufbruch der Menschheit in das Weltall schildern sollte. Dafür ließen sie nicht im Jahr 1969 einen Astronauten der NASA namens Neil Armstrong von Cape Canaveral (respektive Cape Kennedy) starten, um als erster Mensch den Mond zu betreten, sondern 1971 einen gewissen Major Perry Rhodan der US-Space-Force von den Nevada Fields. Die geringe zeitliche Abweichung entwertet ihren Entwurf nicht; die übrigen Details ihrer Schilderung fordern den Autor des vorliegenden Prequels jedenfalls zu originellen Ideen heraus. Science-Fiction-gefärbte Fortsetzungs-Abenteuerromane hatte es zwar im deutschen Romanheftchen-Markt zuvor bereits gegeben (z. B. Mark Powers). Was 1961 unter dem Namen PERRY RHODAN allerdings mit einer seinerzeit erhofften, unglaublich großen Zahl von 30–50 fortlaufenden Erzählungen als Novum konzipiert worden war, wurde zu einem unerwarteten Erfolg. Mit inzwischen weit mehr als 3.000 Bänden, erschienen über fast sechs Jahrzehnte hinweg, ist PERRY RHODAN seit langem nicht nur die »größte Weltraumserie«, sondern, wie Eschbach zum 50.

232 Geburtstag der Reihe feststellte, »die längste fortlaufende Erzählung der Menschheitsgeschichte«.

Das Prequel

Was kann einen etablierten Bestseller-Autor wie Eschbach aber nun motivieren, ein Prequel zu diesem Monstrum von einer Fortsetzungsgeschichte zu schreiben? Eine der Antworten, die sich in der Biographie von Eschbach findet, kann der Autor dieses Artikels leichthin geben. Eschbach folgte als Jugendlicher ebenfalls fasziniert diesen Abenteuergeschichten. So hat er ja auch bereits mehrere Romane als Gastautor zu diesem epochalen Kunstwerk beigesteuert. Die eigentliche literarische Motivation kann hier nicht verraten werden, ohne zu spoilern. Es sei aber versichert, dass sie Aspekte aufgreift, die PERRY RHODAN in ein ganz neues Licht rücken. In seinem Roman stellt Eschbach die Biographie der Titelfigur intensiv und mit dichter Atmosphäre dar. Von Rhodans Wurzeln bis zum Start der in »1971« begonnenen Romanheftserie. Zudem werden einige der Begleiter originell eingeführt. Dem Eingeweihten erschließt sich beim Lesen, welch immenser Aufwand an Recherche diesem »Science-Fiction-Roman« zugrunde liegen muss. Von den Verhältnissen in den (keineswegs homogenen) USA der 1930er- bis 1960er-Jahre über den zweiten Weltkrieg, das US-Atombombenprogramm, die Raumfahrt-Programme der USA und der UdSSR bis hin zu den Erzählungen der seit 58 233 Jahren fortlaufenden Heftromanserie erweist sich Eschbach als Meister der Verknüpfung von Fakten der Realität mit der Fiktion PERRY RHODAN. Ein genialer Schnitt führt schließlich zu der Trennung einer originell in der realen Welt erzählten fiktiven Biographie Rhodans von jenem »alternativen Universum«, in dem Rhodan logischerweise zum ersten Mann auf dem Mond wird (wer jetzt glaubt, die genannten Fakten seien Spoiler, unterschätzt Eschbach enorm). Wie immer aber brilliert Eschbach vor allem als grandioser Erzähler, der Handlungsstränge abzuleiten, konsequent zu entwickeln und spannend zu verknüpfen weiß: Warum Rhodan statt Armstrong? Warum die Nevada Fields statt Cape Kennedy? Woher stammen General Pounder und Reginald Bull?

Fazit

Als sogenannter »Altleser« der PERRY RHODAN-Romanheftserie (und selbst nur ein Jahr älter als Eschbach) vermag der Autor dieses Artikels nicht zu beurteilen, wie dieser Roman auf Leserinnen und Leser wirkt, die bislang keinen Kontakt zu PERRY RHODAN hatten. Er kann nur vermuten, dass sie sich durch Eschbachs Erzählkunst fasziniert von einer fiktiven Biographie in die »alternative Welt« hineinziehen lassen, die Scheer und Ernsting 1961 kreiert haben, ohne ahnen zu können, was sie damit anrichten würden. Und all jenen, die jemals in ihrem Leben schon einen 234 »Erstkontakt« zu PERRY RHODAN erfahren haben, kann der Autor dieses Artikels einen hochkarätigen Lesegenuss versprechen, der höchst fundiert altbekannte Aspekte der Titelfigur auf unerwartete Weise in ständig neuem Licht glänzen lässt.

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236 Comic-Kolumne: Apollo, Blobbel und King Kong

von Uwe Anton

E. C. Segar (1894–1936) ist nicht darauf hereingefallen, als er am 17.01.1929 in seinem Zeitungsstrip Thimble Theatre zum ersten Mal einen Seemann namens Popeye als Nebenfigur auftreten ließ. Der Trickfilmproduzent Max Fleischer (1883–1972) hingegen schon. Seit er 1933 den damals bereits hochberühmten Matrosen in einem ersten von bisher über 100 kurzen Zeichentrickfilmen mitwirken ließ, zeigt er, wie Popeye kiloweise Spinat in sich hineinstopft, um fit für bevorstehende Prügeleien zu sein, ein Detail, das in den Strips bis dorthin nie zu sehen gewesen war. Den »Spinatmatrosen« verdankt die Welt also Fleischer.

237 Kürzlich ergab eine Studie allerdings, »dass eine im Spinat enthaltene Substanz zu einer Leistungssteigerung beitragen kann«. Über den Umfang des Kraftzuwachses waren angeblich selbst die Forscher überrascht. Die Presse stellte daraufhin sofort die entscheidende Frage: Kommt Spinat jetzt auf die Dopingliste? Es ist also tatsächlich etwas dran an dem alten Volksglauben, der Generationen von Eltern dazu veranlasste, ihre lieben Kleinen mit dem bei denen gar nicht so beliebten grünen Gemüse vollzustopfen. Um jedoch messbare Ergebnisse zu erzielen, müsste man je nach Sorte etwa 250 Gramm bis vier Kilogramm Blattspinat pro Tag zu sich nehmen. Für einen Muskelaufbau wie bei Popeye reichen wohl nicht einmal die 16 Kilogramm frischer Spinat pro Tag aus, die Spitzensportler für eine Leistungssteigerung benötigten. Vielleicht liegt das Geheimnis des Erfolgs ja im berühmten »Blubb«. Mal sehen, was bei dessen Analyse herauskommt. Ein Blubb ist allerdings kein Blobbel. Weiterhin guten Appetit!

Der zweite Mann – Band 1: Der Adler landet

Ob auch Buzz Aldrin als kleiner Junge Spinat essen musste, wird von dem 1964 in Melle geborenen Peter Eickmeyer im Comic Der zweite Mann – Band 1: Der Adler landet (2019) nicht überliefert. Ansonsten kann man den 56 Seiten von diesem ersten von zwei Bänden zum Jubiläum der ersten Mondlandung aber einiges entnehmen. 238 Man konnte sich ja in den heißen Sommermonaten fünfzig Jahre nach besagtem großem Ereignis kaum vor Reminiszenzen, Erinnerungen und umfassenden Darstellungen retten. Warum sollten Comics eine Ausnahme machen, wenn es darum geht, ein gerade aktuelles Thema auszuschlachten und so einen gewissen Verkaufserfolg sicherzustellen? Wie der Autor dieses Artikels schon in der letzten Ausgabe schrieb, ist das Interesse an der Raumfahrt ohne solche Events so gut wie tot. Der Titel verrät schon, dass Eickmeyer den zweiten Mann auf dem Mond in den Mittelpunkt seiner Geschichte setzt. Man könnte fast von einer Comic-Biografie des Astronauten sprechen; in einer Rückblende erzählt Aldrin aus seiner Sicht. Im Gegensatz zu Apollo 11 von Matt Fitch, Chris Baker und Mike Collins, besprochen in der Ausgabe 3/2019 des Corona Magazine, legt Eickmeyer größeren Wert auf die Darstellung des gesellschaftlichen und weltpolitischen Umfelds, das das Projekt Apollo erst ermöglichte. In diesem Werk kann man nicht nur die Vorgeschichte verfolgen, und den Rüstungswettlauf, der die Mondlandung als Nebenergebnis mit sich brachte; auch Rassenunruhen und (mit einem ikonischen Bild) der Vietnamkrieg werden angeschnitten. Man kann sogar mal Präsident John F. Kennedy mit Marilyn Monroe im Bett sehen – sofern man sie denn erkennt. Denn das ist das große Problem dieses Albums, das zwar gekonnt und zutreffend die Hintergründe enthüllt und anhand der Lebensgeschichte Aldrins Zusammenhänge erstellt, sich dabei aber eines Zeichenstils befleißigt, der 239 nicht unbedingt jedermanns Sache ist. Wohl um die nötige Distanz zu wahren, die bekannten historischen Abläufe zu verfremden oder auch eindringlicher zu gestalten, stellt der Autor und Künstler alle Personen und Objekte leicht verfremdet und ziemlich verschwommen dar. Man weiß meistens zwar, wer oder was gemeint ist, muss sich aber gut in dem Metier auskennen, denn Neil Armstrong, Aldrin und Michael Collins lassen sich kaum voneinander unterscheiden, wenn sie in ihren Raumanzügen nebeneinander liegen und auf den Start warten. Aber Der zweite Mann ist ja auch eine Comic-Interpretation, kein Sachbuch. Wer sich Fotos der Mission anschauen will, muss sich so ein Buch zulegen, wie sie den Markt ohnehin geradezu überschwemmt haben. Eickmeyer hat seine Sicht auf die Dinge, und die präsentiert er schlüssig, mit politischem und zeitgeschichtlichem Bewusstsein und vor allem konsequent. Er erklärt zwar seine Szenenwechsel, geht aber auch davon aus, dass der Leser das Geschehen einordnen kann, und das ist vielleicht etwas zu viel verlangt für das junge Lesepublikum von heute. Aber dieser Band ist mehr als eine reine Darstellung der Fakten, und das wiederum ist dringend nötig und gut so.

TER 1 – Der Fremde

Ist die Reise zu den realen Anfängen der Raumfahrt eine in die doch schon tiefere Vergangenheit – manche Menschen werden nicht einmal fünfzig Jahre alt! –, führt TER 1 – Der Fremde (2019) in eine viel weiter entfernte Zukunft. 240 Rodolphe (Die Sage des Reiches Tai Dor), der mit Léo zuvor bereits u. a. an einigen Afrika-Serien gearbeitet hatte, hat das Szenario der Serie geschrieben, die in drei Bänden abgeschlossen sein wird, der Neuling Christophe Dubois – TER ist laut Information des Verlags erst seine dritte Serie – hat die Zeichnungen angefertigt. Und die wissen durchaus zu beeindrucken. TER beginnt richtig knackig mit dem sehr tiefen Griff in die Klischeekiste. Da wird Held Goltan eher zufällig erweckt, und durch seine Augen sieht man die Welt, die für den Leser wie auch für ihn neu und fremd ist. Natürlich gerät er in den Mittelpunkt einer uralten Konfrontation, natürlich wird diese Welt von unheimlichen Geschöpfen bewohnt – Léo Einfluss schimmert vor allem bei Meeresbewohnern durch –, natürlich ist vieles nicht so, wie es anfangs scheint. Es klingt schon fast kitschig poetisch, wenn der Autor im üppigen Anhang, einer Skizzensammlung, den Inhalt selbst zusammenfasst: »Irgendwo erhebt sich ein Ort außerhalb der Zeit, an eine Felsspitze geklammert. Ganz in der Nähe, in einem Grab des dazugehörigen Friedhofs, taucht eines Tages Goltan auf, der auf der Suche ist nach sich selbst …« Aber diese Verquickung bekannter Handlungsmuster – die »Suche nach sich selbst«, das Streben nach einem konkreten Ziel – entwickelt einen ganz eigenen Sog. In Schlaglichtern wird immer wieder die Vergangenheit der Erde enthüllt, einer Erde, die ihre Kultur verloren hat, auf der Leonardo da Vincis berühmte Mona Lisa zerstört wurde. Die richtig spannenden und packenden Passagen – die auch 241 grafisch am eindrucksvollsten in Szene gesetzt sind – stellen allerdings nicht die Rückblicke dar, sondern die, die in der Gegenwart der Handlungszeit spielen. Sogar mit dem Titel führt Rodolphe die Leser hinters Licht. Denkt der erfahrene Science-Fiction-Kenner natürlich automatisch, dass mit »Ter« Terra gemeint ist, die Erde, platzt die Bombe auf der letzten Seite. Ter war das Ende, nicht der Anfang des Namens. Der lautet nämlich Jupiter ... Versatzstücke hin oder her, der erste Band des Dreiteilers bringt zwar keine wahnsinnig neuen und originellen Ideen, doch die Mischung der Elemente der Geschichte stimmt. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden Folgebände die Spannung hochhalten und einen vernünftigen Abschluss präsentieren werden.

Ach, als Blobbel hat man's schwer!

Das wusste auch der amerikanische Schriftsteller Philip K. Dick (Do Androids Dream of Electric Sheep?), als er in der Februar-Ausgabe 1964 des Magazins Galaxy seine Story Oh, to Be a Blobel! veröffentlichte. Über 50 Jahre später greift die Berliner Illustratorin Katia Fouquet (* 1975) die »irrwitzige Science-Fiction-Satire über die Sinnlosigkeit des Kriegs auf« und liefert ihre Interpretation in einer kleinformatigen, 32-seitigen Broschüre aus der Reihe Die Tollen Hefte bei der Büchergilde Gutenberg. Und ihre Fassung ist mindestens genauso irrwitzig wie das Original.

242 Eigentlich ist Dick bekannt dafür, dass er in seinen Geschichten und Romanen permanent die Wirklichkeit hinterfragt. Zumeist ist nichts so, wie es scheint. Das ist auch der Grundtenor dieser Story, auch wenn sie die Realität nicht einmal ansatzweise zertrümmert. Die völlig überdrehte, fast schon zynische Handlung beschreibt vordergründig sehr humorvoll das Leben und Leiden von zwei Spionen – einer menschlich, einer außerirdisch –, die in einem planetaren Krieg die Körpergestalt des jeweiligen Feinds annehmen, eben die der Blobbel bzw. die der Menschen. Als einzigartige Absonderlichkeiten tun sie sich nach Kriegsende zusammen, finden aber trotz ihrer Heirat nie wirklich zueinander, da sie immer wieder unabhängig voneinander versuchen, ihre jeweilige Körperform aufeinander abzustimmen. Fouquet hat die schräge Zukunftsvision »in einer neonbunten Farbwelt« mit ureigenem Stil inszeniert. Fernab von jedem Fotorealismus fängt sie die Essenz der Story ein; sie steckt förmlich in den Charakteren der Geschichte, lebt deren Probleme und Hoffnungen und verstößt dabei bewusst gegen allzu herkömmliche traditionelle Aspekte von Bild und Text. Immer wieder brechen die Blobbel förmlich aus der strengen Panelaufteilung konventioneller Comics aus. Auch Fouquet erfindet den Comic natürlich nicht neu, spielt aber mit seinen alteingesessenen Konventionen. Bild und Text finden zu einer neuen, wilden, chaotischen Einheit. Und das Schöne ist: Die ausgewählte Geschichte ist ideal für die Experimentierfreudigkeit der Autorin und Zeichnerin. Sie 243 geht sehr emotional vor, und beim hintergründigen Schmunzeln muss man vielleicht sogar das eine oder andere Tränchen wegblinzeln. Die Handlung fließt mindestens genauso schön wie die Blobbel, die Pointen sitzen. Der Broschüre liegt ein kleines Zusatzheft bei, das die Story ungekürzt in der deutschen Übersetzung präsentiert. Das zeugt nicht nur vom Selbstvertrauen der Illustratorin, sondern ist so ehrlich wie möglich. Jeder Leser kann sich so selbst überzeugen, wie gelungen die Adaption ist. Mehr dazu können Sie in dem Interview mit Fouquet in dieser Ausgabe des Corona Magazine erfahren.

Die Kong Crew: Der Dschungel von Manhattan

Obwohl es schon 14 Jahre her ist, erinnert man sich noch ganz genau an die Bilder, die damals um die Welt gingen: King Kong auf dem Empire State Building, wie er die Flugzeuge, die ihn abschießen wollen, wie lästige Fliegen aus der Luft holt, sich dann mit den Fäusten auf die Brust trommelt und ein triumphierendes Gebrüll ausstößt … Schließlich hat der riesige Affe den Kampf ja gewonnen, zumindest, wenn es nach dem französischen Autor und Zeichner Eric Herenguel (* 1966) geht. Er hat dieses Alternativ-Szenario in Die Kong Crew: Der Dschungel von Manhattan (2019) nämlich höchst vergnüglich weitergesponnen. Dabei modernisiert er die klassische Gegenüberstellung, die den ursprünglichen Reiz des Stoffs ausmacht: der König des von der Zeit vergessenen Dschungelreichs schließlich als Gefangener im 244 Großstadtdschungel der Menschen. Bei Herenguel wird New York, der Inbegriff der ureigenen Welt des modernen Menschen, wieder zum realen Dschungel. Man schreibt das Jahr 1947. King Kong beherrscht ein Manhattan, in dem sich seltsame Menschen und Kreaturen aus prähistorischen Zeiten manifestiert haben. Die Männer (und der Dackel) der eigens gegründeten sogenannten Kong Crew haben die Aufgabe, die Kacke vom Dampfen ab- und Kong, Dinosaurier und Konsorten im unwegsam gewordenen Gelände festzuhalten. Diese Männer verfügen über eiserne Disziplin und sind Elitepiloten. Spätestens jetzt weiß man, wohin die Geschichte führt: in die tiefsten Gefilde des Trivialen, in denen Männer noch richtige Männer und Frauen hübsch anzusehen sind. Das stellt Herenguel allerdings so detailgetreu dar, dass man dem hanebüchenen Szenario neue und richtig originelle Seiten abgewinnen kann. Wenn man noch einen unverschämt gutaussehenden Helden hat, auf den die Frauen fliegen, und eine Gegenspielerin im überwucherten New York, die ihre Reize auszuspielen und den Helden zu faszinieren weiß, kann erst recht nichts mehr schiefgehen. Herenguel hat seine Pulp-Geschichte – denn das ist sie, da braucht man nicht drum herum zu reden– mit Bildern erzählt, aus denen jede Sekunde Dave Stevens' Rocketeer springen könnte. Ungewöhnlich für einen französischen Comic, aber das mutet weniger wie ein Kalkül internationaler Verkaufsstrategien an als wie reiner Spaß an der Freude – es passt einfach. Stevens' Stil schimmert permanent durch, und das ist kein Nachteil. Die Einflüsse 245 sind unverkennbar, aber eben nur das. Herenguel ist eigenständig genug, um schöne Girlie-Art mit Panoramen einer untergehenden Stadt in Einklang zu bringen. Man sieht einem Raubsaurier die Freude auf dem »Gesicht« geradezu an, wenn er ein potentielles Beutetier entdeckt (das der wahre Held der Geschichte ist). Ganzseitige Panels sind beeindruckend durchkomponiert. Heimlicher Star ist der Dackel Spit, der keine Amarenakirschen mag und deshalb nicht über einen prachtvollen Eisbecher herfällt – eben kein »normaler« Hund, sondern eine kleine Persönlichkeit, die einen ausgesprochen traurigen Blick draufhat. Dass die Mischung, die Herenguel präsentiert, natürlich zuckersüß ist und jede Menge Klischees erfüllt, steht außer Frage. Die Kong Crew ist aber so abgedreht, dass der Lesegenuss trotzdem – oder gerade deshalb – einfach nur Spaß macht.

Peter Eickmeyer Der zweite Mann – Band 1: Der Adler landet Bielefeld, Splitter 2019, 56 Seiten

246 Rodolphe/Christophe Dubois TER 1 – Der Fremde Bielefeld, Splitter 2019, 80 Seiten

Katia Fouquet/Philip K. Dick 247 Ach, als Blobbel hat man's schwer Frankfurt/Wien/Zürich, Büchergilde Gutenberg 2019, 32 Seiten

Eric Herenguel Die Kong Crew: Der Dschungel von Manhattan Stuttgart, Panini 2019, 56 Seiten

248 Interview: Im Gespräch mit Katia Fouquet von Uwe Anton

Frage: Erzählen Sie dem Leser doch bitte etwas über sich. Sie haben in Berlin und Bologna Visuelle Kommunikation studiert, viele Ausstellungen in Berlin gehabt, aber auch schon in Japan, argentinische Magazine illustriert, Albert Camus als Comic adaptiert … Wie muss ich mir Ihren Arbeitsalltag vorstellen, wie bringen Sie Ihre Brötchen auf den Tisch, was interessiert Sie über das rein Berufliche hinaus?

249 Katia Fouquet: Mein Interesse für das Erzählen in Bildern bzw. im Comic liegt vor allem darin begründet, dass man in diesem Genre den Raum hat, auch fernab vom Mainstream eigene unkonventionelle und auch schräge Figuren und Welten auftreten zu lassen. Es gibt kein Tabu hinsichtlich einer Technik oder eines bestimmten Stils. Mein Arbeitsalltag setzt sich aus verschiedenen Feldern zusammen, die Brötchen kommen in unterschiedlichem Gewand auf den Tisch. Zum einen verdiene ich mein Geld mit Illustrationen für Magazine oder Institutionen. Dann mache ich regelmäßig Ausstellungen, was auch einen großen Teil meiner Arbeit ausmacht. Gerade hatte ich eine Ausstellung im Brandenburgischen Landesmuseum für moderne Kunst, mit dem 85 jährigen Maler Oskar Manigk. Das war ein spannendes Zusammentreffen zweier Generationen. Und dann zeichne ich auch eigene Geschichten, die in unterschiedlichen internationalen Publikationen erscheinen. Durch solch kleine Liebhaberprojekte wie das Blobbel-Comic kann man sich allerdings nicht finanzieren, dafür ist der Aufwand im Hinblick auf die Bezahlung zu groß. Das versucht man dann durch andere Projekte mit zu finanzieren, was mal besser und mal schlechter gelingt. Abgesehen von diesen freien Projekten unterrichte ich aber auch an Hochschulen, zurzeit gerade an der Fachhochschule in Dortmund, wo ich Bachelor- und Masterstudierende betreue.

250 Frage: Wie gut kennen Sie sich in der Comic-Szene aus? Haben Sie hier Vorbilder, wer hat Sie beeinflusst? Wenn man sich die Barbabapas in Liv Strömquists "I'm every woman" (avant) anschaut, fühlt man sich durchaus angenehm an die Blobbels erinnert …

Katia Fouquet: Ich bin eigentlich ein Formwandler in Sachen Comic oder bildnerischer Gestaltung. Für mich spielen die jeweiligen Szenen keine allzu große Rolle. Ich finde es immer schade, wenn man versucht, sich gegen eine Sparte abzugrenzen. An der Comic-Szene mag ich unheimlich ihren anti-elitären Charakter und natürlich die opulenten Bildwelten, in denen man herumschmökern kann. Das empfinde ich als sehr befreiend, wenn man es z. B. mit der Szene in der Bildenden Kunst vergleicht, die doch teilweise recht elitär ist. Comic-ZeichnerInnen sind nach meiner Erfahrung meistens sehr authentische und deshalb sehr sympathische Leute. Natürlich bin ich beeinflusst von verschiedenen Zeichnern und Künstlern, im Studium habe ich Autoren wie Robert Crumb, die kanadische Zeichnerin Julie Doucet, Charles Burns oder Joe Matt kennengelernt, dann aber auch Künstler wie Mark Beyer, Grayson Perry, Niki de Saint Phalle, Dorothy Ianone, deren Arbeit ich sehr schätze. Es ist ein riesiges Konglomerat an verschiedenen Künstlern, die sicher Einfluss auf die eigene Arbeit haben. Mit Liv Strömquists Arbeit habe ich mich tatsächlich erst so richtig dieses Jahr auseinandergesetzt, und ich habe ihre Bücher sehr gern 251 gelesen. Ich denke, wir kommen wahrscheinlich aus einer ähnlichen Sozialisation mit Underground-Comics, Fanzines und anderen pop-kulturellen Einflüssen, die unsere Arbeit prägen.

Frage: Sie setzen mit "Ach, als Blobbel hat man's schwer!" eine Kurzgeschichte des Science Fiction-Autors Philip K. Dick (1928 – 1982) um, die erstmals 1964 in Galaxy erschien, einem der damals tonangebenden amerikanischen SF-Magazine. Auf die stößt man nicht zufällig. Haben Sie viel von dem Autor gelesen, und welche Bedeutung haben Dicks Romane und Kurzgeschichten für Sie?

Katia Fouquet: Philip K. Dick habe ich mit Anfang zwanzig entdeckt. Ich war mit dem Neffen des damaligen Herausgebers von Dicks Werken in Deutschland befreundet, der mir die Bücher ans Herz gelegt hat. Ich bin immer noch verwundert, bei wie wenigen Leuten P.K. Dick hier bekannt ist. Für mich wurden seine Erzählungen zur Lieblingslektüre, und ich habe, glaube ich, fast alles von ihm gelesen. Besonders angetan war ich von "Das Orakel vom Berge" und "Nach der Bombe". Ich liebe es, wie er es schafft, dystopische Zukunftswelten zu entwerfen, die doch gleichzeitig so sehr die jetzige Gesellschaft und ihre Probleme porträtieren. Diese Mischung aus Düsternis und Humor, die grotesken Figuren, die in einer Welt leben, abhängig von seltsamen 252 technologischen Erfindungen, und die letztlich fast immer an sich selbst zugrunde gehen. Das ist für mich ein geniales Nachzeichnen unserer Welt. Abgesehen davon habe ich großen Spaß an seinen Spracherfindungen für technologische Erfindungen. Ich hatte das Gefühl, den gleichen Blick auf die Welt zu haben, und habe große Freude verspürt, als ich seine Geschichten gelesen habe, die in andere Welten führen und doch so zeitgenössisch sind.

Frage: Warum haben Sie sich dafür entschieden, ausgerechnet diese Story als Comic zu adaptieren? Sie ist in der Tat "eine irrwitzige Science-Fiction-Satire", während Dicks Hauptthema die permanente Hinterfragung der Wirklichkeit ist. Die ist wahrscheinlich schwerer oder gar nicht darzustellen …

Katia Fouquet: Nachdem mich Rotraut Susanne Berner gefragt hatte, ob ich ein Heft für die Tollen Hefte zeichne, dachte ich, das ist endlich die Gelegenheit, mich zeichnerisch mit Dick zu beschäftigen. Da klar war, dass das Heft nur 32 Seiten hat, musste es eine Kurzerzählung sein, und "Ach, als Blobbel hat man’s schwer!" war eine der ersten Erzählungen, die ich von ihm damals gelesen habe. Mich interessiert hier vor allem der Zusammenprall der Protagonistin Vivian Arrasmith und George Munster, die auch noch von einem vollhomöstatischen Psychoanalytiker zusammengeführt werden. Da stecken viele Themen drin, 253 die mich in meiner Arbeit beschäftigen, wie Geschlechterrollen, Rassismus, Macht, Selbstverwirklichung, Verrat und Geld. Die Melange, aus der der Kapitalismus seine Kraft schöpft. Abgesehen davon ist der Text einfach köstlich geschrieben, allein die Idee, dass einzellige Wesen (die Blobbels) gleich intelligent und ebenso stolz porträtiert werden wie die "Humanoiden", finde ich sehr, sehr amüsant. Das Thema der Wirklichkeitshinterfragung stand für mich nie sehr im Vordergrund beim Lesen seiner Geschichten, sie ist für mich eher die Basis, mit denen er seine Figuren in die Welt schickt. Sie sind meistens zutiefst verunsichert … was ist Wahrheit, was ist Lüge?

Frage: Wie gehen Sie vor, wenn Sie die Geschichte eines anderen Autors adaptieren? Analysieren Sie sie, erstellen Sie eine Art Storyboard, brechen Sie die Story in einzelne Abschnitte oder Aspekte herunter, die Sie leichter darstellen können? Wie finden Sie Zugang zu dessen Welt? Entscheiden Sie sich eher bewusst oder spontan, mit welchen stilistischen Mitteln Sie die Sache in Angriff nehmen?

Katia Fouquet: Die große Herausforderung war hier, diese sehr reichhaltige Story auf 32 Seiten unterzubringen; damit hatte ich am meisten zu kämpfen. Ich hätte mir gewünscht, einige Passagen deutlich weiter auszuerzählen. Wenn ich so eine 254 Arbeit beginne, mache ich erstmal eine sehr grobe Einteilung der Storyline, also des Geschehens, und überlege grob, wieviel Platz ich für welchen Erzählstrang habe. Dabei entsteht ein sehr großes Blatt Papier mit kleinen Skizzen und Notizen. Parallel dazu entwerfe ich die Charaktere. Wie sieht George Munster aus, wie sehen die Blobbels aus, wie sieht der Analytiker aus? Dann lege ich ein Raster der Panels an, und von da an zeichne ich eigentlich sehr frei von Seite zu Seite. Es ist für mich wichtig und am aufregendsten, wenn die Seiten entstehen und nicht alles vorher klar festgelegt ist. Ich mag es, mich beim Arbeiten selbst zu überraschen. Außerdem war für mich klar, dass hier die Farben aufeinanderprallen müssen und die Geschichte eher "wie jemand, der voll auf Zucker ist" daherkommen soll, nicht wie jemand, der gerade Kamillentee geschlürft hat. Die Tollen Hefte werden immer im Originaldruckverfahren mit bis zu fünf Sonderfarben gedruckt, die deshalb ein besonderes Farberlebnis ermöglichen, da durch die Überdruckung der Farben immer zusätzlich noch ein Mischton entsteht. Das ist einerseits eine Herausforderung, aber es ist toll, dann beim Andruck in der Druckerei das Ergebnis zu beobachten.

Frage: Ist so eine Satire per se leichter zu illustrieren als ein "schweres Thema"?

Katia Fouquet:

255 Eine Satire zu illustrieren ist per se nicht leichter als ein "schweres Thema". Persönlich finde ich es am spannendsten, aus einer Satire auch die Tragik hervorzuarbeiten, ohne den Humor oder den Spaß dabei auszugrenzen. Ich denke, das fehlt manchmal in deutscher Literatur. Pop kann tiefgreifend sein. Lust bzw. Humor und Ernsthaftigkeit sind wie Salz und Zucker: am besten, man nimmt von beidem! Wie im Leben.

Frage: Ich danke herzlich für dieses Gespräch!

Rezension: LEGO Star Wars – Lexikon der Figuren, Raumschiffe und Droiden – Neuausgabe – Zum Jubiläum einer wunderbaren Freundschaft Von Frank Stein

20 Jahre wird die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen LEGO und Star Wars in diesem Jahr bereits alt. Was 1999 mit ein paar Sets zu Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung aus dem gleichen Jahr und zu der klassischen Trilogie (1977–1983) begann, ist heute ein geradezu unüberschaubares Multimedia-Cross-Franchise von zwei der bekanntesten Marken überhaupt. Zum runden Jubiläum, das war klar, musste da neben einigen Jubiläumsspielsets auch ein neues Begleitwerk her.

256 LEGO Star Wars – Lexikon der Figuren, Raumschiffe und Droiden – Neuausgabe (2019) ist eine Überarbeitung des vor genau zehn Jahren – zum letzten runden Jubiläum – erschienenen gleichnamigen Werks und erweitert dieses deutlich. In diesem Artikel schaut der Autor es sich einmal näher an.

Schöne Verpackung, zentrierter Inhalt

Ein Hardcover, großformatig (25,8 x 30,7 x 2,7 cm), vollfarbig, mit der exklusiven Mini-Figur eines Finn im Bacta-Schlauchanzug aus Star Wars: Die letzten Jedi (2017): So wird das neue Lexikon zum Thema Lego Star Wars verkauft. Mit 160 Seiten ist es immerhin 64 Seiten dicker als sein Vorgänger. Das muss es auch sein, wenn man bedenkt, was für ein enormes Eigenleben das Cross-Franchise mit der Zeit entwickelt hat. Die Spielsets sind ja nur der Kern eines viel größeren Phänomens, das die ganze

257 Merchandise-Palette abdeckt, von der eigenen Magazin-Reihe über Klamotten, Videospiele, Activity- und Erzählbücher bis hin zu zahlreichen animierten DVD- und Web-Produktionen. Diesen Begleitprodukten von Lego Star Wars widmet sich das Buch allerdings mit keiner Zeile. Stattdessen stehen wirklich die Spielsets, die Raumschiffe und Figuren voll und ganz im Zentrum. Rund 500 Sets sind im Laufe der letzten zwei Jahrzehnte entstanden, und auch wenn wirklich viele davon auf den 160 Seiten präsentiert werden, warnt schon der Rückseitentext des Buchs, dass nur »das Beste aus 20 Jahren« dargeboten wird.

Die unterschiedlichen Abschnitte

Diese Darbietung beginnt nach einer kurzen Einleitung mit einer sehr schönen Zeitleiste, die sich über vier Seiten erstreckt und bedeutende Momente in der Entwicklung der 258 Spielsets darstellt, etwa das erste Ultimate Collector Series-Modell aus dem Jahr 2000 (ein TIE Interceptor), Rekorde wie den zweiten Todesstern mit seinen 3.441 Teilen im Jahr 2005, den ersten Adventskalender im Jahr 2011 oder die erste reine Lego Star Wars-Figur Jek-14 aus dem Jahr 2013. Dieser Überblick bietet einen schönen Einstieg, hätte aber gern noch ausführlicher sein können. Im Anschluss ist das Buch in fünf Bereiche unterteilt. Die ersten drei widmen sich den drei Star Wars-Trilogien. Grob den Ereignissen der Filme folgend werden jeweils auf Doppelseiten einzelne Themen beleuchtet, darunter Ereignisse wie Podrennen oder die Schlacht von Endor, Gruppen wie der Jedi-Orden oder die Rebellenallianz, Einzelpersonen von Anakin Skywalker bis Kylo Ren und natürlich die Raumschiffe, von der Jedi-Flotte bis hin zu den Streitkräften der Ersten Ordnung. Diese Doppelseiten sind alle ähnlich aufgebaut. Im Zentrum stehen mehrere Abbildungen der vielen unterschiedlichen LEGO-Modelle, die sich nicht nur optisch ausgesprochen hübsch gruppieren, sondern dem jahrelangen Sammler auch Anregungen bieten, um seine Vitrine mal in diese oder jene Richtung thematisch anders zu gestalten. Die jüngeren Fans, an die sich das Buch eigentlich richtet, werden hingegen leider vor allem darauf gestoßen, wie viele Sets sie bereits verpasst haben. Wobei man schon bemerkt, dass das Buch sich Mühe gibt, den Fokus auf die letzten paar Jahre zu lenken. Wann immer es von einem Modell mehrere Ausgaben gibt, wird das aktuellste zur Repräsentation gewählt. 259 Jedes gezeigte Set erhält einen kleinen Infokasten, der Erscheinungsjahr, Teilezahl, Artikelnummer und die Filme nennt, in denen es zu sehen war. DK-typisch sind die Bildbeschriftungen, mal produktionshistorisch (»Die Gussform des Kopfes wurde 2011 überarbeitet.«), mal deskriptiv (»Tarnfeldgenerator«), mal überflüssig (»Eins von zwei Schwertern« – zeigt auf eins von zwei Lichtschwertern in Asajj Ventress‘[?] Händen) und mal zum Schmunzeln (»Forsche Miene«). Auch drum herum wird einiges an Text geboten – in Form leicht verdaulicher Absatzhäppchen. Diese sind locker flockig und für Kinderleser ansprechend formuliert. Hier merkt man deutlich, dass das Wort Lexikon auf dem Cover nur in Ermangelung eines besseren Begriffs gewählt wurde. Das hier ist kein erschöpfendes Nachschlagewerk für Sammler, es handelt sich um ein unterhaltsames Buch zum Stöbern und Staunen. Hier und da verstecken sich allerdings durchaus kleine Wissenshäppchen zur LEGO-Modellgeschichte. So kann man etwa erfahren, dass im Jedi-Abfangjäger von 2016 ein ganzer Astromechdroide steckt. Im Modell von 2005 saß nur eine Kuppel auf dem Flügel. Oder dass das Modell des T-16-Lufthüpfers eine Seltenheit ist, weil es eine einzelne Mini-Figur enthält, die keinen Namen hat. In Abschnitt 4 stehen dann spezielle Sets im Rampenlicht. Dazu zählen beispielsweise die riesigen Modelle der Ultimate Collector Series, Planeten-Sets, Microfighters, baubare Figuren oder LEGO-Technik. Den Abschluss bildet – neben einem Register – ein Blick hinter die Kulissen. Hier kommen die Entwickler kurz zu 260 Wort, es werden Stufen des Produktionsprozesses neuer Sets verraten, man erfährt ein wenig über Werbeaktionen und über die Kreationen des Fandoms. Gerade der letzte Teil ist unglaublich interessant und könnte eigentlich schon ein eigenes Buch füllen. Denn was die Fans im Laufe der Jahre geschaffen haben, übertrifft zum Teil jedes im Handel erhältliche Set bei Weitem. Der Redaktionsschluss für den Band lag irgendwann im Jahr 2018. So ist die neue Wolkenstadt noch nicht enthalten, auch nicht die aktuellen Modelle zum Jubiläum 20 Jahre Lego Star Wars oder jene aus der TV-Serie Star Wars: Resistance (seit 2018). Damit ist das Buch natürlich schon nicht mehr aktuell, aber das ist letztlich bei allen Lexika, Enzyklopädien etc. der Fall. Sie präsentieren immer nur einen Stand der Dinge bis zu einem gewissen Zeitpunkt. Das allerdings macht der vorliegende Band ganz hervorragend.

Fazit

LEGO Star Wars – Lexikon der Figuren, Raumschiffe und Droiden – Neuausgabe ist zwar nicht wirklich ein Lexikon, aber das macht nichts, denn auch als bilderreiches Unterhaltungswerk funktioniert es ganz großartig. Die einfach gehaltenen Texte sprechen vor allem junge Fans an (naheliegend, bei einem Buch zu Spielzeug), doch der Veteran, der seit zwanzig Jahren LEGO sammelt, schmökert sicher ebenso gern durch die Seiten und erfreut sich an der Vielfalt an Figuren und Spielsets, die dieses Franchise in 261 zwei Jahrzehnten hervorgebracht hat. Die exklusive Mini-Figur ist da nur ein Bonus.

LEGO Star Wars – Lexikon der Figuren, Raumschiffe und Droiden – Neuausgabe Simon Beecroft, Jason Fry, Simon Hugo Dorling Kindersley, 2019 ISBN: 978-3-8310-3730-8 160 S., Hardcover, deutsch

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263 Kurzgeschichte des Monats

Liebe Kurzgeschichten-Freunde, in der heutigen Ausgabe gibt es die Siegergeschichte aus unserer Themenrunde Die Lektion nachzulesen: Der Tyrann im Nebel aus der Feder von Corona Magazine-Debütant Dennis Mombauer. Ihm herzlichen Glückwunsch, allen Autoren vielen Dank fürs Mitmachen und allen Lesern wie immer viel Vergnügen bei der Lektüre. Wir freuen uns genauso wie die Autoren über Rückmeldungen – ob per E-Mail oder in unserem Forum unter dem Dach des SF-Netzwerks (www.sf-netzwerk.de).

Das nächste Thema unseres regelmäßigen Story-Wettbewerbs lautet Der Fehlgriff (Einsendeschluss: 01.10.2019). Wer Interesse hat, sich mit einer bislang unveröffentlichten Kurzgeschichte (Science-Fiction, Fantasy, Horror, Phantastik – keine Fanfiction) zu beteiligen, die einen Umfang von 20.000 Zeichen nicht überschreitet, schickt seine Story (möglichst als .rtf-Datei, bitte auf keinen Fall als .pdf) rechtzeitig per E-Mail an die Kurzgeschichten-Redaktion, die unter [email protected] zu erreichen ist. Die nach Meinung der Jury (meistens) drei besten Geschichten werden im Corona Magazine veröffentlicht.

Armin Rößler 264 Dennis Mombauer: Der Tyrann im Nebel

Der Nebel hing dicht und schwer über der Straße, wie ein Bühnenvorhang, dessen Stoff von Eigenleben erfüllt war. Wenn der Gestrandete den Arm ausstreckte, verschlang der Nebel seine Hand, verwandelte sie in etwas Fremdes, in eine schwarze Kralle oder ein still schwebendes Alptrauminsekt. Der Gestrandete sah sich um, suchte nach einem Orientierungspunkt in seiner Umgebung, nach etwas Bekanntem, einer Erinnerung. Der Nebel hatte einen hypnotischen Rhythmus, ein wellenartiges Vorbeiziehen, als läge dieser Ort inmitten einer Staubwüste, die von lautlosen Bombeneinschlägen zerharkt wurde. Wie war er hierhergekommen? Sein Blick ertastete Schemen zu beiden Seiten, links eine Hauswand, rechts eine Hauswand, dazwischen narbenbedeckter Asphalt. Eine Stadt? # »Oh! Oh! Oh!«, sangen die Vogelscheuchen, und ihre Lumpenarme flatterten aufgeregt im Wind. »Der Tyrann hat die Welt erschaffen.« »Der Tyrann hat die Stadt errichtet.« »Der Tyrann hat den Nebel herabgesandt.« # 265 »Hallo?« Die Stimme des Gestrandeten verschwand im Dunst wie eine davongleitende Sonde, wurde leiser und passierte die Grenzen seiner Hörweite. Was hatte er für eine Wahl? Er setzte einen Fuß vor, prüfte die Härte unter seiner Sohle und zog schließlich das andere Bein nach. Schritt für Schritt bewegte er sich die Straße entlang, ohne sicher sagen zu können, ob er einen Traum oder wache Realität durchwanderte. War dort nicht eine Ausbeulung, die im geisterhaften Smog vor ihm sichtbar wurde? Eine Frau saß auf dem Boden, den Rücken gegen die nackte Betonmauer gelehnt. Wo ihr Unterleib sein sollte, hing ein zerfetztes Gewirr aus Haut und Eingeweiden hervor, wie die Kabelenden eines ausgeschlachteten Computers. Sie sah den Gestrandeten apathisch an, bereits zu tief in ihrem Schmerz verloren, und der Gestrandete starrte zurück. »He!« Die Stimme zischte so scharf wie eine aufgeplatzte Gasleitung, und der Gestrandete fuhr herum. Etwas bewegte sich auf ihn zu, jemand, und mit jedem hämmernden Herzschlag transformierte sich die Gestalt von einem formlosen Schatten weiter zu einem Menschen. Es war eine zweite Frau, und sie ließ Worte zwischen ihren Lippen hervorquellen: »Weg von ihr! Sie gehört dir nicht.« »Ich wollte ihr nur helfen, nichts weiter.« Der Gestrandete zeigte seine offenen Handflächen. »Was ist mit ihr geschehen? Wo sind wir hier?« »Verschwinde!« Die Frau pirschte näher, auf den Gestrandeten zu, und er wich unwillkürlich zurück. War das 266 verklebtes Erdöl in ihren Haaren, oder etwas anderes, Rötlicheres? »Der Nebel, er verflüchtigt sich nicht.« Die Stimme der Frau wurde weicher, scharrte nur noch mit eingezogenen Krallen in seinen Gehörgängen: »Es müssen Monate vergangen sein, seit ich mich hier wiedergefunden habe, vielleicht Jahre, und der Nebel ist stets gleich geblieben. Alle fliehen, doch niemand kann einen Weg aus dem Nebel finden … Niemand kann dem Tyrannen entkommen.« Sie stellte sich zwischen den Gestrandeten und die atmende Leiche am Boden, und um sie herum perlte der Nebel von den Wänden, als würden die Häuser ihn ausschwitzen. Bleiben oder gehen? Die Frauen entfernten sich von ihm, wurden undeutlicher und schemenhafter, bis nur noch Striche zurückblieben, die sich im wabernden Nichts auflösten. Die Füße des Gestrandeten trugen ihn durch eine Welt voran, in der es keinen Übergang zwischen Hausmauern und Himmel gab, zwischen oben und unten, innen und außen. Alles war von demselben, allgegenwärtigen Grau überzogen, das die Straßen auf und ab wogte wie wasserlose Gezeiten oder der frostige Atem eines Titanen. Hier und da waren Graffiti an den Wänden zu sehen, gelbe Symbole, ein Ausschlag auf der Haut der Stadt. Stellten sie Tropfen dar, Tränen, Perlen oder pupillenlose Augen? Sie zogen die Blicke des Gestrandeten auf sich, als würden sie einen verborgenen Motor in seinem Inneren aktivieren, der sich nun mit pumpenden Kolben und drehenden Rädern in Gang setzte. In seiner Vorstellung sah 267 er einen Mann, dann eine Frau, eine große Gruppe von Menschen, die sich auflösten und im Nebel zerliefen, helle Asche und kalkweißer Knochensand. Was bedeutete das alles? Der Gestrandete war nicht allein an diesem Ort, aber bis jetzt schien er der Einzige zu sein, der noch bei Verstand war. # Die Vogelscheuchen starrten ins Leere, und trockene Tränen liefen aus ihren aufgemalten Augen. »Der Tyrann hat der Stadt sein Zeichen aufgedrückt, und allem in ihr.« »Sagen die Philosophen.« »Sagt die Welt.« # Der Gestrandete bemerkte, dass er stehen geblieben war, dass in seinem Körper nur noch die lebensnotwendigen Muskeln arbeiteten, nicht mehr. Der Nebel legte sich über sein Bewusstsein, ließ es grau und brüchig werden wie ausgeglühtes Holz. Bei jedem Gedankengang wirbelte Dunst unter seinen Tritten auf, hüllte ihn ein, machte alles undeutlich, mit abgeriebenen Ecken und stumpfen Kanten. Er fühlte sich wie ein Taucher auf dem Meeresgrund, taub und stumm, jede Bewegung unendlich schwerfällig unter dem Druck von tausend Atmosphären. Nein. Der Gestrandete schüttelte den Kopf, und dicke Staubschichten schienen sich von seinen Gehirnwindungen zu lösen, während die festgefrorenen Nervenbahnen auftauten und sich erneut mit Wärme füllten. Er konnte hier nicht bleiben, er musste nach einem Weg suchen, nach 268 Antworten. Seine Schritte verursachten kein Geräusch auf dem Asphalt, und es fühlte sich an, als würde er überhaupt nicht von der Stelle kommen. Etwas leuchtete durch den Nebel hindurch, eine Sphäre aus orangefarbenem Licht, gedämpft wie durch schmutzige Fensterscheiben, und er steuerte auf sie zu. Die Lichtkugel verwandelte sich in eine pilzförmig aus dem Asphalt wachsende Straßenlaterne, und unter ihr begann ein Pfad. Grün schälte sich aus dem Nebel hervor, Grasteppiche unter alten Bäumen, ein Park oder großer Garten. Wo die Helligkeit endete, manifestierten sich drei Schemen, regungslose Gestalten mit ausgebreiteten Armen und erhobenen Köpfen, doch bevor der Gestrandete sie aus der Nähe betrachten konnte, hörte er den Ruf: »Hey!« Jemand kam heran, nicht eilig, aber mit bestimmtem Schritt. »Bist du ein Mensch?« »Ja.« »Bist du sicher?« Der Fremde trug ein Sturmgewehr mit aufmontiertem Scheinwerfer und sah den Gestrandeten über den Lauf hinweg an. »Warum?« Die Frage war bizarr, doch der Gestrandete drängte seine Verwirrung zur Seite: »Hörst du mich nicht reden? Sag mir, wo ich bin und was ich tun muss. Wie komme ich dahin zurück, wo ich hergekommen bin?« # Die Vogelscheuchen drehten sich im Wind, und ihre ausgestreckten Stockhände klatschten zusammen, plick-plack, wie Mühlschaufeln oder Paddel in einem Fluss. »Tu, was du willst: Nur das bringt dich weiter.« 269 »Tu, was du sollst: Es ist deine Pflicht.« »Tu, was du musst: Du hast keine Wahl.« # »Was du suchst, ist nicht im Nebel, und es ist nicht in dieser Stadt. Was du suchst, existiert nicht.« »Aber es gibt ein Außerhalb? Eine Grenze des Nebels?« Der Mann mit dem Gewehr nickte. »Natürlich.« Der Gestrandete musste nicht überlegen: »Führ mich aus dem Nebel heraus.« Was hatte er zu verlieren? Seine Kleidung und eine Handvoll Kleingeld? Er war in einem Alptraum gefangen, und wenn der Gewehrträger ihm beim Aufwachen helfen konnte, dann musste er den Versuch unternehmen. Ein Schulterzucken, gleichgültig, dann setzte sich der Mann in Bewegung: »Folg mir.« Der Scheinwerfer schien den Nebel aufzuwirbeln, nicht zu vertreiben, so wie ein einsamer Sonnenstrahl den Staub auf einem Dachboden nur sichtbar machte. Die Straße kreuzte andere Straßen, führte durch ein Gewirr von Fahrspuren und Seitengassen, unter Fußgängerbrücken hindurch und an klaffenden Tiefgaragen vorbei, die allesamt durch den Nebel zu etwas Fremdartigem mutierten. Es gab keine Lichter hinter den Wohnungsfenstern, keine parkenden Autos, nicht einmal Abfall – kein Anzeichen davon, dass dieser Ort jemals bewohnt worden war. Etwas klirrte in der Ferne, ein kaltes Geräusch wie von abgeworfenen Ketten oder dem herabfallenden Kopf eines Ölförderturms. Bewegte sich da nicht mehr als nur der ruhelos vorbeitreibende Dunst? Eine Gruppe von Gestalten 270 war an einer entfernten Kreuzung zu erahnen, und an ihren angespannten Armen und gekrümmten Rücken konnte der Gestrandete ablesen, dass sie eine schwere Last hinter sich herzogen. »Wer sind diese Leute?« »Arbeiter.« Der Mann mit dem Gewehr verwendete nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf die Wesen, die langsam hinter der Häuserecke verschwanden. »Sie arbeiten, seit sich der Nebel herabgesenkt hat, und vielleicht auch schon länger. Gehen wir weiter.« Was blieb dem Gestrandeten übrig? Sein Führer ging voran, und er folgte ihm, während der Nebel aus allen Spalten und Fugen hervorbrodelte, kaum merklich, aber ohne Unterlass. Es war, als würden die Werkhallen in hundert Großfabriken anlaufen und aus ihren Schornsteinen konzertierte Abgassäulen in die Luft drücken: Als würde ein Mechanismus tief in der Stadt seine Arbeit aufnehmen. Der Nebel wallte und wogte, bäumte sich auf und stob in Explosionen ohne Sprengkraft auseinander, nur um dann wieder in sich zurückzustürzen. Das Geschrei eines Säuglings echote zwischen den Hauswänden durch den Nebel, oder war es der Ruf eines Tiers? Katzen schrien wie Säuglinge, manche Vogelarten konnten sie nachahmen, und Affen waren so nah am Menschen, dass ihre Jungen vielleicht ähnlich klangen … »Nicht hinhören. Im Nebel werden Kinder geboren, aber meistens sind diese Geräusche Tricks, Fallen, tödliche Hinterhalte.« Der Mann mit dem Gewehr schob sich durch

271 den Dunst wie ein Eisbrecher durchs Polarmeer, langsam, aber mit unbeirrbarer Entschlossenheit. Der Nebel schmiegte sich um den Lichtkegel seiner Lampe, drückte ihn ein, verformte ihn wie alles andere auch. Die Helligkeit schwenkte durch die Leere, dann ließ sie weitere Graffiti an den Hauswänden erscheinen, eitergelbe Pusteln, die aus dem Betonfleisch der Stadt hervorbrachen. # »Oh.« Die Gesichter der Vogelscheuchen zerfielen zu form- und farblosen Fratzen, wie Zeitungsseiten in einem Platzregen. »Es gibt keinen Weg.« »Es gibt einen Weg.« Ein Schauer aus Stroh schwebte zwischen den drei Gestalten herab. »Der Tyrann ist auf allen Wegen. Er wacht über sie.« # »Halt.« Der Mann hob seine Hand in einer militärischen Geste, als wären sie auf ein menschenleeres Schlachtfeld gestolpert. »Jemand ist hier.« Der Gestrandete spähte angestrengt, dann entdeckte er sie: Es war die Frau, die ihn am Anfang seines Wegs vertrieben hatte, und sie hielt etwas Blutiges zwischen den Zähnen, von dem sie Stücke abriss. Der Mann mit dem Gewehr spuckte aus und verfehlte knapp die benzinschillernde Pfütze, über der die Frau kauerte. »Was … was tut sie da? Ist das …« Bevor der Gewehrträger antworten konnte, drehte die Frau ihren Kopf seitwärts, wie eine Hyäne über ihrer Beute: 272 »Was ich esse, macht mich stark. Damit ich stark werde, müssen andere sterben. Ich tue nur, was der Tyrann schon immer getan hat.« Ein erneutes Ausspucken, dann drehte sich der Begleiter des Gestrandeten zum Gehen. »Auch ich habe schon getötet, aber ich habe mich nie vom Fleisch meiner Opfer genährt. Es war zur Verteidigung, oder weil es keine andere Wahl gab. Komm mit.« »Sollten wir nicht etwas tun?« »Es gibt nichts mehr zu tun. Folg mir, wenn du noch immer den Weg nach draußen suchst.« Der Nebel brandete über die Mauern wie eine Flutwelle, hing so dicht über ihnen, als würde sich eine milliardenschwere Kokainwolke auf die Straßen herabsenken. Die beiden Gefährten stapften schweigend voran, und um sie herum segelten einzelne Ascheflocken geräuschlos zu Boden. »Was ist jetzt? Warum halten wir schon wieder an?« Der Gewehrträger nickte zur Seite, eine Abzweigung entlang: »Wir sind da.« Der Asphalt der Straße endete an kahlem Erdreich, und zu seinen Seiten standen die letzten Häuser der Stadt, deren Betonmauern plötzlich ins Nichts abfielen. Dahinter, soweit das Auge reichte, eine Einöde unter leerem Himmel: Nicht von Sturmwolken verfinstert oder von einer grauen Schicht verhüllt, sondern leer. Blank. Undefiniert. »Das ist es? Die Welt außerhalb?« Der Gestrandete konnte seinen Blick nicht abwenden. »Aber du … wenn du den Weg kennst … warum bleibst du im Nebel?« 273 Der Mann mit dem Gewehr schüttelte den Kopf, und der Scheinwerfer an seiner Waffe irrlichterte über die verwaiste Ebene. »Dort draußen ist nichts außer Hunger und Kälte, Einsamkeit ohne Schutz und Hilfe. Wenigstens sind im Nebel andere Menschen; wenigstens gibt es im Nebel eine Ordnung.« Er wandte sich um: »Du bist angekommen, und ich werde mich zurückziehen. Es ist deine Entscheidung, ob du den Nebel verlässt oder in ihn hineingehst.« »Ja … ich weiß.« Der Gestrandete starrte in die Leere außerhalb, als würde er dort nach etwas suchen. »Du bist der Tyrann, nicht wahr? Du hast mich hierhin geführt, aber du wirst mich nicht gehen lassen.« Der Mann mit dem Gewehr zeigte kein Lächeln, keine Geste der Bestätigung, doch seine farblosen Augen gaben Antwort genug. »Warum sollte ich dich nicht gehen lassen? Ich bin der Tyrann, aber nicht mehr als du, nicht mehr als die Kannibalin oder die ewig schuftenden Arbeiter. Wenn du gehen willst, bist du frei: Doch wohin solltest du dich wenden?« # Und die Vogelscheuchen nickten mit ihren strohgefüllten Köpfen.

Über den Autor

Dennis Mombauer lebt zurzeit als freischaffender Schriftsteller in Colombo, Sri Lanka. Neben seiner Forschungstätigkeit im Bereich Klimawandel und Sonderpädagogik schreibt er Artikel und Kurzgeschichten, 274 die in zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht werden. Sein englischsprachiges Romandebüt The Fertile Clay erscheint Ende 2019 bei Nightscape Press. Er ist Mitherausgeber von Novelle – Zeitschrift für Experimentelles.

Weitere Informationen erhält man unter: https://www.dennismombauer.com - Homepage Dennis Mombauer https://www.twitter.com/DMombauer - Twitter-Account Dennis Mombauer https://www.facebook.com/DMombauer/ - Facebook-Seite Dennis Mombauer

275 Phantastische Wissenschaft Subspace Link – Neues aus dem All

Ein Blick über unsere Köpfe

von Reiner Krauss

Es bleibt spannend über uns. Heute für Sie … Gegenwart und Zukunft auf und über der Erde.

Ceres: Ungewöhnlicher Berg Ahuna Mons auf Asteroiden

276 © NASA/JPL-Caltech/UCLA/MPS/DLR/IDA | Dawn-Mission

Was hat diesen ungewöhnlichen Berg geschaffen? Es gibt eine neue Theorie. Ahuna Mons ist der größte Berg auf dem größten bekannten Asteroiden in unserem Sonnensystem, Ceres, der die Sonne im Haupt-Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter umkreist. Ahuna Mons gleicht jedoch nichts, was die Menschheit je zuvor gesehen hat. Zum einen sind seine Hänge nicht mit alten Kratern, sondern mit jungen vertikalen Streifen verziert. Die neue Hypothese, die auf zahlreichen Schwerkraftmessungen basiert, besagt, dass einst eine Schlammblase aus der Tiefe des Zwergplaneten aufstieg und an einem Schwachpunkt, der reich an reflektierendem Salz ist, durch die eisige Oberfläche drang – und dann erstarrte. Die hellen Streifen sind vermutlich ähnlich den anderen kürzlich aufgetragenen Materialien, wie z. B. bei den berühmten hellen Flecken von Ceres. Das vorgestellte digitale Doppelhöhenbild wurde aus Oberflächenkarten erstellt, die 2016 im Zuge der 277 Dawn-Mission aufgenommen wurden. Dawn, der seine Mission 2018 erfolgreich beendet hat, umkreist Ceres weiterhin, obwohl er den Treibstoff verbraucht hat, der benötigt wird, um seine Antennen auf die Erde auszurichten.

SOFIA: Fliegende Sternwarte macht einen Abstecher nach Stuttgart

© NASA/DLR/Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn

Es ist der zweite Besuch nach 2011: Vom 15.09. bis voraussichtlich 18.09.2019 wird das NASA-Forschungsflugzeug SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) auf dem Flughafen in Stuttgart verweilen. Die fliegende Sternwarte ist ein gemeinsames Projekt der NASA und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der NASA-Jumbo beherbergt ein rund 17 Tonnen

278 schweres Infrarot-Teleskop mit einem Durchmesser von 2,7 Metern. Bei Forschungsflügen in rund 13 Kilometern Flughöhe beobachtet SOFIA, ungestört von der Erdatmosphäre, ferne Sterne und Galaxien.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://www.sofia.usra.edu/ - Homepage des SOFIA Science Center

Cape Canaveral: Fluchtsystem am Pad 39A von SpaceX getestet

© NASA/SpaceX | Demo Escape System

Ein Gleitdraht-Fluchtsystem wurde jüngst bei der Startrampe 39A im Kennedy Space Center getestet, um für den ersten SpaceX Crew-Dragon-Flug mit Astronauten zur Internationalen Raumstation bereit zu sein.

279 Das System könnte im Notfall von Astronauten und Bodenpersonal zur Evakuierung der Startrampe verwendet werden und basiert auf dem System, das während der Space Shuttle-Ära eingebaut wurde, wurde aber weiter oben im Turm platziert. Die Fahrt im Korb des Gleitseils von der rund 80 Meter hohen Ebene des Startturms aus dauert etwa 20 Sekunden und reicht, um eine Landezone in 366 Metern Entfernung zu erreichen. Von dort aus können die Besatzungen in einem gepanzerten Fahrzeug aus dem Pad-Bereich evakuiert werden oder in einem Bunker Schutz suchen. Spannend auch zu sehen ist ein Test des Wasserflut-Systems am Pad 39A, das die heißen Abgasstrahlen der Triebwerke dämpft. Sehen Sie sich hierzu gern das Video unter nachfolgendem Link an.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/uPtZSOA2IVo - Video zum SpaceX Launch Complex 39A Wasserflut-Systemtest

LightSail 2: Mit Sonnensegel zur Reise ins All

280 © The Planetary Society | LightSail 2 Sonnensegel

Der 3U CubeSat-Kleinsatellit LightSail 2 hat erstmals sein 32 Quadratmeter großes Sonnensegel im Erdorbit aufgestellt. Das 5,6 x 5,6 Meter große Segel aus hauchdünnen Reflektorfolien wurde vollständig entfaltet. Mit der über Spenden finanzierten Mission will die private Organisation The Planetary Society nachweisen, dass ein Satellit durch den Druck des Sonnenlichts beschleunigt werden kann. Zwar wird dieser durch den Teilchenstrom zu Beginn nur sehr langsam beschleunigt. Da jedoch unzählige Photonen ihren Impuls auf das Segel übertragen, soll ein segelnder Satellit mit der Zeit sogar schneller fliegen als einer mit einem herkömmlichen Raketenantrieb. »Segel-Aufstellung vollständig! Wir segeln auf Sonnenstrahlen«, twitterte die im kalifornischen Pasadena ansässige Organisation am 07.07.2019.

281 Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/-OmGvycgNCg – LightSail-2-Animation im Video

Curiosity: Seit sieben Jahren »on the road of Mars«

© NASA/JPL-Caltech/Msss/dpa/Picture Alliance, Selfie auf dem Mars

Straßen und Kanäle hat der Mars zwar nicht, dafür ist er aber sehr geländegängig. Curiosity ist der größte und modernste aller Mars-Rover, und er ist der letzte aktiv Verbliebene. Er landete am 06.08.2012 auf dem Mars, abgesetzt von einem SkyCrane-Landesystem. Seitdem hat er rund 17 Kilometer zurückgelegt und ist nach wie vor fit. Seine Energie holt er sich aus einer radioaktiven Isotopenbatterie. Ihm geht die Power somit praktisch nie aus. Curiosity ist ein Wissenschaftslabor auf Rädern, ausgestattet beispielsweise mit speziellen

282 Spektrometern, die mittels Laser-Unterstützung Proben aus der Ferne analysieren können. Eine meteorologische Station misst neben der Temperatur auch den Atmosphärendruck, die Feuchtigkeit, die Strahlung sowie die Windgeschwindigkeit. Der Greifarm von Curiosity hat eine richtige Bohrmaschine. Darüber hinaus besitzt der Roboter eine Analyseeinheit zur Bestimmung organischer Verbindungen. Der Nachweis, dass Leben auf dem Mars theoretisch möglich wäre, ist dem Rover schon geglückt. Leben gefunden hat er noch nicht.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://mars.jpl.nasa.gov/msl/mission/mars-rover-curiosi ty-mission-updates/ - Homepage zum Curiosity-Rover

SpaceX: Starhopper – »Wassertürme« können fliegen

© SpaceX

283 Ein kompaktes silbernes Edelstahl-Raketenteil – derzeit eher einem Wasserturmgerüst gleichend – stieg am 27.08.2019 auf dem SpaceX-Firmengelände in Boca Chica, Texas, etwa 150 Meter in die Höhe, dann seitwärts und landete nach etwa einer Minute sicher wieder auf der Erde. Der erste Prototyp und Versuchsträger mit dem neuen Raptor-Raketenmotor demonstrierte damit dessen Leistungsfähigkeit und Zielgenauigkeit. Die nächsten Prototypen sollen schon mittels mehrerer Triebwerke mehrere Kilometer hoch aufsteigen. Ein Raptor-Triebwerk wird mit flüssigem Methan und Sauerstoff betrieben und bietet ca. den dreifachen Schub eines aktuellen Merlin-Triebwerks der Falcon 9-Rakete. Es ist zudem nicht nur stärker, sondern effizienter und sauberer. CEO Elon Musk twitterte zum Ereignis: »Glückwunsch, SpaceX Team!! Eines Tages wird das Raumschiff auf der rostfarbenen Sandfläche des Mars landen.«

Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/RziLyL44mSM - Testflug des SpaceX Starhopper

Subspace History: New Horizons über dem Pluto

284 © NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Southwest Research Institute/Lunar and Planetary Institute

Plutos Durchmesser beträgt nur rund 2.300 Kilometer. Das bedeutet, er ist nur halb so groß wie der Mond der Erde. Pluto umkreist die Sonne in großer Distanz. Trotzdem sind die »Jahreszeiten« auf ihm stark ausgeprägt. Das liegt daran, dass er für eine Umrundung der Sonne 248 Jahre braucht und seine Rotationsachse sehr stark zu seinem Orbit geneigt ist. Der sonnenfernste Punkt der Pluto-Bahn, das Aphel, liegt bei 49,305 AE (Astronomische Einheiten), während der sonnennächste Punkt, das Perihel, mit 29,658 AE näher an der Sonne liegt als die sehr wenig exzentrische Bahn 285 Neptuns. Übrigens: AE = exakt 149 597 870 700 Meter. Das beträgt ungefähr den mittleren Abstand zwischen Erde und Sonne. Auf Pluto herrscht eine Temperatur von etwa minus 233 Grad. Das sind nur 40 Grad über dem absoluten Nullpunkt. Der eiskalte Zwergplanet hatte im Jahre 2015 Besuch von der Erde. Die NASA-Sonde New Horizons flog an ihm vorbei und machte die ersten atemberaubenden Nahaufnahmen von Pluto. Nun ist New Horizons auf dem Weg zum fernen Kuipergürtel. Staunen Sie unter nachstehendem Link erneut über die Video-Sequenz von echten Aufnahmen beim Überflug des Pluto.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/g1fPhhTT2Oo - Flug von New Horizons über Pluto

Subspace Science: Erdklimaerwärmung bereits bei 1,5 Grad Celsius

286 © RTL NEXT | Dürre in Hofheim (Main-Taunus-Kreis)

Während auf dem Pluto eine Kälte nahe dem absoluten Nullpunkt vorherrscht, erlebt man seit Jahren auf der Erde stetig steigende Jahrestemperaturen und die Zunahme von Naturkatastrophen. Längst ist belegt, dass der Raubbau des Menschen an der Natur und das Verbrennen von fossilen Rohstoffen, auch begründet durch die Überbevölkerung, ursächlich sind. Der weltweite Temperaturanstieg hat über den Landflächen bereits 1,5 Grad erreicht. Dies geht aus dem jüngst in Genf veröffentlichten Sonderbericht des Weltklimarats IPCC hervor. Unter Berücksichtigung der sich langsamer erwärmenden Meeresflächen liegt das globale Temperaturplus gegenüber der vorindustriellen Zeit bei 0,9 Grad. In den kommenden Jahrzehnten werden Zahl, Dauer und Intensität von Hitzewellen sowie Dürren zunehmen, warnen die über 100

287 Forscher aus 53 Ländern. In vielen Regionen wird es zudem häufiger zu Starkregen kommen. Hören und sehen Sie hierzu unter nachstehendem Link Deutschlands bekanntesten Astrophysiker und Wissenschaftsjournalist, Professor Dr. Harald Lesch, der leicht verständliche und deutliche Worte findet.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/QWfzim9Ttyc - Harald Lesch klärt Missverständnisse zum Klimawandel auf (ZDF) https://youtu.be/gMRnowgpGig - Harald Lesch zum Thema »Die Menschheit schafft sich ab« (SWR)

288 © SPIEGEL.de

289 Phantastisches Hören

Nachdem die Musical-Sektion im Corona Magazine in der letzten Ausgabe erfolgreich erstmals über die Bühne gegangen ist, hat die Redaktion im Sommer gleich bei zwei weiteren Stücken hinter die Kulissen geblickt, um den Lesern noch mehr Facetten dieser Kunstform zu präsentieren. Der erste Artikel befasst sich mit der musikalischen Interpretation der berühmten Artus-Saga, der sich in diesem Sommer die Schlossfestspiele Zwingenberg verschrieben haben. Darin zeigt sich besonders, wie die Phantastik auch auf der Theaterbühne in ganz großem Stil ihre Flügel entfalten kann.

290 Phantastisches Hören

Nachdem die Musical-Sektion im Corona Magazine in der letzten Ausgabe erfolgreich erstmals über die Bühne gegangen ist, hat die Redaktion im Sommer gleich bei zwei weiteren Stücken hinter die Kulissen geblickt, um den Lesern noch mehr Facetten dieser Kunstform zu präsentieren. Der erste Artikel befasst sich mit der musikalischen Interpretation der berühmten Artus-Saga, der sich in diesem Sommer die Schlossfestspiele Zwingenberg verschrieben haben. Darin zeigt sich besonders, wie die Phantastik auch auf der Theaterbühne in ganz großem Stil ihre Flügel entfalten kann.

291 Musical: Artus – Excalibur: Stimmgewaltiges Drama vor kleiner Kulisse

von Bettina Petrik

Kleines Budget, großes Engagement

Die Sommerfestspiele auf dieser historienträchtigen Burg, die bis heute (aktuell von Ludwig Prinz von Baden) begangen werden, gibt es bereits seit 1983, und seit 2015 beinhalten sie ein jährlich wechselndes Musical. The Rocky Horror Show (1973) und Jesus Christ Superstar (1971) wurden unter anderem bereits in dem rund 1.000 Zuschauern Platz bietenden Schlosshof aufgeführt. In diesem Jahr folgte Artus – Excalibur des renommierten Komponisten Frank Wildhorn (Dracula). Welche bessere Kulisse als überwucherte Schlosszinnen im Hintergrund

292 kann eine Geschichte rund um Magie und Schwerter finden?

Copyright: Tina Petrik

Für ein opulentes Stück wie ein Musical, das den Zuschauer eigentlich mit ausladenden Kulissen in die mystische Saga rund um das Schwert im Stein entführen muss, braucht man neben dem nötigen kreativen Talent einiges an finanziellen Mitteln. In Zwingenberg, wo man mit begrenzten Mitteln arbeitet, ist man da an vielen Stellen auf freiwillige Helfer angewiesen. Das ganze Dorf hilft daher zusammen, um Jahr um Jahr dieses Großprojekt zu stemmen, das dem abgelegenen Erholungsgebiet zwischen Heidelberg und Heilbronn viel

293 Tourismuszuspruch beschert. Bereitgestellte Unterkünfte und Fahrzeuge für Künstler und Team, unzählige ehrenamtliche Arbeitsstunden, ständige Bereitschaft vom Organisationskomitee gerade auch für die Pressevertreter und die Besucher sind da nur das eine. Wenn man als nicht motorisiertes Stadtkind nach Aufführung und Plausch mit den Darstellern ratlos die zwanzigminütige Gehstrecke vom Schloss zur Hauptstraße hinunterläuft, weil sämtliche drei Taxifahrer der umliegenden Dörfer schon im Bett liegen, und man dann unkompliziert von einem anderen Gast zum Hotel gefahren wird, merkt man den allseits umgehenden Teamgeist selbst als Außenstehender. Und dieses menschliche Kapital macht sich genauso dabei bezahlt, Team und Laiendarsteller und –Sänger mit internationalen Musical-Stars zu einem harmonischen Ganzen zu vereinen.

Wetter- und stressfest

Dieses Jahr stand die Produktion vor einigen Herausforderungen. Die Rekordhitze im Juli machte sich zum Beispiel bis hinein in die Artus-Spielzeit von 31.07.-04.08.2019 bemerkbar. In der Probenwoche quälte noch unmenschliche Hitze, bei der Generalprobe schließlich regnet es derart in Strömen, dass zwischendurch unterbrochen und die Bühne abgezogen werden muss, während die Pressevertreter ihre Kameras notdürftig mit Regencapes schützen. Anstalten zu flüchten macht keiner,

294 auch nicht das Publikum, das aus Team, Freunden und Verwandten besteht. In Zwingenberg ist man knochenhart.

Copyright: Tina Petrik/Wasserfest: Lancelot Sascha Krebs (vorne) und Uwe Krögers Merlin (hinten) bei der Generalprobe zu Artus – Excalibur.

295 Auch mit dem Ton gibt es an der einen oder anderen Stelle Schwierigkeiten, hundertprozentig fertig sind auch die Kostüme noch nicht. Die Darsteller lässt das alles ungerührt – sie legen eine Performance hin, als wäre schon Premiere. Und das, obwohl eine der wichtigsten Darstellerinnen erst Tage zuvor zu ihnen gestoßen ist. Es war die wohl schmerzhafteste Improvisation in 2019 für Team und Besucher: Musical-Legende Pia Douwes, die einst als Kaiserin Elisabeth im gleichnamigen Musical (das Corona Magazine stellte es Ihnen in der letzten Ausgabe vor) verzauberte, sagte ihr Engagement aus gesundheitlichen Gründen kurzfristig ab. Doch Nachrückerin Caroline Frank (Jesus Christ Superstar) spielt ihre Morgana an diesem und den kommenden Folgeabenden, als hätte sie sich seit Monaten darauf vorbereitet. Nach der Probe werden die Zuschauer entlassen, für Regisseur Sascha Oliver Bauer (Dracula) ist jedoch noch lange nicht Feierabend. Es wird weiter geprobt, heißt es bei der Verabschiedung um kurz vor Mitternacht. Man möchte seinen Hut ziehen, wenn das ungemütliche Wetter es zulassen würde. Auf dem Weg nach draußen gibt es an der Bühnenseite ein Wiedersehen mit Musical-Urgestein Uwe Kröger (ebenfalls im Mittelpunkt der Sektion in der letzten Corona Magazine-Ausgabe), noch im Merlin-Kostüm, der zwar patschnass, aber entspannt und zufrieden noch einmal die Höhepunkte der Probe im Kopf durchzugehen scheint. Sein Zauberer ist Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, erzählend, die Fäden ziehend, Rat gebend zugleich, und er 296 weiß es. Obgleich die Rolle gesanglich äußerst anspruchsvoll ist und die Vorbereitungszeit zwischen Krögers Nonstop-Engagements kurz, sitzt jede Zeile, jede von Merlins ausladenden Handbewegungen, die die Gesamtheit seiner übernatürlichen Kräfte ausdrücken müssen, jedes verschmitzte Lächeln, wenn sich seine Pläne in die richtige Richtung entwickeln. Morgen ist Premieren-Tag, und das Ensemble ist bereit.

Großes Drama unter freiem Himmel

Auch der Premierenabend ist praktisch ausverkauft, und im Gegensatz zur Redaktion haben viele der Anwesenden bereits Zwingenberg-Erfahrung. Da ist man im Zwiebellook vorbereitet, denn zwischen den steinernen Mauern wird es spätestens zur Pause hin im Schlosshof verflixt kalt. Regencapes werden zu einem genauso humanen Preis wie das kleine Getränke- und Speisenangebot auch schon vorsorglich erstanden, denn das Wetter bleibt launisch. Egal: Nachdem die letzten Schönheitsfehler ausgebessert wurden, zieht das Stück an diesem Abend von den einleitenden Worten Merlins und dem schwermütigen Leitmotiv Das Feld der Ehre an jeden in seinen Bann. Natürlich gibt es auch in den folgenden sechs Aufführungen immer wieder einmal Patzer, tonale Unreinheiten passieren da mehr als einem Darsteller, genauso wie ein Bühnenbild, das nicht funktioniert, weil eine Kette hängen bleibt, die über die Bühne geschleppt werden soll, oder ein Mikro ausfällt. Das nennt man 297 »Live-Aufführung« und sollte nicht als ernsthafter Faktor für die Qualität einer Vorstellung zählen.

Copyright: Tina Petrik/Jana Marie Gropp als Guinevere (Mitte) trauert um ihren Vater.

Wildhorn webt seine Version der Geschehnisse rund um den jungen König Artus weniger um die blutigen Schlachten, die das 5./6. Jahrhundert n. Chr. in Britannien bestimmen, sondern lässt deren Auswirkungen – die verlorenen Leben, die Armut und Verzweiflung der Bürger – die Handlung färben. Das Stück setzt an, als Merlin das sagenumwobenen Schwert Excalibur in einem Stein versenkt … im Zwingenberg von einer hölzernen Kabelrolle gewöhnungsbedürftig dargestellt. Die hochkarätigen schauspielerischen und gesanglichen Fähigkeiten sowohl der Hauptdarsteller als auch des tadellos harmonierenden Chors lenken das Auge aber schnell von der reduzierten Kulisse ab, deren Stärken ohnehin mehr in der Nutzung des

298 gesamten Schlossareals liegen als in ein paar Lichteffekten hinter durchsichtigen Säulen. Von Anfang an wird das Publikum mitten ins Geschehen hineingezogen, wenn durch den Haupteingang erstmals Artus (Nikolaj Alexander Brucker) und seine Gefährten fröhlich lachend die Szenerie betreten, wenn Ritter durch das Tor auf der anderen Seite durch die Ränge, über eine Rampe auf die Bühne stürmen oder der lamentierende Chor der Geister mit Fackeln die Treppen zwischen den Stühlen hinaufwandelt, um sein Lied selbst bis zur letzten Reihe zu tragen. Auf der Bühne fangen die außerordentlichen Stimmen und die faszinierende Chemie der Protagonisten die Aufmerksamkeit ein. Nachwuchstalent Brucker mit bemerkenswerter Sicherheit schon im anspruchsvollen Schwert und Stein liefert sich ein Charisma-Duell mit Kröger, wenn ihm der geheimnisvolle Ratgeber seine Vergangenheit als unehelicher Sohn und damit rechtmäßiger Erbe von König Uther Pendragon enthüllt, nachdem Artus mehr aus Zufall das Schwert aus dem Stein gezogen hat. Im kriegszerrütteten Britannien braucht es einen einzigen Mann an der Spitze, zu dem das Volk aufsehen kann. Doch Artus will sich nicht in ein Spiel der Mächte hineinziehen lassen, in dem auch Merlins Rolle bei Artus‘ Zeugung durchaus zwielichtig erscheint, in einer Rückblende charmant von Puppenspielern aus dem Haus Stefans Marionettentheater präsentiert.

299 Copyright: Tina Petrik/Artus (Nikolaj Alexander Brucker, hinten) steht Merlins (vorne) magischen Erklärungsversuchen skeptisch gegenüber.

Mit Sünden der Väter hat Frank ihren großen Auftritt und beweist von der ersten Note an, dass sie sich nicht hinter einem Namen wie Douwes verstecken muss. Ihr Spiel wirkt an einigen Stellen leider etwas sehr abgeklärt, fast schon gelangweilt, was zu der Rolle der machtbesessenen, rachsüchtigen Halbschwester Merlins nicht ganz passen will. Trotzdem schafft Frank es, die ganze Verschlagenheit des Charakters zu verkörpern, der Artus seinen Platz streitig machen möchte und auch nicht davor zurückschreckt, Merlin zu betören.

300 Copyright: Tina Petrik/Merlin wehrt sich vergeblich gegen die Verführungsversuche von Morgana (Caroline Frank).

Kröger selbst spricht im Kurzinterview am Nachmittag zuvor lobend über seine Kollegin, mit der zusammen er das Publikum spätestens im zweiten Akt bei Begehren von den Sitzen reißt. Frank und er kennen sich viele Jahre, diese instinktive Zusammenarbeit macht sich bezahlt. In einem verglichen mit der ursprünglichen Musical-Version abgeänderten Handlungsstrang, erklärt er, stiehlt Morgana nicht Merlins Kräfte. Dies wäre nur ein Trick von ihm, um sie glauben zu lassen, dass sie gewonnen hätte und nun die Gabe hat, in die Zukunft zu sehen, denn nur so kann sie besiegt werden. Die Figur seiner Gegenspielerin fasziniert Kröger sehr, auch findet er es sehr interessant, dass ihr Name später im Sprachgebrauch zum Begriff von Trugbildern werden sollte (»Fata Morgana«).

301 Copyright: Tina Petrik

Laute Stimmen, leise Töne

Den Gegenpol zu dieser wenig Sympathien verbreitenden weiblichen Hauptrolle bildet Guinevere, verkörpert von Jungdarstellerin Jana Marie Gropps. Ihre schnell erstarkenden Gefühle zu Artus nimmt man ihr vom ersten Duett mit diesem, Ein wahrer Held, auf der Stelle ab, ihr starker Sopran kann sich mit jeder anderen Stimme in der

302 Besetzung messen und hallt wohl auch dem werdenden Helden noch nach, wenn er mit Was macht einen König aus sein Schicksal annimmt. Leben kommt in die von Zweifeln und düsteren Visionen geprägte Inszenierung in Form von Artus‘ treuem Begleiter Lancelot (Sascha Krebs), für die Autorin dieses Artikels die Entdeckung in dieser Woche. Nicht nur sorgt sein frustrierter Umgang mit Merlin für Lacher, als dieser die neue Heldentruppe zu einem verfallenen Schloss im ebenbürtig spartanischen Bühnenbild führt. Dieses wird unter optimistischeren, helleren Klängen (Heute Nacht fängt es an) rasch zu dem ruhmreichen Camelot unter der Führung von Artus und seiner frisch Angetrauten. Doch vor allem die ernsteren Töne zeichnen die ganze Klasse des ebenfalls als Freddie-Mercury-Interpreten arbeitenden Musikers aus. Wenn Lancelot seinen Schmerz über seine verbotene Liebe zu Guinevere in Sogar der Regen schweigt still heut Nacht und später in Nur sie allein genauso kräftig wie sauber über den Schlosshof brüllt, sorgen nicht die niedrigen Nachttemperaturen für Gänsehaut.

303 Copyright: Tina Petrik/Lancelot (Sascha Krebs) leidet unter seiner Liebe zu Guinevere.

Obwohl Guinevere aufgrund von Artus‘ Zurückweisung nach dem Tod von dessen Vater (Holger Ries) kurzzeitig schwankt, ist ihre Zuneigung zu Lancelot natürlich aussichtslos und führt ins Verderben. Artus ist allein. Seine Frau und sein bester Freund nach deren Verrat – verstoßen (Alles ist vorbei). Verlassen von der ständigen Hilfe des sich ominös für immer verabschiedenden Merlin (Was macht einen König aus Reprise). Übrigens ein im Stockdunkeln über eine ungesicherte Steinbrüstung von Kröger viele Meter über der Bühne inszenierter Abgang, für den man dem Darsteller nur höchsten Respekt aussprechen kann. Nun muss sich der von Hass und Reue zerfressene König allein seiner mordlustigen Halbschwester und dem Heer von Sir Gareth (Oleg Lapochkin) stellen. Ein Krieg, der zwar eine

304 von Merlin im letzten Moment entsandte Guinevere als Rettung vor Morgana zurück in sein Leben bringt, seinen ehemals besten Freund jedoch das Leben kostet. Ein bedrückendes Schlussbild unter einer letzten Reprise von Das Feld der Ehre, das vom Publikum im Nachgang nicht nur mit Begeisterung aufgenommen wurde. Denn eigentlich lautet das Leitbild des Musicals, dass die Hoffnung niemals sterben darf, wie Merlin selbst es mehrmals leidenschaftlich verkündet, doch die völlige Düsterkeit und die Distanz zwischen dem Liebespaar auch am Ende noch bringt wenig positives Gefühl in diese letzten Töne.

Fazit

Im Gesamtbild wirkt die Aufführung aber vorrangig mitreißend mit ihren emotionalen Balladen, dem nahtlosen Zusammenspiel aller Darsteller, der mühevollen Handarbeit, die in jedem Kostüm, jeder Requisite steckt. Und dem Willen eines ganzen Dorfs, große Werke der Musical-Welt in einer traumhaften Kulisse seinem Publikum ebenso professionell zu präsentieren wie jede riesige deutsche Theaterbühne, jedes noch so gigantische andere Freiluft-Festival. Und das schafft das Team von Zwingenberg ohne jeden Zweifel.

Weitere Informationen erhält man unter: https://www.schlossfestspiele-zwingenberg.de/

305 Interview: Ein Lancelot mit Han-Solo-Charme: Im Gespräch mit Sascha Krebs von Bettina Petrik

Die Berichterstattung für die noch sehr jungfräuliche Musical-Sektion in dieser Ausgabe des Corona Magazine hat die Redaktion unter anderem ein paar Tage lang ins ebenso malerische wie zurückgezogene badische Zwingenberg geführt. Wie im Artikel zum dort in diesem Jahr aufgeführten Musical Artus – Excalibur nachzulesen ist, ticken die Uhren bei Sommerfestspielen ein wenig anders als bei den saisonalen Großproduktionen in Wien, Berlin oder Hamburg.

Als nichts ahnender Pressebesucher ist man da etwa gerade in seiner Unterbringung angekommen und wartet in der Rekord-Sommerhitze darauf, dass sich an der völlig verlassenen Rezeption ein menschliches Wesen einfindet … Da fragt man sich plötzlich, woher einem diese sympathische braungebrannte Gestalt mit den hüftlangen grauen Haaren und dem gutmütigen Schalk in den Augen bekannt vorkommt, der man am Gang begegnet, was einem immerhin versichert, dass man nicht ganz bei den Waltons gelandet ist. Oder bei The Walking Dead. Erst bei der Generalprobe zu besagtem Stück, als Sascha Krebs‘ Lancelot zum ersten Mal mit seinem Reisebündel über der Schulter

306 vor der Bühne vorbeischlendert, macht es klick. Später grinst man gemeinsam über diese leicht zerrupfte erste Begegnung, und naturgemäß bleibt es nicht die einzige in den nächsten Tagen.

Die Unterbringung etwas abseits vom hektischen Schlossgeschehen bringt dann auch den Vorteil, dass man sich dort ganz zwanglos zu einem kurzen Gespräch zu Krebs‘ Rolle in Artus zusammenfinden kann, irgendwo zwischen Lebensmitteleinkauf und halb auf dem Weg, um die nötigen Organisationsarbeiten zu erledigen, die auch in einer Show-Woche nicht liegenbleiben, wenn man sich als selbstständiger Künstler durchschlägt.

Und zu tun gibt es für Krebs immer genug. Nach einer klassischen Gesangs- und Schauspielausbildung in Heidelberg und Hamburg hinterließ der engagierte Musiker rasch Spuren in der Musical-Welt, in Hair, als Solist auf Touren wie The Best of Broadway und der Andrew Lloyd Webber Musical Gala, in der Rocky Horror Show und in Hello, Dolly! genauso wie in der West Side Story. Ikonische Rollen wie die des Herbert und des Grafen von Krolock in Tanz der Vampire stehen ebenso in seinem Lebenslauf. Er war Teil der deutschsprachigen Erstaufführung von Dracula und spielte die Titelrolle in Jesus Christ Superstar in gleich acht verschiedenen Produktionen. Mit am meisten Spuren dürfte aber wohl das Queen-Musical We Will Rock You in Krebs‘ Leben hinterlassen haben. Es blieb nicht bei vier verschiedenen 307 Hauptrollen in über 1.200 Shows in Köln, Zürich, Wien, Stuttgart, Basel, Essen, Berlin, München, Frankfurt und Hamburg. Seit Januar 2017 ist Sascha auch der Frontmann von The Queen Kings, einer Formation, die als eine der besten Queen-Tribute-Bands gilt. Mit dieser Gruppe spielt er im Jahr bis zu 100 Konzerte. Nebenbei auch noch als Organisator und Mitwirkender bei diversen Galas und Konzerten wie Musical Meets Pop tätig, bleibt da für den sympathischen, stimmgewaltigen Darsteller kaum noch Zeit für anderes – und trotzdem beweist er mit immer neuen Herausforderungen, wie diesmal eben dem treuen Wegbegleiter des Protagonisten in Artus, dass er mit seiner Vielfältigkeit noch lange nicht am Ende ist.

Copyright: Tina Petrik/Sascha Krebs (vorne) als Lancelot in Artus – Excalibur

308 Frage: Eine der ganz großen Stärken dieser Umsetzung von Artus – Excalibur ist der szenische Humor, der bei den Leuten auch wirklich gut ankommt. Gerade Lancelot hat da einige sehr witzige Momente mit Merlin und Artus, in denen er seinen Frust in lautstarkem, aber liebenswertem Gebrüll Ausdruck verleiht. Kamen da von dir selbst auch Vorschläge für die Umsetzung des Drehbuchs?

Sascha: Ja, schon, also, das haben wir schon versucht. Bei mir war’s halt grade so: Ich find’s ja immer spannend, wenn die Figuren nicht so eindimensional sind. Und Lancelot ist so der große Krieger und gut Aussehende, zu dem sich Guinevere hingezogen fühlt, wenn‘s mal in der Ehe nicht so läuft. Deswegen haben wir da schon versucht, diese Handlung irgendwie länger anzulegen, sodass da früh schon was passiert. Und auch für Lancelot da natürlich einen Weg zu finden, warum er diesen ganzen Weg eigentlich so geht, wie er ihn geht. Das ist eine Arbeit zusammen mit dem Regisseur, man macht Vorschläge, er hat Vorschläge, und im Idealfall findet man da einen Mittelweg, mit dem alle leben können.

Frage: Das Ganze ist ja eine riesige Saga, die schon auf zig Arten in Büchern, Filmen, Comics etc. umgesetzt wurde. Hast du ein bestimmtes Medium, aus dem du Inspiration für »deinen« Lancelot hergeholt hast? 309 Sascha: Also, ich hab vor Ewigkeiten mal Die Nebel von Avalon (1982) gelesen, aber das ist zu lange her, um sich dran zu erinnern. Letzten Endes ist es immer so … Und war auch so, als ich Evita gespielt hab, wo ja auch das Musical so ein bisschen von der Realität abweicht … Der Regisseur im Capitol Theater sagt immer: »Die Bibel ist das Textbuch.« Also, alle Sagen, die davor stehen oder Vorgeschichten, da kann man im Zweifel davon ausgehen, dass der Zuschauer die vielleicht auch nicht gelesen hat. Das heißt, wir müssen uns an das halten, was im Textbuch steht, was hier sehr, sehr gut geschrieben ist. Und natürlich versucht man dann immer so Parallelen zu finden zu Figuren … Ich hab ja immer gesagt, Lancelot ist eigentlich so wie in der Star Wars-Saga Han Solo. So ‘n bissl der Draufgänger, der lustige Typ. So was versuch ich dann eher mit heranzuziehen als jetzt irgendwelche Bücher, die vielleicht von den Zuschauern auch niemand gelesen hat.

Die Redaktion bedankt sich noch mal ganz herzlich für den Parkplatz-Plausch und wünscht Krebs alles Gute für seine zahlreichen musikalischen Projekte.

Weitere Informationen erhält man unter: http://www.saschakrebs.com

310 Musical: Die Päpstin: Der Gedanke und die Erinnerung

von Bettina Petrik

Nach der ausführlichen Recherche vor Ort für die Berichterstattung zu Artus – Excalibur für die noch so neue Musical-Sektion im Corona Magazine sollte ein weiterer Theater-Ausflug nach Stuttgart im August für die Redaktion eigentlich nur dem Vergnügen dienen. Zumal entsprechendes Stück, Die Päpstin, bei flüchtiger Betrachtung keine Berührungspunkte mit dem Phantastik-Genre aufweist. Die Aufführung hat dann aber genug Eindruck hinterlassen, um eine Rezension zu rechtfertigen. Zumal dasselbe Team vom Festspielhaus Füssen, das auch den historischen Stoff von Ludwig² in ein zauberhaftes Stück verwandelt, wie in der letzten Ausgabe beleuchtet, hinter dieser Sommer-Inszenierung im Theaterhaus Stuttgart

311 stand. Und es hat auch in die Interpretation des gleichnamigen Romans von Donna Woolfolk Cross wieder genug Stoff zum Träumen verpackt.

Copyright: Tina Petrik

Woran man so gern glauben möchte

Das beginnt beim Grundthema des Musicals. Obwohl die Legende rund um Päpstin Johanna/Johannes Anglicus sich seit dem 13. Jahrhundert hartnäckig hält, geht die heutige historische Wissenschaft davon aus, dass es zwischen Leo IV. und Benedikt III. eben keinen weiblichen Papst gab, der sich als Mann ausgab, denn historische Belege gibt es keine. Aber die Geschichte von der Frau, die sich gegen jegliche gesellschaftliche Konventionen, Vorurteile und Gesetze der damaligen Zeit auflehnte, für das Wohl des Volks und für Gleichberechtigung der Geschlechter, wurde nicht umsonst

312 schon lange vor genanntem Buch und dem Musical des Deutschen Dennis Martin in zahlreichen Kunstformen adaptiert. Es ist eine auch heute noch brandaktuelle Thematik, gerade angesichts der in der Kirche und anderen Glaubensgemeinschaften immer noch nicht völlig gleichgestellten Frau. Nur zu gerne möchte man glauben, dass das historische Vorbild für diese Protagonistin einfach nur gründlich genug von ihren Feinden aus sämtlichen Geschichtsbüchern getilgt wurde.

Copyright: Tina Petrik/Sandy Mölling als Päpstin Johanna

Ein aussichtsloser Kampf um Unabhängigkeit

Ob Mythos oder Mysterium, die Handlung rund um Johanna (Sandy Mölling) entbehrt nicht großer Tragik. Und tatsächlich ist es nur die von heidnischem Glauben geprägte Figur ihrer Mutter (Stefanie Kock), die nicht nur die 313 bedrückende Erzählung ein wenig auflockert, sondern die auch die übernatürlichen Figuren der Raben Munin (Stefanie Gröning/Julia Sophie Ladner) und Hugin (Vera Horn) ins Geschehen einführt. Vorgestellt in der geheimnisvoll gehauchten Ballade Boten der Nacht als »der Gedanke« bzw. »die Erinnerung« bezaubern die beiden Luftakrobatinnen an den Bühnenseiten von dieser Szene an nicht nur mit ihrer Vertikaltuchakrobatik und ihren Balletteinlagen. Sie fungieren als Johannas Beschützer in der Ferne oder auch direkt im Geschehen und erleichtern die Übergänge, wenn das Bühnenbild eingebunden ins Geschehen durch Team und Darsteller selbst im Schnellverfahren umgebaut wird.

314 Copyright: Tina Petrik/Die Mutter und der Rabe

Johannas intriganter Gegenspieler später in Rom, Anastasius (Christopher Brose) poltert sich stimmgewaltig mit Zum Ruhme der Familie ins Geschehen. In der Rolle als ihr tyrannischer, gewalttätiger Vater glänzt auf traurige Weise unter anderem Chris Murray (Jekyll & Hyde) als mit der größte Name in der Besetzungsliste, er stellt das herrische, fanatische, fast schon psychopathische Wechselbalg mit als Leitmotiv einer Erzählung vor, in der eine Frau nichts wert ist, nicht lesen, schreiben und denken darf und durch die Erbsünde ihr Leben lang bestraft gehört. Unbeschwertere Töne werden in Im Namen des Herrn angeschlagen, nachdem Johanna, begleitet von ihren gefiederten Beschützern und ihrem Bruder, unter der Leitung ihres neuen Mentors Aeskulapius (Uwe Kröger) vor ihrem Zuhause flüchtet und in Dorstadt vom dortigen fröhlichen Bischof inspiziert wird. Der nimmt es mit den Regeln von Keuschheit und Bescheidenheit der Kirche ohnehin nicht so genau – Johanna darf als erstes und einziges Mädchen überhaupt in der Domschule lernen. Aufwachsen darf sie bei dem Marktgrafen Gerold, dem Mann, der schließlich ihre große Liebe werden soll. Eine Rolle, in diesem Sommer nicht nur verkörpert im Wechsel von den schon länger im Geschäft etablierten Künstlern Jan Ammann (Tanz der Vampire) und Matthias Stockinger (Bat Boy), sondern auch von einem bockstarken Hannes Staffler, der sich mit den ebenso romantischen wie schwermütigen

315 Balladen Wehrlos und Ein Traum ohne Anfang und Ende in mehr als nur Johannas Herz singt.

Copyright: Tina Petrik/ Sandy Mölling als Päpstin Johanna und Hannes Staffler als Gerold

Doch Gerold verlässt Johanna zugunsten einer Karriere als Soldat, und bei einer gerade noch verhinderten Zwangsheirat verliert sie sämtliche Freunde und Familie an die Schwerter der Normannen. Da bleibt nur noch die Flucht hinter Hohe Klostermauern, nach einer – von der Hauptdarstellerin und der Maske rund um die hoch talentierte Maja Storbeck – beeindruckend kompromisslos inszenierten Live-Verwandlung zum Mann.

316 Copyright: Tina Petrik/Sandy Mölling als Päpstin Johanna

Das eingängige Lied, interpretiert unter anderem von Bühnenlegende Kevin Tarte (Disney’s Die Schöne und das Biest) als Rabanus, glänzt als einfühlsame, aber deutliche Kritik an der Kirche und wird fast noch mehr als jedes Leitmotiv vom Publikum geliebt und gefeiert. Johanna findet trotz ihres Lebens einer Lüge Unterstützung, sie lernt, bringt sich ein und wird zu einer ausgezeichneten Ärztin, bevor sie nach Rom fliehen muss, weil ihr Vater sie im Kloster Fulda aufgespürt hat. In der heruntergekommenen Stadt (Ewiges Rom) schlägt sie sich unerkannt als Doktor durch, bis sie dank ihres alten Freundes Aeskulapius in den Lateran berufen wird, um den Papst zu behandeln. Schnell macht sie Karriere und findet schließlich als vom Volk gewählte Päpstin ihre wahre Lebensaufgabe. Johanna singt sich vielleicht zum ersten Mal in ihrem Leben voller Glück und Stolz allen Tatendrang, alle

317 Entschlossenheit, die Welt besser zu machen, von der Seele (Das bin ich), und Mölling beweist endgültig, dass sie den Zeiten als Mitglied der No Angels gesanglich und darstellerisch längst entwachsen ist. Doch lange kann so eine konstruierte Geschichte niemals andauern – spätestens als Gerold Johanna wiederfindet und die beiden ihre Liebe endlich ausleben können, sind Johannas Tage nicht nur als Päpstin gezählt. In einem letzten Streich gegen ihre Herrschaft tötet Anastasius ihre große Liebe vor ihren Augen, woraufhin sie in der Öffentlichkeit ihr ungeborenes Kind verliert und stirbt. Das Volk trauert, in Form eines weiteren sanften, völlig harmonischen Vortrags des Ensembles (Papa Populi) und den eindringlichen Worten eines einmal mehr in der Rolle des Erzählers glänzenden Kröger, der den Zusehern versichert, dass die Legende der Päpstin niemals in Vergessenheit geraten wird.

318 Copyright: Tina Petrik/Uwe Kröger als Aeskulapius (Mitte)

Nachdenklich und bedrückend

Trotz dieser tröstenden Worte verlässt man eine Vorstellung von Die Päpstin mit Bedrückung, mit der Erinnerung, dass gerade Frauen einen langen, harten Weg gehen mussten, um zumindest in der westlichen Welt die Stellung zu erreichen, die sie heute innehaben. Und dass es immer noch viel zu tun gibt. Dass man aber auch mit dem Glauben an das Gute im Menschen, an Wahrheit und Gerechtigkeit viel erreichen kann, wenn man den Mut hat, sich gegen sein Schicksal zu stellen. Daher eine ganz klare Empfehlung für dieses wunderbare Stück, das gegen Jahresende ins Festspielhaus Füssen zurückkehrt.

Weitere Informationen erhält man unter: https://das-festspielhaus.de/die-paepstin/

319 Phantastisches Fandom

TrekDinner Mittelhessen: Just For Fun!

von Thorsten Walch

Heute soll an dieser Stelle das TrekDinner Mittelhessen vorgestellt werden, dessen Anfänge satte 27 Jahre zurückliegen und das somit zu den dienstältesten deutschen Star Trek- und anderweitigen Fantastik-Franchise-Stammtischen gehören dürfte. Werfen wir nachfolgend also einen Blick auf seine wechselvolle Geschichte!

320 Anfänge

Es war einmal vor langer Zeit … nicht in einer weit, weit entfernten Galaxis, sondern in einer ausgesprochenen Diaspora der deutschen Science-Fiction- und Fantasy-Fan-Szene. Genau genommen im beschaulich-idyllischen Mittelhessen: Dies ist jene Region des ansonsten für Äppelwoi und Handkäs' mit Musik bekannten Bundeslandes, welche sich rund um die Städte Gießen, Wetzlar und Marburg befindet. Wir schreiben das Jahr 1992. Langsam aber sicher kommt das „Fandom“, wie seine Angehörigen gern abkürzen, auch hierzulande so richtig in Fahrt, nachdem es während der gerade erst zurückliegenden 80-er Jahre eher ein sub-kulturelles

321 Schattendasein geführt hat. Star Trek steht kurz vor seinem großen Boom, der das Franchise in der Mitte der 90er Jahre zum ausgesprochenen Massenphänomen macht. In vielen größeren und auch kleineren deutschen Städten beginnen sich die so genannten „TrekDinners“ zu formieren, monatliche Stammtische und anderweitige Zusammenkünfte von hauptsächlich Star Trek-Fans, aber auch Anhängern von damals eher im Pausenmodus befindlichen Phantasiewelten wie dem Star Wars-Universum. Doch da ersteres bedingt durch den besagten Boom floriert, spricht man meistenteils eben von „TrekDinners“. Eine ausgesprochene Fandom-Hochburg hierbei ist das Ruhrgebiet, wo es teilweise gleich mehrere TrekDinners pro Stadt gibt. Nur in Hessen, insbesondere in Mittelhessen, sieht es diesbezüglich eher trist und traurig aus. Zwar gibt es im Rhein-Main-Gebiet einen monatlichen Stammtisch, doch die Region Gießen-Wetzlar-Marburg muss ohne eigenes TrekDinner auskommen, obwohl es durchaus potentielle Besucher gibt: Immerhin sind Gießen und Marburg Universitätsstädte, und ein nicht unbeträchtlicher Teil der aktiven Fandom-Szene stammt aus Studentenkreisen. Lange Vorrede, kurzes Fazit: Aufgrund der Aktivitäten einer kleinen Gruppe von verstreut in Mittelhessen lebenden Star Trek- und Star Wars-Fans bildet sich ab dem Frühjahr 1992 das TrekDinner Gießen, das in einer dortigen Gaststätte mit gutbürgerlicher Küche stattfindet. Während der Blütezeit des Star Trek-Booms muss der Gaststättenwirt bei den monatlichen Stammtischen seinen Laden gar für die Allgemeinheit 322 schließen und eine geschlossene Gesellschaft aus dem TrekDinner machen, das zeitweise über 60 Besucher zählt. Hinzu kommen verschiedene „Außenmissionen“ wie gemeinsame Besuche von Star Trek-Filmnächten oder damaligen Großveranstaltungen wie der Star Trek World Tour in Düsseldorf. Ab Mitte der 90er Jahre werden aus diesem Grund die Schwesterdinner TrekDinner Wetzlar und TrekDinner Marburg gegründet, die ebenfalls recht hohe Besucherzahlen aufweisen können. In diese Zeit fällt auch die Geburtsstunde des klingonischen Weihnachtsmannes Klingolaus, der seinen allerersten Auftritt während einer Sonderveranstaltung des TrekDinner Gießen erlebte. Aufgrund der immer zahlreicher werdenden Konkurrenz-Franchises auf dem Fantastik-Sektor wie Babylon 5, Akte X und Stargate SG-1 im TV und der Rückkehr der Star Wars-Saga und der Der Herr der Ringe-Trilogie im Kino wird Star Trek jedoch zunehmend zu einem Interessengebiet unter vielen, wenngleich die eingebürgerte Bezeichnung „TrekDinner“ bestehen bleibt. Allerdings setzt sich auch das Internet für den Hausgebrauch zunehmend durch, und viele insbesondere jüngere TrekDinner-Besucher ziehen es nun vor, virtuelle Zusammenkünfte von der heimischen Wohnzimmercouch aus in den zahlreicher werdenden Foren und Gruppen zu besuchen. Dies führt zu einem geradezu drastischen Rückgang der Besucherzahlen. Anfang der 2000er Jahre bleibt auf den TrekDinners Gießen, Wetzlar und Marburg schließlich lediglich ein harter Kern an Fans (der Begriff „Nerd“ ist noch weitgehend unbekannt) bei den monatlichen Treffen zurück. 323 Aus drei mach eins

Dies führt ab dem frühen Jahr 2004 dazu, dass die Leiter der Dinners gemeinschaftlich beschließen, künftig nur noch ein einziges monatliches Treffen abzuhalten, das im steten Wechsel in den Städten Gießen und Wetzlar stattfinden soll. Das Marburger Treffen hingegen hat sich mittlerweile mehr auf den reinen Fantasy- und Rollenspiel-Bereich verlegt, und das Interesse an Science-Fiction ist hier eher eingeschränkt; dennoch bleibt man freundschaftlich verbunden. Für eine Weile fehlt es dem frisch gegründeten TrekDinner Mittelhessen entschieden an Nachwuchs, da sich junge Fans wie schon erwähnt vorwiegend in entsprechenden Internetforen oder den damals im Aufkommen begriffenen sozialen Netzwerken tummeln, und während der beiden ersten Jahre sind es lediglich die Angehörigen besagten „harten Kerns“ von einst, der sich in den beiden ausgewählten Gaststätten in Gießen und Wetzlar trifft. Das ändert sich jedoch zwei Jahre später, im Jahr 2006: Durch die Präsenz der Besucher des TrekDinner Mittelhessen auf verschiedenen Science-Fiction- und Fantastik-Conventions, allen voran natürlich die berühmte FedCon, lernen die Mittelhessen neue Leute kennen, und schließlich erhält das TrekDinner Mittelhessen Zuwachs aus dem Rhein-Main-Gebiet und aus Oberhessen und kann erstmals wieder höhere Besucherzahlen verbuchen. Außerdem heben Dr. Frank Baring und der Autor dieses Artikels ebenfalls 2006 324 zusammen mit den Organisatoren anderer Stammtische die Initiative TrekDinner United aus der Taufe, die bis zum heutigen Tag alljährlich zur ausgehenden Sommerzeit stattfindet. Hier starten Mitglieder etlicher befreundeter TrekDinner, Science-Fiction-Stammtische und so weiter und so fort eine gemeinsame Unternehmung, die im jährlichen Wechsel zu einem Vergnügungspark oder einem (Erlebnis-) Museum oder einer anderen Bildungseinrichtung führt, während es zum abendlichen Ausklang der Veranstaltung stets auch ein großes Dinner in einer Location am Veranstaltungsort gibt. Im Jahr 2019 fand das TrekDinner United an seinem geistigen Gründungsort in Wetzlar mit einem Besuch der dortigen Leica-Welt sowie dem Lasertag Wetzlar und dem dortigen Brückenlauf statt. Auch ansonsten gibt es einige Aktivitäten, welche neben den eigentlichen monatlichen Dinners von dessen Besuchern gemeinsam durchgeführt werden: Neben Kinobesuchen finden im Frühjahr das Trek 'n Bowl auf der ebenfalls vom Wirt der Wetzlarer Veranstaltungslocation betriebenen Bowlingbahn statt, im Mai wird bei Trek 'n Hike zu einer im Umland gelegenen Grillhütte gewandert. Zur Sommerzeit findet alljährlich das GrillTrek mit den berühmten McCoy-Bohnen (natürlich mit Geheimzutat!) statt, ebenso wie Trekkies treffen Winnetou, der gemeinsame Besuch des Elspe-Festivals im benachbarten Sauerland. Und in der Vorweihnachtszeit geben sich beim X-Mas Trek der Klingolaus und seine Begleiterin Mad Darth Reindeer die Ehre, dirigieren die Teilnehmer beim Singen des jährlichen Nerd-Weihnachtsliedes und versteigern bei 325 der beliebten „chat'Z 'm sagK“-Auktion allerlei Nerdstuff für einen guten Zweck. Die regulären Treffen jedoch zeichnen sich, ähnlich wie bei anderen Stammtischen, durch ausgesprochene Ungezwungenheit aus. Der heutigen Zeit geschuldet sind die Themen mittlerweile natürlich entsprechend vielfältig und gehen weit über die Welten von Star Trek und Star Wars hinaus, etwa in das Reich von Game Of Thrones oder des Marvel Cinematic Universe, wobei die beiden erstgenannten Franchises natürlich stets einen ganz besonderen Status beibehalten haben. Der Altersdurchschnitt der Besucher beginnt bei 30 Plus, doch sind sowohl jüngere und natürlich auch ältere Besucher jederzeit herzlich willkommen. In seiner heutigen Form wird das TrekDinner Mittelhessen von einem Orga-Team ausgerichtet, das aus Dr. Frank Baring, Rainer Kuhn, Thomas „Z.“ Znarowski sowie – mittlerweile aus der Ferne – dem Autoren dieses Artikels besteht.

326 Kontakt: Wie schon erwähnt, findet das TrekDinner Mittelhessen allmonatlich im Wechsel zwischen Gießen und Wetzlar statt. Eine Voranmeldung für den Besuch ist aufgrund der Sitzplatzreservierungen notwendig. Die Kontaktaufnahme kann auf der Website unter www.trekdinner-mittelhessen.de vorgenommen werden, hier finden sich auch Informationen über geplante Sonderveranstaltungen, Termin- und Locationänderungen usw. Auch bei Facebook ist das TrekDinner Mittelhessen vertreten. Veranstaltungslokal Gießen: Brasserie zum Gambrinus, Klinikstraße 21, 35392 Gießen Veranstaltungslokal Wetzlar: Tasch am Kornmarkt, Kornmarkt 12, 35578 Wetzlar

327 Die dritten PERRY RHODAN-Tage Osnabrück – veranstaltet von der PERRY RHODAN-FanZentrale e.V. von Hartmut T. Klages

Für die Fans der Heftromanserie PERRY RHODAN bot sich von 25.-26.05.2019 im Haus der Jugend in Osnabrück eine gute Gelegenheit, eine Vielzahl von Schaffenden sowohl von der Heftroman-Serie als auch vom Ableger PERRY RHODAN NEO persönlich kennenzulernen. Roman Schleifer führte an diesen dritten PERRY RHODAN-Tagen fast unermüdlich anregende Gespräche, sei es nun mit PERRY RHODAN- Exposé-Autor Wim Vandemann oder den »NEO-Expokraten« Rüdiger Schäfer und Rainer Schorm. Zu den Highlights der von der PERRY RHODAN-FanZentrale e.V. organisierten Veranstaltung zählte sicher der Besuch von Bestsellerautor Andreas Brandhorst (Omni), dessen Gastroman mit der Nummer PR 3005 zum Anlass genommen wurde, die vielen Facetten dieses Autors auf einer PERRY RHODAN-Veranstaltung zu präsentieren. Titelbildillustrator Alfred Kelsner stellte im Zuge der Veranstaltung außerdem seine großformatigen Originale aus. Dies bleibt seinen Kollegen verwehrt, da deren Werke digital erscheinen.

328 Weitere Autoren und Lektoren wie Redakteur Klaus N. Frick (Sardev – Der Schatten des Friedens) und Marketingleiter Klaus Bollhöfener boten den Anwesenden die Atmosphäre von viel Prominenz. Nicht zuletzt aber gestaltete eine Vielzahl aktiver Fans ein abwechslungsreiches Programm rund um PERRY RHODAN. Erfreulicherweise ist für Mai 2021 eine vierte Auflage der PERRY RHODAN-Tage angedacht.

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331 Mitarbeit am Corona?

Gerne und jederzeit!

Sie schreiben gerne und gut? Bringen Ihre Gedanken zielsicher auf den kreativen Höhepunkt, neigen zu nächtlicher Selbstkasteiung, um fingernagelkauend und schlaftrunken die wichtigste Deadline überhaupt einhalten zu können? (Damit meinen wir unsere...)

Toll, wissen Sie was?

Auf Sie haben wir gewartet!

Das Corona Magazine ist ein Online-Projekt, das zu einer Zeit entstanden ist, als 14.4er Modems noch schnell schienen, 64 MB RAM noch wirklich viel waren und das Internet noch den Geist des kostenlosen Informationsaustauschs in sich trug. Zumindest letzteres haben wir aus unseren Anfangszeiten bis in die Gegenwart gerettet. Das Corona Magazine ist nicht-kommerziell. Wir verdienen vielleicht Geld, wir bekommen es aber nicht. Das gilt dann leider auch - und wie so oft - für unsere Autoren, Webmaster, Chefredakteure und das Lektorat.

332 Warum sollte dann irgendjemand auf die Idee kommen, bei uns mitzumachen?

Nun, abgesehen von einer gewissen Dosis Masochismus und der zumeist angeborenen Sehnsucht nach der großen oder kleinen Bühne, verbindet die Mitarbeiter des Corona-Projekts vor allem eines: Der Spaß an der Sache. Obwohl wir im ganzen deutschsprachigen Europa verteilt sind, sind unsere Treffen stets feuchtfröhlich, unsere Chats und Telefonate meist inspirierend (oder zumindest transpirierend) und die Diskussionen in unseren Mailinglisten sind, so denn das Gros der Redakteure mal aus dem Quark kommt, das reinste Paradebeispiel für den Aufbau eines gelungenen Networking. Denn egal in welche Stadt man kommt - ein Corona-Redakteur ist meist schon da.

Wer sind wir eigentlich genau?

Es gab Zeiten und Projekte, da waren wir ein äußerst kunterbunter Haufen. Inzwischen sind wir nur noch bunt. Unsere Redaktion setzt sich aus ehrenamtlich arbeitenden Journalisten, Redakteuren, Lektoren und einer Handvoll von Menschen zusammen, die genau so was unheimlich gerne geworden wären, wenn die

333 Medienbranche nicht so eine Knochenmühle wäre. Das bedeutet für jeden Interessierten, dass er oder sie immer eine Chance hat, dieser Ansammlung an Individuen beizutreten - wenn er mag und kann.

Eine Mail an [email protected] mit einem netten Betreff, wie z.B. »Hallo, da bin ich!« und einer kurzen Vorstellung der eigenen Person reicht da völlig.

Wir freuen uns auf Sie!

334 Impressum

Nachdruck und Vervielfältigung, auch einzelner Artikel oder Auszüge, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen kann keine Gewährleistung übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beitrage geben nur die Meinung des Verfassers wieder und stimmen nicht zwangsläufig mit den Ansichten der Redaktion und des Herausgebers überein. www.corona-magazine.de www.facebook.com/CoronaMag/ twitter.com/Corona_Magazine

Das Corona Magazine wird herausgegeben von Verlag in Farbe und Bunt Gneisenaustraße 103 45472 Mülheim an der Ruhr

Herausgeber | Mike Hillenbrand

335 Chefredakteur & E-Book-Satz | Björn Sülter

Lektorat | Bettina Petrik, Telma Vahey & Björn Sülter Cover | EM Cedes

Copyright Elemente Coverbild: NASA

Corona Webseiten | www.corona-magazine.de Kontakt | [email protected]

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