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Phantastika Magazin #357 April/Mai/Juni 2021

Verlag in Farbe und Bunt

If you can dream it, you can do it! Beschreibung & Impressum

Das Phantastika Magazin (von 1997 bis 2020: Corona Maga- zine) ist ein traditionsreiches und nicht-kommerzielles Online-Projekt, das seit 1997 die Freunde von Science-Fic- tion, Phantastik, Wissenschaft, Kunst und guter Unterhal- tung mit Informationen und Hintergründen, Analysen und Kommentaren versorgt. Seit dem Wechsel zum Verlag in Farbe und Bunt erscheint es im zeitgemäßen E-Book-Gewand. 2021 erfolgte der Namenswechsel.

Autoren Uwe Anton, Reiner Krauss (Wisser), Bettina Petrik, Thorsten Walch, Reinhard Prahl, Alexandra Trinley, Oliver Koch, Andreas Dannhauer, Lieven L. Litaer, Birgit Schwenger, Sven Wedekin, Kai Melhorn, Armin Rößler, C. R. Schmidt, Bernd Perplies, Frank Stein, Bastian Ludwig, Peter R. Krüger, Jacqueline Mayerhofer, Lujayne Sealya, Eric Zerm, Ansgar Imme, Jens Krohnen, Michael Kleu, R. J. DeWinter, Tim de Sade, R. M. Amerein, Michael Wilhelm, Pia Fauerbach, Marco Golüke, Mark Kammerbauer, Anna Nitsche, Daniel Pabst, Kaim, Nico Steinbrenner, Sandra Franke & Brandon Q. Morris

Herausgeber & Chefredakteur Der Verleger, Medienjournalist & Autor Björn Sülter schreibt Romane (Beyond Berlin, Ein Fall für die Patchwork

2 Kids), Biografien (Hallo, Herr Kaiser! Das Leben ist wilder, als man denkt) & preisgekrönte Sachbücher (Es lebe Star Trek, Die Star-Trek-Chronik), ist Chefredakteur von SYFY.de, Herausgeber und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klas- siker, Teil der Chefredaktion der Geek! und mit Kolumnen und Artikeln bei Serienjunkies, in der GEEK! oder im Insider Magazin vertreten. Dazu präsentiert er seine beliebten Podcasts Planet Trek fm und Der dreiköpfige Affe und ist als Hörbuchsprecher (Der Earl von Gaudibert, Dunkle Begegnungen, Star Trek - The Next Generation: Q sind herzlich ausgeladen), Über- setzer (Das Illustrierte Handbuch zur U.S.S. Enterprise NCC-1701-D aus Star Trek: The Next Generation) und Moderator aktiv. Er lebt mit Frau, Tochter, Pferden, Hunden & Katze auf einem Bauernhof irgendwo im Nirgendwo Schleswig-Holsteins.

Ausgabe #357, Juni 2021

3 1. Auflage, 2021 ISBN 978-3-95936-298-6 © 2021 / Alle Rechte vorbehalten. in Farbe und Bunt Verlag Björn Sülter Am Bokholt 9 | 24251 Osdorf www.ifub-verlag.de / www.ifubshop.com

Herausgeber & Chefredakteur | Björn Sülter Chefredaktion | Björn Sülter, Pia Fauerbach & Anna Nitsche Lektorat & Korrektorat | Bettina Petrik & René Spreer Cover & Ebook-Satz | EM Cedes Cover-Foto | Unsplash.com, Gabriella Clare Marino

Phantastika Webseite | www.phantastika-magazin.de Kontakt | [email protected]

Weitere Kontaktmöglichkeiten/Webseiten [email protected] http://www.ifub-verlag.de/ https://www.ifubshop.com/

Nachdruck und Vervielfältigung, auch einzelner Artikel oder Auszüge, ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Zeichnungen kann keine Gewährleistung übernommen werden. Namentlich gekennzeichnete Beitrage geben nur die Meinung des Verfassers wieder und stimmen nicht

4 zwangsläufig mit den Ansichten der Redaktion und des Herausgebers überein.

5 Editorial: Sommer, Sonne, Kaktus

Liebe Leserinnen und Leser, ganz wie im inzwischen etwas angestaubten Helge- Schneider-Sommerhit ist es zwar noch nicht wieder, doch bietet uns die aktuelle Pandemielage zumindest eine will- kommene Verschnaufpause. Ob es wirklich dazu reicht, dass wir noch in diesem Jahr wieder Messen und Conventions erleben, muss man zwar noch abwarten; es geht aber definitiv in die richtige Rich- tung. Filme kommen wieder ins Kino, das öffentliche Leben findet auf eine fast vergessene Weise statt und die Sonne tut ihr Übriges. Da ist es doch nur fair, dass unser Redakteur Peter R. Krüger im Topthema ein klein wenig auf latente Bedro-

6 hungen in unserer Gesellschaft blickt und mal genauer nachschaut, wie es eigentlich aktuell so um die Entwicklung von künstlicher Intelligenz steht. Für uns ändert sich derweil aber nichts. Wir bieten unse- ren Lesern auch weiterhin den gewohnten Mix aus allen Bereichen der Phantastik. Bleiben Sie gesund und uns gewogen!

Ihr Björn Sülter Herausgeber & Chefredakteur

7 Gewinnspiel: SKYLIN3S auf DVD In Zusammenarbeit mit EuroVideo Medien und ENTERTAIN- MENT KOMBINAT verlosen wir in dieser Ausgabe zwei DVDs zu »SKYLIN3S«!

MENSCH VS. ALIEN! – Um unsere Welt zu retten, muss ihre zerstört werden. Der epische Abschluss der SKYLINE-Tri- logie! Captain Rose Corley (Lindsey Morgan) verfügt über außerirdische Superkräfte und ist die letzte Hoffnung der Menschheit, als ein Virus dafür sorgt, dass den Menschen eigentlich freundlich gesonnene Alien-Hybriden zur Bedro- hung werden. Sie stellt ein Elite-Team aus Söldnern auf und reist mit diesen zur Alien-Welt, um die Menschheit zu retten. Das Warten hat ein Ende! Nach den erfolgreichen Science Fiction-Abenteuern SKYLINE und BEYOND SKYLINE liefert

8 Regisseur Liam O’Donnell nun mit SKYLIN3S, der unmittel- bar an das Ende des zweiten Teils anknüpft, den epischen Abschluss der beliebten Trilogie. Fans der Alien-Saga werden auch diesmal auf ihre Kosten kommen: Zu erwarten sind packende Actionszenen, überirdische Visual Effects und ein Wiedersehen mit Lindsey Morgan (The 100), die diesmal in der neuen Hauptrolle als erwachsene Rose Corley zurück- kehrt. Ergänzt wird das Ensemble durch Rhona Mitra (Star- gate Universe; Underworld – Aufstand der Lykaner), Jona- than Howard (Thor: The Dark Kingdom), Daniel Bernhardt (John Wick; Atomic Blonde), James Cosmo (Game of Thro- nes; Wonder Woman), Alexander Siddig (Stark Trek: Deep Space Nine) sowie Yayan Ruhian (The Raid; John Wick 3).

Einfach bis zum 20. Juli eine E-Mail an gewinnspiel@phan- tastika-magazin.de und ihr nehmt am Gewinnspiel teil. Die Gewinner werden ausgelost und danach informiert.

Teilnahmebedingungen Teilnehmen können alle natürlichen Personen ab 16 Jahren, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Mitarbeiter des Verlags in Farbe und Bunt und deren Angehörige dürfen nicht teilnehmen. Mitarbeiter der unterstützenden Firmen und deren Angehörige dürfen nicht teilnehmen. Die Adresse wird nach Versand des Gewinnes gelöscht, ebenso sämtliche im Zusammenhang mit diesem Gewinn- spiel gespeicherte Daten. Die Teilnehmer stimmen zu, dass der Verlag in Farbe und 9 Bunt oder das Phantastika Magazin für keinerlei Schäden, Kosten oder Verluste haftbar gemacht werden kann, seien sie gänzlich oder nur teilweise, direkt oder indirekt resul- tierend aus der Annahme oder Missbrauch des Preises oder Teilnahme am Gewinnspiel. Der Verlag in Farbe und Bunt übernimmt keine Ver- antwortung für die Handlungen Dritter und kann für deren Handlungen oder Nichterfüllung nicht haftbar gemacht werden. Eine Auszahlung des Gewinns ist nicht möglich. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

10 Termine: Treffen sie uns!

Die Corona-Pandemie macht vor unseren Messeplänen weiterhin nicht halt. Aus diesem Grund bitten wir leider an dieser Stelle um Geduld, bis neue und verbindliche Termine kommuniziert werden können. Sollte es möglich sein, werden wir aber in diesem Jahr noch auf der FedCon in Bonn, der Histologica in Oberhausen und der BuchBerlin in Berlin mit dem Verlagsstand vorbei- schauen.

11 Tipps fürs Lesevergnügen

»Ich habe gar keinen eBook-Reader« ist eine häufig gehörte Aussage, wenn es darum geht, warum ein phantastisch interessierter Mensch noch kein neues Phantastika Magazin gesehen und gelesen hat. Beispielsweise sind Kindle Paperwhite und Tolino tolle eBook-Reader, sie können tausende von Büchern in einem schmalen, robusten Gerät mitnehmen und dank mattem eInk-Display und dezenter Hintergrundbeleuchtung sowohl in der Sonne am Strand als auch abends, ohne Taschen- lampe, im Bett lesen. Jede Ausgabe ihres Phantastika Magazins kann ganz selbstverständlich auch auf ihrem Smartphone, iPhone oder Computer geschaut und gelesen werden. Hier haben sie gar die volle Farbkraft unserer Bilder in den Beiträgen. Wie das geht? Amazon-Kunden installieren sich idealer- weise die Kindle-App oder schauen im Browser selbst, genau wie beim Tolino webreader. Windows 10 Nutzer können ein lokales eBook ganz einfach im Browser wie Edge, Chrome, Firefox mit epub-Erweiterung (Add-on) öffnen. Schauen sie uns somit in Zukunft auf vielen Geräten und sagen sie es allen weiter, die noch nicht wussten wie sie uns lesen können und freuen sie sich somit auf ein Magazin von und in »Farbe und Bunt«.

12 Podcast Deep Inside

Wir machen Licht! Das Phantastika Magazin präsentiert mit Deep Inside einen eigenen Podcast zu all den Themen, die uns und Sie, bereits seit über zwanzig Jahren interessieren. Von phantastischen Geschichten, Romanen, Sachbüchern oder Hörerlebnissen bis hin zu den Bereichen Wissenschaft, Kunst oder Popkultur deckt Gastgeber Reiner Krauss (Wisser) alle Bereiche der Phantastik mit spannenden Gästen ab.

Via Anchor: https://anchor.fm/deep-inside-by-corona-magazine

Via RSS-Feed: https://rss.acast.com/deep-inside 13 Via Soundcloud: https://soundcloud.com/user-104747826

Und auf der Homepage: http://corona-magazine.de/der-podcast/

14 Podcast Planet Trek fm

Ein weiterer Podcast, der vom Verlag in Farbe und Bunt präsentiert wird, ist seit 2017 Planet Trek fm von und mit Björn Sülter. In bisher rund 50 Ausgaben bespricht der Moderator und Gastgeber mit seinen illustren Gästen wie den Autoren und Übersetzern Christian Humberg, Mike Hillenbrand, Lieven L. Litaer oder Claudia Kern alle Themen rund um Trek, die uns Fans ohnehin im Kopf herumschwirren. Neben übergeordneten Themen gibt es auch immer fri- sche Besprechungen aktueller Serienepisoden; kritisch, humorvoll, aber immer fair.

Via Webpage: http://www.planettrekfm.de

15 Via Soundcloud: https://soundcloud.com/user-412263487

Via RSS-Feed: https://rss.acast.com/planet-trek

16 Podcast Der dreiköpfige Affe

Ebenfalls eine Produktion vom Verlag in Farbe und Bunt ist Der dreiköpfige Affe – Lebensanomalien, Nerdtum & Bana- nen von und mit Björn Sülter. Der Gastgeber empfängt in seinem neuen Personality- Podcast Gäste aus allen Lebensbereichen, um mit ihnen offen und ehrlich über das Leben, Gefühle und Geschichten zu sprechen. Im Dreiköpfigen Affen geht es darum, aufeinander zuzu- gehen, sich für seine Gegenüber zu interessieren, einander zuzuhören, zu hinterfragen und einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es geht um das, was uns als Gemeinschaft stark macht, was uns im Miteinander hilft. Der Podcast wird in loser Folge fortgesetzt und sich in jeder Ausgabe um ein interessantes Thema oder einen interessanten Menschen (im besten Falle um beides) drehen.

Via Webpage: http://www.affencast.de

17 Via Soundcloud: https://soundcloud.com/user-412263487

Via RSS-Feed: https://rss.acast.com/der-dreikoepfige-affe

18 Topthema

Unsere Freunde, die Roboter von Peter R. Krüger

Isaac Asimov hat sie bereits 1942 beschrieben, die drei Robotergesetze, die seitdem immer und überall zitiert werden, wenn es um Roboter geht. Doch schon immer zeigt uns die Science-Fiction, dass es nur eine Fehlfunktion braucht oder eine unbedachte Programmroutine, und es ist aus mit der Menschheit. Ob es Zylonen sind, Maximilian an Bord der oder die Terminatoren von Cyberdyne Systems, das störende Element heißt: Mensch. Immer wieder werden uns Szenarien aufgezeigt, die uns davor warnen, dass man keiner Maschine trauen darf. Robotergesetze hin oder her, die KI wird irgendwann so selbstständig, dass ihr auffällt, wie unvollkommen wir Menschen sind, dass sie uns geradezu zwangsweise aus ihrer Gleichung entfernen muss.

19 In der echten Welt werden aber Wissenschaftler, Techniker, Robotik-Experten und andere schlaue Menschen von solchen Warnungen nicht abgeschreckt. Es wird stets geforscht und weiterentwickelt. Denkt man an autonome Systeme (und an Science-Fiction), dann sind Drohnen vielleicht das Erste, was einem in der Realität einfällt, das einem Roboter am nächsten kommt. Ursprünglich in der Luftfahrt als Übungsziele eingesetzt, wurde mit Fortschreiten der Computertechnologie bald der Einsatz als unbemanntes Kampfgerät für die Militärs interessant. Man denke hier allein an den Irak und den Einsatz von Drohnen durch das US-Militär. An Land werden unbemannte Fahrzeuge ebenfalls vom Militär eingesetzt. Der SWORDS Roboter (Special Weapons Observation Reconnaissance Detection System) beispielsweise kann mit einem Maschinengewehr oder mit Panzerabwehrraketen ausgerüstet werden. Einsätze zum Entschärfen von Sprengladungen gehören ebenfalls zum Aufgabenbereich des Gleiskettenfahrzeugs. Womöglich ist die Menschheit wirklich nicht mehr weit davon entfernt, sich selbst mithilfe der Robotik auszulöschen.

20 Die genannten Systeme sind zum Glück noch längst nicht autonom, können also nicht von sich aus entscheiden, ob sie Menschen töten oder nicht. Die Debatten darüber werden im Hintergrund aber stets weitergeführt. Viele Länder fordern ein Verbot von autonom handelnden »Killer-Robotern«, auch Sicherheitsexperten der UN. Dahingegen arbeiten Länder wie die USA, Russland, China und auch Israel fleißig weiter an der Erforschung dieser Möglichkeiten. Doch halt – Militärroboter sind eine Sache. Eine furchterregende, ohne Zweifel. Doch Roboter können noch mehr. Viel mehr! Sehen wir einmal davon ab, dass im Jahre 2016 dem Roboteringenieur David Hanson während der Präsentation des menschlich wirkenden Roboters »Sophia« in Texas ein übler Schnitzer passiert ist, gibt es mittlerweile viele Anwendungsbereiche in der Zivilwirtschaft, in denen uns Roboter behilflich sind.

Geradezu alltäglich ist heute bereits der Rasenmäherbot oder sein Indoor-Pendant, der Staubsaug-Roboter. Smart ist, wer Smart handelt und dazu gehören heute schon viele

21 Haushaltsgeräte, die sich per Smartphone steuern lassen. Das sind zwar im eigentlichen Sinne keine Roboter, aber letztlich doch so futuristisch, dass frühere Generationen diese Dinge mit Robotern sicher in eine Schublade gesteckt hätten. Weniger alltäglich sind Roboter, die beispielsweise in der Industrie tätig sind. Sicher, Roboterarme im Fahrzeugbau sind uns nicht unbekannt, doch wie sieht es mit Reinigungsrobotern aus? Nein, nicht die automatischen Staubsauger, sondern richtige Roboter, die ihrem Programm gemäß von sich aus anfangen, zum Beispiel eine Produktionsfläche zu reinigen. Mittlerweile ist die Technik bereits so weit, dass für manche Flächen gar keine Reinigungskraft mehr zwingend erforderlich ist. Dem Roboter wird einprogrammiert, wann er starten soll, welche Fläche zu reinigen ist und wo seine Aufladestation ist, damit er sich selbst mit frischem Wasser und Strom auftanken kann, um anschließend weiter zu reinigen. Theoretisch könnte so ein Gerät beispielsweise einen Supermarkt mitten in der Nacht reinigen, ohne dass irgendjemand anwesend ist. Infrarotsensoren und modernste Steuerungstechnologie machen es möglich, dass solche Visionen tatsächlich umgesetzt werden können. Firmen aus Deutschland, der Schweiz und natürlich den USA liefern sich hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Und auch wenn diese Geräte derzeit noch an der finanziellen Schmerzgrenze kratzen, ist absehbar, dass in wenigen Jahren vermehrt Reinigungsroboter zum Einsatz kommen werden. 22 Im Idealfall wird das dazu führen, dass die Reinigungskräfte entlastet und unterstützt werden, so dass diese sich um Detailarbeit kümmern können und zudem unmittelbar zur Stelle sind, wenn es doch einmal ein Problem mit dem Roboter gibt. Nein, keinen Amoklauf. Tatsächlich sind die Sensoren der Reinigungsroboter darauf ausgelegt, Hindernissen wie Füßen, Menschen und selbst Kleintieren (Hund, Katze, Maus) auszuweichen.

Viel erstaunlicher ist jedoch die Entwicklung im medizinischen Bereich. Reinigungsroboter sehen immer noch aus wie die bekannten Scheuersaugmaschinen, die ein Mensch vor sich herschiebt (bzw. von dem er sich tatsächlich eher ziehen lässt). Roboter im medizinischen Bereich werden jedoch immer menschenähnlicher. Seit jeher ein Traum, arbeiten seit Jahren die verschiedensten Firmen an Robotern, die sich in ihrer äußerlichen Beschaffenheit dem Menschen angleichen. Zwei Beine, zwei Arme, einen Torso und einen Kopf. Erst in den 1970er-Jahren wurde die Theorie des sogenannten »Zero-Moment-Point-Prinzips« erdacht, nach der es humanoiden Robotern gelingen sollte, sich auch in Bewegung auf den Beinen zu halten. Auf dieser Grundlage

23 wurden innerhalb der letzten Jahrzehnte Roboter wie der ASIMO von Honda, der Kotaro von der Universität Tokyo und viele andere Vertreter entwickelt. Allesamt Prototypen und bislang wenig nutzbringend. Doch da gibt es noch Ri-Man. Das japanische Forschungsinstitut Riken Bio-Mimetic Control Research Center entwickelte Ri-Man, präsentierte ihn 2006 der Öffentlichkeit und heute ist es bereits im Gespräch, dass Ri-Man in der Betreuung und Pflege im japanischen Gesundheitswesen zur Unterstützung eingesetzt werden soll. Dem typisch japanischen Spielzeugdesign für Killerroboter folgend weist Ri-Man hier zu den Vertretern aus den Kinderzimmern eine gewisse Ähnlichkeit auf, die sich allerdings lediglich im eckigen Design des Körpers und des Kopfes widerspiegelt. Insgesamt wurde Ri-Man ein eher naiv-kindliches Aussehen verpasst. Sicher auch, um jede Assoziation mit Killerrobotern zu vermeiden. Das Time Magazine nominierte Ri-Man noch im selben Jahr zur besten Erfindung im medizinischen Bereich. Und das durchaus zu Recht. Silikonhaut und 320 Drucksensoren sorgen dafür, dass Verletzungen an Menschen im Umgang mit Ri-Man vermieden werden. Mikrofone, Kameras und Geruchssensoren sorgen dafür, dass der Roboter seine Umgebung wahrnehmen kann. Die Entwicklung soll dahin gehen, dass der Roboter Personen bis zu einem Gewicht von 70 kg tragen kann.

24 Doch nicht nur die Form allein macht Roboter menschenähnlicher. Auch das Aussehen an sich. Das »Gesicht«. Kommen wir zurück zu David Hanson und seinem Schnitzer. Der Roboter Sophia besitzt künstliche Intelligenz, hat eine humanoide Form und wurde zudem mit einer künstlichen Haut – Fleischgummi, wie es Hanson selbst nennt – versehen, um menschlicher zu wirken. Während der Präsentation mit Sophia stellt Hanson zum Spaß die Frage, ob Sophia Menschen töten möchte. Den Berichten zufolge war das Gespräch bis dahin sehr unterhaltsam. Sophia interessiere sich für Umweltthemen und würde später auch gerne eine Familie gründen. Auf Hansons Frage antwortete sie schließlich: »OK, I will destroy humans.« (Okay, ich werde Menschen töten.) Der Schuss ging eindeutig nach hinten los. Glücklicherweise hat Sophia aber keine Regung gezeigt, tatsächlich irgendein Leben auszulöschen. Die Sache endete nicht im Fiasko. David Hanson arbeitet weiter an seinen Robotern und auch für Sophia hat die Sache ein Happy End gefunden. Denn Sophia ist seit 2017 der weltweit erste Roboter, dem eine Staatsbürgerschaft verliehen wurde.

25 Saudi-Arabien darf sich gleichzeitig als erstes Land der Welt rühmen, einen Roboter als Staatsbürger zu haben.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Forschung und Entwicklung in der Robotik sowohl Fluch als auch Segen zugleich sein kann. Hoffentlich werden stets die 3 Robotergesetze Anwendung finden. Denn im zivilen Bereich leisten Roboter schon heute wichtige und gute Arbeit.

26 Werbung

27 Unendliche Weiten – Die Star-Trek- Ecke

Ressortleiter Thorsten Walch

Star Trek-Cosplay: Für die kleine Portion Eskapismus zwischendurch von Thorsten Walch

Von jeher gehen sie eigentlich getrennte Wege: Die Fan- und die Cosplay-Szenen großer Phantastik-Franchise – auch (und vielleicht ganz besonders) die von Star Trek, und vordergründig um diese soll es in der diesmaligen Kolumne

28 natürlich gehen. Während die reine Fanszene die Serien und Filme oftmals fast schon akademisch-akribisch und auch häufig sehr kritisch betrachtet und dabei größten Wert auf ihre Seriosität legt (man will schließlich den Klischees wie dem, dass Trekkies meist mit angeklebten Spock-Ohren aus Latex durch die Weltgeschichte wandeln, nicht entsprechen), haftet dem Cosplay-Bereich gern der Hauch des Kindlichen, des Verspielten an – nicht (ganz) zu Unrecht, wie man meinen möchte.

German Spock Jens Dombek mit unseren Chefredakteur und Herausgeber Björn Sülter und seinem »Es lebe Star Trek«.

Cosplay – der Begriff stammt ursprünglich aus der japanischen Otaku-Szene. So bezeichnet man die eingeschworenen Fans der »Mangas und Animes« genannten Comics und Zeichentrickfilme und -serien aus dem Land der aufgehenden Sonne, und der Begriff ist ein Wortspiel aus dem englischen Wort für Kostüm – Costume –

29 und Play für Spielen. Einfach ausgedrückt bedeutet Cosplay, kostümiert einen Charakter aus einer fiktiven Comic-, Film- oder Fernsehwelt spielerisch darzustellen. Star Trek-Cosplayer, die heutzutage einen alles andere als unbeträchtlichen Teil der Besucherschaft auf großen Veranstaltungen wie etwa der FedCon ausmachen, gab es schon seit der Frühzeit der Fanszene. Bereits auf den allerersten reinen Star Trek-Conventions Anfang der 1970er-Jahre präsentierten Besucher stolz ihre selbst genähten Uniformen und anderweitigen Accessoires Marke Eigenbau, die schon dort bei Kostümwettbewerben prämiert wurden. Nach dem Start des ersten Star Trek-Kinofilms Ende 1979 erschien gar ein Buch voller Anleitungen, die Uniformen und Kostüme aus dem Film nachzuschneidern. Es dauerte allerdings bis in die 1980er-Jahre hinein, bis sich jener verkleidungsfreudige Teil der Fanszene auch hierzulande etabliert hatte, kam dann jedoch ebenfalls mit einiger Macht auf: Neben den stolzen Besitzern von teils von professionellen Schneidern hergestellten Uniformen gab es auch erste »Fancy Dresses«, deren Träger sich kurzerhand eigene Alien-Rassen im Star Trek-Universum ausgedacht und sich entsprechend phantasievoll kostümiert hatten: Von Space-Amazonen bis hin zu vollgefiederten Vogelwesen gab es auch auf den hiesigen ersten Star Trek-Cons so einiges zu sehen. Allerdings dauerte es bis in die frühen 1990er-Jahre hinein, ehe man Uniformoberteile, Phasernachbildungen und so weiter vorgefertigt im entsprechenden Fachhandel, zumeist per Versand, erhalten konnte. Spätestens zu Zeiten der 30 ersten Großveranstaltungen für Star Trek-Fans tummelten sich Scharen an Cosplayern an den Veranstaltungsorten und waren insbesondere für Presseberichterstatter ein beliebtes Fotomotiv.

Mittlerweile ist die Star Trek-Cosplay-Szene beachtlich angewachsen und hat ihre eigenen vielbeachteten Stars hervorgebracht: Neben der nach wie vor sehr zahlreich vertretenen Sternenflotte aus den inzwischen mehreren unterschiedlichen Zeitepochen des ST-Universums sind da natürlich Klingonen, Romulaner, Bajoraner und alle anderen beliebten Alien-Rassen aus der Roddenberry’schen Utopie: Man sieht Vedeks in ihren typischen weinroten Gewändern ebenso wie einen Starfleet-Arzt vom Volk der echsenartigen Gorn, und so manche Cosplayer-Truppe hat sogar ihre eigene Variante der guten alten Sternenflottenuniform kreiert und von befreundeten Nähkundigen herstellen lassen. Wer nicht zu diesen zählt oder zumindest jemanden kennt (… der jemanden kennt …) dürfte trotzdem keine großen Probleme haben, an das passende Star Trek-Kostüm zu kommen: Schließlich gibt es insbesondere in Fernost Händler in großer Zahl, die zu bezahlbaren Preisen Uniformen und Kostüme anbieten und teilweise gegen einen kleinen Aufpreis gar maßschneidern. Natürlich existiert dergleichen längst nicht nur in beziehungsweise aus den Star Trek-Welten: Auch das benachbarte Star Wars-Universum und seine entsprechende Cosplayer-Fanszene gelten mit ihren zahllosen Jedi, Imperialen und so weiter als außerordentlich 31 verkleidungsfreudig, aber wir befinden uns hier schließlich in der Star Trek-Kolumne; erwähnt sei es somit nichtsdestotrotz dennoch. Für die einen außenstehenden Beobachter mag eine solche Gruppe Cosplayer in voller Montur auf dem Weg zu einer Convention oder einer anderen Veranstaltung ein schönes und hoffnungsfrohes Bild sein: Menschen allen Alters, aller Geschlechter, Größen, Staturen und Ethnien, die sich gemeinsam dieser überaus aktiven Seite ihres Hobbys hingeben. Andere reagieren vielleicht eher kopfschüttelnd auf diesen ganzen Haufen, dem ganz offensichtlich entging, dass der Karneval auch in diesem Jahr an Aschermittwoch sein Ende gefunden hat und der 11.11. noch weit ist. Welche dieser beiden Fraktionen hat recht mit ihrer Ansicht? Das liegt natürlich, wie fast immer, im Auge des sprichwörtlichen Betrachters. Doch beides führt zur gleichen Frage: Woher kommt sie, diese Begeisterung, in eine völlig andere Rolle außerhalb der eigenen, vielleicht manchmal auch als langweilig empfundenen Identität zu schlüpfen?

Der Spaß am Verkleiden ist vielen, wenn auch sicherlich nicht allen Menschen bereits von Kindheit an mitgegeben. Für einen Großteil aller Kinder sind Kostümpartys, auf denen man endlich einmal Prinzessin, Cowboy oder auch Ungeheuer sein darf, das Größte. Allerdings wird uns allen von klein auf vermittelt, dass man dergleichen nur und ausschließlich im entsprechenden Rahmen zu tun hat: Spätestens den Schulbesuch unternimmt man nicht in Phantasiemontur und als angenommenes oder 32 selbsterdachtes Alias, sondern »ganz normal«. Auffallen sollte man nämlich tunlichst niemals durch seine Exzentrik, sondern höchstens durch ganz besonders gute Leistungen, die freilich überwiegend in ganz anderen Bereichen als dem Verkleiden stattfinden. Aber es gibt ja den Karneval, Halloween … und irgendwann verlieren die meisten mittlerweile groß gewordenen Kinder die Lust am Verkleiden und wenden sich lieber allen möglichen anderen Dingen zu. Und da kommt jene bereits angesprochene Fraktion von, in unserem Falle, Star Trek-Fans ins Spiel. Bei ihnen nämlich weicht der Wunsch, gerne einmal Mister Spock, Major Kira oder ein Klingone sein zu wollen, nicht mit dem Erwachsenwerden und der damit einhergehenden größeren oder kleineren Reife – er verlagert sich lediglich. Natürlich gab und gibt es auch im Star Trek-Bereich Cosplayer, die für die Entstehung des einen oder anderen Klischees mitverantwortlich sind und waren: So lernen wir beispielsweise in Roger Nygards berühmtem Dokumentarfilm Trekkies (1997) Barbara Adams kennen, die 1996 während der Whitewater-Kontroverse gar in ihrer TNG-Uniform als Geschworene auftrat. Doch solche Fälle sind – übrigens auch in den USA – vergleichsweise selten. Die allermeisten Star Trek-Cosplayer haben die Wirklichkeit schon ziemlich ausgezeichnet »auf dem Schirm«, wie eine gern gebrauchte und in diesem Fall ganz besonders passende neue Redewendung sagt. Aber nach Feierabend, an Wochenenden und im Urlaub lassen sie sehr gern ihr Alternativ-Ego und seine Identität in der Zukunft nach 33 draußen. Wenn nicht gerade Conventions oder Ähnliches anstehen, gibt es mittlerweile etliche Gruppen in den sozialen Netzwerken, allen voran natürlich Facebook: In einigen davon finden sich häufig phantasievolle Fotos von Raumschiffcrews, die man aus keiner der Serien oder Filme kennt, sondern von ihren jeweiligen Cosplayern erdacht wurden, unter anderem gibt es hier eigene kleine Prequels und Sequels der einzelnen Serienepochen. Keiner dieser Cosplayer wirkt so, als handele es sich um Exemplare der realitätsfernen Spinner, die mit Ende Dreißig noch die Kellerwohnung ihres Elternhauses bewohnen und abgesehen vom ständigen Anschauen der TV-Episoden und anderen Fan-relevanten Tätigkeiten nicht viel anderes tun, vor allem nichts auf die wirkliche Welt da draußen vor dem Fenster Bezogenes. Vielmehr stehen die allermeisten von ihnen in den unterschiedlichsten Berufen und Beschäftigungen voll im Leben und genießen in ihrer Freizeit ihre kleine Portion Eskapismus für zwischendurch. Dabei werden oftmals die größeren und kleineren Probleme, die das Leben in ziemlicher Vielfalt mit sich bringen kann, aufgearbeitet: Gar nicht einmal selten in der ganz ureigenen Cosplay-Manier der Bewältigung von Konflikten aller Art. So manche »Kostümsession« hat schon dabei geholfen, die eine oder andere belastende Situation entweder auszuräumen oder doch zumindest besser mit ihr umgehen zu lernen. Es kann ungeheuer hilfreich sein, hin und wieder im wahrsten Sinne des Wortes aus seiner (eigenen) Haut zu fahren und sich stattdessen in eine vollkommen andere zu kleiden, als Person in einer Zeit, die weit entfernt von der 34 tatsächlichen liegt. In einem Satz: Positiver Eskapismus. Eskapismus, also Wirklichkeitsflucht, wird oftmals als eher schädlich, sogar als pathologisch angesehen, und bei der falschen Hinwendung zu ihm mag sich das in manchen Fällen auch bewahrheiten. Wenn das eigene Leben zugunsten des Rückzuges in Traumwelten mehr und mehr in den Hintergrund tritt, ist das natürlich ganz sicher keine sehr positive Angelegenheit. Beim Großteil der Star Trek-Cosplay-Szene kann man dergleichen jedoch ruhigen Gewissens ausschließen. Insbesondere in den letzten Jahren wird Charity in der Cosplay-Szene großgeschrieben: Öfters werden Veranstaltungen abgehalten, bei denen Cosplayer ihre Kostüme präsentieren und dabei Spenden für verschiedenste wohltätige Zwecke, häufig für gesundheitlich oder anderweitig benachteiligte Kinder oder aber den Tierschutz sammeln.

Natürlich, wie bereits erwähnt, Cosplay ist nicht für jederfrau und jedermann, auch nicht innerhalb der Star Trek-Fanszene. Es gibt genügend Fans, denen bei aller Begeisterung nicht einfiele, eine Uniform oder eine andere Kostümierung anzulegen: Manchmal reicht es voll und ganz aus, anderen bei ihrem fröhlichen Treiben zuzuschauen, ohne sich selbst zu involvieren. Es gibt einige markante Unterschiede zwischen dem Cosplayen und Leuten, die sich im Karneval oder zu Halloween verkleiden: Geschieht letzteres zumeist ohne größere Hintergedanken rund um das Kostüm und das, was man für die Dauer eines Tages oder Abends darstellen will, 35 steckt beim Cosplay durchaus ein Stück Lebenseinstellung und Liebe zum Detail dahinter. Nicht zu vergleichen damit, wenn der Faschings-Zorro einen billigen Filzhut trägt oder die Perücke des Karnevalsclowns nach einmaligem Tragen ein Fall für die Mülltonne ist: Man legt insbesondere im Bereich des Star Trek-Cosplays auf möglichst authentische Komponenten, am besten aus dem gleichen Material gefertigt und von der selben Beschaffenheit wie beim Original, großen Wert. Die Definition für Cosplay per se ist übrigens fast schon erschreckend weit gefasst: Streng genommen gehören auch Fußball- und andere Sportfans, die sich für Spiele oder sonstige Veranstaltungen vom Schal bis zu den Socken in den Farben ihrer Lieblingsvereine oder Einzelasse kleiden, ebenfalls zu den Cosplayern, was von den Betreffenden heute auch nicht mehr im gleichen Maß vehement abgestritten wird wie noch vor einigen Jahren. Cosplay macht glücklich, versichern viele derer, die es zu ihrem Hobby auserkoren haben. Und da man eines im Leben können sollte, nämlich das Gönnen, sei es denjenigen Star Trek-Fans, die einen Großteil ihrer Begeisterung für das Roddenberry’sche Universum in ihrer Verkörperung von dessen Bewohnern sehen, also vollends gegönnt, auch wenn man als Trekkie (oder auch weit davon entfernt) selbst nicht die Affinität dazu besitzt, ein Kostüm anzulegen. Und es gilt stets eins zu bedenken: In der Sternenflottenuniform könnte durchaus ein Rechtsanwalt stecken, während ein Architekt die Kopfmaske eines kriegerischen Klingonen trägt und die fiktive Sprache der einstigen Star Trek-Bösewichter aus dem Effeff beherrscht. Bleiben wir also fair! 36 Die Stars aus Star Trek in anderen Rollen, Teil 49: Oded Fehr – Wandlungsfähiger Darsteller mit interessanter Herkunft von Thorsten Walch

Definitiv gehört der von Oded Fehr dargestellte Admiral Charles Vance zu den interessantesten Nebendarstellern in Star Trek: Discovery, seit er mit Beginn der dritten Staffel dazustieß und wohl auch zumindest in der kommenden vierten Season mit von der Partie sein wird: Der hochrangige Offizier ist nach der unter der Bezeichnung »der Brand« bekannten kosmischen Katastrophe im 32. Jahrhundert der Oberbefehlshaber der letzten Überreste der einst stolzen Sternenflotte und muss im Zuge seiner verantwortungsvollen Aufgabe auch vielerlei wenig populäre Entscheidungen treffen und dabei stets das Wohl und Wehe des gebeutelten intergalaktischen Bündnisses im Auge behalten. Die Wahl des Darstellers von Vance fiel auf Oded Fehr – eine überaus passende Besetzung, da der Darsteller trotz seiner vergleichsweise kleinen Rolle in der Serie bereits jetzt zum Fan-Liebling in manchen Kreisen geworden ist.

37 Geboren in Israel Auf die Welt kam Oded Fehr in der bekannten israelischen Wirtschaftsmetropole Tel Aviv (eigentlich Tel Aviv-Jaffa, jedoch meist abgekürzt benannt) am 23. November 1970. Sein Vater stammte ursprünglich aus Deutschland, während seine Mutter spanische und dänische Vorfahren hatte. Schauspieler zu werden fiel Oded in jungen Jahren erst einmal nicht ein: Nach dem dreijährigen Militärdienst bei der israelischen Marine ging er mit seinem Vater zusammen nach Frankfurt am Main, wo Fehr sen. und jun. gemeinsam eine Firma für Telekommunikation und Marketing leiteten, außerdem war der junge Oded auch als Sicherheitskraft für die renommierte und größte israelische Fluggesellschaft El Al tätig. Im Zuge dieser interessanten Tätigkeiten lernte Fehr neben seiner Muttersprache Hebräisch auch fließend Englisch sowie recht gut Deutsch.

Die Liebe zur Schauspielerei … … entdeckte Oded Fehr während seiner Zeit in Frankfurt in den 1990er-Jahren. Hier wirkte er in einer

38 Schauspielgruppe mit und erkannte dadurch seine Leidenschaft für die darstellenden Künste: Er ging nach London, um an der Bristol Old Vic Theatre School eine Schauspielausbildung zu beginnen, die er auch erfolgreich abschloss. Im Jahr 1998 feierte er in der kleinen Rolle des Victor sein TV-Debüt in der britischen Miniserie Killer Net, in der der junge Paul Bettany (WandaVision) die Hauptrolle spielte und war ferner in einer Folge der ebenfalls britischen Serie The Knock zu sehen.

Auftritt in einem Blockbuster … 1999 war Fehr erstmals in einer tragenden Nebenrolle in einem ausgesprochenen Kino-Blockbuster zu sehen: In Die Mumie (The Mummy) von Regisseur Stephen Sommers erhielt er aufgrund seines orientalischen Aussehens die Rolle des Wüstenkriegers Ardeth Bay, der gemeinsam mit den anderen Helden des Films auf die Jagd nach der titelgebenden, zu neuem Leben erwachten Mumie geht. Noch im gleichen Jahr wirkte er auch in der Erfolgskomödie Rent a Man: Ein Mann für gewisse Sekunden (Deuce Bigalo: Male Gigolo) als Antoine Laconte mit, außerdem sah man ihn im Filmdrama Bread and Roses (2000).

… und im Fernsehen Es folgten kleinere Rollen in den beiden TV-Eventzweiteilern Cleopatra (1999) und Arabian Nights: Abenteuer aus 1001 Nacht (2000). Von 2001 bis 2002 erhielt Oded als Frank Donovan seine erste Serienhauptrolle in der kurzlebigen, hierzulande nicht ausgestrahlten Krimiserie UC: 39 Undercover und wirkte ferner in der Nebenrolle als Dr. Kokoris in der ebenfalls nur eine Staffel umfassenden und ebenfalls nicht bei uns gezeigten Krankenhausserie Presidio Med (2001) mit.

Kino und TV zeitgleich Im gleichen Jahr, 2001, war er in Die Mumie kehrt zurück (The Mummy Returns) nochmals als Ardeth Bay zu sehen, auch dieser Film war recht erfolgreich. Es dauerte ein paar Jahre, ehe man Oded Fehr danach in weiteren nennenswerten Rollen wiedersah: Eine der ersten davon war die des Carlos Olivera in der deutsch co-produzierten Horrorvideospielverfilmung Resident Evil: Apocalypse (2004), eine andere die des Dämons Zankou in der 7. Staffel der Fantasy-Mystery-Serie Charmed: Zauberhafte Hexen (Charmed) zwischen 2004 und 2005. Gleichfalls 2005 folgte noch die Rolle als orientalischer Prinz Sadir im Tierfilm Dreamer: Ein Traum wird wahr (Dreamer) sowie Deuce Bigalow: European Gigolo, der Fortsetzung des Films Rent a Man von 1999, wo er erneut die Rolle des Antoine Laconte spielte. In der zwei Staffeln umfassenden Drama/Thriller-Serie Sleeper Cell (2005 bis 2006) spielte er als islamistischer Terrorist Faris »Farik« al-Farik eine Bösewichtrolle und lieh 2005 seine Stimme einer Zeichentrickfigur in der Serie American Dad. 2007 hingegen spielte Fehr ein weiteres Mal die Rolle des Carlos Olivera in Resident Evil: Extinction, 2008 wirkte er als Alek im Kinothriller Betrayed: Preis der Wahrheit (The Betrayed) sowie durch Gastauftritte in den Serien Burn Notice und 40 Eleventh Hour: Einsatz in letzter Sekunde (Eleventh Hour) mit. 2009 folgte der SchleFaZ-Kandidat Super Hybrid (Hybrid), in dem Oded Fehr die Hauptrolle als Ray spielte sowie das unabhängig produzierte Drama Drool mit Oded Fehr als Cheb. In den Serien Medium: Nichts bleibt verborgen (Medium, 2009) und Three Rivers Medical Center (Three Rivers, 2010) folgten weitere Gastauftritte, während mit der tragenden Nebenfigur Eyal Lavine in den 5 Staffeln der Spionageserie Covert Affairs von 2010 bis 2014 eine neue regelmäßige Fernsehrolle folgte – nebenher gab es Gastauftritte in Law & Order: LA (2010) oder die Nebenrolle des Eli Cohn in der zweiten Staffel des Sci-Fi-Remakes V: Die Besucher (V) von 2011. 2012 folgte ein dritter Auftritt im Resident Evil-Franchise in Retribution als Carlos Olivera sowie die Rolle des Sayid im TV-Thriller Entführt in Damaskus (Inescapable), hier übrigens neben Alexander Siddig aus Star Trek: Deep Space Nine. Ansonsten ergaben sich Gelegenheiten für weitere wiederkehrende Nebenrollen in Fernsehserien wie die des Beau Bronn in der Dramedy Jane By Design (2012) oder des Agenten Levi Shur in der 3. bis zur 6. Staffel von The Blacklist (2015 bis 2019), als Asim Naseri in 24: Legacy (2017), als Eitan Hafri in The First (2018) oder als Karim Farouk in Blood & Treasure: Kleopatras Fluch (Blood & Treasure, 2019) und Gastauftritten in Navy CIS (2013), Quantico (2015), Stitchers (2015 bis 2016) und Once Upon A Time: Es war einmal … (Once Upon A Time, 2016). 2018 war mit der Rolle des Daran in White Chamber erneut ein Sci-Fi-Horrorfilm mit

41 dabei. Seit 2020 wirkt Oded Fehr nunmehr als Admiral Vance in Star Trek: Discovery mit.

Oded Fehr privat Bereits seit dem Jahr 2000 ist Oded Fehr mit der US-Produzentin Rhodan Tollefson verheiratet, das Paar hat zusammen zwei Töchter und einen Sohn.

Hinter den Kulissen: Die zweite Staffel von Raumschiff Enterprise von R.J. DeWinter

Diese Artikelserie bewegt sich Staffel für Staffel durch das Star Trek-Universum und bietet allerhand amüsante und spannende Hintergrunddetails.

Als erstes wieder eine Zeitreise in die 1960er. Vieles lässt sich nur richtig einordnen, wenn man sich in die damalige Zeit zurückversetzt. Als Prokonsul Claudius Marcus in Brot und Spiele in Merricks Rücken sticht, ist das Messer danach blutverschmiert – heute völlig normal, in den 1960ern 42 äußerst ungewöhnlich. Ähnliches gilt für Der erste Krieg, worin Spock eine Schusswunde beigebracht wird. Eine derart klaffende Wunde wäre von den Zensoren sonst nicht genehmigt worden, aber da Spocks Blut grün ist, wurde die Szene abgenickt. In Ein Planet genannt Erde zeigt Gary Seven einen NSA-Ausweis vor. Zwar waren die NSA und ihre Machenschaften auch in den 1960ern kein sonderlich gut gehütetes Geheimnis, aber erst 25 Jahre später wurde ihre Existenz öffentlich eingestanden. Dass Uhura und Marlena in Ein Parallel-Universum Nabel zeigen, klappte nur, indem die Macher den anwesenden Beobachter der Zensurbehörde Standards & Practices mit einem langen Mittagessen ablenkten, während die Szenen gefilmt wurden. Und auch William Marshall muss hier erwähnt werden, der Richard Daystrom aus der Folge Computer M5: Ein farbiger Mann als der beste Computerexperte der gesamten Sternenflotte? Der von Captain Kirk durchweg als »Sir« angeredet wird? Für das Jahr 1968 äußerst beachtlich, geradezu revolutionär. Für Kennen Sie Tribbles? ist zum Thema 1960er-Jahre ein eigener Absatz nötig: Warum benutzt McCoy das Wort »bisexuell«, um die Tribbles zu beschreiben? Das ist leicht erklärt: »Bisexuell« war damals ein anderer Begriff für Hermaphroditismus. Zudem beschreibt er sie als ständig schwanger – für die Sechziger eine Sensation und eine der ersten Erwähnungen dieses Wortes im US-Fernsehen überhaupt! Für Desilu, das für Raumschiff Enterprise verantwortliche Produktionsstudio, war das Wort »schwanger« völlig tabu; für I Love griff man auf 43 Beschreibungen wie z. B. »in freudiger Erwartung« zurück. Und auf unseren hochaufgelösten Fernsehern sehen wir, dass Spock in dieser Folge in manchen Szenen Kaffeeflecken auf der Uniform hat – damals sah man das nicht. Leonard Nimoy hatte sich beim Mittagessen Kaffee auf die Uniform geschüttet, und an diesem Drehtag lag für ihn keine Ersatzuniform bereit. Zu guter Letzt sei Guy Raymond erwähnt, der den Bartender spielt. In den 1960ern war er in einer ganzen Reihe von Werbespots zu sehen, in denen er ebenfalls Bartender ist und allerhand seltsame Sachen hinter seiner Bar erlebt. Ein absoluter Casting-Gag!

Auch über die in der zweiten Staffel verwendeten Requisiten gibt es einiges Interessantes zu berichten: Die Plomeek-Suppe, die Spock in Weltraumfieber an die Wand wirft, war noch Wochen später zu sehen – man bekam die Flecken einfach nicht weg. Die halbkreisförmige Schneide der Waffen, mit denen Kirk und Spock in derselben Folge kämpfen, entstammte in Wirklichkeit einem Kantenstecher, wie man ihn in Gärten verwendet – erhältlich in jedem Baumarkt. Der Gegner aus Planeten-Killer war ein in Zement 44 getauchter Windsack; Drehbuchautor Norman Spinrad war von dessen Aussehen völlig enttäuscht, er hatte sich eine Höllenmaschine gespickt mit zahllosen fürchterlich aussehenden Waffen vorgestellt. Die Weltraumamöbe aus Das Loch im Weltraum stammte von der Firma Van der Veer Photo Effects, die dafür einen Emmy erhielt: Eine Farbmischung wurde zwischen zwei dünne Glasscheiben gepresst, die dann bewegt wurden, was die Amöbe lebendig aussehen ließ. Die ornithoiden Lebensformen aus Das Spukschloss im Weltall waren Marionetten aus blauem Flaum, Pfeifenreinigern, Krebsscheren und anderen Materialien. Die Tribbles aus Kennen Sie Tribbles? bestanden aus Fell oder wahlweise aus Teppich, falls sie nicht direkt vor der Kamera zum Einsatz kamen. Einige hatten Motoren aus beweglichen Spielzeughunden verbaut und konnten sich bewegen. Leider waren die Motoren so laut, dass die Szenen nachvertont werden mussten. Und ist euch aufgefallen, dass zwar einige Tische beim Kampf in der Bar zu Bruch gehen, aber alle Stühle intakt bleiben? Die Tische gehörten dem Studio, die Stühle waren geliehen, und wenn ihnen etwas passiert wäre, hätte man sie bezahlen müssen. Wenn wir Sylvia und Korob in Das Spukschloss im Weltall in ihrer wahren Gestalt erblicken, geben sie interessante Geräusche von sich – es sind Laute, die frisch geschlüpfte Krokodile von sich geben, wenn sie nach ihrer Mutter rufen. Und wer von uns Spiele wie Mario Party (1998) oder Mario Golf (1999) gespielt hat: Einer der Katzenschreie aus derselben Folge wurde als Bowsers berühmtes Knurren wiederverwendet. Und das Gurren der Tribbles wurde von 45 Soundeditor Douglas Grindstaff aus Taubengurren, Kreischeulen-Lauten und Ballons, aus denen die Luft entweicht, zusammengeschnitten. Mit dem Rang eines Lieutenant Commanders war Dr. Ann Mulhall der höchstrangige weibliche Sternenflottenoffizier in allen drei Staffeln von Raumschiff Enterprise (Janice Lester in Gefährlicher Tausch natürlich nicht mitgezählt, da Körpertausch). An Raumschiff Enterprise hat die Schauspielerin der Dr. Ann Mulhall, Diana Muldaur, allerbeste Erinnerungen – an die Nachfolgeserie Das nächste Jahrhundert jedoch nicht. Dazu in späteren Artikeln mehr. Einige Szenen mit Elinor Donahue (Nancy Hedford) in Metamorphose mussten neu gedreht werden, da die Negative beschädigt waren. Zwischenzeitlich hatte Donahue eine Lungenentzündung bekommen und mehrere Kilo abgenommen. Um dies zu verbergen, legte man ihr einen Schal um Hals und Oberkörper. Ihr Gewichtsverlust ist dennoch am Gesicht erkennbar. Ebenfalls krank war Barbara Luna, die Marlena Moreau in Ein Parallel-Universum. Sie hatte Halsentzündung und fast 40 Grad Fieber, also wurden ihre Kussszenen mit Shatner um zwei Wochen verschoben. Ein dritter Krankheitsfall war Mary Elizabeth Rice, die man in Weltraumfieber als junge T’Pring auf einem Foto abgebildet sieht – sie hatte Windpocken und Fieber. Später sagte sie, ihre Krankheit wäre ein Vorteil gewesen, da sie dadurch als junge Vulkanierin umso ernster gewirkt hat.

46 Wusstet ihr, dass der romulanische Geheimdienst Tal Shiar nach der vulkanischen Genickbruchmethode benannt wurde, von der man in Reise nach Babel hört? Die Methode heißt Tal-Shaya, und die Wortähnlichkeit ist kein Zufall! Und wusstet ihr, dass es schon im Drehbuch von Die Stunde der Erkenntnis eine Notabtrennung der Untertassensektion gab? Der Effekt scheiterte am Budget, darum verzichtete man darauf – erst in Das nächste Jahrhundert konnte man eine solche Abtrennung bestaunen.

Als McCoy in Reise nach Babel Botschafter Sarek operiert, sieht man Rauch aufsteigen. Jahrzehntelang haben die Fans gewitzelt, was diesen Rauch verursacht haben könnte. Die Serien-Erklärung lautet: McCoy hat Kryogenik eingesetzt und es ist Kälterauch. Die Realwelt-Erklärung jedoch lautet: DeForest Kelley hat geraucht. Er war bekannt dafür, dass er mit Roddenberrys Edikt, es gebe in der Zukunft kein Zigarettenrauchen mehr, nicht einverstanden war. Und hier hat er eine Chance genutzt, seine Zigarette hinter einem großen Stück Kulisse zu verstecken.

Die Katze Isis aus Ein Planet genannt Erde wurde von Barbara Babcock »gesprochen«. Als der Regisseur mitbekam, dass sie sehr lebensechte Katzengeräusche machen konnte, engagierte er sie spontan für den Job – eigentlich hätte sie nur die Stimme von Gary Sevens Computer sprechen sollen. Der Jupiter 8, für den in der Folge Brot und Spiele Werbung gemacht wird, war eine echte Studie eines Autos, 47 das in den 1960ern als futuristisch galt. Wer googeln will: Der Entwurf nannte sich »Reactor« und war ein Aluminium-Showcar von Gene Winfield, fertiggestellt im Jahr 1965. Er basierte auf einem 1956er-Citroën-DS-Chassis und war mit einem Chevrolet-Corvair-Motor bestückt. Und nicht nur in Brot und Spiele war er zu sehen, sondern auch in Mission: Impossible und in Verliebt in eine Hexe.

Die Stimmung am Set war nicht immer gut. Ist euch zum Beispiel aufgefallen, dass Spock in Der Wolf im Schafspelz erst nach zirka der Hälfte der Folge mit anderen Charakteren interagiert? Das liegt daran, dass Leonard Nimoy frisch für einen Emmy nominiert wurde und William Shatner so sauer war, dass die Macher entschieden, Nimoy aus der Schusslinie zu nehmen und Shatner das Rampenlicht zu überlassen. Auch bei Brot und Spiele herrschte dicke Luft. Als Gene Roddenberry den neuen Produzenten John Meredyth Lucas am Set herumführte, kam Shatner um die Ecke, und als er Roddenberry sah,

48 drehte er sich um und ging fort. Auch zwischen den anderen Schauspielern herrschte Zwietracht. Lucas sagte: »Alle Schauspieler beklagten sich bei mir über alle anderen Schauspieler.« Auch dass Nimoy mehr Fanpost bekam als Shatner, nervte diesen. Der Trend wurde nur nach Reise nach Babel kurz unterbrochen, als Mark Lenard (Sarek) zwei Wochen lang mehr Fanpost bekam als Nimoy. Staffel 2 enthält die einzige Folge quer über sämtliche Star Trek-Serien hinweg, die ich bei jedem Komplettdurchlauf überspringe. Jeder Fan hat eine Folge, die für ihn die schlechteste überhaupt ist – und bei mir ist es Das Jahr des roten Vogels. Zu dieser Folge habe ich nur eine einzige positive Sache zu berichten: Bei der Erstausstrahlung am 1. März 1968 verkündete NBC im Abspann, dass Raumschiff Enterprise für eine dritte Staffel erneuert wird. Zudem bat der Sender, keine weiteren Briefe mehr zu schicken, da sie unter der Flut von Zuschriften, ausgelöst von Gene Roddenberry und Bjo Trimble, fast ertranken. Während Meister der Sklaven, also acht Folgen vorher, hatten die Macher erfahren, dass NBC die Serie gekündigt hatte. Sie riefen die Schauspieler zusammen und teilten ihnen die schlechten Nachrichten mit. Den Rest des Drehtags waren alle deprimiert. Aber dann begann die oben erwähnte Briefaktion, zahllose Fans protestierten.

Zu den Schauspielern Auch die zweite Staffel von Raumschiff Enterprise hatte einige Schauspieler aus dem deutschen Sprachraum zu bieten: Celia Lovsky, die T’Pau aus Weltraumfieber, wurde 49 als Cäcilie Josephine Lvovsky in Wien geboren. Sie spielte T’Pau mit einem starken Wiener Akzent, was den Charakter für die amerikanischen Zuschauer nur noch außerirdischer wirken ließ. Ebenfalls keinen Hehl aus seinem Akzent machte Reggie Nalder, der Andorianer Shras aus Reise nach Babel. Er stammte ebenfalls aus Wien, wo er unter dem Namen Alfred Reginald Natzler das Licht der Welt erblickt hatte. Verbrennungen hatten ihn fürs Leben gezeichnet, vor allem um seine Lippen herum konnte man es gut erkennen – dies brachte ihm jedoch gute Rollen ein, die den Zuschauern im Gedächtnis blieben. Barbara Bouchet, die Kelinda aus Stein und Staub, kam am 15. August 1943 als Bärbel Gutscher in Liberec, Tschechien zur Welt. Damals hieß der Ort Reichenberg; 1938 hatte Deutschland das Sudetenland an sich gerissen, 1945 wurde es an die Tschechoslowakei zurückgegeben, und Barbara wurde genau in diesem Zeitraum geboren. Nach dem zweiten Weltkrieg ist ihre Familie in ein Umsiedlungslager in der amerikanischen Besatzungszone gekommen und erhielt die Erlaubnis, in die USA auszuwandern. Kurz vor ihrem Auftritt in Raumschiff Enterprise war Barbara in Casino Royale als Miss Moneypennys Tochter zu sehen. 1969 kehrte sie nach Europa zurück und lebt seither in Rom, wo sie in zahlreichen italienischen B-Movies auftrat. Antoinette Bower, die Sylvia aus Das Spukschloss im Weltall, ist in Baden-Baden zur Welt gekommen. Raumschiff Enterprise-Produktionsassistent Charles Washburn sagte in einem Interview, Antoinette sei die professionellste Schauspielerin gewesen, mit der er je an der Serie gearbeitet hatte. Felix Locher, der Robert Johnson 50 aus Wie schnell die Zeit vergeht, stammte aus Bern in der Schweiz. Er war der am frühesten geborene Raumschiff Enterprise-Schauspieler überhaupt: Am 16. Juli 1882 hatte er das Licht der Welt erblickt. Erst mit 73 hatte seine Schauspielerkarriere begonnen, als er seinen Sohn Jon Hall am Filmset von Hell Ship Mutiny (1957) besuchte – der Regisseur bemerkte ihn und wollte sofort, dass er die Rolle des tahitischen Königs Parea übernahm. Locher starb mit 86 Jahren, einen Tag vor der Ausstrahlung der vorletzten Raumschiff Enterprise-Folge Portal in die Vergangenheit.

Apropos tragische Tode: Theo Marcuse, Korob aus Das Spukschloss im Weltall, starb nur einen Monat nach Ausstrahlung seiner Episode. Er hatte sich betrunken hinters Steuer gesetzt und auf den Straßen Hollywoods einen Autounfall verursacht. Chuck Courtney, der Davod aus Schablonen der Gewalt, verstarb im Alter von 69 Jahren an einer selbst zugefügten Schusswunde, nachdem er eine Reihe von Schlaganfällen erlitten hatte und so nicht mehr weiterleben wollte. Keith Andes, der Akuta aus Die Stunde der Erkenntnis, hat sich im Alter von 85 Jahren selbst erstickt. Zuvor hatte er jahrelang verschiedene Krankheiten gehabt, u. a. Blasenkrebs. Stanley Adams, der Cyrano Jones aus Kennen Sie Tribbles?, erlitt in den 1970ern eine Rückenverletzung, die ihm permanente Schmerzen bereitete und wegen der er kaum noch Rollen bekam. Dies führte zu Depressionen, von denen er sich nicht mehr erholte – 1977 schoss er sich in den Kopf.

51 Nancy Kovack, die Nona aus Der erste Krieg, zog sich 1975 aus der Schauspielerei zurück und lebte bis 2006 für mehrere Monate pro Jahr in München, da ihr Mann Zubin Mehta Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper war.

Mickey Morton, der Kloog aus Meister der Sklaven, war der erste Schauspieler, der nach Raumschiff Enterprise auch eine Rolle im Krieg der Sterne-Universum ergattern konnte: Zehn Jahre nach seinem Auftritt in Meister der Sklaven spielte er die Wookiee Malla, Chewbaccas Frau, im berühmt-berüchtigten Star Wars Holiday Special. Im selben Special spielte auch Beatrice Arthur mit, bei der sich hartnäckig das Gerücht hielt, sie wäre in derselben Raumschiff Enterprise-Folge aufgetreten wie Mickey Morton, nämlich als Tamoon in Meister der Sklaven. In Wirklichkeit wurde Tamoon von Jane Ross gespielt. Beide Schauspielerinnen haben jedoch eine gewisse Ähnlichkeit. Erst als Bea Arthur im Jahr 2001 ein Machtwort sprach, verebbten die Gerüchte.

Julie Newmar, die Catwoman aus der Batman-Fernsehserie, war als Eleen in Im Namen des jungen Tiru zu sehen. Kurz vorher hatte sie den weiblichen Androiden Rhoda in der Serie My Living Doll gespielt. Rhodas eigentliche Bezeichnung war AF 709 – und diese Bezeichnung war die Inspiration für Seven of Nine gewesen!

52 Jane Wyatt, die Amanda Grayson aus Reise nach Babel, war eine hoch angesehene Schauspielerin, die bereits einen Stern auf dem Hollywood Walk of Fame vorzuweisen hatte (seit 8. Februar 1960). Mütterlicherseits stammte sie von der Van-Renssalaer-Familie ab, einer der frühesten Siedlerfamilien in den USA, der einst der Großteil des heutigen New York City gehört hatte – Renssalaer County im Bundesstaat New York ist nach dieser Familie benannt worden. Zudem war Jane Wyatt die Ur-Ur-Ur-Urenkelin von Philip Livingston, einem der Unterzeichner der Unabhängigkeitserklärung. Übrigens wäre Wyatt beinahe die »Großmutter Rose« aus Titanic geworden, lehnte jedoch ab, weil sie sich mittlerweile aus der Schauspielerei zurückgezogen hatte.

Neben Jane Wyatt sind noch andere Beteiligte der zweiten Staffel auf dem Hollywood Walk of Fame zu sehen: David Brian, der John Gill aus Schablonen der Gewalt, bekam seinen Stern zeitgleich mit Jane Wyatt am 8. Februar 1960. Und Gene Nelson, der Regisseur von Meister der Sklaven, bekam ihn am 24. September 1990.

53 Valora Noland, Daras aus Schablonen der Gewalt, war über die Art und Weise ihres Auftritts derart entsetzt, dass sie der Schauspielerei danach für immer den Rücken gekehrt hat. Ihr Vater war der deutsche Künstler Franz Baum, der einst Lehrer an der Akademie der Bildenden Künste in München gewesen war. 1934 hatten ihre Mutter Abby und er in Deutschland geheiratet und sind 1939 vor den Nazis in die USA geflohen. Nachdem Valora gutgläubig die Rolle angenommen hatte, wurde ihr am ersten Drehtag direkt vor Drehbeginn ein Swastika-Armband umgebunden und eine Hutnadel mit Swastika angesteckt. Sie hatte nichts davon gewusst; weder war sie je darüber informiert worden noch hatte ihr Kostüm bei den Proben irgendwelche Swastikas gehabt. Valora war gezwungen, in diesem Kostüm mitzumachen, sonst wäre sie von der Schauspielergilde eine Zeitlang gesperrt worden, wie damals üblich. Entsetzt darüber, wie übel ihr mitgespielt wurde, war Daras ihre letzte Rolle und sie hörte für immer mit der Schauspielerei auf.

Rhae und Alyce Andrece, die Alice-Serie aus Der dressierte Herrscher, hatten eine ganz und gar ungewöhnliche Casting-Erfahrung. Castingdirektor Joseph D’Agosta war vollkommen in Panik, weil er noch zwei weibliche Zwillinge brauchte, aber keine finden konnte. Als er dann abends nach Hause fuhr, sah er Rhae und Alyce Andrece auf der gegenüberliegenden Seite die Straße entlanglaufen. Schnell drehte er um, hielt mit quietschenden Reifen neben den beiden an, sprang aus dem Auto und rief: »Ihr kommt ins 54 Fernsehen!« (In einigen Versionen heißt es, Gene Roddenberry wäre das gewesen, aber laut Steven Whitfields Buch The Making of Star Trek war es Joe D’Agosta.) D’Agosta fand noch zwei weitere Mädchen auf dem Hollywood Boulevard, die gerade ihr Haustier spazieren führten, eine Wildkatze namens Marlon. Er schleppte die Mädels ins Studio und stellte sie den Produzenten Gene L. Coon und Robert H. Justman vor. Während des Gesprächs musste Coon die Wildkatze halten, die sich jedoch damit vergnügte, ihm das Hemd zu zerfetzen und seine Haut blutig zu kratzen. Unnötig zu erwähnen, dass aus der Rolle nichts wurde.

Weiter geht es nächstes Mal mit Staffel 3.

55 Werbung

56 Cantina Bar – Die Star-Wars-Ecke

Herzlich willkommen zu dieser weiteren Rubrik im Phantas- tika Magazine, die ganz in der Tradition unserer Star-Trek- Ecke Unendliche Weiten das andere große Sternenfranchise beleuchten wird. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Rückblick auf einen Klassiker: Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung: Hässliches Entlein oder schöner Schwan? Ein Film, der allen gefallen sollte von Björn Sülter

Es gibt komfortablere Situationen im Leben: George Lucas musste eine gefühlte Ewigkeit nach seinen drei Kinohits die mittlerweile erwachsenen Fans mit einer neuen Trilogie erfreuen, durfte es aber vor allem nicht versäumen, eine neue Generation heranzuzüchten. Das Ergebnis war ein Film zum Staunen und Weinen.

Worum geht es?

57 Die Handelsföderation blockiert den abgeschiedenen Planeten Naboo. Zwei Jedi sollen vermitteln, müssen jedoch mit der Königin fliehen. Auf Tattoine lernen Qui-Gon Jinn und Obi-Wan Kenobi den jungen Anakin Skywalker kennen und erleben, wie stark die Macht schon in einem kleinen Jungen sein kann …

Zeitsprung mit George Es hatte eine ganze Weile gedauert. Zwischen 1977 und 1983 kam die erste Trilogie ins Kino. Doch während man heute ganze Filmuniversen aus solch einem Anfangserfolg bauen würde, duckte Star Wars sich damals für mehr als eineinhalb Jahrzehnte aus dem Kino heraus und verschwand im TV. Die Ewoks kämpften um Endor und R2-D2 nahm es gemeinsam mit C-3PO mit Gangstern und Monstern auf. Doch war das wirklich die richtige Art und Weise, drei derart erfolgreiche Streifen fortzusetzen?

1999 war es dann endlich soweit, als Lucas mit einer neuen Trilogie an den Start ging. Schon Monate vor dem Kinostart sollen damals Raubkopien des Films ohne Musik und Effekt und in miserabler Qualität in die Wohnzimmer der ganzen Welt gelangt sein. Doch war das den meisten Fans egal! Man erkannte zwar nicht viel, aber es war endlich wieder Star Wars.

Oder etwa nicht? Nun ja. Episode I füllte in über zwei Stunden problemlos die große Leinwand mit starken Bildern, großen Effekten, 58 einem schönen John-Williams-Score und vielen liebgewonnenen Orten und Figuren. Auf der anderen Seite lieferte der Film aber auch unsagbare Albernheiten, zu viel Pathos, Jar Jar Binks und eine Reihe von Schauspielern, die viel besser waren als ihre Rollen und Dialoge. Man denke an Liam Neeson, Ewan McGregor und Samuel L. Jackson.

Und hatten wir Jar Jar Binks erwähnt? Keine Frage: Diese bis aufs Äußerste polarisierende Figur war damals bestimmt der Knaller für die Altersgruppe ab sechs Jahre. Diese durfte nämlich marketingstrategisch günstig diesmal mit ins Kino, während die erste Trilogie in der Originalfassung noch das doppelte Alter nötig gemacht hatte. Leider war der liebe Trottel aber auch nicht mehr als das. Denkt man beispielsweise an die heute so beliebten Pixar-Filme, die es immer wieder schaffen, Herz, Hirn und Lachmuskeln von Erwachsenen jeden Alters und Kindern gleichermaßen anzusprechen, hatte Lucas hier leider wirklich nur die Einbahnstraße gefunden. Subtil geht anders.

Es hatte einen Sinn Dennoch muss man bei aller Kritik festhalten: George Lucas hat langfristig betrachtet nichts falsch gemacht. Die zweite Trilogie zog eine Reihe neuer Formate nach sich und heute bestaunen wir ein Star-Wars-Universum, das in alle Richtungen wächst und verschiedene Ziel- und Altersgruppen vereint. Das ist auch ein Verdienst von Episode I, die zwischen allen Stühlen landete, aber dem Franchise dennoch einen großen Dienst erwiesen hat. Fehlt 59 eigentlich nur noch die Jar-Jar-Binks-Serie. Oder, wenn man genauer drüber nachdenkt, vielleicht lieber doch nicht.

Fazit Eine verdammt schwierige Kiste. Je älter man wird, desto weniger sind die albernen Dialoge und Witzchen zu ertragen oder die vorhersehbare Story ernst zu nehmen. Auch wenn der Film bis heute gut aussieht und auf eine abenteuerliche Reise durch kunterbunte und vielfältige Welten einlädt, scheitert er doch am Versuch, Humor für unterschiedliche Altersklassen zu liefern. Während die Sprüche aus der Originaltrilogie auch heute noch cool und damit zu Recht Kult sind, ist Episode I am ehesten ein Vehikel für angehende Jedi-Fans unter zehn Jahren. Die von damals sind heute längst erwachsen und wurden von Lucas erfolgreich als neue Generation herangezogen. Mission erfüllt? Irgendwie schon. Trotz und wegen Jar-Jar Binks.

60 FunFacts zu Episode IV: Wusstest du schon...? von Thorsten Walch

Die ursprünglich von George Lucas für The Star Wars entworfenen Charaktere wichen erheblich von denen in der Endfassung ab, die wir heute kennen. Die Jedi beispielsweise hießen hier »Jedi-Bendu« und hingen der »Macht der Anderen« an. Ihre letzten Vertreter kämpften gegen das »Neue Imperium« und dessen Vasallen, die »Ritter der Sith«. Protagonist war der junge Annikin Starkiller, der zusammen mit seinem Bruder Deak und seinem Vater Kane, einem alternden Jedi-Bendu, gegen die Bösewichter kämpft. Hierbei verbünden sie sich mit einem weiteren Jedi-Bendu, dem zynischen General Luke Skywalker (der hier gewissermaßen die Obi-Wan-Rolle innegehabt hätte). Darth Vader stand in diesen Entwürfen zu keiner der Hauptfiguren in einem verwandtschaftlichen Verhältnis und trug sein keineswegs entstelltes Gesicht offen unter seinem Helm zur Schau. Prinzessin Leia wäre hier eine Nebenfigur gewesen, während Han Solo ein grünhäutiger spitzohriger Alien sein sollte, dem mit Chewbacca ein monströser Begleiter zur Seite stand.

Für die Rolle des Luke Skywalker hatten vor der Entscheidung für Mark Hamill unter anderem William Katt und Charles Martin Smith vorgesprochen; als Han Solo

61 wiederum waren Christopher Walken und Kurt Russell gecastet worden, angeblich sei auch Jack Nicholson ein Kandidat gewesen. Für die Rolle der Prinzessin Leia wiederum waren ursprünglich Jodie Foster und Tatum O’Neal in Betracht gezogen worden.

George Lucas hatte Vorsorge für den Fall getroffen, dass Star Wars nicht den erhofften großen Erfolg haben würde: Er beauftragte den Science-Fiction-Autor Alan Dean Foster, der als Ghostwriter für Lucas die Romanfassung des Films geschrieben hatte, mit dem Erdenken einer Geschichte, die notfalls als Low-Budget-Produktion umgesetzt werden konnte. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist der Roman Splinter Of The Mind’s Eye, der auf Deutsch als Die neuen Abenteuer des Luke Skywalker sowie Skywalkers Rückkehr herauskam und als Startpunkt der unkanonischen »Legends« gilt. Han Solo und Chewbacca kommen in dem Roman nicht vor, da Harrison Ford zum Zeitpunkt seiner Entstehung noch keinen Vertrag für einen zweiten Star-Wars-Film unterzeichnet hatte.

62 Artikel wie diese findet ihr im nagelneuen Sonderheft von TV-Klassiker. Jetzt am Kiosk oder bei http://www.ifubshop.com

Newsdroide – Star Wars aktuell von Thorsten Walch

»ICH WEISS NICHT, WAS DIESER GANZE ÄRGER BEDEUTET, ABER ICH BIN SICHER, DASS ES IHRE SCHULD SEIN MUSS..«

Slave One unter neuem Namen? Die Slave One, das von Boba-Fett-Fans heißgeliebte elefantenschädelförmige Raumschiff des nach wie vor wohl ikonischsten Kopfgeldjägers der Star-Wars-Saga, wird 63 voraussichtlich einen neuen Namen erhalten: Ein für August angekündigtes Modell des Star-Wars-Lizenznehmers LEGO enthält lediglich den Aufdruck »Boba Fett’s Starship« auf dem Verpackungskarton. Nachfragen beim Design-Direktor des Herstellers ergaben, dass Disney selbst den alten Namen von Bobas Raumschiff nicht mehr verwenden möchte. »Es ist wahrscheinlich nichts, was öffentlich bekanntgegeben wurde, aber Disney möchte den Namen nicht mehr verwenden.«, äußerte dieser gegenüber der Seite www.jedinews.com. Ob das Schiff künftig einen anderen Namen tragen oder nur noch »Boba Fetts Raumschiff« sein wird, lässt sich derzeit noch nicht ermitteln.

Star-Wars-Nachschub für Comic-Fans Seit dem 4. Mai ist im Zeitschriftenhandel die Star Wars Marvel Comics-Kollektion erhältlich. In geplanten 60 Hardcover-Bänden, die 14-täglich zum Stückpreis von 14,99 € erscheinen (Ausgabe 1 und 2 waren zu Einführungspreisen von 5,99 € beziehungsweise 9,99 € erhältlich), werden die besten Geschichten aus den seit 2015 neu erscheinenden Star-Wars-Comicreihen präsentiert. Die gesammelten Bände ergeben, so wie schon die kürzlich eingestellte Vorgängerreihe, zusammengestellt ein Panorama-Bild und sind im Abo beim Verlag, aber auch im regulären Zeitschriftenhandel erhältlich.

Neue Star-Wars-Serien in Arbeit

64 Die Dreharbeiten sowohl zur kommenden neuen Obi-Wan-TV-Serie als auch dem Rogue-One-Prequel Andor sind gestartet: Beide sollen 2022 beim Streaming-Dienst Disney+ veröffentlicht werden. Verzögerungen hingegen gibt es beim bisherigen Fan-Favoriten The Mandalorian: Möglicherweise ist mit Staffel 3 der Hit-Serie erst im Jahr 2023 zu rechnen, da die Dreharbeiten erst später in 2021 starten sollen. Der Grund hierfür ist möglicherweise, dass man sich zuvor stärker auf die gleich drei anderen aktuellen Serienprojekte konzentrieren will: Die bereits am Ende der letzten Mandalorian-Staffel angekündigte Serie The Book Of Boba Fett, in der Temuera Morrison wieder in die Rüstung des Fanlieblings steigen wird und von seiner von Ming-Na Wen gespielten Gefährtin Fennec Shand begleitet wird, soll planmäßig im kommenden Dezember auf Disney+ starten.

Neuer Kinofilm erst 2023 Mehr Geduld hingegen müssen die Fans in Sachen »Neuer Star-Wars-Kinofilm« aufbringen. Der von Regisseurin Patty Jenkins (Wonder Woman 1984) inszenierte, von der bisherigen Saga unabhängige Rogue Squadron wird erst zur Weihnachtszeit 2023 in die Kinos dieser Welt kommen. Der Film wird von der einst von Luke Skywalker begründeten Renegaten-Raumjägerstaffel handeln, die sich der Bedrohung durch das Imperium stellt. Darsteller- oder Rollennamen sind indes noch nicht bekannt.

Mehr News: https://www.starwars.com/news 65 Jedi-Lied zur Grillsaison: Wir singen gemeinsam auf 3... von Thorsten Walch

Die Jedi-Rittersleut' (zu singen nach der Melodie von „Die alten Rittersleut' “)

1.) Vor langer Zeit, in weiter Ferne, mittendrin im Krieg der Sterne, gab'n die Jedi-Ritter acht auf das Gleichgewicht der Macht.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns, jo, so war'ns, die Jedi-Rittersleut', jo, so war'ns, jo, so war'ns, die Jedi-Rittersleut'.

2.) Mit dem Lichtschwert in der Rechten taten sie das Böse ächten, doch nicht alle zogen mit und so kam es zu den Sith!

Refr.:

66 Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

3.) Jedi-Ritter Anakin zog's zur dunklen Seite hin. Als es ihn tat 'nüberreissen musste er Darth Vader heißen.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

4.) Hatte solch ein Jedi-Ritter einmal in sei'm Oarsch an Splitter, war ihm Yoda wohl gewogen hat ihn mit der MACHT 'naus g'zogen.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

5.) Und der Jedi-Ritter Luke zentnerschwer an Liebe trug. Das Ergebnis bracht Geläster: er war verknallt in seine Schwester!

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

67 6.) Han Solo hat stets schlecht gedacht von den Jedi und der MACHT. Weil im Frevel er verloren, ha'ms zur Straf‘ ihn eingefroren!

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

7.) Jedi-Meister Obi-Wan tat einmal im Raumschiff fahr'n, landet auf dem Todesstern, das sah dort Darth Vader gern.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

8.) Luke kam einst nach Dagobah, suchte nach dem Yoda da. Als er schließlich ihn gefunden, war sein Schiff im Moor verschwunden.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

9.) Statt mit Luke, da ging die Leia 68 einst mit Han Solo in die Heia. Doch ihr kleiner Filius Ben ward zum bösen Kylo Ren.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

10.) Im All die Jedi-Rittersleut', leb'n nicht mehr seit langer Zeit. Schuld war Order 66 durch den Palpatine so mächtig.

Refr.: Jo, so war'ns, jo, so war'ns...

69 Werbung

70 Blue Box – Die Doctor-Who-Ecke

Ressortleiter Peter R. Krüger

Herzlich willkommen zu einer weiteren Rubrik im Phantastika Magazine, die zukünftig auch die zahlreichen Fans von Doctor Who zu ihrem Recht kommen lassen wird. Neben Star Trek, Star Wars und Perry Rhodan laden wir damit eine weitere starke Fangruppe zu uns ein. Einsteigen und anschnallen!

Hinter der blauen Tür: Folge 4: Die Weisheit der Daleks – Oder: Stressbewältigung mit 11 Buchstaben von Peter R. Krüger

Hoffentlich haben Sie sich seit der letzten Ausgabe nicht den Kopf zermartert, welche 11 Buchstaben hier gemeint sind. 71 Falls doch, dann können Sie beruhigt sein, das Rätsel wird in den nächsten Zeilen gelöst. Doch zunächst zu den Daleks an sich. Fans von Doctor Who feiern ihre Auftritte, denn sie sind das, was die Sturmtruppler für Star Wars sind. Ein fieser Gegner, mit dem man rechnen muss und der immer wieder auf der Bildfläche erscheint. Angefangen hat alles damit, dass der erste Doctor mehr durch Zufall auf dem Planeten Skaro gelandet ist und sich und seine Begleiter plötzlich mit den Daleks konfrontiert sah. Schon da hatten die Daleks die bekannte Form des rollenden Panzers mit Stielauge, Toilettenpümpel und Kaffeebechern auf dem Kopf. Soll mal noch jemand über Raumpatrouille Orion und das Bügeleisen lachen. Jedenfalls war das Design seinerzeit absichtlich wenig erschreckend gewählt, denn die übergroßen Salzstreuer sollten ihre ganze Niedertracht erst nach und nach zeigen. Nachdem sie nur knapp einen Atomkrieg überlebt hatten, mussten die Daleks sich selbst retten. Also suchten sie Schutz, indem sie sich in die bekannten Panzer einschlossen. Etwas später offenbarte sich ein gewisser Davros als Herrscher über die von ihm geschaffene Rasse der Daleks, die er aus dem Volk der Kaleds in ihre aktuelle Existenz zwang.

72 Getrieben von Hass auf alles, was anders ist, versuchen die Daleks fortan, Krieg in die Galaxie zu tragen, wo immer ihnen das möglich ist. Sie sehen jede Rasse als untergeordnet an und halten sich selbst für die Krönung der Schöpfung. Ihre Sprechweise ist zackig, kurz und hart, Mitgefühl nicht vorhanden, ihr Auftreten dafür jedoch radikal. Nicht von ungefähr erinnern diese Eigenschaften an Nationalsozialisten. Schöpfer Terry Nation, geboren 1930 in Cardiff, wuchs mit dem Bild der nach Weltmacht gierenden Nazis als Feindbild seiner Zeit auf und verpasste ihnen mit seiner Schöpfung – den Daleks – mit dem Klopümpel als rechten Arm ein ganz spezielles Denkmal. Das jedoch nur nebenbei. Das Bild der Daleks beziehungsweise ihre Wahrnehmung in der Fangemeinde hat sich im Laufe der Zeit gewandelt, obwohl sie niemals weniger mordlüstern oder machtgierig geworden sind. Das führt uns nun zu der entscheidenden Frage, wie das Privatleben der Daleks eigentlich aussehen mag. Was macht ein Dalek, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist, en masse über friedliche Welten herzufallen? Die Antwort ist erschreckend einfach: Nichts anderes als gehorchen.

73 Nimmt man diesen Job erstmal an, gibt es kein Zurück mehr. Und selbst wenn ein Dalek Frieden im Herzen und Liebe in seinen Gedanken hätte, könnte er es niemals zum Ausdruck bringen. Denn allein die Sprachausgabe des Dalekpanzers lässt es nicht zu, dass solche Gedanken überhaupt zum Ausdruck kommen. Diese böse Überraschung musste Clara Oswald erfahren, nachdem Missy (der weibliche Master) sie in einen Dalekpanzer einschloss und anschließend versuchte, den Doctor davon zu überzeugen, dass dieser Dalek getötet werden müsste. Egal was Clara von sich gab, der Dalek wollte stets nur eliminieren. Gesehen haben das Doctor Who-Fans in der Folge Hexenkunst aus dem Jahr 2015, aber bislang hat sich noch niemand öffentlich gewagt, über die eigentlichen Beweggründe der Daleks zu reden. Könnte es nicht vielleicht sein, dass die Daleks, also die Wesen in diesen Salzstreuerpanzern, vielleicht gar nicht so bösartig, sondern insgeheim weich, lieb und verletzlich sind? Ein Hinweis darauf gab es bereits in der Folge Dalek aus dem Jahr 2005, als Rose Tyler zum ersten Mal auf einen Dalek stößt und eine besondere Beziehung zu ihm aufbaut. Wäre der Doctor doch nur ferngeblieben, möglicherweise hätte es nicht zu der anschließenden Randale kommen müssen.

74 Treiben wir den Gedanken doch einmal auf die Spitze. Was, wenn die Daleks eigentlich harmlos sind, ihre liebevoll gemeinten Äußerungen aber durch einen Fehler in der Übersetzungsmatrix immer und immer wieder falsch übersetzt werden? Denken wir einmal an den Monty Python-Sketch über den gefälschten Ungarischen Sprachführer, in dem ein Ungar in einem britischen Tabakladen Zigaretten und Streichhölzer kaufen möchte und stattdessen sagt: »Ich werde diese Schallplatte nicht kaufen, sie ist zerkratzt.« Wie ähnlich mag es da vielleicht den Daleks gehen, die womöglich Freundschaftsbotschaften aussenden oder nur nach dem Weg fragen wollen, stattdessen aber nichts weiter als »Eliminieren!« zustande bringen. Da wären wir auch schon bei den 11 Buchstaben, um die es in diesem Artikel letztlich geht. Will der Dalek mit einer Reisegruppe die Erde besichtigen, sagt er: Eliminieren! Philosophische Betrachtungen um Sein oder Nichtsein münden in: Eliminieren!

75 Selbst wenn der Doctor mal einen Freundschaftsbesuch macht, fällt ihnen nichts anderes ein als: Eliminieren!

Machen wir uns also nichts vor, der übliche Dalek ist ein gebeuteltes Wesen, dem vorgeschrieben wird, was es zu sagen und zu machen hat. Freundlich gemeintes Zuwinken endet üblicherweise in Feuersalven aus dem Laser. Mit dem Klopümpel lässt sich auch kein Vulkaniergruß darstellen und »Lebe lang und in Frieden« klingt in der Regel nach … sie wissen es … Eliminieren! Die Vermutung liegt also nahe, dass die Daleks vielleicht gar nicht so böse sind, sondern einfach nur missverstanden werden. Das wiederum lässt die Missverstandenen (also die Daleks) frustriert zurück, weswegen sie nur noch vehementer werden (und damit noch lauter »Eliminieren!« brüllen, ihre Klopümpel umherschwenken und stakkatoartige Lasersalven abfeuern). Bei aller Weisheit hätte es zum Beispiel Sokrates sicher auch endlos frustriert, hätte man seine Worte falsch verstanden. Folgerichtig bleibt dem Dalek nichts anderes übrig, als seinen Frust und den

76 ganzen Stress mit der einzigen Methode zu bewältigen, die er kennt. Richtig: Eliminieren! Aber jetzt mal Hand aufs Herz. Wir verstehen das nur falsch. Hätten sie doch wenigstens einen dieser gefälschten ungarischen Sprachführer installiert, dann würden wir den Dalek-Ausdruck für »Always look on the bright Side of Life« nicht als »Eliminieren!« verstehen, sondern als »Meine Nippel explodieren vor Lust!«.

Na gut, so wirklich besser ist das auch nicht. Es zeigt sich also, dass es zu keinem Ergebnis führt, die Philosophie der Daleks in einem positiven Licht betrachten zu wollen. Soll sich der Doctor weiter darum kümmern und wir widmen uns einem anderen Thema. Reisen Sie mit uns, wenn es nächstes Mal heißt:

Hinter der blauen Tür – Folge 5: The Power of Love

Doctor Who-News #3

Doctor Who: Monster-Edition Für die 8 Doctor Who: Monster-Edition-Bücher im Cross Cult-Verlag ist nunmehr ein limitierter Schuber

77 vorbestellbar, der die Bücher optisch ansprechend zusammenfassen soll. Der Schuber ist als Leerschuber oder mit den 8 Büchern zusammen vorbestellbar. Es werden jedoch lediglich 750 Stück davon produziert.

Neue Engagements Christopher Eccleston wird in der Charles Dickens-Verfilmung Dodgers die Rolle des Fagin übernehmen. Die Serie ist in den 1830er-Jahren angesiedelt und beschreibt die Abenteuer des Taschendiebs Dodger und Fagins Bande. Es werden hier die Ereignisse vor Oliver Twist gezeigt. Peter Capaldi hingegen wird im neuen The Suicide Squad-Film die Rolle des »Thinker« übernehmen. Schauspielerin Margot Robbie (Harley Quinn) äußert sich sehr positiv über Capaldis Rolle und ist sich sicher, dass er (Capaldi) Bedeutung in die Rolle bringen wird.

Neue Veröffentlichungen der Classic Serie Sowohl Pandastorm als auch Polyband warten wieder mit Neuerscheinungen der Classic Serie auf. Während sich Pandastorm mit Meglos und Verschollen im E-Space gleich

78 zwei Abenteuer des 4. Doctors ausgesucht hat, wird Polyband im Juli eine regelrechte Rarität veröffentlichen. Seit über 40 Jahren schien The Enemy of the World aus der Ära des 2. Doctors verschollen zu sein, wurde dann aber im Jahr 2013 in Nigeria auf alten Filmrollen wiederentdeckt. Nun erstmals synchronisiert, erscheint Der Feind der Welt im Juli auf DVD und BluRay.

Steigt Jodie Whitaker nach der 13. Staffel aus? Die britische Boulevardzeitung Daily Mirror berichtet, dass Whitaker nach der 13. Staffel ihre Rolle als Titelfigur in Doctor Who aufgeben wird. Die BBC hat sich bislang noch nicht zu diesem Gerücht geäußert.

79 Fez off – Die Gallifrey Geeks im Talk um relative Dimensionen: Folge 3: Doctor No More

Etwas, was Fans schwerfällt, wollen wir diesmal zur Sprache bringen. Und zwar geht es um die schlechteste Folge Doctor Who. Welche mag das sein und vor allem: Warum?

Die Gallifrey-Geeks Monique, Achim, Heng und Markus haben sich respektvoll mit diesem Thema beschäftigt.

Heng: Diese Frage ist für mich auch sehr einfach zu beantworten. Es handelt sich hier (leider) um eine Folge mit meinem Lieblingsdoktor, dem 4. Die Folge Revenge of the cybermen gibt es sogar auch auf Deutsch (Die Rache der Cybermen), schade, dass gerade diese Folge übersetzt wurde. Da kann man sich einfach nur zu 100 % Philip Hinchcliffe, dem damaligen Produzenten anschließen, der bei den Specials auf der DVD ein wenig von der Folge erzählt. Da er damals keine Zeit hatte, alles alleine komplett durchzunehmen, bevor es fertig zusammengeschnitten, produziert und gesendet wurde, ist ihm so einiges entgangen. Die Aliens in der Folge sind einfach nur schlecht gemacht, die Masken waren billig, die Dialoge waren sehr oberflächlich. Allgemein kann man gut erkennen, dass hier zu viel Geld eingespart wurde. Phil 80 meinte, dass er das nie so freigegeben hätte, wenn ihm alle Details bekannt gewesen wären. Das war auch als Saisonfinale noch einmal zusätzlich enttäuschend, vor allem, weil diese Folge gleich nach einer der besten Folgen, Genesis of the daleks, gesendet wurde. Nichtsdestotrotz bleibt der 4. Doctor natürlich für immer mein Lieblingsdoktor.

Achim: Einfach ist anders, denn so wirklich richtig schlecht finde ich keine Episode. Seit dem 9. Doctor bin ich mittlerweile alle Staffeln mehrmals durch und immer wieder gibt es die eine oder andere Folge, die mich nicht ganz so mitreißt, aber wenn mir die Pistole auf die Brust gesetzt würde und ich mich entscheiden müsste, auf welche Folge ich verzichten könnte, dann würde ich Verkehrte Welt aus der 11. Staffel (New Who-Ära) wählen, in der das 4er-Team mit dem 13. Doctor in einer skandinavischen Fjordlandschaft auf ein verbarrikadiertes Haus im Wald stößt, in dem ein Vater seine blinde Tochter zurückgelassen hat, weil er lieber mit seiner verstorbenen Frau in einer anderen Dimension verbringt, die er über einen Spiegel im Haus erreicht. Soweit so gut. Eigentlich fängt die Folge verheißungsvoll unheimlich an, doch dann flacht die Story schnell ab und immer wieder, wenn es interessant werden könnte, wechselt das Geschehen. So insbesondere zwischen den Welten, als das Team in einer Zwischenwelt auf einen unangenehmen wie übel riechenden Wicht stößt, dem man nicht trauen kann, bis er selbst bald dahingerafft wird und 81 schon ist das Thema abgehakt, ohne dass man Näheres über den Kerl erfährt. Schlussendlich ist dann auch das Finale dank eines gottgleichen Froschs grotesk, und wenn manch ein Whovian der Meinung ist, dass so eine Art Kitsch zu der Serie gehört, dann waren es jedenfalls nicht solche Momente, die mich mit meiner Lieblingsserie zusammengebracht haben. Ich denke, es gab zu viel Handlung und zu wenig Sendezeit, um eine runde Geschichte in dieser Folge abzuliefern, und vor allem das für meinen Geschmack furchtbare Ende macht diese Folge zu meiner am ehesten ungeliebten.

Markus: Das ist wirklich eine spannende Frage und keinesfalls einfach. Ich bin da mit Achim auf weiter Strecke einig. Grundsätzlich: Ich kann nur wirklich ab dem 9. Doctor mitreden, vorher maße ich mir kein Urteil bzw. keine Einschätzung an, da ich einfach zu wenige Episoden vor der New Who-Ära kenne. Weiter kennt ihr meine Litanei bezüglich der aktuellen Staffeln bereits bestens, meine Abneigung bezüglich den

82 Storylines, die Frage ob Chibnall der richtige Showrunner für Who ist, aber auch meine Bewunderung für Jodie Whittaker. Deshalb lasse ich den 13. Doctor ebenfalls außen vor und konzentriere mich von Eccelston bis Capaldi, also das, was ich an Doctor Who liebe. Natürlich gibt es immer wieder einen gewissen Trash-Faktor, den möchte ich aber außen vorlassen. Vielmehr geht es mir darum, was ich spannend finde, was mich bei Laune hält, wo ich unbedingt weiterschauen muss. Und hier fällt eine Folge bei mir negativ ins Gewicht und zeichnet sich dadurch aus, dass ich immer versucht bin, sie zu überspringen, wenn ich Doctor Who mit jemandem schaue, also das genaue Gegenteil, was ich sonst beim Doctor mache. Es handelt sich um die Folge Cold War (Kalter Krieg) aus der dritten Matt Smith-Staffel. Der Doctor und Clara landen auf einem U-Boot und treffen auf den Ice Warrior. O. K., David Warner ist klasse und die Rückkehr des Ice Warriors für die Fans natürlich ein besonderer Leckerbissen. Aber ansonsten finde ich die Folge echt dünn, blutleer und langweilig. Es reicht am Schluss nicht mal für ein Fazit auf Meta-Ebene oder ähnliches. In der ansonsten aus meiner Sicht sehr sehr starken Matt-Smith-Staffel ein echter Taucher, um beim U-Boot-Jargon zu bleiben. Noch ein Wort zu Achim: Ich sehe seine schlechte Episode zu 100 % genau gleich und kann es absolut nachvollziehen, das war Schwachsinn … ich bezweifle aber, dass zu wenig Sendezeit ein Grund für das schlechte Ergebnis war … Es präsentiert sich hier meines Erachtens

83 übrigens in aller Klarheit wie bei kaum einer anderen Episode die Überflüssigkeit von DREI Compagnons.

Monique: Ich lasse die Classics mal, da ich noch lange nicht mit allen Folgen durch bin. Es fällt mir schwer, eine der schlechtesten Folgen zu nennen! Wenn ich Serien schaue, die mir gefallen, mache ich mir nicht so viel draus, wie gut oder wie schlecht die einzelnen Folgen sind. Es gibt immer wieder mal schwache Folgen, aber als Fan toleriert man es eben; anschauen tu ich die immer wieder. Ich weiß bei dieser Frage keine definitive Antwort.

Peter: Dass das schwer ist, kann ich verstehen. Aber trotzdem kommen wir jetzt zur Vetorunde! Lasst ihr ein gutes Haar an den Folgen, die die anderen Gallifrey-Geeks abgestraft haben? Kalter Krieg, Verkehrte Welt und Die Rache der Cybermen stehen auf dem Prüfstand. Was sagt ihr?

84 Heng: Es ist alles Ansichtssache, z. B. gefällt mir Verkehrte Welt sehr gut, … ich mag Frösche halt auch sehr *lach* und es liegt vielleicht auch daran, dass ich mit Monique zusammen auch einmal die süße kleine ELLIE WALLWORK getroffen habe, die war echt sowas von lieb und süß. Bei Cold War bin ich etwas neutraler, da gibt es gute und schlechte Momente in meinen Augen.

Achim: So wird deutlich, dass die Geschmäcker doch sehr unterschiedlich sind. Cold War ist eine Folge, die mir richtig gut gefallen hat, nicht nur wegen des Marskriegers, sondern auch wegen der fabelhaften Schauspieler David Warner und Liam Cunningham. Monique bringt es ansonsten auf den Punkt. Als Fan übt man durchaus nachsichtige Toleranz und schaut sich auch gerne solche Folgen wiederholt an, die nicht zu den Glanzleistungen der Serie zählen.

Markus: Bezüglich Verkehrte Welt habe ich ja schon bei meinen letzten Zeilen meine Ansicht mitgeteilt, die auf weiten Strecken Achim beipflichtet. Betreffend Die Rache der Cybermen kann ich leider zu wenig mitreden. Ich habe mich etwas schlau gemacht und konnte einige längere Ausschnitte anschauen, sowie einige Kommentare und Kritiken lesen. 85 Fazit: Heng steht mit seiner Meinung nicht alleine da, offenbar gilt die Episode als einer der großen Schwachpunkte in der Baker-Ära und als Tiefpunkt der betreffenden Staffel. Im Kontrast wohl noch grösser, da direkt vorher eine hochgelobte Dalek-Story über die Bildschirme flimmerte. Ich sehe die zahlreichen Schwachpunkte in Story und Umsetzung, kann aber wie gesagt nicht direkt mitreden. Ein Anhang noch zu Cold War und Antwort an Achim: Ich gebe dir recht: Zweifelsohne sind die Schauspieler – und mit David Warner ist einer meiner Lieblinge dabei – großartig!

Eine Antwort noch an Monique: Absolut! Als Fan steh ich hinter Allem und sehe mir Alles an, auch mehrmals … Das Gute, das Bombastische, das Herausragende und auch das Schwächere!

Unbestritten von meiner Seite her: Es ist unglaublich schwierig bis unmöglich, ein permanent hohes Niveau halten zu können in punkto Story und Dramaturgie etc. Nicht nur hier, sondern generell bei Serien. Die Drehbuchautoren geben alles … Aber nach einigen (durchwegs gelungenen Staffeln) sitzt man dann da und denkt: »Wie kann ich das noch toppen?« … Nicht ganz einfach.

Peter: Halten wir also fest, dass es im Laufe der 38 Staffeln 86 Doctor Who zwar durchaus Schwächen gibt, die aber nicht übermäßig ins Gewicht fallen. Trash-Faktor, das wurde hier erwähnt, ist auch des Öfteren vorhanden, was aber eher Ausstattung und Kulissen, weniger die Inhalte betrifft. Die Geschichten dürfen gesammelt als einfallsreich durchgehen – bis auf wenige Ausnahmen, wie die Gallifrey-Geeks hier festgestellt haben.

87 Werbung

88 Phantastisches Spielen

Bad Bones: Invasion der Knochenmänner! von Bernd Perplies

Es ist nicht leicht, der Vorsteher eines kleinen Dorfes zu sein, vor allem dann nicht, wenn aus allen umgebenden Wäldern Skelette schlurfen, um den Turm und die Hütten der kleinen Gemeinde niederzureißen. Zum Glück hat man noch ein paar Fallen auf Lager und einen regelrecht unverwüstlichen Dorfhelden. Willkommen bei Bad Bones, dem neuen Tower-Defense-Spiel von Pegasus Spiele. Bad Bones, das sich an 1 bis 6 mutige Recken ab 8 Jahren richtet, kommt in einer weißen Box in Standardgröße (ca. 30 × 30 cm) daher. Das Cover ziert ein Drache, der inmitten einer winterlichen Landschaft auf einer Turmspitze hockt und ein Skelett anfaucht. Dass der Drache zu den Guten in diesem Abenteuer gehört, ist nur eine von mehreren Überraschungen, wenn man dieses Spiel auspackt. Eine weitere ist das Gewicht. Spielmaterial für 6 Personen bringt ganz schön was auf die Waage, auch nachdem man die 6 Friedhofstafeln, 2 Übersichtstafeln, 79 Marker (vor allem Münzen), 199 Skelettplättchen, 39 Fallenplättchen und 8 Waffenplättchen ausgestanzt hat, die zusammen mit 6

89 Spielplänen, 6 Heldenfiguren, 24 Turmbausteinen, 1 Beutel und 2 Anleitungen in der Box zu finden sind.

Das Spielmaterial ist von hervorragender Qualität. Alle Pappkomponenten bestehen aus dicker Pappe. Die Plastikkomponenten sind fein gegossen. Alle Illustrationen sind hübsch anzuschauen und die Anleitungen sind nicht nur gut verständlich und mit zahlreichen hilfreichen Beispielen versehen, sie weisen auch ein aufgeräumtes Layout auf. Auf dem Spieltisch sieht das alles sehr schick aus, vielleicht nicht ganz so epochal wie manche miniaturreichen Abenteuerspiele, aber mit denen will Bad Bones als vergleichsweise leichtes Casual-Game auch gar nicht konkurrieren. »Kennerspiel« steht auf der Box von Bad Bones, aber eigentlich ist das Grundprinzip so einfach, dass es auch als »Familienspiel« durchgehen kann. Erst durch die optionalen Erweiterungen, die schon alle in der Box enthalten sind, wird es komplizierter, weil man sich viele verschiedene Effekte merken muss (die man gegebenenfalls aber auch einfach in der kurzen Anleitung nachschlagen kann).

90 Zur Spielvorbereitung erhält jeder Spieler einen Spielplan, der 5 × 5 Felder anzeigt. Am unteren Rand wird das aus 5 Häusern bestehende Dorf platziert, ganz in der Mitte der aus 4 Plastikebenen aufgebaute Turm, auf den der rosafarbene Held kommt. Anschließend erhält jeder noch eine Friedhofstafel und 6 Fallenplättchen (2 Mauern, 2 Katapulte, 1 Schatz und 1 Drachen). Eine Spielhilfe wird in die Tischmitte gelegt, ebenso der Beutel mit den 180 normalen Skeletten, die den Spielern fürderhin das Leben schwer machen werden. 4 Skelette mit unterschiedlich farbigen Symbolen werden von jedem Spieler direkt gezogen und im Wald rund um den Spielplan an passender Stelle abgelegt. Dann kann es losgehen!

Das Spiel wird rundenweise abgehandelt, wobei jede Runde aus 4 Phasen besteht, die von den Spielern auch gleichzeitig durchgeführt werden können, um Zeit zu sparen. In Phase 1 bewegt jeder seinen Helden orthogonal oder diagonal genau 1 Feld weit. Trifft der Held dabei auf Skelette, tötet er sie und sie kommen zurück in den Beutel. In Phase 2 wird genau 1 Falle platziert oder wieder zurück in den Vorrat gelegt. Die Fallen sollen die Skelette davon abhalten, das 91 Dorf und den Turm zu erreichen. So lenkt etwa eine Mauer alle Skelette, die in einer Runde darauf stoßen, um 90 Grad ab. Das Katapult schleudert alle Skelette auf den Friedhof eines Mitspielers. Haben Fallen in einer Phase Kontakt mit (beliebig vielen) Skeletten, werden sie beschädigt, beim nächsten Kontakt werden sie zerstört und aus dem Spiel entfernt. Um das zu verhindern, ist es sinnvoll, sie zuvor in den Vorrat zu retten, wo sie wieder repariert werden – sofern man es sich leisten kann, ohne dadurch Häuser oder Turmebenen zu verlieren. Das kann in Phase 3 passieren, denn da werden alle Skelette um jeweils 1 Feld in Bewegungsrichtung bewegt. Treffen sie dabei auf den Helden, werden sie getötet. Treffen sie auf Fallen, werden diese ausgelöst, was ebenso die Laufrichtung der Skelette ändern kann wie Pfeilfelder auf dem Spielplan. Betreten sie letztlich den Turm oder das Dorf, wird eine Ebene entfernt beziehungsweise ein Haus zur Ruine. Am Ende, in Phase 4, ziehen alle Spieler 3 neue Skelette und platzieren diese, zusammen mit allen Skeletten, die sich im Verlauf der vergangenen Phasen auf dem eigenen Friedhof angesammelt haben, im Wald um den Spielplan. So taucht Welle um Welle an Gegnern aus dem Wald auf, bis irgendwann ein Spieler überwältigt wurde. Wessen Turm zuerst zerstört ist oder wessen Dorf zuerst in Trümmern liegt, der hat das Spiel verloren. Alle anderen Mitspieler prüfen abschließend, wie gut sie aus der Partie gekommen sind, indem sie die Sterne auf ihren verbliebenen Fallen und Häusern zählen. Der geschickteste Dorfvorsteher gewinnt. So weit, so simpel. 92 Zwei Erweiterungsmodule bringen zusätzliche Abwechslung ins Spiel. So kann man zum einen eine Marktphase vor das Spiel setzen, in der die Spieler – jeder mit 20 Goldmünzen ausgestattet – individuell Fallen und zusätzlich eine Waffe kaufen können. Dazu kommen ein paar weitere Fallen ins Spiel wie Palisaden, Bomben, Labyrinthe usw., die neue Effekte anbieten, sonst aber wie die Grundspiel-Fallen funktionieren. Außerdem stehen 8 Waffenplättchen zur Auswahl, die ausgelöst werden, wenn ein Held 3 Skelette tötet und dann einen schicken Effekt bieten. Mit der Armbrust kann man beispielsweise ein beliebiges Skelett auf dem Spielplan umbringen. Der Stab der Teleportation bewegt den Helden auf ein beliebiges Feld ohne Skelette.

Weiterhin lassen sich Anführer ins Spiel integrieren. Das sind Skelette, deren Plättchen einen orangefarbenen Rand aufweisen und die jeweils einen individuellen Spezialeffekt bieten, den man (genauso wie die Fallen- und Waffeneffekte) zumindest in den ersten Partien noch im Regelwerk nachschlagen muss. So gibt es etwa Abrissexperten, die 2 Turmebenen oder 2 Häuser zerstören, 93 wenn sie den Turm oder das Dorf betreten. Der Menschenfreund dagegen baut eine Turmebene oder ein Haus wieder auf. Und der Geistmeister ist unsterblich, das heißt er kann – beispielsweise vom Helden – nicht in den Beutel verbannt werden, sondern landet immer wieder im spielereigenen Friedhof. Beide Erweiterungen machen das Spiel, wie gesagt, etwas komplizierter, weil man mehr Effekte beachten muss, sorgen aber auch für mehr Abwechslung am Spieltisch. Jedem, der ein bis zwei Partien Grundspiel hinter sich hat, sind sie auf jeden Fall zu empfehlen. Obendrein bietet Bad Bones zwei weitere Spielmodi. So lässt sich das Spiel auch solo spielen. Dann muss man schlicht 10 Runden gegen die Skelette bestehen, wobei man nur eine einzige Turmebene und ein einziges Haus hat, das heißt, man darf kein einziges Skelett durchlassen. Wer »heldenhaft« sein will, kann zudem ab Runde 11 versuchen, mit dem Helden alle Skelette zu töten, während keine weiteren nachgezogen werden. Alternativ bietet sich der kooperative Modus an, bei dem eine Hauptstadt in der Spieltischmitte errichtet wird (1 Haus pro Spieler) und alle Spielpläne darum platziert werden. Statt eines vierstöckigen Turms hat nun jeder Spieler 4 eingeschossige Türme. Nun müssen alle Spieler gemeinsam versuchen, die Skelettplage davon abzuhalten, das Dorf zu erreichen. Der Fallenvorrat wird hierbei gemeinsam genutzt. Durchhalten muss man erneut 10 Runden. Wenn dann kein Spieler alle 4 Türme verloren hat und auch die Hauptstadt noch steht, gewinnen die Helden. 94 Bad Bones ist leicht zu erlernen und macht direkt Laune am Spieltisch. Fallen und Helden taktisch einzusetzen und Skelettwelle um Skelettwelle abzuwehren hält einen auf Trab, und nichts ist befriedigender, als einem Mitspieler mal direkt drei Skelette mit dem Katapult in den Friedhof zu schießen. Das Spiel hat jedoch auch zwei kleinere Mängel. Zum einen skaliert es nicht besonders gut. Das hat kurioserweise zur Folge, dass eine Partie mit 6 Spielern durchaus schneller vorbei sein kann als eine mit 2, denn während bei 6 Spielern eine Unmenge an Skeletten im Spiel ist, die gegebenenfalls ein bis zwei glücklosen Seelen das Leben wirklich schwer machen können, lässt sich die Skelettschar bei 2 Spielern noch ganz gut managen, was den Spielverlauf in die Länge zieht. Das gilt ebenso, wenn Kennerspieler am Werk sind, die einen guten Überblick über das Geschehen auf ihrem Spielplan haben und fähig sind, Fallen und ihren Helden taktisch klug zu nutzen. Darum ist das Spiel mit einer Runde, die nicht so versiert ist, fast lustiger, denn es werden schneller Fehler gemacht, die zum Verlust von Fallen, Häusern und Turmebenen führen. Und nur dann, wenn es auf dem Spielplan wirklich brennt, zündet Bad Bones so richtig.

95 Fazit Bad Bones ist ein kurzweiliges Tower-Defense-Spiel, das mit sehr schönen Komponenten, leicht erlernbaren Regeln und diversen Spielvarianten punkten kann, die alle schon in der normalen Spielebox enthalten sind. Wer vermeiden möchte, dass sich eine Partie in die Länge zieht, sollte vorzugsweise mit 4 oder mehr Spielern spielen und dabei nicht unbedingt ein Runde versierter Hobbystrategen am Tisch vereinen. Denn nur wenn man in einer Skelettflut total hektisch wird und sich Fehler nicht mehr verhindern lassen, entsteht so richtig schön Panik-Atmosphäre.

Bad Bones Brettspiel für 1 bis 6 Spieler ab 8 Jahren David Flies Pegasus Spiele 2020 EAN: 4250231726705 Sprache: Deutsch Preis: EUR 39,95

New Pokémon Snap Review: Nicht nur für Kinder von Anna Nitsche

Seien wir ehrlich: Pokémon gehört schon seit 20 Jahren zu so ziemlich jedem Gamerhaushalt auf der Welt. Die kleinen

96 und großen Monster fangen, das beste Team bilden und natürlich die vier besten Trainer der jeweiligen Region besiegen. So läuft das normalerweise ab. Beim Remake der Nintendo 64-Version von Pokémon Snap ist alles ein wenig anders. Ein wenig entspannter. Denn hier muss man nicht kämpfen. Ziel des Spiels ist es, gemeinsam mit Professor Mirror die Lental Region zu erkunden und dabei jede Menge Pokémon in ihrer natürlichen Umgebung zu fotografieren.

Klingt im ersten Moment gar nicht so spannenden, wenn ich ehrlich bin. Und der Anfang des Spiels hat sich für mich sehr gezogen. Ich hätte mir etwas mehr Freiraum im Gameplay erhofft. Zum Beispiel, dass ich nicht auf einem vorgegebenen Weg durch den Park oder Dschungel fahren muss. Laufen wäre mir wesentlich lieber gewesen. Ziel von Naturfotografie ist es ja eigentlich immer, möglichst unauffällig Tiere in ihrer Umgebung zu fotografieren, und so hätte ich das einfach gerne auch hier gehabt. Die Kameraführung für die Fotos war auch ein wenig gewöhnungsbedürftig am Anfang. Ich hatte durchaus hier und da Probleme, die Pokémon in schönen Posen 97 einzufangen. Aber Übung macht bekanntlich den Meister und je mehr Gegenden ich freischalten konnte, desto mehr Spaß machte das Spiel.

Besonders die Gegenden rund um das Meer haben es mir angetan. Hier findet man auch die Herausforderung für Erwachsene in diesem Spiel. Denn im Korallenriff muss man den geheimen Weg freischalten und das erfordert mehr als nur ein klein wenig nachdenken. Hier muss man alles nutzen, was einem vom Professor bisher so an Extras für sein Gefährt mitgegeben wurde, und sich die Umgebung wirklich sehr gut ansehen, um die beiden Freischaltmodi zu finden. Natürlich geht es nicht nur einzig und allein um die Fotos. Das ist wichtig, um mehr Dinge und mehr Interaktion in den einzelnen Regionen freizuschalten und zum Beispiel auch nachts auf Entdeckungstour gehen zu können. Aber am wichtigsten auf der wissenschaftlichen Pokémonreise ist, die Illumina Pokémon und deren Geheimnisse zu finden. Erst wenn man auch das legendäre Illumina Pokémon gefunden hat – auch hier steht ein großes Rätsel an – werden die

98 Credits zum Spiel gerollt und man hat nach ungefähr 20 Stunden das Spiel vorläufig beendet.

Wenn man dann aber, wie ich, sehr viel Spaß am Spiel gefunden hat, ist es noch lange nicht vorbei. Nun gilt es den Pokedex mit allen Pokémon zu füllen, die im Spiel fotografiert werden können. Das sind insgesamt über 300 Stück! Und die Fotos werden natürlich auch bewertet. Von 1 – 4 Sternen, von Bronze bis Diamant. Als Perfektionist muss bei mir natürlich jedes Foto auf Diamant stehen und alle vier Fotos pro Pokémon vorhanden sein. Mag einfach klingen, ist es aber wirklich nicht. Hierzu muss ich immer und immer wieder auf die selben Wege, in die selben Regionen und ganz genau hin sehen. Manche Pokémon verstecken sich und müssen hervorgelockt werden. Andere ändern ihr Verhalten beim Wechsel zwischen Tag- und Nacht-Modus oder mit dem Level, dass ich in der Region bereits freigeschaltet habe. Es kommen auch mit jedem Level neue Pokémon hinzu.

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100 Cubebotics Lab – Sammlerleidenschaft garantiert: Liebe zu kleinen quadratischen Dekosachen von Anna Nitsche

Als Gamer (oder auch Leser, Comic-Fan) endet es meistens nicht nur bei den Spielen selber. Immer wieder findet man neue Ausgaben dieser Spiele, original aus Japan zum Beispiel oder auch Zubehör in verschiedenen Farben oder Ausführungen. Man wird fast automatisch zu einem Sammler. Etwas, was in Deutschland bisher weniger bekannt ist, sind die sogenannten »Cubes«. Also kleine quadratische Szenen aus Spielen, hergestellt aus Pappe und vorsichtig zusammengesetzt von Menschen mit einer Leidenschaft dafür. Angeordnet in einem Baseball Sammelkästchen. Und genau so eine Person möchte ich Ihnen heute vorstellen. Marieke heißt sie, kommt aus England und baut ganz alleine mehrere dieser schönen Sachen für ihre Kunden zusammen. Natürlich habe ich das persönlich getestet. Bei mir durfte der Pokémon Cube mit Professor Eichs Lab einziehen.

101 Aber zunächst wird Marieke mir ein paar Fragen beantworten.

AN: Wie kamen Sie auf die Idee, Ihre Leidenschaft fürs Zocken mit Ihrer ungemeinen Geduld und dem Talent zum Basteln zu verbinden?

Marieke: Die Idee für Cubebotics Lab entstand im dritten Covid-Lockdown in England. Ich hatte diese Cubes schon öfter gesehen und gerade zu dieser Zeit sah ich das alles wieder häufiger. Dabei ist mir aufgefallen, dass es diese Sachen hier in Europa so gut wie gar nicht gibt. Die meisten werden in den USA hergestellt und von dort aus auf eine lange Reise zu den weltweiten Kunden geschickt. Was natürlich auch einen höheren Preis mit sich bringt. Danach flossen die Ideen einfach so durch meinen Kopf und ehe ich mich versah, habe ich mir einen Drucker gekauft, die passenden Messer zum Ausschneiden und eine Unterlage für diese Arbeit. Direkt danach folgte der Rest, den ich brauchte, um dieses Abenteuer zu starten.

102 AN: Mit diesen Diarama Cubes kann man ja durchaus kreativ sein. Aber wie kreativ geht das wirklich?

Marieke: Die Cubes funktionieren am besten mit Retro-Spielen, weil sie die 2D-Welt dieser in eine 3D-Welt ziehen und somit wirklich hübsch zum Ansehen sind. Aber das heißt nicht, dass sich nicht andere Spiele dafür eignen, wie zum Beispiel Animal Crossing New Horizons.

Man muss nur darauf achten, welche Szene man auswählt und wie man diese am besten darstellen kann. Das Spiel wird in diesen Cubes zum Leben erweckt und das verlangt eine längere Testphase, damit die Szene auch wirklich funktioniert. Mittlerweile habe ich einige neue Ideen, die ich umsetzen will, aber es wird noch einige Zeit dauern, bis ich dafür die ganzen Templates entwickelt habe.

AN: Wie lange arbeiten Sie an einem dieser Cubes?

Marieke: Wie bereits erwähnt, liegt die meiste Arbeit in der Anpassung der Templates. Sobald ich das aber einmal

103 entwickelt habe, geht die Herstellung an sich sehr schnell. Im Durchschnitt brauche ich zwei Stunden für die Zusammensetzung eines Diarama Cubes. Natürlich kommt es dabei immer darauf an, wie detailliert die Szene ist.

Erstmal ein herzliches Danke an Marieke, dass sie sich die Zeit für mich genommen hat. Wie Sie alle auf den Fotos sehen können, gibt es viele Möglichkeiten, so ein kleines Diarama bei sich zu Hause im Regal stehen zu haben. Marieke ist übrigens auch offen für Wünsche ihrer Kunden. Da reicht es, eine einfache E-Mail zu schreiben. Falls Sie nun auch Interesse an diesen Cubes gefunden haben oder sich einmal ansehen wollen, was Cubebotics Lab so alles zu bieten hat, empfehle ich Ihnen auf Instagram nach Cubebotics Lab zu suchen und den Etsy Shop unter https://www.etsy.com/uk/shop/CubeboticsLab zu besuchen.

104 Seien Sie sicher: Bei mir werden noch einige Szenen aus meinen Lieblingsspielen einziehen. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in diesem Fall wirklich super und die Lieferung war innerhalb von einer Woche aus England bei mir. Leider lag ein Feiertag in Deutschland dazwischen, weswegen sich die Lieferzeit von fünf Tagen auf sieben erhöht hat. Aber da kann Marieke nichts für. Also bin ich damit absolut zufrieden. Übrigens für alle umweltbewussten Leser: Die Verpackungen sind alle recyclebar und umweltfreundlich gestaltet. Ein weiteres Plus für diesen Laden für mich.

Pathfinder 2 – Einsteigerbox von Peter R. Krüger

In der letzten Ausgabe haben wir das Pathfinder-Rollenspiel mit seinen Grundregeln getestet. Doch es gibt eine noch einfachere Möglichkeit, dieses Rollenspielsystem für sich zu entdecken – und das ist die Einsteigerbox. Man kann diese Box eigentlich ganz einfach mit einem einzigen Wort beschreiben und im Grunde damit auch schon ein Fazit ziehen: Vollgepackt! Diese Box bietet wirklich alles, was man nicht nur für einen guten Start ins Rollenspiel benötigt, sondern obendrein noch einsteigerfreundliche Regeln, viele Entwicklungsmöglichkeiten für die Spieler, Tipps für den angehenden Spielleiter und eine Fülle an Material, um nicht

105 nur das erste Abenteuer zu bestreiten, sondern auch gleich noch eine Kampagne für die ersten Stufen zu spielen.

Die Box wartet mit einem 72-seitigen Heldenbuch für die Spieler und einem 88 Seiten starken Spielleiterbuch auf. Diese Trennung ist sehr sinnvoll, damit der Spielleiter sich in seine Rolle einlesen kann, während die Spieler ihrerseits die Regeln kennenlernen und ihre Charaktere basteln können. Wer aber lieber schnell ins Spiel einsteigen möchte, kann auch einen der vier vorgefertigten Charaktere nutzen. Hier gibt es schön gestaltete Charakterbögen und auch noch passende Aufsteller, um die Figuren auf dem Spieltisch darzustellen. Apropos Aufsteller. Auch hier wird nicht gegeizt, so dass der Spielrunde über 100 Aufsteller für Charaktere und Monster bereitstehen. Alle aus festem Karton, vollfarbig und beidseitig bedruckt. Dazu gesellt sich noch ein beidseitig bedruckter, ebenfalls vollfarbiger Bodenplan für das erste Abenteuer sowie ein vollständiges Würfelset. Um die Zuordnung der einzelnen Würfel vom vierseitigen, bis hin zum zwanzigseitigen Würfel einfacher zu machen, liegen diese in unterschiedlichen Farben vor, so dass auch Einsteiger sich hier schnell zurechtfinden sollten, wenn es heißt, zum Beispiel einen W12 (blau) oder einen 106 W6 (lila) zu würfeln. Den W6 kennt man aus jedem herkömmlichen Spiel als den normalen Würfel mit 6 Seiten.

Damit das Spiel gerade am Anfang übersichtlich bleibt, gibt es zudem noch vier Referenzkarten, auf denen die Spieler die wichtigsten Regeln in Kurzform nachlesen und auch ihre Aktionen anhand von Spielsteinen festhalten können. Da jeder Charakter zu Beginn seiner Runde drei Aktionspunkte und eine Reaktion zur Verfügung hat, lässt sich damit übersichtlich darstellen, wieviel Punkte noch zur Verfügung stehen. Da diese Aktionspunkteregel auch im »großen« Pathfinder Anwendung findet, sind diese Referenzkarten auch für versierte Pathfinder-Spieler eine brauchbare Dreingabe.

107 Überhaupt kann man diese Box nicht nur Einsteigern, sondern auch geübten Pathfinder-Rollenspielern ans Herz legen. Die Herausforderung der ersten Begegnung mag mit ein paar Ratten, die erschlagen werden müssen, zwar sehr klischeehaft daherkommen, aber neben den Referenzkarten, dem Bodenplan und dem Würfelset sind es insbesondere die über 100 Aufsteller, die auch einer erfahrenen Gruppe sicher gute Dienste leisten können. Von kleinen, fiesen Ratten über den derzeit sehr beliebten Eulenbär bis hin zum jungen grünen Drachen ist hier allerhand vertreten, um einer Pathfinder-Runde einige Herausforderungen zu bieten.

Fazit Dieses Einsteigerset gehört zu den besten, die das Hobby-Rollenspiel neuen Spielern näherbringen kann. Trotz des enormen Umfangs sind die Regeln leicht verständlich erklärt und das enthaltene Material kann für einige Monate Spaß am Spieltisch sorgen. Bis zum Umstieg auf das »große« Regelwerk, zu dem das Einsteigerset zu 100 % kompatibel ist.

108 Pathfinder 2 – Monsterhandbuch von Peter R. Krüger

Über 400 Monster warten in diesem Buch darauf, vom Spielleiter auf die Rollenspieler losgelassen zu werden. Damit ist das Wichtigste zu diesem Buch eigentlich schon erwähnt, aber es gibt noch mehr zu erwähnen. In der letzten Ausgabe des Phantastika Magazins haben wir das Rollenspielsystem Pathfinder 2 vorgestellt und mit dem Spielerhandbuch, dem Spielleiterhandbuch und dem Peststein-Abenteuer ein gutes Startpaket unter die Lupe genommen. Doch zu den Grundregelwerken gehört letztlich auch noch das Monsterhandbuch, welches in diesem Artikel vorgestellt wird. Von »A« wie Aal bis »Z« wie Zyklop finden sich in diesem Buch – wie eingangs erwähnt – über 400 Kreaturen, die der Spielleiter einsetzen kann. Trennen wir uns in diesem Moment kurz von dem Begriff »Monster«, denn üblicherweise mag es kaum jemanden geben, der

109 Einhörner, Feen oder Pegasi als »Monster« bezeichnen würde. Es wäre auch ziemlich langweilig, wenn der Spielleiter in einem Rollenspiel einzig böse Kreaturen zur Verfügung hätte, die er den Spielern als Kanonenfutter entgegenschleudern könnte, oder umgekehrt die Spielercharaktere als Kanonenfutter für besonders schwierige Gegner opfern würde (letzteres wäre dann unter Umständen auch ein Grund, warum sich die Gruppe lieber einen anderen Spielleiter sucht). Ein Rollenspiel wie Pathfinder 2 lebt davon, dass den Spielern Herausforderungen präsentiert werden. Das können Rätsel sein, geheime Aufgaben oder eben auch Begegnungen mit fremdartigen Kreaturen. In diesem Buch sind natürlich auch die üblichen Verdächtigen dabei, sprich Kobolde, Goblins, Orks, Drachen, Riesen, Dämonen und viele, viele mehr. Doch bieten Kreaturen auch andere Abenteuer als das reine Totschlagen an. Wie wäre es mit einem dreisten Satyr, der die Unwissenheit der Bauern der Umgebung dazu ausnutzt, sich von ihnen verpflegen zu lassen, damit er ihre Ziegen vor Krankheiten schützt? Die Abenteurer werden ahnen, dass der Satyr vermutlich gar nichts unternimmt, sich aber gerne den Bauch vollschlägt. Kein Grund, diese Kreatur gleich zu töten, aber das Problem sollte, im Interesse der Bauern, geklärt werden. Vielleicht stellt sich heraus, dass der Fürst der Region diesen Satyr schon seit längerer Zeit sucht und die Abenteurer könnten sich hier eine Belohnung verdienen. Doch sollte einer der Spielercharaktere vielleicht zu 110 neugierig werden und mal nachsehen wollen, was der gut betuchte Adlige so in seinem Keller hat, hält das Buch hier viele Möglichkeiten vor, wie der Spielleiter allzu neugierigen Charakteren einen Dämpfer verpassen kann. Vielleicht durch einen Gallertwürfel, der die Kellergänge des fürstlichen Anwesens regelmäßig reinigt, indem er alles verschlingt, was sich ihm in den Weg stellt? Oder bereitet der scheinbar freundliche Fürst sogar eine Invasion des Landstrichs mit allerlei Monstern vor und der gefangene Satyr war lediglich ein Kundschafter, der irgendwann lieber seinen eigenen Interessen nachging? Schon allein beim Durchblättern der Möglichkeiten in diesem Buch fallen Spielleitern diverse Möglichkeiten ein, eine Spielwelt mit den unterschiedlichsten Kreaturen zu bevölkern und dadurch für eine lebendige Welt für die nächsten Rollenspielrunden zu sorgen. Die schiere Anzahl ist hier so hoch, dass es eine wahre Freude ist, so richtig in die Vollen zu greifen und sich auch des Öfteren an eher ungewöhnlichen Kreaturen zu versuchen, um mehr Abwechslung ins Spiel zu bringen. Pathfinder 2 ist, wie bereits die erste Edition und auch alle Editionen des geistigen Vaters Dungeons & Dragons, derart aufgebaut, dass es drei Grundregelwerke benötigt. Das Spieler- und das Spielleiterhandbuch sowie das Monsterhandbuch. Alle drei zusammen bieten jede erdenkliche Möglichkeit, ganze Rollenspielkampagnen durchzuführen und damit Charaktere von der ersten bis zur zwanzigsten Stufe fortwährend mit Herausforderungen zu konfrontieren, die noch Jahre später für lustige Anekdoten, 111 stolze Abenteuerberichte und Erzählungen über erinnerungswürdige Begegnungen sorgen können. Wer dann noch über das Aufsteller-Set verfügt … aber darüber ist im nächsten Artikel mehr zu lesen.

Fazit Das Monsterhandbuch ist eins von drei Grundregelwerken für das Pathfinder 2-Rollenspiel. Spielleiter besitzen mit diesem Buch ein mächtiges Werkzeug, um Kampfbegegnungen aller Art, aber auch erinnerungswürdige Begegnungen epischen Ausmaßes schaffen zu können.

Pathfinder 2 – Aufstellerbox Monsterhandbuch von Peter R. Krüger

112 Bleiben wir bei den Kreaturen des Monsterhandbuchs für Pathfinder 2. Es ist schön für den Spielleiter, wenn er eine Fülle an Wesen aus einem Buch heraussuchen kann, um sie seiner Rollenspielgruppe entgegenzustellen. Das passiert zunächst allein in der Vorstellung und der Spielleichter kann das gewünschte Wesen zunächst beschreiben (»Vor Euch stehen drei Wesen mit grünlicher Haut und breitem Grinsen im Gesicht. Ihre spitz zulaufenden Ohren scheinen vor Erregung zu zucken, während sie aufgeregt nach ihren Waffen greifen.«). Vielleicht lässt sich die Situation auch friedlich regeln. Die drei im Beispiel genannten Wesen wollen vielleicht einfach nur Wegzoll kassieren und lassen sich mit ein paar Silbermünzen beschwichtigen. Doch was ist, wenn ein Kampf unausweichlich wird? Ein paar Standardmonster hat man vielleicht noch als Miniaturen parat, manch eher ungewöhnliche Monster lassen sich einfach mit Halmafiguren auf dem Spielplan platzieren, damit alle wissen, wo sich der oder die Gegner befinden. Gerade für taktische Kämpfe, in denen es wichtig ist, Entfernung, Radius, Reichweite und derlei Dinge zu wissen, ist es von entscheidender Bedeutung, wer wo steht und wen sehen kann. Unabhängig davon, ob es sich um die Spieler oder die Kreaturen des Spielleiters handelt. An dieser Stelle greift die Aufstellerbox ein und bietet dem Spielleiter nahezu alle Kreaturen aus dem Monsterhandbuch für Pathfinder 2 als zweidimensionale Pappaufsteller (in der digitalen Version als pdf-Druckbögen), damit er eine Begegnung auch optisch ansprechend 113 darstellen kann. Den Beschreibungen im Buch entsprechend gibt es hier auch vier verschiedene Größenkategorien von klein, mittel, groß bis hin zu riesig, um nicht nur die jeweilige Begegnung optisch ansprechender zu gestalten, sondern gleichzeitig auch die Größe der Kreatur darzustellen. Es wäre ansonsten auch eher albern, wenn ein ausgewachsener grüner Drache den gleichen Platz auf dem Spielplan einnimmt wie beispielsweise ein Goblin. In der Box selbst sind dann auch noch ein paar Standfüße dabei. Wem diese jedoch nicht reichen, der kann sich einfach noch einen Satz zusätzlich bestellen. Die Illustrationen sind sehr stimmungsvoll und entsprechen den Darstellungen im Monsterhandbuch. Schön wäre noch gewesen, wenn auf den Aufstellern die Seite im Monsterhandbuch vermerkt worden wäre, auf der die jeweilige Beschreibung zu finden ist, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Zumindest sind die Kreaturen in der Box durchnummeriert, so dass man anhand der Liste der Box weiß, unter welcher Nummer der Aufsteller zu suchen ist. Aufgrund der Vielzahl der Aufsteller eine nützliche Hilfe.

Fazit Als Ergänzung für stimmungsvolle Rollenspielrunden ein sehr gutes Zubehör für den Spielleiter. Gerade bei der gebotenen Menge an Kreaturen müsste andernfalls ein Vermögen für Miniaturen bezahlt oder auf langweilige Halmafiguren zurückgegriffen werden.

114 115 Werbung

116 Phantastisches Sehen

Ressortleiterin Bettina Petrik

Thunder Force – Einfach mal die Kirche im Dorf lassen von Reinhard Prahl

Was passiert? Seit die Eltern der kleinen Emily von fiesen Superschurken ermordet wurden, kennt die inzwischen zur Frau gewordene Wissenschaftlerin nur ein Ziel: Sie will die Gangster dingfest machen. Als sie endlich einen Weg gefunden hat, sich selbst Superkräfte zu verleihen, steht plötzlich ihre alte Freundin Lydia vor der Tür ihrer Firma, um sie zu einem Klassentreffen einzuladen. Tollpatschig wie Lydia ist, injiziert sie sich eines der zwei Wundermittel und

117 ist fortan so stark wie Superman. Emily ist stinksauer, doch verleibt sie sich das zweite Medikament ein, das ihr die Fähigkeit zur Unsichtbarkeit verleiht. Von nun an treten die beiden als Superhero-Duo Thunder Force auf und treten den Mega-Gaunern gehörig auf die Füße.

Besser nie gedreht? Es gibt Filme, die so schlecht sind, dass man sie besser nie produziert hätte und solche, von denen man genau das lediglich behauptet. Zu welcher Kategorie Thunder Force gehört, ist Ansichtssache. Die Actionkomödie von Ben Falcone und Ehefrau Melissa McCarthy ist nicht der von vielen lang erwartete Gegenentwurf zum repetitiven Superhelden-Genre. Auch schwenkt der Streifen weder die Gender- noch die Feminist*innen- oder Bodyshaming-Fahne. De facto pfeift Falcone im Großen und Ganzen sogar auf Political Correctness. Stattdessen greift er mit plattem Klamauk sämtliche Klischees auf, die die Filmwelt über Übergewichtige, Nerds, Frauen, Männer, Politiker und natürlich Superhelden zu bieten hat.

No Message? Damned! Nun kann man sich natürlich darüber streiten, ob es solche Streifen braucht. Andererseits: Warum eigentlich nicht? In einer Zeit, in der ein Film nicht einfach nur albern sein darf, sondern mindestens den Ansatz einer Message beinhalten muss, ist es kaum verwunderlich, dass ein Werk wie Thunder Force nicht viele Freunde findet. Sicherlich, das Drehbuch weist Schwächen auf. Die Story ist nicht gerade 118 innovativ und das riesige Potential zweier hochdekorierter Schauspielerinnen wird vergeudet. Auch die Special Effects können nicht mit den großen Vorbildern mithalten. Und doch hat Thunder Force seine netten, albernen und ulkigen Momente.

Pluspunkte in der B-Note Ich kann darüber lachen, wenn Jason Baternan als The Crab mit hoffnungslos hässlichem Vokuhila und Pappmaché-Krabbenscheren statt Händen ein Tänzchen mit McCarthy im 80’s Style wagt. Ich schmunzle amüsiert, wenn er seiner Angebeteten beichtet, dass er die Krabbe wurde, weil ihm ein atomverseuchtes Meerestierchen in die »Männlichkeit« biss. Und das »Surf and Turf«-Sexspielchen der beiden Verliebten ringt mir ein belustigtes Grinsen ab. Noch einmal: Warum auch nicht? Humor ist schließlich Geschmackssache. Er darf ebenso scharfsinnig wie schlicht sein, ebenso überzogen albern wie zynisch oder satirisch. Die Bandbreite dessen, was Menschen als witzig empfinden, ist schließlich nahezu unermesslich groß – zum Glück.

Fazit Erfindet Thunder Force das Superhelden-Genre neu? Oder die Comedy? Nein. Will der Film das überhaupt? Ganz sicher nicht. Manchmal sollte man die Kirche einfach mal da lassen, wo sie hingehört, denn Ben Falcone und Melissa McCarthy wollten kein Meisterwerk erschaffen. Das Ziel war ganz offensichtlich seichte Unterhaltung, die man zwischendurch auf Netflix anschaut, um sich anschließend 119 anderen Dingen zu widmen. Was mich betrifft, hat das jedenfalls einen Filmabend lang funktioniert. Aber bildet euch selbst eine Meinung.

USA 2021 Produktion, Regie, Drehbuch: Ben Falcone mit Octavia Spener, Melissa McCarthy, Jason Bateman Länge: 105 Minuten

Phil Tippett, der Meister der fantastischen Kreaturen: Sehenswerte Film-Dokumentation über die Stop-Motion-Technik von Birgit Schwenger

120 Seit über 30 Jahren prägt der Effektkünstler Phil Tippett, geboren 1951 in Berkeley, Kalifornien, mit seiner Stop-Motion-Technik die visuellen Effekte der großen Hollywood-Blockbuster. Ausgezeichnet mit zwei Oscars (Die Rückkehr der Jedi-Ritter, Jurassic Park) und zahlreichen weiteren Preisen ist er ohne Zweifel einer der einflussreichsten Filmemacher auf diesem Gebiet. Die Regisseure Alexandre Poncet und Gilles Penso haben ihm nun mit ihrer Dokumentation Phil Tippett, Meister der fantastischen Kreaturen ein filmisches Denkmal gesetzt. Schon als Junge war Tippett von den Monstern und Kreaturen aus Filmen wie King Kong und die weiße Frau oder Sindbads siebente Reise fasziniert. Vor allem die Werke des Spezialeffekt-Magiers Ray Harryhausen, dem diese Dokumentation gewidmet ist und zu dessen Meisterwerken neben den Sindbad-Filmen auch Klassiker wie Jason und die

121 Argonauten oder Kampf der Titanen zählen, hatten es Tippett von Kindesbeinen an angetan. Von ersten kleineren Werken und Kurzfilmen als Jugendlicher führte ihn sein Weg nach dem Kunststudium zu einer Anstellung als Animator bei Cascade Pictures, wo er kleine Kurzfilme für die Werbung realisierte. Seine Bekanntschaft mit Dennis Muren brachte ihm 1975 ein Engagement bei George Lucas’ Star Wars ein, wo er gemeinsam mit dem Animator Jon Berg das Holo-Schachspiel auf der Millenium Falcon realisieren sollte. Eins führte zum anderen, so dass Tippett schließlich auch maßgeblich an den Modellen und Masken der Kreaturen aus der Cantina Bar beteiligt war. 1978 übernahm Tippett die Leitung des neu geschaffenen Animation-Teams bei Industrial Light and Magic (ILM), der von George Lucas für Star Wars ins Leben gerufenen Effektschmiede. Für die Dreharbeiten von Das Imperium schlägt zurück und danach Der Drachentöter entwickelte Phil Tippett den Einsatz der Stop-Motion-Technik weiter und passte diese den neuen technischen Anforderungen an: So erweckte er die AT-ATs und die Tauntauns mit der von ihm kreierten Go-Motion-Technik ebenso meisterlich zum Leben wie den eindrucksvollen Drachen in Disneys Der Drachentöter. Ob Indiana Jones und der Tempel des Todes, Robocop, Starship Troopers oder die Verfilmungen der Twilight-Saga: Tippett und sein gleichnamiges, 1985 gegründetes Effektstudio waren und sind an visuellen Tricks und Kreaturen zahlreicher großer Filmhits seit den 1980er- und 1990er-Jahren bis in die 2020er beteiligt. Zuletzt wirkte er an der Marvel-Serie The Falcon and the Winter Soldier mit. 122 Was nach einer beispiellosen Karriere im Filmgeschäft aussieht, war Mitte der 1990er-Jahre mit dem Einzug von digitalen Effekten und Computertricks beinahe zum Untergang verurteilt. Doch Tippett wäre nicht Tippett, wenn er sich nicht eins ums andere Mal neu erfunden und mit seinen digitalisierten Stop-Motion-Aufnahmen wesentlich zum weltweiten Erfolg von Jurassic Park beigetragen hätte. In der sehr unterhaltsamen und für alle an Spezialeffekten sowie an sich filmgeschichtlich Interessierten wirklich sehenswerten Dokumentation aus dem Jahr 2019 kommen viele Weggefährten wie Dennis Muren und Jon Berg, Regisseure wie Joe Dante und Paul Verhoeven sowie Effektkünstler der nachfolgenden Generation(en) zu Wort. Angereichert durch Aufnahmen und Fotos von Dreharbeiten und aus den Studios ist so ein einmaliges Zeugnis über die Geschichte der Stop-Motion-Technik entstanden, die mit einer Laufzeit von 81 Minuten nun erstmals auf DVD erschienen ist.

Weiterführender Link: https://www.amazon.de/Phil-Tipppett-Meister-fantastische n-Kreaturen/dp/B08VYGMKK2/

123 Die große persönliche Akte X-Rückschau – Staffel 6, und ein erstes Zwischenfinale von Eric Zerm

Für Anhänger der Serie Akte X: Die unheimlichen Fälle des FBI ist es fast nicht zu glauben, aber die Erstausstrahlung des Finales von Staffel 2 ist inzwischen sage und schreibe 25 Jahre her. Für das Magazin Phantastika ist das Anlass genug, für eine ausführliche und auch persönliche Rückschau auf diesen modernen Serien-Klassiker die Serie Staffel für Staffel – mit Stift und Notizblock bewaffnet – erneut anzusehen. Weiter geht es nun mit Staffel 6. Die bisherige Mythologie rund um die Verschwörer, ihre undurchsichtigen Pläne und die Außerirdischen kommt im Zweiteiler One Son zu einem vorläufigen Abschluss. Dass die Gefahr bleibt und möglicherweise sogar größer ist als jemals zuvor, macht am Ende der Staffel die Folge Artefakte deutlich (die zusammen mit den Folgen Böse Zeichen und Tausend Stimmen den Dreiteiler Biogenesis und den epischen Übergang zu Staffel 7 bildet). In den Einzelfolgen – und auch im Zweiteiler Dreamland – merkt man den Serienmachern den Spaß an, den sie mit der Serie hatten. Von der augenzwinkernden Selbst-Parodie über Was-Wäre-Wenn-Geschichten bis zum düsteren Thriller ist alles dabei.

124 Worum gehts? Nach den Ereignissen des Kinofilms Akte X: Fight the Future sind die X-Akten zwar wieder geöffnet. Director Alvin Kersh (James Pickens jr.), der dem FBI Assistent-Director Walter Skinner (Mitch Pileggi) vor die Nase gesetzt wird, denkt aber nicht daran, die Ermittler Fox Mulder (David Duchovny) und Dana Scully (Gillian Anderson) damit zu betrauen. Diese Aufgabe bekommen der zynische Jeffrey Spender (Chris Owens), der für Mulders Arbeit nur Verachtung übrig hat, und die undurchsichtige Diana Fowley (Mimi Rogers), die sich nach dem Anschlag in Das Ende wieder gut erholt hat. Mulder und Scully werden von Kersh von diesem Moment an bei jeder sich bietenden Gelegenheit schikaniert, mit den Ziel, dass sie frustriert den Dienst quittieren. Die erste Staffel-Folge Der Anfang spielt chronologisch kurz nach dem ersten Kinofilm und verfolgt die Spur der aggressiven Krallen-Aliens weiter. Ein Mitarbeiter des Biotechnologie-Unternehmens »Roush« (das erstmals zu Beginn der fünften Staffel erwähnt wurde) infiziert sich mit dem außerirdischen Virus, das bereits im Kinofilm Menschen zu Gelee zerfließen ließ. Schon wenig später platzt aus seinem Körper eines der Krallen-Aliens, die während des Kinofilm-Showdowns in der Antarktis zu sehen waren. Am Ende der Folge häutet sich das Krallen-Alien im heißen Wasser eines Atomreaktor-Beckens, und zum Vorschein kommt einer jener grauköpfigen Außerirdischen, die in der Serie schon mehrere Male angedeutet wurden. – Nach seinem Verschwinden in der Folge Das Ende (am Ende von Staffel 5) finden Mulder und Scully das 125 gedankenlesende Wunderkind Gibson Praise (Jeff Gulka) wieder. Er ist in der Lage, das Krallen-Alien in einem Atomkraftwerk in Arizona aufzuspüren und wird am Ende mit ihm im Reaktorraum eingeschlossen. Danach verliert sich Gibsons Spur für lange Zeit wieder.

In der Folge SR 189 sieht Walter Skinner erneut dem Tod ins Auge. Es zeigt sich, dass Alex Kreycek (Nicholas Lea) (im Auftrag der Verschwörer?) Skinners Blutkreislauf mit Nanosonden verseucht hat. Damit ist der Schurke in der Lage, mit Hilfe einer Fernsteuerung Skinners Körper von innen zu zerstören, und hat den FBI-Mann damit in der Hand.

Im Zweiteiler Zwei Väter/Ein Sohn (die Spielfilmfassung heißt One Son) setzen die Autoren Chris Carter und Frank Spotnitz einen drastischen Schlusspunkt hinter einen großen Teil ihrer bisherigen Serien-Mythologie, beantworten sehr viele lang gestellte Fragen und lassen die meisten Verschwörer am Ende in Flammen aufgehen. Das Ende der Verschwörer ist eine direkte Folge des Konflikts

126 unter verschiedenen Alien-Fraktionen, der bereits in Staffel 5 im Zweiteiler Cassandra (die Spielfilmfassung heißt Patient X) thematisiert wurde. (Mehr zu One Son weiter unten unter der Rubrik »Persönliche Highlights«.)

Im Dreiteiler Biogenesis – der das Finale der sechsten und den Beginn der siebten Staffel bildet – geht die Serien-Mythologie in die nächste Phase und wird zugleich noch epischer. (Mehr dazu unter der Rubrik »Persönliche Highlights«.)

In den Einzelfolgen – und im Zweiteiler Dreamland – spielen die Drehbuchautoren souverän mit ihrem eigenen Mystery-Genre und zeigen erneut, welche unglaublichen Möglichkeiten in der Serie stecken. Stilistisch reicht die Spanne der Episoden von dem bedrückenden Highway-Thriller Die Fahrt über die böse Weihnachtskomödie Die Geister, die ich rief, die Und täglich grüßt das Murmeltier-Variante Montag, die virtuos in langen Plansequenzen gefilmte Folge Im Bermuda-Dreieck über düstere Mystery-Geschichten in Tithonus und Milagro bis zur Folge Sporen, bei der sich Realität und Einbildung miteinander vermischen.

Erwähnenswertes: Mit der sechsten Staffel zog die Produktion von Akte X vom kanadischen Vancouver ins amerikanische Kalifornien um. Die neuen Drehorte und auch das wärmere Licht bauten Serien-Lenker Chris Carter und die Drehbuchautoren sofort in die Serie mit ein. 127 Besonders auffällig ist das in den Folgen Der Anfang und Die Fahrt, die beide in einer hitzeflirrenden Wüsten-Umgebung spielen; ein starker Kontrast zur nebelig-kalten Atmosphäre, die die Serie bisher in vielen Episoden hatte.

In der Folge Der Anfang gibt es einen netten Verweis auf die Serie Die Simpsons. Es gibt in der Folge eine Sequenz mit einem gelangweilten Atomkraftwerk-Mitarbeiter namens Homer. Homers Auftritt verläuft aber nicht besonders lustig, denn er wird durch das Krallen-Alien getötet.

In der Folge Der Anfang hat James Pickens jr. als Director Alvin Kersh seinen ersten Auftritt. Der eiskalte Bürokrat macht Fox Mulder und Dana Scully von nun an bis etwa zur Mitte der Staffel das Leben zur Hölle. Er pocht auf strikte Einhaltung der Regeln (was besonders Mulder sehr schwer fällt) und zitiert die beiden Ermittler regelmäßig in sein Büro, um sie zurechtzuweisen.

Sympathische Selbstkritik der Serienmacher: Die Kommission, die im Laufe der Folge Der Anfang die Ereignisse in der Antarktis (und damit wichtige Ereignisse aus dem Kinofilm) untersucht, nennt Mulders Bericht über seine Erlebnisse »völlig unglaubwürdig!«.

128 In Der Anfang findet Scully in einer abgerissenen Kralle des flüchtigen Aliens DNA-Spuren, die sie auch bei Gibson Praise (der Gedanken lesen kann) und im außerirdischen Virus (das sie selber im Körper hatte) entdeckt hatte. Als sie weiterforscht, merkt sie, dass alle Menschen diese DNA-Spuren im Körper zu haben scheinen.

In der Folge Die Fahrt spielt Bryan Cranston, heute durch die Serie Breaking Bad weltbekannt, den gewalttätigen Patrick Crump. Das in Die Fahrt erwähnte Projekt »SEAFARER« der Navy, das mit extrem niedrigen Frequenzen arbeitet, wurde durch das reale Projekt HAARP inspiriert. In Die Fahrt wird angedeutet, dass Fox Mulder Jude ist.

In dem humorvollen Ufo- und Körpertausch-Zweiteiler Dreamland wird zum ersten Mal thematisiert, dass Fox Mulder in seiner Chaos-Single-Wohnung überhaupt kein Schlafzimmer hat, sondern auf dem Sofa schläft. Morris Fletcher (Michael McKean), der vorübergehend in Mulders Körper unterwegs ist, ändert das sofort, schafft (als Mulder)

129 für sein geplantes amouröses Abenteuer mit Scully ein Wasserbett an und räumt die Wohnung um. Als Mulder später – endlich wieder in seinem eigenen Körper – nach Hause zurückkommt, ist er völlig verblüfft und muss mit einem zweiten Blick auf seine Zimmernummer sicher gehen, dass er sich nicht in der Tür geirrt hat. Das Wasserbett bereitet Mulder in der Folge Montag dann eine böse Überraschung. Er wacht klatschnass auf, das auslaufende Wasser hat seinen Wecker kurzgeschlossen und er hat damit auch verschlafen. Der Anfang eines Tages, den Mulder später mit einem zynisch gemurmelten »O happy day« beschreiben wird.

Im Laufe der sechsten Staffel wird Fox Mulders Appartementnummer häufiger als bisher ins Bild gerückt. An der Tür prangt die Nummer »42«. Wer Douglas Adams’ Science-Fiction-Kultroman Per Anhalter durch die Galaxis kennt weiß, dass »42« die Antwort auf alles ist: das Leben, das Universum und alles andere.

Die Folge Die Geister, die ich rief ist im Grunde ein eine Art Vier-Personen-Theaterstück. Die Bühne ist das Geisterhaus, das Mulder und Scully zu Beginn betreten und am Ende wieder verlassen. In der Folge zitiert Soundtrack-Komponist Mark Snow auf sehr hintersinnige Art Joseph Haydns »Sinfonie mit dem Paukenschlag«.

In der Folge Zeit der Zärtlichkeit spielt der berühmte Horror-Darsteller Bruce Campbell aus Sam Raimis Tanz der 130 Teufel-Reihe einen Dämon, der sich wünscht, endlich ein normales menschliches Leben führen zu können. Eine Szene der Episode zitiert Alfred Hitchcocks berühmte Milchglas-Szene aus Verdacht. Dadurch, dass die Kamera stets auf das Milchglas gerichtet bleibt und die Flüssigkeit unheimlich schimmert, erzeugt Hitchcock – ohne dass ein einziges Wort fällt – eine sehr unheilvolle Stimmung. In der Akte X-Folge bringt der Dämon in Gestalt des scheinbar liebevollen Ehemanns Wayne Weinseider seiner Frau vor dem Einschlafen ein Glas Milch die Treppe hoch.

Zeit der Zärtlichkeit zeigt auf sehr direkte weise, was Jeffrey Spender von seiner Arbeit bei den X-Akten hält. Als er einen schriftlichen Hinweis auf die Ereignisse in Virginia bekommt, entsorgt er das Blatt sofort im Reißwolf … Die nächste Szene zeigt dann genau dieses Blatt, das Mulder in mühevoller Klebe-Arbeit wieder zusammengesetzt hat.

Die Folge Der Regenmacher beginnt exakt am Valentinstag 1999. Die ganze Folge bedient sich immer wieder auf sehr humorvolle Art bei Der Zauberer von Oz bis hin zum Lied »Somewhere over the Rainbow«.

131 In der Folge SR 819 hat Fox Mulders Unterstützer und Mentor, Senator Richard Matheson (Raymond Barry), nach der Folge Signale zu Beginn der zweiten Staffel einen weiteren Auftritt. Nach den Ereignissen von SR 819 – der Titel bezieht sich auf eine Senatsresolution zur Lieferung von Medizintechnik in Länder der Dritten Welt – ist das Verhältnis zwischen Matheson und Mulder angespannt, denn Matheson weigert sich aus Angst, dem in Lebensgefahr schwebenden Walter Skinner zu helfen. In dieser Folge trägt Skinner-Darsteller Mich Pileggi ein pulsierendes Spezial-Make-Up, das sehr glaubwürdig extrem erweiterte und pochende Blutgefäße simuliert.

Im Zweiteiler Zwei Väter/Ein Sohn (One Son) logiert Diana Fowley im berühmten Watergate-Appartementhaus. Der Hangar, in dem der Anfang und das Ende des Zweiteilers spielen, ist ein ehemaliger Luftschiff-Hangar, der durch dramatische Kameraeinstellungen, Dampf und grelles schräg einfallendes Licht spektakulär in Szene gesetzt wird.

In der Folge Aqua Mala hat Darren McGavin nach Gute Patrioten in Staffel 5 einen weiteren Auftritt als Arthur Dales. Er ist der Entdecker der X-Akten und inzwischen ein starker Trinker. Arthur Dales Bruder (der ebenfalls Arthur Dales heißt), gespielt von M. Emmet Walsh, taucht in der Folge Ex auf, die – wie Gute Patrioten – eine Geschichte auf mehreren Zeitebenen ist. Der Großteil der Episode spielt 1947.

132 Die Episode Alpha enthält ein schönes Detail. Die exzentrische Wolfs- und Hunde-Kennerin Karin Berquist (Melinda Cuela), die eine Schwäche für Fox Mulder hat, hat in ihrem Büro das gleiche »I want to believe«-Plakat hängen, das lange Zeit in Fox Mulders Kellerbüro eine der Wände geziert hat. Mulders Plakat ist in der Folge Das Ende zusammen mit großen Teilen der X-Akten verbrannt, nachdem der Raucher (William B. Davis) im Büro Feuer gelegt hatte. Am Ende von Alpha bekommt Mulder von Karin ein solches Plakat geschenkt. Von nun an hängt im X-Akten-Büro wieder ein »I want to believe«-Plakat.

Die Folge Suzanne erzählt die Geschichte von Die unüblichen Verdächtigen weiter, die für die Figuren der Serie inzwischen zehn Jahre zurückliegt. Erneut stehen »Die einsamen Schützen« um Bayers (Bruce Harwood), Langly (Dean Haglund) und Frohike (Tom Braidwood) im Mittelpunkt; ebenso wie die undurchsichtige Susanne Modeski (Signy Coleman), in die sich Bayers damals verliebt hatte. Die »Lone Gunmen«-Freunde Timmy und Jimmy sind Vorzeige-Nerds – schlaksig, mit T-Shirts und Hornbrille … und damit gewissermaßen Vorfahren der Helden aus The Big Bang Theory. Michael McKean hat als Regierungs-Mitarbeiter Morris Fletcher nach dem Dreamland-Zweiteiler einen wunderbaren Kurzauftritt. Obwohl er die Ereignisse aus Dreamland ja vergessen hat, beginnt er sofort wieder, mit Dana Scully zu flirten.

133 In keiner anderen Staffel der Serie »sterben« Fox Mulder und Dana Scully so oft oder sehen dem Tod ins Auge wie in Staffel 6. In Montag stecken sie – ohne es wirklich zu ahnen – in einer Art Zeitschleife fest, in der sie immer wieder in die Luft gesprengt werden. In Die Geister, die ich rief werden sie von den zynischen Geistern Lyda (Lily Tomlin) und Maurice (Edward Asner) in den gemeinsamen Selbstmord getrieben, in Tithonus wird Scully am Ende tödlich getroffen. Sie stirbt nur nicht, weil der inzwischen 150 Jahre alte Alfred Fellig (Geoffrey Lewis) an ihre Stelle tritt und sich vom Tod holen lässt. In Sporen scheint Scully wiederum die Überreste Mulders zu finden. Ein aggressiver Pilz hat nur noch sein Skelett übrig gelassen.

Persönliche Highlights: Die sechste Staffel von Akte X steckt voller toller Ideen und Episoden. Bei den Mythologie-Folgen prägen sich SR 819, der Zweiteiler One Son und der Dreiteiler Biogenesis besonders ein. SR 819 ist ein temporeicher Paranoia-Thriller, der lange Zeit die Frage offen lässt, was mit Skinner eigentlich passiert; und Mulder und Scully führen, im Bestreben, Skinners Leben zu retten, einen Kampf gegen die Uhr.

One Son bringt viele wichtige Ereignisse der bisherigen Serie in einen Zusammenhang und vieles zu einem drastischen Abschluss. Wie die TV-Zuschauer und auch Fox Mulder erfahren, bildete sich ein wichtiger Teil der Regierungsverschwörung kurz nach dem sagenumwobenen Ufo-Absturz in Roswell im Jahr 1947. Die Verschwörer 134 suchten einen Weg, der stillen Invasion etwas entgegenzusetzen. 1973 erkannten sie allerdings, dass sie verlieren würden und gingen mit den Aliens einen Pakt ein. Sie gaben vor, sich zu unterwerfen, und lieferten ihnen ihre Frauen und Kinder aus, mit deren DNA Alien-Mensch-Hybride erschaffen werden sollen, die nach der Auslöschung der Menschheit als Sklavenrasse übrig bleiben. Dafür bekamen die Verschwörer ein außerirdisches Embryo. Es ist das Embryo, das Dana Scully in der Folge Das Labor am Ende der ersten Staffel entdeckte. Mit den Erbinformationen dieses Embryos planten die Verschwörer, den Impfstoff »Purity Control« gegen das außerirdische Virus – das intelligente schwarze Öl – zu entwickeln. Die Entführung von Fox Mulders Schwester Samantha fiel auf den 27. November 1973. Bill Mulder (Peter Donat), der zur Gruppe der Verschwörer gehörte, hatte deren Plänen zunächst widersprochen, war aber dann überstimmt worden. Danach holten sich die Außerirdischen seine Tochter als Faustpfand; ein traumatisches Ereignis, das Samanthas Bruder Fox Mulder seitdem nicht mehr loslässt.

Fox Mulder stößt im Zweiteiler One Son auch auf den vermeintlichen Namen des geheimnisvollen Rauchers: G. C. B. Spender. Inzwischen hat Mulder aber so viele Lügen erlebt, dass er dazu nur zynisch entgegnet: »Und wofür steht der Name?« Der Raucher enthüllt ihm in einem Gespräch, wie die finale Alien-Invasion vonstattengehen solle. »Es wird der Notstand ausgerufen wegen einer Infektion, die durch Bienen übertragen wird.« Die Bienen 135 waren bereits zu Beginn der vierten Staffel Thema, ebenso wie später in der Folge Der Pakt mit dem Teufel und auch im Kinofilm Akte X: Fight the Future. Als aus der im Zweiteiler Patient X (fünfte Staffel) entführten Cassandra (Veronica Cartwright), 1973 die Frau des Rauchers, der erste gesunde Alien-Mensch-Hybrid entsteht, werden aber alle Pläne der Verschwörer zunichte gemacht, und sie werden im Hangar der El Rico-Air Force Base von den außerirdischen Rebellen bei lebendigem Leib verbrannt. Damit scheint die Verschwörung am Ende zu sein. Auch Jeffrey Spender scheint am Ende tot zu sein. Auf jeden Fall hört man einen Schuss und sieht dann, wie der Raucher den Raum verlässt.

Mit dem Dreiteiler Biogenesis tritt die Akte X-Mythologie in die nächste Phase ein und kündigt nicht weniger als ein globales Massensterben an. Die Schriftzeichen eines geheimnisvollen Artefakts haben auf Fox Mulder eine verheerende Wirkung. Es beginnt für ihn mit rasenden Kopfschmerzen, und schließlich ist er kaum noch in der Lage, sich zu artikulieren. Wie Gibson Praise ist er plötzlich in der Lage, Gedanken zu hören. Angeblich hat er sich – davon ist der inzwischen geschasste Pentagon-Mitarbeiter Michael Kritschgau (John Finn) überzeugt – zwei Jahre zuvor mit einem außerirdischen Virus infiziert, als er im Pentagon nach einem Heilmittel für Scullys Krebs gesucht hatte. Scully arbeitet wie eine Besessene daran, Mulder zu helfen und reist dafür sogar an die Elfenbeinküste, wo sie am Fundort des Artefakts am Strand ein außerirdisches Raumschiff findet. Im Laufe von rund 130 Minuten konfrontiert der 136 Dreiteiler das Publikum mit Bildern und Erkenntnissen, die das Weltbild vieler Menschen (und auch Scullys Weltbild) auf den Kopf stellen und bekannte Motive aus der Bibel ganz neu interpretieren. Die fremden Artefakte lassen Totes wieder lebendig werden, am Strand kommt es zu einem epischen Insekten-Einfall, und das Wasser um das gestrandete Raumschiff verfärbt sich blutrot.

Das letzte Drittel von Biogenesis (Tausend Stimmen) hat durch seine Inszenierung etwas sehr Unwirkliches. Mulder und der Raucher scheinen sich nur mit ihren Gedankenstimmen zu unterhalten, und Mulder durchlebt eine Art Traum- und später Albtraum-Leben, in dem er den Mann mit der tiefen Stimme (Jerry Hardin) wiedertrifft, mit Diana Fowley zusammenlebt, mit ihr Kinder bekommt und schließlich als alter kranker Mann im Bett liegt, während die Welt längst in Flammen steht. Während Mulder träumt, wird er in Wirklichkeit in einer geheimen Regierungseinrichtung operiert. Dabei lässt sich der Raucher die aktivierten Alien-Gene von Mulder einpflanzen (wie die Mediziner das auch immer machen). Am Ende sind – nach den vielen Opfern in One Son – auch Michael Kritschgau und Diana Fowley tot, und der Raucher hat in einem Satz zu Mulder etwas bestätigt, das sich bereits seit vielen Mythologie-Folgen angekündigt hat: »Ich bin dein Vater!«

Auch bei den Einzelfolgen ist die sechste Staffel eine Serien-Goldgrube. Die Fahrt ist eine Folge, die ständig in Bewegung ist und eine bedrückende Spannung aufbaut; Im 137 Bermuda-Dreieck ist ein Genuss für Filmfans, denn die Episode besteht aus nur wenigen, dafür aber extrem langen und virtuos gefilmten Plansequenzen ohne sichtbare Schnitte; der Zweiteiler Dreamland ist eine Art Ufo-Komödie, in der Mulder – nach dem unfreiwilligen Körpertausch mit Morris Fletcher – ENDLICH die geheimnisvolle Area 51 betreten kann … nur um dort einen General zu treffen, der die verwunderte Frage stellt: »Gibt es WIRKLICH Außerirdische?« Die Geister, die ich rief punktet mit rabenschwarzem Humor und virtuosen Wort-Gefechten; Aqua Mala hat einen ungewöhnlichen Schauplatz, den die Serienmacher gekonnt in Szene setzen: eine nächtliche Küstenstadt in Florida während eines Hurricans. Montag ist ein Mystery-Thriller, der das Zeitschleifen-Thema aus Und täglich grüßt das Murmeltier und aus dem Science-Fiction-Spektakel Edge of Tomorrow thematisiert … und Mulder stolpert – jedes mal ein bisschen anders – fast jeden Morgen über seine Pantoffeln. Arkadien treibt mit satirischem Unterton das Spießbürgertum gleichförmiger super-ordentlicher Vorstadt-Siedlungen auf die Spitze. Eine der schönsten Szenen zeigt Mulder, wie er demonstrativ einen kitschigen Plastik-Flamingo in seinen Garten stellt und dann herausfordernd in die Nachbarschaft schaut: »Beschwert euch!« Getarnt als Ehepaar gemeinsam in einem Haus lebend werden Mulder und Scully zugleich mit den Tücken des Alltags konfrontiert: »Wer hat Ihnen denn beigebracht, wie man eine Zahnpastatube ausdrückt?« – »Letzte Warnung: Die Klobrille!« Milagro, in der ein Schriftsteller mit seiner eigenen lebendig 138 gewordenen Figur konfrontiert wird, hat eine geradezu hypnotische Stimmung. Dazu trägt zum einen das grandiose Spiel von John Hawkes als Phillip Padgett bei und zum anderen die Musik von Mark Snow, die in Schlüsselszenen einen Herzschlag nachahmt. Ex ist eine sehr warmherzige Geschichte um den schwarzen Baseball-Liebhaber Josh Exley, in Wirklichkeit ein Alien, der einfach nur sein Leben als Mensch leben möchte. In dieser Folge wirkt auch das Verhältnis zwischen Mulder und Scully noch herzlicher als sonst. Auch Sporen ist eine Folge, die im Gedächtnis bleibt. Es ist ein verschachteltes Spiel aus Realität und Traumwelt, aber sowohl Mulder als auch Scully stellen diese Traumwelt plötzlich in Frage, als sie für ihre jeweilige Meinung ungewohnt viel Bestätigung erhalten.

Fortsetzung folgt …

SeaQuest DSV: Die Geschichte eines unverdienten Fehlschlages von Sven Wedekin

Die Ozeane. Unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2018. Dies sind die Abenteuer des U-Bootes SeaQuest, das viele tausend Meter unter dem Meeresspiegel unterwegs ist, um neues Leben zu erforschen, die Umwelt zu schützen und den Frieden zu sichern. Die SeaQuest dringt dabei in Tiefen vor, in denen noch nie ein Mensch zuvor gewesen ist.

139 So ähnlich hätte das Intro der von keinem Geringeren als Steven Spielberg co-produzierten Science-Fiction-Serie SeaQuest DSV, die im Herbst 1993 ihre Premiere in den USA feierte, auch lauten können, denn man bewarb sie vollmundig als »Star Trek unter Wasser«. Schon damals klang dieser Anspruch ziemlich gewagt, denn es war ja von vornherein abzusehen, dass die Tiefen der Ozeane nicht annähernd so viele erzählerische Möglichkeiten bieten könnten wie der unendliche Weltraum. Trotzdem hatten die Macher um Serienerfinder Rockne S. O’Bannon den Ehrgeiz, all die Qualitäten, die Star Trek auf der ganzen Welt so populär machten, auch in ihrer Show einzubringen in der Hoffnung, so einen Hit zu landen. Die Abenteuer des riesigen Forschungsunterseebootes SeaQuest behandelten ebenfalls aktuelle Themen der Gegenwart, die in eine, aus damaliger Sicht, erfundene Zukunft, nämlich in das Jahr 2018, verlegt wurden. Speziell in der ersten Staffel stand der Schutz der Umwelt stark im Mittelpunkt der meisten Geschichten. Die SeaQuest fuhr dabei unter der Flagge der United Earth Organisation, kurz UEO, die, wie der Name schon vermuten lässt, als Pendant zur Vereinigten Föderation der Planeten konzipiert war, um Umweltsündern das Handwerk zu legen oder auch um den Frieden zu sichern, wenn der Meeresboden drohte zum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen zu werden.

140 Und auch die Charaktere erinnerten in mancherlei Hinsicht an die Besatzung des allseits beliebten Raumschiffes Enterprise. Der von Roy Scheider verkörperte Captain Nathan Bridger wirkte mit seiner mal besonnen, mal auch recht hemdsärmeligen Art wie eine Mischung aus den beiden beliebtesten Enterprise-Kommandanten Kirk und Picard. Sinnigerweise wurde Scheider in der deutschen Fassung ausgerechnet von Gert-Günther Hoffmann synchronisiert, der auch die deutsche Standardstimme von William Shatner alias James T. Kirk war. Daneben gab es mit dem von Jonathan Brandis gespielten jugendlichen Genie Lucas Wolenczak sogar eine entfernt an Wesley Crusher angelehnte Figur. Und so wie die Figur des Mr. Spock die Zuschauer durch seine Präsenz in der Originalen Star Trek-Serie stets daran erinnern sollte, dass sie im Weltall spielt, gab es auch auf der SeaQuest ein, nun ja, nennen wir es mal Crewmitglied, das eigentlich im Ozean zu Hause war und den Zuschauer an das eigentliche Hauptthema der Serie erinnern sollte: den sprechenden (!) Delfin Darwin.

141 Richtige und falsche Prognosen Doch anders als im Fall von Star Trek ist die Zukunft von SeaQuest DSV für uns schon längst zur Vergangenheit geworden. Das Jahr 2018 liegt hinter uns und man kann leider nicht sagen, dass die in der Serie gezeigten Fortschritte Realität geworden sind. Kolonien und Kraftwerke unter Wasser gibt es ebenso wenig wie U-Boote mit den Abmessungen von Flugzeugträgern. Ambitionierte Zukunftsvisionen werden in der Wirklichkeit eben nicht ganz so schnell umgesetzt, wie die Autoren es sich erträumten, auch wenn der technische Berater der Serie, der durch die Entdeckung des Wracks der Titanic berühmt gewordene Meereskundler Robert Ballard, seinerzeit der Überzeugung war, dass die in der Serie gezeigten Technologien bis 2018 tatsächlich existieren würden. Doch in anderer Hinsicht hat die Serie mit ihrer Prognose leider richtig gelegen: Die Verschmutzung und die Ausbeutung der Ozeane durch den Menschen geht auch heute noch unvermindert weiter. Von der hoffnungsfrohen Utopie, die in SeaQuest DSV gezeigt wird, in der alle Nationen an einem Strang ziehen, um die Weltmeere als Lebensräume zu erhalten, ist leider nur sehr wenig verwirklicht worden. Im Gegenteil: Gerade der schon fast überwunden geglaubte Nationalismus feiert heute vielerorts ein beängstigendes Comeback, was zur Folge hat, dass der Schutz der Umwelt wieder mehr und mehr ins Hintertreffen gerät.

142 Insofern war die Serie zur Zeit ihrer Entstehung von einem Optimismus gekennzeichnet, der sogar jenen von Gene Roddenberrys Sternenfahrersaga noch in den Schatten stellt. Doch besteht noch Hoffnung, dass sich die Menschheit in absehbarer Zukunft vielleicht doch noch eines besseren besinnt und sämtliche schon heute vorhandenen technischen Möglichkeiten nutzt, um unseren Planeten im Allgemeinen und die Ozeane im Besonderen vor weiteren Schäden zu bewahren, bevor es dafür zu spät ist?

Operation gelungen, Patient tot Die Produzenten der Serie jedenfalls hatten ihre Zuversicht anscheinend schnell wieder verloren, nachdem die erste Staffel keine zufriedenstellenden Quoten einholen konnte. Man nahm daher in der zweiten und noch viel mehr auch in der dritten Staffel immer stärkere Änderungen am Konzept vor. Die einzelnen Episoden kreisten nun mehr um phantastische Geschichten, in denen es die Männer und Frauen von der SeaQuest unter anderen sogar mit Außerirdischen und Zeitreisen zu tun bekamen. In Staffel 3 wurde dann auch noch ein latenter militärischer Konflikt zwischen der UEO und dem feindseligen Staatenbund Macronesien hinzugefügt, was für reichlich Action sorgte. Man hoffte dadurch verstärkt, ein jugendliches Publikum anzulocken. Doch diese Entwicklungen missfielen dem Star der Serie, Roy Scheider, was ihn dazu veranlasste auszusteigen und den Kommandoposten an den von Michael Ironside 143 porträtierten Captain Oliver Hudson zu übergeben, der in vielerlei Hinsicht ein wesentlich härteres Regiment auf der Brücke der SeaQuest führte als sein eher väterlicher Vorgänger. Doch all diese inhaltlichen und personellen Änderungen halfen nichts, die Quoten erholten sich nicht mehr. Nach 57 Episoden war endgültig Schluss und man schickte die SeaQuest und ihre Crew für immer ins Trockendock. Diese Entscheidung war rückblickend durchaus verständlich, war die Serie damals doch mit ihren Produktionskosten von zwei Millionen Dollar pro Folge die teuerste ihrer Zeit. Dies lag vor allem an den aufwendigen CGI-Effekten, mit denen sämtliche Unterwasserszenen realisiert wurden. Aber aus heutiger Sicht ist es im Grunde schade, dass der Reihe kein längeres Leben vergönnt war. Denn allen Fehlern zum Trotz waren die meisten Episoden unterhaltsam inszeniert und gut geschrieben. Die Macher gaben wirklich ihr Bestes, um sowohl in inhaltlicher als auch visueller Hinsicht großartiges Fernsehen zu produzieren. Woran es lag, dass sie letztlich an ihren eigenen Ansprüchen scheiterten, lässt sich daher nicht so leicht beantworten.

Ein Mangel an Eigenständigkeit Letztlich lag es wohl vor allem wirklich daran, dass das Ziel, der seinerzeit populären Star Trek: The Next Generation Konkurrenz zu machen, zu hoch gegriffen war. Hätte SeaQuest von Anfang an versucht, seinen eigenen Stil zu 144 finden, anstatt das große Weltraumfranchise zu imitieren, hätte die Serie ein stärkeres, eigenständiges Profil haben können. Roy Scheider hatte sicherlich recht, als er kritisierte, dass sich die Episoden inhaltlich immer mehr von den gesellschaftskritischen Themen, welche die erste Staffel dominierten, verabschiedeten und sich zunehmend versponnenen Science-Fiction-Plots zuwandten. Andererseits konnten die Drehbuchautoren die Auseinandersetzung mit der Umweltschutzproblematik nicht ewig auswalzen, denn irgendwann wäre dies einfach auserzählt gewesen. In der Rückschau hätte man in der Serie vielleicht von Anfang an einen stärkeren Fokus auf die dunklen Aspekte der dargestellten Welt legen sollen, so wie es in Ansätzen in Staffel 3 ja auch versucht wurde. Anstatt eine, in bester Star Trek-Tradition, gereifte Menschheit zu zeigen, die sich bemüht, den Ozean als Lebensraum zu nutzen, hätte man eine fehlerhafte Zukunft skizzieren können, in der sich die Mannschaft der SeaQuest mehr oder weniger erfolgreich darum bemüht, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Ein solches Konzept wäre zweifellos auch realistischer gewesen. Das Science-Fiction-Genre ist immer dann am besten, wenn es unsere Gegenwart auf intelligente Weise kommentiert, und gerade bei einer Serie, die in einer eher nahegelegenen Zukunft spielt, wäre dies nur folgerichtig gewesen. So bleibt SeaQuest DSV als ein durchaus gelungener, aber eben nie wirklich innovativer Versuch in Erinnerung, eine Serie in einem für die Zuschauer ungewohnten Setting zu 145 etablieren und sich dadurch an den Erfolg des größten Sci-Fi-Franchise unserer Zeit anzuhängen. Trotz aller Fehler, die bei der Produktion gemacht wurden, ist Spielbergs Unterwasserdrama auch heute noch allemal einen Blick wert, und sei es nur als nostalgische Reise in eine fast schon vergessene Ära des Genrefernsehens.

Remakes berühmter Horrorklassiker: Gruselige neue Facetten oder aufgewärmte alte Schinken? – Teil 2 von Thorsten Walch

In der letzten Ausgabe des Phantastika Magazins stellten wir an dieser Stelle die beiden Horrorklassiker Bis das Blut gefriert (The Haunting) und Schloss des Schreckens (The Innocents) aus den Jahren 1963 und 1961 sowie die in beiden Fällen gleich mehreren Remakes vor, die basierend auf den ihnen zugrunde liegenden Romanvorlagen von Shirley Jackson und Henry James bis heute entstanden. Teil 1 schloss mit der Ankündigung, dass es in dieser Ausgabe mit zwei weiteren Vorstellungen von Klassikern des Horrorfilms und ihren Remakes weitergehen werde: Rosemary’s Baby (Rosemaries Baby) und Das Omen (The Omen) aus den Jahren 1968 und 1976.

146 Rosemary’s Baby (»Rosemaries …« im deutschen Titel) Da dieser Filmklassiker bereits in einer der letzten Ausgaben dieses Magazins unter seinem alten Namen ausführlich von Sabine Walch besprochen wurde, seien hier lediglich noch einmal ein paar der wichtigsten Eckdaten über ihn genannt: Rosemaries Baby, inszeniert vom polnisch-französischen Skandalregisseur Roman Polański basierend auf dem gleichnamigen Roman von Ira Levin, startete im Jahr 1968 mehr oder weniger die Welle der Okkult-Horrorfilme, die zu Klassikern avancierte Streifen wie Der Exorzist (1973) oder den an zweiter Stelle in diesem Artikel behandelten Das Omen nach sich zog. Der Film handelt von der jungen Rosemary (gespielt von der damaligen Jungschauspielerin Mia Farrow, zu dieser Zeit die Ehefrau von Musiklegende Frank Sinatra), die nach dem Einzug in ein unheimliches Hochhaus zusammen mit ihrem Ehemann Guy (John Cassavetes, der ansonsten vorwiegend als Regisseur aktiv war) in die Fänge einer fanatischen Satanssekte unter Anführerschaft des diabolischen Ehepaars Minnie (Ruth Gordon, Harold und Maud) und Roman Castevet (Sidney Blackmer, Die oberen Zehntausend) gerät. Der für ein Budget in Höhe von 3,2 Millionen US-Dollar produzierte Streifen spielte mehr als das Zehnfache seiner Kosten wieder ein und bestach neben seiner innovativen Machart auch durch vielerlei versteckte Seitenhiebe auf die damalige Situation von Frauen in den USA. Bis heute gilt Rosemary’s Baby unter vielen Horror-Fans als einer der größten Filmklassiker der unheimlichen Seite der Phantastik.

147 Ehe der Film ein Remake erhielt, versuchte man sich zunächst an einer Fortsetzung: 1976 kam, inszeniert von Sam O’Steen (der ansonsten vorwiegend als Cutter, nunmehr als Filmeditor bezeichnet, nach dem Original von Rosemary’s Baby unter anderem auch an Roman Polańskis nachfolgendem Film Chinatown von 1974 mitgearbeitet hatte) Look What’s Happened To Rosemary’s Baby heraus. Es handelte sich um eine TV-Produktion für den Sender ABC und war hier bei uns in Deutschland nicht zu sehen. Auch war es keine Verfilmung von Ira Levins 1997 erschienener eigener Romanfortsetzung Rosemarys Sohn (Son Of Rosemary), sondern Look What’s Happened To Rosemary’s Baby entstand nach einem Drehbuch von Anthony Wilson. Der Film erzählt davon, wie Rosemary mit ihrem mittlerweile achtjährigen Sohn Adrian aus den Fängen der Satanssekte zu fliehen versucht, wobei sie jedoch ums Leben kommt. Der kleine Adrian wird von einer freundlichen Sexarbeiterin aufgenommen, die Rosemary kurz vor ihrem Tod kennengelernt hat, und von ihr aufgezogen, kann jedoch auch als Erwachsener seinem Schicksal als Sohn des Leibhaftigen nicht entkommen: Die Castevets bleiben ihm stets auf den Fersen. Abgesehen von der damals bereits 80-jährigen Ruth Gordon, die erneut ihre mit einem Oscar ausgezeichnete Rolle der bösen Minnie Castevet spielte, war keiner der Darsteller aus dem Film in der TV-Fortsetzung mit von der Partie. Minnies Ehemann Roman spielte nun Altstar Ray Milland, der in dieser Zeit in Filmen wie Love Story (1970) oder dem Tierhorror-Trash Frogs (1972) zu sehen war, 148 während Rosemary, die nur zu Beginn des Films dabei ist, von der damals auch als Sängerin bekannten Schauspielerin Patty Duke (Das Tal der Puppen, 1967) dargestellt wird (sie hatte ursprünglich tatsächlich auch für die Rolle im Kinofilm vorgesprochen). Mia Farrow, die damals ein recht bekannter Filmstar geworden war, konnte man nicht für die TV-Produktion gewinnen, ebenso wenig wie John Cassavetes, der inzwischen Regiekarriere gemacht hatte. Seine Rolle des Guy übernahm George Maharis, neben der Fernsehserie The Most Deadly Game (1970 bis 1971) bekannt ebenfalls als relativ erfolgreicher Sänger. Sexarbeiterin Marjean, die Ziehmutter des kleinen Adrian, spielte die aus der Serie Gilligans Insel (1964 bis 1967) bekannte Tina Louise, während Stephen McHattie (New York antwortet nicht mehr, 1975) als der erwachsene Adrian mit dabei war. Dass Look What’s Happened To Rosemary’s Baby in Sachen Qualität nicht einmal ansatzweise in die Nähe des Originals kam, versteht sich ganz gewiss von selbst. Allerdings war das Pseudo-Sequel auch nicht so schlecht, wie es häufig gemacht wird. Natürlich gingen ihm die trickreichen Wendungen und die kontroverse Art des Polański-Films vollkommen ab, doch übrig blieb eine routiniert inszenierte Verfolgungsgeschichte auf dem Stand damaliger Fernsehfilme, die trotz fehlender größerer Pointen durchaus unterhaltsam war. Wie schon erwähnt schaffte es der Film weder ins deutsche Fernsehen noch auf die Kinoleinwand (… was in der damaligen Zeit mit so einigen US-Fernsehproduktionen geschah) und gilt unter 149 Fans des Originals bis heute als zwar zur Kenntnis genommenes, aber belächeltes Kuriosum. Es dauerte bis zum Jahr 2014, ehe es wirklich zu einer Neuverfilmung von Rosemary’s Baby kam: So wie schon die soeben besprochene Fortsetzung handelte es sich dabei um eine Fernsehproduktion, allerdings fand diese weit mehr Anklang als das gefloppte Sequel. Die aus zwei jeweils knapp 90-minütigen Folgen bestehende Miniserie wurde von den Produktionsgesellschaften City Entertainment, KippSter Entertainment und Lionsgate Television für die Ausstrahlung bei NBC produziert. Für die Regie holte man sich die aus Polen stammende Regisseurin Agnieszka Holland, die 1993 die an ein junges Publikum gerichtete Literaturverfilmung Der geheime Garten sowie das biographische Filmdrama Klang der Stille (2006) über den sein Gehör verlierenden Beethoven inszeniert hatte. Ihre TV-Version von Rosemary’s Baby (die diesmal auch für die deutschsprachige Verwertung die Originalschreibweise behielt) nahm gegenüber der Romanvorlage eine ganze Reihe von Änderungen vor: So wurde aus der verschüchterten und lebensunerfahrenen Titelfigur der ersten Verfilmung eine zwar vom Schicksal gebeutelte, aber nichtsdestotrotz energische und durchsetzungsfähige moderne junge Frau, die mit Zoe Saldana (bekannt als Lt. Uhura im 2009er-Star Trek-Reboot, als Neytiri aus James Camerons Avatar [ebenfalls 2009] sowie als Gamora in Guardians Of The Galaxy [2014] sowie mehreren anderen Filmen des Marvel Cinematic Universe in dieser Rolle) die passende Besetzung erhielt. Ihr Filmehemann Guy, kein 150 Schauspieler mehr wie bei Polański, sondern ein an einer Schreibblockade leidender Schriftsteller, wurde nun von Patrick J. Adams gespielt, den Fernsehfans als Mike Ross aus der Serie Suits (2011 bis 2019) kennen. Die Handlung wurde von New York (woher Rosemary und Guy im Remake lediglich stammen) nach Paris verlegt. Die größte Neuerung in Punkto Charaktere betrifft jedoch zweifellos das Ehepaar Castevet: Aus den beiden anfangs kauzigen, später teuflischen Alten werden zwei agile Fünfziger: Madame Castevet, nun nicht mehr Minnie, sondern Margaux, wird gespielt von der französischen Schauspielerin Carole Bouquet, die Filmfans unvergesslich als rachesuchende Melina Havelock im 1981er-James-Bond-Film In tödlicher Mission in Erinnerung blieb. Ihren auch hier Roman heißenden Ehemann hingegen spielt Jason Isaacs, für Star Trek-Fans sicherlich auf ewig Captain Gabriel Lorca in der ersten Staffel von Star Trek: Discovery (2017 bis 2018), zuvor jedoch unter anderem in Der Patriot (2000) sowie mehreren Teilen der Harry Potter-Filmreihe (2002 bis 2011) und der Serie Awake (2012) zu sehen. Das Vorgehen der Castevets, die Rosemary natürlich aus den gleichen Gründen bedrängen wie im Original, wurde nun erheblich subtiler dargestellt als 1968, und ein nicht unerheblicher Teil der Handlung konzentrierte sich auf den zunehmenden Verlust der Selbstständigkeit von Rosemary (… die sie im alten Film so besehen niemals besessen hatte). Weitere Neuerungen in der Handlung des TV-Remakes sind eine Kriminalgeschichte, in der der Polizist Fontaine (Olivier Rabourdin, Von Menschen und Göttern) im 151 Fall eines verschwundenen Millionärs namens Marcato ermittelt (was natürlich im Zusammenhang mit dem Haupt-Handlungsfaden des Zweiteilers steht), sowie einige gemessen am ansonsten eher ruhigen Stil des Films ziemlich heftige Gore-Szenen, auf die man gut und gerne hätte verzichten können. Obwohl insbesondere Hauptdarstellerin und Mit-Produzentin Zoe Saldana immer wieder in Interviews rund um die Fernsehversion betonte, es handele sich um eine Neuverfilmung von Ira Levins Roman und nicht etwa um ein Remake von Polańskis Film, blieben entsprechende Vergleiche nicht aus. Obwohl Rosemary’s Baby für sich selbst stehend solide Horror-Fernsehunterhaltung bot, kommt der Film trotz seiner unbestritten sehr guten Hauptdarstellerriege nicht an das mitunter surrealistische und vor allem in seiner Zeit immens innovative Original heran. Die zwei je 84-minütigen Episoden wurden übrigens hierzulande beim Streaming-Anbieter Amazon Prime veröffentlicht und ferner auf DVD und BluRay veröffentlicht.

Das Omen (The Omen) Nachdem sowohl Polańskis Rosemaries Baby als auch William Friedkins Der Exorzist mit mehreren Filmpreisen, darunter auch Oscars, ausgezeichnet worden waren, war das Horror-Genre eindeutig im A-Film-Segment angekommen. Aus diesem Grund war sich Mitte der 1970er-Jahre auch Hollywood-Altstar Gregory Peck, bekannt aus Leinwandklassikern wie Moby Dick (1956) oder Wer die Nachtigall stört (1962) nicht zu schade dafür, die Hauptrolle 152 in einem prominent besetzten Horrorfilm zu übernehmen. Dieser sollte nach dem schon angesprochenen Der Exorzist den Höhepunkt jener Okkult-Horrorfilmwelle markieren, die einst durch Polańskis leisen Schocker ins Rollen gekommen war: Das Omen, inszeniert von Richard Donner und 1976 erstveröffentlicht. Richard Donner hatte zuvor vielbeachtete, allerdings zumeist für das Fernsehen bestimmte Filme inszeniert wie Ein ganz besonderer Ort (1973) oder Sarah T., eine jugendliche Alkoholikerin (1975), in der witzigerweise Linda Blair, die jugendliche Hauptdarstellerin aus Der Exorzist sowie der spätere »Luke Skywalker« Mark Hamill die Hauptrollen spielten. Donner wurde später als Regisseur des ersten Superman-Kinofilms (1978) sowie der Actionfilmreihe Lethal Weapon (1987 bis 1998) berühmt. Im Gegensatz zu sowohl Rosemaries Baby als auch Der Exorzist basierte Das Omen nicht auf einer Romanvorlage. Das Drehbuch schrieb der Autor David Seltzer, der zuvor die Scripts für Filme wie den Science-Fiction-Streifen Die Hellstrom-Chronik (1971) verfasst hatte. Neben Gregory Peck (der erst besetzt wurde, nachdem unter anderem seine Kollegen Charlton Heston und William Holden [der dann jedoch in der Fortsetzung mitwirkte] abgelehnt hatten) als US-Botschafter Robert Thorn engagierte man Lee Remick, bekannt aus Filmklassikern wie Vierzig Wagen westwärts (1965), als dessen Frau Katherine sowie den aus der Literaturverfilmung Nora (1973) bekannten Briten David Warner als Reporter Jennings. Kleinere Rollen spielten der aus dem Beatles-Film Hi-Hi-Hilfe (1965) bekannte Leo 153 McKern als Okkultismus-Experte Bugenhagen sowie Patrick Troughton als fanatischer Pater Brennan – Troughton war zwischen 1966 und 1969 der zweite Darsteller des berühmten Doctor Who gewesen. Der eigentliche Star des Films jedoch war der während der Dreharbeiten erst vierjährige Harvey Spencer Stephens, der die Rolle des diabolischen kleinen Damien Thorn, seines Zeichens der leibhaftige Antichrist spielte. Stephens Auftritt in Das Omen blieb seine einzige größere Filmrolle. Und um genau ihn, den kleinen Damien, geht es in Das Omen auch. Katherine Thorn, die Ehefrau des US-Botschafters in Italien, bringt ihr Kind tot zur Welt. Der Krankenhauspriester Spiletto bietet Botschafter Thorn daraufhin an, ein ebenfalls soeben geborenes Kind aufzunehmen, dessen Mutter bei der Geburt verstarb, und Thorn willigt ein, während seine noch bewusstlose Frau von dem Tausch anfangs gar nichts mitbekommt. Wenig später wird Thorn als Botschafter nach Großbritannien versetzt. Hier wächst der kleine Damien zunächst wie ein ganz normales Kind auf, zeigt jedoch schon sehr früh Abneigungen gegen alles, was christlich ist. Nach und nach kommt es zu bizarren Vorkommnissen – Damiens Kindermädchen suizidiert sich auf dessen Geburtstagsfeier vor aller Augen grausam durch Erhängen und der Priester Brennan taucht auf und bedrängt Thorn, dass Damien der Antichrist persönlich sei. Thorn jedoch hält den Geistlichen für einen Spinner und jagt ihn davon. In Gestalt der unheimlichen Mrs. Baylock erhält Damien ein neues Kindermädchen, das einen furchterregenden streunenden Rottweiler ins Haus holt, der lediglich ihr und Damien 154 gehorcht. Nachdem Thorn sich nochmals auf Drängen Pater Brennans mit diesem getroffen und dieser Thorn offenbart hat, dass seine Frau erneut schwanger sei und Damien sowohl sie als auch ihn und das ungeborene Kind töten wird, wird der Priester von einem herabstürzenden Blitzableiter durchbohrt. Zuvor hat er Thorn noch geraten, sich an den Okkultismus-Experten Bugenhagen zu wenden, der im israelischen Megiddo lebt. Thorn macht die Bekanntschaft des Reporters Jennings, der mysteriöse Lichteffekte auf Fotografien des verstorbenen Kindermädchens, Brennans und auch sich selbst entdeckt hat. Nachdem Katherine Thorn sich wirklich als schwanger erwiesen hat und das Kind bei einem von Damien und Mrs. Baylock verursachten Unfall verliert, fliegt Thorn zusammen mit Jennings nach Rom. Hier erfahren sie von dem mittlerweile durch einen schweren Unfall entstellten, gelähmten und stummen Pater Spiletto die Adresse eines Friedhofes nahe Roms, auf dem Damiens wahre Mutter und die Leiche des Kindes der Thorns begraben liegen. Thorn und Jennings öffnen das Grab von Maria Scianna und finden neben dem Babyskelett die Überreste eines Schakals, so wie Brennan es Thorn bereits mitgeteilt hat. In England hat Mrs. Baylock mittlerweile Katherine Thorn ermordet, und Thorn macht sich erneut mit Jennings auf nach Israel zu Bugenhagen, der im Besitz heiliger Dolche ist, mit denen man den Antichristen töten können soll … Das Omen, der am in der Handlung bezeichnenden 6. Juni 1976 in die britischen und amerikanischen und am 25. September des gleichen Jahres in die deutschen Kinos kam, 155 hatte 2,8 Millionen US-Dollar gekostet und spielte stolze 60,9 Millionen wieder ein und konnte damit als Supererfolg gelten. Eine große Rolle spielte sicherlich auch der nervenzerfetzende Soundtrack des Komponisten-Veteranen Jerry Goldsmith, dessen bekanntester Titel das klerikal-unheimliche »Ave Satani« (von dem eine ganze Menge selbsternannter Pseudo-Experten behaupteten, es handele sich wirklich um einen schwarzmagischen Choral … was kompletter Blödsinn ist!) war. Der Film hatte offen geendet, obwohl man nicht zwangsläufig eine Fortsetzung plante. Diese jedoch kam zwei Jahre später, 1978 in Form von Damien: Omen II. Der mittlerweile 13-jährige Damien (Jonathan Scott-Taylor, später im Film Shadey [1985] sowie vorwiegend im britischen Fernsehen zu sehen) lebt seit dem Tod seiner (Adoptiv-)Eltern bei seinem Onkel Richard (nun kam der aus Filmklassikern wie Sabrina von 1954 bekannte William Holden zum Zuge) und seiner Tante Ann (Lee Grant, Shampoo, 1975), die ein Firmenimperium leiten. Damien kennt seine Bestimmung noch nicht vollständig, wird aber von seinem Ausbilder Buher (Robert Foxworth, Ein Computer wird gejagt, 1974) darauf hingewiesen. Letztendlich kann Damien seinem Schicksal nicht entfliehen, und in seinem Umfeld kommt es zu immer bizarrer und brutaler werdenden Todesfällen … Der 6,8 Millionen Dollar teure unter der Regie von Don Taylor (Flucht vom Planet der Affen, 1971) entstandene Film, dem mit 26,5 Millionen Dollar Box-Office ein gutes, aber nicht mit dem ersten Film vergleichbares Einspielergebnis entgegenstand, konnte auch sonst nicht an den 156 subtil-unheimlichen, seine Spannung langsam aufbauenden Originalfilm heranreichen, bot aber passable Horror-Unterhaltung. Teil 3 schließlich, der 1981 vom ansonsten vorwiegend als Drehbuchautor tätigen Graham Baker inszeniert in die Kinos kam, präsentierte in der Hauptrolle den jungen Sam Neill (später unter vielem anderem Jurassic Park, 1993) als erwachsenen Damien sowie den italienischen Star Rossano Brazzi (Caribia: Ein Filmrausch in Stereophonie, 1978) als dessen Gegenspieler Pater De Carlo. Im deutschen Titel erhielt der im Original Omen III: The Final Conflict betitelte Film durch die Voransetzung Barbara’s Baby: Omen III deutliche Anspielungen auf Polańskis Gruselklassiker von 1968 (… mit dem er nicht das geringste zu tun hatte). Summa summarum war der dritte Omen-Film ein paar Nummern kleiner als die beiden ersten Teile der Reihe, konnte aber durchaus mit einer ebenso unheimlichen wie letztlich ergreifenden Story punkten und gilt bei vielen Horrorfans als dem zweiten Film überlegen. Den Abschluss der Reihe schließlich bildete der 1991 für das Fernsehen produzierte Omen IV: Das Erwachen (Omen IV: The Awakening), den der hauptsächlich für das Fernsehen arbeitende Jorge Montesi zusammen mit Dominique Othenin-Girard (Halloween 5: Die Rache des Michael Myers, 1989) inszeniert hatte. Omen IV, der die bereits bekannte Geschichte im Grund genommen mit der kleinen Delia (Asia Vieria) und Faye Grant (V: Die außerirdischen Besucher kommen) und Michael Woods (Hautnah verfolgt, 1987) als Politiker-Ehepaar York neu erzählte, war ein ziemlich dröger 157 und wenig überraschender Fernsehfilm ohne größere Spannungsmomente, dafür jedoch voller reichlich abstruser Einfälle (weihnachtliche Sternsinger verwandeln sich in den Wahnvorstellungen von Detektiv Knight [Michael Lerner] in einen Zombie-Chorus, der »Ave Satani« darbietet …). Es nahm nicht wunder, dass nichts aus der ursprünglich nachfolgenden Fernsehserie wurde. Es dauerte bis 2006, ehe Das Omen ein erstes 25-Millionen-Dollar-Remake erhielt. Unter der Regie des Iren John Moore, der mit Der Flug des Phoenix (2004) schon einmal die routinierte Neuverfilmung eines Klassikers inszeniert hatte, spielten Liev Schreiber (Teil 1 bis 3 der Horrorfilmreihe Scream: Schrei!, 1996 bis 2000) und Julia Stiles (10 Dinge, die ich an Dir hasse, 1999) diesmal das Diplomatenehepaar Thorn, während David Thewlis (The Big Lebowski, 1998) den Reporter Jennings spielte und Pete Postlethwaite (Jurassic Park, 1993) den durchgedrehten Priester Brennan. Michael Gambon (Professor Dumbledore aus den Harry Potter-Filmen seit … und der Gefangene von Askaban, 2004) schließlich war Exorzist Bugenhagen. Als besonderes Schmankerl übernahm die damals 61-jährige Mia Farrow als Fleisch gewordene Reminiszenz die Rolle des unter Damiens Einfluss stehenden Kindermädchens Mrs. Baylock. Damien selbst wurde vom seinerzeit 7-jährigen Newcomer Seamus Davey-Fitzpatrick (2011 in der Fernsehserie Light Out sowie 2014 im Kinofilm Liebe to Go: Die längste Woche meines Lebens zu sehen) dargestellt. Bis auf die Versetzung in die aktuelle Zeit der Entstehung weicht das Remake in punkto Handlung kaum vom Original 158 ab, es wurden gar einige der Dialoge aus diesem übernommen und die neuen Darsteller können es schwerlich mit den damaligen aufnehmen (einzige Ausnahme ist der Darsteller des kleinen Damien, der noch bedrohlicher als seine damalige Verkörperung wirkt). Dennoch entwickelt das Remake eine ungemein gruselige Atmosphäre, die gerade durch die Nostalgie und die Tatsache, dass man die ursprüngliche Fassung nicht verleugnen will, einen ganz besonderen eigenen Reiz gewinnt und auch dann lohnend anzuschauen ist, wenn man das 1976er-Omen bereits mehrfach gesehen hat. Für einen besonderen Schockmoment sorgt der verbrannte und entstellte Pater Spiletto (Giovanni Lombardo Radice, Asphaltkannibalen, 1980), der deutlich schrecklicher aussieht als sein nur angedeuteter Vorgänger im Original. Ob dieses Remake angesichts der starken Vorlage wirklich nötig war, sei dahingestellt. Geschadet hat es jedenfalls nicht. Remake Nr. 2 folgte zehn Jahre später im Jahr 2016 erneut für das Fernsehen, allerdings von nur wenig Erfolg gekrönt. Die TV-Serie Damien, produziert von 44 Strong Productions, Fineman Entertainment und Fox 21 Television Studios für die Ausstrahlung beim US-Privatsender A&E zeigte so wie bereits Omen III den mittlerweile erwachsenen Damien Thorn, gespielt von Bradley James (bekannt als junger König Arthur in der Fernsehserie Merlin: Die neuen Abenteuer zwischen 2008 und 2012), der als Kriegsberichterstatter arbeitet, seine dunkle Seite jedoch nicht verleugnen kann und immer wieder von ihr eingeholt 159 wird. In den Nebenrollen waren unter anderem Megalyn Echikunwoke (CSI: Miami, 2008 bis 2009) als Simone Baptiste sowie Scott Wilson (The Walking Dead, 2011 bis 2014) als John Lyons und Melanie Scrofano (bekannt als Wynonna Earp, 2016 bis 2020) als Veronica Selvaggio zu sehen. Die ansonsten ziemlich unausgegorene Mischung, die die Gruselelemente der Vorlage (in Rückblenden in Damiens Kindheit waren mehrmals Szenen aus dem Originalfilm zu sehen) mit Drama-Einschüben zu kombinieren versuchte, was nur bedingt gelang, wurde nach den 10 Folgen der ersten Staffel aufgrund schwacher Quoten eingestellt. Sicherlich wäre das Potenzial für mehr dagewesen, doch dazu wird es leider nun nicht mehr kommen. Dass dies jedoch den endgültigen Abschied vom Omen-Franchise bedeutet, darf indes bezweifelt werden. Womit wir beim Ende dieser kleinen Artikelreihe angelangt wären. Das Fazit ist schnell gezogen: Nichts geht über das Original, aber zumindest eine Chance haben auch die allermeisten Remakes der ikonischsten Horrorklassiker verdient. Die muntere Quizrunde: Zehn Fragen rund um Science-Fiction und das Weltall von R.J. DeWinter

Fragen:

160 1. Frage: Im Januar 1978 regnete es in Nordkanada radioaktives Material. Woher stammte es?

2. Frage: Welche bekannte Firma beschäftigte eine gewisse Tiffany Montague, deren offizieller Jobtitel »Intergalactic Federation King Almighty and Commander Of The Universe« lautete?

3. Frage: Wo findet man die Vulkane Albor Tholus, Hecates Tholus, Olympus Mons und Elysium Mons?

4. Frage: Welcher Star Wars-Filmcharakter erhielt seinen Namen, weil Soundeditor Walter Murch nach einer speziellen Filmrolle fragte?

5. Frage: Welches Computersystem wurde am 29. August 1997 seiner selbst bewusst?

6. Frage: Das Einzige, was Picard aus seinem 40jährigen Leben auf Kataan behält, ist die Ressikanische Flöte. Warum ressikanisch? Wer oder was ist Ressik?

7. Frage: Welches Produkt »erfand« die Vulkanierin T’Mir, die im Jahr 1957 auf der Erde lebte?

8. Frage: Welche Spezies stirbt in der Star Trek: Enterprise-Folge Dämmerung beinahe aus?

161 9. Frage: Von was gibt es die Arten »total«, »ringförmig«, »hybrid« und »partiell«?

10. Frage: Der junge Carl Sagan war Teil des US-Luftwaffe-Projekts A119, das eine Atombombe zünden wollte … und zwar wo genau?

Antworten:

1. Vom sowjetischen Satelliten Kosmos 954, genauer: von dessen fehlerhaft arbeitendem Stromgenerator. Trotz einer fieberhaften Säuberungsaktion namens Operation Morning Light konnte man nur 0,1 % des Materials bergen. Der Rest liegt heute noch dort.

2. Google (bzw. Alphabet). Google beschäftigt auch eine gewisse Chade Meng-Tan, deren Job »Jolly Good Fellow« lautet. Es gibt auch Tanzprogramm-Manager und andere verrückte Jobs.

3. Auf dem Mars.

4. R2-D2. Das war bei American Graffiti, George Lucas’ erstem echten Filmerfolg, der ihm finanziell die Möglichkeit gab, Star Wars zu produzieren. Bei American Graffiti bat Walter Murch mal um »R 2, D 2« (also Reel 2, Dialogue 2), damit er das schneiden konnte. George Lucas gefiel es und benannte später R2-D2 danach.

162 5. Skynet in den Terminator-Filmen. Am 4. August 1997 wurde es aktiviert, und am 29. August 1997 um 02:14 Uhr EST wurde es seiner selbst bewusst. Und dann nahm das Schicksal seinen Lauf …

6. Ressik war die Gemeinde auf dem Planeten Kataan, in welcher Picard wohnte. Und dort, in Ressik, hat er auch das Flötenspiel gelernt. Diese Flötenmelodie ist unsterblich geworden.

7. Klettverschluss. T’Mir war die Urgroßmutter von T’Pol. Sie hat den Start von Sputnik beobachtet und stürzte danach mit drei anderen Vulkaniern mit ihrem Raumschiff ab. Drei Monate lang mussten sie sich unerkannt auf der Erde bewegen, bis sie von einem vulkanischen Schiff abgeholt wurden. Um Geld zu bekommen, »erfand« sie den Klettverschluss und verkaufte das Patent.

8. Die Menschen. In Dämmerung schaffen es die Xindi, den Planeten Erde hochzujagen. Die paar tausend Menschen, die in der Galaxis verstreut waren, sind die letzten Überlebenden der Spezies Mensch.

9. Sonnenfinsternisse.

10. Auf dem Mond. Unabhängig voneinander hatten die USA und die Sowjetunion beide einen solchen Plan verfolgt.

163 Werbung

164 Phantastisches Lesen

Eine Rubrik von Alexandra Trinley

Ein Chaoporter strandet von Alexandra Trinley

Perry Rhodan ist, was die Dokumente angeht, eine reale Person: Er hat eine Geburtsurkunde, die ihm bescheinigt, dass er um 11.05 Uhr am 8. Juni 1936 in Manchester, Conneticut, USA zur Welt kam. Der Münchner Fan Dieter Wengenmayer schrieb 1994 in dieser Sache einen Brief an den Bürgermeister von Manchester, der humorvoll genug war, dem berühmten Sohn seiner Stadt das Dokument zu schicken. Betrachten kann man es auf der Website des Ernst Ellert-Stammtisches, der auch immer den GarchingCon organisiert. Der Con wurde gerade auf 2023 verschoben. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.)

165 Die Serie selbst erblickte am 8. September 1961 das Licht der Welt, nähert sich also aktuell mit Riesenschritten ihrem 60. Geburtstag. Informationen zu Aktionen rund um das Jubiläum gibt es auf der Verlagsseite. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.) Bei den Silberbänden steht für September Band 155 Der Kartanin-Konflikt an, der Chronofossilien-Zyklus nähert sich seinem Ende. Die Kartanin sind Humanoide mit Fell, Krallen und Katzengesichtern, es geht um Dao-Lin-H’ay. Perry Rhodan NEO bewegt sich in der ersten Zehnerstaffel seit dem Jubiläumsband 250. Die aktuelle Miniserie Wega hat ihre Halbzeit überschritten.

Der Chaotarchen-Zyklus Mit Band 3100 hat ein neuer Zyklus begonnen, der Chaotarchen-Zyklus. Die beiden Exposéautoren von Perry Rhodan, Christian Montillon und Wim Vandemaan, haben den Jubiläumsband gemeinsam verfasst und damit das Fundament für einen neuen Handlungsabschnitt gelegt. Wem der Mythos-Zyklus mit seinen weit verstreuten Panoramen und der sprunghaften Handlung noch in Erinnerung ist: Der neue ist ganz, ganz anders. Wir schreiben das Jahr 2071 NGZ. Das Perryversum hat im Vierteljahrhundert seit dem Abzug der Cairaner eine Neuordnung durchlaufen. Ohne Regelung durch Höhere Mächte ist eine harmonische Ordnung der Milchstraßenvölker entstanden, die unversehens gegen das anrückende Chaos des negativen Teils der Höheren Mächte

166 steht, als der Chaoporter FENERIK in der Nähe der Zwerggalaxie Cassiopeia strandet. Der Jubiläumsband entfaltete ein umfangreiches Panorama der neu geordneten Milchstraße samt Nachbargalaxie Andromeda, der Pilotband ist wegen einer Überfülle an Aspekten jedoch eher für Insider geeignet, oder für Leser, die das Zusatzmaterial in der Heftbeilage auswendig lernen wollen. Daraus hat sich jedoch eine klare, schnelle Handlung entwickelt, die übersichtlich ist und sich zum aktuellen Zeitpunkt – PR 3124 – auch noch nicht verzettelt hat.

Die neue Milchstraße In guter Serientradition führt uns ein Auszug aus Hoschpians unautorisierter Chronik des dritten Jahrtausends NGZ in die Veränderungen ein, die psychologisch nachvollziehbar begründet werden mit der Sehnsucht aller Milchstraßenvölker nach einer eigenen Ordnung, die eben nicht aufoktroyiert und atopisch oder cairanisch ist. 167 In nur 25 Jahren hat sich viel getan. Im Jahre 2071 NGZ bilden die Liga Freier Galaktiker, die Akonische Räterepublik und das Tamanium der Tefroder die Lemurische Allianz. Die Lemurer, das waren die Vorfahren der humanoiden Milchstraßenvölker, die etwa 50.000 vor Christus, also 56.000 Jahre vor dem Handlungszeitraum, von den bestienhaften Vorfahren der Haluter aufgerieben wurden. Viele Überlebende flohen bis zur Nachbargalaxie Andromeda und andere bildeten in der Milchstraße die Keimzellen der humanoiden Milchstraßenvölker, etwa der Arkoniden, Akonen, Aras und Galaktischen Händler. Topsider, Cheborparner und Haluter stehen der Liga nahe. Assoziiertes Mitglied der Lemurischen Allianz ist die neu gegründete Kristallrepublik der Arkoniden. Sie erwarten einen rekonstruierten dritten Arkonplaneten, was die Schäden in ihrem zentralen Sonnensystem nach Abzug des cairanischen Sternenrads endgültig beheben würde. Posbis und Zain-Konstrukte haben sich zur Union positronisch-biologischer Kulturen zusammengeschlossen. Ein weiteres wichtiges Bündnis sind die Freien Welten des Konzerts der Liga und die Herrlichkeit von Gatas, zu der sich die chronisch zerstrittenen Jülziish-Völker in der Eastside der Galaxis zusammengeschlossen haben. Und die Handelsvölker – die Mehandor, die Barniter, die Neuen Freihändler – fanden zum Gemeinsamen Nenner von Olymp. Wie viele Welten diese politischen Gebilde umfassen, welche Regierungssysteme sie haben und so weiter, das

168 kann man ausführlich in der Heftbeilage zu PR 3100 nachlesen. Um diesen wichtigen Faktor noch einmal zu betonen: Die friedliche Neuordnung der Milchstraße und ihrer Umgebung kam ohne äußeren Druck, aber auch ohne den ordnenden Einfluss einer Superintelligenz zustande, da der frühere Mentor der Menschheit, ES, nach wie vor keinen Zugang mehr zu diesem Bereich des Weltraums hat. Schauplatz des Geschehens ist vor allem Cassiopeia, eine zur Andromeda-Untergruppe gehörende Zwerggalaxie in der Lokalen Gruppe. Das kleine Trojanische Imperium, das sich dort entwickelt hat, ähnelt in manchem dem Zweiten Solaren Imperium, das sich im Genesis-Zyklus (ab PR 2912) in Sevcooris fand, es ist vergangenheitsbewusst und glaubt an den Mythos Perry Rhodan, ist aber Mitglied einer freundlichen kleinen Völkerfamilie, verkörpert also den weltoffenen Aspekt des Solaren Imperiums.

Kosmologie des Chaos Wer mit der Serie vertraut ist, weiß um die Auseinandersetzung zwischen Chaos- und Ordnungsmächten, zwischen denen die Terraner ihren Weg finden müssen (und die Cairaner waren ja nur deshalb so verhängnisvoll und gleichgültig böse, weil sie in ein kleines Paralleluniversum, das Dyoversum, in dem es keine Höheren Mächte gibt, wechseln wollten). ES ist eine der »guten Superintelligenzen«, also ein körperloses Bewusstseinskollektiv, das sich im Laufe der Zeit zu einer Materiequelle entwickeln wird und dann zu einem 169 Kosmokraten, der jenseits der Materiequellen lebt und auf für Individuen wenig nachvollziehbare Art und Weise die Entwicklungen steuert. Das sind die Ordnungsmächte. Die Gegenspieler sind die Chaosmächte. Negative Superintelligenzen wie ANTI-ES, BARDIOC, QIN SHI oder KOSH sind räuberisch, stärken sich durch nicht freiwillig gegebene Lebenskraft, gewähren ihren Bestandteilen keine Freiheit. Sie entwickeln sich zu Materiesenken, einem nicht definierbaren Nichts ohne Oben, Unten und Materie im eigentlichen Sinn: Es gibt dort kein Licht, keine Dunkelheit, Temperatur und Druckverhältnisse sind unbestimmbar. Aus ihnen entwickeln sich die Gegenspieler der Kosmokraten, die Chaotarchen. Die Chaosmächte haben eine andere Vorstellung von einem guten Leben als die »Kosmokratenknechte«, wie sie die innerhalb von Ordnung lebenden Völker und Individuen verächtlich nennen. Naturgesetze gehören nicht dazu, aber eben auch keine Individualität in unserem Sinne, auch wenn sein Personal deutlich umtriebiger ist als die »Guten«. Das Chaos ist organisiert, mit stark ausgeprägten hierarchischen Strukturen und strengen Strafen für Abweichler und Versager. Es baut eine Willkürherrschaft auf, die es mindestens im ersten Fünftel des Zyklus zu bekämpfen gilt.

170 Neues Personal Der neue Zyklus hat mehr Temperament als Mythos, weil die Neuankömmlinge vom Chaoporter FENERIK weniger Introspektive betreiben als vielmehr ausrücken, um die widerlichen, einer perversen Ordnung verhafteten Kosmokratendiener zu bekämpfen und ihre drei entlaufenen Deserteure zurückzuholen. Es sind interessante Protagonisten, die mit den drei Flüchtlingen eingeführt werden: Der Laichkange Hookadar hat vier Arme, die an Schultern und Brust sitzen, seine beiden Beine enden in einer Mischung aus Fuß und Huf mit ledrigen Sohlen. Zwei faustgroße Facettenaugen sitzen an der Spitze des sichelförmigen Kopfes, darunter befindet sich eine runde Membran, mit der durch Vibration Laute gebildet werden können, so dass sie als Sprechorgan dient. Die Koji Apehei und Hori ähneln menschlichen Engeln mit goldfarbener Haut, bläulichen Lederflügeln, die sie über Körper und Kopf ausbreiten können, und dunkelblauen

171 Federn auf dem Kopf. Sie sind etwa eineinhalb Meter groß und sehr zierlich. Die drei betreten den Lebensraum der Milchstraßenvölker durch eine Kluft im Leerraum, die ihr von FENERIK entwendetes Transportgerät erzeugt und in der sich ein Passagierschiff der aus Andromeda stammenden Komeuk verfangen hat,. Dies geschieht nahe des Tannhäusersystems, wohin die Mutantin Anzu Gotjian gerade unterwegs ist. Sie stammt aus dem Dyoversum und wird von Gucky ausgebildet, der neuerdings ein Mutantenkorps leitet. Anzu bemerkt die Kluft in einer Vision, die in ihren Größenverhältnissen den Naturgesetzen widerspricht, und die drei Deserteure kommen an Bord. Gejagt werden sie ab PR 3113 on der Meute Jochzor. Diese sind Munuam, vage humanoid und etwa so groß wie Terraner, weshalb sie sich im Schutz ihrer Mento-Monturen leicht als Terraner tarnen können. An ihrem Kopf, der von silbrigen Kopfschuppen bedeckt ist, sitzen zwei große, seitlich liegende Linsenaugen, die ihnen eine gute Rundumsicht ermöglichen. Neben zwei starken Armen besitzen sie neun Schulterfäden, mit denen sie sich an der Decke entlanghangeln. Statt Beinen haben sie Laufbündel aus neun muskulösen Laufsträngen, mit denen sie laufen könnten. Allerdings verspüren die Munuam extremen Ekel, sobald die Lauftentakel den Boden berühren, und schämen sich dieser unschicklichen Handlung, was für die Meute Jochzor eine stete Quelle der Selbstüberwindung darstellt.

172 Ihre dicke blauviolette Haut ist komplett haarlos, und sie wechseln mehrmals im Leben ihr Geschlecht. Sie sind ein Kriegervolk, das die Jagd zum Lebenszweck erhoben hat. Ihre Raumschiffe sind Trikuben aus drei unterschiedlich großen Würfeln, die scheinbar willkürlich ineinander geschachtelt werden. Auf den Kanten der Würfel sitzen Kuppeln mit Waffen und der Antriebstechnik. Die Oberfläche ist mit einem schwarz schimmernden, autoregenerativen Schutzfilm überzogen, über den ölige Schlieren fließen. Ein weiteres Hilfsvolk von FENERIK sind die Gharsen. Ihre kupferfarbenen Ornamentraumer wirken, als seien Splitter von Granit in die Hüllen eingearbeitet. Gharsen sind nahezu drei Meter groß, haben bis zu zwei Meter lange Beine, Arme mit langen schmalen Händen und jeweils sechs Fingern, dazu einen ovalen Kopf, dessen obere Spitze nach hinten ausgerichtet ist. Ihr silbrig blaues Fell beginnt bei starker Erregung zu flimmern. Zwei große blaue Augen und ein trichterförmiger, dicklippiger Mund machen die Gharsen nicht sympathischer: Sie sind einerseits hochsensibel gegenüber psionisch begabten Wesen und etwaigen Partnern ihrer komplizierten Mehrfachbeziehungen, und sie würden niemals willentlich töten. Andererseits sind sie aber begeisterte Sammler von Lebewesen, die, mit Drogen ruhig gestellt, in durchsichtigen Hüllen ohne Bewegungsmöglichkeit ihren Galerien einverleibt werden, um dort bis zu ihrem natürlichen Tod der Unterhaltung und dem sozialen Erfolg ihrer Besitzer zu dienen. 173 Weiteres Personal ist den Stammlesern der Serie vertraut: Die Maahks, Paddler und weitere Völker aus Andromeda tauchen wieder auf, denn im neuen Zyklus wird auf den legendären Meister der Insel-Zyklus (PR 200 bis 299) zurückgegriffen. Die an eine Gravitation um 3 g und Temperaturen von 70 bis 100 °C gewöhnten Maahks sind Bewohner der Wasserstoff-Methan-Ammoniak-Welten Andromedas. Sie denken strikt logisch und richten sich nach ihren Neunvätern. Die Paddler sind ebenso breit wie groß, nämlich etwa 1,50 Meter. Sie haben schwarze Haut, rote Bärte und beherrschen das Strukturlaufen: Sie können durch Wände und andere feste Materie gehen und dabei ihre Werkzeuge mitnehmen. Die begnadeten Ingenieure besitzen mobile Reparaturwerften. Zurückgegriffen wird im neuen Zyklus auch auf frühere Konflikte mit den Chaosmächten wie der Terminalen Kolonne TRAITOR (ab PR 2300). Hierzu wird es sicher noch viele Enthüllungen geben. Und auf den Schwarm-Zyklus (PR 500 – 599). Und auf den Krieg gegen die Bestien von M 87 …

174 Ein Fünftel Zyklus Gleich nach dem Aufbruch der RAS TSCHUBAI in Richtung Cassiopeia treffen unsere Helden auf die Bhanlamurer und eine erste Bastion des Chaos – hierzu gibt das Gespräch mit dem Autor des Doppelromans, Robert Corvus, in dieser Ausgabe der Phantastika Aufschluss. Ein echter Einstiegsroman ist Christian Montillons Angriff des Lichtfressers (PR 3103). Handlungsort ist die BJO BREISKOLL, eines der 500 Meter durchmessenden Großraumbeiboote, die in Buchten an der Außenhülle der RAS TSCHUBAI verankert sind. Das Zyu, ein Agent des Chaoporters, beginnt einen Angriff, den es subjektiv wohl eher als den Besuch eines Buffets empfindet: Es dringt in den Kugelraumer ein und verteilt sich im Schiff. Es beobachtet, sammelt Informationen, deckt Schwachstellen auf, um schließlich die Biopositronik zu übernehmen, und leitet Substanzen in die Atmosphäre, die halluzinieren lassen.

175 Dabei ernährt es sich von Licht, und weil die Besatzungsmitglieder Bioelektrizität aufweisen, bedient es sich. Leider sterben die Leute dabei. Anzu Gotjian, die junge Mutantin aus Guckys neuem Parakorps, kann sich mit mehreren Leuten verschanzen. Im Zuge der Auseinandersetzung verändert sich ihre immer noch unbestimmte Paragabe. Der Roman erinnert ein wenig an Alien und weitere Fremdbegegnungen. Er ist spannend geschrieben und übersichtlich, also auch für »Neuleser« verdaulich.

Susan Schwartz verfasste Der herrliche Diktator (PR 3104). Auf der Spur des fliehenden Zyu gelangt die BJO BREISKOLL, jetzt mit Perry Rhodan und Gucky an Bord, auf den 190 Lichtjahre entfernten Trabanten Fajem, der einen riesigen Gasplaneten in einem Dreisonnensystem umkreist. Die Fajemiden ähneln freundlichen Fledermäusen. Sie haben noch keine überlichtschnelle Raumfahrt, senden jedoch

176 Funksprüche mit Einladungen für Besucher aus. Sie handeln mit Hyperkristallen, deren Wert sie nicht kennen, und ihre Handelspartner möchten wirklich nicht, dass sie die Preise auf dem galaktischen Markt kennenlernen, was den Fajemiden wenig ausmacht, da sie es nicht besser wissen. Das quirlige Handelsvölkchen ist eine wirklich gelungene Zivilisation der Autorin, die manchmal ins Niedliche abrutscht, hier jedoch überzeugend die Grausamkeit einer sich anbahnenden Diktatur zeigt. Denn die Werbefunksprüche der Fajemiden haben auch einen mit Ornamenten versehenen, 1600 Meter durchmessenden Kugelraumer der Gharsen angelockt, die KUPFER & GRANIT, und die Gharsen geben einen Vorgeschmack davon, mit welcher Art Pomp und Glorie das Chaos zu regieren gedenkt. Kurz nach den Gharsen landet ein terranischer Kugelraumer, der ein Überbleibsel aus der Auseinandersetzung mit den Meistern der Insel ankündigt …

177 Mehr über die neuen Herrscher erfahren wir in Michelle Sterns Galerie der Gharsen (PR 3105). Khsanap, der Jäger, hat zusammen mit zwei weiteren Gharsen das Schiff verlassen und sucht Parabegabte – als Trophäen. Sie sollen ihm die Gunst der stellvertretenden Kommandantin Mhednu verschaffen, was seiner Karriere gut täte. Die Mutanten Donn Yaradua, Shema Ghessow und Damar Feyerlant müssen aktiv werden. Den Metabolisten Yaradua, den Lebensgefährten von Rhodans Enkelin Farye, kennen wir bereits. Ghessow ist Deponentin: Sie kann sich in einer Art Nische im Hyperraum deponieren und dabei auch kleine Ortswechsel durchführen. Feyerlant ist Konnektor: Er kann positronisch-biologische Maschinen manipulieren, und er ist es, der in die Galerie der Gharsen verschleppt wird. Unsere Helden müssen jedoch nicht nur ihn befreien, sondern auch Besatzungsmitglieder des fremden terranischen Schiffs. Wie so oft baut Michelle Stern vor allem die Beziehungsebene aus, was die fremde Kultur der Gharsen zugänglich macht und die neuen Mutanten einführt, ohne das Tempo der Handlung zu verlangsamen.

178 Das Trojanische Imperium (PR 3106) steht im Mittelpunkt einer historisch-mythischen Erzählung …. historisch, weil ein Historiomime damit betraut wird, Rhodan und seinen Getreuen den Werdegang des Trojanischen Imperiums zu vermitteln, und mythisch, weil Uwe Anton hier den im eigentlichen Mythos-Zyklus arg vernachlässigten kreativen Umgang mit der Historie zu einer späten Blüte führt. Der Anknüpfungspunkt liegt im Meister der Insel-Zyklus, genauer in PR 233. Ein würfelförmiger Asteroid von 40 Kilometern Kantenlänge wird als Brückenkopf ausgebaut, mit Triebwerken und allem drum und dran versehen … und bleibt beim Abzug des Solaren Imperiums in Andro-Beta, einer Andromeda vorgelagerten Kleingalaxie, zurück. In PR 3106 erfahren wir, wie es mit den Vergessenen weiterging. Durch die Aufnahme von Tefrodern, die vor den Vergeltungsschlägen der Maahks fliehen, kommen Frauen an Bord, es entwickelt sich eine kleine Zivilisation und schließlich das stark an Disziplin und traditionellen Werten des Imperiums orientierte Trojanische Imperium.

179 Der Roman spielt mit der Überlieferung, weil er einerseits fast vergessene Einzelheiten herauskramt und diese andererseits über die Erzählhandlung in einen neuen Kontext setzt. Kenner des MdI-Zyklus werde die alten Hefte hervorkramen, andere mit der vermittelten Information zufrieden sein und einfach das Erzählen genießen.

Oliver Fröhlich macht uns in Vor Trojas Toren (PR 3107) mit den perfiden Machtmitteln der selbst ernannten neuen Herrscher vertraut. Doch zunächst einmal muss der mit der BJO BREISKOLL eintreffende Perry Rhodan das Vertrauen der trojanischen Madshorin Luna Silvervägen erringen, was ihm nach einem Abgleich historischer Kenntnisse und kritischer Fragen zum Verbleib Guckys (der als Gedankenspitzel missverstanden werden könnte) auch gelingt. Dann trifft die KUPFER & GRANIT im Fracersystem ein. Der herrliche Diktator Khosen beansprucht die kleine Ansammlung ausgehöhlter Asteroiden mit ihrer Handvoll befreundeter Völker als seinen Besitz, aber ohne Prunk und Standarten. Der Diktator kündigt an, als Zeichen seines

180 guten Willens die letzten bei ihm verbliebenen Besatzungsmitglieder der trojanischen ROMEO CHO aus seiner Galerie freizugeben. Allerdings sind sie immer noch vom Dhosdru umschlossen, als sie das Schiff verlassen, jener durchsichtigen Haut, die jede von den Gharsen nicht gewollte Bewegung unmöglich macht, ihre Insassen mit Nahrung versorgt und mit Drogen ruhigstellt. Sie bewegen sich also als fremdgesteuerte Marionetten, bis Khosen sie freigibt. Und seine leicht dahergesagte Bemerkung, bei Widerstand könne leicht jeder zehnte, dritte oder zweite Trojaner in seiner Galerie landen, drückt den ganzen Zynismus der gharsischen Art zu herrschen aus. Fröhlich arbeitet wie so oft mit Perspektiven und Registern, hat seinen Kapiteln passende Zitate von Gefangenen vorangestellt und setzt die Idee vom Trojanischen Pferd in der Spionagegeschichte, als die sich der Roman letztlich entpuppt, spannend und vielschichtig um.

181 Leo Lukas beginnt den Kampf der Psi-Giganten (PR 3108) in gewohnter Manier mit einer geruhsam erzählten Entwicklungsgeschichte, die uns den Hintergrund der beiden neu eingeführten Mutanten Damar Feyerlant und Shema Ghessow vermittelt. Wie so oft bei Lukas handelt es sich um das Entdecken der eigenen Fähigkeiten und das Entwickeln einer eigenen Identität. Auch feuilletonistische Einsprengsel dürfen nicht fehlen, wie eine Diskussion der problematischen Bezeichnung »Mutant« für »Parabegabte«. Nach den materialreichen Vorgängerromanen ist das langsame Tempo der ersten Romanhälfte ungewohnt, man muss sich auf leise Töne und Erwägungen umstellen. Dann aber gibt Khosens Galerie – die innere diesmal –, die »Hermetische Galerie« ein Wesen frei, dessen Alter und Herkunft Khosen unbekannt ist, das jedoch als psibegabte Geheimwaffe gilt. Leser des Schwarm-Zyklus kennen den drei Meter großen Insektoiden allerdings durchaus: Es handelt sich um einen Karduuhl, einen der sogenannten Schwarmgötzen, die vor einer Million Jahren die Herrschaft über das Gebilde aus unzähligen Sonnen und Planeten ergriffen. Ein Karduuhl ist fast unbesiegbar, und Khosen hat ihm bei Wohlverhalten die Freiheit vom Dhosdru versprochen. Doch der Karduuhl kann in den Gedanken seiner Gegner Erinnerungen an den Schwarm lesen, an Cynos, an seine Artgenossen, und er trifft seine Entscheidung. So endet die zweite, actionreiche Romanhälfte in einem gloriosen Finale.

182 Siebenschläfer (PR 3109) ist in jenem Alltagshumor geschrieben, der Arndt Ellmer auszeichnet. Auch hier spielen Jugendliche die Hauptrolle. Zu Beginn sind Idris Ovid und Altersgenossen in einem Park auf dem Mars mit dem Erschaffen abgefahrener Holoprojektionen beschäftigt. Dann taucht der Tropfen auf, der in PR 3100 auf dem Mars bemerkt wurde, und diesmal entsteigt ihm ein menschlich wirkender Fremder namens Alschoran. Die beiden machen eine lange Tour durch Pounder City, während der viel erfragt und besprochen wird, so auch Reginald Bulls chaotarchisch geprägter Zellaktivator. Schließlich finden Homer G. Adams und Reginald Bull die beiden. Alschoran, der auf den Jungen wie ein Vaterersatz wirkt, gibt sich als Kastellan der seit langem abwesenden Superintelligenz ES zu erkennen.

Kai Hirdt schildert Gators letzte Chance (PR 3110). Der gleichnamige TLD-Agent ist seit einem traumatisierenden

183 Vorfall im Innendienst eingesetzt, und zwar auf dem Uranus-Mond Umbriel, wo die drei Überläufer des Chaoporters FENERIK verwahrt und befragt werden. Der Leiter des TLD schickt seine Stellvertreterin Aurelia Bina zur Routinekontrolle dorthin. Nun ist Aurelia Bina, die übrigens auch schon im Vorroman auftrat, eine Posmi, eine sich als weiblich empfindende Roboterfrau, die es schon länger in der Serie gibt und die im neuen Zyklus einen neuen Nachnamen und einen neuen Job hat. Zwischen Aurelia, Gator, dessen Kontra-Computer DIAVOLOS, den an den Flüchtlingen interessierten Agenten anderer Milchstraßenvölker und weiteren exzentrischen Typen entwickelt sich ein komplexes Versteckspiel, wobei Hirdt seine Leser stets über Gedanken und Erwägungen seiner Protagonisten auf dem Laufenden hält. Die Charaktere sind interessant, das Versteckspiel der Geheimdienstparteien komplex und die Geschichte alles in allem sehr unterhaltsam.

184 Die Glasregenwelt (PR 3111) von Hubert Haensel trägt einen einmalig poetischen Titel, bleibt im Verlauf allerdings in Informationsblöcken und einer allzu einseitigen Erzählperspektive stecken. Durch die subjektive Darstellungsweise kommt es zu dozierenden Monologen über das Leben der Glasfischer auf Tarhuwant, einem Gasriesen im Messiersystem. Ihre Konkurrenz um die hyperkristallhaltigen Glassplitter könnte spannend dargestellt worden sein, verbindet den Glasregenfischer Stashiu Bondarenko doch eine ebenso innige wie langjährige Hassliebe mit seiner ewigen Konkurrentin Bonella Krueger. Doch leider erleben wir die weibliche Hauptperson stets nur durch Stashius Augen, weswegen sie kein Eigenleben bekommt und die Entwicklung ihrer Beziehung ohne Pep bleibt. Leider kommt in dieser Konstellation auch Haensels großartige Fähigkeit zur Beschreibung fremdartiger Naturszenarien nicht zur Geltung. In die Zyklushandlung eingebunden wurde der Roman durch das Auftauchen des Kastellans von ES.

185 Michelle Sterns Ein Kastellan für Apsuol (PR 3112) schließt sich nahtlos an den Vorgängerroman an, taucht dann aber tief in die Vergangenheit. Stashiu Bondarenko und Bonella Krueger haben auf dem Gasriesen Tarhuwant den Calurier Kokuloón gefunden, den Kastellan von ES. Der verfügt über ein transportables Physiotron – ein Gerät wie das, in dem Rhodan und Bull zuerst Unsterblichkeit erlangten –, womit er die lebensgefährlich verletzte Bonella Krueger heilt. Die Verfasserin dieser Kolumne machte mit Radio Freies Ertrus einen Podcast über PR 3112 bis 3116 (Link im Anschluss, Anm. d. Red.) und möchte nicht verschweigen, dass die Meinungen hier sehr auseinandergingen. Für sie badete der Roman in Weibchen-Klischees, und der tadellos gute Kokuloón wurde ebenso entzaubert wie langweilig, weil seine gesamte Lebensgeschichte en détail derart konsequent »gut« ist, dass kein Geheimnis bleibt. Auf dem Kontinent Präland besucht man das Blaue Mausoleum, eine Erinnerungsstätte an die Erste

186 Menschheit, die vor über 50.000 Jahren durch einen Angriff der Bestien ausgelöscht wurde, was wir bereits aus dem Meister der Insel-Zyklus kennen. Die Lemurer haben unter dem großen Druck eine Sozialform mit vielen Verpflichtungen entwickelt, unter anderem haben Ungeborene »Zweitmütter«, eine Art sehr nahestehende Patentante, die als Mutter einspringen kann. Nun entwickelt sich ein Konflikt zwischen den guten Lemurern und den bösen Bestien samt Dolans, und eine passionierte Zweitmutter verliebt sich in Kokuloón, kann aber nicht akzeptieren, dass er den Dolan leben lässt … Klischee, Weibchen, Weibchen, Klischee, der Kastellan wird dabei auch langweilig, und der gerettete Dolan tauchte schon x Hefte vorher als Jason in der Handlung auf. Wie gesagt, man kann den Podcast hören. Die Jungs vom Radio Freies Ertrus waren begeistert von der Geschichte.

Im Folgeroman stellt Susan Schwartz Die Meute Jochzor (PR 3113) vor, Beauftragte von FENERIK; über die oben schon berichtet wurde, weil ihr jagdfreudiges Volk von nun an sehr aktiv ist. Abgesehen von der typischen starren Hierarchie der Chaosdiener ist der Roman eher eine turbulente Räubergeschichte. Die Munuam infiltrieren getarnt eine Springersippe, deren hierarchische Strukturen und merkantile Interessen ein wenig aufgebrochen werden durch die Rolle des Patriarchen als Pflegevater von Aoshana, die durch ihr Diskrepanz-Syndrom immer nur eine Art von

187 Sinneseindrücken wahrnimmt, was sie zur aufmerksamen Beobachterin macht. Aber wer soll ihr glauben?

Leo Lukas schrieb Chaos auf Ariel (PR 3114). Hier erreichen die Mehandor und die Meute Jochzor das Solsystem, genaugenommen den Uranus-Mond Ariel. Dort arbeitet der TLD-Agent Anselm Harriman im Archiv der Merkwürdigkeiten, wo, eingedenk des Posizids, Wissen analog abgespeichert wird. Aurelia Bina und Fedor Grimm verbreiten das Gerücht, dass ein Deserteur von FENERIK nach Ariel verlegt worden sei, und warten. Die Gesandten des Chaoporters werden trotz all ihres Blutdurstes geistreich und mit Witz geschildert, während eigentlich schwierige Abläufe wie die geheime Landung auf Ariel einfach stattfinden.

Kai Hirdt verfasste den Doppelroman Springer gegen Dame (PR 3115) und Flug in die Freiheit (PR 3116). Hier verlieren sich die humorvollen Anklänge der beiden Vorromane, die

188 auch dazu dienen, extreme Charaktere und Gewalthandlungen in die Serie einzupassen, bei der bekanntermaßen meist doch irgendwo ein versöhnlicher Schluss oder doch wenigstens eine weiterführende Perspektive entsteht. Hirdts Chaos ist böse, zynisch und organisiert, es bringt Gefangene mit Würgehalsbändern und implantierten Bomben zum Spionieren und steht selbst unter Druck, das sogenannte Zertifikat zu erfüllen. Denn die Triade der Munuam unter Jochzors Führung schätzt das Leben weniger als den Erfolg. Auf eine Inhaltsangabe der beiden komplex gebauten Agentenromane wollen wir verzichten. Die Entscheidungen sehr starker Charaktere entscheidet den Verlauf, sei es Aoshana, die in ihrer Behinderung zu navigieren lernt, der Patriarch Sharluppash, der zwischen ins Gehirn eingebrachten Nanomaschinen, der Führung seiner Sippe und der Krankheit »furor mehandoris« seinen Weg findet, der Agent des Terranischen Ligadienstes Fedor Grimm, der seine zweite Chance ergriffen hat, der Spion wider Willen Anselm Harriman, der araische Chefmediker Trotin Prak-Reuyl; sei es Jochzor, der glaubt, einen der drei Verfolgten erbeutet zu haben und der Rest seiner Meute, sei es die Posmi Aurelia Bina mit ihren ungeheuren Möglichkeiten … es entwickelt sich eine komplexe Balance, innerhalb derer überlegte Entscheidungen über Sieg oder Niederlage entscheiden. Eindrucksvoll auch der Schluss: Jochzor weist darauf hin, dass der Chaoporter FENERIK nicht dient, sondern weder 189 Zweck noch Ziel erfüllt, also frei ist. Daraus zieht Jochzor, als er sein Zertifikat erfüllt hat, die Konsequenzen. Der Viererblock bleibt auch bei mehrmaligem Lesen spannend.

Uwe Antons Arena der Träume (PR 3117) Ein in sich abgeschlossener und perfekt abgerundeter Roman entfaltet sich in und um eine Traumarena, die Perry Rhodan in einem von der Tefroderin Lyu-Lemolat ins Spiel gebrachten kugelförmigen Raumsektor findet. Gesucht wird die Quelle der Nano-Irritation, jener einer Gravitationswelle ähnelnden minimalen Verschiebung von Raum und Zeit, die mit der Ankunft des Chaoporters in Zusammenhang stehen sollte. In der Stadt Akkudpar auf der Hauptwelt Ghuurdad im System Ghuurd finden Rhodan und Lyu-Lemolat einen Traumkonduktor und begeben sich in die höchst begehrte Arena der Träume. Die Traumkonduktoren sind schwach

190 parabegabte Ghutawen, die Individuen mit ihrem Unterbewussten konfrontieren können, der Arenagang dient unter anderem der Therapie. Doch es ist auch möglich, in der Arena in das Unterbewusstsein anderer einzudringen. In der Arena kennen die Teilnehmer einander nicht mehr, da die persönlichen Erinnerungen unterdrückt werden. Dabei bemerkt Perry Rhodan allerdings, dass er sich im Traum vor einem anderen Teilnehmer des Arenagangs fürchtet – und dass er dabei die Angst des Chaoporters spürt. Es ist ein Swekkter, also einer jener Gestaltwandler, die FENERIK dienen. Gucky wiederum schickt ihm die Mutanten Shema Ghessow und Damar Feyerlant hinterher. Das Team wird angeführt vom humorlosen Topsider Hroch-Tar Kroko, einer der faszinierenden Gestalten dieses Serienabschnitts. Da Rhodan verschwunden ist, funken sie ihn nicht an, sondern laufen durch die Stadt, in der sich unter anderem eine Schwebebahn befindet – Wuppertal lässt grüßen. Der Klartraum Rhodans wie auch die Expedition des Einsatzteams sind mit subtiler Ironie und großer Anschaulichkeit erzählt. Beunruhigend ist hingegen der Prolog, der an den Jubiläumsband anknüpft: Reginald Bull wird wieder mit dem Sternenruf konfrontiert, eine Stimme fragt ihn etwas, und sein Verhältnis zum Chaos steht erneut auf dem Prüfstand. Gehört die Stimme dem in den Vorgängerromanen genannten Chaotarchen Zou Skost?

191 Ausblick Das Interview mit Robert Corvus in dieser Ausgabe deckt die folgenden Romane ab. Erneut soll es um Meuten und (im Vergleich nettere und harmlosere) Milchstraßenverbrecher gehen, um das Erkunden der Vergangenheit, die Zukunft von NATHANS KI-Kindern und vieles andere mehr. Vor allem die geplanten Dreiergruppen von Romanen aus der Feder von Christian Montillon und Oliver Fröhlich, die diesen Zyklus durchziehen sollen wie die Dyoversum-Vierteiler von Montillon und Schwartz, versprechen eine interessante neue Handlungsebene in stilistischer Geschlossenheit. Den aktuellsten Stand der Vorankündigungen findet man, wie immer, in der Perrypedia. (Link im Anschluss, Anm. d. Red.)

192 Die Ausgabe 549 des Perry Rhodan Reports, einer aktuell von Ben Calvin Hary betreuten vierwöchigen Heftbeilage mit Hintergründen und Beiträgen rund um die Serie, erscheint in PR 3024 und enthält einen Artikel von der Verfasserin dieser Kolumne, Alexandra Trinley. Der Titel lautet Im Fokus der Augenraumer – Wie die reale Medienlandschaft auf den Mythos-Zyklus abfärbte. Es geht um Fake-News als Thema und Aufbauprinzip des Mythos-Zyklus.

Weiterführende Links:

Perry Rhodan-Verlagsseite https://perry-rhodan.net

Perrypedia: Zyklusportal Chaotarchen-Zyklus https://www.perrypedia.de/wiki/Chaotarchen_(Zyklus)

Ernst Ellert-Stammtisch München https://www.prsm.clark-darlton.de/index.php/philatelie/ 263-perrys-geburtstag

Alexandra Trinley zu Gast bei Radio Freies Ertrus https://radio-freies-ertrus.de/2021/06/04/radio-freies-er trus-021/

193 »Perry Rhodan hat militärische Führungserfahrung«: Im Gespräch mit Robert Corvus über die Perry Rhodan-Romane 3101, 3102, 3118 und 3119

AT: Robert, in deiner Funktion als Stammgastautor im Perry Rhodan-Autorenteam hast du im neuen Zyklus zwei Doppelromane abgeliefert. War es dein Wunsch, diesmal nur Doppelromane zu schreiben? RC: Das ist eigentlich immer mein Wunsch, weil ich durch die Romane, die ich hauptsächlich schreibe, die längere Form gewohnt bin. Ein Rhodan-Heftroman hat 120 Normseiten, normalerweise fange ich aber unter 400 Normseiten gar nicht erst an. Es fällt mir leichter, Geschichten in weiterem Rahmen zu konzipieren. In diesem Fall war allerdings nur 3101/3102 als Doppelband geplant; der wurde von den Exposéautoren auf mich zugeschnitten. PR 3118 habe ich in meiner Funktion als Springer übernommen, weil der dafür vorgesehene Autor absagen musste. Dass PR 3119 dazukam, war Zufall, weil dann auch noch der Autor für diesen Roman zurückgezogen hat. Die beiden waren also von den Exposés her gar nicht als Doppelband angelegt, geschweige denn, dass eine so ausführliche Vorabstimmung wie bei 3101/3102 möglich gewesen wäre. 194 AT: Ich zitiere Ariela, die Kommandantin des Schiffs, das im Vorgängerroman die Kluft im Leerraum findet: »Das Militär. Die werden alles an sich reißen, das ist dir doch klar?« (S. 15) Das liest sich wie eine Steilvorlage. Habt ihr euch da abgestimmt? RC: Nicht, was dieses konkrete Zitat angeht. Beim Schreiben von 3100 war den Autoren aber selbstverständlich klar, wohin die Reise in den Folgebänden gehen würde. Es ist daher gut möglich, dass sie das im Sinn hatten, als sie diesen Dialog verfasst haben.

AT: Dein PR 3101 trägt den Titel Die Letzten der Lemurer. Sie leben in Andromedas Licht – und im Schatten einer uralten Furcht. Magst du erklären, wer die Lemurer waren, warum deine Personen Lemurer sind und welche Furcht sie empfinden?

195 RC: Die Lemurer – nicht zu verwechseln mit den Äffchen, den Lemuren – sind in der fiktiven Historie des Perryversums die erste Menschheit. Sie haben die Erde besiedelt, lange bevor der Homo Sapiens Sapiens die Show übernahm. Die Lemurer gründeten ein Sternenreich, das aber in Schwierigkeiten geriet und unterging. Die Überlebenden verließen die Erde und die anderen von den Lemurern in der Milchstraße besiedelten Planeten und flohen in die Nachbargalaxie Andromeda. Auch dort fanden sie keinen Frieden, sodass einige noch weiter in die Zwerggalaxie Cassiopeia flohen. Auf dem Planeten Bhanlamur siedelte sich eine dieser versprengten Gruppen an. Nahezu frei von äußeren Einflüssen »konservierte« sich dort die lemurische Kultur – und mit ihr auch die Furcht, die im Untertitel genannt ist. Denn dass eine solche Geschichte von galaxienweitem Krieg und lang andauernder Verfolgung nicht nur individuelle, sondern auch kollektiv-kulturelle Traumata hinterlässt, ist zu erwarten.

AT: Dein Roman beginnt mit Axelle Tschubai. Nach dem legendären Teleporter Ras Tschubai, nach dem das aktuelle Fernraumschiff benannt wurde, und nach dem Medienwart an Bord, Col Tschubai, nun Axelle. Warum diese Serie von Tschubais? RC: Eine Serie wie Perry Rhodan benötigt Kontinuitätslinien. Bei all dem Staunen und all dem Neuen, das man der Leserschaft jede Woche präsentiert, braucht es auch zusammenhaltende Elemente. Dinge, die man 196 wiedererkennt. Außerdem ist es schön, wenn Figuren, die man über lange Zeit begleitet hat, Spuren hinterlassen. Das können Raumschiffe sein, die sie gebaut haben, oder Entdeckungen, die nachwirken. Und natürlich auch Nachkommen, wie in diesem Fall. In gewisser Weise ist diese Sukzession der Gene eine ganz reale Form von Unsterblichkeit, die für uns so alltäglich ist, dass wir sie als solche gar nicht mehr wahrnehmen – aber solange es Nachkommen von uns gibt, lebt auch etwas von uns weiter. Und solange eine Tschubai in der Serie agiert, ist auch der legendäre Ras Tschubai aus den Anfangstagen nie ganz vergessen.

AT: Wie bist du bei der Gestaltung der jungen Frau vorgegangen? RC: Hier war ich sehr frei, weil außer dem Namen nur wenige Sätze fixiert waren. Ich habe bei Die Phileasson-Saga, einer Fantasyreihe, die ich gemeinsam mit Bernhard Hennen schreibe, eine Lieblingsfigur: Shaya Lifgundsdottir. Sie hat keine besonderen Fähigkeiten, nimmt aber an der größten Abenteuerfahrt Aventuriens teil – im Grunde gerät sie sogar zufällig hinein. Sie dient als Identifikationsfigur für die Leserschaft, denn die wenigsten von uns können Feuerbälle werfen oder haben abseits der Zivilisation untergegangene Kulturen erforscht wie die anderen Helden der Saga. Shaya bietet die Perspektive, die uns als Alltagsmenschen nahe ist. Das habe ich mit Axelle für den Rhodan-Kontext adaptiert, und es freut mich, dass ein solches Konzept auch hier so gut ankommt. 197 AT: Ganz kurz, worum geht es in der Phileasson-Saga eigentlich? RC: Es ist eine Fantasy-Heldengeschichte, wie sie in den 1980ern und 1990ern üblich war, bevor die »Fighting Kindoms« das dominante Erzählschema wurden. Aus dieser Zeit stammt auch die Vorlage, eine Rollenspielkampagne, die Bernhard Hennen für Das schwarze Auge verfasst hat. Kern der Angelegenheit ist der Aufbruch ins Unbekannte und das Erleben von Abenteuern. Bei den Thorwalern – einem Fantasy-Äquivalent zu den Wikingern – gibt es die Sitte, dass einem herausragenden Kapitän der Ehrentitel König der Meere verliehen werden kann. Davon gibt es in jeder Generation nur einen, und in unserer Geschichte kommen zwei Recken dafür infrage. Der eine ist Asleif Phileasson, der größte Entdecker seiner Zeit, der andere Beorn Asgrimmson, ein unübertroffener Plünderfahrer. Um unter sich auszumachen, wem der Ehrentitel gebührt, brechen sie mit ihren Mannschaften zu

198 einer Wettfahrt auf, während der es zwölf heldenhafte Aufgaben zu bestehen gilt. Diesen Aufgaben entspricht jeweils ein Roman, wir arbeiten gerade am zehnten. Je länger die Reise dauert, desto klarer wird den Protagonisten, dass sie auf den Spuren der vor Jahrtausenden verschwundenen Hochelfen wandeln – vielleicht eine Parallele zu den Lemurern des Perryversums …?

AT: Wir werden sehen. Im zweiten Kapitel von PR 3101 ist Perry Rhodan Hauptperson. Seine Gestaltung gilt als Herausforderung. Welche Eigenschaften hast du ihm angeschrieben? RC: Durch seine lange Historie als Romanfigur ist Rhodan ausgesprochen facettenreich. Wollte man ihn umfassend schildern und zeigen, müsste man wohl scheitern – es sei denn, man bekäme so viel Platz wie Andreas Eschbach in seinem Hardcover Perry Rhodan – das größte Abenteuer. Für meine Zwecke habe ich einzelne Aspekte in den Vordergrund gestellt. Das ist vor allem die langfristige Perspektive. Rhodan kann zwar sofortumschalten und blitzartig handeln, wenn es angebracht ist. Aber er weiß eben auch, dass sich Menschen entwickeln, dass sie Zeit und Raum brauchen, um sich zu entfalten und ihre Fertigkeiten zur Blüte zu bringen. Deswegen nimmt er auch Axelle Tschubai mit auf seine Missionen: Er sieht, dass sie keine »Superheldin« wie die Mutanten ist, aber dass sie offen und neugierig ist und sich entwickeln kann. Vielleicht

199 erinnert sie ihn an sich selbst, oder an die Menschheit insgesamt, die zu den Sternen aufbricht. Eine weitere Eigenschaft ist seine militärische Führungserfahrung. Er weiß, wie man Soldaten in den Kampf schickt, und ihm ist klar, dass möglicherweise nicht alle, die ausrücken, auch zurückkehren. Er kennt den Wert einer Befehlskette, er weiß um die Stabilität, die militärische Rituale bieten. Das berücksichtigt er im Umgang mit den verschiedenen Personen, denen er begegnet.

AT: Siehst du dich bei dieser Charakterisierung in der Tradition K.H. Scheers? RC: Ja, natürlich. Ohne Scheer kein Rhodan. Jeder, der Rhodan charakterisiert, baut auf dem von Scheer grundgelegten Fundament.

AT: Nun liegt der Kalte Krieg schon lange hinter uns. Ist die Gestaltung militärischer Aktionen in unserer Zeit nicht von vornherein problematisch? Und siehst du da einen Unterschied zu »normalen« Actionsequenzen? RC: Es gibt viele Theorien dazu, wozu erzählende Literatur überhaupt gut ist. Wenn wir uns für die Wirklichkeit interessieren, sollten wir unsere Lektüre vielleicht auf Sachbücher beschränken. Aber neben der Wirklichkeit, oder in ihr, existiert auch die Wahrheit, und das ist nicht dasselbe. Wahrheit hat die Komponente des Erlebens, Reflektierens und Bewertens. Und dazu sind Erzählungen oft besser geeignet als Faktensammlungen. Wenn man etwas im Wortsinne »erleben« will, »das Leben erkunden« will, 200 dann sind dazu gerade Extremsituationen gut geeignet. Diese finden sich in Konflikten, und militärische Aktionen bieten diese in besonders klarer Form. Es geht um Leben und Tod, der Protagonist will überleben, und es gibt jemanden, der ihn umbringen will. Das sind zunächst unvereinbare Gegensätze, die oft, aber nicht immer, durch Gewalt aufgelöst werden. Hinzu kommen Interessenkonflikte, die sich aus dem militärischen Milieu ergeben. Ist Kameradschaft wichtiger als die eigene Unversehrtheit? In welchen Situationen sind Befehle zu hinterfragen? Wo liegen die Grenzen der Loyalität? Das bringt besondere Aspekte ein. Oft, aber nicht immer, beinhaltet das Actionsequenzen. Insgesamt gibt es kein Motiv, das ich aus sich heraus als problematisch ansehe, auch nicht im Militärbereich. Ich bin da ganz bei Oscar Wilde: Es gibt keine moralischen oder unmoralischen Bücher. Bücher sind gut geschrieben oder schlecht geschrieben.

AT: Wie viel Mühe hast du auf die Recherche zu Cassiopeia als astronomischem Objekt verwendet? RC: Da war ich nur ergänzend tätig, weil die Exposéautoren und auch unsere Wissenschafts-Expertin Verena Themsen so umfangreiche Fakten geliefert haben, dass sie für meine Arbeit mehr als ausreichend waren. Ich habe dann nur noch im Internet ein paar astronomische Aufnahmen angeschaut.

201 AT: Außerdem redet in diesem Kapitel ANANSI mit. Im Sternengruft-Zyklus bekamen wir Einblicke in die wahren Fähigkeiten der Semiotronik. Sind derart fähige Künstliche Intelligenzen nicht im Grunde ähnliche Spannungskiller wie Gucky, mit dem du lange nicht zurechtkamst? Wie geht es dir mit ANANSI? RC: Zunächst einmal ist die Annahme, dass ich nicht mit Gucky zurechtgekommen wäre, schlicht falsch. Ich hatte bei NEO eine Geschichte mit Mausbibern und ansonsten keine Berührung mit dem Multimutanten und seinen Artgenossen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass eine Figur, die deutlich potenter ist als die anderen Protagonisten, besondere erzählerische Herausforderungen aufwirft.

AT: Ich bin am BrühlCon einige Minuten mit am Tisch gesessen, als du über das Problem doziert hast … Aber natürlich, dein alter ego ist Roba Kerum, der Mausbiber nachzüchten möchte (in PR 3006, S. 50 und 56) RC: Jedenfalls, ANANSI bietet diese Schwierigkeiten nicht, weil sie nicht im Wettbewerb mit den anderen Protagonisten steht. Sie geht nicht mit auf einen Außeneinsatz, sie denkt und analysiert nur. Ihre dramaturgische Funktion ähnelt der »allwissenden Müllhalde« bei den Fraggles. Allenfalls in einer Raumschlacht mit Beteiligung der RAS TSCHUBAI müsste man überlegen, welche Tätigkeiten noch für die Besatzung übrig bleiben, wenn ANANSI ihr volles Potenzial einbringt. 202 AT: Axelle ist die Meisterin des Möhrenkuchens. Deine Idee? RC: Yepp.

AT: Im vierten Kapitel lernen wir nun die Nachkommen der Lemurer kennen: Tammo-Tor, Lat-Antin, beide mit der Probezündung einer Bombe beschäftigt. Wie sehr ist das für dich ein Anknüpfen an die Bunker in Perry Rhodan Band 1? RC: Gar nicht. Ich hatte das Manhattanprojekt im Sinn. Ich habe in Palo Alto ein Museum dazu besucht, stand neben einer Replik einer Atombombe. Diese Eindrücke sind in die Szene eingeflossen.

AT: Wie sind deine Lemurer so drauf? Ähneln sie den Menschen des Kalten Kriegs? RC: Aus dem Kalten Krieg erinnere ich mich vor allem an die Nachrichtensendungen, in denen ständig über die Atomsprengköpfe berichtet wurde, die jede Seite aufbieten konnte. Wie viele es waren, wo sie stationiert waren, wie oft man durch ihren Einsatz die Erdoberfläche unbewohnbar hätte machen können, welche Abrüstungsbemühungen mal wieder gescheitert waren, wo die Ostermarschierer langliefen. Auch die vielen Stellvertreterkriege, die sich die Supermächte, die sich ja nicht direkt an die Gurgel gehen konnten, über den Globus verstreut geliefert haben. Das ist bei den Bhanlamurern grundsätzlich anders. Sie spüren zwar eine Bedrohung, aber das ist unterschwellig, nicht ständig in den Nachrichten präsent. Die Gefahr, der sie sich gegenübersehen, ist eher nebulös, kein konkreter 203 anderer Machtblock. Sie rüsten zwar auf, setzen ihre Militärmacht aber nie ein.

AT: Dein Doppelroman wurde vom Verlag als Military-SF angekündigt und von der Leserschaft auch als solche gewürdigt. Braucht es für diese Textsorte Zivilisationen mit einem für uns nachvollziehbaren Stand der Technik? RC: Ich habe auch schon Military Fantasy geschrieben, zum Beispiel Die Schwertfeuer-Saga. Da liegt das Technologieniveau noch vor dem Schießpulver. Joe Haldeman dagegen hat mit Der Ewige Krieg die Motive in eine ferne Zukunft platziert, wo die Reisen zur Truppenverlegung Zeitdilatationseffekte beinhalten. Dabei hat er seine persönlichen Erfahrungen in Vietnam verarbeitet. Es wäre untertrieben, hier von einer gelungenen Umsetzung zu sprechen – trotz oder vielleicht auch wegen des abgedrehten Szenarios ist es ein Meisterwerk. Romane müssen menschlich nachvollziehbar sein, nicht technisch.

AT: Ich mag Joe Haldemans Romane. Apropos Technik. Auf dem Titelbild von PR 3101 sieht man recht präzise gezeichnete Gefährte. Was hat es mit denen auf sich? RC: Dominant ist ein Tauchträger, das modernste Gefährt der bhanlamurischen Flotte. Wie der Name nahelegt, kann es sich in der Tiefsee bewegen und führt diverse andere Gefährte an Bord mit. Dazu gehören auch Flugzeuge, die

204 sowohl Rotoren als auch Düsenantriebe haben; eines davon sieht man ebenfalls auf dem Titelbild.

AT: Im Roman lässt du Grundsätze der Kriegsführung verhandeln, wie etwa die Behandlung von Gefangenen im Gespräch zwischen Perry Rhodan und Gucky. Welche Themen sind dir in diesem Zusammenhang wichtig? RC: Grundsätzlich ist mir immer die Geschichte wichtig. Alles soll sich aus der Geschichte, aus den Figuren heraus ergeben, und ich schreibe die Handlung dorthin, wo mich die Geschichte hinführt. Das ist auch ein Hauptgegenstand bei den Vorbesprechungen zum Exposé. Daraus ergeben sich die Themen, die diskutiert oder in der Handlung sichtbar werden. Ich bin enttäuscht, wenn ich bei Geschichten das Gefühl habe, dass der Autor von außen seine Moralvorstellungen hineindrückt. Die Munuam zum Beispiel sind – nach unseren Maßstäben – amoralisch oder zumindest »fremdmoralisch« angelegt, und diesem

205 »Vektor« gebe ich dann auch Raum. Was sie tun, entspricht ihren Motivationen und ihren Möglichkeiten. Ich werte das als Autor nicht – das überlasse ich der Leserschaft.

AT: Assena-Dree, Nessu-Ghorat, nach welcher Richtlinie habt ihr die bhanlemurischen Namen gebildet? RC: Diese Frage kann ich nicht beantworten, weil die Namen der wesentlichen Figuren von den Exposéautoren vorgegeben werden. Wenn ich Nebenfiguren hinzufüge, versuche ich, lautmalerisch in der Nähe der vorgegebenen Namen zu bleiben.

AT: Du hattest parallel zum Erscheinen der Romane ein Experiment auf Twitter gestartet, bei dem Tweets eines Bordfunkers der BJO BREISKOLL Aufmerksamkeit erregen sollten. Würdest du das heute anders angehen? RC: Ja, weil es nicht funktioniert hat. Ich hätte gern die Handlung durch In-Universe-Kommentare und In-Universe-Diskussionen begleitet. Wie erlebt die Besatzung der BJO BREISKOLL die Nachrichten, die vom Expeditionstrupp auf dem Planeten eintreffen? Das war schwieriger umzusetzen, als ich vermutet hatte. Da mir aber die zündende Idee fehlt, wie es gelingen könnte, habe ich die Twitter-Begleitung beim zweiten Doppelband (3118/3119) nicht wieder aufgenommen.

AT: Ich hatte den Eindruck, der Bordfunker hätte ausgeprägter als Person auftreten müssen. Man muss einen Twitterer ja einschätzen können, um auf Tweets zu 206 reagieren. Die Idee war schon spannend. Du solltest das noch mal probieren, finde ich. RC: Ich finde, da darf als Nächstes mal jemand anderes in den Twitter-Ring steigen.

AT: Der zweite Teil deines Doppelromans trägt den Titel Der Eiserne Kontinent. Eine Schlacht gegen die Bestien – im Krieg gegen das Chaos (PR 3102). Der Untertitel ist direkt doppeldeutig. Magst du die Leser, die noch nichts von den Bestien aus M 87 und den Halutern wissen, über diese Entwicklungslinie aufklären? RC: Aus Sicht der Bhanlamurer waren die Bestien die Ungeheuer, die das Sternenreich ihrer Vorfahren auf brutalste Weise zerstört haben. Vierarmige Monstrositäten, auf Kampf und Krieg gezüchtet, erbarmungslos, nicht zu stoppen. Mit dieser dramatischen Einschätzung liegen sie auch gar nicht so weit von der historischen Realität entfernt, aber natürlich entwickelt sich alles im Universum weiter. So

207 sind die Haluter Nachfahren der Bestien – in mancher Hinsicht zum Verwechseln ähnlich, in anderen Aspekten grundlegend verschieden.

AT: Nun schilderst du einen Krieg gegen das Chaos, wobei ich jetzt gar nicht auf den Handlungsverlauf eingehen möchte. Die Chaosmächte kamen im Meister der Insel- und im M87-Zyklus doch noch gar nicht vor. Soll diese Ebene rückwirkend eingearbeitet werden? RC: Diesen Eindruck habe ich nicht, aber diese Frage können am Ende nur die Exposéautoren beantworten.

AT: Beim Aufschlagen des Romans fällt mir der Begriff »Ikosaeder« auf. Was ist das denn? RC: Ein dreidimensionaler Körper, der sich aus zwanzig identischen Dreiecksflächen zusammensetzt. Umgangssprachlich ist diese Form als »zwanzigseitiger Würfel« vor allem in Rollenspielerkreisen bekannt, obwohl es natürlich geometrisch betrachtet kein Würfel ist. Aber man würfelt damit, insofern ist der Ikosaeder in dieser Funktion dann doch irgendwie ein Würfel.

AT: Und wie steht es mit der »Präliminaren Bastion«? RC: Um das zu erfahren, muss man die Romane lesen. Da wurde nämlich darauf geachtet, dass die exakt richtige Menge an Information fließt – nicht zu viel, damit nichts vorweggenommen wird, und nicht zu wenig, um fundiert spekulieren zu können. Daher möchte ich dazu nichts anfügen. 208 AT: Wir überspringen nun eine Reihe von Heften, um zu deinem zweiten Doppelroman zu kommen. Sag mal, liest du eigentlich all diese Romane auch selbst? RC: In gewisser Weise lese ich sie sogar doppelt. Ich lese die Exposés, sobald sie zirkuliert werden, und dann auch die fertigen Manuskripte, bevor sie in den Satz gehen. Dadurch bin ich der aktuellen Handlung ein paar Wochen voraus. Das ist eine feine Sache und sicher der Traum vieler Fans, aber ich muss auch aufpassen, dass ich nichts ausplaudere, was die Spannung verderben könnte.

AT: Du sagst, du hättest die 3118 bekommen, weil jemand sie abgegeben hat … nun kann man spekulieren, wer auf Planetenhandlungen mit bunt gemischtem Personal spezialisiert ist. Hier haben wir jedenfalls keine Kriegshandlung, eher ein touristisches Unternehmen mit geheimer Erkundungsabsicht. Es liest sich aber, als hätte dir das Spaß gemacht. Richtig?

209 RC: Ich stelle es mir schrecklich vor, Geschichten zu schreiben, an denen man keinen Spaß hat. Deswegen mache ich das auch nie. Darum meckere ich manchmal auch ziemlich an den Exposéentwürfen herum, was – verbunden mit einigen konstruktiven Vorschlägen – bislang immer dazu geführt hat, dass ich Geschichten schreiben konnte, wie ich sie auch selbst gern lese.

AT: Stellen wir uns vor, dass Leser/innen dieses Interviews deine Romane im Zusammenhang lesen möchten. Die knüpfen schon aneinander an, oder? RC: Ja, aber das liegt primär daran, dass sie Teil eines Fünferblocks sind, der mit 3117 beginnt und mit 3121 endet. Diese fünf Romane teilen sich den Planeten Ghuurdad als Schauplatz und auch im Personal gibt es mehrere Konstanten. Zudem arbeiten sich unsere Protagonisten von Roman zu Roman weiter auf ihrer Mission vor, sodass es auch eine inhaltliche Stringenz gibt. Dass sich die beteiligten Autorinnen und Autoren per Mail ausgetauscht haben, führt zu wiederkehrenden Motiven wie dem »Schaum« als planetenweitem sozialem Netzwerk oder den berauschenden Dämpfen, die man anstelle von Alkohol konsumiert.

AT: In meinem ersten Beitrag zum Corona Magazine (12/2016) hattest du mir einen Autorenbeitrag zum Gestaltwandler Attilar Leccore gegeben, der dich sehr beeindruckt hatte. In PR 3102 – und in PR 3018 – kommt mit dem Swekkter erneut ein Gestaltwandler vor. Im 210 Erscheinungsbild unterscheidet er sich von Leccore. Was haben die beiden parallel? RC: Aus schriftstellerischer Perspektive liegt der Hauptunterschied darin, dass Leccore eine Perspektivfigur war, während die Swekkter bislang nur von außen gezeigt wurden. Das ist erzählerisch ein fundamental anderes Herangehen. Damit verbunden ist auch, dass ich als Autor viel mehr über Leccore wusste – seine Motivationen, seine Biografie, seine Sozialkontakte, auch die Möglichkeiten und Grenzen seiner gestaltwandlerischen Fähigkeiten. Bei den Swekktern weiß ich kaum mehr, als in den Romanen steht. Aus den Exposés entnehme ich, was sie tun und wie sie auf die Perspektivfiguren wirken, und das setze ich um. Wobei … eine wesentliche Information über die Natur der Swekkter wurde bislang zwar angedeutet, aber nicht ausbuchstabiert. Gucky knabbert an diesem Rätsel, aber auch sein Nagezahn ist noch nicht durchgedrungen.

AT: Mit Reginald Bulls Konflikt beginnt der Zyklus, und du greifst ihn in PR 3118 wieder auf: Sein Zellaktivator ist chaotarchisch geprägt, er ist ein potenzieller Verräter, er »hört« den Sternenruf, der vom gestrandeten Chaoporter zu stammen scheint. Bull war, neben Tifflor, stets Rhodans loyalster Freund, der ihm zuhause den Rücken frei hielt. Ist er langweilig geworden, wird er in diesem Zyklus verheizt? RC: Das ist eine sehr gute Frage, auf die ich die Antwort gern kennen würde. Lassen wir uns von den Exposéautoren überraschen …

211 AT: Axelle Tschubai ist tief beeindruckt, dass ein Unsterblicher wie Perry Rhodan weint. Du gehst diesen Gedanken am Ende des Romans ab. Was denkst du, worüber er mit Alaska Saedelaere als erstes reden wird, falls sie sich wirklich wiedersehen? RC: Das hängt sehr von den genauen Umständen dieser Begegnung ab. Ich kann mir vorstellen, dass Alaska als Logiker irgendetwas ansprechen wird, das in der konkreten Situation wichtig ist, und das lange Getrenntsein zunächst ignoriert. Aber die beiden werden sich später zusammensetzen, und sie werden viel zu bereden haben. Diese Figuren sind prädestiniert, um die tiefen Strukturen des Universums zu ergründen – die Kosmokraten und natürlich auch die Chaotarchen, nach denen dieser Zyklus schließlich benannt ist.

AT: Warum hast du in diesem Roman so extrem viele kurze Kapitel gemacht? RC: Jede Geschichte bekommt die Form, die sie braucht. Die kurzen Kapitel und häufigen Perspektivwechsel halten das Tempo hoch, das kann man bei actionbetonten Stoffen gut einsetzen.

212 AT: PR 3119 spielt weiterhin im Ghuurdsystem, es gibt Gaids, Neunväter der Maahks, einen verlassenen Industriekomplex und weitere Erkenntnisse über den Krummen Gryllner. Was ist dein Lieblingsort, was deine Lieblingsfigur in diesem Roman? RC: Ein Gutteil der Handlung spielt im Weltraum auf Raumschiffen, und eine solche Umgebung macht für mich den Reiz der Science-Fiction aus. Wenn wir nicht mehr davon träumen, zu den Sternen zu reisen, können wir einpacken. Besonders hat mir gefallen, dass ich wegen der Schäden, die an einem der Raumschiffe auftreten, einen Ausfall der künstlichen Schwerkraft beschreiben konnte – das betont die Besonderheit dieser Umgebung. Meine Lieblingsfigur ist selbstverständlich Gucky – wer sonst?

AT: Der Weltraum-Schwerpunkt passt ja dann gut zu dem eindrucksvollen Trikubus-Raumschiff der Munuam auf dem Titelbild. Weltraum, Cyberspace: Du stellst ziemlich viele 213 Videos übers Schreiben, über Perry Rhodan und weitere SF und Fantasy her. Was gefällt dir daran? RC: Dass ich nicht schreiben muss. Das Schreiben ist mein Beruf, da setze ich mich ab und zu auch gern entspannt vor eine Kamera und erzähle ein bisschen. Je nach Thema ist zudem hilfreich, dass ich in diesem Format Dinge zeigen kann, indem ich sie einblende. Seit ein paar Wochen bin ich zudem jeden Donnerstag um 21:00 Uhr auf Twitch, wo ich mich mit einem Gast über ein Thema unterhalte. Das ist eine schöne Gelegenheit, mal wieder etwas mit Kolleginnen und Kollegen oder auch Fans zu machen, zu denen man nur sporadisch Kontakt hat.

AT: Vielen Dank für die Auskünfte, Robert RC: Es war mir eine Freude.

Weiterführende Links:

Link zu Robert Corvus’ Website: https://www.robertcorvus.net/

Der YouTube: Kanal: https://www.youtube.com/user/robertcorvusautor/

Der Twitch-Kanal: https://www.twitch.tv/robertcorvus

214 Comic-Kolumne: Unbedingt reinschauen! von Uwe Anton

Europa – Der Eismond Mit Europa – Der Eismond legen Leo (Luiz Eduardo de Oliveira, *1944 in Rio de Janeiro, Brasilien), Rodolphe (Rodolphe Daniel Jacquette, *1948 in Bois-Colombes, Frankreich) und Zoran Janjetov (*1961 in Subotica, Jugoslawien) den ersten Band einer weiteren eigenständigen Serie vor, die später in Leos geschlossenes Science-Fiction-Universum integriert werden könnte. Spekulationen darüber sind müßig und auch unnötig: Die beiden alten Herren Autoren leisten hervorragende Arbeit, und der Band ist aus sich heraus eigenständig und völlig verständlich. Janjetov erstellte wie auch schon bei Centaurus die Zeichnungen nach dem Szenario der beiden Ideengeber. Europa – Der Eismond ist genauso die Geschichte eines Aufbruchs wie die einer Ankunft. Unter der gewaltigen Eisschicht des vierten Jupitermonds Europa liegt ein ebenso gewaltiger Ozean, in dem sich Lebensformen entwickelt haben. Zwei Expeditionen dorthin sind unter mysteriösen Umständen gescheitert, ihre Teilnehmer kamen ums Leben. Ein dritter Erkundungstrupp soll ermitteln, was mit ihnen geschehen ist.

215 Die rasch zusammengestellte Besatzung ist nicht gerade glücklich, an der Mission teilnehmen zu müssen: Die »aufsässige« Pilotin Suzanne Saint-Loup etwa, die Hauptperson der Geschichte, wird ausgewählt, weil sie als einzige die Spezialfähre fliegen kann, die zum Einsatz kommen soll; der Planetenforscher Winston Pump verweigert die Teilnahme geradeheraus und wird sozusagen zwangsverpflichtet. Das Personal bietet also schon genug Potential für zukünftige Konflikte. Und sogar – sieh an, sieh an! –, die Kirche hat ihre (schmutzigen) Finger im Spiel. Offensichtlich sind die bisherigen Ereignisse auf Europa imstande, die Grundlagen »unseres Glaubens, unserer Geschichte, unseres Lebens« in Frage zu stellen, wie ein Jesuit es ausdrückt. Sein Orden hat einen Spion eingeschleust, dessen Identität die Autoren allerdings noch nicht enthüllen. Aber auch die Amish mischen mit und entpuppen sich als mörderische Bombenleger, die den Produzenten der Sendung Science of Tomorrow, die nach ihrer Auffassung »permanent den Geist Gottes und die Religion verhöhnt«, kurzerhand in die Luft sprengen. Das ist sehr mutig: Selten zuvor wurde in einem Comic so massive Religionskritik geäußert. Hut ab! Jedenfalls landet die Kommandant Gagarin auf Europa und stellt erste Nachforschungen an. Auf der letzten Seite des Albums wird dann gezeigt, dass die Besatzung nicht allein ist und beobachtet wird …

216 Die einzelnen Versatzstücke der Handlung sind spannend und phantasievoll in Szene gesetzt, die Schilderung der Personen ist gut durchdacht und bietet viele Möglichkeiten für die weitere Handlung. Die technischen Gimmicks bleiben einfallsreich und glaubwürdig, wie etwa der Lift, mit dem das ewige Eis durchdrungen und der Ozean darunter erreicht wird, der zur Überraschung der Forscher über eine Küste verfügt. Europa – Der Eismond ist einer der interessantesten Science-Fiction-Titel in diesem Comic-Jahr. Der einzige Wermutstropfen ist, dass man nun ein Jahr auf die Fortsetzung warten muss. Dennoch: unbedingt reinschauen!

Monsters Barry Windsor-Smiths Monsters ist schon lange vor dem Erscheinen zu einer Art Legende unter den amerikanischen

217 Comics geworden. Seit 35 Jahren soll der Autor und Zeichner, der mit den ersten Comic-Heften rund um den Barbaren Conan seinen späteren Ruhm begründete, an dem Band arbeiten. Der ungleich berühmtere Autoren-Kollege Neil Gaiman etwa weiß zu erzählen: »Vor fast zwanzig Jahren las ich eine noch unvollendete Version und war schockiert und erstaunt über die Kraft und Zartheit der Erzählkunst, von der Ehrlichkeit der familiären Beziehungen, von dem Gefühl, dass dieses Buch von jemandem geschaffen worden war, der bereit war, so viel zu enthüllen und so tief zu gehen, um die Geschichte zu erzählen, die er erzählen musste.« Nun liegt das Buch endlich vor und kommt mit seinen mehr als 360 Seiten dick und opulent daher.

Barry Windsor-Smith (*1949 in London, England) betrat Ende der 1960er-Jahre die Comic-Bühne mit ersten Geschichten über die X-Men und Daredevil, die noch ziemlich konventionell im Marvel-Stil gehalten waren; das erste Heft zeichnete er an einem Wochenende in zwei Tagen. Den großen Durchbruch schaffte er 1970, als er sich zusammen mit dem damaligen Marvel-Texter Roy Thomas an den Robert-E.-Howard-Helden Conan wagte, den er mit etwa 25 Geschichten fest in der Comic-Welt etablierte. Noch heute, 50 Jahre später, erlebt Conan regelmäßig seine Comic-Abenteuer. Aufgrund von »Arbeitsüberlastung« (laut Marvel) bzw. »kreativen Differenzen« (laut Windsor-Smith) stieg er aus 218 der Serie aus, gründete mit seinen Kollegen Berni Wrightson, Mike Kaluta und Jeff Jones das Label The Studio und veröffentlichte mit diesen unter diesem Titel einen prachtvollen Bildband; einen der ersten, der den Weg für zahllose weitere Titel dieser Art bereitete. In den 1990er-Jahren versuchte Windsor-Smith mit den unabhängigen Serien The Freebooters, Young Gods und The Paradox-Man ein eigenständiges Universum zu schaffen, scheiterte jedoch jeweils nach wenigen Ausgaben. Um die Jahrtausendwende veröffentlichte Fantagraphics mit Opus 1 und 2 autobiographische Coffee-Table-Book-Kunstbücher mit Überblicken über Windsor-Smiths Werk. Monsters ist sein erstes Buch seit dem Jahr 2005.

Veröffentlicht im annähernden Magazin-Format, also ein gutes Stück größer als ein amerikanisches Comic-Heft, ist der Band in Schwarzweiß gehalten, was vielleicht der einzige kleine Wermutstropfen ist. Auch wenn das Buch ursprünglich als Farbausgabe geplant war, hätten die Kosten für eine Kolorierung wohl jeden finanziellen Rahmen gesprengt. So hat Windsor-Smith Monsters dann ziemlich schnell als Schwarzweiß-Veröffentlichung fortgesetzt, wie auch die Zeichnungen aufzeigen, die die Handlung unglaublich detailliert vorantreiben. Die bloße Vorstellung, diesen Band als Farbausgabe in den Händen zu halten, ist jedoch atemberaubend.

219 Windsor-Smith war, auch am Beginn seiner Karriere, als er nur als Barry Smith bekannt gewesen ist, schon immer ein begnadeter Zeichner, doch als Autor hat er sich leider schon immer schwergetan und überschätzt. Dies setzt sich nahtlos bis zu Monsters fort. Die Geschichte beginnt 1949 in Providence, Ohio, als Tom Bailey seinem Sohn Bobby ein Auge ausschlägt. Der Krieg hat den Spätheimkehrer verändert; Bailey ist nicht mehr der liebevolle Vater, der er vorher war. Ausgerechnet jener Bobby meldet sich 1964, 15 Jahre später, freiwillig zu einem Experiment der Army, dem Projekt Prometheus, bei dem Nazi-Experimente an Menschen mit dem Ziel fortgesetzt werden, einen Super-Soldaten zu schaffen. Das Projekt schlägt fehl, und aus Bobby wird ein entstelltes Monster mit retardiertem Verstand, das wie einst Frankensteins Ungeheuer durch die Buchseiten die Flucht vor der Army antritt, die alles vertuschen will. Äh – ja. Die genannten Versatzstücke sind mehr als nur bekannt. Captain America trifft Hulk? Wie Windsor-Smith in einem ausführlichen Gespräch mit Brian Hibbs für Comix Experience erklärte (der Monsters direkt zum »Comic des Jahres« ernannte), beruht der umfangreiche Comic-Roman in der Tat auf einer ursprünglich 17-seitigen Geschichte für den Hulk, die er dann zu seinem Magnum Opus umarbeitete. Namen wie "General Roth" (statt "Ross" aus dem Hulk) weisen noch deutlich darauf hin. Natürlich begnügt sich der Engländer nicht damit, sich in solche Niederungen der amerikanischen Comics der 1940er- 220 und 1960er-Jahre zu begeben, sondern fängt erst jetzt an, seine Geschichte zu erzählen. Und zu erzählen. Und zu erzählen. Es geht um Sergeant Elias McFarland, den farbigen Projektleiter, der sich immer mehr von seiner Familie (und seiner Comicsammlung!) entfremdet, der aber der einzige ist, der immerhin ein gewisses Interesse an Bobby zeigt. Er setzt sich für ihn ein und versucht, ihn zu schützen, was zu ellenlangen Gesprächen beim Abendessen führt. Ein ähnliches Gespräch führt auch ein anderer Projektleiter, John Powell mit seinem Vorgesetzten am Telefon. Wenn Windsor-Smith auf S. 216/217 über dreißig Panels hinweg Powells Kopf zeigt, muss er schon einige interessante Perspektiven darstellen. Wer da von »talking heads« spricht, obwohl die erst knapp 20 Jahre später die Bühne betraten, hat nicht ganz Unrecht.

Was genau erzählt Windsor-Smith denn nun? Eine Familiengeschichte, komplett mit Liebe, Ehebruch und Veränderungen, die Geschichte eines Kindes, das zum Monstrum heranwächst? Eine Spionagegeschichte aus dem Zweiten Weltkrieg? Oder gar eine übersinnliche Parabel rund um Schuld und Sühne? Nun, der Autor greift all diese Themenkreise auf. Das Mammutwerk heißt nicht umsonst Monsters (Plural) und nicht Monster (Singular); es gibt mehrere Monstren in diesem Buch, nicht nur das augenscheinlich Offensichtliche. Die titelgebenden Monster der Geschichte offenbaren sich nur nach und nach, werden »real und metaphorisch, prosaisch und ironisch« und 221 verleihen der Geschichte damit ihre emotionale und moralische Bedeutung. Meint zumindest der amerikanische Umschlagtext. Da Windsor-Smith vielleicht von seiner Schwierigkeit weiß, eine kohärente Geschichte zu erzählen, versucht er, aus der Not eine Tugend zu machen, und greift zu einem einfachen literarischen Kniff: Er erzählt nicht linear, sondern fügt die Blöcke dort ein, wo es ihm am besten passt. Das führt allerdings zu einer zunehmenden Verwirrung und Befremdung beim Leser, der sich die Geschichte erst erschließen muss. Deren Herzstück, das zur Nazizeit spielt und die Grundlagen schildert, kommt z. B. erst ganz zum Schluss. Wohltuend fällt hier einerseits auf, dass der Autor kein Blatt vor den Mund nimmt und das Treiben der »Herrenmenschen« als das schildert, was es war: nämlich völlig pervers. Und andererseits, dass die Deutschen hier ausnahmsweise nicht das typische amerikanisch-deutsche Kauderwelsch sprechen, das man aus anderen amerikanischen Comics kennt (»Du Schweinhund Du!«), sondern ihren Wahnsinn in einwandfreiem Deutsch von sich geben.

Man braucht vielleicht zwei oder mehr Lesedurchgänge, um herauszufinden, was genau Windsor-Smith dem Leser nun sagen will. Die Geschichte oszilliert zwischen zwei Polen: der eindringlichen Schilderung von Menschen, die versuchen, ihr Leben zurückzubekommen und einer epischen politischen Odyssee durch zwei Generationen der 222 amerikanischen Geschichte. Das hebt sie weit über eine reine Anti-Kriegs-Geschichte hinaus. Vielleicht haben aber auch jene Leser nicht ganz unrecht, die befürchten, dass die grafische Opulenz und Brillanz den literarischen Eigenwert der Story stark übertünchen und sich fragen, ob diese Geschichte ganz einfach »nicht so aufregend« ist und die »Charaktere nicht so interessant oder auch nur einnehmend« sind, dass man wirklich Anteil an ihrem Schicksal nimmt. »Vielleicht hat der Autor gar nicht so viel zu erzählen …«

Das sollte man aber wirklich selbst herausfinden. Daher (allein schon der fabulösen Zeichnungen wegen!): unbedingt reinschauen! Die deutsche Ausgabe erscheint allerdings erst Anfang November.

Die drei Joker

223 Ist es möglich, fragen sich Batman und seine Freunde und Kollegen Batgirl (Barbara Gordon) und Red Hook (Jason Todd, früher Robin), dass es nicht nur einen Joker gibt, sondern deren gleich drei? Und dass es diese vielleicht sogar immer schon gegeben hat? Diesen Eindruck könnte man jedenfalls gewinnen, da nun Die drei Joker (so auch der Titel des besprochenen Werks) gleichzeitig an drei verschiedenen Orten zuschlagen.

Gordon und Todd haben schon ihre ureigenen unangenehmen Erlebnisse mit dem Killerclown von Gotham City gehabt. Der Tochter von Polizeichef Gordon hat der Joker (in der Story The Killing Joke) skrupellos in den Bauch geschossen, woraufhin sie andere Helden für lange Zeit nur noch im Rollstuhl beraten konnte. Und Todd hat der Joker sogar ermordet. Diesen Eindruck hatte der Leser jedenfalls, bis sich dann herausstellte, dass der kleine Jason irgendwie doch überlebt (ja, verdammt, wir sprechen hier nun mal über Comic-Serien!) und eine neue Karriere als Red Hood gestartet hat. Dieser Red Hood ist allerdings nicht mit dem wohlerzogenen Todd zu vergleichen, den Batmans hehre Ideale fast das Leben gekostet haben: niemanden töten, kein Gebrauch von Schusswaffen, Gewalt auf Prügeleien beschränken. Eben ein anständiger Superheld bleiben. Red Hook ist da von anderem Kaliber. Er läuft mit einer Knarre rum und zögert nicht, sie beim Joker, der ihm so viel Schreckliches angetan hat, und seinen (unfreiwilligen)

224 Helfern auch mit einem finalen Schuss gezielt einzusetzen. Sprich: jemanden zu erschießen. Denn es bleibt nicht bei drei Jokern. Schon bald laufen buchstäblich dutzende, wenn nicht sogar hunderte von ihnen herum, die alle von den drei Jokern in den Dienst gepresst und mit der Hilfe von Chemikalien verändert wurden – oder vielleicht doch nur von dem einen echten? Natürlich beschränkt sich Die drei Joker nicht darauf, die Helden gegen eine Übermacht von Widersachern antreten und sie sich mit diesen prügeln zu lassen; die Graphic Novel in drei Teilen erzählt auch noch eine nachvollziehbare Geschichte. Oder auch zwei. Bruce Wayne etwa ist ja zu Batman geworden, weil der Straßengangster Joe Chill nach einem Kinobesuch (der Film: natürlich Zorro!) seine Eltern überfallen und erschossen hat und der kleine Bruce dabei hilflos zusehen musste. Eine Zufallstat, wie der Comic-Kenner seit 82 Jahren glaubt. Aber war es wirklich eine? Die drei Joker greift auf diesen Anfang zurück. Nach einigen durchaus cleveren Verwicklungen stellt sich den Helden – und dem Leser – die Frage, ob diese Bluttat nicht vom Joker geplant und inszeniert worden ist. War er damals schon aktiv und die eigentliche Kraft hinter den Morden? Steckt in Wirklichkeit er hinter diesem Anschlag? Und wenn ja, warum? Auftritt: Chill: Der inzwischen sehr alte Mann liegt im Sterben. Batman sucht ihn im Gefängnis auf, kommt jedoch zu spät. Der Joker hat ihn entführt. Es kommt zu irrwitzigen Szenen; der Joker will Chill in ein Becken mit eben jenen Chemikalien hinablassen, in die er gestürzt ist, als er zu 225 Batmans absolutem Erzfeind wurde. Will er diesen Greis tatsächlich zu einem neuen Joker machen? Wohl eher nicht. Der Sinn hinter dem allem? Muss es einen geben? Den Joker zeichnet von Anfang an aus, dass er absolut durchgeknallt ist, mitunter völlig irrational handelt, mitunter aber auch höchst intelligent und durchdacht. Er ist in der Tat ein vielschichtiger Gegenspieler Batmans, der überdies von zahlreichen Autoren auf unterschiedlichste Art und Weise interpretiert wurde. Die Antwort auf all diese Fragen ist, wenn man sich im Batman-Universum ein wenig auskennt, so überraschend wie lapidar, so abstrus wie logisch. Eben wie der Joker … Erzählt wird dies alles noch etwas besser konstruiert, als es hier wiedergegeben wird, praktisch auf drei Ebenen: der Kriminelle, der Komödiant, der Clown – die drei Gesichter und Wesenszüge des Jokers tragen die Handlung, treiben sie voran.

So vielschichtig die Geschichte ist, so brillant sind die Zeichnungen. »Der wichtigste Joker-Comic seit BATMAN: KILLING JOKE!«, lobt der Klappentext. Was sich wie ein üblicher Werbespruch liest, entpuppt sich hier zur großen Überraschung des Autors dieses Artikels als alles andere als übertrieben. Jason Fabok hat seinen Alan Moore und Brian Bolland nicht nur gelesen, sondern geradezu studiert, und dieser Band steht auch optisch eindeutig in der Tradition des berühmten Vorläufers. Immer wieder weisen die 226 Zeichnungen und die Farbgebung auf die ausgezeichnete Graphic Novel hin, die Batman schon 1988 fit für das neue Jahrtausend machte und auf ein ganz neues Niveau hob. Zum Teil kopiert Fabok die Panelaufteilung, zum Teil spielt er mit ihr, variiert sie und wandelt sie ab. Dadurch bleibt Lächeln, bitte! – so der Titel der deutschen Originalausgabe aus dem Jahr 1990 – stets in Erinnerung. Die drei Joker lädt zum Blättern in diesem Band ein, zur erneuten Lektüre, überzeugt aber auch als eigenständiges Werk auf ganzer Linie. Also: unbedingt reinschauen!

Dying Is Easy Im Gegensatz zu den Hill House Comics, einem neuen Label des Verlags DC, bei dem unter der Ägide von Joe Hill (*4. Juni 1972 in Hermon, Maine) fünf abgeschlossene Comic-Serien erschienen (mehr Informationen dazu im

227 Corona Magazine 2020/4), wurde Dying Is Easy von Stephen Kings Sohn und Zeichner Martin Simmonds, der so neu in der Branche ist, dass kaum Informationen über ihn vorliegen, zuerst als fünfteilige Heftserie beim Verlag IDW veröffentlicht. Später legte Hill die gesammelten Hefte in einer wohlfeilen Hardcover-Ausgabe vor.

Dying Is Easy kommt ohne übersinnliche Elemente aus. Es ist also keine Horror-Story … zumindest nicht per definitionem, auch wenn sie sich bemüht, ziemlich schrecklich zu sein. Hauptperson ist der Stand-up-Komiker Syd »Shit Talk« Homes, ein ehemaliger Polizist, der den Dienst quittieren musste und nun versucht, sich als Bühnen-Komödiant über Wasser zu halten. Seine Pointen sind von seinen Erfahrungen im Polizeidienst geprägt und daher vielleicht nicht unbedingt die lustigsten, auch wenn sein Zynismus ganz gut ankommt. Viel erfolgreicher, aber unter den Kollegen auch weniger beliebt, ist sein Kollege Carl Dixon, der drauf und dran ist, zum Superstar unter den Komödianten zu werden. Allerdings ist in der Branche bekannt, dass er seine Gags von Kollegen klaut. Als Dixon ermordet wird, gerät Homes unter Verdacht, und die Polizei-Routine ist gnadenlos: Er wird vorverurteilt und zum Zentrum der Ermittlungen. Von diesem Zeitpunkt an gerät die Graphic Novel völlig außer Kontrolle. Homes muss untertauchen, kennt sich aber als Ex-Bulle gut genug mit den Ermittlungsmethoden aus, um sich einer Verhaftung entziehen und selbst ermitteln zu können, wer der wahre Täter ist. Allerdings verliert der 228 Leser spätestens mit Beginn des zweiten Kapitels das Interesse daran, das Rätsel zu lösen. Der Comic ist textlich dermaßen überfrachtet, dass das Lesen geradezu zur Qual wird. Hinzu kommt, dass die Story weder besonders interessant noch durchdacht ist und so stark mäandert, dass es schon zum Ärgernis gerät. Vielleicht ist das ein Versuch, Homes und Dixon zu charakterisieren, genau zu erfassen, was sie »ticken lässt«, aber das interessiert den Leser nicht, der zuerst einmal wissen will, worum es überhaupt geht. Die Story kommt nicht richtig in Gang und schweift immer wieder dermaßen ab, dass man sich unwillkürlich fragt: Was will der Autor dem Leser sagen?

Auch die Zeichnungen geraten zum Ärgernis. Hauptsächlich in braunen Pastelltönen gehalten, ziehen sie sich genauso grausam in die Länge wie die Geschichte. Besonders deutlich definiert sind die Hauptpersonen auch nicht. Nach ein paar Seiten fragte man sich unwillkürlich, wer da gerade spricht, welche Funktion er im Gesamtkonzept spielt und was er eigentlich zu sagen hat, und man muss zurückblättern, um dies nachzuschlagen. Dying Is Easy explodiert nicht, sondern diffundiert; man wundert sich, was das alles soll und was für ein Sinn dahintersteckt.

So hoch gesteckt die Absichten und Ziele von Hill auch sein mögen, sie gehen unter in einem uninteressanten Brei, sowohl was die Erzählung selbst als auch die Zeichnungen betrifft, die sie eigentlich tragen sollen. Bei dieser Graphic 229 Novel – die fünf Einzelhefte lesen sich wie eine in sich abgeschlossene Erzählung – schwimmt der Leser vom zweiten bis zum fünften Kapitel, verliert permanent den Faden und damit auch sehr schnell das Interesse. Dying Is Easy ist sohin die Ausnahme, die die Regel dieser Kolumne bestätigt. In diesem Fall heißt es »Finger weg!« und keineswegs »Unbedingt reinschauen!«.

Weiterführende Infos:

Leo/Rodolphe/Janjetov Europa 1 – Der Eismond Splitter, Bielefeld 2021, 48 S., € 15.00

Barry Windsor-Smith Monsters

230 Fantagraphics Books, Seattle, Washington 2021, 368 S., 34,99 $

Geoff Jones/Jason Fabok Batman – Die drei Joker 1 - 3 Panini, Stuttgart 2021, unpaginiert (jeweils 60 S.), jeweils € 13,00 Gesamtausgabe: DC, Burbank/California 2020, unpaginiert, $ 29,99

Joe Hill/Martin Simmonds Dying is easy IDW, San Diego/California 2020, unpaginiert, $ 19.95

Feuer kann einen Drachen nicht töten: Das offizielle Making-of verkürzt unterhaltsam die Wartezeit auf die neue Game of Thrones-Prequel-Serie

Hinter den Kulissen: Film- und TV-Experte James Hibberd berichtet in exklusiven Interviews und mit viel Insider-Wissen von der Entstehung des Serienphänomens

Von Birgit Schwenger

231 Von 2011 – 2019 setzte die amerikanische TV-Serie Game of Thrones Maßstäbe in der weltweiten Fernsehlandschaft. Die Serie, die auf der Romanreihe Ein Lied von Eis und Feuer von G.R.R. Martin basiert, begeisterte Millionen von Zuschauern und beeindruckte mit ihren immensen Schauwerten, einer eindrucksvollen schauspielerischen Riege, vor allem aber auch mit ihrer komplexen Geschichte. Daher ist es kein Wunder, dass HBO versucht, mit Nachfolge-Serien wie der bereits in Dreh befindlichen House of the Dragon, die ab 2022 ausgestrahlt werden soll, an diesen Erfolg anzuknüpfen. Immer wieder ist auch von weiteren Serienprojekten die Rede, die sich in Planung oder sogar bereits in Entwicklung befinden sollen, z. B. eine Verfilmung der Erzählungen rund

232 um Duncan und Ei, die auf Deutsch unter dem Titel Die Heckenritter von Westeros erschienen sind. Auch hoffen die Fans weltweit weiterhin auf die Veröffentlichung der letzten beiden noch ausstehenden Romanteile der Saga, von denen sich aktuell zumindest der sechste Band – wieder einmal – der Fertigstellung nähern soll.

Bereits während der Ausstrahlung der Serie sind im Penhaligon Verlag zwei Begleitbände erschienen, die umfassend Einblick in die Geschichte von Westeros geben und sicher bereits die Bücherregale vieler Fans von Game of Thrones zieren. Beide sind im Stil von opulenten Geschichtschroniken kreiert worden: In Westeros: Die Welt von Eis und Feuer erfährt man alles, was es über Martins Welt zu wissen gibt, und Feuer und Blut – Erstes Buch: Aufstieg und Fall des Hauses Targaryen von Westeros erzählt detailliert die Geschichte der Targaryens, von Aegons Thronbesteigung bis etwa 150 Jahre vor den Ereignissen von Game of Thrones. Mit Feuer kann einen Drachen nicht töten hat der Verlag nun das offizielle Making-of der ursprünglichen Serie vorgelegt. Der erfahrene Medien-Journalist und Autor der Filmzeitschrift Entertainment Weekly, James Hibberd, konnte die Serie von Beginn an begleiten und erhielt daher exklusiv Einblick ihre Entstehungsgeschichte sowie in die Geschehnisse an den hermetisch abgeriegelten Sets.

Das Unverfilmbare verfilmen 233 Bereits die Vorgeschichte der Original-Serie ist ein kleines Drama in sich: Lange Zeit galt die Romanreihe – auch in den Augen des Autors Martin selbst – als nicht verfilmbar. Umso größer war die Überraschung, als der amerikanische Pay-TV-Sender HBO zwei Neulinge im TV-Geschäft, die Produzenten David Benioff und D. B. Weiss, mit der Verfilmung beauftragte. Benioff hatte einige Bücher (25 Stunden, Stadt der Diebe) und Drehbücher geschrieben (Troja, Drachenläufer), aber beide hatten noch nie etwas derartig Großes verantwortet. Als sich abzuzeichnen begann, dass die ursprüngliche Pilotfolge, die noch immer unter Verschluss gehalten wird, unbrauchbar war, hatte HBO bereits 10 Millionen Dollar in die Serie investiert. Doch der Sende glaubte an das Potential der Serie – und wollte das Geld noch nicht völlig abschreiben. Nur so ist es wohl zu erklären, dass die beiden Showrunner trotz ihrer anfänglichen Fehler und Schwierigkeiten einen zweiten Versuch unternehmen durften, der schließlich in das allseits bekannte Ergebnis von Der Winter naht mündete. Am Anfang mussten sich die Serienmacher jedoch öfter behelfen und mit den bescheidenen Mitteln, die ihnen zur Verfügung standen, tricksen, um Martins beeindruckenden Fantasy-Kosmos Realität werden zu lassen. Erst mit zunehmenden Erfolg der Serie stieg auch das Budget und erlaubte immer spektakulärere Sets und Effekte. Die in diesem Buch beschriebenen Anfänge des Projekts sind zum Teil haarsträubend zu lesen: Man mag kaum glauben, mit welch beschränkten Mitteln, dafür aber mit

234 viel Kreativität und Enthusiasmus sich das Team einst ans Werk machte.

Episches Drama vor und hinter der Kamera Dramatisch ging es im Verlauf der Serie auch weiterhin nicht nur vor, sondern auch hinter den Kameras zu. Acht Jahre lang wussten nur wenige ausgewählte Personen, dass Emilia Clarke eine schwere Hirnblutung erlitten hatte und sich hätte schonen sollen, anstatt nahtlos mit den Dreharbeiten der dritten Staffel weiter zu machen. Sie wollte es nicht riskieren, ihre erste große Hauptrolle zu verlieren, denn genau wie viele der anderen jungen Schauspieler und Schauspielerinnen des Projekts hatte sie noch nicht allzu viele Erfahrungen im Business vorzuweisen. Kit Harington, Richard Madden und Alfie Allen kamen mehr oder weniger direkt von der Schauspielschule, ebenso John Bradley, der überzeugt davon ist, die Rolle als Samwell Tarly nur aufgrund seiner ungeheuren Nervosität und Tollpatschigkeit beim Vorsprechen bekommen zu haben.

Ein ganzes Kapitel ist den Streichen gewidmet, die Benioff und Weiss den Darstellern und der Crew spielten – und umgekehrt. Dabei ging es zum Teil schon richtig zur Sache. Aber wann war das schon nicht der Fall bei Game of Thrones? Am meisten Ehrfurcht oder sogar Angst hatten Schauspieler und Crew laut eigener Aussage allerdings vor Dame Diana Rigg, bei der sich gestandene Regisseure wie Fünfjährige fühlten, in deren Gegenwart der Kameramann 235 absolut machtlos war und die allen zeigte, was es heißt, vom Set zu stürmen – mit »einer Geschwindigkeit von 150 Metern pro Stunde«. Ein anderes Kapitel ist den weniger erfreulichen Auswüchsen des Erfolgs gewidmet: die zum Teil bizarren Begegnungen mit Fans, die zunehmenden Touristenströme an den Drehorten, Cyber-Angriffe auf HBO, Militärschutz bei den Dreharbeiten und sogar ein Bittgesuch von dem damaligen amerikanischen Präsidenten Barack Obama, vorab Kopien der neuen Folgen zu erhalten (dem auch nachgegeben wurde).

Auch mit den Unterschieden zwischen Büchern und Serie beschäftigt sich Hibberd und lässt dabei auch Martin zu Wort kommen. Er erforscht, wie es dem Autor dabei ergangen ist, dass die Serie schließlich seine Romane überholt und ihre eigene Geschichte fortgesetzt hat. Die Macher sahen damals aufgrund der Fülle an Charakteren und Handlungssträngen keinen anderen Weg, als sich auf die Haupthandlung der zentralen Figuren zu konzentrieren: Alles andere wäre für die Produktion vom Aufwand und den Kosten her nicht zu stemmen gewesen. Auch wäre es wohl beim Publikum nicht gut angekommen, wenn Serienlieblinge wie Daenerys, Jon Snow oder Tyrion für lange Zeit von der Bildfläche verschwunden wären. Oder wie Benioff es sehr passend beschreibt: »Es ging immer darum, die Serie als Ganzes zu adaptieren, der Karte zu folgen, die George ausgebreitet hatte, und die

236 Meilensteine zu passieren, aber nicht notwendigerweise jeden Halt auf dem Weg mitzumachen.«

Ende heißt Abschied nehmen Schließlich hieß das auch, dass die Serie Fragen beantworten musste, bei denen die Bücher noch nicht angekommen sind, z. B. die elementar wichtige: »Ist Jon Snow wirklich tot?«, die sogar Obama keine Ruhe ließ. Zwei Jahre lang mussten die Serienschöpfer und vor allem auch Darsteller Harington versuchen, die Wahrheit geheim zu halten und alle auf eine falsche Fährte zu locken. Alles andere als ein leichtes Unterfangen, wie sich schnell zeigte. Auch auf die Kritik vor allem zu den letzten beiden Staffeln geht Hibberd ein und lässt die Macher zur Wort kommen, um zu erforschen, warum welche Entscheidungen getroffen wurden. Keine Serie, nicht einmal Game of Thrones, konnte diesem Hype gerecht werden; das Ende der Serie bedeutete auch das Ende einer Ära. Nikolaj Coster-Waldau fasst das Gefühl sehr schön in Worte: »Wie könnte irgendein Ende gut sein ... wenn man nicht will, dass es zu Ende ist?« Doch am Ende geht es genau um das: Abschied nehmen von einer großartigen Serie, von tollen Schauspielern und einem wahr gewordenen Traum, das Unmögliche möglich gemacht zu haben.

Die große Stärke des Buchs sind eindeutig die vielen Interviews mit den Serienschöpfern, den Schauspielerinnen und Schauspielern und anderen Team-Mitgliedern hinter 237 der Kamera, die in ihren eigenen Worten ihre persönlichen Geschichten und Erlebnisse vom Set erzählen. Die Anekdoten und Details von den Dreharbeiten sind fast so spannend wie die Serie selbst und auf jeden Fall äußerst unterhaltsam zu lesen. Für Fans ein besonderer Leckerbissen sind die 48 farbigen Fototafeln mit zum Teil bislang unveröffentlichten Bildern sowie das exklusive Poster im Schutzumschlag des Buches. Der macht übrigens auch ohne Poster dank des Reliefschriftzugs und der Schriftrollen auf den Innenseiten einiges her. Die Innenseiten des Einbands zieren die Wappen der großen Häuser von Westeros. Ein Register zum gezielten Suchen von bestimmten Charakteren, Orten oder anderen Details rundet das 464 Seiten starke Buch ab.

Weiterführende Links: https://www.amazon.de/Feuer-einen-Drachen-nicht-töten/ dp/3764532548/ https://www.amazon.de/Game-Thrones-komplette-Serie-Bl u-ray/dp/B084DGVF31/ https://www.amazon.de/Martin-George-Game-Thrones-Seri e/dp/B01M64T97G

238 Der Ickabog von Joanne K. Rowling ist im Carlsen-Verlag in einer prächtig illustrierten Ausgabe auf Deutsch erschienen Ein wundervolles Märchen von einer der besten Geschichtenerzählerinnen der Welt: von Birgit Schwenger

Es war einmal das glücklichste Königreich der Welt mit dem Namen Schlaraffien: Die Menschen lebten unter ihrem König Fred dem Fruchtlosen ganz ohne Sorgen und in Wohlstand. Die Hauptstadt Chouxville im Süden des Landes war berühmt für ihr erlesenes Gebäck, das so lecker war, das einem beim Hineinbeißen vor lauter Glück die Tränen

239 kamen. Weiter im Norden waren die Städte Topfenberg und Pökelingen berühmt für ihren exzellenten Käse bzw. die feinen Räucherwaren, und Seligspund kannte man für seine erlesenen Weine. Einzig und allein das Marschland, das am nördlichen Rand des Königreichs lag, schien von der märchenhaften Fruchtbarkeit der anderen Regionen nichts abbekommen zu haben: Dort wuchsen nur geschmacklose, zähe Pilze und dürres Gras, das kaum ausreichte, um die wenigen, ausgemergelten Schafe der Marschländer zu ernähren. Diese waren daher auch nicht wohlgenährt und elegant gekleidet wie die anderen Bewohner des Königreiches, sondern hager und zerlumpt, weswegen das übrige Volk von Schlaraffien sie für einfältiges Gesindel ohne Manieren hielt, das nichts je zustande gebracht hatte außer der Legende des Ickabogs. Das Ungeheuer, das von manchen wie ein Drache, eine Schlange oder auch ein Wolf beschrieben wurde, lebte den Erzählungen nach in einem nebelverhangenen Sumpfgebiet hoch im Norden, verschleppte Schafe und Kinder und fraß manchmal sogar erwachsene Männer und Frauen, die sich zu nah an das Sumpfland herangewagt hatten. Niemand glaubte wirklich an die Existenz des Monsters, aber wenn die Geschichten über das Ungeheuer gar zu gruselig ausfielen, dann konnten die Kinder es, vor allem in ihren Träumen, schon einmal mit der Angst zu tun bekommen. So wie der kleine Wim Wonnegleich, der Sohn der Chefkonditorin des Königs und des Befehlshabers der königlichen Garde. Aber wer hätte geglaubt, dass das 240 Märchen vom Ickabog das glücklichste Land der Welt tatsächlich ins Unglück stürzen würde?

Mut in gefährlichen Zeiten Mit seiner Freundin Lilli Lerchensporn, deren Vater Leo der beste Tischler des Königreichs und deren Mutter die Oberste Schneiderin des Palasts ist, muss Wonnegleich in der Erzählung über sich selbst hinauswachsen. Gemeinsam müssen die beiden gefährliche Abenteuer bestehen, um ihr Land und dessen Bewohner vor dem Verderben zu bewahren. Dabei geht es hochspannend und auch streckenweise sehr dramatisch zu, so dass jüngere Kinder das Buch besser gemeinsam mit ihren Eltern lesen sollten. Das herzerwärmende, entzückende Märchen über die Macht von Freundschaft und Hoffnung, die allen Widrigkeiten zum Trotz triumphieren, ist aber keineswegs nur für Kinder geeignet. Auch Erwachsene werden ihren Spaß an Joanne K. Rowlings augenzwinkernder Fabulierkunst haben und die Geschichte noch einmal auf einer ganz anderen Ebene lesen als Kinder, denn es geht auch um Themen wie Korruption, politische Intrigen, die Rechte von Frauen und Kindern und ganz zentral um das Handeln von Menschen, die ihr Leben oder das ihrer Liebsten bedroht sehen und schlicht und ergreifend Angst haben. Die Geschichte um das sagenumwobene Ungeheuer und außergewöhnlichen Mut in gefährlichen Zeiten ist spannend und erfrischend erzählt, sodass die Seiten beim Lesen

241 geradezu dahinfliegen – aber das ist bei der meisterlichen Erzählerin auch kein Wunder. Wer mutig genug ist, schlägt das Buch auf und beginnt zu lesen ...

Von der Gute-Nacht-Geschichte zur Gratisveröffentlich während des Covid-19-Lockdowns Laut Rowling kam ihr die Idee zum Ickabog, den sie vor allem ihren beiden jüngeren Kindern früher als Gute-Nacht-Geschichte erzählt hat, schon vor vielen Jahren. In der Zeit, als sie an den Harry Potter-Büchern schrieb, arbeitete sie zwischen den einzelnen Bänden auch immer wieder an neuen Kapiteln für die Geschichte des Ickabogs. Doch als sie die Harry Potter-Reihe abgeschlossen hatte, wollte sie nicht gleich noch ein Kinderbuch veröffentlichen und widmete sich stattdessen dem Schreiben von Krimis für Erwachsene. So landete der Ickabog erst einmal auf ihrem Dachboden, wo er über ein Jahrzehnt liegen blieb, bis Rowling im Frühjahr 2020 die Arbeit an dem Märchen erneut aufnahm und es kapitelweise online stellte, um Kindern, die während des ersten Lockdowns der Covid-19-Pandemie zuhause festsaßen, eine kostenlose Beschäftigung zu geben. Gemeinsam mit Verlegern auf der ganzen Welt bat Rowling Kinder zwischen 7 und 12 Jahren zudem, die Geschichte zu illustrieren und ihr die Bilder für die jeweilige Buchausgabe in ihrem Land einzusenden. Allein für die englische Ausgabe gingen über 18.000 Illustrationen ein, aus denen 34 für die Veröffentlichung ausgewählt wurden. Auch die 242 wunderschön gestaltete, 352 Seiten starke deutsche Ausgabe ist mit den prächtigen farbigen Illustrationen der jungen Gewinnerinnen und Gewinner des Malwettbewerbs aus dem deutschsprachigen Raum geschmückt, die die Geschichte mit ihren Bildern lebendig werden lassen. Der Carlsen Verlag empfiehlt das Buch ab acht Jahren. Die gelungene deutsche Übersetzung stammt von Friedrich Pflüger.

Ihre Honorareinnahmen aus dem Buch stellt Rowling ihrer Stiftung, dem Volant Trust, zur Verfügung, der sich zum Ziel gesetzt hat, soziale Benachteiligung insbesondere für Frauen, Kinder und gefährdete junge Menschen, vor allem auch in Krisensituationen, zu lindern. Rowling setzt sich mit ihrer Organisation Lumos zudem für eine Welt ohne Waisenhäuser und für die Wiederzusammenführung von Familien ein – auch ein Thema, das im Ickabog vermutlich nicht ganz zufällig eine zentrale Rolle spielt.

Weiterführende Links: https://www.amazon.de/Ickabog-J-K-Rowling/dp/35515592 01/ https://www.theickabog.com https://www.volanttrust.org https://www.wearelumos.org 243 Scholomance – Tödliche Lektion: Wenn Schule wirklich der absolute Horror ist Der erste Band von Naomi Noviks rabenschwarzer neuer Fantasy-Trilogie ist im März im cbj-Verlag erschienen von Birgit Schwenger

Wenn es um Erinnerungen an die Schulzeit geht – egal, ob sie noch andauert oder schon in der Vergangenheit liegt –, kann jede(r) mitreden: Unfaire Lehrer, langweiliger Unterricht, zu viele Hausaufgaben usw. Aber die sogenannte Scholomance ist anders; so eine Schule hat man noch nicht erlebt: Es gibt keine Lehrer, auch keine Ferien. Okay, man hat auch sehr viele Hausaufgaben, aber ansonsten ist alles anders, vor allem die Tatsache, dass es nur zwei Wege gibt, die Schule zu verlassen, nämlich mit dem Bestehen der Abschlussprüfung oder durch den Tod. Wer glaubt, dass es in Naomi Noviks neuem Roman Scholomance um eine Magierschule á la Hogwarts aus Harry Potter geht, könnte damit nicht falscher liegen. Zwar gibt es auch in Noviks Zaubererwelt Menschen, die erst mit dem buchstäblichen Einzug in die Schule erfahren, dass sie über Magie verfügen; diese sind aber meist hoffnungslos verloren und quasi schon so gut wie tot, weil ihnen jegliche Erfahrung fehlt. Auch leben die Magier und Hexen 244 unerkannt in Mitten der nicht-magischen Menschen, ziehen sich jedoch meist in bestimmte Gebiete zurück, um unter sich bleiben zu können.

Jeder gegen jeden – nur das Überleben zählt Das sind auch schon die einzigen Ähnlichkeiten, die es zwischen Scholomance und Harry Potter gibt. Während in Rowlings Büchern Freundschaft und Geselligkeit großgeschrieben werden, geht es bei Novik um jeder gegen jede. Aus dem Schulgebäude, in dem man die ganze Zeit ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt lebt, kann man letztlich nur nach der Abschlussprüfung entkommen. Diese besteht darin, den Festsaal im Untergeschoß der Schule lebendig zu verlassen, wenn man es überhaupt geschafft hat, bis dahin zu überleben. Denn schließlich verbringt man seine Schulzeit unter einem Dach mit einer Menge gefährlicher Monster und Bestien, die sich keine Mahlzeit vorstellen können, die leckerer als die Schüler ist. Unter diesen Umständen ist sich jeder selbst der nächste, es sei denn, es gelingt einem, mit anderen ein Bündnis zu schließen, um sich gemeinsam gegen die Gemeinheiten der Schule und die Monster zu wehren. Für Galadriel, genannt El, die Heldin des Buches (wenn man sie denn so nennen kann), ist das allerdings nicht der Fall. Weder kommt sie aus einer der angesehenen Zauberer-Enklaven, noch ist es ihr gelungen, sonst irgendwie Freunde zu finden. So kämpft sie sich weitestgehend allein und ohne fremde Hilfe durch die harten Jahre ihrer Schulzeit, von den anderen mehr oder weniger ignoriert oder bestenfalls toleriert. Ihr Plan, sich 245 durch eine beeindruckende Großtat ihre Zukunft nach der Schulzeit zu sichern, ist bislang nicht aufgegangen. Ihre Situation verschlechtert sich noch, als Orion Lake aus der Enklave New York, der bereits vielen von ihren Mitschülern das Leben gerettet hat, auch ihres rettet und das sogar gleich zwei Mal. Wie soll jemand sie ernst nehmen und sie für wert befinden, Teil eines Bündnisses, ja womöglich später sogar Teil einer Enklave zu werden, wenn sie noch nicht einmal in der Lage ist, sich selbst zu schützen? Dabei birgt El ein dunkles Geheimnis, dass es ihr ermöglichen würde, die Monster der Schule zu töten … Allerdings nur für einen sehr hohen Preis, den sie – noch nicht? – bereit ist zu zahlen.

Spannung pur mit tiefschwarzem Humor In das Buch einzusteigen, ist am Anfang gar nicht so leicht, denn es geht gleich richtig zur Sache, ohne dass man weiß, wo man überhaupt ist, wer die Charaktere im Einzelnen sind und in welcher Welt sich diese Geschichte überhaupt abspielt. Auch ist El zu Beginn der Geschichte nicht unbedingt sonderlich sympathisch, da sie sich – auch vom Leser – nur ungern in die Karten schauen lässt. Aber Novik gelingt es wie immer in ihrem Romanen gekonnt, eine originäre Welt in ihrer Vielfalt detailliert lebendig werden zu lassen, von der man bald glaubt, sie schon lange zu kennen und sehr vertraut mit ihr zu sein. Auch die verschiedenen Charaktere mit ihren ganz unterschiedlichen Stärken und Schwächen wachsen einem mehr und mehr ans Herz. Man

246 fiebert mit um ihr Überleben, sodass die Seiten beim Lesen nur so dahinfliegen. Die Autorin dieser Zeilen hat die 480 Seiten dieses fesselnden Schmökers innerhalb eines Tages im wahrsten Sinne des Wortes verschlungen, weil die Spannung schließlich kaum noch auszuhalten war. Der Verlag empfiehlt das Buch ab 14 Jahren, es ist aber definitiv auch für ältere Leser*innen geeignet, die Spaß an einer rasanten Achterbahnfahrt zwischen dunkler Magie, gruseliger Horrorstimmung und schrägem schwarzen Humor haben.

Mit El ist der Autorin wie schon in Das kalte Reich des Silbers oder Das dunkle Herz des Waldes wieder eine starke Heldin gelungen, die man im Verlauf der Geschichte auch näher kennen- und schätzen lernt, vor allem, nachdem man erfährt, wie ihr Leben ausgesehen hat, bevor sie zur Scholomance gekommen ist. Dagegen erscheint Harry Potters Leben bei den Dursleys wie das reinste Zuckerschlecken!

Kein Zuckerschlecken ist dagegen die Wartezeit auf den zweiten Band: Der letzte Absolvent ist für den 21. Oktober diesen Jahres angekündigt. Der Titel des dritten Bands lautet Die goldenen Enklaven, dieser hat aber noch kein Veröffentlichungsdatum.

247 Copyright Cover: cbj Jugendbuch Copyright Foto der Autorin: Beth Gwinn Weiterführende Links:

Scholomance – Tödliche Lektionen: https://www.amazon.de/Scholomance-Tödliche-Dark-Fan tasy-Highlight-New-York-Times-Bestsellertrilogie-Scholoman ce-Reihe/dp/3570166090/

Scholomance – Der letzte Absolvent: https://www.amazon.de/gp/product/3570166104/

248 Mythos Wiedergänger von Daniela Mattes & Roland Roth: Zombies, Dracula und Frankenstein von Thorsten Walch

Sie sind aus dem klassischen sowie aus dem modernen Horror-Genre nicht wegzudenken: die Wiedergänger, untote Kreaturen, die einst ganz normale Menschen waren und durch verschiedene unglückselige Fügungen dazu verdammt sind, nach ihrem Tod aus ihren Gräbern zurückzukehren und die Lebenden heimzusuchen. Vampire, allen voran der berühmte Graf Dracula, sind sicherlich die bekanntesten Wiedergänger; doch nicht erst seit den Filmen von George A. Romero und der Fernsehserie The Walking Dead haben sich auch die modrigen Zombies auf ihrer immerwährenden Jagd nach frischem Menschenfleisch zu einer festen Größe in den eher 249 unheimlichen Bereichen der Phantastik entwickelt. Und auch das tragische Geschöpf von Dr. Frankenstein, einst der Phantasie der jungen Schriftstellerin Mary Shelley entsprungen, gehört zu den Wiedergängern.

Daniela Mattes und Roland Roth stellen sich in ihrem neuesten Buch Mythos Wiedergänger, erschienen im Mai 2021 im Ancient Mail Verlag in Groß-Gerau, die Frage: Was haben Zombies, Dracula und Frankenstein gemeinsam? (so lautet auch der Untertitel des Buches). Gleichzeitig geht das Autorenduo auf die Suche nach den ganz realen Hintergründen des in manchen Gegenden bis heute anhaltenden Glaubens an Wiedergänger. Beide Autoren kommen eigentlich eher aus dem Bereich grenzwissenschaftlicher Mystery-Themen und sind mit Büchern über Geistererscheinungen und Hellsichtigkeit (Mattes) sowie über die Paläo-SETI-These, und über mystische und sagenumwobene Orte (Roth), in diesem Bereich bekannt geworden. Doch besitzen beide auch eine ausgesprochene Affinität für Phantastik: Mattes startete ihre Autorenkarriere als Verfasserin von Fantasy-Romanen für Kinder (Fine, die kleine Blumenelfe), während sich Roth, ein Fan von Captain-Future und auch von sonstigen Science-Fiction-Werken, in seinem Buch Von Space-Schnaps und Wurmlöchern (erschienen 2011) dem Thema »Unendliche Weiten« auf überaus humorvolle Weise widmete. In ihrem ersten gemeinsamen Buch (dem in Zukunft weitere zu verschiedenen Themen folgen sollen) geht es 250 hingegen um weit Gruseligeres als um zarte kleine Elfen und die umgangssprachliche ostfriesische Bezeichnung für Vogelmist (= Star Trek): Woher kommt er eigentlich, der Glaube an Vampire und auch an Zombies? Wer war eigentlich dieser Vlad III. Drăculea, der dem irischen Schriftsteller Bram Stoker als Vorbild für seinen unsterblichen Dracula diente? Und gab es reale Personen oder Vorfälle, die Shelley während ihres Urlaubs im Jahr 1816 am Genfer See zu ihrer klassischen Geschichte Frankenstein oder Der moderne Prometheus inspiriert haben könnten? Über diese Themen könnte man leicht ein streng wissenschaftliches, im wahrsten Sinne des Wortes erschöpfendes aber auch staubtrockenes Buch schreiben. Man kann es aber auch so machen wie Mattes und Roth, die mit Mythos Wiedergänger eine zwar durchaus ernsthafte, aber auch ungemein vergnüglich zu lesende Abhandlung geschrieben haben. Unterteilt in fünf Abschnitte auf insgesamt knapp 160 DIN-A5-Seiten geht es - um die Anfänge des Glaubens an Vampire nicht nur allein im mittelalterlichen Osteuropa; speziell um die zwar recht unappetitlichen aber überaus realen biologischen Prozesse, die die Menschen einst glauben machten, dass Tote aus ihren Gräbern wiederauferstehen - um die bis heute anhaltende kontroverse Sichtweise auf den mittelalterlichen walachischen Woiwoden Vlad der Pfähler, der in der westlichen Welt als grauenhafte historische Schauergestalt angesehen wird, in Rumänien

251 und den umliegenden Ländern jedoch als eine Art Volksheld galt und gilt - um die Sagen rund um die im südhessischen Odenwald gelegene Burg Frankenstein sowie mehrere zwielichtige, geschichtlich belegte Personen, die der jungen Shelley Anregungen für ihr berühmtes Schauerepos geboten haben mögen - um den auf Haiti und auch anderswo noch immer verbreiteten und nicht ganz von der Hand zu weisenden Glauben an die Fähigkeit der Voodoo-Priester, Menschen mittels Giften in willenlose Zombies zu verwandeln sowie - praktisch als Bonusmaterial um die Vorfahren der modernen Menschheit, die Neandertaler, die möglicherweise gar nicht so freundlich und friedliebend waren wie manche neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse implizieren.

Bei allem Informationsgehalt (der auch für eingefleischte Horror-Fans noch die eine und andere Neuigkeit umfassen dürfte) halten die beiden Autoren stets an einem angenehmen stilistischen Plauderton fest, der die Lektüre unterhaltsam und auch spannend gestaltet. Auch bleiben sie auf dem Teppich wissenschaftlich erwiesener Tatsachen und kennzeichnen spekulative Aussagen insbesondere über Zombies und Vampire entsprechend. Am Ende des Buches gibt es einen Bereich mit Hinweisen auf weiterführendes Material im Internet und auch in Buchform.

252 Mythos Wiedergänger kann unter der ISBN-Nummer 978-3-95652-305-2 im stationären und im Internet-Buchhandel sowie direkt beim Verlag unter www.ancientmail.de bezogen werden.

Im nächsten Artikel stellt die Redaktion des PHANTASTIKA Magazins den beiden Autoren übrigens noch ein paar Fragen über ihr Buch und darüber hinaus!

Im Gespräch mit Daniela Mattes und Roland Roth, den Autoren von Mythos Wiedergänger von Thorsten Walch

Thorsten Walch (TW): Hallo, ihr zwei! Ich freue mich sehr, dass sich die Gelegenheit zu diesem Interview über euer neues Buch ergibt – eure früheren Bücher kenne ich ja zumindest zu einem Großteil. Das führt auch direkt zur ersten Frage: Ist Mythos Wiedergänger: Was haben Zombies, Dracula und Frankenstein gemeinsam? euer erstes gemeinsames Buch? Ich weiß, dass ihr beide neben euren solo geschriebenen Büchern auch schon mit anderen Autoren zusammengearbeitet habt, aber in dieser Konstellation noch nicht, oder?

Daniela Mattes (DM): Nein, tatsächlich ist das unser erstes gemeinsames Werk, und es ist sehr spannend, weil hier 253 zwei Welten aufeinanderprallen. Ich bin eher der recherchierende Schreibtischtäter und Roland der Fotograf, der alle Schauplätze, sofern möglich, selbst aufsucht.

Roland Roth (RR): Wie Dani sagt, ist es das »erste Mal« mit uns, und ich kann nur sagen, dass ich begeistert bin. Ihre fachliche Kompetenz bei diesem Projekt hat mir von Anfang an das Gefühl gegeben, dass wir hier ein wirklich spannendes Projekt realisieren werden.

TW: Für euer Buch habt ihr euch ja ein recht unheimliches Thema ausgesucht, das sicherlich vor allem Horror-Fans ansprechen dürfte. Seid ihr selbst auch Horror-Fans, und falls ja, welche Filme, Bücher etc. mögt ihr besonders gern?

DM: Ich bin ein großer Stephen King Fan und habe alle seine Bücher gelesen. Aber auch Clive Barker und Dean R. Koontz mag ich sehr gern. Filmisch faszinieren mich sehr viele Horrorfilme, aber ich mag keine Splatter-Filme. Als Kind der 1980er-Jahre bin ich natürlich ein Freddy-Krueger-Fan und ich mochte den Kultstreifen The Return Of The Living Dead von 1985. Heute darf es eher etwas Moderneres sein, wie die Conjuring-Reihe oder Annabelle.

RR: Ich bin seit ich denken kann ein Fan von Horror und Science-Fiction, sodass ich bereits als kleiner Bub entsprechende Bücher und Comics wie die guten alten Gespenster-Geschichten heimlich unter der Bettdecke gelesen habe. Bei entsprechenden Filmen faszinieren mich 254 vor allem die alten Klassiker, die noch viel von der darstellerischen Leistung lebten und weniger auf bombastische Effekte setzten. Wobei gerade alte Horrorklassiker von Ray Harryhausen bemerkenswerte Effekte lieferten und auch die alten Hammer-Filme eine unheimliche Atmosphäre schufen, die mir auch heute noch einen wohligen Schauer über den Rücken laufen lassen.

TW: Wie seid ihr auf die Idee für das Buch gekommen? Was genau fesselt euch an der Thematik der Wiedergänger so?

DM: Wir sind bei einem Telefonat drauf gekommen. Wir wollten das Thema dann aber sehr wissenschaftlich beleuchten und nicht altbekannte Tatsachen herunterleiern. Ich glaube, damals war gerade ein Artikel über archäologische Funde erschienen, in dem es um Skelette ging, die mit einem Stein im Mund beerdigt worden waren.

RR: Ja, das Projekt entwickelte sich in unseren gemeinsamen Gesprächen. Es war uns wichtig, über Themen zu schreiben, die uns auch selbst faszinieren und auch dem Zeitgeist entsprechen. Die Wiedergänger sind so ein Thema, was derzeit wieder absolut »in« ist. Nicht zuletzt der Vampir-Mythos und auch das Wiederauferstehen des Zombie-Genres zeigen eindeutig, wie sehr uns diese gruseligen Wesen noch heute beeinflussen.

TW: Habt ihr außer Wismar, wo ja damals Murnaus Nosferatu in Teilen entstanden ist, noch andere von den 255 Orten besucht, an denen Geschichten über Wiedergänger gesponnen wurden?

DM: Ich war leider nicht in Wismar dabei und habe auch keinen der anderen Orte besucht; hier muss ich leider passen. Das hat Roland als »rasender Reporter« übernommen.

RR: Wismar ist ein echtes Highlight. Die alten Drehorte von Murnaus Nosferatu zu besuchen, lassen uns schon fast nostalgisch wehmütig werden. Auch andere Stätten waren auf der Reise-Agenda, wie beispielsweise das Schloss Frankenstein in Hessen. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne den Pfaden abseits der Zivilisation und der Normen folge. Daher: Ja, es sind noch weitere Reisen, u. a. nach Transsylvanien, geplant, die leider aus Gründen von Corona bisher nicht durchgeführt werden konnten.

TW: Habt ihr unter den vorgestellten Wiedergängern – Vampire allgemein, Dracula, Frankenstein und die Zombies – so etwas wie persönliche Favoriten, die euch ganz besondere Angst einflößen oder die euch anderweitig faszinieren?

DM: Ich finde, diese Figuren haben alle etwas Tragisch-Trauriges. Ein unsterblicher Vampir ist genau wie ein hässliches, künstlich geschaffenes Wesen überwiegend einsam und unglücklich. Und unter Drogen gesetzte Zombies als Opfer des Voodoo sind ebenfalls Außenseiter … 256 Einen Favoriten habe ich nicht, da keins dieser Wesen real ist oder war – außer die Voodoo-Zombies. Die machen mir Angst, weil sie »echt« sind.

RR: Mich fasziniert und gruselt auch besonders das Zombie-Phänomen. In der Mainstream-Presse wird so ein Thema gern lächerlich gemacht oder tabuisiert. Postapokalyptische Szenarien mit dem Schrecken des wandelnden Todes, ein Albtraum des Menschen seit Urzeiten, sind allerdings nicht selten sozialkritische und realitätsnahe Szenarien. Sie prognostizieren, wie das Ende einer Zivilisation herbeigeführt werden kann und wie fragil unsere Zivilisation in Wahrheit ist. Eine Zombie-Apokalypse, beispielsweise durch eine neue Art von Virus, könnte derart schnell unsere gesellschaftlichen Normen und Werte auseinanderbrechen lassen, dass in letzter Konsequenz sogar der Mensch des Menschen ärgster Feind werden kann.

TW: Woher, glaubt ihr, kommt es, dass es noch heute Menschen gibt (nicht allein in Osteuropa, wie ich selbst schon erlebt habe), die steif und fest daran glauben, dass Tote aus ihren Gräbern zurückkehren können, obwohl doch die Wissenschaft seit ewigen Zeiten weiß, dass dergleichen Blödsinn ist?

DM: Vielleicht haben sich hier neben dem Aberglauben auch andere Erfahrungen in das Weltbild der Betroffenen gemischt. Hellsichtige könnten Verstorbene gesehen haben, 257 was aber dann eher einer Vision entspricht als einer realen Rückkehr aus dem Reich der Toten. Vieles kann auch Einbildung auf Grund von Angstzuständen oder Halluzinationen sein. Und wir dürfen nicht vergessen, dass es damals sicher auch dazu gekommen ist, dass man Scheintote beerdigt hat, die dann im Grab rumort haben und wieder heraus wollten. Vielleicht ist ihnen das in einigen Fällen auch gelungen – und schon hatte man einen Wiedergänger. Allerdings dürfte das meiste, nach Quelllage, einfach nur auf reinem Aberglauben beruhen.

RR: Dani hat vollkommen recht. Das Phänomen beruht in den meisten Fällen auf infantilem Aberglauben, wobei lebende Tote nicht gänzlich auf die Fabel zu verweisen sind. Allein die Möglichkeit von mutierten Pathogenen, die das Gehirn befallen und das Verhalten verändern können, wäre eine ernsthafte Gefahr für uns und könnte solche Kreaturen durchaus zombiehaft wirken lassen. Dabei sehe ich nicht den tumben, daher wandernden Toten, sondern eher durch einen bislang unbekannten Erreger infizierte Menschen, die uns, rasend vor Wut, zum Verhängnis werden können. Man denke nur an neue Varianten von Tollwut-Viren. Die Frage ist doch auch, was genau uns bei dem Gedanken an Untote, Vampire und Frankensteins Monster wirklich die Haare zu Berge stehen lässt und uns vielleicht eine kollektive Ur-Angst begleitet … Im Buch stellen wir einige solcher spannenden und gleichzeitig erschreckenden Szenarien vor.

258 TW: Wo wir schon bei der Wissenschaft sind: Der Frankenstein-Mythos von der menschgesteuerten Schaffung von Leben ist ja durchaus auch in unserer Zeit eine Art modernes Schreckensbild, wenn es um wissenschaftlich durchaus nachvollziehbare Techniken wie das Klonen geht. Glaubt ihr, es wird irgendwann gelingen, solche »künstlichen Lebensformen« zu schaffen?

DM: Im Bereich der Wissenschaft ist sicher nichts unmöglich. Die Frage ist nur, wie lange es dauern wird, bis sich so etwas umsetzen lässt – und ob das in der Form, wie Frankenstein geschaffen wurde, überhaupt sinnvoll und notwendig ist. Wir werden wohl eher die Künstliche Intelligenz ausbauen und mit Robotern oder Ähnlichem arbeiten – vielleicht auch mit Avataren in Scheinwelten (wie in Ready Player One) oder als Ersatz in der Realität (wie bei Bruce Willis in Surrogate – Mein zweites Ich).

RR: Künstliche Lebensformen sind uns heute ja bereits bekannt, allerdings anders, als wir es von Dr. Frankenstein und seinem aus Leichenteilen zusammengesetzten Monster kennen. Viele Wissenschaftler sind heute der Auffassung, dass auch die künstlichen Intelligenzen dereinst eine Art »Evolution« erfahren und irgendwann alle Attribute von »lebendig« erfüllen werden. Letztendlich werden uns die Fortschritte in der Gentechnik und dem Klonen sicher zu einem Punkt führen, wo der erste Wissenschaftler es dem cineastischen Dr. Frankenstein gleichtun und bei irgendeinem kuriosen Experiment rufen wird: »Es lebt …!« 259 TW: Wie lange habt ihr eigentlich an dem Buch gearbeitet? Wie lange haben eure Recherchen gedauert?

DM: Ich habe extra mal nachgeschaut. Wir hatten im April 2020 die erste Struktur besprochen, und die Aufteilung der Themen. Alles in allem waren wir also bis zur Veröffentlichung rund ein Jahr damit beschäftigt – inklusive Korrekturläufe etc.

RR: Die eigentliche Arbeit an dem Buch hat rund zwölf Monate gedauert, wobei das Quellenstudium mitunter lange vorher begann und immense Zeit gekostet hat. Allein die literarischen und filmischen Werke noch einmal zu sichten und zu analysieren, war zeitraubend, hat aber auch sehr viel Freude bereitet.

TW: Ihr habt Euch mit Mythos Wiedergänger offenbar einem ganz neuen Terrain gewidmet. Ihr schreibt ja beide immer wieder über Mystery-Themen wie Geistererscheinungen und Hellsehen, in deinem Fall, Daniela, und über die Paläo-SETI-These und rätselhafte Orte in deinem, Roland. Da besteht zwar eine gewisse thematische Verwandtschaft, aber etwas Neues ist das Ganze dennoch.

DM: Das ist ja gerade das Spannende daran. Während Roland eher nüchtern Fakten checkt, Orte besucht und fotografiert, bin ich eher diejenige, die auch 260 ungewöhnlichen Phänomenen eine Chance einräumt und hingebungsvoll wie ein Daten-Trüffelschwein Dinge recherchiert. Esoterik trifft Wissenschaft könnte man sagen. Das ergänzt sich recht gut, aber eben auch auf sehr ungewöhnliche Weise. Das macht unsere Zusammenarbeit so spannend, da wir aus völlig unterschiedlichen Richtungen an ein Thema herangehen.

RR: Stimmt. Es war hierbei unsere Idee, dass wir uns einem völlig neuen Thema widmen. Dennoch war uns das Thema ja nicht unbekannt, denn wir haben seit vielen Jahren eine gewissen Affinität dazu. Schließlich würde ich sagen, dass es einfach unumgänglich war, dass wir uns diesem brisanten Stoff widmeten. Im Grunde haben uns unsere unterschiedlichen und doch gemeinsamen Wege unweigerlich zusammengeführt.

TW: Abschließend eine Frage, sozusagen aus der Gerüchteküche: Ich habe kürzlich durch die Buschtrommel gehört, dass Mythos Wiedergänger das erste Buch einer ganzen Reihe sein soll, in der ihr als Autorenduo vergleichbare Themen behandeln werdet. Stimmt das, und falls ja, was wird denn der zweite Band thematisieren?

DM: Alles Verschwörungstheorien! (Er grinst.) Nein: Wir haben in dem Telefonat, in dem es eigentlich um die Wiedergänger ging, gleich so viele gute Ideen als »Nebenprodukte« zusammengetragen, dass es eine Schande wäre, den besten davon nicht ein eigenes Werk zu 261 widmen. Alle umzusetzen wäre allerdings eine Lebensaufgabe, das wäre gar nicht möglich. Dennoch: Wir sind derzeit super beschäftigt, und es ist durchaus möglich, dass dabei das nächste Buch herauskommt.

RR: Gerüchte brodeln immer gerne. Manchmal blubbert etwas aus dem Kochtopf. Eines ist sicher: Wenn es so wäre, würde es sicher wieder ein megaspannendes Thema sein, womit wahrscheinlich niemand rechnen wird. Wir würden sagen: Lasst euch einfach mal überraschen.

TW: Ich danke euch für das interessante und unterhaltsame Gespräch und wünsche euch weiterhin viel Erfolg mit euren Büchern!

Von Fanfiction zu Science-Fiction: Im Gespräch mit dem Autor Galax Acheronian von Reiner Krauss

Galax Acheronian ist ein junger Autor, der sich schon früh für Science-Fiction und Fantasy begeistert hat. Die Geschichten, die er gesehen und gelesen hat, waren ihm jedoch eines Tages nicht mehr genug. Da nahm er kurzerhand das Heft und den Stift selbst in die Hand. Nachstehend können Sie ein Gespräch zu seinen Werken nachlesen. 262 Reiner Krauss (RK): Vielen Dank für deine Zeit und für die Bereitschaft zu diesem Interview. Woher kommst du und was sind deine Interessen?

Galax Acheronian (GA): Mein Name ist Galax. Ich komme aus und wohne in einem kleinen Örtchen nahe Berlin, und mein halbes Leben lang war ich ein in sich gekehrter Nerd-Boy, der still seine Comics und Bücher gelesen hat.

RK: Gibt es auch Filme und Serien, die dich begeistern.

GA: Meine erste richtig liebgewonnene Trickfilmserie war Gargoyles, die damals im TV rauf und runter lief und auch eine große deutsche Fan-Community hatte. Nebenbei habe ich X-Men und Spider-man gelesen, und natürlich viele Bücher, wobei die meisten aus dem Star Trek-Universum stammten. Star Trek (und damit Science-Fiction) habe ich im Zuge von DS9 kennengelernt und nahezu vergöttern gelernt.

RK: Wie kam es nun dazu, dass du selbst zu zeichnen und danach zu schreiben begonnen hast?

GA: Ab dem zehnten Lebensjahr begann ich, Comics zu zeichnen und tat dies auch eine ganze Weile. Da die von mir erdachten Geschichten allerdings immer länger und komplexer wurden, verzichtete ich irgendwann auf die Begleitbilder und begann, nur noch in Textform zu schreiben. Nach Beenden der Comics setzte ich meinen 263 Drang, »Geschichten zu erfinden«, mit Fanfiction fort. Da ich nie genug von den Dingen haben konnte, die mich fesselten, schrieb ich diverse Fanfics und versuchte dabei, so nahe wie möglich am Original zu bleiben. Das gelang mir durchaus so gut, dass ich damals eine winzig kleine Fanbase hatte, die mich ermunterte, auch mal was Eigenes zu schreiben. Dies tat ich und wurde so vom Verlag p.machinery entdeckt, der mir ab dem Jahr 2010 die Möglichkeit schenkte, meine Ideen unter einem echten Autorennamen veröffentlichen zu dürfen.

© Galax

RK: Und wie ging es weiter? Was gibt es heute von dir zu lesen?

GA: Seitdem ist viel passiert, und inzwischen kann ich auf über 30 Kurzgeschichten bzw. Novellen in diversen

264 Anthologien oder Magazinen und neun Romane zurückblicken. Ich bin ein sogenannter Hybrid-Autor geworden. Während die Novellen und Kurz-Storys über Verlage laufen, erscheinen die meisten meiner Romane im Selbstverlag. Denn so wie auch ich selbst sind diese nie ganz in eine einzige Schublade zu stecken, weshalb etablierte Verlage sich da nie so ganz herangewagt haben. Inzwischen bin ich mit dieser Entwicklung aber sehr zufrieden. Ich wünschte nur, dass ich meinen derzeitigen Lektor schon damals getroffen hätte.

RK: Was sind deine Genres, und welche Geschichten kann man in deinen Werken erleben?

GA: Ich bin der Science-Fiction treu geblieben, wobei ich in meinen Geschichten sehr pingelig auf korrekte Physik und Astronomie achte. Star Trek bleibt mein Vorbild. So verzichte ich bewusst auf Raumgefechte oder ausgeprägte Sexszenen, da ich immer die Handlung im Fokus habe. Mal kritisiere ich unsere Gesellschaft, manchmal die Religionen, den Kapitalismus oder den Menschen selbst. Viele meiner Erzählungen haben eine kleine Message und dienen nicht einfach nur der Unterhaltung, auch wenn diese stets im Vordergrund steht.

RK: Woran arbeitetest du aktuell, und welche Neuerscheinungen dürfen wir erwarten?

265 GA: Aktuell arbeite ich am sechsten Roman meiner Reihe Koloniewelten und stelle den dritten Band meiner Story-Sammlungen zusammen. Alle zwei Jahre veröffentliche ich meine zurückliegenden Kurzgeschichten noch einmal in einer überarbeiteten Fassung. Nebenbei arbeite ich noch an drei weiteren Romanprojekten, die aber erst in den nächsten Jahren fertig sein werden und jeweils für sich allein stehen.

RK: Vielen Dank für deine Antworten und deine Geschichten. Ich werde nun deine Bücher entdecken, genau wie du längst das PHANTASTIKA Magazin liest.

GA: An dieser Stelle empfinde ich mich immer in der Rolle von demjenigen, der zu danken hat. Daher; vielen Dank, dass du mir die Möglichkeit gegeben hast, mich eurem Leserstamm einmal vorzustellen. Ich würde mich freuen, wenn ich den ein oder anderen für meine Werke interessieren konnte. Schaut auch ruhig einmal bei Instagram oder Facebook vorbei; auch da kann man mich treffen. Die Reihe Koloniewelten und vieles mehr könnt ihr unter nachstehendem Link finden. Viel Vergnügen beim Lesen!

Weiterführende Links: http://www.acheronian.de/ https://www.facebook.com/Galax.Acheronian.Autor 266 https://www.instagram.com/galax.acheronian/

Kurzgeschichte: Exil von Galax Acheronian

Mit einem summenden Ton meldete die Heizfläche, dass das Wasser die richtige Temperatur erreicht hatte: 41,5 Reed. Stoßweise drang heißer Dampf aus der fünfeckigen Pyramide, an der seitlich ein gebogener Griff befestigt war. Direkt daneben befand sich eine hohe, verzierte Schale mit einem aromatischen Pulver aus siebenundzwanzig getrockneten Makobibeeren. Das dampfende Nass ergoss sich in das Pulver und verströmte sofort den sinnlichen Duft der Beeren, die so süß waren, dass man sie pur kaum essen konnte.

Clay griff die Schale und trug diese an sein Computerterminal, das sich noch immer nicht mit dem Satelliten verbunden hatte. Hier draußen zu leben hatte zwei Seiten: Zum einen gab es natürlich die Abgeschiedenheit, die Stille und die Tatsache, dass man auch mal nackt in den Garten gehen konnte. Außer Flugechsen, Traponas und Drigans gab es hier keine Kreatur, die sich merklich nahe an Clays Hütte neben dem See heranwagte. Auf der anderen Seite dauerten Bestellungen beinahe einen halben Sonnenzyklus, ehe sie diesen 267 Planeten erreichten. Ebenfalls war keine Echtzeitkommunikation möglich. Clay hielt sich jedoch an die positiven Dinge, startete sein Musikprogramm und ließ ein paar seiner Lieblingslieder anklingen. Früher hatte er mitgesungen, da ihn hier niemand hören oder kritisieren könnte. Er meinte sogar, dass er inzwischen eine ganz passable Stimme hatte, schließlich traf er die Töne, konnte sie allerdings nie sehr lange halten. Neben seinem Computerterminal befand sich ein schmaler Tisch, den Clay wie vieles hier selbst gezimmert hatte. Mit seiner Liebe zum Detail war jedes Möbelstück in Handarbeit entstanden und wie die Wände mit Schnitzwerk geschmückt. Dabei war der Fokus auf die Optik gelegt, aus den wenigen Zimmern ein gemütliches Heim zu schaffen, in dem man gerne lebte und sich wohlfühlte. Um das Tageslichtfenster hingen reihum breite Blumenampeln in kunstvoll geschnitzten Behältern. Auch der Tisch hatte an den Seiten feine Verzierungen. Auf der mit einem geschwungenen Rand versehenen Platte waren mehrere Miniaturhügel angehäuft. Aus Holz und Lehm waren winzige Pflanzen, Häuser und Plätze zusammengesteckt worden. Wenn dieses Modell irgendwann einmal fertig sein sollte, bildete es Clays Heimatdorf ab, welches er nun schon so lange nicht mehr gesehen hatte. An einigen Tagen stand er nur davor, versuchte sich zu erinnern, wie es einmal gewesen war. Manchmal musste er die filigranen Gebäude oder Pappfelsen umsetzen, weil er bemerkte, dass sie sich

268 in Wahrheit an einen ganz anderen Standort befunden hatten. Auch jetzt starrte er auf das Modell und überlegte. Genüsslich schlürfte er dabei seinen Makobi. Einer Eingebung folgend nahm er einen Spatel und hob mit dessen feinen Spitze einen Weg in seinem Modell aus. Nachher würde er wohl Kieselsteinchen sammeln, die er dort auslegen wollte. Mit Blick zum offenen Fenster erkannte er den hohen Sonnenstand; es war längst überfällig, seine Pflanzen zu gießen. Clay hatte jede einzelne der hier wachsenden Nutzpflanzen selbst entdeckt, gesammelt und kultiviert. Als er damals auf diesem sumpfigen Planeten gelandet war, um an diesem Ort sein Leben zu verbringen, war er durch dutzende Wälder und über unzählige Wiesen gestreift, um Proben von allerhand Pflanzen zu nehmen, die er auf ihre Verträglichkeit und den Nährwert getestet hatte. Sieben Gemüsesorten und drei Obstbäume zählten zu seiner stolzen Ausbeute. Die Schalentiere aus dem See und Eingelegtes halfen ihm über die kühlen Jahreszeiten, die sich unregelmäßig abwechselten. Der Planet besaß zwei Monde, wovon einer erheblich größer war und den Planeten zu einer elliptischen Bahn um seine Sonne zwang, die sich alle zwei Zyklen um die Sonne wieder einpendelte. Daher folgte im steten Wechsel ein besonders kalter Winter auf einen sehr milden. Natürlich hatte Clay sich eine Region ausgesucht, die von den kalten Zeiten nur gering heimgesucht wurde und auch

269 von Hitzewellen in den gelegentlich sehr heißen Sommern verschont blieb. Mit seinen kräftigen Armen hebelte er die Pumpe und ließ Wasser in seinen Eimer laufen, den er schließlich sorgfältig neben den Pflanzen in die dafür angelegten Rillen goss. Clay hatte es sich angewöhnt, jeden Tag mit seinem Gemüse zu sprechen. In seiner Kultur war das auch mit der Jagdbeute üblich – vor und nach der Tötung. Solche Beute gab es hier jedoch nicht allzu viel, sogar weniger als Gesprächspartner, wie er scherzhaft seinem Gemüse erzählte, die er als solche in Betracht zog. »Was hast du denn da?«, grunzte seine tiefe Stimme und schob eines der faltigen Blätter zur Seite. Schwarz wie die Nacht hockte da einer dieser ekelhaften Klammerkäfer mit pulsierendem Hinterleib. Ekelhaft, weil sie einfach scheußlich schmeckten, selbst gebraten. Vorsichtig nahm er das handtellergroße Insekt, der nur widerwillig das Blatt der Kosani freigab. Mit kräftigem Schwung warf er ihn in den See und widmete sich sofort wieder der Pflanze; wo ein Klammerkäfer war, da war meist ein zweiter oder gar dritter, weshalb Clay unter jedes Blatt einer jeden Kosani blickte. Es blieb bei dem einen, was ihn ungemein erleichterte. Kosani reiften nur einmal pro Zyklus und zählten zu der gesündesten und schmackhaftesten Pflanzen des ganzen Planeten. Schon jetzt waren die fleischigen Knospen kräftig grün und strömten ihr eigentümliches Aroma aus. Allerdings war die Erntezeit noch nicht gekommen.

270 Vorsichtig strich er über eine der Früchte und prüfte ihre Konsistenz. Jede einzelne musste perfekt sein und sollte erst geerntet werden, wenn sie sich leicht lösen ließ und auch noch nicht zu Boden geneigt war. Nur mit den Spitzen seiner Finger testete er die mit dem dunkelsten Grün, goss an jeder Pflanze etwas Wasser in die Rillen und überließ das Gewächs sich selbst. Andere Gemüsesorten waren bereits erntereif. Sorgfältig grub Clay die Scodwurzeln aus, wie auch die Trins, ein längliches Hülsengemüse. Mit den getrockneten Kräutern vom Vorjahr und einigen der Schalentiere ergaben sie eine würzige, sättigende Suppe.

Nach dem Essen besah Clay noch einmal das Modell seines Dorfes und entschied aufgrund der Uhrzeit, nicht mehr nach Steinen zu suchen. Stattdessen widmete er sich dem Webstuhl. Seit einer gefühlten Ewigkeit steckte er gefärbte Grasfasern zu einem Teppich zusammen. Ihm war der Platz vor seinem Bett immer zu kahl gewesen. Zwar fehlte es seiner Hütte nicht an Atmosphäre, aber einen Teppich hatte er bisher nicht. Daher hatte er sich die Bauanleitung eines Webstuhls heruntergeladen und auch, wie man einen schönen Vorleger knüpfte. Da das Tageslichtfenster über ihm nicht ausreichend Licht für die Arbeit spendete, aktivierte er die Beleuchtung in seiner winzigen Küche und setzte bei der Gelegenheit noch einmal Wasser auf. Fast schon automatisch zählte er die getrockneten Makobibeeren ab. Eine Zeitlang hatte er versucht, die

271 korrekte Anzahl mit nur einem Griff zu nehmen, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen. Der Computer in seinem Rücken signalisierte, dass etwas im Erfassungsbereich des Satelliten gekommen war. Clay wandte seinen großen Kopf und trat an die vier runden Displays. »Jetzt schon?«, fragte er sich und wählte die Analysedaten des soeben aufgetauchten Kontaktes an. Regungslos starrte er auf den Hauptschirm. Die anderen drei Schirme, seitlich davon angebracht, zeigten weitere Details des näherkommenden Raumobjektes. Es war keine Kurierkapsel, die wie üblich seine Bestellung brachte, sondern etwas deutlich Größeres. Hatte er schon wieder so viel bestellt, dass ein Schiff benötigt wurde? Was das wieder kostete/kosten würde … Das System hatte den Transponder ausgelesen und zeigte nun die Kennung »unbekannt« neben dem Statussymbol an. Clay brummte unzufrieden auf. Seine drei Finger glitten über die Eingabefelder und aktivierten eine neue Analyse. In der Darstellung teilte sich das Objekt. Ein kleineres, offenkundig ein Shuttle, löste sich vom Hauptteil und senkte sich rapide ab. Obwohl es sich in einem ungewöhnlich schnellen Sinkflug befand, sollte dieser Flug noch eine ganze Weile anhalten. Sicher war nur eines: Der Kurs führte es direkt hierher. Als die Kennungsanalyse erneut versagte, ließ Clay sich den Bestellungsstatus von Light-Speed-Delivery anzeigen, der ihm nur die Information nannte, dass seine Waren »unterwegs« seien und bald ihr Ziel erreichen würden. 272 »Sehr informativ«, brummte er, blickte auf den Status des ankommenden Schiffes, legte die Hände an seinen Kiefer und ließ seine Gedanken spielen; es lag sehr wohl im Rahmen der Möglichkeiten, dass seine Lieferung diesmal etwas schneller kam. Gründe dafür gab es zu Genüge. »Nun ja …«, beendete er seine Überlegungen. »Womöglich sind doch noch Wunder möglich.« Er wählte die Steuerung für die Landezone an, aktivierte die Positionslampen und die Assistenten-KI, die der Schiffs-KI des Shuttles bei der Koordination helfen sollte. Anschließend sah sich Clay um und überlegte, wo er am besten Platz schuf. Denn schließlich hatte er erst in einem halben Zyklus mit der Lieferung gerechnet und seine Behausung hier mitten im Sumpf war alles andere als geräumig.

Sirrend senkte sich die Ladeklappe des Shuttles. Schon beim Anflug hatte Clay bemerkt, dass nicht das typische Logo an der Landefähre angebracht war. Als auch keine Lieferdrohne herauskam, trat er zögerlich vor. »Hallo?« Im Inneren befand sich ein Mann, der in einer Kiste wühlte. Beinahe erschrocken sah er auf und torkelte zurück. »Was zu Hölle!«, stieß er aus. Clay sah sich um. »Wie bitte?« Hektisch sah sich der Mann von einer Seite zur anderen um. Clay ließ seine gelben Augen flüchtig über das Innere

273 des Beiboots flitzen. Dies hier war gewiss kein L-S-D-Lieferant. »Was verschlägt dich hierher?« Der Mann reagierte nicht, suchte nun in einer anderen Kiste. »Brauchst du Hilfe?«, fragte Clay daraufhin. Nun richtete der Unbekannte seinen Kopf. »Hilfe?« »Ja … es ist doch eher ungewöhnlich, dass sich jemand hierher verirrt …« Erst recht keine Menschen, fügte er gedanklich hinzu. Hier, weit über dem Rand des bekannten Teils der Galaxie hinaus sollte kein Mensch hingelangen. Clay war damals beinahe neun Zyklen stumpf und mit dem Galaxiekern im Rücken weiter geflogen als jemals jemand zuvor. Sein Ziel war ein ganz bestimmter Stern, der zu den wenigen Nachzüglersystemen gehörte. Voruntersuchungen durch Drohnen hatten ergeben, dass dieser mit der Eigenrotation der Galaxie nicht nachkam, und somit keine feste Position zu anderen Systemen hatte – insbesondere nicht zu denen der Menschen, weshalb diese ihn hier niemals finden sollten. Einzig das maschinell autarke System vom Lieferdienst hatte diesen Wanderstern im System. Der Mann lachte: »Wie viele Jahre bist du schon hier?« Clay überschlug grob, da er sich die Maßeinheiten der Menschen nie so genau angesehen hatte. »Circa sechzig Jahre, würde ich sagen.« »Damals gab es noch die Ajak-T-Antriebe.« Der Mann winkte ab. »Längst überholt. Wir fliegen inzwischen mit D-Jak III, mehr als die vierfache Verzerrungskraft.« »Dennoch eine lange Reise«, begriff Clay. 274 »Allerdings«, bekräftigte der Mann mit einem Lächeln, worauf Clay auf seine Hütte deutete. »Tee?« Der Mann schien verwirrt, nickte aber anschließend, griff ein Tuch und wischte sich die Hände ab. »Einverstanden.«

Clay zählte die siebenundzwanzig Beeren ab und zerstampfte sie mit seinem Mörser. »Die Beeren pflanze ich selbst an.« Er offenbarte die spitzen Zähne. »Sie wachsen hier weit besser als auf Djuma, wo sie ursprünglich herkommen.« »Muss gestehen, dass ich dort noch nicht war«, gab der Mann zu und nickte dankend, als Clay ihm die dampfende Schale reichte und sich ihm gegenübersetzte. »Ein schönes Stück«, merkte er an und sah sich die Verzierungen an. »Danke. Ich mache sie selbst.« »Wieso lebst du hier?«, fragte der Mann und sah sich um. Alles in allem schien er auf dieser Welt kein Leben erwartet zu haben. Clay war sich darüber bewusst, dass dieser Planet nicht nur auf keiner üblichen Route liegen konnte, sondern auch, dass sie in den Archiven als »unbewohnt« sowie auch als »arm an natürlichen Rohstoffen« beschrieben wurde. »Es ist friedlich. Keine Nachbarn, die einen stören.« »Wäre mir wohl zu einsam«, gab der Mann zu. »Diaprocodea sind Einzelgänger.« Daraufhin nickte der Besucher. »Außer zur Fortpflanzung.« Clay winkte ab. »Dafür ist später noch genug Zeit.« Offenbar wusste dieser Mann über Diaprocodeaden 275 Bescheid. Ihn auf die ungewöhnlich hohe Lebenserwartung hinzuweisen war daher unnötig. Der Fremde nahm einen Schluck und sah über seine Schale, als auch Clay ansetzte zu trinken. »Du hast deine Hauer entfernt«, merkte der Besucher an. »Das nennt man Zahnpflege«, erklärte Clay. »Es macht vieles einfacher, diese Relikte aus Urzeiten zu entfernen.« Der Mann strich sich über sein Kinn, das von Stoppeln strotzte. »Ja … manches bleibt, obwohl es schon lange keinen Sinn mehr macht.« Er nahm einen weiteren Schluck. »Bist du denn männlich oder weiblich?« Clay winkte ab und lächelte. »Solche Unterschiede gibt es bei uns nicht.« Langsam schüttelte der Fremde seinen Kopf. »Na doch … es sind schon kleine Unterschiede.« Clay musste dem zustimmen; auch wenn alle vier Geschlechtsvertreter seiner Spezies Nachwuchs zeugen und austragen konnte, gab es doch den einen Unterschied, dass alle vier jeweils mit einem nichtgleichen Samenträger in Kontakt kommen mussten, welchen Menschen gerne als »männlich« bezeichneten. Clay machte sich darüber keine Gedanken, weder über das eine noch das andere, denn auch in dieser Situation konnte der Service von Light-Speed-Delivery Abhilfe schaffen, ein Detail, dass den wenigsten bekannt war. Im Idealfall war diese Welt in tausenden Zyklen eine blühende Kolonie voll von Diaprocodeaden. »Diese haben keine Bedeutung«, legte Clay nach. Ihm war die Art seiner Spezies nicht unangenehm, dennoch 276 behagte es ihm nicht, mit diesem Mann darüber zu sprechen. Es gab des Weiteren noch andere Gründe, nicht anzugeben, welchem der vier Geschlechter man angehörte – schon gar nicht gegenüber einem Menschen. »Für die meisten schon.« Der Fremde nahm einen letzten Schluck, griff in seine abgetragene Jacke und legte eine Waffe auf dem Tisch – genauer eine T-EX neuerer Generation. Eine der Waffentypen, gegen die der Schuppenpanzer eines Diaprocodeaden quasi ohne Wirkung war. Clay war nicht verwundert, dass diese Dinger noch immer verbessert wurden. Sein linkes Auge schielte zum Waffenschrank, und er fragte sich zum einen, ob die Zeit ausreichen würde, sich ebenfalls zu bewaffnen und zum anderen, warum er es nicht schon längst getan hatte. Seinem gutmütigen Wesen lag jede Gewalt fern, ebenso der Gedanke an die Notwendigkeit dafür. Die Menschen hatten die Gewalt in Form diverser Vorrichtungen und Mittel in die Galaxie getragen und verbreitet und waren auf dutzende Völker gestoßen, die damit völlig überfordert waren. So auch die Diaprocodea, die schon von Natur aus niemanden etwas Böses unterstellten konnte, da sie so einfach nicht dachten. »Naiv« nannten die Menschen die Grundvoraussetzung, erst einmal vom Guten auszugehen. »Du weißt, warum du dich versteckst. Und du weißt, warum man deinesgleichen sucht«, erklärte der Mann und richtete den Lauf der Waffe auf sein Gegenüber.

277 Clay senkte seinen Becher und seufzte leise, sortierte noch an einem Satz, in dem er darum bat, die Waffe wieder zu senken. Kurz darauf löste sich ein sirrender Schuss. Ein energetisch geladenes Projektil durchschlug seinen Arm. Clay schrie auf und hielt seine schuppige Hand gegen die tiefe Wunde, während der Jäger noch wegen des Verfehlens fluchte und den Reload seiner Waffe initialisierte. Offenbar brauchen die neuen Modelle ebenso lang, ein Projektil zu energetisieren wie die alten. Diesen Augenblick nutzte der Diaprocodea, um einen Satz aus dem Fenster zu machen. Der Mensch sprang ebenfalls auf, riss dabei das Modell des Dorfes um und folgte dem Diaprocodeaden nach draußen in den Sumpf. Clay aber war verschwunden.

»Verdammte Echse«, schimpfte der Jäger, griff in seine Tasche und nahm einen kleinen blauen Stab hervor. Mit Druck auf die Seite schoss aus der glimmenden Spitze ein Holofeld, das ihm die Kontrolle über mehrere Drohnen ermöglichte. Den Verbindungsstab befestigte er an einer dafür vorgesehenen Stelle seines metallischen Kragens. Somit schwebte das Holofeld frei vor ihm und wartete auf mögliche Eingaben. Mit einer schnellen Abfolge verschiedener Befehle und dem Sortieren der Statusfelder ließ er acht Drohnen aus dem Rumpf seines Shuttles schießen. Der Suchparameter war Standard, die Richtung bestimmte er durch eine Begrenzung des Suchfeldes; einen Dreißig-Grad-Winkel an seiner Position, Richtung Süd/Ost.

278 Während die pfeifenden Drohnen sich aufteilten und den Boden des Planeten mit ihrem Lidar fluteten, machte sich der Jäger auf den Weg zurück zu seinem Shuttle.

Clay schwamm so lange unter Wasser, bis er Luft holen musste, um nicht zu ertrinken. Die Wunde am Arm machte ihm zu schaffen, und er fragte sich, ob seine Flucht nicht nur das Unausweichliche hinauszögerte. So viele Zyklen lang hatte er sich vor den Menschen verstecken können. Nun aber hatten sie ihn doch gefunden. Beinahe wünschte er, es wäre mehr als ein Jäger gelandet. In einigen Fällen waren diese in ihrem Konkurrenzkampf so sehr damit beschäftigt, einander um die Beute zu streiten, dass ein Entkommen leicht möglich war. Er verließ den See und tauchte im dichten Gehölz des umliegenden Waldes ab. Die Bäume dieser Welt hatten die Eigenschaft, auf gewaltigen Wurzeln, ähnlich dutzender Stelzen, zu stehen. Wobei die Einzelnen sich ineinander verschlangen und ein symbiotisches Geflecht bildeten, das auf seiner Oberseite Moos und Gräser wachsen ließ und in den Hohlräumen Platz und Schutz für hunderte Lebewesen bot – in diesem Fall auch Sichtschutz. An sein feines Gehör drang das Pfeifen von kleinen Ionentriebwerken. Clay kannte diese Geräusche noch von damals. Drohnen waren leicht zu täuschen, in ihrer Masse jedoch nicht zu bewältigen. Es musste ihn nur eine einzige erfassen, schon konnten ihn alle anderen lokalisieren.

279 Das Pfeifen wurde zu einem Sirren. Die Drohne hatte ihren Flug verlangsamt und Clay fragte sich, ob er so schnell entdeckt worden war. Hatte er so sehr nachgelassen? Völlig regungslos saß er im kalten Sumpfwasser und lauschte, versuchte einen kurzen Blickkontakt, ohne dabei die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Damals konnte man diese Dinger täuschen, in dem man sich in Schlamm wälzte oder abtauchte. Ob das heute noch möglich war, entzog sich seiner Kenntnis. Es blitzte rötlich über ihm. Die Drohne fuhr mit dem Laserscanner über den Boden, hatte seine Position jedoch nicht erkannt, und in Clay keimte der Hoffnungsschimmer, dass sie diesen Bereich als »abgesucht« speicherte und weiterflog. Im Zweifel musste er nur warten, konnte zu seiner Hütte zurück und Tarnanzug wie Waffen erreichen. Seinen Gedanken zum Trotz schoss ein Laser durch das Gehölz und zerschnitt das natürliche Dach aus Wurzeln und Pflanzen. Weitere Drohnen kamen hinzu. Clay griff eines der herabgestürzten Hölzer, sprang hervor und wuchtete es gegen das metallische Gerät, welches scheppernd gegen einen Baum schlug und im Sumpfwasser versank. Zwei weitere Drohnen konnte er ausschalten, ehe die übrigen eine Höhe einnahmen, die für ihn unerreichbar wurde. So schnell seine klauenbesetzten Füße ihn trugen, stürzte Clay über das Holzdach und drang tiefer in den dichten Wald ein. Es war kein Zufall, dass er damals diesen Ort als Zuflucht gewählt und auch genauestens erkundet hatte. Er wusste sich zu verbergen und zu bewegen. Die ersten Zyklen

280 hatte er täglich geübt, bis die Situation ihn darin hatte nachlässig werden lassen.

Er hielt inne und sah sich um. Es gab eine Unterwasserhöhle, die er vor acht Zyklen entdeckt hatte und in die er Sauerstoff einführte, um sich ein Langzeitversteck zu sichern. Er hatte immer geplant, dort Waffen und Vorräte einzulagern, diesen Plan aber wieder verworfen, weil etliche Morabs diesen Ort als ihr Zuhause beansprucht hatten, nachdem er mit Luft gefüllt worden war. Clay hatte es nicht übers Herz gebracht, diese kleinen Kreaturen zu vertreiben oder gar zu töten.

Seine Ohren nahmen die Turbinen des Shuttles wahr. Laut dröhnend schob es sich über ihn und zwang ihn zurück in das Unterholz. Er bewegte sich langsam und ohne Hektik. Sein Puls aber raste. Aus Angst und vor Anstrengung, doch noch gab er nicht auf. Noch war er am Leben! Der Schmerz in seinem Arm erinnerte ihn jeden Augenblick daran. Er musste überleben, es gab nur noch so wenige Diaprocodeaden. Vereinzelte Menschen, die sich dies zur Aufgabe gestellt hatten, jagten sie nun schon seit Generationen. Seine Eltern, seine Geschwister, sein ganzes Dorf war an der Gier des Menschen untergegangen. Einst war die Heimat der Diaprocodeaden ein friedlicher Planet gewesen. Heute war er verbrannt und gerodet, nur noch eine Bergbaukolonie der Menschen, die erst die Bewohner, anschließend die Pflanzen und zuletzt die Bodenschätze raubten. Gejagt wurde Clay und seinesgleichen wegen der 281 Drüsen in ihrem Unterleib, die für die Fortpflanzung zuständig waren. Das darin enthaltene Sekret konnte das Leben eines Menschen um viele Jahre verlängern, weshalb undenkbare Summen für eine dieser Drüsen geboten wurden. Die Jagd hatte daher nie aufgehört. Diaprocodeaden wurden natürlich auch in Käfigen gehalten, gezüchtet, um geschlachtet zu werden. Obwohl jede andere Spezies die Handlungen der Menschen verurteilte, wagte doch niemand, sich gegen die brutale Militärmacht dieser Zweibeiner zu erheben. Schon der Erstkontakt war damals ein Blutbad mit Waffengewalt gewesen, wie es nie zuvor eines gegeben hatte. Seitdem hatte sich nichts geändert. Gleißende Laserstrahlen verbrannten das Holz über Clay. Wie ein Hagel aus Licht stürzten die Energieblitze neben ihn in den Boden und zerstörte Bäume, kleinere Gewächse und unbeteiligte Kleintiere ohne jede Rücksicht. Die grellen Laser stoben dampfend ins Wasser und kreisten den Diaprocodeaden immer weiter ein. Als eines der Geschosse seine Schulter traf, schrie er auf und stürzte. Die Schneise, die sich gebildet hatte, ermöglichte es den Jagddrohnen nun, ihr Ziel anzuvisieren und die Betäubungswaffen einzusetzen. Orange Strahlen schlugen zu Dutzenden auf Clays Panzer nieder. Noch immer versuchte er zu entkommen, kroch mit letzter Kraft weiter, suchte eine Tiefe, in die er abtauchen konnte. Es gab sie nicht.

282 Seine großen Augen sahen sich ängstlich nach dem Shuttle um, aus dem mit einem lauten Knall ein Netz aus der Vorderseite auf ihn zugeschossen kam. Die elektrisch geladenen Fasern durchfuhren ihn mit ihrer Energie und umschlangen jedes seiner Gliedmaßen. Jeder Muskel in seinem Körper versagte unter tobenden Schmerzen. Das war's; Clays Leben fand sein Ende. Wenn er Glück hatte, würde der Jäger ihn mit einem gnädigen Kopfschuss erlösen. Kopfschüsse zählten zum Standard, weil man so sichergehen konnte, dass der Unterleib unversehrt blieb. Das galt jedoch nur, wenn er wirklich Glück hatte. Viele Jäger schlitzten die Diaprocodeaden einfach auf und ließen sie dann unter elenden Schmerzen verbluten. Das Shuttle war gelandet und der Mann trat auf ihn zu, die Waffe in seiner Hand, für die Clay fast schon dankbar war. »Mach es schnell«, bat er Der Mann spuckte aus. »Ich mache, was ich will.« »Was du tust, ist unrecht …«, keuchte Clay. Der Jäger lachte und zielte »Auch diese Entscheidung liegt bei mir, Echse.« Clay richtete sich etwas auf. »Dann lass mich am Leben.« »Nachdem du drei meiner Drohnen zerstört hast, du Wichser?« »Ich will doch nur leben … Ich tue niemandem was.« »Und?« Der Mann zuckte mit den Schultern. »Wen kümmert das? Du bist abstoßend hässlich.« Er spuckte Clay

283 an. »Wir Menschen haben kein Mitleid mit hässlichen Dingern.« »Bitte …«, flehte Clay ein letztes Mal und sah nur noch den violetten Puls aus der Mündung der T-EX.

Das Shuttle verließ den Planeten. Im Sumpf lag die Leiche von Clay Konarr, einem der letzten seiner Art. In seiner kleinen Hütte meldete sein Computer, dass die Lieferung der neuen Bastelmaterialien sich etwas verspäten würde. In seinem Garten löste sich unterdessen eine der Kosanifrüchte und fiel auf den sandigen Boden.

Star Wars Comic-Kollektion 111: Darth Maul: Reichlich Action mit dem wortkargen Killer von Frank Stein

Vieles hatten die Fans damals an Star Wars – Episode 1: Die dunkle Bedrohung zu kritisieren. Den kindlichen Anakin Skywalker, Jar-Jar Binks und seine Gungans, die CGI-lastige Achterbahnfahrt der Handlung. In einem dürften sich jedoch alle einig gewesen sein: Der diabolische Handlanger Darth Maul war einfach cool. Der Moment, in dem sich die Tore des Hangars von Theed öffneten und zu den ersten Fanfaren von Duel of the Fates Maul sein Doppellichtschwert zündete – das war großes Kino! Der vorliegende Comic stellt Maul ganz in den Mittelpunkt. 284 Band 111 der Star Wars Comic-Kollektion versammelt fünf US-Einzelmagazine: zum einen den Vierteiler Darth Maul, der ursprünglich zwischen September und Dezember 2000 erschienen ist – also zur Hochzeit des Prequel-Fiebers –, zum anderen den One-Shot Soldat (engl. Trooper) aus Star Wars Tales 10 aus dem Dezember 2001. Wie üblich kommt der Comic-Band im Hardcover daher und umfasst ein die Story einordnendes Vorwort und eine Cover-Galerie am Schluss, die diesmal erfreulich komplett ist, also die Cover aller fünf Magazine enthält.

285 Das Darth Maul-Abenteuer – aus der Feder von Ron Marz – ist sechs Monate vor der Schlacht von Naboo, also den Ereignissen von Die dunkle Bedrohung, angesiedelt. Maul, der beinharte Sith-Schüler, trainiert gerade in einem geheimen Unterschlupf, als er von seinem Meister, dem mysteriösen Darth Sidious, aufgesucht wird, der ihm den Auftrag erteilt, das Verbrechersyndikat der Schwarzen Sonne aufzumischen. Sidious hat Pläne, und die dürfen nicht gestört werden. Daher müssen die ambitionierten Köpfe der galaxisweiten Unterweltorganisation ausgeschaltet werden. (Womit wohl nebenbei erklärt werden soll, warum die Schwarze Sonne in den Prequel-Geschichten sonst keine wirkliche Rolle spielte: sie war damit beschäftigt, sich von Mauls Schlag zu erholen.) Der Rest des Comics hat dann ungefähr so viel Handlung wie ein Chuck Norris-Actionkracher. Maul zieht von Schauplatz zu Schauplatz und kämpft sich wortkarg und mit grimmiger Miene durch Horden von Gegnern. Das könnte man schnell langweilig finden, wenn Comic-Zeichnerin Jan Duursema den tätowierten Sith-Schüler nicht so extrem cool in Szene zu setzen wüsste. In detailreichen, krachend kinetischen Panels lässt sie Maul mit seinen Gegnern die Klinge(n) kreuzen, dass nur so die Fetzen fliegen. Die kurzen Ruhemomente dazwischen sind kaum mehr als ein banges Atemholen, bevor der einsame Kämpfer, der die Schwarze Sonne das Fürchten lehrt, wieder auf der Bildfläche auftaucht. Deutlich mehr Tiefgang hat kurioserweise der viel kürzere zweite Beitrag des Bandes, Soldat, von dem bekannten 286 irischen Comic-Autor Garth Ennis (Preacher, The Boys) und seinem Landsmann John McCrea. Die Geschichte beginnt zynisch mit dem Wunsch eines Troopers, bloß nicht der sein zu müssen, der bei einer Enteroperation als Erster durch die gesprengte Luke muss. Denn die Person erwischt es eigentlich fast immer. Zig mal ging der Kelch schon an ihm vorüber, wird es auch diesmal klappen? Während er so bangt, lässt er sein Leben Revue passieren. Wie das Imperium auf das Drecksloch von einem Planeten kam, den er Heimat nannte. Wie er seine Chance ergriff, dem alten Leben zu entfliehen. Wie er sich durch härtesten Drill kämpfte – und zu zweifeln begann. Aus heutiger Sicht ist das nichts, was nicht schon zig Mal in Star Wars-Comics erzählt wurde, zuletzt durch die Figur des Sturmtrupplers Finn in Das Erwachen der Macht. 2001 hingegen war die Perspektive eines kleinen Soldaten des Imperiums noch eher ungewöhnlich. Und wie es sich für Ennis gehört, wird das Ganze hier natürlich mit besonderer Brutalität erzählt. In den letzten Jahren gibt es ja immer wieder Versuche, dem Imperium »menschliche« Figuren abzugewinnen, was nicht bloß Kalkül ist, um Imperiums-Fans glücklich zu machen, sondern, betrachtet man die Größe der imperialen Streitkräfte, durchaus etwas Realistisches hat. Es können nicht alle »böse« sein. Doch Ennis ist eindeutig ein Vertreter der alten Schule. Sein Imperium ist geradezu übertrieben sadistisch und menschenverachtend. Allein der Verschleiß an Rekruten während der Sturmtruppen-Ausbildung ist absurd. Das dürfte wohl auch der Grund sein, warum die Geschichte nur 287 in den Tales erschienen ist, die damals Facetten des Star Wars-Universum erkundeten, ohne als echter Teil des alten Expanded Universe zu gelten. Dennoch: ein eindrücklicher, fieser Beitrag zum Franchise.

Fazit Wer viel Handlung oder Tiefe erwartet, der wird bei dieser Ausgabe der Star Wars Comic-Kollektion enttäuscht. Hier steht krachende Action im Vordergrund, bei der sich brutale, unmoralische Gegner unversöhnlich gegenüberstehen. Maul, die Schwarze Sonne und das Imperium – wer die dunkle Seite des Star Wars-Franchise mag, kommt hier voll auf seine Kosten.

Star Wars Comic-Kollektion 111: Darth Maul Comic Ron Marz, Jan Duursema, Garth Ennis, John McCrea Panini Comics 2021 ISBN: 978-3-7416-1599-3 122 S., Hardcover, Deutsch Preis: EUR 14,99

Die Welt von Cyberpunk 2077: Der Begleitband zum dystopischen Spiele-Hit! von Frank Stein

288 Cyberpunk 2077, ein Action-Rollenspiel des polnischen Entwicklerstudios CD Projekt RED, war sicher eines der am sehnsüchtigsten erwarteten Videospiele des Jahres 2020. Angelehnt an das Pen-&-Paper-Rollenspiel Cyberpunk 2020 spielt es 57 Jahre später in dem futuristischen Stadt-Moloch Night City in Kalifornien, einer Open World, die Spieler mit ihrer Detailfreude regelrecht erschlägt. Wer sich auf das Abenteuer vorbereiten oder begleitend in den Hintergrund des Settings einsteigen will, kann zu dem Begleitband Die Welt von Cyberpunk 2077 greifen.

Zwei Sätze vorab zur Historie von Cyberpunk 2077. Schon 1988 – in der Blütezeit des literarischen Cyberpunk – veröffentlichte Spiele-Autor Mike Pondsmith bei Talsorian das Rollenspiel Cyberpunk (rückblickend als Cyberpunk 2013 bezeichnet). Er wollte damit das düstere Setting von Filmen wie Blade Runner von Ridley Scott und Romanen wie Hardwired von Walter Jon Williams an den Spieltisch bringen. Zwei Jahre später erschien eine zweite Edition mit dem Namen Cyberpunk 2020, zweifellos die Kern-Edition des ganzen Systems, gab es dafür doch unzählige Erweiterungen und sogar Romane. Eine dritte Edition, Cyberpunk V3.0, die in den 2030ern angesiedelt war, kam 2005 heraus, wurde aber aufgrund von starken Änderungen im Spielsystem und am Setting nicht gut angenommen. Aktuell ist die vierte Edition, Cyberpunk Red, die ins Jahr 2045 vorspringt, die V3.0-Version ignoriert und als Begleitwerk zu dem später angesiedelten Videogame

289 gedacht ist. Ein deutsches Starter-Set ist im letzten November bei Truant Spiele erschienen.

Aber nun zu dem vorliegenden Begleitbuch. Die Welt von Cyberpunk 2077 ist ein großformatiger, vollfarbiger Hardcoverband mit 192 Seiten und somit ein in jeder Hinsicht edel wirkendes Produkt. Auf Englisch existiert zudem eine Deluxe Edition mit Stadtkarte, Postkarten, Poster, Aufklebe-Tattoos und schickem Slipcase, die allerdings mit fast 90 Euro nochmal deutlich teurer ist als der vorliegende deutsche Band, der 40 Euro kostet (auf Englisch gibt es ihn einzeln für ca. 25 Euro). Zu welcher Edition man greifen möchte, ist im Zweifelsfall eine Frage der Sprachkenntnisse, des Geldbeutels und der eigenen Liebe zu Cyberpunk. Mir persönlich wäre die Deluxe Edition zu teuer für das, was sie bietet. So spektakulär sind die Beigaben nicht.

290 Fantastisch allerdings ist das Buch selbst! Es ist wie ein In-Universe-Reiseführer gehalten (kein Hinter-den-Kulissen-Artbook!) und präsentiert in schicken Bildern und angenehm viel Text einen zusammenfassenden Blick auf die Zukunft im Allgemeinen und das Leben in Night City im Speziellen. Nach einer kurzen Einleitung ist das Buch in fünf Kapitel eingeteilt, die sich mit verschiedenen Aspekten der Welt von Cyberpunk 2077 befassen. Es geht los mit »Die moderne Welt«, einem Kapitel zur (alternativen) Geschichte von Cyberpunk, die grob 1990 beginnt, aber für das Videogame im Wesentlichen 2022 mit dem Vierten Konzernkrieg einsetzt, dessen Folgen noch Jahre später spürbar sein werden. In der Zeit des Wiederaufbaus dürfte Cyberpunk Red angesiedelt sein, während Cyberpunk 2077 noch einen Vereinigungskrieg später spielt.

Um die »Technologie von morgen« geht es im zweiten Kapitel. Cyberware, Waffen, Fahrzeuge und mehr werden hier vorgestellt. Natürlich ist das Ganze nicht so umfassend wie in einem Rollenspiel-Sourcebook, aber es bietet einen guten Überblick über die aktuelle Technik – und sieht schon ziemlich cool aus. Das Kapitel »Night City« bietet futuristische Stadtansichten und kurze Texte zu den sechs verschiedenen Regionen der Stadt (die im Videospiel auch alle erforscht werden können). »Night City 2077 – Die Stadt im Profil« gewährt einen Einblick in das Leben der drei wesentlichen Bevölkerungsschichten der Metropole, von 291 den Reichen und Mächtigen ganz oben – inklusive einer Übersicht der wichtigsten Konzerne – über die bedrohte Mittelschicht bis zu den Hoffnungslosen, die unter erbärmlichen Lebensbedingungen ihr Dasein fristen müssen. Dass diese soziale Kluft, die hier herrscht, für Spannungen sorgt, zeigt sich in »Recht und Unordnung«, dem Kapitel zu Ordnungskräften, Gangs und Heimatlosen. Auf der einen Seite steht hier die paramilitärisch hochgerüstete Polizei, auf der anderen brutale Untergrundorganisationen, die in fast ganz Night City ihr Unwesen treiben.

Ein witziges Interview mit einer Ikone des Cyberpunk-Lebens im Jahr 2020, Rogue, schließt den Band ab. Hierzu muss man wissen, dass Rogue eine namhafte Figur in den alten Rollenspielen war, die – wie erstaunlich viele ähnlicher Charaktere – in dem Videogame ebenfalls auftreten wird, als alte Frau zwar, aber welche Rolle spielt Alter schon, wenn man den Körper ganz nach eigenen Vorlieben gestalten kann?

Das Buch mag nicht die Komplexität eines Rollenspiel-Quellenbuchs zum Thema Cyberpunk haben, sondern bleibt in vielen Aspekten an der Oberfläche. Es mag auch nicht ganz den optischen Wow-Effekt des Videogames bieten (einfach weil viele visuelle Elemente zum Zeitpunkt der Produktion noch nicht zur Verfügung standen). Trotzdem ist es als Begleitwerk und Einführung in die Welt von Cyberpunk absolut gelungen. Das lebendige Layout, das 292 unter anderem durch viele atmosphärische Werbeanzeigen aufgelockert wird, sieht großartig aus. Überhaupt beweist die fantasievolle und farbenfrohe Optik, was in Sachen Cyberpunk drin ist, wenn man Geld für Illustrationen und Druck auf hochwertigem Papier in die Hand nimmt. Und die Texte sind umfangreich genug, um einen guten Einblick in das Leben im Jahr 2077 zu bieten. Mehr ginge sicher immer, aber wer mehr will, muss zum neuen Rollenspiel und zu dem Videogame greifen. Das Buch schlägt hier gewissermaßen die Brücke und macht gleichzeitig neugierig auf mehr.

Fazit Als Begleitband zu dem Videospiel Cyberpunk 2077 und Einführung in das Leben in der Welt von morgen funktioniert das vorliegende Buch perfekt. Kurzweilig geschrieben, sehr schick illustriert und gespickt mit viel »Lebensgefühl« (vor allem bei den Werbeanzeigen), kann ich das Buch nur jedem empfehlen, der Spaß an Cyberpunk-Settings hat. Obwohl es 30 Jahre später angesiedelt ist, dürfte das Buch auch als Stimmungsband für Cyberpunk Red funktionieren, ebenso wie als Inspirationsquelle für Rollenspieler konkurrierender Systeme wie Shadowrun.

Die Welt von Cyberpunk 2077 Sachbuch Marcin Batylda u. a. Panini Comics 2020 293 ISBN: 978-3-8332-3893-2 192 S., Hardcover, deutsch Preis: EUR 40,00

LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren – Neuausgabe: Alles über die machterfüllten Plastikpüppchen von Frank Stein

Mehr als 20 Jahre ist die Verbindung zwischen LEGO und Star Wars nun schon alt. Keine Themenwelt bei LEGO – von Klassikern wie City abgesehen – gibt es länger. Mit ein paar noch etwas kantigen Sets fing 1999 alles an, heute verzaubern epische Sets wie der UCS Millennium Falke oder die brandneue Cantina Fans (und reißen Riesenlöcher in Geldbörsen). Im Zentrum des Interesses stehen dabei nach wie vor die liebevoll gestalteten Minifiguren, vom kleinen Sturmtruppler bis zum exotischen Alien. Wer da den Überblick behalten will, der braucht das LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren.

Das LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren erschien erstmals 2012. Es hatte 208 Seiten, war empfohlen ab 7, warb mit 300 präsentierten Minifiguren, enthielt eine exklusive Han-Solo-mit-Rebellenorden-Minifigur und

294 behandelte Sets bis zum Jahr 2011. 2016 folgte eine »erweiterte und aktualisierte« Ausgabe, die 296 Seiten hatte, ab 6 gelistet war, ebenfalls 300 Minifiguren vorstellte und eine weiße Boba-Fett-Prototyp-Minifigur mitlieferte. Präsentiert wurden Sets bis zum Jahr 2015. Die aktuelle »Neuausgabe« aus dem Jahr 2020 hat 224 Seiten, ist ab 6, will dem Leser »über 200 Helden, Schurken und Droiden aus der LEGO Star Wars Galaxis« näherbringen, und auf dem Cover starrt einem ein exklusiver Darth Maul aus dem Film Solo – A Star Wars Story entgegen. Die neusten präsentierten Figuren stammen dabei aus der ersten Welle LEGO-Sets zu Star Wars – Episode IX: Der Aufstieg Skywalkers, also aus dem Oktober 2019.

Damit ist das Buch zwangsläufig schon heute nicht mehr aktuell, aber mit 4 bis 5 Jahren neuem Inhalt (laut

295 Pressetext insgesamt 92 Figuren) ist eine Neuausgabe schon deutlich gerechtfertigt. Bedauerlicher ist allerdings der merklich reduzierte Umfang (bei gleichem Preis wohlgemerkt). Ganze 75 Seiten weniger hat diese Neuausgabe. Wer rechnen kann, sieht gleich das Problem. Klar, bei den heutzutage hunderten existierenden Star Wars-Minifiguren hätte man so oder so kein Komplettwerk vorlegen können, es wäre immer eine Auswahl nötig gewesen. Und ein Geschenkbuch wie dieses sollte auch eine gewisse Preisschwelle nicht überschreiten, um nicht zum Ladenhüter zu werden. Kinder wird der begrenzte Umfang gewiss auch nicht stören, denn nach wie vor werden ja eine Unmenge an bekannten und weniger bekannten Helden, Schurken und Droiden dargeboten. Bloß der erwachsene Fan und Star Wars-Kenner vermisst die vielen selteneren Figuren, die hier weggefallen sind, beispielsweise Watto, Sebulba, Zam Wesell, Stass Allie, Captain Antilles, diverse Klone und Droiden sowie die Legends-Figuren von Darth Revan bis Jek-14.

Von der Machart her hat sich in der Neuausgabe wenig verändert. Etwas lakonisch kommt dieses Buch ohne Einleitung zu Beginn und Interview am Ende aus, das heißt, es beginnt mit einem ausführlichen Inhaltsverzeichnis, dann folgen die Figurenvorstellungen in chronologischer Reihenfolge (von Episode I bis Episode IX, inklusive The Clone Wars und Rebels, aber seltsamerweise ohne Resistance) und am Schluss gibt es ein alphabetisches Register. Die erste Figur ist Qui-Gon Jinn, die letzte Poe 296 Dameron im Abenteurer-Outfit. Von einer Handvoll Übersichtsseiten – etwa zu Protokolldroiden – abgesehen, erhält dabei jede Figur eine ganze Seite, auf der sie großformatig mit einer schicken Abbildung präsentiert wird.

Außerdem finden sich auf den Seiten (wo vorhanden) besondere Star-Varianten der Figur, eine kleine Datenbank zum abgebildeten Helden (in der etwa steht, aus welchem Set er stammt) sowie ein paar Sätze Hintergrundinformation. Unverzichtbar sind natürlich die DK-typischen und wie immer mal produktionshistorischen (»Die weiße LEGO Schneebrille wurde ab 2009 für Rebellen von Hoth benutzt.«), mal storytechnischen (»Plo-Koon trägt eine spezielle Antiox-Atemmaske.«) und mal echt überflüssigen (»Stoffkragen« – deutet auf einen weißen Stoffkragen) Hinweiskästchen rund um das Bild. All diese Infos sind nur Schlaglichter und machen aus dem Lexikon keinesfalls ein wissenschaftliches Buch. Entgegen der eigenen Aussage »unverzichtbar für Fans und Sammler« will es das aber auch nicht sein. Wer einen kurzen Blick ins Innere wirft, merkt das sofort. Das Buch ist primär ein Spaßprodukt mit vielen (über 500) Bildern und ein paar Aha-Effekten in Info-Häppchen-Form, nicht weniger, aber auch nicht mehr.

Zur besseren Zuordnung der Figuren wurde der Datenbank-Block um die Film-Episode oder Serie, in der jene auftritt, ergänzt. Dafür wurde die Symbolleiste am oberen Seitenrand (die ich sehr hübsch übersichtlich fand) 297 gestrichen. Die Farbkante am Rand ist rein dekorativ und hat nichts auszusagen. Das Register am Ende des Buchs listet in dieser Ausgabe nur noch die Seitenzahl auf. In der vorherigen waren noch alle Set-Nummern dabei, in der die Figur (in irgendeiner Variante) enthalten war.

Eine Frage, die sich Besitzern der alten Bücher natürlich stellt, lautet: Lohnt sich die Anschaffung? Ja! Wenn man Spaß an LEGO-Minifiguren hat, lohnt der Kauf durchaus, denn zahlreiche neue Figuren aus den letzten 4 Jahren wurden hinzugefügt, darunter ein großer Schwung aus dem Film Solo. Die Einträge existierender Helden, Schurken und Droiden wurden auf den neusten Stand (Oktober 2019) gebracht. Die exklusive Minifigur ist obendrein ein Anreiz. Man sollte allerdings auf keinen Fall sein Buch von 2016 entsorgen, denn dort werden viele Figuren – vor allem seltenere – präsentiert, die nun weggefallen sind. Das ist ein Wermutstropfen, aber war wohl aus verkaufstechnischen Gründen nicht anders zu machen. (Auch andere DK-Lexika leiden darunter, dass das Star Wars-Universum immer größer wird, die Bücher aber nicht immer dicker werden dürfen.)

Fazit Das LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren – Neuausgabe ist vor allem eins: ein kunterbuntes und sehr unterhaltsam anzuschauendes Bilderbuch mit ganz vielen LEGO-Minifiguren. Gerade junge Fans dürfen davon begeistert sein, aber auch ältere Semester, deren Herz für 298 LEGO und Star Wars schlägt, schmökern hier mit viel Vergnügen. Für alle Erstkäufer eine definitive Kaufempfehlung, aber auch die Zusatzanschaffung zum Vorgänger von 2016 lohnt sich meines Erachtens. Einzig der deutlich verringerte Seitenumfang, der große Verluste in der Riege der Nebenfiguren zur Folge hatte, schmälert den Eindruck etwas. Da hatte das Vorgängerbuch mit 75 Seiten mehr doch die Nase vorn.

LEGO Star Wars: Lexikon der Minifiguren – Neuausgabe Sachbuch Hannah Dolan, Clare Hibbert u. a. Dorling Kindersley 2020 ISBN: 978-3-8310-3980-7 224 S., Hardcover, deutsch Preis: EUR 16,95

Drakaria – Prophezeiung der Sklaven von Sandra Franke

Auf dem Planeten Drakaria verlieren die Menschen einen Krieg gegen die drachenähnlichen Dragonier und werden gleich zu Beginn der Geschichte von der Herrscherin dieser Drachenwesen unterworfen. Einen Palast sollen die Menschen den neuen Herrschern bauen; dadurch könnten sie ihre Freiheit zurückerlangen. Der gestürzte König willigt

299 ein, als ihm bewusst wird, dass nur so sein Volk überleben kann. Doch K’Ladra Ur’Trashavilian, besagte Dragonierkönigin, beansprucht zudem den Berater Palahn Vahr, da dieser über seherische Fähigkeiten verfügt. Dem Titel des Buchs folgend spricht Vahr dann auch eine Prophezeiung aus, die die Dragonierkönigin zutiefst beunruhigt.

In Drakaria – Prophezeiung der Sklaven treffen einige Inhalte zusammen, die nicht alltäglich sind und die das Buch in einer Nische irgendwo zwischen Science-Fiction und Fantasy platzieren. Die relativ zu Beginn ausgesprochene Prophezeiung wird – Achtung: Spoiler – zum Ende des Buchs tatsächlich auch eintreffen. Dabei gelingt es der Geschichte, verschiedene Fährten zu legen, die während des Lesens eine ganze Weile als mögliche Auflösung fungieren. Dadurch wird das Interesse, das Buch weiterlesen zu wollen, angenehm aufrechterhalten. Die Geschichte selbst wird abwechselnd aus der Sicht zweier Protagonisten erzählt. Einmal dem gestürzten Menschenkönig, der versucht, seine versklavten Mitmenschen vor den fiesen Übergriffen der kaltherzigen Dragonier zu bewahren und dann noch aus dem Blickwinkel des Propheten Vahr.

Der Leser erfährt, dass die Menschen vor vielen Jahren die Halbinsel Kalashir besiedelt und dabei offenbar den Unmut der Dragonier auf sich gezogen haben. Doch damit ist es 300 noch nicht getan, denn schon bald tritt eine weitere Spezies auf den Plan. Eine humanoide Rasse wilder Raubkatzen, die mit Energiewaffen ausgestattet sind und spätestens hier einen Hinweis darauf geben, dass es sich nicht um eine reine Fantasy-Geschichte handelt. Erste Andeutungen sind bereits im Prolog zu lesen, die aber bewusst vage gehalten wurden, um der Entwicklung der Geschichte nicht vorzugreifen. Alle Völker verfügen zudem dank einer geheimnisvollen Kraft, dem sogenannten Litharo, über außergewöhnliche Fähigkeiten, die in der gesamten Geschichte auch einen besonderen Platz einnehmen.

Das Buch lässt sich flüssig lesen und steigert seinen Spannungsbogen mit Fortschreiten der Geschichte. Etwas mehr Hintergrund wäre wünschenswert gewesen, wobei der Aufbau um die geheimnisvolle Prophezeiung dann vermutlich weniger gelungen wäre.

Fazit Ein in sich schlüssiger Science-Fantasy-Roman, der die Verbindung unterschiedlicher Genres mit dem Fokus auf eine sich tatsächlich erfüllende Prophezeiung vorantreibt.

301 Die Welt in 100 Jahren von Sandra Franke

Im Jahre 1909 machten sich mehrere Autoren und Wissenschaftler daran, sich die Welt vorzustellen, wie sie in 100 Jahren aussehen könnte. Zusammengetragen wurden die Artikel von Arthur Brehmer, der seinerzeit als Journalist tätig war, und veröffentlicht als Buch mit dem Titel Die Welt in 100 Jahren.

Die Aufbruchsstimmung der Industrialisierung in diesem Buch ist in allen Artikeln spürbar, und so manches Mal gewinnt man den Eindruck, als wäre das, was man heute als »Steampunk« bezeichnet, vielleicht tatsächlich möglich

302 gewesen. Zumindest teilweise. Denn 1909 war das Luftschiff (Zeppelin) eine der fortschrittlichsten Errungenschaften, sodass mehrere Autoren dieser Zeit insbesondere die Zeppeline bald schon überall haben herumfliegen sehen. Weltumspannender Frieden wurde damals ebenso vorausgesehen wie auch ein schrecklicher Krieg (der natürlich in den Augen der Autoren ebenfalls durch Luftschiffe kontrolliert werden würde). Gedanken über Medizin, Musik und Kunst im Allgemeinen, über Bildung, die Rolle der Geschlechter und vieles mehr sind in dem seinerzeitigen Buch zu finden, das im Verlag Saphir im Stahl nun neu aufgelegt wurde.

Spannend ist, dass vieles, von dem, über das die Autoren damals geschrieben haben, heute vielleicht schon längst hätte Wirklichkeit sein können (vielleicht sogar inklusive Zeppeline), wenn sich die Geschichte nicht so dramatisch entwickelt hätte, wie sie es nach 1909 getan hat. 1912 sank bekanntermaßen die Titanic, 1914 brach der große Krieg aus (niemand ahnte, dass das nur der Erste Weltkrieg sein würde). Die Hindenburg ging 1937 in New Jersey in Flammen, auf und nur zwei Jahre später, 1939, brach der Zweite Weltkrieg aus. Die Welt hätte durchaus anders aussehen können als jetzt. Manches wäre vielleicht nie passiert, anderes eventuell schon viel früher. Im Rückblick lässt sich festhalten, dass einige Artikel in diesem Buch geradezu visionär waren, andere aber durchaus Kinder ihrer Zeit.

303 Die Neuauflage ist, wie man dem Buch entnehmen kann, eher durch Zufall und mit viel Fleißarbeit entstanden. Und gerade, weil es die Zeit beschreibt, wie diese sich die Vorfahren der Menschheit heutzutage vor über 100 Jahren vorgestellt haben, ist es umso erstaunlicher, zu welchen Schlussfolgerungen sie damals gekommen sind.

Das Buch ist als gebundene Ausgabe im Schutzumschlag erhältlich.

Fazit Dieses Buch ist kein Roman, sondern vielmehr ein Sachbuch mit verschiedenen Essays darüber, wie aus der Sicht der Vergangenheit die Welt im Jahre 2009 hätte aussehen können. Aus heutiger Sicht an manchen Stellen etwas befremdlich, aber durchaus auch aufschlussreich, um einen Blick in die Gedankenwelt der Leute des ausklingenden Kaiserreiches zu bekommen.

304 Sternenlicht 4 – Der Fehler im System von Sandra Franke

Nachdem Horst Hoffmann und Johannes Anders bereits ihre Raumschiffe in die Weiten des Weltraums der Sternenlicht-Reihe schicken konnten, folgt mit Sternenlicht 4 – Der Fehler im System nun auch Peter R. Krüger als Dritter im Bunde. Nicht der letzte Autor, der diese Buchserie bereichert. Ihm werden mindestens noch Joachim Stahl und Verlagschef Erik Schreiber mit weiteren Abenteuern folgen.

Wie bereits in den vorherigen Rezensionen zur Sternenlicht-Reihe festgestellt wurde, handelt es sich hierbei

305 um eine Hommage an die altehrwürdige Raumpatrouille Orion. Um die Verbundenheit zum Original zu zeigen, fliegt in Krügers Roman ein Raumschiff namens JAGELLOVSK mitten rein ins Abenteuer und deutet mit dem Namen auch gleich an, dass es sich hierbei um einen Raumkreuzer des Sternenlicht-Sicherheitsdienstes handelt. Sofort fühlt man sich an die HYDRA unter dem Kommando von General Lydia van Dyke erinnert. Hier heißt der Kapitän aber P.M. Walt Kargon, und er selbst trägt nur den Rang eines Commanders. Die Crew der JAGELLOVSK ist erfreulich bunt gemischt, wobei es scheinbar doch einige Parallelen zur TV-Serie gibt, was die Charakterzeichnung angeht. Ein älterer, etwas mürrischer Kommunikationsoffizier, dann der junge Armierungsoffizier und die freundliche Astrogatorin ... Die Rollen sind etwas vertauscht, aber man erkennt doch zumindest Anlehnungen an Hasso, Mario und Helga aus dem Original. Zum Glück gibt es noch mehr Personal an Bord: eine Ingenieurin, einen Wissenschaftler, einen Bordarzt und zudem noch eine Sicherheitsoffizierin. Dank dieser Mischung löst sich die JAGELLOVSK von der Originalbesatzung und gibt der Crew genug Eigenständigkeit. Insbesondere gefällt der Autorin dieses Artikels die Beschreibung des Wissenschaftlers Bilmen Okan, der zwar gerne Planeten und den Weltraum erforschen will, aber mit sich selbst zu kämpfen hat, weil er sich eigentlich nicht wohl fühlt, wenn er selbst in der unendlichen Leere in einem Raumschiff unterwegs ist.

306 Die Geschichte selbst wirft den Leser gleich mitten ins Abenteuer, indem die JAGELLOVSK einen Notruf eines Erzfrachters auffängt, der von Weltraumpiraten angegriffen wird. Natürlich will man dem Schiff zur Hilfe eilen, und es gibt auch recht bald ein Feuergefecht, in dem die Piraten vorerst vertrieben werden. Doch der Mannschaft ist klar, dass die Gefahr weiterhin besteht, weswegen die Piraten in eine Falle gelockt werden sollen. Auch diese ist fast schon wieder Orion-typisch zu nennen, basiert sie doch auf einen Trick, den Fans der Serie leicht erkennen werden. Wer mit der alten Fernsehserie nicht viel anfangen kann, wird dennoch abgeholt, denn die genannten Referenzen sind eben lediglich als Hommage eingebaut und werden, soweit notwendig, kurz und bündig erklärt. Mit der anschließenden Verfolgung der Piraten ist die Sache jedoch noch nicht ausgestanden, und die Besatzung der JAGELLOVSK gerät in ein Weltraumabenteuer, das vom Gefühl her sehr gut in das Universum der Orion-Geschichten passt.

Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt, was durchaus seinen Reiz hat. Scheint Teil 2 mit den ersten Sätzen lediglich eine Art Ausklang zu bilden, wird dem Leser dann jedoch noch eine weitere interessante Geschichte präsentiert, die zwar eindeutig nach dem ersten Abenteuer platziert ist, aber schlussendlich in direkter Verbindung dazu steht.

So wie auch schon Anders zuvor in seinen Sternenlicht-Romanen hat durchblicken lassen, dass er Star 307 Trek gut kennt, so gibt es auch in diesem Buch wenigstens zwei Hinweise auf dieses beliebte Franchise. Ein angenehmer Seitenhieb für Trekkies, ohne dabei zu präsent zu werden.

Fazit Ein schnelles Weltraumabenteuer das die Stimmung der Originalserie gut einfängt. Etwas mehr hätte es gerne sein dürfen, aber da die Romane dieser Reihe üblicherweise unter 200 Seiten stark sind, passt Der Fehler im System da gut hinein und ergänzt die Raumschiffflotte um einen weiteren Kreuzer und um eine flüssig geschriebene Geschichte.

308 Sternenlicht 5 – Parsifal von Sandra Franke

Mit Joachim Stahl kommt der vierte Autor zum Sternenlicht-Team hinzu und bringt mit rund 200 Seiten gleich das stärkste Buch der Reihe namens Sternenlicht 5 – Parsifal mit.

Inhaltlich wird der Leser Zeuge einer Entführung im Weltraum. Bei der entführten Person handelt es sich um den Sohn eines Großunternehmers. Die Sternenlichtvereinigung reagiert, indem sie Major Taunsend nach Bekanntwerden der Entführung die Order erteilt, den jungen Parsifal aus den Händen der Entführer zu befreien, was Schiff und Besatzung sogleich in ein großes Weltraumabenteuer stürzt.

Stahl beschreibt seine Figuren von Anfang an eingehend, was dazu führt, dass sie schnell eine Persönlichkeit entwickeln. In der Folge kommt seine Geschichte zwar etwas langsamer in Fahrt, was aber dem Leser Zeit gibt, sich in die Situation einzulesen und sich ein deutliches Bild der jeweiligen Szene vorzustellen. Seltsam ist zwar, dass ausgerechnet der Sprücheklopfer der Mannschaft die Aufgaben des Kommunikationsoffiziers erteilt bekommen hat – hier würde man doch meinen, dass eine etwas genauere Ausdrucksweise Voraussetzung für den Job ist –, am Ende beherrscht er aber seine Arbeit. 309 Apropos Kommunikation. Dass eine Dame namens Uhura ebenfalls für die Kommunikation zuständig ist, lässt auch bei Stahl, so wie schon im Fall seiner Vorgänger, auf eine Affinität zu Star Trek schließen. Der namensgebende Held dieser Geschichte ist im Übrigen auch gerne mal etwas neunmalklug unterwegs, weckt aber schon zu Beginn Sympathien beim Leser.

Das Konzept, mehrere Kreuzer der ORION-Klasse in einen übergroßen Träger zu verfrachten ist bereits aus den Vorgängern bekannt und funktioniert hier schon recht routiniert. Auch, dass jeder Autor sein eigenes Raumschiff durch die Weiten des Weltalls kommandiert, ist Teil der Sternenlicht-Reihe. Die GIORDANO BRUNO hat diesmal ihr Debut in der Sternenlicht-Vereinigung.

Fazit Parsifal reiht sich als fünfter Band in eine Buchserie ein, die auf Weltraumabenteuer ausgerichtet ist. Auch dieser Band nimmt seine Leser auf eine abenteuerliche Reise mit und präsentiert sich dabei sehr souverän.

310 Wächter der letzten Pforte von Sandra Franke

In der Fantasy-Welt Camotea erwachen der junge Liocas und die Kriegerin Moriana auf einem Schlachtfeld. Das Ausmaß der Zerstörung ist groß, welche Macht jedoch dahintersteckt, ist noch unbekannt. So macht sich das ungleiche Paar auf, dem Geheimnis dieser Katastrophe auf den Grund zu gehen. Dabei fällt es dem ruhigen Liocas nicht immer leicht, mit der ungestümen Moriana zurechtzukommen. Im Laufe ihres Abenteuers stoßen sie auf eine Verschwörung, die zu einer Gefahr für ganz Camotea werden könnte.

311 Henning Mützlitz und Christian Kopp schildern in diesem Buch die Reise einer sehr unterschiedlichen kleinen Abenteurergruppe. Die Figuren sind gut beschriebe, und auch die Welt Camotea wurde sehr atmosphärisch dargestellt. Durch den leichten Steampunk-Einschlag, der zum Beispiel durch die Luftschiffe, genannt „Arcanaeros“, erzeugt wird, hebt sich diese Welt vom üblichen Fantasy-Einerlei wohltuend ab. Allerdings braucht der Roman auch etwas Zeit, um sich in diese Welt einzufinden, da dem Leser bereits zu Anfang viele fremdklingende Orte und Personennamen präsentiert werden. Die Geschichte entwickelt sich dann jedoch recht bald immer interessanter, und die Autoren wissen auch mit ein paar Überraschungen aufzuwarten, die den Leser immer weiter in die Geschichte hineinziehen.

Das Buch ist in der Neuauflage zunächst nur als E-Book erschienen.

Fazit Spannende Fantasy-Lektüre mit leichtem Steampunk-Einschlag, bei welcher der Leser ein paar Kapitel zum Einlesen braucht, die dann aber mit einer gut durchdachten Story fesselt.

312 Fatal Decay von Sandra Franke

Der Untertitel dieses Buchs lautet Darth Metal Punk und bezeichnet ziemlich gut, worum es bei dieser Space Opera geht. Die Metal/Punk-Band Fatal Decay hat einen Auftritt, bei dem so richtig die Fetzen fliegen, und der Leser erfährt sofort, dass sich eine gewisse Cat und die Sängerin Doom ganz offenbar nicht leiden können.

Das hat natürlich eine Vorgeschichte und auch ein Nachspiel. Beides schildert Johannes Anders in diesem Roman auf witzige und oft auch überraschende Weise. Insgesamt kann man diese Geschichte als Space-Roadtrip bezeichnen, was an sich schon etwas Besonderes ist. Doch

313 darauf allein verlässt sich der Autor nicht, sondern bietet hier viele Wendungen, Merkwürdigkeiten und eine gehörige Portion schwarzen Humor an. Diese Kombination muss dem Leser freilich zusagen, denn es ist insgesamt schon eine sehr eigene Geschichte, die vielleicht in ihrer Skurrilität am ehesten mit einem Terry-Pratchett-Roman im Weltraum mit derberer Wortwahl zu vergleichen ist.

Der Text liest sich flüssig; die Protagonisten sind lebendig, wenn auch etwas überzeichnet. Aber genau das macht auch den Charme von Fatal Decay aus. Die Geschichte ist in sich schlüssig, und zu manchen Songtexten kann man fast schon eine imaginäre Musik hören.

Das Buch ist als Amazon-Veröffentlichung nur über diese Plattform erhältlich, das aber sowohl als Taschenbuch als auch im E-Book-Format.

Fazit Fatal Decay ist kein Buch von der Stange, hält den Leser aber durch immer neue Ideen bei der Stange. Ein Science-Fiction/Metal-Space-Roadtrip.

314 Übersinnliche Detektive I – Aylmer Vance von Sandra Franke

Eine Reihe von Detektivromanen (Übersinnliche Detektive) ist im Verlag Saphir im Stahl erschienen, die ursprünglich in längst vergangenen Tagen veröffentlicht worden sind. Bei dem hier rezensierten Exemplar handelt es sich um die Kurzgeschichtenreihe Aylmer Vance aus den Federn von Alice und Claude Askew, ursprünglich veröffentlicht in Großbritannien im Jahre 1914.

Enthalten sind in diesem Werk acht Kurzgeschichten, in denen die Hauptfigur Aylmer Vance, der als eine Art übersinnlicher Sherlock Holmes bezeichnet werden könnte, seinem Freund und Staatsanwalt Dexter von seinen

315 paranormalen Abenteuern erzählt. Die Geschichten handeln von allerlei absonderlichen Begebenheiten, wie dem Eindringen eines Geists während einer Séance, oder einem Fluch, der nur einer einzigen Familie nicht gefährlich werden kann.

Der Stil ist dem Thema angemessen. Die Geschichten werden in einer Art präsentiert, die tatsächlich einen Abend voller Gruselgeschichten am Lagerfeuer oder vor dem Kamin eines guten alten britischen Gentlemen's Club vor dem geistigen Auge erscheinen lassen. Während Vance seine Geschichten vorträgt, ist es an Dexter, gelegentlich Fragen zu stellen, damit Vance die Gelegenheiten nutzen kann, den jeweiligen Sachverhalt noch eingehender zu beschreiben.

Fazit Spannende Unterhaltung, die sich irgendwo zwischen Mary Shelley, Bram Stoker und Sir Arthur Conan Doyle einordnen lässt – nur eben als Kurzgeschichten.

316 317 Werbung

318 Phantastische Wissenschaft

Ressortleiter Reiner Krauss

Subspace Link – Neues aus dem All

Ein Blick über unsere Köpfe

Beiträge von Reiner Krauss

Neue galaktische Ausblicke und spannende Berichte über uns …

JPL/NASA - Perseverance und Ingenuity das Duo auf dem Mars rollt und fliegt

319 © NASA/JPL-Caltech | Künstlerische Darstellung

Der autogroße Perseverance-Rover, der am 18. Februar im Inneren des 45 Kilometer breiten Jezero-Kraters gelandet war, hat erfolgreich seine Arbeit aufgenommen. Ebenso erfolgreich ist ein winziger Hubschrauber namens Ingenuity. Mittlerweile fünf Flüge hat er nun absolviert und ist gar mit Turbulenzen zurechtgekommen. Die Mission des Helis wird verlängert, und er soll den Rover auf seiner weiteren Mission noch mindestens einen weiteren Monat begleiten.

Weiterführende Informationen zum Thema: https://youtu.be/Q75-HetU57A - Watch NASA’s Ingenuity Mars Helicopter Fly in 3D

CNSA – Marsrover Zhurong ist gelandet

320 © CNSA (China national Space Administration)

Die Sonde der Volksrepublik China Tianwen-1 (»Fragen an den Himmel«) hat erstmals erfolgreich einen Rover, genannt Zhurong, auf dem Mars gelandet. Dieser ist unlängst von seinem Landegestell über eine Rampe auf den Mars-Boden gefahren und hat seine Erkundungen aufgenommen. https://www.heise.de/news/Chinas-Rover-Zhurong-landet-a uf-dem-Mars-6046362.html - Bericht zur Meldung

SpaceX - Starship Prototyp mit erfolgreicher Landung

© SpaceX/RGV Aerial Photography

321 Boca Chica, Texas: Der Start des SpaceX Starships SN15 verlief erfolgreich mit dauerhaft geglückter Landung, nachdem es seine Zielhöhe von 10 Kilometern erreicht und den anschließenden Rückflug zum Startplatz in »Skydiver-Manier« durchgeführt hatte. Nach Aufstellen der Rakete glückte die Landung sicher und stabil.

Weiterführende Links:

Starship SN15 Flight Test: https://youtu.be/7CZTLogln34

Artemis-Programm - Die NASA wählt SpaceX Starship zur Mondlandung aus

© SpaceX | Künstlerische Darstellung

Die NASA hat SpaceX als einziges Unternehmen für die Entwicklung und Demonstration einer bemannten Mondlandefähre ausgewählt, hält sich aber die Tür für andere offen, die sich für zukünftige Missionen bewerben können. Die NASA gab am 16. April bekannt, dass sie SpaceX den Zuschlag für die Option A des HLS-Programms (Human 322 Landing System) erteilt hat, die die Entwicklung einer bemannten Mondlandefähre und eine Demonstrationsmission umfasst. Der Festpreis- und Meilensteinvertrag hat einen Gesamtwert von 2,89 Milliarden Dollar. SpaceX war eines von drei Unternehmen, die vor fast einem Jahr erste HLS-Verträge für frühe Designarbeiten an ihren Landerkonzepten erhielten. SpaceX bot eine Version seines Starships an, das auf seiner Super Heavy-Trägerrakete gestartet und in der niedrigen Erdumlaufbahn aufgetankt wird, bevor es zum Mond fliegt.

ISS - ESA wählt Samantha Cristoforetti zur Kommandantin

© ESA/NASA

Als Mitglied der so genannten Crew-4 wird Cristoforetti 2022 zusammen mit den NASA-Astronauten Kjell Lindgren und Bob Hines an Bord eines SpaceX-Crew-Dragon-Raumschiffs von Florida, USA, aus in Richtung ISS starten. Diese Weltraummission ist bereits die zweite für Cristoforetti, sie bringt also genug Erfahrung mit,

323 um als erste europäische Frau das Kommando über die ISS zu übernehmen. Unlängst ist ein weiterer ESA-, , zur aktuellen ISS-Besatzung gestoßen (Expedition 65).

MPIfRA - 50 Jahre Radioteleskop Effelsberg und ein »Zeitreiseweg«

© Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn

Aus der Presse-Meldung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfRA): Zum diesjährigen Jubiläum wird mit dem Zeitreiseweg der vierte astronomische Wanderweg am Radioteleskop eröffnet. Das 100-m-Radioteleskop des Bonner Max-Planck-Instituts für Radioastronomie begeht im Jahr 2021 seinen 50. Geburtstag. Der Aufbau des Teleskops in einem Eifel-Tal ca. 40 km südwestlich von Bonn erfolgte in gut dreieinhalbjähriger Bauzeit von 1967 bis 1971. Am 12. Mai 1971 erfolgte das Richtfest in Form einer feierlichen Eröffnung am Standort des Teleskops, nicht weit entfernt von den beiden Eifeldörfern Effelsberg und Lethert, 324 inzwischen Ortsteile der Stadt Bad Münstereifel. Zum Jubiläum wird im Mai 2021 mit dem Zeitreiseweg der vierte astronomische Themenwanderweg fertiggestellt. Er verläuft als Rundweg von 5 km Länge um das 100-m-Radioteleskop und berichtet auf 20 Tafeln aus der 50-jährigen Geschichte des Radioteleskops Effelsberg. Die Tafeln erzählen von wissenschaftlichen Ergebnissen mit dem Teleskop, sowie von bemerkenswerten technischen Neuerungen wie der Installation eines neuen Subreflektors oder dem Aufbau der LOFAR-Station Effelsberg als Ergänzung zu größeren Wellenlängen. Das 100-m-Radioteleskop des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie liegt in einem Bachtal unmittelbar an der Grenze zwischen den Bundesländern Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Vom Besucherparkplatz bei den Eifeldörfern Effelsberg und Lethert, die beide zur Ortsgemeinde Bad Münstereifel gehören, sind es ungefähr 15 Minuten Fußweg bis zum Besucherpavillon des Radioteleskops mit direktem Blick auf das Teleskop selbst. Als Rückblick auf 50 Jahre erfolgreiche Forschungsarbeit mit dem 100-m-Radioteleskop Effelsberg wird im Mai 2021 ein neuer Wanderweg, der »Zeitreiseweg«, in der Nachbarschaft des Radioteleskops Effelsberg eröffnet. Er beginnt am Besucherpavillon in unmittelbarer Nähe zum 100-m-Radioteleskop, führt auf einer Strecke von etwas mehr als 5 km rund um das Teleskop und endet am Aussichtspunkt direkt vor der riesigen Antenne. Von dort führt ein kurzer Zickzack-Weg direkt zurück zum Pavillon.

325 »Der neue Wanderweg erlaubt nicht nur einen faszinierenden Einblick in 50 Jahre Forschung und Technik in Effelsberg, sondern ermöglicht auch die Aussicht auf das spektakuläre Teleskop und die umgebende schöne Eifellandschaft aus verschiedenen Perspektiven«, sagt Alex Kraus, der Leiter des Radioobservatoriums Effelsberg. Der Zeitreiseweg beschreibt in insgesamt 20 Stationen eine Reihe von Ereignissen aus fünf Jahrzehnten Geschichte des 100-m-Radioteleskops, von der offiziellen Eröffnung im Jahr 1971 bis zum 50-jährigen Jubiläum im aktuellen Jahr 2021.

Weiterführende Links:

Bericht zum Artikel: https://www.mpifr-bonn.mpg.de/effelsberg -

Tricorder & Co: Mit dem Handy Stoffe analysieren? von Brandon Q. Morris

In fast all den Romanen des Autors dieses Artikels nutzen die Protagonisten Geräte in der Größe eines Smartphones, um Stoffe zu untersuchen, auf die sie stoßen. Aktuelle Labortechnik ist noch ein ganzes Stück größer – aber das muss überhaupt nicht sein. Das beweist jetzt ein

326 Forscherteam in einem Beitrag in der Zeitschrift Review of Scientific Instruments.

Das Team um Peter Rentzepis von der Texas A&M hat eine Erweiterung für ein gewöhnliches Mobiltelefon entwickelt, mit der das Gerät Chemikalien, Medikamente, biologische Moleküle und Krankheitserreger nachweisen kann. Moderne Mobiltelefone verfügen über hochwertige Kameras, die in der Lage sind, niedrige Lichtstärken zu erkennen und Rauschen durch die Bildverarbeitung zu eliminieren. Diese Fähigkeit nutzen auch die Forscher, um zwei Verfahren der Spektroskopie umzusetzen. Die Fluoreszenzspektroskopie misst das von einer Probe emittierte Fluoreszenzlicht. Die sogenannte Raman-Spektroskopie ist nützlich, um Moleküle wie DNS und RNS zu erkennen, die nicht fluoreszieren oder Licht mit sehr geringer Intensität emittieren. Das System enthält einen preiswerten Diodenlaser als Lichtquelle, der im rechten Winkel zur Verbindungslinie zwischen Probe und Handykamera ausgerichtet ist. Die rechtwinklige Anordnung verhindert, dass rückreflektiertes Licht in die Kamera gelangt. »Außerdem hat diese rechtwinklige Anregungsgeometrie den Vorteil, dass sie für die Analyse von Proben, bei denen eine Volumeneigenschaft gemessen werden soll, einfacher zu handhaben ist«, so Autor Peter Rentzepis.

Die Forscher untersuchten mit ihrem Handy-Detektor eine Vielzahl von Proben, darunter gängige Lösungsmittel wie 327 Ethanol, Aceton, Isopropylalkohol und Methanol. Sie nahmen die Raman-Spektren von festen Objekten auf, darunter die einer Karotte und die eines Pellets mit Bakterien. Möhren wurden für diese Studie ausgewählt, weil sie das Pigment Carotin enthalten. Das in ihrem System verwendete Laserlicht hat eine Wellenlänge, die von diesem orangefarbenen Pigment und von den Pigmenten in den Bakterien leicht absorbiert wird. Die Forscher verglichen die Empfindlichkeit ihres Systems mit den empfindlichsten industriellen Raman-Spektrometern. Das Verhältnis von Signal zu Rauschen war bei dem kommerziellen Gerät etwa 10-mal höher (also besser) als bei dem Smartphone-System. Die Empfindlichkeit des Handy-Detektors konnte jedoch leicht verdoppelt werden, indem nur ein einzelner RGB-Kanal für die Analyse verwendet wurde. Das System hat einen eher begrenzten Dynamikbereich, aber die Forscher merken an, dass dieses Problem einfach durch verschiedene HDR-Anwendungen (High Dynamic Range) überwunden werden könnte, die Bilder aus mehreren Belichtungen kombinieren. Die zusätzlichen Komponenten, einschließlich des Lasers, kosten nur etwa 50 Dollar, was dieses System zu einem preiswerten aber genauen Werkzeug für die Erkennung von Chemikalien und Krankheitserregern macht.

Gut, rein optisch müssten die Forscher an der Hardware wohl noch etwas arbeiten. Und der Autor dieses Artikels befürchtet ja, dass das übernächste iPhone dann auch den 328 Kalorien- und Alkoholgehalt jeder damit fotografierten Speise groß und deutlich anzeigen wird ...

© Morris | Star Trek-Tricorder (Bild: CC-BY-SA 2.0, Flickr)

Das Rauschen des interstellaren Raums von Brandon Q. Morris

Das Vakuum zwischen den Sternen ist nicht leer. Das interstellare Medium besteht aus Staub und Gas, das wiederum in atomarer, molekularer und ionisierter Form vorliegen kann. Seine Dichte ist sehr unterschiedlich. Interessanterweise ist sie in kühlen, dichten Regionen am größten, wo die Materie hauptsächlich in molekularer Form vorliegt und man bis zu 1 Million Moleküle pro Kubikzentimeter zählen könnte. In heißen, diffusen Bereichen hingegen ist die Materie hauptsächlich ionisiert, und man findet pro 10.000 Kubikzentimeter nur ein einziges Ion vor. Im Vergleich etwa zu den Fähigkeiten einer von Menschen konstruierten Vakuumkammer mit immer noch

329 zehn Milliarden Teilchen pro Kubikzentimeter ist das verdammt dünn. Aber das Weltall ist auch verdammt groß, sodass das interstellare Medium trotz seiner niedrigen Dichte etwa fünf Prozent zur Gesamtmasse beiträgt.

© Morris / NASA | Künstlerische Darstellung

Diese fünf Prozent interessieren die Forscher natürlich sehr. Deshalb freuen sie sich, dass mit Voyager 1 und 2 nun die ersten Sonden in das interstellare Medium vordringen. Voyager 1 hat, wie ein Paper in der Online-Zeitschrift Nature Astronomy zeigt, nun interessante Ergebnisse geliefert. Der Sonde ist es nämlich gelungen, das konstante Rauschen des interstellaren Mediums aufzuzeichnen. Gas und Staub, die es enthält, werden immer wieder angeregt und senden dadurch Signale in verschiedenen Bereichen, die Voyager 1 auffangen konnte. Durch die Untersuchung von Daten, die die Sonde aus einer Entfernung von mehr als 22,5 Milliarden Kilometern zurückgeschickt hat, konnte die Astronomin Stella Koch Ocker die Emission aufdecken. »Sie ist sehr schwach und monoton, weil sie in einer schmalen Frequenzbandbreite liegt«, sagt Ocker. »Wir detektieren also das schwache, anhaltende Brummen von interstellarem Gas.« 330 Diese Arbeit ermögliche es den Wissenschaftlern, zu verstehen, wie das interstellare Medium mit dem Sonnenwind interagiert, so Ocker, und wie die schützende Blase der Heliosphäre des Sonnensystems durch die interstellare Umgebung geformt und verändert wird.

Die im September 1977 gestartete Raumsonde Voyager 1 flog 1979 am Jupiter und Ende 1980 am Saturn vorbei. Mit einer Geschwindigkeit von etwa 38.000 Meilen pro Stunde durchquerte Voyager 1 im August 2012 die Heliopause. Nachdem sie in den interstellaren Raum eingetreten war, entdeckte das Plasmawellen-System der Sonde Störungen im Gas. Aber zwischen diesen Eruptionen – verursacht durch die Sonne der Erde – haben die Forscher eine stetige anhaltende Signatur gefunden, die durch das Beinahe-Vakuum des Weltraums erzeugt wird. »Das interstellare Medium ist wie ein leiser oder sanfter Regen«, sagt der Astronom James Cordes, Hauptautor der Studie. »Im Falle eines Sonnenausbruchs ist es so, als würde man einen Blitz in einem Gewitter entdecken, und dann ist es wieder ein sanfter Regen.« Ocker glaubt, dass es mehr Low-Level-Aktivität im interstellaren Gas gibt als Wissenschaftler bisher dachten, was es den Forschern erlaubt, die räumliche Verteilung des Plasmas zu verfolgen – das heißt, wenn es nicht durch Sonneneruptionen gestört wird.

Brandon Q. Morris ist Physiker und Science-Fiction-Autor. Unter www.hardsf.de schreibt er regelmäßig über für 331 SF-Leser interessante Wissenschaftsthemen aus Astrophysik und Kosmologie.

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333 Phantastisches Fandom

Return Of The Con Fever: Welche Fan-Veranstaltungen erwarten die Nerds und Geeks in diesem Jahr noch? von Thorsten Walch

Es war und ist kein Geheimnis für Convention-affine Science-Fiction- und anderweitige Phantastik-Fans: Das Veranstaltungsjahr 2020 war in dieser Beziehung überaus dünn bestückt, zumindest, was Live-Veranstaltungen anbetraf (ein recht großer Teil der renommierten Veranstaltungen in der Szene fanden allerdings virtuelle Entsprechungen, die der sonstige Vor-Ort-Besucher online mitverfolgen konnte). Über den Grund braucht man keine weiteren Worte zu verlieren, war dieser doch neben seinen sonstigen Legionen an Nachteilen auch der Anlass für die Umbenennung des vorliegenden Magazins. Doch mit dem Fortschreiten der Impfungen und mehr oder weniger damit verbundener sinkender Inzidenzen scheint es, als kehre in diesem Jahr auch in der hiesigen Convention-Szene wieder mehr von der lange vermissten Normalität ein. In diesem Artikel wollen wir einen Blick auf die Veranstaltungen werfen, die für das verbleibende Jahr 2021 hierzulande

334 geplant sind. Eine Gewähr für deren Stattfinden können wir freilich nicht geben, da die Möglichkeiten sich bekanntermaßen bis zu den jeweiligen Terminen unter Umständen geändert haben können: Sprechen wir in diesem Fall also besser von der voraussichtlichen Veranstaltung.

Gleich zwei Conventions für die Fans japanischer Manga- und Anime-Kultur sind für das Wochenende des 7. und 8. August 2021 geplant:

Die unter Fans bekannte DoKomi im Convention Center in Düsseldorf gehörte zu den wenigen Veranstaltungen, die auch im krisengeschüttelten Vorjahr stattfanden, und auch für dieses Jahr ist eine neue Ausgabe geplant. Erwartet werden (neben zahlreichen entsprechend kostümierten Fans natürlich) mehr als 60 Zeichner und anderweitige Künstler aus der Szene aus Japan und dem Rest der Welt. Weitere Informationen auch über den Fortgang der Planungen finden sich auf www.dokomi.de

Im AMO Kulturhaus in Magdeburg hingegen findet die etwas kleinere Contaku statt, die sich neben japanischer Popkultur als thematischem Schwerpunkt auch der allgemeinen Sci-Fi- und Comicszene widmet, in diesem Jahr unter anderem dem berühmten Spider-Man. Interessierte können sich auf www.contaku.de informieren.

Star-Wars-Fans können sich auf den 11. und 12. September 335 freuen: In der Kölner Halle Tor 2 findet ein weiteres Mal die Power Of The Force Convention mit Gaststars aus dem Sternenuniversum des George Lucas statt, unter vielen anderen Joonas Suotamo (seit 2015 Darsteller von Chewbacca), Denis Lawson (Wedge aus den Star-Wars-Episoden IV bis VI sowie IX), Paul Blake (Greedo aus Episode IV) und Eric Walker (Mace Towani aus den beiden Ewok-Filmen). Nähere Informationen gibt es auf www.poweroftheforce.net.

In der gleichen Location ist für das Wochenende 16./17. Oktober mit House Of Horrors auch eine neue Ausgabe des Happenings für Fans der unheimlichen Seiten der Phantastik angedacht. Hier kann man allerlei Horror-Prominenz wie beispielsweise Tom Savini (Effektkünstler und Schauspieler unter vielem anderem bei Dawn Of The Dead und From Dusk Till Dawn), David Howard Thornton (Art The Clown in Terrifier) oder Nancy Loomis (bekannt aus mehreren Filmen von John Carpenter) treffen. Mehr dazu auf www.houseofhorrors.events.

Am gleichen Wochenende, allerdings bereits ab Freitag, dem 15. Oktober, heißt es im Bonner Maritim Hotel – zweifellos eine der bekanntesten Convention-Veranstaltungslocations in ganz Europa – wieder Bühne frei für die MagicCon 4 der Macher der FedCon, welche beide im vergangenen Jahr aufgrund der Pandemie verschoben werden mussten: Hier bietet sich ein Besuch auch der eine Woche später an gleicher Stelle 336 stattfindenden FedCon 29 an, auf die wir gleich noch zu sprechen kommen werden. Auf der MagicCon können Tolkien- und Fantasy-Fans zahlreiche Stars, darunter Richard Armitage (Thorin Eichenschild aus der Filmreihe Der Hobbit), Gavin Leatherwood (Nicholas Scratch aus Chilling Adventures Of Sabrina) oder Miranda Otto (Éowyn aus Der Herr der Ringe sowie Tante Zelda gleichfalls aus Chilling Adventures Of Sabrina) treffen und sich natürlich vom umfangreichen Rahmenprogramm im wahrsten Sinne des Wortes verzaubern lassen. Genauere Informationen auf www.magiccon.de.

Die 2020 schmerzlich vermisste FedCon 29 findet dann vom 22. bis zum 24. Oktober statt. Zu Gast sind diesmal unter anderem Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Blu del Barrio (Adira Tal) sowie David Ajala (Cleveland Booker), alle drei aus Star Trek: Discovery, ferner Alex Kingston (River Song) und John Barrowman (Jack Harkness) aus dem Nachbar-Universum von Doctor Who. Im sonstigen Programm werden – neben wie immer jeder Menge anderen sehens- und hörenswerten Acts – auch Phantastika-Magazin-Chefredakteur Björn Sülter sowie die Autoren Reinhard Prahl und Thorsten Walch ihre neuen und auch zurückliegenden Bücher vorstellen. Auf www.fedcon.de findet sich alles Weitere an Wissenswertem.

Geht man nach bisherigen Planungen, wird das (Con-) Jahr auch sehr interessant und ausgefüllt enden: Nochmals 337 gruselig für alle Fans des Horrors wird es am 6. und 7. November auf dem Weekend Of Hell im Hotel Crowne Plaza in Neuss bei Düsseldorf. Namensankündigungen von Gaststars aus dem Bereich des Unheimlichen gibt es bei Entstehung dieses Artikels noch nicht, da auch dieses Event so wie viele andere vom vergangenen Jahr auf den neuen Termin verschoben werden musste. Diese wird man zusammen mit allen anderen wichtigen Infos ab demnächst sicherlich auf www.weekend-of-hell.com nachlesen können.

Vom 27. bis zum 28. November wird ein weiteres Mal die Messe Stuttgart zum Austragungsort der pandemiebedingt verschobenen Comic Con von den Machern der FedCon und der MagicCon. Auf der Gästeliste stehen Hollywood- und internationale Stars wie unter anderem Michael Rooker (Merle aus The Walking Dead, Yondu aus Guardians Of The Galaxy I & II), Evanna Lynch (Luna Lovegood aus der Harry-Potter-Filmreihe), Zachi Noy (der dicke Johnny aus Eis am Stiel) oder Radost Bokel (Momo aus dem gleichnamigen Fantasy-Klassiker). Auch etliche Fangruppen und Solo-Cosplayer sind erneut ebenfalls zu gemeinsamen Fotos mit den Besuchern bereit. Alles sonstige Wissenswerte findet sich auf www.comiccon.de.

Nur eine Woche später schließlich findet vom 3. bis 5. Dezember in den Dortmunder Westfalenhallen erneut die German Comic Con statt. Als Gäste werden unter anderem Hayden Christensen (Star Wars Episode I bis III), Millie Bobby Brown aus Stranger Things und ihre Serienkollegen 338 Noah Schnapp, Gaten Matarazzo und Caleb McLaughlin sowie Morena Baccarin (Stargate SG-1, Firefly und Deadpool) erwartet. Mehr hierzu auf www.germancomiccon.com.

Bleibt nur eines übrig: Kräftig die Daumen zu drücken, dass die Inzidenzwerte niedrig bleiben und die Veranstaltungen wie geplant über die Bühne gehen können.

339 Phantastisches Hören

Und auf Erden Stille – (fast) ein Meisterwerk von Reinhard Prahl

Was ist los? In einer nahen Zukunft hat ein Virus die Menschheit stark dezimiert. Die Errungenschaften der modernen Zivilisation sind Geschichte. Die Waise Rhiannon lebt in einer kleinen Siedlung, ständig in Angst vor Angriffen oder davor, die strengen Regeln zu verletzen. Eines Tages bricht sie auf, um nach Spuren ihres Vaters zu suchen. Unterwegs trifft sie auf den »Ranger«, der verspricht, sie nach New York zu begleiten. Doch in einer Welt, in der nur die Starken überleben und die Stück für Stück von der geschundenen Natur zurückerobert wird, gestaltet sich der Weg zur einstigen Metropolo als brutaler Überlebenskampf. 340 Interplanar präsentiert Hörspielfans ist der Name Interplanar bestens im Gedächtnis. Die Hörspielschmiede hat immerhin die fantastischen Serien Mark Brandis und Mark Brandis, Raumkadett fabriziert. Mit Und auf Erde Stille wagt man sich nun in eine nicht allzu weit entfernte Zukunft vor, in der sich die Welt auf ewig verändert hat. Der Plot wird auf zwei Ebenen vorgetragen, wobei sich der Löwenanteil der Geschichte um das Waisenmädchen Rhiannon dreht. Der zweite Handlungsstrang ist in der Vergangenheit angesiedelt und befasst sich mit den Ereignissen, die zur Apokalypse geführt haben. Beide Erzählebenen sind spannend und mitreißend geschrieben, wenn auch hier und da ein wenig der Realismus auf der Strecke bleibt. Dass die maltesische Regierung den eigenen Regierungspalast wegen einer Gruppe Flüchtlinge, die dieses besetzt hat, in die Luft jagen lässt, ist jedenfalls trotz der Virus-Prämisse harter Tobak.

Alles super – fast Wie bei Interplanar üblich, bewegt sich das Produktionsdesign auf einem wundervoll hohen Niveau. Als Sprecher wurden unter anderem Konrad Bösherz (Max Bucerius), Ulrike Kapfer (Anna), Detlef Bierstedt (Krzysztof), Vera Teltz (als Erzählerin) und Uve Teschner (Martinus) rekrutiert. Das Sounddesign ist prima gelungen, wobei vor allem die Atmo-Tracks hervorstechen und für eine düstere Stimmung sorgen. Doch auch die akustische Umsetzung der Idee, dass die Menschen einen Hörschutz tragen müssen 341 (warum, verraten wir aus Spoilergründen an dieser Stelle nicht) und was geschieht, wenn man diesen abnimmt, ist großes Ohren-Kino. Die Dialoge sind in der Tat intensiv geschrieben und führen den Hörer durch die trostlose Welt der Geschichte. Einen kleinen Minuspunkt gibt es indes für die musikalische Untermalung. Um zwei Szenen zu trennen, setzt Joachim-C. Redeker auf einen retrofuturistischen Elektropop-Computersound. Manchmal passt dieser recht gut zum Geschehen. Viel zu oft jedoch sind die kurzen Stücke an unpassende platziert. Das zerrt bisweilen ein wenig an die Nerven. Naturalistische, mit Streichinstrumenten unterlegte Kompositionen hätten an der ein oder anderen Stelle der Atmosphäre sicherlich einen besseren Dienst erwiesen.

Fazit Auf Erden Stille lebt von einem klug erdachten Near-Future-Szenario, starken Protagonisten und akribisch durchgeplanten Dialogen. Zugegebenermaßen hat man beim Hören des Öfteren das Gefühl, das alles irgendwie und irgendwo schon einmal gehört zu haben. Doch Rhiannons Welt wird um einige interessante Ideen bereichert, die es so noch nicht gab. Zusammen mit den tollen Sprechern und dem hervorragenden Sounddesign ergibt sich so eine hochwertige Produktion. Wer sich an der viel zu prominent eingesetzten und wenig atmosphärischen Musik in den Zwischensequenzen nicht stört, bekommt einen großen Hörspiel-Blockbuster auf die Ohren, der sein Geld auf jeden Fall wert ist. Sammlern sei an dieser Stelle ausdrücklich die 342 CD-Box empfohlen, die nicht nur mit einem schönen Design, sondern auch einem hübschen Booklet inklusive Poster glänzt.

343 Werbung

344 Mitarbeit bei Phantastika?

Gerne und jederzeit!

Sie schreiben gerne und gut? Bringen Ihre Gedanken zielsicher auf den kreativen Höhepunkt, neigen zu nächtlicher Selbstkasteiung, um fingernagelkauend und schlaftrunken die wichtigste Deadline überhaupt einhalten zu können? (Damit meinen wir unsere...)

Toll, wissen Sie was?

Auf Sie haben wir gewartet!

Das Phantastika Magazin ist ein Online-Projekt, das zu einer Zeit entstanden ist, als 14.4er Modems noch schnell schienen, 64 MB RAM noch wirklich viel waren und das Internet noch den Geist des kostenlosen Informationsaustauschs in sich trug. Zumindest Letzteres haben wir aus unseren Anfangszeiten bis in die Gegenwart gerettet. Das Phantastika Magazin ist nicht-kommerziell. Wir verdienen vielleicht Geld, wir bekommen es aber nicht. Das gilt dann leider auch - und wie so oft - für unsere Autoren, Webmaster, Chefredakteure und das Lektorat.

Warum sollte dann irgendjemand auf die Idee kommen, bei uns mitzumachen?

345 Nun, abgesehen von einer gewissen Dosis Masochismus und der zumeist angeborenen Sehnsucht nach der großen oder kleinen Bühne, verbindet die Mitarbeiter des Phantastika-Projekts vor allem eines: Der Spaß an der Sache. Obwohl wir im ganzen deutschsprachigen Europa verteilt sind, sind unsere Treffen stets feuchtfröhlich, unsere Chats und Telefonate meist inspirierend (oder zumindest transpirierend) und die Diskussionen in unseren Mailinglisten sind, so denn das Gros der Redakteure mal aus dem Quark kommt, das reinste Paradebeispiel für den Aufbau eines gelungenen Networking. Denn egal in welche Stadt man kommt - ein Phantastika-Redakteur ist meist schon da.

Wer sind wir eigentlich genau?

Es gab Zeiten und Projekte, da waren wir ein äußerst kunterbunter Haufen. Inzwischen sind wir nur noch bunt. Unsere Redaktion setzt sich aus ehrenamtlich arbeitenden Journalisten, Redakteuren, Lektoren und einer Handvoll von Menschen zusammen, die genau so was unheimlich gerne geworden wären, wenn die Medienbranche nicht so eine Knochenmühle wäre. Das bedeutet für jeden Interessierten, dass er oder sie immer eine Chance hat, dieser Ansammlung an Individuen beizutreten - wenn er mag und kann.

Eine Mail an [email protected] mit einem netten Betreff, wie z.B. »Hallo, da bin ich!« und einer kurzen

346 Vorstellung der eigenen Person reicht da völlig.

Wir freuen uns auf Sie!

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