Am besten Südwesten

12. Staffel ab 12. November 2012 montags um 23.30 Uhr im SWR Fernsehen

SWR.de/junger-dokumentarfi lm 15 Inhalt

Keine Dutzendware 4 Zwölfte Staffel »Junger Dokumentarfilm«

Vatertage 6

Die Welt zu Gast bei Fremden 8 Eine südafrikanische Familie

Der Auftrag 10 Anklage Mord

Ferien im Niemandsland 12

SWR-Nachwuchsförderung 14

»Junger Dokumentarfilm« im Internet 15

3 Junger DokumentarfilM

Keine Dutzendware Zwölfte Staffel »Junger Dokumentarfilm«

Das Dutzend ist voll: In diesem Jahr sendet der SWR seine Nachwuchsreihe »Junger Dokumentarfilm« bereits zum zwölften Mal. 67 Debütfilme von jungen Filme- machern wurden seit 2000 in dieser Reihe produziert und gesendet. Nun kommen vier neue hinzu. Wie immer garantiert keine Dutzendware. Die aktuelle Staffel zeigt vom 12. November bis zum 10. Dezember jeweils montags um 23.30 Uhr im SWR Fernsehen vier vielversprechende Erstlingsfilme von Diplomanden und Absol- venten der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg*. So unterschiedlich sie sind: Alle vier Filme setzen sich auf je ganz eigene Weise mit dem Themenkomplex Familie und Beziehung auseinander. Ein klassisches Thema mit viel Potential, das seit jeher auch junge Filmemacher interessiert. Es geht um junge Väter, die sich um ihre Kinder kümmern und den Haushalt stemmen, wäh- rend ihre Frauen arbeiten gehen; einen Anwalt, der darum kämpft, seinen des Mordes an seiner Freundin beschuldigten Mandanten bestmöglich zu verteidigen; einen Sohn, der versucht, seinem Vater in dessen Heimat Bosnien wieder näherzu- kommen; und eine Familie in einem südafrikanischen Township, die voller Zuver- sicht in die Zukunft schaut.

*Unterbrochen wird die diesjährige Staffel am Montag, 19.11., durch den SWR-Dokumentarfilm »Letzte Saison« von Sigrid Faltin, der im Rahmen der »ARD Themenwoche: Leben mit dem Tod« gesendet wird.

4 Junger DokumentarfilM

Vatertage

Sandro, Bernd und Oliver haben länger als ein Jahr Elternzeit genommen. Während die Frauen arbeiten gehen, bleiben also die Papas mit ihren Kindern zu Hause. Der Film »Vatertage« von Anni Seitz begleitet die jungen Väter und ihre Familien über mehrere Monate hinweg und hält Höhen und Tiefen ihres Familienalltags im Schwabenländle fest. Im Wechselspiel der Perspektiven und Positionen entsteht ein humorvolles Familienpanorama der heutigen Zeit, in dem ganz unaufdringlich auch die großen Fragen nach Erziehung, Vorbildern und Verantwortung gestellt Mo, 12. November 2012, 23.30 Uhr werden.

Die Welt zu Gast bei Fremden – Eine südafrikanische Familie Benjamin Kahlmeyers Film zeichnet ein warmherziges Porträt einer südafrika- nischen Familie in einem Township Pretorias vor dem Hintergrund der Fußball- Weltmeisterschaft 2010. Die 17-jährige Moskito ist eine begeisterte Fußballspiele- rin und schaut voller Zuversicht in die Zukunft. Sie träumt davon, Ärztin, Paläonto- login oder Profifuß ballerin zu werden. Auch der Vater hat Pläne: Er hofft, während der WM viel Geld zu verdienen und so endlich seinen Kiosk erweitern zu können. Mo, 26. November 2012, 23.30 Uhr

Der Auftrag – Anklage Mord Hat der Angeklagte vorsätzlich seine Freundin getötet oder war ihr Tod die Folge eines unglücklichen Unfalls? Fest steht: Die junge Frau starb in seiner Wohnung, ihre Leiche wurde von ihm und seinem Freund in einem Waldstück versteckt. Der Film von Ayla Gottschlich begleitet einen Anwalt und seinen Mandanten während ihrer intensiven Vorbereitung der Gerichtsverhandlung bis zum Urteil. Ein span- nender Blick hinter die Kulissen der Justiz. Mo, 3. Dezember 2012, 23.30 Uhr

Ferien im Niemandsland Bobby kommt als junger Mann aus Bosnien nach Deutschland. Er verdient viel Geld, sein Name taucht wiederholt in den Klatschspalten der Boulevardzeitungen auf. Einige Jahre nach seiner Scheidung bricht der Kontakt zu seinem Sohn Carlo ab. »Ferien im Niemandsland« erzählt Bobbys Leben und begleitet ihn in seiner bosnischen Heimat. Kameramann des Films von Alexander Schimpke ist Bobbys Sohn Carlo. Er will versuchen, den Riss zwischen sich und seinem Vater zu kitten. Mo, 10. Dezember 2012, 23.30 Uhr

5 Junger DokumentarfilM

Mo 12.11.2012 23.30 Uhr Vatertage

Ein Film von Anni Seitz (75 Min.)

Für Sandro, Bernd und Oliver ist jeder Tag »Vatertag«. Die drei zeitvater-Rolle nicht wirklich glücklich. Eigentlich wäre es ihm jungen Väter haben sich dafür entschieden, länger als ein Jahr lieber, wenn seine Frau zu Hause bleiben würde, aber die jun- Elternzeit zu nehmen. Sie betreuen die Kinder und stemmen ge Musikreferendarin steht kurz vor ihrem zweiten Staatsexa- den Haushalt, während ihre Frauen arbeiten gehen. Die Regis- men: »Es ist zwar diese klassische Rollenverteilung, aber es seurin Anni Seitz hat Sandro, Bernd und Oliver und ihre Fami- würde die familiäre Situation sehr entspannen.« Die hohe lien über viele Monate hinweg mit der Kamera begleitet. Belastung für ihn und seine Frau führt zu Beziehungsstress. Auch Oliver, der den Alltag so gut stemmt, gerät in eine Krise. Die drei Vollzeitväter auf Zeit meistern ihre neuen Aufgaben Für Bernd dagegen öffnen sich neue berufliche Wege. Er hatte ganz unterschiedlich. Oliver, der gut aussehende Sportlehrer, sich wegen seiner Arbeitslosigkeit für die ausgedehnte Eltern- der seinen einjährigen Sohn auch gern mal zum Krafttraining zeit entschieden. Die Betreuung seiner Tochter macht ihm so mitnimmt, hat mit Kinderbetreuung und Haushalt kein Pro- viel Spaß, dass er beschließt, sich beruflich völlig neu zu orien- blem. Er spielt, bastelt, putzt, kocht und bügelt mit vollem Ein- tieren. Er bewirbt sich mit 43 Jahren für einen Studiengang satz und führt den Haushalt bravourös. Der Bauphysiker für frühkindliche Bildung und Erziehung an der PH und wird Bernd dagegen muss sogar die Anleitung auf der Nudelpa- angenommen. ckung studieren, um ein schlichtes Nudelgericht auf den Mit- tagstisch zu bringen. Auch die Erziehung seiner kleinen Toch- Den Frauen fällt es nicht immer leicht zurückzutreten und ter erweist sich als schwieriger als gedacht. Der Italiener den Vätern größtenteils die Kindererziehung zu überlassen. Sandro, der weiterhin stundenweise im Transportunterneh- Unmännlich macht die neue Aufgabenverteilung die Männer men seines Vaters tätig ist, kümmert sich liebevoll um seine in ihren Augen keineswegs. Die Großväter wollen dagegen die kleine Tochter, lässt aber den Haushalt links liegen. neue Rolle ihrer Söhne nicht so recht anerkennen.

Für Bernd sind eine gewaltfreie Erziehung und der Respekt Regisseurin Anni Seitz war bei den Höhen und Tiefen des Fa- vor der Persönlichkeit seiner Tochter von großer Bedeutung. milienalltags im Schwabenländle dabei. So entsteht ein hu- Sandro erzählt, dass er seine Tochter anders erzieht als seinen morvolles Familienpanorama, in dem ganz unaufdringlich Sohn aus einer früheren Beziehung: »Ein Junge ist ein Rohdia- auch die großen Fragen nach Erziehung, Vorbildern und Ver- mant und ein Mädchen ein geschliffener Diamant. Da kommt antwortung gestellt werden. doch noch so ein Beschützerinstinkt durch, anders als bei einem Jungen.« Und Oliver ist entschlossen, die Männlichkeit Neben den Vätern bekommen besonders die Kinder in diesem seines Sohnes zu fördern: »Na klar werden wir ihn richtig zum Film viel Aufmerksamkeit. Sie sorgen für Turbulenzen, aber Mann erziehen. Er darf sich schlägern mit allem drum und auch für Heiterkeit und Poesie. dran. Das gehört einfach zum Bub dazu.«

Die neue Aufgabenverteilung bringt Freude und Erfolgserleb- »Vatertage« läuft im Wettbewerb des diesjährigen Biberacher nisse, aber auch Probleme mit sich. Sandro ist mit seiner Voll- Filmfests (31.10. - 4.11.2012)

6 Paare sind oft zwischen dem Wunsch nach berufl icher Selbstverwirklichung und Kindern hin- und hergerissen. Das Ringen um Lösungen hat auch dank einer Politisie- rung der Debatte und der Einführung des Elterngeldes eine neue Qualität erlangt. Ich wollte in meinem Film der Frage nachgehen, wie eine Umsetzung von Gleichberechti- gung in modernen Familienstrukturen tatsächlich aussieht. Halten die Ideale der Wirklichkeit stand? Männer wie Bernd, Sandro und Oliver, die über ein Jahr mit ihren Kindern ganz oder zumindest teilweise zu Hause bleiben, während ihre Frauen arbei- ten gehen, sind immer noch die Ausnahme. Umso wichtiger war es mir, mit dem Film zu zeigen, dass Männer sehr wohl auch Kinderbetreuung und Haushalt übernehmen Anni Seitz können und auch Spaß daran fi nden, auch wenn es für alle Beteiligten nicht immer ... geboren am 21. Juli 1978 in konfl iktfrei ist. München. Studium an der Filmakademie Ludwigsburg von 2005 bis 2011. Von 1999 bis 2005 Magisterstudium der Ethnologie, Kunstgeschichte und Kunstpädagogik in Mün- chen. In den Jahren 2008 und 2009 hat Seitz bereits die Filme »Sermiligaaq 65°54’N, 36°22’W« und »Ich heiraten Rennbahn« realisiert. »Vatertage« ist ihr Diplomfi lm.

Buch und Regie Anni Seitz | Kamera Jan Raiber | Ton Anni Seitz | Schnitt Valerie Haaf | Musik Karol Obara | Tonmischung Karol Obara | Herstellungsleitung Thomas Lechner | Producerin Greda Sieber | Produktionsleitung Mette Gunnar (Eikon Süd- west), Jochen Dickbertel (SWR) | Produzent Christian Drewing (Eikon Südwest) | Studienkoordinator Thorsten Schütte | Betreu- ung Helga Reidemeister | Redaktion Gudrun Hanke-El Ghomri (SWR) Eine Koproduktion der Eikon Südwest GmbH mit der Filmakademie Baden-Württemberg und dem SWR. Gefördert mit Mitteln der MFG Filmförderung Baden-Württemberg.

7 Junger Dokumentarfilm

2012 Mo 26.11. 23.30 Uhr Die Welt zu Gast bei Fremden Eine südafrikanische Familie

Ein Film von Benjamin Kahlmeyer (74 Min.)

Festgehalten für die Ewigkeit: dieser Moment der Begeisterung nach Europa gehen und bei einem großen Profi team anheuern. auf Stevens Gesicht, als Südafrika Tor der Fußball-WM Das ist zumindest ihr »Plan B«. 2010 erzielt. Im Mamelodi, einem Township Pretorias, der Vorerst geht Moskito aber noch zur Schule und bereitet sich auf Hauptstadt Südafrikas, bricht ein Freudentaumel aus. Für eine ihr Abitur vor. Zu Hause gibt es dann schon mal lange Diskussi- Weile vergisst Steven, was er als das Wichtigste in seinem Leben onen über ihr Taschengeld oder den Sinn bzw. Unsinn teurer beschreibt: »Ich muss Business machen. Ich denke immer nur WM-Tickets. Ganz normale Teenager-Probleme eben. Ein be- ans Business.« Ein großer Begriff für seinen kleinen Kiosk, mit sonders sensibles Thema sind die Beziehungen zu den gleich- dem er den Lebensunterhalt für sich und seine Familie bestrei- altrigen Jungs in der Nachbarschaft. Vor allem Moskitos Mutter tet: »Ich arbeite sieben Tage die Woche, 24 Stunden, das ist Maria hat stets ein kritisches Auge auf die Aktivitäten ihrer mein Leben.« Voller Erwartung rüstet er den Kiosk für die ange- Tochter: »Sobald sich Moskito auf Jungs einlässt, wird sie lei- kündigten WM-Touristen auf und denkt darüber nach, wie er den! Und ich will nicht, dass mein Mädchen einen Fehler sein Geschäft vergrößern kann. macht.«

Vor dem Hintergrund der Fußball-WM 2010 erzählt Benjamin Vater Steven lässt sich durch derartige Gedankenspiele nicht Kahlmeyers Film vom Alltag einer südafrikanischen Familie in aus der Ruhe bringen. Er kümmert sich um seinen kleinen einem Township Pretorias. Es ist die Geschichte einer Familie, Sohn, vor allem, wenn die Krankheit seiner Frau wieder einmal die es nicht immer leicht hat, über die Runden zu kommen, die schlimmer geworden ist. Er weiß: Das Leben schert sich wenig aber trotz aller Probleme voller Zuversicht in die Zukunft schaut. darum, ob gerade Fußball-WM ist oder nicht. Überhaupt die WM: Er begreift, dass kleine Händler wie er nichts an der WM Da ist Stevens 17-jährige Tochter Moskito, die mit unerschütter- verdienen, sondern nur die großen Firmen, die als einzige ihre lichem Selbstvertrauen an eine Karriere als Ärztin oder Paläon- Waren in den Stadien verkaufen dürfen: »Weit genug vom Sta- tologin glaubt. 1993 geboren, kurz bevor die Apartheid abge- dion darfst du dann dein Zeug verkaufen. Wie sollst du dann schafft wurde, ist Moskito fest davon überzeugt, dass ihr trotz dein Geld verdienen? Kannst du nicht.« ihrer Armut alle Türen offen stehen: »Wir wissen, dass wir aus armen Familien kommen, und wir wollen nicht wie unsere El- Der Film porträtiert warmherzig eine südafrikanische Familie. tern leben. Wir sind Teil einer neuen Generation. Und wir sind Viele der Themen, die Stevens Familie bewegen, sind uns ver- frei, alles zu tun!« Ihr Vater ist stolz auf seine begabte Tochter: traut: Freundschaft und erste Liebe, familiäre Wärme und Ver- »Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg«, sagt er voller Überzeu- pfl ichtung, berufl iches Engagement und der Traum von einem gung. bescheidenen Wohlstand.

Wann immer Moskito nicht im Kiosk ihres Vaters mitarbeitet, geht sie ihrer großen Leidenschaft nach: Fußball spielen. Als ta- »Die Welt zu Gast bei Fremden« erhielt unter dem Festivaltitel lentierte Linksverteidigerin hat sie es bereits bis in den Kader »Meanwhile in Mamelodi« den HBO Emerging Artist Award bei der U-17 Frauen-Nationalmannschaft geschafft. Falls es mit den Hot Docs 2012 und war nominiert für den Deutschen Film- dem Studium nicht klappen sollte, möchte sie später einmal preis 2012.

8 Wohl jeder von uns hat seine persönlichen Erinnerungen an die Fußball-WM 2010 in Südafrika. Jenseits von aktueller Sportberichterstattung, Safari-Kitsch und einer zur Elendsbeschreibung tendierenden Reportage wollte ich mir mein ganz eigenes Bild machen. Als ich 2009 im Township Mamelodi auf Moskito und ihre Familie traf, hatte ich den Mittelpunkt meiner Erzählung gefunden: den Alltag ei- ner südafrikanischen Familie, in der drei verschiedene Generationen unter einem bescheidenen Dach zusammenleben. Als im Laufe der Dreharbeiten die allgemei- ne Fußball-Euphorie langsam aber sicher verpuffte, traten die großen und kleinen Benjamin Kahlmeyer Themen, die diese liebenswürdige Familie bewegen, immer stärker in den Vorder- ... wurde 1982 in Marburg ge- grund. Mein Wunsch war es, ein Stück südafrikanische Lebensrealität festzuhalten, boren. Nach dem Zivildienst das die schweren Tage der Apartheid noch erahnen, den Aufbruch in eine hoff- und einem Auslandsaufent- nungsvollere Zukunft aber schon spüren lässt. halt in Frankreich studierte er von 2003 bis 2005 Philosophie und Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Von 2005 bis 2011 studierte er an der Filmakademie Baden- Württemberg in Ludwigsburg im Fachbereich Dokumentar- fi lm. »Die Welt zu Gast bei Fremden« ist sein Diplomfi lm.

Buch und Regie Benjamin Kahlmeyer | Kamera Stefan Neuberger | Ton Jonathan Schorr | Schnitt Benjamin Entrup | Musik John Gürtler, Jan Miserre | Tonmischung Michael Kaczmarek | Herstellungsleitung Thomas Lechner | Producer Boris Frank | Executive Producer Stephan Grobe | Produktionsleitung Jochen Dickbertel (SWR) | Studienkoordinator Thor- sten Schütte | Betreuung Helga Reidemeister | Redaktion Gudrun Hanke-El Ghomri (SWR) Eine Koproduktion von Jolle Film mit der Filmakademie Baden-Württemberg und dem SWR. Gefördert mit Mitteln der MFG Filmförderung Baden-Württemberg.

9 Junger DokumentarfilM

Mo 3.12.2012 23.30 Uhr Der Auftrag Anklage Mord

Ein Film von Ayla Gottschlich (52 Min.)

Alexander Sättele ist Strafverteidiger und Mitglied einer Die Gespräche zwischen Anwalt und Mandant erweisen sich Kanzleigemeinschaft am Berliner Gendarmenmarkt. Sein als zäh und anstrengend für beide Parteien. Was geschah Schwerpunkt ist Wirtschaftsstrafrecht. Dann erhält er einen wirklich an dem besagten Abend? Wie kommt es, dass der Auftrag, der ihn aus seiner Routine reißt: ein Mordfall. Freund des Angeklagten, der selbst Mitangeklagter ist, ab- weichende Aussagen gemacht hat? »Sie sollen mir sagen, Sein Mandant ist angeklagt, eine junge Frau ermordet zu ha- was Sie tatsächlich erinnern!«, ermahnt Anwalt Sättele sei- ben. Die Boulevardzeitungen haben lange über den Fall be- nen Mandanten wiederholt, »selbst dann, wenn Sie sie ge- richtet: Eine Leiche wurde in einem Wald in Potsdam aufge- schlagen haben sollten, ist das eine Notwehrsituation! Wir funden. Über ein Jahr lag sie dort. Die Spuren führen schließ- haben darüber auch schon diskutiert!« Doch der Angeklagte lich zu dem Angeklagten, der mit der Toten eine Beziehung bleibt dabei: Seine Version der Geschichte stimme, beteuert hatte. Dieser leugnet den Mord, gesteht jedoch, dass die Frau er: »Ich kann Ihnen nur sagen, was ich weiß. Ich bin doch in seiner Wohnung gestorben ist. Es habe einen Unfall gege- nicht verrückt!«, entgegnet er ratlos. »Glauben Sie mir we- ben, behauptet er, keineswegs habe er die junge Frau ermor- nigstens?« det. Aus Angst, die Polizei würde ihm nicht glauben, habe er zusammen mit einem Freund die Tote, eingerollt in einen Anwalt und Mandant kommen aus völlig unterschiedlichen Teppich, aus dem Haus geschafft und in einem Waldstück ab- Welten. Auf dem Land im Schwäbischen aufgewachsen, gelegt. machte Alexander Sättele eine steile Karriere. Sein Mandant dagegen führte ein turbulentes Leben im Club- und Gastro- Ist der Angeklagte tatsächlich unschuldig am Tod seiner nomiebereich, ein Leben mit Erfolgen und Abstürzen. Die Freundin? »Meine persönliche Überzeugung spielt nicht die sehr unterschiedlichen Erfahrungen in ihrem Leben machen geringste Rolle«, erklärt der Anwalt. Seine Aufgabe ist es, sei- es ihnen schwer, den jeweils anderen zu verstehen. Dennoch: nen Mandanten so gut wie möglich zu verteidigen. Dafür Ihre Zusammenarbeit ist die Voraussetzung für einen Erfolg muss er in der Lage sein, vor Gericht eine schlüssige Darstel- vor Gericht. lung der Ereignisse, die zum Tod der jungen Frau führten, zu liefern. Noch enthält die Aussage aber Unklarheiten und Wi- Der Dokumentarfilm von Ayla Gottschlich beobachtet kam- dersprüche. Vier Arbeitstage stehen für die Vorbereitung der merspielartig, wie ein Anwalt darum kämpft, seinen Auftrag Gerichtsverhandlung zur Verfügung. Zeit für intensive Ge- zu erfüllen: die bestmögliche Verteidigung seines Man- spräche, für das Ringen um eine Aussage, die vor Gericht Be- danten. stand haben kann.

Der Film begleitet den Anwalt, seinen Referendar und den »Der Auftrag – Anklage Mord« läuft im Wettbewerb der 36. Duis- Angeklagten während der Vorbereitung der Verhandlung bis burger Filmwoche (5. - 11.11.2012). Die Erstsendung ist am 11. zum Gerichtsurteil. November um 21.45 Uhr in .

10 Strafverteidiger und Mandant sprechen normalerweise hinter verschlossenen Tü- ren miteinander. Vor Gericht schweigt der Mandant größtenteils oder ganz. Das Wort ergreift der Anwalt. Ich habe versucht, hinter die Fassade dieses Teams zu schauen. Tatsächlich wurde meinem Kamerateam und mir gestattet, die Vorbereitung auf eine Gerichtsverhandlung zu fi lmen, die Zusammenarbeit zwischen Anwalt und Man- danten zu beobachten. Dem Angeklagten wird Mord vorgeworfen, doch er beteuert seine Unschuld. Es sei ein Unfall gewesen, behauptet er. Es gibt aber Widersprüche zwischen seiner Aussage und derjenigen eines Zeugen. Mich interessiert, wie ein Anwalt mit einem solchen Fall um- Ayla Gottschlich geht. Was ist, wenn er nicht sicher sein kann, dass sein Mandant ihm die Wahrheit ... geboren am 29. Juni 1982 in sagt? Wie kann er seinen Auftrag, den Mandanten möglichst erfolgreich zu verteidi- Berlin. Studium an der Filmhoch- gen, erfüllen? Er muss schließlich voll und ganz hinter ihm stehen können. Welche schule Ludwigsburg von 2004 bis Rolle spielt überhaupt die Wahrheit, für den Anwalt und vor Gericht? 2010. Vor dem Dokumentarfi lm »Der Auftrag« hat sie bereits in ihrem 60-minütigen Film »Bana Bak – Schau mich an« sowie ih- rem Diplomfi lm »Kandidaten« (78 Min.), der ebenfalls in der SWR-Reihe »Junger Dokumentar- fi lm« ge t wurde, Regie geführt.

Buch und Regie Ayla Gottschlich | Kamera Sebastian Naumann, Willi Böhm | Ton Ayla Gottschlich | Schnitt Gregor Bartsch Musik Heinrich Schiffers | Tonmischung Andre Zacher, Helene Seidl | Produktionsleitung Monika Kintner, Jochen Dickbertel (SWR) | Produzenten Rüdiger Heinze, Stefan Sporbert | Dramaturgische Beratung Tamara Trampe, Martin Behnke | Redak- tion Gudrun Hanke-El Ghomri (SWR) Eine Koproduktion von Zum Goldenen Lamm Filmproduktion und dem SWR. Gefördert mit Mitteln der MFG Filmförderung Baden-Württemberg.

11 Junger DokumentarfilM

2012 Mo 10.12. 23.30 Uhr Ferien im Niemandsland

Ein Film von Alexander Schimpke (59 Min)

Carlo war ein Jahr alt, als die Ehe seiner Eltern scheiterte. Als den Erinnerungen der Menschen. Viele sind inzwischen zu- er zwölf war, brach der Kontakt zwischen seinem Vater Bobby rückgekehrt, aber das Dorf ist nicht mehr wiederzuerkennen. und ihm ab. Bis heute versucht er zu verstehen, warum ihn Ein Ortskern existiert nicht mehr, es gibt keine Jugend mehr sein Vater verlassen hat. Der Dokumentarfilm über seinen im Dorf. »Foca hatte 750 Häuser. Jetzt sind es vielleicht 120 Vater, an dem er als Kameramann mitarbeitet, ist für ihn eine Häuser«, sagt Bobbys alter Nachbar bedauernd und senst das Gelegenheit, seinem Vater näher zu kommen und ihm end- gewucherte Gras vor seinem wiederaufgebauten Haus. Über lich die Fragen zu stellen, die ihn seit Jahren beschäftigen. den Krieg spricht man im Dorf wie über ein Unwetter, das Und er ist auch eine Chance, den Riss zwischen Vater und einst plötzlich über die Menschen hereinbrach. Sohn zu kitten. Die Dinge passieren eben, so denkt und spricht auch Bobby Bobby kam als junger Mann von einem bosnischen Bauern- über seine und Carlos Geschichte: »Ich habe mich auch selbst hof nach Deutschland. Er war ein Draufgänger, suchte die He- schuldig gefühlt, dass ich die Vaterrolle unterbrochen habe, rausforderung, das Risiko. Als Diskobesitzer machte er gute aber (…) das ist eben passiert. (…) Ein Zurück gibt’s auch Geschäfte, verdiente viel Geld im »Rotlichtmilieu«, verlor aber nicht.« auch große Summen beim Glücksspiel. Sein Name tauchte jahrelang immer wieder in den Klatschspalten der Boule- Die Alten erzählen von ihrem Land, das sie verlassen mussten vardzeitungen auf. Heute baut er Pflaumen in seiner bosni- und das zerstört wurde. Sie erzählen, wie sie zurückgekehrt schen Heimat an. sind. Aber es ist keine glückliche Rückkehr; zu stark hallt der durch Krieg und Vertreibung erfahrene Zustand der Entwur- Carlo tritt die Reise in die Heimat seines Vaters voller Hoff- zelung nach. Zurückkehren würde auch Carlo gerne wieder, nung an: »Ich war in ein Land gekommen, das mir fremd war. aber wohin? »Gestern kann kein Morgen sein«, sagt sein Va- Ich traf Menschen, deren Sprache ich nicht verstand und de- ter. Carlo ist ein Sohn ohne Vater in einem Dorf ohne Söhne. ren Sehnsucht ich auch nicht verstand. Ich hatte meinen Va- Ein Film über Väter und Söhne, Krieg und Frieden. ter besuchen wollen, der mir fremd war.«

Bobbys Heimatdorf Foca war früher ein ländlicher Ort mit »Ferien im Niemandsland« war nomiert für den First Steps einem kleinen Dorfkern. Bauern arbeiteten auf den Feldern, Award 2012. Kinder wuchsen heran. Dann kam der Jugoslawienkrieg und hinterließ auch in Foca seine Spuren, in der Landschaft und in

12 Mein Kameramann Carlo hatte mir von seinem Vater erzählt, der heute wieder in Bosnien lebt. Als ich dann das erste Mal dorthin kam, hatte ich den Eindruck, ich sei in einem Erdbebengebiet. Der Krieg, den ich nur vom Fernsehen kannte – mit Grünstich, und ab und zu blitzt es weiß – hat hier seine Spuren hinterlassen: Ruinen neben Rui- nen, alte Menschen, die sich dazwischen einrichten. Man sieht dort eine Zivilisation, die sich quasi die Gliedmaßen weggebombt hat. Übrig geblieben ist ein Rumpf aus ka- putten Häusern, schlechten Straßen und entwurzelten Menschen. Geblieben sind ver- wilderte Wälder und Wiesen. Geblieben ist die Herzlichkeit der Menschen, ihr rauer Alexander Schimpke Charme. Geblieben ist der Vater, der sich seinem Sohn stellen muss. Und ein Sohn, der wurde am 22. August 1978 in nach seinem Vater sucht: Carlo, mein Kameramann. Frankfurt am Main geboren. Von 2005 bis 2011 absolvierte er sein Studium an der Filma- kademie Ludwigsburg. In den Jahren 2007 und 2009 reali- sierte er bereits die Filme »Miles & More« sowie »Das Rudel«. Der Dokumentarfi lm »Ferien im Niemandsland« ist Schimpkes Diplomfi lm..

Buch und Regie Alexander Schimpke | Kamera Carlo Jelavic | Ton Daniel Golem, Ivan Branisavljevic | Schnitt Alexander Schimpke, Sylke Rohrlach | Musik Nils Kacirek, Benjamin Schimpke | Sounddesign Jürgen Kramlofsky | Mischung Uwe Schober | Produktionsleitung Wolfgang Kerber (Filmtank Stuttgart), Jochen Dickbertel (SWR) | Produzent Thomas Tielsch | Studienkoordinator Thorsten Schütte | Betreuung Ebbo Demant | Redaktion Gudrun Hanke-El Ghomri (SWR) Eine Koproduktion von Filmtank Stuttgart mit der Filmakademie Baden-Württemberg und dem SWR . Gefördert mit Mitteln der MFG Filmförderung Baden-Württemberg.

13 Junger DokumentarfilM

»Junger Dokumentarfilm« im Internet

Unter SWR.de/junger-dokumentarfilm bietet der Südwestrundfunk ausführliche Informationen zur Reihe »Junger Dokumen- tarfilm«. Neben allgemeinen Informationen zu Entstehung und Zielen der Reihe sind dort alle Pressemappen der vergangenen Jahre zu finden sowie eine Chronik aller bisher gesendeten Filme. Darüber hinaus gibt es Hinweise für junge Filmemacher. Und die beteiligten Partner, die Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg und die MFG Filmförderung Baden-Württem- berg, werden vorgestellt.

Weitere E-Mail: [email protected] Infos SWR.de/junger-dokumentarfilm

14 SWr naCHWuCHSfÖrDerung

Nachwuchsförderung im Südwestrundfunk (Auswahl)

Nachwuchsförderung im Fernsehen bedeutet für den SWR, jungen Künstlern und Filmemachern von morgen schon heute ein Forum zu bieten. Die renommierten Sendereihen »Debüt im Dritten« und »Junger Dokumentarfi lm« ermöglichen begabten Regisseuren und Autoren ihren ersten Film für das Fernsehen bzw. Kino zu realisieren. Der SWR sieht die Nachwuchsförderung als Teil seines Kulturauftrags und als Chance, Kultur qualitätvoll zu gestalten, zu vermitteln und zu fördern.

Junger Dokumentarfi lm – Nichts ist spannender als die Wirklichkeit Ausdauer, Einfühlungsvermögen und Sensibilität im Umgang mit den beobachteten Personen sind die Anforderungen, denen sich Dokumentarfi lmer stellen müssen. Eine eigene Filmsprache und Ästhetik zu entwickeln, erfordert nicht nur eine notwendige kreative Leistung, sondern kostet auch Zeit und damit Geld. Für junge Autoren sind dies schwer zu überwindende Hürden. Hier setzt die Reihe »Junger Doku- mentarfi lm« an, die dem dokumentarischen Nachwuchs seit 1999 eine Chance gibt. Ins Leben gerufen hat sie der SWR gemeinsam mit der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg und der Filmaka- demie Baden-Württemberg. Jungen Filmemachern ermöglicht dies die Finanzierung und Ausstrahlung ihres Debüt fi lms. Jahr für Jahr entstehen so völlig unterschiedliche Filme mit ganz eigenen Handschrif- ten. Und jedes Jahr zeigen die Autoren des »Jungen Dokumentarfi lms«, dass sie es verstehen, den Blick zu öffnen für Dinge, die sich nicht nur auf der Oberfl äche abspielen. Der Erfolg gibt der Reihe recht: regelmä- ßig werden junge Dokumentarfi lme zu internationalen Festivals eingeladen und ausgezeichnet. SWR.de/junger-dokumentarfi lm

Debüt im Dritten – Anfangen als ständige Aufgabe Seit mehr als 25 Jahren fördert die SWR-Redaktion »Debüt im Dritten« den Filmemacher-Nachwuchs. Mit Mut zum Risiko und Neugier auf die Geschichten der Nachwuchstalente koproduziert sie deren Erstlings- fi lme. Regisseure und Autoren erhalten hier die Chance, den Sprung vom Kurz- zum Langfi lm zu wagen, unabhängig von Genregrenzen und Quotendruck. Den talentierten Jungfi lmern bietet der SWR einen Freiraum, die eigene Handschrift zu entwickeln und zu proben. Dabei sind originelle und innovations- freudige Begabungen für das Fernsehen nicht selten auch Talente für den Kinofi lm. Regelmäßig arbeitet die »Debüt im Dritten«-Redaktion mit der Filmförderung der MFG Baden-Württemberg zusammen, um vor allem junge Absolventen der Filmakademie in Ludwigsburg zu unterstützen. Und weil der zweite Film oft schwerer unterzubringen ist als der erste, bekommen ausgewählte Filmemacher die Möglichkeit, mit »Debüt im Dritten« und meist in Koproduktion mit einen weiteren Film zu entwickeln und zu reali- sieren. SWR.de/debuet

Emmerich Smola Förderpreis – Große Namen von morgen entdecken Seit 2004 lobt das SWR Fernsehen einen der höchstdotierten deutschen Musikförderpreise aus: den »Emmerich Smola Förderpreis« für junge Opernsängerinnen und -sänger. In Zusammenarbeit mit der Stadt Landau in der Pfalz erhalten sechs Kandidaten die Gelegenheit, in einem festlichen Konzert um den Publikumspreis zu wetteifern. Sie sind bereits im Engagement an großen Opernhäusern oder bei interna- tionalen Gesangswettbewerben als Finalisten oder Preisträger hervorgetreten. Die Sängerinnen und Sänger werden von der Redaktion Musik und Theater des SWR Fernsehens ausgewählt, die auch den Wettbewerb koordiniert. SWR.de/musikdebuet

15 Junger Dokumentarfilm

Presseservice des SWR

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