Untersuchungen zur Mikromorphologie und chemischen Zusammensetzung der Cuticularwachse bei den Gattungen Calicorema, Arthraerua und Leucosphaera (Amaranthaceae) in Namibia
Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissenschaften (Dr. rer. nat.)
Fakultät Naturwissenschaften Universität Hohenheim (D 100)
Institut für Botanik
vorgelegt von
Ina Dinter
aus Königsberg
2008 Dekan: Prof. Dr. H. Breer 1. Prüfer (Betreuer): Prof. Dr. K. Haas 2. Prüfer (Mitberichter): Prof. Dr. M. Küppers 3. Prüfer: Prof. Dr. R. Böcker Eingereicht am: 26. Mai 2008 Mündliche Prüfung am: 30. September 2008
Die vorliegende Arbeit wurde am 27. August 2008 von der Fakultät Naturwissenschaften der Universität Hohenheim als "Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Naturwissen- schaften" angenommen (D 100).
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Printed in Germany.
ISBN 978-3-8322-7688-1 ISSN 0945-0688
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Wir sollen unseren Namen tragen wie ein Ideal, das wir zu leben haben.
unbekannter Verfasser, Altenberger Dom
Vorwort
Bereits während meiner Tätigkeit als Apothekerin war ich des öfteren auf die Namensgleich- heit mit dem Botaniker KURT M. DINTER (1868-1945) angesprochen worden. Diese Fragen nach einer möglichen Verwandtschaft hatten die erste Reise nach Namibia im Jahre 2002 initiiert und zu einer Diplomarbeit über den Namibendemiten Arthraerua leubnitziae, Amaranthaceae geführt. Während der Feldarbeit konnte ich nachvollziehen, was DINTER in seinen begeisterten Reiseberichten aus seiner zweiten Heimat über die Wüste geschrieben hatte "als Produzentin einer ziemlich großen Zahl von sublimsten Anpassungserscheinungen, die an Pflanzen und Tieren beredtesten Ausdruck finden" (1923). Diese Adaptationen der Pflanzen an die extremen Lebens- und Überlebensbedingungen in den ariden und semi-ariden Gebieten Namibias faszinierten mich in gleichem Maße. Mein erneutes Interesse richtete sich auf weitere Amaranthaceae, insbesondere auf Calicorema capitata, den "Grauen Binsen- strauch". Mit der Abgabe dieser Arbeit möchte ich Danke sagen an alle, die mich unterstützt haben, insbesondere Herrn Prof. Dr. K. HAAS, meinem Doktorvater. Bei der Thematik ließ er mir weitgehend freie Hand. Ich danke ihm für die fachliche Betreuung und die vielen Diskus- sionen bei auftretenden Fragen, insbesondere zur chemischen Wachsanalyse. Die anregenden Gespräche über alle weiteren, mit Pflanzenoberflächen zusammenhängenden Themen waren mir eine wertvolle Hilfe. Für seine Geduld und wohlwollende Unterstützung möchte ich ihm ebenfalls sehr herzlich danken.
Herrn Prof. Dr. M. KÜPPERS danke ich für die Möglichlichkeit, am Institut für Botanik zu arbeiten, für die Überlassung von Bestimmungsliteratur sowie nützlichen Hinweisen zu den Aufenthalten in Namibia. Allen Mitarbeitern des Instituts, die mir stets freundlich und hilfs- bereit entgegen gekommen sind, sei herzlich gedankt. Ich danke der Republik Namibia und dem Ministry of Environment and Tourism für die wiederholte Arbeitserlaubnis sowie den Mitarbeitern verschiedener Institutionen, vor allem Frau H. KOLBERG vom National Botanical Research Institute für ihre Hilfestellung beim Bestimmen unbekannter Spezies. Stellvertretend für die vielen Menschen in Namibia, die mir liebenswürdig und hilfsbereit zur Seite standen, sei Frau E. ERB aus Swakopmund genannt, einer Enkelin von DINTERs Freund E. RUSCH, nach dem die Gattung Ruschia benannt ist.
Einen wesentlichen Anteil zum Gelingen dieser Arbeit hat mein Lebensgefährte und Begleiter in Namibia R. BINGEL† beigetragen. Ich kann ihm nicht mehr genug danken für seine Hilfe, sein Verständnis und steten Zuspruch. xyz Inhaltsverzeichnis V ______
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1.1 Die Gattungen Calicorema, Arthraerua und Leucosphaera ...... S. 1 1.2 Die Bedeutung der Epidermis als Abschlussgewebe ...... 3 1.3 Wachse und ihre Bedeutung für die Pflanzenoberflächen ...... 4 1.4 Zielsetzung ...... 5
2 Untersuchungsgebiet 2.1 Geographische Lage und räumliche Gliederung ...... 6 2.2 Geologie und Geomorphologie ...... 8 2.3 Böden ...... 9 2.4 Klima ...... 10
3 Material und Methoden ...... 11 3.1 Kartenmaterial ...... 11 3.2 Fotomaterial ...... 11 3.3 Bestimmungsliteratur ...... 11 3.4 Untersuchte Transekte ...... 12 3.5 Untersuchte Standorte ...... 14 3.6 Untersuchte Einzelpflanzen ...... 19 3.6.1 Morphologie ...... 23 3.6.2 Mikromorphologie (Rasterelektronenmikroskopie) ...... 23 3.6.3 Chemische Analyse der Oberflächenwachse ...... 24 3.6.3.1 Extraktion ...... 24 3.6.4.2 Dünnschichtchromatographie ...... 25 3.6.4.3 Gaschromatographie ...... 26 3.6.4.4 Quantitative Auswertung ...... 26
4 Ergebnisse 4.1 Morphologische Untersuchungen ...... 27 4.1.1 Spross ...... 27 Wuchsformen der untersuchten Amaranthaceae ...... 29 4.1.2 Wurzel ...... 30 Wasserverfügbarkeit der Böden ...... 33 4.2 Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen ...... 36 4.2.1 Anatomie der Sprossachsen und Trichombesatz ...... 36 VI Inhaltsverzeichnis ______
4.2.2 Epidermis und Stomata ...... 45 4.2.3 Wachse ...... 47 4.2.4 Erosion an Oberflächen ...... 51 4.2.5 Lösungsmittelresistenz ...... 55 4.3 Zusammensetzung der Wachse ...... 58 4.3.1 Epicuticularwachse (EW) ...... 58 4.3.2 Intracuticularwachse (IW) ...... 83 4.3.3 Quantifizierung der Wachse ...... 98
5 Diskussion 5.1 Xeromorphosen ...... 103 5.1.1 Verbesserte Wasseraufnahme ...... 103 5.1.2 Wasserspeicherung (Sukkulenz) ...... 105 5.1.3 Leistungsfähige Wasserleitung ...... 107 5.1.4 Transpirationseinschränkung ...... 107 5.2 Die ökologische Bedeutung pflanzlicher Oberflächen ...... 110 5.2.1 Transportbarriere ...... 110 5.2.2 Unbenetzbarkeit ...... 111 5.2.3 Selbstreinigungseffekt ("Lotus-Effekt") ...... 112 5.2.4 Temperaturkontrolle unter Insolation ...... 112 5.2.5 Mechanischer Schutz ...... 113 5.3 Mechanismen der Wachsdeposition ...... 114 5.4 Charakteristika der Wachszusammensetzung ...... 117 5.4.1 Korrelation zwischen chemischer Zusammensetzung und Wachsmorphologie ... 117 5.4.2 Wachszusammensetzung unter Berücksichtigung der Sprossentwicklung ...... 118 5.4.3 Besonderheiten der Kettenlängenverteilungen ...... 120 5.4.4 Unterschiede zwischen Epi- und Intracuticularwachs ...... 121 5.4.5 Effekte von Standortfaktoren auf die Wachszusammensetzung ...... 123 5.4.6 Wachszusammensetzung und Stabilität ...... 124
6 Zusammenfassung / Summary ...... 127
7 Literatur ...... 132
8 Verzeichnis der Abbildungen und Tabellen ...... 144
9 Anhang ...... 146 1 Einleitung 1 ______
1 Einleitung
1.1 Die Gattungen Calicorema, Arthraerua und Leucosphaera
Im Jahre 1989 gab W. GIESS, Curator des 1953 gegründeten Landesherbariums in Windhoek, eine Bibliography of South West African Botany heraus mit dem Ziel, die Publikationen zusammen zu stellen, die "sich mit der Pflanzenwelt, der Vegetation und den damit verfloch- tenen Bereichen in Südwestafrika befassen". In seiner Einleitung geht GIESS auf die Reisen verschiedener Forscher im 19. Jahrhundert ein, die neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit Pflanzen sammelten und zur Erfassung der Flora des Landes beitrugen. Eine intensivere Bearbeitung begann mit H. SCHINZ, der von 1884 – 1887 Südwestafrika bereiste, und mit K.M. DINTER, der 1897 ins Land kam und 1900 Kommissarischer Botaniker des Kaiserlichen Gouvernements von Deutsch-Südwestafrika wurde. Seine Reisen ließen sich mit eigenen Forschungen und ausgiebiger Sammlertätigkeit verbinden, so dass zahlreiche Publikationen und mehr als hundert Neubeschreibungen von Gattungen und Arten unter besonderer Berück- sichtigung der Sukkulenten auf ihn zurückgehen (u.a. DINTER 1914, 1918, 1923). Einige Arten der Amaranthaceae führt er als "wertvolle Futtersträucher" auf, z.B. Leucosphaera bainesii und Arthraerua leubnitziae. Letzteren beschreibt er als "ein selten bis 1 m hoher, dunkelgrüner Strauch von korallenartigem Wuchs, ohne Blätter, der in der harten Namib ge- mein und in Swakopmund einer der drei Bildner der kleinen, grabhügelähnlichen Dünen ist" (DINTER 1909). Das größte Regenjahr des 20. Jh. in "Südwest", 1934, nutzte DINTER zu einer letzten Sammelreise. Über 9000 Belege gingen an befreundete Botaniker der europäischen Herbarien, u.a. an A. ENGLER (Berlin), H. SCHINZ (Zürich) und G. SCHWANTES (Hamburg).
Ab 1934/1935 waren H. und E. WALTER mehrmals in Südwestafrika. In zahlreichen Arbeiten während der folgenden Jahrzehnte beschäftigte sich H. WALTER u.a. mit den ökologischen Verhältnissen in der Namib-Nebelwüste. In seinen Publikationen erwähnt er Arthraerua mehrfach als nicht sukkulente Pflanze mit völlig reduzierten Blättern und stark verzweigen- den Sprossen, die an Equisetum hiemale erinnern (WALTER 1936, 1973, 1984). In einer vergleichend-anatomischen Untersuchung an Pflanzen der Namib wird Arthraerua ebenfalls berücksichtigt (ZEMKE 1939).
Die Botanische Staatssammlung in München unter K. SUESSENGUTH hatte 1950 mit der Be- arbeitung einer Flora von Südwestafrika begonnen, die ab 1955 durch H. MERXMÜLLER und Mitarbeiter fortgesetzt wurde. Nach mehreren Forschungs- und Sammelreisen entstanden ab 1966 die Bände des Prodromus einer Flora von Südwestafrika mit dem Ziel, "eine erste kritische Übersicht über die Flora dieses zumindest in seinen Randgebieten immer noch unzureichend erforschten Landes zu geben und damit eine Grundlage für das dringend erforderliche eingehende Studium dieser reizvollen Pflanzenwelt zu schaffen" (MERXMÜLLER 1966-1972). Von SUESSENGUTH stammt die Bearbeitung der Amaranthaceae mit insgesamt 2 1 Einleitung ______neunzehn Gattungen, unter ihnen Calicorema, Arthraerua und Leucosphaera (SUESSENGUTH 1952, PODLECH 1966).
Seit dem Jahre 1957 sind von H.-J. WISS zahlreiche Schriften über die Flora Südwestafrikas erschienen, auf lediglich drei Seiten wurden die Amaranthaceen kurz abgehandelt (1978). Publikationen jüngeren Datums über die südwestafrikanischen Flora erwähnen die Amaran- thaceae ebenfalls nur am Rande und der Vollständigkeit halber (z.B. SMITH et al. 1997).
Mit der Unabhängigkeit Namibias im Jahre 1990 und der erwünschten Zunahme des Touris- mus sind einige populärwissenschaftliche Bücher und Zeitschriftenbeiträge erschienen, die sich mit den Pflanzen botanisch interessanter Reiseziele beschäftigen (BURKE 2004, 2005a; CRAVEN & MARAIS 1993, 1998, NEL 1995). Die Kurzbeschreibungen sind illustriert und zum Teil mit deutschen Namen versehen: Grauer Binsenstrauch (Calicorema capitata), Bleistift- pflanze (Arthraerua leubnitziae) und Weißkugelbusch (Leucosphaera bainesii). Weitere volkstümliche Bezeichnungen sind "Star of the Namib" für C. capitata und "Silverbossie" für Leucosphaera (NAMIBRAND NATURE RESERVE-HERBARIUM). Eine Publikation über die "Heil-, Gift- und essbaren Pflanzen Namibias" führt Wurzelabkochungen von Calicorema capitata und Leucosphaera bainesii auf, die in der Naturmedizin der Damara- und Herero- stämme insbesondere bei Magen-Darm-Erkrankungen angewendet werden (VON KOENEN 2001). Über die Inhaltsstoffe ist nichts bekannt.
In den letzten Jahren sind Beiträge zum anomalen sekundären Dickenwachstum der Amaran- thaceae erschienen (RAJPUT 2001, 2002, RAJPUT & RAO 2000, CARLQUIST 2003), letzterer berücksichtigt Arthraerua leubnitziae. Arbeiten zur Pollenmorphologie betreffen neben Arthraerua und Calicorema capitata erstmals auch C. squarrosa (BORSCH 1998, MÜLLER & BORSCH 2005). Am Forschungsprojekt BIOTA AFRICA (2000 –) sind deutsche Universitäten beteiligt (Informationen siehe BOTT, 2007). Die Gruppe aus Stuttgart-Hohenheim arbeitet ökophysiologisch in der Namib, schwerpunktmäßig neben Flechten an Arthraerua leubnitziae (SCHIEFERSTEIN 1989, SCHIEFERSTEIN & LORIS 1992, EBERT 2000, LORIS 2004, LORIS et al. 2004). Von der Hamburger Gruppe stammen vegetationsökologische Arbeiten aus der Zentralen Namib, in denen Calicorema capitata und Arthraerua eigene Vegetationseinheiten, die C. capitata- bzw. Arthraerua leubnitziae-Zone, zugewiesen werden (HACHFELD 1996, 2000, HACHFELD & JÜRGENS 2000, vgl. JÜRGENS et al. 1997). In Publikationen über das im Süden Namibias angrenzende Richtersveld wird die strauchige Halbwüstenvegetation der östlichen Nama Karoo als Calicoremetum capitatae-Assoziation bezeichnet (JÜRGENS 2004b). Neben älteren Veröffentlichungen (SCHMID 1928, METCALFE & CHALK 1950) und den Publikationen über die Anatomie der Sprossachsen (s.o.) liegen offensichtlich keine weiteren Untersuchungen über oberirdische Organe und Gewebe der Amaranthaceae, insbesondere über die Epidermis vor.
1 Einleitung 3 ______
1.2 Die Bedeutung der Epidermis als Abschlussgewebe
Bei krautigen Pflanzen und den krautigen Teilen von Holzpflanzen bildet die Epidermis als äußerste Zellschicht das Abschlussgewebe der primären oberirdischen Organe. Dieses lücken- lose, in der Regel einschichtige Gewebe wird durch Stomata unterbrochen, die für einen wirksamen Gasaustausch erforderlich sind (RAVEN 1984). Die verschiedenen Funktionen der Epidermis als vermittelnde, trennende und schützende Schicht zur Umgebung und ihre Bedeutung bei der Reaktion auf äußere Reize wurden vor allem bei Blättern intensiv erforscht (u.a. DIEZ & HARTUNG 1996).
In der Regel ist die Außenperikline der Epidermiszellen wegen ihrer Schutzfunktion stärker ausgeprägt. Während die normale pflanzliche Zellwand nur aus polaren, permeablen Polysaccariden (Cellulose, Hemicellulosen und Pektinen) besteht, die einen apoplastischen Wassertransport ermöglichen, ist dieser bei den Außenwänden der Epidermis unterbrochen, um einem unkontrollierten Wasserverlust entgegen zu wirken. Dieser würde an der Grenz- fläche zur umgebenden Luft als Folge des steilen Wasserpotentialgefälles auftreten. Bei der Evolution der Landpflanzen waren daher Anpassungen erforderlich, die eine Einschränkung der Transpiration bewirken (RAVEN 1977, HAAS 1999). Die Transpiration ist primär eine Folge des Gasaustausches durch die Spaltöffnungen. Es tritt jedoch auch bei geschlossenen Stomata eine gewisse Transpiration ein, deren Ausmaß durch die Außenperikline minimiert wird. Sie ist daher nach außen mit einer Cuticula versehen. Der Terminus "Cuticula" wird BROGNIART (1834) zugeschrieben (NEINHUIS & BARTHLOTT 1997b), geht aber in seiner jetzigen Auffassung auf A.P. DE CANDOLLE (1827) zurück (WAGENITZ 2008).
Die Cuticula behindert die Abgabe von Wasser (cuticuläre Transpiration) sowie die Auswaschung von anorganischen und organischen Substanzen durch Niederschläge (BAKER 1982). Die Evolution der Cuticula als Transpirationsschutz war ein wichtiger Schritt in der Anpassung der Pflanzen an das Landleben (CHAPMAN 1985). Charakteristischer Bestandteil der Cuticula ist das vergleichsweise unpolare Polymer Cutin, ein dreidimensionales Poly- kondensat aus veresterten Fettsäuren, Hydroxy- und Hydroxyepoxyfettsäuren mit Ketten- längen bis zu 18 C-Atomen, das den äußeren Schichten der Außenperikline aufgelagert ist und zusätzlich auch in diese eingelagert sein kann. Die Akkrustierung bzw. Inkrustierung von Cutin ist für die Funktion der Cuticula als Diffusions- und Transportbarriere allein nicht ausreichend. Die Permeabilität der Cuticula wird erst durch Ein- und Auflagerungen von Wachsen entscheidend reduziert (SCHÖNHERR 1976, HAAS & SCHÖNHERR 1979, vgl. JEFFREE 1996), wobei noch nicht klar ist, ob die eigentliche Diffusionsbarriere dem Epi- oder dem Intracuticularwachs zuzurechnen ist (RIEDERER & SCHREIBER 1995).
4 1 Einleitung ______
1.3 Wachse und ihre Bedeutung für die Pflanzenoberflächen
Im traditionell chemischen Sinne sind Wachse die Ester höherer einwertiger Alkohole mit höheren Fettsäuren. Natürliche Wachse enthalten stets neben den "Wachsestern" die nicht veresterten Komponenten, weiterhin Kohlenwasserstoffe und andere lipophile Verbindungen. In der Biologie wird nunmehr unter dem Terminus "Wachs" ein heterogenes Gemisch von Substanzen verschiedener Verbindungsklassen verstanden, die durch ihre physikalisch- chemischen Eigenschaften als mehr oder weniger einheitliche Gruppe gekennzeichnet sind, wobei meist langkettige Aliphaten dominieren (DITSCH & BARTHLOTT 1997).
Das Cuticularwachs kann bei klar differenzierter Cuticula in aufgelagertes Epicuticularwachs und in innerhalb der Cuticula lokalisiertes Intracuticularwachs gegliedert werden (BAKER 1982, HAAS 1989, HAAS & RENTSCHLER 1984). In tieferen Wandschichten können ebenfalls Wachse auftreten oder es kann die gesamte Epidermis einschließlich der darunter liegenden Rindenschichten mit Wachsen imprägniert sein wie z.B. bei der Geraniaceen-Gattung Sarcocaulon (BARTHLOTT und WOLLENWEBER 1981).
Nach BARTHLOTT (1990) bildet das Epicuticularwachs die Tertiärskulptur der pflanzlichen Oberfläche, das die Primärskulptur, die äußerlich sichtbare Form der Epidermiszellen, und die Sekundärskulptur, das Relief der äußeren Zellwände, bedeckt. Der Terminus "Skulptur" wird nach WALKER (1974) für das mikroskopische Relief einer Oberfläche verwendet. Im Prinzip lassen sich die epicuticularen Wachse in zwei Hauptgruppen einteilen: in flächige zusammen- hängende Schichten oder Krusten und in lokale Wachsprojektionen von höherer Kristallinität, die zunächst als "Kristalloide" (BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981), nunmehr als "Wachs- kristalle" bezeichnet werden. Zur Terminologie können die Kristalle noch ausführlicher be- schrieben (z.B. "membranöse Plättchen") und auf Grund ihrer Aggregations- und Orientie- rungsmuster auf den Pflanzenoberflächen (z.B. rosettenförmige Anordnung bei vielen Fabales) weiter differenziert werden (Klassifikation bei BARTHLOTT et al. 1998). Die Mikro- morphologie der Wachskristalle kann auch für systematische Fragestellungen herangezogen werden (BARTHLOTT 1990, FROHNE & JENSEN 1998).
In den Familien der Caryophyllales besteht die Tendenz zur Ausbildung von Wachsplättchen (ENGEL & BARTHLOTT 1988). Diese wurden in den bisher untersuchten Amaranthaceen- Gattungen Aerva, Allmania, Alternanthera, Amaranthus, Celosia, Deeringia, Gomphrena, Iresine und Ptilotus nicht nachgewiesen. Die Autoren vertreten daher die Auffassung, dass sich die Amaranthaceae durch die Abwesenheit von Wachskristallen charakterisieren lassen. Bei einer weiteren Untersuchung von 22 Arten aus 12 Gattungen der Amaranthaceae wurden gleichfalls keine Wachskristalle gefunden und dies als Familienmerkmal und in Abgrenzung zu den systematisch nahe stehenden Chenopodiaceae gewertet (BARTHLOTT 1994).
Bei früheren Untersuchungen von Arthraerua leubnitziae konnte bereits Epicuticularwachs in Form von Wachskristallen festgestellt und analysiert werden (DINTER 2004, DINTER & HAAS 1 Einleitung 5 ______
2007). Inwieweit die Wachskristallmorphologie von Arthraerua leubnitziae eine Ausnahme darstellt (s.o.), kann erst durch neue Untersuchungen geklärt werden. Hier stellt sich die Frage, inwiefern Amaranthaceen-Sträucher, die wie Arthraerua unter ariden bzw. semi-ariden Bedingungen vorkommen, ebenfalls mikromorphologisch und chemisch fassbare Wachse besitzen.
1.4 Zielsetzung
Ziel der vorliegenden Arbeit an den Amaranthaceen-Spezies der Gattungen Calicorema, Arthraerua und Leucosphaera sind die rasterelektronenmikroskopischen und chemischen Untersuchungen der Epi- und Intracuticularwachse. Die Materialentnahme soll in aufeinander folgenden Jahren an den natürlichen Standorten der Pflanzen in der Republik Namibia im Südwesten Afrikas erfolgen. Durch geeignete Auswahl der Standorte soll versucht werden, die auf sie einwirkenden Umweltfaktoren (abiotische Umwelt nach ELLENBERG 1996) ent- sprechend zu berücksichtigen. Mögliche Unterschiede zwischen den einzelnen Standorten, zwischen benachbarten Pflanzen und Wuchstypen wie "Alt- und Jungpflanze" sollen erfasst und vergleichend untersucht werden, einerseits im Hinblick auf die Mikromorphologie und die chemische Zusammensetzung der Cuticularwachse und andererseits, um die Zusammen- hänge zwischen Chemie und Feinstruktur aufzeigen.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist die ökologische Bedeutung epicuticularer Wachse, denn diese Oberflächenstrukturen bilden eine "funktionelle Grenzschicht zwischen der lebenden Pflanze und ihrer Umwelt" (BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981). Mit der vorliegenden Arbeit wird daher gleichfalls das Ziel verfolgt, durch detaillierte Untersuchungen zur Oberflächenstruktur nicht nur die Zusammenhänge zwischen Mikromorphologie und chemischer Zusammen- setzung der Cuticularwachse zu zeigen, sondern auch gleichzeitig einen Beitrag zu leisten zum besseren Verständnis der Ökologie dieser Arten, ihren Anpassungs- und Überlebens- strategien unter ariden Bedingungen. 6 2 Untersuchungsgebiet ______
2 Untersuchungsgebiet
2.1 Geographische Lage und räumliche Gliederung
Afrika und insbesondere Südafrika ist ein sog. Becken-Schwellen-Kontinent. Im Westen und Osten des südafrikanischen Subkontinents ragt die "Große Randstufe" ("Great Escarpment") bis in Höhen von 1000 – 2000 m NN auf. Zwischen den Randstufen hat sich ein tektonisches Becken gebildet, das Kalahari-Becken. In Südost- wie in Südwestafrika erfolgt vom Fuß der Randstufe aus ein steiler Abfall zur tieferen Stufe, der Küstenabdachung, die sich in leichter Neigung zum Meer senkt. Diese vertikale Gliederung des südafrikanischen Subkontinents wird vereinfacht verglichen mit einer Schüssel (JÄGER 1965) oder mit einem umgestülpten Suppenteller (u.a. HÜSER & BLÜMEL 2001). Namibia ist ein politischer Ausschnitt aus dem westlichen Teil dieses Aufbaus mit Anteilen an allen großen Reliefeinheiten: Küstenabdachung – Randstufe – innerkontinentales Hochland (Abb. 1):
Abb. 1: Die großen Reliefein- heiten Namibias (nach HÜSER
& BLÜMEL 2001). 2 Untersuchungsgebiet 7 ______
Die Namibwüste erstreckt sich im Westen als ca. 2000 km langer und maximal 150 km breiter Küstenstreifen und entspricht weitestgehend der Küstenabdachung. Im zentralen Teil wird die Küstenebene durch die Erosionslandschaft des Kuiseb-Riviers geteilt. Nördlich des Kuiseb liegt die Kiesnamib und im Süden die Dünennamib (vgl. SENGER 1985). Nach Osten schließt sich der Steilanstieg des Great Escarpments an, der auf eine Randschwelle hinaufführt, die im Windhoeker Bergland bis 2000 m NN Höhe erreicht. Zwischen dem 19. und 23. Breitengrad ist die Randstufe erodiert und durch die kontinuierlich ansteigende Ebene der Escarpment- lücke ersetzt. Das Great Escarpment senkt sich allmählich nach Osten zum innerafrikanischen Hochland ab und geht in das Kalahari-Becken über.
Das Verbreitungsgebiet der untersuchten Amaranthaceen-Spezies erstreckt sich im wesent- lichen auf die Großlandschaften wie die Namibwüste (Arthraerua leubnitziae und Calicorema capitata), die Sukkulenten Karoo (Calicorema capitata und C. squarrosa), die Nama Karoo und den westlichsten Teil der Baum- und Strauchsavanne (C. capitata und Leucosphaera bainesii). Die in Abb. 2 dargestellten geographischen Grenzen werden aber von den einzelnen Autoren unterschiedlich definiert und auch weitere phytogeographische Unterteilungen kontrovers diskutiert (u.a. WERGER 1978, RUTHERFORD & WESTFALL 1986, JÜRGENS 1986, 1991, JÜRGENS et al. 1997, RUTHERFORD 1997).
Seen und Salzpfannen Baum- und Strauchsavanne Nama Karoo Sukkulenten Karoo Namibwüste
Abb. 2: Biome in Namibia (verändert nach ACACIA SFB 389 subproject E1 University of Cologne 2002).
8 2 Untersuchungsgebiet ______
2.2 Geologie und Geomorphologie
Namibia liegt auf dem afrikanischen Kontinentalblock des Urkontinents Gondwana. Die ältesten Gesteine sind über eine Milliarde Jahre alt, im Bereich des Gebirgssockels finden sich vermutlich mehr als 2,1 Milliarden Jahre alte Gesteine. Auf die Erdgeschichte kann an dieser Stelle nur kurz eingegangen werden. Als weitergehende Literatur sei u.a. OLLIER (1977), BESLER et al. (1994), RUST (1996), KÜPPER & KÜPPER (1999/2000), HÜSER (2001) und GRÜNERT (2003) angegeben.
Im Präkambrium waren zunächst zwei voneinander getrennte Krustenabschnitte entstanden, die nach heutiger Lage als Kongo- bzw. Kalahari-Kraton bezeichnet werden. Zwischen diesen hatte sich eine "Geosynklinale", ein Trog gebildet, der mit Sedimenten aufgefüllt und vom damaligen Weltmeer überflutet war. Beim Aufeinanderprallen des Kongo- und des Kalahari- Kratons wurde die "Damara-Geosynklinale" zum Damara-Gebirge aufgefaltet und Kongo- und Kalahari-Kraton schlossen sich zu einer Landmasse zusammen (650 – 540 Mio. Jahre). Die folgende Abtragung hatte lange Zeiträume zur Verfügung, so dass nur der Sockel des Gebirges als "Rumpffläche" übrig geblieben ist. Aus den bei der Gebirgsbildung intrudierten Magmenkörpern, deren Schmelzen nicht zur Oberfläche drangen, entstanden große Granit- komplexe. Diese Damara-Granite nehmen weite Gebiete des zentralen Namibia zwischen 23° und 21° S ein, mit ihrem Auftreten ist die Ausprägung der Randstufenlücke verknüpft (HÜSER 2001). Die heute schräg von der Küste gegen das Innere ansteigende schiefe Ebene schneidet in ihrem Verlauf die verschiedenen Gesteinsschichten des Damarasystems. Auf dieser Fläche befinden sich Inselberge, die geologisch vom sie umgebenden Grundgebirge abweichen wie die Spitzkoppen, der Erongo und der Brandberg, die vor dem Zerbrechen des Gondwana- Kontinents entstanden und vulkanischen Ursprungs sind (SCHÖLLER 1990).
Die Kontinentaltrennung mit allen Folgeerscheinungen stellt tektonisch das bedeutendste Ereignis der jüngeren Erdgeschichte für Namibia dar: Vor ca. 120 Mio. Jahren entstand der Südatlantik durch die Spaltung des Gondwana-Kontinents und die Abtrennung Südamerikas von Afrika. Eingeleitet wurde das Auseinanderbrechen des Urkontinents durch einen ausge- dehnten basaltischen Vulkanismus, der ca. 60 Mio. Jahre anhielt und in dessen Folge Flut- basalte weite Teile des Landes überzogen. Diese Basaltdecken sind größtenteils bis auf die unterste Lage abgetragen. Zu den Basalten gehört der aus unterirdisch erstarrter Magma ent- standene Dolerit. Doleritgänge sind vielerorts als schwarze Linien in Berghängen zu erkennen oder bilden auf Grund ihrer Härte und Widerstandsfähigkeit gegenüber Verwitterung die Kämme zahlreicher Erhebungen. Eindrucksvoll sind z.B. die durch schichtparallele Erstar- rung entstandenen Basaltsäulen ("Orgelpfeifen") bei Tyfelfontein oder der "Spielplatz der Giganten" bei Keetmanshoop, wo Dolerite noch eine Fläche von 18000 km2 bedecken. Ver- witterungsreste wie Inselberge, Doleritkämme oder sonstige Felsanhäufungen ("outcrops") sind insofern bemerkenswert, da sie als Sonderstandorte eine reichhaltigere Flora und Fauna ermöglichen (MAGGS et al. 1998, BURKE et al. 1998, BURKE 2003, 2005b).
2 Untersuchungsgebiet 9 ______
2.3 Böden
In Trockengebieten schreitet die Bodenbildung nur äußerst langsam voran, da auf Grund des vorherrschenden Wassermangels die chemische Verwitterung in den Hintergrund tritt. Der Prozess der Bodenbildung erfolgt überwiegend durch physikalische Verwitterung. Eine gewisse Rolle vermag noch die biogene Verwitterung zu spielen, denn auf Erhebungen mit fehlender oder dünner Bodendecke wurzeln Bäume und Sträucher bevorzugt in Klüften des Gesteins. Durch Wurzeldruck kann es zu Spaltungen im Gesteinsverband kommen. Die langsam verlaufende biogene Verwitterung durch Flechten, die als Pionierpflanzen auf Gesteinsoberflächen vorkommen, ist von geringer Bedeutung.
Kennzeichnend für viele Böden Namibias ist der geringe Gehalt an organischer Substanz und die nur schwach ausgeprägte Bodenbiologie (LESER 1982). Von den vorherrschenden Boden- typen (Klassifikation nach IUSS WORKING GROUP WRB 2007) sind im Untersuchungsgebiet am weitesten verbreitet:
Arenosole (Sandböden) können sich als typische Böden in ariden Gebieten entwickeln, in denen Sande aus Küstenbereichen oder aus Flussablagerungen ausgeweht werden oder durch Verwitterung entstehen. Es sind die günstigsten Biotope, denn Niederschlag kann vollständig in den Boden eindringen, der trotz oberflächiger Austrocknung in der Tiefe feucht bleibt, so dass die Pflanzenwurzeln das Wasser aufnehmen können (WALTER 1984).
Solonchaks (Salzböden) bilden sich natürlich in Senken, Pfannen und Endseen oder anthropo- gen durch oberflächennahe Salzanreicherung bei unsachgemäßer Bewässerung.
Gypsisole (Gipsböden) sind insbesondere in der Zentralen Namib verbreitet und stehen als Krusten parallel zur Küste bis ca. 50 – 70 km landeinwärts an. Die Frage nach der Entstehung ist nicht leicht zu beantworten. Da es sich einerseits wohl nicht um Krustenbildungen durch Grundwasserverdunstung handelt (BESLER 1972), andererseits für die Entstehung Feuchtigkeit unerlässlich ist, hängt ihre Bildung mit dem Einflussbereich des Nebels zusammen, unab- hängig davon, ob das Ausgangsprodukt Schwefel oder -oxid aus terrestrischen Vorkommen oder Schwefelwasserstoff ist, der unter anaeroben Bedingungen im namibianischen Schelf- meer entsteht und durch den Luftsauerstoff zu Sulfat oxidiert wird (SCHOLZ 1972, BLÜMEL 2001, GRÜNERT 2003).
Calcisole (Kalkböden) treten bereits in der Zentralen Namib als dünne Krusten in 40 – 70 km Küstenentfernung auf und werden dort noch von geringmächtigen Gipskrusten überlagert. Im nördlichen, östlichen und südöstlichen Teil Namibias sind Calcisole weit verbreitet. Sie haben sich entweder über den Kalkkrusten oder zwischen verwitternden Krusten entwickelt. Letztere können einige Dezimeter bis mehrere Meter Mächtigkeit erreichen (SCHOLZ 1968, BLÜMEL 2001). GOUDIE (1972) unterscheidet junge Kalkkrusten bis zu einem Meter Mächtigkeit von bis zu 50 m mächtigen Kalkkrusten-Konglomeraten, wie sie z.B. im Bereich des Kuiseb- Canyon auftreten (vgl. JÜRGENS & LORIS 2004). Über die Entstehungsgeschichte und Ver- breitung namibianischer Kalkkrustengenerationen berichtet EITEL (1993). 10 2 Untersuchungsgebiet ______
2.4 Klima
Namibia als Klimaraum ist durch BW- und BS-Klima klassifiziert (KÖPPEN 1936, KOTTEK et al. 2006). Die klimatischen Bedingungen arider und semi-arider Gebiete lassen sich allgemein charakterisieren durch niedrige Jahresniederschläge, hohe Temperaturen, niedrige relative Luftfeuchte und hohe Evaporationsraten (vgl. Abb. 3). Die Niederschlagsverteilung ist saisonal und mengenmäßig höchst variabel. Der Norden, das Zentrum und der Südosten Namibias gehören zum subtropischen Sommerregengebiet, der Südwesten befindet sich im Einflussbereich des südhemisphärischen Tiefdruckgürtels mit Winterregen (u.a. PALMER & HOFFMAN 1997). Entlang der Küste erstreckt sich die Nebelzone mit einem eigenständigen Klima (HACHFELD & JÜRGENS 2000, LORIS 2004). Die jährlichen Niederschlagsmengen variieren im Verbreitungsgebiet der Amaranthaceen-Spezies zwischen < 50 mm in der Nebelzone der Namib (Arthraerua leubnitziae und Calicorema capitata), 50 – 100 mm im Winterregengebiet der Sukkulenten Karoo (C. capitata und C. squarrosa), 50 – 200 mm in den Sommerregengebieten der Nama Karoo und ± 200 mm in den westlichsten Teilen der Baum- und Strauchsavanne (C. capitata und Leucosphaera bainesii). Die Lufttemperaturen sind im Winter niedrig und im Sommer hoch bis sehr hoch mit den höchsten Werten in den Tieflagen, zunehmend zum Süden Namibias und in das Kalahari- Becken. Die relative Luftfeuchte verhält sich dazu konträr mit den niedrigsten Werten um die Mittagszeit im Sommer und Höchstwerten in den Winternächten (HACHFELD 2003).
Jährliches Wasserdefizit in mm < 1300 1300 – 1500 1500 – 1700 1700 – 1900 1900 – 2100 2100 – 2300 2300 – 2500 > 2500
Abb. 3: Das Wasserdefizit der einzelnen Regionen Namibias ergibt sich aus der jährlichen Niederschlagsmenge vermindert um die Evaporation (verändert nach ACACIA SFB 389 subproject E1 University of Cologne 2002). 3 Material und Methoden 11 ______
3 Material und Methoden
3.1 Kartenmaterial
Als Straßenkarte diente eine von JÄSCHKE herausgegebene Karte im Maßstab 1: 2 000 000 mit Reliefangaben in 300 m NN-Skalierung, weiterhin der Road Atlas of Namibia mit den wichtigsten Flüssen und Höhenangaben auf Einzelkarten (OLIVIER & OLIVIER 2002). Verwendet wurde die zweiteilige Hydrogeological Map of Namibia im Maßstab 1:1 000 000 mit Informationen über die Topographie, die Geologie und die Hydrologie Namibias. Die Angaben des Begleitheftes über die Grundwasserpoteniale der wichtigsten Gesteine und Böden und über Wassernutzung und –mangement konnten im Gelände mit eigenen Beobach- tungen verglichen werden (CRISTELIS & STRUCKMEIER 2001). Karten in kleinerem Maßstab befinden sich in Neuauflage, einige konnten bereits erworben werden (DIRECTORATE OF SURVEY AND MAPPING OF NAMIBIA). Karten, Daten und Informationen des Atlas of Namibia Project standen sowohl gebunden (MENDELSOHN et al. 2002) als auch über das Internet zur Verfügung (DIRECTORATE OF ENVIRONMENTAL AFFAIRS, MINISTRY OF ENVIRONMENT AND TOURISM 2002), desgleichen die Ergebnisse des deutsch-namibianischen Forschungsprojekts ACACIA (2002). Aufbauend auf die Vegetationskarte von Südwestafrika aus dem Jahre 1970 (GIESS 1998) konnten einige Detailkarten genutzt werden (LESER 1972, WILLIAMSON 1997, BURKE 2000, BURKE & STROHBACH 2000). Zur besseren Orientierung und zum exakten Einmessen von Standorten und Aufnahmeflächen diente ein GPS-Gerät von Garmin, das ein mehrfaches Aufsuchen der untersuchten Einzel- pflanzen ermöglichte. Die weitere Bearbeitung der Koordinaten erfolgte mit der Software von KLINKE (2000).
3.2 Fotomaterial Die Fotos von Landschaften, untersuchten Standorten und Einzelpflanzen wurden bis zum Jahre 2004 mit der Kleinbild-Spiegelreflexkamera Nikon F4 und dem Makro-Objektiv AF Micro Nikkor, ab dem Jahre 2005 mit der Digitalkamera Sony DSC-F828 und eingebautem Objektiv Vario Sonnar von Zeiss aufgenommen. Die Bearbeitung erfolgte mit dem Programm Photoshop 6.0 von Adobe.
3.3 Bestimmungsliteratur Die Bestimmung der auf den Probeflächen vorgefundenen Arten erfolgte an Frischmaterial mit dem Prodromus einer Flora von Südwestafrika (MERXMÜLLER 1966-1972, MERXMÜLLER & ROESSLER 1972, SUESSENGUTH 1952). Zur Aktualisierung der Nomenklatur diente A check- list of Namibian plant species (CRAVEN 1999) und Plants of southern Africa: an annotated checklist (GERMISHUIZEN & MEYER 2003).
12 3 Material und Methoden ______
3.4 Untersuchte Transekte
Die Namib ist eine Landschaft mit zahlreichen Rivieren (Trockenflüssen), wobei die der Zentralen Namib bei weitem die größten hinsichtlich Ausdehnung ihrer Einzugsgebiete wie auch Gestaltung ihrer Flussbetten sind. Sie entwässern das innere Hochland und die Ab- stufungen des Steilrandes, das Escarpment (STENGEL 1964). Entsprechend den Regenverhält- nissen fließen sie episodisch, wobei nur ein Teil des Wassers oberflächlich abfließt, der größere Teil versickert in den Lockersedimenten der Rivierbetten. Von Arthraerua leubnitziae ist bekannt, daß sie ein weitverzweigtes Wurzelsystem ausbildet, das bis in Bodentiefen von mehreren Metern vordringen kann (KUTSCHERA et al. 1997, LORIS 2004). Von Calicorema capitata kann dies ebenfalls angenommen werden, denn sie erreicht in der Zentralen Namib ihre westliche Verbreitungsgrenze und ist überall dort zu finden, wo sie Anschluss an die Grundwassersysteme der Riviere haben dürfte. Für den ersten Transekt wurde daher die Zentrale Namib gewählt in einem Profil von Westen nach Osten, d.h. entlang einem klimatischen Gradienten (Abb. 4, vgl. Abb. 5). Während die Nutzung von Grundwasser aus tieferen Bodenschichten eine naheliegende Anpassung an die Wüstenbedingungen der Namib darstellt (JÜRGENS 2004a) und dieses in Jahren mit keinen oder seltenen Niederschlagsereignissen die einzige Wasserressource ist, stehen der Vegetation in der östlich an die Namib anschließenden Zone relativ größere Wassermengen durch regelmäßigere und höhere Regenfälle aus Sommerregen zur Verfügung. In einem zweiten Transekt von Norden nach Süden wurden daher Standorte mit jährlichen Niederschlagsmengen von 50 – 100 mm ausgewählt (Abb. 4).
1
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Abb. 4: Verteilung der jährlichen Niederschläge in mm (nach ZIZKA 1988), Transekte: 200 km 3 Material und Methoden 13 ______
Arthraerua leubnitziae beprobte Standorte Calicorema capitata: beprobte Standorte weitere, aufgesuchte Standorte nicht überprüfte Angaben
Calicorema squarrosa: beprobte Standorte
weitere, aufgesuchte Standorte nicht überprüfte Angaben
Abb. 5: Standorte von Calicorema in den Vegetationstypen Namibias, unterschieden nach Anzahl der Pflanzen 2 pro 500 m Untersuchungsfläche, z.B. 1, 2-3, 4-5 und > 5 (verändert nach GIESS 1970). 14 3 Material und Methoden ______
3.5 Untersuchte Standorte
Die Vegetation Map of Namibia (GIESS 1998) bildete die Grundlage für die Auswahl der Standorte. Es wurden bekannte Standorte in den verschiedenen Hauptvegetationstypen gezielt aufgesucht und beprobt. Um das Verbreitungsareal der Calicorema-Spezies in Namibia fest- stellen zu können, wurden zusätzlich anhand von Herbarbelegen des National Herbarium of Namibia WIND Fundstellen ermittelt und in die Auswahl mit einbezogen (Abb. 5). Die Probe- flächen der einzelnen Standorte betrugen 500 m2.
Zentrale Namib (2) Der Teil der Zentralen Namib vom Kuiseb bis zum Swakop Rivier ist Teil des Namib Nauk- luftparks. Der Kuiseb entwässert das Khomas Hochland, bevor er durch die Namib fließt und u.a. die Küstenorte Walvis Bay und Swakopmund mit Trinkwasser versorgt. Der Swakop ist das größte Rivier der Region mit einer offenen Mündung in den Atlantik. Bemerkenswert ist, dass östlich der Zentralen Namib die Randstufe des Hochlandes unterbrochen ist bzw. fehlt (GIESS 1981, vgl. Kap. 2.1). Abgesehen von den tief eingesenkten Rivieren herrschen weite Fels- und Schuttflächen vor, welche den Charakter der Landschaft bestimmen, die sich von dem Küstengebiet ostwärts, nicht ganz gleichmäßig, bis auf 900 – 1200 m Höhe erhebt (SPREITZER 1966, OLLIER 1977). In dieser "Flächennamib" (KAISER 1926) entspringt das kleinere Tubas- oder Tumasrivier, wie alle kleineren Riviere autochthon (STENGEL 1964), das nur nach "Jahrhundertregen" oberflächlich Wasser führt, z.B. in den Jahren 1934, 1951 und 1963 (SPREITZER 1965). Es fließt westwärts durch die Zentrale Namib, ohne den Atlantik zu erreichen, da die Dünen südlich des Swakop die ehemalige Mündung blockieren.
Abb. 6: Zentrale Namib mit den Rivieren des Swakop, Kuiseb und Tumas (verän- dert nach MARKER 1977).
In diesem Bereich wurden sechs Standorte für den Transekt 1 ausgesucht, die nach der klima- geomorphologischen Zonierung von BESLER (1972) zu den Zonen II (Nebelwechsel-Wüste) und III (Wüstensteppe) und nach der Definition von GIESS (1981) zu dem von ihm als Biotop geführten Rinnsalen, Erosionsrinnen und kleineren Namibriviere gehören. Es sind darunter die Standorte zusammengefasst, die durch zusammenlaufenden Niederschlag einen weitaus 3 Material und Methoden 15 ______günstigeren und erhöhten Wasserhaushalt des Bodens im Vergleich zu den Flächen aufweisen und damit eine reichhaltigere Flora ermöglichen, als man sie sonst auf den Flächen antreffen würde (Abb. 4 und 5, vgl. GIESS 1968, ROTHMANN 2001).
Wüste und Sukkulentensteppe (3a) An die Südliche Namib (3), die als "Dünenfeld der Namib" oder als "Großer Namib-Erg" vom Kuiseb bis nördlich Lüderitz reicht (JÜRGENS & LORIS 2004), schließt sich nach Süden ein Vegetationstyp an, der in seinem westlichsten Teil Wüstencharakter hat und nach Süden in die Sukkulentensteppe des Winterregengebietes übergeht. Im Osten verläuft die West- grenze des Sommerregengebietes mit einem augenfälligen Übergang in fast reine Grasland- schaften, gebildet aus ein- bis mehrjährigen Arten der Gattung Stipagrostis, die sich auf den mit Inselbergen1 durchsetzten Flächen südlich des Erg ausbreiten. Aus diesem Bereich wurden die Standorte Garub, Aus und Kubub zur Probenahme ausgewählt (Abb. 5, 8.1, 8.2).
Halbwüste und Savannenübergangszone (4) Dieser Vegetationstyp schließt sich ostwärts an die Zentrale und Südliche Namib an. Mit zunehmender Häufigkeit und Intensität der Sommerregen werden neben ein- und mehrjäh- rigen Gräsern stammsukkulente Euphorbia-Arten sowie Sträucher (u.a. Boscia foetida, Capparaceae, Commiphora-Arten, Burseraceae) und kleine Bäume (Parkinsonia africana, Caesalpiniaceae, Acacia-Arten, Mimosaceae) häufiger. Die auch als Vornamib bezeichnete Savannenübergangszone befindet sich im Bereich des Randstufengebirges und ist gekenn- zeichnet durch Artenreichtum (NAMIBRAND NATURE RESERVE-HERBARIUM) und das Auf- treten vieler Endemiten (GIESS 1998, BURKE 2005). Dazu gehören aspektbildende Stamm- sukkulente wie z.B. Aloe dichotoma, Asphodelaceae (Köcherbaumschlucht bei Büllsport). Diese Aloe-Art hat ihr Hauptverbreitungsgebiet im Süden des Landes, reicht aber mit einem 40-80 km breiten, zungenförmigem Areal entlang der Randstufenzone bis zum Erongogebirge und in das Brandbergmassiv (VOLK 1966). Mehrere Standorte aus diesem Bereich wurden für den Transekt 2 zur Probenahme ausgesucht (Abb. 4, 5, 7.3).
Mopanesavanne (5) Dieser Vegetationstyp deckt sich mit dem Vorkommen der Mopane, Colospermum mopane (Caesalpiniaceae), die im südlichen tropischen Afrika (z.B. Angola, Zambia, Mozambique) weit verbreitet ist, in Namibia aber nur ein begrenztes Areal im nordwestlichen Landesteil besiedelt. Abhängig von den Standortbedingungen wächst Mopane strauchig oder als Baum mit bis über 10 m Höhe, der in dichten Beständen Baumsavannen oder Trockenwälder bilden kann. In den Randzonen findet man sie häufiger als Strauchmopane auf steinigen oder sandigen, durchlässigen Böden, oder sie fehlt, möglicherweise durch Überweidung, auf offenen Grasflächen im Kaokoveld völlig. In diesen Bereichen kann Calicorema capitata vergesellschaftet vorkommen. Im Süden und Südwesten des Mopaneareals (Brandberg,
1 Inselberge sind durch flächenhafte Abtragung herauspräparierte Felsmassive, die im Vergleich zur Umgebung verwitterungsresistenter sind (GRÜNERT 2003). 16 3 Material und Methoden ______
Unterläufe des Ugab, Huab und bis zum Koigab) gehört Calicorema capitata noch zu den häufigeren, nördlich von Palmwag am Namibrand zu den eher selteneren Sträuchern (Abb. 5).
Kurzstrauchsavanne (9) Für die südlichen, ariden Gebiete Namibias zwischen der Südlichen Kalahari im Osten und dem Schwarzrand im Westen ist die Ausbildung einer strauchigen Vegetation charakteristisch (GIESS 1998). Die Sträucher treten vereinzelt oder in kleinen Gruppen auf und erreichen selten Deckungsgrade über 15%. Typische Vertreter dieser Kurzstrauchsavanne sind neben den Gräsern vor allem Rhizogum trichotomum (Charakterart nach VOLK 1966) und Catoprac- tes alexandri (beide Spezies sind Bignoniaceae), Boscia foetida (Capparaceae), Monechma genistifolium (Acanthaceae), Phaeoptilum spinosum (Nyctaginaceae), auf felsigen Standorten Aloe dichotoma (Asphodelaceae) und, oft auf die Riviere beschränkt, Acacia-Arten wie z.B. A. nebrownii und A. mellifera (Mimosaceae). Calicorema capitata scheint ebenfalls zu den häufigen Sträuchern der Kurzstrauchsavanne zu gehören, wie Daten aus dem Untersuchungs- gebiet des BIOTA Southern Africa Projekts zeigen, die in der Karas-Region erhoben wurden. Bei Betrachtung der gesamten untersuchten Flächen wies C. capitata mit 41% die höchste Stetigkeit auf (WOLKENHAUER 2003). Nach Süden zu, vor allem im Bereich des Fish River Canyon, macht sich der in Nord-Süd-Richtung verlaufene Klimagradient durch die Zunahme von Stammsukkulenten (z.B. Euphorbia gregaria, Euphorbiaceae) bemerkbar (VESTE & JÜRGENS 2004). Hier wurde bei Ai-Ais ein trocken-heißer Standort zur Probenahme ausge- wählt (Abb. 5, 8.3).
Südliche Kalahari (13) Der weitaus größte Teil dieses Gebietes ist durch rote Kalaharisande gekennzeichnet und wird durch stabilisierte Lineardünen in Nordwest-Südost-Richtung durchzogen. Auf den Dünen- kämmen sind Arten der Gattung Acacia die dominierenden Holzpflanzen und bilden mit den Gräsern eine Baum-Strauchsavanne, wobei die einjährige Schmidtia kalahariensis oft weite, gestörte Flächen bedeckt (ZIZKA 1988, GIESS 1998), da sie durch Beweidung gefördert wird (VAN ROOYEN et al. 2001). Auf den härteren Böden der Uferterrassen der durchziehenden Riviere des Nossob, Olifants und Auob sind Rhizogum trichotomum und, wo Kalk ansteht, Catopractes alexandri dominant. Calicorema capitata wird von VAN ROOYEN et al. (2001) für die Kalahari nicht angegeben, konnte aber in wenigen Exemplaren auf den Gesteinsterrassen des unteren Auob festgestellt und gezielt nach Angaben zu zwei ältereren Herbarbelegen des National Herbarium of Namibia WIND2 an diesen und einer weiteren Stelle aufgefunden werden. Dieser Standort an der Ostgrenze des Verbreitungsareals wurde zur Probenahme ausgesucht (Abb. 5).
Die Abbildungen 7 und 8 zeigen einige der ausgewählten Standorte.
2 CODD, L.E., 5876, 1949 und WERGER, M.J.A., 1501, 1971. 3 Material und Methoden 17 ______
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Abb. 7: Geschützte Standorte von Calicorema capitata sind zwischen Abtra- gungsresten der Damara-Sequenz in Erosionsrinnen der Zentralen Namib zu finden (1,2). Im Talaustritt des Tsondab zwischen Naukluft- und Zaisergebirge
wächst sie zusammen mit Akazien auf Kalkgeröllflächen (3). 18 3 Material und Methoden ______
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Abb. 8: Die Sprosse von Calicorema capitata durchwachsen auf den Flächen bei Garub den angewehten Sand und bilden Dünenpolster (1). Auf einer Kies- fläche am Schluchtausgang bei Aus (2) und am Uferrand einer Fließrinne des Fish River Canyon bei Ai-Ais (3) stehen vitale Pflanzen. 3 Material und Methoden 19 ______
3.6 Untersuchte Einzelpflanzen
Ziel der vorliegenden Arbeit war neben der morphologischen vor allem die detaillierte raster- elektronenmikroskopische und chemische Untersuchung der Epicuticular- und Intracuticular- wachse unter Berücksichtigung der intraspezifischen Variabilität. Bei der Probenahme wurde daher versucht, eine geeignete Auswahl zu treffen, welche die Unterschiede sowohl der beiden Transekte und der Standorte in den einzelnen Vegetationstypen untereinander und im Vergleich miteinander und deren Standortmodifikationen in Bezug auf Wachstum und Wuchsform der Einzelpflanzen darzustellen vermag. Um die Auswirkungen von Klima- faktoren beurteilen zu können, wurden "Wüstenpflanzen" (Transekt 1, Abb. 4) in aufeinander- folgenden Jahren mehrfach beprobt, während bei Pflanzen der "Halbwüste" (Transekt 2) Nachbarpflanzen in die Untersuchung einbezogen wurden. Auf den Standorten wurde neben Exemplaren von Calicorema capitata auf weitere holzige Vertreter der Amaranthaceae geachtet und diese bei der Auswahl der Aufnahmeflächen berücksichtigt und beprobt. Die Probenahme geschah in den Arbeitsschritten: a) Vegetationsaufnahme des Standortes b) Vermessung und fotografische Aufnahmen der Probepflanzen c) Erhebung der wichtigsten Klima- und Bodenparameter d) Materialentnahme e) Protokoll
Bei den Gattungen Calicorema (C. capitata und squarrosa) und Leucosphaera (L. bainesii) wurde das Pflanzenmaterial getrennt nach Sprossspitzen (S), äußeren Sprossen ohne Spross- spitzen (A) und basalen Sprossteilen (B) den vitalen (grünen) Trieben entnommen. Bei der Gattung Arthraerua (A. leubnitziae) wurden mittlere Seitensprosse (Sp 2-5) ohne die noch in der Entwicklung befindlichen äußersten Sprossteile (Sp 1) unter vorsichtigem Ablösen von älteren, bereits verholzten Teilen abgetrennt. Es wurden nur vollständig entwickelte Sprosse zur Untersuchung verwendet, um eventuelle, vom Entwicklungszustand abhängige Unter- schiede bei den morphologischen und chemischen Merkmalen möglichst auszuschließen.
Die wichtigsten Daten der Probenahme waren:
Transekt 1 (Küste → Inland)
Calicorema capitata Cc 01 Cc 02 Cc 03 Cc 04 Cc 05 Cc 06 Datum 09.09.2004 10.09.2004 12.09.2004 13.09.2004 14.09.2004 17.09.2006 Koordinaten S 22°51'43.3" S 22°52'45.9" S 22°55'07.7" S 22°55'57.0" S 22°55'35.8" S 22°54'00.1" E 15°03'18.4" E 15°05'50.7" E 15°11'50.7" E 15°16'41.9" E 15°23'36.8" E 15°38'12.2" Höhe über NN (m) 387 m NN 427 m NN 563 m NN 659 m NN 805 m NN 1086 m NN Sprosse A , B und B2 A und B A, B und B2 S, A und B S, A, B und B2
Datum 18.09.2005 18.09.2005 18.09.2005 18.09.2005 18.09.2005 17.09.2006 Koordinaten S 22°51'43.4" S 22°52'45.9" S 22°55'07.7" S 22°55'57.0" S 22°55'35.8" S 22°54'00.1" E 15°03'18.3" E 15°05'50.5" E 15°11'50.7" E 15°16'41.9" E 15°23'36.8" E 15°38'12.2" Höhe über NN (m) 387 m NN 438 m NN 563 m NN 659 m NN 805 m NN 1086 m NN Sprosse S, A , B S S S, A, B Standort 1) Rinnsal kl. Namibrivier Erosionsrinne Erosionsrinne Rinnsal kl. Namibrivier Küstenentfernung 2) 58,3 km 63,0 km 73,9 km 82,2 km 93,2 km 117,0 km
20 3 Material und Methoden ______
Transekt 1 (Küste → Inland)
Arthraerua leubnitziae Al 01 Al 02 Al 03 Datum 16.09.2002 16.09.2002 13.09.2002 18.09.2005 18.09.2005 18.09.2005 Koordinaten S 22°51'48.7" S 22°52'47.0" S 22°55'09.3" E 15°03'17.4" E 15°05'52.5" E 15°11'51.4" Höhe über NN (m) 410 m NN 434 m NN 570 m NN Sprosse zentral Sp 2-5 zentral Sp 2-5 zentral Sp 2-5 Standort 1) Rinnsal kl. Namibrivier Erosionsrinne Küstenentfernung 2) 58,3 km 63,1 km 74,2 km
1) Der Standort gehört nach der Klassifizierung von GIESS (1981) zu dem Biotop der Rinnsale, Erosionsrinnen und kleineren Namibriviere (depressions and washes), das sich von den benachbarten Gebieten – in diesem Fall den Flächen (flats) – durch seinen vermehrten Pflanzenbewuchs abgrenzen läßt. 2) Luftlinie zur Küste in Swakopmund Jetty
Transekt 2 (Nord → Süd)
Calicorema capitata Onanis Ababis Ababis I, II Duwisib Tirool Aus Datum 17.09.2006 15.09.2005 11.09.2006 05.09.2005 08.09.2005 10.09.2005 Koordinaten S 22°54'00.1" S 23°58'58.1" S 23°58'58.3" S 25°15'51.1" S 26°20'48.1" S 26°40'48.1" E 15°38'12.2" E 16°05'23.2" E 16°05'23.2" E 16°34'29.7" E 16°32'27.3" E 16°12'42.5" Höhe über NN (m) 1086 m NN 1076 m NN 1076 m NN 1452 m NN 1124 m NN 1235 m NN Sprosse S, A und B S, A und B S, A und B S, A und B S, A und B S, A und B Standort 1) 444443a Distrikt 2) KAR MAL MAL MAL LUS LUS
Umgebung von Aus Aus Kubub Garub Calicorema Cc 08 Cs 08 Cs 09 Cc 10 Datum 10.09.2005 09.09.2006 12.09.2005 15.09.2005 Koordinaten S 26°40'48.1" S 26°39'42.1" S 26°43'03.6" S 26°35'52.8" E 16°12'42.5" E 16°15'42.4" E 16°16'29.0" E 16°04'31.3" Höhe über NN (m) 1235 m NN 1485 m NN 1557 m NN 862 m NN Sprosse S, A und B S, A und B S, A und B S, A und B Standort 1) 3a 3a 3a 3a Distrikt 2) LUS LUS LUS LUS
weitere Standorte im Vergleich mit Duwisib Kalahari Ai-Ais Leucosphaera bainesii Cc 06 Lb 06 Cc 12 Cc 13 Datum 05.09.2005 05.09.2005 31.08.2006 02.09.2006 Koordinaten S 25°15'51.1" S 25°15'51.1" S 25°29'30.1" S 27°56'01.3" E 16°34'29.7" E 16°34'29.7" E 19°28'50.9" E 17°29'53.5" Höhe über NN (m) 1452 m NN 1452 m NN 1003 m NN 261 m NN Sprosse S, A und B S, A und B S, A und B S, A und B Standort 1) 44139 Distrikt 2) MAL MAL MAR KEE
1) Die Klassifierung der Standorte folgt der Vegetationskarte von GIESS (1998): 3a Wüste und Sukkulentensteppe 4 Halbwüste und Savannenübergangszone (Randstufenzone) 9 Kurzstrauchsavanne 13 Baum-Strauchsavanne (Südliche Kalahari) 2) Einteilung in Verwaltungseinheiten (Distrikte): KAR Karibib KEE Keetmanshoop LUS Lüderitz MAL Maltahöhe MAR Mariental
Eine Auswahl der untersuchten Einzelpflanzen zeigen die Abbildungen 9 und 10. 3 Material und Methoden 21 ______
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Abb. 9: Calicorema capitata bildet Dünenpolster an einem Rinnsal der Zentralen Namib und zeigt Wildverbiss. In der leeseitig abgelegten Sandfahne sind Wildspuren (Springbock) zu erkennen (1: Transekt 1, Cc 01). In der Randstufenzone südlich der Tsarisberge wächst C. capita ta auf hartem Boden vom Oberflächentypus Hammada. Zwischen den scharfkantigen Gesteinsbruchstücken sind wenige, abgeweidete Grasbüschel zu erkennen (2: Transekt 2, Cc 06). Weiter südlich am Fuße der Tirasberge stellt sandiges Abtragungsmaterial den Untergrund für ausgebreitete, niedrige Polster von C. capitata (3: Transekt 2, Cc 07). 22 3 Material und Methoden ______
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Abb. 10: Arthraerua leubnitziae hat ihr östlichstes Vorkommen in den Ausläufern der Schieferberge. Flechten weisen auf gelegentliche Inlandnebel hin (1: Transekt 1, Al 03). Auf dem Huib-Plateau im Süden Namibias wächst Calicorema capitata auf Sandboden einer Flugsanddecke mit schwacher oberflächennaher Kalkan- reicherung, der sich die Begleitflora (Anacampseros albissima, Portulacaceae) angepasst hat (2: Cc 08). Am Fuße von Inselbergen oder Felsburgen mit Blöcken kommt Calicorema squarrosa vor. Die Abspülung und/oder Auswehung legte Gesteinspartikel frei (3: Cs 08). 3 Material und Methoden 23 ______
3.6.1 Morphologie
Vor der Probenahme waren die Einzelpflanzen bereits vermessen worden. Hierbei wurden die Höhe der Gesamtpflanze und des Hauptsprosses, die Anzahl und Größe der Seitensprosse, die Höhe der Verzweigung ab Basis des Hauptsprosses in Zentimetern und die von der Pflanze bedeckte Bodenoberfläche in Quadratmetern festgehalten. Nach der Säuberung des mitge- nommenen Pflanzenmaterials wurden bei den Gattungen Calicorema und Leucosphaera die Länge der Sprossteile und bei Arthraerua die Länge der Internodien von Knoten zu Knoten in Millimetern und die Durchmesser in der Mitte der Sprosse in Hundertstel Millimetern gemes- sen. Nach diesen Vorarbeiten wurden einige noch zusammenhängende Sprossabschnitte für die Präparation zur rasterelektronenmikroskopischen Untersuchung beiseite gelegt. Von den übrigen Sprossteilen wurden anschließend – falls vorhanden – Blätter und Blüten entfernt. Inzwischen trocken (gelb) aussehende Sprossteile wurden ebenfalls abgetrennt, da eine beginnende Degradierung der Oberflächen nicht ausgeschlossen werden konnte. Für die weitere Untersuchung mittels Extraktion, präparativer Dünnschicht- und anschließender Gaschromatographie wurden daher nur die vital (grün) aussehenden Sprossteile, bei Arthraerua die Sprossabschnitte aus dem Mittelbereich der Seitensprosse verwendet. Das Untersuchungsmaterial wurde danach in dafür vorbereite Probenbeutel luftdicht verpackt und bis zur weiteren Bearbeitung im Labor aufbewahrt. Hierbei konnte ein Mikroklima – ähnlich den Temperaturen des Südwinters – in der Weise geschaffen werden, daß nachts das Material bei 8 – 10°C im Kühlschrank und tagsüber bei 20 – 22°C Raumtemperatur lagerte.
3.6.2 Mikromorphologie (Rasterelektronenmikroskopie)
Um detaillierte Einblicke in die Morphologie und speziell die Mikromorphologie von Calicorema und den zwei weiteren Gattungen der Amaranthaceae zu erhalten, wurden Präparate für die Rasterelektronenmikroskopie vorbereitet. Dies geschah grundsätzlich am Tag der Probenahme und beinhaltete jeweils Längsschnitte (Länge x Breite: 6–8 x 2–3 mm) und Querschnitte (Durchmesser: Ø < 1 mm) intakter, unberührter und sauberer Sprossteile. Anschließend wurden die Schnitte auf leitfähige Haftaufkleber (Leit-Tabs, Ø 12 mm, Plannet Wetzlar) montiert – von jeder Pflanzenmaterialentnahme vier Tabs mit bis zu fünfzehn Einzelpräparaten – und bis zum Besputtern aufbewahrt. Nach Rückkehr aus Namibia wurden vor der weiteren Bearbeitung im Hohenheimer Labor von allen mitgebrachten Pflanzenproben nochmals Schnitte angefertigt, um den Alterungsprozess der Wachse beobachten zu können. Danach wurden die Leit-Tabs mit den Präparaten für die Rasterelektronenmikroskopie auf Aluminium-Probenträger aufgebracht, während mehrerer Tage im Exsikkator über Kieselgel getrocknet, mit Gold/Palladium 80:20 im Sputtering-Verfahren (Sputter Balzers Union SCD 040) metallbeschichtet und im Rasterelektronenmikroskop Zeiss DSM 940 bei 6 kV Hoch- spannung untersucht. Neben den unbehandelten (nativen) Proben waren Proben von extrahiertem Material von Interesse, um das Ausmaß bzw. die Ausprägung der Epicuticularwachsauflage zu verdeut- lichen. Nach jeder Behandlung mit Lösungsmitteln wurden daher Präparate zur Kontrolle 24 3 Material und Methoden ______mittels Rasterelektronenmikroskopie (REM) in gleicher Weise vorbereitet und untersucht. Beim Mikroskopieren erfolgte die Aufzeichnung digital mit der Software-Version Orion 6.38 und stand als tiff.Dateien zur Verfügung, sodass die weitere Bearbeitung des Bildmaterials mit dem Photoshop-Programm 6.0 von Adobe vorgenommen werden konnte.
3.6.3 Chemische Analyse der Wachse
1. Extraktion
Bei der Wachsanalyse sollten Epi- und Intracuticularwachse getrennt zur Untersuchung gelangen. Eine mechanische Ablösung des Epicuticularwachses (EW) war auf Grund der starken Ober- flächenskulptur nicht durchführbar. Bei Arthraerua verhinderten Papillen und bei Calicorema und Leucosphaera Trichome eine quantitative mechanische Isolierung des EW. In Vorver- suchen waren bereits verschiedene Möglichkeiten zur Extraktion erprobt worden, u.a. die Tauchmethode und die Kollodiumfilm-Technik (GÜTH 2001). Dabei hatte sich das Tauch- verfahren am effektivsten erwiesen. Hierzu wurde das Pflanzenmaterial bei Calicorema und Leucosphaera in möglichst lange Sprossabschnitte und bei Arthraerua in Seitensprosse mit mehreren Internodien aufgeteilt, um die Anzahl der Schnittstellen zu minimieren, damit Zell- inhaltsstoffe die Extrakte möglichst wenig kontaminieren konnten. Unter Verwendung eines Drahtkörbchens sollte zuerst EW portionsweise extrahiert werden. In der Literatur beschrie- bene Methoden der Extraktion mit Chloroform (u.a. JEFFREE et al. 1975, RIEDERER & SCHNEIDER 1990, SCHREIBER et al. 1996b, JETTER et al. 2000 und Koch et al. 2006) erschienen nicht selektiv und quantitativ ausreichend. RIEDERER & MARKTSTÄTTER (1996) hatten auf die Problematik bei der Beurteilung älterer Arbeiten hingewiesen und eine differenziertere, dem Materialangebot angepasste Extraktion empfohlen. In zwei aufeinander- folgenden Schritten (1. mit CHCl3 bei Raumtemperatur, 2. mit 60°C heißem CHCl3) von jeweils 20 s hatten HAAS et al. (2001, 2003) die Oberflächenwachse bei Reis und Zuckerrohr und von 30 s bzw. 120 s die Gesamtwachse bei Misteln herausgelöst. In ähnlicher Weise wurden die Extrakte des EW von Arthraerua in zwei Schritten (1. 30 s mit CHCl3 bei
Raumtemperatur, 2. 20 s mit 60°C heißem CHCl3) hergestellt. Diese modifizierte Extraktion hatte sich ebenfalls als geeignet erwiesen, da die Hauptmenge der Epicuticularwachse erst durch heißes CHCl3 vollständig abgelöst werden konnte (DINTER & HAAS 2007). Bei den Proben von Calicorema und Leucosphaera musste – bedingt durch die Trichome – noch differenzierter vorgegangen werden. Der erste Extraktionsschritt konnte mit CHCl3 bei Raumtemperatur für 30 s beibehalten werden. Beim zweiten Extraktionsschritt mit 60°C heißem CHCl3 wurde die Tauchzeit in Sekundenschritten erhöht, bis bei Leucosphaera und Calicorema squarrosa bei 25 s, bei C. capitata bei 28 s das EW abgelöst war. Nach dem zweiten Extraktionsschritt wurden die Proben für 5 s in CHCl3 bei Raumtemperatur gespült, um eine mögliche Wachskristallbildung aus Lösungsmittelrückständen auszuschließen, die bei der Kontrolle mittels REM ein unvollständiges Ablösen des EW vorgetäuscht hätte. 3 Material und Methoden 25 ______
Die Extraktion des Intracuticularwachses (IW) war zuvor mittels einer Versuchsreihe getestet worden, die aus bis zu zehn Extraktionsschritten in unterschiedlichen Zeitintervallen bestand, um mögliche qualitative und quantitative Unterschiede bei schrittweiser Extraktion ermitteln zu können. In Folge schloss sich an die Extraktion der EW die der IW unmittelbar an, und zwar in zwei Extraktionsschritten durch Tauchmethode in 60°C heißes CHCl3 für 1 min (3 x 20 s) und für 1 h (4 x 15 min) mit jeweils frischem Lösungsmittel. Der dritte Extraktions- schritt erfolgte unter Soxhlet-Bedingungen, einer in früheren Zeiten verwendeten Methode, um das Gesamtwachs herauszulösen (HAMILTON 1995), für 9 h bei den Arthraerua- und für 10 h bei den Calcicorema-Proben. Nach Entfernen des Lösungsmittels standen die Extrakte des Epicuticular- (RT, 60°C) und des Intracuticularwachses (IW1, IW2 und IW3) als Trockenextrakte zur weiteren Bearbeitung bereit. Es wurde die Methode des Internen Standards (HOLLOWAY 1984, HAMILTON 1995, WELKER & HAAS 1999) gewählt und den Extrakten ein bestimmtes Volumen eines definier- ten Gemisches verschiedener Komponenten zugegeben, welches auf die zu erwartenden Substanzklassen und die geschätzten Mengen der Wachse abgestimmt wurde. Als Einzel- komponenten wurden n-C19-Alkohol, n-C20-Alkan, n-C19-Freie Fettsäure, n-C20-Fettsäure- methylester und n-C34-Alkylester (Stearylpalmitat) verwendet.
2. Dünnschichtchromatographie
Vor der Gaschromatographie wurde eine Auftrennung in einzelne Fraktionen (Substanz- klassen) mittels präparativer Dünnschichtchromatographie durchgeführt. Hinweise auf Laufmittel und Nachweisreagentien für diese Methode finden sich in der Literatur (u.a. BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981, HAMILTON 1995, WELKER & HAAS 1999, GÜTH 2001). Die Glasplatten waren Objektträger (76 x 26 mm), die mit einer 0,75 mm dicken Schicht aus Kieselgel DG (Fa. Riedel-deHaën, Seelze) als stationärer Phase selbst beschichtet und nach einem Vorlauf mit CHCl3 zur Reinigung der Schicht im Trockenschrank (110°C, 1 h) aktiviert wurden. Die vorbereiteten Wachsextrakte wurden mit einer Glaskapillare (Ø = 0,6 mm) in einer Linie aufgetragen und in zwei Entwicklungsschritten aufgetrennt: 1) n-Hexan und
2) CHCl3/n-Hexan (75:25, v:v).
Zur Detektion wurden die Platten mit 0,005% Primulin in Aceton/H2O (80:20, v:v) besprüht. Im ultravioletten Licht bei 360 nm (Minuvis, Desaga Heidelberg) erscheinen die Substanz- banden blauweiß fluoreszierend auf tiefblauem Untergrund. Zur präparativen Gewinnung der aufgetrennten Fraktionen wurden die Substanzbanden mit einem Zonenkollektor aufgenommen (GÜTH 2001). Die Eluierung der an das Kieselgel gebundenen Substanzen erfolgte mit tertiärem Butylmethylether TBME, für die Fraktion der freien Fettsäuren unter Zusatz von 2% Ameisensäure. Das zur Detektion eingesetzte Primulin verbleibt im Kieselgel. 26 3 Material und Methoden ______
3. Gaschromatographie Die Auftrennung und Ermittlung der Anteile der einzelnen Homologen der Wachsfraktionen erfolgte mit einem Gaschromatographen GC-17A (Shimadzu), ausgestattet mit Flammenioni- sationsdetektor und on-column-Injektionssystem. Verwendet wurden die Kapillarsäulen AT- EC1 und AT-EC-5 von Alltech (L 30 m x ID 0,32 mm, Film 0,25 µm) und FID bei einer Detektortemperatur von 360°C und einer linearen Geschwindigkeit des Helium Trägergases von 30 cm/s. Die Säulentemperatur betrug anfänglich 160°C (isotherm 2 min) und dann ansteigend mit 8°C/min bis auf 340°C (oder 360°C für die Ester). Das Temperaturprogramm des Injektors wurde mit 160°C als Starttemperatur (isotherm 2 min) begonnen und verlief dann identisch mit dem Programm der Säulentemperatur. Die Aufzeichnung der Analysen- daten sowie die Erstellung eines Protokolls erfolgte mit der Software des Herstellers und wurde mit dem Programm Excel von Microsoft ausgewertet. Alkane, Alkylester und Aldehyde Nach der dünnschichtchromatographischen Trennung konnten die Fraktionen der Alkane, Alkylester und Aldehyde direkt gaschromatographisch untersucht werden. Die Proben
wurden als Lösung in CCl4 injiziert. Alkohole und Fettsäuren Primäre Alkohole und Freie Fettsäuren wurden vor der gaschromatographischen Analyse in ausreichend flüchtige Derivate überführt. Primäre Alkohole wurden zu Trimethylsilyl- ethern durch Silylierung mit N,O-bis-(tri-methylsilyl)-acetamid/Pyridin (1:1, v:v) und
freie Fettsäuren zu Fettsäuremethylestern durch Methylierung mit BF3-Methanol- Komplex (20%, Merck Darmstadt) derivatisiert (90°C, 45 min). Nach Abkühlung wurden Trimethylsilylether direkt in den GC injiziert, während die Fettsäuremethylester erst nach
Ausschütteln mit Petrolether/H2O (1:1, v:v), Abpipettieren der organischen Phase, Ent-
fernen des Petrolethers und Wiederaufnehmen in CCl4 injiziert werden konnten.
4. Quantitative Auswertung Für quantitative Angaben wurde bei früheren Untersuchungen gravimetrisch gearbeitet (DINTER 2004). Bezugsbasis war das Trockengewicht nach Extraktion und Trocknung der Proben über Kieselgel. Die Resultate waren unzureichend, z.T. konnte trotz längerer Trock- nung keine Gewichtskonstanz erreicht werden. Reproduzierbare Ergebnisse lieferte dagegen die direkte Oberflächenmessung und ihre Eignung wurde in Vorversuchen überprüft. Als Bezugsbasis für quantitative Angaben zum Wachsgehalt der untersuchten Arten wurde daher die zu extrahierende Oberfläche gewählt. Die für die Extraktion vorgesehenen Proben wurden unmittelbar nach der Probenahme vermessen (vgl. Kapitel 3.6.1). Unregelmäßig- keiten im Relief der Oberflächen wie die Einsenkungen bei Calicorema und Leucosphaera und der Rillen bei Arthraerua sind schwierig zu erfassen und können möglicherweise dazu führen, dass die Messwerte zu niedrig sind. Die ermittelten Oberflächen sind daher als Näherungswerte zu verstehen und zur differenzierteren Betrachtung der Wachsmengen im direkten Vergleich der Einzelpflanzen nur begrenzt geeignet. 4 Ergebnisse 27 ______
4 Ergebnisse
4.1 Morphologische Untersuchungen
4.1.1 Spross
Abgesehen von Arthraerua leubnitziae ist es nicht immer einfach, die untersuchten Arten der Amaranthaceae sicher anzusprechen, auch deswegen, weil es nur wenig floristische Literatur gibt. Eine Aufstellung der wichtigsten Merkmale zeigt Tabelle 1:
Tab. 1: Morphologische Merkmale der untersuchten Amaranthaceen-Spezies
Arthraerua Calicorema Leucosphaera leubnitziae capitata squarrosa bainesii Wuchs Form Halbstrauch Halbstrauch Halbstrauch Halbstrauch Verzweigung gabelig stark sparrig sparrig-aufrecht reich abstehend Behaarung der Sprosse kahl filzig-verkahlend filzig-verkahlend weißfilzig-verkahlend Blätter Stellung gegenständig wechselständig wechselständig wechsel-/gegenständig Form lineal-lanzettlich linealisch elliptisch eiförmig-lanzettlich Größe (mm) 1-2 x 5-10 1,5-2 x 15-25 4-8 x 5-12 4-10 x 5-20 Behaarung kahl verkahlend verkahlend dicht seidenhaarig Blüten Stellung endständig end-/seitenständig endständig end-/seitenständig Blütenstände ährig kopfig kurz zylindrisch kopfig reichblütig wenigblütig reichblütig reichblütig Anzahl der Blüten in einzeln, klein einzeln einzeln 1-2 zwittrig den Tragblättern zwittrig zwittrig zwittrig 1-2 reduziert, steril Blütenhülle außen lang seidig lang seidig lang seidig federig seidenhaarig Pseudostaminodien gestutzt sehr kurz 2/3 Filamentlänge fehlen Griffel fädlich lang lang verlängert Narbe kopfig kopfig kopfig abgestutzt
Bei der Vermessung der Probepflanzen wurden die Höhe der Gesamtpflanze und des Haupt- sprosses (soweit möglich), die Höhe der Verzweigung ab Basis des Hauptsprosses und die von der Pflanze bedeckte Bodenoberfläche festgehalten. Eine exakte Aussage über Anzahl und Länge der Seitensprosse war nur bei Arthraerua möglich, da diese Pflanze als Sulfat- halophyt (WALTER 1984) nicht beweidet wird. Die Büsche der beiden anderen Gattungen sind für Wildtiere wichtige Futtersträucher während Dürreperioden (DINTER 1909, CRAVEN & MARAIS 1993, BURKE 2004) und zeigten regelmäßig Anzeichen von Wildverbiss. Der Name "perdebossie" in Afrikaans für Leucosphaera bainesii weist auf eine Beweidung durch Pferde hin (VAN ROOYEN 2001).
Das Erscheinungsbild der Sprosse der einzelnen Arten zeigt Abbildung 11: 28 4 Ergebnisse ______
1
2
3
4
Abb. 11: Beblätterte Kurztriebe (Seitensprosse) mit Blüten- bzw. Fruchtmerkmalen der vier untersuchten Arten der Amaranthaceae, Arthraerua leubnitziae (1), Calicorema capitata (2) und Calicorema squarrosa (3) sowie Leucosphaera bainesii (4). Auffällig sind die äußeren Blütenhüllen, die bei den Gattungen Arthraerua und Calicorema lang seidig und bei Leuco- sphaera federig behaart sind. 4 Ergebnisse 29 ______
Von der Beweidung sind sowohl die älteren, bereits verkahlenden Triebe als auch junge, noch nicht vollständig entwickelte Sprosse betroffen. Letztere werden immer wieder mitsamt Sprossspitzen und beginnendem Blüten- und Blattaustrieb abgeweidet. Der auf Grund von Beweidung erfolgte Verbiss von Arten ist in den ariden Gebieten Namibias durchaus von Bedeutung und hat im Zuge von Vegetationsaufnahmen für Charakterarten dazu geführt, eine Einteilung der Arten nach Verbissgrad und Akzeptanz vorzunehmen (WOLKENHAUER 2003). Hinweise zu Blatt-, Blüten- und Fruchtbildung ergänzen die Daten der Einzelpflanzen:
Tab. 2: Messgrößen ausgewählter Einzelpflanzen
Höhe (m) Länge Breite Fläche Blätter Blüten Früchte Gesamthöhe Hauptspross Seitensprosse (m) (m) (m²) 1) 2) Arthraerua leubnitziae Al 01 0,70 abgestorben 0,10 - 0,85 1,85 1,35 2,50 keine Bl M nein Al 02 0,61 0,59 0,10 - 0,55 1,20 1,00 1,20 BA Bl M ja Al 03 0,42 0,16 0,07 - 0,42 0,30 0,30 0,09 BE Bl M ja Calicorema capitata Cc 01 0,80 basal verzweigt 2,20 1,90 4,18 keine Bl A nein Cc 02 0,55 basal verzweigt 1,35 1,10 1,49 keine Bl A nein Cc 03 0,40 basal verzweigt 1,30 1,15 1,50 keine Bl A nein Cc 04 0,90 basal verzweigt 3,40 2,20 7,48 keine Bl A - Bl M nein Cc 05 1,00 basal verzweigt 2,35 2,20 5,17 BA Bl M ja Cc 06 0,56 0,56 1,20 1,15 1,38 BM Bl A - Bl M nein Cc 07 0,40 0,40 1,28 1,02 1,31 BM Bl M ja Cc 08 0,75 basal verzweigt 2,10 1,80 3,78 BM Bl M ja Cc 10 0,80 0,95 2,85 1,80 5,13 BM keine nein Cc 11 1,08 basal verzweigt 2,20 2,20 4,84 BA Bl A - Bl M nein Cc 12 0,53 basal verzweigt 0,95 1,10 1,05 BA Bl A nein Cc 13 1,50 basal verzweigt 3,80 3,50 13,30 BA Bl A nein Cc 14 1,20 1,10 2,40 2,5 6,00 BA Bl A nein squarrosa Cs 08 0,40 basal verzweigt 0,75 0,65 0,49 BM - BE Bl E ja Cs 09 0,50 0,50 2,75 1,55 4,26 BM - BE Bl E ja Leucosphaera bainesii Lb 06 0,40 0,40 0,50 0,45 0,23 BM - BE keine ja
1) BA Blattaustrieb BM Blätter vollständig entwickelt BE Blätter bereits vertrocknet oder abgefallen 2) Bl A Blütenaustrieb Bl M Blütenmitte, Vollblüte Bl E Blütenende
Wuchsformen der untersuchten Amaranthaceae Zur Wuchshöhe wurden als Durchschnittswerte ermittelt: Arthraerua leubnitziae 0,58 m, Calicorema capitata 0,75 m, Calicorema squarrosa 0,45 m und Leucospaera bainesii 0,40 m. Neben der Wuchshöhe interessiert die Wuchsform dieser Arten, da die starke Verzweigung ebenso wie andere morphologische Merkmale als Adaptationen an die Standortfaktoren gedeutet werden können. Die Einteilung in akrotonen (Arthraerua und Leucosphaera) und basitonen Wuchs (Calicorema) ist unergiebig, weil die Arten sich individuell ihrer jeweiligen Umgebung anpassen. Arthraerua ist auf den nahezu ebenen, windexponierten Kiesflächen der Zentralen Namib von buschförmigem Wuchs, während sie im Windschutz von Felsblöcken oder zwischen Klüften zunächst unverzweigte Stämme ausbilden kann (Abb. 10.1). Die Ver- 30 4 Ergebnisse ______zweigung der beiden Calicorema-Arten kann ebenfalls keinem Verzweigungstyp zugeordnet werden, da die Pflanzen sich nicht ungestört entwickeln können. Möglicherweise fördert die Beweidung eine sympodiale Verzweigung, aber dies ist nicht klar zu belegen. Beim Versuch, die vier Arten bestimmten Wuchsformen zuzuordnen, wurde zunächst die Einteilung der Pflanzen nach Lebensformen zugrunde gelegt (RAUNKIAER 1934). Mit diesem Konzept lassen sich die untersuchten Arten der Amaranthaceae jedoch nicht einordnen, da sie weder ihre Sprossknospen vorwiegend höher als 50 cm über dem Boden tragen (Phanero- phyten) noch regelmäßig diese unterhalb 50 cm ausbilden (Chamaephyten). Diese klassische Einteilung nach RAUNKIAER erfuhr verschiedene Differenzierungen in Bezug auf die Wuchs- höhe von Chamaephyten (ELLENBERG & MÜLLER-DAMBOIS 1967, 1974). Für das südliche Afrika definierten RUTHERFORD & WESTFALL (1986) Chamaephyten als teilweise verholzte Pflanzen, deren Erneuerungsknospen eine mittlere Höhe von 70 cm besitzen und deren Wuchshöhe 100 cm selten übersteigt. Eine Klassifizierung der Lebensformen arider Gebiete mit hohem Anteil sukkulenter Pflanzen nimmt JÜRGENS (1990) vor.
Eine interessante Betrachtung findet sich bei WALTER & BRECKLE (1984) und KÜPPERS & KÜPPERS (2004) beim Vergleich der Breitenlage Australiens mit der des südlichen Afrika. Anhand der Klimadiagramme meteorologischer Stationen wird dargestellt, dass die Ähnlich- keit der Klimaverhältnisse konvergente Klimatypen ergibt, wobei Westaustralien nicht so extrem trocken ist wie die Namib, da dessen Küste eine dem Benguelasystem entsprechende Meeresströmung fehlt. Die Autoren zitieren BEADLE (1981), auf den eine Klassifizierung nach Lebensformen zurückgeht, wobei hier holzige Arten bis 2 m Wuchshöhe als "Kleinsträucher" geführt werden.
GIESS (1998) hat in seiner Vegetationsgliederung die Bezeichnung "Kurzstrauch" für einen Vegetationstypus der Savanne (vgl. S. 16) verwendet. Die Laubblattbildung erfolgt wie bei manchen Holzgewächsen unserer Breiten an Kurztrieben. Darunter lassen sich auch die kurzen Sprossglieder von Arthraerua und die Seitentriebe beider Calicorema-Arten verstehen (Abb. 11 und 13). Leucosphaera bainesii wird bei DINTER (1909) als 1 – 2 m hoher, halb- holziger Busch beschrieben. Die Definition Halbstrauch für eine Wuchsform, bei der die basalen Teile des Sprosses ausdauernd sind, während die oberen Triebe während Dürre- perioden absterben können, trifft für alle drei Gattungen zu (s. Tab. 1) und erscheint aus- reichend und zweckmäßig, da damit keine Einschränkung durch Absolutwerte impliziert wird.
4.1.2 Wurzel
Das Wurzelsystem von Arthraerua leubnitziae ist bereits untersucht worden (u.a. WALTER 1984, KUTSCHERA et al. 1997 und EBERT 2000). Vor allem KUTSCHERA et al. haben sich in diesem Zusammenhang intensiv mit verschiedenen Sträuchern der Zentralen Namib beschäf- tigt, so dass auf diese Ergebnisse zurückgegriffen werden kann (Abb. 12). Weitere Untersuchungen an Arthraerua zeigten, dass die Pflanze in ca. 30 cm Bodentiefe ein reich verzweigtes Seitenwurzelsystem ausbildet, das in einem Umkreis von 2-3 m den Kies, vor allem aber die Feinsandschichten durchwurzelt (DINTER 2004, LORIS 2004). 4 Ergebnisse 31 ______
Abb. 12: Das weitverzweigte und reich verästelte Wurzelsystem von Arthraerua wurde bei dieser Pflanze frei gel egt, die bei einer Sprosshöhe von 0,32 m eine Durchwurzelungstiefe von 2,44 m erreichte. Die Ausbreitung des Seitenwurzelsystems überbrückte eine Distanz von 10,41 m (verändert nach KUTSCHERA et al. 1997).
Im Rahmen dieser Arbeit wurde bei allen beprobten, älteren Pflanzen der Oberbodens bis auf eine Tiefe von 20 – 30 (40 – 50) cm untersucht. Die Ergebnisse waren vergleichbar mit denen von KUTSCHERA et al. (1997) und LORIS (2004), und zwar nicht nur für Arthraerua, sondern auch für Calicorema capitata. Diese Resultate betreffen nicht nur die Standorte der Zentralen Namib, wo beide Arten gemeinsam vorkommen, sondern auch die übrigen der Transekte 1 und 2. Am Rande der Riviere wurzelten beide Arten auf sehr trockenen Sandböden unter- schiedlicher Körnung. Auf den weiten Ebenen bildeten Grus aus der Granitverwitterung und Kies unterschiedlicher Herkunft den oberen Horizont. Der tiefer liegende Horizont war in vielen Fällen durch Krustenbildung verhärtet oder verfestigt durch bis zu 20 cm mächtige Gipsdecken (Pflanzen Al 01-02 und Cc 01-02 in der Zentralen Namib) oder Kalkablagerungen (ausschließlich Pflanzen von C. capitata wie z.B. Cc 08, Randstufenzone oder Cc 12, Süd- liche Kalahari). Mit zunehmender Höhenlage stand dann Gestein wie rosa Granit, schwarzer Dolerit oder der dunkle Damaraschiefer an, in denen Arthraerua in Klüften und Calicorema capitata am Rande der Erosionsrinnen wurzelten. Bei allen Pflanzen konnte beobachtet werden, dass die Wurzel als elastischer Strang ausgebildet und mehrmals in sich gewunden ist, so dass sie bogig verdickt und mehr oder weniger senkrecht unverzweigt in die ersten Dezimeter der Bodenschichten eindringt. Die Verzweigung der Wurzel zu einem ausgedehn- ten horizontal ausgebreitetem Seitenwurzelsystem setzt erst danach ein und spiegelt die Wasserversorgung der Pflanze im Zuge der Wachstumsperioden wider. Die Wurzeln älterer Pflanzen breiten sich in Etagen übereinander bis zu einer Tiefe von 2 – 3 m weiträumig aus. Die seitliche Ausbreitung übertrifft die des Sprosses um das 15 – 20fache (KUTSCHERA MITTER et al. 1997). Die Wurzeln erschließen auf diese Weise einen großen Bodenraum. Im weitreichenden Wurzelsystem ist die Erklärung dafür zu sehen, dass nicht nur die Arthraerua- Sträucher in der Namib, sondern auch die Calicorema capitata-Büsche in größeren Abständen voneinander wachsen. In den baumlosen Savannen durchwurzeln sie die tieferen Boden- schichten unterhalb der Gräser (z.B. Abb. 8.1) oder lückige Stellen einer lockeren Baum- savanne (z.B. Abb 7.3). 32 4 Ergebnisse ______
Um die Wurzelbildung von Calicorema capitata mit früheren Untersuchungsergebnissen von Arthraerua leubnitziae vergleichen zu können, wurde die Wurzel einer jüngeren Calicorema- Pflanze freigelegt. Im Unterschied zu Arthraerua waren an der mehrfach in sich gewundenen, strangförmigen Pfahlwurzel bei 2, 9 und 11 cm Bodentiefe kurze, vitale Seitenwurzeln vor- handen. Mehrere kräftige, horizontal gerichtete Seitenwurzeln fanden sich bei 44 – 45 cm Tiefe. In 60 cm Tiefe wurde eine feuchte Kalkkrustenschicht erreicht, die weiteres Ausgraben mit dem Spaten verhinderte. Nach dem Wurzeldurchmesser an der Abbruchstelle (Ø = 8 mm) wurde die Wurzellänge auf 120 – 150 cm geschätzt, die Sprosslänge betrug 15 cm (Abb. 13).
Bl →
B →
Abb. 13: Zur Untersuchung des Wurzelwachstums wurde eine jüngere Pflanze von Calicorema capitata mit einer Sprosshöhe von 15 cm freigelegt, die an allen jüngeren Sprossabschnitten blühte (Bl) und Blattaustrieb (B) in Form kleiner, grüner Schuppen zeigte. Bei einer Bodentiefe von ca. 60 cm wurde eine Kalkkrustenschicht erreicht, die ein weiteres Ausgraben mit dem Spaten verhinderte. Die abgerissene Pfahlwurzel von 58 cm Länge hatte bei 2, 9, 11, 44 und 45 cm Seitenwurzeln. 4 Ergebnisse 33 ______
Die Wurzeln von Calicorema squarrosa und Leucosphaera bainesii konnten – bedingt durch die felsigen Standorte – nicht in gleicher Weise untersucht werden. Von beiden Arten wurden Bodenproben der obersten Bodenschichten entnommen und die Ergebnisse mit denen von Arthraerua leubnitziae und Calicorema capitata verglichen:
Tab. 3: Die wichtigsten Werte aus den bodenkundlichen Geländeaufnahmen
Boden pH-Wert Kalkgehalt akt. Feuchte
Art Farbe Tiefe CaCl 2 H2Oc in % pF Arthraerua leubnitziae Al 01 S 10 YR 4/6 20 cm 1 5,7 5,8 4 10% 4 trocken Al 02 Su 10 YR 4/6 20 cm 3 5,8 6,1 4 15% 4 trocken Al 03 Su 10 YR 4/4 20 cm 3 5,8 6,2 4 20% 4 trocken Calicorema capitata Cc 01 Su 10 YR 5/6 30 cm 1 5,7 5,8 3 10% 4 trocken Cc 02 Su 7,5 YR 4/6 20 cm 2 5,9 6,2 3 15% 5 dürr Cc 03 Sl 7,5 YR 4/4 20 cm 3 5,9 6,2 4 20% 4 trocken Cc 04 Su 10 YR 4/6 20 cm 3 6,2 6,5 3 10% 4 trocken Cc 05 Sl 10 YR 4/6 30 cm 2 6,2 7,0 4 25% 5 dürr Cc 06 Sl 30 cm 1 5,9 7,0 5 30% 5 (4) trocken Cc 07 15 cm 2 6,0 6,2 2 0,5 - 2% 5 (4) trocken Cc 08 20 cm 2 5,9 6,5 5 10% 5 dürr Cc 10 40 cm 1 5,9 6,2 0 0% 4 trocken Cc 11 20 cm 3 6,0 6,7 4 25% 5 dürr Cc 12 Ls (2-3) 20 cm 2 6,2 4 15% 3 frisch Cc 13 Sl 20 cm 2 5,9 2 1% 4 trocken Cc 14 Sl 30 cm 1 7,0 5 25% 4 trocken squarrosa Cs 08 Ls (2-3) 20 cm 3 6,0 0 0% 4 trocken Cs 09 20 cm 1 5,9 6,0 3 15% 4 trocken Leucosphaera bainesii Lb 06 10 cm 2 5,9 6,0 2 0,5 - 2% 5 (4) trocken
Zusätzliche Angaben zum Kies- und Steingehalt (ohne Schätzung in vol.%): 1 Sand und Kies 2 Grober Kies und Steine 3 Große Steine und Gestein
Wasserverfügbarkeit der Böden Grundwasser steht als salinisches Grundwasser küstenparallel an und reicht fast überall bis an den Rand der B Inneren → Namib (CRISTELIS & STRUCKMEIER 2001). Alle im Rahmen dieser Arbeit untersuchten Standorte von Arthraerua leubnitziae liegen im Bereich des salinischen Grundwassers, an das die Pflanze durch das mehrere Meter tief reichende Wurzelsystem herankommen kann. Möglicherweise dient die Wurzel als Wasserspeicher (LORIS 2004). Das Verbreitungsareal von Arthraerua ist die küstennahe Nebelzone der Namib, in der die Pflanze nicht nur endemisch, sondern auch dominant ist. Dies führte zu der Hypothese, dass Arthrae- rua den Nebel als zusätzliche Wasserressource nutzt (LORIS 2004). Durch Nebel erfolgt der 34 4 Ergebnisse ______
Sulfateintrag vom Meer (BESLER 1972, GRÜNERT 2003) und führt zu oberflächennahen Gips- böden, an welche die semisukkulente Arthraerua als einzige Amaranthaceae angepasst ist (COURT 2000). Da Arthraerua nach Osten zu von Calicorema capitata abgelöst wird, sollten Bodenproben über die Wachstumsbedingungen und den Wasserhaushalt von Calicorema Anhaltspunkte geben (Tab. 3). Die Probepflanzen von Arthraerua Al 01-03 und C. capitata Cc 01-03 wach- sen auf gleichen Standorten des Transektes 1. Es überrascht daher nicht, dass pH-Wert und Kalkgehalt des Oberbodens identische Werte aufweisen. Bodenfarbe und Bodenart differieren geringfügig. Während bei Arthraerua alle pH-Werte im Bereich mittlerer Acidität liegen, ist bei Calicorema im Transekt 1 ein Anstieg in den neutralen Bereich festzustellen (Abb. 14):
pH Abb. 14: Der Anstieg der pH-Werte des Ober- Transekt 1 m NN bodens verläuft parallel mit dem Anstieg der 7,5 1200 Namib von Westen nach Osten. Während die ersten drei Standorte des Transektes 1 in der 1000 Äußeren Zentralen Namib liegen, in der es zu 7,0 einer Überlappung der Verbreitungsareale von 800 Calicorema capitata und Arthraerua kommt, ist auf den weiteren Standorten landeinwärts 6,5 600 nur noch Calicorema vertreten. Die ansteigen-
400 den pH-Werte lassen auf eine zunehmende 6,0 Karbonatisierung im Oberboden schließen. 200 Für den Standort 5 konnte eine massive Kalk- 5,5 0 kruste in 60 cm Tiefe nachgewiesen werden Cc 01 Cc 02 Cc 03 Cc 04 Cc 05 Cc 06 (S. 32-33, Abb. 13, Tab. 3).
Am Standort 3 (Probepflanzen Al 03 und Cc 03) sind die Ostgrenze der Nebelzone und die der Verbreitung von Arthraerua erreicht. Die Gipskrusten gehen in Konglomeratdecken mit zunehmendem Karbonatanteil über, so dass auf den Flächen Graswuchs auftritt und der Wechsel der Böden augenfällig wird. Die Grenze des Graswuchses läßt sich aber nicht für eine Gliederung der Wüste nach der Methode der Grenzlinienscharung heranziehen, da die grasbestandenen Areale im Grenzbereich je nach den lokalen Niederschlagsverhältnissen von Jahr zu Jahr variieren (BESLER 1972). Kann sich nach Osten zu eine mehr oder weniger geschlossene Grasschicht bilden – das ist bei mindestens 50 mm Niederschlag/Jahr der Fall –, hat sich der Wechsel zur Savanne voll- zogen, in der die Holzpflanzen mit den Gräsern im Wettbewerb um die Wasserreserven des Bodens liegen. Wie bereits dargestellt, kann das extensive Wurzelsystem von Calicorema capitata vor allem in steinigem Boden, der nicht viel Feinerde enthält, einen großen Boden- raum durchwurzeln und in tieferen Schichten – wenn oftmals nur geringe – Wassermengen nutzen. Die oberste Bodenschicht (– 40 cm) bestand bei allen Pflanzen von Calicorema aus Sanden verschiedener Körnung, durch die das Wasser nach Regenfällen versickert und als Haftwasser genutzt werden kann. Der Kalkgehalt betrug durchschnittlich ca. 25 % und 4 Ergebnisse 35 ______deutete auf kompakte Kalkkrusten in der Tiefe hin, oberhalb derer sich Sickerwasser auf- stauen kann, an das die Pflanzen mit ihren Pfahlwurzeln herankommen können. Kalkkrusten sind weit verbreitet (GOUDIE 1972, EITEL 1993) und als Stauhorizonte für die Wasserver- sorgung von Pflanzen mit tief reichenden Wurzeln existenziell wichtig (Loris 2004). Die oberen Bodenschichten der Probepflanzen Cc 07 (Tirool) und Cc 10 (Garub, Abb. 8.1) waren karbonatarm bzw. –frei (c = 2 bzw. c = 0), d.h. es ist vermutlich keine Kalkkrustenschicht und infolgedessen auch kein Stauwasser in der Tiefe vorhanden. Bei den Standorten handelte es sich um Graslandschaften ohne weitere Holzpflanzen, d.h. die geringen Wasserreserven unterhalb des Wurzelbereichs der Gräser sind für Calicorema durch extensives Durchwurzeln des Bodenraums nutzbar und ausreichend, während andere Pflanzen mit einem möglichen höheren Wasserbedarf nicht existieren könnten. Das stattlichste und offensichtlich vitalste Exemplar von Calicorema capitata (Cc 13 Ai-Ais) stand an der Kante einer Fließrinne, die zur Zeit der Probenahme bis in eine Tiefe von 50 cm mit Sand bedeckt war, der einen Kalk- gehalt von nur 1 % aufwies. Hier ist zu vermuten, dass in dieser breit angelegten Rinne als Nebenarm des Fish River periodisch Oberflächenwasser fließt und ganzjährig ein Grund- wasserstrom vorhanden ist. Diese Pflanze ist offenbar gut mit Wasser versorgt und kann sich – bedingt durch das canyonartige Relief des Fish River – ohne Verbiss durch Weidetiere ungestört entwickeln (Abb. 8.3). Die Standorte von Calicorema squarrosa liegen im Süden Namibias in der Umgebung von Aus mit einer durchschnittlichen Höhenlage um 1500 m NN. Die Pflanzen stehen am Fuße von Inselbergen und zwischen größeren Felsen (outcrops). Unter einer Decke aus Gesteins- partikeln fand sich in 20 cm Tiefe eine Schicht aus sandigem Lehm, der sowohl Regenwasser als auch das abfließende Hangwasser der Gesteinsrücken über eine längere Zeit, eventuell bis zum nächsten Regen, aufzustauen vermag (Cs 08 am Fuß von Granitfelsen, Abb. 10.3). Die Untersuchung des zweiten Standortes der C. squarrosa (Cs 09 Kubub) lieferte ein ähnliches Ergebnis. Aus liegt am Rand des Winterregengebietes und kann bedingt durch die gebirgige Lage theoretisch Regen zu allen Jahreszeiten erhalten. Felsstandorte sind in ariden Gebieten günstige Standorte, denn an der Gesteinsoberfläche laufen Niederschläge und kondensierende Nebel ab. Das Wasser sickert in die Spalten ein und bleibt in diesen geschützt. Solche Spal- ten, Sand- und Schuttanhäufungen am Fuße von Felsflächen sind verhältnismäßig feuchte Spezialstandorte (WALTER 1984). Bedingt durch diese besondere Art der Wasserversorgung gehört Calicorema squarrosa eventuell nicht zu dem Strategietyp der Phreatophyten, wie z.B. für Arthraerua angegeben (JÜRGENS 2004a). Unterschiede liegen u.a. im Zeitpunkt der Blatt- und Blütenbildung. Während Calicorema capitata und Arthraerua zu Frühjahrsbeginn (September) regelmäßig und damit unabhängig von Regenfällen zu blühen beginnen und ihre kleinen, bald hinfälligen Blätter austreiben, erfolgen Blüten- und Blattbildung bei Calicorema squarrosa im Hochsommer (ab Januar). Die Blätter bleiben bis über die Fruchtbildung hinaus mehrere Monate lang photosynthetisch aktiv (Abb. 11.3). Über den Wasserhaushalt von Leucosphaera bainesii lässt sich auf Grund der geringen Probenahme wenig aussagen. Da diese Art auf ähnlichen Standorten wie Calicorema capitata anzutreffen ist, sind die Rahmenbedingungen der Grundwassernutzung vergleichbar. 36 4 Ergebnisse ______
4.2 Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen
4.2.1 Anatomie der Sprossachsen und Trichombesatz
Calicorema capitata Im Umriss zeigen die Sprossachsen von Calicorema capitata eine Gliederung in Erhebungen und Einsenkungen, deren Anzahl zwischen 30 und 50 variiert. Die Sprosse sind behaart. Die Behaarung ist am Rande der Einsenkungen dichter, so dass die Trichome die Einsenkungen nahezu vollständig bedecken. Die Trichombedeckung scheint klimatisch bedingt. In der An- zahl der Trichome zeigt sich eine Zunahme von der Zentralen Namib zum Namibrand, die gemäß Auszählung bei ca. 30% liegt, und eine weitere Zunahme nach Süden zu. Die Pflanzen bei Ai-Ais in Südnamibia wiesen die stärkste Behaarung aller Probepflanzen auf (Abb. 15).
1 2
3 4
Abb. 15: Äußere Sprosse von Calicorema capitata als Querschnitte und in Aufsicht von einer Pflanze der Rand- stufenzone (1,2) und einer aus dem Süden Namibias (3,4). Die Pflanze aus dem Süden ist dichter behaart (4). 4 Ergebnisse 37 ______
An die Epidermis schließt sich unterhalb der Aufwölbungen bzw. zwischen den Eintiefungen ein mehrreihiges Kollenchym an. Darauf folgt das Chlorenchym, dessen Zellen präparations- bedingt kollabiert sind. Ein aus mehreren Zellreihen bestehendes Sklerenchym umschließt ringförmig den Zentralzylinder. Die kollateral aufgebauten Leitbündel sind unterschiedlich groß und unregelmäßig ringförmig angeordnet. Dazwischen befindet sich parenchymatisches Gewebe (Abb. 16.1). Bei Pflanzen von Calicorema capitata aus der Zentralen Namib (Transekt 1, Standorte 1-3) sind Calciumoxalatkristalle zu sehen. Es sind Drusen von einer ungewöhnlichen Größe, die überwiegend im Kollenchym und vereinzelt im Chlorenchym zu finden sind. Die Drusen messen durchschnittlich 110 – 130 µm, einzelne können einen Durchmesser bis zu 150 µm erreichen (Abb. 16).
1 2
Abb. 16: Auf Sprossquerschnitten von Calicorema capitata aus der Zentralen Namib sind im Kollenchym C alciumoxalatkristalle zu sehen. Es sind ungewöhnlich große Drusen mit Durchmessern von 110 – 130 µm (1). Einzelne Drusen können Durchmesser bis zu 150 µm erreichen (2).
Bei den übrigen Standorten in der Namib (Transekt 1, Standorte 4-6) konnten keine Oxalat- drusen festgestellt werden. Von den Pflanzen der anderen Standorte außerhalb der Namib wiesen nur noch die äußeren Sprosse von Calicorema capitata bei Duwisib (Transekt 2) Drusen von geringerer Größe auf, die Durchmesser von maximal 115 µm erreichten. Äußere Sprosse von Calicorema capitata sind nahezu lückenlos mit mehrzelligen, verzweig- ten Trichomen bedeckt, die sich nur näherungsweise einem bestimmten Haartyp zuordnen lassen. Sie weisen einen höheren Verzweigungsgrad auf als z.B. die Gabel- oder Spindelhaare der Brassicaceen bzw. die Hirschgeweihhaare vom Matthiola-Typ. Die Verzweigungen sind länger und ausgeprägter als bei den Kandelaberhaaren, die für die Amaranthaceen-Gattungen Aerva, Alternanthera, Telanthera und Tidestromia angegeben werden (SOLEREDER 1899, METCALFE & CHALK 1950). 38 4 Ergebnisse ______
Am ehesten lassen sich die Trichome den Etagenhaaren vom Platanus-Typ (ESAU 1969) oder vom Verbascum-Typ s.l. (LEISTNER & BRECKLE 2000) zuordnen (Abb. 17).
Während beim Etagensternhaar jede "Etage" aus einer Stiel- zelle besteht, über die sich die eingliedrigen Verzweigungen sternförmig ausbreiten, fehlt diese bei Calicorema capitata. Die "Etagen" folgen unmittelbar aufeinander (Abb. 18.1), die Ansatzstellen sind flächig vergrößert (Abb. 18.2). Anzahl und Größe der alternierend übereinander stehenden "Etagen" Abb. 17: Etagenhaar (verändert sowie Form und Ausgestaltung sind sehr variabel. nach LEISTNER & BRECKLE 2000).
1 2
3 4
↑
↑
Abb. 18: REM-Aufnahmen von Calicorema capitata zeigen im Querschnitt und in Aufsicht die mehrzelligen, verzweigten Trichome (1-4), deren Fußzellen mit Wach skristallen bedeckt sind (3,4). An den Schnittflächen ist Intracuticularwachs auskristallisiert (3). 4 Ergebnisse 39 ______
Die Fußzelle ist größer als die benachbarten Epidermiszellen und mit Wachskristallen bedeckt (Abb. 18.3). Das obere Endes des Haarfußes ist erkennbar, entweder durch eine angedeutete Kante (Abb. 18.4) oder durch eine wulstförmige Ausgestaltung (Abb. 19.1). Ähnliches war auch bei Trichomen der Blätter von Gomphrena arborescens, Amaranthaceae beobachtet worden (FANK-DE-CARVALHO & GRACIANO-RIBEIRO 2005). Es scheint sich um eine vorge- formte Abbruchstelle zu handeln, an der z.B. bei Windbelastung oder Trockenstress das Haar abbricht. Als totes Haar kann es auf der Oberfläche liegend noch eine gewisse Schutzfunktion erfüllen (Abb. 19.2). Die Abbruchstelle wird vom Rande her mit Wachs verschlossen (Abb. 19.4).
1 2
↑
3 4 →
→ → →
Abb. 19: Trichome von Calicorema capitata können an einer präformierten Stelle am Haarfuß abbrechen (1). Das abgebrochene Haar bleibt zunächst auf der Oberfläche liegen (2). Äußere Sprosse der Pflanzen des Transek- t es 2 (4, Randstufenzone) sind dicht mit Trichomen bedeckt, die besonders reich und lang verzweigt sind (3). Sie können nicht nur an der Fußzelle abbrechen, sondern auch "etagenweise" (4). Die Abbruchstellen werden offen- bar mit Wachs verschlossen, der zeitliche Ablauf erfolgt in einzelnen Phasen (4). 40 4 Ergebnisse ______
Die Oberflächen der Trichome zeigen eine ausgeprägte Struktur in Form parallel in Längs- richtung verlaufener feiner Leisten (Abb. 20.2).
1 2
Abb. 20: Die äußeren Sprosse von Calicorema capitata aus der Umgebung von Aus haben eine relativ lückige B ehaarung mit Trichomen von vergleichsweise geringerer "Etagenzahl" und kürzeren Verzweigungen (1). Die strukturierte Oberfläche der einzelnen Haarzellen begründet eine Mikrorauhigkeit, so dass kaum größere Haft- punkt e für Partikel entstehen (2).
Calicorema squarrosa
Im Umriss zeigen die äußeren Sprossachsen von Calicorema squarrosa gleichfalls eine Ausprägung in Erhebungen und Einsenkungen, deren Anzahl durchschnittlich 20 beträgt. Die Sprosse sind von einer bemerkenswert umfangreichen Trichomschicht bedeckt. Die Be- haarung ist so dicht, dass in der Aufsicht von der strukturierten Oberfläche wenig zu sehen ist. Die Gliederung in Rippen und Furchen darunter tritt erst bei stärkerer Vergrößerung hervor (Abb. 21). An die Epidermis schließt sich unterhalb der Rippen bzw. zwischen den Furchen ein mehrreihiges Kollenchym an. Darauf folgt das Chlorenchym, dessen Zellen präparations- bedingt kollabiert sind. Ein aus mehreren Zellreihen bestehendes Sklerenchym umschließt nahezu den Zentralzylinder. Der nicht ganz geschlossene Sklerenchymring besteht aus mehreren, schwach bogenförmigen Abschnitten, zwischen diesen ist ein Parenchym aus- gebildet. Die kollateral aufgebauten Leitbündel sind zentral angeordnet und unterschiedlich groß. Dazwischen befinden sich große Parenchymzellen mit der möglichen Funktion der Wasserspeicherung (Abb. 21.1). Calciumoxalatkristalle sind nicht vorhanden.
4 Ergebnisse 41 ______
1 2
Abb. 21: Äußere Sprosse von Calicorema squarrosa sind von einer bemerkenswert umfangreichen Trichom- schicht bedeckt (1). Die Gliederung in Rippen und Furchen tritt erst bei stärkerer Vergrößerung hervor (2).
Die mehrzelligen, unverzweigten Trichome von C. squarrosa sind bandförmig abgeflacht. Die Zellen sind kollabiert und bedecken als tote Zellen vielfach abgeknickt, mehrfach gefaltet, verdreht und ohne sichtbares Ordnungsprinzip
wirr die Pflanzenoberflächen mit den Furchen, so dass lufterfüllte Mikroräume entstehen (Abb. 21.2 und Abb. 22). Durch die Fältelung wird eine gewisse Rauhigkeit der Haaroberfläche erreicht, eine aus- geprägte Strukturierung ist nicht
vorhanden. Als weiterer Haartyp finden sich vereinzelte Papillen am Abb. 22: Äußere Sprossachsen von Calicorema squarrosa s ind dicht mit Trichomen bedeckt, so dass in der Aufsicht die Grunde der Furchen, meist in der Gliederung der Sprossoberfläche nicht sichtbar ist. Nähe der Stomata (Abb. 30.2).
42 4 Ergebnisse ______
Arthraerua leubnitziae
Im Umriss zeigen die Sprossachsen von Arthraerua leubnitziae eine Gliederung in Rippen und Rillen, deren Anzahl zwischen 20 und 40 variiert. Die Abstände von Rille zu Rille sind unterschiedlich groß. Individuell in Form und Größe sind auch die im Querschnitt sichtbaren birnenförmigen Ausbuchtungen am Grunde der Rillen (Abb. 23.1). In der Aufsicht ist Arthraerua kahl (Abb. 23.2). Die Trichome finden sich in Form von Papillen innerhalb der Rillen und füllen diese z.T. nahezu aus (Abb. 23.4 und Abb. 24).
1 2
K S ↓ ↓
3 4
Abb. 23: Sprossachsen von Arthraerua leubnitziae zeigen im Querschnitt (1) und in Aufsicht (2) die ausgepräg- te Oberflächenstruktur in Rippen und Rillen. In den Rippen ist ein mehrreihiges Kollenchym (K) ausgebildet. Di e Zellen des nach innen sich anschließenden Chlorenchyms sind präparationsbedingt kollabiert. Sklerenchym- faserbündel (S) im Parenchym umschließen nahezu ringförmig den Zentralzylinder mit einigen zentral angeord- neten Leitbündeln. Calciumoxalatdrusen sind überwiegend im Kollenchym (3), seltener auch im Chlorenchym zu finden (4). 4 Ergebnisse 43 ______
Auf die Epidermis folgt nach innen zu ein mehrreihiges Kollenchym, das die Rippen ausfüllt und bis an den Grund der Rillen reicht (Abb. 23.1). Es schließt sich das Chlorenchym an, das aus 3 – 4 Schichten übereinander stehender Palisadenzellen besteht (ZEMKE 1939). Die Zellen sind bereits kollabiert. In das darauffolgende parenchymatische Gewebe sind Sklerenchym- faserbündel nahezu ringförmig integriert, die aus 2 – 5 Sklerenchymfasern bestehen (DINTER 2004). Die einzelnen Fasern sind relativ kurz und dünn (CARLQUIST 2003). Im Parenchym befinden sich zwischen den Sklerenchymfaserbündeln und weiter nach innen zu kleinere Leitbündel, die ebenfalls in einem offenen Ring angeordnet sind, während einige wenige – meist zwei bis vier große Leitbündel – weiter nach innen verteilt sind. Diese für Amarantha- ceae typische anormale Verteilung der Leitbündel im Zentralzylinder wurde für Arthraerua bereits früher untersucht (DINTER 2004). Calciumoxalatkristalle sind vorwiegend im Kollenchym, aber auch im Chlorenchym und seltener im Parenchym des Zentralzylinders vorhanden. Es sind Drusen von einer mittleren Größe um 100 µm (Abb. 23.3 und 23.4). Die Oxalatdrusen des Chlorenchyms sind z.T. etwas kleiner und weniger zahlreich als die im kollenchymatischen Gewebe.
Die Trichome sind bei Athraerua leubnitziae in den Rillen und in diesen vermehrt am Grunde der birnenförmigen Ausbuchtungen als
ein- bis mehrzellige Papillen vor-
handen. Sie wölben sich in die Ril-
len vor und greifen dabei zahnartig
ineinander. Durch diese vorsprin-
genden Papillen wird ein gewisser
Abschluss der Rillen von der Au-
ßenwelt erreicht (Abb. 24).
A bb. 24: Die Rillen der Sprosse von Arthraerua leubnitziae sind mit mehrzelligen Papillen ausgekleidet. Sie finden sich gehäuft am erweiterten Grund der Rillen in der Nähe der Stomata.
44 4 Ergebnisse ______
Leucosphaera bainesii
Im Umriss zeigen die äußeren Sprossachsen von Leucosphaera bainesii eine Gliederung in Rücken und weite Senken, deren Anzahl durchschnittlich unter 20 liegt. An die Epidermis schließt sich in diesen Rücken ein mehrreihiges Kollenchym an. Darauf folgt nach innen das Chlorenchym, die Zellen sind präparationsbedingt kollabiert. Ein vielschichtiges Sklerenchym umschließt den Zentralzylinder mit den kollateral aufgebauten, verschieden großen Leit- bündeln. Dazwischen befindet sich parenchymatisches Gewebe mit wenigen kleinen Calcium- oxalatdrusen. Die Trichome sind in Hakenspitzen auslaufende Feilenhaare (Abb. 25).
1 2
S ↓ K ↓
3 4
Abb. 25: Trichome bedecken die äußeren Sprosse von Leucosphaera bainesii, so dass die ausgeprägte Struktur in Rücken und Senken erst im Sprossquerschnitt (1) bzw. im Ausschnitt zu sehen ist (2). Auf die Epidermis folgen nach innen ein mehrreihiges Kollenchym (K), die Zellen des Chlorenchyms (präparationsbedingt kolla- biert) und ein vielreihiger Sklerenchymring (S), der den Zentralzylinder umschließt. Die Trichome sind in Hakenspitzen auslaufende Feilenhaare, welche die Senken vollständig ausfüllen (3, in Aufsicht). Kleine Häk- chen erhöhen die Mikrorauhigkeit der strukturierten Haaroberfläche (4). 4 Ergebnisse 45 ______
4.2.2 Epidermis und Stomata
Die untersuchten Arten Calicorema capitata und C. squarrosa sowie Arthraerua leubnitziae und Leucosphaera bainesii zeigen einheitlich eine bewachste Epidermis, deren Zellen durch die Cuticularauflagen stark verdickt sind und besonders in der Außenperikline Wandstärken über 10 µm haben können. Wie im Schema dargestellt (Abb. 26), reichen die Cuticularschich- ten bis in die Seitenwände hinein und verstärken diese in erheblichem Maße (Abb. 27 – 29).
Abb. 26: Die generalisierte Übersicht zeigt den Aufbau der Cuticula bzw. der Außenperikline. Unter dem Epicuticular- wachs (EW), das hierbei als Film darge- stellt ist, befindet sich die Cuticula im engeren Sinne (CP). Die darunter liegen-
den Cuticularchichten (CL) bilden mit
dieser die Cuticula im weitesten Sinne, in die Wachse inkrustiert sind (IW). Nach innen schließen sich cutinfreie Sekundär- wandschichten (CW) an. (verändert nach JETTER et al. 2000).
Die Stomata befinden sich ausschließlich am Grunde der Vertiefungen bzw. Einstülpungen der Epidermis und sind in diese eingesenkt (Abb. 27 – 29).
1 2
EW ↓ EW ↑ ↑ ↑ ↑ ↑ IW S IW IW S
↑ S
Abb. 27: Dickwandige, stark cutinisierte Epidermis von Calicorema capitata. Die Wandverstärkungen betreffen nicht nur die Außenperiklinen, sondern auch in geringerer Ausprägung die Seitenperiklinen. Am Grunde trich- t erförmiger Einsenkungen befinden sich die Stomata (S). Nachbarzellen greifen z.T. unter die Schließzellen (1). Epicuticularwachse bedecken die Cuticula und füllen den epistomatären Raum (EW). Auf den Schnittflächen kristallisieren Intracuticularwachse aus (IW). 46 4 Ergebnisse ______
Calicorema capitata hat am Grunde jeder trichterförmigen Vertiefung jeweils nur eine Spalt- öffnung (Abb. 31). Die Cuticula auf den Schließzellen ist relativ dünn und mit Epicuticular- wachs bedeckt, das auch den epistomatären Raum ausfüllt (Abb. 27). Nebenzellen sind nicht vorhanden, die Nachbarzellen greifen z.T. unter die Schließzellen. (Abb. 27.1). Calicorema squarrosa hat eine Epidermis mit einer besonders auf den Erhebungen (Rücken) verstärkten Cuticula (Abb. 28.1), die in den Senken dünner ausgebildet ist. In diesen befinden sich Stomata von nahezu gleicher Größe wie diejenigen von Calicorema capitata (Abb. 27).
1 2
↑ IW
EW
↑ ↑ IW ↑ ↑ ↑ S S K S
Abb. 28: Dickwandige, stark cutinisierte Epidermis-Außenwand von Calicorema squarrosa mit Stomata (S) in d en Senken. Unter der Epidermis der Rücken fällt das Kollenchym (K) auf (1). Epicuticularwachse bedecken die Cu ticula einschließlich der Stomata, Intracuticularwachse (IW) sind an den Schnittflächen auskristallisiert (2).
Arthraerua leubnitziae zeigt bezüglich Epidermis und Stomata keine wesentlichen Unter- schiede zu den Calicorema-Spezies (Abb. 29):
← → Abb. 29: Arthraerua leubnitziae mit ebenfalls stark P→ verdickter Außenperikline und verstärkten Seitenperi- klinen. Vorwölbungen der Epidermiszellen bzw. die Papillen der Rillen (P) sind gleichermaßen cutinisiert, wobei die Dicke der Cuticula zum Grund der Rillen kontinuierlich abnimmt und im Bereich der Stomata nur noch eine dünne Auflage bildet. Die Epidermis- zellen am Grunde der birnenförmigen Ausbuchtungen P→ der Rillen sind kleiner als die der Rippen. In diese sind die Stomata eingesenkt. Ihre Anzahl ist gering. Zwei oder mehr Stomata auf einem Querschnitt bil- den daher die Ausnahme.
P→ 4 Ergebnisse 47 ______
4.2.3 Wachse
Epicuticularwachse Die Epicuticularwachse von Leucosphaera bainesii überziehen als Wachsfilm ohne ausge- prägte Strukturen die gewellte Cuticula (Abb. 30.1).
1 2 P ↓
↑ S
Abb. 30: Die Epicuticularwachse von Leucosphaera bainesii bedecken als Wachsfilm ohne ausgeprägte Struk- turen die gewellte Cuticula (1). Die Epicuticularwachse von Calicorema squarrosa sind kleine Schuppen, die sich aus einem Wachsfilm erheben, der die Cuticula bis in die Einsenkungen mit Papillen (P) und Stomata (S) überzieht (2). Die Schließzellen sind ebenfalls mit Wachskristallen bedeckt.
Die Epicuticularwachse von Calicorema squarrosa sind kleine Schuppen mit einer maxima- len Länge von 1 µm bei einer Dicke von höchstens 0,4 µm, die zunächst als unregelmäßige Partikel erscheinen, die in der Literatur z.B. als "Körnchen" beschrieben wurden (BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981). Sie gehören zu den einfachen, flächigen Wachskristallen, welche an ihrer Schmalseite mit dem der Cuticula aufliegenden Wachsfilm verhaftet sind und die nach der Ausprägung ihrer Kanten und Ränder weiter differenziert werden. Bei C. squarrosa ist die ganze Oberfläche mit Epicuticularwachs bedeckt, einschließlich der Eintiefungen der Epider- mis mit den eingesenkten Stomata und den Papillen (Abb. 30.2). Wachsplättchen sind in allen großen Pflanzengruppen zu finden und variieren beträchtlich in Form, chemischer Zusammensetzung und Verbreitungsmuster (BARTHLOTT et al. 2003, BARGEL et al. 2006). Sehr dünne Kristalle von oft fadenförmiger Verlängerung, die in spitzem Winkel mit der Oberfläche und normalerweise untereinander verbunden sind, werden als membranöse Plättchen bezeichnet (BARTHLOTT et al. 1998). Zu dieser letztgenannten Gruppe gehören die Epicuticularwachse von Calicorema capitata und Arthraerua leubnitziae.
48 4 Ergebnisse ______
1 2
3 4
Abb. 31: Epicuticularwachse in Form membranöser Plättchen bedecken die Sprossoberflächen von Calicorema capitata. Stomata befinden sich am Grunde verschieden tiefer, trichterförmiger Einstülpungen der Epidermis und sind nur bei geringer Tiefe dieser Trichter sichtbar (2 und 4). Zumeist sind diese Öffnungen unter Trichomen verborgen und mit Wachskristallen angefüllt (1).
Die Epicuticularwachse von Calicorema capitata bedecken die gesamte Sprossoberfläche (vgl. Abb. 18, 19 und 20). Im Randbereich der trichterförmigen Einsenkungen und in diesen selbst weisen die Wachskristalle eine höhere Dichte auf (Abb. 31). Wie auch bei BARTHLOTT et al. (1998) vermerkt, ist kein Aggregationsmuster der membranösen Plättchen festzustellen. Es konnten auch keine nennenswerten Unterschiede in der Wachsstruktur zwischen den einzelnen Pflanzen bzw. zwischen den Pflanzen der unterschiedlichen Standorte gesehen werden. Eine gewisse Variabilität ist in der Größe der einzelnen membranösen Plättchen und im Verhältnis Länge/Breite vorhanden. Die größten Wachskristalle finden sich an den Fußzellen der Trichome (Abb. 31.1). Die ausgemessenen Wachsplättchen von Calicorema 4 Ergebnisse 49 ______capitata haben eine mittlere Länge von 15,2 µm bei einer durchschnittlichen Dicke von 0,15 µm.
Die Epicuticularwachse von Arthraerua leubnitziae zeigen in der Struktur der membranösen Plättchen grundsätzlich keine Unterschiede zu Calicorema capitata. Die Besatzdichte mit Wachskristallen ist auch bei Arthraerua im Bereich der Rillen stärker ausgeprägt als auf den Rippen. Eine ebenfalls erhöhte Wachsdichte zeigen die Schließzellen, die bis in den Porus hinein mit Wachsplättchen besetzt sind (Abb. 32.1). Die Calicorema-Arten haben ebenfalls bewachste Schließzellen, aber nicht in dieser verstärkten Ausprägung (vgl. Abb. 27 und 28). Neben der unterschiedlichen Besatzdichte sind graduelle Unterschiede in Form und Größe der membranösen Plättchen zwischen Calicorema capitata und Arthraerua erkennbar. Die Ausformung der Einzelplättchen ist bei Arthraerua viel gröber gegenüber der feinen, nahezu filigranartigen Ausprägung bei Calicorema capitata (vgl. Abb. 31.1). Die Wachskristalle von Arthraerua sind kleiner und wirken stabiler (Abb. 32.2). Nach den Messungen haben sie eine mittlere Länge von 3 µm bei einer durchschnittlichen Dicke von 0,1 µm, d.h. die Wachs- plättchen von Arthraerua haben im direkten Vergleich mit Calicorema capitata nur ein Viertel der Größe, aber zwei Drittel der Breite.
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Abb. 32: Die Epicuticularwachse von Arthraerua leubnitziae zeigen auf den Schließzellen der Stomata bis in den Porus hinein eine dichte Anordnung membranöser Plättchen (l). Die Einzelplättchen sind unterschiedlich st rukturiert, variabel in Form und Größe, oftmals fadenförmig verlängert und untereinander vernetzt (2).
50 4 Ergebnisse ______
Intracuticularwachs Die Rasterelektronenmikroskopie ermöglicht vor allem die Darstellung der Epicuticular- wachse, ist aber zur Untersuchung der Intracuticularwachse nicht unmittelbar geeignet. Die Epicuticularwachse erheben sich aus einem Wachsfilm, der direkt der Cuticula aufliegt. Ent- sprechend dicke Wachsfilme lassen sich bei höherer Auflösung im REM noch untersuchen (GÜTH 2001), dünne dagegen sind oft kaum nachweisbar. In der darunter liegenden Cuticula und den Cuticularschichten sind die Intracuticularwachse meist ohne klare Strukturierung eingelagert. Bei Beschädigungen der Oberfläche gelangen Wachse aus weiter innen liegenden Cuticularschichten nach außen und können dann neue Kristalle bilden, meist von gleicher Form und Ausprägung wie die der Epicuticularwachse der unverletzten Oberfläche. Bei früheren Untersuchungen an Arthraerua leubnitziae konnte die Beobachtung gemacht werden, dass sich bei Sprossquerschnitten auf Schnittflächen der Epidermisaußenwände Wachskristalle gebildet hatten, die denen der Epicuticularwachse ähnelten (DINTER 2004). Diese Wachsbildung war vermutlich in einem langsamen Prozess erfolgt, da die in Namibia geschnittenen Proben für die Rasterelektronenmikroskopie während der Feldarbeit nicht bearbeitet werden konnten und erst Wochen später im Institutslabor gesputtert wurden. Mitgebrachtes Pflanzenmaterial, das wenige Tage vor dem Besputtern präpariert und rasch im Exsikkator getrocknet worden war, zeigte keine Wachskristalle auf den Schnittflächen. Ähnliche Beobachtungen konnten im Rahmen dieser Untersuchungen z.B. bei Proben von Calicorema capitata (Abb. 27) und C. squarrosa (Abb. 28.2 und 30.2) wiederholt werden. In erheblichem Ausmaß zeigten vor allem Proben von Arthraerua leubnitziae und Calicorema capitata aus der Namib eine auffällig starke Auskristallisierung von Intracuticularwachs auf den Schnittflächen in regelmäßig antiklinaler Ausrichtung. Es wird erkennbar, wie weit die mit Wachs inkrustierten Cuticularschichten in die Seitenperiklinen hineinreichen (Abb. 33).
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Abb. 33: Nach der Präparation der REM-Proben ist eine auffällig starke Auskristallisierung von Intracuticular- wachsen in regelmäßig antiklinaler Ausrichtung auf den Schnittflächen sichtbar, die in Form und Ausgestaltung den Epicuticularwachsen ähneln: Calicorema capitata (1) und Arthraerua leubnitziae (2) vom gleichen Standort aus der Namib. 4 Ergebnisse 51 ______
4.2.4 Erosion an Oberflächen
Die Einflüsse einzelner Umweltfaktoren auf die Mikromorphologie epicuticularer Wachse sind von verschiedenen Autoren untersucht worden, z.B. an Brassica oleracea: Licht auf die Wachsbildung (BAKER 1974), Temperatur auf die Ausprägung der Wachskristalle (WELKER & HAAS 1999), Luftfeuchtigkeit auf Struktur und chemische Zusammensetzung (KOCH et al. 2006c) sowie Auswirkungen von Wind und Regen auf die Erosion (WILSON 1984, BAKER & HUNT 1986, VAN GARDINGEN et al. 1991). Regen wird meist als Hauptgrund für die Erosion der Epicuticularwachse angeführt. Der Effekt größerer jährlicher Niederschlagsmengen wird so hoch eingeschätzt, dass die Schäden vermutlich nicht mehr durch Regeneration der Epicuticularwachse kompensiert werden können (NEINHUIS & BARTHLOTT 1997a). Erosion durch Regen kommt wohl – wenn man von "Jahrhundertregen" absieht – für Namibia eher nicht in Frage.
Nach LITTMANN (2004) ist der Wind der wichtigste Faktor in der Wüste. Für die Zentrale Namib liegen Aufzeichnungen und Messreihen der Hauptwindsysteme vor (u.a. BESLER 1972, LANCASTER et al. 1984, HACHFELD 1996, HACHFELD & JÜRGENS 2000). Diese können etwa so charakterisiert werden: Mit unterschiedlicher Stärke bläst das ganze Jahr der "Südwester", ein Seewind, der aus S oder SW kommt und stets kühl ist. Von September bis November ist er der stärkste der auftretenden Winde. Im Südwinter von April bis August tritt an einzelnen Tagen ein trockener Inlandsturm mit Windgeschwindigkeiten von 50-60 km/h und Tempera- turen über 40°C auf, der hauptsächlich den Materialtransport auf den Kiesflächen verursacht (Abb. 34). Vermutlich ist der Hauptgrund für Schäden an den Pflanzenoberflächen nicht die Windgeschwindigkeit als solche, sondern die mitgeführten Sand- und Staubpartikel (VAN GARDINGEN et al. 1991).
Abb. 34: Nach einem "Ostwindereignis" in der Zentralen Namib sind die Sandfahnen auf den Leeseiten der A rthraerua-Büsche deutlich ausgeprägt (Al 02, Standort 2, Transekt 1, Küstenentfernung 63,1 km, 434 m NN).
Nach RICHTER (1998) ist Sanderosion in vegetationsarmen Gebieten ein wichtiger Prozess, der durch den tangential auf die Bodenoberfläche einwirkenden Windschub (fluid impact) ausgelöst wird. Die in die Höhe gerissenen Bodenteilchen gelangen in Schichten höherer 52 4 Ergebnisse ______
Windgeschwindigkeit, werden beschleunigt, treffen in flacher Bahn auf die erodierbaren, aber noch ruhenden Teilchen an der Bodenoberfläche und übertragen ihre kinetische Energie auf sie, so dass diese gleichfalls in Bewegung gesetzt werden. Durch diese indirekte Wirkung (particle impact) wächst die Zahl der in Bewegung geratenen Bodenteilchen leewärts lawinen- artig an (avalanching effect). Der mit dem Wind transportierte Sand kann zur Abrasion der Pflanzenoberflächen führen. Die Trichome gehen zuerst verloren, danach kommt es zu Strukturverlusten an den Epicuticular- wachsen. Windschlifferscheinungen konnten nur an den "Wüstenpflanzen" der Zentralen Namib und der Südlichen Kalahari festgestellt werden (Abb. 35).
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3 4
Abb. 35: Windschliff führt bei jüngeren Sprossen zunächst zum Abbrechen der Trichome und zur Abrasion der Ep icuticularwachse (1: Calicorema capitata 01, Namib). Vom Wind mitgeführte Sandpartikel hinterlassen Schliffspuren auf älteren Sprossteilen (2: C. capitata 12, Kalahari, 3: C. capitata 03 und 4: Arthraerua 02, beide
Namib). 4 Ergebnisse 53 ______
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A bb. 36: Epicuticularwachse unterliegen einem Alterungsprozess. Wachskristalle verlieren ihre Strukturen und erodi eren zu amorphen Belägen (1-3). Fortschreitende Erosion führt zu Rissen in den Krusten, die durch nach- wachsende Kristalle repariert werden (2-4). Erosions- und Regenerationsvorgänge sind vor allem bei Pflanzen der Zentralen Namib zu beobachten (1-2: Calicorema capitata Cc 02, 3-4: Calicorema capitata Cc 03).
Die Trichome stellen während der Sprossentwicklung und der Blatt- und Blütenbildung einen ersten Schutz gegen Erosion und möglicherweise gegen Insekten und Pathogene dar (JEFFREE 1986), da in dieser frühen Entwicklungsphase die Cuticula noch nicht ihre endgültige Dicke erreicht hat. Sie gehen auch als erstes durch Abrasion oder Erosion verloren. Mit der Ausbil- dung der Trichome geht die Sekretion der Epicuticularwachse einher, die schon an Spross- spitzen ihre volle Ausprägung erreichen. Bei einigen Coniferen konnte festgestellt werden, 54 4 Ergebnisse ______dass bereits nach dem Austrieb der Nadeln die Epicuticularwachse schnell erodieren, während die Cuticula noch an Dicke zunimmt (NEINHUIS & BARTHLOTT 1997b). Diese Beobachtung ist von GÜTH (2001) nicht gemacht worden, die im Verlauf der Nadel-Ontogenese die Zunahme der Cuticula an Dicke bei gleichzeitiger Wachssekretion untersuchte. Bei eigenen Untersuchungen konnte beobachtet werden, dass bereits an jungen Sprossspitzen und äußeren Sprossteilen mit der Ausbildung der Trichome und Epicuticularwachse die vollständige Ent- wicklung der Cuticula einher gegangen war. In ihrer Ausprägung konnten keine nennenswer- ten Unterschiede zu älteren Sprossteilen festgestellt werden. Bei Messungen variierte die Dicke der Cuticula zwischen 10 – 15 µm und ist möglicherweise standortsbedingt. Der höch- ste Wert lag mit 18 µm bei den Pflanzen der Zentralen Namib (Calicorema capitata Cc 02).
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Abb. 37: An älteren Sprossen von Calicorema capitata (1) und C. squarrosa (2) sind Alterungserscheinungen zu sehen. Nach dem strukturellen Abbau der Epicuticularwachse kann es zu Rissen in der Cuticula kommen. Reparaturmechanismen scheinen nicht mehr zu funktionieren (2).
Unzweifelhaft ist, dass die Epicuticularwachse einem Alterungsprozess unterliegen und unter Umwelteinflüssen erodieren. Schichtige Beläge und regelmäßig geformte Kristalle können so zu amorphen Krusten oder Klümpchen erodieren und schließlich "völlig verschwinden" (BARTHLOTT 1981, BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981). Dies konnte selbst bei älteren Sprossabschnitten von Calicorema capitata oder Arthraerua leubnitziae nicht festgestellt werden, wohl aber eine Degradation der Epicuticularwachse, die unter Verlust der Kristall- strukturen verklumpen, massive Krusten (Abb. 36) und letztlich dicke Wachsüberzüge bilden können (Abb. 37.1). Die letztgenannten Autoren erwähnen aber auch, dass einige Wachse chemisch sehr stabil und lösungsmittelresistent sind (vgl. Kapitel 4.2.5). 4 Ergebnisse 55 ______
4.2.5 Lösungsmittelresistenz
Mit einer mehrstufigen Extraktion sollte erreicht werden, dass Epi- und Intracuticularwachse getrennt untersucht werden konnten (vgl. Kapitel 3.6.3). Bei einer früheren Untersuchung von Arthraerua leubnitziae zeigten die Epicuticularwachse eine relative Lösungsmittelresistenz. Nur 10 – 15% der Wachse ließen sich mit kaltem Chloroform extrahieren. Die vollständige Extraktion des Epicuticularwachses wurde erst mit heißem Chloroform erreicht (DINTER & HAAS 2007).
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Abb. 38: Die Epicuticularwachse von Calicorema capitata liegen nativ als membranöse Plättchen vor (1). Bei der Kaltextraktion mit CHCl3 werden die EW-Kristalle angelöst (2). Bei der Extraktion mit heißem CHCl3 (Tauchmethode: 20 s) löst sich das EW nur unvollständig ab (3). Die Lösung des Epicuticularwachses ohne Rückstand erfolgt erst bei einer Tauchzeit von 28 s (4).
56 4 Ergebnisse ______
Das Epicuticularwachs von Calicorema capitata zeigt bei der Kaltextraktion mit Chloroform ebenfalls eine relative Lösungsmittelresistenz. Die Wachskristalle werden durch die CHCl3- Behandlung bei Raumtemperatur schon deutlich verändert. Dies ist u.a. an den Plättchen- rändern und einer sichtbaren Vergröberung der Wachsstruktur zu erkennen. Die scharfen Konturen der Plättchen haben sich aufgelöst. Dies betrifft nicht nur die äußersten, sondern auch die seitlichen Kanten der Wachskristalle, so dass anstelle eines filigranartig strukturier- ten Netzwerkes ein deutlich gröberer Zusammenhalt der Kristalle sichtbar wird (vgl. Abb. 31.1, 38.1 und 38.2). Beim zweiten Extraktionsschritt mit heißem Chloroform gehen die Kristallstrukturen verloren. Es resultieren zunächst amorphe, meist klumpige Beläge, die mit dem darunterliegenden Wachsfilm verkrusten und sich nur schwer ablösen lassen. Zur vollständigen Ablösung des Epicuticularwachses wurde die Tauchzeit in Sekundenschritten unter REM-Kontrolle erhöht. Während nach einer Extraktionszeit von 20 s noch kleinere Wachsklümpchen zu sehen sind (Abb. 38.3), ist die Ablösung des Epicuticularwachses nach weiteren 8 s nahezu rückstandslos erfolgt. Zurück bleibt eine leicht strukturierte Oberfläche der Cuticula (Abb. 38.4).
1 2
Abb. 39: Bei der Extraktion der Sprossspitzen von Calicorema capitata mit CHCl3 bei Raumtemperatur werden die EW-Kristalle oberflächlich angelöst und verklumpen mit den Trichomen zu einer zusammenhängenden, grob
strukturierten Schicht (1). Erst bei der Extraktion mit heißem CHCl3 löst sich das Epicuticularwachs rückstands- los ab. Unter den erhalten gebliebenen Trichomen werden die Öffnungen der trichterförmigen Einsenkungen und die schwach reliefartige Struktur der Cuticulaoberfläche sichtbar (2).
Bei den Proben mit stärkerem Trichombesatz wie z.B. bei den Sprossspitzen von Calicorema capitata zeigen die REM-Kontrollen nach dem ersten Extraktionsschritt vergleichbare Ergeb- nisse: Bei der CHCl3-Extraktion bei Raumtemperatur (Tauchzeit 30 s) werden die Wachs- kristalle oberflächlich angelöst. Die feinen Strukturen der Plättchenränder sind nicht mehr zu sehen. Die Kristalle erscheinen grob und stärker untereinander vernetzt. An den Trichomen haben sich zum Teil zusammenhängende, miteinander verklumpte Strukturen von auflösen- 4 Ergebnisse 57 ______den Wachskristallen mit Trichombestandteilen gebildet (Abb. 39.1). Nach der Extraktion mit heißem Chloroform (Tauchzeit 28 s) ist das Epicuticularwachs vollständig abgelöst. Es wird die schwach strukturierte Cuticula mit den Öffnungen der tiefen Einsenkungen über den Stomata sichtbar. Die Trichome sind erhalten geblieben (Abb. 39.2). Die angewandte Tauch- methode hat sich auch bei den stärker behaarten Sprossteilen als ausreichend effizient heraus- gestellt.
Die Extraktion der Epicuticularwachse wird gewöhnlich bei Raumtemperatur ausgeführt. Die Effizienz einer Extraktion kann durch Steigerung der Extraktionstemperatur erhöht werden. Dies ist generell nicht erforderlich, es sei denn, es liegen z.B. Estolide im Gymnospermen- wachs oder polymere Aldehyde als Wachsbestandteile der Angiospermen vor (JETTER et al. 2006). Polymere Aldehyde sind bisher bekannt von den Wachsen von Sacharum officinarum (LAMBERTON & REDCLIFFE 1959, HAAS et al. 2001), Nepenthes alata (RIEDEL et al. 2003, GORB et al. 2005) und fünf weiterer Nepenthes-Arten bzw. -Hybriden (RIEDEL et al. 2007). Die unvollständige Ablösung des Epicuticularwachses bei der Kaltextraktion mit Chloroform lässt vermuten, dass Aldehyde in unlöslicher, d.h. polymerer Form für die unvollständige Extraktion des Wachses bei Raumtemperatur verantwortlich sind. Dies würde auch die erst bei der Heißextraktion mit Chloroform erfolgte vollständige Ablösung des EW erklären, denn polymere Aldehyde gehen nur bei erhöhter Temperatur unter Spaltung der Polymerbindung in Lösung (HAAS et al. 2001). Der Einfluss polymerer Aldehyde auf die Löslichkeit des EW wurde bereits im Epicuticularwachs der Sprosse von Arthraerua leubnitziae festgestellt (s.o.). Als verantwortlich für die relative Lösungsmittelresistenz des EW von Calicorema capitata sind ebenfalls polymere Aldehyde anzunehmen. Diese konnten bei der Wachsanalyse nachge- wiesen werden, hierzu Kapitel 4.3. 58 4 Ergebnisse ______
4.3 Zusammensetzung der Wachse
Wie bereits dargelegt (S. 19), wurde bei den Gattungen Calicorema und Leucosphaera das Pflanzenmaterial getrennt nach Sprossspitzen (S), äußeren Sprossen ohne Sprossspitzen (A) und basalen Sprossteilen (B) untersucht. Pflanzen des Transektes 1 wurden mehrfach beprobt, bei Pflanzen des Transektes 2 wurden zum Teil benachbarte Pflanzen in die Untersuchung einbezogen. Die Bezeichnung der Proben richtet sich dabei nach den Standorten (S. 19 – 20).
Die Epicuticularwachse wurden mittels aufeinanderfolgender Extraktionen mit CHCl3 als Kalt- (RT-) und Heißextrakte (60°C-) gewonnen (vgl. S. 24 – 25). Gemäß dünnschicht- und gaschromatographischer Analyse enthielten die Extrakte jeweils die aliphatischen Substanz- klassen der Alkane, Ester, Aldehyde, primären Alkohole und freien Fettsäuren. Die chemische Zusammensetzung der Wachse wird im folgenden getrennt nach Epi- und Intra- cuticularwachsen zunächst qualitativ und dann quantitativ vorgestellt.
4.3.1 Epicuticularwachse (EW)
1. Calicorema capitata a) Wachsfraktionen n-Alkane Alkane als Bestandteile der Epicuticularwachse sind weit verbreitet, in der Regel aber nur in geringen Mengen vorhanden. Ihr prozentualer Anteil an den Epicuticularwachsen von Calicorema capitata beträgt meist 2 – 10%, wobei die größeren Mengen im Kaltextrakt gelöst werden (Abb. 40 – 45). n-Alkylester Der Anteil der Alkylester am EW ist bei Calicorema capitata gering, ihr prozentualer Gehalt an der Gesamtfraktion beträgt 1 – 12%, wobei die höheren Werte im Kaltextrakt erreicht werden.
Aldehyde Der Anteil der Aldehyde am EW beträgt 10 – 25%, wobei höhere Anteile im Heißextrakt vorliegen. Die Aldehydanteile von Proben des Transektes 1 (Cc 01 – Cc 06, Zentrale Namib) sind geringer als die der übrigen Proben (Abb. 40 – 45).
Primäre Alkohole Frei vorkommende primäre Alkohole sind sehr weit verbreitete Bestandteile der Epicuticular- wachse. Ihr Anteil am EW von Calicorema capitata liegt bei 60 – 75 %, und zwar im Heiß- extrakt deutlich höher als im Kaltextrakt.
4 Ergebnisse 59 ______
Freie Fettsäuren Freie Fettsäuren sind regelmäßige Bestandteile von epicuticularen Wachsen, meist in geringen Mengen (BARTHLOTT & WOLLENWEBER 1981). Bei Calicorema capitata stellen die freien Fettsäuren einen höheren Anteil am EW, der über 30% betragen kann. Hiervon wird die größere Menge bereits bei Raumtemperatur extrahiert, und zwar zunehmend von den Spross- spitzen zu den basalen Sprossteilen (Abb. 40 – 45).
"Wüstenpflanzen" Calicorema capitata (Zentrale Namib, Transekt 1, Küste → Inland)
Cc 01, Transekt 1 a Cc 02, Transekt 1 b
% Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 80
70 70 60 60 50 50
40 40
30 30
20 20 10 10 0 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C S A B S A B Cc 03, Transekt 1 c Cc 04, Transekt 1 d % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 80
70 70 60 60 50 50
40 40 30 30 20 20
10 10
0 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C S A B S A B Cc 05, Transekt 1 e Cc 06, Transekt 1 f % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 80 70 70
60 60
50 50
40 40 30 30 20 20
10 10
0 0 RT 60° RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60° RT 60°C S A B S A B
Abb. 40: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs von Calicorema capitata aus der Zentralen Namib, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Sprossspitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B) der Pflanzen Cc 01 – Cc 06 (Transekt 1, Küste → Inland). 60 4 Ergebnisse ______
Die primären Alkohole sind bei den Epicuticularwachsen der Pflanzen aus der Zentralen Namib (Transekt 1) fast immer die dominante Fraktion, in den Heißextrakten mit höheren Anteilen als in den Kaltextrakten, aber ohne ausgeprägte Tendenz bei den Standorten Cc 01 – Cc 06 (Küste – Inland – Gradient). Die Aldehydfraktion erreicht ebenfalls höhere Anteile in den Heißextrakten, wobei die höchsten Werte in den Sprossspitzen gemessen werden. In dem Maße, wie die prozentualen Anteile der Aldehyde und der primären Alkohole (vor allem in den Kaltextrakten) abnehmen, erreichen die freien Fettsäuren höhere Werte und stellen die zweitstärkste Fraktion oder sogar die Hauptfraktion (Abb. 40).
"Halbwüstenpflanzen" Calicorema capitata (Transekt 2, Nord → Süd)
Onanis, Transekt 2 Ababis, Transekt 2 % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 80 70 70 60 60
50 50 40 40 30 30
20 20
10 10
0 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C S A B S A B Duwisib, Transekt 2 Tirool, Transekt 2
% Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 80
70 70
60 60
50 50 40 40 30 30
20 20
10 10 0 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C RT 60°C S A B S A B
Abb. 41: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs von Calicorema capitata aus der Halbwüste und Savannenübergangszone, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Spross- spitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B) der Pflanzen Onanis, Ababis, Duwisib und Tirool (Transekt 2, Nord → Süd).
Die primären Alkohole sind bei den Epicuticularwachsen der Pflanzen der "Halbwüste und Savannenübergangszone" (Transekt 2) die dominante Fraktion, in den Heißextrakten mit deutlich höheren Anteilen als in den Kaltextrakten. Die Aldehydfraktion erreicht meist höhere Anteile in den Heißextrakten, wobei die niedrigsten Werte in den basalen Sprossteilen gemessen werden. Eine Zunahme der Aldehydanteile ist in den Fraktionen der Standorte von Onanis zu Duwisib festzustellen (Nord – Süd – Gradient). Bei den freien Fettsäuren steigen 4 Ergebnisse 61 ______die Anteile von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen an und erreichen in den Kaltextrakten die höchsten Werte. Während in den Heißextrakten die Aldehyde die zweit- stärkste Fraktion stellen, sind dies in den Kaltextrakten die freien Fettsäuren. Die Anteile der Alkan- und Esterfraktionen sind mit meist unter 10% eher geringfügig (Abb. 41).
Am Standort von Calicorema capitata Ababis (Transekt 2) wurden benachbarte Pflanzen beprobt, die im Abstand von 3 m voneinander in gleicher Exposition standen. Die Anteile der einzelnen Fraktionen am EW differieren auffällig wenig (Abb. 42).
"Halbwüstenpflanzen" Calicorema capitata Ababis I und Ababis II (Transekt 2)
Ababis I, Transekt 2 % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 90 81 80 78 73 73 70 70 60 50 50
40
30 22 19 20 15 13 12 11 11 10 9 10 7 8 5 6 3 4 3 4 3 3 1 1 2 2 3 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C S AB
Ababis II, Transekt 2 % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 90 81 80 78 79 72 73 70
60 53 50
40
30 23 21 20 14 15 12 10 10 10 8 8 9 5 5 3 3 4 3 3 2 1 0 2 1 1 1 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C SAB
Abb. 42: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs benachbarter Pflanzen von Calicorema capitata auf Ababis, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Sprossspitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B). Beide Pflanzen stehen im Abstand von 3 m voneinander in gleicher Exposition. Die EW-Gehalte in den einzelnen Fraktionen differieren auffällig wenig. 62 4 Ergebnisse ______
Calicorema capitata (Cc 08 und Cc 10, Umgebung von Aus)
Cc 08, Aus % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 76 76 71 70 64 60 58
50 48
40
30 29
20 20 18 18 16 15 17 12 12 10 8 6 5 5 6 4 3 2 1 1 2 3 1 2 1 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C SAB
Cc 10, Garub % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 75 74 69 70 67 65 60 50
40 37 36
30
20 18 18 20 16 13 13 14 10 10 9 10 6 4 4 3 3 2 4 1 1 1 2 2 1 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C SAB
Abb. 43: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs benachbarter Standorte von Calicorema capitata aus der Umgebung von Aus, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Sprossspitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B) der Pflanzen Cc 08 und Cc 10.
Die Standorte von Calicorema capitata Cc 08 (Aus) und Cc 10 (Garub) liegen im Süden Namibias und sind ca. 20 km voneinander entfernt. Beide gehören zum Vegetationstyp "Wüste und Sukkulentensteppe" (GIESS 1998). Es ist daher nicht überraschend, dass die EW- Fraktionen eine weitgehende Übereinstimmung zeigen (Abb. 43). Die primären Alkohole sind die dominante Fraktion, in den Heißextrakten mit höheren Anteilen als in den Kaltextrakten. Die Aldehydfraktion erreicht meist höhere Anteile in den Heißextrakten, wobei die niedrig- sten Werte in den basalen Sprossteilen gemessen werden. Bei den freien Fettsäuren steigen die Anteile von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen an und erreichen in den Kalt- 4 Ergebnisse 63 ______extrakten der basalen Sprossteile die höchsten Werte mit 29 bzw. 36%. Während die Anteile der Esterfraktionen in allen Extrakten unter 5% liegen, sind die Alkanfraktionen teilweise auch stärker vertreten. In den Kaltextrakten der basalen Sprossteile werden die höchsten Werte mit bis zu 18% erreicht (Cc 10, Garub).
"Wüstenpflanze" Calicorema capitata (Cc 12, Südliche Kalahari)
Cc 12, Südliche Kalahari % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80
70 68 65 66 60
49 50
38 40 36 34
30 27 25 24 22 23 23 20 15 15
9 9 10 7 7 7 5 6 5 4 3 3 2 1 0 2 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C SAB
Abb. 44: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs von Calicorema capitata aus der Südlichen Kalahari, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Sprossspitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B) der Pflanze Cc 12.
Bei der Pflanze Cc 12 aus der Südlichen Kalahari stellen die primären Alkohole in allen Extrakten die Hauptfraktion mit höheren Anteilen in den Heißextrakten. Die Aldehydgehalte sind die höchsten von allen untersuchten Pflanzen, in Sprossspitzen und äußeren Sprossen mit nahezu gleichem Anteil in jeweils beiden Extrakten, während bei den basalen Sprossteilen im Heißextrakt der höchste Wert erreicht wird. Während die freien Fettsäuren in den Heiß- extrakten mit geringen Anteilen von maximal 2% vertreten sind, nehmen die Anteile in den Kaltextrakten von den Sprossspitzen mit 7% zu den basalen Sprossteilen auf 34% zu. Die Alkane, die bei den Pflanzen der Standorte des Transektes 2 und der in der Umgebung von Aus die höchsten Anteile in den Kaltextrakten der basalen Sprossteile aufweisen (Abb. 41 – 43), erreichen mit 22% den höchsten Wert im Kaltextrakt der Sprossspitzen. Die Anteile der Esterfraktionen sind in allen Extrakten mit Werten unter 10% gering (Abb. 44).
Der südlichste beprobte Standort von Calicorema capitata befindet sich an den Uferterrassen des Fish River Canyon bei Ai-Ais und gehört zum Vegetationstyp "Kurzstrauchsavanne" (GIESS 1998): 64 4 Ergebnisse ______
"Savannenpflanze" Calicorema capitata (Cc 13, Ai-Ais)
Cc 13, Ai-Ais % Alkane Ester Aldehyde Alkohole Fettsäuren 80 74 74 70
60 56 57 52 50 40 38 34 30 25 25 20 20 17 15 13 11 12 13 9 10 10 6 7 6 4 4 5 2 2 3 3 1 3 0 RT 60°C RT 60°C RT 60°C SAB
Abb. 45: Prozentuale Anteile der einzelnen Fraktionen am Epicuticularwachs von Calicorema capitata aus der Kurzstrauchsavanne im Süden Namibias, getrennt nach Kalt- (RT) und Heißextrakten (60°C) für Sprossspitzen (S), äußere Sprosse (A) und basale Sprossteile (B) der Pflanze Cc 13 (Ai-Ais).
Bei Calicorema capitata Cc 13 (Ai-Ais) stellen die primären Alkohole wiederum in allen Extrakten die Hauptfraktion mit höheren Anteilen in den Heißextrakten. In diesen sind auch die Aldehyde mit höheren Anteilen vertreten, erreichen dabei maximal 20%. Die freien Fettsäuren und die Ester nehmen in allen Extrakten von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen zu, in den Kaltextrakten mit höheren Anteilen. Bemerkenswert ist der relativ hohe Alkangehalt von 15% im Kaltextrakt der Sprossspitzen (Abb. 45, vgl. Abb. 44).
b) Charakteristika der Kettenlängenverteilungen Die Verteilung der Kettenlängen in den einzelnen Fraktionen der Epicuticularwachse werden im Folgenden anhand der Pflanzen von Calicorema capitata Cc 03 (Zentrale Namib, Transekt 1) und Cc 08 (Umgebung von Aus) graphisch dargestellt (weitere Kettenlängenverteilungen siehe Anhang). n-Alkane Nach der GC-Analyse handelt es sich bei den Alkanen um eine homologe Reihe mit über- wiegend ungeradzahligen Kettenlängen von C21 – C31, wobei C27 und C29 dominieren. In allen
Proben sind auch die geraden C-Zahlen C24 – C30 vorhanden. Es konnten keine Alkane mit verzweigten Ketten identifiziert werden. 4 Ergebnisse 65 ______
Cc 03 S Cc 03 A Cc 03 B 40 40 40 35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 5 5 5 0 0 0 C21 C23 C25 C27 C29 C31 C21 C23 C25 C27 C29 C31 C21 C23 C25 C27 C29 C31
Cc 08 S Cc 08 A Cc 08 B 40 40 40 35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 5 5 5 0 0 0 C21 C23 C25 C27 C29 C31 C21C23C25C27C29C31 C21 C23 C25 C27 C29 C31
Abb. 46: Prozentuale Verteilung der Kettenlängen der Alkane in den Kalt- (■) und Heißextrakten (□) der EW- Fraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 für die jeweiligen Sprossabschnitte S, A und B.
Bei den Proben beider Pflanzen zeigt sich eine Zunahme der höherkettigen Alkane von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen, wobei die prozentualen Anteile der Hauptketten- längen C27 und C29 bei Calicorema capitata 03 (Zentrale Namib, Transekt 1) in den Kalt- und Heißextrakten nahezu gleich sind und bei Calicorema capitata 08 (Umgebung von Aus) größere Differenzen zeigen. Bei Cc 03 sind die Homologen C21 und C22 mit Anteilen unter
1% und die Homologen C23 – C25 mit Anteilen unter 10% vertreten, so dass in der Haupt- kettenlänge C29 höhere Prozentzahlen mit z.B. über 40% in den basalen Sprossteilen erreicht werden. Bei Cc 08 stellen die Homologen C21 – C25 höhere prozentuale Anteile, für die
Kettenlängen C27 und C29 betragen die Anteile um 25% in den jeweiligen Sprossabschnitten (Abb. 46).
n-Alkylester Die Analyse im GC zeigt die eindeutige Dominanz der geradzahligen Homologen mit Ketten- längen von C36 – C58, wobei die Hauptkomponenten C48, C50 und C52 sind. Regelmäßig kommen auch ungeradzahlige Homologe in geringen Mengen vor. Bei den Estern ist in den Kaltextrakten eine Verteilung auf eine Vielzahl verschiedener, vor allem auch niedrigkettiger Homologe festzustellen, während in den Heißextrakten die Haupt- kettenlängen C48 – C52 besonders stark vertreten sind, z.B. bei den Sprossspitzen von Calicorema capitata Cc 08. In den Extrakten der Sprossspitzen von Cc 03 und Cc 08 werden jeweils die höchsten prozentualen Anteile der Hauptkettenlängen an den Esterfraktionen erreicht (Abb. 47). 66 4 Ergebnisse ______
Cc 03 S Cc 03 A Cc 03 B 40 40 40 35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 5 5 5 0 0 0 C36 C40 C44 C48 C52 C56 C36 C40 C44 C48 C52 C56 C36 C40 C44 C48 C52 C56
Cc 08 S Cc 08 A Cc 08 B 40 40 40 35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 5 5 5 0 0 0 C36 C40 C44 C48 C52 C56 C36 C40 C44 C48 C52 C56 C36 C40 C44 C48 C52 C56
Abb. 47: Prozentuale Verteilung der Kettenlängen der Ester in den Kalt- (■) und Heißextrakten (□) der EW- Fraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 für die jeweiligen Sprossabschnitte S, A und B.
Aldehyde
Bei der GC-Analyse ergeben sich bei den Aldehyden Homologe der Kettenlängen C22 – C32, wobei die geradzahligen überwiegen mit den Hauptkomponenten C26 und C28.
Cc 03 S Cc 03 A Cc 03 B 50 50 50
40 40 40
30 30 30
20 20 20
10 10 10
0 0 0 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Cc 08 S Cc 08 A Cc 08 B 50 50 50 40 40 40
30 30 30
20 20 20 10 10 10 0 0 0 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Abb. 48: Prozentuale Verteilung der Kettenlängen der Aldehyde in den Kalt- (■) und Heißextrakten (□) der EW- Fraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 für die jeweiligen Sprossabschnitte S, A und B.
4 Ergebnisse 67 ______
In den Aldehydfraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 sind die Hauptketten- längen C26 – C30 besonders stark vertreten (Abb. 48). Eine Abnahme der Anteile kürzerer
Kettenlängen, vor allem des C26-Aldehyds, von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen ist von einer gegenläufigen Zunahme des C30-Aldehyds begleitet, der in den basalen Spross- teilen seine höchsten Werte erreicht, dieses sowohl in den Kalt- als auch in den Heißextrak- ten. Bei Betrachtung der Heißextrakte, die die höheren Aldehydgehalte aufweisen, zeigt sich, dass bei Calicorema capitata Cc 03 das Maximum der Verteilung in allen Sprossabschnitten bei der Kettenlänge C28 liegt, während bei Calicorema capitata Cc 08 in Sprossspitzen und
äußeren Sprossen die dominante Kettenlänge C26 ist. In den basalen Sprossteilen verlagert sich das Maximum der Verteilung nach C28. In den Kaltextrakten von Cc 08 nehmen zwar die prozentualen Anteile der Kettenlänge C26 von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen ab, C26 ist aber weiterhin die dominante Kettenlänge.
Primäre Alkohole Die Stoffklasse der primären Alkohole ergibt bei der GC-Analyse eine homologe Reihe mit den Kettenlängen C22 – C32 , wobei C26, C28 und C30 die Hauptkomponenten darstellen. Diese sind in den einzelnen Sprossteilen unterschiedlich verteilt (Abb. 49).
Cc 03 S Cc 03 A Cc 03 B 50 50 50
40 40 40
30 30 30
20 20 20
10 10 10
0 0 0 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Cc 08 S Cc 08 A Cc 08 B 50 50 50 40 40 40 30 30 30
20 20 20
10 10 10 0 0 0 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Abb. 49: Prozentuale Verteilung der Kettenlängen der primären Alkohole in den Kalt- (■) und Heißextrakten (□) der EW-Fraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 für die jeweiligen Sprossabschnitte S, A und B.
Die Alkoholfraktionen von beiden Pflanzen werden nahezu ausschließlich von den drei
Hauptkettenlängen C26, C28 und C30 dominiert. Die Verteilung der Kettenlängen auf wenige Homologe führt zu hohen prozentualen Anteilen in den Fraktionen. Wie bereits für die
Aldehyde dargestellt, zeigt sich auch in den Anteilen der Kettenlänge C30 in beiden Extrakten 68 4 Ergebnisse ______
eine Zunahme von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen. In den Alkoholfraktionen von Calicorema capitata Cc 03 ist die dominante Kettenlänge C30, bei Calicorema capitata
Cc 08 C28. Wie bei den Aldehyden beobachtet, ist das Maximum der Verteilung bei Cc 03 (Zentrale Namib, Transekt 1) im Vergleich zu Cc 08 (Umgebung von Aus) um eine C2-Ein- heit zu dieser höheren Kettenlänge verschoben.
Freie Fettsäuren Nach der GC-Analyse handelt es sich bei den Fraktionen der freien Fettsäuren um eine homologe Reihe mit überwiegend geradzahligen Kettenlängen von C16 – C32 (C34), wobei die
Hauptkomponenten C28 und C30 sind, letztere in beiden Extrakten von den Sprossspitzen zu den basalen Sprossteilen ansteigend bei zunehmenden Anteilen von C32 (Abb. 50). Ungerad- zahlige Homologe mit den Kettenlängen C21 – C31 sind ebenfalls vorhanden. Ihr Anteil an der Gesamtheit der freien Fettsäuren liegt unter 10%.
Cc 03 S Cc 03 A Cc 03 B 70 70 70 60 60 60 50 50 50 40 40 40 30 30 30 20 20 20 10 10 10 0 0 0 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Cc 08 S Cc 08 A Cc 08 B 70 70 70 60 60 60 50 50 50 40 40 40 30 30 30 20 20 20 10 10 10 0 0 0 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32 C16 C18 C20 C22 C24 C26 C28 C30 C32
Abb. 50: Prozentuale Verteilung der Kettenlängen der freien Fettsäuren in den Kalt- (■) und Heißextrakten (□) der EW-Fraktionen von Calicorema capitata Cc 03 und Cc 08 für die jeweiligen Sprossabschnitte S, A und B.
In den Fettsäurefraktionen der Kalt- und Heißextrakte von Calicorema capitata Cc 03 zeigt sich ein ausgeprägtes Maximum bei der Kettenlänge C30, in den Sprossspitzen mit prozen- tualen Anteilen um 40, in äußeren Sprossen und basalen Sprossteilen mit Anteilen um 60%
(Abb. 50). Diese erhöhten Anteile von C30 sind begleitet durch abnehmenden Anteile von C28 von 20% in den Sprossspitzen auf 10% in den basalen Sprossteilen und durch die geringen
Anteile der Kettenlängen C16 – C26. In den Kalt- und Heißextrakten von Calicorema capitata Cc 08 ist das Verteilungsprofil ähnlich, aber mit relativ höheren Anteilen der einzelnen 4 Ergebnisse 69 ______
Homologen. Das Verteilungsmaximum liegt bei den Kettenlängen C26 – C30, wobei in den
Sprossspitzen C28 die höchsten Anteile mit ca. 30% erreicht werden. Wie auch bei Cc 03 ist eine Abnahme der Anteile kürzerer Kettenlängen (C26 und C28) von einer Zunahme der
Anteile längerer Kettenlängen (C30 und C32) begleitet. Dies führt in den äußeren Sprossen und in den basalen Sprossteilen zu einem Anstieg von C30, das zur dominanten Kettenlänge wird, mit um 10% höheren Anteilen in den Fettsäurefraktionen der Kaltextrakte. c) Zusammenfassende Bemerkungen