Geschlossene Gesellschaft Die DDR-Rockmusik Zwischen Linientreue Und Nonkonformismus
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Politik Robert Winter Geschlossene Gesellschaft Die DDR-Rockmusik zwischen Linientreue und Nonkonformismus Fachbuch Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d- nb.de/ abrufbar. Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsschutz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verla- ges. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Auswertungen durch Datenbanken und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronische Systeme. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe (einschließlich Mikrokopie) sowie der Auswertung durch Datenbanken oder ähnliche Einrichtungen, vorbehalten. Impressum: Copyright © 2009 GRIN Verlag, Open Publishing GmbH ISBN: 9783640487882 Dieses Buch bei GRIN: http://www.grin.com/de/e-book/139620/geschlossene-gesellschaft-die-ddr-rockmusik- zwischen-linientreue-und-nonkonformismus Robert Winter Geschlossene Gesellschaft. Die DDR-Rockmusik zwischen Linientreue und Nonkonformismus GRIN Verlag GRIN - Your knowledge has value Der GRIN Verlag publiziert seit 1998 wissenschaftliche Arbeiten von Studenten, Hochschullehrern und anderen Akademikern als eBook und gedrucktes Buch. Die Verlagswebsite www.grin.com ist die ideale Plattform zur Veröffentlichung von Hausarbeiten, Abschlussarbeiten, wissenschaftlichen Aufsätzen, Dissertationen und Fachbüchern. Besuchen Sie uns im Internet: http://www.grin.com/ http://www.facebook.com/grincom http://www.twitter.com/grin_com Robert Winter Die DDR-Rockmusik zwischen Linientreue und Nonkonformismus Für Alexander 2 Abraxas – Abraxas (Halle) – Anonym – Automobil – B-Club 66 – Blues-Vital – Brightles – Brot und Salz – Bürkholz-Formation – City – Crazies – Diana-Show-Quartett – Dieter-Hesse-Band – Dresden- Septett – Electra-Combo – Electra – Elefant – Ekkehard-Sander- Formation – Engerling-Blues-Band – Express-Berlin – FAM – Feuer- kitt – Foel-Band – Forte-Quintett – Frachthof – Freygang – Fusion (ehemals Lenz-Big-Band) – Garage Players – German Four – G4- Combo – Gouverneurs – GP-Combo – Hansi-Biebl-Blues-Band – Ho- ermens – Hof-Blues-Band – Horst-Krüger-Band – Joco-Dev-Quartett – Joco-Dev-Sextett – Jürgen-Kerth-Quintett – Juckreiz – Karat – Ka- russell – Kellergeister – Keks – Kirsche & Co – Klaus-Lenz-Band – Klaus-Lenz-Big-Band – Klaus-Lenz-Modern-Soul-Big-Band – Klaus- Renft-Combo – Klaus-Renft-Quintett – Klosterbrüder – Kreis – Lift – Luniks – Magdeburg – Mikados – Modern-Soul-Band – Monokel – Music-Stromers – Nautiks – Pankow – Pasch – Peter-Holten-Septett – Peter-Holten-Sextett – Postel & Pötsch – Privileg – Puhdys – Puste- blume – Quintessenz – Rampenlichter – Rapunzel – Reform – Reggae Play – Reiner-Fritzlar-Combo – Satori – Silly – Simultan – Spotlights – Sputniks – Stefan-Diestelmann-Folk-Blues-Band – Stewards – Stern-Combo-Meißen – Stern-Meißen – Studio-Gruppe 72 – Team 4 – The Blackies – The Butlers – The Devils – The Herolds – The Polars – Thomas Natschinski & Band – Tornados – Trend – Ulf-Willi- Quintett – Unisonos – Vai Hu – Vital – Wanderer – Wind, Sand & Sterne – Wostoks 3 Vorwort Ob im Fernsehen, in den Zeitungen, in der Literatur oder auf diversen Internetseiten, zwei Jahrzehnte nach dem Ende der DDR wird er über- all mit Lobgesängen bedacht, der Ost-Rock. Über die wirklichen Tat- sachen und Hintergründe wie über viele Beteiligte aber herrscht dabei Stillschweigen. Dabei waren es gerade heute fast vergessene Bands wie KLOSTERBRÜDER, KLAUS-RENFT-COMBO, JOCO-DEV-SEXTETT, FRACHT- HOF, JÜRGEN-KERTH-QUINTETT, SATORI oder die BÜRKHOLZ-FORMATION, die den sogenannten „Ost-Rock“ prägten und maßgeblich beeinfluß- ten. Die Lieder dieser Gruppen waren eigenwillig, urwüchsig und ehr- lich, ein riesiges Publikum honorierte das mit Treue. Jedes Wochen- ende reisten Scharen von jungen DDR-Bürgern ihren Rock-Helden hinterher, per Anhalter oder –oftmals-schwarz mit der Bahn. Doch gerade als so etwas wie eine Szene im Entstehen begriffen war, schlu- gen die staatlichen Behörden zu. Es hagelte Abmahnungen, Auflagen, Spielverbote und Lizenz-Entzüge für die Bands. Fans wurden krimi- nalisiert und zu Staatsfeinden erklärt. Unter dem Druck der Behörden spaltete sich die Rockszene: Gruppen wie TEAM 4, PUHDYS, KARAT oder CITY arrangierten sich mit der Staatsmacht – bei Fernsehauftritten wurden lange Haare hochgebun- den, auf Wunsch der Behörden Gruppennamen geändert. Als Gegen- leistung durften diese Bands Platten bei der staatlichen Firma Amiga oder sogar bei westlichen Labels produzieren, im Fernsehen auftreten und sogar ins kapitalistische Ausland reisen. Auch in den Hitparaden des DDR-Rundfunks, mangels einer Ver- kaufsrangliste der einzige Gradmesser für den Erfolg, belegten ihre Titel vordere Plätze. Eine wirkliche Konkurrenz hatten PUHDYS & Co spätestens nach der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann nicht mehr zu fürchten, weil immer mehr Rockmusiker das Land ent- nervt Richtung Westen verließen. Die DDR blutete künstlerisch aus, die verbliebenen Gruppen badeten im eigenen Saft. Am Ende wurden die größten Stars von ihrem Publikum ignoriert oder sogar ausgepfif- fen wie 1988 auf der Freilichtbühne von Weißensee. 4 Doch sie alle kamen wieder, PUHDYS, KARAT und CITY. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurden aus den Staatsrockern die Erbver- walter des „Ost-Rock“, denen die Fans nun plötzlich wieder zujubel- ten. Dieses Buch will die wahre Geschichte des Ost-Rock erzählen, die Geschichte der Musik, die in kleinen Sälen in Sachsen und in Probe- räumen in Thüringen und Sachsen-Anhalt geschrieben wurde. Von Glitzer und Glamour der bunten „rund“-Sendungen und der im Wes- ten zusammengeborgten Coolness der großen Stars bleibt in der Nah- aufnahme wenig übrig. Das unverfälschte Bild der DDR-Rockmusik ist düster; ein Bild, gekennzeichnet von Repressionen, Willkür und Verboten. Robert Winter Erfurt im November 2009 5 Inhaltsverzeichnis Einführung 1. Im Osten nichts Neues Ostalgie und Verklärung der DDR-Geschichte 2. Die Beatentwicklung in der DDR Wie alles begann Die Rockrebellen der 60er Die Zerschlagung der DDR-Beatbewegung 3. Von Fichtelberg bis Kap Arkona Was angesagt war Die ostdeutsche Life-Szene in den 70er und 80er Jahren Auslandsreisen und Gastspiele – Die DDR-Künstler-Agentur macht Politik 4. Ich bau euch ein Lied Die DDR-Rockmusik und das DDR-Rundfunklektorat 5. Amiga Ignoranz und Willkür der staatlichen Schallplattenfirma 6. Abmahnungen, Spielverbote, Zwangsauflösungen Der real existierende „Ost-Rock“ in Zeitzeugenberichten (1969- 1989) 7. Der systemkonforme Ost-Rock Anhang Band-Lexikon Texte umstrittener und verbotener Lieder 6 In den Westen übergesiedelte DDR-Musiker Verzeichnis der Abkürzungen Verzeichnis der verwendeten Quellen Über den Autor 7 1. Im Osten nichts Neues Ostalgie und Verklärung nach der Wende Fast zwanzig Jahre nach der Wende ist vieles wie früher. Der Ost- Rock lässt sich feiern und er wird gefeiert, ob im Fernsehen, im Rundfunk, in der Presse, oder im Internet. Nie gegeben zu haben scheint es die schweren Jahre, als Rockmusik die fünfte Kolonne des Klassenfeindes war. Überall herrscht eitel Sonnenschein, der Planet DDR-Rock leuchtet im Nachglühen wie ein Paradies für Kreative. Je- der Künstler durfte problemlos im Rundfunk oder bei der einzigen staatlichen Plattenfirma Amiga produzieren, Repressionen wegen kri- tischer Texte, wegen langer Haare oder anderer Lappalien sind ver- gessen. Auftritts- und Berufsverbote von Gruppen oder Interpreten hat es nie gegeben und von privilegierten Bands und Stasi-Seilschaften wollen nicht einmal mehr die Medien im Osten etwas wissen. Die Stars, die es aus den DDR-Rundfunkhitparaden und aus den Konzert- sälen zwischen Greifswald und Zwickau bis hierher geschafft haben, sind Teil der Identität der Menschen, nicht Teil der mit dem Mauerfall untergegangenen realsozialistischen Realität. Wertfrei klingen die al- ten Lieder, Evergreens aus einer Zeit, als Fans und Musiker dieselben waren wie heute, nur eben jung. Die wenigen noch verbliebenen Vertreter des echten, nicht von staats- bürokratischen Interventionen verfälschten DDR-Rock wie die KLOS- TERBRÜDER, MONOKEL, SCIROCCO oder die KLAUS-RENFT-COMBO muss- ten nach der Wende bei Null anfangen und kleine Brötchen backen. Sie tingeln wie eh und je über die Dörfer und treten in kleinen Sälen und Clubs auf. Die zu DDR-Zeiten privilegierten Bands hingegen sind wieder groß im Geschäft, spielen in Stadthallen und auf Open-Air- Bühnen und beschwören die untergegangene Zeit als heile Welt. Nicht 8 weil sie künstlerisch besser sind als die anderen. Nein, sie besitzen wieder und immer noch die bessere Lobby, die größere Gelenkigkeit im Umgang mit den Medien und einen heißen Draht zu den Leuten, die damals schon Posten bei Rundfunk und Platte inne hatten. „Ich bin heute pleite“, gestand Renft-Gründer Klaus Jentzsch der Zeitschrift „Super Illu“, „während geldgeile Duckmäuser wie Puhdys und Karat die Millionen scheffelten.“1 Ein Urteil, das hart klingt. Doch Jentzsch, mit seinen Bands zu DDR- Zeiten „länger verboten als erlaubt“, hat seine Erfahrungen gemacht. So traten die Puhdys vor einigen Jahren im Rahmen einer Ostalgie- Veranstaltung im thüringischen Erfurt auf. Auch die KLAUS-RENFT- COMBO nahm an diesem Open-Air teil. Auf Grund einer verkehrsbe- dingten Verspätung trafen die Musiker