Tur0 mrC LMG il Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen

Band 6, Heft1-2: 1-136 Juli 1990 Impressum:

Herausgeber: Hessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Naturschutzbehörde -

Schriftleitung: K. Fiedler, Kantstraße 7, D-6050 Offenbach am Main

Redaktion: K.-U. Battefeld, Wiesbaden W. Bauer, Frankfurt am Main Dr. H.-J. Böhr, Wiesbaden Dr. W. Keil, Frankfurt am Main K. Möbus, Frankfurt am Main

Redations- Redaktion „Vogel und Umwelt" anschrift: c/o K. Fiedler, Kantstraße 7, D-6050 Offenbach am Main

Gesamt- herstellung: C. Adelmann, Frankfurt am Main

Wiesbaden 1990

Alle Rechte vorbehalten.

Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren verantwortlich; dieser gibt nicht in jedem Falle die Auffassung des Herausgebers wieder.

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Band 6 Zeitschrift (1990-1991) für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen

ISSN 0173-026E

Herausgeber: Hessisches Ministerium für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis

Berichte Seite

K. U. BATTEFELD: Das Intensivprogramm Naturschutz 129

K. U.BATTEFELD: EDV im hessischen Naturschutz - Datenstrukturen normiert 243

W. BAUER: 25 Jahre HGON - Rückblick und Vorschau 153

K.-H. BERCK: Anmerkungen über Arbeiter zum Schutz der Natur 139

E. BROCKMANN: Die Kulturpappel („Hybridpappel") - eine Gefahr für die Natur? 231

N. BÜTEHORN & H. PLACHTER: Methodische Leitlinien für zeitgemäße Biotoperfassungen 299

M. DORNBUSCH: Die Entwicklung staatlicher Vogelschutzeinrichtungen im Raum zwischen Thüringen und Mecklenburg 237

B. FISELIUS & F. KÜHNEL: Biotopkartierung im hessisch-thüringischen Grenzbereich 313

H. P. GOERLICH: Ansprache anläßlich der Trauerfeier für Willy Bauer am 26. April 1991 284

J. JORDAN: Vorwort des Ministers 283

A. KÖSTER: Untersuchungen 1989 zur Siedlungsdichte und Fortpflanzungsrate der Elster (Pica pica) sowie zum Konkurrenzverhalten zur Rabenkrähe (Corvus c. corone) im Raum Korbach Nordhessen 223

M. KRAFT: Zur Ausbreitung des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) in Hessen seit 1980 211

K. MÖBUS: Vogelbestandserfassung 1990 in der Niddaaue Frankfurt (Gelände der Bundesgartenschau 1989) 167

L. NITSCHE: Vegetation und Vogelbestände am Dörnberg (Kreis Kassel) 101

I. REICHHARDT: Bundesverdienstkreuz für Willy Bauer 149

R. SANDER: Grußwort 25 Jahre HGON 147

R. SANDER: Trauerfeier Willy Bauer am 26. April 1991 289

R. SCHMIDT& H. HELD: Zum Nächtigungsverhalten des Haselhuhns (Bonasa bonasia) als Bestandserfassungshilfe 207

H. SPRANKEL: Nachdenken über einen Ruheständler - Dr. Werner Keil 163

E. H. STOCK: „NATUREG" und „HAB" Anwendung moderner Informationstechnologien zur Erarbeitung eines flächendeckenden landesweiten Arten- und Biotopschutzsystems in Hessen 291 Berichte Seite

Schwerpunkt-Heft Eulen und Referate der Eulen-Tagung 1989 in Breuberg/Odenwald

* B. & P. BLOCK: Zur Brutbiologie und Ökologie der Waldohreule (Asio otus) 29

* 0. DIEHL: Erfahrungen bei der Pflege von Greifvögeln und Eulen sowie Ergebnisse der Totfunderfassung im Altkreis Dieburg 39

0. DIEHL: Artkapitel Schleiereule 87

H. FRIEDRICH: Die Entwicklung der Steinkauz-Population im Landkreis Limburg-Weilburg von 1978-1989 59

A. HARBODT: Schwerpunktheft: Eulen 4

* G. HOTHUM: Eulenvorkommen im Odenwaldkreis 83

* H. ILLNER: Sind durch Nistkasten-Untersuchungen verläßliche Populationstrends zu ermitteln? - Eine Fallstudie am Steinkauz (Athene noctua) - 47

* K. H. KOLB & H. U. SCHNITZLER: Zum Beutefangverhalten des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) bei Licht und bei Dunkelheit 5

* K. MENNING: Beobachtungen an gezüchteten Sperlingskäuzen (Glaucidium passerinum) Folgerungen für den Artenschutz 23 R. MOHR: Bemerkenswertes aus dem Leben hessischer Steinkäuze (Athene noctua) 63

K. RADLER: Was ist eine „sich selbst erhaltende" (Uhu-) Population und wie groß sollte sie sein? 71

* 0. SCHWERDTFEGER: Die Bedeutung populationsökologischer Kenntnisse für den Artenschutz am Bespiel des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) 11

* J. C. VAN VEEN: Zum Beutefangverhalten und Nestlingswachstum bei Waldkäuzen (Strix aluco) 27

Kleine Mitteilungen

P. ERLEMANN: Erstnachweis der Rötelschwalbe (Cecropis daurica) für Hessen 267

P. ERLEMANN: Nachweis von Bigynie beim Schwarzkelchen (Saxicola torquata) . 270

K. FIEDLER: Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1990 245

M. KORN: Außergewöhnlicher Herbstdurchzug des Wespenbussards (Pernis apivorus) in Nordhessen 263

M. KORN: Bemerkenswerter Durchzug der Zwergmöwe (Larus minutus) in der Lahnaue westlich von Gießen 265

W. PETER: „Steinkauz-Fernwanderer" aus dem Main-Kinzig-Kreis 133 W. VEIT: Brutzeitbeobachtungen von Eulen in den Kreisen Lahn-Dill, Gießen, Limburg-Weilburg 1988 und 1989 133

"Vorgetragene Referate auf der Eulen-Tagung 1989 in Breuberg III Seite

Mitteilungen der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

K. U. BATTEFELD: Dr. Werner Keil im Ruhestand 161 Vogelschutzwarte unter neuer Leitung 274

Nachrichten

Ankündigung eines Sonderheftes von „Die Vogelwarte" 275 Aufruf zur Mitarbeit am DDA-Monitoring-Programm 275

Neue Literatur: 9, 10, 21, 22, 26, 28, 37, 38, 58, 61, 62, 69, 70, 82, 86, 128, 131, 132, 134, 135, 146, 152, 160, 162, 166, 206, 230, 242, 273, 276 bis 280, 298, 312, 367 bis 376

Herausgeber: Hessisches Ministerium für Landesentwicklung, Wohnen, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Naturschutzbehörde -

Schriftleitung: K. Fiedler, Kantstraße 7, D-6050 Offenbach am Main

Redaktion: Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, Frankfurt am Main Dr. H.-J. Böhr, Wiesbaden Dr. W. Keil, Frankfurt am Main W. Schindler, Solms Dr. W. Schütz, Eltville Redaktions- anschrift: Redaktion „Vogel und Umwelt" c/o K. Fiedler, Kantstraße 7, D-6050 Offenbach am Main

Druck: C. Adelmann, Frankfurt am Main

Wiesbaden (1991)

Alle Rechte vorbehalten.

Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren verantwortlich; dieser gibt nicht in jedem Falle die Auffassung der Herausgeber wieder. IV Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen

Band 6, Juli 1990 Heft 1-2: 1-136 ISSN 0173-0266

Herausgeber: Hessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis

Seite

A. HARBODT: Schwerpunktheft: Eulen 4

Tagungsankündigung 4

Berichte

* K.-H. KOLB & H.-U. SCHNITZLER: Zum Beutefangverhalten des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) bei Licht und bei Dunkelheit 5

* 0. SCHWERDTFEGER: Die Bedeutung populationsökologischer Kenntnisse für den Artenschutz am Beispiel des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) 11

* K. MENNING: Beobachtungen an gezüchteten Sperlingskäuzen (Glaucidium passe- rinum) - Folgerungen für den Artenschutz 23

* J. C. VAN VEEN: Zum Beutefangverhalten und Nestlingswachstum bei Waldkäuzen (Strix aluco) 27

* B. und P. BLOCK: Zur Brutbiologie und Ökologie der Waldohreule (Asio otus) 29

* 0. DIEHL: Erfahrungen bei der Pflege von Greifvögeln und Eulen sowie Ergebnisse der Totfunderfassung im Altkreis Dieburg 39

* H. ILLN ER: Sind durch Nistkasten-Untersuchungen verläßliche Populationstrends zu ermitteln? - Eine Fallstudie am Steinkauz (Athene noctua) - 47

H. FRIEDRICH: Die Entwicklung der Steinkauz-Population im Landkreis Limburg- Weilburg von 1978 -1989 59

R. MOHR: Bemerkenswertes aus dem Leben hessischer Steinkäuze (Athene noctua) 63

K. RADLER: Was ist eine „sich selbst erhaltende (Uhu-) Population und wie groß sollte sie sein? 71

* G. HOTHUM: Eulenvorkommen im Odenwaldkreis 83

0. DIEHL: Artkapitel Schleiereule 87

L NITSCHE: Vegetation und Vogelbestände am Dörnberg (Kreis Kassel) 101

K.-U. BATTEFELD: Das Investitionsprogramm Naturschutz 129

* Vorgetragene Referate auf der Eulen Tagung 1989 in Breuberg. 2 Seite

Kleine Mitteilungen

W. PETER: „Steinkauz-Fernwanderer" aus dem Main-Kinzig-Kreis 133

W. VEIT: Brutzeitbeobachtungen von Eulen in den Kreisen Lahn-Dill, Gießen und Limburg-Weilburg 1988 und 1989 133

Neue Literatur 9,10, 21, 22, 26, 28, 37, 38, 58, 61, 62, 69, 70, 82, 86, 128, 131, 132,134, 135

Neue Tonbandkassetten mit Vogelstimmen 136

3 Schwerpunktheft: Eulen

In dieser Ausgabe von „Vogel und Umwelt" werden die Referate veröffentlicht, die anläßlich der 12. Jahrestagung der „Arbeitsgruppe (AG) zum Schutz bedrohter Eulen im Deutschen Bund für Vogelschutz" am 15. und 16. April 1989 in Breuberg gehalten worden sind.

An der Tagung in derJugend herberge der Burg Breuberg, Odenwald, hatten 78 AG-Mitglieder und Gäste aus dem In- und Ausland teilgenommen.

Als Dank und in Anerkennung seines langjährigen Engagements zum Schutz bedrohter Eulen erhielt der frühere AG-Leiter Klaus Michael Exo ein Buchgeschenk von den Mitgliedern der AG.

Herrn Otto Diehl und insbesondere der DBV-Gruppe Breuberg sei für die hervorragende organisatorische Unterstützung gedankt; ebenso dem Herausgeber von „Vogel und Umwelt" für die Möglichkeit, alle Vorträge in einem Schwerpunktheft „Eulen" zu publizieren.

Arbeitsgruppe zum Schutz bedrohter Eulen ALBERT HARBODT, Kirchgasse 7, 6101 Roßdorf

Tagungsankündigung

Für die diesjährige Tagung am 13. und 14. Oktober 1990 in Homburg, Saarland, liegen 17 Vortragsanmeldungen vor, von denen sich neun mit der Biologie und dem Schutz von Sperlings-, Stein- oder Rauhfußkauz, drei mit Parasiten oder chemischen Rückständen bei Eulen und fünf mit Aspekten der Bestandsstützung bzw. Wiederansiedlung befassen.

Arbeitsgruppe zum Schutz bedrohter Eulen KARL RADLER, Grüner Weg 3, 3414 Hardegsen 5

4 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 5 - 8 (1990)

Zum Beutefangverhalten des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) bei Licht und bei Dunkelheit von KARL-HEINZ KOLB & HANS-ULRICH SCHNITZLER, Tübingen

Eulen sind als nachtaktive Jäger mit sehr unterschiedlichen Beleuchtungsverhältnissen konfrontiert. Bei sehrschwachem Licht können sie ihre Beute noch allein mit dem Gesichtssinn aufspüren. Bei absoluter Dunkelheit bleibt eine Maus jedoch auch für sie unsichtbar. Gleiches gilt, wenn sich ein Nager in einem Grastunnel unter der Bodenvegetation oder unter Schnee fortbewegt. Aber auch in solchen Situationen jagen Eulen erfolgreich, denn sie können die Beute auch allein mit dem Gehör lokalisieren. Das vor dem Beuteanflug gezeigte Lokalisa- tionsverhalten dient dazu, die Position der Beute genau zu bestimmen. Hier wird beschrieben, wie das Lokalisationsverhalten und der Beuteanflug von der Beleuchtungsintensität ab- hängen. An zwei Rauhfußkäuzen wurde der Beutefang bei Licht und bei absoluter Dunkelheit unter- sucht. Die Käuze wurden einzeln in einer schalltoten Kammer gehalten. Dort fanden auch die Versuche statt. Ihre Fähigkeit, eine Maus mit dem Gehör zu lokalisieren, wurde in einem Versuch getestet, bei dem sie einen verborgenen Lautsprecher anfliegen mußten, der Breit- bandrauschen aussendete. Der Anflug der Eulen auf den Lautsprecher erfolgte mit einer Ziel- genauigkeit von 1° sowohl im Azimut (horizontale Ebene) als auch in der Elevation (vertikale Ebene).Weiter wurden die Eulen darauf trainiert, eine lebende Maus zu schlagen, die auf einer Plattform in einer Entfernung von 2 m von der Sitzstange der Eule saß. Bei den Dunkelver- suchen war der Versuchsraum mit für die Eulen nicht sichtbarem Infrarotlicht beleuchtet. Das Lokalisationsverhalten vor dem Beutefang wurde mit einer fernsteuerbaren, infrarotsensitiven Videokamera aufgezeichnet. Die fotografische Charakterisierung der Beuteanflüge erfolgte bei stroboskopischer Beleuchtung mit einer Mehrfachblitzanlage, die bei Dunkelheit mit Infra- rotfiltern ausgestattet war. Die Blitzfolge betrug 11 Hz bei Licht und 6 Hz bei Dunkelheit. Die Flugzeit der Käuze wurde mit einer elektronischen Uhr gemessen. Die Flugbahnen konnten anhand der Fotos rekonstruiert werden. Bei beiden Tieren zeigte das Beutefangverhalten bei Licht und bei Dunkelheit auffällige Unter- schiede. Vor dem Beuteanflug lokalisierten die Käuze ihre Beute mit Hilfe verschiedener Kopf- peilbewegungen. Das Lokalisationsverhalten bei Licht war gekennzeichnet durch Auf- und Abbewegungen des Kopfes in der Ebene der Gesichtsscheibe (ohne Abb.); Kreisbewe- gungen, bei denen die Käuze mit dem Kopf halbkreis- bis schleifenförmige Bahnen, seltener Vollkreise beschreiben (Abb.1 A) und horizontale Kopfbewegungen, bei welchen der Kopf seit- lich nach links und rechts versetzt wird (Abb. 1 B). Im Gegensatz hierzu waren die häufigsten Kopfpeilbewegungen im Dunkeln Rollbewegungen (Abb.1 C) und vertikale Kopfbewegungen mit sehr großem Hub. Vertikale Kopfbewegungen führten die Käuze aus, indem sie sich abwechselnd tief in Hockstellung niederduckten und durch extreme Körper- und Beinstreckung steil aufrichteten (Abb. 1 D).

Der Beuteanflug der Eulen im Hellen unterscheidet sich starkvom Anflug im Dunkeln. Bei Licht war der Start von der Sitzstange nach unten orientiert. Die Käuze machten zwei Flügelschläge 5 und gingen anschließend in einen schnellen, in gerader Linie auf die Maus gerichteten Gleitflug über. Kurz vor der Beute bremsten die Eulen ihren Flug stark ab, wobei sie die Beine und Füße vor den Körper brachten und so den Beutestoß einleiteten (Abb. 2).

Im Dunkeln starteten die Vögel mehr oderweniger horizontal von der Sitzstange. Sie flogen auf einer bogenförmigen Flugbahn, wobei sie auf der gesamten Strecke bis zur Mausfortwährend mit den Flügeln schlugen, was den Beuteanflug stark verlangsamte. Ein Abbremsen wie beim Anflug bei Licht war nicht zu beobachten, vielmehr gingen die Käuze direkt aus dem Lang- samflug zum Beutestoß über (Abb. 2). Weiter erfolgte der Beutestoß im Dunkeln viel mehr von oben als bei Licht. Bei Licht konnten vier verschiedene Flugphasen unterschieden werden: Startphase, Gleit- phase, Abbremssphase und Beutestoß. Im Dunkeln waren nur drei Flugphasen erkennbar: Startphase, Langsamflug und Beutestoß.

Die mittlere Anfluggeschwindigkeit betrug 2,85 m/s bei Licht und 1,75 m/s in völliger Dunkel- heit. Die Flugdauer war deshalb im Dunkeln 40% länger als im Hellen.

Abb. 1: Kopfpeilbewegungen des Rauhfußkauzes bei Licht und bei Dunkelheit. A: Kreisbewegungen, B: Horizontale Kopfbewegungen, C: Rollbewegungen, D: Vertikale Kopfbewegungen. Die bei Licht auftretenden Auf- und Abbewegungen des Kopfes entsprechen verti- kalen Kopfbewegungen mit sehr geringer Auslenkung. 6 Abb. 2: Von Orginalfotos abgezeichnete Beuteanflüge eines Kauzes bei Licht und bei Dunkelheit. Der unterschiedliche Anflugstil und die deutlich verschiedenen Flug- bahnen sind gut erkennbar.

7 Durch die Helligkeit bedingte Unterschiede im Beutefangverhalten wurden schon bei der Schleiereule (Tyto alba) und Waldohreule (Asio otus) von PAYNE (1971,1962) und ILJITSCHEW (1975) beobachtet. Doch nicht alle Eulen zeigen so vielgestaltige und ausgepragte Kopf- peilbewegungen wie der RauhfuBkauz. Die ebenfalls Oberwiegend nachtaktiven Arten Waldohreule und Waldkauz (Strix aluco) fuhren vor dem Beuteanflug ahnliche Peilbewe- gungen wie der RauhfuBkauz aus. Dagegen fehlen bei der Schleiereule Kopfbewegungen im Dunkeln fast v011ig (RABER 1949, LINDBLAD 1967, NORBERG 1970, SCHERZINGER 1970, ILJITSCHEW 1975). Die beim RauhfuBkauz festgestellte, von der Helligkeit abhangige unter- schiedliche Haufigkeit bestimmter Kopfpeilbewegungen !at Ruckschlusse auf deren Funk- tion zu. So haben Kopfbewegungen, die im Hellen sehr haufig ausgefithrt werden und im Dunkeln nur sehr selten auftreten, vermutlich eine visuelle Funktion. Umgekehrt dienen Kopf- bewegungen, die im Dunkeln dominieren und im Hellen nur sporadisch gezeigt werden, wohl der auditorischen Lokalisation. Die getroffene Unterteilung in visuelle und auditorische Kopf- peilbewegungen findet sich schon bei HEINROTH (1926). Peilbewegungen mit visueller Funk- tion sollen vermutlich das raumliche Sehen verbessern und so eine genaue Entfernungsmes- sung ermOglichen.Ahnliches gilt wohl auch fur die Peilbewegungen mit auditorischer Funktion, die ebenfalls die Beutelokalisation verbessern und eine genaue Bestimmung der Entfernung zur Beute ernneglichen sollen. Auch LINDBLAD (1967) vertritt die Hypothese, daB die Kopfpeil- bewegungen der Eulen sowohl im Hellen als auch bei Dunkelheit der Entfernungsmessung dienen.

Die Daten von PAYNE (1971,1962) und ILJITSCHEW (1975) zeigen, daB hinsichtlich der Anflug- geschwindigkeit der Beuteanflug der Schleiereule und Waldohreule dem des RauhfuBkauzes sehr ahnlich ist. Beide Arten verlangsamen ihren Anflug im Dunkeln in gleicher Art und Weise wie der RauhfuBkauz. Schleiereule und Waldohreule fliegen nach Angaben von PAYNE und ILJITSCHEW die Beute jedoch auch in absoluter Dunkelheit auf einer geraden Flugbahn an. Zumindest fur die Schleiereule mu6 diese Aussage in Zweifel gezogen werden, denn ihre Flugbahn scheint im Dunkeln auch bogenfOrrnig zu sein (KONISH11973).Diese Eulenart zeigt somit helligkeitsbedingte Unterschiede in den Flugbahnen wie der RauhfuBkauz.

Literatur:

HEINROTH, O. & M. HEINROTH (1926): Die Vbgel Mitteleuropas. Berlin, Lichtenfelde (Bernnithler).

ILJITSCHEW, V.D. (1975): Die Ortung bei den VOgeln.Adaptationsmechanismen der passiven Ortung der Eulen. Wissenschaftsverlag, Moskau.

KON ISH I, M. (1973): How the owl tracks its prey. - Am. Scient. 61: 414 - 424.

LINDBLAD, J. (1967): I ugglemarker. - Bonniers Verlag, Stockholm.

NORBERG, R. A. (1970): Hunting technique of tengmalm's owl (Aegolius funereus). - Var Fagelvarld 23: 228 - 244.

PAYNE, R. S. (1971): Acoustic location of prey by barn owls (Tyto alba). - J. Exp. Biol. 54: 535 - 573.

PAYNE, R.S. (1962): How the barn owl locates prey by hearing. - Living Bird: 151-159. 8 RÄBER, H. (1949): Das Verhalten gefangener Waldohreulen (Asio otus otus) und Waldkäuze (Strix aluco aluco) zur Beute. - Behaviour 2: 1-95.

SCHERZINGER, W. (1970): Zum Aktionssystem des Sperlingskauzes (Glaucidium passeri- num L.). - Zoologica 41: 1-106.

Verfasser: KARL-HEINZ KOLB und HANS-ULRICH SCHNITZLER, Lehrstuhl für Tierphysiologie Universität Tübingen, Morgenstelle 28, 7400 Tübingen

Neue Literatur

DWENGER, R. (1989): Die Dohle. - 148 S., 73 Abb., Die Neue Brehm-Bücherei Nr.: 588, A. Ziemsen Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. -Vertrieb in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz: ESKABE GmbH Schönitz & Co KG, 8222 Ruhpolding. Die Renovierung von Stadtzentren, Kirchen, Burgen und Schlössern hat der Dohle ebenso zahllose Brutmöglichkeiten genommen, wie forstliche Monokulturen (Fehlen alter Bäume mit Schwarzspechthöhlen). Für viele alte Bauwerke war diese Rabenvogelart ein typischer Mitbe- wohner. Ihr Bestandsrückgang ist vielerorts erschreckend. In Hessen mußte sie auf der „Roten Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten" in die Kategorie 2 („stark bedrohte Arten") aufge- nommen werden. Ihr Brutbestand I iegt bei rund 300 Paaren. DieserVogelart durch artgerechte Maßnahmen zu helfen ist eine vordringliche Vogelschutzaufgabe. Die jetzt im Ziemsen Verlag erschienene Monografie dieser Rabenvogelart ist dazu eine ausgezeichnete Hilfe. Es wird u. a. umfassend über Systematik, Morphologie, Ethologie, Biologie, Ökologie, Zugbewegungen, Schutzmaßnahmen und Beringung unterrichtet. Ein 6seitiges Literaturverzeichnis beschließt den informativen Band. W. KEIL

9 Neue Literatur

BEZZEL, E. (1989): Der Pirol. - Das besondere Vogelportrait. Format 13 x 19 cm, 159 Seiten, 56 Farbfotos, 20 farbige Zeichnungen, 2 Farbtafeln „Pirole der Welt" und 34 Schwarz- weiß-Zeichnungen. Blüchel & Philler Verlag, Minden.

Der Blüchel & Philler Verlag hat mit der Herausgabe des 1. Bandes „Der Pirol" eine mehrteilige Serie gestartet, die auf den „ersten Blick"ein Konkurrenzunternehmen zu den hervorragenden Artmonographien der NEUEN BREHM-BÜCHEREI vermuten läßt. Ein „zweiter Blick" zeigt jedoch sehr schnell, daß diese Publikation eine willkommene Ergänzung zu dem streng wissenschaftlich verfaßten Bändchen der Neuen Brehm-Bücherei von K.-D. FEIGE darstellt. Mit Einhard BEZZEL als Autor und Friedrich WEICK als Vogelmaler konnte der Verlag zwei Mitarbeiter gewinnen, die den ersten Band - Der Pirol -zu einem bibliophilen „Leckerbissen" gestalteten. Exzellente Fotos, ansprechende Illustrationen von WEICK und die klare, un- nachahmliche Sprache von BEZZEL setzen Maßstäbe, an denen nachfolgende Autoren zu messen sind. Ein paar Schlagworte zum Inhalt: DerVogel und sein Ruf Ein Exote in Europa * Pirol-Sommer in Europa * Das Nest - eine ideale Behausung * Eine Kostbarkeit im Auwald * Wanderungen und Winterquartiere * Dichtung und Wahrheit über einen bemerkenswerten Vogel.

Mit Spannung werden die folgenden Vogelportraits - Der Eisvogel * Das Rotkehlchen * Die Rauchschwalbe * Der Höckerschwan * Der Weißstorch * Die Schleiereule * Der Haussperling * Der Buchfink * Das Auerhuhn * Die Stockente *Vogel des Jahres 1991-erwartet. „Der Pi rol" aus der Feder von E. BEZZEL kann nicht nur allen Ornithologen empfohlen werden, sondern ist für jeden, der an der heimischen Vogelwelt interessiert ist, eine Bereicherung seiner natur- kundlichen Literatur. K. FIEDLER

10 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 10 - 21 (1990)

Die Bedeutung populationsökologischer Kenntnisse für den Arten- schutz am Beispiel des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) von ORTWIN SCHWERDTFEGER, Osterode am Harz

1. Einleitung

Gemäß dem Bundesnaturschutzgesetz ist es Ziel des Artenschutzes, die Gesamtheit wild- lebender Tiere und wildwachsender Pflanzen in sich selbst regenerierenden Populationen an ökologisch funktionsfähigen Lebensstätten zu sichern, zu entwickeln und zu lenken.

Artenschutzmaßnahmen können umso besser diesem Ziel dienen, je mehr sie die artspezi- fische Biologie der einzelnen Tierarten berücksichtigen. Bei Greifvogel- und Eulenarten sind hierbei die Populationsdynamik, die Dispersionsdynamik und die Populationsökologie, ins- besondere die Nahrungsökologie,von großer Bedeutung. Die Populationsdynamik befaßt sich mit der Bevölkerungsstatistik, die auch bei Menschenpopulationen üblich ist,wie Geburtsrate, Sterberate, Emigration, Immigration. Die Dispersionsdynamik erfaßt die Verteilung der Indivi- duen in einem Gebiet und deren zeitliche Veränderung. Die Populationsökologie untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Individuen und Umwelt sowie die Einflüsse, die die Umwelt auf die Population ausübt, und umfaßt damit auch die Populations- und Dispersionsdynamik. Bei der Planung und Durchführung von Artenschutzmaßnahmen werden populationsöko- logische Zusammenhänge vielfach zu wenig berücksichtigt. Das kann verschiedene Gründe haben, z. B.: a) Über die Populationsökologie der betreffenden Tierart ist noch zu wenig bekannt. b) Es gibt zwar Kenntnisse aus der Populationsökologie, den Planern von Schutzmaßnahmen sind diese aber nicht bekannt. c) Populationsökologische Kenntnisse werden als unrelevant für die Durchführung von Artenschutzmaßnahmen angesehen.

Deshalb besteht die Gefahr, daß Artenschutzmaßnahmen mehr aus der Sicht des Menschen als aus der Sicht der betreffenden Tierart entworfen werden. Ein Erfolg solcher Maßnahmen wird dann zwar vermutet oder erhofft, er ist aber nicht sichergestellt. Eine Überprüfung,welche Wirkung die Artenschutzmaßnahmen tatsächlich auf die Zielart haben, ist in der Regel nicht vorgesehen. Aber gerade eine Rückmeldung über die Wirkung der Maßnahmen ist wichtig: z. B., um schädliche Einflüsse zu erkennen und auszuschalten, oder um die Maßnahmen zu optimieren, damit die zur Verfügung stehenden, meist geringen Mittel auch effektiv ein- gesetzt werden. Wie wichtig dabei populationsökologische Kenntnisse sind, soll an Beispielen aus der Populationsökologie des Rauhfußkauzes deutlich gemacht werden.

2. Methodik von Populationsuntersuchungen

Für populationsökologische Betrachtungen stehen meistens nur faunistische Daten zur Verf ü- gung, die durch unsystematisches Erfassen von Bruten und Sammeln von Zufallsbeobach- tungen zustande kommen. Ist es schon schwer, einem solchen Material populationsökolo- gische Sachverhalte zu entnehmen, so ist es weitgehend unmöglich, hieraus kausale Zusam- 11 menhänge zu ermitteln. Wird dies dennoch versucht, so besteht die Gefahr von Fehlschlüssen und unzulässigen Verallgemeinerungen. Populationsökologische Zusammenhänge lassen sich am besten erkennen, wenn in einem geeigneten Gebiet die Gesamtheit der Individuen einer Vogelart und die relevanten Umwelteinflüsse erfaßt werden. Die Ergebnisse einer solchen Populationsuntersuchung sind umso fundierter und umso besser zu analysieren, a) je größer das untersuchte Gebiet ist, b) je mehr art- und umweltspezifische Parameter erfaßt werden, c) je vollständiger diese Daten gesammelt werden, d) je mehr Vögel individuell markiert und identifiziert werden, e) je weniger die Methoden im Laufe der Untersuchung verändert werden und f) je länger diese Untersuchung durchgeführt wird. Besonders bei Greifvogel- und Eulenarten ist wegen der nahrungsökologisch bedingten starken Populationsschwankungen ein langer Untersuchungszeitraum von mindestens fünf Jahren erforderlich. Da dies die Zeitspanne wissenschaftlicher Arbeiten von Studenten über- schreitet, werden Populationsuntersuchungen weitgehend nebenberuflich durchgeführt. Wegen der dafür erforderlichen Genehmigungen und des enormen zeitlichen und finanziellen Aufwandes ist es nicht verwunderlich, daß in Mitteleuropa nur wenige Populationsunter- suchungen am Rauhfußkauz durchgeführt wurden (SCHELPER 1989, SCHWERDTFEGER 1988b). Im Westharz konnte in einem 200 km2 großen Gebiet eine Population des Rauhfußkauzes mit gleichbleibenden Methoden fast vollständig erfaßt werden (Details s. SCHWERDTFEGER 1984). Dies war nur möglich, weil die Vögel aufgrund des Mangels an natürlichen Bruthöhlen fast ausschließlich in Nistkästen brüteten. 1979 -1988 wurden 248 Bruten erfaßt und 930 Rauhfußkäuze beringt. Die folgenden Betrachtungen gehen hauptsächlich von Ergebnissen dieser Populationsuntersuchung aus.

3. Ergebnisse und ihre Bedeutung

3.1 Populationsdynamik Von 526 nestjung beringten Rauhfußkäuzen, die bis 1987 im Untersuchungsgebiet ausflogen, wurden nur 28 22 und 20 99 dort als Altvögel wiedergefangen. Diese sich in ihrer Geburts- population ansiedelnden Käuze waren nur 27% aller dort gefangenen 104 verschiedenen adulten ee und 13% aller 154 adulten 99. Da im Untersuchungsgebiet fast alle Bruten erfaßt und nahezu alle Altvögel gefangen werden konnten, muß also der größte Teil der aufwachsenden jungen Käuze ihre Geburtspopulation verlassen haben, auch wenn man von noch höheren Mortalitätsraten ausgeht, als sie von FRANZ et al. (1984) geschätzt wurden (SCHWERDTFEG ER 1984). Nachweise emigrierter 99 liegen aus Entfernungen zwischen 103 km (Thüringen) und 482 km (Oberösterreich) vor. Andererseits muß der größte Teil der im Untersuchungsgebiet brütenden Rauhfußkäuze in anderen Brutgebieten aufgewachsen und dann in den Harz eingewandert sein. Immigrierte, nestjung beringte Käuze beiderlei Geschlechts stammten aus Entfernungen zwischen 65 km (südliche Lüneburger Heide) und 198 km (Siegerland, Süd-Westfalen). Auch für adulte 99 liegen Nachweise für Fernumsiedlungen über Entfernungen zwischen 65 km (Bramwald, Süd-Niedersachsen) und 341 km (Schwäbische Alb, Baden-Württemberg) vor. 12 Die zwischen anderen Gebieten festgestellten Emigrations- und Immigrationsentfernungen liegen innerhalb der oben angegebenen Spannbreiten (GLUTZ 1980, FRANZ et al. 1984, SCHELPER 1989). Fernumsiedlungen adultero konnten bisher nicht nachgewiesen werden und kommen vermutlich kaum vor. Die früher verbreitete Meinung, daß in den Brutgebieten autochthone, sich selbst reproduzie- rende Rauhfußkauz-Populationen existieren, trifft also nicht zu. Zwischen den in Mitteleuropa weitgehend isoliert voneinander liegenden Verbreitungsinseln des Rauhfußkauzes findet ein regelmäßiger Austausch von jungen Käuzen und 99 statt (SCHWERDTFEGER 1988b). Werden in einer Population geeignete Schutzmaßnahmen getroffen, die dort zu einer Erhö- hung der Reproduktion führen, so kommt dies also auch anderen Populationen zugute. Andererseits ist ein Teil der Altvögel einer Rauhfußkauz-Population orts- oder gebietstreu. Im Untersuchungsgebiet wurden 54 0/0 der adulten und 31 0/0 der adulten 44 in mindestens zwei verschiedenen Jahren dort festgestellt. Im Siegerland waren dies 26 0/0 der gefangenen adulten 99 (FRANZ et al.1984). Im Westharz konnte nachgewiesen werden, daß sich diecM'im Durchschnitt mehr Jahre im Gebiet aufhielten und dabei geringere Ortsveränderungen vornahmen als die 49 (SCHWERDTFEGER 1988b). Das bedeutet, daß die Brutpartner wech- seln. Dies wird in Tabelle 1 anhand von 4 ee, die sich in einem 20 km2 großen Teilgebiet zusammen mit weiteren ee und 44 aufhielten, bestätigt: An den 24 Bruten der 4 2c?' waren 16 verschiedene 44 beteiligt (2 99 waren nacheinander mit 2 cl'e' verpaart).

Tabelle 1: Wechsel von Bruthöhlen und Brutpartnern bei 4 Rauhfußkauz --au im Westharz

Anzahl größte Entfernung e Jahre Jahre Bruten Höhlen 9 zwischen Höhlen

1. 1979 - 85 7 8 7 7 2,1 km 2. 1980 - 85 6 7 5 3 1,8 km 3. 1981 - 86 6 6 4 5 3,1 km 4. 1983 - 86 4 3 3 3 3,0 km

gesamt 24 19 18 davon doppelt —1 —2

3.2 Dispersionsdynamik In Tabelle 1 fällt ferner auf, daß die vier betrachteten ee regelmäßig die Bruthöhlen wechselten: Die 24 Bruten fanden in 18 verschiedenen Höhlen statt (eine Höhle wurde von zwei ee genutzt). Diese Tendenz, die Bruthöhle zu wechseln, bestätigte sich auch bei den anderen mehrmals gefangenen die'. Nur in 26% der 89 Fälle führte das e eine Brut in einerschon vorher benutzten Höhle durch. Von den mehrmals gefangenen 99 wurde nur in 5% der 79 Fälle in derselben Bruthöhle wie in einem früheren Jahr gebrütet. Im Siegerland konnte allerdings in 22 0/0 von 154 Fällen bei 44 Bruthöhlentreue festgestellt werden (FRANZ et al. 1984). Dieser höhere Prozentsatz kann darauf zurückzuführen sein, daß dort das Höhlenangebot geringer ist. Dafür spricht auch, daß in dem bisher besten Rauhfußkauz-Jahr 1983 im Siegerland 500/0 der Nistkästen, in einem entsprechend guten Jahr 1984 im Westharz aber nur 35% der Nistkästen besetzt waren. 13 Bei Artenschutzmaßnahmen sollte also eine möglichst hohe Zahl geeigneter Bruthöhlen angestrebt werden. Dadurch wird nicht nur dem Verhalten des Bruthöhlenwechsels Rechnung getragen, es können auch Ersatzbruten und Zweitbruten von 9 9 in der Umgebung stattfinden. Es wird ferner die Ansiedlung junger ec? in der Nähe bereits ansässigerclle ernnöglicht,was zu lokalen Verdichtungen in der Verteilung der Brutplätze führt, wie es für den Rauhfußkauz typisch ist. Daraus ergibt sich aber auch, daß ein Rauhfußkauz-Gebiet möglichst weiträumig besiedelbar sein sollte, damit sich dort eine Rauhfußkauz-Population artgerecht entwickeln kann und Orts- bewegungen der Käuze nicht sofort zum Verlassen des Gebietes führen. Dann sind Strichbe- wegungen der Jungvögel nach ihrem Selbständigwerden sowie Verlagerungen der Aktivitäts- räume adulter Käuze in artgerechter Umwelt möglich. Das bezieht sich auch auf die Zeit außer- halb der Brutsaison, in der Rauhfußkäuze Territorien nutzen, die nicht mit den Brutrevieren übereinzustimmen brauchen (KÄMPFER 1990). Nur in einem großen Gebiet kann sich ein Kernbestand von gebietstreuen Tieren bilden, der die Stabilität der Population gewährleistet und eine schnelle Erhöhung des Brutbestandes ermöglicht (SCHWERDTFEGER 1988b, 1990). Durch Verlagerung der Reviere, durch Umsiedlungen, Ansiedlungen und Todesfälle ändern sich von Jahr zu Jahr die Verteilung der Brutplätze und die Verbreitungsschwerpunkte, in denen Bruten gehäuft auftreten (Verteilungsmuster s. SCHWERDTFEGER 1984, 1990). Auch die Anzahl der Bruten schwankt in einem Rauhfußkauz-Brutgebiet stark, z. B. 1967 - 84 im Kaufunger Wald zwischen 3 und 26 Bruten, 1969 - 81 im Siegerland zwischen 12 und 54 Bruten, 1979 - 88 im Westharz zwischen 8 und 67 Bruten (SCHELPER 1989, BÜLOW& FRANZ 1982, SCHWERDTFEGER 1988b).

3.3 Populationsökologie Die Schwankungen von Brutbestand, Reproduktion, Dispersion und Fluktuation sind weit- gehend nahrungsökologisch bedingt (SCHWERDTFEGER 1988a, SCHELPER 1989). Voraussetzung für ein stabiles Rauhfußkauz-Vorkommen ist, daß dort regelmäßig Wühlmäuse (Microtus-Arten) und/oder Langschwanzmäuse (Apodemus-Arten) als Nahrungsgrundlage vorhanden sind. Der Rauhfußkauz paßt sich den von Jahr zu Jahr stark schwankenden Klein- säugerbeständen an: nimmt der Bestand dieser Hauptbeutetiere zu, so siedeln sich mehr junge Käuze dort an, und die Anzahl der Bruten und die Gelegegrößen sind hoch, nimmt der Bestand der Beutetiere ab, so verlassen junge Käuze und auch 9 9 das Gebiet, und die Anzahl der Bruten und die Gelegegrößen werden geringer (SCHWERDTFEGER 1988b). Da in Jahren mit geringem Nahrungsangebot auch einige Rauhfußkäuze nicht brüten, schwankt die Anzahl der sich in einem Gebiet aufhaltenden Käuze nicht so stark wie die Anzahl der Bruten. Die Nahrungsbedingungen in einem Gebiet können einerseits durch den Fang von Klein- säugern mit Hilfe von Fallen, andererseits durch die Beutetiere, die an die Jungen verfüttert werden, erfaßt werden. Letzteres kann durch Registrieren der in den Bruthöhlen deponierten Beutetiere oder durch Analyse des Gewöllkuchens geschehen, der sich bei der Aufzucht der Jungen in der Bruthöhle ansammelt. Aufgrund der starken Abhängigkeit der Gelegegröße von den Nahrungsbedingungen kann sogar die mittlere Gelegegröße als Kriterium für die Güte des Nahrungsangebotes gewählt werden, allerdings nur, wenn für eine solche Auswertung genügend viele Bruten zur Verfügung stehen (SCHWERDTFEGER 1988a). 14 Für ein Vorkommen ist nicht allein das Nahrungsangebot ausschlaggebend, denn es gibt Biotope wie z. B. die Feldmark, die vom Rauhfußkauz gemieden werden, obgleich dort in der Regel mehr Kleinsäuger auftreten als im Wald. Der Rauhfußkauz sucht sich seinen Lebens- raum nach weiteren artspezifischen Kriterien aus.

Aus der Sicht des Menschen ist es schwer, festzustellen oder vorauszusehen, ob ein Gebiet ökologisch für den Rauhfußkauz geeignet ist. Die Möglichkeit einer Neubesiedlung wird viel- fach dann angenommen, wenn bekannt ist, daß die Art dort früher vorkam. Dieses Kriterium wird auch bei anderen seltenen Tierarten als Rechtfertigung für die Durchführung von Arten- schutzmaßnahmen oder von Aussetzungsaktionen benutzt. Dabei wird leicht übersehen, daß sich in der Zwischenzeit durch Umweltveränderungen die Lebensbedingungen für diese Tierart verschlechtert haben könnten und daß gerade dies zum Verschwinden der Tierart geführt haben könnte.

Aber auch die Tatsache, daß in einem Gebiet ab und zu Bruten des Rauhfußkauzes stattfinden, bedeutet nicht, daß es sich um ein besonders gutes Brutgebiet handeln muß. Das zeigt der Vergleich populationsbiologischer Größen zwischen dem Untersuchungsgebiet und einem anderen Brutgebiet des Rauhfußkauzes im Oberharz bei Braunlage (ZANG & KUNZE 1985).

Im Unterschied zum Untersuchungsgebiet im Westharz (s. 3.1): a) war die jährliche Anzahl der Bruten gering (3 - 8) und erhöhte sich trotz eines hohen Nist- kastenangebotes kaum, b) waren Gelegegrößen und Bruterfolge gering, c) siedelte sich nur ein Jungvogel (0,8 0/0 von 117 dort ausgeflogenen Jungen) im Gebiet an und wurden nur wenige Brutvögel (17% von 18 c?« und 3% von 29 99) dort wiedergefangen.

Es ist kaum möglich und auch nicht wünschenswert, in jeder Rauhfußkauz-Population die Nahrung zu analysieren sowie Gelegegrößen und Bruterfolge festzustellen, auch wenn sich dadurch die sicherste Diagnose für die Qualität eines Brutgebietes ergibt. Der Vergleich der beiden Brutgebiete im Harz zeigt, daß sich die ökologische Güte eines Brutgebietes auch an der Populationsentwicklung erkennen läßt. Hierbei können bereits Veränderungen bei der Anzahl der Bruten, die sich verhältnismäßig leicht feststellen lassen, wichtige Hinweise geben. Demnach wäre ein starkesAnsteigen derAnzahl der Bruten im Laufe wenigerJahre und starke Schwankungen dieser Anzahl ein Zeichen für günstige Bedingungen.

Innerhalb eines Rauhfußkauz-Brutgebietes werden die einzelnen Brutplätze, wie Abb. 2 zeigt, verschieden häufig genutzt. Es gibt offenbar Brutplätze, die unabhängig vom individuellen Bruthöhlenwechsel von verschiedenen Individuen bevorzugt zur Brut benutzt werden. Dies müssen Brutplätze sein, an denen besonders günstige Bedingungen für den Rauhfußkauz herrschen und die dem Ökoschema, d. h. den Habitatansprüchen des Rauhfußkauzes am besten entsprechen. Bei näherer Betrachtung dieser bevorzugten Brutplätze zeigt sich, daß sie nicht immer dem „klassischen" Schema, das man früher für den Rauhfußkauz aufgestellt hat, entsprechen: Altholz mit Höhlen als Brutplatz, Stangenholz oder Dickungen als Schlafplatz und Aufenthaltsort der ausgeflogenen Jungen, Freiflächen zum Jagen der Kleinsäuger.

Eine genaue Kenntnis der Habitatansprüche ist nur durch die Analyse einerVielzahl von Rauh- fußkauz-Brutplätzen möglich, wobei die Güte der Brutplätze berücksichtigt werden muß, die z. B. durch die Häufigkeit der Benutzung oder durch den Bruterfolg gekennzeichnet ist. Mate- rial für eine solche Analyse wird von der „Arbeitsgemeinschaft zum Schutz bedrohter Eulen" im Rahmen einer Habitatkartierung aus verschiedenen Brutgebieten des Rauhfußkauzes gesammelt. 15 Verteilung • • der Nistkästen im West harz

• • N ••• • • • ••• • • ••• ir• • • ••• • •• - 15 • •• ow• • •• • • •• - •• •• • • • • • • • • • • •

10

O

5

km 5 10

Abb. 1: Verteilung der Nistkästen im Rauhfußkauz-Untersuchungsgebiet Westharz, n= 200

16 Abb. 2: Verteilung der vom Rauhfußkauz im Westharz 1977-1988 besetzten Nistkästen, n=125

17 Bei der Auswahl des Lebensraumes spielen beim Rauhfußkauz auch intra- und interspezi- fische Kontakte eine Rolle. Wie schon bei der Betrachtung der Dispersionsdynamik zum Ausdruck kam, sind beim Rauhfußkauz Interaktionen mit Artgenossen bei der Ansiedlung und der Festlegung der Territorien von großer Bedeutung (SCHWERDTFEGER 1988b). Anderer- seits scheint die Anwesenheit des Waldkauzes (Strix aluco) ein Vorkommen des Rauhfuß- kauzes weitgehend auszuschließen. Betrachtet man z. B. die Verteilung der Brutplätze des Rauhfußkauzes im Westharz in Abb. 2, so fällt auf, daß sie fast alle in Höhenlagen über 500 m NN liegen. Das kann nicht eine Folge des Höhlenangebotes, der Waldstruktur oder einer bestimmten Höhenverbreitung des Rauhfußkauzes sein, denn in Norddeutschland gibt es Brutplätze in weit tieferen Höhenlagen. Der eigentliche Grund dürfte der Waldkauz sein, der im Harz ziemlich einheitlich bei 500 m NN seine obere Verbreitungsgrenze hat. Die Habitat- ansprüche und die ökoethologischen Zusammenhänge müssen noch genauer untersucht werden. Ihre Klärung kann weitere Fortschritte im Verständnis der Populationsökologie und im Hinblick auf einen gezielten Einsatz von Artenschutzmaßnahmen für den Rauhfußkauz bringen.

4. Biotopschutz und Artenschutz

Die Bemühungen des Vogelschutzes haben sich von Maßnahmen, die dem Schutz bestimmter Vogelarten dienen, auf den Biotopschutz verlagert. Dabei erwartet man, daß der Schutz und die Erhaltung von Biotopen einer Vielzahl von Tieren, ja einer ganzen Lebensgemeinschaft zugute kommen. Ob die dort lebenden oder sich ansiedelnden Individuen auch tatsächlich einen Beitrag zur Erhaltung ihrer Art leisten, wird dabei allerdings nur selten untersucht. Aber gerade diese Frage ist besonders wichtig, da sich der Biotopschutz in der Regel auf sehr kleine Gebiete bezieht. Ob z.B. in einer isoliert liegenden Buchen-Altholzinsel ab und zu ein Rauhfuß- kauz brütet, ist zwar für dort tätige Vogelschützer und Faunisten interessant,für den mitteleuro- päischen Rauhfußkauz-Bestand aber unerheblich, da dort kaum eine erfolgreiche Jungen- aufzucht zu erwarten ist und die Entwicklung einer Population nicht möglich ist (s. 3.2). Um dies zu erreichen, müssen mehrere Altholzinseln vorhanden sein, die so „vernetzt" sind,daß sie den populationsökologischen Anforderungen der einzelnen Tierarten gerecht werden. Auf diese Notwendigkeit hat WEISS (1984) deutlich hingewiesen und die Möglichkeit der Ver- wirklichung für den Rauhfußkauz anhand des Systems von Buchen-Altholzinseln im hessischen Burgwald überzeugend dargestellt.

Aus populationsökologischen Gründen kann sich eine Rauhfußkauz-Population in einem größeren, ökologisch geeigneten Gebiet am besten entwickeln. Deshalb wirkt es sich günstig aus, wenn in großen Waldgebieten als mittelfristige Maßnahme Höhlenbäume geschützt und möglichst lange erhalten bleiben, wie das in Süddeutschland durch die „Wald-Kleineulen- Gruppe" angestrebt und praktiziert wird (K. BRÜNNER, H. BRAUN mdl.). Die vom Rauhfuß- kauz zur Brut benutzten Naturhöhlen sind fast ausschließlich Höhlen des Schwarzspechtes (Dryocopus martius). Insofern ist der Rauhfußkauz auf das Vorkommen des Schwarzspechtes angewiesen. Allerdings ist ein großer Teil dieser Höhlen als Bruthöhlen ungeeignet (RUDAT et al. 1979). Deshalb wird es in Mitteleuropa kaum ein Brutgebiet des Rauhfußkauzes geben, in dem ein Überangebot an Naturhöhlen existiert, wie es für ihn günstig wäre.

In vielen ausgedehnten Waldgebieten, die aus Nadelholzmonokulturen bestehen, gibt es fast gar keine geeigneten Naturhöhlen, obgleich dort die anderen ökologischen Bedingungen für den Rauhfußkauz günstig sein können. Dieser Höhlenmangel ist hauptsächlich eine Folge der Waldstruktur. So suchen z. B. im Harz die Schwarzspechte ihre Nahrung in den Fichtenwäldern 18 der Hochlagen, zimmern ihre Höhlen aber vorwiegend in den Buchenbeständen, die sich in tieferen Höhenlagen befinden. Diese Buchenwälder sind aber für den Rauhfußkauz kaum zugänglich, da sich dort der Waldkauz aufhält.

In den meisten Gebieten ist in nächster Zeit keine Verbesserung des natürlichen Höhlenange- botes zu erwarten. Deshalb hat man in vielen Waldgebieten Nistkästen aufgehängt, um das Höhlenangebot zu vergrößern oder überhaupt erst zu schaffen. Diese Nistkästen werden vom Rauhfußkauz, weitgehend unabhängig von ihrer Bauart, gut angenommen. Auf diese Weise kann eine Erhöhung der Reproduktion erreicht werden oder ein ökologisch geeignetes Gebiet, wie das Untersuchungsgebiet im Westharz, für eine Besiedlung durch den Rauhfußkauz erschlossen werden. Durch solche Stützungsmaßnahmen kann der Bestand in Mitteleuropa mittelfristig erhalten und sogar vermehrt werden, denn die aufwachsenden Käuze können sich aufgrund ihrer Dismigration selbst geeignete Lebensräume aussuchen. Wie z.B. der Vergleich der beiden Brutgebiete im Harz zeigt, sind solche Maßnahmen in optimalen Habitaten am effektivsten. Trotz dieser wirkungsvollen Stützungsmaßnahmen bleibt das eigentliche Ziel des Arten- schutzes, den Bestand des Rauhfußkauzes in Zukunft auch ohne künstliche Maßnahmen und ohne direkte Abhängigkeit vom Menschen zu sichern. Dies ist nur durch naturgemäße wald- bauliche Maßnahmen und forstliche Planungen mit höheren Umtriebszeiten möglich, wie sie sich in einigen Bundesländern durchgesetzt haben. Diese Maßnahmen können erst langfristig für den Rauhfußkauz wirksam werden. Dabei muß aber sichergestellt sein, daß sich die Spezies Aegolius funereus in größeren Waldgebieten gemäß ihrer populationsökologischen Möglichkeiten auf natürliche Weise erhalten und entwickeln kann.

5. Zusammenfassung

Artenschutzmaßnahmen für den Rauhfußkauz sind sinnvoll in waldreichen Gebieten, in denen regelmäßig ein hoher Bestand an Wühlmäusen (Microtus-Arten) und/oder Langschwanz- mäusen (Apodemus-Arten) existiert und in denen der Waldkauz kaum vorkommt, sowie in Gebieten, in denen dies in Zukunft zu erwarten ist. Der Erfolg von Artenschutzmaßnahmen in bestimmten Rauhfußkauz-Brutgebieten wirkt sich auch auf andere Gebiete positiv aus. Denn junge Käuze, die in den durch Schutzmaßnahmen gestützten Populationen aufwachsen, breiten sich aus und suchen sich selbst geeignete Lebensräume. Artenschutzmaßnahmen sind am effektivsten in Gegenden, die weiträumig für den Rauhfuß- kauz geeignet sind. Damit sich dort eine Population artgerecht entwickeln kann, muß ein möglichst großes Höhlenangebot vorhanden sein, erhalten bleiben oder geschaffen werden.

6. Literatur

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SCHWERDTFEGER, O. (1990): Ein Invasionsjahr des Rauhfußkauzes (Aegolius funereus) im Westharz. - Manuskript. 20 WEISS, J. (1984): Ein Netz von Buchen-Altholzinseln als Beispiel eines Biotop-Verbund- systems. Untersuchungen an Schwarzspecht und Rauhfußkauz im Burgwald. - Mit- teilungen der LÖLF 9, 2: 38- 43.

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Anschrift des Verfassers: Dr. ORTWIN SCHWERDTFEGER, Quellenweg 4, D-3360 Osterode am Harz

Neue Literatur

HALLER, B.&W. PROBST, (1989): Botanische Exkursionen.Anleitung zu Übungen im Gelände. II. Exkursionen im Sommerhalbjahr. Die Bedecktsamer (Magnoliophytina); Frühjahrs- blüher; Blütenökologie; Wiesen und Weiden; Gräser; Binsen- und Sauergrasgewächse; Ufer, Auen, Sümpfe, Moore; Ruderalpflanzen; Kulturpflanzen und Unkräuter. 2. Aufl., Verlag Gustav Fischer, Stuttgart, New York: X+ 292 S., 51 Abb., 111Tabellen. Wer botanische Exkursionen veranstaltet, wird wenig pädagogischen Erfolg haben, wenn er dabei nur eine Pflanzenart nach der anderen mit ihren Merkmalen demonstriert. Diese Methode kann nur dazu führen, die Lernenden vorzeitig zu ermüden und ihr Interesse an der Pflanzenwelt vielleicht für immer zu ersticken. Interessante botanische Exkursionen, ob man sie nun für Studenten oder für den immer mehr wachsenden Kreis naturinteressierter Laien veranstaltet, müssen didaktisch gut vorbereitet sein und über die ganze Breite dessen gehen, was uns mit unserer Pflanzenwelt verbindet. Woher bekommt man aber den Stoff, um eine etwa dreistündige Unterrichtsveranstaltung im Gelände inhaltsvoll und interessant auszufüllen? Die Autoren bieten für 9 Unterrichtsveran- staltungen zu den im Untertitel genannten Themen Inhalte und Materialien an. In den Texten wird auf verschiedene Unterthemen eingegangen, ferner gibt es Übersichten in Tabellenform und oft mit erklärenden Zeichnungen.ZurVertiefung werden Arbeitsaufgaben angeboten und jedes Kapitel schließt mit einem speziellen Verzeichnis weiterführender Literatur. Was der Band inhaltlich zu den einzelnen Themen bietet, soll hier am Beispiel der 4. Exkursion „Wiesen und Weiden" näher erläutert werden: Als Exkursionsziele werden Mähwiesen, Halb- trockenrasen und Weiden genannt. Anfang Mai bis Mitte Juni (vordem ersten Schnitt) wird als optimale Jahreszeit für Exkursionen zu diesem Thema empfohlen. Im Unterkapitel der Einlei- tung wird auf die flächige Bedeutung von Wiesen und wiesenähnlichen Pflanzengemein- schaften in unserer mitteleuropäischen Kulturlandschaft hingewiesen. Das zweite Unter- kapitel erläutert die Entstehung derWiesen und Weiden Mitteleuropas. Im dritten Unterkapitel geht es um deren Ökologie, besonders erläutert an der Schichtung derVegetation (mit Zeich- nung) und der Anpassung der einzelnen Arten an den regelmäßigen Nutzungseingriff (mit 21 Zeichnung). Im vierten Unterkapitel wird die Gelegenheit genutzt, die Blütenstände in ihrer Morphologie und Entstehung zu erläutern (ebenfalls mit erklärenden Zeichnungen). Es folgt ein illustrierter, recht übersichtlicherTabellenteil. Fünf Arbeitsaufgaben werden zur Nachberei- tung empfohlen, darunter ein selbst zu erarbeitender Vergleich zweier Wiesentypen mit Hilfe von Vegetations-Aufnahmen nach der BRAUN-BLANQUET-Skala. Das Kapitel wird mit Hinweisen auf wichtige Literatur abgeschlossen. Diese geraffte Aufzählung macht deutlich, daß zu den Exkursionen Stoff geboten wird, in den sich, zumindest in einzelnen Punkten, auch der Exkursionsveranstalter erst einarbeiten muß, der ihn aber auch an manches erinnert,was ihm zum Thema vielleicht nicht eingefallen wäre. Im Anhang widmet sich der Band noch einmal speziell dem Thema „Geschützte Pflanzen". Sehr nützlich ist dort auch das Kapitel über die Herkunft der lateinischen Gattungsnamen (sollte hier nicht besser „wissenschaftlichen" stehen, da viele Namen aus dem Griechischen stammen oder auf Personennamen zurückgehen?), in dem man nachsehen kann, woher sie sich sprachlich und inhaltlich ableiten. Dies ist eine wesentliche Hilfe zum Erlernen und Merken dieser den meisten Anfängern sprachlich ungewohnten Namen. Der Band endet mit einem Sachverzeichnis und einem deutsch und wissenschaftlich gemischten Namensver- zeichnis. Dieser Band ist in erster Linie für Exkursionsveranstalter konzipiert. Aber selbstverständlich dient er auch den Exkursionsteilnehmern, die in ihm das in der Praxis vorgeführte noch einmal nachlesen können und zur Vertiefung mit Unterstützung dieses Bandes vielleicht auch die Exkursion alleine oder in Gruppen wiederholen. Der Preis von 36,—DM liegt sicherlich noch in dem für Schüler und Studenten erschwinglichen Bereich. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, daß Band 1 (in gleicher interessanter und liebevoller Ausstattung durch die Autoren) sich mit Exkursionen für das Winterhalbjahr beschäftigt und für 25,— DM erhält- lich ist. W. SCHNEDLER

22 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 23-26 (1990)

Beobachtungen an gezüchteten Sperlingskäuzen (Glaucidium passerinum) - Folgerungen für den Artenschutz von KARL MENNING, Neu-Isenburg

Als Eiszeitrelikt lebt der europäische Sperlingskauz in Nordeuropa und in den mitteleuro- päischen Hoch- und Mittelgebirgen. In Deutschland bewohnt der Sperlingskauz die ent- legenen, klimatisch rauhen Hänge der Alpen und Kammlagen der Mittelgebirge mit oft ex- tremen Kältegraden während der Wintermonate. Beobachtungen an gezüchteten Sperlingskäuzen weisen darauf hin, daß diese in Europa heimische Art in extremer Weise an ihren Lebensraum angepaßt ist: Trotz oder gerade wegen seiner Kleinheit hat der Sperlingskauz eine Ernährungsstrategie entwickelt, die ihn befähigt, die strengen Winter in seinem von Naturaus unwirtlichen Lebensraum erstaunlich gut zu über- leben. Die Kenntnis dieser Zusammenhänge ist für den Schutz der Art von Bedeutung. Durch ge- eignete Hilfsmaßnahmen kann dem Sperlingskauz in seinem Lebensraum wesentlich geholfen werden.

Bisher vorliegende Berichte zum Thema Winterernährung verschie- dener Eulenarten: (Es handelt sich ausschließlich um Gehegebeobachtungen.)

Soren BONDRUP-NIELSEN hat 1976 in Kanada beobachtet, daß sowohl der Rauhfußkauz (Aegolius funereus) als auch der Sägekauz (Aegolius acadicus) hartgefrorene Mäuse auftauen und anschließend fressen. Wolfgang SCHERZINGER berichtet, daß in dem frostreichen Winter 1978/79 ein Rauhfußkauz bei Temperaturen zwischen -10°C bis -15°C die ihm frischtot gebotenen Mäuse aufnahm und sie bis zum abendlichen Aktivitätsbeginn im Bauchgefieder aufbewahrte und dadurch temperierte. Ellen THALER (Alpenzoo, Innsbruck) berichtet über Verhaltensweisen des Sperlingskauzes, das dem Deponierverhalten entspricht (1987 pers. Mitteilung). Willi THÖNEN hat beobachtet, daß der Sperlingskauz bei Temperaturen von jeweils -18°C, -10°C, -5°C gefrorene Nahrung auftaut (1988).

Ergebnisse langjähriger Verhaltensbeobachtung

Deponieren der Nahrung

Ein seit 1969 für Zuchtzwecke im Gehege gehaltenes Paar Sperlingskäuze (Artenschutzvor- schriften sind nachweislich beachtet) entwickelt mit Beginn der Herbstbalz Jahr für Jahr während der Monate September, Oktober, November eine allgemein gesteigerte Tagesakti- vität, die sich in erhöhtem Jagdtrieb äußert. 23 Zudem wird zu dieserZeit jede dargebotene oder erbeutete Nahrung unverzüglich in Specht- höhlen eingebracht und hierauf Dauerdeponiert.Dabei wird einVielfaches von dem deponiert, was in absehbarer Zeit verzehrt werden kann. Es werden mehrere Depots angelegt, wobei die Depothöhlen meist bis zur Hälfte mit Beute- stücken aufgefüllt werden. Dies macht eine Menge von ca. 25 Mäusen aus. Bei einsetzendem Frost gefrieren die eingebrachten Nahrungsstücke und werden somit für die Dauer der Frostperiode haltbar. So wird ein Wintervorrat an Nahrung geschaffen, der bei Bedarf verfügbar ist.

Auftauen der Nahrung Zahlreiche Einzelbeobachtungen während derWintermonate in den Jahren 1977-1988 haben gezeigt, daß sich die Freßgewohnheiten bei Dauerfrost ab ca. -6°C ändern. Zunehmend wurde tiefgefrorene Nahrung dem Depot entnommen, von den Käuzen über Tag- und Nacht- stunden im Bauchgefieder durch Hudern aufgetaut und -je nach Weichheitsgrad - portions- weise gefressen. Bei Ortswechsel wird das Nahrungsstück im Fang mitgetragen und über Stunden temperiert und somit vor dem Wiedergefrieren geschützt. Beim Fressen „tauchen" die Käuze den Kopf in das Bauchgefieder und reißen kleine Nahrungsstücke ab. In regelmäßigen Abständen wird das Nahrungsstück beknabbert und auf Weichheitsgrad geprüft.

Abb. 1: Sperlingskäuze (Glaucidium passerinum) tauen gefrorene Nahrung auf (Foto: K. MENNING). 24 Gefiederpflege Stets wird das Nahrungsstück, das gerade aufgetaut wird, vom Bauchgefieder völlig einge- schlossen. Im Verlaufe der Zeit verklebt das Bauchgefieder zunehmend.

Steigen die Temperaturen während der Mittagsstunden auf Pluswerte, wird jede Möglichkeit zum Baden in den von der Sonne aufgetauten Wasserlachen genutzt. Anschließend wird das Gefieder gepflegt und getrocknet, sodaß es am Abend wieder flauschig ist.

Trieb zum Reinigen der Bruthöhle Mit Beendigung der Frostperiode ändert sich das Verhalten im Umgang mit der Nahrung. Beutestücke werden nun außerhalb der Höhle auf Astgabeln oder in offenen Baumwinkeln gelagert. Mit Beginn der Frühjahrsbalz zeigt das Männchen dem Weibchen mehrere mögliche Bruthöhlen. Hat sich das Weibchen für eine Bruthöhle entschieden,wird diese von beiden Part- nern gründlich und restlos von eingelagerten Beutestücken und -resten gereinigt. Dabei werden sogar Holzstückchen von der Höhlenwand abgerissen und hinausbefördert. Auch Nester anderer Höhlenbrüter wie Meisen und sogar Sand werden entfernt. Die Eier werden oft auf den nackten Höhlenboden gelegt.

Winter- und Frühjahrsnahrungsangebot steuert die Fortpflanzung

Sind die Depothöhlen über die Wintermonate gefüllt und steht im Frühjahr reichlich Nahrung zur Verfügung, ist das Gelege entsprechend groß. Es werden in zweitägigem Abstand bis zu 12 Eier gelegt.

Zusammenfassung Als Ergebnis langjähriger Verhaltensbeobachtung kann zusammengefaßt werden, daß der europäische Sperlingskauz strenge Winter bei ausreichendem Nahrungsangebot im Herbst und bei Vorhandensein von Spechthöhlen unbeschadet überleben kann.

Er legt konsequent Vorräte an Winternahrung an. Dabei macht sich der Kauz die in seinem Lebensraum herrschende Kälte gezielt zunutze.

Das im Herbst vorhandene Nahrungsangebot wirkt dadurch, daß es langfristig deponiert wird und während derWintermonate zur Verfügung steht, in Verbindung mit dem Nahrungsangebot im Frühjahr steuernd auf die Fortpflanzung des Sperlingskauzes ein. Das Nahrungsangebot bestimmt die Gelegegröße, d. h. Nahrungsüberschuß wird sozusagen in die Fortpflanzung „investiert".

Folgerungen für den Artenschutz

Erhalt und Schutz des Lebensraumes des Sperlingskauzes ist die vordringliche Aufgabe: Sicherung von vielschichtigen Altholzbeständen mit reichem Höhlenangebot.DasVorhanden- sein von Spechthöhlen (Buntspechtgröße) ist für den Sperlingskauz von existentieller Bedeu- tung, da die Spechthöhle dem Kauz in mehrfacher H insicht dient: als Bruthöhle, abervordring- lich als Lagerort für Winternahrung. Dabei benötigt der Sperlingskauz mehrere geeignete Spechthöhlen gleichzeitig.

Als ergänzende Hilfsmaßnahme werden Erfassung und Erhalt von Höhlenbäumen als vor- dringliche Maßnahmen vorgeschlagen. Außerdem kann dem Sperlingskauz durch Angebot

25 geeigneter, der Höhle des Buntspechtes nachempfundener Kunsthöhlen, die in erster Linie die Funktion von Depothöhlen erfüllen, in zweiter Linie aber auch als mögliche Bruthöhlen zur Verfügung stehen, geholfen werden.

Literatur

BONDRUP-NIELSEN, S. (1977): Thawing of frozen prey boreal (Aegolius funereus) and saw-whet (Aegolius acacicus) owls. Can. J. Zool. 55: 595 - 601. SCHERZINGER, W. (1979): Thermospeicherung beim Rauhfußkauz (Aegolius f. funereus). - Anz. Orn. Ges. Bayern 18: 184 -185. THÖNEN, W. (1988): Sperlingskauz (Glaucidium passerinum) taut gefrorene Beute auf. - Orn. Beob. 85: 301- 302.

Anschrift des Verfassers: KARL MEN N ING, Theodor-Heuss-Straße 16, 6078 Neu-Isenburg

Neue Literatur

ZANG H., H. HECKENROTH & F. KNOLLE (1989): Die Vögel Niedersachens und des Landes Bremen - Greifvögel -. Naturschutz und Landschaftspflege in Niedersachsen, Sonder- reihe B H. 2.3, 284 S., Herausg. Nieders. Verwaltungsamt Hannover.

Mit dem Band „Greifvögel" wird die 3. Lieferung der Vögel Niedersachens vorgelegt. Das bewährte Grundschema der Darstellung der einzelnen Arten wurde beibehalten. So werden das räumliche und zeitliche Vorkommen der Brut- und Gastvögel, Bestandsentwicklung, Lebensraumansprüche, Gefährdungsursachen und Schutzmaßnahmen dargestellt. Grafiken und Karten (vor allem über Zugbewegungen) ergänzen den informativen Text. Insgesamt werden 37 Greifvogelarten behandelt. Eine beigefügte Liste der Mitarbeiter macht deutlich, auf welcher Basis sich das Material aufbaut und welche immense Arbeit die Autoren des Greifvogelbandes geleistet haben.Aus hessischer Sicht kann nur anerkennend (und neidvoll) nach Niedersachsen geblickt werden. W. KEIL

26 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen Vogel und Umwelt 6: 27 (1990)

Zum Brutpflegeverhalten und Nestlingswachstum bei Waldkäuzen (Strix aluco) von J. C. VAN VEEN, Wageningen/Niederlande

Zusammenfassung

In speziell konstruierten Nistkästen wurde das Brutpflegeverhalten von Waldkäuzen über fünf Brutperioden aufgezeichnet. Dazu wurden die Nestbesuche bereits einige Wochen vor Beginn der Eiablage bis zum Ausfliegen des ersten Jungvogels mit Zeit und Datum automatisch fest- gehalten, während die Beuteübergabe jeweils drei volle Nächte je Woche mit einer Infrarot- Videoanlage aufgezeichnet wurde. Folgende Erkenntnisse wurden dabei gewonnen:

1. Fast alle Nestbesuche fanden in der Nacht statt mit einem Aktivitätsschwerpunkt kurz nach Sonnenuntergang und etwas vor Sonnenaufgang. In nahrungsarmen Jahren scheint aber die Aktivität mehr von den Jagdmöglichkeiten bestimmt zu werden.

2. Die beiden Elterntiere scheinen sich über den Nahrungsbedarf der Nestlinge zu verstän- digen. Es wird vermutet, daß die Rufe des Weibchens beim Füttern während der Balz den Bettelrufen der Nestlinge entsprechen.

3. Das Wachstum der Nestlinge variiert stark und scheint weitgehend vom Beuteangebot bestimmt zu werden, wobei in nahrungsarmen Jahren der jüngste Nestling nicht überlebte.

4. Nachdem ein Nestling gestorben war, konnte beim Weibchen die Periode einer plötzlichen Änderung des Verhaltens aufgezeichnet werden: Nachdem das Weibchen den Tod des umsorgten Nestlings erkannte, erschien es für einige Sekunden verunsichert und behan- delte ihn dann plötzlich als Beute, die unter den Nestgeschwistern aufgeteilt wurde.

Anschrift des Verfassers: JOHANNES C.VAN VEEN, Stichting Nachtroofvogels, Ritzema Bosweg 32 a, NL-6703 AZ Wageningen

27 Neue Literatur

LOZÄN, J. L., W. LENZ, E. RACHOR, B. WATERMANN, H. v. WESTERNHAGEN (1989): Warn- signale aus der Nordsee. - 428 S., 186 Abb., 54 Tab., Verlag Paul Parey Berlin und Hamburg. Die Nordsee, Randmeer des Nordatlantik, wurde in den letzten 100 Jahren mehr und mehr zur Kläranlage und Abfalldeponie degradiert. Verursacher sind aber nicht nur die direkten Anlie- gerstaaten (einschließlich Großbritannien), sondern auch die an der Ostsee liegenden Länder, deren „Abfälle" letztlich auch in die Nordsee einfließen. Die Regenerationsmechanismen des Ökosystems Nordsee sind schon lange überstrapaziert. Meeresbiologen warnen seit Jahren nicht nur vor den Gefahren, die dem Ökosystem drohen. Sie haben Beweise dafür, daß bereits gravierende Veränderungen eingetreten sind. Mehr als 50 Wissenschaftler haben im vorlie- genden Buch alles Wissenswerte zusammengetragen, um deutlich zu machen, daß die Sanie- rung der Nordsee eine besonders vordringliche Aufgabe des Umweltschutzes ist. Im Mittel- punkt der Abhandlung stehen die Veränderungen in der Pflanzen- und Tierwelt (u. a. auch Seevögel, „Ölpest" etc.). Es werden aber auch Wege aufgezeigt, die geeignet sind, das „Ökosystem Nordsee" wieder zu stabilisieren. Insbesondere die in Wirtschaft und Politik Verantwortlichen sind gefordert über verbale Beteuerungen und Absichtserklärungen hinaus, endlich konkrete Schritte zu veranlassen, die notwendig sind, um eine Gesundung zu erreichen. Es würde sicher den Rahmen einer Rezension sprengen, wollte man auf Einzel- kapitel eingehen. Der Abschnitt Begriffserklärungen wird interessierten Laien das Studium des Buches erleichtern. Ein sehr umfangreiches Literaturverzeichnis bietet die Möglichkeit, sich in einzelne Probleme weiter zu vertiefen. Das Buch ist nicht nur für den Gebrauch an Universitäten bestimmt, sondern kann auch im Bereich unseres Schulsystems für Lehrer und Schüler eine vielfältige Hilfe im Unterricht sein. Letztlich sollten Wirtschaftsmanager sowie Politiker auf allen Ebenen die vorgestellten „Warnsignale aus der Nordsee" ernst nehmen und entsprechend handeln; dies gilt auch für die Binnenländer. W. KEIL

SAUER, F. (1989): Notizbuch für Vogelbeobachter. - 370 S., 270 Abb., 400 Verbreitungskarten, Fauna Verlag, Eichenweg 8, 8047 Karlsfeld. Wer sich eingehend mit der Vogelbeobachtung befassen will, wird um die Führung eines orni- thologischen Notizbuches nicht herumkommen. Dies gilt besonders für diejenigen, die z. B. Bestandsentwicklungen bestimmter Vogelarten oder Vogelpopulationen erfassen oder Ankunfts- oder Abflugdaten von Zugvögeln sammeln wollen. Der Buchautor stellt auf Grund seiner eigenen vieljährigen Erfahrungen ein Notizbuch für Vogelbeobachter zusammen. Hilfreich sind die jeder Art beigefügten Informationen (u. a. Tuschezeichnung, Verbreitungs- karte, Schätzung des europäischen Gesamtbestandes). Das Büchlein in flexiblem Plastik- einband ist ein für die ornithologische Praxis sehr brauchbares Angebot. W. KEIL

28 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 29 - 37 (1990)

Zur Brutbiologie und Ökologie der Waldohreule (Asio otus) von BIRGIT und PETER BLOCK, Garlitz/DDR

1. Einleitung

Seit 1984 kontrollieren wir Siedlungsdichte und Reproduktion aller auf einer Kontrollfläche im Bezirk Potsdam brütenden Greifvogel- und Eulenarten. Aufgrund der unerwartet hohen Bestandsdichte der Waldohreule gilt unsere besondere Aufmerksamkeit seitdem dieser Art. Langjährige Untersuchungen aus der Agrarlandschaft, gerade auch aus dem Brandenburger Raum, sind recht selten, und nur wenige Ornithologen befassen sich intensiv mit der Wald- ohreule. Um exakte Aussagen zur Bestandsentwicklung einer solchen, in ihrem Fortpflan- zungsgeschehen weitgehend an die zyklischen Schwankungen ihrer Hauptbeutetiere angepaßten Art zu erhalten, sind Untersuchungszeiträume von mindestens 10 Jahren erfor- derlich. Diese Zwischenauswertung (s. auch BLOCK 1987) soll aus diesem Grunde nur auf einige Fragen näher eingehen. Für die Unterstützung bei der Durchführung der Arbeiten möchten wir uns besonders bei Dr. H. LITZBARSKI, F. DÖRFLI NG sowie W.JASCH KE, der auch die Bestimmung der Beutetiere in den Gewöllen vornahm, herzlich bedanken.

2. Untersuchungsgebiet und Methodik

Das Untersuchungsgebiet erstreckt sich über 50 km2 im Südosten des Kreises Rathenow (Bezirk Potsdam), 30 - 35 m über NN. Es besteht zu etwa 800/0 aus landwirtschaftlicher Nutz- fläche. Ca. 40% des gesamten Untersuchungsgebietes werden als Grünland genutzt. Der Waldanteil beträgt rund 20% und setzt sich aus einem größeren geschlossenen Waldgebiet und 12 kleineren Wäldern zusammen. Dominante Baumart ist die Gemeine Kiefer (Pinus sylvestris). Mehrere flächenhafte Feldgehölze, zahlreiche Hecken, Baumreihen und Einzel- bäume sowie verschiedene Kleingewässer sind über das Gebiet verteilt. Es umschließt zwei Dörfer, fünf weitere liegen am Rand. Ab Ende Januar werden in windstillen klaren Nächten alle potentiellen Reviere auf Revierver- halten zeigende Altvögel untersucht. Wo keine Eule ruft, imitieren wir in der Regel zuerst den Revierruf des e. Reagiert darauf kein Altvogel oder nur ein Partner, so imitieren wir auch das Flügelklatschen, wodurch sich c?' und 9 meist sehr gut animieren lassen (s. auch HARTUNG & PESSNER 1987). Ein Nachahmen des 9-Summens bringt dagegen weniger Erfolg. So ist durch mehrmalige Kontrollen bei günstigem Wetter ein nahezu vollständiges Erfassen des Brutbestandes möglich. Wind, Regen und Nebel hemmen die Rufaktivität. Da es während der Brutzeit öfter zu Neuverpaarungen kommt (s. Abschnitt 3.3), soll anstelle von Brutpaaren der Begriff „besetzte Reviere"verwendet werden, der den „Brutzeit-Territorien" bei ILLNER (1988) entspricht. Nach Möglichkeit werden die gefundenen Bruten kontrolliert und die Jungvögel beringt. Da trotz gezielter Nachsuche nicht alle Bruten gefunden werden, und um den Bruterfolg der 29 bekannten Bruten zu prüfen, kontrollieren wir zusätzlich ab Mitte Mai bis Mitte/Ende August alle besetzten Reviere in möglichst zwei- bis dreiwöchigen Abständen auf fiepende Bettel- laute flügger Jungvögel. Eulenrupfungen und sonstige Verluste oder Störungen werden bei allen Begehungen regi- striert.

3. Ergebnisse

3.1 Zur Siedlungsdichte Nach G LUTZ (1980) kann in mehr oder weniger kleinräumig strukturierter Landschaft in Mittel- europa mit durchschnittlichen Abundanzwerten von 10 —12 Paaren/100 km2 gerechnet werden. 1984 erfaßten wir auf unserer Kontrollfläche 49 besetzte Reviere. Die Entwicklung in den folgenden Jahren zeigt Abb. 1, parallel dazu die des Mäusebussards (Buteo buteo) als ebenfalls mäusejagenden und häufigsten Greifvogel des Gebietes. Für den Untersu- chungszeitraum von fünf Jahren ergeben sich damit als Durchschnitt bei der Waldohreule 75,6 und beim Mäusebussard 54 Paare/100 km2. 1984 war ein Gradationsjahr. Siedlungsdichte und Bruterfolg der Waldohreule und der im Gebiet brütenden Schleiereule (Tyto alba) unterstreichen dies. Ein gewisser Zusammenbruch der Feldmauspopulation erfolgte 1987, ohne daß es sich jedoch um ein ausgesprochenes Latenzjahr handelte. In diesem Zusammenhang sei auf den hohen Anteil an Feldmäusen (Microtus arvalis) in den Waldohreulengewöllen (Tabelle 1) hingewiesen. Die Brutpaare siedeln sich im Untersuchungsgebiet nicht gleichmäßig an.Gemieden wird das Innere von Wäldern, bevorzugt werden Feldgehölze mit Nadelholzanteil und reich strukturierte Waldkanten mit hohem Grenzlinienanteil. Die höchste Dichte ermittelten wir 1984 in einem solchen Wald von 90,8 ha bei einer Außenkantenlänge von 8440 m. Dort kartierten wir 14 besetzte Reviere, von denen neun Bruten flügge wurden. Die meisten Siedlungsdichteangaben in der Literatur stützen sich weitgehend auf Brutnach- weise und lassen anwesende, aber nicht brütende Paare bzw. solche, deren Bruten nicht gefunden wurden, unberücksichtigt (BRUSTER 1973, HEGGER 1979, WENDLAND 1984, ZIESEMER 1973 u. a.). Ähnlich hohe und höhere Abundanzwerte wie in unserem Untersu- chungsgebiet werden nur sehr selten oder auf kleinen Flächen nachgewiesen (FUCHS & SCH I FFERLI 1981, ROCKEN BAUCH 1968). Gemeinsam ist solchen Gebieten ein hoher Grün- landanteil in reich strukturierter Landschaft, die offenbar ausreichend Nahrung und zahlreiche geeignete Nistmöglichkeiten bietet.

3.2 Zum Brutergebnis Bezogen auf die hohe Abundanz ist der Anteil erfolgreich brütender Paare auffallend niedrig (Abb. 1). Im Durchschnitt beträgt er 33,3 0/0. Eine begonnene Brut wurde in 54,5 0/oder besetzten Reviere festgestellt. Dagegen zogen beim Mäusebussard im gleichen Gebiet 78,5% der Brut- paare erfolgreich ihre Jungen auf. Geht man von den besetzten Revieren mit begonnenen (gefundenen) Waldohreulenbruten aus, so verliefen davon 62,10/0 erfolgreich. Vergleichbare Angaben, nach denen in vier Jahren von je 9 —11 Paaren durchschnittlich 64,10/0 erfolgreich brüteten, fanden wir nur bei HEGGER (1979). Ansonsten ist uns keine Arbeit bekannt, die bei Angabe der Siedlungsdichte sowohl alle besetzten Reviere als auch den Bruterfolg erfaßt. 30 Bei unseren Untersuchungen konzentrieren wir uns auf die Ermittlung der Anzahl flügger Jungvögel. Auf Gelegekontrollen verzichten wir weitgehend, besonders um Störungen und eventuell dadurch entstehende Verluste zu vermeiden bzw. einzuschränken. Die Brutbäume werden in der Regel erst bestiegen, wenn die Jungen im beringungsfähigen Alter sind. Darüber hinaus stellt die akustische Erfassung der ausgeflogenen Jungen anhand der fiependen Bettellaute keine Störung für die Eulen dar. Sie ermöglicht jedoch bei sehr ruhigem und umsichtigem, aber auch zeitaufwendigem Vorgehen ebenfalls die Feststellung der genauen Jungvogelzahl. Durch Kombination beider Methoden ermittelten wir die in Abb. 2 dargestellten Ergebnisse. Bruten, deren Jungvogelzahl nicht genau ermittelt werden konnte, sind dabei nicht berück- sichtigt. Ähnlich hohe Werte fand ROCKENBAUCH (1968) in seinem 15 km2 großen Untersu- chungsgebiet auf der Schwäbischen Alb in Spitzenjahren. Andere Untersuchungen liefern wesentlich niedrigere Ergebnisse: WENDLAND (1957) 2,29, HEGGER (1979) 2,6, ZIESEMER (1973) 2,75 und ROCKENBAUCH (1978) 2,79 Jungvögel/erfolgreiche Brut. Bezieht man die Nachwuchsrate der erfolgreichen Bruten auf alle besetzten Reviere, so ergibt sich bei uns eine Nachwuchsrate von 1,36 flüggen Jungvögeln je Brutpaar, die sich nur gering von den Werten bei HEGGER (1979) mit 1,5 und ZIESEMER (1973) mit 1,55 unterscheidet.

3.3 Zur Frage der Verluste und Ersatzbruten Eine Analyse der Verluste und ihrer Ursachen konnte aus Zeit- und Witterungsgründen nur unvollständig bleiben und birgt bei einer derartigen Anzahl besetzter Reviere immer eine hohe Dunkelziffer. Hier wollen wir deshalb nur auf solche Verluste eingehen, bei denen ein Altvogel abhanden kam. Bei genauer Betrachtung ist das auch die bei uns häufigste Ursache. Auf- gehackte Gelege oder verschwundene Jungvögel stellten sich oft als Folgeerscheinung heraus, waren jedoch nur ausnahmsweise die primäre Verlustursache. Im Untersuchungszeitraum konnten wir 34 geschlagene Altvögel nachweisen. In zahlreichen weiteren Fällen deutet alles auf die gleiche Ursache hin, ohne daß wir jedoch die Rupfung fanden. In mindestens acht, vermutlich aber wesentlich mehr Fällen, wurde das brütende oder hudernde Eulen-9 von in der Nähe horstenden Mäusebussarden auf dem Horst geschlagen. Federspuren vom Eulenbrutplatz bis in und unter den Bussardhorst belegen dies eindeutig. Von den gefundenen Rupfungen stammen 24 mit Sicherheit von 9 9. Das läßt sich relativ leicht feststellen, zumal die 99 fast ausnahmslos auf dem Horst geschlagen wurden. Dabei bleiben oft Federn auf dem Horst, die meist schon vom Boden aus sichtbar sind. Die Rupfung findet man dann oft unweit vom Brutplatz. Bei Kontrollen in den darauffolgenden Nächten ruft in der Regel das c? im Revier anhaltend bzw. läßt sich sehr leicht dazu animieren. Finden wir in einem besetzten Revier eine Eulenrupfung, ohne den genaueren Brutplatz zu kennen, so kontrollieren wir das dortige Brutpaar in gleicher Weise. Reagiert dann das cri ebenso heftig, werten wir den Verlust auch als 9. Macht sich trotz Animieren kein Altvogel bemerkbar, so deutet dies auf ein geschlagenes c.?' hin. Da sich das aber bisher nie belegen ließ, bleibt hier das Geschlecht offen. Bisher erlebten wir nie, daß dann ein übrig gebliebenes 9 im Revier rief. Aufgrund dieser Beobachtungen sehen wir, wie auch PFISTER (1983) vermutet, als gesichert an, daß die 071, zumindest bei frühzeitigem Verlust des 9, in der Regel im Revier verbleiben, erneut balzen und sich dort wieder verpaaren. Die neuen 44 beginnen dann schon nach wenigen Tagen zu legen. 31 besetzte Reviere

50

40- Siedlungsdichte und Bruterfolg ,A

30- • A• \ • •

•••••• ••• .*. 0 0...... 20 — ...... • • ..0 • • •

10 — • • • , `0' flügge 1 juv. 1 1

5 — 0---- • 4 — ----so-- • — Reproduktionsrate 3 — der Waldohreule

2 — • . • •-....

1984 1985 1986 1987 1988

Abb. 1: Siedlungsdichte, Bruterfolg und Reproduktion von Waldohreule und Mäusebussard Besetzte Reviere: Waldohreule — — Mäusebussard Erfolgreiche Bruten: — — — — Waldohreule Mäusebussard flügge juv. je erfolgreiche Waldohreulenbrut — • • — • • — flügge juv. je besetztes Waldohreulenrevier 32 Anzahl der Brutpaare

8

6 -- 4 -

2 - 1

2 3 4 5 6 7 Anzahl flügger juv.

Abb. 2: Verteilung der Anzahl flügger juv. je Brut bei der Waldohreule

33 Eine zeitliche Aufschlüsselung nach Dekaden, die jedoch noch ergänzt werden soll, zeigt, daß Verluste von 99 im März vollständig und im April noch zu etwa 50 % durch Neuverpaarung der ec?' im Revier ausgeglichen werden. Bis Mitte Mai traf dies nur noch ausnahmsweise zu, später nicht mehr. Einem e wurde das erste 9 auf dem Horst geschlagen und nach erfolgter Neu- verpaarung auch das zweite 9 beim Brüten. Am 17. 5. 1988 rief das 6' wieder anhaltend. Es verpaarte sich zum dritten Mal, und am 6. 8. 1988 waren sechs Jungvögel ausgeflogen. An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, daß es sich trotz des sehr späten Bruttermins mit Sicherheit nicht um eine Zweitbrut handelte.Auch bei sonstigen späten Bruten konnten wir keine Zweitbrut nachweisen. Es ging oft ein Verlust der ersten Brut oder des 9 voraus, und es kam zu einer Ersatzbrut. Späte Bruten nennen auch PESSN ER &HARTUNG (1989), ebenfalls ohne Nachweis einer Zweitbrut. Die fortgeschrittene Jahreszeit kann also nicht als Beweis für eine Zweitbrut gelten, allenfalls als möglicher Hinweis darauf. Kommt das abhanden, vermuten wir, daß das 9 das Revier verläßt und als „Brutreserve" umherstreift, um wieder ein balzendes ei zu finden und sich erneut zu verpaaren. Eindeutig ließe sich dies, sowie verschiedene andere Fragen - auch die von Zweitbruten - wahrschein- lich durch markierte Vögel klären. Leider ist uns bisher keine zuverlässige Methode zum Fang von Brutvögeln bekannt.

3.4 Zur Nahrungssituation im Untersuchungsgebiet Die Waldohreule jagt nach GLUTZ (1980) vor allem die Beutetiere, die für sie aufgrund deren Häufigkeit und ihres Jagdverhaltens am leichtesten erreichbar sind. Wo es hinreichend Feld- mäuse gibt, werden diese sehr bevorzugt, und mit Zunahme der Feldmaus sinkt das Interesse an anderen Beutetieren. Um Auskunft über die Nahrungssituation und die Ernährung der Waldohreulen bei uns zu erhalten, wurden in den Jahren 1979 und 1984 -1988 Gewölle im Untersuchungsgebiet auf- gesammelt. Von den 2019 Wirbeltieren (+1 Stierkäfer Typhoeus typhoeus) stellt die Feldmaus mit 1820 Exemplaren den Hauptanteil dar (Tabelle 1). Etwa 70 0/0 der Beutetiere stammen aus Gewöllen von einem Schlafplatz aus den Wintermonaten der Jahre 1983/84, 1984/85 und 1985/86. Der schon mehrere Jahre besetzte Schlafplatz befindet sich in einem Fichtendickicht im Wald.

Tabelle 1: Prozentualer Anteil der Beutetiere (n = 2019) in Waldohreulengewöllen Beutetiere 1979 1984 1985 1986 1987 1988 Gesamt Feldmaus 93,5 90,5 82,4 91,0 92,0 91,0 90,1 (Microtus arvalis) übrige Kleinsäuger 6,5 7,3 17,6 8,8 8,0 7,6 9,3 Vögel (Aves) - 2,2 - 0,2 - 1,3 0,6

Als Maximalwert für den Feldmausanteil in Waldohreulengewöllen geben SCHMIDT (1983) und LABES (1987) 93 bzw. 91,4 0/0 an. Meist setzen sich jedoch Gewölle der Waldohreule, besonders die von Winterschlafplätzen, aus wesentlich mehr Vögeln und bedeutend weniger Feldmäusen zusammen (FLADE u. a. 1985, GAWLIK & BANZ 1982, HARTWIG u. a. 1981, SCHMIDT 1972, WENDLAND 1984 u. a.). 34 Aus folgenden Gründen muß also in unserem Untersuchungsgebiet während der genannten Jahre ständig ein gutes bzw. sehr gutes Feldmausangebot bestanden haben: - Der Feldmausanteil in den Gewöllen erreicht fast den in der Literatur angegebenen Maxi- malwert. - Mit einem Anteil von etwa 40% Grünland, das große Teile des Untersuchungsgebietes bedeckt, stehen den Eulen genügend Jagdflächen zur Verfügung. - Anhand der Angaben der Pflanzenschutzstelle über die Dichteermittlung bei Feldmäusen läßt sich im Untersuchungszeitraum auch 1987 kein deutlicher Bestandsrückgang fest- stellen. - Die Abundanz war selbst 1987 mit den bisher schlechtesten Ergebnissen noch vergleichs- weise hoch. - Die Reproduktionsrate bei den erfolgreichen Bruten lag in allen Jahren deutlich über der in verschiedenen anderen Gebieten. Nicht erklärbar ist uns unter diesen Gesichtspunkten der große Anteil an besetzten Revieren ohne erkennbaren Beginn einer Brut. Hierfür sind sicher eine Reihe anderer, noch näher zu untersuchender Ursachen mit von Bedeutung. Vergleichswerte aus anderen Untersuchungen liegen uns dazu leider nicht vor.

4. Schutzmaßnahmen

Obwohl die Waldohreule noch nicht zu den bestandsgefährdeten Vogelarten zählt, sollten dort, wo es nötig und möglich ist, Maßnahmen zum Artenschutz durchgeführt werden. Vorrang ist dabei der Biotopgestaltung einzuräumen. Das bezieht sich sowohl auf die Sicherung bzw. Schaffung von Grünlandflächen als Voraussetzung für ein gutes Nahrungsangebot, als auch auf die Erhaltung oder Neuanlage von Feldgehölzen für Brut- und Ruheplätze. Mit diesen komplexen landschaftsgestaltenden Maßnahmen kann außer den Waldohreulen einer Viel- zahl anderer Tiere geholfen werden. Genannt seien als Beispiele nur Turmfalke (Falco tinnun- culus), Steinkauz (Athene noctua) und Schleiereule (Tyto alba). Waldohreulen sind zur Brut auf Nester anderer Arten (Aaskrähe, Corvus corone, Elster, Pica pica, Ringeltaube, Columba palumbus, Mäusebussard, Buteo buteo, Kolkrabe, Corvus corax, Eichhörnchen, Sciurus vulgaris o. a.) angewiesen. Bei uns nisten etwa 90% derWaldohreulen in Nebelkrähennestern (Corvus c. cornix). In diesem Zusammenhang sei besonders auf die Unsitte des Ausschießens von Krähennestern, in denen auch Turm- und Baumfalken (Falco tinnunculus und F. subbuteo) sowie gelegentlich Stockenten (Anas platyrhynchos) brüten, hingewiesen. Die Nester sollten deshalb geschont werden, können sie doch, vor allem in mäusereichen Jahren, auch zu einem limitierenden Faktor für das Brutgeschehen der Wald- ohreulen werden (BLOCK 1987). Lokal und zeitlich begrenzt können auch das Anbringen von Nisthilfen oder in strengen Wintern eine Fütterung mit lebenden Mäusen helfen (HARTWIG u. a. 1981, PESSNER & HARTUNG 1989).

5. Zusammenfassung

In einem 50 km2 großen, reich strukturierten Untersuchungsgebiet mit etwa 40% Grünland- anteil wurde in fünf Jahren eine durchschnittliche Siedlungsdichte von 75,6 besetzten Revieren/100 km2 gefunden. Je erfolgreiche Brut flogen im Mittel 4,48 Jungvögel aus. 35 Die Untersuchung von Gewöllen aus dem Untersuchungsgebiet deutet mit einem jährlich nur gering schwankenden Feldmausanteil von ca. 90% auf ein sehr gutes Nahrungsangebot hin. Trotzdem konnten wir nur in 54,5 0/0 der besetzten Reviere eine begonnene Brut registrieren, und nur in 33,3 0/0 der Reviere flogen Jungvögel aus.

Als häufigste Verlustursache wird das Schlagen von Altvögeln, besonders von 99 auf dem Horst, festgestellt und näher untersucht. In mindestens acht Fällen wurden Eulen-99 von Mäusebussarden auf dem Horst geschlagen. Schwerpunkt von Schutzmaßnahmen sollte Biotopgestaltung und Erhaltung der natürlichen Nistplätze sein.

Nachtrag Die Brutsaison 1989 brachte mit 53 besetzten Revieren und 27 erfolgreichen Bruten die besten Brutergebnisse seit 1984.

6. Literatur

BLOCK, B. und P. (1987): Zu einigen den Brutbestand und die Reproduktion der Waldohreule (Asio otus) beeinflussenden Faktoren. - in STUBBE, M.: Populationsökologie von Greif- vogel- und Eulenarten. Bd. 1 Wiss. Beitr. Univ. Halle 1987/14: 385 - 398. BRUSTER, K.-H. (1973): Brut-, Wintervorkommen und Nahrung der Waldohreule (Asio otus) im Hamburger Raum. - Hamb. Avifaun. Beitr. 11: 59 - 83. FLADE, W. und Schüler der Gesamtschule Jahnschule, Hamburg (1985): Stark variierender Kleinvogelanteil in Gewöllen der Waldohreule (Asio otus) an einem Hamburger Schlaf- platz. - Hamb. Avifaun. Beitr. 20: 89 - 96. FUCHS, E. & L. SCHIFFERLI (1981): Sommerbestand von Waldkauz Strix aluco und Waldohr- eule Asio otus im aargauischen Reußtal.- Orn. Beob. 78: 87- 91. GAWLIK, H. M. & K. BANZ (1982): Zur Nahrungsökologie der Waldohreule (Asio otus L.) inner- halb des Berliner Stadtgebietes. - Beitr. Vogelkd. 28: 275 - 288.

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Anschrift der Verfasser: BIRGIT und PETER BLOCK, Neues Ende 7, DDR-1831 Garlitz

Neue Literatur

GATTIKER, E. & L. (1989): Die Vögel im Volksglauben. - 589 S., 43 Abb., 12 Farbtafeln, Aula- Verlag Wiesbaden.

Die Vogelwelt hat den Menschen schon immer fasziniert. Die Erforschung ihrer Lebensweise geht bis ins Altertum zurück. Gleichzeitig hat sich auch derVolksglauben derVögel bemächtigt. Der Stellenwert, der hier den einzelnen Arten eingeräumt wird, ist meist von der Lebensweise, dem Aussehen und von den Stimmäußerungen geprägt. Bestimmte Verhaltensweisen waren z. B. Hinweise auf das zu erwartende Wetter, auf Gesundheit oderTod, auf Sieg oder Niederlage, aber auch auf Glück oder Leid. Mit unserem Weißstorch wurde der Kindersegen in Zusammen- hang gebracht, die Krähen wurden dagegen meist als Verkünder von Unglücksnachrichten angesehen. Die Elster galt als diebisch und mordlüstern.

Die beiden Autoren haben mit einem immensen Fleiß alles Wissenswerte über unsere Vogel- welt im Volksglauben zusammengetragen. Das Buch gibt nicht nur einen allgemeinen Über- blick, sondern behandelt detailliert eine Vielzahl von Vogelarten. Ein Literaturverzeichnis und ein Namensregister beschließen den Band. Das Studium der Publikation wird sicher nicht nur für Ornithologen, sondern auch für Volkskundler von Interesse sein. Eine sehr lesenswerte Lektüre. W. KEIL 37 Neue Literatur

BI BELRI ETHER, H. & R. L. SCHREIBER (Hrsg., 1989): Die Nationalparke Europas. Ca. 500 farbige Fotos, 25 Karten, 240 S. pro natur GmbH Frankfurt. Das Buch stellt alle Nationalparke der Staaten Europas von Spitzbergen bis zu den Kana- rischen Inselnjedoch ohne Grönland,vor. In einem Einführungsteil wird die Nationalpark-Idee erläutert, werden Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Nationalparke weltweit und speziell in Europa diskutiert. Die dann folgenden Staaten-Kapitel wurden von Fachleuten aus den jeweiligen Ländern geschrieben und enthalten je einen kurzen Abriß der dortigen spezifischen Nationalpark-Verhältnisse. Alle Nationalparke werden in Länder-Übersichtskarten darge- stellt, wobei nach Größe (größer oder kleiner als 10.000 ha) und Schutzkategorie nach der U N- Liste unterschieden wird. Nachdem beispielhaft ein Nationalpark ausführlicher abgehandelt wird, folgt eine knappere Übersicht überalle weiteren Parke des jeweiligen Staates. Man erhält Informationen über Alter, Größe, Lage und Landschaftscharakter des Schutzgebietes. Beson- derheiten der Tier- und Pflanzenwelt, der Geologie oder sonstige Eigenheiten des Parks werden vorgestellt, ebenso Belastungen und Gefahren sowie der Grad der touristischen Erschließung. Eine Vielzahl von Landschafts-, Tier- und Pflanzenfotos ergänzen den Text, ein Glossar der Fachausdrücke und ein Artenregister der Pflanzen und Tiere beschließen das Buch. Reisefreudigen Naturfreunden wird das Buch schlaflose Nächte bereiten, die sie mit dem Schmieden von Reiseplänen verbringen. Trotz der inhaltlichen Fülle, die zu knappen Texten zwingt, ist es den Herausgebern gelungen, eine wertvolle Informationsquelle zu schaffen. Die Kurzporträts der Nationalparke enthalten die wichtigsten Daten, um dem Leser eine Vorstellung vom Gebiet zu vermitteln, und die Vielzahl der Fotos steigert die Reiselust noch beträchtlich. Doch es hieße dem Buch nicht Genüge getan, wollte man es als bloßen Natur-Reiseführer bezeichnen. Den Herausgebern geht es vielmehr um die Verbreitung einer Idee; an den Beispielen der Nationalparke, der wertvollsten Schutzgebietsform, wird das Prinzip der Verantwortung für Natur verdeutlicht. Daher fehlt auch nicht die Kritik an zu starker touristischer Erschließung, an zu schwachen Schutzverordnungen oder zu geringer Größe vieler Gebiete. Für den kritischen Leser wird der Genuß am Buch leider durch eine Vielzahl sachlicher Fehler getrübt. Falsche Tier- und Pflanzennamen, Fehler in Karten und im Glossar und ein unvollständiges Artenregister hinterlassen den Eindruck, daß hier zu oberflächlich redigiert wurde. Das wird dem ansonsten hohen Anspruch des Buches nicht gerecht und sollte bei einer Neuauflage dringend geändert werden, denn weitere Auflagen sind dem grundsätz- lich empfehlenswerten Buch zu wünschen. K. MÖBUS

38 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 39 - 46 (1990)

Erfahrungen bei der Pflege von Greifvögeln und Eulen sowie Ergebnisse der Totfunderfassung im Altkreis Dieburg von OTTO DIEHL, Babenhausen-Langstadt

Einleitung

Wenn's klingelt, und ich sehe durch die Glastür die Kontur des Besuchers mit einem Behältnis unter dem Arm, dann weiß ich, daß uns da ein neuer Pflegling ins Haus steht. Beim Blick in den Pappkarton entpuppt sich dann der gefundene Adler als junger Turmfalke mit den letzten Dunenspitzen auf dem Kopf, und das angekündigte Rotkehlchen im liebevoll mit Moos und Fichtenzweigen ausstaffierten Vogelbauer wird zum Buchfinkenmännchen. Daraus wird zweierlei sichtbar: der verbreitete Hang, alle erreichbarenTiere aufzusammeln mit dem Wunsch, helfen zu wollen, und eine oft sehr geringe Artenkenntnis. Natürlich gibt es auch andere, die wissen, was sie anbringen; sie haben ihren Findling beobachtet und sind der festen Überzeugung, daß er ohne menschliche Hilfe zugrundegeht. Entweder sind es Jungvögel, zu früh aus dem Nest gegangene oder herausgefallene noch ungeschickte Ästlinge, oder es sind kranke oder verletzte Tiere, die sich mehr oder weniger leicht greifen ließen. Einzelheiten zum Fund werden erfragt und möglichst genau registriert. In vielen Fällen können über den Fundort keine ausreichenden Angaben gemacht werden, weil beim Spaziergang in einer weniger bekannten Gegend nicht auf eindeutige Orientierungs- punkte geachtet wurde. Der Versuch, einen Jungvogel wieder in sein Nest oder in Nestnähe zurückzubringen, scheitert manchmal auch am Zustand des Tieres.

Der erste Eindruck

In jedem Fall wird der Findling einer Musterung unterzogen, und in Verbindung mit derSchilde- rung des Finders kann man sich schon ein ungefähres Bild darüber rnachen,welche Chancen bestehen und wie wohl am besten vorzugehen ist. Bei dieser ersten Nachschau wird nicht nur auf Aussehen, Verhalten und Verletzungen geachtet, sondern auch auf Außenparasiten wie Lausfliegen, Gefiederfliegen, Zecken, Feder- linge usw. Diese Schmarotzer werden abgesammelt und an das Forschungsinstitut Sencken- berg in Frankfurt weitergegeben. Wegen leichter Verletzungen kommt im allgemeinen kein Vogel in Menschenhand; Verlet- zungen sind also von vornherein als schwerwiegend einzustufen, und es kommen vor allem in Betracht: Wunden mit Auswirkungen auf innere Organe, Knochenbrüche einschließlich Flügelbrüche, innere Verletzungen.

Was ist zu tun?

Aus der Summe der Erfahrungen ist dann eine erste Entscheidung zu treffen. Von Bedeutung ist auch die möglichst ruhige und störungsfreie Unterbringung; ganz wichtig ist dies bei Verdacht auf Schädelverletzungen, z. B. bei Sperbern, die beim Beuteflug an Glasscheiben 39 angeprallt sind; sie werden dunkel und ruhig gestellt, und es wird hier zunächst auch auf die Nachschau nach Parasiten verzichtet. Bei Schädelverletzungen ist die Spanne vom Leben zum Tod meist recht klein. Je nach Art und Schwere derVerletzung tritt der Tod entweder innerhalb weniger Stunden ein oder nach zwei bis vier Tagen. Ein Vogel mit Schädelverletzung, der nach vier Tagen noch lebt, Nahrung annimmt und normales Verhalten zeigt, kann und soll nach meiner Erfahrung sofort freigelassen werden. Während der Brutzeit soll die Freilassung möglichst im Brutgebiet erfolgen. Zur Einschätzung der Lebenschancen, zur zweckmäßigsten Pflege und zur Behandlung mit Medikamenten ist oft der Rat eines Tierarztes erforderlich. Leider sind jedoch nur wenige Tierärzte dafür ausreichend qualifiziert. Beim Studium wird zwar etwas Geflügelkunde vermit- telt, aber eine spezielle Ausbildung in Innerer Medizin und Chirurgie der Vogelarten erfolgt nicht. Das heißt, daß die meisten Tierärzte auf diesem Gebiet überfordert sind. Nach meiner Erfahrung gibt es nur wenige Vogel-Spezialisten, die aufgrund ihres persönlichen Interesses sowie zusätzlicher Ausbildung und Praxis eine wirklich sachgerechte Behandlung durch- führen und auch fundiert beurteilen können,wann die Bemühungen aussichtslos sind und nur noch die Tötung übrigbleibt. Sinn von Vogelauffang- und -pflegestationen kann nicht sein, verkrüppelte Vögel, die nie mehr in die Freiheit entlassen werden können, hochzupäppeln, um sie für den Rest ihres Lebens hinter Gittern zu halten. Realistisches, nüchternes Denken ist hier über vermeintliche Tier- schutz-Aspekte zu stellen. Schließlich kommen Zweifel auf, ob es überhaupt vertretbar ist, einen am Boden sitzenden, offensichtlich schwerkranken Bussard aufzunehmen, um zu versuchen, ihn gesundzupflegen, oder ob man in dieses Geschehen besser gar nicht eingreift, um es durch Fuchs, Dachs oder Habicht, Aaskäfer und Totengräber vollenden zu lassen. Diese Gedanken sind jedoch im all- gemeinen schwer zu vermitteln.

Pflegefälle und Totfunde

Jährlich haben wir zwischen 40 und 60 Pflegefälle; der Anteil der Greifvögel und Eulen beträgt etwa 50%. Die Freilassungsrate liegt bei etwa 25 bis 35%; Todesfälle und Tötungen umfassen ca. 60 bis 70 0/0, die Weitergabe an Pflegestationen war seither auf ca. 5 bis 10 0/0 begrenzt. Das Spektrum der Pflegefälle ist recht bunt und reicht vom Steinkauz bis zurWiesenweihe und vom Mauersegler bis zum Schwarzstorch. Unter den Greifvögeln überwiegt der Mäusebussard, bei den Eulen sind im allgemeinen Waldohreule und Schleiereule am stärksten vertreten. Neben den Pflegefällen registrieren wir in unserem Arbeitsgebiet von rund 400 km2 jährlich bis 100 Totfunde von Greifvögeln und Eulen, die seit 1973 systematisch erfaßt werden. In einem Jahr waren es beispielsweise 28 Waldohreulen,15 Schleiereulen,10 Waldkäuze, 3 Steinkäuze, 25 Mäusebussarde, 6 Turmfalken, 2 Habichte, 2 Sperber, 1 Rotmilan, 1 Schwarzmilan, 1 Wespenbussard und 1 Gleitaar. Der Gleitaar allerdings ist mit Riemen an den Fängen gefunden worden - ein entflogener Vogel, der mit den Riemen an den Beinen in Freiheit offen- sichtlich nicht zurechtkam.

Formblatterfassung

Die Funde werden auf einem kleinen Formblatt registriert: Fundort, Fundumstände, Datum, kurze Beschreibung des Zustandes, Verletzungen, Gewicht, eventuell Beringung werden dabei so genau wie möglich festgehalten. Daraus ergeben sich weitere Aufschlüsse und Ver- 40 gleichsmöglichkeiten. Aus der gerade zitierten Totfundreihe ist z. B. abzulesen, daß 22 Wald- ohreulen, 5 Schleiereulen, 6 Waldkäuze und 6 Mäusebussarde mit Autos kollidierten. Von insgesamt 56 Eulen sind 33 - also 59% - dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen. Bei den 39 Greifvögeln waren es dagegen nur 6 Bussarde bzw.15 %. Auch hier bestätigt sich wieder einmal die Gefährlichkeit des dichten und schnellen nächtlichen Autoverkehrs für die Eulen; irritiert durch den Motorlärm und geblendet durch das Scheinwerferlicht kommt es offensichtlich zu falschen Reaktionen.

Untersuchung der frischtoten Funde

Eine weitere Konsequenz aus der Totfunderfassung ist die Untersuchung der frischtoten Funde, die ich im Laufe der Jahre bei verschiedenen Instituten durchführen ließ. Über 400 Untersuchungsbefunde liegen mir vor, die insgesamt noch detailliert auszuwerten sind. Es handelt sich um die Ergebnisse von pathologisch-anatomischen Untersuchungen, ergänzt durch parasitologische, bakteriologische und gegebenenfalls virologische Befunde. Rück- standsanalysen sind nur in geringem Umfang vorhanden. Chemisch-toxikologische Vollana- lysen sind finanziell unerschwinglich. Zu solchen Untersuchungen kommt man nur, wenn sie aus wissenschaftlichem Interesse kostenlos durchgeführt werden.

Untersuchungsergebnisse

Die vorliegenden pathologisch-anatomischen Befunde weisen fast durchgehend schwerwie- gende krankhafte Veränderungen der inneren Organe aus; dabei stehen Leber- und Nieren- schäden an der Spitze. Das wichtigste Zentralorgan für den Bau- und Betriebsstoffwechsel im tierischen Organismus ist die Leber. Sie führt auch die chemischen Umwandlungen von Eiweißstoffen, Fetten und Kohlehydraten aus. Weiterhin wirkt sie wie die Niere als Entgiftungs- organ. Pestizide kommen über die Nahrungskette in den Vogelkörper, je nach Persistenz werden sie gespeichert und angereichert: im Fettgewebe, in der Leber, in Muskelpartien und im Gehirn sowie im Blut. Sie führen zu vielfältigen subletalen Schädigungen,zu Störungen der Stoffwechselsysteme in der Leber und zur Degeneration des Organgewebes von Leber, Nieren und Nebennieren, zur Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse, zu Störungen der Gehirn- und Herztätigkeit. Der betroffene Vogel ist in allen Lebensäußerungen beeinträchtigt, die Kondition sinkt, der Nahrungserwerb ist erschwert, die Widerstandskraft gegen sonstige Einwirkungen wird immer geringer. Chromosomenveränderungen und Verhaltensstörungen sind weitere Stufen des Verfalls, der schließlich bis zum Tod führen kann. Die Beeinträchtigungen des Allgemeinzustandes führen zu einer erhöhten Unfalldisposition; aus den Untersuchungsbefunden ist dies eindeutig abzulesen. Bei allen verunglückten Vögeln wurden neben den Unfallverletzungen noch Erkrankungen festgestellt, die durchweg als Primärursache für den Unfall anzusehen sind. Ich halte dies auch mit für eine Erklärung für den hohen Prozentsatz an Verkehrsopfern bei den Eulen. In der Gesamtbetrachtung ist vor allem auch das Auftreten der atypischen Geflügelpest oder Newcastle-Krankheit zu erwähnen, die in etwa 25 Fällen bei Schleiereule,Waldohreule,Wald- kauz und Mäusebussard nachgewiesen wurde. Es handelt sich um eine Virusinfektion, die je nach Verlaufsform entweder ohne besondere Krankheitssymptome nach kurzer Apathie zum Tode führt oder aber sich darin äußert, daß weder Nahrung noch Wasser aufgenommen wird. Gesträubtes Gefieder, schwerfälliger Flug, Durchfall mit grünlich gefärbtem Kot sowie Atem- störungen sind weitere Anzeichen, die bei der milderen Verlaufsform nach zwei bis drei Wochen wieder verschwinden, wenn das Tier sich allmählich erholt. 41 Die Übertragung der Viren erfolgt durch virusbehaftete Nahrung, durch Kot, Sekrete, über- haupt durch alle Gegenstände, mit denen ein kranker Vogel in Berührung kam. Im Jahre 1972 wurde in rund 5500 landwirtschaftlichen Betrieben der Bundesrepublik die atypische Geflügelpest registriert mit erheblichen Schäden und einer schnellen Ausbrei- tungstendenz. Um eine bundeseinheitliche und wirksame Bekämpfung zu ermöglichen, ist am 19.12.1972 eine neue „Geflügelpest-Verordnung" erlassen worden. Hausgeflügel und in Volieren gehaltene Vögel können durch Impfung,die in bestimmten Abständen zu wiederholen ist, geschützt werden. Die Vögel derfreien Wildbahn sind diesem Problem weiterhin ausgesetzt, das 1940 mit ungarischen Jagdfasanen nach Deutschland eingeschleppt wurde. Die klas- sische Hühnerpest ist dagegen seit 30 Jahren in der Bundesrepublik nicht mehr aufgetreten. Verschiedentlich wurde der Virus der Falkenpocken festgestellt, der in die komplexe Gruppe der Vogelpocken gehört. Pockenviren sind wirtsspezifisch, d. h. die Infektion wird in der Regel nicht von einer Tierart auf die andere übertragen. Pockenviren verursachen charakteristische Hautveränderungen vor allem im Bereich des Kopfes und an den Beinen. Wenn keine Se- kundärinfektion dazukommt, erfolgt Abheilung in einigen Wochen. Es können aber auch die

Abb. 1: Schleiereule (Tyto alba), Weibchen, rund 11 Wochen alter Jungvogel, Gewicht 305 g. Apathisch am Boden sitzend im Hofe eines Anwesens in der Nähe des Brut-Kirch- turmes gefunden. Äußerlich unverletzt, sitzt leicht schwankend auf den Fersen oder liegt mit geschlossenen Augen auf der Seite, schwerer Atem, über Nacht tot. Bei der Untersuchung wurde festgestellt: Nierenschwellung, Entartung der Leber sowie Geflügelcholera. Bei der Geflügelcholera, die durch das Bacterium Pasteurella multocida verursacht wird, handelt es sich um eine der klassischen Geflügelseuchen, die vor dem zweiten Weltkrieg weltweit verbreitet war. Geflügelcholera ist anzeige- pflichtig und muß dem zuständigen Veterinäramt mitgeteilt werden.(Foto: 0. DIEHL) 42 Schleimhäute betroffen sein, der Verlauf ist dann bösartiger, es kommt zu Entzündungen der Schnabelhöhle, des Rachens und des Kehlkopfes, die zu Störungen der Nahrungsaufnahme führen und den Erstickungstod zur Folge haben können. Weitere Verlaufsformen der Pocken- infektion äußern sich durch Apathie, Appetitlosigkeit, gesträubtes Gefieder mit dem Tod inner- halb weniger Tage. Pockenviren können außerdem tumorartige Veränderungen hervorrufen.

Die Infektion erfolgt über Hautverletzungen, durch Kontakt mit virusinfizierten Gegenständen, durch stechende oder beißende Insekten und über die Atemluft. Der Virus wird von infizierten

Abb. 2: Habicht (Accipiter gentilis), Weibchen, stark abgekommen, Gewicht 850 g. Lebend am Boden sitzend gefunden, linker Flügel hängt etwas, aus Schnabel hellfarbener Ausfluß, apathisch. Bei der Nachschau nach etwa 5 Stunden nach Erhalt des Tieres war der Tod bereits eingetreten, Zehen stark verkrampft. Die Untersuchung ergab folgende Befunde: schlechter Ernährungszustand, Degene- ration des Herzmuskels, Entzündung der Leber, hochgradige Nierenentzündung mit Harnleiter- und Enddarmstau, vereiterte Dünndarmentzündung mit starker Blutung, Blut in der Speiseröhre und im Magen. (Foto: 0. DIEHL)

43 Tieren über den Kot, über die Haut oder Schleimhaut ausgeschieden. Pockenviren sind sehr resistent und halten sich im Boden cirka eineinhalb Jahre.

Neben Einzelfällen von Geflügelcholera ist noch die Kokzidiose und die Salmonellose zu nennen. Kokzidien sind mikroskopisch kleine Parasiten, die im Darm leben.Vernnehrung und Ansteckung erfolgten über den Kot. Auch hier äußert sich die Krankheit durch mattes Verhal- ten, reduzierte Futteraufnahme, Durchfall, blutige Verschmutzung des Afterfeldes.

Die Salmonellose wird durch Bakterien verursacht. Betroffen sind vor allem Schleiereulen, die an ihren Tageseinständen und Brutplätzen mit verwilderten Haustauben zusammen- kommen. Tauben sind in großem Umfang mit Salmonellen infiziert. Eine besondere Gefähr- dung für Greifvögel kann bei der Vogelhaltung entstehen, wenn die Gehege nicht ausreichend

Abb. 3: Turmfalke (Falco tinnunculus), Männchen, Kopfverletzung durch Schuß aus Luft- druckgewehr. Der Falke wurde noch lebend dem Schützen abgenommen. Die tierärztliche Behandlung blieb angesichts der Verletzung ohne Erfolg. Obwohl zunächst noch recht lebhaft, verschlechterte sich der Zustand am sechsten Tag sodann ganz rapide; ca. 17 Uhr liegt der Vogel flach hingestreckt, ca. 20 Uhr tot. Gewicht 137 g - bedingt durch die geringe Nahrungsaufnahme. Bei der Untersuchung wurde festgestellt: Ernährungszustand deutlich reduziert, Zertrümmerung der Schädelkalotte am linken Hinterhaupt mit Austritt von Großhirn- teilen, Mykose (durch niedere Pilze verursachte Erkrankung), Herz ohne Herzkranz- fett, hochgradige beidseitige Herzerweiterung. Der Vogel starb an den Folgen der Schußverletzung. Bei der bakteriologischen Untersuchung wurden hochgradige Keimzahlen an Fäulnisbakterien, Streptokokken, Mikrokokken und Escherichia coli isoliert. (Foto: 0. DIEHL) 44 saubergehalten werden und beim unkontrollierten Zusammensetzen von Tieren. Die Vögel sind apathisch, das Gefieder erscheint rauh und ungepflegt. Bei reduzierter Futteraufnahme steigt derWasserbedarf, Durchfall tritt auf. Ein hochgradigerSchwund der Brustmuskulatur mit erheblicher Beeinträchtigung der Flugfähigkeit bewirkt einen starken Gewichtsverlust.

Schlußbetrachtung

Schließlich soll hier mit Bedauern auch auf die Funktion der Vögel als Bioindikatoren - als Anzeiger für die chemische Belastung unserer Umwelt - hingewiesen werden. Ausgehend von den Bestandsverlusten, die in den letzten Jahrzehnten in den immer länger werdenden

Abb. 4: Mäusebussard (Buteo buteo), Männchen, lebend am Boden liegend gefunden. Fort- bewegung durch Aufstützen der Flügel, Körper flach aufliegend mit nach hinten weggestreckten Fängen. Querschnittslähmung durch Rückenmarkverletzung - mußte getötet werden. Aus dem Untersuchungsbericht geht weiterhin hervor: Herzbeutelentzündung, hoch- gradige Lungenentzündung mit gelben käsigen Herden, eitrige Dünndarmentzün- dung, Degeneration des Lebergewebes, hochgradiger Befall mit Spulwürmern. (Foto: 0. DIEHL)

45 Roten Listen unübersehbar wurden, ist die Fahndung nach den Ursachen in Gang ge- kommen. Bei Organuntersuchungen und Analysen von Eiern und Federn kamen die Aus- wirkungen bestimmter Pestizide ans Licht. Die teilweise verheerenden Folgen und die Erkenntnis, daß die Problematik der Pestizide nicht bei den Vögeln oder Säugetieren endet, sondern auch den Menschen unmittelbar betrifft, führte zu Herstellungsverboten, Anwen- dungsverboten und Anwendungsbeschränkungen. Viele dieser Einschränkungen gelten jedoch nur begrenzt, in manchen Fällen nur für die Bundesrepublik Deutschland oder für einige Länder, die sich in der Beurteilung eines Mittels einig geworden sind.

Das heißt, daß die Zugvögel und Kosmopoliten auch weiterhin von den Schadstoffen erreicht werden, die hier seitJahren nicht mehr zurAnwendung kommen.Andererseits sind die Abbau- produkte dieser „Altmittel" je nach ihrer Langzeitwirkung bei uns ebenfalls noch mehr oder weniger stark vorhanden. Angesichts der Gesamtbelastung unserer Umwelt, in der die etwa 1500 zugelassenen soge- nannten Pflanzenschutzmittel nur ein Segment darstellen, mit vielen ungelösten Fragen über die biochemischen Abbauwege sowie der Umwandlungsprodukte im Stoffwechselprozeß, muß sich jeder nachdenkliche Mensch sagen, daß unsere Zukunft nicht rosiger geworden ist. Aber wir bringen nicht den politischen Druck zustande, der allein zu einer durchgreifenden Änderung führen könnte, weil wir immer noch zu wenige sind. Das oft berufene „gewachsene Umweltbewußtsein" in breiten Schichten der Bevölkerung versagt zumeist, wenn es direkt gefordert wird. Die Unlust, über unsere Umweltprobleme nachzudenken und persönliche Konsequenzen zu ziehen, ist noch weit verbreitet. Ich wage keine Prognose, wann sich dies ändert.

Literatur

ANHÄUSER, H. (1981): Zur Problematik der Greifvogelpflegestationen. -Vogel und Umwelt 1: 190 -196. COLES, B. H. (1988): Innere Medizin und Chirugie bei Vögeln. Gustav Fischer, Stuttgart. PRINZINGER, G.& R. (1980): Pestizide und Brutbiologie der Vögel. Kilda-Verlag, Greven. WOELFING, P. (1983): Erfahrungen in einer Vogelauffangstation. - Eine kritische Bilanz aus der Sicht der Veterinärmedizin, des Natur- und des Tierschutzes. - Vogel und Umwelt 2: 247 - 252.

Die bei den Abbildungen erwähnten Untersuchungsbefunde stammen vom Institut für Ge- flügelkrankheiten der Ludwig-Maximilians-Universität München (Leitung: Prof. Dr. J. Kösters).

Anschrift des Verfassers: OTTO DIEHL, Dr.-Diehl-Straße 9, 6113 Babenhausen-Langstadt 46 Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen Vogel und Umwelt 6: 47-57 (1990)

Sind durch Nistkasten-Untersuchungen verläßliche Populations- trends zu ermitteln? - Eine Fallstudie am Steinkauz (Athene noctua) — von HUBERTUS ILLNER, Soest

1. Einleitung

Seit den 1970er Jahren häufen sich in Europa Untersuchungen an Nistkasten-Populationen vor allem einiger Meisenarten (Parus spec),desTrauerschnäppers (Ficedula hypoleuca), eini- ger weiterer höhlenbrütender Singvögel (z. B. BERNDT & WINKEL 1979, BRUDERER & HIRSCHI 1984, SCHMIDT 1986, DRENT 1987, WINKEL 1989), einiger in Nisthilfen brütender Eulenarten (Strigidae) und des Turmfalken (Falco tinnunculus) (z. B. DELMEE et al. 1978, KORPIMÄKI 1981, SCHWERDTFEGER 1984, OELKE 1986, EPPLE & HÖLZINGER 1987, KORPIMÄKI & SULKAVA 1987, KAESER & SCHMID 1989). In vielen dieser Publikationen werden Angaben zu Populationstrends und -fluktuationen gemacht, die sich ausschließlich auf Nistkastendaten stützen; eine Methodenkritik unterbleibt dabei meistens. SCHERNER (1983) und BRUDERER & HIRSCHI (1984) weisen immerhin auf mögliche Fehler durch Veränderung von Nistkastenzahl und -typ, Wechsel der Beobachter bzw. -Methoden, durch den Bestandstyp, durch Ersatz-, Folge- bzw. Schachtel bruten, durch Dismigrationen während der Brutzeit, Lokaleffekte und verzögerte Reaktion einiger Vogelarten (z. B.Trauerschnäpper, s. auch WINKEL 1979) hin. Eine Grundvoraussetzung zur Beurteilung von Nistkasten-Popula- tionen, die Anzahl proJahrangebotener Nistkästen (und ebenso die Flächengröße),wi rd sogar oft nicht angegeben, und selbst in diesen Fällen werden Bestandstrends konstatiert (z. B. FRANZ et al. 1984, KAESER & SCHMID 1989). Einige Autoren berechnen und arbeiten konsequent mit der bei wechselnden Nistkasten- zahlen weniger fehlerhaft erscheinenden Brut-Besetzungsrate (zur Brut angenommene : insgesamt angebotene Nisthilfen) (z. B. BERNDT & WINKEL 1979, KORPIMÄKI 1981, 1987). Doch bleibt dabei ungeklärt, ob mittels solcher Populationsindizes errechnete Fluktuationen oder Trends ebensolche der Gesamtpopulation (Brutzeitbestand = alle zur Brutzeit an- wesenden Individuen) oder Teilen davon (Brutpaarbestand, Brutzeit-Paarbestand [incl. Nichtbrüter bzw. eine noch stärkere Differenzierung in Tages- bzw. Saison-Brutbestand, vgl. SCHERNER 1983] oder Brutzeit-Territorialbestand) im oder sogar außerhalb des Untersu- chungsgebietes repräsentieren. Die bisher durchgeführten Parallelerfassungen durch Revier- kartierung und Netzfang (Individualmarkierung) haben für Singvögel in alten Laubwäldern zum Ergebnis geführt, daß künstliche Nisthilfen den Brutzeit-Territorialbestand von Höhlen- brütern nicht oder nur vereinzelt erhöhen (LUDER et al.1983,DRENT1984,1987,TOMIALOJC et al. 1984), wohl aber den Brutanteil in Nistkästen (DRENT 1984). Ähnliche Befunde bzw. Hinweise erbrachten Studien an Eulen (SOUTHERN 1970, ZIESEMER 1980, LUNDBERG 1981, LUNDBERG & SULKAVA 1984, SCHERZINGER 1985, S. 123 - Rauhfußkauz [Aegolius funereus]; I LLNER 1988).

Lediglich van BALEN et al. (1982) führte Vergleichsstudien an zwei Naturhöhlen -und vier Nist- kasten-Populationen (zwei benachbart, zwei weiter entfernt) der Kohl- und Blaumeise (Parus major, P. caeruleus) durch, die eine Prüfung auf Repräsentativität der Ergebnisse für größere Gebiete bzw. Populationen ermöglichen. Ihre Feststellung von gleichsinnigen Fluktuationen 47 in den betreffenden Populationen ist anzuzweifeln, da sich im Einzelfall erhebliche Abwei- chungen ergeben, maximal + 200% vs.+ 38 % (Blaumeise von 1976 auf 1977, 2 Naturhöhlen- Populationen vs. 2 benachbarte Nistkasten-Populationen; berechnet nach Tab. 7,8). Nistkasten-Untersuchungen und parallel durchgeführte jährliche flächendeckende Revier- kartierungen von Eulen in Mittelwestfalen (ILLNER 1988) ermöglichen die Bearbeitung und Überprüfung einiger oben angeführter methodischer Probleme. Beispielhaft wird hier der Steinkauz herausgegriffen, von dem das größte Beobachtungsmaterial vorliegt. Kartierungen singender Steinkauz-e in benachbarten Gebieten mit bzw. ohne Nistkastenangebot sollen die Frage der Repräsentativität von Nistkasten-Daten über das eigentliche Untersuchungsgebiet hinaus beantworten helfen und die Frage klären, ob das Nisthöhlenangebot ein limitierender Faktor ist.

2. Material und Methode

Das ca. 125 km2 große, überwiegend ackerbaulich genutzte Untersuchungsgebiet und die Methode der Revierkartierung sind in ILLNER (1988) beschrieben; eine Ergänzung: der Winter 1987/88 war ausgesprochen mild, der Feldmausbestand 1988 mittelmäßig. Weitere Kontrollgebiete sind in der Tabelle 2 kurz charakterisiert. Naturhöhlen nachempfundene Nistkästen aus Holzbrettern wurden nach fast flächendek- kendem Suchen von potentiellen Höhlen 1974-76 nahezu ausschließlich in den Gebieten aufgehängt, in denen keine geeigneten Naturhöhlen nachweisbar waren. Das Nistkastenan- gebot wurde bis 1988 weitgehend parallel mit dem Fortfall bzw. der Zerstörung von Natur- höhlen vergrößert.1986 - 88 wurden einige zusätzliche Nistkästen angebracht und zahlreiche Nistkästen an günstiger erscheinende Orte umgesetzt. Bis 1986 wurde mit wenigen Ausnahmen derselbe Nistkasten Typ eingesetzt, danach vermehrt ähnliche, aber größere Nistkästen neu aufgehängt oder alte durch solche ersetzt. Die Anbringungsweise der Nist- kästen blieb mehr oder weniger konstant. Von Staren (Sturnus vulgaris) und anderen Singvö- geln zur Brut genutzte Nistkästen wurden in der Regel im Herbst oder im Winter vom Nistmate- rial dieserVögel befreit; blieben einzelne Nistkästen bis zum Frühjahr ungesäubert oderwaren aus anderen Gründen nicht besiedelbar, wurden diese nicht zu dem Nistkastenangebot (Tabelle 1) gezählt. An 17 Stellen blieben dieselben Nistkästen unverändert von 1975 - 88 angebracht; diese werden in Tabelle 1 als Teil „konstant" aufgeführt. Die effektive Nistkastenzahl pro km2 ist in den Gebieten (1) und (4) der Tabelle 2 schätzungs- weise etwa gleich groß, weil in (1) die Nistkästen gezielt in naturhöhlenfreien Biotopen ange- bracht wurden und in (4) pro Biotop meistens zwei Nistkästen aufgehängt wurden. Mindestens zwei über die potentielle Brutzeit verteilte Kontrollen ergaben, ob eine Brut (mindestens ein Ei gelegt) vorlag oder nicht. Konnten keine Brutnachweise erzielt werden, hielten sich aber Altvögel zur Brutzeit in Nistkästen auf, so werden diese in Tabelle 1 in Klammern als Einzeltiere mit aufgeführt. Die Ermittlung der Brutzeit-Territorien (1988) in den in Tabelle 2 aufgeführten Gebieten geschah in ähnlicher Weise wie in PETZOLD & RAUS (1973) beschrieben. Zu einer relativ etwas kleineren Abnahme im Gebiet (1), einem Teilgebiet des eigentlichen Untersu- chungsgebietes (Tabelle 1), hat vermutlich die etwas intensivere Erfassung in (1) verglichen mit (2) - (5) geführt (vgl. ILLN ER 1988 mit PETZOLD & RAUS 1973). So wurden auch noch 1975 in (1) von mir 28 Territorien gegenüber 21 Territorien gemäß PETZOLD & RAUS (I. c.) ermittelt.

3. Ergebnisse

Die Zusammenstellung in Tabelle 1 zeigt, daß mit der Steigerung des Nistkastenangebotes von 21 auf ca. 60 die Nistkastenbruten nahezu kontinuierlich zunahmen und sich in etwa 13 48 Jahren verfünffachten, dagegen sich in derselben Zeitspanne derTerritorialbestand etwa um die Hälfte verkleinerte. Die Besetzungsrate aller Nistkästen stieg anfänglich stark an, erhöhte sich darauf nur noch wenig und pendelte in den letzten Jahren um 30% und liegt damit doppelt so hoch wie zu Beginn. Die Besetzungsrate des konstant gehaltenen Nistkastenangebotes stieg ebenfalls am Anfang deutlich an, um danach hauptsächlich im Bereich von 40 - 50% zu schwanken. Statistische Analysen zeigen (Tabelle 1), daß sich - den gesamten Zeitraum 1975- 88 betrachtet - die Trends signifikant unterscheiden. Die Erfassungen mit Hilfe von Besetzungsraten täuschen eine Zunahme bzw. ein Gleichbleiben der Steinkauz-Population vor,während in Wirklichkeit derTerritorialbestand abgenommen hat. Noch mehr gilt dies fürdie absolute Zahl von Nistkastenbruten, für die deswegen keine gesonderte Korrelationsanalyse durchgeführt wurde. Da auch in anderen Untersuchungen eine möglicherweise verzerrende „Gründerphase" (z. B. WINKEL 1989) aus den Trendanalysen ausgeklammert wurde, sind zusätzliche, partielle Trendanalysen durchgeführt worden und zwar für Zeitabschnitte ohne die Gründerjahre 1975-78 bzw. zusätzlich ohne die ersten zwei auf den Jahrhundertwinter 1978/79 folgenden Jahre (Tabelle 1). Es ergeben sich für die Gesamt-Besetzungsrate im Ver- gleich zur Territorienzahl ähnliche Tendenzen, die vielleicht nur aufgrund der kleinen Zahl von Untersuchungsjahren nicht statistisch absicherbar sind. Die Trends der Teil-Besetzungsrate kommen denen der Territorienzahl ziemlich nah. Hierzu muß aber bemerkt werden, daß das Datenmaterial von 17 Nistkästen relativ klein ist. Die jahrweise prozentualen Veränderungen (Fluktuationen) der Territorienzahlen spiegeln sich ebenfalls nicht bzw. nicht generell in den Fluktuationen der beiden Besetzungsraten wider, selbst wenn die Gründerphase unberücksichtigt bleibt (Tabelle 1). Abweichende Extremfälle: Die Gesamt-Besetzungsrate bleibt etwa gleich, der Territorialbestand nimmt aber um ein Drittel ab (1978/79), bzw. die Teil-Besetzungsrate fällt von 50 auf 33 %, die Territorienzahl steigt um 210/0 (1983/84). Der Vergleich der Territorienzahlen von 1971/72 und 1988 in fünf Flächen des Kreises Soest (Tabelle 2) zeigt durchgehend ähnlich große prozentuale Abnahmen unabhängig davon, ob Nistkästen aufgehängt wurden oder nicht. Das ähnliche Ergebnis derGebiete (1) und (2 + 3) ist -Materialumfang, Landschaftstyp und Zeit derAnbringung der Nistkästen berücksichtigt -von größter Aussagekraft. Beschriebene kleine Unterschiede der Erfassungsintensität könnten sogar bedeuten, daß der Rückgang in (1) genauso groß wie in (2 + 3) ist. Da nach Angaben von PETZOLD (mündl.) die Bestandserfassung 1971/72 als nicht ganz so intensiv wie die meinige von 1988 selbst in (2 - 5) anzusehen ist, beträgt der wirkliche Rückgang des Steinkauzes in den Gebieten (1-6) von 1971/72 auf 1988 wahrscheinlich etwa 40 - 50 % (vgl. ILLN ER 1988).

4. Diskussion

Wie sind die erheblichen Diskrepanzen der Populationstrends und -fluktuationen nach den Methoden der Nistkasten-Kontrollen bzw. Ermittlung derTerritorien in dieser Untersuchung zu erklären? Eine verringerte Fortpflanzungsrate in Nistkästen könnte eine Erklärung sein. In Wirklichkeit weisen die Nistkästen infolge von weniger Totalverlusten etwas höhere Nach- wuchsraten des Steinkauzes als Naturhöhlen auf (ILLNER 1982 Mskr.). Die Mortalitätsrate gerade flügger Steinkäuze aus Nistkästen ist aber auch vermutlich etwas erhöht (ILLNER 1979), doch dürfte insgesamt ein ähnliches Brutergebnis in Bezug auf voll flugfähige Jung- vögel gegeben sein. Beim Rauhfußkauz ermittelte KORPIMÄKI (1984, 1985, 1987) Unter- schiede in den Brutparametern von Naturhöhlen und verschiedenen Nistkastentypen: beste Werte in größeren Nistkästen (s. auch DRENT 1987 für Parus major); Nachteile von seltener angenommenen, älteren Nistkästen werden vermutet.

49

41 41

34 34

7 7

32 32

59 59 19 19

88 88

47 47 28** 28**

17 17 17

8 8

30 30

18 18

61 61

87 87

29 29

5 5

16 16

28 28

57 57 16(2) 16(2)

86 86

30 30

31 31 31

5 5

16 16

24 24

51 51

85 85

40 40

33 33

15 15 5 5

38 38

17 (2) (2) 17 (3) 12

45 45

84 84

50 50

33 33

8 8

16 16

32 32

44 44

83 83

44 44

7 7

30 30

46 46

82 82

56 56

36 36 38

16 16 16

9 9

24 24

45 45

11 (1) (1) 11 (1) 14 (1) 14

81 81

47 47

29 29

17 17

8 8

25 25

10 10

40 40

80 80

0,345 0,345

-0,571 -0,571

-0,461 -0,461

1981-88 1981-88

27 27

7 7

26 26

8 (1) (1) 8

31 31

79 79

43 43

41 41 41

7 7

17 17 17

27 27

9 (1) (1) 9

33 33

78 78

0,082 0,082

0,438 0,438

-0,356 -0,356

1979 - 88 88 - 1979

47 47

35 35

17 17

6 6

23 23

7 7

31 31

77 77

44 44

12 12

17 17 2 2

13 13

4 (1) (1) 4

30 30

65 65

14 14

21 21

3 3

75 75 76

0,390§ (0,242) (0,242) 0,390§

0,735** 0,735**

-0,603* -0,603*

1975- 88 (1976- 88) 88) (1976- 88 1975-

50** 50**

1974 1974

) und p-Werte (*.= p < 0,05,**- p < 0,01) 0,01) < p 0,05,**- < p (*.= p-Werte und )

s

- -

Nistkastendaten und Territorienzahlen des Steinkauzes und Trendanalysen. Trendanalysen. und Steinkauzes des Territorienzahlen und Nistkastendaten

* Zahlen <17 ergeben sich durch zeitweiligen Ausfall einzelner Nistkästen Nistkästen einzelner Ausfall zeitweiligen durch sich ergeben <17 Zahlen *

§ Fehlender Wert 1975 ersetzt durch Mittelwert 1976/1977=24% 1976/1977=24% Mittelwert durch ersetzt 1975 Wert Fehlender §

Territorienzahl Territorienzahl

Besetzungsrate Teil Teil Besetzungsrate

Besetzungsrate-Gesamt Besetzungsrate-Gesamt

abschnitte. abschnitte.

Koeffizienten (r Koeffizienten

Trendanalysen-Rangkorrelationstest nach SPEARMAN (zweiseitige Fragestellung) - für Besetzungsraten und Territorienzahl verschiedener Zeit- verschiedener Territorienzahl und Besetzungsraten für - Fragestellung) (zweiseitige SPEARMAN nach Trendanalysen-Rangkorrelationstest

** Möglicher Erfassungsfehler 10-15% (wahrscheinlich Unterschätzung) Unterschätzung) (wahrscheinlich 10-15% Erfassungsfehler Möglicher **

-Teil „konstant" in % % in „konstant" -Teil

Besetzungsrate Besetzungsrate

Territorienzahl Territorienzahl

Brutnachweise Brutnachweise

- Teil „konstant Teil -

Nistkastenangebot Nistkastenangebot

- Gesamt in % % in Gesamt -

Bestzungsrate Bestzungsrate

(+ Einzeltiere) Einzeltiere) (+

Brutnachweise Brutnachweise

- Gesamt Gesamt -

Nistkastenangebot Nistkastenangebot Tabelle 1: 1: Tabelle Eine weitere Erklärungsmöglichkeit könnte in der unterschiedlichen Definition der Population liegen: in Nistkästen werden Brutpaare, mit der Kartierungsmethode Territorien ermittelt (s. auch SCHERNER 1983). Da der Nichtbrüteranteil beim Steinkauz mit maximal ca. 200/0 (ILLN ER 1979, EXO 1987, Abb. 3, Tab. 4 - März 1984) relativ gering ist und auch kein langfristig abnehmender Trend des Nichtbrüteranteils nachweisbar ist (ILLNER in Vorber.), kann hierin keine Ursache liegen. Bei einigen Eulenarten kann der Nichtbrüteranteil jahrweise erheblich schwanken, z. B. 12 -100% beim Habichtskauz (Strix uralensis) (LUNDBERG & WESTMAN 1984), 10 -100 0/0 (Strix aluco) (SOUTH ER N 1970), 23 - 54 0/0 bzw.14 - 64% beim Rauhfußkauz (hier: % ohne Brut an c-Gesamt) (SCHWERDTFEG ER 1984,KORPIMÄKI 1989) oder bei der Schleiereule (Tyto alba) 15 - 55 0/0 (ILLN ER 1979). Dieser Anteil kann auch beim Turmfalken bis 27% betragen (VI LLAGE 1989) und ebenso bei Singvögeln hoch sein (z. B. van BALEN et al. 1982, DRENT1987). Die Daten einerdieser Studien sind ausreichend für den Test, ob der Nicht- brüteranteil den unterschiedlichen Populationstrend nach Nistkastenbruten bzw. Territorien- zahl verursacht hat. Nach SOUTH ERN (1970,Tab.1, 2,11) läßt sich folgendes für die Waldkauz- population (1950 - 59, n=10) berechnen (Rangkorrelationstest nach SPEAR MAN): Die Terri- torienzahl nimmt hochsignifikant zu (r, = 0,957, p < 0,001), die Besetzungsrate von 43 (1950) bis 29 (1959) Nistkästen verändert sich nicht signifikant (r5 =0,161), ebenso nicht der Nicht-

Tabelle 2: Territorienzahlen des Steinkauzes in einigen Gebieten des Kreises Soest (teil- weise Kreis Beckum) mit oder ohne Nistkastenangebot, 1971/72 (PETZOLD & RAUS 1973) und 1988 (eigene Erfassungen).

Gebiet Größe (km2) Nistkastenzahl/km2 Territorienzahl % Abnahme (ab Jahr) 1971/72 1988 ( ) 10 1971/72

(1) 30 0,4 - 0,6 (1975) 21 15 —29

(2) 24 - 10 6 (-40)

(3) 12 - 6 4 (-33) (2)+(3) 36 - 16 10 —38

(4) 13 ca. 1 (1980/81)* 7 4 (-43)

(5) 12 - 16 12 —25

(1)+ (4) 43 0,4-1 (1975-81) 28 19 —32 (2) + (3) + (5) 48 32 22 —31

(1)—(5) 91 0 - 1 60 41 —32 * Nistkastendaten freundlicherweise von E. Wittkemper und B. Och übermittelt

Gebietsbeschreibungen (eingeschlossene Dörfer/Höfe im Uhrzeigersinn ab NW-Ecke): (1) Scheidingen-Flerke-Einecke-Ehningsen-Oberbergstraße-Ostönnen-Mawicke-Westönnen- Ostuffeln-Hof Flerke: Parklandschaft mit 15% (1974) bis 8% (1988) Grünlandanteil; (2) Einecker- holsen-Paradiese-Marbke-Meiningsen-Epsingsen-Sieveringen-Ostönnerlinde-Merklingsen: ähnlich angrenzenden (1), etwas ausgeräumter und weniger Grünland; (3) Hs Brockhausen- Humbrechting-Weslarn (West)-Sieningsen-Schwanebrügge-Kutmecke-Brockhausen: ähnlich (2), mehr Einzelhöfe als Dörfer; (4) Unterberg II (Dreinhoff-König)-Schachtrupp (Haggeney- Schulze Sch.-Beckvogt)-Unterberg II (Frie-Hessing): Münsterland-Typ mit Einzelhöfen, weniger Höfe und mehr Wald (ca.15 0/0) als (5); (5) Heckentrup (Gerling)-Hontrup (Schule-Feldmann)-Dorf- bauerschaft (Jockenhövel-Böpsel): Münsterland-Typ. Gebiete (1), (3)-(5) 70-100 m NN, (3) 80-160 m NN; alle Gebiete < 15 0/0Waldanteil. Die Gebiete sind in ihrer Nummernfolge von SW nach NE angeordnet, liegen maximal 24 km auseinander (SW-Ecke (1) zu NE-Ecke (5)).

51 brüteranteil (rs = 0,370). Das unterschiedliche Ergebnis der beiden Erfassungsmethoden ist hier also nicht durch den Nichtbrüteranteil bestimmt. Tabelle 1 zeigt, daß der zunehmende und damit von der Territorienzahl abweichende Trend der Nistkasten-Population in den ersten Jahren besonders ausgeprägt ist. Dies deckt sich mit den Angaben von WINKEL (1989), SCHWERDTFEGER (1984) und BRUDERER &HIRSCHI (1984), die von einer Gründer- bzw. Eingewöhnungsphase sprechen. Dieses Phänomen kann u. a. ethologisch und/oder populationsdynamisch interpretiert werden. Die Vögel müssen die Nisthilfen finden, sich vielleicht an die zunächst fremden Objekte gewöhnen und/oder muß sich erst ein Bestand nach und nach durch Fortpflanzung darin aufbauen bzw. aus Nachbar- gebieten einwandern. Es konnte von mir festgestellt werden (Beringung), daß einige Nist- kästen nach wenigen Tagen vom Steinkauz zur Brut angenommen werden, andere aber erst nach mehreren Jahren. Das Phänomen Gründerphase dürfte dann besonders ausgeprägt sein, wenn ein Mangel an natürlichen Nistmöglichkeiten gegeben ist, wie es im Untersu- chungsgebiet zeitweise lokal der Fall war (ILLNER in Vorber.), oder wenn die betreffende Vogelart kolonieartig brütet (z. B. Rauhfußkauz, SCHWERDTFEGER 1984). Die Ansiedlung in Nistkästen könnte aber auch ohne natürlichen Nistplatzmangel zunehmen, allein weil bestimmte Nistkastentypen einen übernormalen Auslöser („super-normal stimuli", SOUTHERN 1970) haben oder optimaler sind (ZIESEMER 1980, KORPIMÄKI 1984, DRENT 1987). Wird die Nistkastenzahl und fast immer auch das beschickte Areal nach und nach vergrößert (bzw. Nistkästen werden in andere Teilgebiete umgehängt), kommt es damit wahrscheinlich zu einer Aufsummierung vieler sukzessiver (Teil-) Gründungsphasen, was dann in der schein- baren langfristigen Zunahme einer Population resultiern kann, selbst wenn Brut-Besetzungs- raten und nicht absolute Brutpaarzahlen zugrunde gelegt werden. Die methodisch bedingte Verzerrung ist möglicherweise in der eigenen Untersuchung (Nistkastenangebot-Gesamt) durch das gezielte Aufhängen von Nistkästen nach Naturhöhlenverlust vergrößert worden. Insgesamt spielen aber diese Fälle keine überragende Rolle, wie es die insgesamt niedrigen Besetzungsraten von maximal 38 % zeigen (Tabelle1). Der größteTeil der übrigen N isthilfen, die in Steinkauz-Habitaten, denen eine geeignete Brutmöglichkeit fehlte, angebracht worden waren, blieb unbesetzt bzw. wurde nur für kurze Zeit angenommen. Bisherige Experimente zur Frage der Begrenzung von Vogelpopulationen (Höhlenbrüter, obli- gate Folgenutzervon Fremdnestern) durch das Nistplatzangebot hatten zum Ergebnis, daß die Beantwortung sowohl für unterschiedliche Areale einer Art verschieden ausfallen kann (VILLAGE 1989), als auch das Nistkastenangebot indirekt wirksam sein kann (DR ENT1987). Weitere vergleichend systematische Untersuchungen an Höhlenbrüterpopulationen in Nadel- wäldern und jungen Laubwäldern würden vermutlich für viele Arten zum Ergebnis führen, daß ihre Brutpaarzahl und auch Territorienzahl durch Nisthilfen erhöht wird, weil erstere relativ zu vergleichbaren Laubwäldern (Alter, Klima etc.) sehr wenige Höhlen, besonders solche von Spechten (Picidae) gezimmerte, aufweisen (TOMIALOJC et al. 1984, KÜHLKE 1985, HÖLZINGER 1987) bzw. junge Laubwälder generell sehr höhlenarm sind (van BALEN et al. 1982, KÜHLKE 1985, RUDAT et al. 1985, HÖLZINGER 1987, NOELKE 1989). In Nordeuropa wurden auch aufgrund moderner Waldwirtschaft (z. B. kürzere Umtriebszeiten) in den letzten Jahrzehnten deutliche Abnahmen von Höhlenbrütern festgestellt (HELLE &JÄRVINEN 1986, VÄISÄNEN et al. 1986). Sind die untersuchten Populationen des Steinkauzes ebenfalls durch das Nistplatzangebot limitiert gewesen? Ohne Zweifel hat es lokal Nistplatzmangel gegeben und einzelne Paare wären nach dem Verlust ihrer Naturhöhle abgewandert oder ohne Bruterfolg geblieben, wenn nicht Nistkästen als Ersatz zur Verfügung gestanden hätten. Doch ergaben sich zahlreiche 52 Indizien, daß andere Faktoren, vor allem das abnehmende Nahrungsangebot für den langfri- stigen Rückgang des Steinkauzes verantwortlich sind (ILLNER 1988). Diese Hypothese wird durch die Untersuchungen in benachbarten Räumen ohne zusätzliche Nisthilfen gestützt (Tabelle 2): der Rückgang ist dort über einen Zeitraum von 16 -17Jahren ähnlich hoch wie in den mit Nistkästen beschickten Gebieten. An diesem Ergebnis wird auch deutlich, daß die mit der Nistkasten-Kontrollmethode ermittelten Populationstrends des Steinkauzes auch für größere Areale nicht repräsentativ sind,wohl aber annähernd die Ergebnisse der Revierkartie- rung (s. auch weitere in ILLNER 1988 zit. Erhebungen in Westfalen). Im mittelwestfälischen Raum (Nordhälfte Kreis Soest, Stadt Hamm, angrenzende Gebiete des Kreises Unna und Beckum; zusammen ca. 1000 km2) wurden in den 1970er Jahren auf ca. 3/4 der Gesamtfläche etwa 500 Steinkauz-Nistkästen aufgehängt (= 0,7/km2) (nach Angaben von B. GLÜER, A. NAGEL, A. KÄMPFER &W. LEDERER, U. RÖMER, E.WITTKEMPER &B.00H münd I.). Es kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden, daß das großflächige Nistkastenangebot den im wesentlichen aus anderen Gründen verursachten Rückgang insgesamt verzögert hat. Meinem Eindruck nach scheint das natürliche Nistplatzangebot im allgemeinen mit der steigenden Intensität der Landbewirtschaftung negativ korreliert zu sein, die wiederum vor allem das Nahrungsangebot des Steinkauzes negativ beeinflußt (ILLNER 1988 und in Vorber.). Nach diesem Erklärungsmuster würde also eine Korrelation des Rückgangs der Art mit dem Verschwinden der natürlichen Nistmöglichkeiten im wesentlichen nicht kausaler Natur sein, sondern auf einer Gemeinschaftskorrelation (vgl. SACHS 1978) beruhen.

5. Schlußfolgerungen

Planung/Feldarbeit: Im folgenden werden resümierend Vorschläge gemacht, wie man Nistkasten-Untersuchungen an Eulen anlegen und auswerten sollte, um sie möglichst gewinnbringend für Populations- studien (u. a. Monitoring) zu machen. Naturschutzbelange werden dabei berücksichtigt.

Die Größe des Untersuchungsgebietes (vgl. SCHERNER 1981) und die Länge der Studien (mindestens ca. 13 Jahre für mitteleuropäische Eulenarten: 3 - 5 Jahre Gründerphase und mind. 3 Mäusezyklen von im allgemeinen je 3 -4 Jahren ; vgl.ILLNER 1988) sollten ausreichend sein; beachte die im allgemeinen geringere Datenbasis relativ zur Revierkartierung (Nicht- brüter, unbrauchbare Gründerphase). Voruntersuchungen sollten klären, welche Nistkasten- typen am geeignetsten sind (keine erhöhten Brutverluste; vgl. besondere Klimaverhältnisse in Naturhöhlen, SIXL 1969) und wo und wie die Nistkästen am besten anzubringen sind (natür- liches Höhlenangebot zumindest stichprobenartig erkunden; Nistkästen möglichst in höhlen- arme Gebiete ausbringen; Diebstahl, Zerstörung durch Menschen und übernatürlich hohe Prädatorenverluste möglichst verhindern). Die Nistkastendichte muß so groß sein, daß Besetzungsraten höchstens ausnahmsweise über 70 0/0 liegen, da sonst Schwankungen kaum sichtbar gemacht werden können (SCHMIDT 1983; s. aber trotzdem Trendberechnungen in SCHMIDT 1986 und WINKEL 1989). Möglichst alle Nistkästen gleich im ersten Jahr ausbringen oder zumindest Teilgebiete jahrweise voll- ständig beschicken; Anbringungsweise, Nistkastentyp und Kontrollmethoden gleichhalten; ausgefallene Kästen möglichst bald ersetzen; Singvogelnester jährlich im Herbst/Winter ausräumen. Mindestens ein größererTei I der Nistkästen sollte über den gesamten Zeitraum an denselben Orten verbleiben. Störungen bei den Brutkontrollen sind so weit wie möglich zu vermeiden, vor allem zur Zeit unmittelbar vor bzw. während der Eiablage (eigene Beobach- tungen); einige Arten wie z.B. derWaldkauz (DELMEE et al.1978,SAUROLA1987) sind beson- ders empfindlich. 53 Wenn irgendwie möglich, sollten im ersten und letzten Jahr wenigstens Teilgebiete mittels der Revierkartierung erfaßt werden. Bestimmte Arten bzw. Populationen sind wahrscheinlich nur mit dieser Methode zufriedenstellend zu erfassen und in ihrer Populationsentwicklung zu verfolgen (vgl. z. B. JOH NSON 1987, s. auch oben Populationen mit sehr stark schwankenden Anteilen von Nichtbrütern).

Auswertung:

Die ersten 3 - 5 Jahre sollten wegen des „Gründereffektes" von den Trendanalysen ausge- schlossen werden. Bei wechselndem Nistkastenangebot mit der Brut-Besetzungsrate arbei- ten; Angaben immer nur auf die Zahl besiedelbarer Kästen beziehen; absolute Brutzahlen höchstens als Hilfsmittel bei der Interpretation verwenden (BRUDERER & HIRSCHI 1984). Gesonderte Analysen vom konstant gehaltenen Teil des Nistkastenangebotes sind anzu- streben.

Zwei Beispiele verdeutlichen, wie sich ausschließlich optische Interpretationen der zeitlichen Entwicklung der Brutnachweise in Nistkästen und der Zahl der Nistkästen von einer stati- stischen Analyse der Brut-Besetzungsrate (Rangkorrelationstest nach SPEARMAN) unter- scheiden können. EPPLE & HÖLZINGER (1987) konstatierten eine übereinstimmende Bestandssteigerung von drei Steinkauzpopulationen (S. 1090, Abb. 1014) durch künstliche Nisthilfen. Rangtests der Brut-Besetzungsraten (ab 2. Untersuchungsjahr) ergeben eine signifikante Abnahme in „Heilbronn" (r. = —0,706, p < 0,05, n = 10), keinen gesicherten Zu- oder Abnahmetrend für „Mittleres Albvorland" (rs = 0,423, n =11) bzw. „Friedrichshafen" (r. = 0,591, n = 11). OELKE (1986) führt als Beispiel einer Steigerung eines reduzierten Schleiereulenbestandes durch Nistkästen Daten von ALTMÜLLER an. Der statistische Test der Brut-Besetzungsrate von 1967-84 (Abb. Seite 59) erzielt keinen gesicherten Trend (rs = 0,167, n =18).

Allgemein ist zu berücksichtigen, daß, wie gezeigt wurde, Verzerrungen und Fehler mit der Nistkasten-Kontrollmethode meist in Richtung einer scheinbaren Positiventwicklung von Populationen auftreten, Zunahmen also besonders schwer mit dieser Methode zu belegen sind. Vorausgesetzt, die angebotenen Nistkästen verschlechtern weder den Bruterfolg noch erhöhen sie die Adult-Mortalität, können Rückgänge mit dieser Methode weit besser belegt werden.

6. Zusammenfassung

In einem mittelwestfälischen Untersuchungsgebiet wurde die Steinkauzpopulation von 1974 - 88 mit der Revier-Kartierungsmethode erfaßt: sie verminderte sich signifikant. Parallel durch- geführte Brutkontrollen in Nistkästen (1975: 21, 1988: 59) erbrachten folgende langfristige Populationstrends (Tabelle 1): Signifikante Zunahme der besetzten Nistkästen und der Brut- Besetzungsrate, kein Zu- oder Abnahmetrend für einen konstanten Teil von 17 Nistkästen. Partielle Trendanalysen (erste 5 - 7 Jahre ausgeklammert) erzielen vor allem für den konstanten Teil der Nistkästen bessere Ergebnisse. Revierkartierungen in benachbarten Gebieten mit und ohne Nistkastenangebot zeigen einen einheitlichen Abnahmetrend, der höchstens zum Teil auf Nistplatzmangel beruhen kann (Tabelle 2); die Nistkasten-Daten reprä- sentieren nicht Trends in benachbarten Gebieten. Fehlermöglichkeiten der Nistkasten- Kontrollmethode wie Beeinflussung der Reproduktion durch Nistplatztyp, Nichtbrüteranteil, „Gründerphase", stetige Erhöhung der Nistkastenzahl, gezielte Ausbringung der Kästen und 54 die Frage der Begrenzung von Höhlenbrüter-Populationen durch das Nistplatzangebot werden ausführlich diskutiert. Abschließend werden Vorschläge zur Planung und Auswertung von Nistkasten-Untersuchungen an Eulen gemacht.

7. Literatur

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Anschrift des Verfassers: HUBERTUS ILLNER, Wenningweg 9, 4770 Soest 57 Neue Literatur

STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEINLAND-PFALZ UND SAARLAND (Herausgeber) (1987): 1937 -1987/ Festschrift der Vogelschutzwarte, Frankfurt am Main. 168 S., 66 Schwarzweißfotos, 10 Skizzen und 9 Tabellen. Die mit Grußworten der drei zuständigen Ministerien in Wiesbaden, Mainz und Saarbrücken sowie des Oberbürgermeisters der Stadt Frankfurt am Main eingeleitete Festschrift anläßlich des 50jährigen Bestehens der Vogelschutzwarte stellt deren weites sachliches und drei Bundesländer umfassendes räumliches Arbeitsfeld in exemplarischen Beiträgen dar. Auch die Mannigfaltigkeit der Arbeitsweise spiegelt sich in den Einzelbeiträgen wider. Als Dienststellenleiter blickt W. KEIL zurück auf „50 Jahre Vogelschutzwarte Frankfurt", berichtet über „Das hessische Artenschutzprojekt Wanderfalke - Falco peregrinus"und stellt am Beispiel der Anlage der Stadt Wiesbaden vor, wie „Vogelkonzentrierung auf Mülldeponien eine Gefahr für den Luftverkehr" bewirken kann. Als hauptamtlicher Mitarbeiter schildert R. ROSSBACH zusammenfassend die hessischen Versuche zur „Bestandsstützung beim Weiß- storch - Ciconia ciconia -durch Auswilderung als Überbrückungsmaßnahme bis zur Verbes- serung der Biotope" sowie seine „Erfahrungen aus den Kontrollen von Greifvogel- und Eulen- haltungen". A. HARBODT schließlich, ebenfalls im Dienste der Vogelschutzwarte, gibt eine Darstellung des für das praktische Wirken bedeutsamen Kooperationsmodells der Frankfurter Zentrale mit ehrenamtlichen Helfern bis hin zur Ebene der Landkreise und Gemeinden unter dem Titel „Die Beauftragten der Vogelschutzwarte für Hessen, R heinland-Pfalz und Saarland"; gemeinsam mit G. PAURITSCH vermittelt HARBODT auch einen Überblick über die Schutz- bemühungen um den „Lebensraum Streuobstwiese - Programme und gesetzliche Schutz- möglichkeiten". Darüber hinaus künden weitere Veröffentlichungen aus Forschung und Praxis vom vielseitigen Einsatz der übrigen Mitarbeiter, insbesondere im Ehrenamt, als gemeinsam mit benachbarten Universitätsinstituten betreute Diplomanden und Doktoranden, als Gutachter auf Vertrags- basis oder wie immer sonst der Vogelschutzwarte verbunden: G. BAUSCHMANN „Ornitholo- gische Bestandsaufnahme in der Nidda-Aue Frankfurt (Bundesgartenschaugelände 1989) im Jahre 1984",O. DI EH L „Erfahrungsbericht über das Auswildern in zoologischen Gärten gebo- rener Schleiereulen - Tyto alba", R. HELFRICH „Das Rebhuhn - Perdix perdix - in der Kultur- landschaft",A. KLEIN „Vogelschutz in den Wäldern des Saarlandes -eine Bestandsaufnahme", J. LEHNERT „Situation und Schutz des Wiedehopfs - Upupa epops - in Rheinland-Pfalz", S. SCHMIDT-FASEL „Schutz und Verbreitung des Haselhuhnes - Bonasa bonasia - im Länderdreieck Rheinland-Pfalz, Hessen und Nordrhein-Westfalen" sowie K. WI NTH ER „Bericht über die Tätigkeit eines Kreisbeauftragten für Vogelschutz (KBV) am Beispiel des Wetteraukreises". H.-J. BÖHR

58 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 59 - 61 (1990)

Die Entwicklung der Steinkauz-Population im Landkreis Limburg- Weilburg von 1978 -1989 von HERBERT FRIEDRICH, Runkel

Anfang der 70er Jahre stellten die Ortsbeauftragten für Vogelschutz im Kreisgebiet fest, daß der Steinkauz (Athene noctua) nur noch in je einem Ortsteil von Beselich, Hadamar, Hünfelden und Limburg als Brutvogel beobachtet wurde. Weitere Nachforschungen ergaben, daß diese Vogelart in den 50er Jahren noch im ganzen Kreisgebiet regelmäßiger Brutvogel war. Der Rückgang erfolgte zeitlich parallel zur verstärkten Rodung von Streuobstanlagen. Hierdurch wurden dem Steinkauz die Nist- und Ernährungsmöglichkeiten entzogen.

Das Gebiet des Landkreises Limburg-Weilburg stellt m. E. aus klimatischen Gründen für diese Eule einen günstigen Lebensraum dar. Von den insgesamt 738 km2 sind 52 0/0 Feld- und 34% Waldfläche. Die Höhenlage ist weitgehend unter 350 m NN.

Im Jahre 1975 wurden die ersten Steinkauzröhren aufgehängt. Bereits fünf Jahre später, also 1980, konnten 107 Röhren im gesamten Kreisgebiet verteilt gezählt werden. 1978 brüteten Steinkäuze nur noch in den Gemarkungen von Hünfelden (Niströhren) und Hadamar (Höhle in einem Apfelbaum). Besiedelt waren zu dieserZeit lediglich die Bereiche mit geringem Waldan- teil. Die klimatisch wärmsten Teile des Kreises im und am Rande des Limburger Beckens mit seinen Ausläufern in das Emsbachtal („Goldener Grund") wurden von dieser Restpopulation aus in den folgenden Jahren besiedelt. Wie die Beringungsergebnisse zeigen, war auch der Zuzug aus dem Rhein-Main-Dreieck für das schnelle Anwachsen des Bestandes von Bedeu- tung. Bereits 1981 brüteten wieder elf Paare im Kreisgebiet. Im Durchschnitt flogen rund drei Jungvögel pro Brut aus. In den beiden Jahren nach 1981 waren jeweils neun Brutpaare vorhanden (s. Grafik). Die meisten Niströhren waren mit Marderschutz versehen. Die Käuze bevorzugten jedoch die nicht mardersicheren Kästen. Der ungesicherte Kastentyp wurde gegen den gesicherten Kasten mit doppelter Vorderwand und einem Keil zwischen den Wänden zum Schutz gegen Freßfeinde ausgetauscht. Besonders in den Gebieten Limburg und Hünfelden kam es zu spür- baren Verlusten durch den Marder.

Die stärkste Steinkauzkonzentration war in einem Ortsteil von Hünfelden festzustellen. Durch die im Kreisgebiet durchgeführten Hilfsmaßnahmen konnten 1989 20 Brutpaare neben mehreren Einzelvögeln gezählt werden. Bis auf ein Paar brüteten alle Steinkäuze in den künstlichen Röhren. Diese Tatsache unterstreicht deutlich, daß das Fehlen geeigneter Nist- möglichkeiten die Hauptursache für das Verschwinden dieser Eule war.

In Zusammenarbeit mit den Ortsbeauftragten für Vogelschutz werden im Kreisgebiet regel- mäßig Obstbaumpflege-Lehrgänge abgehalten. Ferner wurden bisher einige hundert Hoch- stammapfelbäume gepflanzt, um den Rodungsverlust an Streuobstanlagen wieder auszu- gleichen.

Während des Beobachtungszeitraumes wurde festgestellt, daß nicht das ganze Kreisgebiet gleichmäßig besiedelt wurde, sondern nur die offenbar günstigsten Lebensräume ange- nommen wurden. In diese Gebiete wurde daher auch der Schwerpunkt der gemeinsamen 59 Anzahl der Brutpaare

22 Entwicklung der Steinkauzpopulation 20 im Landkreis Limburg-Weilburg 1978 —1989

18

16 7- 7- 14

12

10

8

2

1978 7.9 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 Jahr

Arbeit gelegt. Es zeigte sich ferner, daß die besten Erfolge, d. h. die Bruten mit den meisten ausgeflogenen Jungvögeln, nicht die runden Niströhren, sondern vierkantige Kästen erbrach- ten, die in ihren Maßen denen der runden entsprachen. Das Volumen des Innenraumes ist jedoch größer und sorgt meines Erachtens für eine bessere Belüftung. Dies gilt besonders in regenreichen Zeiten während der Monate Mai und Juni. Die Bestandsschwankungen der kontrollierten Steinkauzpopulation waren überwiegend nahrungsbedingt. Aber auch Beschädigungen der Nistkästen führten verschiedentlich zu Brutausfällen. In Brutrevieren weidende Pferde oder Kühe, die sich oft unter Brutbäumen aufhielten, waren nicht der Anlaß für das Aufgeben einer Brut. Es erscheint aufgrund der Erfah- rungen sinnvoll, die Streuobstanlagen im Kreisgebiet und auch die Brutareale für den Stein- kauz nach dem Naturschutzrecht zu schützen (z. B. als Geschützter Landschaftsbestandteil). Mehrmals wurden auch Einzelbäume, die etwa 100 m und mehr von einer anderen Sitzmög- lichkeit standen, als Brutplatz gewählt. Inzwischen wurden 232 Steinkäuze mit Ringen der Vogelwarte Helgoland versehen. Über 50 Wiederfunde erbrachten aufschlußreiche Ergebnisse (s. MOHR S...), die für die weiteren Schutzmaßnahmen im Kreisgebiet Limburg-Weilburg wichtig sind. 60 Die Arbeit im Kreisgebiet war nur möglich durch die Mitarbeit zahlreicher Helfer, denen an dieser Stelle herzlich gedankt sei. Besonders zu erwähnen sind die Herren Richard Mohr, Oberursel, Walter Veith, Solms, Günter Borchert, Hünfelden, Josef Merz, Brechen, und Klaus Kraft, Bad Camberg.

Zusammenfassung

Im Kreis Limburg-Weilburg wurde Anfang der 70erJahre durch die Ortsbeauftragten fürVogel- schutz festgestellt, daß die Steinkauzpopulation vor dem Zusammenbruch stand. Hauptur- sache war das Verschwinden von Streuobstanlagen und mit ihnen der Nistmöglichkeiten für diesen Kauz. Im Jahre 1975 wurden die ersten Steinkauzröhren aufgehängt, deren Zahl bis 1980 auf 107 erhöht wurde. Die Steinkauzpopulation stieg bis 1989 auf 20 Paare an. Besiedelt wurden die klimatisch günstigsten Teile des Kreisgebietes. Ferner wurden 232 Steinkäuze beringt. Über 50 Wiederfunde brachten aufschlußreiche Ergebnisse, die für die weiteren Schutzmaßnahmen wichtig sind. Dem Streuobstflächenschwund wurde durch Pflanzaktionen entgegengewirkt. Es erscheint sinnvoll, die Streuobstanlagen im Kreisgebiet vor weiteren Beeinträchtigungen zu schützen z. B. durch Ausweisung als Geschützte Landschaftsbestand- teile.

Anschrift des Verfassers: HERBERT FRIEDRICH Kreisbeauftragter für Vogelschutz im Kreis Limburg-Weilburg, Birkenstraße 9, 6258 Runkel-Wirbelau.

Neue Literatur

NEUBERT S., M. BLUMBERG & G. PAULY (1989): Kommunikation im Ökosystem. -170 S., Ekopan Verlag, Witzenhausen. Das von Mitarbeitern der Gesamthochschule Kassel herausgegebene Buch befaßt sich im wesentlichen mit 2 Themenkreisen: Im Kapitel I werden Beiträge zurWirkung von Schadstoffen im Ökosystem und zur chemischen Kommunikation in „Boden", „Wasser" und „Luft" vorge- stellt. Das II. Kapitel beinhaltet Artikel zum Umsetzen ökologischen Denkens. Vorangestellt wurde die Einführungsvorlesung zu Ökochemie I von R. Kickuth. Hier wird auf die Gesamtpro- blematik eingegangen. Die Autoren der 8 Einzelbeiträge, meist Dozenten an der Gesamthoch- schule Kassel, versuchen deutlich zu machen, daß „ Ökologie nicht länger ein Problem indu- striefeindlicher Intellektueller oder modischer Slogan von Umweltpolitikern ist.Vielmehr bringt Okologie das ganze vernetzte System von dynamischen Wechselwirkungen zwischen Mensch und Natur, Umwelt und Kultur in den Blick und die Konsequenzen, die gezogen werden müssen". Dieses Zitat aus dem Vorwort des Buches macht deutlich, um was es geht. Das Studium der Referate kann jedem angeraten werden, der sich mit unseren Umweltproblemen befaßt. W. KEIL 61 Neue Literatur

BEZZEL, E. (1989): Vögel beobachten. -191 S., 98 Farbfotos, 19 s/w Fotos, 86 Zeichnungen, BLVVerlagsgesellschaft München.

Die Vogelbeobachtung gehörte schon immer zu den am meisten verbreiteten Freizeitbeschäf- tigungen. Sowohl in der heimatlichen Umgebung wie während des Urlaubs kann man diesem Hobby nachgehen. Es kann aber auch recht schnell zu einer ernsthaften Tätigkeit werden.Viele fachlich wertvolle Erkenntnisse wurden von Feldornithologen zusammengetragen. Gerade heute wird immer wieder auf die Aufzeichnungen dieses Personenkreises zurückgegriffen, wenn es z. B. gilt, Unterlagen für die Unternaturschutzstellung von Gebieten zu sammeln und auszuwerten. So wird aus einem Hobby eine wichtige und hilfreiche Stütze für die Erhaltung von Lebensräumen unserer freilebenden Tier- und Pflanzenwelt. Das nunmehr in 2. neubear- beiteter Auflage erschienene Buch (Erstausgabe 1982) vermittelt dem Feldornithologen (Anfängern wie Fortgeschrittenen) gute Ratschläge. So werden u. a. praktische Tips zur Beobachtung, zum Bestimmen, Verhalten, Spurenlesen, zur Ökologie, zum Vogelschutz und der Vogelfotografie gegeben. Im Anhang finden sich Literaturhinweise, Anschriften von Fachinstituten, Vereinen und Verbänden. Ein Register beschließt den äußerst informativen Band. W. KEIL

DELIN, H L. SVENSON (1989): Der Kosmos -Vogelatlas.-288 S.,1309 Farbfotos,172 Zeichn., 465 Verbreitungskarten, Franckh-Kosmos Verlag. Insgesamt werden 570 in Europa als Brutvogel, Durchzügler oder als seltener Gast lebende Vogelarten in Wort und Farbfoto vorgestellt. Meist sind es mehrere Fotos, die eine Vogelart repräsentieren. So werden die verschiedenen Federkleider ebenso gezeigt,wie typische Flug- bilder. Selbst Rückschlüsse auf den Lebensraum lassen die Farbfotos zu. Es ist erstaunlich, daß es möglich war, eine solche Fülle an brillantem Fotomaterial zusammenzutragen und in einem Band zu vereinen. Besonders wohltuend und nachahmenswert ist, daß Aufnahmen am Nest die Ausnahme bilden. Hier ist in den letzten Jahren ein nicht nur wünschenswerter sondern auch dringend notwendiger Wandel in der Vogelfotografie vollzogen worden. Die zu jeder Vogelart gehörende Beschreibung ist durchaus ausreichend. Eine mehrfarbige Verbrei- tungskarte, eine Schwarzweißzeichnung und eine Statusangabe für die Bundesrepublik (Brutvogel, Jahresvogel, Durchzügler, Wintergast, Gastvogel) vervollständigen die Information. Der Kosmos-Vogelatlas ist nicht nur ein Bestimmungsbuch, sondern auch ein Bildband von großem ästhetischen Wert. Sein Kauf kann sehr empfohlen werden. W. KEIL

62 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 63 - 69 (1990)

Bemerkenswertes aus dem Leben hessischer Steinkäuze (Athene noctua) von RICHARD MOHR, Oberursel

1. Einleitung

Es werden Ergebnisse langjähriger Steinkauzberingung aus zwei Gebieten Hessens vor- gestellt: 1) aus dem Limburger Becken, vor allem aus dessen südlichem Ausläufer, dem „Goldenen Grund", und 2) aus dem Teil des Taunusvorlandes, der von Wiesbaden, Rhein, Main, Frankfurt am Main und dem Taunus begrenzt wird. Der Kamm des Taunusgebirges trennt beide Gebiete.

2. Dank

Um 1970 waren in den genannten Bereichen nur noch ganz vereinzelt Steinkäuze anzutreffen, der Bestand hat sich bis Ende 1989 auf deutlich über 70, maximal 100 Brutpaare erhöht. Diese Entwicklung wäre ohne konsequente und aufwendige Schutzbemühungen über nunmehr zwei Jahrzehnte nicht denkbar. Wieviel Zeit und Arbeit nötig sind, um zuerst die wenigen Restpaare zu ermitteln, geeignete Brutareale zu finden, Niströhren zu beschaffen, aufzuhängen (mit Erlaubnis des jeweiligen Grundeigentümers, der auch erst gefunden werden muß) und sie dann viele Jahre lang regelmäßig zu kontrollieren, kann ein Außen- stehender kaum ermessen. Herzlicher Dank und große Anerkennung gebührt daher, neben vielen ungenannt bleibenden Helfern, den Herren BERND FLEHMIG (Wiesbaden-Erbenheim), HERBERT FRIEDRICH (Runkel-Wirbelau), WOLFGANG SCHMALL (Wiesbaden-Auringen) und ganz besonders Herrn HELMUT KÖHLER (Hattersheim-Eddersheim), ohne deren großartigen Einsatz es heute um die genannten Steinkauzvorkommen wohl sehr schlecht stünde. Auch die Berin- gungen und Kontrollfänge wären im vorliegenden Umfang ohne ihre tatkräftige Hilfe nicht möglich gewesen.

3. Material und Methode

Ab 1976 wurden im Taunusvorland und ab 1980 im „Goldenen Grund" bis Ende 1989 1626 Steinkäuze beringt, davon 1354 als Nestjunge und 272 als Fänglinge. Letztere wurden in Niströhren gegriffen, wobei (soweit bestimmbar) die 9 stark überwogen, das gilt auch für die Kontrollfänge. Aus Schutzgründen wurde bei geschlossener Schneedecke, bis eine Woche nach deren Schmelzen und bei brütenden 9 auf den Fang verzichtet.

Es wurde angestrebt, möglichst alle Steinkauzbruten in den genannten beiden Gebieten zu beringen, dabei auch die Altvögel zu erfassen und durch alljährliche Kontrollen im Winter- halbjahr Einblick in die Lebensabläufe der Vögel zu erhalten. Nur durch die dabei erreichten

63 recht hohen Zahlen beringter Steinkäuze war es möglich, eine Reihe von Erkenntnissen zu gewinnen, die bei einer sich auf ganz wenige Paare beschränkenden, aber sehr intensiven Überwachung (die dabei viele Feinheiten des „Alltagslebens"zutage fördert) nicht zu erwarten sind.

4. Altersaufbau und Mortalität

In der Untersuchung der nachgewiesenen Altersstufen sind alle Kontrollen „im ersten Lebens- jahr" (bei nestjung beringten Steinkäuzen) und „im mindestens ersten Lebensjahr" (bei beringten Fänglingen) außer acht gelassen worden. Die Sterblichkeit ist während der Nest- lingszeit, nach dem Ausfliegen und während der Dispersion derJungtiere sehr hoch und durch unsere Kontrollen vermutlich nicht genau zu erfassen. Vom zweiten Lebensjahr an (hier ab 20. Mai gerechnet, s. Abschnitt 5.) dürften die von uns kontrollierten Steinkäuze alle ein Revier besitzen, dessen genaue Kenntnis ihre Lebenserwar- tung stabilisiert. Bei der Interpretation der graphischen Darstellung (Abb. 1) ist zu bedenken, daß vermutlich einige der Fänglinge bei der Beringung aus einer früheren als der letztvergan- genen Brutperiode stammten, in die Berechnung also mit einem zu geringen Alter einge- gangen sind und daß die Nachweise sich fast ausnahmslos auf Lebendkontrollen beziehen, die Tiere also sicher alle noch älter geworden sind.Teilweise wird sich diese Abweichung vom

Anzahl der Kontrollen 60 -

50 -

: 30% Mortalität 4-0 -

30 -

20 -

10 -

im (mind.) 10. Lebensjahr kontrolliert Anzahl der Kontrollen 54 42 28 19 12 8 2 4 1 n =170

Abb. 1: Der Altersaufbau der untersuchten Teilpopulation des Steinkauzes 64 tatsächlich erreichten Alter aber durch die Zusammenfassung nach Jahresklassen wieder ausgleichen. Die Nachweise höheren Alters werden in Zukunft allein deshalb überpropor- tional ansteigen, weil das bisher dafür aus den Anfangsjahren unserer Arbeit stammende Material nicht sehr umfangreich ist. Fragen einer etwa sich verändernden Mortalitätsrate bei höherem Alter derVögel (EXO &HEN NES 1980) konnten aus dem vorliegenden Material nicht beantwortet werden. Aber auch unter Berücksichtigung aller dieser Einschränkungen zeigt die Darstellung, daß die hiesigen Steinkäuze von ihrem zweiten Lebensjahr ab etwa eine Mortalitätsrate von 30 0/0 aufweisen.

5. Zeitliche Verteilung der Brut

Die Beringung der Nestlinge erstreckt sich vom 11. Mai bis 27.Juni; danach konnten nur noch „Nachzügler", wohl alle aus Ersatzbruten, angetroffen werden. Die späteste Nestlingsberin- gung erfolgte am 4. August (zwei Jungtiere). Der Median der Beringungsdaten liegt auf dem 5. Juni bei Vernachlässigung der späten Bruten, bei deren Einbeziehung kaum verändert zwischen dem 5. und 6.Juni. Geht man von einem durchschnittlichen Alter derJungvögel bei der Beringung von 17 Tagen aus, so liegt der mittlere Schlüpftermin am 20. Mai, 12 Tage vor dem bei EXO & HENNES (1980) genannten Zeitpunkt. Diese Verschiebung ist vermutlich durch die günstige klimatische Lage der hier behandelten Gebiete bedingt.

6. Dispersion und Erstansiedlung der Jungvögel

Die Beurteilung dieser Frage wird durch einen grundsätzlichen Fehler beeinträchtigt. Die eigenen Kontrollen erstrecken sich notwendigerweise nur auf einen festumrissenen Raum. Dispersions- und Ansiedlungsnachweise kommen aus dem Arbeitsbereich anderer Beringer natürlich häufiger als es dem tatsächlichen Vorkommen insgesamt entspricht. Aus den übrigen Gebieten sind nurZufallsfunde zu erwarten. Folgende Ringfunde aus anderen als den hier untersuchten Gebieten liegen bisher vor (0 = Beginn der Beringungsdaten, += Beginn der Wiederfunddaten) 4 027 039 0 nestj. 13. 6.78 1,5 km N von Hofheim am Taunus + kontrolliert, 9.3.1980 Geseke-Mönninghausen, 178 km N, Reste gefunden (Steinmarder-Riß?) 6. 5.1980 am gleichen Platz 4 018 758 0 Fängling 27.10.78 Wiesbaden-Kostheim + kontrolliert (9) 15. 5. 82 Florstadt-Leidhecken 57 km NE 4 018 894 0 nestj. 29. 5. 81 Frankfurt-Sindlingen + tot gefunden (Straßenverkehrsopfer) 24.12.81 Wörrstadt, 41 km SW 4 019 673 0 nestj. 18. 5. 83 2 km W von Hochheim/Main + tot gefunden (Eisenbahnverkehrsopfer) zwischen Oppenheim und Guntersblum, 22 km S 4 093 852 0 nestj. 7. 6. 85 Eschborn-Niederhöchstadt + kontrolliert 16.11.88 Nidderau-Eichen, 28 km ENE, erneut kontrolliert 1. 4. 89 Nidderau-Eichen, 28 km ENE 4 078 219 0 nestj. 20. 6. 86 Brechen-Oberbrechen + tot gefunden 27.10.86 Bischofsheim, 42 km SSE 4 078 393 0 nestj. 16. 5. 88 Hochheim-Massenheim + tot gefunden 20.7.89 Bedburg-Hau — Hasselt, 246 km NW 65 Aus Entfernungen von 22 - 42 km liegen von unseren nestjung beringten und später selbst kontrollierten Steinkäuzen sechs Funde vor - drei davon mit Hinweis auf Brutansiedlung -, die einen regelmäßigen Austausch in beiden Richtungen zwischen den hier untersuchten Gebieten belegen. Dieser Austausch vollzieht sich mit einiger Sicherheit über die „Idsteiner Senke". Die Wahl eines anderen Weges als über diese sich nur bis 350 m NN erhebende Eintie- fung des sonst bis zu 881 m hohen Taunuskammes ist allein schon deshalb unwahrscheinlich, weil dann Waldgebiete über- oder gar durchflogen werden müßten. Die Idsteiner Senke ist eine auch vom Menschen seit vorgeschichtlichen Zeiten bis heute (Eisenbahn, Bundesstraße, Autobahn) genutzte Möglichkeit zur Überquerung des Taunuskammes. Innerhalb der beiden Untersuchungsgebiete ließen sich jeweils eine Reihe von Brutansied- lungen nestjung beringter Steinkäuze nachweisen, die in der nachfolgenden Tabelle zusam- mengefaßt sind. Sie enthält nur Kontrollen von Vögeln, die tatsächlich bei einer Brut angetroffen wurden. Jeder Vogel ist nur einmal aufgeführt, auch wenn er viele Jahre hindurch überprüft werden konnte.

Tabelle 1: Brutansiedlung nestjung beringter Steinkäuze km vom km vom Geburtsort Geburtsort Ansiedlung entfernt Ansiedlung entfernt 5 im elterlichen Revier 1 bis 8 km 1 bis 0,5 km 1 bis 9 km 3 bis 1 km - bis 10 km 3 bis 2 km 3 bis 11 km 8 bis 3 km - bis 12 km - bis 4 km - bis 13 km 1 bis 5 km - bis 14 km 4 bis 6 km - bis 15 km 1 bis 7 km 1 bis 16 km

Zuwanderer aus anderen Gebieten waren nur vereinzelt zu finden. Außer einem schon ver- öffentlichten Fall (MOHR 1983) liegen drei Nachweise von Steinkäuzen vor, die im Raum Darmstadt/Groß-Gerau/Main von der Beringergemeinschaft ROTHMANN nestjung gekenn- zeichnet worden waren und jeweils etwa 10 km NW davon im Taunusvorland kontrolliert werden konnten; einer nur einmal im Winter, die beiden anderen während mehrerer Brutzeiten. Die Beringungsgemeinschaft Wetterau kennzeichnete am 10.2.80 bei Büdingen-Aulendie- bach einen Fängling, der in den beiden folgenden Brutzeiten in zwei nah beieinander liegenden Revieren bei Flörsheim/M. (57 und 55 km SW) Junge großzog. Zwei 1987 nestjung beringte Steinkäuze, deren Geburtsorte (Nauheim bei Groß-Gerau, Hünfelden-Nauheim südl. Limburg/L.) 50 km auseinanderliegen, wurden am 4.12.87 gemeinsam in einer Niströhre bei Flörsheim-Wicker angetroffen. Der Fundort liegt auf der Verbindungslinie der jeweiligen Geburtsorte, 10 km NNW von Nauheim und 40 km SSE von Hünfelden-Nauheim entfernt. Der erstgenannte Kauz konnte bis jetzt zweimal in den folgenden Wintern und zweimal bei einer erfolgreichen Brut in immer der gleichen Röhre angetroffen werden, vom anderen Vogel liegen bisher keine weiteren Daten vor. 66 Dieser Doppelfund beweist, daß sich Steinkäuze aus 50 km voneinander entfernten Gebieten abseits ihrer Geburtsorte treffen können - ein für eine etwaige Wiederbesiedlung aufgege- bener Gebiete wichtiger Aspekt.

7. Beibehaltung und Wechsel von Brut- und Winterrevieren

In der Regel halten Steinkäuze am einmal gewählten Brutrevier fest, auch wenn es in manchen Fällen über Winter verlassen wird (wobei vielfach von Jahr zu Jahr das gleiche Winterrevier aufgesucht wird).

Tabelle 2: Zahl der Steinkäuze, die bei späteren Bruten erneut kontrolliert wurden, mehr- jährige Nachweise eines Vogels sind nur einmal aufgeführt, Sonderfälle s. Text

Folgebruten km Entfernung Nachweise im gleichen Revier 38 bis 0,5 km 5 bis 1 km 2 bis 2 km 5 bis 3 km 1 bis 9 km 2

Die Gründe für den Wechsel eines Brutreviers sind teils klar: Brutröhre entwendet oder zerstört, Brutbaum umgestürzt oder gefällt, keine andere Brutmöglichkeit innerhalb des bis- herigen Reviers vorhanden; teils zu vermuten: Vertreibung durch einen stärkeren Rivalen (Rückkehr nach dessen Verschwinden kommt vor); teils aber auch nicht zu finden: alte Brutröhre unbesetzt, keine faßbaren Veränderungen in der Umgebung. Je älter ein Steinkauz wird, umso enger scheint die Bindung an das Brutrevier zu sein, das dann auch im Winter nicht mehr verlassen wird.

Sonderfälle

Ein im Winter beringter und noch am 8. März dort kontrollierter Steinkauz huderte am 28. Mai vier Junge 0,9 km SSW davon. Im folgenden Winter hielt er sich wieder am Beringungsort auf, brütete dann 10 km NE davon, verbrachte den nächsten Winter wieder am Beringungsort und brütete danach wieder in der Röhre des Vorjahres.TrotzWechsels des Brutrevieres hielt dieser Steinkauz am Winterrevier fest. Der dortige Partner wechselte einmal, der Brutpartner konnte nicht gefangen werden.

In seinem zweiten Herbst wurde ein nestjung beringter Steinkauz 1,8 km N vom Geburtsort kontrolliert. Im Frühjahr darauf brütete er in unmittelbarer Nachbarschaft des Kontrollortes, an dem sich ein anderes 9 angesiedelt hatte. Aber schon Anfang Oktober war er wieder am Kontrollort anzutreffen , wo er bis jetzt je 5x zur Brutzeit und im Winter überprüft werden konnte. Ein anderer Fall liegt ähnlich. Die Brut im vierten Lebensjahr fand 1,5 km vom bisher besetzten Revier statt, das im Jahr darauf wieder zur Brut aufgesucht wurde.

Ein im Winter beringter Steinkauz brütete regelmäßig 300 m W des Beringungsortes. In den folgenden Wintern konnte er teils im Brutrevier, teils am Beringungsort und teils 300 m S davon angetroffen werden, bis er ab seinem (mindestens) 7. bis zur Zeit 9. Winter das Brut- revier nicht mehr verließ.

67 Ein nestjung beringter Vogel verbrachte den ersten Winter 6,5 km WSW des Geburtsortes, von dem er sich nur 400 m entfernt für seine erste Brutzeit ansiedelte. Danach besetzte er ein Nachbarrevier, in dem er fortan bis in sein zur Zeit viertes Lebensjahr zu jederJahreszeit anzu- treffen war. (Gemeinsamer vorübergehender Wechsel des Brutreviers durch ein Paar: s. „Bemerkens- werte Einzelfunde")

8. Probleme der Geschlechtsbestimmung

Die Erfahrungen vieler Jahre haben gezeigt, daß bei der praktischen Feldarbeit eine Geschlechtsbestimmung nur bei zusammen in einer Röhre gefangenen Paaren während der Brutzeit möglich ist, nur das 9 hat dann einen Brutfleck. Schon bei den in dieser Zeit einzeln gefangenen Tieren ohne Brutfleck muß die Betimmung als e unterbleiben, es könnte sich um ein nichtbrütendes 9 handeln. 1986 schien diese einfache und offenbarzuverlässige Methode sich als falsch zu erweisen. Bei zwei von H. KÖHLER überprüften Paaren besaßen jeweils beide Partner Brutflecke! Beim ersten Paar handelte es sich um einen 1981 nestjung beringten Steinkauz, der sich spätestens 19831,8 km N von seinem Geburtsort entfernt angesiedelt, dort regelmäßig gebrütet hatte und zu allen Jahreszeiten anzutreffen war. Der Partner war 1985 nestjung beringt worden, er hatte sich nun 2,5 km NE von seinem Geburtsort angesiedelt. Beim zweiten Paar war der eine Partner im Jahr zuvor jeweils in der gleichen Röhre als huderndes 9 beringt und im Winter darauf kontrolliert worden, der andere gesellte sich zur neuen Brutzeit unberingt dazu. Beide Paare hatten ein Gelege von je vier Eiern. Aus keinem der Eier schlüpfte ein Jungvogel, in keinem Ei war bei der Kontrolle nach Überschreiten der Bebrütungszeit eine Spur einer Embryonalentwicklung zu entdecken. Offensichtlich hatten sich hier zwei Weibchenpaare gebildet, von denen aber wohl nur je ein Tier gelegt hatte.

9. Bemerkenswerte Einzelfunde

Ende Dezember 1984 fanden Spaziergänger östlich von Wiesbaden einen stark abgema- gerten, nahezu moribunden Steinkauz. Er war1983 zusammen mit 5 Nestgeschwistern beringt worden und hatte im Sommer 1984 750 m SSW vom Geburtsort mit einem bis dahin unbe- ringten Partner eine Brut begonnen,deren fünfJungvögel naßkalterWitterung zum Opferfielen. Nachdem sich der Vogel bis Anfang Februar 1985 in menschlicher Pflege gut erholt hatte, wurde er am Fundort freigelassen. Im Sommer brachte er in seiner vorjährigen Brutröhre erfolgreich fünf Junge hoch, dort konnte er am 20.11. des gleichen Jahres mit seinem alten Partner kontrolliert werden. In der Brutzeit 1986 wurde er 650 m SSE davon beim Hudern von vier Jungvögeln angetroffen, im November darauf mit dem alten Partner, im Juni 1987 auf zwei Jungvögeln und im Dezember 1988 wieder mit dem alten Partner jeweils in der Röhre kontrol- liert, die er erstmals 1984 bezogen hatte. Dieser Vogel fand nach desolatem körperlichen Zustand und zweimonatiger Käfigung sein altes Revier und seinen alten Partner wieder, brütete danach noch mindestens dreimal erfolgreich, davon einmal in einem anderen Revier, aus dem er wieder in sein „Stammrevier" zurückkehrte. Bei einem im Dezember 1984 beringten Steinkauz fiel eine Augenmißbildung auf. Die rechte Pupille war nur in der oberen Hälfte normal ausgebildet, der untere Teil war bis an den äußeren Irisrand erweitert. Bei regelmäßigen Winterkontrollen bis Dezember 1988 ließ der gute Zustand des Tieres keinerlei Beeinträchtigung durch diese Mißbildung erkennen. 68 10. Offene Fragen

Die Untersuchungen der kommenden Jahre sollen vor allem

- weitere Einzelheiten zu den vorstehend behandelten Problemen erhellen,

- bisher durch unser Material noch nicht zu klärende geschlechtsspezifische Unterschiede in den Lebensabläufen der Steinkäuze klären helfen und

- vielleicht auch Erkenntnisse über eine zu erhoffende Wiederbesiedlung von Gebieten ermöglichen, in denen noch bis in die 50er Jahre Steinkäuze brüteten.

Sie werden außerdem für eine fundierte Beurteilung der Bestandsentwicklung wichtig sein.

11. Literatur

EXO, K.-M. & R. HENNES (1978): Ringfunde des Steinkauzes (Athene noctua). - Auspicium 6: 363 - 374.

EXO, K.-M. & R. HENNES (1980): Beitrag zur Populationsökologie des Steinkauzes (Athene noctua). Die Vogelwarte 30: 162 -179. GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & K. M. BAUER (1980): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. - Wiesbaden; Bd. 9: 501- 532. FRIEDRICH, H. (1990): Die Entwicklung der Steinkauzpopulation im Landkreis Limburg-Weil- burg von 1978 -1989. Vogel und Umwelt 6: 59 - 61.

MOHR, R. (1983): Bemerkenswerter Fund eines beringten Steinkauzes (Athene noctua). - Vogel und Umwelt 2: 359. PETER, W. (1990): „Steinkauz-Fernwanderer" aus dem Main-Kinzig-Kreis.-Vogel und Umwelt 6: 133.

ULLRICH, B. (1980): Zur Populationsdynamik des Steinkauzes (Athene noctua).- Die Vogel- warte 30: 179 -198. VEIT, W. (1988): Die Bestandsentwicklung zweier Steinkauz-Populationen in den Kreisen Limburg-Weilburg, Lahn-Dill und Gießen von 1978 -1987. -Vogel und Umwelt 5: 87 - 91.

Anschrift des Verfassers: RICHARD MOHR, Kastanienweg 14, 6370 Oberursel

Neue Literatur

ROTHMALER, W., R. SCHUBERT & W. VENT (1988): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und BRD. Bd. 4: Kritischer Ergänzungsband. 7., durchgesehene Aufl. 811 S., zahlreiche Zeichnungen. Volk und Wissen VEB Verlag, Berlin.

Der „Kritische ROTHMALER" geht im Unterschied zur „Exkursionsflora Bd. 2" der gleichen Verfasser (letzte, durchgesehene 14. Aufl. 1988) ausführlicher auf die Pflanzensippen ein.

69 Während im letzten nahestehende Arten oft unter einem Sammelnamen (Aggregat) zusam- mengefaßt sind, erfolgt im ersten eine genaue taxonomische Zuordnung, es werden oftmals Unterarten und Varietäten aufgeschlüsselt und zudem Hinweise auf die Existenz von Art- bastarden gegeben. Wenn der Naturschutz das Ziel hat, einen Naturhaushalt als Lebensgrundlage des Menschen langfristig zu sichern, so geht dies nicht ohne intimste Sachkenntnis. Bausteine eines Natur- haushaltes sind die Biogeozoenosen, zu deren Erkenntnis auch eine peinlichste Differenzie- rung der beteiligten biologischen Sippen gehört. Dafür ist der „Kritische ROTH MALER", der als „Kritischer Ergänzungsband" 1963 erstmals erschien und seitdem ständige Verbesserungen und Überarbeitungen erfahren hat, ein heute nicht mehr wegzudenkendes Hilfsbuch. Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um eine „durchgesehene" Auflage, die gegen- über der 6. Auflage nur geringe Verbesserungen aufweist. Die letzte „Überarbeitete Auflage" war die 4., die 1976 erschien. Seit dieserZeit sind zahlreiche systematische und taxonomische Bearbeitungen von Pflanzensippen erfolgt, die in den „verbesserten Auflagen" nicht ausrei- chend berücksichtigt werden konnten. Gerade aus den oben angeführten Naturschutz- gründen wäre eine generelle Neubearbeitung des „Kritischen ROTHMALERS" dringend wünschenswert, denn biologische Sippen können z. B. bei Naturschutzvorhaben oder auch bei Arbeiten, die der Erkenntnis der Landesnatur dienen sollen, nicht deshalb unberücksich- tigt bleiben, weil sie schwer erkennbar sind, oder weil die entsprechenden wissenschaftlichen Bearbeitungen nur schwer zugänglich sind. Bei der Forderung nach einer Neubearbeitung wird hier nicht übersehen, daß besonders bei den polymorphen, sich oftmals apomiktisch vermehrenden Sippenkomplexen eine systematische Gliederung noch längst nicht ab- schließend möglich ist. Auf diesen unbefriedigenden Umstand wird im jetzigen „Kritischen ROTHMALER" nur in den Vorbemerkungen zu den einzelnen Gattungen hingewiesen. Es sind aber auch Bestimmungsschlüssel denkbar, in welche die noch offenen Fragen und un- geklärten Zusammenhänge eingebaut sind. Damit können die Benutzer offensiver angeregt werden, an der Schließung dieser Kenntnislücken mitzuwirken.

Solche Erwartungen des Rezensenten zeigen schon, daß die 7., durchgesehene Auflage nicht dem gegenwärtigen Stand und den gegenwärtigen Notwendigkeiten entspricht. Das bedeutet aber nicht, daß der „Kritische ROTH MALER" für einen Floristen in seiner jetzigen Auflage entbehrlich wäre. Für Gebietsmonographien, botanische Dokumentationen für Naturschutz- zwecke (auf diesem Gebiet wird ja gegenwärtig besonders viel gearbeitet), für die Rekonstruk- tion der Pflanzenareale in unserer Kulturlandschaft,für die Beobachtung von Pflanzenausbrei- tungen und -rückgängen und ähnliche Arbeitsgebiete sind die Zeiten vorbei, in denen man sich mit einer groben systematischen Zuordnung der Pflanzensippen, etwa „Rubus fruticosus", „Rosa canina" (dieses Taxon wird auch heute noch vor allem in vielen Prüfungsarbeiten im Sinne von „Wildrose schlechthin" verwendet), „Carex flava agg.",„Hieracium spec." (Nachfor- schungen ergeben bei der Verwendung dieses Taxons oft, daß es auch Arten wie Picris hiera- cioides, oder Leontodon hispidus einschließt), „Myosotis palustris agg." usw. zufrieden geben kann. Solche Arbeiten sind nur von Wert,wenn sie die Möglichkeiten voll nutzen, was die Syste- matik bereits bietet. Wer in den oben genannten Bereichen arbeitet und einen „Kritischen ROTHMALER" noch nicht besitzt, ist gut beraten, ihn umgehend anzuschaffen. Diesem kommt der Preis entgegen, denn in der DDR ist er für 28,— Mark, in der Bundesrepublik für 34,— DM zu erhalten. W. SCH NEDLER

70 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 71-81 (1990)

Was ist eine „sich selbst erhaltende" (Uhu-) Population und wie groß sollte sie sein? von KARL RADLER, Göttingen

1. Einleitung

Im Naturschutz ist bei der Planung und Beurteilung von Schutzmaßnahmen für eine bedrohte Population (Artenhilfsmaßnahme) immer wieder von einer „sich selbst tragenden" oder „sich selbst erhaltenden" Population und deren Größe die Rede. Zur Bedeutung und Problematik dieser Begriffe einen klärenden Beitrag zu leisten, war die Motivation zu dieser Arbeit.

Als Population versteht die Biologie eine Gruppe von Tieren, die eine Fortpflanzungsgemein- schaft bildet: In ihr hat jedes Tier eine gewisse Chance, sich mit jedem Tier des anderen Geschlechts zu paaren. Allgemein wird akzeptiert, daß-in der Summe der Einzelindividuen eines Geschlechts-jedes umgekommene Tier durch einen Nachkommen aus der Fortpflanzungsgemeinschaft ersetzt werden muß, damit sich eine (bestehende) Population selbst erhält. In natürlichen Popula- tionen bringt die Beobachtung dieser Bedingung jedoch erhebliche Schwierigkeiten mit sich (vgl. hierzu ERZ 1964). Denn man kennt entweder nicht alle Brutpaare einer Population, oder die Anzahl der Zu- und Abwanderungen ist nicht beobachtbar. Dazu kommt, daß der Artenschutz, der ja vor allem eine Handlungsdisziplin ist, noch mehr als an der aktuellen Veränderung eines Bestandes an Prognosen zur Dynamik einer Population interessiert ist; für den Schutz des Uhus z. B. ist derzeit die vermutlich wichtigste Frage, ob die (wiederangesiedelte) Population sich selbst erhalten kann (vgl. BERGERHAUSEN &RADLER 1989). Auf diese Frage soll hier eine Antwort gegeben werden, indem

(1) ein allgemeines Kriterium vorgeschlagen wird, an dem sich objektiv entscheiden läßt, ob eine Population „sich selbst erhalten kann",

(2) dieses Kriterium exemplarisch für eine Erfolgskontrolle bzw.-prognose derWiederansied- lung des Uhus angewendet wird, und (3) bestehende Probleme bei der Beurteilung der notwendigen Größe einer Population kurz erläutert werden.

2. Ein populationsbiologisches Kriterium

Bei allen Eulen gibt es große individuelle Unterschiede in der Lebensdauer und der Zahl der Nachkommen; sogar bei einem Paar kann der Bruterfolg von Jahr zu Jahr stark schwanken. Beim Uhu kann ein Brutpaar im Jahr bis zu vierJunguhus haben, und ein Altervon 20 Jahren im Freiland ist bereits nachgewiesen worden (SCHÖPF1989), kann aber sicher noch übertroffen werden.

Da in natürlichen Populationen nicht alle Geburten und Todesfälle registriert werden können, ist für den Artenschutz vor allem der erwartete (durchschnittliche) Beitrag eines Paares zur nächsten Generation wichtig. Der läßt sich nämlich aus populationsspezifischen Daten zur 71 Überlebensfähigkeit und Reproduktion ermitteln und wird in der Populationsbiologie als Netto-Fortpflanzungsrate oder Netto-Reproduktionsrate bezeichnet. Sie wird folgendermaßen berechnet (vgl. WILSON & BOSSERT 1973): R = + 12b 2 + • • • + 1„b„ + • • • + ',bi, Dabei bedeuten: x : =Alter (des Weibchens); n : = maximales Alter; l x: =Überlebensrate oder der mittlere Anteil eines Geburtsjahrgangs, der bis zum Alter x überlebt; b x: =Gebur- ten rate oder die mittlere Anzahl weiblicherNachkomnnen einesWeibchens vom Alterx,die in Anlehnung an die englische Terminologie hier auch als Fe kundi tä ts rate bezeichnet wird. Ein Satz von Werten für /„ und b, bildet eine sogenannte Lebenstafel, aus der sich R direkt berechnen läßt. Wenn die Weibchen - wie bei den Eulen - etwa die Hälfte jeder Altersklasse bilden, genügt es in der Regel, nur den weiblichen Teil einer Population zu betrachten. Die Netto-Fortpflanzungsrate gibt dann an, wieviele weibliche Nachkommen ein Weibchen über sein ganzes Leben erwarten kann. Drei Werte(bereiche) von R sind hier besonders wichtig,weil sie zu unterschiedlichen Schluß- folgerungen führen: (1) Beträgt die Fortpflanzungsrate genau Eins - d. h. im Mittel erzeugt jedes Weibchen wieder einen weiblichen Nachkommen, so kann sich die Population selbst erhalten. (2) Liegt der Wert von R über Eins, so kann eine Population zunehmen. (3) Liegt er unter Eins, so nimmt sie ab. Mit Hilfe dieser „Wenn-Dann-Beziehung" lassen sich die Begriffe „selbst erhaltend" oder „selbst tragend" klar definieren, was die Netto-Reproduktionsrate zu einem objektiven Krite- rium für die Beurteilung einer (bedrohten) Population macht. Auch der im praktischen Naturschutz so wichtige-aber selten definierte -„Erfolg" einerArten- schutzmaßnahme kann damit folgendermaßen definiert werden: Eine Artenschutzmaßnahme war (ist) erfolgreich, wenn die Lebenstafel der geschützten Popula- tion derart zusammengesetzt ist, daß die Netto-Reproduktionsrate R nicht unter Eins liegt. Notwendig dafür, daß eine Population sich selbst erhalten kann, ist also die Bedingung R > 1. Wollte man darüber hinaus auch noch beurteilen, wie gut eine Population gegen ungünstige- und hier nicht berücksichtigte -zufallsmäßig wirkende Faktoren der Umwelt „gepuffert" ist, so wären weitere populationsbiologische Maße erforderlich.

3. Beurteilung einer Wiederansiedlungsaktion

Die bei einem wissenschaftlichen Kolloquium zur Bewertung einer Wiederansiedlungsaktion (NOWAK&SCHREINER 1981) entstandenen Empfehlungen (ANONYMUS 1982) enthalten als (unabdingbare) Forderung eine sogenannte Erfolgskontrolle. Abhandlungen zu dieser Frage verweisen jedoch meistens nur auf „erfolgreiche"Beispiele -wie z. B. Wisent, Steinbock, Luchs und Biber, aber auch Murmeltier und Sperlingskauz, ohne explizit die Kriterien für diese Beur- teilung zu nennen. Aus der Argumentation vieler Autoren läßt sich aber schließen, daß das Prädikat „gelungen" oder „erfolgreich" vergeben wird, wenn etwa (a) die freigelassenen Tiere „noch Jahre nach der Aussetzung gesichtet" werden, (b) erfolgreiche Fortpflanzung (Repro- duktion) in der Natur nachgewiesen wird oder (c) die Zahl der (erfolgreich) reproduzierenden Paare zunimmt. Eine publizierte Anleitung zur Erfolgsprognose und -kontrolle bei einer Wiederansiedlung fordert - fast als untergeordnete Selbstverständlichkeit - eine „wissenschaftlich fundierte Erfassung des Bestandes", wozu „insbesondere: Überlebensrate der ausgesetzten Tiere, 72 Vermehrung, Zuwachsrate, Emigration etc." gehören (NOWAK 1982: 125). Da der Autor (wie viele andere) seine Forderung nicht mit wenigstens einer Quellenangabe zur Methode versehen hat, könnte der Eindruck entstehen, daß dies eine sehr leichte Aufgabe ist. Ganz sicher gibt es aber kein „Rezept", das jedermann auf jede Aktion leicht anwenden könnte. Viel- mehr wurde erst kürzlich in einer Übersichtsarbeit zur Berechnung von Überlebensraten ausdrücklich vor einer unkritischen Anwendung der bisher üblichen Methoden und Ergeb- nisse gewarnt und die Tragweite des Problems sehrdeutlich dargestellt (vgl.ANDERSON et al. 1985, LAKHANI 1985).

Bei freilebenden Wirbeltieren besteht nämlich das größte Problem in der Ermittlung der Lebenstafelwerte Ix und bx; denn bereits diese Größen müssen hier mit Methoden derStatistik geschätzt werden, weil nicht - wie beim Menschen - alle Geburten und Todesfälle registriert werden können. Bei Vögeln geht das in der Regel nur über entsprechend angelegte Benn- gungs- und Bestandskontrollen,wobei auch erst nach Jahren Informationen zu gewinnen sind.

Kommt -wie beim Uhu -die Schwierigkeit dazu, daß im Freiland zwar die jährliche Anzahl der Nachkommen eines Paares, nicht aber das Alter des Brutpaares zu bestimmen ist, so können brutbiologische Daten von Brutpaaren in Gefangenschaft wertvolle Anhaltspunkte liefern: Bei den Zuchtpaaren der „Aktion zur Wiedereinbürgerung des Uhus (AZWU)" steigt die mittlere Anzahl von Nachkommen je Brut etwa bis zum 6. Lebensjahr der Mutter an und bleibt dann mit relativ geringen Schwankungen auf diesem Niveau. Mit Hilfe einer Regressions- oder Aus- gleichskurve wurden daraus altersspezifische Geburtenraten abgeleitet (vgl. Abb. 1 und Tabelle).

Die zweite Größe für die Berechnung von R, nämlich /, oder den erwarteten Anteil der bis zum Alter x überlebenden Tiere, muß man aus den altersspezifischen Sterbe- oder Mortalitätsraten mx berechnen, d.h. dem mittleren Anteil der im Alter x (Jahre) umkommenden an allen Tieren, die dieses Alter erreicht haben (vgl. Tabelle).

Beim Uhu existiert hierfür nur wenig befriedigendes Datenmaterial, denn allein aus den üblichen Ringfunddaten (vgl. RADLER & BERGERHAUSEN 1988) sind diese Werte nicht eindeutig zu bestimmen (vgl. hierzu LAKHAN11985 und AN DERSON et al.1985). Dazu kommt beim Uhu, daß wir mit nicht unerheblichen Ringverlusten rechnen müssen; denn eine für das verwendete Ringmaterial - systematisch - nachgewiesene Materialschwäche (HUMMEL & LANGE 1985) wurde durch die Beobachtung aufgebogener Ringe bei Uhus, die gefangen wurden, sowie durch den Fund eines zerbrochenen Ringes bestätigt (BERGERHAUSEN, mündl.).

DerZusammenhang zwischen den Sterberaten und dem Alter ist aber bei den meisten Vogel- arten so, daß das Sterberisiko im ersten Lebensjahr am höchsten ist, danach kontinuierlich abnimmt und ab einem gewissen Alter (und weit über das mittlere Alter hinaus) fast konstant bleibt (vgl. SILER 1979, DOBSON 1985). Anhand dieser Modellvorstellung wurden für die freigelassene Population aus den vorhandenen Daten altersspezifische Sterberaten abge- leitet:

(1) Die Wiederfunddaten von beringt freigelassenen Junguhus verraten (vgl. RADLER & BERGERHAUSEN 1988), daß die Sterberate im ersten Lebensjahr mindestens 30% beträgt; denn dieser Anteil wurde im Durchschnitt im Laufe des ersten Lebensjahres tot oder verletzt wiedergefunden. Sie kann aber auch nicht mehr als 800/0 betragen, weil etwa 20 0/o der Tiere in einem Alter von mehr als einem Jahr gefunden wurden. Als vorläufige Größe - und vielleicht pessimistisch -wurde für das erste Lebensjahr deshalb eine Sterbe- rate von 70% angenommen.

73 (2) Jährlich wiederholte Kontrollen derselben Brutplätze haben ergeben, daß bei maximal jedem vierten Brutpaar (mindestens) ein Partner ausgefallen sein mußte (vgl. BERGER- HAUSEN & RADLER 1989). Da man annehmen kann, daß unter diesen 25 0/0 wiederum ein großer Anteil der Weibchen jünger (d. h. 1-3 Jahre) war, erscheint es gerechtfertigt, bei den älteren Weibchen und ab einem gewissen Alter von einem jährlichen Verlust von 10% auszugehen. Dies wurde ab dem 6. Lebensjahr angenommen, denn in Gehegen steigt solange der mittlere Bruterfolg an (vgl. oben),worin sich eine Zunahme der „Erfahrung" bei dieser Art ausdrücken dürfte.

(3) Die Abnahme der jährlichen Sterberate m„ von 70% (im ersten Lebensjahr) bis auf 10 0/0 (im 6. Lebensjahr) wurde anhand des von SI LER (1979) vorgeschlagenen und von DOBSON (1985) empirisch bestätigten Modells ermittelt. Um die dynamische Entwicklung dieser durch eine Artenschutzmaßnahme etablierten Uhupopulation zu beurteilen, liegen also bislang nur (a) diese -plausibel begründeten -Ster- beraten und (b) altersspezifische Geburtenraten aus einer Population in Gehegen vor: Diese

4.0

3.0 _

CIJ •-n

0.0 ITIF1IIIIII 4 6 8 10 12 14 16 Alter

Abb. 1: Anzahl der 12 Wochen alten (männlichen und weiblichen) Nachkommen in Ab- hängigkeit vom Alter des brütenden Weibchens: Schwarze Kreise: = Mittelwert ± Standardabweichung Offene Kreise: = Medianwerte Die Kurve ist für das Alter x < 6 die Ausgleichskurve f(x) der Medianwerte (approxi- miert durch ein Polynom 3. Grades). während für x >6 der Funktionswert f(x=6) angenommen wurde 74 Werte wurden in einer Lebenstafel zusammengefaßt (vgl. Tabelle), die beim Alter n=20 (dem bisherfür Uhus im Freiland nachgewiesenen Höchstalter) „abgeschnitten"wurde.Die Nettore- produktionsrate R wird dadurch nur geringfügig unterschätzt, weil die Werte von Ix für x > 20 sehr klein sind. Andererseits könnte dies sogar kompensierend wirken, falls die Werte von bx nicht - wie hier angenommen - für x > 6 konstant bleiben, sondern bereits für x < 20 wieder abnehmen.

Tabelle: Lebenstafel für den Uhu: Alterspezifische Geburtenraten aus der Population in Gehegen und Sterbetafeln der freigelassenen Population (vgl. Text), mit x: =Alter in Jahren

bx: = mittlere Anzahl weiblicher Junguhus je Brut

mx: = Sterberate zwischen Alter x und x + 1

sx: = Überlebensrate zwischen Alter x und x + 1 (sx =1- mx) = Überlebensrate bis Alter x =11. sy)

x bx mx sx Ix 0/0

0 - 70,0 30,0 100,0 1 0,20 40,5 59,5 30,0 2 0,51 25,5 74,5 17,9 3 0,74 17,1 82,9 13,3 4 0,89 14,0 86,0 10,9 5 0,97 12,0 88,0 9,4 6 1,00 11,0 89,0 8,3 7 1,00 10,5 89,5 7,4 8 1,00 10,7 89,3 6,6 9 1,00 10,9 89,1 5,9 10 1,00 10,9 89,1 5,3 11 1,00 10,0 90,0 4,8 12 1,00 10,0 90,0 4,3 13 1,00 10,0 90,0 3,9 14 1,00 10,0 90,0 3,5 15 1,00 10,0 90,0 3,1 16 1,00 10,0 90,0 2,8 17 1,00 10,0 90,0 2,5 18 1,00 10,0 90,0 2,3 19 1,00 10,0 90,0 2,1 20 1,00 10,0 90,0 1,8

Als Netto-Reproduktionsrate ergibt sich aus unserer Lebenstafel ein Wert von R=1,083, der zunächst folgendes erkennen läßt: Um die hohen Sterberaten ausgleichen zu können, müßten die mittleren Geburten-oder Fekunditätsraten (fast) so hoch liegen,wie wir sie für eine Popula- tion in Gehegen ermittelt haben. Da ein derart guter, mittlerer Bruterfolg aber im Freiland nie erreicht wird, müssen die Sterberaten niedriger liegen,damit sich die freigelassene Population selbst erhalten kann. 75 Um dafür wenigstens eine Größenordnung ableiten zu können, wurde die Lebenstafel anhand eines plausiblen - d.h. es sollte die biologische Erwartung berücksichtigt sein, daß (a) widrige Umweltfaktoren den Bruterfolg jüngerer Weibchen stärker beeinträchtigen und (b) Tiere der jüngeren Altersklassen von einer Veränderung der Mortalitätsfaktoren stärker beeinflußt werden - und einfachen Modells variiert: (a) Die altersspezifischen Fekunditätsraten bx* (im Freiland) unterscheiden sich um eine konstante Differenz Ab (mit bx > Ab> 0) von den bx der Population in Gefangenschaft, d. h.

bx„= I bx - Ab falls bx > Ab 0 falls bx < Ab Damit werden die jüngeren Tiere (mit kleineren Gelegen) stärker beeinflußt. (b) Die altersspezifischen Sterberaten ni x* variieren mit einem konstanten Anteil Am (mit 1 > Am> 0) von mx, d.h. mx*= (1- A m)m„ Auch damit werden die jüngeren Uhus (mit höheren Sterberaten) stärker beeinflußt. Mit dieser Modellannahme wurden alle bx - in Stufen von 0,1 - um Ab reduziert und jeweils iterativ der entsprechende (und eindeutige) Wert von Am bestimmt,für den die Nettoreproduk- tionsrate R=1 ergibt: Die Abbildung 2 zeigt sechs dieser korrespondierenden Paare von Ab und Am sowie die entsprechenden Kurven für bx* und mx* (Fekunditäts- und Mortalitätsraten).

88 1.2 an

79 _ * 2 1) 6 (2) 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ▪ 10 (3) ab = .1 (1) • 69 _ 15 (4) 0 22 (5) .2 (2) 8.8 GJ 56 9 (6)0 4-+ .3 (3) Ja 49 _ _8.6 r- \\\,\ GJ -• .5 (5) ,/ 4:1 39 _ (6) r6,4 C.. Gi 28_

L1 _8.2 _ 0 ' f•

9 8.8 6 2 4 6 8 18 12 14 16 18 28 Alter

Abb. 2: Simulation der Lebenstafel (vgl. Tabelle und Text): Offene Kreise: = Geburtenraten; Schwarze Kreise: = Sterberaten; Linien-Typen (1) bis (6): = Kombinationen von bx* und mx*, für die R =1 gilt. 76 Ohne Berücksichtigung des Alters der brütenden Weibchen und bei Annahme eines ausgegli- chenen Geschlechterverhältnisses lag die mittlere Anzahl weiblicher Nachkommen (je Brut) im Freiland um 0,3 bis 0,6 niedriger als im Gehege (BERGERHAUSEN et al.1989a).Wenn wir diese Werte als Anhaltspunkte (Schätzwerte) für Ab benützen, so wären die vier Kurvenpaare (3) bis (6) unserer Graphik relevant, d.h. es würde eine Senkung der Mortalität um 10 -29% erforderlich sein, damit diese Uhupopulation sich selbst erhalten kann. Weil derartige Sterberaten -nach den vorliegenden Informationen -aber nicht als wahrschein- licher gelten können als die für unsere Lebenstafel (Tabelle) angenommenen Werte, läßt sich daraus kaum die (zuversichtliche) Prognose ableiten, daß sich die wiederangesiedelte Popu- lation derzeit selbst erhalten kann. Noch unwahrscheinlicher erscheint es, daß diese Popula- tion wächst oder gar neues Areal besiedelt, wie es von manchen Autoren vermutet wurde (BEZZEL & SCHÖPF 1986). Für eine genauere Prognose - mit quantitativ zuverlässigeren Werten - benötigt man aber geeignete Daten, um die Lebenstafel-Werte statistisch optimal zu schätzen. Erforderlich wäre dazu ein speziell organisiertes Markierungsprogramm mit einer Stichprobe von mehreren Dutzend sendermarkierter Tiere (vgl. LAKHANI 1987). Weil aber an einer qualitativen Schlußfolgerung, daß sich die wiederangesiedelte Population derzeit selbst erhalten kann, erhebliche Zweifel bestehen, ergibt sich für den Artenschutz die Konsequenz, mit effektiven Maßnahmen die Sterberaten zu senken: Absolut vorrangig muß dabei sein, daß die Verluste an Strommasten, die 25 - 50% aller Todesfälle ausmachen (RADLER & BERGERHAUSEN 1988), völlig verhindert werden. Dies ist technisch leicht möglich, und die vorhandene feldornithologische Erfahrung wurde bereits allen Energie- versorgungs-Unternehmen (schriftlich) angeboten, um die „Entschärfung" aller gefährlich konstruierten Mittelspannungs-Masten rasch und effektiv voranzubringen (BERGER- HAUSEN, mündl.).

4. Zur notwendigen Größe einer Population

Wie groß sollte eine „sich selbst erhaltende" Population mindestens sein? Da diese Frage heute im Naturschutz oft gestellt wird, sollen die folgenden Bemerkungen -exemplarisch -die Problematik vermitteln, warum es darauf keine allgemeingültige und eindeutige Antwort gibt. Eine sinnvolle Stellungnahme zu diesem Thema ist nur dann möglich, wenn man die Frage nach dem Zweck oder Ziel des Artenschutzes etwa folgendermaßen beantwortet hat:

„Das Hauptziel des Artenschutzes ist es, den Gesamt-Bestand an Tier- und Pflan- zenarten in ihrer natürlichen Vielfalt unter den Bedingungen der natürlichen Auslese so zu fördern, daß die natürliche Entwicklung (Evolution) der Arten gesichert bleibt und die verschiedenen Arten ihre Aufgaben zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der einzelnen Ökosysteme erfüllen können" (ERZ 1981).

Hervorzuheben ist dabei die „natürliche Entwicklung (Evolution) einer Art", die nämlich nur dann möglich ist, wenn in der zu schützenden Art eine gewisse genetische Vielfalt erhalten bleibt.

Wie kann man sich diese genetische Vielfalt vorstellen? Die genetische Information ist in großen Molekülen - heute jedem unter der Abkürzung DNS oder DNA (englisch) bekannt-enthalten und befindet sich auf den Chromosomen. Für unsere Fragestellung ist es zweckmäßig, sich diese - vereinfacht - als eine sehr lange Kette vorzu- 77 stellen. Ein Glied in dieser Kette entspricht dann einem Gen; so nennt man die kleinste Informa- tionseinheit, die isoliert vererbt werden kann. Da jedes Gen einen festen Platz in dieser Kette hat, sprechen wir auch von Genorten, und diese nach Genorten geordnete Erbinformation hat jedes Wirbeltier in zweifacher Ausführung, was unter dem Stichwort doppelter Chromosomensatz ebenfalls allgemein bekannt ist. Für jede Funktion oder jeden Zweck hat jedes Tier deshalb zwei Gene, die wir als die homologen Allele eines Genorts bezeichnen.

Wie ist ein Zusammenhang zwischen solchen Genen und der Popula- tionsdynamik denkbar? Eine der bekannten Funktionen bzw. Aufgaben solcher Allele eines Genorts ist es, die Synthese eines ganz bestimmten Enzyms zu steuern. Enzyme wiederum sind an der Steue- rung aller Stoffwechselprozesse eines Individuums beteiligt und beeinflussen damit auch dessen Fähigkeit, mit den Wirkungen seiner Umwelt fertig zu werden. Je besser einem Indivi- duum das gelingt, umso längerwird es leben.Weil es deshalb auch mehr Nachkommen produ- zieren kann, wirkt sich dies auf seine Fitness aus, d.h. die Anzahl der Nachkommen, die es zur nächsten Generation beisteuert.

Welche empirischen Hinweise gibt es dafür? In Populationsstichproben von mehr als tausend Arten (NEVO et al.1984) hat man dazu - bei fast jeder Art - folgendes gefunden: Bei manchen der untersuchten Enzyme traten Tiere mit unterschiedlichen Enzym Typen - sogenannten Isoenzymen - auf, und die Ursache dafür ist individuelle genetische Variation. Beim Uhu ist eine Esterase im Blutplasma ein solches Enzym, für das gezeigt wurde, daß seine individuelle Variation den Mendelschen Vererbungsgesetzen folgt (RADLER 1986). Unter 24 Genorten, für welche die Zuchtpopulation der AZWU bisher untersucht wurde, fand sich bei 6 eine Variation (RADLER, unveröffentl.). Diesen Anteil von 25% (6 von 24) der variierenden Genorte nennt man auch Polymorphiegrad, und er ist vermutlich das anschaulichste Maß, um die genetische Vielfalt innerhalb einer Population zu beschreiben. Bei den -weltweit - bisher untersuchten Vogelarten schwankte dieser Polymorphiegrad zwischen 0 und 700/0 mit einem Mittelwert von 24% (EVANS 1987). Inzwischen gibt es bei vielen - nicht bei allen -Arten eine ganze Reihe von Hinweisen, daß gerade solche Tiere länger überleben und/oder mehr Nachkommen produzieren, die an einzelnen oder mehreren solcher Genorte verschiedene Allele tragen. Beim Uhu fanden sich Hinweise dafür, daß Tiere mit verschiedenen Allelen (heterozygot) am „Esterase-Genort" bessere Überlebenschancen haben: Unter den freigelassenen Vögeln, die tot oder verletzt gefunden wurden und Symptome einer Krankeit zeigten, fanden sich nämlich heterozygote Typen seltener (RADLER 1990).

Was hat dies mit unserer Frage zu tun? Bereits vor mehr als fünfzig Jahren hat der amerikanische Populationsgenetiker SEWALL WRIGHT gezeigt, daß diese innerartliche genetische Variation langfristig immer verloren geht, wenn eine Art über Generationen nur in kleinen Populationen existiert. Dies liegt ganz einfach daran, daß an jedem Genort von jedem Elternteil jeweils nur eines von zwei homologen Allelen an einen Nachkommen weitergegeben wird, und daß diese Auswahl zufallsmäßig erfolgt. Diese Gefahr eines Verlusts an genetischer Vielfalt - durch den Prozeß der sogenannten 78 genetischen Drift- ist vernachlässigbargering in solchen Populationen, die man zu tausenden zählt; artenschutzrelevant sind aber bekanntlich gerade solche Populationen, die man nur noch zu hunderten zählt. Jeder Ornithologe und Artenschützer kennt die Schwierigkeiten, den Bestand einer Population zu erfassen. Wenn man genetische Aspekte nicht einfach ignoriert, kommt dazu noch das Problem, daß die genetisch relevante Populationsgröße - Populationsgenetiker nennen sie effektive Populationsgröße - in der Regel nicht mit der Größe des erfaßten Bestands überein- stimmt. Beeinflußt wird diese Abweichung vor allem von Eigenschaften wie (a) der Dynamik einer Population, (b) dem arttypischen Paarungssystem und (c) derVariation der individuellen Fitness in einer Population. Zu keinem dieser Punkte hat die Ornithologie für den Uhu die nötigen quantitativen Daten, um aus einem erfaßten bzw. geschätzten Bestand seine (genetisch) effektive Populationsgröße zu berechnen. Aufgrund der wenigen publizierten Daten für Wirbeltiere (vgl. RADLER 1987) muß man aber damit rechnen, daß die effektive Populationsgröße kaum mehr als ein Zehntel des erfaßten Bestands ausmacht. Würde letzterer z. B. nur noch tausend Brutpaare zählen, so würde man bei etwa hundert genetisch effektiven Paaren liegen und dies ist - langfristig - ohne jeden Zweifel zu wenig.

Welche Bedeutung hat dies für den Naturschutz? Wer dem oben genannten Hauptziel des Artenschutzes gerecht werden will, wird versuchen, jede bedrohte Population vor dem Aussterben zu bewahren. Die Chance hierfür steigt in der Regel mit der Größe einer Population. Sie hängt aber auch von einer ganzen Reihe anderer Eigenschaften ab, die - vor allem von vielen bedrohten Arten oder Populationen - noch nicht bekannt sind. Die dafür notwendigen Daten zu erheben, ist die Aufgabe der Naturschutz- forschung, die dazu aber - heute mehr denn je - auf die Mitarbeit vieler angewiesen ist (vgl. ERZ 1980 : 576). Ganz allgemein läßt sich jedoch aus den Erkenntnissen der Populationsgenetik - die durch exemplarische Untersuchungen wie beim Uhu nur bestätigt wurden -für den Artenschutz die Empfehlung ableiten, den Bestand einer Population -verstanden als Fortpflanzungsgemein- schaft (vgl. oben) - möglichst im Bereich von tausenden zu halten. Für den Biotopschutz bedeutet dies, den Lebensraum so zu erhalten bzw.zu gestalten, daß sich jede bedrohte Art möglichst weit und geschlossen verbreiten kann; für den Uhu gibt es dazu inzwischen recht konkrete (d. h. für die Landschaftsplanung und -pflege nutzbare) Erkennt- nisse (vgl. BERGERHAUSEN et al.1989b).Wenn die geschlossene Verbreitung einer Art -v. a. wegen irreversiblen Lebensraumverlust - nicht mehr oder nur langfristig wieder möglich ist, entstehen isolierte (Teil-)Populationen. Sind diese zu klein, so sollte der Naturschutz sich der schwierigen Aufgabe stellen und nach effektiven - und dies bedeutet artspezifischen - Methoden suchen, um den nötigen Genfluß aufrecht zu erhalten. Die unbedingt nötige „Erhaltung,Wiederherstellung und Neugestaltung geeigneter Lebensbe- dingungen" (BONN et al.1989) reichen dann nicht mehr aus, um die „innerartliche Variabilität" -im Sinne der genetischen Vielfalt -zu erhalten (vgl. z. B. RADLER 1987), d. h. in dieser Situation kann der im Naturschutz vorrangige ganzheitliche Schutz den selektiven Artenschutz sicher nicht ersetzen .

5. Danksagung

Diese Arbeit wurde ermöglicht durch die Förderung eines ökologisch-genetischen For- schungsprojektes durch den Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher- 79 heit. Danken möchte ich allen Mitarbeitern, Förderern und Spendern der AZWU, ohne deren Unterstützung es die hier als Modell verwendete Uhupopulation vermutlich nicht gäbe, sowie ganz besonders W. BERGERHAUSEN für die langjährige sehr gute Zusammenarbeit und Unterstützung der verschiedensten Art. H. R. GREGORI US und H.H. HATTEM ER danke ich für kritische Kommentare zu einer früheren Version dieser Arbeit und M. ZIEHE für fachlich klärende Diskussionen.

6. Literatur

ANONYMUS (1982): Empfehlungen für die Wiedereinbürgerung gefährdeter Tiere. Natur und Landschaft 57: 31. AN DERSON, D. R., K. P. BURNAM &G. C. WHITE (1985): Problems in estimating age-specific survival rates from recovery data of birds ringed as young. J. Anim. Ecol. 54: 89 - 98. BERGERHAUSEN, W. & K. RADLER (1989): Bilanz der Wiedereinbürgerung des Uhus (Bubo bubo L.) in der Bundesrepublik Deutschland. Natur und Landschaft 64: 151-161. BERGERHAUSEN, W., K. RADLER & H. WILLEMS (1989a): Reproduktion des Uhus (Bubo bubo L.) in verschiedenen europäischen Teilpopulationen sowie einer Population in Gehegen. Charadrius 25: 85 - 93. BERG ERHAUSEN ,W., K. RADLER & H.WI LLEMS (1989b): Besiedlungspräferenzen des Uhus (Bubo bubo L) in der Eifel. Charadrius 25: 57 -178. BEZZEL, E. & H. SCHÖPF (1986): Anmerkungen zur Bestandsentwicklung des Uhus (Bubo bubo) in Bayern. J. Orn. 127: 217 - 228. BOHN, U., K. BÜRGER & H.-J. MADER (1989): Leitlinien des Naturschutzes und der Land- schaftspflege (Beilage). Natur und Landschaft 64: 379 - 381. DOBSON, A.P. (1985): Age-dependent mortality rates of some common British birds. pp. 275 -288. In: B.J.T. Morgen & P.M. North (eds.). Statistics in Ornithology. Springer, Berlin. ERZ, W. (1964). Populationsökologische Untersuchungen an der Avifauna zweier nordwest- deutscher Großstädte. Zschr. Wissenschaftl. Zool. 170: 1-111. ERZ,W. (1980). Naturschutz-Grundlagen, Probleme und Praxis. S.560 - 637.1n: Buchwald und Engelhardt (Hrsg.). Handbuch für Planung, Gestaltung und Schutz der Umwelt. BLV, München. ERZ, W. (1981): Einführung in Aufgaben und Grundbegriffe des Artenschutzes. AID-Heft 52. EVANS, P. G. H.(1987): Electrophoretic Variability of Gene Products.pp.105 -162.In: F.Cooke& P.A. Buckley. Avian Genetics. Academic Press, London. HUMMEL, D. & G. LANGE (1985): Werkstoffkundliche Untersuchungen an Vogelringen. Die Vogelwarte: 33 121-130. LAKHANI, K.H. (1985): Inherent difficulties in estimating age-specific bird survival rates from ring recoveries. pp. 311-321. In: Morgan and North (eds.). Statistics in Ornithology. Springer, Berlin. LAKHANI, K.H. (1987): Efficient estimation of age-specific survival rates from ring recovery data of birds ringed as young, augmented by field information. J. Anim. Ecology 56: 969 - 987. 80 NEVO, E., A. BEILES & R. BEN-SHLOMO (1984): The evolutionary significance of genetic diversity: ecological, demographic and life history correlates. In: G. S. Mani (ed.) Evolu- tionary Dynamics of Genetic Diversity, pp. 13 - 213. Springer, Berlin. NOWAK, E. &J. SCHREINER (Hrsg.) (1981): WiedereinbOrgerung gefahrdeter Tierarten. AN L- Tagungsbericht 12, 117 S. NOWAK, E. (1982): Wiedereinburgerung gefahrdeter Tierarten: Wissenschaftliche Grund- lagen, Erfahrungen und Bewertung. Schr.-Reihe kir Landschaftspflege und Naturschutz 23, 153 S., Bonn-Bad Godesberg. RADLER, K. (1986): Polymorphism and genetic control of a plasma esterase in the eagle owl. Heredity 56: 65 - 67. RADLER, K. (1987): Faunenverfalschung, Artenschutz und Genetik - Konzepte, Fakten und Probleme.Vogel und Umwelt 4: 247 - 267. RADLER, K. (1990): Genetic differentiation in a released population of eagle owls (Bubo bubo). Eingereicht. RADLER, K.&W. BERG ERHAUSEN (1988): On the life history of a reintroduced population of eagle owls (Bubo bubo). pp. 83 - 94. In: D. G. Garcelon & G.W. Roemer (eds.). Proc. of the International Symposium on Raptor Reintroduction,1985.Institute forWildlife Studies, Arcata, California.

SCHOPF, H. (1988): Wiederfunde von Geschwistern und hohes Lebensalter beim Uhu (Bubo bubo). Garmischer Vogelkdl. Ber. 17: 93 - 95. SILER, W. (1979) A competing-risk model for animal mortality. Ecology 60: 750 - 757. WILSON, E. O. &W. H. BOSSERT (1973): Einfuhrung in die Populationsbiologie. Heidelberger Taschenbucher Bd. 133, Springer, Berlin.

Anschrift des Verfassers: KARL RADLER, Universitat GOttingen, Abt. fur Forstgenetik und Forstpflanzenzuchtung, Busgenweg 2, 3400 Gottingen

81 Neue Literatur

BATTEFELD, K.-U. (1990): Artenschutzrecht. Bedrohte Tiere und Pflanzen. 2. Aufl., Loseblatt- sammlung, Grundwerk 472 Seiten, Kunststoffordner, DIN A5; ISBN 3-8078-3039-1. Deutscher Fachschriften-Verlag, Wiesbaden.

In nunmehr zweiter, veränderter Auflage liegt die früher unter dem Titel „Bedrohte Tiere und Pflanzen - Recht des Artenschutzes" erschienene Gesetzessammlung vor. Es mag ungewöhn- lich sein, ein solches Werk im Rahmen von „Vogel und Umwelt" zu besprechen, dies spiegelt jedoch die gestiegene und ständig weiter steigende Bedeutung des Rechtes auch für die Arbeit des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes wider.

Der vorliegende 1. Band beinhaltet u. a. das Bundesnaturschutzgesetz, die Bundesarten- schutzverordnung, die EG-Vogelschutzrichtlinie und alle wesentlichen europäischen Gesetze, Richtlinien und Bekanntmachungen zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen.

Besonders hervorzuheben ist, daß dem Werk eine vom Herausgeber verfaßte Einführung in das Artenschutzrecht beiliegt, die auch dem juristischen Laien einen guten Überblick über die geschichtliche Entwicklung, die gegenwärtige Situation und mögliche Perspektiven des internationalen Artenschutzrechtes gibt.

Angesichts derTatsache, daß das Artenschutzrecht in den letzten Jahren eher noch komplexer, umfangreicher und damit auch für den Spezialisten schwieriger geworden ist, richtet sich dieses Werk in erster Linie an die beruflich mit dem Artenschutz befaßten Personen und Behörden. Auch in der Handbibliothek der Geschäftsstelle eines jeden Naturschutzverbandes sollte diese Gesetzessammlung nicht fehlen. Ihnen allen sei die Anschaffung der Sammlung empfohlen. Dem juristisch nicht geschulten ehrenamtlichen Naturschützer „vor Ort" will und kann dieses Werk keine Hilfe sein. Dem Artenschutzrecht kann aber nur dann Geltung verschafft werden, wenn den Regierungs- präsidien endlich das für den Gesetzesvollzug notwendige Personal in ausreichender Zahl zur Verfügung gestellt wird. R. M. KRÜGER

82 Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 83 - 85 (1990)

Eulenvorkommen im Odenwaldkreis von GERHARD HOTHUM, Rothenberg

1. Einleitung

Das Beobachtungsgebiet ist der Odenwaldkreis mit ca. 624 km2. Es gehört naturräumlich zum Sandsteinodenwald mit Höhenlagen von 150 bis über 500 m NN mit im wesentlichen nordsüdlich verlaufenden Rücken von meist über 400 m. Der Waldanteil beträgt durchschnitt- lich 54%, im Südwesten bis 72 0/0. Zu über 65% besteht der Wald aus Nadelholzbaumarten. Der Beobachtungszeitraum liegt zwischen 1957 und 1989. Die Aussagen stützen sich auf das systematische Verhören (auch mit Klangattrappen), auf Brutplatzkontrollen und sonstige Beobachtungen. Die Kontrollen wurden von den DBV-Ortsgruppen und den Beauftragten der Staatlichen Vogelschutzwarte durchgeführt.

2. Die einzelnen Eulenarten

2.1 Waldkauz - Strix aluco Als häufigste Eulenart des Odenwaldkreises ist der Waldkauz heute noch in jeder Gemarkung meist mit mehreren Brutpaaren vertreten - mit in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot schwankender Bestandsgröße. Ein typisches Beispiel ist die Gemarkung Rothenberg mit ca. 15 km2, davon 21f Wald. Hier gibt es normalerweise 3 -10 Brutpaare, in Ausnahmejahren (Mäusevermehrung) wie 1977 waren es 22 Brutpaare, und 1989 brüteten 19 Brutpaare. In solchen Spitzenjahren müssen starke Zuwanderungen stattgefunden haben; gebrütet wird dann auch am Boden, in Reisighaufen und auf Hochsitzen. Für den Rauhfußkauz kann dieses vermehrte Auftreten des Waldkauzes eine beeinträchtigende Konkurrenz bedeuten, so wie im Jahre 1989. Allerdings war zu beobachten, daß 1977 und 1981 Spitzenjahre mit besten Bruterfolgen für beide Arten waren.

2.2 Waldohreule - Asio otus Bezüglich der Siedlungsdichte steht die Waldohreule an zweiter Stelle. Sie wird in allen Teilen des Beobachtungsgebietes als Brutvogel festgestellt. Die Erfassung erfolgt hauptsächlich akustisch zur Balz- und zur Jungenaufzuchtzeit.

2.3 Schleiereule - Tyto alba Vor dem Eiswinter 1962/63 waren Schleiereulen fast in jeder Ortschaft anzutreffen. Danach war diese Eulenart für Jahre verschwunden. Erst ab 1970 wurden vereinzelt wieder Schleier- eulen beobachtet. In den dazwischenliegenden Jahren hatte sich im Odenwald vieles zu Ungunsten dieser in Siedlungen lebenden Eule verändert. Der Straßenverkehr hatte stark zugenommen, Feldwege waren asphaltiert, und die Landwirtschaft ist intensiviert worden. Die Einflugöffnungen in Kirchtürmen, den Hauptbrutplätzen der Schleiereule, wurden vergittert oder völlig beseitigt. Heute gibt es in guten Jahren höchstens zehn Brutpaare im Kreisgebiet.

83 Die Vogelschutzgruppen im Odenwaldkreis sind bemüht, das Angebot von geeigneten Brut- möglichkeiten zu verbessern. In extremen Notzeiten wird mit toten Mäusen zugefüttert.

2.4 Steinkauz — Athene noctua Auch bei dieser Art hat sich derJahrhundertwinter1962/63 vernichtend ausgewirkt. Bis dahin waren fast in allen Gemarkungen Steinkäuze anzutreffen. Nur noch ein Brutpaar im Süden des Gebietes war nach dem „Polarwinter" festzustellen. Obwohl dieses Paar jedesJahr erfolgreich brütete, konnte erst 1971 ein zweites Brutpaar im Odenwaldkreis registriert werden. Bis 1979 stieg der Bestand auf neun Brutpaare an, ging aber im Laufe der letzten Jahre wieder zurück und schwankt jetzt zwischen zwei und fünf Brutpaaren. Da genügend geeignete Brutplätze und Tageseinstände vorhanden sind, wird der Bestand durch die geringe Größe der Feldgemar- kungen (insbesondere mit Streuobstwiesen) limitiert.

2.5 Sperlingskauz — Glaucidium passerinum Bis 1962 war der „Spauz" im Odenwald regelmäßiger Brutvogel. Bekannte Brutgebiete befinden sich am Krähberg, bei Schöllenbach, Kailbach, Beerfelden (KLÜBER 1962, mündl.) und Rothenberg. Ab 1963 war die Art verschwunden. In den letzten vier Jahren werden an wechselnden Stellen rufende Sperlingskäuze wieder gehört (allerdings auch schon einmal in den Jahren 1971 und 1972). Ein Brutnachweis konnte aber nur einmal und das außerhalb des Beobachtungsgebietes bei Walldürn (Baden-Württemberg) erbracht werden.

2.6 Rauhfußkauz — Aegolius funereus Über das Vorkommen dieserArt in früheren Zeiten im Odenwald ist wenig bekannt. Mit Gewiß- heit kann aber gesagt werden, daß es in den Jahren von 1957 bis 1965 im Beobachtungsgebiet keinen Rauhfußkauz gab. 1957 wurde nämlich im damaligen Kreis Erbach die „Aktion Schwarzspechthöhle" eingeleitet und durchgeführt Es ging damals um die Förderung der fast ausgestorbenen Hohltaube. Alle Schwarzspecht-Buchen wurden registriert und nach

50 _

40 _

30 _

20 _

10 _

1111111111111111 111111 1967 70 75 80 85 89

Abb. 1: Anzahl der Rauhfußkauzbruten von 1967 —1989 84 Möglichkeit erhalten. Die ersten Buchenaltholzreste (heute Altholzinseln) wurden 1958 unter Schutz gestellt. Später wurden die Bäume gegen Marder gesichert sowie mardersichere Brut- kästen entwickelt und angebracht. Besondere Bedeutung hatte die regelmäßige Kontrolle aller Nistplätze. Aufgrund jahrelanger Erfahrungen können wir heute sagen, daß bei diesen Kontrollen, keine Rauhfußkauzbrut unentdeckt geblieben wäre. Durch nächtliches Verhören im ganzen Gebiet konnte der erste rufende Vogel 1966, die erste Brut dann 1967 festgestellt werden. Das Gebiet, in dem der Rauhfußkauz bis jetzt als Brutvogel bestätigt wurde, umfaßt ungefähr 300 km2. Es liegt zwischen Hirschhorn/Neckar im Süden und Michelstadt im Norden. Die Höhenlage beträgt 200 - 500 m NN.

Der Rauhfußkauz konnte zunächst von den Förderungsmaßnahmen für die Hohltaube profi- tieren, wurde aber recht bald durch das Aufhängen von Spezialkästen auch in reinen Nadel- waldgebieten angesiedelt. Etwa 50% der Bruten sind in Schwarzspechthöhlen und 50% in Nistkästen zu finden. Die Entwicklung der Rauhfußkauz-Population ist in Abb. 1 dargestellt.

3. Zusammenfassung

Im Odenwald leben sechs Eulenarten - Waldkauz, Waldohreule, Schleiereule, Steinkauz, Sperlingskauz und Rauhfußkauz. Der Eiswinter1962/63 hat bei den damals vorhandenen fünf Arten verheerende Spuren hinterlassen. Während Waldkauz und Waldohreule rasch wieder den Verlust ausgleichen konnten, blieben Steinkauz, Sperlingskauz und Schleiereule im Beobachtungsgebiet einige Jahre verschwunden und haben bis heute, bedingt durch schlechtere Lebensraumverhältnisse, sicherlich den Stand von vor1962 bei weitem nicht mehr erreicht. Der Rauhfußkauz brütete 1967 erstmals im Gebiet, der Bestand wuchs nur allmählich. Die Anzahl der Brutpaare schwankt von Jahr zu Jahr in Abhängigkeit vom Nahrungsangebot. 1985 wurde mit 51 erfolgreichen Bruten der bisher größte Bestand erreicht. In Kleinsäuger- Gradationsjahren können Bestandsspitzen sowohl beim Rauhfußkauz als auch beim Wald- kauz erreicht werden, so wie 1977 und 1981. 1989 aber verminderte sich der Rauhfußkauz- bestand bei stark ansteigendem Waldkauzvorkommen.

Anschrift des Verfassers: GERHARD HOTHUM, Hirschhorner Straße 20, 6121 Rothenberg/Odenwald

85 Neue Literatur

THALER-KOTTEK, E. (1990): Die Goldhähnchen. - 166 S., 113 Abb., 8 Farbfotos. Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 597, A. Ziemsen Verlag Wittenberg-Lutherstadt. Goldhähnchen, zu denen fünf Arten zählen, sind die kleinsten Singvögel unserer Erde. Das Gewicht liegt bei 5 - 6 g. Ihre recht versteckte Lebensweise hat dazu geführt, daß erst in den letzten Jahrzehnten intensivere Studien an unseren beiden Arten, dem Sommer- und Winter- goldhähnchen, angestellt wurden. Die Autorin hat sich selbst viele Jahre mit diesen Vogelarten beschäftigt, wobei sie neben Freilandbeobachtungen auch Vögel in Volieren unter Kontrolle hielt. Neben der Fortpflanzungsbiologie, dem umfangreichsten Kapitel des Buches, wird u. a. über Systematik, Lebensraum, Siedlungsdichte, Nahrung, Verhalten, Mauser, Zug und Morta- lität unterrichtet. Ein 5seitiges Literaturverzeichnis, zahlreiche Abbildungen und ein Register vervollständigen die Monographie. W. KEIL

KRÜGER, S. (1989): Der Brachpieper. -128 S., 68 Abb., Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 598. A. Ziemsen-Verlag Wittenberg-Lutherstadt. Der Brachpieper gehört in Hessen - wie auch in anderen Ländern - zu den „vom Aussterben bedrohten" Brutvogelarten. Die Zahl der Brutpaare ist starken jährlichen Schwankungen unterworfen. Sein dem Lebensraum gut angepaßtes Gefieder macht Beobachtungen schwer. Bevorzugte Brutgebiete für den Brachpieper als Bewohner trockener Heidelandschaften und Brachflächen sind z. B. aufgelassene Tagebauflächen in Braunkohlegebieten. In einem solchen Lebensraum, dem Lausitzer Revier, lag das Hauptbeobachtungsgebiet des Autors. Der Leser wird in Kapiteln über Systematik, Verbreitung, Morphologie, Ökologie, Ethnologie, Fortpflanzungsbiologie und den Zug des Brachpiepers informiert. Beim Studium der Einzel- abschnitte stellt man schnell fest, daß noch eine ganze Reihe offener Fragen zu klären ist. Es ergeben sich daher viele Ansätze für eine weitere Bearbeitung dieser Vogelart. 7 Seiten Literatur, ein Register und eine den Text begleitende Illustration vervollständigen diese rundum gelungene Monographie. W. KEIL

STIEFEL, A.H. (1989): Der Alpenstrandläufer. - 248 5.,100 Abb., Die Neue Brehm-Bücherei Nr.: 592, A. Ziemsen Verlag Wittenberg-Lutherstadt.

Der hauptsächlich an den Küsten Norwegens und im Ostseeraum brütende Alpenstrandläufer ist bei uns im Binnenland ein nicht häufiger Durchzügler. Er ist als „vom Aussterben bedrohter" Watvogel eingestuft. In der Bundesrepublik dürfte der Brutbestand um 20 und in der DDR um 100 Paare schwanken. Das Untersuchungsgebiet der beiden Autoren war das NSG „Inseln Oie und Kirr". Eingehend wird u.a. über Systematik, Morphologie, Mauser, Verbreitung, Lebens- raum, Verhalten, Brutbiologie, Populationsdynamik, Zug und Schutzmaßnahmen unterrichtet. Ein 131h seitiges Literaturverzeichnis und ein Register beschließen den Band. Grafiken, Tabellen und Schwarzweißfotos ergänzen den Text. Eine äußerst informative Monographie, deren Studium auch dem Binnenländer zu empfehlen ist. W. KEIL 86 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 87-100 (1990)

Artkapitel „Schleiereule" der neuen „Avifauna von Hessen" von OTTO DIEHL, Babenhausen-Langstadt

Schleiereule Tyto alba (Scopoli 1769)

Rasse: Tyto alba alba (Scopoli 1769)

Brutgebiet: Süd- und Westeuropa

Status: Ausnahmeerscheinung

Vorkommen in Hessen: Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist der Fang eines in Sirent (Süd-Frankreich) beringten Vogels am 27.10.1981 in Friedberg-Dorheim/Wetteraukreis der erste belegte Fund von Tyto alba alba in Hessen (BAUSCHMANN 1987). Sehr helle bis weiße Vögel wurden ansonsten mehrfach in Hessen festgestellt (vgl. G EBHARDT & SUNKEL 1954), doch konnte die Rassenzugehörigkeit nicht eindeutig geklärt werden.

Rasse: Tyto alba guttata (C. L. Brehm 1831)

Brutgebiet: Mittel- und Osteuropa

Status: Jahresvogel, Häufigkeit III bis IV (50 -200 bis 200 -1000 BP)

Tendenz der Bestandsentwicklung: Gleichbleibend, bei starken jahrweisen Schwankungen

Rote Liste: Bundesrepublik und Hessen Kategorie 3 (bedroht)

Vorkommen in Hessen: Lebensraum

Offene, abwechslungsreiche Feldfluren mit Acker- und Grünland, mit Hecken, Rainen und Brachen sowie vegetationsreichen Graben- und Wegerändern - also Gebiete mit normaler- weise gutem Kleinsäugervorkommen - werden bevorzugt besiedelt. 87 Ihre Tageseinstände und Brutplätze, die weitgehend ungestört und gut zugänglich sein müssen, sucht die Schleiereule in Kirchen, Scheunen, Feldscheunen, Ruinen, Dachböden, alten - gelegentlich auch besetzten - Taubenschlägen. Als Brutplätze werden Kirchtürme bevorzugt. Bei der Auswertung der Brutvorkommen im Main-Kinzig-Kreis in den Jahren 1976 -1986 wurden 69,3% der Bruten in Kirchtürmen, 5,10/0 in anderen Türmen, 11,4 0/0 in Scheunen, 8,3% in Wohnhäusern, 3,1 0/0 in Taubenschlägen und 2,8% in anderen Bauwerken festgestellt (PETER briefl.). Im Bereich des Altkreises Dieburg ergibt sich für die Jahre 1971-1987 folgendes Bild: 70,4% in Kirchtürmen, 12,6 0/0 in anderen Türmen, 10,7% in Scheunen, 5,8 0/0 in Wohnhäusern, 0,5% in Taubenschlägen (eigene Beob.). Bruten an Fels- wänden, obwohl diese als die ursprünglichen Nistplätze der Schleiereule gelten, sind sehr selten. In Hessen ist aus neuerer Zeit keine Felsbrut bekannt. Ähnlich verhält es sich mit Bruten in Baumhöhlen. Hierzu gibt es nur eine Meldung aus dem Raum Marburg (WEISS mündl.). Höhere Mittelgebirgslagen werden nicht nur wegen des meist hohen Waldanteils gemieden, sondern auch wegen des klimabedingten ungünstigen Nahrungsangebotes sowie ganz allgemein wegen der strengeren Winterverhältnisse. Der ideale Lebensraum für die Schleier- eule ist eine Kombination zwischen gutem Jagdgebiet, günstigen Winterbedingungen mit wenigen Schneetagen bei Schneehöhen nicht über 3 cm, ungestörtem halbdunklem Brutplatz und mehreren weitgehend ungestörten Tageseinständen (SCHNEIDER 1977, SCHÖNFELD et al. 1977).

Verbreitung Landesweit, Brutvogel in fast allen naturräumlichen Haupteinheiten Hessens, bevorzugt in Bereichen bis 400 m NN mit ausgedehnter und abwechslungsreicher Feldgemarkung.

In waldreichen Gegenden und in Höhenlagen ab etwa 400 m NN ist siewenig vertreten bzw. sie fehlt überhaupt.

Bestand und Bestandsentwicklung

Eine flächendeckende Bestandsaufnahme für Hessen gibt es bisher nicht. Aus früheren Jahren sind nur lokal begrenzte Hinweise bekannt. Bei GEBHARDT&SUNKEL (1954) werden, bis auf ein Einzelbeispiel mit rückläufiger Entwicklung, keine Bestandsangaben gemacht.

In der Roten Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Hessen,1. - 6. Fassung (1975 -1980) wurden „unter 100 Brutpaare (BP)" bzw. „ca. 100 BP" genannt. Im „Verzeichnis der Vögel Hessens" (BEHRENS et al. 1985) ist die Häufigkeitsstufe IV mit 200-1000 BP angeführt. Die 7. Fassung der Roten Liste Hessens vom 1. 1. 1988 weist die Schleiereule in Kategorie 3 „Bedrohte Arten" mit 100 - 300 BP und dem Zusatz „starke jahrweise Schwankungen" aus. Obwohl die nunmehr für weite Teile Hessens vorliegenden Bestandserhebungen qualitative und quantitative Unterschiede aufweisen, lassen sich doch aus den Ergebnissen langjährig bearbeiteter Probeflächen Bestandszahlen entwickeln, die für Hessen folgendermaßen aussehen: in Erfolgsjahren über 300 BP, in Normaljahren über 200 BP, in Mangeljahren etwa 100 BP oder darunter.

Zur Berechnung der Abundanzwerte, Anzahl der Brutpaare pro 100 qkm, sind in der nachfol- genden Tabelle Gebiete zusammengefaßt, die seit mindestens 10 Jahren betreut werden. Die ermittelten Werte schwanken zwischen 0,47 im Kreis Waldeck-Frankenberg mit dem Raum

88 Fritzlar und 2,76 im Bereich des früheren Kreises Dieburg. Aufgrund des hohen Waldanteils und der Mittelgebirgslage ist der Kreis Waldeck-Frankenberg am wenigsten für die Schleier- eule geeignet, während der Raum Fritzlar durch die Eder- und Schwalmniederung etwas günstiger zu beurteilen ist. Eine mittlere Eignung gilt für den Kreis Gießen. Gute Bedingungen sind in der Wetterau, im Main-Kinzig-Kreis und im Altkreis Dieburg anzutreffen. Der Durch- schnittswert für die erfaßte Fläche von 6190 km2 (etwa ein Drittel des Landes Hessen mit 21114 km2) in 76 Erfassungsjahren beträgt 1,65 BP pro 100 km2. BEZZEL (1985): „0,5 — 2 BP/100 km2 dürften normal sein; Spitzenwerte mitunter wesentlich höher; starke Dichteschwankungen."

Bestand und Bruterfolg werden, neben der grundsätzlichen Eignung des Gebietes für die Schleiereule, vor allem von den Winterverhältnissen und Nahrungsbedingungen entschei- dend beeinflußt. Schneereiche Winter sind ein Überlebensproblem für die Schleiereule. Bei Schneelagen etwa ab 7 cm bewegen sich die Mäuse unter der Schneedecke. In ihren Gängen, die nur selten an die Schneeoberfläche führen, sind sie weitgehend sicher vor dem Zugriff der Schleiereule. Bei strengem Frost kommen die Mäuse überhaupt nicht mehr zum Vorschein. Obwohl der Beutefang nach dem Gehör auch im nicht zu hohen Schnee gelingen wird, ist die Erfolgsquote doch stark reduziert und nach acht Tagen mit derart ungünstigen Bedingungen setzt das Sterben ein. Betroffen sind vor allem die ungeübten Jungvögel und ganz besonders die Tiere aus den Zweit- und Spätbruten, die erst wenige Wochen selbständig sind. Ausgelöst wird diese geringe Widerstandsfähigkeit gegen winterliche Bedingungen ganz offensichtlich durch die Unfähigkeit der Schleiereule, größere Mengen Reservefett zu speichern (PIECHOCKI 1960).

Anhaltende hohe Schneelagen, verbunden mit strengem Frost, können in weiten Bereichen zum Erlöschen des Bestandes führen. Solche „Sterbewinter" sind aus der Literatur hinrei- chend bekannt, und die Winterverluste sind auch auf die Entwicklung des Schleiereulen- bestandes in den letzten zehn Jahren in Hessen nicht ohne Einfluß geblieben.

Im Kreis Kassel sind 1978 20 BP festgestellt worden. Nach dem harten Winter 1978/79 wurden 13 Totfunde registriert, und im Jahr 1979 konnte kein Brutnachweis geführt werden (BOGON et al. 1980). Bei einem Präparator wurden im Winter 1978/79 22 Totfunde aus dem westlichen Vorderen Vogelsberg eingeliefert (WISSN ER brief I.).

Während des Winters 1981/82 sind im Altkreis Dieburg (372 km2) zehn Totfunde festgestellt worden. Weitere vier Schleiereulen wurden noch lebend gefunden und konnten nach Pflege wieder freigelassen werden (eigene Beob.). Im übrigen hatten die aufeinanderfolgenden etwas strengeren, schneereichen Winter 1984/85,1985/86 und vor allem 1986/87, der zu den zwölf kältesten seit Beginn der Wetterbeobachtung vor 130 Jahren zählt (dpa-Meldung, Offen- bach, 13. 3. 1987), ein allgemeines Bestandstief zur Folge.

Bei den Ernährungsbedingungen, die das zweite Kriterium für die Bestandsentwicklung der Schleiereule bilden, zeigt die Schleiereule eine erstaunliche Anpassung an das Nahrungs- angebot. Schwankungen im Vorkommen der Wühlmäuse, speziell der Feldmäuse Microtus arvalis als Hauptbeutetiere, lösen unmittelbare Reaktionen aus, wie wir sie in dieser Aus- prägung von kaum einem anderen Tier unserer Region kennen.

Gibt es viele Mäuse, so legt die Schleiereule mehr Eier als sonst; hält der Mäusereichtum an, so brütet sie ein zweites Mal, wobei die Zweitgelege in der Regel größer sind als die Erstgelege. Auch seltene Drittgelege kommen vor. Ein Brutpaar in Wiebelsbach (Altkreis Dieburg) erbrü- tete im Jahr 1974 19 Junge, wovon 17 ausflogen (Erstbrut 7 Junge, Zweitbrut 12 Junge, davon gingen die zwei Kleinsten im Laufe der Nestlingszeit verloren; eigene Beob.). 89 co Tabelle 1 Stand 31.12.1989

Erfassungsgebiet km2 Wald- Erfassungs- Anzahl der BP im 0 Fläche BP im 0 Quelle für anteil zeitraum, Bruten ohne pro Jahr in km 2 pro Brutzahlenangabe

in % Jahre Zweitbruten im 0 100 km2 = BP pro Brut

Waldeck-Frankenberg 2 585 45,0 16 195 12,18 212,23 0,471 LÜBCKE; 1) (1848 km 2) SCHAUB 2) und Raum Fritzlar (737 km2)

Gießen 855 34,26 11 149 13,54 63,14 1,583 HOLLER & WISSNER briefl.

Wetterau 980 29,30 16 254 15,87 61,75 1,619 SEUM & (Teilfläche) SCHWARZ briefl.

Main-Kinzig 1 398 42,72 14 355 25,35 55,14 1,813 PETER briefl.

Altkreis Dieburg 372 36,34 19 195 10,26 36,25 2,758 DIEHL eigene Beob.

im 6 190 76 1 148 1,648

1) Vogelkundliche Hefte Waldeck-Frankenberg, Fritzlar-Homberg; Nr. 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14 2) Avifaunistische Sammelberichte für den Schwalm-Eder-Kreis; Nr. 3, 4

Die Schleiereule reagiert aber auch entsprechend, wenn die Wühlmausdichte abnimmt; sie legt dann nur wenige Eier oder setzt mit der Brut ganz aus. Wie diese synchrone Reaktion auf das aktuelle Nahrungsangebot ausgelöst wird, ist noch ungeklärt.

Mit den in Erfolgsjahren erzielten, teilweise außerordentlich hohen Nachwuchsraten werden Bestandsverluste zumindest regional weitgehend kompensiert, wobei insgesamt über die überschaubaren letzten vierJahrzehnte hinweg, eine deutlich rückläufige Tendenz auf breiter Ebene festzustellen war. Viele ,Traditionsbrutplätze" waren verwaist, ohne daß andere an ihre Stelle getreten sind. Die frühere Anwesenheit der Schleiereule in Kirchtürmen läßt sich z. B. noch nach Jahrzehnten an den Glocken feststellen: die etwas eingeätzten Kotspuren halten ewig auf dem Glockenmetall, wenn sie nicht durch spezielle Reinigung beseitigt wurden.

Mitte der siebzigerJahre ist die Aufmerksamkeit verstärkt auf die Schleiereule gelenkt worden, unter anderem auch durch die Wahl zum „Vogel des Jahres 1977" durch den Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV). Hessenweit sind vielfältige Aktionen zum Schutz der Schleiereule entstanden, die vor allem auf die Sicherung und Neuschaffung von Brutplätzen sowie auf die kontinuierliche Bestandserfassung gerichtet sind. Diese Bemühungen haben teilweise zu großartigen Ergebnissen geführt, in günstigen Gebieten zu einer deutlich gestärkten Popula- tion. Die winterbedingten und nahrungsabhängigen Bestandsschwankungen behalten aller- dings weiterhin ihren dominierenden Einfluß.

Anzahl der Bruten (nicht Brutpaare) 1) 75 — Altkreis Dieburg ,1 70 — 372 km2 I 1 f 1 65 — Waldeck-Frankenberg, Fritzlar I 1 2 585 km2 I 1 / / ' / 60 / 1 / —•—•— Wetterau / 1 / 55 — 980 km2 / 1 / [ / 50 — [ / - - - - Main-Kinzig i 1398 km2 1 / %' 45 — 1 [ / [ / i Gießen / 40 — 1 / 855 km2 / 1 n i 1 / 35 — /1 I/ \ / /../ AN / A 1,1\ , • \ / 30 / \ ‘ i\ / • / 1 J. \\ / / 25 — / \ f/ .\ / • / / • \. • .." 7*. v 20 - ili A \\,- c -., r \ I»/ ' "...:;,. / i•--" i .,..\*. !,,..: 15 - e • • i': i ..N.\ , : . •.‘ .\ I \\ / '1...••,,,, ..• /I :\ 1 : 1\./ - , . 10 — 1 , , 5 —

[ 1 1 [ I 1 1 1 I 1 I 1 1 1 [ [ 1971 72 73 74 75 76 77 78 /9 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89

') Erstbruten und Zweitbruten zusammengefaßt, da keine durchgehende Trennung möglich. (Alle Probeflächen werden mindestens seit 1979 kontinuierlich bearbeitet, Quellen für Brutzahlenangaben siehe Tabelle 1.) Abb. 1 Bestandsentwicklung der Schleiereule auf fünf Probeflächen in Hessen 91 Abb. 2 Schleiereule schwebt mit Beute durch die Dachluke in den Kirch- turm herein. Der zielgerichtete Einflug zum Landepunkt erfordert hier eine seitliche Körperdre- hung mit einer sehrdifferenzierten Flügelhaltung.

Abb. 3 Dann werden die Schwingen zum bremsenden Fallschirm hochge- wölbt; die Fänge sind zurLandung vorgestreckt.

(Fotos: 0. DIEHL, 1956) 92 Vom Norden bis zum Süden Hessens zeigt sich hier ein weitgehend übereinstimmendes Bild. Die Erfolgsjahre nach milden Wintern bei hohem Feldmausvorkommen sind genauso abzu- lesen wie die Mangeljahre, meist noch beeinflußt durch strengere, schneereiche Winter. Herausragend ist die außerordentliche Steigerung im Main-Kinzig-Kreis im Jahr 1984, wo 60 Erstbruten und 12 Zweitbruten - also insgesamt 72 Bruten - festgestellt wurden.

Jahresphänologie

Die Schleiereule ist ganzjährig in Hessen anzutreffen. Dies hat zur Einstufung als Jahresvogel geführt, was für adulte Vögel, die sich an einem zusagenden Ort niedergelassen haben und dort auch während des Winterhalbjahres ausreichende Nahrung erbeuten können, wohl in großem Umfang zutrifft. Andererseits sind winterliches Umherstreifen sowie Abwande- rungen von Altvögeln durch Ringfunde belegt. Ein am 24.9.1981 in Brensbach/Odenwald am Brutplatz beringter Altvogel (He 4030838) ist am 14. 4.1982 bei Hermanuv/CSFR (486 km E) als Straßenverkehrsopfer registriert worden. Das stellt eine bemerkenswerte Fernwanderung eines Brutvogels dar (eigene Beob.).

Abb. 4 Alte Schleiereule (links) übergibt der schon herangewachsenen Jungeule eine Maus. Die jungen Schleiereulen im Ästlingsstadium wandern mit Beginn der Dunkelheit im Gebälk des Kirchturmes umher; eine hat die ankommende Alteule am ehesten bemerkt, läuft auf sie zu und ist gerade dabei die Beute zu „ertasten" und zu über- nehmen. Die Euleneltern wissen nie aus welcher Ecke die Jungen ankommen, und auf dem Foto erkennt man die Überraschung an der Körperhaltung und am Zehen- stand. (Foto: 0. [MEHL, 1955) 93 Abb. 5 Das Außenohr der Schleiereule hat eine relativ große Öffnung. Der bewegliche Gesichtsschleier wird zum Schalltrichter und ersetzt damit die Ohrmuschel. Das Gehör ist das wichtigste Sinnesorgan der Schleiereule; die asymetrische Anordnung ermöglicht die genaue Lokalisierung von Geräuschen, was für den nächtlichen Beute- fang von großer Bedeutung ist. (Foto: 0. DIEHL, 1990) 94 Mit der Besetzung der Brutplätze ist in der Regel Ende Februar bis Anfang März zu rechnen; dies kann jedoch auch wesentlich später sein. Mehr oder weniger intensive Rufe und Balzflüge gehen der Brutplatzbesetzung voraus und werden in sehr unterschiedlicher Ausprägung fort- geführt. Die Fortpflanzungsperiode kann sich über 10 -11 Monate eines Jahres erstrecken. Es kommen sehr frühe Bruten vor (Eiablage Anfang März), „Normalbruten" (Eiablage April - Mai), Spätbruten (Eiablage Juni - September) sowie Zweit- und seltene Drittbruten (Eiablage etwa ab Juni - Oktober). Daneben sind Schachtelbruten bekannt. Mit einer Brutdauer von rund 33 Tagen und einer Nestlingszeit bis etwa 90 Tagen ist die Fort- pflanzungsphase relativ lang. Die Jungvögel beginnen mit dem Selbständigwerden ihre Wanderungen, die in alle Himmelsrichtungen führen, mit einer Präferenz für SW. Nahfunde überwiegen, wobei möglicherweise die hohe Sterblichkeit in den ersten Wochen und Monaten weitere Ausbreitungen verhindert. Neben den noch ungerichteten „Zerstreuungswande- rungen" mit der Tendenz zur Ansiedlung im Umfeld von etwa 30 km um den Geburtsort gibt es auch direkte Weitflüge von Jungeulen über große Entfernungen hinweg. Eine am 24.6.1983 im Main-Kinzig-Kreis nestjung beringte Schleiereule (He 4066303) wurde am 21.12.1983 in Rostow/UdSSR an der Einmündung des Don in das Asowsche Meer (2272 km E) tot gefunden (KRIEG, PETER briefl.).

Abb. 6 Brutkiste für die Schleiereule mit nach außen führendem Einschlupfstutzen. Wo der Schleiereule kein freier Zuflug gewährt wird, kann mit einer solchen Brutkiste - 120 x 80 x 70 cm oder größer-Abhilfe geschaffen werden. Besser ist es jedoch, wenn sich die Schleiereule im Turm frei bewegen kann. In Gebäuden wo Katzen und Marder Zugang haben, sind Brutkisten bei mardersicherer Anbringung sehr nützlich. (Foto: 0. DI EH L, 1972) 95 Als Gegenbeispiel soll hier noch die durch Mehrfachfunde nachgewiesene Wanderung im Nahbereich des Geburtsortes Erwähnung finden: Beringung am 10.7.1974 nestjung in Dieburg (He 3030393); 1. Wiederfund Mitte August 1974 in Obertshausen/Kreis Offenbach, lebend gefangen und wieder freigelassen. Entfernung vom Geburtsort 20 km N; 2. Wiederfund 20.9.1974 in Klein-Umstadt, gefangen und gepflegt, am 25.9.1974 wieder frei- gelassen. Entfernung vom Geburtsort 12 km E; 3. Wiederfund 6. 7. 1977 in Groß-Unnstadt,tot gef unden,Straßenverkehrsopfer. Entfernung vom Geburtsort 7 km SE (eigene Beob.). Durch Ringfunde ist außerdem das unterschiedliche Verhalten von Geschwistern bei der Zugrichtung mehrfach belegt. Dazu ein markantes Beispiel: Vier Nestgeschwister, beringt am 5.8.1961 im Altkreis Dieburg, wurden wie folgt zurück- gemeldet: He 3011004 = 15. 4.1962 bei Bensheim/Bergstraße (= 253 Tage, 30 km SW), „tot gefunden", He 3011006 = 8.11.1962 bei Comblanchien/Cöte d'Or, Frankreich (= 460Tage, 425 km SW), „vom Zug getötet", He 3011003 = 25.11.1962 bei Kelheim/Donau (= 477 Tage, 250 km SE), „Ring abgelesen" He 3011005 = 15.1.1963 bei Ruma, Jugoslawien (= 528 Tage, 950 km SE), „geschossen". Schleiereulen sind nach ca. einem Jahr geschlechtsreif; bei Weibchen mehrfach durch Ring- ablesung nachgewiesen (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1980; SCHNEIDER 1977, SCHÖNFELD & GIRBIG 1975).

Gefährdung und Schutz

Verluste Die vom Feldmausvorkommen und von den Auswirkungen schneereicher Kältewinter ver- ursachten Bestandszusammenbrüche hat es schon immer gegeben; sie wurden jedoch in früheren Jahren insgesamt besser überwunden. Die Landschaft war reicher strukturiert mit vielseitiger Landwirtschaft, bei geringem Pestizideinsatz und allgemein besserem Klein- säugervorkommen sowie guten Brutplätzen und Tageseinständen. Auch die Winterbe- dingungen waren für die Schleiereule günstiger als heute. Druschabfälle auf den Feldern, aber auch frei zugängliche Getreidespeicher, Scheunen mit Heu und Stroh, Ställe und Futterküchen, boten den Schleiereulen in der Notzeit noch manche Möglichkeit zum Mäuse- fang. Heute werden in den modernisierten Höfen die Futtermittel in Silos gelagert; Getreidespeicher gibt es nicht mehr, und die Scheunen, auch die Feldscheunen, sind meist vollgestopft mit Maschinen und Geräten, die es der Schleiereule unmöglich machen, dort eventuell vorkom- mende Mäuse zu fassen. Obendrein fehlt oft auch noch das „Eulenloch". Dazu kommt, daß sich die frühere Vielzahl an Kleinlandwirten und Nebenerwerbslandwirten auf wenige größere Betriebe konzentriert.Auch damit haben sich die winterlichen Beutechancen der Eulen verrin- gert. Darüberhinaus ist die Situation für die Schleiereule im Laufe der Jahre auch aus anderen Gründen immer unwirtlicher geworden, z. B. durch die großflächige landwirtschaftliche 96 Bodennutzung und sonstige Landschaftsbeanspruchung mit der damit verbundenen Nivellierung und Beseitigung der natürlichen Strukturen; durch hohe Düngergaben und Chemikalienanwendungen in der Landwirtschaft, durch private und kommunale Mäuse- und Rattenbekämpfungsaktionen mit Giften; durch die erhebliche Siedlungsausdehnung in den Dörfern, vor allem in den Ballungsgebieten mit gravierenden Verstädterungsfolgen ; durch das verdichtete Straßennetz mit außerordentlich starkem nächtlichen Kraftfahrzeugverkehr bei hohen Geschwindigkeiten; durch die Vergitterung von Kirchtürmen zur Aussperrung der Schleiereulen oder zur Abwehr von verwilderten Haustauben, besonders nach Renovierungs- arbeiten. Aus den Beringungen und Rückmeldungen lassen sich die Auswirkungen der Umweltverhält- nisse auf die Schleiereule leider nur in geringem Umfang ablesen. Die Angaben zu den Fundumständen und Todesursachen sind meist auf wenig aussagende Standardformeln reduziert.Von den bis zum 31.12.1987 im Altkreis Dieburg beringten 776 Schleiereulen (DI EH L in Beringungsgemeinschaft HILLERICH/ROTHMANN) lagen bis zum 31.10.1988 insgesamt 190 Rückmeldungen (= 24,48%) vor. Die Aufschlüsselung ergibt: 24 Ex. = 12,63 % lebend gefangen (gepflegt und wieder freigelassen) 63 Ex. = 33,16% Straßenverkehrsopfer 4 Ex. = 2,10% Eisenbahnopfer 2 Ex. = 1,05% Stromtod 2 Ex. = 1,05% in Heugebläse verendet 1 Ex. = 0,53% in Stacheldraht verendet 1 Ex. = 0,53 0/0 in Wasserbehälter ertrunken 1 Ex. = 0,53% von Hund totgebissen 92 Ex. = 48,42 0/0 Todesursache nicht genannt. Neben den eindeutig als Straßenverkehrsopfer ausgewiesenen 63 Eulen,dürften unter den 92 Exemplaren mit unbekannter/fraglicher Todesursache noch eine ganze Reihe enthalten sein, die ebenfalls bei der Kollision mit Kraftfahrzeugen ihr Leben verloren haben. Die Opfer des Straßenverkehrs können hier ohne Übertreibung mit rund 60% angenommen werden. Nach wie vor bleibt jedoch die Frage offen, weshalb die mit so hervorragenden Sinnesorganen, mit einem fast unübertrefflichen Gehör ausgestatteten Schleiereulen in so großem Umfang in die sehr auffällige „Geräuschquelle Auto" gewissermaßen hineinfliegen. Ist es die Vielzahl der Autos auf der das Jagdrevier durchschneidenden Straße oder ist es die Blendung im grellen Scheinwerferlicht, die zu Fehlreaktionen der Eulen führen? Oder sitzt die Ursache tiefer und ist vor allem in einer erhöhten Unfalldisposition zu suchen, die durch Erkrankungen der Eulen ausgelöst wird? Bei Untersuchungen von Schleiereulen-Totfunden aus dem Altkreis Dieburg wurden, neben Salmonellose, Geflügelcholera und Atypische Geflügelpest, fast durchgängig krankhafte Veränderungen der inneren Organe, speziell von Leber und Niere festgestellt. Kein Vogel war im eigentlichen Sinne gesund. Aus den Untersuchungen wurden die Auswirkungen der chemischen Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel über die Nahrungskette sichtbar (DI EH L 1983). Dieser Negativ-Entwicklung konnte bisher im wesentlichen nur durch ein vermehrtes Angebot an günstigen Brutplätzen und Tageseinständen sowie durch allge- meine Werbung in der Öffentlichkeit für eine bedrohte Tierart begegnet werden.

Die außerordentlich geringe Lebenserwartung der Schleiereule ist der entscheidende Faktor für die Bestandsentwicklung. In welchem Umfang diese hohe Sterblichkeit durch die verän- derten Umfeld- und Umweltbedingungen noch weiter negativ beeinflußt wurde, läßt sich mangels vergleichbarer Zahlen aus früheren Zeiten nicht nachweisen. 97 Von den 190 Rückmeldungen aus 776 im Altkreis Dieburg nestjung beringten Schleiereulen (von wenigen Altvogelfängen abgesehen) wurden

147 Ex. = 77,37 0/0 weniger als 1 Jahr alt 29 Ex. = 15,27 0/0 bis 2 Jahre alt 4 Ex. = 2,10 0/0 bis 3 Jahre alt 4 Ex. = 2,10 0/0 bis 4 Jahre alt 4 Ex. = 2,10 0/0 bis 5 Jahre alt 1 Ex. = 0,53 0/0 bis 6 Jahre alt 1 Ex. = 0,53 0/0 bis 10 Jahre alt

Von den im Laufe des ersten Lebensjahres zurückgemeldeten Schleiereulen hatten die meisten nur eine Lebensdauer von wenigen Monaten oder Wochen. Die Ergebnisse stimmen weitgehend mit den Resultaten aus anderen Gebieten überein (BAIRLEIN 1985, BEZZEL 1985, GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1980, SCHÖNFELD et al. 1977). „Die sehr hohe Sterblichkeit im ersten Lebensjahr von etwa 70 0/0 entspricht der Mortalitätsrate von kleinen Singvögeln..." BAIRLEIN 1985.

Schutzmaßnahmen

Alle Maßnahmen zur Wiederherstellung von abwechslungsreichen Feldgemarkungen, die Rückverwandlung von Äckern in Wiesen, Erhaltung von Brachen sowie die durchgreifende Reduzierung des Einsatzes chemischer Mittel sind gleichzeitig wichtige Schutzmaßnahmen für die Schleiereule.

Daneben ist die Sicherung der Brutplätze in Kirchtürmen und anderen geeigneten Bauwerken von großer Bedeutung: Öffnen von Vergitterungen, Herstellen von Einflugluken, Freiräumen der zum Brüten geeig- neten Nischen von Materialresten, die Handwerker im Laufe der Jahrzehnte hinterlassen haben. Anbringen von Nisthilfen - soweit erforderlich - durch Herstellen von dunkleren Nischen mit einfachen Bretterwänden, durch Anbringen von Brutplattformen im Gebälk in der Größe ab 80 x 60 cm mit umlaufender Bordkante von 40 cm Höhe, Einziehen von Bretterböden oberhalb des Glockenstuhls zur Schaffung ungestörter Bereiche im oberen Teil des Turmes. Einbau von Brutkisten - mit den Maßen 120 x 80 x 70 cm oder größer - in geeignete Bauwerke (ausführliche Beschreibung DIEHL 1983).

- Vertreiben bzw. Einfangen von verwilderten Haustauben an Tageseinständen und Brut- plätzen.

- Rücksichtnahme auf Schleiereulenbruten durch zeitliche Verschiebung von Reparaturen und Gebäude-Instandsetzungen. Bekämpfung von Holzwurmbefall im Gebälk im Heißluft- verfahren, anstelle von Gift.

- Keine, zumindest keine volle, Anstrahlung von Brutbauwerken. Während das Licht der Straßenlampen kein Problem darstellt, ist die direkte Anstrahlung von Gebäuden außer- ordentlich kritisch. Wenn die Anstrahlung nicht ganz vermieden werden kann, muß zumin- dest die Ein- und Ausflugseite im Dunkeln liegen. Durch geschickte Anbringung von mehreren kleinen Lampen mit milderem, gelblichem Licht, anstelle von nach oben gerich- teten harten Tiefstrahlern, läßt sich die Problematik wesentlich verringern und gleichzeitig eine wirkungsvollere Heraushebung des Gebäudes und seiner Besonderheiten erreichen. - Keine Rattenvergiftungsaktionen außerhalb des geschlossenen Kanalnetzes. 98 - Reduzierung der Verdrahtung in der Landschaft. Abdecken von Wasserbehältern, Luft- schächten, Heugebläsen, die Todesfallen für die Schleiereule darstellen. - Verringerung der Geschwindigkeit mit vorsichtigerer Fahrweise beim nächtlichen Straßen- verkehr trägt zur Reduzierung der Verkehrsopfer bei. - Hilfen für die Überwinterung können durch Offenhalten von Scheunen, Schuppen, Lager- hallen sowie das Aufschütten von Spreuhaufen im freien Feld zum Anlocken von Mäusen geboten werden. - Störungen an den Brutplätzen sind so gering wie möglich zu halten; dies gilt im besonderen auch für die Kontrollgänge zur Bestandserfassung, die erst am Abend mit Beginn der Dämmerung ohne Aufsehen, rasch und umsichtig durchgeführt werden dürfen. Schließlich ist noch anzufügen, daß Zucht und Auswilderung für die Arterhaltung der Schleier- eule keine Bedeutung haben. Die Lebensraumbedingungen sowie Nahrung und Klimaab- hängigkeit sind die entscheidenden Faktoren für die Bestandsentwicklung. Nahrung und Klima sind zwei Größen, die in diesem Zusammenhang als gegeben hinzunehmen sind.Zucht- projekte sind allein schon deshalb ökologisch nicht zu begründen. Dagegen ist derSchutz des Lebensraumes, die Wiederherstellung einer gesunden, vielgestaltigen Landschaft, die Grund- lage jeglichen Artenschutzes (DIEHL 1988).

Offene Fragen

Trotz der hohen Wiederfundrate bei der Schleiereule bleiben die wirklichen Todesursachen weitgehend unbekannt. Viele Angaben stützen sich auf Vermutungen. Bei allen Totfunden sollten genaue Ermittlungen zur Regel werden, durch Untersuchung des Vogelkörpers auf äußere Verletzungen, unter Einbeziehung der Fundumstände und des Fundortes. Frischtote Exemplare und Rest-Eier sollten an ein geeignetes Institut zur Untersuchung weitergegeben werden. Es fehlen Rückstandsanalysen zur Klärung derAuswirkungen von Pestiziden über die Nahrungskette auf die Schleiereule. Es fehlt aber auch eine Stelle, die umfassende Untersu- chungen einschließlich Rückstandsanalysen aus wissenschaftlichem Interesse sowie aus Gründen des Artenschutzes und wegen der Indikatorrolle der Schleiereule in einem aussage- fähigen Umfang kostenlos durchführt. Zur Frage der Bestandsentwicklung ist die kontinuierliche Bearbeitung von festgelegten Probeflächen über längere Zeiträume erforderlich. Dazu gehört auch die Fortführung der Beringung zumindest auf ausgewählten Probeflächen.

Literatur

BAIRLAIN, F. (1985): Dismigration und Sterblichkeit in Süddeutschland beringter Schleier- eulen (Tyto alba). - Die Vogelwarte 33: 81-108. BAUSCHMANN, G. (1987): Weiße Schleiereule (Tyto alba alba) in der Wetterau. Beiträge zur Naturkunde der Wetterau 7: 49 - 51. BEZZEL, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas - Nonpasseriformes. Aula-Verlag, Wiesbaden: 631- 636. BOGON, K., V. LUCAN &G. SCHUMANN (1980): Kurze vogelkundliche Mitteilungen aus dem Kasseler Raum von 1978 und 1979 (mit Nachträgen ab 1970). Vogelk. Mitt. aus dem Kasseler Raum 3: 45 - 91. 99 DI EHL,O. (1983): Artenschutzmaßnahmen und Umweltprobleme am Beispiel der Schleiereule (Tyto alba). -Vogel und Umwelt 2: 199 - 208. DIEHL, 0. (1988): Erfahrungen bei der Auswilderung von in Tiergärten geborenen Schleier- eulen (Tyto alba). - Die Vogelwelt 109: 134 -141. GEBHARDT, L. &W. SUNKEL (1954): Die Vögel Hessens. Frankfurt am Main: 307 - 308. GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & K. M. BAUER (1980): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Wiesbaden Bd. 9: 235 - 276. PI ECHOCKI, R. (1960): Über die Winterverluste der Schleiereule (Tyto alba).- Die Vogelwarte 20: 274 - 280. SCHNEIDER, W. (1977): Schleiereulen. Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 340. Wittenberg. SCHÖNFELD, M. & G. GIRBIG (1975): Beiträge zur Brutbiologie der Schleiereule (Tyto alba), unter besonderer Berücksichtigung der Abhängigkeit von der Feldmausdichte. Hercynia N. F.12: 257-319. SCHÖNFELD, M., G. GIRBIG & H. STURM (1977): Beiträge zur Populationsdynamik der Schleiereule (Tyto alba). Hercynia N. F.14: 84 -100.

Anschrift des Verfassers: OTTO DIEHL, Dr.-Diehl-Straße 9, 6113 Babenhausen-Langstadt

100 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 101-128 (1990)

Vegetation und Vogelbestände am Dörnberg (Kreis Kassel) von LOTHAR NITSCHE, Zierenberg

Inhaltsverzeichnis Seite

1. Einleitung und Problemstellung 102

2. Zur Methodik von Untersuchungen der Vegetation und der Vogelbestände 102

2.1 Botanische und pflanzensoziologische Arbeitsmethoden 102 2.2 Strukturanalytische Erfassung der Vegetation 104 2.3 Erfassung der Vogelbestände im NSG Dörnberg 109 2.4 Erfassung bestandsbeeinflussender Umweltfaktoren 110

3. Beschreibung des Untersuchungsgebietes „Naturschutzgebiet Dörnberg" 110

4. Ergebnisse der Untersuchung (Tabellen 3 bis 6) 113

5. Auswertung der Ergebnisse 116

5.1 Vegetationskundliche Auswertung 116 5.2 Auswertung der Vogelbestandserfassungen 119 5.3 Bewertung der Umweltfaktoren 120

6. Beziehungen zwischen Vogelgemeinschaften und Vegetationskomplexen 121

6.1 Definition von Avizönosen 121 6.2 Feldlerchen-Gruppe 122 6.3 Hänfling-Gruppe 122 6.4 Grasmücken-Gruppe 123 6.5 Weitere Gruppen 123 6.6 Vorschlag zur Gliederung des Kasseler Raumes in Avizönosen 123

7. Vorschläge für Pflegemaßnahmen in Magerrasengebieten 124

8. Zusammenfassung 125

9. Danksagung 126

10. Literaturverzeichnis 126

101 1. Einleitung und Problemstellung

Mit dem nachfolgenden Beitrag sollen Beziehungen zwischen Vogelgemeinschaften und Vegetationskomplexen aufgezeigt werden. Hierbei geht es insbesondere um die Frage, ob es möglich ist, unterschiedliche Methoden der Erfassung der Vegetation und der Vogelbestände zu verknüpfen. Die qualitativ und quantitativ erfaßbare räumliche Struktur der Vegetation ist von entscheidender Bedeutung für das Vorkommen von bestimmten Vogelarten bzw. Vogel- gemeinschaften, wie Untersuchungen von Vegetationskomplexen und Vogelgemeinschaften belegen (BLAB,TERHARDT&ZSIVANOVITZ 1988, SEITZ1981,1982 u.1988).Die Berücksichti- gung dieser meßbaren Einflußfaktoren der Vegetationsstrukturen auf die Vogelwelt sollte zunehmend auch bei der Erstellung von Avifaunen berücksichtigt werden, um aus der „Auf- listung beliebiger Daten" von Vogelbeobachtungen herauszukommen (WITT & RHEINWALD 1987). Als Untersuchungsgebiet boten sich die ausgedehnten Magerrasen im Raum Kassel - insbe- sondere das Naturschutzgebiet Dörnberg - an, da diese einschließlich der Probleme der Verbrachung und Wiederbewaldung bereits vegetationskundlich gut erforscht sind und auch aus anderen Gebieten ähnliche Untersuchungen vorliegen (BERGMEIER 1987, BORSTEL 1974, DIERSCHKE 1974 u. 1985, GLAVAC 1983, GLAVAC u. SCHLAGE 1979, HAKES 1987 u. 1988, SCHIEFER 1981). Die vorliegende Untersuchung und die Auswertung der Daten soll auch dazu dienen, einen Beitrag zur Beschreibung und Festlegung von Avizönosen zu leisten. In der Vegetationskunde sind die Pflanzengesellschaften mit ihrer Artenzusammensetzung und die sie bedingenden Voraussetzungen bereits gut erforscht (ELLENBERG 1986, WILLMANNS 1984). Die Probleme „Zur Verbindung von Pflanzensoziologie und Zoologie in der Biozönologie" (WILLMANNS 1987) zu erkennen und zu lösen, ist auch für die Naturschutzarbeit eine wichtige Voraussetzung. Umfassende Ergebnisse zu diesen Fragen können erst erzielt werden, wenn eine weitere intensive Zusammenarbeit von Vegetationskundlern und Zoologen erfolgt.

2. Zur Methodik von Untersuchungen der Vegetation und der Vogelbestände

Die einfachste Methode der Artenerfassung besteht in der Auflistung der beobachteten Arten. Die Arten, besonders bestandsbedrohte, können hierbei vollständig erfaßt werden. Bei Pflege- planungen für Naturschutzgebiete wird z. B. diese Erfassungsmethode auch heute noch häufig fürVogelarten angewendet, da weitergehende Erhebungen sehr zeitaufwendig sind. Bei den hier durchgeführten Untersuchungen im NSG Dörnberg wurde diese Methode lediglich für die Vögel angewendet, die das Gebiet zur Brutzeit als Nahrungsbiotop genutzt haben oder als Gäste ohne Revierverhalten beobachtet wurden. Für detaillierte ökologische Fragestel- lungen ist die Artenauflistung nur sehr bedingt brauchbar, für großräumige Rasterkartie- rungen aber üblich und unverzichtbar (HAEUPLER & SCHÖNFELDER 1988).

2.1 Botanische und pflanzensoziologische Arbeitsmethoden Bei Untersuchungen der Rasen-Gesellschaften im NSG Dörnberg wurden bei mehreren Untersuchungsprogrammen lediglich kleine Probeflächen von 1 qm Größe (HAKES 1988), 25 qm Größe (VOLLRATH) oder 40 und 50 qm Größe (GLAVAC &SCHLAGE 1979) untersucht. Bei 100 Probeflächen von 50 qm ergab sich eine untersuchte Fläche von 0,5 ha, das entspricht 0,4 % des Naturschutzgebietes. Die Vegetationsdecke wurde nach der Methode von Braun- Blanquet oder mit genauem Prozentanteil der Arten (von VOLLRATH) untersucht. 102 Zu empfehlen ist bei Vegetationsaufnahmen in Magerrasen die Erfassung der Artmächtigkeit nach einer Schätzskala, in der sowohl Individuenzahl als auch die Flächendeckung berück- sichtigt werden (BUTTLER 1983), s.Tabelle 1. Bei dieser Arbeitsmethode können genaue klein- flächige Untersuchungsergebnisse auf größere Flächen übertragen werden. Zur speziellen Untersuchung von Rasenflächen mit einer Herleitung von Pflegeempfehlungen ist diese Methode ausreichend. Zur qualitativen und quantitativen Erfassung bestandsbed rohter Arten für den Naturschutz auf größeren Flächen sind diese Erfassungsmethoden wegen ihrer Unge- nauigkeit, bezogen auf die Gesamtfläche, jedoch wenig geeignet. Eine gute Methode zur Erfassung von wichtigen Pflanzenarten für den Naturschutz -auch auf größeren Flächen - haben HAEUPLER und GARVE (1983) entwickelt (s. Abb. 1). Dieses Verfahren kann gleichzeitig für Rasterkartierungen und Biotoperfassungen ausgewertet werden. Bei Pflegeplanungen für Naturschutzgebiete in Hessen werden flächendeckend die wich- tigsten Biotoptypen bzw. Pflanzengesellschaften als „Istbestand" kartenmäßig für das Aufnah- mejahr dokumentiert. Der vorgesehene „Sollstand" nach einem Pflegezeitraum von 10 Jahren wird ebenfalls kartenmäßig dargestellt.

Zum Untersuchungsgebiet

Höhe (m NN) Fläche des UG (ha/m2)

Schutzstatus: x z. Zt. gegeben. ■ vorgeschlagen: ❑ NSG, ❑ ND, ❑ LSG, ❑ Naturwaldreservat, ❑ schutzwürdiger Landschaftsbestandteil, ❑ Fläche nur teilweise duch die angegebenen Schutzgebiete erfaßt, ❑ Erweiterung des bestehenden Gebietes, ❑ Fläche nicht geschützt

❑ genauere Analyse (EG) vorgenommen / erforderlich für ❑ weitere Analysen vorgenommen / erforderlich für ❑ GLG ❑ GLP ❑ GLM ❑ GLF ❑

* Symbole für Anzahl (a, b) bzw. Fläche (c)

a Individuen b blühende Sprosse c von der Art bedeckte Fläche C D N früheres Vorkommen erloschen 1 1 <1m2 2 - 5 2 - 5 1 - 5 m2 CD 6-25 6-25 6-25 m2 cr cD l oo 26 - 50 26 - 50 26 - 50 m2 51 -100 51 -100 > 50 m2 > 100 > 100 > 100 m2 > 1000 > 1000 > 1000 m2

> 10 000 > 10 000 > 10 000 m2

** Symbole zur Kennzeichnung des Status (nur angeben, wenn vom „Normalstatus" abweichend):

A • angesalbt (= Florenverfälschung). E eingebürgert, I • nur bei Betonung, daß lndigenat gesichert, K • kultiviert, gepflanzt, U • unbeständig, adventiv, S • synanthrop allgemein, ohne Einschränkung ob E. K. U. W • Wiedereinbürgerung am alten Wuchsort, Z • zweifelhaft ob einheimisch, Verdacht auf A • W.

Abb. 1: Erfassung von Pflanzenarten in Niedersachsen Stand 1988. Meldebogen für Arten der Roten Liste Gefäßpflanzen eines Gebietes, Formularteil: „Zum Untersuchungs- gebiet" 103 Tabelle 1: Vegetationsaufnahme

Artmächtigkeit: Schätzskala (BUTTLER 1983)

r Deckung 1 Individuum vorhanden + unter 5 0/0 2 - 5 Individuen (oder Sprosse) vorhanden 1 6 - 50 Individuen (oder Sprosse) vorhanden 2 m mehr als 50 Individuen (oder Sprosse) vorhanden 2 2 a Individuen 5- 1 5 % der Fläche deckend 2 b zahl beliebig 16- 25% der Fläche deckend 3 26- 50% der Fläche deckend 4 51 - 75% der Fläche deckend 5 76 - 100% der Fläche deckend

Die Schätzklasse 2 wird häufig nicht unterteilt. Das Zeichen + wird »Kreuz« gesprochen. Schätzung bei r bis 2 m nach der Abundanz (Individuenzahl), bei 2 a bis 5 nach der Domi- nanz (Flächenbedeckung).

2.2 Strukturanalytische Erfassung der Vegetation Die Vegetationsstruktur ist für die Existenz vieler Pflanzen- und Tierarten, insbesondere auch Vogelarten, von entscheidender Bedeutung (AKADEMIE FÜR NATURSCHUTZ UND LAND- SCHAFTSPFLEGE 1982). Neuere Arbeiten in der Vegetationskunde haben sich mit dem Bracheproblem und der Wiederbewaldung von Flächen befaßt, die ohne Pflege eine erhebliche Veränderung des Artenbestandes erfahren (HAKES 1987, SCHREIBER 1985). Bedrohte Arten gehen bei Verbrachung meist zurück. Diese Strukturveränderungen werden auf Magerrasen vor allem durch folgende sich ausbreitende Arten eingeleitet oder verursacht: Birke,Wald-Kiefer, Schwarzdorn und Fieder-Zwenke. Birke und Schwarzdorn können ande- rerseits in bestimmten Strukturen für viele Vogelarten eine wichtige Funktion haben, z. B. als Nahrungspflanze, Sitzwarte und Brutplatz, bei flächenhafter Ausdehnung aber bedrohte Lebensgemeinschaften verdrängen. Bei der Erfassung und Beurteilung der Vegetationsstrukturen sind vor allem die horizontale und vertikale Gliederung wesentlich. Für Vögel sind z. B. folgende Strukturmerkmale wichtig: Höhe, Breite, Länge und Dichte (BLANA & BLANA 1975). Diese Strukturmerkmale können in geeigneter Zusammenstellung für die Wahl des Brutplatzes entscheidend sein (s. Tabelle 2.). Die meisten Vogelarten benötigen aber nicht nur eine Struktur, sondern das Nebeneinander ganz unterschiedlicher Strukturen und Biotoptypen, da der Nahrungsbiotop anders struktu- riert sein kann als der Brutbiotop. Das Nebeneinander ganz unterschiedlicher Biotoptypen ist daher auch für die Siedlungsdichte der meisten Vogelarten ausschlaggebend (SEITZ 1988). Für die Erfassung der Vegetation aus ornithologischer Sicht sind möglichst großräumige Erfassung der Strukturen wichtig (BLAB u. a.1989). Da in Magerrasen Gehölze oft kleinflächig mit Rasenstrukturen durchmischt sind, ist eine Erfassung und Bewertung erschwert. Das Formular „Biotopkataster Magerrasen Raum Kassel, HGON 1987" (Abb.2) gibt die Möglichkeit, mit relativ geringem Zeitaufwand durch Luftbildauswertung und Geländebegehung große Magerrasengebiete hinsichtlich ihrer Biotopstruktur grob aufzunehmen. Die Durch- mischungen der Strukturen sind mit dieser Methode nicht erfaßbar. Die im Dörnberggebiet angetroffenen Strukturtypen sind in den Tabellen 2, 5 und 6 und in den Abbildungen 3 und 5 dargestellt. 104 Abb. 2: Biotopkataster Magerrasen Raum Kassel HGON 1987

MTB: Biotop: VQ/LB: Gemeinde: Name: Größe , ha Höhe• m üNN

Geographie: Hangrichtung: Geländeform: Neigungsstufen: 1 eben 0- 2 Grad ha 2 schwach geneigt 2- 5 Grad ha 5 steil 20 -30 Grad ha 3 mäßig geneigt 5-10 Grad ha 6 schroff 30 - 45 Grad ha 4 stark geneigt 10 -20 Grad ha 7 sehr steil > 45 Grad ha Geologie: 1 Basalt ha 2 Muschelkalk ha 3 Buntsandstein ha 4 Löß ha Bestand: Veg.-Typ: Artenvielfalt: 1 gering, 2 mittel, 3 hoch Bedrohte Arten: (s. beiliegende Artenliste) Nutzung: 1 Beweidung ha 4 Motorsport ha 7 Klärschlamm ha 2 Obstwiese ha 5 Ablagerung ha 8 Sonstige ha 3 Steinbruch ha 6 Düngung ha 9 Keine ha zu 1 Beweidungsart: 1 Schafhute ha 3 Großvieh ha 2 Schafkoppel ha 4 Wildverbiß ha Beweidungsintensität: 1 ohne ha 4 stark ha 2 gering ha 5 unregelmäßig ha 3 mittel ha 6 unbekannt ha Bewuchs: 1 lückiger Rasen > 10 0/0 vegetationslos ha (Biotopstrukturen) 2 offener Rasen < 10 0/0 verbuscht ha 3 > 10 0/0 verbuscht ha 4 Fläche > 80 0/0 verbuscht ha 5 Wald (Laub- oder Nadelbäume) > 90 0/0 ha 6 Grünlandbrache ohne Gehölze ha Pflegevorschlag: 1 Gehölzentnahme durch Mulchen (Aufwuchs kniehoch) ha 2 Gehölzentnahme (Sträucher bis ca. 1,50 m) ha 3 Gehölzentnahme (Bewuchs 1,50 - 4,00 m) ha 4 Fällen von Bäumen notwendig ha 5 Mahd ha 6 Beweidung ha Pflegepriorität: 1 sehr eilig (1 - 2 Jahre) ha 2 eilig (2 - 5 Jahre) ha 3 weniger eilig (auch nach 5 Jahren noch erfolgverspr.) ha Bewertung: 1. ausgewiesen oder Vorschlag als NSG 2. Schutzstatus neu nach HENatG ausgewiesen oder Vorschlag 3. Gebiete mit seltenen Arten/Gesellsch. zur Vernetzung pp. 4. Sonstige Gebiete ohne bedrohte Arten. Schutzstatus: NSG LSG ND GLB (a = ausgwiesen/Schutz ausreichend, b = ausgewiesen/Schutz unzureichend, c = Auswei- sung bereits geplant, d = neuer Vorschlag) Untersuchungsstand: vegetationskundlich zoologisch 1 ausreichend 2 ergänzungsbedürftig 3 Neuerhebung erforderlich

105 Tabelle 2: Strukturtypen von Magerrasen und Gehölzen Kurzbeschreibung des Entstehung, Standort, Erscheinungsbildes Nutzung, Bemerkung 1,0 - Standweide mit kurzem Intensive Beweidung mit Grasbestand, Höhe 5 bis hohem Viehbesatz je 20 cm. Artenarm; kaum Jahr durch Schafe, Zie- 1 0,5 Blüten und Samen. gen, Rinder oder Pferde.

ta,49<4 4. eitgre.,\eVi>1W-k(i9ii'WhkiXe Standweide mit mittlerer Extensive Beweidung mit Grashöhe, 10 bis 30 cm; geringem Viehbesatz je artenreicher und mehr Jahr (je nach Biomasse -1,0 Blüten und Samen als und Besatzdichte 1-3 Typ 1. Weidezeiträume). 2

ii,' • t;Prej f Hute mit geringem Anteil Schaf- und Ziegenhute. von Altgras. Regelmäßig behütete Flächen mit Koppelung -1,0 über Nacht außerhalb der Magerrasen, daher 3 geringer Nährstoffeintrag -0,5 (ca. 6 — 8 Schafe je ha und Jahr).

Koppel- und Pferch- Koppel- und Pferchfläche fläche. Gras dunkelgrün, von Schafen/Ziegen mit schnell aufwachsend starkem Nährstoffeintrag -1,0 mit stickstoffzeigenden durch nächtliche Unter- Arten. Artenarm. bringung der gehüteten 4 Herde. 0(5- -o, 5

/ k\i<4.4m4> 5e49 Brache ohne Gehölze mit über mehrere Jahre auf- hohem Anteil von Alt- gelassene Weide/Hute. gras. Höhe 30 cm. Arten- Nach anfänglichem Ar- -1,0 arm. Grasaustrieb erst tenreichtum Verarmung im Frühsommer. durch Bildung einer dichten Altgrasmatte, die 9 — die Keimung von Pflan- zen behindert. 7

Lückige Pflanzenbestän- Flachgründige, steinige de auf ungenutzten, Böden (Rendzina, Ran- steinigen Hängen mit ker). Biomassenproduk- 4 t - ... 1 , 0 einzelnen Sträuchern. tion unter 1 t je ha und st - Erscheinungsbild über Jahr. Sehr langsames • ., .,. mehrere Jahre nahezu Gehölzwachstum. gleichbleibend. - 0,5 L

Verbiß von Gehölzen und Ganzjähriger (starker) Bodenbewuchs durch Verbiß durch Nagetiere Wild auf ungenutzten oder Schalenwild. ,0 Flächen. Verbißspuren Wiederbewaldung wird ,' bis 1,5 m Höhe. Gehölze aufgehalten, besonders ,..,...0 sehen wie Sträucher durch Knospenverbiß im le einer Schnitthecke aus. Winter. .:L.M,: 1$4;, -0,5 , Aly ifi-4 ,. viv<,..N\i'l \%-it s.'" 106

Tabelle 2: Strukturtypen von Magerrasen und Gehölzen Kurzbeschreibung des Entstehung, Standort, Erscheinungsbildes Nutzung, Bemerkung Einzelbüsche mit locke- Brache mit (hohem) ..7 .1:''(1. . _ 3 rem Wuchs bis 3 m Höhe Altgrasanteil und Ent- 8 ohne Verbißschäden. wicklung zum Wald. itei-dite›; (Wacholderhuten).

. - . . r ..- - - 1 .)._. ,,..r. .. , . I • 1 ee4tu . ; Gehölze mit Schafverbiß Häufig an Ruheplätzen bis ca. 80 cm Höhe. und Tränken der Herde. Durch Koteintrag werden nährstoffzeigende Pflan- ( •,,4,A;14-, - 3 zen gefördert. 9 44.vrt -... tiv. ,I

— —.1 itAta U11.11, • ' ” Aeevielternaidelre Gehölze mit Ziegenverbiß Ziegenhuten oder -kop- bis ca. 2,5 m Höhe peln. Verbiß von Blättern durch Herunterbiegen (Nadeln), Knospen, Zwei- 4. der Zweige beim Fres- gen bis ca. 3 mm Durch- : -' 1 e Iir ,t . , . I- 3 sen. Gehölze stark ge- messer und Rinde. Sehr lichtet und blatt- (nadel-) starker Verbiß fürht zur 10 1106jY1 . „ . arm. Zerstörung der Gehölze.

- 1 OP‚'''; iiii,;e ,. , ,v,,,i( ii, : f ( \)., H )///0,1;41)4riv Gehölz mit Rinderverbiß Bei niedrigen Gehölzen bis 1,5 m Höhe (Kuh- gleicht das Wuchsbild busch). dem von Typ 7. Nach- ,...;\spe. , wachsende Zweige wer- - 3 den jährlich neu verbis- 11 •- . ‘ %>/2-•. ..,,' sen. Extrem dichter Wuchs im Freßbereich, wie ,-ee, . Schnitthecke aussehend. • et. r- -1 • 4,40.., r,.- - - ,....,,,ApAi, Aleo..414,,Whm44-...." Einzelbusch in guter Idealtyp einer Hecke Ausbildung ohne Verbiß- mittleren Alters. Die Be- schäden. Eine einreihige blätterung (Heckenman- Hecke hat das gleiche tel) reicht bis ca. 75 cm - 3 Querschnittsbild. ins Heckeninnere. Der 12 ,. innerste Bereich ist fast blattlos. 44 -1 AN'' er: . e«,,,,,1411-:Mc-)44ektlid4rit Alter Heckenbestand mit Überalterung des Gehöl- Vergreisung. Die inneren zes. Teile brechen in sich Strauchpartien sind zusammen. . , . - ;..9 • ,, ° 6 , . wegen Lichtmangel ohne \ ,,.. ih , 3 Blattproduktion.

1 1 ... 7 Gesträuch ausgehend Flächen nicht für Be- von altem Bestand. Wur- weidung geeignet. Ge- zelbrut besonders bei sträuche wachsen später Schwarzdorn; 0,5 -1,5 m zu dichten, artenarmen ..6.., .. - 3 hoch; lockere, flächige Komplexen auf. 14 Bestände bildend. . Dazwischen Gras- und , • , Krautwuchs. , .*:' ,e ' , 4.ide' el42. (- , e ./r 1 cif_ i'l i• e t\irr,s2., 0,4% 107

Tabelle 2: Strukturtypen von Magerrasen und Gehölzen

Kurzbeschreibung des Entstehung, Standort, Erscheinungsbildes Nutzung, Bemerkung

41 ( oe -10 Baumhecke bis 10 m Einzelne Bäume sind ,,Ie. , ler,4/, hoch und 10 m breit. eingerahmt von Sträu- 15 ..... .. e,.. chern. Baumarten: ,,,,,,, ,,,,,, - 5 Weide, Eberesche, Esche u. a. Guter Windschutz. :1492. ; espie

Pionier- oder Ubergangs- Auf Muschelkalkböden wald. Einzelne Bäume ist Kiefernübergangs- und Sträucher locker auf wald am häufigsten. Auf # p -10 der Fläche verteilt. Pflan- kalkarmen Böden do- teel:' y 0.. zen mit hoher Licht- miniert meist die Birke. 16 lirei. bedürftigkeit nehmen ab. -.N.,..Allgier. - 5

Waldmantel an beweide- Langfristig dehnen sich e,, ,. tem Magerrasen mit die Waldbäume über die Strauchzone (bis 5 m), Strauchzone aus. Der reIÄ .. e.\ ' tt,p-1 0 mittelhohen Bäumen (bis Waldrand wird dadurch 10 m) und Waldbäumen steiler und innen lichtär- 17 i (über 10 m). mer. Ohne Pflegeeingriffe ,r1 et \ - 5 geht der Strauchanteil zurück. ..ehe.‘' ...' ‘S, pd u.W.., IhMee. , 4's A \ I / ,I 411r: i gereet t Bäume tief beastet. ZPI I Wald ohne Gebüschzone et>iielY 3 V an genutzten Magerrasen grenzend. eeie 10 , A I 18 4- . - 5 fl ,,. 1 Reihung von Strukturty- Strukturtypen entspre- %/11, 4! . pen: Nute (extensiv), chen den Sukzessions- efAlii Saum aus Kräutern und stadien von Magerrasen i jgre l 0 Gräsern, Gebüsch, Wald zum Wald die sich in 4,:e Joe, ,, , (jung) und Wald (alt). dieser Reihenfolge lang- 19 fii,41-likly. ide fristig ablösen. ,,,,,)„ 7 ri, . ; , --ke. - 5 , frece

Zwergstrauchheide mit Auf sauren, nährstoff- Besenheide. armen Böden. Hüten mit Schafherde hält die -0,5 Vergreisung des Heide- 20 krauts auf. 2 Bodenerhebung durch Oft bewachsen mit Wiesenameisenhaufen. Thymian oder Heide. .r. 0,5 21 --.. 4- t igxsi!e,‚-<,,,4- _ - Magerrasen unter Weide- Nährstoffarm, da kaum _ zaun; kurz abgefressen, Koteintrag. Typische aufgewölbt, da keine Arten: Feld-Hainsimse, -0,5 Trittbelastung. Kleiner Sauerampfer, 2 2 Kleines Habichtskraut, Knöllchen-Steinbrech, et1(3K4 .,,,,4'1:04e014-1 Moose. 108 1 2 3 4 6 7 .:.•••:::...... 11 .... . . i .. ..

. ' • 6 . 1 .... • .1...... . . . 1 • • • ".. • .... . ..f.;..

' ... • . 3

100 M Abb. 3: Pflegetypen von Magerrasen mit unterschiedlichen Sukzessionsstadien, dargestellt ist jeweils 1 ha 1 = Magerrasen ohne Gehölze 2 = Einzelbüsche, Flächenanteil 1 3 = dichte Hecke, Flächenanteil 10/0 4 = Einzelbüsche, Flächenanteil 10 0/0 5 = dichte Hecke, Flächenanteil 10% 6 = lockere Verbuschung, Flächenanteil 40% 7 = großer Gehölzkomplex, Flächenanteil 40%

2.3 Erfassung der Vogelbstände im NSG Dörnberg Untersuchungsgebiet ist das NSG Dörnberg mit wenigen Randflächen außerhalb des NSG, die wegen ihrer Biotopzugehörigkeit zu den NSG-Flächen in die Untersuchung einbezogen wurden. Hierdurch ergibt sich eine Differenz von 7 ha (110 ha NSG-Fläche, 117 ha Untersu- chungsgebiet Dörnberg). Die Vogelarten im Naturschutzgebiet Dörnberg wurden bei 16 Bege- hungen in den Monaten April bisJuni im Jahr1988 flächendeckend erfaßt. Bei einer Exkursion von 2 bis 3 Stunden konnten jeweils ca.20 bis 40 ha bearbeitet werden. Registriert wurden alle revieranzeigenden Vögel, in der Regel ihre Gesangsplätze. Die Eintragungen der Beobach- tungen erfolgte in eine Flurkarte im Maßstab 1: 4000, in die zuvor die wichtigsten Vegetations- typen z. B. Wald, Hecken und Huten eingetragen waren. Die Vögel wurden durch zwei Buch- staben als Kürzel in die Karte eingetragen und bei erneuter Beobachtung an einem anderen Termin eingekreist, bei wiederholter Feststellung jeweils mit anderer Farbe. Je Teilfläche erfolgten drei bis vier Begehungen zu unterschiedlichen Tageszeiten. Etwa 1500 Markie- rungen ergaben 586 Vogelreviere (= Brutpaare in Tabelle 3). Eine Teilfläche von 25 ha wurde von Volker Lucan bereits 1972 (LUCAN, NITSCHE, SCHUMANN 1974, S. 34) und 1982 erneut erfaßt. Die drei Untersuchungsergebnisse sind in Tabelle 4 einander gegenübergestellt. Die Vogelzahlen in den Tabellen sind als Brutvogelbestand zu betrachten.Gegenüber dertatsäch- lichen Anzahl von Brutpaaren können sich Abweichungen durch folgende Situationen ergeben: - der Erfassungsgrad der einzelnen Arten ist durch tages- und jahreszeitliche Schwankungen des Gesanges so groß, daß die Brutdichte unterbewertet werden kann - viele Individuen mit Revierverhalten können tatsächlich keinem Brutpaar zugeordnet werden; es erfolgt eine Überbewertung - In wenigen Fällen kann eine Doppelregistrierung (bei großem Brutrevier) zu verschiedenen Zeiten nicht ausgeschlossen werden - Arten mit Schwarmverhalten (Hänfling) sind schwer zu erfassen. Die aufgeführten möglichen Fehlerquellen beziehen sich auf die Spalten Brutpaare und Do- minanz.Weitere Fehlerquellen können sich bei der Abundanz ergeben, da die Gebietsgrenze eine Anzahl von Vogelrevieren durchschneidet (bei Teilsiedlern) und dadurch eine exakte Flächenzuordnung nicht möglich ist. Da das Gebiet Dörnberg fast ausschließlich an gehölz- 109 freie Biotoptypen angrenzt, ist diese Fehlerquelle bei den meisten Arten gering.Teilsiedler sind z. B. Dorngrasmücke und Rebhuhn. Um die Fehlerquelle zu minimieren, wird bei Siedlungs- dichteuntersuchungen eine Mindestgröße von 10 ha als angemessen angesehen, sofern es sich um physiognomisch stärker strukturiertes Gelände handelt (nach Siedlungsdichte- tagung 24.9.1967 in Hamburg, Luscinia 40: 148 -153). Im NSG Dörnberg wurden 117 ha untersucht. Die Probleme der quantitativen Erfassung der Vogelarten sind von BERTHOLD u. a. 1980 eingehend beschrieben. In den Tabellen 3 und 4 wurden die Vogelarten in folgende Dominanzklassen gegliedert: Domi- nante > 5 0/0, Subdominante > 2 - 5 0/0, lnfluente > 1- 2 0/0 und Rezedente <1 0/0 Anteil an der Gesamtpopulation (Brutpaare bzw. Reviere). In derTabelle 4 bezieht sich die Dominanzklasse auf den Durchschnittswert der Beobachtungsjahre 1972, 1982 und 1988.

2.4 Erfassung bestandsbeeinflussender Umweltfaktoren

Von den Umweltfaktoren, die die Vogelbestände beeinflussen, kann nur ein relativ kleinerTeil im Rahmen dieser Arbeit qualitativ und quantitativ aufgeführt werden. Die Reihenfolge der angenommenen Einflußfaktoren in der folgenden Auflistung soll die vermutete Rangfolge der Bedeutung der Faktoren, bezogen auf das gesamte Gebiet, wiedergeben.

1. Gehölze (Flächengröße, Höhe, Dichte, Struktur, Randlänge,Artenzusammensetzung,Alter, Entfernung zum Wald u. a.) 2. Exposition (Sonnen-, Windexposition) 3. Gras- und Krautschicht (Brache, Nute, Weide) mit unterschiedlicher Struktur 4. Nahrung (Insekten, Samen, Früchte) 5. Schadstoffeinwehungen (Agrochemikalien, sonstige Immissionen) 6. Weidetiere (Großvieh, [Rinder], Schafe, Ziegen), alle zeitweise 7. Wild (ganzjährig) 8. Ackerflächen in der Benachbarung (als Revierteil oder Schadstoffquelle) 9. Wasservorkommen (nur außerhalb des Gebietes) als Vogelbad und Tränke 10. Geländeausformung (Mulden, Hangrippen, Hänge, Exposition u. a.) 11. Boden (steinig, tief-, flachgründig, nährstoffreich, -arm, trocken, feucht u. a.) 12. Klima (Niederschläge, Temperatur u. a.), jahrweise sehr schwankend 13. Mortalität der Vogelarten außerhalb der Brutzeit 14. Hunde (Auswirkungen besonders für Bodenbrüter und Jungvögel) 15. Menschen (Wandern, Modellflug, Segelflug, Motocross, Reiten, Skifahren) 16. tierische Feinde (Elstern, Krähen, Eichelhäher, Wiesel, Fuchs u. a.) 17. Krankheiten 18. Höhe über NN (Auswirkungen auf Nr. 2 und 12)

Viele Umweltfaktoren beeinflussen sich gegenseitig und sind örtlich und zeitlich sehr starken Schwankungen unterworfen.

3. Beschreibung des Untersuchungsgebietes „Naturschutzgebiet Dörnberg"

Das Naturschutzgebiet Dörnberg bei Zierenberg liegt zwischen 300 und 440 m NN und hat eine Flächengröße von 117 ha (Untersuchungsfläche). Geologisch besteht es vorwiegend aus Muschelkalk (Wellenkalk), im oberen Bereich werden flachere Hangbereiche von Basalt über- lagert, und im Südwesten wird ein kleiner Teil vom Oberen Buntsandstein (Röt) gebildet. Die Hangflächen sind vorwiegend südwest- und nordwest-exponiert und durch zahlreiche, teils 110 verzweigte Mulden und Hangrippen reich gegliedert (s. Luftbild Abb. 4). Der vorherrschende Bodentyp Rendzina kennzeichnet flachgründigen und steinigen Boden.

Das Gebiet besteht hauptsächlich aus Kalkmagerrasen mit unterschiedlicher Verbuschungs- dichte und geringen Waldanteilen. Es wurde 1978 als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Bei Pflegeeinsätzen wurden auf Teilflächen Gehölze entfernt, um die artenreichen Enzian-Schil- lergras-Rasen zu erhalten. Von den schutzwürdigen Arten sind besonders die Orchideen zu nennen, die mit einer geschätzten Zahl von 100.000 Exemplaren im Gebiet vorkommen; vorwiegend Manns-Knabenkraut, Mücken-Händelwurz und Fliegen-Ragwurz. Große Bestände bilden weiterhin Deutscher Enzian, Großes Windröschen und Echte Schlüssel- blume. An steilen Hängen ist der Lothringer Lein in guten Beständen zu finden. Die vorrangige Bedeutung des Gebietes für den Naturschutz ist nach dem heutigen Wissensstand in der hohen Zahl und Häufigkeit von bestandsbedrohten Pflanzenarten begründet. Vor derVogelbestandserfassung innJahr1988 wurden im NSG die verschiedenen Biotoptypen erfaßt. Diese Erfassung war sehr schwierig, weil sich auf engem Raum Gehölze, Brachen und Weiden durchmischten und dieWeideintensität räumlich und zeitlich erheblich schwankte.Die Flächenabgrenzung erfolgte durch Luftbild- und Geländekartierung. Diese Kartierung diente als Grundlage für die Festlegung weiterer Pflegemaßnahmen (Gehölzbeseitigung und Bewei- dung) und ist in Tabelle 5 dargestellt.

111 Abb. 4: Das Untersuchungsgebiet Dörnberg (Naturschutzgebiet Dörnberg mit kleinen an- grenzenden Flächen), Luftbildaufnahme vom 28. 8.1985,freigegeben vom R P Kassel unter der Nr. HLVA 527/85. 112 4. Ergebnisse der Untersuchung

Tabelle 3: Vogelbestand im NSG Dörnberg 1988 auf 117 ha. Biotoptypen: A Extensivgrünland, B Wacholderhuten, C dichte Hecken, D Baumhecken, E Waldrand, FWald. Brut- paare: BP. Abundanz Domi- Biotoptypen Nr. Vogelart BP BP nanz 10 ha (0/0) A B C D E F Dominanten CD C L() CO L( c6 - CO 1 Goldammer 16,2 64 22 6 3 O

2 Zilpzalp CO C 11,2 9 26 16 11 4 1 .6 O ) L( CO LO 3 Fitis ei 11,0 13 33 12 5 2 e ) e

4 Heckenbraunelle 7,6 6 17 11 7 4 e-

5 Hänfling 0 C 6,9 28 9 4 c N M 1

6 Buchfink 5,5 3 4 8 7 10

Subdominanten NNNN CD C c‘i 1 4)C

7 Singdrossel 4,9 4 4 8 9 4 M C q

8 Amsel , / 3,8 5 11 2 2 2 V 9 Gartengrasmücke . 3,8 11 11 C ° -

10 Mönchsgrasmücke 3,6 2 8 7 1 3 CD r

11 Kohlmeise C 3,2 1 7 3 4 4 C r O D h . 12 Baumpieper . 3,2 4 3 7 5 rr L g . 13 Grünling 2,9 6 5 3 3 LO 14 Klappergrasmücke 3,— 3 9 3

Influenten C r- V

15 Rotkehlchen 2— 1 2 1 2 6

Rezendenten CO U 1 D 1 16 Sommergoldhähnchen UD 1— 1 5 eee 1 17 Tannenmeise U1 —9 1 4 1 18 Gimpel U) —9 1 2 1 1

19 Elster 1 —9 3 2 L() e 1

20 Neuntöter 0 —9 3 2 e 1 21 Zaunkönig 1 —7 1 3 e C M 22 Dorngrasmücke 1 —7 4 0, 23 Blaumeise ) 1 —5 1 1 1 C 0 O C 1 0 24 Eichelhäher 1 1 —5 1 1 1 O C 1

25 Feldlerche C —5 3 O 1 1

26 Kuckuck 01 —5 2 1 C O 1 27 Ringeltaube C —5 1 2 N M C 1

28 Feldschwirl N —3 2 M C 1 29 Rabenkrähe N —3 1 1 V CV C 1 30 Trauerschnäpper N —3 1 1 1 31 Stieglitz —3 2 N V 1 32 Rebhuhn —3 2 33 Star 1 —2 1

34 Girlitz 1 —2 1

35 Haubenmeise 1 —2 1

36 Sumpfmeise 1 —2 1

37 Weidenmeise 1 —2 1

38 Fichtenkreuzschnabel —2 1

39 Wintergoldhähnchen —2 1 586 50,1 100,0 3 156 192 109 66 60

Gastvögel: Schwarzspecht, Grauspecht, Turmfalke, Mäusebussard, Rotmilan, Ringdrossel, Rot- drossel, Wacholderdrossel, Bergfink. 113 Tabelle 4: Brutvogelbestandsaufnahme in verbuschten Kalkmagerrasen im NSG Dörnberg bei Zierenberg zwischen 300 und 450 m NN auf 25 ha in den Jahren 1972 (LUCAN, NITSCHE, SCHUMANN 1974 S. 34 und Luftbild Nr. 5) 1982 (LUCAN) und 1988 (NITSCHE). Reviere (BP) Durchschnittswerte 1972/82/88 Nr. Vogelart Abundanz 1972 1982 1988 $ BP/10 ha

0 c

M

s

.1 Goldammer 15 22 CO h 8,0 1 c

r C

\I

ci

2 Fitis 20 14 7,3

c

CO

r

ci

LO Zilpzalp - 10 3,5

CO 3 cci

1-

0 1•

C 4 Hänfling 3 7 3,3

c6

O

L 5 Baumpieper 14 4 3,2

O •

• r•

6 Heckenbraunelle 5 7 Lri 2,3

e- r

-

• C

7 Singdrossel 3 3 2,3

C

O 0

O

8 Amsel 6 C 4 2,1

Lri

O

N

CO 9 Klappergrasmücke 2 7 2,0

- h 10 Grünling - C 6 1,9 11 Dorngrasmücke 5 1 1,5

CO c

\

i 12 Kohlmeise 2 3 00 0,9

c\i

13 Mönchsgrasmücke - 6 0,8 N

NN

14 Gartengrasmücke 1 3 0 0,8

c‘i

15 Wacholderdrossel 4 0 r• 0,8

r

- 16 Buchfink 2 1 • C 0,7

CO

2 C

17 Feldschwirl 1 0) 0 0,5

2 O 1"

18 Gimpel - CM 1 0,5 19 Neuntöter 1 1 0,4 0

-

• 20 Rotkehlchen - I - 0,3

CO ci

21 Wendehals 1 - 0,1 CO

rr 22 Girlitz - - 0,1

CO 23 Kuckuck - - 0,1

1 85 140 100 108,6 43,4

Bermerkung: Die von LUCAN 1972 und 1982 untersuchten Flächen wurden bei der obigen Aufstellung um die gehölzfreien Weideflächen, die außerhalb des NSG und derUntersuchungsfläche von 1988 liegen, verkleinert, die Brutvögel Feldlerche und Wiesenpieper herausgenommen und neu vermessen, um Daten von einem Biotoptyp zu erhalten und vergleichen zu können.

114 Tabelle 5: Gliederung des NSG Dörnberg nach Biotoptypen und Nutzungen als Grundlage für Pflegeplanungen (Stand 1.1.1988)

I. Biotoptypen ha % 1. Kalkmagerrasen mit bis zu 10% Einzelbüschen a. beweidet 18 15 b. unbeweidet 1 1 2. Lückiger Kalkmagerrasen mit mehr als 10 0/0 unbewachsenen Bodenstellen, steil und kaum beweidbar 3 3 3. Kalkmagerrasen mit über 10 0/0 lockerer Verbuschung, teils beweidet 45 38 4. Größere Gebüsche, Wiederbewaldungsflächen, Heckenkomplexe mit bis zu 10 0/0 kleinen Kalkmagerrasenflächen, meist Brache 17 14 5. Geschlossener Wald (Kiefern, Fichten und Buchenhutewald) 20 17 6. Magerrasen mit frischen Bodenverhältnissen, Schaf- und Rinderweide 9 8 7. Kiefernräumungsflächen (vorwiegend mit Schlagfluren und Magerrasen), beweidet 2 2 8. Pferchflächen für Schafe, eutrophierte Magerrasen 2 2 Flächensumme NSG Dörnberg 117 100

II. Weideflächen im NSG Dörnberg 1. Schafhuten einschließlich Pferchflächen 28 24 2. Rinderweide 5 4 3. Ziegenweide 2 2 Summe Weideflächen 35 30

III. Mit Maschinen (Schlegelmäher) gepflegte Rasen und Gehölzflächen (meist nur ein- bis zweimal in den letzen 10 Jahren gemäht und Mähgut abgeräumt) Summe der maschinengepflegten Flächen 28 30

Tabelle 6: Gliederung des NSG Dörnberg nach ornithologisch wichtigen Biotoptypen Biotoptypen ha % Brutpaare ab- je solut 10 ha A Extensivgrünländer ohne Gehölze (Strukturtypen 2 bis 5 und 20) - Feldlerchen-/Wiesenpieperbiotope: Gehölzfreie Flächen sind nur fragmatisch als Teil- siedlungsraum von 3 Feldlerchen im NSG vorhanden und wurden flächenmäßig nicht erfaßt - - (3) B Magerrasen und Brachen mit Wacholder, kleinen Gebüschen und Buschgruppen und vereinzelt kleinen Bäumen (Strukturtyp 6-12) - Hänfling-/Goldammerbiotop (mit Fragmenten von Biotop A) 77 66 159 20 C Gebüsche bis ca. 5 m Höhe, ab ca. 100 m2 (Strukturtyp 13 und 14) - Laubsängergebüsche D Baumhecken mit bis zu 8 m hohen Bäumen und breiten Gebüschbändern (Strukturtyp 15) C+D Flächenerhebung zusammengefaßt 20 17 301 150 E Waldrand (Strukturtyp 17-19) mit 66 Brutpaaren F Wald mit 60 Brutpaaren E+F Flächenerhebung zusammengefaßt 20 17 126 63 Summe 117 100 586 0 50

Bemerkung: Die Spalte Brutpaare je 10 ha kennzeichnet nur die Dichte der Gesangsplätze der Arten in dem jeweiligen Biotoptyp (Brutbiotop). Die Habitate dieser Arten sind wesentlich größer und umfassen wesentliche Teile des Biotoptypes B (als Teil des Nahrungsbiotopes). 115 5. Auswertung der Ergebnisse

5.1 Vegetationskundliche Auswertung

Bei der vegetationskundlichen Auswertung der Beobachtungen können wir nach der räum- lichen und zeitlichen Entwicklung der Pflanzenbestände Biotopflächen abgrenzen, sie den Biotoptypen der Tabelle 2 und der Abbildung 5 zuordnen und sie aus botanischer Sicht be- urteilen. Die nachfolgende Beschreibung erfolgt nach den laufenden Nummern des Quer- schnittes in der Abb. 5, einer schematischen Darstellung, die nicht in allen Bereichen des NSG so eindeutig abzugrenzen ist. Der Pflanzenbestand kann je nach Exposition sehr stark variieren.

Zu Reliefteil 1: Aus den Bereichen des Hangplateaus mit Basaltböden, die oberhalb und vorwiegend außerhalb des NSG liegen, sind keine Vegetationsaufnahmen bekannt. Nach dem dort anzutreffenden Pflanzenbestand könnten diese Bereiche dem Rotschwingel-Rotstrauß- gras-Magerrasen (Tabelle 2, Strukturtyp 2) zugeordnet werden, wie sie GLAVAC und RAUS (1982) von der „Dönche" in Kassel beschreiben. An verschiedenen Stellen sind Übergänge zu Borstgrasrasen und Zwergstrauchheiden (Nardo-Callunetea) und gedüngte und magere Frischwiesen und -weiden (Arrhenatheretalia) erkennbar. Als bestandsbedrohte Pflanzenart wurde Feld-Enzian (Gentiana campestris) nachgewiesen. Die Vegetationsstrukturen werden durch Großvieh (Jungviehweide) geprägt. Die Flächen sind vorwiegend gehölzfrei. Sie sind Brutbereiche von Wiesenpieper und Feldlerche. An einigen Stelle kommen aber Gehölze als Einzelbüsche oder Gebüschkomplexe vor. Sie sind alle durch Rinder verbissen und können den Strukturtypen 7 und 11 der Tabelle 2 zugeordnet werden. Diese Form der „Kuhbüsche" sind aus dem Schwarzwald (SCHWABE & KATOCHWIL 1987) eingehend beschrieben und auch auf den Huten und Viehweiden des Habichtswaldes zu beobachten. Ähnliche Gebüsch- formen sind auch in Rotwildgebieten ausgeprägt und können auch bei starkem Rehwildverbiß entstehen.

Zu Reliefteil 2: Die Flächen umfassen sehr trockene Extremstandorte mit lückiger Vegetation, die wegen ihrer Steilheit und geringen Biomassenentwicklung (unter 0,6 t Trockensubstanz der Netto-Produktion) durch die Beweidung meist nicht erfaßt werden.Teilflächen wurden von GLAVAC und SCHLAGE (1978, 1979) vegetationskundlich untersucht. Folgende bestands- bedrohte Plfanzenarten konnten festgestellt werden: Berg-Gamander (Teucrium montanum), Lothringer Lein (Linum leonii) und Schmalblättriger Lein (Linum tenuifolium). Diese Arten kommen nur auf den Extremstandorten vor. Selten sind hier auch Orchideen zu finden wie Braune Sumpfwurz (Epipactis atrorubens), Fliegen-Ragwurz (Ophtysinsectifera) und M ücken- Händelwurz (Gymnadenia conopsea). Die Extremstandorte sind artenarm, aber durch das Vorkommen der sehr seltenen bedrohten Arten, die insbesondere an westexponierten Lagen vorkommen, besonders schutzwürdig. Ihr Anteil am NSG kann mit 3% (ca. 3 ha) geschätzt werden. Der Strukturtyp ist in Tabelle 2 Nr. 6 abgebildet.

Zu Reliefteil 3: In diesem Bereich sind großflächig Enzian-Schillergras-Rasen (Gentiano- Koelerietum) mit lockerer Verbuschung auf trockenen Böden ausgeprägt. Artenreich sind die Flächen insbesondere auf west- bis nordexponierten Hängen, wo die Pflanzenarten günsti- gere Standortbedingungen finden als in Südlagen. Die dominierenden Biotoptypen sind in Tabelle 2 Nr.3 und 8 dargestellt. Eine große Zahl von geschützten und bedrohten Pflanzenarten ist hier anzutreffen (GLAVAC & SCHLAGE 1978). 116

Basalt Muschelkalk Röt 50 0 -

1 2 3 4 0 0 4 2 5

30 0

500 1000 m

Abb. 5 Querschnitt durch das NSG Dörnberg mit geomorphologischer Gliederung (Schematische Darstellung, dreifach überhöht)

Erläuterungen zu Abb. 5

1 Relief: schwach bis mäßig geneigtes Hangplateau mit steiler Felskuppe (nur teilweise im NSG) Gestein: Basalt, teils mit Muschelkalk durchsetzt Bodentyp und -feuchte: Braunerde, teils Rendzina; frisch Typische Pflanzen und Strukturen: Rotes Straußgras, Goldhafer, Dreizahn, Borstgras, Gamander-Ehrenpreis vorherrschende Nutzung: extensive Rinderweide

2 Relief: Oberhang, Hangrippe, Kuppe; schwach bis stark geneigt Gestein: Muschelkalk Bodentyp und -feuchte: Syrosem-Rendzina (Rohboden); sehr trocken Typische Pflanzen und Strukturen: Kleiner Wiesenknopf, Hügel-Meier, Berg-Gamander, Sonnenröschen, Lothringer Lein; Sträucher in Krüppelwuchs vorherrschende Nutzung: keine oder sehr extensive Schafhute

3 Relief: Mittelhang; mäßig geneigt Gestein: Muschelkalk Bodentyp und -feuchte: flachgründige Rendzina; trocken Typische Pflanzen und Strukturen: Enziane, Orchideen, Große Braunelle, Rauher Löwen- zahn, Wacholder, lockere Gebüsche vorherrschende Nutzung: extensive Schafhute, Brache 117 4 Relief: Unterhang; schwach bis stark geneigt Gestein: Muschelkalk Bodentyp und -feuchte: mittelgründige Rendzina, mäßig trocken bis mäßig frisch Typische Pflanzen und Strukturen: Enziane,Orchideen, Echte Schlüsselblume, artenreiche Rasen, Wacholder, Gebüsche vorherrschende Nutzung: extensive Schafhute

5 Relief: Mulde; schwach geneigt Gestein: Muschelkalk Bodentyp und -feuchte: tiefgrüne Braunerde-Rendzina; frisch Typische Pflanzen und Strukturen: dichte Gebüsche, Fieder-Zwenken-Rasen vorherrschende Nutzung: keine

6 Relief: Hangfuß (vorwiegend außerhalb des NSG); schwach bis mäßig geneigt Gestein: Röt (Oberer Bundsandstein) Bodentyp und -feuchte: Mergel-Boden, Pararendzina; wechseltrocken Typische Pflanzen und Strukturen: Grünland, kalkliebende Ackerkräuter, Gebüsche vorherrschende Nutzung: Schafhute Weide, Acker, Brache

Zu Reliefteil 4: Die Unterhänge des Dörnbergs sind, gemessen an der Artenzahl der Pflanzen einschließlich der bedrohten Arten, am bedeutendsten. Durch die bessere Biomassenent- wicklung sind sie auch für die Behutung wichtig. Der Sukzessionsdruck der Gehölze ist hier bereits ausgeprägt. Folgende Biotopstrukturen der Tabelle 2 dominieren hier: Nr. 3, 8, 14 und 16.

Zu Reliefteil 5: Die Muldenlagen sind meistens mit Gehölzen bewachsen,Tabelle 2 Nr.13,14,15 und 16. Durch Einsatz von Maschinen und Behutung sind sie teilweise zum Strukturtyp Tabelle 2 Nr. 3 umgewandelt worden. Die Artenzusammensetzung in den Enzian-Schillergras-Rasen ist ähnlich wie in Reliefteil 4, jedoch oft mit einer noch größeren Artenzahl.Als Konkurrenzarten treten hier besonders die Gehölze und die Fieder-Zwenke in Erscheinung. Die Heckenzüge haben als Brutplätze eine wichtige Bedeutung. Fieder-Zwenkenbereiche werden durch Mahd und Behutung zurückgedrängt.

Zu Reliefteil 6: Die Hangfüße im Bereich des Oberen Buntsandsteins sind ebenfalls arten- reich und enthalten für den Naturschutz wichtige Strukturen (Tabelle 2 Nr. 3, 8 und 12 bis 19). Die außerhalb des NSG liegenden Strukturen (Äcker, Wiesen und Weiden) wurden nicht untersucht.

Eine flächendeckende Zuordnung der Vegetation nach Biotoptypen und Nutzungen erfolgte nach Luftbildauswertung und Geländebegehungen (Stand 1.1.1988) und ist in der Tabelle 5 aufgeführt. Die artenreichen und wenig verbuschten Kalkmagerrasen haben nach dieser Vermessung (Tabelle 5,1.1 bis 3) 67 ha = 57 0/0 Anteil am Naturschutz. Durch Rückschnitt der Gehölze wurden diese Flächen in den Jahren 1988 und 1989 erweitert. Die großen Gebüsche und Heckenkomplexe haben einen Anteil von 17 ha =14 %. Bestandsbedrohte Pflanzenarten sind in den Hecken kaum enthalten. Für Vögel und Insekten sind diese aber ganz wichtige Biotoptypen. Die gesamte Gehölzfläche im NSG kann nur grob geschätzt werden, da eine genaue Erfassung bei lockerer Verbuschung nicht möglich ist. In derTabelle 5 errechnen sich die Gehölzflächen aus Wald (20 ha = 17%), Hecken (17 ha = 14 %) und Einzelgehölzen in Rasenflächen (etwa 6 ha = 5%). Die Gehölze nehmen eine Fläche von ca. 43 ha = 37 0/0 des NSG ein (Stand 1. 1. 1988). 118 Genauere vegetationskundliche Untersuchungen aus dem NSG Dörnberg wurden von GLAVAC, HAKES und SCHLAGE veröffentlicht (s. Lit.). Die Beurteilung der Gehölze im NSG Dörnberg erfolgte im Rahmen der vorliegenden Arbeit nach ornithologischen Gesichts- punkten. Genauere großflächige Untersuchungen über Heckengesellschaften,wie sie z. Baus Bayern (REIF 1983 und 1985) veröffentlicht wurden, sind aus Nordhessen nicht bekannt. Eine Bewertung aller Hecken nach Struktur und Funktion mit verschiedenen Verfahren, wie sie z. B. von der AKADEMIE FÜR NATUSCHUTZ UND LANDSCHAFTSPFLEGE (1982) veröffentlicht wurde, konnte aus Zeitgründen nicht erfolgen.

5.2 Auswertung der Vogelbestandserfassungen Die im NSG brütenden Vogelarten benötigen als Nistplatz fast ausschließlich Gehölze. Bei einer Bewertung muß deshalb eine starke Differenzierung nach Gehölzart und -strukturvorge- nommen werden, um Bereiche mit unterschiedlicher Eignung als Bruthabitat erkennen und beschreiben zu können. Häufigste Gehölzart ist in den meisten Magerrasenbereichen der Gewöhnliche Wacholder (GLAVAC & SCHLAGE 1978). Auf Flächen, auf denen im NSG in der lockeren Strauchschicht fast ausschließlich Wacholdervorkommen, konnte keine hohe Vogel- siedlungsdichte festgestellt werden. In dem Gehölz mit den stechenden Nadeln brüten offen- sichtlich nur wenige Arten. Der Wacholder ist Charakterart des Biotoptyps Wacholderhuten (Tabelle 6, B). I m Schutz des Wacholders wachsen Laubgehölze auf, die langfristig die Biotop- struktur verändern und zum Biotoptyp Heckenkomplexe (Tabelle 6, C) überleiten.

Drei Straucharten, die für den Vogelschutz die höchste Bedeutung haben, sind nach dem Wacholder im NSG am häufigsten: Rose, Scharzdorn und Weißdorn. Die Aufgliederung der Sippen Rose und Weißdorn in Arten, Unterarten und Bastarde wird hier nicht näher berück- sichtigt, da hierzu keine quantitativen Untersuchungen vorliegen. An den Laubholzsträuchern haben die drei Sippen einen etwa gleichen Anteil von zusammen über 80 0/0 und bilden vor- wiegend den Biotoptyp Heckenkomplex und Baumhecke (Tabelle 6, C und D). Die weiteren Straucharten haben im NSG Dörnberg eine untergeordnete Rolle, sowohl als Nistplatz als auch in der Häufigkeit ihres Vorkommens: Roter Hartriegel, Gemeiner Schneeball, Liguster, Echter Kreuzdorn, Gemeine Haselnuß, Schwarzer Holunder und Heckenkirsche. Die Hecken- kirsche ist im Unterholz des Kiefernwaldes stellenweise dominant und hier wichtigster Brut- platz für Freibrüter. In den Baumhecken sind folgende Baumarten vertreten: Eberesche, Esche, Rotbuche,Wilder Birnbaum,Vogelkirsche, Stiel-Eiche, Birke und Sal-Weide. In Waldnähe dominiert in Hecken- bereichen örtlich Kiefer oder auch Fichte. Die Kartierung der Vögel in den dichten Gehölzbe- reichen außerhalb des Waldes ergibt eine Siedlungsdichte von 150 Paaren je 10 ha. Dies entspricht dem dreifachen des Gebietsdurchschnitts und dem 7,5-fachen der locker verbuschten Flächen mit Wacholdern und kleinen oder wenigen Sträuchern (Biotoptyp B = Wacholderhuten). Die Baumhecke hat die höchste Siedlungsdichte (Tabelle 6, D und Tabelle 2 Strukturtyp 15). Diese Berechnung entspricht allerdings nicht den Kriterien der Siedlungs- dichteuntersuchungen, da meist nur bandartige Gehölzstrukturen mit Gesangsplätzen erfaßt sind und benachbarte Nahrungshabitate, die diese Vogelarten in dem Biotoptyp Wacholder- huten haben, flächenmäßig nicht berücksichtigt sind. DerWald liegt mit einer Siedlungsdichte von 63 Brutpaaren pro 10 ha ca. 50 0/0 über dem Durchschnitt der großräumigen Waldunter- suchung von NITSCHE in LUCAN u. a. (1974) von 450 ha Laubmischwald. Die hohe Siedlungs- dichte in dem Nadelwald ergibt sich durch den hohen Anteil von Waldrändern, die in dieser Erfassung mit berücksichtigt wurden. Die Vogelarten des Waldrandes haben ihre Nahrungs- habitate ebenfalls teilweise im Biotoptyp B (Wacholderhuten). Im Zentrum des Nadelwaldes am Nordhang des NSG (mit lockerem Unterwuchs) beträgt die Siedlungsdichte nur 30 Brut- 119 paare je 10 ha. Die absolut niedrigste Vogelsiedlungsdichte im NSG wurde in der Nähe des Parkplatzes auf Magerrasen mit sehr geringerVerbuschung, hoher Wegedichte und stärkstem Besucherdruck (mit Hunden!) mit 10 Brutpaaren je 10 ha ermittelt. Die Durchschnittswerte der Siedlungsdichten in teilweise verbuschten Magerrasen zeigt die nachfolgende Aufstellung mit den Gebieten Nr. 1 bis 5. Zum Vergleich sind unter Nr. 6 eine Untersuchungsfläche mit unterholzreichem Kiefernwald bei Wolfhagen und unter Nr. 7 eine Untersuchungsfläche mit vorwiegend Buchenwäldern bei Grebenstein aufgeführt.

Nr. Gebiet ha Reviere Abundanz Jahr Beobachter BP BP/10 ha 1 Dörnberg/Zierenberg 117 586 50 1988 NITSCHE 2 Wünne-Gerstenberg/Wolfh. 10 53 53 1983 LUCAN 3 Dörneberg/Wolfhagen 25,5 169 66,3 1984 LUCAN 4 Hute vor dem Bärenberg/ Wolfh.-Altenhasungen 20 166 83 1988 LUCAN 5 Festberg/Wolfhagen 15 65 44 1988 LUCAN 6 Ofenberg/Wolfhagen 80 283 35,4 1980 LUCAN 7 Langenberg/Grebenstein 450 1 941 43 1972 NITSCHE

Die Brutpaarzahl der einzelnen Arten kann jahrweise sehr schwanken. Die Untersuchungen auf einer Probefläche im NSG Dörnberg (1972,1982 und 1988) in Tabelle 4 belegen dies vor allem bei den Arten Zilpzalp, Baumpieper, Hänfling, Singdrossel und Grünling. Die Ursache der Schwankungen bei diesen Arten ist sicher nicht mit Strukturveränderungen zu erklären. Hier müssen Umwelteinflüsse, wie sie in Abschnitt 2.4 aufgelistet sind, die Bestandsschwan- kungen der Arten verursacht haben.

5.3 Bewertung der Umweltfaktoren Von den Umweltfaktoren, die in Abschnitt 2.4 aufgeführt sind, konnten nur einige in ihrer Auswirkung auf die Vogelbestände durch Beobachtungen geprüft werden. Windgeschützte, besonnte Lagen in Mulden mit frischen Böden hatten bei entsprechendem Brutplatzangebot (Dornenhecken) die höchste Siedlungsdichte. Bemerkenswert ist die Beobachtung, daß im engeren und weiteren Umkreis von Elsternbrutplätzen auch gleichzeitig hohe Vogelsiedlungs- dichten festgestellt wurden. In den Dornensträuchern sind die Singvögel vor der Elster offen- sichtlich gut geschützt. Drei Dorngrasmücken- und zwei Rebhuhnpaare siedelten im Randbereich zu Großvieh- weiden, eine Dorngrasmücke am Ackerrand. Direkte Störungen durch Menschen konnten nicht nachgewiesen werden. Der Einfluß der Hunde im offenen Gelände in Parkplatznähe ist sehr deutlich und durch die extrem niedrige Siedlungsdichte belegt.Auf den anderen Flächen im NSG Dörnberg sind Vögel wie auch Wild durch die Dornenhecken gut geschützt (belegt auch durch die Aussagen der Jagdausübungsberechtigten). Die Anpassung der wichtigsten Vogelarten an bestimmte Strukturen ist durch die Tabelle 7 hervorgehoben. Bedeutsam ist das Vorkommen der Kohlmeise in reinen Heckengebieten ohne Baumhöhlen.Von 19 Gesangsplätzen waren nur 4 im Nahbereich von älteren Bäumen mit Höhlen. Biotope mit feuchtezeigenden oder ruderalen Pflanzen sind nur sehr kleinflächig vorhanden. Die an diese Biotope angepaßten Vogelarten sind daher im Gebiet nicht anzu- treffen. Arten, die Feuchtstellen und Wasserflächen gern nutzen oder sich in ihrer Nähe ansie- deln, sind z. B. Zaunkönig, Star und Blaumeise. Die im Gebiet nachgewiesenen Brutpaare dieser Arten können Wasserstellen außerhalb des NSG (Heilerbachtal und Quellbereich in Großviehweide) erreichen. 120

6. Beziehungen zwischen Vogelgemeinschaften und Vegetationskomplexen

6.1 Definition von Avizönose Die Gesamtheit aller Vögel eines Biotopes (Lebensstätte) wird als Avizönose (Vogelgernein- schaft) bezeichnet (SEITZ 1988), die ein Teil der Biozönose (Lebensgemeinschaft) ist. Mit Hilfe der standortsgebundenen (stenöken) Arten können Vogelgemeinschaften bestimmten Biotopen zugeordnet werden. Ähnlich wie in derVegetationskunde können die Vogelarten,die in einem Biotop ihren Verbreitungsschwerpunkt haben, als Charakterart (Kennart) bezeichnet werden, wenn dieser Schwerpunkt für einen großen Raum durch Stetigkeit (Präsenz) bzw. Häufigkeit (Abundanz) belegt ist. Bei fehlender „Eichung" des Treuegrades wird von Leitart oder Leitform gesprochen, wenn eine Art die höchste Präsenz in einem Biotop aufweist. Ais Differential- oder Trennarten werden Arten bezeichnet, die in einer bestimmten Ausbildungs- form eines Biotoptypes vorkommen, sonst aber auch in anderen Biotopen anzutreffen sind (s. Abb. 6 und Tabelle 7). Die nachfolgend dargestellten Vogelgemeinschaften (Avizönosen) wurden aus den Sied- lungsdichteuntersuchungen im NSG Dörnberg (117 ha) und ähnlich strukturierten Biotopen aus dem Kasseler Raum zusammengestellt. Diese Untersuchungen wurden vorwiegend von LUCAN und NITSCHE in den Jahren 1971 bis 1989 durchgeführt. Die Darstellung der Ergeb- nisse orientiert sich an der Veröffentlichung von SEITZ (1988) über Untersuchungen aus dem südwestdeutschen Hügelland. Hier wurden die festgestellten Avizönosen als „Vogelgruppen" beschrieben. Die Bezeichnung Vogelgruppe wird nachfolgend verwendet und ist als oberste systematische Einheit der Avizönosen aufzufassen. In der Vegetationskunde bezeichnet ELLENBERG (1986) die obersten acht Einheiten ebenfalls als Gruppen, die aber von der Artenzusammensetzung und der Struktur nicht den Vogel-Gruppen in den Avizönosen gleich- zusetzen sind. Die Vegetationseinheiten werden innerhalb der acht Gruppen in Klassen, Ordnungen, Verbände, Unterverbände, Assoziationen und Subassoziationen untergliedert. Innerhalb der Avizönosen ist eine derartig feine Untergliederung sicher nicht möglich. In der

Charakterart Gruppe I Gruppe II mit Treuegrad: Unter- Unter- Unter- Unter- gruppe 1 gruppe 2 gruppe 3 gruppe 4

Charakterart von treu IMM Untergruppe 1 Charakterart von treu Gruppe 1 im Bezug auf dar- vag gestellte Gruppe

Diff. Diff. Art von lh u. 3/4

Die Balken geben das Vorkommen oder Fehlen einerVogelart in der Gruppe oder Unter- gruppe an.

Abb. 6: Entwurf für die Bestimmung von Charakter- und Differentialarten in Vogelgruppen und -untergruppen als Avizönosen unterschiedlicher Rangstufen 121 Vogelkunde ist ein Gliederungssystem von Avizönosen mit unterschiedlichen Rangstufen noch nicht entwickelt worden. Zur Untergliederung der Gruppe wird hier der Begriff Unter- gruppe verwendet.

6.2 Feldlerchen-Gruppe Die Gruppe kommt in der offenen, strukturarmen Kulturlandschaft vor, in der Äcker und Grün- länder dominieren. Die Gruppe ist von anderen durch das Vorkommen und die Dominanz der Feldlerche klar abgegrenzt.Auf Huten und Graswegen im Raum Kassel kann derWiesenpieper in der Häufigkeit an zweiter Stelle stehen. Weiterer Brutvogel ist das Rebhuhn und häufigster Nahrungsgast die Rabenkrähe. Seltene Brutvögel mit wenigen Paaren sind Wachtel und Kiebitz. Die Feldlerchen-Gruppe könnte z. B. in eine Feldlerchen-Wiesenpieper-Untergruppe und eine Feldlerchen-Untergruppe unterteilt werden, da der Wiesenpieper nur in bestimmten Strukturen der Feldlerchen-Gruppe vorkommt.

6.3 Hänfling-Gruppe Die Hänfling-Gruppe ist im Landkreis Kassel offensichtlich charakteristisch für Biotope mit niedrigen Kleinstrukturen und Nadelhölzern. Im NSG Dörnberg ist der Hänfling in Bereichen mit Wacholdern nach der Goldammer häufigster Vogel, in 1 bis 4 Meter hohen Fichtenkulturen im Reinhardswald nach Baumpieper mit Fitis häufigerVogel (NITSCHE in LUCAN u. a.1974). In Kleinstrukturen der offenen Feldlandschaft kann vor dem Hänfling die Dorngrasmücke als charakteristischer Vogel festgestellt werden (LUCAN u. a. 1974). Die Bildung der Dorngras- mücken-Gruppe könnte danach für Kleinstrukturen in der offenen Feldlandschaft vorgesehen werden. Die von SEITZ (1988) genannte Gruppierung Hänfling-Girlitz-Hausrotschwanz ist im Raum Kassel in nadelholzreichen neueren Siedlungen anzutreffen.

Tabelle 7: Die von den wichtigsten Vogelarten bevorzugten Gehölzstrukturen in Magerrasen

Arten Bevorzugte Strukturart Baum- Hecken kleine, lockere, Extensiv- hecken dichte kleine weide, Gebüsche Strauch- Brache über 100 nn2 über 100 m2 gruppen Feldlerche 11111111111IIII Wiesenpieper 111111111111111 Goldammer 1111111111111111111111111111111111111111111 11111111111111************ Hänfling ************11111111111111 Fitis 11111111111111 11111111111111 ******* ***** Zilpzalp 11111111111111 11111111111111************ Heckenbraunelle 11111111111111111111111111111************ Gartengrasmücke 11111111111111111111111111111 Mönchsgrasmücke 11111111111111111111111111111******* Dorngrasmücke) —*****I 11111 11111111 Klappergrasmücke I11111111111111************ Zaunkönig Elster 11111111111111111111111111111 Singdrossel 111111111111111******************* Amsel 1111111111111111111111111111111111111 Buchfink 11111111111111 1111111 Neuntöter 11111111111111 11111111111111111111111111111 Kohlmeise 111111111111111************ Rotkehlchen ****** ***** ********** Zeichenerklärung: Präferenzbereich 1111111 1111 1) in Randbereichen zu Huten Toleranzbereich *********

122 6.4 Grasmücken-Gruppe SEITZ (1988) hat in dieser Gruppe eine große Zahl von Freibrütern, die in Gehölzen und Kraut- fluren brüten, eingeordnet. Häufigste Art ist hier, ähnlich wie bei der Hänfling-Gruppe, in der freien Landschaft im Raum Kassel meist die Goldammer, die aber wegen ihrer geringen Biotopbindung nicht als Charakterart einzustufen ist. Im NSG Dörnberg waren in den Biotopen mit größeren Hecken und Baumhecken Fitis, Zilpzalp und Heckenbraunelle nach der Goldammer am häufigsten. Der Name Laubsänger-Grasmücken-Gruppe wäre für Hecken und Baumhecken im Raum Kassel bezeichnender.

6.5 Weitere Gruppen SEITZ (1988) hat weitere Gruppen besprochen, aber nicht klar abgegrenzt. Aus Naturschutz- gründen ist es sicher zeckmäßig, weitere Gruppen und Untergruppen zu beschreiben, insbe- sondere auch bei der Erarbeitung von Avifaunen. Die großflächigen Untersuchungen von BLAB u. a. (1989) über das Drachenfelser Ländchen geben hierfür wertvolle Anregungen.

6.6 Vorschlag zur Gliederung des Kasseler Raumes in Avizönosen

Als Arbeitsgrundlage werden hier zunächst 13 Vogel-Gruppen aufgelistet. In welchem Umfang Gruppen zusammenzufassen und Untergruppen zu bilden sind, müssen weitere Untersu- chungen (Literaturauswertung und Geländearbeit) zeigen. Ähnlich wie in der Vegetations- kunde werden die Einheiten nicht immer klarvoneinander abgrenzbarsein.Auf gleicherFläche werden sich verschiedene Gruppen überschneiden. Erst durch großräumige Vergleiche aus mehreren Ländern können Gruppierungen als gesetzmäßig herausgearbeitet werden. Hierbei ist sicher zu erwarten, daß die Gruppierungen in derArtenzusammensetzung in den verschie- denen Naturräumen voneinander abweichen. Eine Aufgliederung bietet sich besonders bei der Feldlerchen-Gruppe und der Buchfinken-Gruppe an. Bei der Gruppierung muß Wert darauf gelegt werden, daß Naturkundler und Planer ohne zeitaufwendige Einarbeitung in komplizierte Zusammenhänge mit einem Gliederungssystem arbeiten und möglichst viele Vogelbeobachtungen nach dieser Gruppierung sortiert und ausgewertet werden können.

Avizönosen (Vogelgemeinschaften) im Raum Kassel

1. Feldlerchen-Gruppe offene, gehölzfreie Kulturlandschaft, Äcker und Grünländer 2. Dorngrasmücken-Gruppe Saumbereiche zwischen offener Kulturlandschaft und Gehölzstrukturen und Kleinstruk- turen in Benachbarung von Feldern 3. Hänfling-Gruppe strukturreiche Kulturlandschaft mit niedrigen oder kleinen Gehölzen (Wacholderhuten u. a.)

4. Laubsänger/Grasmücken-Gruppe Hecken über 100 qm Größe 5. Wacholderdrossel-Gruppe Ufergehölze, Feldgehölze, Waldränder, Parkanlagen

6. Gartenrotschwanz-Gruppe Obstwiesen 123 7. Gelbspötter-Gruppe Bachgehölze

8. Haussperling/Amsel-Gruppe Siedlungen

9. Sumpfrohrsänger-Gruppe Hochstaudenfluren, Großseggenbestände

10. Teichrohrsänger-Gruppe Röhrichte

11. Stockenten-Gruppe stehende Gewässer

12. Wasseramsel-Gruppe Fließgewässer

13. Buchfinken-Gruppe alle Waldgebiete

7. Vorschläge für Pflegemaßnahmen in Magerrasengebieten

Bei Pflegemaßnahmen in Magerrasengebieten ist darauf zu achten, daß möglichst viele Struk- turtypen nebeneinander vorhanden sind und eine zeitliche und räumliche Ordnung der Pfle- geflächen unter ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten eingehalten wird, um die große Zahl der Magerrasenflächen arbeitsmäßig überhaupt bewältigen zu können. Zur Über- sicht werden nachfolgend grundsätzliche Vorschläge nach sieben Pflegetypen von jeweils 1 ha in der Abb. 3 und die auf diesen Flächen vorzusehenden Strukturtypen der Tabelle 2 beschrieben.

1. Standweide mit intensiver Beweidung (Pflegetyp 1 mit Strukturtyp 1) ist in Magerrasen nicht anzustreben. Standweide mit extensiver Beweidung (Pf legetyp 1 mit Strukturtyp 2) kann als Feldlerchen/Wiesenpieperbiotop mit Rebhuhn-Vorkommen eine wichtige Funktion für den Artenschutz haben. In Randzonen sind Gehölze mit den Strukturtypen 11 bis 16 für die Artenvielfalt schutzwürdig. Für Gehölze könnte ein Anteil von 10 bis 15% je nach Schutzziel vorgesehen werden. Eine zeitliche Einschränkung der Beweidung oder Nutzung als Mähweide kann aus ökologischen Gründen zweckmäßig sein.

2. Für Huten gelten ähnliche Überlegungen wie für Standweiden (geringe Besatzdichte und geringer Gehölzanteil). Wichtig ist hier die zeitliche und räumliche Lenkung nach der Ziel- setzung aus Artenschutzgründen (NITSCHE 1988 a bis d). Pferche (Biotoptyp 4) sind möglichst außerhalb der Magerrasen anzulegen.

3. Die Gehölze in den Pflegetypen 2 bis 7 zeigen unterschiedliche Strukturen hinsichtlich Gehölzprozentanteil mit jeweils 1%, 10% und 40% mit lockerer Verbuschung (Hänfling/ Goldammer-Gruppe) und dichterVerbuschung (Grasmücken/Laubsänger-Gruppe). Meist sind diese Typen durchmischt. Pflegetyp 4 und 5 haben einen optimalen Gehölzanteil von 10 0/0, eine Durchmischung dieser beiden Typen wäre anzustreben. Durch eine Pflege mit Maschinen in größeren Zeitabständen und jährliche Hute lassen sich diese Bereiche er- halten. Die Pflegetypen 2 und 3 haben einen zu geringen Gehölzanteil (Anpflanzungen oder Benjeshecken „BEN,JES 1986" wären zu planen). Pf legetyp 6 und 7 haben einen zu hohen Gehölzanteil von 40 0/0. Typ 6 ist durch starke Gehölzverdichtung kaum mehr beweidbar. 124 Der Typ 6 kann auf 10% der Fläche über Sukzession dichte Heckenkomplexe (wie Typ 5) erhalten, auf der Restfläche kann durch Pflege mit Maschinen in mehrjährigen Abständen der Gehölzbestand so verdünnt werden, daß vorwiegend Strukturen wie in Typ 4 entstehen. Grundsätzlich sollten bei diesen Pflegearbeiten auch Brachen mit lockerer Verbuschung auf ca. 10% der Flächen verbleiben (Tabelle 2, Strukturtyp 5 und 8).

4. Bei großen geschlossenen Gehölzkomplexen (Pflegetyp 7) ist zu entscheiden, ob eine Pflege aus Kostengründen noch vertretbar ist oder eine Sukzession zum Wald anzustreben ist. Die Entscheidung muß nach der Darstellung des potentiellen Artenbestandes nach der Pflege bzw. dem ehemaligen Artenbestand der Fläche entschieden werden.

Im NSG Dörnberg wurden bisher vorrangig Bereiche mit niedrigen Schwarzdornverbu- schungen (Strukturtyp 14) und Kiefernverwaldungen (Strukturtyp 16) durch Rückschnitt der Gehölze und Abtransport des Schnittgutes gepflegt. Der entstandene Strukturtyp 3 (Hute mit geringem Anteil von Altgras) brachte für viele bestandsbedrohte Arten eine Verbesserung der Standortverhältnisse; gleichzeitig wurden Huteflächen arrondiert.

Die Pflegemaßnahmen wurden zur besseren Übersicht zunächst kleinflächig an Strukturtypen und auf 1 ha an Pflegetypen dargestellt. Für eine kostengünstige Landschaftspflege ist die Flächenausstattung möglichst großflächig zu wählen. Auf 1 ha lohnt sich in der Regel eine Beweidung nicht. Die Biotoppflege kann hier durch mechanischen Einsatz besser gelenkt werden. Schäfereibetriebe benötigen Flächen von mindestens 10 ha Größe für eine Herde. Optimal sind zusammenhängende Flächen von 50 bis 200 ha. Auf derartig großen Flächen können sehr unterschiedliche Biotoptypen mit dem geringsten Kosteneinsatz je Flächenein- heit gepflegt werden. Weitere Erfahrungen über Pflegemaßnahmen im Raum Kassel wurden von NITSCHE (1988 a bis d) beschrieben.

8. Zusammenfassung

Die vorliegende Untersuchung hat das Ziel, das Vorkommen von Vogelarten und Vogelgemein- schaften in bestimmten Biotoptypen mit 22 verschiedenen Strukturtypen in Raumeinheiten qualitativ und quantitativ zu erfassen. Verschiedene Methoden der Bestandsaufnahme von Arten, Gesellschaften und Biotopstrukturen im Naturschutz, der Vegetationskunde und der Vogelkunde werden beschrieben und die Auswertung der Erfassungsergebnisse für den Arten- und Biotopschutz und für Pflegemaßnahmen besprochen und bewertet. Wichtigstes Anliegen der Untersuchung ist die Sammlung von Grundlagen zur Beschreibung von Avizö- nosen, um bei der Erstellung von Avifaunen und bei Naturschutzplanungen Arbeitshilfen zu bekommen.

Die akutellen Untersuchungen erfolgten im Jahr 1988 auf 117 ha im Naturschutzgebiet Dörn- berg bei Zierenberg. In Magerrasen mit unterschiedlichen Verbrachungs-,Verbuschungs- und Verwaldungsstadien und Nutzung durch Großvieh, Schafe und Ziegen wurden 586 Vogel- reviere in sechs verschiedene Biotoptypen gegliedert. Von den die Siedlungsdichte beeinflussenden Faktoren werden Relief, Boden, Klima, Magerrasen, Gehölzarten und -struk- turen sowie Nutzungen qualitativ und quantitativ erfaßt und in Tabellen und Abbildungen dargestellt und mit Untersuchungen aus anderen Gebieten verglichen. DerVorschlag zu einer Aufteilung des Kasseler Raumes in Avizönosen als Ordnungssystem für Vogelsiedlungs- dichteuntersuchungen wird aus Untersuchungen und Literaturauswertungen hergeleitet. 125 9. Danksagung

Herr VOLKER LUCAN hat für die Arbeit unveröffentlichte Siedlungsdichteuntersuchungen aus mehreren Gebieten und verschiedenen Jahren zur Verfügung gestellt. Die Tabellen, Abbildungen und Texte wurden von meiner Frau Sieglinde in Reinschrift gebracht. Ohne diese Hilfen wäre die Bearbeitung des Themas kaum möglich gewesen. Für die Unterstützung danke ich ganz herzlich.

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Anschrift des Verfassers: LOTHAR NITSCHE, Danziger Straße 11,3501 Zierenberg

Neue Literatur

RUGE, K. (1989): Vogelschutz - Ein praktisches Handbuch. 128 S., 55 Farbfotos, 30 s/w- Zeichnungen, Ravensburger Buchverlag. Wenn auch heute im Rahmen des Vogelschutzes der Biotopschutz als vorrangig anzusehen ist, so werden die „klassischen"Vogelschutzmaßnahmen nicht überflüssig, sondern bilden auch weiterhin eine wesentliche Säule auf diesem so wichtigen Arbeitsgebiet. Das in der Reihe „Natur erleben" erschienene Buch vermittelt eine umfassende Darstellung zum Bau und zur Anbringung von Nistkästen (mit detaillierten Konstruktionszeichnungen), einen Aufgaben- katalog für Vogelschutzgruppen, sowie Hilfsmöglichkeiten für Vögel in Haus und Garten,Wald und Flur. Die Anschriften derVogelschutzwarten und Vogelwarten,einiger Nistkästenhersteller und Vogelschutzorganisationen geben dem Leser die Möglichkeit, mit diesen Institutionen in direkten Kontakt zu treten. Eine Literaturauswahl und ein Register beschließen das Buch. Ein sehr instruktiver Band für alle, die aktiven Vogelschutz betreiben wollen. W. KEIL

128 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 129 -131 (1990)

Das Investitionsprogramm Naturschutz von KLAUS-ULRICH BATTEFELD, Wiesbaden

Im Haushaltsplan des Landes Hessen für dasJahr1989 waren, ähnlich wie in denJahren zuvor, 3,5 Mio. DM für die Ausführung des hessischen „Programms zur Schaffung und Sicherung naturnaher Lebensräume" veranschlagt. Wie der Name schon sagt, sollen diese Mittel nicht für Pflegezwecke sondern für Investitionsmaßnahmen im Naturschutz verwendet werden; daher auch die landläufige Bezeichnung „Investitionsprogramm Naturschutz".Typische Maßnahmen im Rahmen dieses Investitionsprogrammes sind:

1. Anlage von Flachwasserteichen und Feuchtwiesen für wassergebundene Tier- und Pflanzenarten (z. B. Amphibientümpel);

2. Schaffung von Kleinbiotopen, Feldholzinseln, Windschutzpflanzungen; 3. Investitionen für Uferbepflanzungen;

4. Maßnahmen des angewandten Artenschutzes, insbesondere Maßnahmen zur Sicherung vom Aussterben bedrohter Kleintierarten (z. B. Vergitterung von Fledermausstollen);

5. Erschließung und Entkusselung von Kalkmagerrasen-Standorten. In vertrauensvoller Zusammenarbeit zwischen ehrenamtlichem und amtlichem Naturschutz konnten in den letztenJahren eine große Zahl wichtiger Investitionsmaßnahmen zugunsten der Natur mit diesen Mitteln realisiert werden. Die Erfahrung der letzten Jahre hat jedoch auch gezeigt, daß vielfach Maßnahmen nicht in das Programm aufgenommen werden konnten, da die von den Kräften des ehrenamtlichen Naturschutzes vorgeschlagenen Projekte nicht präzise genug vorbereitet waren. Nachfolgend einige Hinweise,wie die Chancen für die Durch- führung eines Projektes im Investitionsprogramm gesteigert werden können:

Antragsunterlagen

Vollständige Antragsunterlagen verkürzen Wartezeiten, da unnötige Unklarheiten und Rück- fragen vermieden werden. Folgende Antragsunterlagen sollten auf jeden Fall vorgelegt werden:

1. Formblatt „Erhebungsbogen für ... Investitionsprogramm" (Best. Nr. der Landesbe- schaffungsstelle 9.491), erhältlich bei Forstämtern oder Oberen Naturschutzbehörden,

2. ein kurzer Erläuterungsbericht, 3. ein detaillierter Kostenvoranschlag.

4. Übersichtsplan im Maßstab 1 : 25.000 (Ausschnitt aus dem Meßtischblatt) sowie ggfs. Flur- kartenausschnitt mit Einzeichnung des Vorhabens.

Planungsarbeiten

Wenn die Vorarbeiten und Planungen bereits erfolgt sind, steigen selbstverständlich die Chancen der Finanzierung der Maßnahme. Der Umfang der erforderlichen Planungen ergibt 129 sich einerseits aus der Art des Projekts und andererseits aus dem Erhebungsbogen. Für Pflanzungen sind erfahrungsgemäß weniger detaillierte Pläne erforderlich als für den Bau eines Bewässerungssystems. Grundsätzlich gilt:

• Auszufüllen ist auf dem Erhebungsbogen so viel wie möglich. Keine Aussicht auf Erfolg haben Anträge, bei denen die Einverständniserklärung des Eigentümers fehlt. Ebenso müssen unbedingt die Lagebezeichnungen vollständig wiedergegeben werden.

• Die erforderlichen behördlichen Genehmigungen (Ausnahmegenehmigungen z. B. in Wasser- oder Landschaftsschutzgebieten, ggfs. naturschutzrechtliche Eingriffsgenehmi- gung, Baugenehmigung, Aufforstungsgenehmigung etc..) sollten soweit wie möglich vorbereitet sein. Auch wenn keine besonderen Genehmigungen erforderlich sind, erscheint es sinnvoll, vorher einen Blick in den Flächennutzungsplan der Gemeinde zu werfen. Es wäre schade, wenn frisch gepflanzte Windschutzstreifen zwei Jahre später einem lange vorbereiteten Bebauungsplan einer Gemeinde zum Opfer fielen. Im Zweifels- fall die erforderlichen Genehmigungen mit Unterer Naturschutzbehörde und/oder Forstamt besprechen.

• Es sollte eine möglichst detaillierte Kostenplanung vorliegen, bei der die unterstellten Kostensätze je Mengeneinheit erkennbar sind (z. B. DM/Kubikmeter Aushubmaterial).

Abstimmung

Je nach Umfang der Arbeiten sollten diese mit der örtlichen Gemeinde, Unteren Naturschutz- behörde, Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung (ALL) und Forstamt abgestimmt sein.

Darüber hinaus erscheint es sinnvoll, wenn Investitionsmaßnahmen auf Gemeinde- oder Kreisebene innerhalb der Naturschutzverbände beraten werden. Hierdurch wird nicht nur der wichtige Informationsaustausch über die Aktivitäten der Verbände gefördert, sondern gleich- zeitig unnötige Doppelarbeit vermieden.

Auch eine Einbindung in andere öffentliche oder private Aktivitäten sollte angestrebt werden. Es bietet sich geradezu an, Investitionsmaßnahmen für den Naturschutz bereits im Rahmen des Landschaftsplanes einer Gemeinde oder bei der Aufstellung des Wege- und Gewässer- planes in einem Flurbereinigungsverfahren mit vorzusehen. Eine Bachuferbepflanzung im Rahmen des Investitionsprogramms könnte aber z. B. auch ein guter Anlaß sein, um den örtlichen Jagdpächter zur Anlage eines nahegelegenen Windschutzstreifens zu animieren.

Anträge stellen

Die Anträge werden von den Oberen Naturschutzbehörden geprüft. Um einen örtlichen Bezug zu behalten, sollten die Anträge über das zuständige Forstamt oder ALL an die Obere Naturschutzbehörde eingereicht werden. Bei Flurbereinigungsverfahren ist Ansprechpartner das Amt für Landwirtschaft und Landentwicklung. Darüberhinaus ist es sehr wichtig, mit entsprechendem zeitlichen Vorsprung den Antrag zu stellen. Anträge für das Jahr 1991 soll- ten z. B. spätestens bis zum Herbst 1990 bei der Oberen Naturschutzbehörde eingegangen sein. 130 Mittelzuteilung

Bei der Vielzahl von Anträgen ist es möglich, daß einzelne Maßnahmen wichtiger sind als andere. Es ist daher nicht auszuschließen, daß eine Maßnahme zurückgestellt werden muß, wenn nicht genügend Haushaltsmittel zurVerfügung stehen. Handelt es sich in diesen Fällen um besonders eilbedürftige Maßnahmen, sollte parallel versucht werden, andere „Sponsoren" zu finden.

Anschrift des Verfassers: K.-U. BATTEFELD, Hess. Ministerium für Landwirtschaft, Forsten u. Naturschutz, Abt. V, Hölderlinstraße 1-3, 6200 Wiesbaden

Neue Literatur

RUTSCHKE, E. (1990): Die Wildenten Europas. - 368 S., 28 Farbtafeln, 49 Fotos, 96 Zeich- nungen, 42 Karten, 24 Tabellen, Aula Verlag, Wiesbaden.

Es existiert kaum ein Gewässer, welches nicht von Enten bewohnt wird. So gibt es Arten, die relativ geringe Ansprüche an den Lebensraum stellen und daher sehr häufig anzutreffen sind, und solche, deren Vorkommen an ganz bestimmte Flächen gebunden ist. Zu den ersteren gehört z. B. die Stockente, die von der Meeresküste bis zum städtischen Weiher alle nur möglichen Wasserflächen besiedelt. Im allgemeinen Teil des Buches wird die Biologie dieser wasserbewohnenden Vogelarten ebenso eingehend dargestellt wie Populationsökologie und Enten als nutzbares Wild. Auch ein Abschnitt über Schutz- und Hegemaßnahmen wurde nicht vergessen. Der spezielle Teil behandelt nicht nur die Brutvogelarten (Kennzeichen, Beschrei- bung, Brutverbreitung, Lebensraum, Nahrung, Brutbiologie, Bestand, Wanderungen, Überwin- terung), sondern auch die Gelegenheitsgäste und Zooflüchtlinge. Ein 23seitiges Literaturver- zeichnis und ein Register beschließen den umfangreichen Band. DerText wird durch Farbfotos, Verbreitungskarten und Tabellen ergänzt. Wie schon das vom selben Autor verfaßte Buch über die Wildgänse Europas, kann auch die vorliegende Publikation als eine sehr gelungene Darstellung der europäischen Enten angesehen werden. Ein Nachschlagewerk, welches jedem Ornithologen und Naturfreund empfohlen werden kann. W. KEIL 131 Neue Literatur

BRU UN, B., H. DELIN & L. SVENSSON (1990): Der Kosmos-Vogelführer. - B. völlig neubearb. Auf lage, 320 S., 2175 Farbdarst.,163 siwZeichnungen,465 Verbreitungskarten, Franckh- Kosmos Verlags-GmbH & Co. Stuttgart. Nach vier Jahren präsentiert sich der Kosmos-Vogelführer nicht nur mit einer neuen Vogelart (Pirol) auf der Titelseite, sondern es firmieren auch zwei neue Co-Autoren (DELIN & SVENSSON). Aber nicht nur äußerlich fanden Veränderungen statt. Die jetzt vorliegende 8. Auflage wurde von den beiden schwedischen Autoren völlig überarbeitet, ohne aber das bewährte Grundkonzept zu verändern. So wird es auch in Zukunft ein zuverlässiger und geschätzter Begleiter bei der Vogelbestimmung sein. W.KEIL

LANTER MANN , W. (1990): Großpapageien. -150 S., 15 Farbfotos, 39 Zeichnungen, 3 Sona- gramme, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. Stuttgart.

Großpapageien sind beliebte Hausgenossen, die nicht selten aus mangelnder Sachkenntnis „falsch" gehalten und betreut werden. In den Heimatgebieten sind fast alle Arten mehr oder weniger als bestandsbedroht eingestuft. Viele Arten dürfen nach dem Washingtoner Arten- schutzübereinkommen (Anhang I) überhaupt nicht und die dort nicht aufgeführten nur unter bestimmten Voraussetzungen gehandelt werden. Der Autor - Leiter des privaten Instituts für Papageienforschung in Oberhausen - versucht, aufgrund seiner vieljährigen Erfahrung mit diesen Vogelarten dem Leser eine „artgerechte" Haltung näher zu bringen. So werden in den einzelnen Kapitaln u.a. Systematik, soziales Verhalten, „Sprache", Brutbiologie, Mensch und Papagei sowie die Papageienzucht behandelt. Ein Literaturverzeichnis, eine Erklärung von Fachbegriffen und ein Register beschließen den Band. Das Studium des Buches sei nicht nur den Papageienhaltern, sondern auch denjenigen empfohlen, die sich ein solches Tier anschaffen wollen. Nicht wenige Interessenten dürften dann erkennen, daß es besser ist, von der Haltung eines Großpapageis Abstand zu nehmen. W. KEIL

HÖTKER, H. (1990): Der Wiesenpieper. -156 S., 87 Abb., Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 595, A. Ziemsen Verlag Wittenberg-Lutherstadt.

Der Wiesenpieper gehört in Hessen in die Kategorie 3 der „Rote-Liste"-Arten. Die Zahl der Brutpaare liegt bei rund 1000. Er ist Brutvogel der offenen Landschaft. So gehören Moore und Heiden ebenso dazu wie Feuchtwiesen, Kahlschläge und R uderalflächen. Selbst Böschungen an Eisenbahnlinien, Straßen, Kanäle, Kiesgruben und Tagebauflächen werden besiedelt. Wie so mancher anderer Art wird ihm nur relativ wenig Beachtung geschenkt. Die jetzt in der Reihe die Neue Brehm-Bücherei erschienene Monographie macht dies deutlich. In der für diese Buchreihe typischen Art hat der Autor neben seinen eigenen Untersuchungen auch alles Wissenswerte über diese Vogelart zusammengetragen, vorgestellt und analysiert. Eine gute Illustrierung, ein 71/2 seitiges Literaturverzeichnis und ein Register erleichtern die Lektüre. Ein Buch, das auch vielseitige Anregungen und Hinweise für das weitere Studium dieser Vogelart vermittelt. W. KEIL 132 Kleine Mitteilungen

„Steinkauz-Fernwanderer" aus dem Main-Kinzig-Kreis

Fernfunde von Steinkäuzen über 100 km sind überaus selten (s. Handbuch der Vögel Mittel- europas, Bd. 9: 513 - 514); dies gilt auch für die seit 1977 im Main-Kinzig-Kreis beringten Stein- käuze (ca. 600). Nur zwei Fernfunde über 100 km wurden bislang registriert. Beide Käuze wurden 1988 nestjung beringt und Anfang 1989 tot aufgefunden. Ein am 1.6.1988 bei Maintal-Bischofsheim nestjung beringter (4129568/Helgoland) Stein- kauz wurde nach ca. acht Monaten (am 8.2.1989) in einem Kamin der Stadt Forst bei Bruchsal in Nordbaden tot aufgefunden. Der Steinkauz legte eine Strecke von 114 km in südlicher Rich- tung zurück. Der am 10. 6.1988 bei Neuberg-Ravolzhausen nestjung beringte Kauz mit Ringnummer 4129627/Helgoland verendete am 25. 3. 1989 auf der A 30 bei Quendorf/Schüttorf im Reg.-Bez. -Ems (Straßenverkehrsopfer). Der Vogel lebte 9 1/2 Monate und entfernte sich 270 km von seinem Schlupfort; Zugrichtung NNW.

Anschrift des Verfassers: WERNER PETER, Hahnenkammstraße 12, 6463 Freigericht

Brutzeitbeobachtungen von Eulen in den Kreisen Lahn-Dill, Gießen und Limburg-Weilburg 1988 und 1989

1. Steinkauz - Athene noctua Das Untersuchungsgebiet umfaßt die Kreise Lahn-Dill, Limburg-Weilburg und den nördlichen Teil des Kreises Gießen mit einer Fläche von 2040 km2 (VEIT 1988). Zwei milde Winter in Folge begünstigten eine positive Entwicklung des Steinkauzbestandes.

Landkreis Anzahl der Brutpaare (BP) 1988 1989

Lahn-Dill 12 20 Limburg-Weilburg 16 20 Gießen (teilweise) 9 11

Insgesamt 37 51

Alle Bruten fanden in Nistkästen statt. Einzelvögel wurden 1989 in den Gemarkungen von Wetzlar-Nauborn, Heuchelheim, Limburg-Lindenholzhausen, Villmar-Weyer und Hünfelden- Nauheim festgestellt.

2. Schleiereule - Tyto alba Im Lahn-Dill-Kreis (Ehringshausen, Hüttenberg, Schöffengrund) brüteten 1988 drei Brut- paare. Im Jahre 1989 wurden sechs BP gemeldet. 133 3. Rauhfußkauz - Aegolius funereus Nach dem Bestandshoch im Jahr 1988 mit 35 Brutpaaren (davon 32 erfolgreiche BP mit ins- gesamt 160 Jungvögeln, d. h. durchschnittlich fünf Jungvögel je BP) wurden 1989 nur noch 15 BP im Lahn-Dill-Kreis (alle im Bereich des ehemaligen Dillkreises) registriert.

Literatur

SCHREITER, 0. & W. VEIT in VOGELKUNDLICHE BERICHTE LAHN-DILL (1988): Vogel- kundlicher Jahresbericht 1988, 3: 72 -74. VEIT, W. (1988): Die Bestandsentwicklung zweier Steinkauz-Populationen in den Kreisen Limburg-Weilburg, Lahn-Dill und Gießen von 1978 -1987. - Vogel und Umwelt 5: 87-91.

Anschrift des Verfassers: WALTER VEIT, Pfaffenrain 2, 6336 Solms

Neue Literatur

PRANGE, H. (1989): Der Graue Kranich. - 272 S., 108 Abb., 44. Tab., 2 Farbtafeln. Die Neue Brehm-Bücherei Nr.: 229, A. Ziemsen Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. - Vertrieb in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz: ESKABE GmbH Schönitz & Co KG, 8222 Ruhpolding. Wenn im Spätherbst die Kraniche in ihrem typischen Formationsflug - oft auch laut rufend - in Richtung Südwest Mitteleuropa auf ihrem Weg in das Winterquartier überqueren, so ist dies ein Naturereignis, welches niemand so schnell vergißt. Es ist daher nicht verwunderlich, daß diese Vogelart auch manch Wappen ziert und Landstriche ebenso nach ihr benannt sind wie Ortschaften. Selbst unsere große nationale Fluggesellschaft führt den Kranich in ihrem Emblem. Aber all dies kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß dieser Vogel als „vom Aussterben bedrohrauf der „Roten Liste" steht.Seine Lebensräume wurden in Mitteleuropa in erheblichem Maße zerstört, und dadurch ist der Brutbestand in diesem Teil Europas heute auf wenige Paare beschränkt. Neuere Bemühungen des Naturschutzes zur Biotoperhaltung bzw. -neugestaltung haben dazu geführt, daß eine Stabilisierung eingetreten ist und ein Aufwärts- trend sich abzeichnet. Die jetzt vorgestellte 2.völlig neu bearbeitete Kranich-Monografie macht alleine vom Umfang her deutlich, daß in den beiden letzten Jahrzehnten z.B.die Erforschung der Biologie und des Zuggeschehens deutlich verstärkt wurde (Literaturverzeichnis in der Erstauflage 51/2 und in der 2. Auflage 23 Seiten).Wie bei allen Monografien der „Neuen Brehm- Bücherei" wird der Leser u. a. über Systematik, Morphologie, Ethologie, Brutbiologie, Zug, Ökologie, Todesursachen und Schutzmaßnahmen unterrichtet. Insgesamt haben 18 Autoren aus 11 Ländern am Zustandekommen dieses Buches mitgewirkt. Ergänzt wird der Text durch eine entsprechende Illustration (Fotos, Tabellen, Karten, Grafiken). Eine nicht nur für den am Kranich Arbeitenden lesenswerte und sehr informative Lektüre. W. KEIL 134 Neue Literatur

RIEDEL, B. (1989): 80 Jahre ornithologische Forschung in Seebach. 153 Seiten, Akademie der Landwirtschaftswissenschaften der DDR. Aus Anlaß des 80-jährigen Bestehens der Vogelschutzwarte Seebach/Thüringen wurde ein Festsymposium vom 8. -10.9.1988 unter der Thematik „Einfluß von Agrochemikalien auf die Populationsdynamik von Vogelarten in der Kulturlandschaft" abgehalten. Hans Freiherr von Berlepsch (1857 -1933) errichete auf seiner Burg Seebach eine Vogelschutzstation, die 1908 den Status einer „Staatlich anerkannten Versuchs- und Musterstation" erhielt. Die in Seebach erarbeiteten Erkenntnisse gaben dem Vogelschutz viele zukunftsweisende Impulse. Letzlich führte es dazu, daß in den folgenden Jahrzehnten weitere „Vogelschutzwarten" ins Leben gerufen wurden. Heute versehen als Nachfolgeinstitutionen staatliche Dienststellen die Aufgaben des „amtlichen" Vogelschutzes. Die Station in Seebach leitete zunächst Friedrich Schwabe (1904-1924). Es folgten ihm Dr. K. Glasewald (1924 -1925) und Dr. K. Mansfeld (1925-1964). Dessen Nachfolger waren Dr. K. Bösenberg (1964 -1974) und Dr. G. Grün (1974 -1983). Dann übernahm Dr. B. Riedel die Amtsleitung. Organisatorisch wurde Seebach 1964 der Akademie der Biologischen Zentral- anstalt Kleinmachnow angegliedert. Die fachliche Weiterentwicklung hatte nunmehr ihren Schwerpunkt auf dem Agrarsektor, d. h. auf der Erforschung des Einflusses von Pflanzen- schutzmitteln auf die Vogelwelt. So ist es verständlich, daß sich das Festsymposium im Jahre 1988 mit dieser Thematik befaßte. Die vorliegende Festschrift gibt den Inhalt der 17 gehaltenen Referate wieder. Die Einwirkungen von Agrochemikalien auf die Populationsdynamik der Vogelwelt ist sehr vielfältig. Sie führen im Zusammenwirken mit anderen anthropogen bedingten Faktoren zu einem erheblichen Rückgang von Vogelarten in der Kulturlandschaft. Das Buch ist nicht nur für den Spezialisten eine informative Lektüre. Es sei abschließend die Hoffnung ausgesprochen, daß die älteste deutsche Vogelschutzwarte im Zuge der Neu- ordnung der DDR wieder ihren traditionellen Platz und alle mit dem heutigen Vogelschutz angepaßten Aufgaben ausfüllen kann. W. KEIL

MADGE, S. & H. BURN (1989): Wassergeflügel. - Ein Bestimmungsbuch der Schwäne, Gänse und Enten der Welt. - 297 S., 710 farbige Vogelabbildungen, 154 Verbreitungs- karten. Verlag Paul Parey Hamburg und Berlin. Wasservögel, vor allem in den Küstenregionen vorkommend, sind aber auch im Binnenland im Bereich größerer Seen für jeden naturverbundenen Menschen eine Attraktion. U m so mehr gilt dies für den Ornithologen. Das jetzt in deutscher Sprache vorgestellte Bestimmungsbuch für Schwäne, Gänse und Enten der Welt wird jedem Wasservogelbeobachter nicht nur eine ausgezeichnete Hilfe bei der Bestimmung der Arten sein, sondern auch ein Nachschlagewerk über die einzelnen Arten. Das Buch gliedert sich in einen Bild- (hier zeichnet die Malerin H. BURN verantwortlich) und einen systematischen Teil. Auf 47 Tafeln werden die farbigen Abbildungen zusammengestellt. Dargestellt sind die geschlechts-, alters- bzw. jahreszeit- lich bedingten Kleider der einzelnen Arten ebenso, wie das jeweils typische Flugbild. Den Farbtafeln beigefügt sind Verbreitungskarten mit Brutgebiet und Winterquartier. Im systema- tischen Teil (Autor: S. MADGE) wird der Benutzer mit den einzelnen Arten bekanntgemacht (Feld kennzeichen, Stimme, Beschreibung, Maße, Lebensweise, Biotop, Verbreitung, Bestand, Literatur). Mit vorliegendem Werk wurde eine Lücke geschlossen. Es ist ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk, das seinen Käuferkreis finden wird. W. KEIL 135 Neue Tonbandkassetten mit Vogelstimmen

Die Stimmen unserer Vögel faszinieren immer wieder. Besonders zur Balzzeit im Frühjahr hört man den vielfältigen Gesang in Wald und Feld.Jeder Lebensraum hat seine ihm eigene Vogel- population und damit auch sein typisches Vogelkonzert.Während die ersten Vogelstimmen auf Schallplatten angeboten wurden und dadurch nur in der Wohnung abgespielt werden konnten, lassen sich jetzt die auf dem Markt befindlichen Tonbandkassetten auf den modernen Abspielgeräten überall wiedergeben, so daß die Möglichkeit besteht, die Stimmen „vor Ort" zu vergleichen. Auch die Aufnahmegeräte haben heute eine weit bessere Qualität, wodurch die Tonwiedergabe ein wesentlich höheres Niveau erreicht. Nachstehend neue auf dem Markt befindliche empfehlenswerte Tonbandkassetten.

ROCHE,J.C. (1990): Die Stimmen derVögel Europas.-2 Tonbandkassetten, 2 x 60 Min. Spiel- zeit mit Anleitungsheft (rund 280 Stimmen), Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co Stuttgart.

ROCHE, J. C. & D. SINGER (1990): Amsel, Drossel, Fink und Star. - Unsere Singvögel in Wort, Bild und Ton. - 1 Tonbandkassette (97 Rufe und Gesänge) und Kosmos Naturführer Singvögel (128 S.), Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co Stuttgart.

WALLSCHLÄGER, D. (1990): Vogelstimmen heimischer Arten. - Tonbandkassette (42 Stimmen), 2 x 30 Min. Spielzeit, BLV Verlagsgesellschaft mbH München. W. KEIL

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Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen

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Band 6, April 1991 Heft 3-4: 137-280 ausgeliefert im Juni 1991 Inhaltsverzeichnis Seite Berichte

K.-H. BERCK: Anmerkungen über Arbeiter zum Schutz der Natur 139 R. SANDER: Grußwort 25 Jahre HGON 147 J.REICHHARDT: Bundesverdienstkreuz für Herrn Willy Bauer 149 W. BAUER: 25 Jahre HGON - Rückblick und Vorausschau 153 K.-U. BATTEFELD: Dr. Werner Keil im Ruhestand 161 H. SPRANKEL: Nachdenken über einen Ruheständler - Dr. Werner Keil 163 K.MÖBUS: Vogelbestandserfassung 1990 in der Niddaaue Frankfurt (Gelände der Bundesgartenschau 1989) 167 R. SCHMIDT& H. HELD: Zum Nächtigungsverhalten des Haselhuhns (Bonasa bonasia) als Bestandserfassungshilfe 207 M. KRAFT: Zur Ausbreitung des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) in Hessen seit 1980 211 A. KÖSTER: Untersuchungen 1989 zur Siedlungsdichte und Fortpflanzungsrate der Elster (Pica pica) sowie zum Konkurrenzverhalten zur Rabenkrähe (Corvus c. corone) im Raum Korbach, Nordhessen 223 E. BROCKMANN: Die Kulturpappel („Hybridpappel") - eine Gefahr für die Natur'? 231 M. DORNBUSCH: Die Entwicklung staatlicher Vogelschutzeinrichtungen im Raum zwischen Thüringen und Mecklenburg 237 K.-U. BATTEFELD: EDV im hessischen Naturschutz - Datenstrukturen normiert 243

Kleine Mitteilungen

K. FIEDLER: Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1990 245 M. KORN: Außergewöhnlicher Herbstdurchzug des Wespenbussards (Pernis apivorus) in Nordhessen 263 M. KORN: Bemerkenswerter Durchzug der Zwergmöwe (Larus minutus) in der Lahnaue westlich von Gießen 265 P. ERLEMANN: Erstnachweis der Rötelschwalbe (Cecropis daurica) für Hessen 267 P. ERLEMANN: Nachweis von Bigynie beim Schwarzkehlchen (Saxicola torquata) . . 270

Mitteilungen der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

Vogelschutzwarte unter neuer Leitung 274

Nachrichten

Nachricht der Redaktion 274 Aufruf zur Mitarbeit am DDA-Monitoring-Programm 275 Ankündigung eines Sonderheftes von „Die Vogelwarte" 275

Neue Literatur: 146, 152, 160, 162, 166, 206, 230, 242, 273, 276-280 138 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 139-145 (1991)

Anmerkungen über Arbeiter zum Schutz der Natur *) von KARL-HEINZ BERCK, Gießen

Heute ist der 18. März, der Tag der ersten freien Wahlen in der Deutschen Demokratischen Republik. Ein für alle in Deutschland bedeutsamerTag, der in die Geschichtsbücher eingehen wird; ohne Übertreibung ein europäisches Ereignis. Und wir hier versammelt, um unseres 25jährigen Bestehens zu gedenken. Wer sind wir im Vergleich mit den Ereignissen, die sich in dieser Zeit abspielen? „Nur" eine Gesellschaft, die sich dem Schutz der Natur, im besonderen der Erforschung und dem Schutz einer bestimmten Tiergruppe widmet.

Haben wir richtig gehandelt, einen beachtlichen Teil unseres Lebens, viel Zeit und Geld dem Schutz der Natur zu opfern? Haben wir gut daran getan, uns am 5.12.1964 (s. BAUER & KEIL 1965) zu unserer Neigung, uns mit Vogelarten zu beschäftigen, auch noch deren Schutz und dem allgemeinen Schutz der Natur zu verpflichten? Mag uns heute auch der Wind gelinde in den Rücken wehen. Ein Wind immerhin so stark, daß es manchem Politiker opportun erscheint, den Vorsitz in einer Naturschutzorganisation zu erlangen. Wir erinnern uns gut, wie es damals war. Es dauerte noch zwölfJahre, bis ein Bundes- naturschutzgesetz erlassen wurde. Als wir uns, sieben Mann, bei einem Rechtsanwalt in Frank- furt trafen, um die Gesellschaft rechtlich zu fixieren,begrüßte er uns mit den Worten „Guten Tag meine Herren Naturschützler"; eine unvergessene Bemerkung! Ich erlaube mir eine persön- liche, noch immer schmerzliche Erinnerung. Eine meiner ersten Naturschutzaktionen, wenn man das so nennen soll, war ein Brief an den Regierungspräsidenten in Darmstadt, betrifft „Yachthafen im Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue". Der wurde einfach in einem zentralen Teil dieses Naturschutzgebietes eingerichtet. Die Antwort war kurz und nur als unver- schämt zu bezeichnen. Da wären auch allgemeine Gesichtspunkte zu bedenken und im übrigen würde die Naturschutzverordnung angepaßt. - Ich möchte hier gerne an Sebastian PFEIFFER erinnern, unseren mutigen Vorstreiter. Er erzählte mir des öfteren, wie auch mit ihm, der Amtsperson, bei seinen Naturschutzbemühungen umgesprungen wurde. Noch am 16. April 1970 erklärte der damalige Hessische Minister für Landwirtschaft und Forsten, Tassilo TRÖSCHER, beim Hessischen Naturschutztag: „Es geht heute nicht mehr darum, in sektiererischem Trotz etwa seltene Tiere und Pflanzen, alte Bäume oder bizarre Felsen zu bewahren oder um jeden Berggipfel oder jeden Meter Uferschilf zu kämpfen, sondern um einen aktiven Umweltschutz, eine dynamische Umweltgestaltung" (BAUER &KEIL 1970). Wir haben uns gegen diese Aussage mit einem heftigen Brief gewandt - und eine flaue Antwort bekommen. So wurde mit uns umgesprungen. Das hat uns nicht abgehalten. Wir gehören zu denen, die Wandel bewirkt haben, Öl ins Feuerchen gegossen. Der Wind wurde von denen entfacht, die sich in „sektiererischem Trotz etwa seltene Tiere und Pflanzen zu bewahren" genau dieses vorgenommen haben; von wem sonst.

Wie konnten wir dies tun? Welche sind unsere Motive,die uns Kraft gegeben haben,überJahre hinweg Rückschläge, ja Hiebe einzustecken? Gewiß waren da äußere Faktoren. So die Anre- gung des damaligen Leiters der Naturschutzabteilung, Eberhard FAUST, bei unserem ersten Gespräch (und mit ihm konnten wir viel und offen reden): „Schließt euch zusammen, tretet in

*) Vortrag zum 25. Jahrestag des Bestehens der „Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz" am 18. März 1990 in Frankfurt am Main

139 Massen auf, nur das verspricht Erfolg". Was wir getan haben. Aber wir benötigten mehr. Was ich dazu sage, tue ich eingedenk der Gefahr, uns selbst hochzustilisieren. Und eingedenk der Worte Gottfried BENNs: „ROUSSEAU soll die französische Revolution vorbereitet haben, Onkel Tom's Hütte soll den Bürgerkrieg gegen die südamerikanischen Sklavenstaaten entfacht haben, soll, rückblickende historische Behauptung ...".

Wer heute hierher gekommen ist, meint sein Leben offenbar anders, jedenfalls weithin anders als derzeit allgemein üblich. Wir können hier in diesem reichen Land fast alles machen,wonach uns gelüstet: Reisen oder vor dem Fernsehapparat sitzen; Fliegen oder Tauchen; Schlemme- reien kochen oder unsere Seele pflegen lassen. Wir werden von allen Seiten gelockt - möglichst viel davon zu tun. Heute dies und heute auch noch das. Die meisten von uns machen diesen Tanz nicht mit. Sie haben sich an dieser Tätigkeit verhakt: Vögel sehen, beobachten, zählen, schützen. In 25 Jahren oder noch viel länger haben Sie davon nicht genug bekommen, nicht abgelassen, sich nicht ablenken lassen. Wenn man unsere Zeitschriften durchblättert, stößt man auf viele für uns eindrucksvolle Namen von Menschen, die nicht mehr unter uns sein können. Mancher ist von uns weggegangen,weil er einen zu radikalen Anspruch an sich spürte, dem er nicht entsprechen wollte oder konnte; ein Anspruch, der aus ihm selbst kam oder von außen, auch oder gerade von unserer Gesellschaft. Wir sind dabei geblieben, weil wir oder doch die meisten von uns eine Werthierarchie haben. Das vermute ich nicht nur. Es ergibt sich u. a. aus der anonymen Befragung, die wir vor einigen Jahren bei Ihnen und anderen Mitgliedern von Naturschutzverbänden, insgesamt fast 700 Personen, durchgeführt haben. An mehreren Stellen meiner Ausführungen beziehe ich mich auf dabei gewonnene Ergebnisse. Die Wertethik meint, bei einzelnen Menschen Stufen einer Zuwendung zu wesentlichen Bereichen entdeckt zu haben. Diese reichen von einer schwan- kenden Aufmerksamkeit über anhaltendes Interesse und Handeln bis zu einerobersten Stufe: einer Lebensphilosophie,die von solchen Werten bestimmt ist. Eine solche Lebensphilosophie und die daraus resultierenden Überzeugungs- und Handlungsimpulse haben uns aushalten lassen. Vor allem: Wir haben zwar Freude an der Ornithologie, ohne diese Freude wäre unsere Arbeit kaum möglich gewesen. Aber sonst sind es gerade keine oder fast keine egoistischen Motive, die uns antreiben. Unsere pluralistische Gesellschaft benötigt dringend Gruppen solcher Menschen mit einer fest begründeten Werthierarchie. Vermutlich würde sie ohne diese noch mehr in ein vorwiegend selbstbezogenes System zerfasern. Ich glaube,wirdürfen sagen: Wir sind in einem wichtigen Bereich unseres Staates eine solche nicht ganz unwichtige Gruppe. Und ich meine damit natürlich nicht nur die HGON, sondern alle Gruppen von ernsthaften Arbeitern zum Schutz der Natur.

Ich möchte uns allerdings in diesem Zusammenhang sagen dürfen: Wir,die wir solche Lastauf uns geladen haben, sollten uns so wenig wie möglich gegenseitig durch menschliche, manchmal allzu menschliche Motive bedrängen oder gar bedrücken.- Dabei erinnere ich auch an eine Besonderheit. Unter uns tritt Stand, Beruf oder gar Einkommen ganz in den Hinter- grund. Wir werten den Mitstreiter nach dem, was er für unsere Arbeit weiß oder vermag. Eine erfrischend klassenlose Gesellschaft, in der man sich wohlfühlen kann und soll! Unter uns gibt es viele, die sich ein erstaunlich umfangreiches und genaues Wissen über Naturschutz und Biologie angeeignet haben, obwohl sie in Berufen tätig sind, in denen solche Kenntnisse keine Rolle spielen.

Welches ist unsere Lebensphilosophie als Naturschutzarbeiter? Wir haben uns 1975 auf einer Tagung mit den Gründen, die für Naturschutz sprechen, beschäftigt (s. BERCK 1975). Sie kennen diese ökologischen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und psychischen Gründe. Wir halten gerade psychische Gründe für viele Menschen und besonders uns für einen wesentlichen Aspekt von Naturschutz. Vielleicht ist Aufenthalt in der Natur sogar ein Urbe- 140 dürfnis - ohne dessen Befriedigung in einer hinlänglich intakten Landschaft erleiden zumin- dest viele Menschen einen echten Mangel. Doch auf diesen Aspekt kann ich heute nicht eingehen (s. BERCK 1966). Alle genannten Gründe für Naturschutz gelten mehr den je. Aber wir wissen auch, daß sie nicht ausreichen. Es sind keine stichhaltigen ökologischen oder anderen Gründe dafür bekannt, daß Schwarzhalstaucher und Schwarzstorch in Hessen brüten müssen oder der Nördliche Wimperfarn auf der Milseburg überleben soll. Ich erinnere daran, daß das Bundesnaturschutzgesetz ausschließlich anthropozentrische, also vom Wohl des Menschen ausgehende Begründungen für Naturschutz enthält.Und auch in dem wichtigen Buch über „Umweltpolitik" von HARDTKOPF und BOHNE (1983) meinen die Autoren mit solchen anthropozentrischen Begründungen auskommen zu können. Erstaunt waren wir deshalb über ein Ergebnis unserer oben erwähnten Untersuchung. Sie enthielt u. a. die Frage: „Fürwie wichtig halten Sie die Erhaltung einervielfältigen Pflanzen- und Tierwelt um ihrer selbst willen?" Es konnte darauf in sechs Stufen von „völlig unwichtig" bis „sehr wichtig" geantwortet werden; also ist „sechs" der erreichbare Maximalwert. Der Durch- schnittswert der Naturschutzpersonen lag bei 5,73, so hoch wie bei fast keiner anderen Frage. Aber selbst bei der Kontrollgruppe - das waren Personen, die keinem Naturschutzverband angehören - lag der Wert bei 5,35. Diesen Befund sollten sich die Politiker gut merken. Wir vertreten zusammen mit offenbar vielen Menschen als Teil unserer Lebensphilosophie das Eigenrecht der anderen Lebewesen, vor allem das Recht von Arten zu überleben. Wir tun dies gegenüber einer - wie wir meinen - fahrlässigen Ausbeutung und Zerstörung der Natur, die aus dem ungehemmten Luxurierungsanspruch der Menschen folgt. Nun kann man gut eine solche Aussage machen, schwerer ist es, sie zu begründen. Denn wer Lebewesen als etwas betrachtet, was mehr ist, als nur eine für den Menschen zur Ver- fügung stehende Ressource, steht in unserer Kultur unter Begründungszwang. - Albert SCHWEITZERs lebensmetaphysische Begründung werden nur wenige nachvollziehen können; ich muß es dazu hier bei der Erwähnung dieses Schlagwortes belassen. Als Ornithologen könnten wir uns auf das schon seit über 100 Jahren im Prinzip anerkannte Recht beziehen (s. BIRN BACHER 1980), daß leidensfähige Lebewesen keinen vermeidbaren Quälereien ausgesetzt werden sollen. Und es ist kaum daran zu zweifeln, daß Wasservögel, die von Windsurfern von See zu See gehetzt werden - leiden müssen. Schlußfolgerung zieht daraus allerdings kaum jemand. Aber wie steht es mit der Begründung für den Schutz nicht- leidensfähiger Lebewesen wie den Pflanzen? Breiter Zustimmung darf m. E. folgende Begründung sicher sein, die ich die evolutionäre nennen möchte. Es ist ein Faktum,daß auch die anderen Arten neben dem Menschen aus einer langen, gemeinsamen Stammesgeschichte hervorgegangen sind, uns letztlich ähnlich sind; etwas pathetisch ausgedrückt: unsere Brüder und Schwestern sind. Der Mensch ist die einzige Art, in der die Stammesgeschichte sich sozusagen ihrer selbst bewußt geworden ist. Wir haben den Zusammenhang aller Lebewesen erkannt, wissen, daß alle Arten Teil eines Evolutions-Netzes sind und historisch gewordene Einmaligkeiten. Woher nehmen wir das Recht, Teile aus diesem Netz „herauszubrechen", diese Einmaligkeiten zu vernichten, indem wir Arten ausrotten? Dies sind Wurzeln unserer Verpflichtung. Besonders überall dort zu bedenken, wo wir Menschen nicht aus Not, sondern aus Gründen noch größerer Luxurierung die anderen Arten bestandsbedrohenden Einschränkungen aussetzen. Vielleicht erscheinen dem einen oder anderen solche Überlegungen zu weit hergeholt, für die praktische Naturschutzarbeit wenig relevant. Ich denke dagegen, daß sie für uns Arbeiter zum Schutz der Natur als Bewußtseinshintergrund unerläßlich sind. Heute wird kaum jemand mehr von unserem „sektiererischen Trotz" sprechen. Vielleicht wird dann, wenn diese Gesellschaft

141 ihr 50jähriges Bestehen feiert, Naturschutzarbeit auch in der Öffentlichkeit unter Aspekten bedacht, die sich auf den Eigenwert der Lebewesen beziehen. Wir müssen solche Überle- gungen jedenfalls in Gang setzen. Und lassen Sie mich mein,aber nicht nur mein umweltpolitisches Credo hinzufügen. Setzen wir den Fall, daß überhaupt noch so etwas wie eine ökologische Wende möglich sein sollte. Dann wird diese wohl nur erfolgen können, wenn wir einen Aspekt des Humanismus überwinden: nämlich die Hybris, Überheblichkeit von der völligen Sonderstellung des menschlichen Geistes gegenüberdergesamten übrigen Natur. Die schlimme Alternative füreine ökologische Wende wäre -falls dann noch als Alternative möglich -die schiere Existenznot derMenschheit. Die Vorstellungen von einer Einheit aller Lebewesen und daraus folgende Taten sind etwas, was sich -so meine ich -an Bedeutung auch vor den politischen Ereignissen dieserTage nicht zu verstecken braucht. Auch wenn dies naturgemäß vielleicht nur wenige sehen, einsehen. Noch schwieriger ist freilich die Frage,wieso gerade wirdazu gekommen sind,die Erforschung und den Schutz bestimmter Lebewesen als einen so hohen Wert anzusehen. Die Beantwor- tung dieser Frage wäre nicht nur subjektiv- also für uns selbst, sondern objektiv bedeutsam. Denn große Anstrengungen werden vom Staat unternommen für etwas,was man Umwelterzie- hung nennt. Unsere Erhebung zeigt, daß ein hoher Prozentsatz der befragten Naturschutzpersonen angibt, daß diese spezifischen Interessen bei ihnen schon früh, im Alter von etwa zehn Jahren entstanden sind. In diesem Alter also muß man offenbar Menschen für solche Aktivitäten gewinnen. Dem steht die nur als schmählich und seit einem Jahr noch schmählicher gewor- dene Ausstattung von Biologieunterricht mit Stunden entgegen - aber offenbar auch weithin die Art, wie dieser abgehalten wird.Zum Thema Umwelterziehung wird in der Öffentlichkeitviel geredet -aber genau das Gegenteil getan.Wir haben in unserer Untersuchung auch nach den möglichen Anregungsfaktoren für unsere naturbezogenen Interessen und Aktivitäten gefragt. Bemerkenswert ist, daß weder Eltern noch der Biologieunterricht in der Rangliste dieser Faktoren eine große Rolle spielen. Vielmehr steht ganz oben eine erstaunliche und bislang nicht weiter erklärbare Kategorie: Die eigene Naturerfahrung, die Freude an der Betrachtung von Naturobjekten. Solche Ergebnisse sind auch von Bedeutung, weil es gegenüber der von mir bei Naturschutz- arbeitern vorausgesetzten Werthierarchie - auch ganz andere Vorstellungen gibt. Die müssen wir wenigstens erwähnen, kennen. So meint der Philosoph MARQUAR DT, daß wir nichts sind als die letzten Konservativen, die nur das Alte erhalten und den Fortschritt hemmen wollen. Und derSoziologe FITTKAU hat in einem Buch „Bedingungen ökologischen Handelns" (1984) die Frage gestellt: Wovon hängt es ab, ob eine Person ökologische Werte verfolgt? Sein Ergebnis: der Kontrollverlust von Menschen, die Einengung ihrer Handlungsmöglichkeiten an ihrem Arbeitsplatz, in der Politik,auch gegenüber der Umwelt sind die Wurzeln ökologischen Handelns. Als Reaktion entsteht, so meint er, gerade bei bestimmten Großstädtern eine Gegenbewegung, eben das, was wir so tun. Ist es das, sind wir so? Gerade mit unserer extremen, so wenig beliebten Unabhängigkeit gegenüber der Administration. Ich halte beide Erklärungsmöglichkeiten - die MARQUARDTs und die FITTKAUs - für unzu- treffend. Aber wir sollten darüber nachdenken. Wir sind dabei geblieben, wir haben etwas erreicht. Ich will dies nur in einigen Bildern verdeut- lichen. Wenn ich draußen einen großen Trupp Kormorane sehe, während vor 10 -15 Jahren noch einzelne dieserTiere eine relative Seltenheit waren, denke ich an alle Arbeiterzunn Schutz der Natur. Oder wenn man nun an den meisten geeigneten Stellen Graureiher sieht, die es in 142 meiner Jugendzeit nur selten gab; ich denke an Sie. Viele dieser Tiere verdanken Ihnen das Leben. Sie haben wenigstens in einem Raum, für eine Gruppe von Lebewesen aus einer Bilanz mit roten Zahlen eine mit schwarzen gemacht. Freilich muß man auch dies aussprechen: Erst als das Abschießen aufhörte, war auch, vorerst einmal, der ständige Rückgang vielerArten gestoppt. Für alle, die es immer noch nicht glauben wollen, aufgezeigt am Beispiel des Steinadlers, der einst in ganz Mitteleuropa verbreitet war (s. GLUTZ von BLOTZHEIM 1971): Um 1905 brütete noch ein Paar in den deutschen Alpen, nachdem seit 1875 über 200 Steinadler erlegt worden waren.Trotz vieler Ausnahmegenehmi- gungen für einen Abschuß gab es 1980 wieder 25 Brutpaare. In Österreich wurden trotz Schutzverordnung von 1959 bis 1965 mindestens 100 Steinadler geschossen, gefangen, ausgehorstet In zwölf südfranzösischen Departements wurden von 1955 bis 1963 etwa 410 Adler erlegt. - Auch gerade die von uns geführte Diskussion um den Abschuß der Wald- schnepfe im Frühjahr steht sicher vielen noch vorAugen.Das bedeutet nicht nurVergangenheit und andere Länder. Dazu habe ich die Stimme des Vorsitzenden des einschlägigen Verbandes im Ohr, der vor etwa drei Jahren im Landesnaturschutzbeirat forderte: „Gebt uns doch die Greifvögel nur für einen Tag im Jahr zum Abschuß frei". Jetzt sind bestimmte Krähenvögel ein Opfer trotz einer Beweislage, die man gutwillig als etwa 4 gegen 1 zugunsten dieser Tiere bezeichnen kann. Natürlich gibt es in diesem Bereich auch überzeugte Schützer der Natur; manchen, der uns geholfen hat.Sie möchte ich mit meinen Bemerkungen nicht betroffen machen.Aber im ganzen gesehen ist uns zwar in diesem Bereich ein gewisser Durchbruch, aber keine Überzeugung gelungen. Dies ist aufgrund unserer Wertethik auch verständlich.VVirwerden in diesem Zusam- menhang nachzudenken haben. Meine Damen und Herren, wir haben viel erreicht. Und doch frage ich mich immer wieder und wohl viele mit mir: Haben wir in unserem Staat vielleicht doch nur eine Alibifunktion? Da gibt es Verbände, Menschen, die dürfen mitreden, werden sogar gefragt, bekommen Preise. Natur- schutz ist ein öffentliches Anliegen geworden, aber immer noch ein schizophrenes. Ein Knochen, der dem kläffenden Hund hingeworfen wird. Der Etat des Bundesumweltministe- riums war 1989 so viel wert-wie der Schuldendienst der Bundesrepublik Deutschland in einer Woche. Sie kennen diese Zahlen: Zwischen 1950 und 1985 stieg die Siedlungsfläche um rund 70 %. Flächen, die nach der Statistik vor allem von der Landwirtschaft kamen. Wir wissen, was dies meist für Flächen waren. 300.000 km Lauflänge von Bächen und Gewässern wurden seit 1950 schön begradigt. Jetzt würde man 15 Milliarden benötigen, um sie wieder in einen ökolo- gisch vertretbaren Zustand zu bringen. Wir haben das schon 1964 besser gewußt. Keiner wird glauben, daß dies in den nächsten Jahren aufgrund der an sich so glücklichen politischen Veränderungen besser wird. Eher ist anzunehmen, daß Geld für Naturschutz noch knapper wird. Zu dieser schizophrenen Situation von Naturschutz eine persönliche Episode: Zufällig war ich an dem Tag, an dem die Startbahn West im Parlament beschlossen wurde, im Hessischen Landtag als Naturschutzarbeiter. Und zufällig kam es auch zu einem Gespräch mit dem Mini- sterpräsidenten. Er meinte: Nun müssen wir aber auch etwas für den Naturschutz tun. Machen Sie mir Vorschläge für Ausgleichsflächen usw. Nichts gegen Herrn BÖRNER; unter seiner Regie ist manches für Naturschutz geschehen. Aber mir kam dabei in den Sinn: die Politiker halten die flüssigsten Reden, wenn ihnen das Wasser bis zum Halse steht. Wenn man durch die Landschaft geht - ist es immer noch so. Da werden thujaumfriedete Häuschen irgendwo in die Landschaft gesetzt - und auch Bachgründe zugeschüttet. Die Gemeindeverwaltung muß dies sehen, sieht dies -aber in vielen Gemeinden geschieht nichts oder zu wenig!

143 Wir vergessen dabei nicht, daß Naturschutz immer, geradezu zwangsläufig eine Konfliktsitua- tion ist. Es gibt viele Naturnutzer. Ich kann darauf nicht eingehen; nur dies: Wir fragen uns, ob eine hinlänglich richtige Konfliktlösung in vielen Fällen gefunden worden ist. Wenn z. B. das Bruttosozialprodukt der Landwirtschaft etwa 38 Milliarden DM im Jahr beträgt, aber der Staat zugleich etwa 30 Milliarden an Subventionen bezahlt. Oder: Ist die neue Masche der Sportin- dustrie, die offenbar auf uns zurollt, unbedingt nötig: das Mountainbike - mit dem man auch den letzten Winkel der Landschaft unsicher machen kann?

Geben wir uns keinen Illusionen hin. Es gibt weit zurück in der Geschichte immer wieder Beispiele schrecklicher Naturzerstörung, von denen zudem Menschen schlimm betroffen waren. Aber fast immer-vom Römischen Reich bis heute - siegte die Partei, die mehr Arbeits- plätze und größeren Nutzen für die Volkswirtschaft als Argumente für sich anführen konnte. So lese ich in DIE ZEIT (9.3.1990) eine Äußerung des Ski-Präsidenten des Grödner-Tals, wo es 1100 km Ski-Pisten gibt, von denen in einem Winter wie diesem mehr als 20 Prozent mit Kunstschnee besprüht werden - unter dem die Almwiesen faulen: „Anfangs hatten wir Probleme mit den Umweltschützern... aber die Ökonomie wissen Sie, die Zwänge". Und wenn schon, wurde Natur nicht als Wert an sich geschützt, sondern als Überlebensbedingung für den Menschen. Früher schlug die Natur schnell und manchmal brutal zurück. Die Technik löste scheinbar solche Fesseln. Mit ihr wurde ein quantitativer Sprung gemacht. Das Ausmaß der Naturausbeutung und Naturzerstörung wurde lange verdrängt, so wie wir es mit den über 50% kranken Bäumen unserer Wälder tun.

Wir betreiben unterdessen - um zwei Begriffe von BIEBER (1989) zu benutzen - Problem- Konzentration. Wir haben Klärwerke, aber wohin mit dem schadstoffreichen Klärschlamm? - Und wir betreiben Problem-Verdünnung, etwa die Verteilung von Schadstoffen ins Meer. Letzt- lich bedeutet auch technischer Umweltschutz nur eine Verschiebung, keine Lösung der Umwelt- und damit auch der Naturschutzprobleme. Es dominiert die Vorstellung: die Natur und wir richten es schon!

So ist es. Und deshalb bin ich gar nicht sicher, ob uns der Staat nicht doch als Alibifunktionäre arbeiten läßt - mit Zugeständnissen gewiß!

Was also können wir hoffen?

1. Naturschutz wird am Gängelband der Umweltpolitik so lange schizophren bleiben, bis etwas anderes eingesehen wird: Wir werden um eine Veränderung im Konsum, unserer Lebenshaltung letztlich nicht herumkommen; und zwar in einem nicht geringen quantitativen Schritt. Welcher Politiker will seinen Wählern so etwas wirklich sagen oder wird gewählt, falls er es sagt?

- Wenig Hoffnung - für die nahe Zukunft!

2. Die Menschen könnten umdenken und ihre Haltung gegenüber der belebten Natur ändern. Eine neue ethische Haltung, die das Lebensrecht der anderen Lebewesen neben dem unseren anerkennt und weiß, daß wir nicht die unbeschränkten Herren, sondern ein Teil der Natur sind.

- Etwas Hoffnung. Die Menschen haben schließlich auch einsehen gelernt, daß sogenannte Schwarze keine Halb- oder Untermenschen sind.

3. Wir Arbeiter im Naturschutz tragen eine Hauptlast. Da gibt es also ein öffentliches, durch Gesetze untermauertes Anliegen. Aber seine Umsetzung lag anfangs fast ausschließlich und liegt heute noch immer in einem kaum vertretbaren Umfang auf dem gebeutelten Rücken, auch dem gebeutelten Geldbeutel einer Gruppe von Menschen, die von bestimmten Wertvorstel- 144 Jungen angetrieben werden. Einige haben sich dabei schier kaputtgemacht. Hier sind vor allem die Mitglieder von Naturschutzbeiräten zu nennen, die für den Staat, alle Bürger mühevollste Arbeit, Planungsarbeit leisten. Die von uns befragten Mitglieder von Naturschutzverbänden gaben an: Etwa 30 % verbringen 20-40 Stunden/Monat mit naturbezogenen Aktivitäten; 16 0/0 benötigen dafür sogar 40-60 Stunden/Monat; und 10% sogar 60-100 Stunden. Der Gesetzgeber war wirklich schlau. Er hat die § 29-Verbände intensiv in die Naturschutz- arbeit einbezogen. Und wir haben sie auf uns geladen; aus Überzeugung und notwendiger Einsicht. Diese Last müßte endlich besser verteilt werden. Vielleicht könnte man doch bei Stra- ßenbauämtern ein paar Stellen streichen und entsprechende für den Naturschutz schaffen.

- Meine Vorstellung zu diesem Punkt: ein wenig Hoffnung.

4. Wer wird daran zweifeln, daß Sie, daß wir weitermachen; trotz aller Rückschläge, Ent- täuschungen und Plackereien. Der eine von uns wird etwas früher, der andere etwas später abtreten müssen. Aber wir sehen und erleben es, daß andere nachkommen, vor allem junge Menschen nachkommen. Solche, denen der Schutz der Natur für uns Menschen und unsere Mitbewohner dieser Erde ein wichtiger zu verteidigender Wert ist. - Hier können wir große Hoffnungen haben, über die sich der Staat mitfreuen kann. Und alle Vögel würden natürlich beim Anblick dieser Arbeiter im Naturschutz in die Flügel klatschen - wenn sie diese Menschen erkennen könnten. Sie müssen schon ohne Klatschen auskommen!

Literatur:

BAUER, W. &W. KEIL (1965): Mitteilung der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Hessen. - Luscinia 38: 45-48. BAUER, W. & W. KEIL (1970): Mitteilung der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Hessen. - Luscinia 41: 55-61.

BERCK, K.-H. (1966): Vom subjektiven Wert der Ornithologie. - Luscinia 39: 5-8. BERCK, K.-H. (1975): Was ist Naturschutz? - Luscinia 42: 175-182. BIEBER, H. (1989): Die neue alte Überheblichkeit.- Die Zeit, Nr. 45 vom 3.11. 1989.

BIRN BACH ER, D. (1980, Hrsg.): Ökologie und Ethik. Reclam 9983. - Stuttgart.

FITTKAU, H.-J. (1984): Bedingungen ökologischen Handelns.-Weinheim. GLUTZ von BLOTZHEIM, U. N. (1971, Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas, Bd. 4. - Frankfurt am Main. HARDTKOPF, G. & E. BOHNE (1983): Umweltpolitik.- Opladen.

WILLMANNS, 0. (1971): Ökologie und moderner Naturschutz.- Biol. in unserer Zeit 1: 147-156.

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. KARL-HEINZ BERCK, Ludwig-Rinn-Straße 29, 6301 Gießen-Launsbach

145 Neue Literatur

SCHÖNN, S., W. SCHERZINGER, K. M. EXO & R. ILEE (1991): Der Steinkauz. - 237 S., 139 Abb., 2 Farbtafeln.- Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 606, A. Ziemsen Verlag.-Witten- berg-Lutherstadt.

Einengung oder Vernichtung seiner Lebensräume haben dazu geführt, daß der Steinkauz als stark bestandsgefährdete Vogelart eingestuft werden mußte. Streuobstflächen und Kopf- weidenbestände sind in unserer Kulturlandschaft seine bevorzugten Habitate. In den letzten 20 Jahren wurde sich sehr intensiv um die Erhaltung der Restpopulationen dieser Eulenart bemüht. Neben Maßnahmen des Biotopschutzes wurde auch ein spezielles Nistgerät entwik- kelt, welches nicht unwesentlich zur Stabilisierung örtlicher Populationen beigetragen hat. Die in Gemeinschaftsarbeit erstellte Steinkauz-Monographie sollte die Pflichtlektüre nicht allein für die „vor Ort" in den Natur- und Vogelschutzorganisationen Tätigen sein. Eine wirkungsvolle Hilfe kann nur dann greifen, wenn sie auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse beruht. Der jetzt vorgelegte Steinkauz-Band der Neuen Brehm-Bücherei bietet dafür eine umfassende Grundlage. W. KEIL

KLAUS, S., H. H. BERGMANN, C. MARTI, F. MÜLLER, 0. A. VITOVIC &J. WIESNER (1990): Die Birkhühner. - 288 S., 172 Abb., 4 Farbtafeln. Die Neue-Brehm-Bücherei Nr. 397, A. Ziemsen Verlag. -Wittenberg-Lutherstadt.

Nach über 20 Jahren wird in der Neuen Brehm-Bücherei das Birkhuhn in einer Neubearbei- tung vorgestellt. Bereits ein oberflächlicherVergleich macht deutlich, daß in dieserZeitspanne vielerorts sehr intensiv über diese Vogelart gearbeitet und eine entsprechende Anzahl an Publikationen vorgelegt wurde. Alle einheimischen Rauhfußhühner sind auf der Roten Liste als „vom Aussterben bedroht" eingestuft,Tendenz rückläufig. Hauptursachen sind die Einengung des Lebensraumes und die Verschlechterung der Lebensbedingungen. Es sind daher in zunehmenden Maße Aktivitäten in Gang gekommen, um diese Entwicklung aufzuhalten und eine Stabilisierung der meist inselartigen Restbestände zu erreichen. Insbesondere der Abschnitt über die Problematik der Haltung in Gefangenschaft, Zucht und Wiederansiedlung macht deutlich, welche Vorbedingungen erfüllt sein müssen, um überhaupt die Frage einer Wiederansiedlung ins Auge zu fassen. Unter diesen Gesichtspunkten dürfte nach Kenntnis des Rezensenten wohl kaum eine der z. Z. laufenden Wiederansiedlungsaktivitäten eine wirkliche Chance haben. Bereits beim Zuchtmaterial beginnen die Schwierigkeiten und setzen sich fort bis hin zum Aussetzungsbiotop. Eine solche Aktion hat nur dann Erfolgsaus- sichten,wenn die ökologischen Vorbedingungen erfüllt sind. Die neue Birkhuhn-Monographie erscheint, nicht nur unter diesem Blickwinkel beleuchtet, zur rechten Zeit. Der Leser wird umfassend über das Leben des Birkhuhns und des Kaukasusbirkhuhns unterrichtet. Alleine das Literaturverzeichnis umfaßt 16 Druckseiten. Der vorliegende Band ist nicht nur für den Ornithologen eine Fundgrube, sondern auch für den in den Naturschutzorganisationen tätigen Personenkreis. Aber auch Forstleuten und Jägerschaft ist das Studium des Buches zu empfehlen. Fachdienststellen ist es eine unentbehrliche Entscheidungshilfe für Maßnahmen zum Schutz des Birkwildes. W. KEIL

146 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 147-148 (1991)

Grußwort 25 Jahre HGON*) von REINHARD SANDER, Frankfurt am Main

Sehr verehrte Frau Ministerin, Sehr verehrte Festversammlung, mir wird die ehrenvolle Aufgabe zuteil, im Namen der deutschen Naturschutzverbände, ihres Dachverbandes DNR Deutscher Naturschutzring, ein Grußwort in dieser feierlichen Stunde auszubringen,vor allem eine ganz herzliche Gratulation derJubilarin, ihren Repräsentanten,an ihrer Spitze Herrn Willy Bauer und Prof. Hans-Peter Goerlich und aller hier so zahlreich versam- melten Mitglieder. Wir verneigen uns heute in Respekt und Hochachtung vor Ihrer bedeutenden Gesamtleistung während der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte. Ihre Gesellschaft mit dem etwas umständ- lichen Namen hat sehr rasch dafür gesorgt, daß unsdieser Name ganz geläufig über die Lippen geht und ein Markenbegriff wurde, sozusagen eine erste Adresse,wie man in der Bankenstadt Frankfurt sagt. Er steht für Kompetenz und Sachverstand, für Leistungsfähigkeit und Einsatz- freude, für Zuverlässigkeit und Durchsetzungsvermögen. Einige Ihrer Erfolge sind hier schon zur Sprache gekommen: Naturschutzgesetz, Verbands- klage, Flurbereinigungs-Erlasse, Europareservate Kühkopf-Rheinauen, Lampertheimer Alt- rhein, Burgwald, Rotes Moor, Haushalts-Aufstockung, Pflegepläne. Man kann die schier endlose Liste hier nicht einmal stichwortartig aufführen, es gab in Hessen buchstäblich keine Naturschutz-Initiative, die nicht von der HGON ausging oder entscheidend von ihr mitgeprägt wurde. Man kann sagen: Der Naturschutz in Hessen, das ist die Domäne der HGON. Wenn heute der Naturschutz in unserem Land einen ganz anderen Rang einnimmt als zu Ihrer Geburtsstunde vor 25 Jahren, so ist das entscheidend Ihr Verdienst. Dies alles ist in ehrenamtlicher Tätigkeit durch eine erlesene Schar von HGON-Experten geleistet worden. Übersetzt man das in geldwerte Leistungen und erst dann, wenn man etwas in Mark und Pfennig ausdrückt, wird das bei uns richtig gewürdigt, dann sind das gut und gern 2 - 3 Mio DM jährlich, eine respektable Summe. Wieviel Idealismus steckt dahinter, wieviel Hingabe, wieviel stilles Wirken für das Allgemeinwohl! Das heißt viel in einer Zeit, in der das altruistische Wirken für die Gemeinschaft eben nicht in hohem Kurs steht. Wir leben in einer Wettbewerbsgesellschaft, die den Egoismus förmlich züchtet, in der die Interessenverbände mit ihrem egoistischen Machtstreben das große Wort führen, auf das unsere Politiker hören. Naturschützer werden eher milde belächelt, manchmal als grüne Spinner abgetan, und wenn wir Ihnen unbequem werden, dann qualifizieren sie uns als „selbsternannte" Naturschützer ab. Wie das sogar der oberste Forstbeamte in Hessen getan hat, der eigentlich unser erster Anwalt sein sollte. In unserer Bundesrepublik sind wirziemlich weit entfernt vom Ideal einer Gemeinschaft,wie sie in der Wiege der Demokratie, im alten Griechenland geübt und gelebt wurde. Ich darf an das Wort des großen Staatsmannes Perikles erinnern: „Wer sich nicht um die Gemeinschaft kümmert, der ist kein stiller,sondern ein schlechter Bürger". Den Athenern hat er damit aus dem Herzen gesprochen. Nur der war geachtet, der sich für die Gemeinschaft einsetzte.

*) Vortrag zum 25. Jahrestag des Bestehens der HGON am 18. März 1990 in Frankfurt am Main

147 Ich habe den Blick auf Griechenland gewendet, weil ihr Herr Vorsitzender bekanntlich ein besonders inniges Verhältnis zu Griechenland unterhält und ich mich ihm jetzt zuwenden möchte, von dem wir alle wissen, daß er die große, bewegende treibende Kraft in der HGON ist. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll an Willy Bauer - das erstaunliche Arbeitspensum, die unermüdliche Schaffenskraft, die er neben einem aufreibenden Beruf in leitender Position bewältigt, die Kerze, die an zwei Enden abgebrannt wird, wie ihn mal einer treffend charakterisiert hat, - oder seine glänzende Rhetorik, seine Formulierungsgabe, das Verhandlungsgeschick, mit dem er seine Position in zäher Beharrlichkeit verfolgt, - oder sein Talent, Gleichgesinnte um sich zu scharen, sie mitzureißen und zu motivieren; Nachwuchskräfte heranzuziehen, sie für den Naturschutz zu gewinnen und unserem Hessenland zu erhalten, - oder sein politisches Gespür, mit dem er immer eine Nasenlänge voraus ist, stets glänzend informiert, schon den übernächsten Schachzug bedenkend, - oder sein Realitätssinn, die richtige Einschätzung für das Machbare.Als routinierter Praktiker versteht er sich auf das do ut des -das Geben und Nehmen und entwickelt dabei manchmal eine geradezu unheimliche Geschäftstüchtigkeit, - oder schließlich seine Angriffs- und Streitlust, mit dem Gegner die Klinge zu kreuzen, seine kämpferische Bereitschaft, massiven Interessen ebenso massiv entgegen zu treten. Er beherrscht eben nicht nur das Florett, sondern auch die schweren Säbel. Wenns darauf ankommt, auch Tricks und Finessen, die ganze Skala an Kunstgriffen und Listen,die man zur Durchsetzung braucht. Man fühlt sich an das Wort von Konrad Adenauer erinnert, der auf den Vorwurf, er sei verschlagen, erwiderte: „Meine Damen und Herren, in der Politik geht es gelegentlich verschlagen zu, und dann muß man es eben können." Willy Bauer ist ein Mann mit Ecken und Kanten, manche sagen ihm autoritäre Züge nach, eine Bewertung, gegen die er vermutlich gar nichts einzuwenden hat. Er hat mit der HGON Maßstäbe gesetzt und sie mit ihm; umgetrieben von der permanenten Sorge um eine fort- schreitende Naturzerstörung. Leider schreitet die Naturzerstörung bedenklich fort. Die jetzt erst bekannt gewordenen Umweltschäden in der DDR haben uns alle entsetzt. Darüber wird ganz vergessen, daß auch in der Bundesrepublik die Umweltschäden auf die gigantische Summe von über 100 Milliarden DM jährlich geklettert ist, manche schätzen sie sogar auf annähernd 200 Milliarden. So ein besonnener Kopf wie Prof. Ernst Ulrich von Weizsäcker, der als Leiter des Instituts für internationale Umweltpoltik wahrlich einen Überblick hat, fordert unsere Anstrengungen zur Bewältigung der Umweltkrise mindestens um den Faktor 5 zu erhöhen, um den Wettlauf zu gewinnen. Wir können uns heute an Ihrem Geburtstag nur wünschen, daß Sie Ihre segensreiche Tätigkeit noch lange fortsetzen, ermutigt durch den heutigen Tag, und daß Sie Trost finden in dem schönen Goethe-Wort, mit dem ich schließen will: „Manches Herrliche der Welt ist im Kampf und Streit zerronnen. Wer beschützet und erhält, hat das schönste Los gewonnen."

Anschrift des Verfassers: Prof. REINHARD SANDER, Klüberstraße 13, 6000 Frankfurt am Main 148 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 149-151 (1991)

Bundesverdienstkreuz für Herrn WiIIy Bauer*) überreicht von Staatsministerin IRMGARD REICHHARDT, Wiesbaden

Gerne will ich einen Auftrag des Herrn Bundespräsidenten ausführen, der unter meinen Pflichten sicherlich zu den angenehmsten zählt: Herrn Bauer als eine Persönlichkeit zu ehren, die sich besondere Verdienste um Volk und Staat erworben hat. Sie, Herr Bauer, haben sich über Ihren Beruf hinaus im ehrenamtlichen Bereich in großartiger Weise für unser Land eingesetzt. Ihre Leistungen und Verdienste für den Natur- schutz sind in so hohem Maße anerkennenswert, daß Ihnen der Herr Bundespräsident auf Vorschlag des Hessischen Ministerpräsidenten das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienst- ordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen hat, nachdem Sie bereits 1976 mit dem Verdienstkreuz am Bande geehrt worden sind.

Meine Damen und Herren, ein demokratischer Staat kann nicht gedeihen ohne das Engage- ment und ohne den Einsatz des Einzelnen. Der freiwillige Einsatz seiner Bürgerinnen und Bürger stärkt unsere Demokratie und zeichnet sie aus. Es ist außerordentlich wichtig, daß die Öffentlichkeit Initiativen und ehrenamtliches Engage- ment besonders würdigt, auch deshalb, weil öffentliche Anerkennung zugleich Ansporn und Vorbild für andere ist, sich ebenfalls für unser Land einzusetzen. Immer wieder treten Persön- lichkeiten hier in Erscheinung, die sich durch die Übernahme besonderer Führungsaufgaben profilieren. Sie ragen auch deshalb heraus, weil sie eine besondere Beständigkeit in diesen Verantwortungsbereichen zeigen. Bei Ihnen, sehr geehrter Herr Bauer, sind es Treue, Beständigkeit, Ideenreichtum und höchster Einsatz für die wichtigen Aufgaben des Naturschutzes. Diese Eigenschaften zeichnen Sie aus und prägen Sie zu einer Persönlichkeit, die in Hessen und darüber hinaus bekannt ist. Lassen Sie mich, sehr verehrte Festversammlung, zunächst einige Daten aus dem Leben von Willy Bauer nennen: Er ist gebürtiger Frankfurter. Nach Gymnasialabschluß 1948 begann WiIIy Bauer eine Lehre als Kaufmannsgehilfe bei der Metallgesellschaft AG in Frankfurt. Diesem Unternehmen sind Sie seither treu geblieben. Ihr Einsatz, sehr geehrter Herr Bauer, ist außergewöhnlich groß. Sie haben es verstanden, die Menschen um sich herum zu motivieren und zur Leistung anzuregen. Dabei haben Sie sich nie gescheut,wo immer nötig, selbst mit anzupacken.Als Abteilungsleiter und Prokurist bei der Metallgesellschaft und zuständig für die Bereiche Metall, Wirtschafts- information und Statistik, sind Sie eine erfolgreiche Führungskraft dieses Unternehmens. Sicher mögen Ihre Fähigkeiten, die zum beruflichen Erfolg führten, mit dazu beigetragen haben, daß Sie wichtige Aufgaben des Naturschutzes übernommen haben. Ihre Motivation liegt aber - so, wie ich Sie aus den bisherigen Gesprächen kennengelernt habe - in Ihrer Leidenschaft für die Sache des Naturschutzes. Hier haben Sie neben Ihrem beruflichen Wirkungsbereich Aufgaben gefunden, die Sie prägten und für die Sie sich mit Ihrer ganzen Persönlichkeit einsetzen. Als andere bei dem Wort Naturschutz lächelten, haben Sie

*) Laudatio anläßlich des 25. Jahrestages des Bestehens der HGON am 18. März 1990 in Frankfurt am Main. Das Bundesverdienstkreuz am Bande wurde Herrn WiIIy Bauer bereits im Dezember 1976 durch Herrn Ministerpräsidenten Holger Börner verliehen.

149 Wichtigkeit und zwingende Notwendigkeit dieser Aufgabe erkannt. Früher war Naturschutz Freizeitbeschäftigung für Botaniker und Zoologen, heute wissen wir, daß verantwortungsvolles öffentliches Handeln ohne Berücksichtigung des Naturschutzes undenkbar ist. Sie gehören zu den Gründern der „Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Hessen", aus der später die „Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz" hervorgegangen ist. Seit 1980 sind Sie Vorsitzender der HGON, die in dieser Zeit zu einem der bedeutendsten hessischen Naturschutzverbände geworden ist. Dies mag allein die Tatsache verdeutlichen, daß rund 70% aller hessischen Naturschutz- gebiete auf Antrag der HGON ausgewiesen wurden. In fast allen Ausweisungsverfahren waren Sie die maßgebliche und treibende Kraft. Innerhalb der hessischen Naturschutzverbände nehmen Sie, sehr geehrter Herr Bauer, eine führende Position ein. Sie haben die „Arbeitsgemeinschaft der Vorsitzenden der Hessischen Naturschutzverbände" gegründet und konnten in zwischenzeitlich über 100 Sitzungen deren Arbeit maßgeblich beeinflussen. Ihrem besonderen Geschick ist es zu verdanken, daß in zahlreichen widerstreitenden Inter- essenangelegenheiten die Verbände zu einem einheitlichen Votum gefunden haben. Nicht zuletzt aufgrund Ihres unermüdlichen Einsatzes ist die Arbeitsgemeinschaft zu einem gefragten, unüberhörbaren Partner, aber auch konstruktiven Kritiker des staatlichen Natur- schutzes geworden. Sie sind Vorsitzender des Stiftungsrates der „Stiftung Hessischer Naturschutz". Im Vorstand der Stiftung hat Ihr Wort großes Gewicht. Seit 1986 sind Sie Vorsitzender des Landesnaturschutzbeirates. Die Arbeit des Landes Hessen für den Naturschutz haben Sie in Ihrer Funktion durch Ihre stets konstruktiven Beiträge und Initiativen positiv beeinflußt.Zahlreiche Einrichtungen und Programme, die heute aus dem hessischen Naturschutz nicht mehr wegzudenken sind, verbinden sich mit dem Namen Willy Bauer. Zu nennen sind hier in erster Linie das hessische Altholzinselprogramm, das Programm „Naturnahe Gewässer", der Auenverbund Hessen, die „Stiftung Hessischer Naturschutz", die Fachzeitschrift „Vogel und Umwelt" sowie verschiedene Artenschutzprogramme. Wichtiges Anliegen für Sie war stets die Aufwertung des ehrenamtlichen Naturschutzes, wie er insbesondere in den nach § 29 Bundesnaturschutzgesetz anerkannten Verbänden zum Ausdruck kommt. In zahlreichen Verwaltungsverfahren, die Einfluß auf Natur und Umwelt haben, wurde Dank Ihres maßgeblichen Engagements ein Beteiligungsrecht der Naturschutz- verbände erreicht Die Tatsache, daß in Hessen heute amtlicher und ehrenamtlicher Natur- schutz in weiten Bereichen konstruktiv zusammenwirken, ist insbesondere Ihnen zu verdanken. Ihr Einsatz für den Naturschutz hat an den hessischen Grenzen nicht Halt gemacht. Lange Jahre waren Sie im Präsidium des Deutschen Bundes für Vogelschutz. Sie sind Mitglied in der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz, Mitglied der Arbeits- gruppe „Naturschutz in Griechenland" der Internationalen Union für Naturschutz. Zu Ihren Veröffentlichungen zählen u. a. auch das bedeutsame avifaunistische Kompendium Griechen- land in der Reihe des „Catalogus Faunae Graeciae". Sie sind Initiator der Ausweisung des Nationalparks „Prespa" und der in Vorbereitung befindlichen Nationalparke „Ewros" und „Rhodopen".

Meine Damen und Herren, Bundespräsident Heuss hat den Satz geprägt: „Die Demokratie lebt vom Ehrenamt". Sie, Herr Bauer, gehören zu denen, die dieses Postulat in hervorragender Weise gelebt und in die Wirklichkeit des Handelns umgesetzt haben. Und dieses Handeln wäre nie möglich gewesen ohne das Verständnis und die Hilfe, die Sie in Ihrer Gattin hatten. Und wenn ich Ihnen den Dank und die Anerkennung des Herrn Bundespräsidenten und zugleich der Hessischen Landesregierung übermittle, so gelten dieser Dank und diese Anerkennung auch für Ihre Gattin. 150 Mit der Verleihung des Verdienstkreuzes 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland wird Ihrer hervorragenden und vielfältigen Lebensleistung die verdiente Würdi- gung erwiesen. Ich freue mich, daß ich Ihnen gerade heute bei dieser besonderen Veranstaltung diesen hohen Orden überreichen darf. Der Wortlaut der Urkunde lautet

VERLEIHUNGSURKUNDE

IN ANERKENNUNG DER UM VOLK UND STAAT ERWORBENEN BESONDEREN VERDIENSTE

VERLEIHE ICH

HERRN WILHELM BAUER

FRANKFURT AM MAIN

DAS VERDIENSTKREUZ 1. KLASSE

DES VERDIENSTORDENS DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

BONN,DEN 16.JANUAR 1990

DER BUNDESPRASIDENT

14;dJ‚4A'

Ich freue mich sehr, daß Ihnen diese hohe Auszeichnung zuteil wird. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute. Ich danke Ihnen. Anschrift: Staatsministerin IRMGARD REICHHARDT Hessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, Hölderlinstraße 1-3, 6200 Wiesbaden

151 Neue Literatur

ZUNDEL, R. (1990): Einführung in die Forstwissenschaft.-360 5.,100 S/W-Abb., 50 Tabellen, (UTB 1557) Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

In einer Zeit, in der fast jeder einen mehr oder minder qualifizierten Kommentar zum Thema Wald abgibt und dennoch in weiten Kreisen der Bevölkerung durch Vorurteile geprägte, antiquierte oder romantisierende Vorstellungen über Wald und Forstwissenschaften vorherrschen, füllt dieses Taschenbuch in sachlichem Stil eine Lücke im Informationsangebot über umweltrelevante Disziplinen. Von anderen Veröffentlichungen zum Thema Wald unter- scheidet sich das vorliegende Buch durch seine Gliederung nach forstfachlichen Kriterien und die häufig geballten Fachinformationen zu bestimmten Fragestellungen, insbesondere zur Forstpolitik, ohne den Leser zu bestimmten Weltanschauungen zwischen „Bambischwär- merei" und „Ökotrip" überzeugen zu wollen. Ausgehend von den sozioökonomischen Rahmenbedingungen, forstlichen Strukturen und der geschichtlichen Entwicklung der unter- schiedlichsten Nutzungsansprüche an den Wald spannt derAutor einen Bogen über die natur- wissenschaftlich-Ökologischen, historischen, technischen und wirtschaftlichen Grundlagen hin zu aktuellen Zielen und Techniken der Bewirtschaftung des Waldes und informiert schließ- lich über die verschiedenen Teilbereiche forstlicher Ausbildung und Forschung. Durch die Mischung von zusammenfassendem Überblick, Detailinformationen zu bestimmten Einzel- themen und Verweisen auf Standardliteratur eignet sich das Taschenbuch gleichermaßen als Einführung und als komprimiertes Nachschlagewerk nicht nur für potentielle Forststudenten sondern auch für interessierte Laien wie z. B. Kommunalpolitiker waldreicher Gemeinden, Angehörige von Naturschutzorganisationen oder Lehrer. Die „Einführung in die Forstwirtschaft" von Rolf Zundel ist sehr konservativ in ihren Darstel- lungen und könnte, von wenigen Passagen abgesehen, auch vor fünfzehn Jahren geschrieben worden sein. Dies mag nur z.T.darin begründet liegen, daß sich in einer langfristig orientierten Wissenschaft nur wenige grundlegende Inhalte ändern. So wird mancher Leser vergeblich nach einer eingehenden kritischen Auseinandersetzung mit aktuellen Problemen wie natur- gemäßerWaldwirtschaft oder überhöhten Schalenwildbeständen suchen. Etwas bedauerlich ist auch die Tatsache, daß derAutor seine Einführung häufig nur an der Forstlichen Ausbildung an der Universität Göttingen bzw. in Niedersachsen orientiert und Vergleiche mit anderen Lehrmeinungen oder Systemen erschwert werden. K.-U. BATTEFELD

152 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 153-159 (1991)

25 Jahre HGON - Rückblick und Vorausschau -*) von WILLY BAUER, Frankfurt am Main

Frau Ministerin meine sehr verehrten Damen meine Herren,

nach so vielen Worten des Lobes und positiver Kritik, für die ich im Namen aller Mitglieder unserer Gesellschaft danke, will ich versuchen, im Zeitraffer die ersten 25 Jahre unserer Gesellschaft nachzuzeichnen und einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung des Natur- schutzes im Rahmen der uns bewegenden Fragen des Umweltschutzes und der Daseinsvor- sorge zu geben. So etwa würde eine herkömmliche Laudatio auf sich selbst beginnen, eine Nabelschau Zufrie- dener, nach 25 Jahren gemeinsamer Arbeit. Ich hoffe, nein ich weiß, daß Sie von mir etwas anderes erwarten: Eine ungeschminkte Darstel- lung dessen, was wir hinter uns haben, einen illusionslosen Ausblick auf die Zukunft und die Pflichten unserer Nachfolger. Am Anfang standen Frustration und Zorn weniger über die Unfähigkeit der Entscheidungs- träger, die katastrophalen Veränderungen unserer Umwelt zur Kenntnis nehmen zu wollen, obwohl sie auch damals schon von jedermann erkannt werden konnten, sofern er nur guten Willens war. Die Nachkriegsgeneration tanzte um das goldene Kalb des Wohlstandes, die Schornsteine rauchten, man begann, sich von derKnochenarbeit zurückzuziehen,die man anderen Ärmeren aus dem Ausland überließ. Auf erste, noch zaghaft vorgetragene Kritik von Naturwissen- schaftlern reagierte die damals schon etablierte Ellenbogen- und Wegwerfgesellschaft nicht. Man huldigte dem St. Floriansprinzip, für die Medien war das Ganze kein Thema. Nur wenige hatten sich bereits Gedanken darüber gemacht, welches teuflische Wirkungsge- füge hinter den eigentlich für jedermann erkennbaren Veränderungen in Fauna und Flora steckte. Es mußte doch auffallen, daß der Weißstorch aus unserem Lande verschwand, z. B. in der Wetterau, dem Hessischen Ried und der Schwalm, Kiebitz und Bekassine, Graureiher und viele Greifvogelarten immer seltener, dagegen das Fischsterben nie gekannten Ausmaßes immer häufiger wurden. Kaum jemand wagte weiterzudenken -und auch auszusprechen -daß dies' nur erste Zeichen für eine bevorstehende Apokalypse der Natur, für einen Zusammen- bruch ganzer Ökosysteme mit nicht mehr umkehrbaren Auswirkungen auf den Menschen waren. Mitte der 60er Jahre waren diese Menetekel nicht mehr zu übersehen. Nicht nur im Naturschutz begann es allerortens zu gären, auch in anderen gesellschaftspolitischen Bereichen zeichneten sich Umwälzungen ab, die bis in die Gegenwart fortwirken bzw. noch nicht zum Abschluß gekommen sind.

*) Vortrag zum 25. Jahrestag des Bestehens der „Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz" am 18. März 1990 in Frankfurt am Main

153 Naturschutz war und ist in erster Linie Aufgabe des Staates. Wie war es damals -1964 - damit bestellt? Der Naturschutzetat des Landes umfaßte 85.000,- DM, die Obere Naturschutz- behörde bestand aus drei Beamten. Einmal im Jahr erschienen in Wiesbaden die drei Bezirks- beauftragten und teilten sich das Geld auf. 0,2% der Landesfläche = 4000 ha waren als NSG „gesichert", etwa die Hälfte der Fläche nahm der „Kühkopf" ein. Bei den Regierungs- präsidenten waren noch nicht einmal zehn Beamte für Naturschutz zuständig. In den Kreisen nahmen meist das Bau- und Gartenamt die Aufgaben des Naturschutzes wahr, oftmals über einen halben Sachbearbeiter. Die Forstverwaltung war die Auftragsverwaltung für die Umsetzung des Naturschutzes; auch die Vogelschutzwarte in Frankfurt, getragen von einem Verein, gab sich redliche Mühe. Die Naturschutz-Verbände saßen in ihren selbst- gewählten Nischen, ohne Kooperation untereinander. Sie verhielten sich still. Dabei war ein gutes, gesetzliches Rahmenwerk vorhanden: im Bundesgebiet bestand das alte Reichsnatur- schutzgesetz fort, dem man die braunen Tupfen entfernt hatte, es wurde nur nicht vollzogen. Ohne Lobby erfuhr dies' die Öffentlichkeit nicht. In diesem Umfeld trafen sich am 5. Dezember 1964 hier im Senckenberg-Museum 52 Fach- und Feldornithologen, die vor dem Hintergrund des dramatischen Rückgangs der Arten und Individuenzahlen in der Vogelwelt die „Avifaunistische Arbeitsgemeinschaft Hessen" grün- deten. (Die Namen der Gründer sind der beigefügten Liste zu entnehmen). Auf die einengende Struktur eines Vereins wurde bewußt verzichtet, jeder war berechtigt, für die neue Arbeits- gemeinschaft zu sprechen. Den Vorsitz übernahm der damalige und heutige Leiter der Vogel- schutzwarte, Herr Dr. Keil, ich das Amt des Schriftführers; die Sammlung zur Deckung der Portokosten erbrachte DM 46,-. Wir stellten uns vier Hauptaufgaben: 1) Fortschreibung der ornithologischen Feldforschung in Hessen (1968 bereits in einem ersten Schritt abgeschlossen; bis heute unser wissenschaftliches Standbein.) 2) Eine landesweite Erfassung der Lebensräume bedrohter Arten, die bereits 1969/70 im ersten Durchgang abgeschlossen wurde. 3) Sicherung der besonders gefährdeten Lebensstätten als Naturschutzgebiete. Hieraus resultierten im Laufe der Jahrzehnte fast 300 Naturschutzgebiete mit einem Anteil von rd.70 0/0der in Hessen insgesamt als NSG ausgewiesenen Flächen, die wir im einzelnen - im wahrsten Sinne des Wortes - vorbereiteten und danach auch durchsetzten. Aus den früheren Jahren nenne ich das spätere Europareservat „Rheinauen Bingen- Erbach", Teiche in Vogelsberg und Westerwald, insgesamt über 100 NSG in hessischen Flußauen, dem Schwerpunkt unserer Arbeit bis zum heutigen Tag, die Schutzgebiete im Burgwald, das Rote Moor in der Rhön, ebenso die ersten Pflegepläne für bestehende, aber heruntergekommene NSG wie den „Kühkopf" und den „Lampertheimer Altrhein". 4) Einstellung der Bejagung von z. B. Greifvögeln, seltenen Enten oder Waldschnepfe. Dieses Ziel war nach langem Ringen endlich 1985 erreicht. Das Europäische Naturschutzjahr 1970 brachte ein Aufflackern der bescheidenen Fackel, die wir und andere inzwischen entfacht hatten, mehr nicht. Erst die Weltenergiekrise derJahre 1974 und 1975 verschaffte dem Naturschutz als wichtigsten Teil des allgemeinen Umweltschutzes Gehör in der Öffentlichkeit. Bis dahin waren wir gezwungen, unsere Sache allein durch- zufechten, nur auf den sicheren Beinen unserer naturwissenschaftlichen Kenntnisse stehend. Anfänglich hielten wir den Instanzenweg ein, dann begannen wir hemdsärmelig unüberhörbar an die Amtsstuben zu klopfen, in den Medien erschienen die ersten, Behörden und Politiker gleichermaßen erschreckenden Kommentare. 154 1972 ließen wir uns als Verein eintragen und änderten unseren Namen in „Hessische Gesell- schaft für Ornithologie und Naturschutz".

Es war die Einsicht in die Notwendigkeit, die Möglichkeiten des §29, des neuen,1976 in Kraft getretenen Bundesnaturschutzgesetzes sowie später das Klagerecht nach dem Hessischen Naturschutzgesetz von 1980 voll ausschöpfen zu müssen. Der Einzelne vermag nichts im Naturschutz. Diese Einsicht war für uns maßgeblich, die Gründung einer Arbeitsgruppe der Vorstände aller §-29-Verbände Hessens in die Wege zu leiten, die seitdem - als ein Unikum in der westdeutschen Naturschutzlandschaft - in fast 100 Sitzungen bei nahezu allen an- stehenden Problemen eine Konsenslösung auf hohem Niveau zustande brachte und dann gemeinsam gegenüber den Behörden vertrat. In den Jahren 1978 bis 1980 wurde nach jahrelangem Drängen die erste landesweite Biotop- kartierung mit maßgeblicher Beteiligung der HGON in Hessen durchgeführt und bereits 1985 unter Federführung unserer Gesellschaft fortgeschrieben. Auf dem Gebiet der „Verbundsysteme" leistete die HGON seit Anfang der 70er Jahre Pionier- arbeit und entwickelte Konzepte, die von Behörden übernommen wurden und bis heute gültig sind. So forderten wir bereits 1976 in unseren „Hersfelder Beschlüssen" die Entwicklung von Vernetzungssystemen über geeignete Landschaftsstrukturen zwischen den Schutzgebieten, die wir als „Knoten im Netz" bezeichneten.

1985 wird als Pilotprojekt das Waldverbundprojekt „Burgwald" auf Grund der Basisarbeiten der HGON ausgewiesen.

Mit dem „Auenverbund Wetterau" wurde auf dieser Grundlage mit heute 27 ausgewiesenen und 6 projektierten Naturschutzgebieten - eingebettet in etwa 6.500 ha Landschaftsschutz- gebiete - erstmals in der Bundesrepublik ein Verbund von Feuchtbiotopen auf großer Fläche realisiert.

Für dieses Pionierprojekt erhielt die HGON 1988 neben dem „Deutschen Umweltpreis" auch die derzeit höchste Naturschutzauszeichnung auf europäischer Ebene, den „European Conservation Award"der Ford Foundation verliehen, der damit erstmals in die Bundesrepublik ging. Begriffe wie „Feuchtland", „Trittstein", „Sekundärbiotop", „Regenerationsgebiet", „Rückbau" und „stille Erholung", sind Ergebnisse intensiver sprachlicher Auseinandersetzungen mit Problemen des Naturschutzes zuerst innerhalb der HGON angewandt worden; sind heute längst selbstverständlicher, allgemeiner Sprachgebrauch. In den letzten Monaten eröffnete sich ein traditionelles Betätigungsfeld der HGON mit über- raschender Intensität: der deutsch-deutsche Naturschutz.

Diese große Zukunftsaufgabe umfaßt gemeinsame Naturschutzprojekte im weitgehend noch ungestörten Grenzbereich und reicht bis zur Harmonisierung der Naturschutzrechtssysteme. In einem beispiellosen Einsatz haben etwa 20 ehrenamtliche Naturschützer-alte und neue Freunde aus Thüringen sowie Mitarbeiter unserer Arbeitskreise -Meißner, Hersfeld- Rotenburg und Fulda - in einem Streifen von je 5 km Tiefe zur Grenze-etwa 100 naturschutz- würdige Flächen, insgesamt ca. 8.000 ha, abgegrenzt, begründet und den Behörden in Bayern, Hessen und Thüringen zur Sicherstellung aufgegeben. Besonders hervorzuheben ist hierbei die Komplettierung unseres Auenverbundes „Werra- Aue" sowie die Projektion eines Biosphärenreservates „Hohe Rhön" mit hessischen, baye- rischen und thüringischen Gebietsanteilen auf einer Gesamtfläche von über 14.000 ha. Auf diese Leistung - gewissermaßen aus dem Stand - bin ich stolz; mein besonderer Dank gilt allen Beteiligten.

155 Die Sicherung dieser naturschutzwürdigen Substanz im Grenzgebiet wird zwar von allen poli- tischen Parteien - alten wie neuen - lauthals propagiert, Straßenbau, ungezügelter Tourismus und erste Bauwütige scheren sich jedoch wenig darum,verstoßen dabei wissentlich gegen die auf beiden Seiten bestehenden Rechtsvorschriften. Es muß uns gelingen, den Bewohnern im heutigen Grenzraum klarzumachen, daß Nutzen aus „sanftem Tourismus" auf lange Sicht den fragwürdigen Tagesprofiten aus einem zerstöre- rischen Intensivtourismus vorzuziehen ist. Industrieansiedlungen, die Anlage von Super- märkten etc. haben in dieser Zone nichts verloren. Den Landwirten müssen über Pflegeverträge zur Erhaltung artenreicher Kulturlandschaften wesentliche finanzielle Quellen erschlossen werden, die die öffentliche Hand ebenso aufzu- bringen hat, wie sie es für die Pflege von Baudenkmalen ganz selbstverständlich tut. Wir lassen uns dabei von der Vision leiten, daß es möglich sein müßte, diesen von Norden nach Süden und Südosten verlaufenden 1400 km langen früheren „Todesstreifen" als „Band des Lebens" zu erhalten, das größte Verbundsystem, das es je auf deutschem Boden geben kann, eine nie mehr wiederkehrende Chance, ein zusammenhängendes Genreservoir für Pflanzen und Tiere, einschließlich ihrer Wiederausbreitung zu sichern. Frau Ministerin Reichhardt hat mich - als einzigen Nichtbeamten in die von ihr begründeten Kommission „Naturschutz im Grenzraum Hessen-Thüringen" delegiert, wofür ich mich auch an dieser Stelle herzlich bedanken möchte. Damit bin ich in der Gegenwart angelangt. Die Gesellschaft umfaßt derzeit etwa 1000 Mit- glieder; bis heute werden als ordentliche Mitglieder nur Interessenten geworben, die bereit sind, Aufgaben zu übernehmen und sich aktiv für den Naturschutz in Hessen einzusetzen. Die Avifaunistik ist bis zum heutigen Tage wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit geblieben, in den letzten 10 Jahren erweitert auf andere Tierklassen wie Amphibien und Reptilien, Fledermäuse u. a. m. sowie durch enge Zusammenarbeit mit Feldbotanikern. Bevor ich mich nun der Frage: „Wie geht es weiter" zuwende, möchte ich allen Mitgliedern danken, d ie uns auf diesem Weg begleiten und dies gilt vor allem der Schar der 25, d ie aus dem Kreis der 52 Gründungsmitglieder übriggeblieben sind, ebenso unseren Ehrenmitgliedern Dr. Gerhard Berg-Schlosser, Erich Heider und Karl Rothmann sowie meinen Vorgängern im Amt, den Herren Dr. Werner Keil und Prof. Dr. Karl-Heinz Berck. Schließlich - ohne das Verständnis, das unsere Frauen, Familien und Freunde uns entgegenbrachten, hätten wir diese Leistungen nie vollbringen können. Dank aber auch unseren Partnern in Behörden und Politik. Ich will diese Verbindungen „interfraktionelle Beziehungen" nennen, die wir über die Koali- tionen hinweg sorgsam pflegten und bedeckt hielten. So erlebten wir sechs Minister und sechs Staatssekretäre, die uns zweimal umressortierten. Als echte Konservative haben wir dies alles überlebt und nach jedem Wechsel schnell das Heft wieder in die Hand genommen.

Wie geht es weiter? An dieser Stelle erwarten Sie von mir in erster Linie Forderungen an die öffentlichen Hände, die ich auch noch formulieren werde. Aber zunächst sollten wir unseren eigenen Standort, den Umgang miteinander, unser Auftreten nach außen überdenken. Zum Standort: Hier rate ich: „Schuster bleib' bei Deinem Leisten", d. h. in erster Linie Natur- schutz als elementaren Bestandteil, als Fundament des Umweltschutzes weiter betreiben. Die großen Fragen und Probleme des technischen Umweltschutzes sind nicht unsere Sache; hier sollten wir uns informativ halten und anderen zuarbeiten. Der Umgang untereinander: Es ist mir nicht gelungen,alle Mitglieder der HGON davon zu über- zeugen, daß auch in der Tagesarbeit regionale Prioritäten zu setzen sind, der eigene Raum (Gemeinde oder Kreis) nicht der limitierende Faktor sein kann. Eine gewisse-ich will es 'mal 156 „Weltläufigkeit” nennen - vermochte ich der Gesellschaft ebenfalls nur in sehr begrenztem Umfange zu vermitteln. Freude über Erfolge werden oftmals überlagert durch Jammern über diese oder jene Niederlage, die nie zu vermeiden sein werden.

Unser Auftreten nach außen: Es mag so bleiben, etwas mehr den Medien zugewandt; mir selbst wünsche ich, daß mich die Gelassenheit des Alters bald überkommen möge. Spätestens jetzt muß ich auf die Jugendarbeit zu sprechen kommen: Wir sind offen und freuen uns über die Mitarbeit allerJugendlichen, die bei uns lernen wollen. Danach ist rascher Aufstieg gewährleistet; das Durchschnittsalter unseres Vorstandes beweist es. Wir bemühen uns außerdem - meist mit Erfolg - um ihre berufliche Förderung. Manchen mußten wir allerdings außerhalb Hessens in eine Wartestellung placieren. Fremd bleiben uns - wahrscheinlich auch in Zukunft - Seiteneinsteiger und solche, die ohne Sinn für Realitäten das Ganze wollen.

Nun zu unseren Forderungen an die öffentliche Hand und die Träger der Politik: - Intensivierung der Pflege und Kontrolle bestehender Naturschutzgebiete.

- Ausbau der Vernetzungsstrukturen insbesondere in den Flußauen und Mittelgebirgen. - Sicherung der übrigen Landschaftsstrukturen, wie Feldholzinseln, Streuobstwiesen und Feldraine, Kleingewässer und Quellen. - Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und Schonung der Trinkwasserreserven durch naturnäheres Wirtschaften (Abbau des Einsatzes von Bioziden, Düngemitteln und Gülle).

- Zur Verfügungstellung von Domänenstreubesitz und Landbereitstellung zugunsten des Naturschutzes, z. B. in den Rheinauen durch Auflösung ganzer Domänenbetriebe, denn es ist nicht Aufgabe des Staates Landwirtschaft, wohl aber Naturschutz zu betreiben.

- Intensivierung des Vertragsnaturschutzes im Rahmen von Konzepten, die sich an den natur- räumlichen Gegebenheiten orientieren.

- Für den Forst: Aufgabe der„Altersklassenwirtschaft" und Bevorzugung von zwar in der Regel ertrag s reicheren , aber standortschwächeren Nadelbaumarten zugunsten von Misch- beständen, die naturnah zu pflegen und zu nutzen sind. Hierbei hat ein angemessener Totholzanteil (für Insekten, Vögel, Flechten, Pilze und Moose) im Wald zu verbleiben.

- Ausarbeiten eines leicht anwendbaren Verfahrens zur Festlegung von Ausgleichsabgaben, dem alle nicht ausgleichbaren Eingriffe, die jedoch wegen „übergeordneten öffentlichen Interessen" zugelassen werden müssen, zu unterwerfen sind.

Die bisherige Praxis hat sich als völlig ungeeignet erwiesen, Schäden bei Großeingriffen wie Bahn- und Straßenbau und Flughäfen auch nur abzumildern. Gelder müssen langfristig -nach Art einer Waldrücklage - z. B. in Stiftungen untergebracht werden. Als Faustregel nenne ich für die Zukunft: 10/0 der Bausumme - auch für den „Häuslebauer" in den Siedlungen -als Ab- gabe bei nicht ausgleichbaren Eingriffen einzufordern.

- Die staatliche Ausstattung des Naturschutzes mit Mitteln und Personal ist trotz gewisser Erhöhungen während der letzten Jahre - in erste Linie eine Folge ständigen Drängens der Verbände - nach wie vor völlig unzureichend (0,1 % des Landeshaushaltes!). Das Naturschutzpersonal entspricht dem Lehrerkollegium zweier Gymnasien oder einer großen Gesamtschule! Vor 14 Jahren bezeichnete ich in einem Memorandum der Naturschutzverbände, den Natur- schutzhaushalt des Landes - damals 140.000 DM - als noch nicht einmal ausreichend für den Kauf einer anständigen Eigentumswohnung in Frankfurt am Main.

157 Der Naturschutzhaushalt ist seitdem noch immer nicht adäquat den Aufgaben und Pflichten des Staates nach den Naturschutzgesetzen gewachsen. Hier muß zukünftig in ganz neuen Dimensionen gedacht werden! Dies werden wir fordern von allen denkbaren künftigen politischen Strukturen des Landes.

Lassen Sie mich zum Schluß kommen:

In unserer ornithologischen Bilanz 1980/90 stellten wir fest, daß inzwischen auch Aller- weltsarten wie Feldlerche und Feldsperling selten geworden sind und regional schon ganz fehlen. Mag das Verschwinden des Tüpfelsumpfhuhns, des Blaukehlchens, ja selbst des Auerhuhns, des Urhahns, die breite Öffentlichkeit kaum berühren, das Verschwinden der Feldlerche wird Schlagzeilen machen, ein Vogel, den jeder kennt, der fest verankert ist in Literatur und Liedgut. Die Ursachen des katastrophalen Rückganges sind heute schon eindeutig bekannt: Folgen der industriemäßig betriebenen Landwirtschaft. Wir werden uns dieser scheinbar unaufhaltsamen Entwicklung entgegenstemmen und neue Wege der landwirtschaftlichen Nutzung einfordern - denn: Gnade uns Gott, wenn Kinder und Enkel uns eines Tages dafür verantwortlich machen könnten, dieses unübersehbare Warnzeichen nicht erkannt zu haben. Mit dieser emotional klingenden, aber bitterernst gemeinten Warnung an uns alle möchte ich schließen und danke Ihnen für das Zuhören.

Anschrift der Verfassers: WILLY BAUER, Schneckenhofstraße 35, 6000 Frankfurt am Main 70

158 Teilnehmer an der Gründungsversammlung der Avifaunistischen Arbeitsgemeinschaft Hessen (ab 1972 Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz) am 5.12.1964 in Frankfurt/Main

1. F. Kopp, Frankfurt/Main 27. G. Dippell, Alsfeld 2. F. Kopecky, Frankfurt/Main 28. K. Kliebe, Moischt 3. C. Klaas, Oberursel 29. H. Baum, Gießen 4. E. Geist, Frankfurt/Main 30. K. Helbig, Walldorf 5. K.-H. Schaack, Offenbach/Main 31. H. Werner, Frankfurt/Main 6. G. Lambert, Frankfurt/Main 32. W. Loos, Bergen-Enkheim 7. D. Blume, Gladenbach 33. M. Jacob, Frankfurt/Main 8. K.-H. Berck, Bad Homburg 34. R. Koch, Frankfurt/Main 9. W. Sunkel, Tann 35. E. Heider, Fulda 10. F. Freitag, Wetzlar 36. 0. Jost, Fulda 11. L. Gebhardt, Gießen 37. L. Fessel, Fulda 12. G. Meier, Gießen 38. J. Faltermeier, Frankfurt/Main 13. A. Dilling, Germerode 39. H. Kruse, Mainz 14. W. Schössler, Gießen 40. H. Wiegand, Mainz 15. D. Langer, Frankfurt/Main 41. H. Siegel, Ludwigshafen 16. R. Roßbach, Friedberg 42. G. Günther, Frankfurt/Main 17. R. Wehner, Bad Homburg 43. W. Salzmann, Frankfurt/Main 18. P. Faber, Bad Homburg 44. F. Neubaur, Wiesbaden 19. 0. Nerlich, Frankfurt/Main 45. R. Mohr, Oberursel 20. R. Nerlich, Frankfurt/Main 46. G. Berg-Schlosser, Alsfeld 21. G. Stahlberg, Mühlheim/Main 47. W. Keil, Frankfurt/Main 22. W. Schläfer, Heusenstamm 48. J. Steinbacher, Frankfurt/Main 23. W. Noll, Offenbach/Main 49. D. Peters, Frankfurt/Main 24. H. Blumauer, Bad Soden 50. K. Rothmann, Groß-Umstadt 25. H. Frey, Bingen 51. A. Weigel, Wetzlar 26. K. Jeide, Moischt 52. W. Bauer, Frankfurt/Main

159 Neue Literatur

Zeitschrift „Praxis Geographie"; Westermann Schulbuchverlag GmbH, Braunschweig. Erscheinungsweise: monatlich. Diese Zeitschrift richtet sich in erster Linie an Geographielehrer. Sie ist für den Einsatz im Schulunterricht konzipiert worden. Auch Lehrer anderer Fächer (Biologie, Sozialkunde, Geschichte) können von der Zeitschrift profitieren. Die in den einzelnen Beiträgen angespro- chenen Themen sind breit gefächert Neben fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Leitaufsätzen findet man Artikel, die von der Geologie über die Geomorphologie bis hin zu Aspekten wie Industrie, Verkehr, Landes- und Raumplanung reichen. Überdies werden Vorschläge für Exkursionen (Klassenfahrten sowie Lehrerfortbildung) gemacht. Auch sind Anregungen für Klassenarbeiten/Klausuren und die schriftliche/mündliche Abiturprüfung zu finden. Statistiken, Kartenmaterial, Literatur- und Medienhinweise, Veranstaltungsberichte, ja sogar Spiele und Rätsel runden das Spektrum dieser Zeitschrift ab. Alle Beiträge sind als Kopiervorlagen für den Einsatz im Unterricht freigegeben. Die Qualität der Vorlagen ist - von wenigen Ausnahmen abgesehen - gut, wenngleich hin und wieder Skizzen bzw. Karten übersichtlicher sein könnten. Besonders positiv hervorzuheben ist die Tatsache, daß immer wieder Themen aus Regionen behandelt werden, die im unmittelbaren Erfahrungsbereich von Schülern liegen. Hier kann der Schüler selbst an Ort und Stelle nachprüfen,was in der Zeitschrift beschrieben wird. Natürlich kommen auch Aspekte aus weiter entfernten Gebieten nicht zu kurz. Die Zeitschrift verdient ihren Namen „Praxis Geographie" zu Recht. Neben den fachdidak- tischen und -methodischen Hinweisen bietet sie eine Fülle von Informationen, die in anspre- chender Weise einem jeden an der Geographie Interessierten vermittelt werden. G. ALMON

160 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 161-162 (1991)

Dr. Werner Keil im Ruhestand von KLAUS-ULRICH BATTEFELD, Wiesbaden

Ende Juni 1990 ist Regierungsdirektor Dr. Werner Keil nach Erreichen der Alters- grenze aus dem aktiven Dienst des Landes Hessen ausgeschieden. Fast 40 Jahre ist er an der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt am Main tätig gewesen, davon allein über 26 Jahre als deren Leiter. Geboren und aufgewachsen in Gießen, mußte Werner Keil nach dem Schulbesuch ab 1943 das Schicksal vieler Altersge- nossen teilen und am zweiten Weltkrieg als Soldat teilnehmen. Nach dem Ende der Kriegsgefangenschaft 1947 nahm er das Biologiestudium an der Justus-Liebig- Universität in Gießen auf, das er mit der Promotion zum Dr. rer. nat. im Januar 1952 abschloß. Wenige Monate später begann auch schon die Tätigkeit Dr. Keils an der Vogelschutzwarte. Ab 15. April 1952 ar- beitete er zunächst aufgrund jährlich be- fristeter Werkverträge. Am 1. Oktober 1960 übernahm er die neugeschaffene Stelle Dr. Werner Keil, 17. März 1990 eines wissenschaftlichen Assistenten im (Foto: Dr. R. Roßbach) Angestelltenverhältnis. Nach einem ein- stimmigen Beschluß des Verwaltungsrates der damals noch als Verein bestehenden Vogelschutzwarte wurde er zum 1. Januar 1964 als Nachfolger von Sebastian Pfeifer zu deren Leiter berufen.

Dr. Werner Keil hat sein Leben in den Dienst des Vogelschutzes gestellt. Ausgehend von seiner beruflichen Hauptaufgabe war er Mitinitiator vielfältiger ornithologischer Aktivitäten des amtlichen und ehrenamtlichen Naturschutzes, insbesondere in Hessen und Rheinland-Pfalz. Lange Zeit hatte er den Vorsitz der Vogelkundlichen Beobachtungsstation Untermain, der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, sowie des Deutschen Aus- schusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr inne.

In die Zeit der Tätigkeit von Dr. Keil fiel die Verstaatlichung der Vogelschutzwarte im Jahre 1973 und das 50jährige Jubiläum am 7. Oktober 1987.

Über 300 Veröffentlichungen zu Themen des Arten-, Biotop- und insbesondere des Vogel- schutzes stammen aus seiner Feder (oder als Mitverfasser). Einige ausgewählte Titel kenn- zeichnen die Schwerpunkte seiner Tätigkeit:

161 - Versuche zur Steigerung der Siedlungsdichte höhlen- und freibrütender Vogelarten und ernährungsbiologische Untersuchungen an Nestlingen einiger Singvogelarten in einem Schadgebiet des Eichenwicklers (Tortrix viridana L.) im Osten von Frankfurt/Main (1958). - Siebenjährige Untersuchungen zur Ernährungsbiologie nestjunger Singvögel (1959). - Untersuchungen über die Populationsdynamik und Ernährungsbiologie des Haussper- lings(Passer domesticus) in hessischen Getreideanbaugebieten (1962). - Abwehr vom Star (Sturnus vulgaris) aus Weinbaugebieten mit phonakustischen Methoden (1962). - Vögel und Luftverkehr (1965). - Die Situation des Graureihers in Hessen (1970). - Kiesgruben -Trittsteine an den Zugstraßen der Wasservögel (1972). - Untersuchungen zur Biologie und Ökologie der Waldschnepfe - Scolopax rusticola - in Mittelgebirgsregionen (1980). - Biotopmanagement des Großen Brachvogels in Hessen (1983). - Das hessische Artenschutzprojekt Wanderfalke - Falco peregrinus (1987). Die Mehrzahl seiner Beiträge wurde in den ornithologischen Zeitschriften „Luscinia", „Em- beriza" sowie „Vogel und Umwelt" veröffentlicht, in deren Redaktion er in führender Position mitgearbeitet hat. Die letztgenannte Zeitschrift „Vogel und Umwelt", die nunmehr seit über 10 Jahren besteht, wurde wesentlich von der Vogelschutzwarte unter seiner Leitung mitgeprägt. Ihrem Redaktionsbeirat wird Dr. Keil auch künftig angehören.

Anschrift des Verfassers: KLAUS-ULRICH BATTEFELD, Hessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, Hölderlinstraße 1- 3, 6200 Wiesbaden.

Neue Literatur

PÄTZOLD, R. (1990): Der Baumpieper. -130 S., 63 Abb.,1 Farbtafel. Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 601, A. Ziemsen Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. Der Baumpieper gehört zu den einheimischen Brutvogelarten, die nicht der Roten Liste ange- hören. Er ist ein Charaktervogel lichter Waldungen; aber auch Heidegebiete und lückige Streuobstanlagen gehören zu seinen Lebensräumen. Vor allem sein Singflug zieht den Beobachter in Bann. Es ist jedoch bedauerlich, daß schli chtfarbene Vogelarten weit geringeres Interesse bei Artbearbeitern finden als andere. Dieser Umstand läßt sich z. B. am relativ geringen Umfang des Literaturverzeichnisses (knapp 6 Seiten) ablesen. Auf Grund eigener Untersuchungen des Autors und einer umfassenden Würdigung der einschlägigen Literatur wird u. a. unterrichtet über: Systematik, Morphologie, Lebensraum, Ernährungsbiologie, Verhalten, Lautäußerungen, Fortpflanzung, Mauser,Wanderungen,Verluste und Bestandsent- wicklung. Schwarz-weiß-Fotos, Zeichnungen, Sonogramme, Tabellen und Grafiken ergänzen den Text. Zahlreich sind die Anstöße für das weitere Studium dieses Piepers. Mit vorliegender Monografie wird bereits die 2. Art dieser Gattung in der Neuen Brehm Bücherei behandelt (Der Wiesenpieper; s. Besprechung Vogel und Umwelt 6: 132). W. KEIL 162 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 163-165 (1991)

Nachdenken über einen Ruheständler - Dr. Werner Keil von HEINRICH SPRANKEL, Gießen

Angesichts des großen Interesses, das die Neubesetzung der Leiterstelle der Staatlichen Vogelschutzwarte nicht nur im Zoologenkreis ausgelöst hat, ist es wohl der Mühe wert, den Ursachen für die hohe Wertschätzung der an sich kleinen, erst seit 1973 existierenden Dienst- stelle nachzugehen. Ein Verwaltungsabkommen zwischen Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und der Stadt Frankfurt löste das mit mancherlei Unsicherheiten belastete Dasein als e.V. ab und fixierte die von dem ab 1964 tätigen Leiter Dr. Werner Keil entwickelte Aufgabenstellung. Seine in den Jahresberichten nachvollziehbare lange Publikationsliste spiegelt das schnelle Reagieren auf die ständig im Fluß befindlichen und tiefgreifender werdenden Eingriffe des Menschen in seine Umwelt wider. So lagen und liegen Attraktivität und Bedeutung der Vogel- schutzwarte in der Tatsache, daß sie frühzeitig, lange vor der Einrichtung von Umweltministe- rien den Ländern ein Instrumentarium an die Hand gegeben hat, das in dieser Konfliktsitua- tion sowohl auf vielen horizontalen Ebenen den Informationsfluß stimuliert als auch in die Vertikale zur Legislative steuert und umgekehrt. Das Wissen um die Indikatorfunktion des stoffwechselintensiven Vogelorganismus ist so heute fast Allgemeingut. Den Ausbau der Basis in Gestalt des Vertrauensmännernetzes für Vogelschutz und die Zusammenarbeit mit den Naturschutzverbänden hat sich Werner Keil stets angelegen sein lassen. Seine kaum zählbaren Abendveranstaltungen unter Hinnahme weiter Wegstrecken bis zur Grenze der physischen Belastbarkeit haben Werner Keil als diskursfähigen, auch den Mann-auf-der-Straße erreichenden Wissenschaftler bekannt gemacht. Seine einschätzbare Haltung, erarbeitete Einsichten konsequent zu vertreten, mag zwar manchem als unbequem erschienen sein, schützte ihn aber vor der Gefahr, zerredet zu werden. Dem Studienkollegen und Freund als Verfasser dieser Zeilen obliegt es, ein im Zuge der starken Resonanz etwa auf Werner Keils Schulfunksendungen, die gleichzeitig die Mütter am Kochtopf erreichten, aufgetauchtes Phänomen zu verarbeiten, das im Ostteil des Kreises Gießen, Stammheimat der Keils, bis zum universitären Bereich weit verbreitet ist: Die hohe Kopfzahl der Namensträger - wahrscheinlich genealogisch verbunden und überraschend einheitlich charakterisiert durch Pionierhaltung und Beharrungsvermögen - erforderte ein differenzierendes Präfix: „Vogel-Keil" ehrt Mann und Institution. Die heute für die Ausprägung der Persönlichkeit weit wichtiger als die genetische Ausstattung angesehene Rolle des sozialen Umfeldes erfordert einen Exkurs in die Studienzeit an der arg zerbombten Ludoviciana, als Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinär- medizin von den Besatzern knapp akzeptiert, die laut Potsdamer Beschlüssen ein Agrar- völkchen aus uns machen wollten. Hier durften die sogenannten Hilfswissenschaften Mathe- matik, Physik, Chemie, Geologie und Biologie im Sommersemester1948 eigene Studiengänge einrichten für jeweils sieben von den Ordinarien in einem Aufnahmegespräch handverlesene Bewerber. Wir waren dabei, trübe Zukunftsprognosen überhörten wir! Werner Keil, seit Wintersemester 1947 in Marburg Gasthörer, kehrte zugunsten des elterlichen Herdes in Gießen der intakten Universität den Rücken. Die damalige Sach- und Raumausstat- tung zu schildern, wäre müßig, da aus heutiger Sicht unglaubwürdig wirkend. Der aus poli- :ischen Gründen bis auf die alten Ordinarien ausgedünnte Lehrkörper erzwang reget-

163 mäßig Besuch jeder Veranstaltung und Mitschreiben, wie sonst hätte man angesichts fehlender und nach der Währungsreform kaum erschwinglicher Lehrbücher Wissen ansam- meln können. Ausleihen sorgfältig ausgearbeiteter Kladden, wichtigste Examensgrundlage, als Gegenleistung für Anstehen vor verschlossener Hörsaaltür, um dann bei streng festgelegter Obergrenze Sitzplätze im harten Körpereinsatz zu ergattern, bildete den Ausgang für eine dauerhaft kooperierende kleine Gruppe, die im Gegensatz zu den anschließenden Semestern vom Krieg noch unmittelbar betroffen war. Durch selbstorganisierte Exkursionen zu Fuß oder per Rad versuchten wir, dem drückenden Mangel an feldbiologischer Erfahrung und in der Artenkenntnis zu begegnen. Der Zoologe, Prof. W.-J. Schmidt, unser Doktorvater, überließ uns verständnisvoll den Praktikumsraum während der Semesterferien zur Aufarbei- tung des Materials. Hierzu gehörte auch der spontane, bescheidene Wiederaufbau der mit der alten Zoologie in der Bahnhofsstraße untergegangenen Sannmlungen,vor allem mit Schädeln, die wir durch Naturmazeration unter besser nicht beschriebenen hygienischen Umständen aus Abgängen des Zoologischen Garten Frankfurt gewannen. Als Wohltat wurden die vogelkundlichen Exkursionen samstagvormittags bzw. am Sonntag unter Einschluß der DBV-Mitglieder des Umlandes von Otto Völker empfunden. Dank seiner sorgfältigen Vorbereitung kamen selbst Massen zum positiven Beobachtungsergebnis. In der Retrospektive erscheint mir Werner Keil zunehmend in der Rolle des beachtlich reiferen und disziplinierter arbeitenden Zugpferdes, das die im Durchschnitt zwei Jahre jüngeren Kommilitonen schließlich mit der Promotion anfang 1952 überholte. Das Ausschöpfen des Machbaren und die Kunst der Improvisation hat ihm Gießen gründlich vermittelt. Unvergessen sind seine plastischen Schilderungen des „american way of life", zu denen ihm die Gefangennahme 1944 auf dem italienischen Kriegsschauplatz verholfen hatte. Nach einem Zwischenaufenthalt in Nordafrika fand er sich unter anderem als Erntehelfer in den Südstaaten wieder. Der Rückkehr in die Heimat Herbst 1947 war noch ein längerer Aufenthalt unter der Obhut der britischen Armee in England vorgeschaltet, gelockert durch viel Bewegungsfreiheit auf der Basis des sich wechselseitigen Respektierens. Seine Sprachgewandtheit hatte ihn bald in der Rolle des Dolmetschers aus der Masse der Kriegsgefangenen herausgehoben. Entlastung von der Sorge um das dritte Examensfach und eine gern angenommene Verbreite- rung unseres biologischen Wissens brachte die Berufung des Wirtschaftsgeographen Gerhard Bartsch. Etwa seine Landeskunde von Hessen, vertieft durch Seminare und sehr beliebte Exkursionen, lehrte uns erst später in ihrem Wert erkannte, vernetzte Betrachtungs- weisen einer Region auf kulturhistorischer Grundlage, wie sie heute in Form von Entwicklungs- gutachten oder Landschaftsplänen üblich sind. Ein am Rande liegendes Ereignis soll hier noch einmal aufleben, dessen Einordnung allein dem Ruheständler als dem einzigen Beteiligten aus dem damaligen Grüppchen zusteht. Der Inhaber des Lehrstuhles für Botanik, Ernst Küster, allen schönen Künsten sehr zugetan, wurde zu seinem 75. (!) Geburtstag in seinem Hause mit der Aufführung des Lustspiels MoliAres „Die gelehrten Frauen" geehrt. Werner Keil bewährte sich in der ungewohnten Rolle des vielge- plagten Familienvaters, nachdem es dem reinen Damenflor des Küsterschen Institutes mit einiger Mühe gelungen war, die männlichen Darstelleraus der Reihe der potentiellen Zoologen zu gewinnen. Die Verweigerung des Autors brachte ihn an den Rand der Ungnade. Jeder, der durch die Schule der alten Ordinarien gegangen ist, wird dankbar anerkennen, daß sie uns Brücken bauten zu unserer kulturellen Tradition, zumindest uns erkennen ließen, in welcher geistigen Isolation wir seit 1933 gelebt hatten. Mit großer Geduld, aber unnachsichtig haben sie uns in vielen kleinen Schritten vor allem auf sauberes, wissenschaftliches Arbeiten festgelegt, dessen zeitlose Tragfähigkeit sich auch bei jedem neuen Forschungsgegenstand bewährt hat. 164 So gerüstet traf Werner Keil im Frühjahr 1952, jahrelang, bis 1960 schmal alimentiert auf der Basis von Werkverträgen, auf den damaligen Leiter der Vogelschutzwarte, Sebastian Pfeifer, hocherfahrener Feldornithologe, zuvor neben seinem Beruf langjähriger Vorsitzender der Vogelkundlichen Beobachtungsstation Untermain. Das auch heute immer wieder betonte Defizit der Biologenausbildung im Bereich Management, Finanz- und Verwaltungswesen, trivial zusammengefaßt als Behördenerfahrung, hat Werner Keil sicher manches Problem bereitet. Man geht wohl nicht fehl, daß in der ehelichen Partnerschaft mit Dr. Erika Schmidt,aus der Schule Ernst Küsters stammend, mancher harte Stoß der Anfangsphase und auch später gemeinsam abgefedert wurde.

Der Würdigung der einzelnen Arbeitsfelder ist andernorts bereits genüge getan. Sie als Antwort auf die Herausforderung der in Bezug auf Artenschwund und Biotopmanagement sensibler gewordenen Gesellschaft gesehen, war der Verwaltungsrat gut beraten, sich nach dem Ausscheiden von Sebastian Pfeifer für eine Nachfolge vor Ort zu entschließen und Dr. Keil ab 1. Januar 1964 die Leitung der Vogelschutzwarte zu übertragen und so die Kontinuität ihrer Arbeit zu sichern.

Damals erhielt die persönliche Verbindung zu Dr. Keil eine Verstärkung der Zusammenarbeit durch die gemeinsame Mitgliedschaft im Arbeitskreis Wildbiologie an der Justus-Liebig- Universität Gießen e.V. (AKW). In vielen Mitgliederversammlungen haben wir den fachmän- nischen Rat von Werner Keil zum Beispiel in der Frage der Bejagung der Schnepfen, der Rabenvögel, im Problemkreis Erhalt des Auerhuhns und des Haselhuhns gern in Anspruch genommen. Als ein greifbares Ergebnis der Kooperation liegt eine umfangreiche Feldstudie über das Rebhuhn in Form eines Bandes der Schriftenreihe des AKW e.V. vor. Es ist für Werner Keil sicher keine Unterstellung, daß er -wie auch die Mitglieder des AKWe.V. - die Ernennung von Dr. Klaus Richarz zu seinem Nachfolger mit Genugtuung aufgenommen hat. Land und Leute kennend und verstehend, aus der Gießener Schule kommend, zum AKW e.V. Vorstand gehörig und mit reicher Erfahrung als Artenschutz-Beauftragter der Regierung von Oberbayern sind in seiner Person Tradition und Fortschritt gleichermaßen gesichert.

Er wäre nicht Werner Keil, wenn er nach 38 Jahren hohen Engagements nicht für den Ruhe- stand Konzepte bereithielte. Ein lange aufgestauter Fundus von Erfahrungen sorgt nun für eine selbstbestimmte, reiche schriftstellerische Tätigkeit und für geistige Frische. - Die Pflege seiner Obstwiesen werden Ausdauer und Geschicklichkeit herausfordern und erhalten.

Wer einen Apfelbaum pflanzt, schaut bekanntlich mit Optimismus in die Zukunft. Wir begleiten ihn dabei mit allen guten Wünschen. Möge er gleichzeitig die zarte weibliche Mahnung des Schlußmottos mit heiterer Gelassenheit annehmen: Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die Zeit vorüber, in der man kann. (Maria von Ebner-Eschenbach)

Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. H. SPRANKEL, Vorsitzender des Arbeitskreises Wildbiologie an der Justus-Liebig- Universität e.V., Heinrich-Buff-Ring 25, 6300 Gießen

165 Neue Literatur

ROTH, H. J. (1989): Naturkundliche Bibliographie des rechtsrheinischen Schiefergebirges zwischen Lahn und Sieg (Hessen, Nordrhein-Wetsfalen, Rheinland-Pfalz: Sieben- gebirge, Westerwald, Bergisches Land, Hessisches Hinterland). - Bd. 3 der Schriften- reihe Planaria. ISSN 0931-3737. - 202 Seiten. - Bezug: Biologische Station Bergisches Land e.V., Schmitzbüchel 2, 5063 Overath. Mit der Bibliographie legt der Autor, der als Westerwaldkenner bekannt ist, die erste natur- kundliche Westerwald-Bibliographie überhaupt vor. Etwa 2.550 Bücher und Aufsätze werden zitiert, darunter auch schwer zugängliche Artikel, die in Heimatkalendern und Heimat-Jahr- büchern im Landkreis Neuwied erschienen sind. Dieser Teil der Literaturerfassung sollte bei einer Neuauflage bzw. Ergänzungslieferung um Heimatkalender und -Jahrbücher weiterer Stadt-und Landkreise erweitert werden. Die Bibliographie berücksichtigt das bis Ende 1986 erschienene Schrifttum. Die Literaturzitate werden folgenden Sachgebieten zugeordnet: Geowissenschaften, Biowissenschaften (u. a. Ornithologie),Gewässer, Landeskunde und eine Reihe spezieller Titel über das Siebengebirge. Die Bibliographie umfaßt ein 45 Seiten umfassendes Autoren-Register, das für den Benutzer eine willkommene Hilfe darstellt. Ungeachtet der vielen Druckfehler, die vermutlich auf die Textverabeitung mittels PC zurück- zuführen sind, und des nach Meinung des Rezensenten etwas zu hohen Preises kann diese Bibliographie auch hessischen Naturkundlern und Naturschützern sehr empfohlen werden. K FIEDLER

166

Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 167-205 (1991)

Vogelbestandserfassung 1990 in der Niddaaue Frankfurt (Gelände der Bundesgartenschau 1989) * von KURT MÖBUS, Frankfurt am Main

1. Einleitung

2. Material und Methoden 2.1 Definitionen und Abkürzungen 2.2 Untersuchungs- und Auswertungsmethoden 2.3 Bewertungsmethoden 2.4 Methoden des Vergleichs

3. Äußerliche Veränderungen im Untersuchungsgebiet 3.1 Veränderungen auf den Probeflächen 3.2 Klimavergleich

4. Ergebnisse der Untersuchungen 4.1 Der Artenbestand im Untersuchungsgebiet 4.2 Systematische Übersicht der Brutvogelarten im Probeflächengebiet 4.3 Ergebnisse der Siedlungsdichteuntersuchungen; Bewertungen

5. Diskussion der Ergebnisse

5.1 Einschränkung der Aussagefähigkeit 5.2 Diskussion der Veränderungen im Untersuchungsgebiet 5.3 Diskussion der Veränderungen im Probeflächengebiet 5.4 Diskussion der Veränderungen auf den Probeflächen 5.5 Fazit

6. Vorschläge für die weitere Gestaltung des Gebiets

7. Zusammenfassung

8. Literatur

* erstellt im Auftrag der Bundesgartenschau Frankfurt 1989 GmbH und mit Unterstützung der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

167 1. Einleitung

Nach 1984 (BAUSCHMANN 1987) und 1987 (MÖBUS 1989a) wurde im Jahr 1990 zum drit- tenmal eine Vogelbestandserfassung auf dem Bundesgartenschaugelände im Niddatal durchgeführt. Die methodischen Vorgaben formulierte BAUSCHMANN (1987). Sie wurden,wie schon im Jahre 1987, vom Verfasser gemäß Auftrag unverändert übernommen; im Mittelpunkt stehen Siedlungsdichteuntersuchungen auf ausgewählten Probeflächen. Zu den ursprüng- lich sechs Probeflächen kam jedoch 1987 eine siebte und 1990 eine achte hinzu (siehe Abb.1). Daneben wurde wieder der Artenbestand des gesamten Untersuchungsgebiets erfaßt.

Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Untersuchung liegt auf der Frage, wie sich die Groß- veranstaltung Bundesgartenschau auf den Vogelbestand des Gartenschaugeländes ausge- wirkt hat. Eine weitere Zielsetzung besteht darin, Perspektiven für die weitere Entwicklung und Pflege des Untersuchungsgebiets zu entwerfen. Von besonderem Interesse sind dabei die Möglichkeiten, die sich aus der Planung des „Volksparks Niddaaue" ergeben.

2. Material und Methoden

2.1 Definitionen und Abkürzungen

Es werden die gleichen Definitionen wie 1987 verwendet (MÖBUS 1989a):

Untersuchungsgebiet = die gesamte Fläche des Bundesgartenschaugeländes (ca. 170 ha).

Probeflächengebiet = die Gesamtheit der acht untersuchten Probeflächen

Brutvögel =Arten, die nachweislich im Gebiet brüteten oder im Sinne der Untersuchungsmethoden ein Revier besetzt hatten

Vogelgemeinschaft = die Gesamtheit der auf einer bestimmten Fläche lebenden Brutvögel

BP = Brutpaar (nachgewiesene Brut oder besetztes Revier) Rev. = „Revier" im Sinne der Untersuchungsmethode PF = Probefläche

2.2 Untersuchungs- und Auswertungsmethoden

Wie in den Vorjahren wurde die Siedlungsdichte auf den Probeflächen nach den Empfeh- lungen von ERZet al. (1968) ermittelt.16 Begehungen verteilten sich auf die Monate Februar (1), März (2), April (3), Mai (7), Juni (2) und Juli (1). Die Zahl der Begehungen pro Fläche lag bei maximal 15 und minimal 10, im Mittel bei 11,6. 168 Abb. 1: Lage des Untersuchungsgebiets und der acht Probeflächen

Legende: Grenze des Untersuchungsgebietes Grenze und Nr. der Probeflächen

169 Die Auswertung der Ergebnisse erfolgte in der gleichen Weise wie in BAUSCHMANN (1987) und MÖBUS (1989a) beschrieben.

Darüberhinaus wurde stärkeres Gewicht auf die qualitativen und quantitativen Veränderungen gelegt. Zusätzlich zu den bisherigen ökologischen Indizes (Abundanz, Dominanz, Diversität nach SHANNON/WEAVER, Eveness) werden daher Ähnlichkeitsindizes angeführt.

2.3 Bewertungsmethoden

Bewertungen sind, mit Ausnahme der Bewertung anhand des relativen Artenreichtums, aufgrund der Untersuchungsmethode nur für die quantitativ untersuchten Flächen (Probeflä- chengebiet), nicht aber für das gesamte Untersuchungsgebiet möglich. Die Bewertung des Probeflächengebiets und der einzelnen Probeflächen erfolgt anhand von vier weitgehend voneinander unabhängigen Kriterien: 2.3.1 der Diversität und Eveness (flächenbezogen). 2.3.2 dem relativen Artenreichtum (flächenbezogen). 2.3.3 dem Vorkommen gefährdeter Arten. 2.3.4 der Siedlungsdichte.

Aus den Ergebnissen der vier unabhängigen Bewertungen wird eine zusammenfassende Bewertungsziffer errechnet (2.3.5.).

2.3.1 Bewertung anhand von Diversität und Eveness

Diese Bewertung erfolgt anhand der von Verfasser (MÖBUS 1989b) erstmals definierten Begriffe „flächenbezogene Diversität" Dpot und „flächenbezogene Eveness (Ausbildungsgrad der Diversität)" Epot. Als „flächenbezogene Diversität" wird diejenige maximale Diversität bezeichnet, die sich aus der nach der Arten-Areal-Beziehung (siehe Abschnitt 2.3.2) zu erwartenden Artenzahl Ntheor berechnet: Dpo, = In Ntheor. Die flächenbezogene Eveness Epot ist die Ausbildung der Diversität D als Prozentsatz von Dpot. Die Einführung dieser beiden Größen ermöglicht es, Siedlungsdichteuntersuchungen aus unterschiedlichsten Gebieten direkt hinsichtlich Diversität und Eveness zu vergleichen.

2.3.2 Bewertung anhand des relativen Artenreichtums

Grundlage der zweiten Bewertungsmethode ist die Arten-Areal-Beziehung, die angibt, wieviele Brutvogelarten (N) in Mitteleuropa auf einer Fläche der Größe A (in km2) theoretisch zu erwarten sind (BANSE & BEZZEL 1984): N= 42,1. A° 14

Der Erwartungswert (EW) wurde von BANSE und BEZZEL für kleine Flächen (< 1 km2) extra- poliert, so daß ein Vergleich mit der im Untersuchungsgebiet tatsächlich festgestellten Arten- zahl möglich ist. Das Ergebnis des Vergleichs führt zu einer Bewertung in fünf möglichen Stufen: 170

Stufe Bewertung Kriterium (Artenzahl ist...) O O

kein Brutvogel 0 .- .-

C‘ sehr artenarm <0,5 EW

.1 02 02 .1 artenarm < EW

• mittlere Artenzahl ca. EW :1" :1"

artenreich > EW

L( ) ) sehr artenreich > 2 EW

2.3.3 Bewertung anhand des Vorkommens gefährdeter Arten

Die dritte Bewertungsmethode beruht auf der Anzahl von Brutpaaren gefährdeter Arten (BERNDT et al. 1978). Anhand des folgenden Schemas wird eine Punktzahl ermittelt:

Gefährdungskategorie Anzahl BP Punkte pro Art über 5 24 1 3 - 5 16 1 -2 10 über 5 8 2 3 - 5 4 1 - 2 2 über 5 4 3,4 3 - 5 2 1 - 2 1

Nach der erreichten Punktezahl wird die Bedeutung der untersuchten Fläche als Vogelbrut- gebiet eingestuft:

Mindestpunktzahl Bewertung 2 * lokal bedeutendes Vogelbrutgebiet 10 * regional bedeutendes Vogelbrutgebiet 24 ** national bedeutendes Vogelbrutgebiet 24 *** kontinental bedeutendes Vogelbrutgebiet

Punktvergabe nach der * regionalen ** nationalen *** kontinentalen Roten Liste.

2.3.4 Bewertung anhand der Siedlungsdichte

Anhand einer Skala von Abundanzwerten, die vom Verfasser durch Vergleich mit anderen Siedlungsdichteuntersuchungen aufgestellt wurde, werden die Probeflächen nach der Gesamt-Abundanz bewertet. 171 Die Bewertungsklassen werden folgendermaßen definiert:

Bewertungsklasse Abundanz Bewertung 0 0 nicht besiedelt 1 < 5 BP/10 ha sehr gering besiedelt 2 < 25 BP/10 ha gering besiedelt 3 < 100 BP/10 ha mäßig dicht besiedelt 4 <300 BP/10 ha dicht besiedelt 5 > 300 BP/10 ha sehr dicht besiedelt

2.3.5 Zusammenfassende Bewertungsziffer

Für die Berechnung der zusammenfassenden Bewertungsziffer werden in jeder Bewertungs- kategorie sechs Bewertungsklassen vergeben. Bewertungsklasse 1 entspricht 0 Punkten, Bewertungsklasse 6 fünf Punkten.

Bewertungskriterium „Diversität": Die absolute Diversität wird in Beziehung zu der theoretischen Diversität Dmax gesetzt, die sich als Dmax =In N theor mit N—theor als Erwartungswert der Artenzahl für die bestimmte Flächengröße (BANSE & BEZZEL 1984) ergibt.

Bewertungsklasse Kriterium Punktezahl 1 0 0 2 < 0,5 EW 1 3 < EW 2 4 ca. EW 3 5 > EW 4 6 >2 EW 5

Bewertungskriterium „Artenzahl": die Definition der Klassen folgt BANSE & BEZZEL (1984):

Bewertungsklasse Kriterium Punktezahl 1 0 0 2 <0,5 EW 1 3 < EW 2 4 ca. EW 3 5 > EW 4 6 >2 EW 5

172 Bewertungskriterium „Gefährdete Arten": Die Punktezahlen werden zunächst nach den Empfehlungen von BERNDT et al. (1978) errechnet. Je nach Punktezahl ergeben sich dann folgende Bewertungsklassen:

Bewertungsklasse Kriterium Punktezahl 1 keine RL-Art 0 2 1- 2 1 3 3 - 4 2 4 5- 8 3 5 9 -16 4 6 > 16 5

Bewertungskriterium „Siedlungsdichte": Die Bewertungsziffer kann direkt aus der Tabelle in Abschnitt 2.3.4 entnommen werden.

Anhand der ermittelten Gesamtpunktzahl werden folgende Kategorien einer Gesamtbewer- tung definiert:

Punktezahl Bewertung 0 kein Vogelbrutgebiet 3 - 4 Vogelbrutgebiet mit sehr geringer Bedeutung 5- 6 Vogelbrutgebiet mit geringer Bedeutung 7- 9 Vogelbrutgebiet mit mittlerer Bedeutung 10-12 Vogelbrutgebiet mit mäßig hoher Bedeutung 13 -16 Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeutung 17-20 Vogelbrutgebiet mit sehr hoher Bedeutung

2.4 Methoden des Vergleichs

Zur Interpretation der Unterschiede in den Ergebnissen derJahre 1984,1987 und 1990 werden zwei Ähnlichkeitsindizes berechnet, die beide Werte zwischen 0 und 100 erreichen können:

2.4.1 RENKONEN-Index

Der RENKONEN-Index Re ist definiert als

Re =E min Pa, b i =1 mit: min pa, b = kleinster Dominanzwert der gemeinsamen Arten in zwei Jahren a und b, i =Art i G =Anzahl der gemeinsamen Arten derJahre a und b; (verändert nach MÜHLENBERG 1989). 173 Der REN KONEN-Index ist ein Maß für die Übereinstimmung der Dominanzverhältnisse in den Vogelgemeinschaften zweier Probeflächen bzw. einer Fläche in zwei zu vergleichenden Jahren.

2.4.2 WAINSTEIN-Index

Der WAINSTEI N-Index ist ein Ähnlichkeitsindex, der ebenfalls die relativen Häufigkeiten, aber in stärkerem Maße als der RENKONEN-Index auch die rein qualitative Übereinstimmung im Artenbestand berücksichtigt. Er ist definiert als: Kw = Re x JZ 100 mit: JZ — G x (JACCARD'sche Zahl, Artenidentität); Sa + Sb - G Sa = Zahl der Arten im Jahre a Sb = Zahl der Arten im Jahre b Re= RENKONEN-Index (nach MÜHLENBERG 1989).

3. Äußerliche Veränderungen im Untersuchungsgebiet

Als Schauplatz einer Bundesgartenschau wardas Untersuchungsgebiet umfangreichen land- schaftsgestalterischen Veränderungen unterworfen. Eine Bilanz dieser Umgestaltungen liegt dem Verfasser jedoch nicht vor und ist aufgrund der methodischen Vorgaben auch nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Eine kritische Dokumentation der Veränderungen findet sich in DAMIAN & ORMOND (1989).

3.1 Veränderungen auf den Probeflächen

3.1.1 Probefläche 1 (2 ha): Die Ufer der Nidda werden nicht mehr so häufig gemäht wie früher (Stadtentwässerungsamt, POSTLEB mdl.). Daher konnte sich eine höhere Krautschicht entwickeln, die stellenweise den Charakter eines Schilfröhrrichts angenommen hat.

3.1.2 Probefläche 2 (11 ha): Die ehemalige Ackerfläche war Zentrum des Bundesgartenschaugeländes und wurde voll- kommen umgestaltet. Zum größten Teil wurden dort 1990 während der Untersuchungsphase Rückbauarbeiten durchgeführt, so daß dort keine Vögel brüten konnten. Lediglich das östliche Drittel warvon den Rückbauarbeiten nicht betroffen. Dort befinden sich mehrere junge Gehölz- anpflanzungen. Der ursprüngliche Charakter der offenen Acker- und Wiesenfläche war 1990 nicht mehr ausgeprägt.

3.1.3 Probefläche 3 (1,2 ha):

Das Kleingartengelände wurde zum Teil für die Bundesgartenschau umgestaltet. Die wesent- liche Veränderung bestand darin, daß die nach Norden gerichtete Spitze aus dem Gartenge- lände ausgegliedert wurde. Es ist noch mit älteren Obstbäumen bestanden, unter denen sich Rasenflächen, Blumenrabatten und Gebüschanpflanzungen befinden. 174 3.1.4 Probefläche 4 (8,3 ha, vorher 7,5 ha): Diese Probefläche wurde durch ein im Norden anschließendes verbuschtes Gartengelände um 0,8 ha erweitert, weil sich diese Fläche ökologisch nicht mehrvom eigentlichen Ginnheimer Wäldchen trennen läßt. Gegenüber 1987 hat sich das Ginnheimer Wäldchen nicht mehr wesentlich verändert. Aller- dings fiel infolge der Frühjahrsstürme 1990 viel liegendes Totholz an, das größtenteils im Gebiet belassen wurde. Als wichtigste Veränderung erwies es sich, daß nahezu alle künst- lichen Nisthilfen defekt waren, so daß vor allem für Meisen erheblich weniger Brutmöglich- keiten zur Verfügung standen.

3.1.5 Probefläche 5 (0,6 ha): Nach der starken Auslichtung im Jahre 1987 wurde der östliche Teil der Probefläche wieder in den Charakter einer genutzten Streuobstwiese überführt. In viele Obstbäume wurden künst- liche Nisthilfen gehängt. Vier Wege durchqueren die Fläche. Ein Schaupavillon stand noch im Ostteil. Das westliche Drittel behielt den Charakter einer Streuobstbrache mit dichtem Gebüschunterwuchs.

3.1.6 Probefläche 6 (5,6 ha): Auf den Sukzessionsflächen breiteten sich vor allem Brombeergebüsche stark aus, so daß dort große Teile der 1987 noch lichten Flächen dicht zugewachsen sind. Unter den Gehölz- pflanzungen bildete sich spärlicher Gebüschbewuchs aus. Die Wiese wurde 1990 einmal gemäht. Ein gravierender Eingriff war der Bau eines Weges und des künstlichen Bachlaufes durch die Fläche. Dadurch wurde die natürliche Verbindung zwischen dem nordöstlich das Gebiet begrenzenden Heckenzug und der anschließenden Wiesenbrache zerstört.

3.1.7 Probefläche 7 (1,1 ha): Auf der 1987 erstmals untersuchten Probefläche wuchsen die neu gepflanzten Gehölze zu einer Höhe von 2,5 bis 3 Metern auf. Der Gehölzaufwuchs ist jedoch dicht und einförmig, so daß sich noch keine Strukturvielfalt ausbilden konnte.

3.1.8 Probefläche 8 (1,2 ha): Diese Probefläche wurde 1990 erstmals untersucht. Sie trägt den Namen „Nachtigall- wäldchen" und ist intern vom Garten- und Friedhofsamt als „Vogelschutzgehölz"ausgewiesen. Dabei handelt es sich um ein Feldgehölz, das südlich des Radweges am südlichen Niddaufer liegt. Im Innern stehen einige große alte Laubbäume, ansonsten sind Gehölze unterschied- lichster Wuchshöhe und -dichte vorhanden. Die Probefläche wurde ausgewählt, weil sie im Frühjahr 1987 durch die vollständige Beseitigung des Gebüsch-Unterwuchses stark ausge- lichtet worden war. Infolge dessen verschwand z. B. der namengebende Charaktervogel des Gebiets, die Nachtigall. Es ist nun interessant zu verfolgen, wie sich dieses Gebiet in den nächsten Jahren regenerieren wird. Außerdem liegt der Unteren Naturschutzbehörde der Vorschlag eines Naturschutzverbandes vor, den Radweg auf Höhe des Wäldchens vom Ufer weg und südlich am Wäldchen vorbei zu verlegen. Sollte der Vorschlag verwirklicht werden, wäre es interessant zu verfolgen, ob sich danach eine positive Veränderung des Vogelbe- stands beobachten läßt.

175 3,2 Klimavergleich

Die Tabelle 1 zeigt die kennzeichnenden Klimadaten (Tagestemperaturmittel und Monatstem- peraturmittel, Monatsniederschlagssumme) der Monate März bis Juli 1984, 1987 und 1990. Zum Vergleich sind die langjährigen Mittelwerte der monatlichen Daten angeführt.

Tabelle la: Tagestemperaturmittel (°C), Meßstation Frankfurt/Flughafen

Tag März April Mai Juni Juli 84 87 90 84 87 90 84 87 90 84 87 90 84 87 90

1. 0,7 9,6 4,3 3,0 5,0 11,8 10,0 16,6 17,9 14,8 17,0 20,5 16,2 24,0 21,3 2. 1,5 7,3 3,0 1,2 4,8 13,1 11,6 16,0 16,0 16,4 15,3 15,1 15,0 20,4 15,2 3. 1,6 -5,8 4,4 2,3 10,8 7,1 10,8 7,4 19,0 18,5 15,3 14,3 11,7 21,8 15,9 4. 1,2 -3,3 5,3 2,4 9,9 3,8 15,3 7,3 20,0 11,6 14,0 13,0 13,2 20,9 14,8 5. 2,7 -2,4 7,4 4,0 10,0 4,0 15,3 9,8 20,4 13,4 15,2 14,9 13,3 21,4 17,3 6. 5,4 -2,2 7,5 4,8 10,7 7,5 15,4 10,2 18,9 12,0 16,0 15,4 15,9 22,5 16,5 7. 5,4 -2,5 8,8 6,0 13,6 8,1 6,8 11,5 17,8 12,6 16,1 14,7 18,6 22,5 18,4 8. 2,2 -1,7 8,6 6,8 12,1 6,9 8,0 14,0 15,6 14,2 14,1 12,4 20,4 19,8 13,8 9. 0,0 -1,4 8,5 5,4 12,5 6,5 9,1 15,3 15,3 12,6 13,6 11,7 24,6 18,8 19,9 10. 0,4 0,4 10,2 6,3 12,5 6,6 9,1 15,3 15,6 12,6 13,6 12,3 24,5 18,8 18,4 11. 1,2 -0,1 12,8 6,6 8,3 9,0 9,8 11,6 13,4 15,9 17,0 14,7 26,1 23,6 15,5 12. 2,3 -0,9 10,4 7,5 6,4 8,8 7,7 8,7 12,5 19,6 14,8 14,3 18,3 19,2 16,0 13. 3,6 -0,2 6,9 7,5 6,4 10,3 7,7 8,7 13,5 16,8 14,8 13,3 19,7 21,3 20,4 14. 3,5 0,8 8,8 11,8 8,7 7,5 9,6 8,4 14,2 17,6 15,4 14,6 16,2 22,2 22,3 15. 2,8 1,0 8,0 14,7 10,0 6,8 12,2 9,8 16,1 13,1 13,0 14,2 14,8 25,1 18,1 16. 5,4 1,3 10,4 7,4 10,5 7,2 14,0 8,4 18,7 13,9 12,2 15,6 14,3 24,8 20,1 17. 4,5 1,4 11,2 6,3 13,4 8,1 13,6 10,4 18,4 15,0 12,1 18,8 14,1 21,3 24,6 18. 4,9 2,9 10,1 7,3 15,5 7,2 15,0 12,8 13,3 17,8 12,4 17,3 15,0 16,8 19,0 19. 5,0 2,3 12,5 8,8 17,2 7,4 15,4 14,5 15,3 19,2 13,2 19,5 15,8 19,6 18,9 20. 3,2 3,0 11,2 12,0 12,7 10,7 14,8 10,0 16,9 22,4 15,3 17,6 16,9 16,6 19,1 21. 2,3 4,0 12,0 13,5 10,1 12,4 11,2 7,4 17,2 21,0 15,4 17,9 15,9 16,4 22,8 22. 4,0 4,2 11,4 16,2 12,4 12,2 11,8 9,3 16,1 19,3 16,9 15,6 17,9 17,6 24,3 23. 5,1 6,0 8,0 14,7 13,4 11,3 13,6 10,2 19,0 15,2 18,2 16,0 16,6 18,0 21,2 24. 4,8 9,3 9,1 14,0 15,8 10,8 10,2 14,5 17,5 12,8 15,2 18,0 18,4 19,1 18,0 25. 6,7 10,8 5,4 13,2 18,3 10,5 13,2 17,4 12,5 13,5 16,8 20,8 18,0 15,8 17,4 26. 7,0 10,0 5,5 14,5 16,1 13,0 14,1 17,8 13,6 14,7 16,5 24,4 16,4 12,8 18,2 27. 8,3 10,9 6,0 9,7 15,0 9,2 12,3 15,6 14,3 19,6 20,3 22,1 17,2 14,6 20,6 28. 9,7 6,2 5,4 7,2 15,8 8,6 10,0 13,4 11,2 12,2 22,0 22,0 17,0 14,5 23,5 29. 7,1 5,0 9,4 9,4 18,0 12,7 11,5 10,4 12,4 14,4 25,6 21,0 21,0 18,3 27,0 30. 5,5 4,3 9,6 8,2 18,4 16,2 9,3 13,3 14,9 12,0 27,3 21,3 24,8 17,5 23,3 31. 5,6 6,0 12,0 12,6 13,6 17,1 27,1 17,4 23,0

0 4,1 2,8 8,5 8,3 12,0 9,2 11,6 13,0 16,1 15,6 16,2 16,8 17,9 19,4 18,6 MO 5,3 9,4 13,9 17,3 18,8 (0 = Monatsdurchschnitt, MO = langjähriger monatlicher Mittelwert.) 176 Tabelle ib: Monatssummen der Niederschläge, Meßstation Frankfurt/Flughafen

Tag März April Mai Juni Juli 84 87 90 84 87 90 84 87 90 84 87 90 84 87 90

Summe 19,9 92,2 15,0 28,4 15,9 37,0 123 89,2 19,0 37,0 116 86,0 53,4 109 22,0 0 Summe 46,8 44,6 54,2 68,1 55,2

Frühjahr und Sommer1990 waren verhältnismäßig warm und regenarm. Das Monatstempera- turmittel lag im März und Mai deutlich über, im April,Juni und Juli um den langjährigen Durch- schnitt. Mit Ausnahme desJuni fiel in allen Monaten weniger Niederschlag als im langjährigen Durchschnitt. Bedingt durch eine Schönwetterperiode im März begannen viele Vogelarten auffallend früh mit der Brut.

4. Ergebnisse der Untersuchungen

4.1 Der Artenbestand im Untersuchungsgebiet

BAUSCHMANN (1987) führte insgesamt 96 in jüngerer Zeit im Untersuchungsgebiet nach- gewiesene Vogelarten auf. Darunter waren 56 Brutvogelarten. Die Gesamtzahl der nachge- wiesenen Arten erhöhte sich 1987 auf 99 (MÖBUS 1989).1990 konnte ich mit Waldwasser- läufer (Tringa ochropus) und Birkenzeisig (Acanthis flammea) zwei weitere Arten feststellen, so daß nun insgesamt 101 Vogelarten für das Untersuchungsgebiet nachgewiesen sind. Bei der diesjährigen Untersuchung konnten insgesamt 74 Arten festgestellt werden, darunter 55 Brut- vogelarten. Die Zahl der Brutvogelarten hat sich also kaum verringert. Allerdings gab es einen Artenaustausch: seit 1984 verschwanden einige anspruchsvolle, z.T. gefährdete Arten (z. B. Steinkauz, Turteltaube), während die neu hinzugekommenen (z. B. Mäusebussard, Waldkauz) noch recht häufige Arten sind. Erfreulich ist, daß der Gartenrotschwanz 1990 wieder in drei Paaren im Untersuchungsgebiet festgestellt werden konnte. Vom Grünspecht,1987 mit einem Paar im Ginnheimer Wäldchen vertreten, wurde 1990 ein zweites Revier im Praunheimer Wäldchen ermittelt. Das Braunkehlchen, 1984 als Brutvogel verschwunden, wurde 1990 als Durchzügler westlich der PF 6 wieder beobachtet; obwohl zwei Männchen intensiv sangen, kam es jedoch zu keiner Brutansiedlung. Dagegen wurde die Turteltaube 1990 nicht fest- gestellt, ebenso die Waldohreule.

177 Der Erwartungswert der Artenzahl (Brutvögel) für das gesamte Untersuchungsgebiet (157 ha) liegt bei 45. Real angetroffen wurden 1990 55 Brutvogelarten; das entspricht 122%, so daß das gesamte Untersuchungsgebiet als „artenreich" eingestuft wird.

4.2 Systematische Übersicht der Brutvogelarten im Probeflächengebiet.

In derTabelle 2 wird der Gesamtbestand allerArten im Probeflächengebiet in den Jahren 1984, 1987 und 1990 aufgeführt. Wegen der Vergleichbarkeit werden jedoch die Brutvögel der Er- weiterungsflächen nicht berücksichtigt. Die systematische Reihenfolge richtet sich nach BEHRENS, FIEDLER, KLAMBERG & MÖBUS (1985).

Tabelle 2: Bestand und Bestandsveränderungen der Brutvögel im Probeflächengebiet (27,7 ha). Vogelart BP Gesamt Veränderung (%) 1984 1987 1990 84/87 87/90 84/90

Stockente 10 9 9 —10 0 —10 Rebhuhn*) 1 1 1 0 0 0 Fasan 2 1 3 —50 +200 +50 Mäusebussard 0 0 1 0 0 neu Teichralle 7 6 5 —14 —17 —28 Ringeltaube 10 6 10 —40 +67 0 Turteltaube 2 2 0 0 —100 —100 Waldkauz 0 0 1 0 0 neu Waldohreule 1 1 0 0 —100 —100 Steinkauz 1 0 0 —100 0 —100 Grünspecht 1 1 1 0 0 0 Grauspecht 0 0 1 0 0 neu Buntspecht 3 3 5 0 +67 +67 Kleinspecht 1 1 0 0 —100 —100 Feldlerche 1 1 0 0 —100 —100 Bachstelze 1 0 0 —100 0 —100 Zaunkönig 13 11 12 —15 +9 —8 Heckenbraunelle 15 21 18 +47 —14 +20 Feldschwirl 1 2 0 +100 —100 —100 Sumpfrohrsänger 9 7 8 —22 +14 —11 Gelbspötter 0 3 2 neu —33 neu Gartengrasmücke 6 6 4 0 —33 —33 Mönchsgrasmücke 16 23 36 +44 +57 +125 Klappergrasmücke 1 1 0 0 —100 —100 Dorngrasmücke 1 5 4 +400 —20 +300 Fitis 5 10 5 +100 —50 0 Zilpzalp 15 22 17 +47 —23 +13 Waldlaubsänger 1 7 2 +600 —71 +100 Sommergoldhähnchen 1 0 2 —100 neu +100

*) Vogelarten in Fettdruck sind Arten der „Roten Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Hessen". 178 Tabelle 2: (Fortsetzung) Vogelart BP Gesamt Veränderung (%) 1984 1987 1990 84/87 87/90 84/90 Grauschnäpper 0 2 3 neu +50 neu Trauerschnäpper 0 0 1 —100 neu neu Gartenrotschwanz 1 0 0 —100 0 —100 Hausrotschwanz 2 2 0 0 —100 —100 Nachtigall 3 1 4 —67 +300 +33 Rotkehlchen 11 13 15 +18 +15 +36 Wacholderdrossel 1 18 12 +1700 —33 +1100 Singdrossel 14 13 18 —7 +38 +29 Amsel 65 43 40 —34 —7 —38 Blaumeise 30 38 16 +27 —58 —47 Kohlmeise 67 61 35 —12 —43 —47 Kleiber 4 6 6 +50 0 +50 Gartenbaumläufer 4 4 6 0 +50 +50 Goldammer 2 3 5 +50 +67 +133 Buchfink 25 26 26 +4 0 +4 Girlitz 8 5 6 —38 +20 —25 Grünling 7 2 3 —71 +50 —57 Stieglitz 1 3 3 +67 0 +67 Hänfling 0 1 0 neu —100 0 Kernbeißer 7 5 6 —29 +20 —14 Gimpel 2 0 0 —100 0 —100 Haussperling 11 6 2 —45 —67 —82 Feldsperling 9 9 8 0 —11 —11 Star 43 28 28 —35 0 —35 Pirol 0 1 1 neu 0 neu Eichelhäher 3 2 2 —33 0 —33 Elster 1 2 3 +100 +50 +200 Rabenkrähe 0 1 2 neu +100 neu Summe 446 446 398 0 —11 —11

Im gesamten Probeflächengebiet einschließlich der Erweiterungsflächen (31,1 ha) wurden 1990 444 Rev. ermittelt. Das entspricht einer Abundanz von 142,8 BP/10 ha. Im ursprünglichen Probeflächengebiet ohne Erweiterungsflächen lag die Siedlungsdichte bei 398 BP/27,7 ha entsprechend 143,7 BP/10 ha. Gegenüber 1984 und 1987 nahm die Anzahl der ermittelten Reviere um 10,8 0/0 ab. Die Diversität D im Probeflächengebiet lag 1990 bei 3,29 und damit über der von 1984 (3,09) und 1987 (3,20). Ausgehend von einer maximalen Diversität von 4,04 (57 Arten), lag der Aus- bildungsgrad der Diversität bei 81,4 0/0 (1984: 76,5%, 1987: 79,2 %). Das bedeutet, daß sich die Dominanzverhältnisse trotz Abnahme des Bestandes weiter harmonisiert haben (vgl. Abb. 2). Die starke Dominanz von Kohlmeise und Amsel ging deutlich zurück, während in dem Dominanzbereich um 5% mehrere Arten zunahmen (Mönchsgrasmücke, Heckenbraunelle, Rotkehlchen). 179 Verteilung der Dominanzen im Probeflächengebiet (ohne Rezedenten)

Jahr 1984 1987 M 1990

10 1 8 - 8 L d

2 kaa uni

Abb. 2: Verteilung der Dominanzen im Probeflächengebiet.

Die flächenbezogene Diversität beträgt 3,40. Real lag die Diversität bei 3,29, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness von 96,8 0/0. Der Erwartungswert der Artenzahl nach der Arten-Areal-Beziehung liegt bei 30. Tatsächlich angetroffen wurden 56 Arten (1984-1990); das entspricht 186,7% des Erwartungswertes. Das Probeflächengebiet ist als „artenreich mit Tendenz zu sehr artenreich" einzustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 8 Punkte. Es wird als „lokal bedeu- tendes Vogelbrutgebiet" eingestuft. Mit einer Abundanz von 142,8 BP/10 ha ist das Probeflächengebiet „dicht besiedelt".

Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 15 Punkte. Daraus ergibt sich die zusammenfassende Bewertung „Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeu- tung".

180 4.3 Ergebnisse der Siedlungsdichteuntersuchungen; Bewertungen

4.3.1 Probefläche 1: Nidda (2 ha)

Tabelle 3: Brutvögel

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha 0/0

Stockente 9 2 45,0 47,4 Teichralle 5 1 25,0 26,3 Sumpfrohrsänger 2 0 10,0 10,5 Blaumeise 1 1 5,0 5,3 Buchfink 1 1 5,0 5,3 Stieglitz 1 1 5,0 5,3 Gesamt: 19 6 95,0 99,7

Die Diversität D betrug 1990 1,41. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 1,95 (7 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 72,3 0/0.

Die flächenbezogene Diversität Dm betrug 2,64; real lag die Diversität bei 1,41, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epot von 53,4 0/0. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 14. Tatsächlich angetroffen wurden 7 Arten (1984-1990); das entspricht 50 0/0 des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „artenarm" einzustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 0 Punkte.

Mit einer Abundanz von 95 BP/10 ha ist das Gebiet „mäßig dicht besiedelt". Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 7 Punkte. Die Probefläche wird als ,Yogelbrutgebiet mittlerer Bedeutung" eingestuft.

RENKONEN-Index:

Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 81,3 80,0 75,0

WAINSTEIN-Index

Vergleichsjahre: 87/87 87/90 84/90 Index-Wert: 27,1 53,3 37,5

181 WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 1

100 -7

80 -

SO -

40

20 -

0 1 1984/87 1987/90 1984/90 vergietcheianr.

WAIN8TEIN ZB RENKONEN 11

Abb. 3: Ähnlichkeitsindizes PF 1.

4.3.2 Probefläche 2: „Ackerfläche" (11 ha)

Tabelle 4: Brutvögel Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha 0/0

Amsel 2 0 1,8 66,7 Heckenbraunelle 1 0 0,9 33,3 Gesamt: 3 0 2,7 100,0

Die Diversität D betrug 1990 0,44. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 1,39 (4 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 31,5 0/0. Die flächenbezogene Diversität Dp.t betrug 2,94; real lag die Diversität bei 0,44, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epot von 14,8%. Der Erwartungswert derArtenzahl liegt bei 19.Tatsächlich angetroffen wurden 4 (1984 -1990); das entspricht 21% des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „sehr artenarm" einzustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält des Gebiet 0 Punkte. 182 Mit einer Abundanz von 2,7 BP/10 ha ist das Gebiet „sehr gering besiedelt': Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 3 Punkte. Die Probefläche wird als 3/ogelbrutgebiet mit sehr geringer Bedeutung" eingestuft.

RENKONEN-Index:

Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 50,0 0,0 0,0

WAINSTEIN-Index:

Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 25,0 0,0 0,0

WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 2

100 80 60 40 20 - 0 1984/87 1987/90 1984/90 Verplelchejahre

WAINSTEIN MB RENKONEN

Abb. 4: Ähnlichkeitsindizes PF 2.

183 4.3.3 Probefläche 3: Kleingartengebiet (1,2 ha)

Tabelle 5: Brutvögel

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha %

Amsel 3 2 25,0 15,8 Kohlmeise 3 1 25,0 15,8 Feldsperling 3 0 25,0 15,8 Buchfink 2 1 16,7 10,5 Haussperling 2 0 16,7 10,5 Zaunkönig 1 0 8,3 5,3 Fitis 1 0 8,3 5,3 Grauschnäpper 1 1 8,3 5,3 Blaumeise 1 0 8,3 5,3 Girlitz 1 1 8,3 5,3 Grünling 1 0 8,3 5,3

Gesamt: 19 6 158,3 100,2

Die Diversität D betrug 1990 1,98. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 2,77 (16 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 71,4 0/0. Die flächenbezogene Diversität Dpot beträgt 2,48; real lag die Diversität bei 1,98, das ent- spricht einer flächenbezogenen Eveness von 79,7%. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 12.Tatsächlich angetroffen wurden 16 (1984-1990); das entspricht 133 0/0 des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „artenreich" einzustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet einen Punkt.

Mit einer Abundanz von 158,3 BP/10 ha ist das Gebiet „dicht besiedelt. Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 11 Punkte. Die Probefläche wird als ,Yogelbrutgebiet mit mäßig hoher Bedeutung" eingestuft.

184 RENKONEN-Index:

Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 64,6 57,6 74,2

WAINSTEIN-Index:

Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 32,3 31,4 39,6

WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 3

100 80 - 80 40 20

MWelchsjahre

WAINSTEIN BB RENKONEN

Abb. 5: Ähnlichkeitsindizes PF 3.

185 4.3.4 Probefläche 4: Ginnheimer Wäldchen (8,3 ha) Tabelle 6: Brutvögel; Zahlen in Klammern bedeuten Reviere innerhalb der alten PF ohne Erweiterungsfläche

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha Wo

DOMINANTEN Mönchsgrasmücke 26 ( 26) 0 31,3 10,0 Star 26 ( 26) 0 31,3 10,0 Amsel 24 ( 23) 2 28,9 9,3 Buchfink 23 ( 23) 0 27,7 8,8 Kohlmeise 22 ( 20) 2 26,5 8,5 Rotkehlchen 15 ( 15) 0 18,1 5,8 Singdrossel 13 ( 11) 0 15,7 5,0 SUBDOMINANTEN Wacholderdrossel 12 ( 12) 1 14,5 4,6 Blaumeise 12 ( 11) 0 14,5 4,6 Zaunkönig 11 ( 10) 0 13,3 4,2 Zilpzalp 11 ( 8) 0 13,3 4,2 Ringeltaube 8 ( 8) 1 9,6 3,1 Kleiber 6 ( 6) 0 7,2 2,3 Gartenbaumläufer 6 ( 6) 0 7,2 2,3 Kernbeißer 6 ( 6) 0 7,2 2,3 INFLUENTEN Buntspecht 5 ( 5) 0 6,0 1,9 Heckenbraunelle 5 ( 3) 0 6,0 1,9 Girlitz 4 ( 3) 2 4,8 1,5 REZEDENTEN Fasan 2 ( 1) 0 2,4 0,8 Sommergoldhähnchen 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Fitis 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Waldlaubsänger 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Grauschnäpper 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Trauerschnäpper 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Rabenkrähe 2 ( 2) 0 2,4 0,8 Stockente 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Mäusebussard 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Grünspecht 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Grauspecht 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Gelbspötter 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Nachtigall 1 ( 0) 0 1,2 0,4 Stieglitz 1 ( 1) 1 1,2 0,4 Grünling 1 ( 1) 1 1,2 0,4 Pirol 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Eichelhäher 1 ( 1) 0 1,2 0,4 Elster 1 ( 0) 0 1,2 0,4 Gesamt: 260 (244) 10 313,3 100,3

186 Die Diversität D betrug 1990 2,96. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 3,83 (46 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 77,2 0/0. Die flächenbezogene Diversität D00 beträgt 2,89; real lag die Diversität bei 2,96,das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epos von 102,3 %. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 18. Tatsächlich angetroffen wurden 46 (1984 - 1990); das entspricht 255% des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „sehr artenreich" ein- zustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 6 Punkte. Mit einer Abundanz von 313,3 BP/10 ha ist das Gebiet „sehr dicht besiedelt". Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 15 Punkte. Die Probefläche wird als ,Yogelbrutgebiet mit hoher Bedeutung" eingestuft.

RENKONEN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 82,1 80,0 75,3

WAINSTEIN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 46,9 35,8 44,8

WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 4

100 -' 80 00 - 40 1 20

1984/87 1987/90 1984/90 mereemumiee

WAINSTEIN I♦RENKONEN

\ 1\

Abb. 6: Ähnlichkeitsindizes PF 4. 187 4.3.5 Probefläche 5: Obstbaumgebiet (0,6 ha)

Tabelle 7: Brutvögel Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha 0/0

DOMINANTEN Kohlmeise 4 0 66,7 30,8 Amsel 3 0 50,0 23,1 Mönchsgrasmücke 2 1 33,3 15,4 Heckenbraunelle 1 0 16,7 7,7 Singdrossel 1 0 16,7 7,7 Blaumeise 1 0 16,7 7,7 Eichelhäher 1 0 16,7 7,7 Gesamt: 13 1 216,7 100,1

Die Diversität D betrug 1990 1,78. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 2,49 (12 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 71,8 0/0.

Die flächenbezogene Diversität ()pot beträgt 2,49; real lag die Diversität bei 1,78, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epo, von 71,8%. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 12. Tatsächlich angetroffen wurden 12 (1984 — 1990); das entspricht 100% des Erwartungswertes. Die Fläche enthält eine „mittlere Arten- zahl". Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 0 Punkte. Mit einer Abundanz von 216,7 BP/10 ha ist das Gebiet „dicht besiedelt" Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 9 Punkte. Die Probefläche wird als ‚NCgelbregebiet mit mittlerer Bedeutung" eingestuft.

RENKONEN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 70,1 57,1 68,1

WAINSTEIN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 38,2 31,7 37,1

188 WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 5

100 /

80 -

00 -

40 -

20 // 0 1984/87 1987/90 1984/90 verwelchNikee

f 1 WAINSTEIN lall RENKONEN

Abb. 7: Ähnlichkeitsindizes PF 5.

4.3.6 Probefläche 6: „Biotope" (5,6 ha)

Tabelle 8: Brutvögel

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha DOMINANTEN Heckenbraunelle 11 2 19,6 12,1 Amsel 10 1 17,9 11,0 Zilpzalp 9 0 16,1 9,9 Mönchsgrasmücke 8 1 14,3 8,8 Kohlmeise 6 1 10,7 6,6 Sumpfrohrsänger 6 1 10,7 6,6 Goldammer 5 0 8,9 5,5 SUBDOMINANTEN Gartengrasmücke 4 0 7,1 4,4 Dorngrasmücke 4 0 7,1 4,4 Nachtigall 4 1 7,1 4,4 Singdrossel 4 1 7,1 4,4 Feldsperling 4 0 7,1 4,4 Ringeltaube 2 1 3,6 2,2 Fitis 2 0 3,6 2,2

189 Tabelle 8 (Fortsetzuung) Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha %

Star 2 2 3,6 2,2 Elster 2 1 3,6 2,2 INFLUENTEN Rebhuhn 1 0 1,8 1,1 Fasan 1 0 1,8 1,1 Waldkauz 1 0 1,8 1,1 Gelbspötter 1 0 1,8 1,1 Blaumeise 1 1 1,8 1,1 Girlitz 1 1 1,8 1,1 Grünling 1 0 1,8 1,1 Gesamt 90 14 160,7 99,0

Die Diversität D betrug 1990 2,85. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 3,58 (36 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 80,3%. Die flächenbezogene Diversität Dp.t beträgt 2,83; real lag die Diversität bei 2,85, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Ep.t von 100,5%. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 17. Tatsächlich angetroffen wurden 35 (1984 - 1990); das entspricht 206% des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „sehr artenreich" ein- zustufen. Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 3 Punkte. Es wird als „lokal be- deutendes Vogelbrutgebiet" eingestuft. Mit einer Abundanz von 162,5 BP/10 ha ist das Gebiet „dicht besiedelt". Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 14 Punkte. Die Probefläche wird als ,Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeutung" eingestuft.

REN KON EN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 69,2 79,8 61,0

WAINSTEIN-Index: Vergleichsjahre: 84/87 87/90 84/90 Index-Wert: 42,8 54,0 30,5

190 WAINSTEIN-Index und RENKONEN-Index Probefläche 6

100 80 00 40 20 0 '984/87 1987/90 engkelchelahm

f VVAIN8TEIN IIIIII RENKONEN

Abb. 8: Ähnlichkeitsindizes PF 6.

4.3.7 Probefläche 7: Neupflanzung (1,1 ha)

Tabelle 9: Brutvögel

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha % Singdrossel 1 0 9,1 33,3 Wacholderdrossel 1 1 9,1 33,3 Amsel 1 0 9,1 33,3 Gesamt: 3 1 27,3 99,9

Diversitätsberechnungen sind hier noch mit erheblichen Fehlern behaftet, da sich die Fläche in einem frühen Entwicklungsstadium befindet und keine ausreichend stabile Vogelgemein- schaft aufweist. Die Diversität D betrug 1990 1,10. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 1,39 (4 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 79,3%. Die flächenbezogene Diversität Dp., beträgt 2,49; real lag die Diversität bei 1,10, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epos von 44,2 0/0. Der Erwartungswert der Artenzahl liegt bei 12. Tatsächlich angetroffen wurden 3; das entspricht 25% des Erwartungswertes. Die Fläche ist als „sehr artenarm" einzustufen. 191 Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet 0 Punkte.

Mit einer Abundanz von 27,3 BP/10 ha ist das Gebiet „mäßig dicht besiedelt': Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 5 Punkte. Die Probefläche wird als ,Yogelbrutgebiet mit geringer Bedeutung" eingestuft.

RENKONEN- und WAINSTEIN-Index: Vergleichsjahre: 87/90 Index-Wert: 0,0

4.3.8 Probefläche 8: „Nachtigallenwäldchen" (1,2 ha)

Tabelle 10: Brutvögel

Art Reviere davon Abundanz Dominanz Randsiedler BP/10 ha %

DOMINANTEN Zilpzalp 4 0 33,3 14,8 Wacholderdrossel 4 1 33,3 14,8 Amsel 3 0 25,0 11,1 Buchfink 3 1 25,0 11,1 Ringeltaube 2 0 16,7 7,4 Mönchsgrasmücke 2 0 16,7 7,4

SUBDOMINANTEN Stockente 1 0 8,3 3,7 Heckenbraunelle 1 0 8,3 3,7 Grauschnäpper 1 0 8,3 3,7 Kohlmeise 1 0 8,3 3,7 Gartenbaumläufer 1 0 8,3 3,7 Stieglitz 1 1 8,3 3,7 Feldsperling 1 0 8,3 3,7 Elster 1 0 8,3 3,7 Rabenkrähe 1 0 8,3 3,7

Gesamt 27 3 224,7 99,9

Die Diversität D betrug 1990 2,54. Ausgehend von einer maximalen Diversität von 3,00 (20 Arten), lag der Ausbildungsgrad der Diversität bei 84,7%.

Die flächenbezogene Diversität Dpot beträgt 2,49; real lag die Diversität bei 2,54, das entspricht einer flächenbezogenen Eveness Epos von 102,1 Wo. Der Erwartungswert der Artenzahl nach der Artenarealbeziehung liegt bei 12. Tatsächlich angetroffen wurden 15 Arten; das entspricht 125% des Erwartungswertes. Die Fläche wird als „artenreich" eingestuft. 192 Nach dem Vorkommen gefährdeter Arten erhält das Gebiet einen Punkt.

Mit einer Abundanz von 225 BP/10 ha ist das Gebiet „dicht besiedelt'. Aus den Ergebnissen errechnet sich als zusammenfassende Bewertungsziffer: 12 Punkte. Die Probefläche wird als ,Yogelbrutgebiet mit mäßig hoher Bedeutung" eingestuft. Ähnlichkeitsindizes entfallen, da diese Probefläche 1990 erstmals untersucht wurde.

5. Diskussion der Ergebnisse

5.1 Einschränkung der Aussagefähigkeit

Die vorliegende Untersuchung erfolgte nach einer Methodik, die von BAUSCHMANN (1987) vorgegeben war und vom Verfasser gemäß Auftrag übernommen wurde. Die Art und Weise der Untersuchung sowie die Auswahl der Probeflächen schränken die Aussagefähigkeit der Ergebnisse ein, was hier näher erläutert werden soll:

Siedlungsdichteuntersuchungen auf Probeflächen stellen Stichproben dar. Die Übertragbar- keit der Ergebnisse aus dem Probeflächengebiet auf das gesamte Untersuchungsgebiet ist nur dann zulässig, wenn die Stichproben - also die Probeflächen - repräsentativausgewählt werden. BAUSCHMANN (1987) strebte zwar an, „durch die Auswahl der Probefläche mög- lichst alle Biotopelennente zu erfassen". Die entscheidende Einschränkung liegt jedoch in der Tatsache, daß die ausgewählten Probeflächen nicht repräsentativ für die im Rahmen der Bundesgartenschau durch- geführten Landschaftsveränderungen sind. Während große Teile des Unter- suchungsgebiets sehr stark von Bau- und Umgestaltungsmaßnahmen betroffen waren, blieben die Probeflächen davon verhältnismäßig wenig berührt. Nur die von Anfang an sehr dünn besiedelte PF 2 wurde völlig umgestaltet; die PF 3 und 5 unterlagen noch relativstarken Veränderungen,während die PF1,4 und 6 relativwenig von Umgestaltungen betroffen waren. Grundsätzlich ist also zu bemängeln, daß bei der ursprünglichen Flächenauswahl nicht darauf geachtet wurde, Referenzflächen einzubeziehen, die Vergleiche zwischen ursprünglich ähnlich strukturierten, aber unterschiedlich stark von Umgestaltungen betroffenen Gebieten ermöglicht hätten. Bei ähnlichen Untersuchungen sollte zukünftig unbedingt darauf geachtet werden, dieses Versäumnis zu vermeiden.

Ebenso wird es als Mangel der Methodik angesehen, daß keine auf die gesamte Fläche bezo- gene standardisierte Untersuchung vorgesehen wurde. Eine Rasterkartierung aller Brutvogel- arten, etwa auf 1-ha-Basis, hätte zumindest halbquantitative Aussagen über die Verände- rungen im Untersuchungsgebiet ermöglicht.

Alle Aussagen über Veränderungen in der Vogelfauna sind also streng auf die jeweilige Probe- fläche beschränkt. Rückschlüsse von Ergebnissen der Probeflächenuntersuchungen auf das gesamte Untersuchungsgebiet - sprich: Bundesgartenschaugelände - sind nicht zulässig. Sofern Ergebnisse über das Gesamtgebiet (Untersuchungsgebiet) vorliegen, sind sie ausdrücklich als solche kenntlich gemacht worden.

193 5.2 Diskussion der Veränderungen im Untersuchungsgebiet

Für das Gesamtgebiet des Bundesgartenschaugeländes liegen nur qualitative Ergebnisse vor. Bis 1984 waren im Untersuchungsgebiet insgesamt 96 Vogelarten nachgewiesen (Brut- vögel und Gäste).1987 kamen drei und 1990 nochmals zwei Arten hinzu, so daß bisjetzt insge- samt 101 Vogelarten im Gebiet festgestellt wurden (1979 bis 1990). Aktuell nachgewiesen wurden 1984 89, 1987 76 und 1990 74 Vogelarten. Diese Zahlen besagen allerdings nicht viel, da sie stark von Zufälligkeiten geprägt sind. Aussagefähiger sind die Zahlen der Brut- vogelarten: Die Anzahl der Brutvogelarten ging zwischen 1984 und 1990 geringfügig von 56 auf 55 zurück. Allerdings bestand für einige der 1990 erstmals als Brutvogel festgestellten Arten schon früher Brutverdacht (z. B. Mäusebussard, Waldkauz, Grauspecht), so daß die Abnahme der Artenzahl wahrscheinlich real etwas höher ist. Die Artenzusammensetzung änderte sich kaum. Als charakteristisch können nach wie vor gelten: Grünspecht, Kleinspecht, Nachtigall, Gelbspötter, Pirol. Es handelt sich um typische Vogelarten von Auenlandschaften mit reichstrukturiertem älteren Gehölzbestand. Besonders bedauerlich ist allerdings, daß mit Steinkauz und Braunkehlchen zwei stark bedrohte Arten verschwanden. Es besteht jedoch durchaus die Möglichkeit, daß beide Arten das Gebiet wiederbesiedeln. Die typischen Biotop- strukturen sind noch bzw. wieder vorhanden, und das Braunkehlchen wurde 1990 bereits als Durchzügler mit ausgeprägtem Revierverhalten wieder festgestellt. Für beide Arten sind extensiv genutzte Wiesen ein wichtiges Lebensraumelement.

5.3 Diskussion der Veränderungen im Probeflächengebiet

Die Siedlungsdichte im Probeflächengebiet nahm gegenüber 1984 bzw.1987 um ca.11 0/0 ab. Diese Veränderung liegt noch im Rahmen natürlicher Schwankungen und darf daher nicht überinterpretiert werden. Aussagefähiger sind die Veränderungen der Artenzusammenset- zung und der relativen Häufigkeiten. Dabei zeigt sich,daß acht Arten, die noch 1987 in geringem Bestand anwesend waren, 1990 nicht mehr bestätigt wurden. Von der Abnahme sind also Arten, deren Bestand von vornherein gering war und die daher als „empfindlich" eingestuft werden können, besonders stark betroffen. Positiv entwickelt hat sich trotz der Abnahme derArtenzahl die Diversität im Gesamtgebiet. Das läßt sich nur mit der gleichmäßigeren Verteilung der Dominanzen erklären, die durch die Abnahme stark dominanterArten (Amsel, Kohlmeise) bei gleichzeitigerZunahme von weniger dominanten bestimmt wurde. In der Gesamtbewertung ergab sich zwischen 1984 und 1990 keine nennenswerte Änderung; die Bewertungsziffer wies das Probeflächengebiet in allen drei Untersuchungsjahren als „Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeutung" aus.

194 Zusammenfassende Bewertung Probeflächengebiet

Bewertungsziffer 20

15

10 RUM

5

0 1984 1987 1990 Jahr

Abb. 9: Bewertung des Probeflächengebiets 1984-1990.

5.4 Diskussion der Veränderungen auf den Probeflächen

5.4.1 Probefläche 1:

Die weitere Abnahme der Teichralle bei gleichzeitiger Zunahme der Stockente verstärkt den vielerorts zu beobachtenden, schon 1987 (MÖBUS 1989a) festgestellten Trend. Die Sied- lungsdichte nahm leicht zu, was allein die vier im Gebiet brütenden „Nicht-Wasservögel" betrifft. Ursache dürfte die unter 3.1.1 erwähnte Verringerung der Mäh-Intensität sein, die sich damit als ausgesprochen positiv erwiesen hat. Das spiegelt sich auch in der gestiegenen zusammenfassenden Bewertung wider:

195 Zusammenfassende Bewertung Probefläche 1

Bewertungsziffer 20

15

10

5

0 1984 1987 1990 Jahr

Abb.10: Bewertung der PF 1 1984 —1990.

5.4.2 Probefläche 2:

Diese Probefläche unterlag den stärksten Veränderungen. 1990 war auf großen Teilen der Fläche der Rückbau im Gange. Im westlichen Teil wurden seit 1984 mehrere Gehölze ange- pflanzt. Der ursprüngliche Charakter des Gebiets ist praktisch nirgends mehr ausgeprägt. Nach der jetztigen Vegetation sind vor allem gehölzbrütende Vogelarten zu erwarten. Das bestätigte sich zwar, doch obwohl Gehölze in der Regel arten- und individuenreiche Brutbio- tope darstellen, sind Artenzahl und Siedlungsdichte in diesem Fall noch sehr gering. Es zeigte sich, daß neu angepflanzte Gehölze nur sehr zögernd von Vögeln besiedelt werden. Ihr Wert aus Sicht der Ornithologie ist daher in den ersten Jahren als äußerst gering anzusetzen, insbe- sondere, wenn er gegen den von älteren Gehölzen aufgerechnet wird. Die zusammenfassende Bewertung lag in allen drei Jahren konstant bei drei Punkten, was der niedrigstmöglichen Bewertung eines Vogelbrutgebiets überhaupt entspricht. 196

Zusammenfassende Bewertung Probefläche 2

Bewertungsziffer 20

15

10

5

0 1984 1987 1990 Jahr

Abb. 11: Bewertung der PF 2 1984 - 1990.

5.4.3 Probefläche 3

Die Siedlungsdichte im Kleingartengelände ging seit 1984 kontinuierlich und ziemlich drastisch zurück. Die Artenzahl stieg jedoch gegenüber dem Tiefstand von 1987 wieder leicht an. Mit dem Grauschnäpper wurde eine gefährdete Art festgestellt, die allerdings die PF nur als Randsiedler bewohnte. Der Gartenrotschwanz, 1987 verschwunden, konnte 1990 unmit- telbar neben der PF wieder als Brutvogel im Kleingartengelände bestätigt werden. Die nega- tive Entwicklung der Siedlungsdichte dürfte in erster Linie durch die Abtrennung und Umge- staltung der nordwestlichen Ecke der PF mit dem alten Obstbaumbestand vom eigentlichen Kleingartenareal zurückzuführen sein.

Die zusammenfassende Bewertung sank von 1984 bis 1987 deutlich ab, erholte sich jedoch 1990 wieder leicht. Das ist vor allem auf die Ansiedlung einer bedrohten Art (Grauschnäpper) und den leichten Wiederanstieg der Artenzahl zurückzuführen.

197 Zusammenfassende Bewertung Probefläche 3

Bewertungsziffer 20

15

10

5

1984 1987 1990 Jahr

Abb.12: Bewertung der PF 3 1984 -1990.

5.4.4 Probefläche 4:

Die Siedlungsdichte im Ginnheimer Wäldchen lag 1990 signifikant um 19,5 0/0 unter dem Wert von 1987. Die Abnahme ist jedoch hauptsächlich auf den Rückgang von Kohl- und Blaumeise durch das Ausfallen der meisten künstlichen Nisthöhlen zurückzuführen. Die auffallendste Veränderung in der Häufigkeit ist daneben die deutliche Zunahme der Mönchsgrasmücke; diese Art dürfte von der Verringerung des Konkurrenidruckes durch die Meisen profitieren. Der Bestand der Arten aus der Gilde der „Stammkletterer" (Spechte, Kleiber, Baumläufer; WARTMANN & FURRER 1978) lag 1990 auffallend hoch. Die Siedlungsdichte des Bunt- spechtes erreichte sogar den außergewöhnlichen Wert von 6,0 BP/10 ha, der in der Größen- ordnung der von MATTHÄS & SCHRÖDER (1972) sowie WITT (1988) in Berlin ermittelten extremen Abundanzen (5,1; 6,2 und 7,2 BP/10 ha) lag. Eine Erklärung könnte in der Verrin- gerung der Nahrungskonkurrenz für Kleiber und Baumläufer durch den Bestandseinbruch bei den Meisen einerseits, in dem hohen Nahrungsangebot für Spechte durch liegendes Totholz nach den Frühjahrsstürmen andererseits, zu finden sein. Bei den Veränderungen im Artenbestand ist das Ausbleiben von Turteltaube, Kleinspecht und Waldohreule als kritisch anzusehen; alle drei Arten gelten als anspruchsvoll und störungs- empfindlich, so daß hier wohl die Auswirkung des starken Besucherverkehrs während der Gartenschau deutlich wird. Im Gegenzug wurde allerdings der Grauspecht erstmals als Brut- vogel festgestellt, was wohl, wie beim Buntspecht erläutert, auf den gestiegenen Totholzanteil zurückzuführen sein dürfte. 198 Ein insgesamt bewertbarer Trend läßt sich aus den Ergebnissen nicht erkennen. Die Gesamt- bewertung der Probefläche ergab in allen drei Jahren „Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeutung".

Eine Reihe von Beobachtungen deuten darauf hin, daß das Ginnheimer Wäldchen nicht isoliert, sondern in Zusammenhang mit den älteren Baumbeständen am Westrand des Unter- suchungsgebietes und dem „Nachtigallwäldchen" (PF 8) gesehen werden muß.Augenschein- lich gibt es Umsiedlungen zwischen diesen Flächen. So stieg beispielsweise der Bestand der Wacholderdrossel in der PF 4 1987 stark an, während die Art aus der PF 8 verschwand. Der Kleinspecht, der 1990 nicht mehr in der PF 4 brütete, siedelte sich im gleichen Jahr im Bereich des „Praunheimer Wäldchens" an, und der Mäusebussard, für den schon immer Brutverdacht im Westteil des Untersuchungsgebiets bestand, wurde 1990 brutverdächtig in der PF 4 fest- gestellt.

Zusammenfassende Bewertung Probefläche 4

Bewertungsziffer 20

15

10

1984 1987 Jahr

Abb. 13: Bewertung der Probefläche 4 1984-1990.

199 5.4.5 Probefläche 5:

Das „Obstbaumgebiet" wurde im Rahmen der Gartenschau teilweise wieder in die Nutzung genommen. Diese für die Erhaltung des Biotoptyps positive und notwendige Maßnahme führte zu Veränderungen in der Vogelfauna. In viele der genutzten Obstbäume wurden Nistkästen gehängt, was zur Folge hatte, daß die Kohlmeise jetzt häufigster Brutvogel ist. Die Gartengras- nlücke, 1987 noch als „Bindeglied" zwischen urbanen und außerstädtischen Lebensräumen in einem Paar anwesend, verschwand völlig. Insgesamt hat sich der Vogelbestand quantitativ ganz leicht (nicht signifikant) erholt, die Artenzusammensetzung jedoch veränderte sich weiter negativ. Durch die langfristige Erhaltung des Lebensraums „Obstwiese" kann allerdings mit einer Verbesserung der Verhältnisse gerechnet werden. Bedauerlicherweise ist die Fläche für diesen Lebensraumtyp derzeit viel zu klein, um die Entfaltung einer biotoptypischen Vogelfauna zu ermöglichen. In der zusammenfassenden Bewertung zeigt sich ein leichter Negativtrend.

Zusammenfassende Bewertung Probefläche 5

Bewertungsziffer 20

16

10

6 MIM

0 1984 1987 1990 Jahr

Abb.14: Bewertung der PF 5 1984 -1990.

200 5.4.6 Probefläche 6:

Das Fortschreiten der Sukzession in den älteren Gehölzbeständen hatte eine deutliche Abnahme der Siedlungsdichte um 10,8 %gegenüber1987zur Folge. Dennoch lag die Gesamt- abundanz noch überdervon 1984. Man kann also vermuten, daß sich das Gebiet 1987in einem optimalen Sukzessionsstadium befand. Die Nachtiga11,1987 nicht festgestellt, war 1990 wieder in vier Paaren anwesend; dieser Trend war jedoch im gesamten Untersuchungsgebiet fest- stellbar, so daß hier wohl eine natürliche Bestandsfluktuation vorliegt. Die Gesamtentwicklung ist insgesamt schwach negativ zu bewerten, weil eine Reihe von anspruchsvollen Arten zurückging (Gelbspötter, Fitis, Garten- und Dorngrasmücke) oder ganz verschwand (Turtel- taube, Feldschwirl, Klappergrasmücke). Die Zunahme im Gegenzug betraf dagegen vor allem die sowieso häufigen Arten (Heckenbraunelle, Mönchsgrasmücke). Der Rückgang ist eindeutig auf den Bau des Weges und des Wasserlaufs entlang der Hecke zurückzuführen, wo 1987 Reviere von Turteltaube, Feldschwirl, Gelbspötter und Dorngrasmücke lagen. Trotz einiger negativer Veränderungen erreichte die Probefläche die gleiche relativ hohe zusammenfassende Bewertung wie 1987.

Zusammenfassende Bewertung Probefläche 6

Bewertungsziffer 20

15

10

5

0 1984 1987 1990 Jahr

Abb. 15: Bewertung der Probefläche 6 1984 - 1990.

201 5.4.7. Probefläche 7:

Die 1987 neu hinzugekommene und damals noch nicht besiedelte PF, im wesentlichen ein neu angepflanzter Gehölzbestand, hatte auch 1990 noch keine nennenswerte Bedeutung als Vogelbrutgebiet. Eine reichere Vogelgemeinschaft wird sich erst sehr allmählich einstellen, wenn die Strukturvielfalt im Baumbestand größer wird.

5.4.8. Probefläche 8:

Quantitative Aussagen über Veränderungen sind nicht möglich, weil die PF 1990 erstmals untersucht wurde. Der namengebende Vogel des Nachtigallwäldchen, vom Verfasser 1986 noch festgestellt, verschwand 1987 und war auch 1990 noch nicht wieder anwesend. Die Wacholderdrossel, 1987 ebenfalls verschwunden, siedelte 1990 wieder in vier Paaren. Interes- sant ist, daß diese vier Paare fast genau der Bestandsabnahme der Wacholderdrossel in PF 4 entsprechen, was die Theorie einer Umsiedlung bzw. Korrespondenz zwischen beiden PF bestätigt.

5.5 Fazit

Die unter 5.1 erläuterten methodisch bedingten Einschränkungen der Aussagefähigkeit ermöglichen nur ein sehr begrenztes Fazit für das gesamte Untersuchungsgebiet. Erkennbar ist ein negativer Trend im Artenbestand, der sich kennzeichnenderweise im Verschwinden anspruchsvoller Arten bemerkbar macht (vgl. 5.2). Es bleibt jedoch festzuhalten, daß das Untersuchungsgebiet nach wie vor einen sehr wertvollen Lebensraum für die Vogelwelt darstellt, besonders, wenn man die Lage am Rand einer Großstadt berücksichtigt. Das fordert alle Anstrengungen, das Gebiet in einer Weise zu entwickeln und zu pflegen, die dem hohen Wert gerecht wird. Die Ergebnisse aus den einzelnen Probeflächenuntersuchungen fielen unterschiedlich aus. Grundsätzlich zeigte sich der schon 1987 festgestellte Effekt, daß die PF 4 und 6 besonders wertvoll sind und durch hohe Siedlungsdichten, Vokommen anspruchsvoller und bedrohter Arten sowie eine vergleichbar hohe Stabilität des Vogelbestandes das Gesamtbild in positiver Weise bestimmen. Beide PF waren von den Umgestaltungsmaßnahmen für die Gartenschau relativ wenig betroffen, wenngleich auch die negativen Auswirkungen der Eingriffe in PF 6 sofort deutlich wurden. Auch die PF 1 blieb praktisch unverändert, wobei sich jedoch hier die Verringerung der Mähintensität an der Uferböschung positiv bemerkbar machte. Deutlich negative Veränderungen wurden auf den von der Gartenschau stärker betroffenen PF2, 3 und 5 festgestellt. Während PF2 in ihrem Charakter völlig umgestaltet wurde und daher der Vogel- bestand keine Gemeinsamkeiten mit dem von 1984 bzw.1987 mehr aufweist, blieb die Vogel- gemeinschaft der beiden anderen PF seit 1984 im Charakter zwar ähnlich, doch lag die Siedlungsdichte deutlich niedriger, und anspruchsvolle Arten verschwanden praktisch ganz. Der negative Trend scheint hier allerdings im Jahre 1987, als die Umbauarbeiten im Gange waren, sein Maximum gehabt zu haben; offensichtlich wirkte sich der Besucherverkehr während der Gartenschau weniger stark aus, als die Umgestaltung der Strukturen in der Bauphase. In der Gesamtbewertung dieser PF sind 1990 bereits wieder Anzeichen einer Er- holung erkennbar, was Erwartungen auf eine Stabilisierung für die Zukunft rechtfertigt. Die Ergebnisse von den PF2, 3, 6 und 7, auf denen neugepflanzte Gehölze einen wesentlichen Teil der Fläche bestimmen, zeigen deutlich, wie gering die Bedeutung solcher jungen Gehölz- pflanzungen für die Vogelwelt zunächst ist. Dagegen verdeutlicht sich beispielsweise an der relativ raschen Wiederbesiedlung der PF 8, die ja einen radikalen Eingriff erfuhr, wie hoch der 202 Wert alter, strukturreicher Baumbestände eingestuft werden muß. Die Ergebnisse von den als „stabil" eingestuften PF 4 und 6 bestätigen das, ebenso die Umsiedlungen bedrohter Arten (Grünspecht, Kleinspecht) zwischen der PF 4 und dem Praunhei merWäldchen, das sich eben- falls durch alten Baumbestand auszeichnet. Eine aufgrund von Neuanpflanzungen positive Flächenbilanz beim Baumbestand kann also trotzdem eine negative Bilanz bei den gehölzbe- wohnenden Vogelarten zur Folge haben. Daraus resultiert, daß der Erhaltung alter, struktur- reicher Baum- und Gebüschbestände höchste Bedeutung zukommt. Zusammenfassend kann unter Beachtung aller in Kapitel 5.1 gemachten Einschränkungen für das Probeflächengebiet ausgesagt werden, daß nach der Bun- desgartenschau zwar eine insgesamt negative Bilanz für die Vogelbestände festgestellt wurde, die aber nicht den Charakter eines „ökologischen Kahlschlages" hat. Die negativen Verände- rungen waren auf den von der Gartenschau stark veränderten Probeflächen am gravie- rendsten, was bei einer statistischen Flächenbetrachtung des gesamten Untersuchungsge- bietes auch Vermutungen über negative Bestandsveränderungen im gesamten Untersu- chungsgebiet zuläßt.Glückl icherweise liegen jedoch im Untersuchungsgebiet große Flächen, die von der Gartenschau relativ wenig berührt waren und gleichzeitig in ihrer Biotopqualität als „Puffer" im positiven Sinne wirken. Die dort lebenden Vogelgemeinschaften, die sich als wert- voll und relativ stabil erwiesen haben, konnten die negativen Einflüsse der Großveranstaltung auffangen und erlauben - biotopgerechte Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen vorausge- setzt - relativ optimistische Zukunftsperspektiven für das Gesamtgebiet.

6. Vorschläge für die weitere Gestaltung des Gebiets

Grundsätzlich können die von BAUSCHMANN (1987) schon aufgestellten und vom Verfasser (MÖBUS 1989a) präzisierten Vorschläge aufrechterhalten werden. Die hohe Bedeutung des Gebiets für die Vogelwelt, ebenso wie für andere Tiergruppen, gebietet einer naturgerechten Pflege und Entwicklung den Vorrang vor einer Park-Gestaltung im herkömmlichen Sinne. In ähnliche Richtung laufen auch Empfehlungen, wie sie z. B. JAHNS (1990) und MASCHWITZ (1990) abgeben. Auch die grundsätzliche Erwägung,Teile des Gebiets oder seine Gesamtheit in geeigneter Form als Lebensraum einer artenreichen, von anspruchsvollen und gefährdeten Arten bestimmten Vogelwelt rechtlich zu sichern, wird hier nochmals empfohlen. Der Aussage von JAHNS (1990), „für eine höhere Schutzstufe als die bereits ausgewiesene" (Landschafts- schutzgebiet herkömmlicher Prägung, der Verf.) seien „keine biologischen Voraussetzungen vorhanden", muß hier klar widersprochen werden! Auch aus den Ausführungen von MÖLLER (1989) läßt sich die Forderung nach einem stärkeren rechtlichen Schutz des Gebiets herleiten. Sollte die Schutzform „Naturschutzgebiet" wegen der Funktionsbestimmung „stadtnahes Erholungsgebiet" abgelehnt werden, so ist auch die Schutzform „Landschaftsschutzgebiet" mit einer Verordnung, die dem besonderen Wert des Gebiets Rechnung trägt, ein geeignetes Instrument, den wertvollen Lebensraum dauerhaft vor Beeinträchtigungen zu schützen und in seiner Entwicklung zu fördern. Auf jeden Fall sollte die weitere Entwicklung in einem Pflegeplan festgelegt werden, wie er beispielsweise für Naturschutzgebiete schon verpflichtend ist. Als positive Folge der Bundesgartenschau ist dabei der große Flächenanteil von extensiv zu nutzenden Wiesen zu beachten. Dieser Aspekt entspricht in positiver Weise der Lage des Gebiets in einer Flußaue, und der Lebensraum „Wiese" gehört im Großraum Frankfurt mittler- weile zu den seltensten und daher besonders erhaltenswerten. Mit der Ansiedlung einer Wiesenbrüter-Vogelgemeinschaft kann zwar nicht gerechnet werden, da die Fläche dafür noch zu klein ist, doch ist die Rückkehr einiger Arten wie Braunkehlchen (Wiesenvogel) und Steinkauz (brütet in Bäumen, jagt überwiegend in Wiesen) durchaus möglich.Allerdings zeigte sich auch deutlich ein negativer Begleitumstand der relativ weiten, offenen Flächen: im Zuge

203 der stärkeren Öffnung der Aue für Spaziergänger und der Verringerung sichtbegrenzender Strukturen nahm die Zahl der im Gebiet laufenden Hunde enorm zu. Die offenen Flächen reizen die Hunde zum Hetzen, was nach eigenen Beobachtungen von den Besitzern teilweise noch gefördert wird. Offenlandbrüter wie Rebhuhn, Fasan und Feldlerche sind dadurch erheblich gefährdet. Daher sollte das Wegenetz im offenen Auebereich deutlich reduziert und die Besu- cherlenkung auf die deckungsreicheren Randgebiete, unter Schonung der wertvollen Gehölz- bereiche, konzentriert werden.

7. Zusammenfassung

- Im Jahre 1989 fand in der Niddaaue Frankfurt, dem Untersuchungsgebiet, die Bundes- gartenschau statt. - Mit der bestehenden methodischen Vorgabe (BAUSCH MAN N1987, MÖBUS 1989a) wurde 1990 zum drittenmal der Artenbestand im Untersuchungsgebiet und die Siedlungsdichte von Brutvögeln auf Probeflächen ermittelt. - Die Zahl der Brutvogelarten im Gesamtgebiet sank von mindestens 56 im Jahre 1984 auf höchstens 53 im Jahre 1987 und stieg wieder auf 55 im Jahre 1990. Weitergehende quanti- tative Aussagen zum gesamten Untersuchungsgebiet sind aufgrund der methodischen Vorgaben nicht möglich. - Zwei der Probeflächen erwiesen sich, wie schon 1987, als besonders wertvoll und hinsicht- lich ihrer Vogelgemeinschaft stabil. Beide waren relativ wenig von Umgestaltungen betroffen. - Auf drei Probeflächen, die relativ stark von Umgestaltungsmaßnahmen betroffen waren, entwickelte sich der Vogelbestand negativ, zeigt allerdings wieder Anzeichen einer Erholung. - Junge Gehölzpflanzungen werden nur sehr zögerlich besiedelt. Im Gegensatz dazu erwiesen sich ältere, strukturreiche Gehölzbestände als wertvoll. - Im Rahmen einer vom Verfasser definierten zusammenfassenden Bewertung (sechs Bewertungsstufen) wird das Probeflächengebiet als „Vogelbrutgebiet mit hoher Bedeu- tung" (Bewertungsstufe 5) beurteilt. Die Bewertungen der einzelnen PF liegen zwischen „Vogelbrutgebiet mit sehr geringer Bedeutung" (Bewertungsstufe 1, 1mal) und „Vogelbrut- gebiet mit hoher Bewertung" (Bewertungsstufe 5, 2mal). - Die Empfehlung einer weitergehenden rechtlichen Sicherung der wertvollsten Teilbereiche (als Naturschutzgebiet oder Landschaftsschutzgebiet mit besonderen Auflagen) wird aufrechterhalten, die Aufstellung eines Pflegeplanes zur optimalen Entwicklung des Gebiets wird angeregt.

8. Literatur

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STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEINLAND-PFALZ U. SAARLAND & HESSISCHE GESELLSCHAFT FÜR ORNITHOLOGIE U. NATURSCHUTZ (1987): Rote Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Hessen, 7. Fassung, Stand 1.1.1988. Vogel und Umwelt 4: 335 -344. WARTMANN, B. & R. K. FURRER (1978): Zur Struktur der Avifauna eines Alpentales entlang des Höhengradienten. II. Ökologische Gilden. Ornithol. Beobachter 75: 1- 9.

WITT, K. (1988): Anhaltend extreme Brutdichte des Buntspechts (Dendrocopus major) und bevorzugte Brutbaumwahl in einem Berliner Mischwaldpark. Vogelwelt 103: 114 -118.

Anschrift des Verfassers: KURT MÖBUS, Wasserweg 27, 6000 Frankfurt am Main 70

205 Neue Literatur

SABEL, K. (1990): Pfäffchen - Fi nkenammern Mittel- und Südamerikas. -165 S., 63 Farbfotos, 3 Zeichn., 3 Tabellen; Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart.

Die Pfäffchen gehören zu den Finkenammern Mittel- und Südamerikas. Der Autor des vor- liegenden Buches hat sich über 25 Jahre mit ihrer Zucht befaßt und konnte so wertvolle Erfahrungen an diesen Vogelarten sammeln. So behandelt die Publikation neben ihrer Natur- geschichte u. a. Käfighaltung, Ernährung und Züchtung der verschiedenen Arten. Den Hauptteil des Buches bildet die Vorstellung der einzelnen Arten (Beschreibung, Verbreitung, Lebensraum, Käfighaltung, Brutbiologie im Gehege). Einige Arten sind nach Kenntnis des Autors bisher nicht in Gefangenschaft gehalten worden. Ein Schlußwort, ein Literaturver- zeichnis und ein Register beschließen den Band. Über 60 Farbfotos dienen der Illustrierung.

Die Käfighaltung exotischer Vogelarten ist sicher ein interessantes Gebiet und sie kann,wie es sich am vorliegenden Beispiel zeigt, auch ein aus wissenschaftlicher Sicht erkenntnisreiches Hobby sein.Trotz dieser positiven Aspekte bleibt die Frage offen, ob die Biologie dieser Arten nicht besser in ihrer Brutheimat studiert werden sollte. Bedenkt man, daß die in Süd- und Mittelamerika gefangenen Exemplare dieser Arten einen dornenreichen Weg bis nach Europa hinter sich bringen müssen. Wie steht es mit dem Status dortiger Populationen? Sind sie alle so häufig, daß eine Entnahme für die Käfighaltung geduldet werden kann? Was sagt das Washingtoner Artenschutzübereinkommen zu den Pfäffchen? Die Behandlung dieser Fragen - und sicher noch weitere zur Problematik Artenschutz - bedürfen eines Kapitels in einem Buch, wie dem vorliegenden. Hier ist nicht nur der Autor sondern auch der Verlag W. KEIL gefordert.

206 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 207-210 (1991)

Zum Nächtigungsverhalten des Haselhuhns (Bonasa bonasia) als Bestandserfassungshilfe von ROBERT SCHMIDT, Daaden, und HERMANN HELD, Neunkirchen

Das Haselhuhn versteht es nicht nur, „unhörbar" sogar über dürres Buchenlaub zu laufen, sondern sich dank seines fleckig rindenfarbigen Gefieders „unsichtbar" zu machen (SCH E R- ZING ER 1977). Diese versteckte Lebensweise macht es sehr schwer,Vorkommen dieserTierart nachzuweisen. Die Autoren konnten im Rahmen von Untersuchungen feststellen, daß sogar Jagd- oder Forstrevierinhaber häufig keine Kenntnisse über bestehende Haselhuhnbestände in ihren Revieren hatten. Nachfolgend soll über eine erfolgreiche Methode zum Nachweis von Haselhuhnvorkommen berichtet werden. Die hier vorgestellten Ergebnisse resultieren aus Beobachtungen auf einer Fläche von mehreren Quadratkilometern im „Dreiländereck" Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Hessen im Zeitraum Januar 1988 bis Februar 1990. Die Untersuchungen erfolgten in Absprache mit der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, Frankfurt/Main. Die für das Haselhuhn erforderlichen Strukturelemente sowie ein ausreichendes Nahrungs- angebot gehen in weiten Teilen dieses Untersuchungsgebiets auf die sogenannte Haubergs- wirtschaft zurück, eine besondere Form der Niederwald bewirtschaftung, bei der insbeson-

Abb. 1: Lebensraum des Haselhuhns Foto: R. SCHMIDT

207 dere die Hänge in etwa 25jährigem Turnus durch Kahlschlag genutzt wurden. Anschließend wurden die Flächen der Sukzession überlassen und regenerierten durch Stockausschlag.

In den Wintermonaten läßt sich das Vorkommen von Haselhühnern sehr gut anhand der Schlafbäume nachweisen. Dabei sind die Schlafbäume durch die darunter liegenden Kothaufen (s. Abb. 2) markiert. An den Schlafplätzen findet sich in der Regel Blinddarmlosung mit vielen schwach gebogenen und an einem Ende mit Harnsäureüberzug versehenen Kotröllchen. Schlafbäume liegen häufig im „Winterschatten". Solche Orte finden sich an größeren trichterförmigen Vertiefungen oder anderweitig topografisch stark strukturierten Stellen im Gelände, die einen entsprechenden Baumbestand aufweisen. Oft stehen dauernd begrünte Fichten oder Fichtengruppen in der Nähe der Schlaf bäume. Die beschriebene topo- grafische Struktur ist im Untersuchungsgebiet vielfach durch den früheren Abbau von Erz und/oder Steinen geschaffen worden. In relativ kurzer Entfernung (oft weniger als 20 m) von den Schlafbäumen finden sich häufig die in den Sommermonaten benutzten Huderpfannen.

Abb. 2: Walzenlosung unter einem Schlafbaum Foto: R. SCHMIDT

Wie aus der Grafik 1 ersichtlich, dominierte im Untersuchungsgebiet als Schlafbaumart der Hasel (Cotylus avellana). Auffällig ist die geringe Annahme der Fichte als Schlafbaum im Unter- suchungszeitraum. Dies ist vermutlich auf die nahezu schneefreien Winter der letzten Jahre zurückzuführen. Kartierungsergebisse vor 1988 haben ergeben, daß bei geschlossener Schneedecke die Fichte gerne als Schlafbaum genutzt wird.

Schlafplätze befanden sich so gut wie nie in der Nähe des Stammes, sondern in einem Abstand von mindestens 20 cm auf einem relativ dünnen Ast odereinerAstgabel (vgl. KLAUS et al. 1976). Oft fanden sich benachbarte Schlafbäume in einem Abstand von nur drei bis vier Metern. Es könnte sich hierbei um Schlafplätze von Hahn und Henne gehandelt haben. 208

Die Höhe der Schlafplätze ließ sich mit einem Maßstab oder einer Meßlatte leicht ermitteln. Dabei half oft die im Geäst des Schlafbaumes hängengebliebene Blinddarmlosung bei der Lokalisierung des genauen Schlafastes. Die geringste Schlafhöhe wurde in einem Weiß- dornstrauch (Crataegus spec.) mit ca. einem Meter ermittelt Grafik 2 zeigt, daß die Mehrzahl der Tiere in einer Höhe von zwei bis drei Metern übernachtete.

Bemerkenswert war das Verhältnis kartierter Schlafbäume zur Sichbeobachtung. 42 in relativ kurzer Zeit kartierten Schlafbäumen standen nur 14 Sichtnachweise in einem weitaus größeren Untersuchungszeitraum gegenüber, obwohl es sich bei den Beobachtern um drei versierte Ornithologen mit z.T. langer Erfahrung in der Haselhuhnbeobachtung handelte. Die Schlaf baumkartierung wurde nur von einer Person durchgeführt (HELD). Die nur zwei bei den intensiven Schlafbaumkartierungen festgestellten Rupfungen (HELD, 20.2.1989 und 2.2.1990) machen deutlich, daß in einem haselhuhngerechten Lebensraum diese Art auch durchaus Feinddruck ertragen kann. Bemerkenswert ist, daß es sich in beiden Fällen um Rupfungen im Februar handelt.

Zusammenfassung

Die Autoren beschreiben eine effektive Methode zum indirekten Nachweis von Haselhuhn- vorkommen. Rein rechnerisch ergibt sich für die indirekten Nachweis eine Nachweisleistung von ca. fünf Schlafbäumen pro Monat und Kartierer (ein Kartieren in einem Untersuchungszeitraum von acht Monaten) und für den direkten Nachweis durch Sichtbeobachtungen eine Nachweisleistung von ca. 0,2 Sichtbeobachtungen pro Monat und Person (drei Beobachter bei 26 Monaten Untersuchungszeit). Die Kartierung von Schlafbäumen ist nur in den Winter- monaten angezeigt und sollte über mehrere Jahre hinweg wiederholt werden, um aussage- fähigere Bestandsergebnisse zu erhalten. Die geringste Schlafhöhe wurde in einem Weißdornstrauch (ein Meter) ermittelt, die größte ermittelte Schlafhöhe betrug drei Meter. Als Schlafbaum domonierte im Untersuchungsgebiet die Hasel (Corylus avellana).

Literatur:

KLAUS, S. et al. (1976): Das Nächtigen und Sandbaden beim Haselhuhn. - Der Falke 24: 414 - 420.

SCHERZINGER,W. (1977): Das Haselhuhn.-In Waldhühner von A. LINDNER: Seite 108 -132. Hamburg.

Anschrift der Verfasser: ROBERT SCHMIDT, Denkmalstraße 16, 5244 Deaden HERMANN HELD, Obere Reihe 7, 5908 Neunkirchen 210 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 211-222 (1991)

Zur Ausbreitung des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) in Hessen seit 1980 von MARTIN KRAFT, Marburg/Lahn

1. Einleitung

Es ist genau zehn Jahre her, als die erste Brut des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) in Fulda nachgewiesen wurde (HEIDER & JOST 1981). In den Folgejahren fand eine zunehmende Besiedlung Hessens statt. Vor allem auf Friedhöfen, in Gärten und Parkanlagen sowie in Birkenalleen fand der Birkenzeisig eine offenbar freie ökologische Nische vor. Seinem Namen gerecht werdend, brütet er vorwiegend in Birken.

In der voliegenden Arbeit soll die biologisch sehr interessante Ausbreitung des Birkenzeisigs für Hessen dokumentiert werden. Die Bruthäufigkeitsstufe I, wie sie noch im Verzeichnis der Vögel Hessens (BEHRENS, Fl EDLER, KLAM BERG & MÖBUS 1985), nachzulesen ist, hat sich in der Zwischenzeit vervielfacht. Es ist anzunehmen, daß der Birkenzeisig in Hessen bereits flächendeckend als Brutvogel vorkommt, wobei städtische Bereiche gegenüber ländlichen Gegenden eindeutig bevorzugt zu sein scheinen.

Diese Entwicklung macht es sehr wahrscheinlich, daß sich das Brutareal des Birkenzeisigs noch weiter ausdehnt. Auch in Zukunft sollten daher alle Brutvorkommen dieses kleinen Finkenvogels exakt verfolgt und dokumentiert werden.

2. Entwicklung des Brutbestandes seit 1980

Seit dem ersten Brutnachweis im Jahre 1980 ist der Bestand brütender Birkenzeisige in Hessen geradezu drastisch angestiegen. Bereits 1985 brüteten etwa 30 Paare, 1989 war es mindestens die zehnfache Menge. Nach dem vorliegenden Datenmaterial (im wesentlichen eigene Beobachtungen) für 1990 dürfte der aktuelle Brutbestand in Hessen mit mindestens 350 bis 400 Paaren angenommen werden. Allein im Kreis Marburg-Biedenkopf brüteten in diesem Jahr etwa 200 Paare. Nach diesen Ergebnissen wäre die Bruthäufigkeitsstufe des Birkenzeisigs in Hessen auf IV angestiegen (vgl. BEHRENS et al. 1985). Da flächendeckende Bestandserfassungen jedoch nicht vorliegen und Brutvorkommen oft nur unzureichend oder pauschal angegeben werden, kann der tatsächliche Brutbestand des Birkenzeisigs noch viel höher sein. In der Tabelle 1 sowie in Abbildung 1 ist die eminente Populationsentwicklung des Birkenzei- sigs in Hessen dargestellt.

Auf welche Kreise sich diese drastische Brutverbreitung verteilte und verteilt ist aus den Abbil- dungen 2 bis 5 ersichtlich. Die Abbildung 6 zeigt die möglichen Besiedlungs- und Ausbrei- tungsrichtungen.

211 Tabellet Populationsentwicklung beim Birkenzeisig (Carduelis flammea) in Hessen von 1980 -1990

Jahr Landkreis Anzahl Brutpaare Autor (Jahr)

1980 Fulda 1 HEIDER &JOST (1981) 1981 Lahn-Dill 1 -2 BAUER (brieflich) Fulda 2 HEIDER (1982) 1982 Lahn-Dill 1 -2 BAUER (brieflich) Fulda 2 HEIDER (1982) Marburg-Biedenkopf 1 KRAFT (1984) 1983 Lahn-Dill 1 SCHINDLER et aI. (1983) Fulda 2 HEIDER (1983) Marburg-Biedenkopf 2 -3 KRAFT& VOLK (1983) 1984 Marburg-Biedenkopf 10 -11 KRAFT (1984 a) 1985 Lahn-Dill ca. 2 SCHINDLER (1985) Marburg-Biedenkopf 20 KRAFT (1985) Kassel 5 LUCAN (1985) 1986 Lahn-Dill „einige" FIPPL&VEIT (1986) Fulda 2 HEIDER (1986) Marburg-Biedenkopf 15 -18 KRAFT (1986) Limburg-Weilburg 10 STAHL (1986) Werra-Meißner 1 BRAUN EIS (1986) Kassel 7 LUCAN (1986) 1987 Lahn-Dill beinahe „flächendeckend" SCHINDLER (1987) Marburg-Biedenkopf 31 -33 KRAFT (1987) 1988 Lahn-Dill ca. 28 (100) FIPPL (1989) Fulda 10 HEIDER (1989) Marburg-Biedenkopf ca. 75 PETRI (1989) Gießen 3 -4 THORNER, FIPPL (1989) 1989 Lahn-Dill 100 -150 VEIT (1989) Fulda „Verdichtung des Brutvorkommens" HEIDER, JOST (1989) Marburg-Biedenkopf 120- 150 KRAFT (brieflich) Kassel „verbreiteter Brutvogel" LUCAN (1989) Waldeck-Frankenberg ca. 8 SPERNER (1989) Schwalm-Eder ca. 15 SCHAUB (1989) Wetterau 1 Natur- und Vogelschutzgruppe Bingenheim (1989) Main-Taunus 1 MENIUS (1989) Frankfurt/Main 1 -2 MÖBUS, SCHROTH (1989) Darmstadt-Dieburg 1 Brutverdacht FRITZ (1989) 1990 Marburg-Biedenkopf ca. 200 KRAFT (brieflich), 1990 Gießen und Schwalm- Eder zusammen ca. 50 KRAFT (brieflich), 1990

Weitere Angaben für 1990 fehlten bei Abschluß der vorliegenden Arbeit. Der Gesammbestand dürfte sich für ganz Hessen auf ca. 400 Paare belaufen. 212

4218 19 20 21 23 24 25 26 27 42 28

43 43

4411 12 13 14 15 16 17 4418 44

45 45

4€ 46

47 47

48 48

49 49 510 50 50

51 51

52 411h.Ve

53 eilkammemb,

54

Ihw 55 56

57

58 58

59 5 50 60 60 61 Zr? 62 63 6322 23 24 25 26 27 6328 64

65 65

66 0 66

6711 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 67 22

Abb. 6: Mögliche Einwanderungs- und Ausbreitungsrichtungen des Birkenzeisigs seit 1980

Möglicherweise steht die Ausbreitung des Birkenzeisigs auch im Zusammenhang mit der Ausdehnung der Brutareale von eher östlichen Arten wie Karmingimpel (Carpodacus erythrinus), Schlagschwirl (Locustella fluviatilis), Zwergschnäpper (Ficedula parva) und Beutel- meise (Remiz pendulinus) sowie andere (REICHHOLF-R I EH M & UTSCHICK 1974, BEZZEL 1982, TAMM & KRAFT 1982, HELBIG & FIALA 1984, SCHROTH & HELBIG 1985, BERTHOLD mündl.). Weitere Gründe für die zunehmende Verbreitung des Birkenzeisigs sind einmal darin zu suchen, daß er in birkenbestandenen Gärten, Parks, Friedhöfen und ähnlichen Biotopen eine freie ökologische Nische vorfindet und zum anderen kommt ihm die geringe Menschenscheu zugute, die ihn schon jetzt zum Kulturfolger macht. Der Birkenzeisig ist neben anderen Arten ein Paradebeispiel dafür, daß es ohne weiteres sehr sinnvoll ist, auch das Auftreten seltenerVogelarten zu registrieren, sich daran zu erfreuen, es zu 218 dokumentieren und die Daten zu sammeln, denn niemand vermag exakt zu beurteilen, ob die vermeintliche Seltenheit eben nicht nur ein verdrifteter orientierungsloser Fremdling, sondern ein Vogel ist, der als Vorhut für eine spätere Arealerweiterung anzusehen und vielleicht schon bald häufig ist (vgl. dazu auch BARTH EL & BEZZEL 1990).

Diese berechtigte Hoffnung, so denke ich, ist gerade in der heutigen Zeit mit all ihren negativen Effekten wohl jedem Vogelkundler zueigen.

6. Zusammenfassung

Im Jahre 1980 wurde der erste Brutnachweis des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) für Hessen erbracht. In den Folgejahren fand eine nahezu exponentielle Verbreitung und Popula- tionszunahme dieser Vogelart statt. Die Bestandsentwicklung von 1980 bis 1990 wird dar- gestellt. Inzwischen ist der Birkenzeisig als Brutvogel wohl für ganz Hessen anzusehen. Mit mindestens 350 bis 400 Paaren im Jahre 1990 ist er damit fast so häufig wie der Stieglitz (Carduelis carduelis). Die Brutbiotope finden sich vor allem in urbanen Bereichen, wobei Parkanlagen, Friedhöfe und Gärten mit hohem Birkenanteil am meisten genutzt werden. Verhalten, Rufe und Rassenzugehörigkeit werden ebenso wie die Gefiederzeichnung beschrieben und diskutiert. Die neuere Bestimmungsliteratur läßt den Schluß zu, daß es sich bei den hessischen Birkenzeisigen um die Rasse Carduelis flammea cabaret, die bisher vor allem in den Alpen, auf den friesischen Inseln und in England brütete, handelt.

Mögliche Einwanderungs- und Verbreitungsrichtungen werden dargestellt und mit den Entwicklungen in Nachbarländern verglichen.

Neuansiedlungen in Hessen und anderen Bundesländern sollten weiterhin dokumentiert werden.

7.Literatur

BARTH EL, P. H. & E. BEZZEL, (1990): Feststellungen seltener Vogelarten: Ihre faunistische Bewertung und wissenschaftliche Bedeutung. Die Vogelwelt 2: 64 - 81.

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3EZZEL, E. (1970): Zur Verbreitung und Phaenologie des Birkenzeisigs (Carduelis flammea) am bayerischen Nordalpenrand. - Die Vogelwelt 91: 240 - 243.

3EZZEL, E. (1974): Zur Verbreitung und Biotopwahl des Alpenbirkenzeisigs Carduelis flammea cabaret am deutschen Nordalpenrand. - Anz. Orn. Ges. Bayern 13: 157 -170. 3EZZEL, E. (1982): Vögel in der Kulturlandschaft. - Stuttgart.

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BRAUN EIS, W. in K. FIEDLER (1986): Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1986 - Birkenzeisig - Carduelis flammea. Vogel und Umwelt 4: 173.

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Anschrift des Verfassers: Dr. MARTIN KRAFT, FB Biologie der Philipps-Universität Marburg, Abt. Tierökologie, Postfach 19 29, 3550 Marburg-Lahnberge. 222 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 223-229 (1991)

Untersuchungen 1989 zur Siedlungsdichte und Fortpflanzungsrate der Elster (Pica pica) sowie zum Konkurrenzverhalten zur Raben- krähe (Corvus c. corone) im Raum Korbach, Nordhessen von ANTONIUS KÖSTER, Korbach

1. Untersuchungsgebiet, Material und Methode

Kartiert wurde eine Fläche von etwa 9.500 ha im Naturraum des Waldecker Tafellandes mit Höhenunterschieden von 290 bis 493 m NN. Bei dem Gebiet handelt es sich um eine typische, offene Kulturlandschaft, die überwiegend ackerbaulich und weidewirtschaftlich genutzt wird und mehr oder weniger von Wald eingeschlossen ist. 15 Gemeinden und die Stadt Korbach verteilen sich über die Fläche.

Die Elster ist in Einzelpaaren zwar im gesamten Untersuchungsgebiet vertreten, bildet aber darüber hinaus vier Vorkommensschwerpunkte, in denen sie „kolonieartig" (DECKERT1980) brütet. Diese liegen etwa sechs, fünf und viereinhalb Kilometer auseinander. Die bevorzugten Brutgebiete korrelieren deutlich positiv mit dem Vorhandensein größerer Wiesenkomplexe in Verbindung mit ausreichend Hecken und Gebüschen, weisen aber jedenfalls im Kerngebiet relativ wenig hohe Bäume auf (ELLENBERG 1983, WITTENBERG 1968).

Die gesamte Fläche ist von Januar bis Apri11989 intensiv auf Elster- und Rabenkrähen-Nester abgesucht worden, und zwar vorwiegend vom Auto aus, da ein gutes Wegenetz vorhanden ist. Wo dies nicht möglich war, mußten die potentiellen Nistbiotope zu Fuß abgegangen werden. Da der Schwerpunkt der Arbeit auf der Elster lag, die größere Waldflächen meidet (PRIN- ZINGER & HUND 1981, PLATH 1988), wurden solche auch nicht kontrolliert. Die einzelnen Neststandorte wurden in Karten, Maßstab 1:10.000, eingetragen. Als optisches Hilfsmittel diente ein Fernglas (8 x 56).

Obwohl in der Literatur oft Gegenteiliges behauptet wird (PRI NZI NG ER &HUND 1981), kommt es m. E. sehr leicht zu Verwechslungen zwischen (alten) Elster- und Rabenkrähen-Nestern. Zwar schirmt die Elster ihr Nest i. d. R. mit einem Kuppeldach ab (BÄHR MANN 1968, HOLYOAK 1967), bei meiner Kontrolle erwies sich aber, daß viele Nesthauben vom Wind bzw. von Elstern oder Rabenkrähen abgetragen werden oder morsch in sich zusammengebrochen sind. Bei zahlreichen Nestern kann nur nach genauer Betrachtung aus der Nähe entschieden werden, ob es sich um ein Rabenkrähen- oder Elster-Nest handelt. Hierbei sind Fehler fast ausge- schlossen, weil die Elster sehr viel Erde in ihren Nestunterbau einträgt.

Nach Laubausbruch wurden sämtliche Gebiete, in denen alte Nester kartiert worden waren, noch mehrmals auf Neubauten abgesucht. Die vier Vorkommensschwerpunkte der Elster waren zudem abwechselnd unter permanenter Beobachtung, so daß mit hoher Wahrschein- lichkeit alle Brutpaare (BP) erfaßt wurden.

Die erreichbaren Elsternester wurden mehrfach kontrolliert, eine Nestkarte angelegt und die Jungen mit Stahlringen der Vogelwarte Helgoland markiert.

223 f, 490

Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet 2. Ergebnisse

2.1 Siedlungsdichte

Die Zahl der beobachteten BP belief sich für das gesamte Untersuchungsgebiet (9.500 ha) auf 45. Hiervon brüteten 29 BP kolonierartig, die restlichen 16 einzeln. Dies ergibt eine durch- schnittliche Siedlungsdichte von 0,47 BP/km2 allgemein, während diese sich für die einzelnen Kolonien wie folgt darstellt:

Tabelle: 1

1: Bezeichnung der Kolonie 2: Fläche in ha 3: Anzahl beobachteter BP 4: Siedlungsdichte beobachteter BP/km2 5: Anzahl erfolgreicher BP 6: Siedlungsdichte erfolgreicher BP/km2

1 2 3 4 5 6

„Im Sicktal" ca. 60 11 18,3 3 5,0 „Auf der Bracht" ca. 65 5 7,7 4 6,2 „An der Marbeck" ca. 35 6 17,1 3 8,6 „Am Deublers-Kopf" ca. 38 7 18,4 4 10,5

DECKERT (1980) ermittelte für eine Fläche von 189 ha am Motzener See eine Brutpaardichte von 11,1 BP/km2, wo sie auch kolonieartiges Brüten beobachtete. EMDE & LÜBCKE (1984) stellten, ebenfalls in einem nordhessischen Gebiet, auf ca. 390 km2 0,4 BP/km2 fest. DITTRICH (1981) kam in Nordbayern auf 9649 km2 auf 0,18 besetzte Nester/km2.HAAFKE (1987) errech- nete in Ratingen auf 65,86 km2 eine Dichte zwischen 1,5 und 2,0 BP/km2, GAST (1984) für den Stadtverband Saarbrücken auf 456 km2 0,19 BP/km2. Um die Daten über Siedlungsdichte und Fortpflanzungsrate verschiedener Untersuchungen miteinander vergleichen zu können, sollte exakt angegeben werden, ob es sich um erfolg- reiche oder nur beobachtete BP, um geschlüpfte Junge oder um solche handelt, die nach dem Ausfliegen bereits ein Alter von mindestens drei Wochen erreicht haben.

Die Horstabstände in den Kolonien differierten meist zwischen 50 und 200 m. Die Nesthöhe in Sträuchern lag überwiegend zwischen zwei und vier Metern (vgl.auch PRINZING ER &HUND 1981),In derfreien Feldflur nisteten die Elstern sowohl in Sträuchern als auch in Bäumen, in den Ortschaften dagegen nur in hohen Bäumen (s. auch ELLENBERG 1983).21 Paare brüteten in neu gebauten Horsten,24 in alten. Ein Paar baute ein Nest ohne das charakteristische Kuppel- dach.

2.2 Fortpflanzungsrate

Von den insgesamt 45 beobachteten BP haben zwölf die Brut vorzeitig abgebrochen,weiteren sechs sind sämtliche Nestlinge geraubt worden. Ersatzbruten wurden zwei, höchstens drei gezeitigt. Für 39 BP kann gesagt werden, ob sie und wieviele Junge sie gehabt haben, und zwar sind insgesamt mindestens 98 Elstern geschlüpft. Hiervon sind in der Brut- und frühen Jugend-

225 phase 35 Verluste eingetreten. Die überlebenden 63 Jungen, die ein Alter von mindestens drei Wochen nach dem Ausfliegen erreicht haben, verteilen sich auf 20 erfolgreiche BP. Dies ergibt eine Mortalitätsrate von 0,36. EDEN (1987) wies für Sheffield bis zum September sogar eine Mortalitätsrate von 0,64 nach. Somit errechnen sich 2,5 (geschlüpfte) Junge/(beobachtetem)BP bzw. 3,2 Junge (minde- stens drei Wochen nach dem Ausfliegen)/(erfolgreichem) BP. Zwischen den Koloniebrütern selbst, aber auch im Vergleich mit den Einzelbrütern, sowohl in der freien Landschaft als auch in den Siedlungen, bestehen erhebliche Unterschiede im Bruterfolg:

Tabelle: 2

1: Bezeichnung der Kolonie, offene Landschaft und Ortschaften 2: Anzahl beobachteter BP 3: Anzahl erfolgreicher BP (mit Jungen, die ein Alter von mindestens 3 Wochen nach dem Ausfliegen erreicht haben) 4: Anzahl der geschlüpften Jungen 5: Anzahl der Jungen mindestens 3 Wochen nach dem Ausfliegen 6: Mittlere Anzahl der geschlüpften Jungen/erfolgreichem BP (Spalte 4:3) 7: Mittlere Anzahl der Jungen mindestens 3 Wochen nach dem Ausfliegen/erfolgreichem BP (Spalte 5:3) 8: Mittlere Anzahl der geschlüpften Jungen/beobachtetem BP (Spalte 4:2) 9: Mittlere Anzahl der Jungen mindestens 3 Wochen nach dem Ausfliegen/beobachtetem BP (Spalte 5:2) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 „Im Sicktal" 11 3 21 14 7,0 4,7 1,9 1,3 5 4 27 16 6,8 4,0 5,4 3,2 „Auf der Bracht" 6 3 14 12 4,7 4,0 2,3 2,0 „An der Marbeck" „Am Deublers-Kopf" 7 4 17 11 4,3 2,8 2,4 1,6 offene Landschaft 10 6 19 10 3,2 1,7 1,9 1,0 und Ortschaften (16)*)

*) 16 ist die Gesamtzahl der Einzelbrüter, jedoch kann nur für 10 BP gesagt werden, ob und wieviel Junge sie geführt haben.

3. Diskussion

Die Verteilung der Elster über das gesamte Untersuchungsgebiet spiegelt deutlich die land- wirtschaftliche Nutzung der Flächen wider. Weiträumige, ausschließlich ackerbaulich genutzte Teile sind elsternfrei. Auch die einzeln brütenden Elstern haben ihr Nest an oder in der Nähe von Wiesen gebaut oder aber in Ortschaften bzw. am Ortsrand. Die zunehmende „Verstädterung" der Elster führe ich in erster Linie auf die Umwandlung der ortsfernen bevor- zugtgegenüberden ortsnahen Wiesen in Ackerland zurück. Dies ist eine Folge der Spezialisie- rung vieler Betriebe, der Milchkontingentierung und anderer Sachzwänge. Weiter gefördert wird diese Entwicklung durch die fast insektenfrei gespritzten Getreideschläge und ein erhöhtes Futterangebot in und um den Siedlungen (Komposthaufen, Silagen u. a.). 226 Ausschlaggebend für die Gründung einer Kolonie ist der Insektenreichtum von extensiv bewirtschaftetem Dauergrünland mit entsprechenden Nistmöglichkeiten. Gegenüber der Rabenkrähe ist die Elster beim Insektenfang sehrviel aktiver und erbeutet größere Mengen an Fluginsekten, die sie über mehrere Meter hinweg hüpfend, laufend oder fliegend verfolgt. Man kann jedoch ein verstärktes Nahrungsaufkommen nicht mit Vermehrung des Elsterbestandes gleichsetzen. Das konzentrierte Auftreten wie in einer Kolonie zeigt zunächst einmal nur eine veränderte Verteilung im Raum an (BEZZEL1988, KOLBE &NEUMANN 1988). Ob nach einem günstigen Brutjahr mit hoher Produktivität die Zahl der Elster-BP in den Kolonien ansteigt wie beim Blaubuschhäher (Aphelocoma caerulescens), der dadurch seine Überlebenswahr- scheinlichkeit erhöht (KREBS & DAVI ES 1981), ob die Jungen eine neue Kolonie gründen wie bei Seeschwalben (REMM ERT 1984) oder ob diese bis auf weiteres als Nicht- oder Einzel- brüter leben und erst später, wenn in der „Schlupf-Kolonie" ein Platz frei geworden ist, in diese zurückkehren, kann nur durch mehrjährige Untersuchungen mit markierten Vögeln geklärt werden. Beim Blaubuschhäher muß ein Männchen im elterlichen Revier bleiben und zuvor eine entsprechende Rangordnung erreichen, ehe es die Stellung des brütenden Männchens einnehmen kann (WOOLFENDEN & FITZPATRICK 1978). Ein zusätzlicher Grund für die Brutplatzwahl mag die Nähe zu Bächen, Gräben, Tümpeln und anderen Feuchtstellen sein, da die Elster zum Nestbau sehr viel feuchte Erde benötigt. Neben den lebensnotwendigen Voraussetzungen ist für das Vorkommen bzw. die Häufigkeit der Elster das Auftreten von Rabenkrähe und Habicht entscheidend. Ohne Rabenkrähe als Raum- und Nahrungskonkurrent und ohne den Beutedruck durch den Habicht (ELLENBERG 1983, MOLLER 1983) nützten Elstern ihren potentiellen Lebensraum wohl optimal. Wo die Raben krähe in Konkurrenz zur Elster tritt, behauptet sie sich auch meist, nicht jedoch im Kerngebiet eines Kolonierevieres.Zwar hindert sie hier zahlreiche Elsternpaare an der Brut und zwingt sie zu deren Aufgabe, kommt aber selber nicht zum erfolgreichen Brutabschluß (BAEYENS 1981). Mindestens in zwei Fällen sind im Kerngebiet von Elstern-Kolonien die Eier von Rabenkrähen geraubt worden.ln einem Fall brütete in einem Nest,eindeutig ein Elsternest, ein Rabenkrähenpaar. Acht Tage später flog von demselben Nest eine Elster, die ihr Fünfer- gelege bebrütete. TOM PA (1975) konnte Elstern dabei beobachten,wie sie Nester von Raben- krähen plünderten. Störungen der Kolonien durch nichtbrütende Rabenkrähen habe ich nicht festgestellt, obwohl sich ein Nichtbrüterschwarm von zunächst ca. 25, später bis zu 40 Rabenkrähen ständig in der Nähe einer Kolonie aufhielt. Dies steht, zumindest für kolonieartig brütende Vögel, im Wider- spruch zu ELLENBERG (1983), der nestplündernde Nichtbrüterschwärme als einen wesent- lichen Konkurrenzfaktor für die Elster ansieht. Nichtbrütende Elstern haben den Brutablauf ihrer Artgenossen nur unerheblich gestört. Die Zahl der Nichtbrüter steigt mit Fortlauf des Brutgeschehens durch vermutlich zur Aufgabe der Brut gezwungene Elstern und Raben- krähen an. Ebenso lassen meine Beobachtungen überVerluste ganzer Elsternbruten mit teils fast flüggen Jungen den Verdacht aufkommen, daß nicht Nichtbrüter, sondern wahrscheinlich Brüter der Rabenkrähe dafür die Verursacher sind. Bei vier von sechs Totalverlusten habe ich im Vorfeld ein, zwei oder drei Rabenkrähen in der Nähe des später ausgeraubten Elsternnestes beobachtet. Streitigkeiten sind mir allerdings nur selten aufgefallen. Als weitere potentielle Feinde der Elster kommen im Untersuchungsgebiet noch Habicht, Rotmilan, Mäusebussard, Sperber, Turmfalke, Fuchs, Marder, Wiesel, Eichhörnchen sowie streunende Katzen und Hunde vor. Hiervon habe ich den Rotmilan als Beutegreifer einer vermutlich jungen Elster festgestellt, der daraufhin von der Rest-Familie und einem Rabenkrä- henpaar heftig attackiert worden ist. Nach LORENZ (1931) dient dies dazu, dem Beutegreifer 227 für die Zukunft das Rauben von Rabenvögeln zu verleiden. Einen Fuchs habe ich am hellichten Tage inmitten einer Elster- und Rabenkrähen-Schar beim „Sich-Totstellen" gesehen. Das Eichhörnchen, dessen Rolle als Nesträuber m. E. viel zu sehr unterschätzt wird, habe ich an zwei besetzten Elsternnestern bemerkt. Es ist jedoch beide Male von einer adulten Elster unter kräftigem Schackern in die Flucht gejagt worden (vgl. auch TATNER 1981).

4. Zusammenfassung

Auf einer Fläche von etwa 9.500 ha im Raum Korbach, Nord hessen,wurden 45 Elstern-BPfest- gestellt, von denen 29 Paare in vier Kolonien brüteten, die restlichen einzeln. Die Differenz zwischen begonnenen und erfolgreich beendeten Bruten war erheblich. Die Fortpflanzungs- rate schwankte ebenfalls beachtlich, und zwar sowohl zwischen den Kolonien als auch gegen- über den Einzelbrütern.

Bei Verlusten wurden die Nestlinge eines Horstes meistens vollständig geraubt, oft erst kurz vor dem Flüggewerden.Wahrscheinlich waren für die hohe Abbruch- und Verlustrate in erster Linie Rabenkrähen- Brutpaare verantwortlich und nicht Nichtbrüterschwärme der Raben- krähe und Elster. Die Rabenkrähe konnte im Kerngebiet einer Elsternkolonie keine einzige Brut erfolgreich vollenden. Wenn sie aber dort auftrat oder im Randbereich brütete, hatte dies eine enorme Reduzierung des Bruterfolges der Elster zur Folge.

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Anschrift des Verfassers: ANTON IUS KÖSTER, Am Wiperich 1, 3540 Korbach

229 Neue Literatur

MAYWALD, A. & B. POTT (1988): Fledermäuse: Leben, Gefährdung, Schutz. -128 S., zahlreiche Abb. (u. a. 64 Farbfotos), Reihe Natur erleben; Ravensburger Buchverlag Otto Maier GmbH. - Ravensburg.

Das Konzept des Buches überzeugt. Nach einem kurzen Rückblick über das Verhältnis der Menschen zu den Fledermäusen folgen auch für Laien leicht verständliche, eingehende Ausführungen zur Biologie dieser Tiere. Die Darstellung der Gründe des besorgniserregen- den Rückgangs leiten über zu offenbar auf Praxis beruhenden, handfesten und vielerorts zu verwirklichenden Schutzvorschlägen. Sie umfassen wohl alle denkbaren großen und kleinen Möglichkeiten und gehen bis hin zu einem Musterantrag für die Ausweisung eines Baum- quartiers als Naturdenkmal. Bei der Darstellung unserer heimischen Fledermausarten (einschließlich der in den letzten Jahren ausgestorbenen) ist aufjeweils knappem Raum eine erfreuliche Fülle von Einzelheiten zu finden. Ein Bestimmungsschlüssel, Anschriftenlisten von amtlichen und ehrenamtlichen Fledermausschützern in den (alten) Bundesländern und ein Verzeichnis benutzter und weiter- führender Literatur beschließen das gehaltvolle Buch. Leider trübt sich das Urteil ein wenig durch die nötige Beanstandung von Kleinigkeiten, die durch ein aufmerksames Gegenlesen schon im Manuskript hätten weitgehend ausgetilgt werden können. Eine Auswahl von wenigen Beispielen mag zur Verdeutlichung genügen. Im Bildtext S. 18 ist zweimal eine „Bugsehne" erwähnt, sie heißt in der zugehörigen Legende „Beugesehne". Daß die Glattnasen im Fluge „stets 2 - 3 Orientierungslaute in der Sekunde"von sich geben (S.22) entspricht nicht der Realität Falsch ist auch die Angabe, daß bei den Fleder- mäusen der Embryo „erst gegen Ende Juli herangewachsen" sei (S.32). Daß Mausohren Lauf- käfer hören können ist unbestritten, was aber die „Riechlaute" sind, mit denen sie sie „zusätz- lich orten" sollen, bleibt dunkel (S. 88). Wasserfledermäuse „vermehren" sich anläßlich der Geburt der Jungen, gewiß nicht „das ganze Winterhalbjahr", in dieser Zeit können Paarungen stattfinden. Leider sind auch die z.T. hervorragenden Farbfotos, mit denen das Buch reichlich ausgestattet ist, nicht frei von Ausrutschern. Die Zwergfledermaus auf S.105 ist keine, auch der Vergleich der sechs Abbildungen der Breitflügelfledermaus läßt stutzen. Aber alle diese Beanstan- dungen, die in zu wünschenden weiteren Auflagen sicher nicht mehr zu finden sein werden, sollen das insgesamt positive Urteil nicht abwerten. Wer sich mit dem faszinierenden Leben der Fledermäuse und ihrem Schutz näher befassen will, sollte dieses Buch unbedingt sein R. MOHR eigen nennen.

230

Waldnähe oder im Wald selbst im Süden der BRD eine durchaus auffällige Zunahme der Popu- lationen zwischen etwa 1950 und 1972 bewirkt ... Diese Pflanzungen (überwiegend Populus nigra, teils auch candicans [—balsamifera] und andere Arten) sind, soweit sie noch bestehen, jetzt - 1976 - so hochgeschossen oder durch nachgepflanzte Fichten so unzugänglich geworden, daß sie ilia kaum noch Möglichkeiten zur Eiablage bieten" und weiter. „Da das Geäst von Schwarz- und Weißer Balsampappel (Populus candicans [balsamifera]) meist sperriger ist als das derZitterpappel,werden jene Bäume gegenüber der letzteren Art deutlich bei der Eiablage bevorzugt ... ; candicans erfreut sich sogar stets größerer Beliebtheit bei ablegenden Weibchen als die übrigen Pappeln" und „die klassische Futterpflanze von ilia ist in Mitteleuropa ...Populus tremula (Zitterpappel oder Espe) ... P. nigra und nigra italica (Schwarz- und Pyramidenpappel) [werden auch] zur Eiablage aufgesucht ... Bemerkenswert ist die Vorliebe des ablegenden Weibchens, nicht aber der Raupe, die P nigra und tremula jederzeit vorzieht, für P. candicans`

FRIEDRICH (1977) sieht also keine Gefährdung durch den Anbau von P balsamifera oder allgemein von Kulturpappeln, sondern vielmehr einen Bestandsrückgang infolge fehlendem Anbau solcher Pappelarten!

4. Fazit

Offensichtlich stellt die (hoffentlich nicht zu oft erfolgte) Umsetzung dieser Aussage von BLAB & KUDRNA (1982) keineswegs ein „Hilfsprogramm" dar, sondern bewirkt sogar das Gegenteil. Eingriffe aufgrund falsch verstandener biologischerZusammenhänge können auch bei bester Absicht schwere Schäden im Naturhaushalt (hier im Sinne einer erhaltungswür- digen Kulturlandschaft) bewirken. Unsere Kulturlandschaft besteht fast ausschließlich aus eingewanderten oder eingebrachten Pflanzen- und Tierarten als Folge der Veränderungen durch menschliche Nutzung. Eine „Hexenjagd" auf Kulturpappeln allein mit dem Argument des Fremdkörpers im Naturhaushalt ist daher fragwürdig und nicht zu verantworten. Bevor die Beseitigung spezieller Pappelarten oder -hybriden oder gar aller Kulturpappeln gefordert werden darf, müssen vergleichende wissenschaftliche Untersuchungen über die Biozönose dieser Pappeln auf unterschiedlichen Standorten erfolgen. Es soll hier nicht grundsätzlich abgestritten werden, daß der Anbau spezieller Pappelsorten oder -arten wie P. balsamifera sich möglicherweise negativ auf den Naturhaushalt auswirken kann. Die Beseitigung aller Kulturpappeln ohne vorherigen Ersatz durch Schwarzpappeln aber dürfte (beispielsweise) in der hessischen Rheinebene in absehbarer Zeit zu einem krassen Rückgang oder gar zur Ausrottung des Kleinen Schillerfalters (Apatura ilia) führen!

Umgekehrt darf die Aussage dieses Artikels nicht als Freibrief gedeutet werden, ökologisch wertvolle Lebensräume weiterhin durch Aufforstung, womöglich gar mit geklonten Pappeln, zu ruinieren. Die Anpflanzung von geklonten (ein Verfahren zur Erzeugung beliebig vieler Individuen aus einem ausgewählten Exemplar bevorzugter Erbmasse) Pappeln (und anderen Arten) ist überdies grundsätzlich abzulehnen, da hierdurch beispielsweise ganze Pappel- haine genetisch nur noch ein Individuum darstellen und damit die weitere Verarmung unserer Landschaft forcieren.

235 5. Literatur

BLAB, J. & O. KUDRNA, (1982): Hilfsprogramm für Schmetterlinge. Ökologie und Schutz von Tagfaltern und Widderchen. Naturschutz aktuell Nr. 6. Greven. - 135 S. BROCKMANN, E. (1987): Natur im Verbund -Theorie für die Praxis. Band 3: der Schriftenreihe Angewandter Naturschutz. Bad Nauheim. -152 S. ELLEN BERG, H. (1982): Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 3. Aufl., Stuttgart - 989 S. FRIEDRICH, E. (1966): Die Futterpflanzen von Apatura ilia und Limenitispopuli (Lep., Nympha- lidae). Ent. Z. 76: 90- 96. FRIEDRICH, E. (1977): Die Schillerfalter. Die Neue Brehm-Bücherei.- Band 505. Wittenberg-Lutherstadt. -112 S. HAEUPLER, H.& P. SCHÖN FELDER, (1988): Atlas der Farn-und Blütenpflanzen der Bundes- republik Deutschland. Stuttgart. -768 S. KOCH, M. (1984): Schmetterlinge. Leipzig. - 792 S. KRISTALL, P. M. (1984): Problematik und Möglichkeiten des Schmetterlingsschutzes, insbe- sondere im Rahmen von Biotoppflegemaßnahmen. Vogel und Umwelt 3: 83 -87 PHILLIPS, R. (1981): Das Kosmosbuch der Wildpflanzen. Stuttgart. - 208 S. ROTHMALER,W. (1988): Exkursionsflora für die Gebiete der DDR und der BRD. Band 2 Gefäß- pflanzen. 14. Auflage, Berlin.- 640 S. SIEBERT [als „von S-t"] (1790): Phaelaena Bombyx Phoebe, der Balsam-Pappel-Spinner. Beitr. Ins.-Gesch. 1 : 18- 23, Tafel II.

Anschrift des Verfassers: ERNST BROCKMANN, Alsfelder Straße 33, 6301 Reiskirchen-OT Lindenstruth

236 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 237-242 (1991)

Die Entwicklung staatlicher Vogelschutzeinrichtungen im Raum zwischen Thüringen und Mecklenburg von MAX DORNBUSCH, Steckby

1. Einleitung

Im Jahre 1899 gründete Frau L. HÄHNLE den Bund für Vogelschutz in Stuttgart. Im gleichen Jahr erschien das seinerzeit grundlegende Werk „Der gesamte Vogelschutz" von H.v. BERLEPSCH, das 1929 mit der 12. Auflage abschloß und zwischenzeitlich in sechs Sprachen übersetzt wurde. In diese Zeit fällt auch die Entstehung der ältesten Vogelschutz- warte Deutschlands. 1900 nahm die Vogelschutzstation Seebach ihre Tätigkeit auf und 1908 erfolgte ihre staatliche Anerkennung. Ihre Ausstrahlung auf die zahlreichen Besucher, insbe- sondere auch durch die seit 1908 veranstalteten Lehrgänge, führte zur Entstehung weiterer Vogelschutzstationen. Zwischen 1900-1926 entstanden 17 Tochterstationen, von denen mindestens sechs zur Grundlage noch heute bestehender Vogelschutzeinrichtungen wurden (BERLEPSCH 1929, p.294). Eine in Wendgräben bei Loburg 1922 gegründete Tochterstation bestand dagegen nur wenige Jahre. 1936 wurden Seebach sowie die weiteren bedeutenden Vogelschutzeinrichtungen Garmisch- Partenkirchen, Essen-Altenhundem, Neschwitz, Oppeln-Proskau (bis 1941) und Stuttgart- Hohenheim (heute Karlsruhe-Rappenwört) zur Vogelschutzwarte ernannt sowie die bis heute tätige Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten gegründet. Es folgten die Vogelschutz- warten Frankfurt/Main 1937, Köslin 1942 (bis 1945), Hannover-Steinkrug 1947, Kiel 1952 und Hamburg 1954 (seit 1906 Vogelschutzstation). Langjähriges erfolgreiches Wirken dieser Einrichtungen und weiterer Vogelschutzstationen bestimmte ihre Entwicklung zu selbstän- digen Instituten für angewandte Vogelkunde einerseits oder ihre Integration bzw. Wahrnähme ihres Fachgebietes in Naturschutzinstituten auf Länderebene andererseits. Eine 1947 von C. BÖHME in Thüringen neu gegründete Vogelschutzstation Friedrichstanneck bei Eisenberg wurde 1959 wieder aufgegeben (KNORRE et al. 1986). Doch wie schon einmal Anfang dieses Jahrhunderts in Deutschland, hat die Vogelschutzwarte Seebach seit 1953 im Raum zwischen Thüringen und Mecklenburg erneut zur Förderung von Vogelschutzstationen beigetragen, deren Entwicklung dargestellt wird. Einer kurzen Blütezeit selbständiger Vogelschutzeinrichtungen von 1964-1969 im Rahmen der Deutschen Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin folgte teilweise eine Integration in Forschungen für den Naturschutz, teilweise in andere Fachrichtungen. Bemühungen um Aufrechterhaltung oder Wiedererlangung der historisch gewachsenen Aufgaben war wech- selnder Erfolg beschieden. Die wechselvolle Geschichte möge Grundlage sein für die Erhal- tung bzw. Neugründung einschlägiger Einrichtungen in den Ländern Mecklenburg-Vorpom- mern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen. Staatliche Vogelschutzwarten oder mit der Wahrnahme von Status und Aufgaben beauftragte Einrichtungen an, in oder neben Landesinstituten bzw. Landesanstalten für Naturschutz und ihre Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten und für den Vogelschutz zuständigen Landesanstalten bedürfen als bedeutungsvolle spezielle Naturschutzeinrichtungen der staat- lichen Förderung. Auch wenn vielfältige ehemalige Anliegen der Vogelschutzwarten sich so

237 weiterentwickelt haben, daß sie im Gesamtanliegen des Natur- und Umweltschutzes aufge- gangen sind, ist nach wie vor ihre Berechtigung für die wachsenden Aufgaben beim Schutz bedrohter Vogelarten und bei der Lösung angewandt-ornithologischer Probleme unver- kennbar. Unter Bewahrung ihrer Identität haben die Vogelschutzwarten im Rahmen des Natur- schutzes ein an Bedeutung zunehmendes ganz spezielles Arbeitsgebiet auszufüllen, für das ihnen ein weiteres erfolgreiches Wirken zu wünschen ist.

2. Vogelschutzwarte Seebach

Die Geschichte der Vogelschutzwarte Seebach geht auf das Jahr 1876 zurück, in dem H. v. BERLEPSCH in der Seebacher Flur erste Vogelschutzgehölze anlegte. Es folgte 1885 -1892 die Anlage eines Vogelschutzparkes um die 700 Jahre alte Wasserburg und ab 1900 eine kontinuierliche Vogelschutzarbeit. Am 1.4.1908 ernannte die Königlich Preußische Regierung die Seebacher Vogelschutzstation zur Staatlich anerkannten Versuchs- und Musterstation für Vogelschutz. Vogelschutzgehölze, Nisthilfen für Frei- und Höhlenbrüter, ihre Wirkungen auf die Siedlungsdichte der Vögel, deren Nahrung und der Einfluß auf Insekten, Schutzmaßnahmen für Seevogelkolonien, Beiträge zum Vogelschutzrecht, wie beispielsweise schon der Interna- tionalen Übereinkunft zum Schutze der für die Landwirtschaft nützlichen Vögel von 1902 (1. Pariser Vogelschutz-Konvention) und dem deutschen Vogelschutzgesetz von 1908, sowie Lehrgänge für Vogelschutz seit 1908 bestimmen lange Zeit die Arbeitsschwerpunkte der ältesten deutschen, 1936 zur Vogelschutzwarte ernannten Vogelschutzeinrichtung.

Seit 1945 im Rahmen der Biologischen Zentralanstalt Berlin, wurde die Vogelschutzwarte Seebach 1951 in die Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften eingegliedert. 1953 konnte sie als selbständige Forschungseinrichtung der Akademie die drei Vogelschutz- stationen Steckby, Neschwitz und Serrahn übernehmen,wieder bzw. neu einrichten und bis zu deren Verselbständigung 1964 unterhalten. Angewandt-ornithologische Forschungen,Vogel- schutz zur Waldhygiene,Vogelabwehr und Verhütung von Vogelschäden, auch an Flugplätzen, Nebenwirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Vögel, Schutz bedrohter Vogelarten, standen in dieser Zeit im Vordergrund. 1964 fand die Vogelschutzwarte Seebach wieder in den Verband der Biologischen Zentral- anstalt, des späteren Instituts für Pflanzenschutzforschung Kleinmachnow, zurück und widmete sich seither, 1977 -1989 unter dem Namen Ornithologische Forschungsstelle Seebach, fast ausschließlich der Forschung über Nebenwirkungen von Agrochemikalien, insbesondere der toxikologischen Mittelprüfung. Seit 1988 war die Ornithologische For- schungsstelle bestrebt, sich wieder mehr populationsökologischen Fragestellungen, speziell Untersuchungen über die Fremdstoffbelastung freilebender Vögel, zuzuwenden und stärker direkt für die Anliegen des Naturschutzes und der Agrarökologie zu wirken.

Als Gründer bzw. Leiter der Vogelschutzwarte waren tätig H. v. BERLEPSCH (bis 1933), F. SCHWABE (1908 -1923), K. GLASEWALD (1923-1925), K. MANSFELD (1925-1962), K. BÖSENBERG (1963 -1974), G. GRÜN (1974-1983), B. RIEDEL (1983 -1990) und R.WEISE (seit 1990). In Seebach liefen lange Zeit auch die Fäden der 1936 gegründeten, bis heute erfolgreich wirkenden Arbeitsgemeinschaft der deutschen Vogelschutzwarten bei ihrem Leiter K. MANS- FELD zusammen, bis ein turnusmäßiger Wechsel der Arbeitsgemeinschaftsleitung eingeführt wurde. Eine Mitarbeit der Vogelschutzeinrichtungen zwischen Thüringen und Mecklenburg in dieser Arbeitsgemeinschaft war von mindestens 1970 -1989 für 20 Jahre zur Ruhe verdammt. 238 3. Vogelschutzwarte Neschwitz

Die am 1. 6. 1953 als Versuchsstation der Vogelschutzwarte Seebach eingerichtete Vogel- schutzstation Neschwitz knüpfte an die Arbeiten der von 1930 -1945 wirkenden Vogelschutz- warte Neschwitz an. Zwischenzeitlich arbeitete von 1946 -1953 eine sächsische Vogel- schutzwarte Moritzburg unter P. BERNHARDT (1946 -1952) und K. BURGK (1952 -1953) mit zeitweise vier Außenstellen in Bautzen (W. MAKATSCH), Leipzig (R. GERBER), Pillnitz (G. CREUTZ) und Prossen bei Bad Schandau (R. MÄRZ).

Aus mehrjährigen, 1923 begonnenen Untersuchungen des Forstmeisters Dr. A. v. VI ETING- HOFF-RI ESCH über forstlichen Vogelschutz entstand am 13.8.1930 die Vogelschutzstation Neschwitz des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz, die 1935 als Vogelschutzwarte benannt und 1936 staatlich anerkannt wurde. Sie arbeitete bis 1945 und unterhielt mindestens von 1932 -1938 als Zweigstelle im Erzgebirge die Vogelschutzstation Scharfenstein unter der Obhut von R. LANGE. Die 1953 wieder aufgenommene Tätigkeit begann ebenfalls mit der Bearbeitung angewandt- ornithologischer Fragestellungen, Vogelschutz zur Waldhygiene und wissenschaftlicher Vogelberingung, wurde aber bald erweitert auf Forschungen über Lachmöwe, Graureiher, Weißstorch, Ziegenmelker und die Avifauna der Lausitzer Teichgebiete. Auch den bestands- bedrohten Arten Schwarzstorch und Blauracke wurde zeitweise besondere Aufmerksamkeit zuteil. 1964 endlich wieder zur Vogelschutzwarte ernannt, wurde die Neschwitzer Einrichtung 1970 dem Institut für Forstwissenschaften Eberswalde zugeordnet. Mit Forschungen über die Popu- lationsentwicklung von Anatiden und der Waldschnepfe ging sie sehr bald im Bereich Landes- kultur und Jagd dieses Institutes auf. Die Auflassung der Vogelschutzwarte im Neschwitzer Park hinterließ eine beachtliche Lücke in der Bearbeitung von Naturschutzanliegen im säch- sischen Raum, insbesondere in der vielfältigen Lausitzer Teichlandschaft.

An der Vogelschutzwarte Neschwitz wirkten u. a. A. v. VI ETINGHOFF-R1 ESCH (1930 -1945) und G. CREUTZ (1953 -1970) als Leiter, H. KRÄTZIG (1937 -1939) und R. SCHLEGEL (1959 - 1969) als Wissenschaftliche Mitarbeiter.

Während der recht erfolgreichen Wirkungsperiode der Vogelschutzeinrichtungen zwischen Thüringen und Mecklenburg von 1964 -1969 erschienen unter der Herausgeberschaft von G. CREUTZ die Aufsätze zu Vogelschutz und Vogelkunde 1 (1964), 2 (1966) und 3 (1969).

4. Vogelschutzwarte Steckby

Die Entstehung der Vogelschutzwarte Steckby geht auf das Jahr 1920 zurück. Im Juli dieses Jahres hatte sich der Landwirt M. B EH R In Steckby niedergelassen, um sich in der Elbaue dem Biber- und Vogelschutz zu widmen. Auf Grund vielfältiger, auch vom Bund für Vogelschutz geförderter Vogelschutzversuche erfolgte am 17. 2. 1932 die Ernennung zur „Staatlich aner- kannten Muster- und Versuchsstation für Vogelschutz" durch das Anhaltische Staatsministe- rium. Als Aufgabe der Station wurde die Niederhaltung von für die Land- und Forstwirtschaft schädlichen Insekten durch ihre natürlichen Feinde und eine entsprechende wissenschaft- liche Bearbeitung formuliert. Dieser ökologischen Forschungsrichtung, der Untersuchung von Beziehungen zwischen Zootopstruktur, Vogel und Nahrung konnte die Vogelschutzeinrich- tung in Steckby bis in die Gegenwart treu bleiben, auch wenn der Aspekt der biologischen

239 Schädlingsbekämpfung dem des Naturschutzes gewichen ist und die Kleinvogelunter- suchungen sich auf populationsökologische Studien an bestandsbedrohten Großvögeln aus- gedehnt haben. 1925 sind in den Steckbyer Forsten auf lange Sicht Versuche zur Ansiedlung von Höhlenbrü- tern bei gleichzeitiger Kontrolle des Massenwechsels forstschädlicher Insekten, speziell in Kiefernforsten, eingeleitet und unter wechselnden Fragestellungen bis heute fortgeführt worden. Der Bund für Vogelschutz hat sie von Anbeginn gefördert und von 1929 -1949 unter- halten. Nach dem Tode des Stationsgründers übernahm er 1934 auch die Station. Sie wurde ohnehin in Einheit mit den vom Bund für Vogelschutz 1929 zum Schutzgebiet Behr erklärten Versuchsflächen mindestens von 1932 -1943 und 1947 -1949 zusätzlich oder ganz so bezeichnet (Schutzgebiet Behr/des Bundes für Vogelschutz/Staatl. anerkannte Muster- und Versuchsstation/Steckby). Seit 1950 Vogelschutzstation als Beispielsrevier für Vogelschutz in Sachsen-Anhalt in Forst- verwaltung, wurde sie 1953 in den Verband derVogelschutzwarte Seebach übernommen und 1964 selbständige Vogelschutzeinrichtung für den Raum Sachsen-Anhalt und Westbranden- burg im Rahmen der Biologischen Zentralanstalt Berlin der Deutschen Akademie der Land- wirtschaftswissenschaften. Einer guten Entwicklung mit stärkerer Hinwendung zur Bearbei- tung von Naturschutzanliegen folgte 1970 die Angliederung als Biologische Station Steckbyan das Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle der Akademie. Schwerpunkte der Arbeit bildeten allezeit Fragestellungen der Angewandten Ornithologie und des Schutzes bestandsbedrohter Arten, die langfristige Vogelschutzversuchsreihe, siedlungs- und ernährungsbiologische Untersuchungen, wissenschaftliche Vogelberingung, ornithologische Lehrgänge, dann insbesondere populationsökologische Forschungen an bestandsbedrohten Arten wie Großtrappe, Schwarzstorch, Weißstorch, Wiedehopf und Greif- vögeln. Auch Untersuchungen der Vegetationsstruktur in den Elbauen des seit 1929 geschützten,1979 von der UNESCO als Biosphärenreservat anerkannten Naturschutzgebiets Steckby-Lödderitzer Forst einschließlich seiner Betreuung und Forschungen über den Elbe- biber fanden zeitweise stärkere Beachtung. Die Station betreuten M. BEHR (bis 1934), 0. HENZE (1934), R. BERNDT (1935 -1943), M. HERBERG (1943 -1962) und M. DORNBUSCH (seit 1962). Beachtliche Mitwirkung erfolgte u. a. von Revierförster F. PLATE (1926 -1940) an den Vogelschutzversuchen und von D. HEIDECKE (1970 -1984) bei der Biberforschung. Da von der Steckbyer Einrichtung in den letzten Jahrzehnten stets Mitarbeit und Koordinierung sowohl im Arbeitskreis zum Schutz vom Aussterben bedrohter Tiere und in ICBP-Arbeits- gruppen für bestandsbedrohte Arten als auch bei angewandt-ornithologischen Anliegen in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus in osteuropäischen Ländern gepflegt wurde, findet dieses kontinuierlich wahrgenommene Arbeitsfeld einer Vogelschutzwarte seit 1990 auch im Namen der Einrichtung seinen Ausdruck.

5. Biologische Station Serrahn

Seit 1927 wurde in der Oberförsterei Langhagen/Mecklenburg-Strelitz ein durch Forstmeister v. SECKENDORFF betreuter langfristig angelegter Vogelschutzversuch in Kiefernforsten unterhalten, der nach 1940 aufgegeben werden mußte (MANSFELD 1931,1961). Daherwar das ornithologische Wirken des Revierförsters H. WEBER seit 1949 und das daraufhin 1950 einge- richtete Vogelschutzrevier Serrahn mit ersten Naturschutzgebietsausweisungen 1952 im ehemaligen Wildpark südöstlich Neustrelitz eine gute Grundlage für die Errichtung einer Außenstelle der Vogelschutzwarte Seebach. 240 Am 1.6.1953 wurde die Vogelschutzstation Serrahn gegründet. Sie wirkte für Aufgaben der angewandten Ornithologie, für Vogelschutz zur Waldhygiene und Artenschutz als wesentliche Aufgaben des speziellen Naturschutzes. Als Grundlage dazu wurden Siedlungsdichteunter- suchungen und andere Bestandsermittlungen durchgeführt sowie ein Netz bedeutender Naturschutzgebiete im mecklenburgischen Raum mitbegründet. Viele Jahre war Serrahn bedeutendste Beringungsstation und avifaunistisches Zentrum Mecklenburgs. Auch Unter- suchungen an Rauhfußhühnern, Großtrappen und weiteren bestandsbedrohten Arten bildeten zeitweilig Arbeitsschwerpunkte. Die Einbeziehung von Waldstruktur- und Wildfor- schungen unter umfassenden Naturschutzaspekten führte zur Entwicklung und Benennung als Biologische Station im Jahre 1960 und Angliederung an das Institut für Landschaftsfor- schung und Naturschutz Halle im Jahre 1964. Bereits Mitte der 1970er Jahre beginnend, widmete sich die Station von 1984 -1988 verstärkt der Verminderung der Vogelschlaggefahr im Luftverkehr, bis das Arbeitsteam von F. ERDMANN im Rahmen des Instituts nach Greifswald überwechselte. Als Leiter der Station wirkten H. WEBER (bis 1982) und H. J. SPIESS (seit 1982). Nunmehr stehen in Serrahn seit 1982 neben stark eingeschränkten ornithologischen Untersuchungen derzeit populationsökologische Fragestellungen an Fischen und Pflanzen im Vordergrund sowie weiterhin die wissenschaftliche Betreuung des Naturschutzgebietes Serrahn.

6. Literatur

BEITZ, H. (1988): Festansprache zum 80jährigen Bestehen der Ornithologischen Forschungs- stelle Seebach. Einfluß von Agrochemikalien auf die Populationsdynamik von Vogelarten in der Kulturlandschaft, Festsympos. Seebach 1988, 5 -14. BERLEPSCH, H. v. (1929): Der gesamte Vogelschutz. 12. Aufl. Neudamm. BRUNS, H. et al. (1961): Die Vogelwarten und Vogelschutzwarten Mitteleuropas, Biol. Abh. 25/26. CREUTZ, G. et al. (1964, 1966, 1969): Aufsätze zu Vogelschutz und Vogelkunde, Berlin, 1 - 3.

DORNBUSCH, M. (1982): 50 Jahre Biologische Station Steckby. Falke 29: 149 -152. DORNBUSCH, M. & L. REICHHOFF (1988): Biosphärenreservat Mittlere Elbe. - Berlin.

HÄHNLE, H. (1936): Das Schutzgebiet Behr-Steckby (Anhalt). Veröff. Württ. Landesst. Natur- schutz, Stuttgart, 12: 167 -183. HÄHNLE, H. (1960): Kiefernschadinsekten und Vogelwelt. - Stuttgart. KNORR E, D. v. et al. (1986): Die Vogelwelt Thüringens. -Jena.

MANSFELD, K. (1931): Beobachtungen bei der Bekämpfung des Kiefernspanners in Mecklen- burg-Strelitz. Jber. Versuchs- und Musterstation für Vogelschutz Seebach 23: 12 - 16. MANSFELD, K. (1961): Zur forstbiologischen Bedeutung und zur erreichbaren Siedlungs- dichte insektenfressender Vögel in Kiefernbeständen. Falke 8: 61- 63 u. 91- 93. PLATE, F. (1964): Beobachtungen und Untersuchungen eines Forstpraktikers über die Bezie- hungen zwischen Waldvögeln und Forstinsekten. Biol. Abh. 29/30. RUGE, K., P. HAVELKA & R. WOLF (1989): 50 Jahre Staatliche Vogelschutzwarte Baden- Württemberg. Beih. Veröff. Naturschutz Landschaftspflege Baden-Württ. 57: 1-60. 241 SCHILDMACHER, H., K. MANSFELD, G. CREUTZ, M. HERBERG &H. WEBER (1955): Vogel- warten und Vogelschutzwarten. - Dresden.

SCHWABE, E. et al. (1959): Das Naturschutz- und Forschungsgebiet Serrahn. - Neubranden- burg.

WEINITSCHKE, H. et al. (1975): Das Naturschutzgebiet Serrahn.- Neubrandenburg u. Serrahn.

Anschrift des Verfassers: Dr. MAX DORNBUSCH, Vogelschutzwarte, 03401 Steckby, Sachsen-Anhalt.

Neue Literatur

BEZZEL, E., H. H. BERGMANN, H. W. HELB & K. WITT (1990): Ornithologen Kalender '91 - Jahrbuch für Vogelkunde und Vogelschutz -, 288 S., Aula-Verlag Wiesbaden.

Mit dem Rebhuhn - Vogel des Jahres - als Titelbild liegt jetzt die neueste Ausgabe des Ornithologen Kalenders vor.Wenn auch das Kalendarium und der Vogelzugkalender zwangs- läufig etwa die Hälfte des Umfangs für sich beanspruchen, so bringen die verbleibenden Seiten sowohl dem Feldornithologen wie dem auf dem Gebiet des Vogelschutzes Tätigen eine Vielfalt an Informationen. Hier eine Themenauswahl: Vogel des Jahres 1991, ornithologische Fachausdrücke, Wande- rungen, Erhaltung der Flußufervegetation, Vogelfedern als Bioindikatoren, praktische Tips für Vogelbeobachter (Skizzieren von Vögeln), Monitorprogramm: Bestandskontrollen von Brut- vögeln, ein Verband stellt sich vor: DO-G,JOHANN MATTÄUS BECHSTEIN -Leben und Werk- und Bestimmung „heller" Großmöwen. Die Schriftenschau befaßt sich mit der Bibliothek des Feldornithologen, wichtige Adressen und eine Vogelbeobachtungsliste runden den Inhalt des Kalenders '91 ab. Dem Herausgeber und Verlag ist es gelungen, erneut eine Themenauswahl W. KEIL zu treffen, die sicher viel Interesse und Zustimmung finden wird. 242 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 243-244 (1991)

EDV im hessischen Naturschutz Datenstrukturen normiert von KLAUS-ULRICH BATTEFELD, Wiesbaden

Schon seit vielen Jahren werden in Hessen vielfältige Kartierungen und Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse jedoch entweder nur in einem beschränkten Personenkreis bekannt werden, nur für eine kurze Zeit aktuell genutzt werden oder aus sonstigen Gründen schnell in Vergessenheit geraten. Entsprechend wurde im Naturschutz sehr häufig „das Rad mehrfach neu erfunden". Sei es, daß Kartierungsergebnisse nicht für Folgekartierungen zur Verfügung standen oder daß vorhandene „Datenfriedhöfe" nicht in der Form ausgewertet werden konnten,wie es für bestimmte Aufgabenstellungen notwendig war. Es ist einleuchtend, daß eine Anzahl größerer oder kleinerer schwarzer, weißer oder gescheckter Punkte auf einer Rasterkarte zwar recht anschaulich für einen allgemeinen Überblick z. B. einer bestimmten hessenweiten Artverteilung ist, jedoch keine detaillierteren Angaben z. B. hinsichtlich der Kongruenz mit anderen Kartierungen oder die Verknüpfung mit anderen Biotopdaten zuläßt Es war mit zunehmender Einführung der EDV in allen Lebensbereichen naheliegend, sich dieses Instrumentes auch im Naturschutz zu bedienen. Seit Anfang des Jahres 1989 wird im Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz des Projekt eines DV-gestützten Informations- und Dokumentationssystems naturschutzrelevanter Daten („NATUR EG”) ausgebaut und erprobt. Ein Teil dieses Systems ist das Register nach §19 H ENatG. Es ist beabsichtigt und z.T. bereits veranlaßt, daß auch andere im Naturschutz anfallende Daten, wie z. B. Amphibienkartierung oder floristische Kartierung durch dieses System für die praktische Naturschutzarbeit verfügbar gemacht werden. Hierzu hat das Hessische Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz mit Erlaß vom 5. Februar 1990 (Aktenzeichen VA1-46d16-9/90) einheitliche Datenstrukturen für die Natur- schutzverwaltung verbindlich eingeführt. Bereits mit Erlaß vom 17. Oktober 1989 (Aktenzeichen VA1-46d27-1671/89) hatte das Hessische Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz nach Abstimmung mit dem Landesnaturschutzbeirat eine neue „Richtlinie zur Erstellung von Schutzwürdigkeits- gutachten und Pflegeplänen für Naturschutzgebiete" herausgegeben. Ziel dieses Erlasses war, die Erarbeitung von Schutzwürdigkeitsgutachten (zur Ausweisung von Naturschutz- gebieten) sowie von Pflegeplänen (für ausgewiesene Naturschutzgebiete) klarer zu struktu- rieren und mehr als bisher auf praktische und verwaltungsmäßige Umsetzbarkeit auszu- richten. Neben einer Standard-Gliederung für Schutzwürdigkeitsgutachten und Pflegepläne enthält diese Richtlinie eine Liste von Grund-Biotoptypen und einen Kostenstellenschlüssel für Pflegemaßnahmen. Beide Erlasse bilden ein Regelwerk, das 1990 und 1991 in der Praxis erprobt und auf Verbes- serungsmöglichkeiten untersucht wird. Mit Beginn 1992 soll in einer einheitlichen Richtlinie die endgültige Struktur der Daten eines „Hessischen Arten- und Biotopschutzsystems" fest- gelegt werden. Da jedoch bereits vielfach die EDV Einzug in die ehrenamtliche und amtliche Verwaltungsarbeit gefunden hat, erschien es notwendig, möglichst frühzeitig einheitliche Standards vorzugeben, die einerZersplitterung der Datenbestände entgegenwirken. Entspre- chend wurden die zunächst vorläufigen Strukturen dennoch für die hessische Naturschutz- verwaltung für verbindlich erklärt.

243 Soweit durch Obere Naturschutzbehörden, Naturschutzstelle oder Vogelschutzwarte Auf- träge vergeben werden, nach denen Arten oder Biotope zu erfassen sind, sind diese Vorgaben bereits jetzt einzuhalten. Dies gilt insbesondere für Schutzwürdigkeitsgutachten und Pflege- pläne, Arten- und Biotopkartierungen und fachliche Gutachten. Im Rahmen der Eingriffs- und Ausgleichsplanung anfallende Datenbestände sollen ebenfalls nach diesen Formaten erfaßt werden. Die Unteren Naturschutzbehörden wurden gebeten, sich ebenfalls diesen Vorgaben anzupassen. Bereits jetzt hat die Stiftung Hessischer Naturschutz die neuen einheitlichen Datenformate in ihre „allgemeinen Geschäftsbedingungen" für die Förderung von Forschungsarbeiten aufgenommen. Den ehrenamtlich tätigen Naturschutzorganisationen wurde empfohlen, im Interesse einer Vereinheitlichung und Austauschbarkeit naturschutzrelevanter Informationen ebenfalls nach den o. g.Vorhaben zu verfahren. Das Hessische Naturschutzzentrum (NZH) in Wetzlar hat sich bereiterklärt, eine Koordinierungsfunktion zwischen amtlichem und ehrenamtlichem Natur- schutz zu übernehmen. Hierzu gehört auch ein Versuch,Verbindungen herzustellen zwischen den in der Verwaltung üblichen UNIX- oder MS-DOS- Strukturen und den im Privatbereich häufigeren ATARI-, Commodore- oder Apple- Rechnern. Das NZH wird Schnittstelle zwischen den Verbänden und „NATUREG" sein. Dabei wird -wie schon bisher-zur Verfügung gestell- tes Datenmaterial den jeweils erhebenden Institutionen jederzeit wieder zurückgegeben. Eine Löschung im System „NATUREG" oder eine Sperrung solcher Daten kann aus technischen Gründen nicht zugesagt werden. Sie läge auch nicht im Interesse eines Naturschutzes, der zwangsweise auf einen intensiven Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten ange- wiesen ist. Für nicht im Naturschutz tätige Personenkreise kann lediglich eine gewisse Ano- nymisierung hinsichtlich des exakten Fundortes erforderlich werden, um zu verhindern, daß ortsbezogene Angaben mißbraucht werden. Fernziel ist die Schaffung eines Datenbanksystems, das auf unterster Ebene für den Bereich eines Landkreises alle insbesondere für die Verwaltungsarbeit relevanten Daten enthält, aber auch für die Klärung spezieller Einzelfragen aus dem ehrenamtlichen oderwissenschaftlichen Bereich spezielle Recherchen zuläßt. Für Kartierungen zu raumbedeutsamen Planungen, Umweltverträglichkeitsprüfungen etc. sollen diese Datenbankbestände als Referenzdaten zur Verfügung stehen, sofern der Untersuchende sich bereit erklärt, seinerseits neu erhobene Daten in die Datenbank wieder einzuspeisen. Ein derartiges System sich selbst ergänzender Datenbanken könnte durch parallel durchgeführte Stichprobenuntersuchungen ständig auf aktuelle Grundgesamtheiten hochgerechnet werden. Kritiker, die eine womöglich mangelnde Qualitätssicherung in diesen Datenbeständen kritisieren, seien darauf verwiesen, daß unzu- reichende oder unscharfe Informationen, deren Qualität man bei der Auswertung berücksich- tigt, immer noch wertvoller sind als gar keine Informationen. Beide Erlasse können in der Testphase beim Hessischen Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz angefordet werden. Nach endgültiger Überarbeitung 1992 sollen die endgültigen Richtlinien zur Arten- und Biotopkartierungen und -dokumentation veröffentlicht werden.

Anschrift des Verfassers: KLAUS-ULRICH BATTEFELD, Hessisches Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, Hölderlinstraße 1-3, 6200 Wiesbaden. 244

Graureiher - Ardea cinerea Neuansiedlungen: Zwei Neuansiedlungen wurden bekannt: HERBOTH und SCHRÖDER beobachteten bei Wallenstein (Schwalm-Eder-Kreis) 5 Bp.; in Schwarzenborn/ Knüllteich konnte ein brutverdächtiges Paar beobachtet werden. STÜBING An der Mainstaustufe Eddersheim, Main-Taunus-Kreis, beobachtete H. KÖHLER mind. 5 Bp. Der Bruterfolg konnte leider nicht ermittelt werden. MOHR

Weitere Daten:

Sch wal m-Ed er-Kreis : Die Kleinkolonie (1989: 4 Bp.) bei Oberaula/Hausen wurde Anfang 1990 durch Windbruch zerstört; nur noch ein Bp. konnte durch ESSER festgestellt werden. DELPHO meldete 4 Bp. an der Eder bei Guxhagen. STÜBING

Kreis He rs fel d- R ote n b urg : im NSG „Rhäden von Obersuhl" wieder eine Bodenbrut; ein Paar hatte 3 Junge großgezogen. MEINEN

Kreis Marbu rg - Bi ed en kopf : Mind. 5 Bp. im südlichen Lahntal mit angrenzenden Seitentälern. Für das gesamte Kreisgebiet werden 10 Bp. angenommen. KRAFT

Vogelsbergkreis: In der Kolonie bei Queck mind. 6 Bp. GREGOR

Kreis Fulda: Die im Südteil des Kreises entstandene Kolonie ist auf 4 -6 Bp. (1989: 8 -10 Bp.) zurückgegangen. Ursache: Störungen durch Menschen (Gewehrschüsse und Fällen eines Horstbaumes) (HEIL, SIEDSCHLAG, STRAUBE). HEIL &JOST

Im ehemaligen NSG „Höfer Wäldchen" bei Hilders 5 Bruten (HEIDER). JOST

La hn-Dill- Kreis : In fünf Kolonien wurden 80 Bp. gezählt. Gegenüber dem Vorjahr 1989 wurde eine Zunahme von 21 Bp. (36%) festgestellt. SCHINDLER

Kreis Gießen: Eine Kolonie in der Gemarkung Hungen mit 49 Bp. (THÖRNER). KORN

Wetteraukreis : Die Kolonie im NSG „Finkenloch von Wallernhausen" wurde durch die Frühjahrsstürme schwer geschädigt. Es konnten nur noch 7 nicht besetzte Horste festgestellt werden (KOCH, SEUM). Die Kolonie bei Ortenberg ist, bedingt durch den Ausfall „im Finken- loch", sprunghaft angewachsen. In den Fichten wurden 54 besetzte Horste ermittelt. In Erlen an der Nidda in nur 200 Metern Entfernung wurden 6 besetzte Horste beobachtet (SEUM). FRÜHLING gelang die Beobachtung eines Bp. mit flüggen Jungen im Park von Lindheim. SEUM

Rheingau-Taunus-Kreis und Wiesbaden: In den Schiersteiner Wiesen (Wies- baden) wurden 6 Bp. (16 Junge), im NSG „Rettbergsaue" mind. 5 Bp. und in dem NSG „Rüdes- heimer Aue" mind. 60 Bp. festgestellt. FLEHMIG

Main-Kinzig-Kreis: In vier Kolonien wurden mind. 45 Bp. festgestellt: ca.25 Bp. im Wild- park „Alte Fasanerie", Klein-Auheim (SCHROTH u.a.),10 Bp. am AhlerStausee (BASERMANN, PETER), 6 Bp. bei Wächtersbach (PETER) und 4 Bp. bei Steinau-Marjoß (PETER). PETER

Kreis Da rm st a d t- Diebu rg : In der Gemarkung Fischbachtal erfolgte eine Wiederan- siedlung: HEIMER, SEIPEL und SCHNEIDER beobachteten 3 Bp. Der Brutplatz war 1982/83 das letzte mal besetzt. HEIMER 247 Kreis Bergstraße : Im NSG „Lampertheimer Altrhein" konnten am 11. März 130 besetzte Nester notiert werden. Ob später ein Teil der Horste von Kormoranen besetzt wurde, blieb unklar. Der Graureiher legt verstärkt seine Nester im Randbereich der gemeinsamen Kolonie an. Die Anzahl der Jungen war nicht zu ermitteln. SIEGEL

Rohrdommel - Botaurus stellaris Offenbach am Main: Am 22. Mai konnte ein Ex. im NSG „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben" beobachtet werden (ALTMANN, SCHROTH). SCHROTH

Schwarzstorch - Ciconia nigra Sc hwa Im- Eder- Kreis: Wie im Vorjahr gelangen regelmäßig Brutzeitbeobachtungen im Kellerwald und im Knüll. RANK, WILKE u. a. konnten im nördlichen Kreisgebiet ein Bp. feststellen. STÜBING

Werra- M ei ßner-Kreis: Im Ulfetal, am Meißner und im Raum Witzenhausen-Ziegen- hagen bestand Brutverdacht. BRAUNEIS

Lahn-Dill-Kreis: An der Grenze zwischen den Kreisen Limburg-Weilburg und Lahn-Dill wurden ab Mai 2 ad. Störche, später im Juli nur noch 1 ad. und 2 immat. Ex. beobachtet. VEIT

Vogelsberg kreis : Für den „Hohen Vogelsberg" wird Brutverdacht angenommen. MALTEN & MÖBUS

Kreis Gießen: Wie bereits 1989 bestand im Bereich Laubach-Gonterskirchen Brut- verdacht (FISCHER). KORN

Graugans - Anser anser Main- Kinzig -Kreis : Im NSG-Projekt „Entenweiher von Gelnhausen-Höchst" wurden zwei Bp. mit 4 und 5 Gösseln beobachtet; große Fluchtdistanz ähnlich wie bei Wildvögeln (FRANZ, PETER). PETER

Offenbach am Main: An der Main-Staustufe hat wahrscheinlich eine Brutstattgefunden. Am 24. Mai konnten zwei Altvögel und 3-4 flugunfähige Gössel beobachtet werden. Die Fluchtdistanz betrug etwa 70-80 Meter. FIEDLER

Kreis Darm sta dt- Di ebu rg : Im NSG „Reinheinner Teich" wurde eine Brut festgestellt: ein Paar führte 4-5 Gössel. Die Herkunft der Altvögel bleibt unklar. HEIMER

Kanadagans - Branta canadensis Kreis Bergstraße: Ein Bp. mit 4 Gösseln im NSG „Lampertheimer Altrhein". SIEGEL

Brandgans - Tadorna tadorna Kreis Groß Ge ra u : An den Schlämmteichen der Südzucker AG in Groß Gerau wurde ein Bp. mit 5 Gösseln beobachtet. KRUG 248 Schnatterente - Anas strepera Vogelsbe rg : Im NSG „Obermooser Teich" konnten HAND und MODELam 20. Mai ein Paar beobachten; Bruterfolg fraglich. MODEL

Wetteraukreis: Auf dem südlichen Knappensee wurden zur Brutzeit 2-3 Paare beobachtet (SCHERER). KORN

Krickente - Anas crecca Kreis Fu Ida : Erster Brutnachweis für den Landkreis Fulda: im NSG „Rotes Moor" (Moor- teich) konnte im Juli ein 9 mit 5 - 7Jungen beobachtet werden (HEIDER). Bereits am 5. Mai waren zwei Paare auf dem Moorteich. JOST

Vogelsberg kreis: Ein Bp. mit 2 Jungen im NSG „Forellenteiche" in Schotten-Breunges- hain. Die Teiche liegen in ca 700 m NN. MALTEN & MÖBUS

Kreis Gießen : Brutzeitbeobachtungen gelangen im Niederried bei Lich (GRAF, HEUER) und an den Schlämmteichen in Heuchelheim (KORN, PFAFF). KORN

Kreis Hersfeld-Roten burg : Im NSG „Rhäden von Obersuhl" wurde eine erfolgreiche Brut festgestellt. MEINEN

Kreis Offenbach: Im NSG „Gehespitzweiher" fand BÖHM ein Nest mit 8 Eiern. Junge sind leider nicht groß geworden (Raubfische?). BÖHM

In der Wetterau konnte in diesem Jahr keine Brut nachgewiesen werden. SEUM

Kreis Da rm stadt-Di eb u rg : Im Altkreis Dieburg konnten 3-4 Bp. festgestellt werden: ein Bp. im NSG „Rallenteich von Eppertshausen" und 2-3 Bp. im NSG „Reinheinner Teich': HEIMER

Knäkente - Anas querquedula Werra-Meißner-Kreis: Brut im NSG „Werraaltwasser bei Schwebda", STEINERT beobachtete eine Ente mit 6 Jungen; im Werraaltwasser bei Albungen bestand Brutverdacht. BRAUNEIS.

Kreis Gießen : Ein Paar mit 9 Jungen im Niederried bei Lich (GRAF, KAMPFERT, MARUSCHKA). KORN

Kreis Da rm stadt- Di eb u rg : Je eine Brut in den Naturschutzgebieten „Rallenteich von Eppertshausen" und „Reinheimer Teich". HEIMER

Löffelente - Anas clypeata

LahnLahn-Dill-Kreis:-Dill Im NSG „Aartalsperre" fand möglicherweise eine Brut statt: ein 9 mit ca. 8 flüggen Jungen wurde beobachtet. SCHINDLER 249 Tafelente - Aythya ferina Kreis Hersfeld-Rotenburg: 2 Bp. im NSG„Rhäden von Obersuhl". MEINEN

Lahn-Dill- Kreis : Eine Brut im NSG „Aartalsperre": ein 9 mit 7Jungen wurde beobachtet. Erster Brutnachweis für den Lahn-Dill-Kreis. SCHINDLER

Vogelsberg: HEIDER konnteein 9 mit 3 Jungen im NSG „ObermooserTeich" beobachten. HEIDER

Offenbach am Main: Erster Brutnachweis für die Stadt Offenbach: HERRMANN konnte im NSG „Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben" eine Brut feststellen. Am 16. Juli wurde ein 9 mit 7 drei bis vier Tage alten Jungen beobachtet. Innerhalb von 5 Tagen waren alle Junge vermutlich Raubfischen zum Opfer gefallen. HERRMANN

Reiherente - Aythya fuligula Sc hwa Im- Eder-Kre is : Mit 26-28 Bp. wurde eine weitere Bestandszunahme im Kreisgebiet registriert; mind. 112 Junge wurden beobachtet (DELPHO, SCHAUB, STÜBING). STÜBING

La hn-Dill-Kreis: Ein 9 mit 5 pulli wurde bei Driedorf-Mademühlen beobachtet (BELLINGHAUS). VEIT

Im NSG „Aartalsperre" konnten 12-13 Bp. ermittelt werden, die insgesamt 85-90 Junge großzogen (durchschnittlich 7 Junge/Paar). Im NSG „Krombachtalsperre" konnten SIERSLEBEN u.a. nur ein Bp. beobachten. SCHINDLER

Kreis Fu I d a: Auf dem Haunestausee bei Marbach wurden im Juni 4- 5 Paare beobachtet. Im Juli führten 3 44 einmal 9 und zweimal 8 Junge. Nur 12 Junge wurden flügge (HEIDER, JOST). JOST

Mai n- Ki nzig- Kreis: Insgesamt 6 Bp. wurden gemeldet; bisher bestes Ergebnis für das Kreisgebiet: 4 Bp. am Illnhäuser Weiher/Vogelsberg (8, 6, 5 und 4 Junge), je ein Bp. im NSG „Graf-Dietrichs-Weiher" (4 Junge) und im NSG „Westerngrund von Neuengronau" im Spessart (5 Junge). PETER

Wiesbaden : In den Schiersteiner Wiesen (Wasserwerksgelände) führten 3 9 9 Junge. FLEHMIG

Rohrweihe - Circus aeroginosus Werra-Meißner-Kreis: An fünf Stellen im Kreisgebiet (Röhrichtbestände) konnten balzende Paare beobachtet werden (BÖRNER, BRAUNEIS, STEINERT). BRAUNEIS

Kreis Gießen : 11 Bp. wurden festgestellt. In den NSG's „Salzwiesen von Münzenberg" brüteten zwei (THÖRNER) und in den „Klosterwiesen von Rockenberg" 4 Paare (RÖHRICH, THÖRNER). Im Raum Allendorf-Lumda wurden noch weitere Brutzeitbeobachtungen notiert. KORN 250 Im Wetteraukreis konnten 17 Bp. mit 34 Jungen ermittelt werden; einmal bestand Brut- verdacht.14 Bp. brüteten in neun Naturschutzgebieten. SEUM

Main-Kinzig-Kreis: 5 Bp. wurden festgestellt, die bei einer Ausnahme in Naturschutz- gebieten Brutversuche hatten. Nur ein Bp. war erfolgreich, 4 Junge flogen aus (NSG „Hässeler Weiher") (KEMPF, PETER). Im Juli wurde eine Rohrweihenbrut mit 3 Jungen in einem Weizenacker östlich von Nidderau ausgemäht. Die Jungen flohen ins angrenzende Brachland (PERETZKI, PETER). PETER

Kreis Offenbach: Ein Bp. im NSG „Bong'sche Kiesgrube" in Mainhausen. SCHROTH

Kreis Da rm stadt-Dieb u rg : ImAltkreisDieburg wurden 9 Bp.festgestellt: 6 Bp.imNSG „Reinheimer Teich", 2 Bp. in der Gemarkung Lengfeld und ein Brutversuch im NSG „Tauben- semd" (HILLERICH, HEIMER, KORZER). Darüberhinaus gab es noch weitere Brutzeitbe- obachtungen. HEIMER

Kornweihe - Circus cyaneus Kreis Marburg -Bieden kopf : Ende Mai konnte ein ad. c?' im NSG „Schweinsberger Moor" beobachtet werden. KRAFT

Wiesenweihe - Circus pygarcus Kreis Gießen: Nördlich Grünberg wurden mehrere Brutzeitbeobachtungen notiert (SAUERBIER), ohne Hinweise auf Brutnachweis oder-verdacht. KORN

Turmfalke - Falco tinnunculus Wiesbaden: Kolonieartiges Brüten in Hochspannungsgittermasten (alte Elstern- und Krähennester), die fast parallel zur Zufahrtsstraße zum Flugplatz Erbenheim stehen. 9 Bp. zogen 33 Jungfalken auf (= 3,7 Junge/Paar). Der Abstand der einzelnen Masten beträgt ca.160 Meter. FLEHMIG

Baumfalke - Falco subbuteo

La hn-Dill-Kreis: Eine Bestandserfassung im Altkreis Wetzlar ergab 9 Bp. und 5 mal Brut- verdacht. VEIT

Main-Kinzig-Kreis : KÜRSCHNER und Mitarbeiter fanden 6 Bp.; 4 Bp. hatten mind. 6 Junge. PETER

Auf einer Probefläche (ca.1000 km2) vom Taunusnordrand bis ins Limburger Becken konn- ten HAUSCH und Mitarbeiter 17 besetzte von 20 bekannten Revieren ermitteln (s. auch HAUSCH, I. et al. VOGEL& UMWELT 5: 333 -336). HAUSCH

Wanderfalke - Falco peregrinus

W. BRAUN EIS gibt den Gesamtbrutbestand für Hessen mit 6 Bp. an, die 18 Junge großzogen.

251 Main-Kinzig- Kreis: Wie in den Vorjahren fand auch in diesem Jahr wieder eine erfolgreiche Brut (2 Junge) im Kühlturm des Staudinger Kraftwerkes statt (JUNG, SCHROTH). PETER, SCHROTH

Wiesbaden : Erneut erfolgreiche Brut eines Paares. 2 Jungfalken flogen aus. FLEHMIG, WALTI

Wachtel - Coturnix coturnix

Sch wa I m - Eder-Kreis: Gegenüber dem Vorjahr (1989: 29 Reviere) konnten in diesem Jahr nur 3 Reviere ermittelt werden (HOLLAND-LETZ, SCHAUB). STÜBING

Kreis Dramstadt-Die burg : Mind. 8 rufende o''« (Reviere) konnten im Altkreis Dieburg registriert werden; Tendenz rückläufig. HEIMER

Wasserralle - Rallus aquaticus

Sch wa Im- Eder-Kreis: Von März bis Mai/Juni konnten in den NSG's „Leist bei Rommershausen" (5-6 Ex.) (SCHAUB, STÜBING) und „Wieragrund bei Treysa" (1 Ex.) (SCHAUB) regelmäßig rufende Tiere festgestellt werden. STÜBING

Wetterau: 14 -16 Bp.; die meisten Reviere befinden sich in Naturschutzgebieten:2 - 3 „Mitt- lere Horloffaue" (SCHERER, SEUM),2 im „Mähried von Rodheim",2 - 3 in den „Klosterwiesen von Rockenberg" (SEUM, THÖRNER), 3 „Nachtweid von Dauernheim" (EICHELMANN, SEUM) und je 1 Revier in „Nidderauen von Stockheim" (DEISS, SEUM), „Grenzstock von Gettenau" (SEUM), „Bruch von Heegheim" (FRÜHLING) und „Salzwiesen von Münzenberg" (SEUM). KORN, SEUM

Hoch ta unuskreis: Erstbesiedlung des Heftricher Moores bei Idstein; mind.2 Ex.wurden beobachtet. Brutverdacht. BENDER

Main-Kinzig-Kreis: Je ein Revier in den Naturschutzgebieten „Untere Fasanerie von Klein-Auheim" und „Rauhensee von Steinheim" (LÖB). SCHROTH

Stadt und Kreis Offenbach: Ein rufendes Ex.am 15.Juni im NSG„Rumpenheimerund Bürgeler Kiesgruben" und ein Bp. im NSG „Bong'sche Kiesgrube" in Mainhausen. SCHROTH

Kreis Darm st ad t- Diebu rg : Im NSG „Reinheinner Teich" ist der Bestand nur schwierig zu ermitteln; er dürfte aber deutlich über 5 Bp. liegen. Außerdem wurden noch vier weitere Reviere im Altkreis Dieburg bekannt. HEIMER

Tüpfelralle - Porzana porzana

Wetterau: 7 rufende Ex. konnten insgesamt festgestellt werden: je 2 Ex. in den NSGs „Mittlere Horloffaue" und „Nachtweid von Dauernheim" (SEUM, EICHELMANN, SCHERER) und je ein Nachweis in den NSGs „Nidderauen von Stockheim" und „Klosterwiesen von Rockenberg" (DEIS, SEUM, THÖRN ER). KORN, SEUM

Im Raum Rabenau gelang WISSNER der Nachweis eines rufenden Ex. KORN 252 Kleinralle - Porzana parva Wette ra ukreis: Ein rufendes Exemplar im NSG „Nachtweid von Dauernheim" (EICHEL- MANN, SEUM). SEUM

Wachtelkönig - Crex crex Wetterau : Je ein rufendes Tier wurde in der Horloffniederung von Grund-Schwahlheim bis Echzell und in der Niddaniederung von Dauernheim bis Staden festgestellt. Im Feld bei Echzell wurden 2 rufende Vögel festgestellt. SEUM

Flußregenpfeifer - Charadrius dubius Kreis Darmstadt- Diebu rg : Auf Grund der Trockenheit leichter Rückgang im Altkreis Dieburg gegenüber 1989. 8 -10 Bp. wurden gemeldet. HEIMER

Kiebitz - Vanellus vanellus Kreis Darm stadt- Diebu rg : Seit 1977 (ca. 200 Bp.) wird im Altkreis Dieburg ein konti- nuierlicher Rückgang des Brutbestandes beobachtet. Insbesondere werden Brutplätze am Odenwaldrand aufgegeben. In diesem Jahr wurden nur noch ca.100 Bp. festgestellt. HEIMER

Bekassine - Gallinago gallinago Kreis Darm st adt- Di e b u rg : Seit 1977 (48 Bp.) Rückgang der Brutpopulation im Altkreis Dieburg. Seit 1988 hat sich der Bestand stabilisiert. 1990 wurden max. 15 Bp. fest- gestellt. HEIMER (Anmerkung der Schriftleitung: Weitere Angaben zu Bestandsveränderungen werden dringend erbeten.)

Uferschnepfe - Limosa limosa Kreis Marbu rg -Bieden kopf : Am 6. Mai intensive Balz eines e im Lahntal bei Nieder- weimar (REMMERT). Eine Brut konnte nicht nachgewiesen werden. KRAFT

Wetterau: Für das NSG „Rußland und Kuhweide von Lindheim" meldete FRÜHLING zweimal Brutverdacht. SEUM.

Großer Brachvogel - Numenius arquata Wette ra ukreis: Insgesamt 24 Bp., jedoch 17 Bp. hatten nur 7Junge.17 Bp. brüteten in vier Naturschutzgebieten. SEUM

Main-Kinzig -Kreis : Ein Bp. im NSG „Röhrig von Rodenbach" abermals ohne Brut- erfolg (KEMPF, PETER). PETER

Kreis Darm st adt -Dieb u rg : ULLRICH konnte ein Bp. mit mind.zwei flüggen Jungen in der Gersprenzniederung zwischen Münster und Hergershausen beobachten. HEIMER 253 Triel - Burhinus oedicnemus Kreis Marburg-Biedenkopf: Vom 9.-11. Juli intensive Balz eines Paares im Kies- grubengelände bei Niederweimar (KRAFT, REMMERT). KRAFT

Hohltaube - Columba oenas

Kreis Fulda: Mit zwei Bp. gelang der erste Brutnachweis in der Gemarkung Flieden (STRAUBE). HEIL

Main-Kinzig-Kreis : Mind.10 Bp.; 7 Bp. in Nistkästen und 3 Bruten in Apfelbäumen in nur 2 - 4 Metern Höhe in einem Streuobstgebiet in Maintal (HÜHN, PETER). PETER

Kreis Darmstadt- Diebu rg : Im Altkreis Dieburg werden etwa 80 Bp. kontrolliert (HILLERICH). Der Gesamtbestand wird mit deutlich mehr als 100 Bp. angenommen. Bei entsprechendem Nistkastenangebot werden zunehmend auch Ansiedlungen in Feldgehölzen bzw. Pappelwäldchen außerhalb des Waldes beobachtet (HILLERICH). HEIMER

Schleiereule - Tyto alba Schwa I m - Ed er-Kreis: Auf etwa einem Fünftel der Kreisfläche wurden 27 Bp. gemeldet. Es wird angenommen, daß in fast jedem Dorf einzelne Brutpaare vorkommen (DELPHO, RHEINWALD, STÜBING u.a.). STÜBING

Kreis Ma r burg- Bi eden kopf : Mind. 10 Bp. im südlichen Lahntal; zwei Bp. wurden in Marburg - u. a. in der Elisabeth-Kirche - festgestellt. KRAFT

Main-Kinzig -Kreis: Im Kreisgebiet konnten 77 Erstbruten und 21 Zweitbruten ermittelt werden; das bislang beste Brutergebnis. PETER

Kreis Darm st a d t- Diebu rg : Im Altkreis Dieburg wurden 21 Bp. festgestellt mit insge- samt 29 Bruten und 114 Jungen. Es war der drittbeste Bruterfolg der letzten 20 Jahre (1989 war das zweitbeste Jahr). Zusätzliche Brutzeitbeobachtungen gelangen noch an weiteren Stellen (DIEHL). HEIMER

Uhu - Bubo bubo S ch wa I m - Eder -Kreis : Der gesamte Brutbestand wird mit ca.13 Bp. angegeben (DACH, GEISSEL). STÜBING

Werra -Meißner- Kre i s : Der schon „traditionell" zu nennende Brutplatz im NSG „Jestädter Weinberg" war nicht besetzt. Je eine Brut mit 2 Jungen wurde bei Witzenhausen und Wanfried beobachtet. BRAUNEIS

La hn-Dill-Kreis : Je ein Bp. in Herborn (2 Junge) und in Braunfels. Ein verletzter Junguhu wurde hier gefunden, der in eine Greifvogel-Pflegestation gegeben wurde. Ein Brutverdacht bestand für den Raum Wetzlar, da in der Nähe eines Steinbruches ein verletzter Uhu gefunden wurde (CHRISTE, NEITZSCH). VEIT

Vogelsbe rg : Ein Bp. mit 3 Jungen wieder im Steinbruch bei Bauerschwend (Schwalmtal). GREGOR 254 Kreis Gießen : Ein Bp. mit 3 Jungen; 2 Junge sind ausgeflogen (HORMANN, MENDE, WISSNER). KORN

Kreis Darm stadt-Di eburg : Ein Bp. mit 2 Jungvögeln (SCHNEIDER). Gegen Ende der Brutzeit fiel das d' einem Verkehrsunfall zum Opfer; die Jungen wurden jedoch flügge. HEIMER

Sperlingskauz - Glaucidium passerinum Werra-Meißner-Kreis: Erstnachweis für das Kreisgebiet. DILLING konnte ein Bp. im Meißner (künstliche Nisthöhle) feststellen und WAMMESSER gelang der Nachweis von 2 Bp. im Ringgau (Naturhöhlen). BRAUNEIS.

Steinkauz - Athene noctua Lahn-Dill-Kreis: Bestes Brutergebnis in diesem Jahr. VEIT und Mitarbeiter konnten 26 Bp. nachweisen.13 Paare hatten 47 Junge (= 3,6 Junge/Paar). VEIT

Kreis Limburg -Weilburg : Im Kreisgebiet wurden 28 Bp. ermittelt. 24 Bp. hatten 75 Junge, die auch ausflogen (-3,1 Junge/Paar). VEIT

Kreis Gießen : 10 Bp. wurden festgestellt; 8 Bp. hatten 19 Junge (-2,4 Junge/Paar). VEIT Main-Taunus-Kreis und Wiesbaden: FLEHMIG und Mitarbeiter konnten insgesamt 50 Bp. feststellen. 42 Bp. hatten 160 Junge (= 3,8 Junge/Paar). FLEHMIG

Main-Kinzig-Kreis: Im Kreisgebiet konnte das „Rekordergebnis" von 87 Bp. registriert werden. Dies bedeutet eine Zunahme gegenüber 1989 (65 Bp.) von 32%. 257Junge wurden flügge (-3,0 Junge/Paar), und nur 6 Bp. wurden in natürlichen Baumhöhlen angetroffen. PETER

Rauhfußkauz - Aegolius funereus S ch wa I m -Ed e r-Kre i s : Eine Nistkasten-Aktion um Melsungen erbrachte einen unerwar- teten Erfolg: von 48 Nistkästen waren 27 besetzt. Insgesamt konnten 34 Bp. nachgewiesen werden (RANK), die ca.100 Junge großzogen. STÜBING

Kreis Fulda : Erster Brutnachweis für die Gemarkung Flieden: 3 Bp. wurden festgestellt, wobei einmal 5 und einmal 3 Junge beobachtet wurden (AUTH, HEIL, STRAUBE). HEIL

Kreis Offenbach : Eine erfolgreiche Brut in Dudenhofen: 5 Junge wurden beringt. KLEE

Kreis Darm stadt-Dieb urg : Eine erfolgreiche Brut wieder in der Gemarkung Baben- hausen (HILLERICH, KLEE, ROTHMANN). HEIMER

Eisvogel - Alcedo atthis S c h wa I m -Ede r-Kreis: Im Kreisgebiet wurden 7 Bp. bekannt, 4 mal wurde Brutverdacht festgestellt (DELPHO, KAISER u.a.). STÜBING

Kreis Marburg-Biedenkopf: Im südlichen Lahntal mind.2-3 Bp. KRAFT 255 Vogelsberg kreis: Je ein Bp. konnte im NSG „Breitecke" bei Pfadt und an der Schlitz bei Schlitz beobachtet werden. GREGOR

Kreis Fulda: Die bereits im letzten Jahr (1989) zu beobachtende Zunahme des Brutbe- standes setzte sich fort: 1990 wurden 6 besetzte Brutplätze festgestellt. Ein Bp. zeitigte 3 Bruten. An 6- 7 weiteren Stellen bestand Brutverdacht. JOST

Lahn-Dill-Kreis: Im Altkreis Wetzlar konnte ein Bestand von 14 Bp. ermittelt werden. VEIT

Kreis Gießen : 12-14 Bp. wurden bekannt; der Gesamtbestand wird auf 16-18 Bp. geschätzt. Zwei Bruten wurden durch Räuber vernichtet. KORN

Wetteraukreis: An den Fließgewässern Nidda,Wetter,Horloff und Nidder wurden insge- samt 8 Bp. festgestellt. In einigen Ortschaften wurde beobachtet, daß Eisvögel während des Frühjahrs- und Herbstzuges ihre Nahrung auch in Gartenteichen holten. SEUM

Main-Kinzig-Kreis: Insgesamt wurden 11 Bp. und 3 mal Brutverdacht festgestellt. SAUER

Kreis Offen bach: Im östlichen Teil des Kreises wurden 2 Bp. festgestellt; für den west- lichen Teil bestand 3 mal Brutverdacht. SCHROTH

Kreis Darmstadt-Dieburg: Im Altkreis Dieburg wurden mind.3 Bp.bekannt,wobei ein Bp. im Grenzbereich zum Odenwaldkreis beobachtet wurde. Nach dem Winter 1962/63 war 1990 das bislang beste „Eisvogel"-Jahr. HEIMER

Kreis Bergstraße: Mind. 2 Bp. im NSG „Lampertheimer Altrhein". SIEGEL

Bienenfresser - Merops apiaster Kreis Marburg-Biedenkopf : Am 27. April wurde ein Altvogel im Lahntal bei Nieder- walgern beobachtet. KRAFT

Wiedehopf - Upupa epops

Kreis Marburg-Biedenkopf : Am 26. Mai konnte ein rufendes o' in einer Obstbaum- anlage einer Baumschule im Lahntal bei Niederwalgern verhört werden. KRAFT.

Hanau: Erstmals seit„vielen Jahren" konnte wieder ein Wiedehopf zur Brutzeit in der Gemar- kung Steinheim gehört und beobachtet werden. Ein Brutnachweis gelang nicht. LÖB

Wendehals - Jynx torquilla

Kreis Da rm stad t-D ieb u rg : Im Altkreis Dieburg gelang nur noch ein Brutnachweis! Weitere Brutzeitbeobachtungen wurden bekannt, z. B. in den Gemarkungen Groß-Umstadt und Heubach. HEIMER 256 Grün- und Grauspecht - Picus viridis und P canus Marbu rg : Im südlichen Lahntal und Marburg mind. 8 Bp. des Grünspechts. Der Grauspecht ist in dem genannten Gebiet etwa doppelt so häufig. KRAFT (Anmerkung der Schriftleitung: Grau- und Grünspecht stehen in der „Roten Liste der bestands- gefährdeten Vogelarten in Hessen" Angaben zu Bestandsveränderungen und zum Verhältnis Grün- zu Grauspecht sind sehr erwünscht.)

Uferschwalbe - Riparia riparia Wetterau: Nur eine Kolonie wurde bekannt: ca. 80 Bp. im Kalksandsteinwerk Gambach. Durch eine geplante Bauschuttdeponie ist diese Kolonie gefährdet (KOCH, LANG, SEUM). SEUM

Schafstelze - Motacilla flava Im südlichen Lahntal bei M a rb u rg wurden mind.12 Bp. beobachtet; häufig in Rapsfeldern anzutreffen. KRAFT

Kreis Fu Ida : Auf einer Fläche von ca. 300 ha (Fulda-Johannesberg) wurden insgesamt 14 -17 Bp. ermittelt (JOST, KRÖNUNG). Die Brutplätze befanden sich in Weizen-, Roggen-, Saubohnen-, Zuckerrüben- und Rapsfeldern. JOST

Der Brutbestand im A I tk reis Diebu rg kann als konstant betrachtet werden, wenngleich lokal leichte Rückgänge beobachtet werden. Etwa die Hälfte der30 -50 Bp.werden in Rüben-, Klee- und Kartoffeläckern gefunden. HEIMER

Brachpieper - Anthus campestris S c h wa Im- Ede r-Kreis: In einem geeignet erscheinenden Biotop bei Borken wurde am 15. Juli mind. ein Jungvogel beobachtet (SCHAUB, STÜBING); Bruthinweis. STÜBING

Kreis Groß G era u : In einem stillgelegten Bahngelände in Kelsterbach konnte ein Bp. mit 4 Jungen beobachtet werden. MÖBUS

Kreis Darms ta dt-Diebu rg : Nur ein Brutnachweis wurde bekannt: ULLRICH beobach- tete ein Bp. in der Gemarkung Münster-Alsheim. HEIMER (Anmmerkung der Schriftleitung: Angaben zu weiteren Brutvorkommen sind erwünscht. Sind die „traditionellen" Brutplätze der Untermainebene, des Hessischen Rieds und in der Ober- rheinebene aufgegeben?)

Wiesenpieper - Anthus pratensis

Vogelsberg : Singflug eines 07 am Ortsrand von Obermoos. Erstmalige Beobachtung „seit vielen Jahren", nachdem der Wiesenpieper am Obermooser Teich als Brutvogel verschwun- den war. BOMMER

Kreis Gießen: Weitere Ausbreitung der Art in den tieferen Tallagen, z. B. 4 Reviere in den Wetterwiesen bei Lich (GRAF) und 3 -4 Reviere in der Wieseckaue (HILD). KORN 257 Neuntöter - Lanius collurio

Kreis Offenbach: Auf einer Probefläche (87,5 ha) bei Lämmerspiel und Hausen Rückgang des Brutbestandes: 7 Bp. wurden ermittelt (1988: 9 Bp. und 1989: 8 Bp.). ERLEMANN

Kreis Marbu rg -Biedenkopf: Auf einer Probefläche bei Langenstein von 1275 ha wurde nach einem ständigen Rückgang (1986: 3 Bp.1987 und 1988:1 Bp.) im Vorjahr ein „sprung- hafter"Anstieg des Bestandes beobachtet (1989:8 Bp.), der in diesem Jahrnnit 7Bp. nur knapp bestätigt werden konnte. Auf einer zweiten Probefläche von 600 ha bei Stausebach konnten 10 Bp. registriert werden; Tendenz steigend (1988: 8 Bp. und 1989: 9 Bp.). ERLEMANN

Raubwürger - Lanius excubitor

Kreis Wa ldeck- Franken berg : In der Gemeinde Frankenau wurden 2 Reviere (offene Feldflur), die seit 1976 verwaist waren, erstmals wieder besetzt (2 Bp.). MÖBUS

Kreis Fulda: Nur eine Brut konnte nachgewiesen werden: Altvögel wurden beim Füttern flügger Junge beobachtet (GROSS, KÖRNUNG). JOST

Vogelsberg : Zwischen Hettersroth und Birstein ein Revier (potentieller Brutplatz). BROMMER

Mai n-Kinzi g - Kreis: Erneut keinerlei Brutnachweise im gesamten Kreisgebiet. PETER

Im Altkreis Diebu rg konnte ebenfalls keine Brut beobachtet werden. HEIMER

Rohrschwirl - Locustella luscinioides

Kreis Gießen : Ende Mai/Juni konnten im NSG „Klosterwiesen von Rockenberg" zwei singende a"« festgestellt werden (MARUSCHKA, THÖRNER). KORN

Im Altkreis D ie burg wurde ein singendes « im NSG „Reinheimer Teich" festgestellt, HEIMER

Schlagschwirl - Locustella fluviatilis

Sch wa I m - Ed er- Kre is: Vom 23. Mai bis 13.Juni ein singendes« bei Treysa (DELPHO, SCHAUB, STÜBING), am 27. Mai ein singendes« im NSG „Ederauen zwischen Obermöllrich und Cappel" (MARKGRAF, RANK, SCHAUB). STÜBING

Kreis Darmstadt-Dieburg: Ein singendes « mind. eine Woche lang im Mai im NSG „Reinheimer Teich"; einmal konnten 2 singende Ex. festgestellt werden. HEIMER

Drosselrohrsänger - Acrocephalus arundinaceus

Kreis Darmstadt-Dieburg: Im NSG „Reinheimer Teich" konnte ein singendes d' eine Woche lang in der ersten Maihälfte beobachtet werden. HEIMER

Kreis Bergstraße: Im NSG „Lampertheimer Altrhein" keine Brutzeitbeobachtungen. Ursache: zu niedriger Wasserstand. SIEGEL 258 Gelbspötter - Hippolais icterina M a r b u rg : Offensichtlich ein gutes Brutjahr: auf einer Strecke von 4 km Lahnufer konnten 13 Reviere festgestellt werden. Im Südviertel der Stadt wurden auf 10 ha 3 Reviere ermittelt. KRAFT

Sperbergrasmücke -Sylvia nisoria Kreis D a r m st a d t - D i e b u rg : Erneut Beobachtung einessingenden «während der Brut- zeit am vorjährigen Platz: Gemarkung Groß-Umstadt (G. DIEHL). HEIMER

Zwergschnäpper - Ficedula parva

Marburg : Vom 6.-16. Juni ein e, z.T. auch singend auf einer Windwurffläche auf den Marburger Lahnbergen nahe Spiegellust. Bruthinweise fehlen jedoch. KRAFT

Schwarzkehlchen - Saxicola torquata Kreis Gießen : In der Wieseckaue konnte ein Bp. mit 2 Jungen beobachtet werden (HORMANN). KORN

Main-Kinzig -Kreis: Keine einzige Brutzeitbeobachtung im gesamten Kreisgebiet! PETER

Kreis Offenbach: 3 Bp. in der Gemarkung Obertshausen: 5 erfolgreiche Bruten fanden statt. Aus 3 Bruten sind 10 Junge flügge geworden. ERLEMANN

Kreis Da rm stadt-Dieburg : Im Altkreis Dieburg gelang der Nachweis eines Bp. in der Gemarkung Münster. Die Brutpopulation betrug im Jahre 1976 noch 20 Bp. (ULLRICH u. a.). HEIMER

Braunkehichen - Saxicola rubetra Lahn-Dill-Kreis : Im Bereich „Aartalsperre"konnten 9 -11Bp.ermittelt werden,die 15 -25 Junge großzogen. SCHINDLER (Anmerkung der Schriftleitung: Der Brutbestand in Hessen ist weiterhin rückläufig. Angaben zu Bestandsveränderungen, aber auch Neuansiedlungen sind sehr erwünscht.)

Blaukehlchen - Luscinia svecica Sch wa I m -Ed e r- K re i s : Ann 15.Juli konnte ein Bp. mit 2 - 3 flüggen Jungen von SCHAUB und STÜBING nachgewiesen werden. Der Brutplatz liegt in der Nähe von Borken. STÜBING

Kreis Gießen : Je ein Bp. mit Jungen am südlichen Knappensee (KORN, SCHERER) und im NSG „Mittlere Horloffaue" (SCHERER). Drei Bp. konnten im NSG „Klosterwiesen von Rockenberg" nachgewiesen werden (HOLLER, THÖRNER). Die letzte Brut im Landkreis Gießen wurde 1978 beobachtet. KORN 259 Wetteraukreis: Der Brutbestand von nur 1- 2 Bp. in den Vorjahren ist 1990 auf 8-9 Bp. angestiegen. 5 - 6 Bp. haben in Naturschutzgebieten gebrütet. SEUM

Wiesbaden: Der Dyckerhoff-Bruch wird durch die Ausdehnung des Müllplatzes immer mehr zerstört. Nur 4 - 5 Reviere (1987: 10 Reviere) konnten 1990 ermittelt werden. FLEHMIG

Kreis Bergstraße: Im NSG „Lannpertheimer Altrhein"- einem traditionellen Brutgebiet- konnten mind. 10 Reviere (singende dc?) festgestellt werden. SIEGEL

Steinschmätzer - Oenanthe oenanthe Im gesamten Kreis Gießen wurden nur noch 4-5 Bp. bekannt (BERCK, PFAFF, SCHERER). KORN

PETER teilt mit, daß im gesamten Main-Kinzig -Kreis keine Brutzeitbeobachtung gemeldet wurde.

Beutelmeise - Remiz pendulinus

Schwa I m -Ed er-Kreis : Recht guter Brutbestand vorallem entlang der Eder: so konnten zwischen „Teichgebiet Altenburg" und Obermöllrich (ca. 10 Fluß-km) Ende Mai an 14 Stellen eine oder mehrere singende/rufende Beutelmeisen festgestellt werden. Desweiteren gelangen auch an anderen Orten Brutzeitbeobachtungen (DELPHO, RANK, SCHAUB, STÜBING, WILKE). STÜBING

Kreis He rsf e I d -R ote n b u rg : JeeineerfolgreicheBrutinder„Aue"und im NSG„Rhäden von Obersuhl", Obersuhl. MEINEN

Werra-Meißner-Kreis: An der Werra und an den Kiesteichen konnten nur 5 - 7 Bp. fest- gestellt werden. Tendenz: rückläufig (1989: 10-15 Bp.). W. BRAUNEIS

Vogelsberg kreis : Brutzeitbeobachtungen im NSG „Obermooser Teich" deuten auf ein Brutvorkommen hin; ein Nachweis gelang jedoch nicht. BROMMER

Wette rau kreis : Insgesamt wurden 11 Bp. ermittelt; 5 Bp. haben in Naturschutzgebieten gebrütet. SEUM

Main-Kinzig-Kreis: Ein Bp. in einer Kiesgrube am Main in Hanau-Klein Auheim. SCHROTH

Kreis Offenbach: Im NSG „Bong'sche Kiesgruben", Mainhausen, wurde ein Bp. be- obachtet. SCHROTH

Grauammer - Emberiza calandra

Marburg : Während 1989 im südlichen Lahntal noch mind. 7 Reviere festgestellt wurden, waren in diesem Jahr nuran drei Stellen singende d'e kurzfristig zu verhören. Ei n Brutnachweis gelang nicht. KRAFT 260 Kreis Gießen: Ein Revier in den Wetterwiesen bei Lich (GRAF), 3 nördlich von Linden (PETERS) und 6 Reviere in der Lahnaue bei Heuchelheim konnten ermittelt werden. Abge- sehen vom nördlichen Horloffgraben, wo keine Bestandserfassung durchgeführt werden konnte, sind alle weiteren Brutvorkommen erloschen. KORN

Kreis Offenbach : Ein „traditionelles" Brutgebiet bei Rodgau-Weiskirchen warmit nurzwei Revieren besetzt (1989: 3 Reviere). ERLEMANN

Kreis Da r m sta d t- D i e bu rg : Im Altkreis Dieburg konnten max. 30 Reviere festgestellt werden. Der Bestandsrückgang hält weiterhin an, wobei insbesondere die „Räumung" der Odenwaldrandlagen beobachtet wird. HEIMER

Ortolan - Emberiza hortulana

Kreis Marburg-Biedenkopf : Am 1. Mai ein singendes ci in einem Streuobstbestand am Ortsrand von Stedebach. KRAFT (Anmerkung derSchriftleitung: Aus der Untermainebene und dem Hessischen Ried liegen keine Beobachtungen vor. Es muß angenommen werden, daß der Ortolan kein hessischer Brutvogel mehr ist. Daten über Brutzeitbeobachtungen, insbesondere Wiederbesiedlungen traditioneller Brutplätze als auch Neuansiedlungen sind sehr erwünscht.)

Birkenzeisig - Carduelis flammea Schwalm-Eder-Kreis : Die Ausbreitung schreitet fort: Bruten wurden beobachtet in Treysa (mind.10 Bp.), Ziegenhain (ca. 8 Bp.), Ascherode (3-4 Bp.), Niedergrenzebach (Brut- verdacht), Fritzlar (2 Bp.), Lohre (1 Bp.), Altenburg (2 Bp.) und Tagebau Gombeth (3 Bp.). Der Gesamtbestand wird mit mind. 50 Bp. angegeben. STÜBING

Eschwege: Im Stadtteil Struth konnte WAMMESSER eine Familie feststellen. W. BRAUNEIS

Kreis -M a rbu rg -Bieden kopf : WeiterZunahme der Brutpopulation im Kreisgebiet; der Bestand wird mit 200 Bp. angegeben. KRAFT

Fulda: Nach wie vor an mehreren Stellen im Stadtgebiet brütend.Verbreitungschwerpunkte sind die östlichen und südlichen Teile. Es werden „große Verluste" durch Zerstörung der Nester beobachtet (Krähenvögel?). JOST

Kreis Gießen: Weiterhin Ausbreitung und Zunahme der Brutpopulation; aus mind. neun Gemarkungen liegen Meldungen vor. Stadt Gießen: 30-50 Bp. (KÖNIG, KORN); Landkreis Gießen 15-20 Bp. KORN

Wetterau kreis : Brutverdacht für Büdingen. In der Emil-Diemer-Anlage (alte Birkenallee) konnte am 16. Juni mind.1 Ex. beobachtet werden. Bereits am 31. März konnte etwa 600 Meter entfernt ein balzendes Ex. festgestellt werden. BROMMER

Ni e s baden : Im Stadtteil Klarenthal eine erfolgreiche Brut. FLEHMIG 261 Main-Kinzig- Kreis : Erster Brutnachweis. Im Garten der Ökologischen Außenstation der Universität Frankfurt/Main in Schlüchtern wurde seit dem 15. März ein Paar beobachtet. Am 28. Mai gelang die Beobachtung von mind. zwei flüggen Jungen (Belegfotos liegen vor), die von den Altvögeln gefüttert wurden. MODEL

(Anmerkung der Schriftleitung: Die Ausbreitung des Birkenzeisigs in Hessen sollte sorgfältig beobachtet werden. Daten zu Bestandsveränderungen und insbesondere Erstnachweise sind sehr erwünscht.)

Fichtenkreuzschnabel - Loxia curvirostra Mar burg : Auf den Marburger Lahnbergen wurden auf knapp 100 ha mind. 10 Bp. registriert. KRAFT

Pirol - Oriolus oriolus Kreis Fulda: Nur ein Brutplatz wurde gefunden: ein Bp.wurde beim Füttern von Jungvögeln beobachtet (HEIDER). Ein weiteres Revier konnte trotz intensiver Suche nicht entdeckt werden. JOST

Kreis Marbu rg -Bieden kopf : Nur mäßiger Brutbestand im südlichen Lahntal, gegen- über den Vorjahren rückläufig. Nur 6 singende d'c7' wurden registriert. KRAFT

Hanau : In der Gemarkung Steinheim wurden 8-10 Reviere ermittelt, u.a.ein Bp. im NSG „Am rauhen See". LÖB

Kreis Da rnn stdt- Di e b u rg : Im Altkreis Dieburg kann der Brutbestand mit 60-80 Bp. angegeben werden. Ein deutlicher Bestandstrend ist nicht erkennbar. HEIMER

Dohle - Corvus monedula

S c h wa I m- Ede r- Kreis: Zunahme der Brutzeitbeobachtungen. Eine neue kleine Kolonie (3 Bp.) wurde in Homberg festgestellt. Im gesamten Kreisgebiet sind fünf Brutvorkommen mit insgesamt 20-25 Bp. bekannt (SCHAUB u. a.). STÜBING

Kreis Marburg- Biedenkopf : Der Brutbestand kann mit 30-35 Bp. angegeben werden. KRAFT

Vogelsbergkreis: In der Burg von Schlitz brüteten etwa 15 Paare. GREGOR

Kreis Da r m stadt- Diebu rg : Leichte Bestandserholung im „Mittelforst" in der Gemar- kung Semd: 1962 15 Bp.,1985 ein Bp. und 1990 5 Bp. mit 16 Jungen (HILLERICH). HEIMER

Saatkrähe - Corvus frugilegus

Main-Kinzig-Kreis: Mind.243 Bp. in sieben Kolonien wurden ermittelt. Zwei neue Kolo- nien wurden festgestellt: eine im Fliegerhorst bei Bruchköbel (KÜRSCHNER) und in eines Pappelallee bei Wibau-Rothenbergen (NEUMANN). PETEF 262 Kolkrabe - Corvus corax Sc h wa I m-Ed er-Kreis: Gesamtbestand unverändert bei etwa 3 Bp.(RANK,WILKE u. a.). STÜBING

We rra-Meißner-Kreis : 7-10 Bp. werden angegeben: Brutverdacht besteht für weitere Gebiete, so daß mit einer „flächendeckenden" Verbreitung gerechnet werden kann. BRAUNEIS

Kreis Fulda: Zwei mögliche Brutplätze mit Brutverdacht (BREHM, HERBIG). JOST

Vogelsbergkreis: Bis Mitte März wurden im „Schlitzer Land" Kolkraben beobachtet (BREHM), so daß eine Brut wahrscheinlich erscheint. GREGOR

Zitiervorschlag: STÜBING, S. in K. FIEDLER (1991): Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1990. -Vogel u. Umwelt 6: 261.

Anschrift des Verfassers: KLAUS FIEDLER, Kantstraße 7, 6050 Offenbach/Main.

Außergewöhnlicher Herbstdurchzug des Wespenbussards (Pernis apivorus) in Nordhessen

Alljährlich ziehen die schwedischen Wespenbussarde über den Zugweg Falsterbo - Insel Fehmarn an die ostholsteinische Küste. Die Hauptdurchzugszeit liegt zwischen dem 26. August bis 07. September. Die Hauptmasse der Wespenbussarde zieht dabei an wenigen Tagen, meist zwischen 10.00 -14.00 Uhr, in kleinen Trupps von 1-100 Ex. (GENSBOL1986). Größere Verbände können häufig auch noch über Hamburg beobachtet werden (HOLZAPFEL et al.1984). Auch in Niedersachsen wurden auf dem Wegzug 12 Trupps mit 100 -1000 Tieren und ein Trupp sogar mit über 1000 Ex. beobachtet (ZANG 1989). Danach driften die größeren Trupps meist auseinander, so daß südlich von Niedersachsen nur sehr selten Verbände mit mehr als 100 Exemplaren beobachtet werden können.

Gemeldet wurden solche Trupps z. B. für Thüringen (KNORRE et al. 1986), Brandenburg (RUTSCHKE 1987) und Rheinland (MILDENBERG 1982).

Bei GEBHARDT & SUNKEL (1954), sowie bei BERG-SCHLOSSER (1968) werden keine größeren Trupps erwähnt. POHL (1957) berichtet von einem Massenzug am 18. Mai 1956 über Wetzlar, er selber beobachtete jedoch nur einen Trupp von ca. 70 Ex., F. FREITAG am selben Tag einen von 60 Exemplaren. Nach Aussagen von Nichtornithologen sollen an diesem Tag jedoch ca. 300 Ex. über Wetzlar gezogen sein. Aus Nordhessen wird ebenfalls von einem Massenzug im Mai berichtet (EMDE et al.1976). Hier zogen am 17. Mai 1975157 Ex. mit maximal 58 Ex. pro Trupp in nördlicher Richtung bei Zennern durch.

263 Das einzige bekannte Herbstdatum stammt von WASSER (1953/54): 90 ziehende Tiere wurden am 2. September 1953 um 16.00 Uhr über der Gemarkung Wehrheim/Taunus ziehend beobachtet Weitere größere Trupps sind aus Hessen nicht bekannt (SCHINDLER mdl. Mit- teilung). Ich selbst konnte am 30. August 1989 350 ziehende Wespenbussarde nördlich des Edersees (Kreis Waldeck-Frankenberg) beobachten. Folgende Truppstärken konnte ich registrieren: 13.10 Uhr 5 Ex. über Sachsenhausen SW ziehend 15.50 Uhr 105 Ex. westlich von Sachsenhausen SW ziehend 16.15 Uhr 85 Ex. westlich von Sachsenhausen SW ziehend 16.45 Uhr 120 Ex. über Vöhl (westlich Sachsenhausen) SW ziehend 18.18 Uhr 29 Ex. südlich Vöhl SW ziehend 18.25 Uhr 10 Ex. südlich Vöhl SW ziehend Die drei großen Trupps zwischen 15.50 Uhr bis 16.45 Uhr zogen in großen Spiralen Richtung Südwest. Die Vögel kreisten in der Thermik, bis sie eine bestimmte Höhe erreicht hatten, lösten sich dann aus dem Verband und flogen im Gleitflug in gerader Linie in Richtung SW. An einem bestimmten Punkt (Thermik!) begannen die Vögel wieder zu kreisen. Das Wetter war an diesem Tag warm und sonnig mit Temperaturen um 22°C. Möglicherweise hatte ein starker Nordoststurm am 27.August über der Ostsee einen Einfluß auf den ungewöhn- lich starken Zug des Wespenbussards. Es ist sehr wahrscheinlich, daß an diesem Tag eine bedeutend höhere Anzahl an Wespenbus- sarden durchgezogen ist. Am nächsten Tag konnten trotz intensiver Beobachtung östlich von Sachsenhausen nur 10 ziehende Tiere beobachtet werden. Der Edersee liegt genau SWvon Fehmarn und in einerVerlängerung der östlichen Begrenzung des Zugweges durch Niedersachsen (ZANG 1989). Die Tageszeit der Beobachtung läßt einen ununterbrochenen Nonstopzug vom Fehmarnbelt her möglich erscheinen, sofern man eine höhere Zuggeschwindigkeit als 50 km/h (GENSBOL 1988) zugrundelegt. Die Wegstrecke beträgt etwa 400 km, so daß bei einem Überqueren des Fehmarnbelts um 10.00 Uhr und bei einer Zuggeschwindigkeit von 80 km/h der Edersee zu erwähnter Zeit erreicht werden konnte. Wahrscheinlicher ist jedoch ein Zwischenaufenthalt in Norddeutsch- land. Meines Wissens ist dies der bisher größte nachgewiesene Wespenbussarddurchzug in Hessen. Es kann jedem Ornithologen empfohlen werden, zwischen dem 26. August und 5. September bei warmem, sonnigem Wetter den Himmel genauestens zu beobachten.

Literatur:

DEUTSCHER WETTERDIENST: Monatlicher Witterungsbericht, Amtsblatt des Deutschen Wetterdienstes (1990), 38. Jhrg. EMDE, F., K. MÖBUS, G. SCHOLZ, W. WILHELM' & M. WILKE (1976): Avifaunistischer Sammelbericht für den Kreis Waldeck-Frankenberg und den Raum Fritzlar-Homberg über den Zeitraum von August 1974 bisJuli 1975.Vogelkundliche Hefte Waldeck-Franken- berg und Fritzlar-Homberg 2: 32 -76. 264 GENSBOL, B. (1986): Greifvögel.- München; Wien; Zürich.

HOLZAPFEL, C., 0. HÜPPOP & R. MUSLOW (1984) Hsrg.: Die Vogelwelt von Hamburg. - Neumünster. KNORRE, D. v., G. GRÜN, R. GÜNTHER &K. SCHMIDT (1986) Hrsg.: Die Vogelwelt Thürin- gens. - Wiesbaden. MILDENBERG, H. (1982): Die Vögel des Rheinlandes, Band 1. - Greven.

POHL, K. (1957): Vogelkundliches aus dem Lehngebiet. Vogelring 26: 72 -73. RUTSCHKE, E. (1987) Hrsg: Die Vogelwelt Brandenburgs. -Wiesbaden.

WASSER, W. (1953/54): Starker Wespenbussardzug (Pernis apivorus) im Taunus, Luscinia 27: 22.

ZANG, H. (1989): Wespenbussard - Pernis apivorus -. In ZANG, H., H. HECKEN ROTH & F. KNOLLE: Die Vögel Niedersachsens und des Landes Bremen. - Greifvögel -. Natur- schutz und Landschaftspflege in Niedersachsen. Sonderreihe B, Heft 2. 3. - Hannover.

Anschrift des Verfassers: MATTHIAS KORN, Riegelpfad 106, 6300 Gießen.

Bemerkenswerter Durchzug der Zwergmöwe (Larus minutus) in der Lahnaue westlich von Gießen

Früher galt die Zwergmöwe als ein seltener Durchzügler in Deutschland und somit auch in Hessen (GEBHARDT&SUNKEL1954, MILDENBERG 1981, VAUK & PRÜTER 1987). Seit Mitte dieses Jahrhunderts gibt es jedoch starke westliche Ausbreitungstendenzen dieser Art, die 1942 zu ersten Bruten in Holland führten (VEEN 1980). Mit der allgemeinen Zunahme der Zwergmöwe kommt es auch zu verstärkten Zugbewegungen, die durch einen Schleifenzug gekennzeichnet sind. Die Überwinterungsgebiete, die teilweise derzeit neu erschlossen werden, sind noch nicht sicher bekannt (GLUTZ VON BLOTZHEIM & BAUER 1982). Herbst- und Winterbeobachtungen sind in Hessen selten, im Frühjahr können jedoch größere Trupps zur Beobachtung kommen. Aus Hessen liegen bisher kaum Meldungen über größere Trupps vor.

ERMEL et al. (1989) berichten von einem Trupp am 23.4.1988 mit 27 Ex. am Südlichen Knappensee. Diese Beobachtung stellt nach Aussage der Beobachter die bisher größte Ansammlung von Zwergmöwen in Hessen dar. In der Zeit vom 8.4. bis 25.4.1987 konnten am Nördlichen Knappensee insgesamt 52 Exemplare beobachtet werden, wobei die Maximal- zahlen von jeweils 12 Ex. am 20.4. und 25.4. erreicht wurden (KORN 1990). Dieser starke Durchzug wurde auch auf Helgoland registriert (MORITZ 1988).

Ich selbst konnte am 25.4.1990 in der Lahnaue von Heuchelheim-Atzbach (westlich von Gießen) den Durchzug von insgesamt 68 Zwergmöwen beobachten. Gegen 6.30 Uhr sah ich über der Wasserfläche eines Schlämmteichs 13 ad. Zwergmöwen fliegen, die nach kurzer

265 Pause zügig in Richtung Westen weiterzogen. Um 7.05 Uhr befand ich mich am Dutenhofener See, als 15 ad. Zwergmöwen in Richtung Nordwest zogen. Kurz danach erschienen 18 ad. und ein vorjähriges Tier und eine halbe Stunde später noch einmal 21 ad. Exemplare.

Innerhalb nur einer Stunde zogen also 68 ad. Zwergmöwen durch das Lahntal. Interessant ist hierbei, daß sie an derWestspitze des NSG „Dutenhofener See" den Verlauf der Lahn verließen und in Richtung Westerwald (Nordwest) zogen.

Die Beobachtung fällt genau in die Hauptzugzeit der adulten Zwergmöwen, die in Mitteleuropa in der 3. April-/1. Maidekade liegt. Für Hessen scheint sich aus diesen Daten ein Maximum des Altvogeldurchzugesfür die Zeit vom 20. 4. bis 25. 4. (30.4.) zu ergeben. Hier hinein fällt auch die weitere Maximalbeobachtung aus der Lahnaue westlich von Gießen, nämlich 12 adulte Tiere am 22. 4.1989. Außerdem zogen am selben Morgen auch noch 5 ad. und 2 immature Heringsmöwen (Larus fuscus), sowie eine adulte Silbermöwe (Larus argentatus) in dieselbe Richtung. Eine außergewöhnliche Wetterkonstellation lag an den Vortagen in Mitteleuropa nicht vor. Am 25.4. betrug die Temperatur 15°C, außerdem war es bedeckt, und der Wind kam mit 2 bft. aus Richtung Nord. Diese Wetterbedingung dürfte keine besondere Zugbewegung ausgelöst haben.

Literatur:

ERMEL, L, S. KRÜGER & A. SCHNEIDER (1989): Starker Durchzug der Zwergmöwe (Larus minutus) in der Wetterau. - Beitr. Naturk. Wetterau 9: 81- 82.

GEBHARDT, L. &W. SUNKEL (1954): Die Vögel Hessens, Frankfurt/Main. - GLUTZv. BLOTZH El M, UABAU ER, K. M. (1982): Handbuch derVögel Mitteleuropas, Band 8/I.- Wiesbaden.

KORN, M. (1990): Zwergmöwe in: Ornithologischer Sammelbericht vom 1.1.1986 bis 31.8.1987 für den Landkreis Gießen. - Naturkunde und Naturschutz in Mittelhessen. 1.

MILDEN BERG, H. (1982): Die Vögel des Rheinlandes, Band I. - Greven. MORITZ, D. (1988): Ungewöhnlich starkes Auftreten der Zwergmöwe (Larus minutus) im Früh- jahr 1987 bei Helgoland. - Limicola 2: 109 -112. VAUK, G. &J. PRÜTER (1987): Möwen. - Niederelbe - Verlag.

VEEN, J. (1980): Breeding behaviour and breeding success of a colony Little Gulls in the Netherlands. - Limosa 53: 73 - 83.

Anschrift des Verfassers: MATTHIAS KORN, Riegelpfad 106, 6300 Gießen

266 Erstnachweis der Rötelschwalbe (Cecropis daurica) für Hessen

Am 30. März 1987 konnte bei Obertshausen, Kreis Offenbach, (8°51/50°04) eine Rötel- schwalbe nachgewiesen werden, die vom Verfasser, seiner Frau und E. SIEGLER, Heusen- stamm, aufgrund der eindeutigen Feldkennzeichen sicher als solche bestimmt wurde. Dabei war die lange Verweildauer von mindestens 14.25 Uhr bis 19.00 Uhr vorteilhaft, die ein aus- giebiges Beobachten ermöglichte. An diesem Tag herrschte wolkiges Wetter, es wehte ein leichter Nordostwind, die Temperatur betrug 6°C. Während die Art den beiden erstgenannten Beobachtern von Aufenthalten in Südfrankreich und Andalusien bekannt war, erfolgte die Bestimmung durch E. SIEGLER anhand des „Peterson" (1979). Der Vogel wurde ausschließlich fliegend beobachtet. Er jagte meist in einigen Metern Höhe über einem ca. 7 ha großen Angelweiher und gelegentlich über der Sukzessionsfläche eines angrenzenden, rund 40 Meter hohen Hügels. Dabei war eine „schwimmende" Flugweise auffallend, die weniger rasant und wendig als der Flug von Rauch- und Mehlschwalben erschien (vergl. auch VON WICHT 1978).

Im Verlauf der Beobachtungen konnten als Feldkennzeichen vermerkt werden: großer, rostfar- bener „Bürzelfleck"; kräftige, auffallende Schwanzspieße; dunkler Schwanz ohne weiße Fleckzeichnung; dunkle Unterschwanzdecken, die sich deutlich gegen die hell rostfarbene Unterseite absetzten; helle Kehle; braunes Nackenband; metallisch blauschwarzer Rücken und ebenso gefärbte Schulterfedern. Während der gesamten Beobachtungszeit konnten keinerlei Stimmäußerungen festgestellt werden.

Die Rötelschwalbe war nicht vergesellschaftet, sie war zudem die erste in diesem Jahr in Obertshausen beobachtete Schwalbenart. Die ersten Rauchschwalben wurden zwei Tage später am gleichen Gewässer angetroffen. Diese Feststellung steht im Gegensatz zu den Ausführungen von GLUTZ & BAUER (1985), wonach die Art stets mit anderen Schwalbenarten vergesellschaftet zieht. VON WICHT (1978) hingegen bemerkt ebenfalls, daß die von ihm beobachtete Rötelschwalbe nicht die Gesell- schaft von etlichen hundert Rauchschwalben suchte, die 100 - 200 Meter entfernt hin- und herflogen.

An dieser Stelle ist anzumerken, daß W. SCHLÄFER, Heusenstamm, bereits am 19. März einige Rauchschwalben und eine Mehlschwalbe in dem in unmittelbarer Nähe des Beobachtungs- ortes liegenden NSG „See am Goldberg" angetroffen hatte.

Die bei GLUTZ & BAUER (1985) angeführte Verwechslungsmöglichkeit mit Hybriden von Rauch- x Mehlschwalbe ist aufgrund der intensiven Beobachtungen sowie der im Falle einer Bastardisierung vorhandenen Ähnlichkeit mit einem Elternteil (MÜLLER et al.1973,DBV1983), die hier nicht festzustellen war, auszuschließen.

Die Beobachtung wurde vom Bundesdeutschen Seltenheitenausschuß anerkannt.

Betrachtet man die Vorkommen der Art außerhalb ihres Brutgebietes, so ist das Auftreten in Hessen eine „logische Folge" der seit 1950 erkennbaren Tendenz. Seitdem hat die Rötel- schwalbe ihr Brutareal in SW-Europa von Andalusien ausgehend nach Norden und Nordosten erheblich ausgedehnt. Sie besiedelt heute nahezu die gesamte Iberische Halbinsel sowie mit zerstreuten Brutvorkommen Südfrankreich und Italien (VON WICHT 1978, GLUTZ & BAUER 1985). Mit dieser Arealausweitung einhergehend (Ursachendiskussion siehe VON WICHT 1978), zeigten einzelne Rötelschwalben im Frühjahr Zugprolongation, die zu 119 Nachweisen

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Abb.: Auftreten der Rötelschwalbe (C. daurica) im Frühjahr in der Bundesrepublik Deutschland (punktiert, n = 9) und im übrigen Mitteleuropa (n = 20) nach GLUTZ & BAUER (1985).

auf den Britischen Inseln und in Skandinavien und bis 1984 zu 31 Nachweisen in Mitteleuropa führte (GLUTZ &BAUER 1985). Die bundesdeutschen Nachweise verteilen sich mit jezwei auf Bayern (WÜST 1986) und Helgoland, und je einem auf Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein (GLUTZ & BAUER 1985), Nordrhein-Westfalen (PEITZMEIER 1979), Baden-Württemberg (VON WICHT 1978) und Niedersachsen (BUNDESDEUTSCHER SELTENHEITENAUS- SCHUSS 1989). Bei der hier geschilderten Beobachtung handelt es sich um den ersten Nachweis im März für Mitteleuropa und um den zehnten für die Bundesrepublik Deutschland. Das früheste Auftreten der Rötelschwalbe auf den Britischen Inseln hingegen datiert vom 5. März (GLUTZ & BAUER 1985). Für den bei Obertshausen beobachteten Vogel ist eine Verdriftung infolge stürmischer Winde um Südwest am 28. März anzunehmen, die durch das Rhönetal stattgefunden haben könnte. Nach GLUTZ & BAUER (1985) dürfte der Einflug der in Mitteleuropa angetroffenen Rötel- schwalben überwiegend auf diesem Wege erfolgt sein. 268 Interessanterweise konnten 1987 weitere Beobachtungen derArt in Hessen vermerkt werden, die alle aus dem Landkreis Marburg-Biedenkopf stammen und M. KRAFTgelangen: 30.4. ein Ex. bei Sichertshausen, 3. 8. ein Ex. bei Argenstein, 6. 8. ein Ex. und 7. 8. zwei Ex. bei Roth. Diese Nachweise wurden vom Hessischen Seltenheitenausschuß anerkannt (HGON AK MARBURG-BIEDENKOPF 1988). Es wird angeregt, besonders im Frühjahr in und in der Nähe größerer Schwalbentrupps auf die Rötelschwalbe zu achten.

Literatur:

BUNDESDEUTSCHER SELTENHEITENAUSSCHUSS (1989): Seltene Vogelarten in der Bundesrepublik Deutschland von 1977 bis 1986. - Limicola 3: 157 -196. DEUTSCHER BUND FÜR VOGELSCHUTZ (1979): Wir und die Vögel 3: 11. GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & K. M. BAUER (1985): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd. 10: 450 -464. HESSISCHE GESELLSCHAFT FÜR ORNITHOLOGIE UND NATURSCHUTZ E.V., ARBEITS- KREIS MARBURG-BIEDENKOPF (Hrsg.) (1988): Vogelkundliche Jahresberichte Marburg-Biedenkopf 6/1987: 164 pp. MÜLLER, G., A. PFEIFFER & E. SCHMITT (1973): Fang und Beringung eines Bastards zwischen Rauch- und Mehlschwalbe - Hirundo rustica x Delichon urbica. Emberiza 2: 185 -186. PEITZM EI ER, J. (1979): Avifauna von Westfalen. S. 330. - Münster. PETERSON, R., G. MOUNTFORT & P. A. D. HOLLOM (1979): Die Vögel Mitteleuropas. Hamburg und Berlin.

VON WICHT, U. (1978): Zur Arealausweitung der Rötelschwalbe, Hirundo daurica, in Europa. Anz. orn. Ges. Bayern 17: 79 - 98. WÜST, W. (1986): Avifauna Bavariae. Bd. II: 960. - München.

Anschrift des Verfassers: PETER ERLEMANN, Gräfenwaldstraße 30, 6053 Obertshausen

269 Nachweis von Bigynie beim Schwarzkehlchen Saxicola torquata

Einleitung

In ihrer Arbeit weisen bereits KÄMPFER & LEDERER (1990) darauf hin, daß Polygynie bzw. Bigynie eine nicht seltene Erscheinung im Paarungssystem einiger, meist monogamer Vogel- arten ist. So sind Nachweise bekannt von u. a. Rauhfußkauz (Aegolius funereus), Wiesenpieper (Anthus pratensis), Bachstelze (Motacilla alba), Wasseramsel (Cinclus cinclus), Zaunkönig (Troglodytes troglodytes), Fitis (Phylloscopus trochilus), Waldbaumläufer (Certhia familiaris), Star (Sturnus vulgaris) und Rohrammer (Emberiza schoeniclus) (Literatur siehe KÄMPFER & LEDERER 1990). Gleiches gilt auch für Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca), Halsbandschnäpper (Ficedula albicollis) und nun auch für den Grauschnäpper (Muscicapa striata). Für die heimischen kleinen Drosselarten der Gattungen Saxicola, Phoenicurus, Luscinia, Erithacus und Oenanthe sind Bigynie selten (Braunkehichen, Nachtigall, Rotkehlchen), wenig häufig (Schwarzkehlchen), mehrfach belegt (Hausrotschwanz) oder es kommt auch vor (Blaukehlchen). Am häufigsten kommt es zu Bigynie beim Gartenrotschwanz und Stein- schmätzer, für den sogar mehr oder weniger regelmäßige polygame Verhältnisse genannt werden (GLUTZ & BAUER 1988). Vom Schwarzkehlchen sind drei Fälle von Polygynie bekannt (2x d' mit 2 99;1 x c?' mit 3 99). Zudem bestehen lediglich Vermutungen, die insbesondere bei Populationen mit nicht ausge- wogenem Geschlechterverhältnis entstehen. Bemerkenswert ist, daß in einer mehrjährigen Studie in Sussex/England Bigynie nie nachgewiesen werden konnte, obwohl mehrfach dd zu Beginn der Brutzeit kurzzeitig mit 2 9 9 assoziiert waren (G LUTZ&BAUER 1988). In der Brut- zeit 1990 konnte ein Fall von Bigynie beim Schwarzkehlchen festgestellt werden, der hier wiedergegeben wird.

Material und Methode

1979 wurde bei Obertshausen, Kreis Offenbach (50° 04' N; 8° 51' E), erstmals eine Brut vom Schwarzkehlchen nachgewiesen. Seitdem wird ein ca. 62 ha großer Gemarkungsteil jährlich auf Vorkommen untersucht Das Untersuchungsgebiet liegt im östlichen Teil des Rhein-Main- Ballungsraums in der Niederung an dem Flüßchen Rodau. Die Fläche besteht aus Acker- und Weideland, feuchten Wiesen und Brachen. Sie wird durch Hecken, Gehölze und einen Bach gegliedert. Im Randbereich liegt eine rund 3 ha große,15-jährige Aufforstungsfläche, die über- wiegend aus Kiefern besteht. Ein enges Wegenetz wird häufig von Spaziergängern genutzt. Bedingt durch die geringe Entfernung zwischen Wohnung des Verfassers und den Brutplätzen vom Schwarzkehlchen (350 bzw. 500 Meter) konnte das Brutgeschehen 1990 nahezu täglich kontrolliert werden. Zu Unterbrechungen kam es infolge Abwesenheit vom 24. - 28. Mai sowie vom 1. -30. Juli Kontrollen am Nest wurden nicht vorgenommen.

Ergebnisse

Die Ankunft des e erfolgte am 15. März und war damit das früheste Eintreffen seit 1980 (Mittel aus acht Jahren 5. April). Es wurde singend und jagend in Revier 1 (restliche Böschung eines ehemaligen Straßendammes) angetroffen. In den folgenden Tagen konnte es hier sowie in etwa 100 Meter Entfernung (Weidenbusch mit angrenzenden Hochstauden) bestätigt werden. 270 Das 9 aus Revier 1 (91) wurde erstmals am 23. März zusammen mit dem (1 in Revier 1 be- obachtet. Beide Vögel hielten sich hier und an dem Weidenbusch regelmäßig bis zum 4. April auf. Am 5. April jagte 91 allein in Revier 1, das e hingegen sang erstmals im späteren Revier 2 (Böschung des Baches). Hier wurde am 8. April ein Paar (P.) und in Revier1 das 91 angetroffen. An diesem Tag sang das e in beiden Revieren. Gleiches wurde am 18. April bestätigt; 91 verschwand am Brutplatz. Erst am 28. April wurde das 07 wieder mit 91 in Revier 1 beobachtet, es hielt sich zuvor mit 92 in Revier 2 auf. Am 29. April fütterte 91 seine Nestlinge, was es in den folgenden Tagen stets ohne Begleitung bzw. Hilfe des e tat. Beide Eltern waren dann am 6. Mai intensiv warnend in Revier 1 anwesend, 92 allein in Revier 2. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Jungen in Revier 1 wohl bereits das Nest verlassen; am 12. Mai wurden 4 flügge Junge gezählt. Diese Situation wurde bis zum 22. Mai bestätigt. Bedingt durch einige Tage Abwesenheit er- folgte die nächste Kontrolle erst am 29. Mai. Revier 1 war geräumt und 92 wurde futtertragend in Revier 2 angetroffen. Bis zum 2. Juni brachten die Beobachtungen das gleiche Ergebnis. Am 3. Juni war das 07 in Revier 2 anwesend, und die Jungen waren hier ausgeflogen; Revier 1 war nach wie vor leer. Revier 2 wurde am 11.Juni geräumt, die Familie (beide ad. und drei flüggeJungen) hielt sich an dem Weidenbusch und in den angrenzenden Hochstauden auf.Vom 1. - 30.Juli erfolgten keine Kontrollen. Die Situation am 31. Juli ergab, daß Revier 2 verlassen war und in Revier 1 d' und 92 (?) intensiv warnten. Am 6. August wurden hier 4 flügge Jungvögel gezählt, die aus der Zweitbrut von 92 (?) stammten. Bis zum 23. August wurde die Familie regelmäßig angetroffen. Der letzte Jungvogel hielt sich mit seinen Eltern bis zum 29. September in Revier 1 und an dem Weidenbusch auf.Vom 30. September bis letztmals am 8.Oktoberwurden nur noch die beiden Altvögel beobachtet. Ein weiteres Paar nistete in diesem Jahr in rund 750 Meter Entfernung zu Revier 1 und 600 Meter zu Revier 2. Hier wurden zwei erfolgreiche Bruten ermittelt. Die Ankunft des c in diesem Revier lag mit dem 25. Februar noch früher als bei dem bigynistischen Männchen. Auch die Aufenthaltsdauer beiderAltvögel bis zum 19.0ktoberwar deutlich länger als im beschriebenen Fall. Das 9 verweilte sogar bis zum 4. November im Brutrevier.

Diskussion

Saxicola torquata zählt in Hessen zu den vom Aussterben oder von der Ausrottung bedrohten Vogelarten. Der Bestand wird mit 40 - 60 Paaren angegeben (STAATLICHEVOGELSCHUTZ- WARTE & HGON*) 1987). Überwiegend handelt es sich um vereinzelte Vorkommen. Der Bestand im Untersuchungsgebiet betrug in den Jahren 1979 bis 19901-3 Paare (ERLEMANN 1990). Größere Populationen wurden 1986 mit neun Bp. in der Gemarkung Rödermark, Kreis Offen- bach (HGON AK RODGAU & DREIEICH 1987) und 1989 mit 15 Bp. am Frankfurter Flughafen (FIEDLER 1989) ermittelt. Diese Populationen existieren in ca. 15 bzw. 20 km Entfernung von den Vorkommen im Untersuchungsgebiet. Daraus ist zu schließen, daß aufgrund der hohen Brutortstreue (GLUTZ & BAUER 1988) kaum Zuwanderungen aus anderen Populationen zu erwarten sind. Die Anwesenheit brutwilliger Altvögel ist demzufolge in erster Linie von Morta- lität und Bruterfolg abhängig. Insbesondere die Jungvögel der letzten Brut siedeln sich oft am letzten Aufenthaltsort mit ihren Eltern an (HERRMANN in GLUTZ & BAUER 1988).

7) Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.

271 Bei dieser Situation kann es durchaus zu Verschiebungen im Geschlechterverhältnis kom- men,was im beschriebenen Fall zu Bigynie führte. Anzumerken ist, daß in den Jahren 1979 und 1980 jeweils neben einem Brutpaar ein weiteres« anwesend war, das ohne Partner blieb.1988 wurde ebenfalls 1 unverpaartes c? neben 2 Brutpaaren ermittelt.

Dem einzelnen « im beschriebenen Fall gelang es, sich erfolgreich mit 2 Weibchen zu verpaaren. In der frühen Paarungsphase mußte es offensichtlich abwechselnd in beiden Revieren präsent sein, um die Bindung mit den 9 zu festigen.

Vorteilhaft hierfür war wohl auch das zeitlich um mindestens 13 Tage versetzte Eintreffen der 99. Diese Feststellungen stehen im Gegensatz zu der Meinung von MILDENBERGER (zitiert in GLUTZ & BAUER 1988), wonach die meisten 99 gleichentags oder ein bis zwei Tage nach den «« eintreffen.

In der Bebrütungs- und Fütterungsphase der Nestlinge konnte sich das« intensiv 92 widmen. Es beteiligte sich dann an der Aufzucht der Jungen von 91, während nun 92 brütete und anschließend die Nestlinge versorgte. Nach dem Selbständigwerden der Jungvögel von 91 kam es rechtzeitig zu 92 zurück, um sich nun mit diesem gemeinsam an der Aufzucht der Jungen zu kümmern.

Leider ist nicht sicher, mit welchem 9 das «in Revier 1 eine Zweitbrut zeitigte. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, daß eine Umsiedlung vorn Brutplatz in Revier 2 in das dem « bekannte Revier 1 mit 92 erfolgte. Hierfür könnte auch mit ausschlaggebend gewesen sein, daß in unmittelbarer Nähe des Brutplatzes in Revier 2 ein häufig begangener Spazierweg verläuft, von dem insbesondere in der Fütterungsphase der Nestlinge und flüggen Jungvögel häufig Störungen der Altvögel ausgingen.

Zusammenfassung

Es wird ein Fall von Bigynie beim Schwarzkehlchen (Saxicola torquata) beschrieben. 1« war mit 299 verpaart, es wurden drei erfolgreiche Bruten mit insgesamt 10 flüggen Jungvögeln aufgezogen. Die Fütterung der Nestlinge erfolgte bei zwei Bruten ausschließlich durch die 9 9. Erst nach dem Ausfliegen derJungen erschien das «an den Brutplätzen und beteiligte sich an deren Aufzucht. Mögliche Gründe für die Bigynie und der Ablauf der Bruten werden diskutiert.

Literatur

ERLEMANN, P. (1990): Zur Vogelwelt der Stadt Obertshausen. - Obertshausen. FIEDLER, K. (1989): Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1989. - Vogel & Umwelt 5: 319 - 332. GLUTZ VON BLOTZHEIM, U. N. & K. M. BAUER (1988): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Bd.11: 446 -509. HESS. GESELLSCHAFT FÜR ORNITHOLOGIE UND NATURSCHUTZ, ARBEITSKREIS RODGAU & DREI EICH (Hrsg.) (1987): Ornithologischer Jahresbericht 3/1986: 73. 272 STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEINLAND-PFALZ UND SAAR- LAND &HESSISCHE GESELLSCHAFTFÜR ORNITHOLOGIE UND NATURSCHUTZ E.V. (1987): Rote Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Hessen. - 7. Fassung, Stand 1. Januar 1988. - Vogel & Umwelt 4: 335 - 344.

KÄMPFER, A. &W. LEDERER (1990): Nachweis von Bigynie beim Grauschnäpper Muscicapa striata. - Die Vogelwelt 111: 189 -196.

Anschrift des Verfassers: PETER ERLEMANN, Gräfenwaldstraße 30, 6053 Obertshausen

Neue Literatur

SCHULZE, A. (1990): Vogeltipsfürjedermann -Alles Wichtige zu unsererVogelwelt.128 Seiten, 41 Farbfotos, 47 Zeichnungen, 6. verbesserte Auflage mit Vogelstimmen Tonkassette (2 x 30 Min.). Ehrenwirth-Verlag München. Durch zahlreiche, immer wiederkehrende Anfragen aus der Bevölkerung zu den Themen Vogelschutz, Vogelkunde und Naturschutz hat sich der Autor anregen lassen, „Vogeltips für jedermann"zusammenzustellen. Unter dem Titel „Kleine Vogelkunde"werden zunächst grund- legende Begriffe der Ornithologie - jeweils durch Fettdruck kenntlich gemacht-erörtert und Hinweise für eine fachkundige Pflege verletzter oder aus dem Nest gefallener Vögel gegeben. Es folgen Anleitungen für die Beobachtung von Vögeln, für die richtige Fütterung im Winter (wenn überhaupt) und zum Thema Vogelschutz im Garten einschließlich Bau und Unterhaltung eines Naturteichs. Ausführlich wird das Thema Nistgeräte behandelt, wobei dem Leser Anre- gung zum Selbstbau anhand zahlreicher Bauanleitungen gegeben wird. Die ebenso ausführ- liche Darstellung des Kapitels „Problemvögel um uns" gibt wichtige Hinweise für die tägliche Praxis. Im Abschnitt „Vogel- und Naturschutz" werden prinzipielle ökologische Grundsätze und die Konsequenzen daraus dargestellt sowie Möglichkeiten jedes Einzelnen zur Mithilfe aufgezeigt. Ein 6seitiges Arten- und Sachregister erleichtert die Benutzung dieses empfehlenswerten Sachbuchs.

Die beigefügte Tonbandkassette, die auch einzeln erhältlich ist, beinhaltet die Vogelstimmen von 61 Arten jeweils mit kurzen Textbeiträgen. Hierzu wird für die nächste Überarbeitung empfohlen, die Drossel- sowie die Grasmückenarten in geschlossener Reihenfolge abzu- handeln. R. ROSSBACH 273 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 274 (1991)

Mitteilungen der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

Vogelschutzwarte unter neuer Leitung

Mit Erlaß vom 27. Februar 1991 des Hessischen Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz wurde Herrn Regierungsoberrat Dr. Klaus Richarz ab 1. März 1991 die Leitung der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland übertragen.

Dr. K. Richarz, geboren 1948 in Lich/Hessen, studierte Biologie und Chemie an der Justus- Liebig-Universität Gießen, wo er nach Staatsexamen und Biologiediplom über ein Thema aus der Verhaltensforschung promovierte.

Von 1976 bis 1980 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gießen.

Vom November 1980 bis Februar 1991 arbeitete er als Artenschutzreferent und zuletzt als Sachgebietsleiter für Fachfragen des Naturschutzes bei der Höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Oberbayern, München. Daneben nahm er verschiedene Lehraufträge für Naturschutz, Artenschutz und Ökopädagogik wahr. Dr. Richarz ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des Landesbundes für Vogelschutz in Bayern, in der Species Survival Commission der IUCN und gehört dem Vorstand des Arbeits- kreises Wildbiologie an der Universität Gießen an.

Anschrift: STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEINLAND-PFALZ UND SAARLAND Institut für angewandte Vogelkunde Steinauer Straße 44, 6000 Frankfurt am Main 61, Telefon (069) 4115 32 und 4183 48

Nachricht der Redaktion

Die Redaktion verabschiedet Herrn KURT MÖBUS aus ihrer Runde und dankt ihm herzlich für ein halbes Jahrzehnt einsatzfrohen und kenntnisreichen, kritischen und gedeihlichen Zusammenwirkens. Als Mitautor des „Verzeichnis der Vögel Hessens" (Frankfurt am Main 1985) und dank seiner Mitarbeit bei der Vorbereitung einer „Avifauna von Hessen" hat er insbe- sondere für genaue, gründlich belegte und das Schrifttum umfassend berücksichtigende Aussagen zur Vogelwelt Hessens gesorgt. Sein mutiger und schwieriger Schritt zum frei- beruflichen beratenden und gutachtenden Biologen macht die Aufgabe des Ehrenamtes bei „Vogel und Umwelt" erforderlich.Wirwünschen Herrn MÖBUS mit Nachdruck Erfolg bei seinen neuen Aufgaben und freuen uns über seine Bereitschaft, der Redaktion als Berater in beson- deren Fällen auch künftig zur Seite zu stehen. 274 Aufruf zur Mitarbeit am DDA-Monitoring-Programm

Der Dachverband Deutscher Avifaunisten hat es sich zur Aufgabe gemacht, für das gesamte Bundesgebiet (d. h. einschließlich des Gebietes der neuen Bundesländer) Schwankungen und langfristige Trends häufiger Brutvogelarten zu ermitteln. Ziel ist es dabei vorallem, Gefähr- dungen für Vogelbestände zu erkennen und Grundlagen für die Naturschutzarbeit und die Landschaftsplanung zu gewinnen. Die Daten sollen auch habitatbezogen ausgewertet werden. Je nach ihren Neigungen und zeitlichen Möglichkeiten können die Mitarbeiter wählen, ob sie sich dabei an der Revierkartierung oder der Punkt-Stopp-Zählung beteiligen wollen. [Bei der Revierkartierung sind für die ausgewählte Fläche alle beobachteten Verhaltensweisen der Vogelarten von den 7-10 Kontrollgängen zwischen März und Juni nach Arten und Revieren zu kartieren. Bei der Punkt-Stopp-Zählung werden auf einer Route 20 (mindestens 10) Stopps festgelegt. An jedem Stopp werden alle Vogelindividuen nach Art und Anzahl erfaßt, die inner- halb von genau 5 Minuten zu erkennen sind. Es sollen in jedem Jahr 5 Gänge (mindestens ein Gang) in den Monaten März bis Juni durchgeführt werden.] Dringend werden für diese so wichtige Aufgabe weitere Mitarbeiter gesucht. Nähere Auskunft erteilt: K. FIEDLER, Kantstraße 7, 6050 Offenbach.

Ankündigung eines Sonderhefts von „Die Vogelwarte"

Gegen Mitte 1991 erscheint ein Sonderheft zu Band 36 von P. BERTHOLD, G. FLIEGE, G. HEINE, U. QUERNER u. R. SCHLENKER über Wegzug, Rastverhalten, Biometrie und Mauser von Kleinvögeln in Mitteleuropa Eine kurze Darstellung nach Fangdaten aus dem Mettnau-Reit-Illmitz-Programm der Vogelwarte Radolfzell Das Heft enthält für die 37 im MRI-Programm systematisch untersuchten Arten ganzseitige Abbildungen der Daten jeweils für die Stationen Mettnau, Reit und Illmitz, und zwar Mittelwerts- darstellungen der in zehn Jahren gesammelten Daten von über 1/4 Mio Individuen. Für jede Art und Station sind graphisch dargestellt für die Wegzugperiode von Juni bis November Fang- muster, Zugmuster, Änderungen in Körpergewicht und Flügellänge, Erstfänge, die später Wiederfänge ergeben, die Wiederfänge der Saison, die Verweildauer der Wiederfänge sowie der Verlauf von Klein- und Großgefiedermauser. Das Heft gibt einen ersten abgerundeten Überblick über den Weg- und Durchzug von Kleinvögeln in Mitteleuropa sowie deren Biologie auf der Basis eines strikt standardisierten Fangprogramms. Die Graphiken werden für jede Vogelart in einem kurzen deutsch- und englischsprachigen Text erläutert und ergänzt, das MRI-Programm wird einleitend dargestellt, und allgemeine Ergebnisse werden am Ende zusammengestellt und diskutiert. Umfang des Heftes ca. 200 Seiten, Preis ca. 30 DM. Dieses Sonderheft geht den Mitgliedern derDeutschen Ornithologen-Gesellschaft nichtauto- matisch zu; es muß in jedem Falle beim Verlag gegen Rechnung bestellt werden. Bestellungen sind ab sofort möglich und erwünscht bei der Verlagsdruckerei Schmidt GmbH, Nürnberger Straße 27-31, 8530 Neustadt a. d. Aisch. Die Zustellung des Heftes erfolgt gegen Mitte 1991.

275 Neue Literatur

BATTEFELD, K.-U. (1990/1991): Artenschutzrecht. Bedrohte Tiere und Pflanzen. Loseblatt- sammlung, Kunststoffordner, DIN A5. ISBN3-8078-3039-1. 2. veränderte Auflage: 2. Nachtragslieferung (1990), 122 Seiten; 3. Nachtragslieferung (1990), 118 Seiten; 4. Nachtragslieferung (1991), 167 Seiten. Deutscher Fachschriften-Verlag, Wiesbaden.

Das Artenschutzrecht war in den letzten Jahren z.T. turbulenten Veränderungen unterworfen. Beginnend mit der Unterzeichung des „Übereinkommens über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen" (CITES) im Jahre 1973 in Washington erfolgte eine Neuorientierung hin zur verstärkten Kontrolle des internationalen Handels. Beginnend mit der Einführung einer für die gesamte Europäische Gemeinschaft geltenden Verordnung zur Umsetzung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA) im Jahr 1982 und der Schaffung EG-einheitlicher Dokumente im Jahr 1983 wurde eine Welle von Novellierungen in Gang gesetzt, die mit der Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes und dem Beschluß einer neuen Bundesartenschutzverordnung ihr vorläufiges Ende gefunden hat. Gleichzeitig wurde die sogenannte Artenschutznovelle zum Bundesnaturschutzgesetz eine Norm für hoheitlichen Artenschutz geschaffen, die, soweit erforderlich, einheitliche Vor- schriften für den Handel mit Exemplaren geschützter Tier- und Pflanzenarten auf Bundes- ebene festgesetzt hat.

Aus dem Inhalt der 2. Nachtragslieferung der 2. Auflage: Die Bekanntmachung über die Bundesartenschutzverordnung wurde neu in die Sammlung aufgenommen, der Anhang A des Washingtoner Artenschutzübereinkommens wurde auf den aktuellen Stand gebracht. Wichtigste Neuerung ist die Vorschrift, daß für sämtliche dem Washingtoner Artenschutz- übereinkommen unterligenden Exemplare der Nachweis des rechtmäßigen Besitzes nur noch mit sogenannten CITES-Bescheinigungen erbracht werden kann. Eine weitere Neuerung ist das seit 1987 eingeführte und nach einer Übergangsfrist von einem Jahr seit 1.1.1988 geltende Verkaufsverbot für alle Exemplare des Anhanges 1 des WA und des Anhanges C 1 der EG-Verordnung 3626/82. Darüber hinaus gelten Vermarktungsverbote für WA-II-Waren, deren rechtmäßige Einfuhr nicht nachgewiesen wird, sowie für sämtliche nach Bundesrecht besonders geschützte Arten, soweit nicht Ausnahmen von diesen Verboten zugelassen wurden.

Aus dem Inhalt der 3. Nachtragslieferung der 2. Auflage: Neu in die Sammlung aufgenommen wurden der Anhang C des Washingtoner Artenschutz- übereinkommens, die Bundeswildschutzverordnung, das Verzeichnis der CITES-Behörden und das Tierschutzgesetz.

Aus dem Inhalt der 4. Nachtragslieferung der 2. Auflage:

Auf der siebten Konferenz der Vertragsstaaten des Washingtoner Artenschutzübereinkom- mens in Lausanne vom 9. bis 20. Oktober 1989 wurden Änderungen an den Anhängen 1-111 des Übereinkommens vorgenommen. Infolge dessen mußten innerhalb von 90 Tagen die entsprechenden Teile des Anhangs A der EG- CITES-Verordnung 3626/82 geändert und die Teile 1 und 2 des Anhangs C angepaßt werden. Diese Änderungen waren Schwerpunkt der 276 2. Ergänzung der 2. Auflage der Sammlung Artenschutzrecht gewesen. Ergänzende Beschlüsse und Empfehlungen der siebten Vertragsstaatenkonferenz finden sich in dieser Lieferung. Darüber hinaus dient diese Lieferung primär der Komplettierung bestehender Vorschriften, insbesondere der Verknüpfung mit dem Tierschutzrecht. Die Allgemeine Verwaltungvorschrift zur Durchführung des Tierschutzgesetzes enthält Vorschriften, die allgemein und ergänzend zu den artenschutzrechtlichen Bestimmungen bei Zucht, Haltung, Handel und Transport von Tieren zu beachten sind. Zur Vertiefung wurde der Einleitungsteil ausgebaut und insbesondere im Hinblick auf die neu ergänzten tierschutzrechtlichen Vorschriften um Hinweise auf Berührungspunkte zwischen Tierschutz- und Artenschutzrecht ergänzt. Es bleibt bei der Empfehlung, auch die der Sammlung im Zuge einer Ergänzungslieferung entnommenen Seiten weiter aufzubewahren, da je nach Zeitpunkt des Erwerbs eines geschützten Exemplares unterschiedliche Anforderungen an die Glaubhaftmachung einer Besitzberechtigung zu stellen sind und somit z.T. auch auf ältere Rechtsvorschriften zurück- gegriffen werden muß. Nicht nur der amtliche Naturschutz sondern auch der ehrenamtliche Naturschützer sollte diese Gesetzessammlung besitzen oder Zugriff haben. Dem Laien wird es schwer fallen, mit dem „Juristen-Deutsch" klarzukommen. Bei der nächsten Auflage sollten erläuternde Texte zu den einzelnen Gesetzen und Verordnungen aufgenommen werden. Die Gesetzsammlung wäre für den juristischen Laien verständlicher und damit ein effektiveres Werkzeug. K. FIEDLER

112ICEV,V. D.&V. E. FLI NTals Hrsg. (1990): Handbuch derVögel der Sowjetunion.- Bd. 6/1: 367S., 87 Zeichn. u, Karten, 16 Farbtafeln, A. Ziemsen Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. Die Bände dieses Handbuches erscheinen nicht in systematischer Reihenfolge, sondern in Abhängigkeit vom Eingang der Manuskripte. Bisher sind Band 1 (1985) und Band 4 (1989) erschienen. Das jetzt als Teil 1 von Band 6 in deutscher Übersetzung vorgestellte Buch beinhaltet Raubmöwen (15 Arten), Möwen (23 Arten) und Seeschwalben (10 Arten). Die in jedem Artkapitel der beiden ersten Teilausgaben bewährte Gliederung wurde beibehalten (Status, Beschreibung, Feldkennzeichen, Bau, Mauser, Unterarten, Verbreitung, Überwinte- rung,Wanderungen, Biotop, Häufigkeit, Fortpflanzung, Aktivität, Sozialverhalten, Nahrung, wirt- schaftliche Bedeutung einschließlich Schutz).Viele der hier abgehandelten Arten lassen sich auch in Mitteleuropa als Brutvogel, Durchzügler oder Überwinterer beobachten. Die jeder Art beigefügte Verbreitungskarte gibt einen guten Überblick über Brut- und Überwinterungs- gebiete. Hingewiesen sei auch auf den jeweiligen Abschnitt „Wirtschaftliche Bedeutung". Hier wewrden u. a. auch Anregungen für eventuell notwendige Schutzmaßnahmen gegeben. Der jetzt vorliegende Band des Handbuches ist auch für den in Mitteleuropa beobachtenden Ornithologen ein nicht zu unterschätzendes Nachschlagewerk,an dem man nicht vorbeigehen kann. W. KEIL

WINKEL, S. & E. FLÖSSER (1990): Avifauna des Kreises Darmstadt-Dieburg.-280 5.,49 Fotos, 23 Abb., 135 Rasterverbreitungskarten. Schriftenreihe Landkreis Darmstadt-Dieburg Band 4. Dieburg. - Bezugsquelle: Amt für Natur- und Umweltschutz, Albinistraße 3, 6110 Dieburg Mit diesem Buch liegt nun die vierte umfassendere Lokal-Avifauna in Hessen vor-gleichzeitig die erste von Biologen als Auftragsarbeit geschriebene. Derartige Werke mit lokalem Bezug sind grundsätzlich sehr zu begrüßen; sie können wichtige Grundbausteine für die in Arbeit

277 befindliche Landes-Avifauna darstellen und ermöglichen ein wesentlich genaueres Eingehen auf lokale Details, die u. a. von den Eingriffsverwaltungen gefordert werden, aber in einer landesweiten Darstellung zwangsläufig untergehen müssen. Der Landkreis Darmstadt- Dieburg verfügt bekanntermaßen über einen Stab sehr reger Mitarbeiter; besonders der Ostteil - der ehemalige Kreis Dieburg - gehört zu den bestuntersuchten Regionen Hessens, so daß man eine dementsprechend gute Datengrundlage annehmen darf. An der vorliegenden Avifauna gefällt die übersichtliche Darstellung mit meist knappen, klar gegliederten Texten und der großen Zahl von Raster-Verbreitungskarten, die auf der Basis des Ein-Minuten-Gitternetzes im Format DIN A 5 für fast alle Brutvogelarten erstellt wurden. Drei beigelegte transparente Auflagekarten ermöglichen es, die Verbreitungspunkte auf die poli- tische Gliederung, auf Waldgebiete und Ortschaften sowie auf das Gewässernetz zu beziehen. Leider fehlen die Legenden und die Namen der Gewässer ebenso wie eine Karte der natur- räumlichen Gliederung, so daß entsprechende Angaben im Textteil (z. B. „Silz" und „Apfel- bach", „Vorderer Odenwald" und „MesselerWald") für Nicht-Ortskundige nur schwer nachvoll- ziehbar sind. Die einzelnen Artkapitel sind untergliedert nach „Status" und „Verbreitung und Ökologie"; außerdem werden, je nach Art zutreffend oder nicht, die Punkte „Phänologie'; „Beobach- tungen", „Bestandsentwicklung" sowie „Gefährdung und Schutz" abgehandelt. Unter dem zweit- und drittgenannten Punkt findet man überwiegend globale Aussagen, während die lokalspezifischen Angaben oft verblüffend knapp ausfallen. Als Beispiel sei das komplette (!) Artkapitel „Turmfalke (Falco tinnunculus)" zitiert: „Status: rBV(II)-111. Verbreitung und Ökologie: Über ganz Europa, Nordafrika und weite Teile Asiens verbreitet; bei uns neben dem Mäusebussard der häufigste Greifvogel. Er brütet vor allem an höheren Gebäuden aller Art, daneben hauptsächlich in alten Krähennestern. Der T. lebt vor allem von Feldmäusen und Kerbtieren, selten greift er fliegende Vögel. Teilzieher, der in klimatisch günstigen Gebieten überwintert. Bestandsentwicklung: Gleichbleibend. Verbreitungslücken bestehen in geschlossen bewal- deten Gebieten (s. Messeler Wald)." Ein solches Artkapitel wirft mehr Fragen auf, als es beantwortet. Klare, aber meist unbelegte Angaben zur Bestandsentwicklung finden sich bei fast allen Brutvogelarten; so vermißt man - besonders bei den häufigeren Arten - oft jegliche quantitative Datengrundlage. Beispiels- weise liest man mit Blick auf die BRD und Hessen erfreut, die Misteldrossel sei „aufgrund ihrer weiten Verbreitung nicht gefährdet"; lokale Angaben zu dieser Art fehlen jedoch völlig. Auf ähnlich knappe Aussagen ohne Belege oder Quellenangaben beschränkt sich leider die Essenz vieler Artkapitel. So wird beispielsweise beim Artkapitel „Buntspecht" (Umfang: acht Zeilen) aus: BEZZEL, E. (1985): „Kompendium der Vögel Mitteleuropas" die grobe Abschät- zung der Siedlungsdichte zitiert, doch man vermißt die wesentlich genaueren Angaben aus der Region von HEIMER in der grundlegenden Arbeit: SCHAACK, K. H., E. SCHAACK, W. HEIMER und S. HUTHER (1979): „Siedlungsdichte-Untersuchungen am Großen Buntspecht in Südhessen" (81. Ber. Offenb. Ver. Naturk.) - nur eine von etlichen Arbeiten mit Bezug auf das Kreisgebiet, die man im Text und im Literaturverzeichnis vergeblich sucht. Andere Arbeiten sind im Text genannt, doch fehlen sie im Literaturverzeichnis (z. B. „BEZZEL 1963"). Phänologische Angaben finden sich hauptsächlich bei Durchzüglern, scheinen jedoch aus anderen Quellen ohne deren Nennung übernommen und sind anhand des dargestellten Datenmaterials oft schwer nachvollziehbar. So wird erläutert, der Sandregenpfeifer (welche Rasse??, Anmerk. d. Rezensenten) „brütet an den europäischen Küsten. Er erscheint bei uns regelmäßig in kleineren Trupps...", und weiter: „Erscheint im Frühjahrfrühestens Mitte März,die Hauptzugzeit liegt im Mai. Im Herbst erscheinen die meisten Ex. im September,einige schon im August bzw. erst im Oktober." Diese umfassenden, wenngleich auch nicht ganz korrekten 278 Angaben scheinen sich auf ganze zwei Beobachtungen im Kreisgebiet zu stützen, denn mehr werden nicht aufgeführt. Unter dem Punkt „Gefährdung" werden die Gefährdungsgrade nach den Roten Listen der BRD, Hessens und einer neuerstellten, lokalen Roten Liste genannt. Bedauerlicherweise scheint den Autoren nur eine der früheren Fassungen der Roten Liste der BRD vorgelegen zu haben, denn die Angaben stimmen nicht mit der aktuellen 6. Fassung von 1987 überein. Eine Überprü- fung dieser Vermutung ist leider nicht möglich, da keine Rote Liste im Literaturverzeichnis genannt ist. Recht unkritisch waren die Autoren bei der Veröffentlichung sehr ungewöhnlicher Beobach- tungen. Bedauerlicherweise wurden der Hessische und Bundesdeutsche Seltenheiten- ausschuß dabei offenbar übergegangen - jedenfalls fehlen jegliche Hinweise auf eine mögliche Anerkennung -, was eine kritische Diskussion etlicher nun veröffentlichter Angaben vor ihrer weiteren Verwendung, etwa in der Landes-Avifauna, unumgänglich macht. Zu nennen sind beispielsweise neuere Beobachtungen meldepflichtiger Arten wie Zwergralle, Seggen- rohrsänger und Zwergschnäpper, Neunachweise für Hessen wie Isabellwürger oder gar die Beobachtung von 150 Schneefinken (!!) und stark aus dem Rahmen fallende Daten wie eine Januarbeobachtung des Rotkehlpiepers, ein Schwarzstirnwürger am 1.3. und eine Juli- feststellung des Rauhfußbussards. Leider läßt sich die Liste kritischer Anmerkungen zu diesem an sich begrüßenswerten Buch weiter fortsetzen. Formelle Unzulänglichkeiten wie ein erheblich von der tatsächlichen Gliede- rung abweichendes Inhaltsverzeichnis, unkorrekte Zitate und über 10 nirgends erläuterte Abkürzungen (z.B.WV, GG, sSV) ergänzen dieses Bild einer allzu oberflächlichen Bearbeitung. So bleibt dieses von Diplom-Biologen als Auftragsarbeit erstellte Werk hinter vielen Arbeiten ehrenamtlicher Avifaunisten zurück. Die Rezensenten erlauben sich daher, den Lesern das Buch in zweierlei Hinsicht zu empfehlen: als eines der Grundlagenwerke für jeden avifauni- stisch Tätigen in Hessen, aber auch, um aus den vielen vermeidbaren Fehlern zu lernen. K. MÖBUS & A. MALTEN

SPITZENBERGER, F. (1990): Die Fledermäuse Wiens. - 71 5.,18 SW-Fotos, 17 Fundkarten; J &V Edition Wien. Zwar gibt es im einschlägigen Schrifttum hier und da Übersichten der Fledermausfaunen einzelner Städte, ein eigenes Buch über die Fledermäuse einer Stadt fehlte aber bisher. Nach einer tabellarischen Übersicht und kurzen einleitenden Abschnitten über Material, Methoden, Biologie, Ökologie und Systematik heimischer Fledermäuse werden die einzelnen Landschaftsteile Wiens aus fledermauskundlicher Sicht vorgestellt. Sie reichen vom Wiener Wald mit dem hier besonders wichtigen Lainzer Tiergarten über die ehemaligen Donau-Auen bis zu den ausgedehnten Wiener Parks und Alleen, den Neubaugebieten und zur Innenstadt. Dieser Vielfalt entsprechend konnten 17 der 24 in Österreich bekanntgewordenen Arten im Wiener Stadtgebiet nachgewiesen werden. Jeder Art ist ein eigener Abschnitt mit Fundkarte und Text gewidmet. Die Details sind geeignet, auch Fledermauskundlern in anderen Städten Hinweise zur gezielten Suche zu gehen. Vielleicht regt dieses begrüßenswerte Buch ähnliche Veröffentlichungen für weitere Städte an? Jeder an Fledermäusen ernsthaft Interessierte sollte es jedenfalls besitzen. R. MOHR

279 BEZZEL, E. & R. PRINZINGER (1990): Ornithologie, - UTB Große Reihe. 552 S., 311 Abb., 110 Tabellen, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart. In der UNI Taschenbuchreihe (UTB) erschien 1977 erstmals ein Band „Ornithologie", der als Einführung in die verschiedenen Bereiche dieser Disziplin konzipiert war. Nunmehr liegt in der Großen Reihe der UTB eine erweiterte und neu bearbeitete Auflage vor. Während im ersten Band eine ganze Reihe wichtiger Gesichtspunkte aus Platzmangel nur unzureichend oder überhaupt nicht angesprochen werden konnten, sind in der neuen Ausgabe alle Teilgebiete berücksichtigt. In 27 z.T. recht umfangreichen, gut gegliederten Kapiteln wird das derzeitige ornithologische Wissen vorgestellt (Allgemeine Kennzeichen, Stütz- und Bewegungssysteme, Fortbewegung, Haut und Hautdrüsen, Feder und Gefieder, Mauser und Gefiederpflege, Kreis- laufsystem und Blut, Atmungssystem, Hormonsystem, Nervensystem, Sinnesorgane, Ernäh- rung und Verdauung, Exkretion, Energiehaushalt und Temperaturregulation, Verhalten, Laut- äußerungen, Fortpflanzung, Entwicklung, Populationsbiologie, Wanderungen, Fossilgschichte und Evolution, Klassifikation, Verbreitung, Parasiten und Krankheiten, Vogelschutz, Ornitho- logie als biologische Wissenschaft, Vogelhaltung). 13 Seiten Literatur - nach den einzelnen Abschnitten geordnet -, ein Verzeichnis der Vogelnamen und ein Sachregister beschließen das Buch. Eine reichhaltige Illustration veranschaulicht den Text. Wie kaum eine andere wissenschaftliche Fachrichtung beschäftigen sich Wissenschaftler und Autodidakten mit der Materie. Viele gewonnenen Erkenntnisse beruhen auf Untersuchungen von Amateur-Ornitho- logen. Das Buch ist nicht eine ausschließlich für Studenten bestimmte Darstellung der einzelnen Wissensgebiete, sondern bietet auch Feldornithologen und Vogelschützern eine umfassende Information. Der Band Ornithologie ist ein Nachschlagewerk, das zur Grund- W. KEIL ausstattung einer jeden vogelkundlichen Bibliothek gehören sollte.

280 ALBERT HARBODT KIRCHGASSE 7 6101 ROSSDORF TEL. P. 06154/8 17 19 D. 069/41 15 32

Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen

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Band 6, Heft 5-6: 281-376 Dezember 1991

Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 6: 313-366 (1991)

Biotopkartierung im hessisch-thüringischen Grenzbereich

BARBARA FISELIUS, Bad Soden-Salmünster und FRIEDRICH KÜHNEL, Gießen

Inhaltsverzeichnis Seite

1. Einleitung 314

2. Darstellung des Auftrages 315 2.1 Vergleich der Aktivitäten der Bundesländer im Grenzgebiet zur ehemaligen DDR 316

3. Das Untersuchungsgebiet 317 3.1 Naturräumliche Grundlagen 317 3.2 Nutzungsstruktur 323

4. Konzeptentwicklung 325 4.1 Entwicklung des Kartierungskonzeptes 325 4.2 Entwicklung eines vergleichenden Bewertungsrahmens 329

5. Durchführung der Kartierung 335 5.1 Vorbereitende Arbeiten 335 5.2 Geländeerhebung 336 5.3 Auswertung der Kartierung 337

6. Kartierungsergebnisse 339 6.1 Biotope und Biotopkomplexe 339 6.2 Vorranggebiete 339 6.3 Defiziträume 341 6.4 Artenerfassung 341 6.5 Gefährdung der Lebensräume im Grenzbereich 341

7. Vergleichende Bewertung der Ergebnisse 342 7.1 National bedeutsame Lebensräume im Grenzbereich 344 7.2 Landesweit bedeutsame Lebensräume im Grenzbereich 346 7.3 Regional bedeutsame Lebensräume im Grenzbereich 349

8. Zusammenfassung 353

9. Literaturverzeichnis 354 10.Unveröffentlichte Quellen 357 I1. Anhang 359 313 1. Einleitung

Mit der Öffnung der Grenze zur ehemaligen DDR Ende 1989 und der sich in ihrer Folge abzeichnenden Entwicklung rückte auch die Bedeutung der grenznahen Regionen aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den Mittelpunkt des Interesses. Bereits seit langem war bekannt, daß die zu beiden Seiten der innerdeutschen Grenze anschlie- ßenden Landschaftsräume, vor allem aber auch der eigentliche Grenzbereich, aus der Sich des Naturschutzes hochwertige Gebiete in großer Zahl beherbergen.

Eine nachhaltige Sicherung war jedoch vor der Grenzöffnung nicht möglich, zum anderen war die Gefährdungsdisposition durch Erschließung und Nutzungsintensivierung in vielen Fällen geringer als auf der übrigen Landesfläche. Es war abzusehen, daß sich dies mit Öffnung der innerdeutschen Grenze innerhalb kurzer Zeit grundlegend ändern würde. Die weitere Ent- wicklung bestätigte diese Befürchtung im vollen Umfang.

Bereits unmittelbar nach der Grenzöffnung wurde von verschiedener Seite die Forderung erhoben, das Grenzgebiet durchgängig und auf voller Länge als Schutzgebiet auszuweisen (WEIGER 1990). Diese weitreichende, wenngleich fachlich nicht unbegründete Forderung mündete sehr bald in differenzierte Überlegungen, die vor allem auch die grenznahen Bereiche zu beiden Seiten einbezogen. Dies war dringend geboten, da auch dort mit rasanten Veränderungen zu rechnen war.

Wirkungsvolle Schutzbemühungen konnten nur auf der Grundlage einer aktuellen Inventari- sierung wertvoller Gebiete und Objekte erfolgen. Eine solche fehlte im unmittelbaren Grenz- gebiet gänzlich, in den anschließenden Grenzgebieten der ehemaligen DDR weitgehend. Ir den im Westen angrenzenden (alten) Bundesländern Schleswig-Holstein, Niedersachsen Hessen und Bayern waren solche Inventarisierungen in Form von Biotopkartierungen, Arten- kartierungen, Regionalplänen, Gutachten und dem Wissen örtlicher Spezialisten zwar vorhanden, sie befanden sich aber auf einem sehr unterschiedlichen Stand hinsichtlich Aktua- lität, Detaillierungsgrad und Inhalten.

Für Hessen existiert zwar eine Biotopkartierung aus der ersten Hälfte der 80er Jahre. Diese konnte jedoch weder hinsichtlich Aktualität noch Detaillierungsgrad genügen.

Am 23.11.1989 forderten der hessische Landesnaturschutzbeirat sowie die acht in Hessen nach § 29 BNatSchG anerkannten Naturschutzverbände die Landesregierung auf, sofort für eine Sicherung derjenigen Flächen auf beiden Seiten der Grenze einzutreten, die die Kriterier für Schutzgebiete aller Art erfüllen würden.

Das Hessische Ministerium für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz (HMLFN) folgte der Vorschlägen von Verbänden und der Kommission „Naturschutz an der hessisch-thürin- gischen Grenze". Im Mai 1990 wurde ein Werkvertrag über eine „Biotopkartierung im hessisch- thüringischen Grenzbereich" vergeben. Ziel sollte es sein, auf hessischem Gebiet in einem ca 10 km breiten Streifen entlang der thüringischen Grenze Vorranggebiete für den Naturschute abzugrenzen sowie Grundlagen für rasches Verwaltungshandeln im Grenzgebiet zu lieferr und hierdurch die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegenüber der Eingriffsdisziplinen und anderen Interessengruppen innerhalb dieses Raumes nachhaltig vertreten zu können.

Die im Laufe des Jahres 1990 daraufhin begonnenen Neuerhebungen in der Bundesrepublik Deutschland und der damals noch bestehenden DDR konnten bedauerlicherweise metho- disch nicht vereinheitlicht werden. Dies setzt einer vergleichenden Auswertung über die Landesgrenzen hinweg einen sehr engen Rahmen. 314 2. Darstellung des Auftrages

Gleichzeitig mit der Vergabe des Auftrages wurden Überlegungen zu einer landesweiten Biotopkartierung in Hessen aktuell. Es bot sich demzufolge an, die „Grenzstreifenkartierung" soweit möglich auch dafür zu nutzen, Erfahrungen für eine landesweite Biotopkartierung zu sammeln. Auch die Möglichkeiten eines Ineinandergreifens von Arten- und Biotopkartie- rungen konnten präzisiert werden. Das Vorhaben „Grenzstreifenkartierung" sollte somit zwei Ziele verfolgen:

- Die Kartierung wertvoller Gebiete und Naturelemente in einem 5 bis 10 km breiten, an die ehemalige DDR-Grenze anschließenden Streifen in Hessen;

- Sammeln von Erfahrungen für landesweite Inventarisierungen als Grundlage für ein hessisches Arten- und Biotopschutzprogramm (HAB)

Beiden Zielen waren durch die zeitlichen Vorgaben enge Grenzen gesetzt. Zum einen mußten lie Außenarbeiten in Anbetracht der überstürzten Entwicklung unverzüglich begonnen Nerden. Eine Vorlaufphase zur Ausarbeitung des Kartierungskonzeptes war nicht möglich. Hinzu kamen unerwartete Verzögerungen bei der Bereitstellung von EDV-Software. Es bestand unter allen Beteiligten Einvernehmen, daß unter diesen Randbedingungen ledig- ich vorläufige Ergebnisse erwartet werden konnten. Für den hoheitlichen Vollzug (Schutzge- Diete) liefert die Grenzstreifenkartierung eine breite Basis, die allerdings in jedem Einzelfall durch fundierte Schutzwürdigkeitsgutachten präzisiert werden muß. Außerdem wurde eine Reihe instrumenteller und organisatorischer Strukturen erstmals im Gelände getestet, die im Rahmen des HAB, aber auch bei der Eingriffsplanung (vergleichende Bewertung) erhebliche 3edeutung erlangen könnten.

Der Auftrag des HMLFN an die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz ',HGON) umfaßte folgende Leistungen:

1.Die HGON führt eine Biotopkartierung in einem 10 km breiten Streifen entlang der Grenze zwischen Hessen und Thüringen auf hessischem Gebiet durch. Hierbei sind die hessischen Kreise Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda betroffen.

Die Abgrenzung ist nach landschaftsökologischen Kriterien vorzunehmen (naturräum- lichen Untereinheiten, Bachläufen, geomorphologischen Grenzlinien, ggf. auch Verwal- tungsgrenzen). 2.Die Grenzlandkartierung stellt einen Probelauf zum HAB dar und dient u. a. der Erprobung von Kartierungsunterlagen und Datenbank-Software. Als Ergebnis der Kartierung sind Vorranggebiete für den Naturschutz darzustellen, die den Handlungsraum für konkretes Verwaltungshandeln der Naturschutzbehörden ergeben, um - die ökologisch noch intakten Bereiche dieser Landschaft zu sichern, - in ökologisch verarmten Bereichen die Entwicklung und den Verbund der Lebensräume durch Optimierung und Begründung neuer Biotope zu fördern (Vertragsnaturschutz). Das Werk ist so zu gestalten, daß hierdurch die Belange des Naturschutzes und der Land- schaftspflege gegenüber Eingriffsdisziplinen und anderen Interessengruppen innerhalb dieses Raumes gewahrt werden können.

3.Die Ergebnisse der Erhebung sind nach den naturräumlichen Gegebenheiten zu erar- beiten, jedoch landkreisbezogen in folgender Form vorzulegen: a) vervielfältigungsfähige kartographische Darstellung im Maßstab 1 : 50.000 b) textliche Darstellung gebiets-/objektweise auf Erhebungsbögen 315 c) als ASCII-file auf Diskette (eine DOS-lauffähige Software wird zur Verfügung gestellt) d) ein beschreibender Textband, der die Ergebnisse zusammenfaßt. Eine „projektbegleitende wissenschaftliche Beratung bei der Biotopkartierung des hessisch- thüringischen Grenzbereiches" der HGON wurde mit dem Fachgebiet Naturschutz der Philipps-Universität, Marburg, vertraglich vereinbart.

2.1 Vergleich der Aktivitäten der Bundesländer im Grenzgebiet zur ehemaligen DDR (Stand Februar 1991)

Im Bereich der fast 1.400 km langen innerdeutschen Grenze, insbesondere im 500 m breiten Streifen zwischen Grenze und dem ersten Schutzzaun in der ehemaligen DDR,finden sich eine Vielzahl von wertvollen Lebensräumen mit zahlreichen gefährdeten bzw. vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Eingriffe wie Straßenplanungen und -erweiterungen, Planungen von Trassen für Strom- und Gasleitungen, Fremdenverkehr und Freizeitsport in dieser Rückzugszone waren schon kurz nach der Grenzöffnung absehbar.

Schleswig-Holstein Das Land Schleswig-Holstein legte 1985 ein „Landesprogramm zum Schutz der Natur und zur Verbesserung der Struktur an der schleswig-holsteinisch-mecklenburgischen Landesgrenze vor (MINISTER FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN DES LANDES SCHLESWIG-HOLSTEIN 1985). Auf der Grundlage der Biotopkartierung, die für einen Groß- teil des Gebietes bereits abgeschlossen war, wurden im Bereich des 132 km langen Grenz- streifens von Travemünde-Priwall bis Lauenburg Naturschutzgebiete ausgewiesen, Biotope gepflegt und neugeschaffen, sowie Extensivierungsmaßnahmen für die Landwirtschaft ergriffen (mdl. Mitt. BELLER). Geplant ist ein „integriertes Schutzgebietssystem" mit grenz- nahen bzw. grenzüberschreitenden Naturschutzgebieten und großflächigen Artenschutzbe- reichen (Kernzonen) umgeben von extensiv zu nutzenden „Naturerlebnisräumen" (Puffer- zonen) für den gesamten ehemaligen Grenzbereich (BELLER 1990).

Niedersachsen Im Rahmen der landesweiten Biotopkartierung wurde seit 1985 auch der Grenzstreifen erfaßt. Wertvolle Bereiche (Schwerpunkträume) entlang der innerdeutschen Grenze stehen bereits unter Schutz bzw. sind einstweilig sichergestellt, die Durchsetzung der Verordnungen steht derzeit im Vordergrund (mdl. Mitt. v. DRACHENFELS). Im Landkreis Göttingen sammelte die „Biologische Arbeitsgemeinschaft Grüne Grenze Eichsfeld" 1990 vegetationskundliche und zoologische Daten im unmittelbaren Grenzbereich zu Thüringen (mdl. Mitt. VOWINKEL).

Mecklenburg-Vorpommern In Mecklenburg-Vorpommern wurde im Jahr 1990 in einem 10 km breiten Streifen entlang der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein im Schnelldurchgang eine Biotopkartierung durchge- führt (mdl. Mitt. BELLER). Die Schalsee-Landschaft wurde großräumig als Landschaftsschutz- gebiet und Teile des Sees als Naturschutzgebiet sichergestellt (BELLER 1990). Ebenso wurden Flächen in der Elbniederung sichergestellt (mdl. Mitt. v. DRACHENFELS).

Sachsen-Anhalt Das Bundesland Sachsen-Anhalt hat Sicherstellungen für Bereiche des Drönnlings und des Harzes mit Vorländern verfügt (mdl. Mitt. v. DRACHENFELS). 316 Thüringen Seit Ende des Jahres 1989 werden in ganz Thüringen, also auch im Grenzstreifen, wertvolle Biotope von ca. 350 zumeist ehrenamtlichen Kartierern erfaßt. Für diese Biotopkartierung ist ein Zeitraum von ca. 2 Jahren veranschlagt. 90 Naturschutzgebiete mit einer Fläche von insge- samt 12.572 ha wurden bereits einstweilig sichergestellt, zusätzlich wurden 2 Naturschutzge- biete erweitert (Stand 15.10.1990). Im thüringischen Teil des „Biosphärenreservats Rhön" (49.023 ha) wurden mit Beschluß vom 12. 9.1990 23 Naturschutzgebiete endgültig unter Schutz gestellt. Im Grenzbereich sind unter Einbeziehung bestehender „Flächenhafter Natur- denkmale" weitere Landschaftsschutzgebiete geplant (mdl. Mitt. GÖRNER, HIEKEL, HELMECKE).

Bayern In Bayern wurde 1990 eine flächendeckende Kartierung sowohl nach vegetationskundlich- physiognomischen als auch nach zoologischen Kriterien in einem ca. 5 km breiten Streifen beiderseits der Grenze zur ehemaligen DDR durchgeführt. Damit verbunden war eine Aktuali- sierung der Biotopkartierung bzw. die vordringliche Erstellung dort, wo sie bisher noch nicht begonnen werden konnte (WENISCH 1990). Quantitativ wurden im 422 km langen Grenz- streifen Vögel und Libellen erfaßt, von weiteren Tiergruppen liegen Streudaten vor. Aufgrund dieser Erhebungen wurden den Behörden ca. 35 Vorschläge zur Ausweisung von Natur- schutzgebieten unterbreitet, desweiteren 110 Flächen zur Sicherung als „Geschützter Land- schaftsbestandteil" vorgeschlagen. Für 7 Gebiete wurden bislang das Ausweisungsverfahren eingeleitet (mdl. Mitt. REISSENWEBER).

Hessen In Hessen konstituierte sich Anfang 1990 eine länderübergreifende Kommission „Naturschutz an der hessisch-thüringischen Grenze" mit Vertretern der beteiligten Regierungsbezirke bzw. Bezirke und verschiedener Naturschutzinstitutionen. Die Kartierung des Grenzstreifens, die sofortige Sicherstellung bereits bekannter schutzwürdiger Gebiete, die Ausweitung von hessischen Auen-Landschaftsschutzgebieten auf thüringisches Gebiet, die Vorbereitung und Ausweisung des Biosphärenreservates „Rhön" durch einen ständigen Unterausschuß und Ad-hoc-Aufgaben bei Eingriffen im Grenzraum wurden als Arbeitsschwerpunkte definiert (BAUER & GÖRNER 1990). Bereits vor Abschluß der Grenzstreifenkartierung stellte das Regierungspräsidium Kassel in den 3 Landkreisen Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda bis zum 15.10.1990 25 Gebiete als Naturschutzgebiete (5.877 ha Fläche) und ein Gebiet als Regenerationsgebiet auf der Grundlage von Vorschlägen der HGON einstweilig sicher. Sechs bestehende Naturschutz- gebiete wurden erweitert.

3. Das Untersuchungsgebiet

3.1 Naturräumliche Grundlagen

Die Darstellung der naturräumlichen Grundlagen und der Nutzungsstruktur des hessisch- thüringischen Grenzbereichs folgt

- zur Lage und zum Naturraum: KLAUSING (1988), - zur Geomorphologie und Geologie: HABER &KAULE (1980a; 1980b); KLAUSING (1988),

317 - zu Böden: SCHÖNHALS (1954); PLETSCH (1989); BONN (1981), - zum Klima: KNOCH (1950); PLETSCH (1989); HABER & KAULE (1980a; 1980b), - zur Hydrologie: GESELLSCHAFT FÜR LANDESKULTUR (1987); HABER &KAULE (1980a; 1980b); HESSISCHES MINISTERIUM FÜR UMWELTUND REAKTORSICHERHEIT (1986); SCHWEVERS & ADAM (1990), - zur potentiellen natürlichen Vegetation: BONN (1981) - und zur Nutzungsstruktur: HESSISCHES STATISTISCHES LANDESAMT (1986; 1988a; 1988b; 1988c; 1989a; 1989b; 1989c; 1989d); PLETSCH (1989); STATISTISCHES BUN- DESAMT (1989).

3.1.1 Lage und naturräumliche Einordnung Das Kartierungsgebiet liegt in einem ca.10 km breiten Streifen entlang der fast 270 km langen hessisch-thüringischen Grenze auf hessischer Seite in den Landkreisen Werra-Meißner (ESW), Hersfeld-Rotenburg (HEF) und Fulda (FD). Auf den Werra-Meißner-Kreis entfallen 121,877 Grenzkilometer, auf den Kreis Hersfeld-Rotenburg 79,578 km und auf den Kreis Fulda 68,192 km. Das Kartierungsgebiet erstreckt sich an seiner schmalsten Stelle auf einer Breite von 4 km, an seiner breitesten auf ca. 23 km. Insgesamt umfaßt es eine Fläche von 1.674 km2 , von denen 720 km2 auf den Werra-Meißner-Kreis, 409 km2 auf den Kreis Hersfeld-Rotenburg und 545 km2 auf den Kreis Fulda entfallen.

Die nördliche Begrenzung stellt die hessisch-niedersächsische Grenze dar. Die westliche Grenze verläuft westlich an Bichertshausen, östlich an Großalmerode und west- lich an Wehretal vorbei nach Cornberg und Bebra weiter entlang der Fulda, östlich an Sorge vorbei, bis nach Eitra, entlang der Kreisgrenze nach Oberrufhausen, Eiterfeld und Steinbach an Hünfeld östlich vorbei, östlich Marbach nach Langenbieber über Dipperz nach Gersfelc und im Bogen zur hessisch-bayerischen Grenze zwischen Rodenbach und Oberweißen- brunn.

Die südliche Begrenzung stellt die bayerisch-hessische Grenze dar.

Nach KLAUSING (1988) liegt das Kartierungsgebiet im Bereich des Osthessischen Berg- landes (naturräumliche Haupteinheitengruppe 35), dem östlichen Teil des hessischen Bruch- schollentafellandes, das eine in sich relativ einheitlich herausgehobene Bruchscholle darstellt. Die naturräumlichen Haupteinheiten und ihren Unter- bzw. Teileinheiten, in dener kartiert wurde, sind in Tab.1 aufgeführt.

Tabelle 1: Naturräumliche Einordnung des Grenzstreifens

Haupteinheit Nummer Nummer der Untereinheit

Vorder- und Kuppenrhön (353) (353.1; 353.2)

Hohe Rhön (354) (354.0; 354.1)

Fulda-Raune Tafelland (355) (355.2; 355.3)

Fulda-Werra-Bergland (357) (357.1-9)

Unteres Werraland (358) (358.0-9)

Salzburger Werrabergland (359) (359.0; 359.1)

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Abb. 1: Das Kartierungsgebiet

319 Das Kartierungsgebiet ragt mit seiner nordöstlichen Ecke in das Weser-Leine-Bergland (naturräumliche Haupteinheiten 371 u. 372), östlich von Bad Soden-Allendorf in die nordwest- lichen Randplatten des Thüringer Beckens (483) und nördlich von Herleshausen in den Ringgau (483.4) hinein.

3.1.2 Geomorphologie und Geologie

Im Kartierungsgebiet herrschen mittlere Höhen zwischen 200 und 400 m NN vor, es ist somit der collinen bis submontanen Stufe zuzurechnen. Unterschritten werden diese Werte im Fulda- und im Werratal. Höhen über 500 m finden sich hauptsächlich in der Hohen Rhön, den angrenzenden Gebieten der Kuppenrhön sowie im Gebiet des Hohen Meißners. Diese Flächen können der montanen Stufe zugerechnet werden. Die höchsten Erhebungen des Grenzstrei- fens sind im Werra-Meißner-Kreis die Kasseler Kuppe (754 m NN), im Landkreis Hersfeld- Rotenburg der Dreienberg (524 m N N) und im Landkreis Fulda die Wasserkuppe (960 m NN).

Im Relief herrschen sanfte Formen vor. Schroffe Hänge finden sich hauptsächlich in den Schichtstufen von Muschelkalk und mittlerem Buntsandstein.

Das Osthessische Bergland stellt die relativ einheitliche, herausgehobene Bruchscholle des Hessischen Bruchschollentafellandes dar. Der Buntsandstein ist nahezu durchgängig vorhanden. In weiten Teilen ist er die anstehende Gesteinsschicht, unterbrochen von Horsten, in denen Zechstein, und Gräben, in denen Muschelkalk und Keuper ansteht. U.a. in der Rhön werden die triassischen Schichten von den Basalten des tertiären Vulkanismus überdacht. Löß kommt im Hessischen Bergland nur sporadisch in Beckenlagen und Grabeneinbrüchen vor.

Die Vorder- und Kuppenrhön stellt eine von Gewässern stark zerschnittene Plateaulandschaft zwischen basaltischen Kegeln und vulkanischen Kuppen dar. Über dieser Tafel aus Mittlerem Buntsandstein bildet zumeist Oberer Buntsandstein das Oberflächengestein. Muschelkalk und Keuper treten dort auf, wo sie durch tertiäre Basaltdecken, -kegel oder -kuppen vor der Erosion geschützt wurden. Östlich von Fulda kommen Phonolithstiele (z. B. die Milseburg) hinzu.

Die Hohe Rhön ist ein aus tertiären Basalten aufgebautes, über dem triassischen Sockel aus Buntsandstein und Muschelkalk lagerndes Mittelgebirge. Sie erhebt sich um ca. 200 m über die Vorder- und Kuppenrhön. Im Bereich des Plateaus der Langen Rhön liegen junge Nephe- linbasalte über älteren Feldspatbasalten und Doleriten. Der Hochrücken der Wasserkup- penrhön wird aus Basalten und Phonolithen sowie tertiären Sedimenten aufgebaut.

Das Fulda-Haune-Tafelland stellt eine fast ganz bis auf den Mittleren Buntsandstein abgetra- gene Tafel dar. Sie wird nur von einzelnen Basaltkuppen überragt. Die Buntsandsteintafel wird durch Fulda, Haune und andere Nebentäler sowie kleine tektonische Gräben in langgestreckte Buntsandsteinrücken gegliedert

Auch das Fulda-Werra-Bergland wird von einer ausgedehnten Buntsandsteintafel gebildet. Sie ist die größte und nördlichste Bruchscholle des Osthessischen Berglandes, die in eine östliche Hauptscholle und einen westlichen Teil gegliedert ist. Die Hauptscholle ist in der Mitte aufgewölbt, so daß hier Zechstein ansteht. Zwischen den beiden Teilschollen ist der Wichetal- graben eingebrochen, der sich in dem Witzenhausener-Altmorschener Graben fortsetzt. Hier ist Muschelkalk und Keuper das anstehende Gestein. Beiderseits der Grabenzone finden sich mit Hirschberg und Meißner tertiäre Basaltkuppen. 320 Die Kerngebiete des Unteren Werralandes sind das Eschweger Becken und der Unterwerra- sattel. Durch Auslaugung des Zechsteins im Untergrund sackte das Eschweger Becken doli- nenartig ein. Anstehendes Gestein ist hier vor allem der Untere Buntsandstein, zunn Teil mit Löß bedeckt. Der Unterwerrasattel ist eine axiale Aufwölbung, an der paläozische Schichten zu Tage treten. Es sind Unter- bis Oberdevonische Grauwacken, Schiefer und Diabase. An diese schließen sich Zechstein-Hügelländer an.

Der Ringgau, der von Osten in das Fulda-Werra-Bergland greift, bildet eine Muschelkalkhoch- fläche, in die zentral eine trogartige Mulde eingesenkt ist. Diese wird durch die Netra-Ifta- Talung entwässert, in der Keupermergel auftreten. Weiter südlich grenzt das Fulda-Werra- Bergland an das Salzunger Werrabergland, ein stark gegliedertes und zertaltes Buntsand- steingebiet mit salztektonisch entstandenen eingesenkten Becken.

3.1.3 Böden

Die Böden Osthessens gehen aus den Ausgangsgesteinen des Devons, des Zechsteins und des Trias sowie aus tertiären Basalten, pleistozänen Lößablagerungen und alluvialen Ablage- rungen entlang der Flüsse und Bäche hervor. Aus diesen entwickelten sich Rendzinen, Ranker und sandige bis tonige Braunerden, die teilweise vergleyt oder podsoliert sind. Je nach Ausgangsgestein und Genese sind letztere flach- bis tiefgründig sowie nährstoff- und basen- arm bis reichhaltig. Die anhaltende Bodenentwicklung führt zur Auswaschung und Abtragung der Böden in den Berg- und Hanglagen und zur Anreicherung in den Tälern.

Im Unteren Werratal herrscht ein Mosaik aus lehmigen, flach- bis mittelgründigen, steinigen Braunerden und Rendzinen mit mittlerem bis hohem natürlichem Nährstoffgehalt und Basen- reichtum und sandigen, lehmigen, z.T. erheblich basenverarmten, manchmal podsolierten oder pseudovergleyten Braunerden vor. Örtlich treten über Grauwacke lehmige, sandige, podsolierte Braunerden hinzu. Entlang der Werra hat sich ein lehmiger Aueboden aus allu- vialen Ablagerungen gebildet.

Im Fulda-Werra-Bergland, im Fulda-Haune-Tafelland und im Salzunger Werrabergland sind, mit unterschiedlicher Gründigkeit und Nährstoffversorgung, sandige bzw. lehmige Braun- erden und in unterschiedlichen Anteilen Podsol-Braunerden verbreitet. Großflächig treten auch Rendzinen, örtlich Ranker, Pseudogleye und Parabraunerden auf. In den Flußauen von Fulda, Werra und ihrer Zuflüsse kommen wiederum lehmige Aueböden vor. Im Ringgau dominieren flachgründige, basenreiche Rendzinen über Muschelkalk.

Im nördlichen Teil der Kuppen-und Vorderrhön überwiegen Rendzinen. Der südliche Abschnitt und der hessische Bereich der Hohen Rhön weisen Braunerden und Podsol-Braunerden auf, welche örtlich pseudovergleyt sind. Teils inselartig eingestreut sind Ranker, Ranker-Braun- erden und Pseudogley-Braunerden.

3.1.4 Klima

Innerhalb des kontinental geprägten Kartierungsgebietes zeichnen sich große klimatische Gegensätze zwischen den Berglagen in der Rhön und des Hohen Meißners und den Tälern und Flußauen von Werra und Fulda ab. Desweiteren treffen in dieser Region der Klimaraum des westlichen Mitteldeutschlands, unter dessen Einfluß das Untere Werratal, das Werra- Bergland, das Fulda-Haune-Tafelland und die Vorderrhön stehen, und der Klimaraum Südwest-Deutschlands, der die Kuppenrhön und die Hohe Rhön beeinflußt, zusammen. 321 Die Temperaturen liegen im Jahresmittel in den Tieflagen des Werratals (+ 8°C) um 4°C höher als in der Hohen Rhön (+ 4°C). Dazwischen liegen nach Höhenlage geordnet der Hohe Meißner und die Kuppenrhön (+ 5 °C),die Vorderrhön (+ 6 °C), das Fulda-Haune-Tafelland und das Fulda-Werra-Bergland (+ 7°C).

Dieses „Höhen Temperaturverhältnis" spiegelt sich in allen gängigen Temperaturdaten wider.

In den höheren Lagen, insbesondere der Hohen Rhön und der Kuppenrhön, ist die mittlere Jahresschwankung der Temperatur geringer als in den Niederungen. Sie sind somit atlantisch getönt.

Auch die Niederschläge sind höhenabhängig und weisen in der Hohen Rhön ihre höchsten Werte mit 1100 mm/Jahr auf. Die geringsten Werte finden sich mit 600 mm/Jahr im Eschweger Becken. In den Gebieten hoher Niederschläge ist derAntei I der Schneemenge am Gesamtnie- derschlag bis zu 15% höher als in den Tälern. Das führt zu einer noch größeren Oberflächen- wassermenge im Frühjahr.Große Unterschiede bestehen auch in den Tagen mit Schneedecke, die im Werratal 30 - 40, in großen Teilen der Vorder- und Kuppenrhön bis 80 und in der Hohen Rhön bis 110 Tagen betragen. Die mittlere relative Luftfeuchtigkeit ist am Hohen Meißner und in der Rhön um 10 -15% höher als im übrigen Gebiet. Die klimatische Höhenzonierung zeigt sich extrem in der mittleren Anzahl der Nebeltage, die in der Hohen Rhön bei 200 liegen und im Werratal,Teilen des Werra-Berglandes sowie dem Fulda-Haune-Tafelland bei 40. Lediglich die mittlere Zahl der heiteren Tage weist im gesamten Gebiet keinen Unterschied auf.

3.1.5 Hydrologie

Die beiden größten Flüsse des Untersuchungsgebietessind die Fulda und die Werra. Die Fulda entspringt in der hessischen Rhön, fließt zunächst westwärts, wendet sich dann nach Norden und trifft bei Hannoversch-Münden auf die Werra. Die größten Nebenflüsse aus der Region sind die Haune und die Ulfe. Die Werra entspringt im Thüringer Wald und fließt dann zwischen Thüringer Wald und Rhön in nordwestlicher Richtung. Sie streift das Untersuchungsgebiet bei Philippstal und zieht sich entlang der ehemaligen Grenze bis Hannoversch-Münden.Die wich- tigsten sie speisenden Flüsse sind von Süden nach Norden die Ulster, die Sontra, die Wehre und die Gelster.

Innerhalb der Ortschaften sind die Flüsse und Bäche massiv ausgebaut. Außerhalb der Ortschaften verfügen sie durch eine meist extensive Gewässerunterhaltung über eine leicht bis stark geschwungene Linienführung mit meist intaktem Gehölzsaum. Im gesamten Unter- suchungsgebiet sind mit Ausnahme einiger Werra-Altarme und kleinerer Teiche keine natür- lichen Stillgewässer vorhanden.

Die zahlreichen Wasserläufe der Hohen Rhön, Kuppen- und Vorderrhön sind kaum reguliert. Ihre Wasserqualität verschlechtert sich talabwärts insbesondere durch Eintrag von landwirt- schaftlichen Düngemitteln und kommunalen Abwässern. Im Fulda-Haune-Tiefland, dem Werra-Bergland und dem Unteren Werratal ist das Gewässernetz weniger dicht. Die meisten Bäche, mit Ausnahme jener bei Witzenhausen und bei Ronshausen, sind bereits im Oberlauf eutrophiert. Besonders kritisch ist derZustand derWerra,die durch Einleitung aus dem thürin- gischen und hessischen Kalibergbau eine hohe Salzfracht mit sich führt. 322 3.1.6 Potentielle natürliche Vegetation Die potentielle natürliche Vegetation besteht vornehmlich aus Laubwäldern. Nur sehr klein- flächig sind andere Vegetationseinheiten eingeschaltet, wie z. B. Moore oder Felsrasen auf steilen, felsigen Hängen aus schwer verwitterbarem Gestein. In Abhängigkeit von Höhenlage und Untergrund kämen folgende Waldtypen natürlicherweise vor (BONN 1981):

- Waldlabkraut-Eichen-Hainbuchenwald - Galio-Carpinetum - Hainsimsen-Buchenwald - Luzulo-Fagetum - Flattergras-Buchenwald - Milio-Fagetum - Flattergras-Hainsimsen-Buchenwald - Luzulo-F, Mit/tim-Varianten - Waldmeister- und Perlgras-Buchenwald - Asperulo-, Melico-Fagetum - Hainsimsen-Perlgras-Buchenwald - Melico-Fagetum luzuletosum - Platterbsen-Buchenwald - Lathyro-Fagetum - Orchideen-Buchenwald - Carici-Fagetum Extrazonale Edellaubholzwälder, Stieleichen-Moorbirkenwald, Moorbirken-Erlensumpfwald, Bergahorn-Erlenwald und Karpatenbirkenwald stocken auf Sonderstandorten wie z. B. steilen Basalt- und Phonolithblockschutthalden, schattigen steilen Hängen, Quellmulden und sonstigen feuchten Standorten. In den feuchten Tälern der Flüsse und Bäche werden als potentiell natürliche Vegetation Stieleichen-Hainbuchenwald, Erlen- oder Knackweidenuferwald, Erlensumpfwald und Hain- mieren-Erlen-Auenwald angesehen. Die warmen und trockenen Südseiten der felsigen Hänge sind durch Wald nicht besiedelbar. Auf diesen Standorten findet man Flechten- Moosvegetation, Kleinfarngesellschaften sowie Schafschwingel- und Mauerpfeffergesellschaften, Blaugrashalden und Pfingstnelken-Fels- rasen. Sehr kleinflächig sind in der Rhön Hochmoore auf nassem, wasserstauenden Untergrund vorhanden.

3.2 Nutzungsstruktur Der Anteil landwirtschaftlicher Flächen, Waldflächen, Wasserflächen, Straßen, Hof- und Gebäudeflächen etc. der Bundesrepublik Deutschland (vor dem 3.10.1990) und des Landes Hessen, verglichen mit den Landkreisen Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda ist in Tabelle 2 zusammengestellt.

Tabelle 2: Landschaftsökologischer Vergleich der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Hessen und der Landkreise des Grenzstreifens. Gemar- Landwirt- Wald- Wasser- Hof- und Straßen Abbau- Moor, Sonstige kungs- schafliche fläche fläche Gebäude- und land Unland Flächen fläche Fläche fläche Wege in ha in ha in ha in ha in ha in ha in ha in ha in ha BRD 24 869 400 13 547 600 7 360 000 444 300 1 488500 1 210 500 -- 107 200 374 000

Hessen 2 111 416 938 130 838 242 26 184 119 430 133 912 3 958 7 783 43 776 ESW 102 472 45 522 43 267 2 933 5 025 9 252 189 779 1 730

HEF 109 704 46 614 49 744 1 056 3 959 6 621 166 315 1 237

FD 138 040 70 636 47 614 1 056 5 723 8 952 193 285 358

323 Erwartungsgemäß nehmen land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen den größten Teil des Kartierungsgebietes ein. In bezug auf das Verhältnis forstwirtschaftlich zu landwirtschaftlich genutzter Fläche liegt der Kreis Fulda mit 35 0/0 Forstfläche unter, die Kreise Hersfeld-Roten- burg und Werra-Meißner mit ca. 50 0/0 über dem hessischen Durchschnitt, der bei 40% liegt. Die bewaldeten und forstlich genutzten Gebiete, bei denen von Natur aus Buchen- und Laub- mischwald vorherrschen würden, sind mindestens zur Hälfte durch Nadelbaumforste mit Kiefer, Fichte, Lärche und Douglasie ersetzt.

Die Verteilung der landwirtschaftlichen Fläche auf Dauergrünland und Ackerland liegt im Kreis Hersfeld-Rotenburg und Kreis Werra-Meißner mit 1/3 Dauergrünland und 2/3 Ackerland im hessischen Durchschnitt. Im Kreis Fulda ist der Anteil von Grünland deutlich höher.

Im gesamten Untersuchungsgebiet sind die geeigneten, tiefgründigen, mit geringen Hangnei- gungen versehenen Flächen intensiv als Ackerland genutzt. In Fluß- und Bachauen befinden sich vorwiegend intensiv genutzte Grünlandflächen, insbesondere im unteren Werratal wurde auch hier umgebrochen. Extensiv genutzte Grünlandflächen befinden sich im wesentlichen auf Kuppen und Bergrücken, an Steilhängen und Flächen in den Höhenlagen, sofern diese nicht forstwirtschaftlich genutzt werden. Eine Besonderheit stellen die Hohe Rhön und Teile der Kuppenrhön bei Tann dar; hier überwiegt die Grünlandnutzung die Ackernutzung und auch der Forstanteil ist höher als im Landkreis Fulda üblich.

Die Betriebsstruktur der landwirtschaftlichen Betriebe zeigt in Hessen im Vergleich mit der BRD eine Verschiebung zugunsten der kleineren Betriebe bis 10 ha. Im Werra-Meißner-Kreis und Landkreis Hersfeld-Rotenberg ist die Anzahl der kleinen Betriebe besonders hoch. Im Werra-Meißner-Kreis liegt die Anzahl der Betriebe ab 40 ha ungefähr im Bundesdurchschnitt, während in den Kreisen Hersfeld-Rotenburg und Fulda diese sehr niedrig ist.

Die Tierhaltung in Hessen liegt bezogen auf die Fläche weit unter dem Bundesdurchschnitt. Während im Werra-Meißner-Kreis die Rinderhaltung noch über dem hessischen Durchschnitt liegt, übersteigt sie diesen im Landkreis Fulda.

Die Einwohnerzahl je Quadratkilometer liegt deutlich unter dem hessischen Durchschnitt (262 Einwohner/km2) und dem bundesdeutschen Durchschnitt (246 E./km2). Sie beträgt im Kreis Fulda 137 E./km2, in Hersfeld-Rotenburg 114 E./km2 und im Werra-Meißner-Kreis 118 E./km2.

Im industriellen Bereich ist das Untersuchungsgebiet bis auf die Städte Fulda und Eschwege seit jeher unterentwickelt. Nach dem zweiten Weltkrieg fand durch das fehlende Umland kein nennenswerter Wiederaufbau statt. Die Grenzöffnung wird daher zu starken Veränderungen der strukturschwachen Region führen. Seit Anfang der 70er Jahre wird der Fremdenverkehr im Osthessischen Bergland durch die hessische Landesregierung verstärkt gefördert. Insbesondere die Hohe Rhön, die Kuppenrhön und das Werra-Meißner-Gebiet gehören jetzt zu den Gegenden mit besonders hohen Anteilen am Fremdenverkehr in Hessen.

324 4. Konzeptentwicklung

4.1 Entwicklung des Kartierungskonzeptes Im Grenzstreifen sollte eine Inventarisierung der aus der Sicht des Naturschutzes wertvollen Objekte und Flächen erfolgen. Rahmenvorgaben waren vorläufige Gebietsabgrenzungen, die begrenzte Laufzeit der Kartierung und die verfügbare Personalkapazität. Weiterer Ausgangs- punkt für die Entwicklung eines spezifischen Kartierungskonzeptes waren die Erfahrungen und Ergebnisse vergleichbarer Inventarisierungen in Mitteleuropa.

Die einzelnen Entwicklungsschritte: a) Die Kartierung wurde als erste Übersichtserhebung verstanden. Anzustreben war eine hohe Flächenrepräsentanz, aber zunächst nur ein geringer Detaillierungsgrad. b) Diesem Zweck dient die Einführung verschiedener Kartierungselemente. Auf Vorschlag des Fachgebietes Naturschutz der Philipps-Universität Marburg wurden neben Biotopen im gebräuchlichen Sinn sogenannte „Biotopkomplexe"erfaßt und beschrieben sowie groß- flächige „Vorranggebiete für den Naturschutz" und „Defiziträume" auf Karten ausgewiesen. c) Zu Beginn der Kartierungsarbeiten lag der Entwurf eines Erhebungsbogens der Hessischen Naturschutzstelle vor, der später auch bei der landesweiten Biotopkartierung Verwendung finden sollte. Ergebnis der Überarbeitung dieser Vorlage waren ein neuer Erhebungsbogen für „Biotop- komplexe", für den auch die Erhebungskriterien entwickelt wurden und ein weiterer Bogen zur Erfassung von „Biotoptypen" (s. Anhang). Die eigentlichen Erhebungsbögen wurden durch einen „Beschreibungsbogen" ergänzt, der eine freie verbale Beschreibung und Bewertung des jeweiligen Gebietes zuläßt. Diese Entscheidung hat sich im nachhinein als sehr sachdienlich erwiesen. Mangels aus- reichender auswertbarer bzw. vergleichbarer Informationen auf den eigentlichen Erfas- sungsbögen wurde der Beschreibungsbogen zu einer zentralen Datenquelle in der Aus- wertungsphase. Ohne die dortigen Informationen wäre die vergleichende Bewertung des Abschnitts 7 nicht möglich gewesen. d) Die vom Auftraggeber vorgelegte Biotoptypenliste wurde überarbeitet und ergänzt (s. Anhang).

4.1.1 Biotopkartierungen und Artenkartierungen in anderen Bundesländern

Der Erfassung wertvoller Naturelemente dienen allgemeine Inventarisierungen, die unter- schiedlichen methodischen Ansätzen folgen. In Mitteleuropa am gebräuchlichsten sind Biotopkartierungen und Artenkartierungen.

Artenkartierungen erheben Verbreitung und ggf. Abundanz von Tier- und Pflanzenarten. In der Regel beziehen sie sich auf bestimmte Organismengruppen. Sofern solche Kartierungen aus Gründen des Naturschutzes durchgeführt werden, liegt der Schwerpunkt oftmals auf seltenen oder bedrohten Arten.

Biotopkartierungen werden seit 1974 in der Bundesrepublik Deutschland auf Länderebene durchgeführt. Methodisch können selektive, flächenrepräsentative und flächendeckende Kartierungen unterschieden werden. 325 Selektiven Biotopkartierungen ist ein landschaftsökologischer Bewertungsschritt vorge- schaltet, der in Listen zu kartierender Biotoptypen sein Ergebnis findet. Kartiert werden nur aus der Sicht des Naturschutzes „wertvolle" Biotope. Zur übrigen Landschaft werden keine Daten erhoben. Welche Biotope als wertvoll eingestuft werden, richtet sich nach generellen Wertmaßstäben (z. B. Naturnähe) sowie der Verteilung, Häufigkeit und Gefährdungsdisposi- tion der Lebensräume im Bezugsgebiet. Mit diesem Vorhaben sind - wie auch die bisherige Praxis zeigt - nicht unerhebliche Nachteile verbunden, auf die im Abschnitt 4.1.3 noch näher eingegangen wird.

Andererseits haben sich selektive Biotopkartierungen in kurzer Zeit zum wirkungsvollsten Vollzugsinstrument des Naturschutzes entwickelt. Sie sind auch in der Öffentlichkeit und in der Rechtssprechung anerkannt.

Es hat nicht an Versuchen gefehlt, Biotopkartierungen und Artenkartierungen zu einer über- greifenden „Naturschutzkartierung" zu integrieren. Alle Biotopkartierungen sehen die Möglichkeit vor, zu den kartierten Biotopen auch Tier- und Pflanzenarten zu nennen, bei Artenkartierungen, die auch Lebensräume abgrenzen, erfolgt deren Beschreibung in ähnlicher Form wie bei der Biotopkartierung. Gegen eine gemeinsame Abwicklung beider Kartierungsformen bereits im Erhebungsschritt sprechen jedoch gewichtige organisatorische und biologische (z. B. phänologische) Gründe. Auch liegen bisher keine gelungenen Fall- beispiele für ein solches integriertes Vorgehen in größeren Gebieten vor. Im allgemeinen wird demzufolge heute eine getrennte Erhebungsphase und eine integrierte Darstellungs- und Auswertungsphase angestrebt. Als Voraussetzung hierfür müssen die zu erhebenden Daten- sätzen (Erhebungsbögen, Kartengrundlagen) bei Biotop- und Artenkartierungen so aufein- ander abgestimmt sein, daß eine spätere Zusammenführung, z. B. im Rahmen gemeinsamer EDV-Programme, möglich bleibt.

4.1.2 Die Situation in Hessen Im Auftrag des damaligen Hessischen Ministers für Landesentwicklung, Umwelt, Landwirt- schaft und Forsten und den Bezirksdirektionen für Forsten und Naturschutz in Darmstadt und Kassel wurden in Hessen zwischen 1978 und 1980 „Schutzwürdige Biotope" von Mitarbeitern des Lehrstuhls für Landschaftsökologie der TU München-Weihenstephan erfaßt. Ziel der vegetationskundlich-physiognomischen Kartierung war die Erfassung von „ökologischen Vorrangflächen", auch im Hinblick auf einen indirekten Artenschutz und zur Sicherung der Stabilität der Kulturlandschaft (KAULE, SCHALLER & SÖHMISCH 1980).

Kartiert wurden im Maßstab 1:25.000 „nicht nur pflanzensoziologisch seltene oder interes- sante" Pflanzenbestände, sondern naturraumbezogen „auch alle extensiv genutzten oder nicht genutzten Bereiche, die zur biologischen Sicherung des Raumes beitragen" (KAULE, SCHALLER & SÖHMISCH 1980). Ausgeklammert wurden der Siedlungsbereich und ausge- dehnte Waldbestände. Sowohl komplexe Lebensraumsituationen als auch Kleinstrukturen wurden nicht berücksichtigt.

Die Auswertung der Kartierung in Form von Naturraumheften, Statistiken und Karten sollte ökologische Fachdaten für die Fachplanung des Naturschutzes liefern, wobei als Hauptziele ein Naturschutzgebietssystem zur Sicherung biotischer Ressourcen und ein Ausgleichs- flächensystem zur Sicherung der Qualität der abiotischen Ressourcen definiert wurden. 5,8 0/0 der Landesfläche sollten in ihrem damaligen Bestand erhalten bzw. fortentwickelt werden (KAULE, SCHALLER & SÖHMISCH 1980; KAULE, SCHALLER, SCHOBER & SÖHMISCH 1979; HIESS. MINISTER FÜR LANDWIRTSCHAFT, FORSTEN UND NATURSCHUTZ 1985). 326 Die Zusammenfassung und vergleichende Auswertung der Hessischen Biotopkartierung steht bisher noch weitgehend aus. In Anbetracht des Alters und der Qualität der Daten ist zwei- felhaft, ob eine solche zum jetzigen Zeitpunkt noch zielführend sein kann. Hier bekannte Teil- ergebnisse deuten jedoch auf erhebliche Mängel sowohl in der Flächenrepräsentanz als auch in der Homogenität der Datensätze hin. Ergebnisse der Biotopkartierung sind unmittelbar über die Kartierer in die Erhebung im Grenzstreifen eingeflossen.

Eine Testkartierung „SchutzwürdigerWaldbiotope in Hessen" wurde 1982 in den Staatswald- bereichen zweier Forstämter abgeschlossen. 1983 fand die Fortführung dieser Kartierung statt, sie wurde 1984 auch auf den hessischen Gemeindewald ausgedehnt. (LEHRSTUHL FÜR LANDSCHAFTSÖKOLOGIE TU MÜNCHEN 1982; HESS. MINISTER FÜR LANDWIRT- SCHAFT, FORSTEN UND NATURSCHUTZ 1985). Daneben liefen mehrjährige, z.T. flächendeckende Erhebungen zur Flora und zu einigen Tier- gruppen. Die floristische Kartierung Hessens war 1988 weitgehend abgeschlossen, seit 1989 können erste Bewertungsschritte, z. B. für eine neue Rote Liste, erfolgen. Die erste flächen- deckende Erfassung von Amphibien in Hessen samt Nachkartierung wird seit 1986 wissen- schaftlich ausgewertet. Die Libellenkartierung fand nach Bearbeitung von 12 Meßtischblättern 1986 ihren vorläufigen Abschluß. Basierend auf Ergebnissen von 20% der Landesfläche wird derzeit eine Rote Liste der Libellen erarbeitet. (BRANDT1988; RÜCKERT1987; HEI NTZE1989 ; KR ETZSCH MAR 1990). Eine zentrale, EDV-gestützte Erfassung und raumbezogene Aufbereitung und Auswertung der gesammelten Daten wurde bislang in Hessen nicht vorgenommen. Das Fehlen jeglicher flächenrepräsentativ auswertbarer Daten hat sich sowohl in der Konzeptions- als auch in der Auswertungsphase sehr nachteilig ausgewirkt. Vor Beginn der Außenarbeiten lagen keine Angaben zur Repräsentanz, Seltenheit und Rückläufigkeit der einzelnen Biotoptypen vor (s. Biotoptypenliste!). Bei der Auswertung fehlten systematisch auswertbare ältere Daten, auf deren Grundlage Aussagen zur Entwicklung des Grenzgebietes in den rückliegenden Jahren möglich gewesen wären.

4.1.3 Entwicklung des Kartierungskonzeptes für den hessisch-thüringischen Grenzbereich. Ausgangspunkt für die Entwicklung eines Kartierungskonzeptes für den hessischen Grenz- streifen waren die selektiven Biotopkartierungen der Bundesländer. Im Hinblick auf die Ziele der Grenzstreifenkartierung (Inventarisierung; Probelauf für eine landesweite Biotopkartie- rung) wurden die von dort vorliegenden Ergebnisse und Erfahrungen eingehend analysiert.

Neben weiteren wurden vor allem folgende Punkte für verbesserungsbedürftig erkannt: a) Selektive Biotopkartierungen liefern nur zu durchschnittlich 3 - 5 % der Landesfläche Infor- mationen. Dies wird einem zeitgemäßen Naturschutzvollzug nicht mehr gerecht, der zuneh- mend auch naturferne und regelmäßig genutzte Gebiete in seine Überlegungen einbe- ziehen muß (flächendeckende, gestufte Zielkonzepte vgl. ERZ 1980, HABER 1971). Solche Informationen sind auch als Grundlage für die Entwicklung regionaler Wertmaßstäbe des Naturschutzes, von landschaftlichen Leitbildern und Naturschutz-Qualitätszielen unver- zichtbar. Diese sind wiederum Voraussetzung für eine fachlich ausgewogene Bewertung schützenswerter Bereiche. Flächendeckende Daten können i. d. R. nicht im Detaillie- rungsgrad der Biotopkartierung, sondern lediglich auf einem groben landschaftsökolo- gischen Niveau (z. B. als Nutzungsstrukturkartierung) ermittelt werden. Hierzu war in den Vorverhandlungen mit dem HMLFN eine aktuelle Befliegung des Kartierungsgebietes im 327 Gespräch. Nachdem diese nicht zustande kam, und unter Berücksichtigung des zeitlichen und finanziellen Rahmens, mußten diesbezügliche Auswertungen völlig zurückgestellt werden. Als preisgünstige, da EDV-technisch auswertbare Alternative böte sich die Auswertung moderner Satelitendaten (z. B. LAN DSAT-TM) an. b) Selektive Biotopkartierungen erfassen und dokumentieren fast ausschließlich die natur- nahen Landschaftsteile, die in Mitteleuropa inzwischen häufig sehr klein und isoliert in intensiv genutzten Landschaftsausschnitten eingebettet sind. Sie lassen damit wichtige landschaftsökologische Qualitäten unberücksichtigt: - Die räumliche Benachbarung mehrerer Biotope, die in der Landschaft häufig zu charakte- ristischen Komplexen zusammentreten und auch dann in ihrem Gesamtumfang schutz- würdig sind, wenn sie bereits bis zu einem gewissen Teil degradiert sind (vgl. hierzu auch z. B. die gängige Praxis der Schutzgebietsabgrenzung). - Die Nutzungsstruktur größerer Landschaftsausschnitte. Überwiegend extensiv genutzten, reich gegliederten Kulturlandschaftsausschnitten kommt heute eine ähnlich hohe Wertigkeit zu wie naturnahen Biotopen. Österreich hat aus diesem Grund z. B. eine spezi- fische „Kulturlandschaftskartierung" begonnen (FINK et al.1989). Auf der anderen Seite wurden viele Landschaftsteile in den letzten Jahren so stark ausgeräumt und werden so intensiv genutzt, daß unverzüglich Regenerations- und Nutzungsextensivierungs- Maßnahmen des Naturschutzes greifen sollten.

Im Rahmen der Grenzstreifenkartierung wurde versucht, diese Aspekte stärker als bisher zu berücksichtigen. Dies geschah zum einen durch die Einführung des Kartierungselements „Biotopkomplex", der in Aufnahmemethode und Auswertung dem bisherigen Element „Biotop" gleichgestellt wurde (eigener Erfassungsbogen, Abgrenzung auf der Grundkarte). Mit den Kartierern wurde vereinbart, sog. „Vorranggebiete für den Naturschutz" und „Defi- ziträume" auf ihren Karten abzugrenzen. Eine systematische Auswertung mußte hier aus terminlichen Gründen bisher unterbleiben. Die vorliegenden Daten zeigen aber jetzt schon, daß hierüber wichtige Basisinformationen vor allem auch für die Planung und die Abgren- zung größerer Schutzgebiete bereitgestellt werden können. Für den Grenzstreifen, der sich durch eine günstigere Lebensraum- und Nutzungsstruktur auszeichnet als die übrige Landesfläche, haben sich diese zusätzlichen Kartierungsele- mente für die Beschreibung der Gesamtsituation als unverzichtbar erwiesen. c) Die Landschaft ist hierarchisch in vielen Ebenen aufgebaut. Die selektiven Biotopkartie- rungen greifen hieraus eine mittlere Ebene (die der vegetationstypologisch mehr oder weniger einheitlichen Flächen) heraus.So wie über dem Biotop weitere Hierarchieebenen in Form von Biotopkomplexen oder Landschaftsausschnitten stehen, setzt sich jedes Biotop aus Untereinheiten (Strukturelementen etc.) zusammen. Art und Umfang dieser Unterein- heiten (Ausstattung, Ausprägung) entscheiden über die Nutzbarkeit des Biotops für die meisten Tier- und Pflanzenarten. Im Rahmen der Grenzstreifenkartierung wurde als Kartie- rungselement unterhalb der Hierarchiestufe des Biotoptyps das „Habitat" oder die Sonder- struktur eingeführt. Unter dem Begriff „Ausstattung" finden sich Angaben hierzu auch bereits in den vorliegenden Biotopkartierungen der Länder. Der Begriff wurde jedoch präzi- siert, der vom HMLFN vorgegebene Schlüssel „Habitate" wurde überarbeitet und ergänzt. d) Die Biotopkartierung der Länder sparen in der Regel den geschlossenen Wald aus. Dieses Vorgehen ist fachlich nicht zu begründen, zumal gerade für den Wald sehr differenzierte und fachlich hochstehende Kartiermethoden bereits vorliegen (vgl. z. B. AMMER & UTSCHIK 1983). Bei der Grenzstreifenkartierung wurde der geschlossene Wald demzu- folge einbezogen. 328 e) Die selektiven Biotopkartierungen der Länder sehen die Möglichkeit vor, zu den einzelnen Biotopen auch Tier- und Pflanzenarten zu nennen. Dies geschieht i. d. R. in mehr oder weniger großem Umfang. Der Biotopkartierer sucht ein Biotop gewöhnlich nur zu einer bestimmten Zeit des Jahres auf und besitzt auch nur Kenntnisse zu bestimmten Organis- mengruppen. Dies hat zur Folge, daß die Artmeldungen aus Biotopkartierungen auch für kleinere Gebiete sehr heterogen und für systematische Auswertungen ungeeignet sind. Als Argumentationshilfe für den Schutz der einzelnen Gebiete sind sie allerdings von hohem Wert.

Weitere Verbesserungsmöglichkeiten selektiver Biotopkartierungen, die derzeit diskutiert werden (v. DRACHENFELS & M EY 1990, WEN ISCH 1990), sollten zukünftig stärkere Berück- sichtigung finden:

- eine bessere Erfassung linearer Lebensräume unter einer bestimmten Größe - eine bessere Erfassung hochwertiger flächiger Lebensräume unter einer bestimmten Größe; - die bessere Erfassung von zoologisch wertvollen Bereichen und von Fließgewässern; - die Berücksichtigung weiterer Qualitäten (neben der Naturnähe der Vegetation), wie Stand- ortfaktoren und Entwicklungspotential.

Diese Aspekte konnten im engen Rahmen der Grenzstreifenkartierung kaum berücksichtigt werden. Sie sollten aber bei der landesweiten Biotopkartierung Beachtung finden.

4.2 Entwicklung des vergleichenden Bewertungsrahmens

Voraussetzung für ein sachdienliches und problemorientiertes Handeln des Naturschutzes ist die Bewertung der Naturelemente des jeweiligen Bezugsgebietes aus fachlicher Sicht. Nur hierdurch können besonders schutz- und entwicklungsbedürftige Gebiete und Objekte erkannt sowie Handlungsprioritäten auf der Basis der einschlägigen Gesetze festgelegt werden. Sofern aus Gebietsanalysen Handlungsanweisungen (z. B. in Form einer Liste vorrangig zu schützender Flächen) abgeleitet werden sollen, wie dies auch im vorliegenden Fall angestrebt wurde, ist ein bewertendes Vorgehen unverzichtbar. Hierbei ist allerdings methodisch darauf zu achten, daß analytische und bewertende Schritte erkennbar vonein- ander getrennt bleiben. Die Analyse eines Bezugsgebietes erfolgt nach naturwissenschaft- lichen Methoden (Biologie, Geologie, Bodenkunde etc.), die Bewertung bedient sich spezi- fischer naturschutzfachlicher Methoden (vgl. PLACHTER 1989,1990).

Bewertung in Naturschutz und Landschaftspflege beruht letztlich auf einem Vergleich real festgestellter Gegebenheiten mit vorab festgelegten Referenzgrößen. Hierbei muß aufgrund der Komplexität des Naturgeschehens häufig mit indikatorischen Methoden gearbeitet werden. Referenzgrößen können z. B. sein: die „optimale" Ausprägung von Biotopen und Landschaftsausschnitten, Spektren möglicher Ausprägungen, noch verträgliche Minimal- werte (etwa Mindestpopulationsgrößen), Belastungsgrenzwerte oder Entwicklungsziele (etwa in sog. „landschaftlichen Leitbildern"). Es ist offensichtlich, daß sich solche Referenzgrößen nur in wenigen Fällen naturwissenschaftlich-kausalanalytisch herleiten lassen. Es handelt sich vielmehr grundsätzlich um Konventionen, wie sie für das praktische Arbeiten in anderen Bereichen längst üblich sind (vgl. z. B. DIN-Normen der Industrie, TA Luft im technischen Umweltschutz). 329 Im Ablauf der Grenzstreifenkartierung treten an drei Stellen bewertende Schritte auf: a) Bei der Festlegung der Biotoptypenliste. Sie entscheidet darüber, welche Naturelemente überhaupt kartierwürdig sind und welche von vornherein unberücksichtigt bleiben. b) Bei der Geländearbeit der Kartierer. Sie/er entscheidet im Einzelfall, ob eine konkrete Fläche, die dem vorgegebenen Biotoptypenschlüssel entspricht,tatsächlich aufgenommen wird oder aufgrund zu geringer Wertigkeit bzw. zu großer Beeinträchtigung unberücksich- tigt bleibt. Auch die Abgrenzung der Biotope/Biotopkomplexe enthält eine bewertende Komponente. c) Bei der vergleichenden Bewertung der Kartierungsergebnisse mit dem Ziel, Handlungs- prioritäten festzulegen. Die Ausarbeitung einer Kartieranleitung und die Überarbeitung der vorgegebenen Biotopty- penliste war Gegenstand der ersten Projektphase. Die hierzugrundeliegende Biotoptypenliste ist keine „ideale" Aufstellung, die alle Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege abdeckt, sondern ist vielmehr ein realisierter Kompromiß zwischen fachlichem Anspruch, vorhandenen Kapazitäten und gegebenen Umständen (Flächengröße, zeitlicher Rahmen). Bei anderen Vorhaben (z. B. landesweite Biotopkartierung) ist der Biotoptypenschlüssel erneut zu überdenken. Fachliche Bewertung sollte immer auch regionale Aspekte berücksichtigen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn das einzelne Naturelement (auch) im regionalen landschaftsökolo- gischen Rahmen bewertet wird. Schlüsselfragen sind dann z. B.: wie ist die typische Ausstat- tung des Bezugsgebietes (z. B. Naturraum, Landkreis, Land), welche Naturelemente domi- nieren dort, welche sind besonders gefährdet? Je nach Bezugsgebiet (global, Europa, Bundesrepublik, Hessen, Grenzstreifen usw.) kann jedes Naturelement also eine sehr unter- schiedliche Wertigkeit besitzen. So hat z. B. ein Halbtrockenrasen in Süddeutschland einen anderen naturschutzfachlichen Wert als in Mittelhessen, ein Quellbach im Bereich der Rhön einen anderen als im Taunus. Gerade im Grenzstreifen, der aufgrund seiner zurückliegenden Entwicklung von der übrigen Fläche der Bundesrepublik deutlich abweicht, sind solche regio- nalen Aspekte besonders zu berücksichtigen. Es war von vorne herein offensichtlich, daß in Anbetracht der zu erwartenden Kartierungs- ergebnisse für Schritt c) nur ein sehr einfacher Bewertungsrahmen in Frage kam. Kardinale Bewertungsverfahren (z. B. Punktesummen auf der Grundlage definierter Parameter), die streng standardisierter und gut vergleichbarer Ausgangsdaten bedürfen, schieden von vorn herein aus. In vergleichbaren Fällen hat sich ein einfacher Bewertungsrahmen mit vier bis sechs Schwel- lenwerten gut bewährt (vgl. KAULE 1986; PLACHTER 1989; 1991; PLACHTER & FOECKLER 1991). Grundlage ist eine Liste gestufter „Güteprädikate". Überschreiten einzelne Parameter des jeweiligen Naturelementes bestimmte „Schwellenwerte", so erfolgt eine Einordnung in das nächst „höhere" Güteprädikat. Auch durch Addition mehrerer wertbestimmender Kriterien können Schwellenwerte überschritten werden. Das Verfahren bietet mehrere Vorteile: - Eine Bewertung ist auch noch bei heterogenen Ausgangsdaten möglich.Jeder bekannte Parameter (= wertbestimmendes Kriterium) kann, für sich gesehen, sofern er eine bestimmte Qualität erreicht, zu einer Höherstufung führen. - Das Verfahren schließt eine „Überbewertung" von Naturelementen aus. Liegen zu keinem wertbestimmenden Kriterium ausreichende Informationen vor, so erfolgt eine Einordnung in die unterste Güteklasse. - Jeder Informationsgewinn kann zu einer Höherstufung des Naturelements führen. 330 Als Güteklassen für die abschließende Bewertung des Grenzstreifens wurden zunächst fest- gelegt: - international bedeutsam - national bedeutsam - landesweit bedeutsam (Hessen) - regional bedeutsam.

Die Einführung einer fünften Kategorie „nicht bedeutsam" entfiel, da durch die Vorbewertung nur Flächen mit einer bestimmten Mindestwertigkeit erfaßt wurden (selektives Vorgehen).

Ursprünglich sollten sowohl ad-, biotopbezogene und auf Pflanzenformationen bezogene Kriterien gleichrangig Berücksichtigung finden. Sie wurden der einschlägigen Literatur entnommen und sind in der Praxis bei vergleichbaren Bewertungen gebräuchlich. Im einzelnen kamen hierdurch in Frage:

A. Artbezogene Bewertungsgrundlagen (Auswahl)

A1: international bedeutsam: - Feuchtgebiete internationaler Bedeutung (BUNDESMINISTER FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN 1976) - FFH-Richtlinie (KOMMISSION DER EG 1988; 1990) - EG - Vogelschutzrichtlinie (RAT DER EG 1979) - Rote Listen von Tier- und Pflanzenarten

A2: national bedeutsam: - Rote Listen von Tier- und Pflanzenarten - Verbreitungskarten von Tier- und Pflanzenarten - Struktur- und Trophieabhängigkeit von Vogelarten (KAULE 1986)

A3: landesweit bedeutsam: - Rote Listen von Tier- und Pflanzenarten - Verbreitungskarten von Tier- und Pflanzenarten (z. B. Vorkommen an Verbreitungsgrenze; bezogen auf das Gesamtareal isolierter Bestand; autochtone Bestände vom Aussterben bedrohter Arten; Schwerpunktvor- kommen im Gesamtareal).

B. Lebensraumbezogene Bewertungsgrundlagen (Auswahl) B1: international bedeutsam: - Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes derWelt (BUNDESMINISTER DES AUSWÄRTIGEN 1977) - Biosphärenreservate (vgl. ERDMANN & NAUBER 1990) - FFH-Richtlinie (s. A 1)

B2: national bedeutsam: - Besonders bedrohte und schutzwürdige Biotoptypen der Bundesrepublik Deutschland (BONN, FUCHS &WOLFF-STRAUB 1985) - Vorarbeiten zu einer Roten Liste gefährdeter Biotope und Biozönosen (KRATOCHWIL 1989) 331 B3: landesweit bedeutsam:

- Anteil gefährdeter und schutzwürdiger Biotope an der Landesfläche in Niedersachsen, Hessen, Bayern und im Saarland (DATEN ZUR UMWELT 1986/87) - Rote Liste der bestandsgefährdeten Biotoptypen von Rheinland-Pfalz (MINISTER FÜR UMWELT UND GESUNDHEIT 1990) - Liste der gefährdeten Ökosystemtypen in Niedersachsen (v. DRACHENFELS 1986) - Ausgewählte Lebensräume und Landschaftselemente Thüringen (WESTHUS 1986) - Vorläufige Rote Liste der in Nordrhein-Westfalen gefährdeten Biotope (SCHULTE & WOLFF-STRAUB 1986) - Liste schutzbedürftiger und gefährdeter Ökosystenntypen für ein Biotopsicherungskon- zept in Nordhessen (FREDE 1990)

C. Pflanzenformationsbezogene Bewertungsgrundlagen (Auswahl)

C1: international bedeutsam:

- Pf lanzenformations-Liste (NOIRFALISE, o. J.) - FFH-Richtlinie (s. A 1)

C2: national bedeutsam:

- Gesellschaftsbestände von nationaler Bedeutung (BOHN 1981) - Gefährdung heimischer Pflanzenformationen (KORNECK & SUKOPP 1988)

C3: landesweit bedeutsam:

- Rote Liste der Pflanzengesellschaften der Wiesen und Weiden Hessens (BERGMEIER & NOWAK 1988) - Naturnahe und natürliche Abfolgen; Seltenheit; typische Ausprägung einer extensiv genutzten Kulturlandschaft; Entwicklungspotential

Nach Sichtung der Kartierungsergebnisse mußten vom vorstehenden Bewertungskonzept Abstriche gemacht werden. Insbesondere erwiesen sich die Artmeldungen als heterogen (vgl. Kap. 6.4).

Unter den gegebenen Bedingungen wurde deshalb der folgende BEWERTUNGSRAHMEN von dem Fachgebiet „Naturschutz" der Philipps-Universität Marburg in Zusammenarbeit mit den Kartierern erarbeitet:

1. Biotoptypen/Pflanzenformationen International bedeutsam a) Biotoptyp/Pflanzenformation mitteleuropäisch einmalig b) Biotoptyp/Pflanzenformation in besonderer Ausbildung, d.h. Ausprägung oder räumliche Verzahnung lehrbuchhaft ausgebildet. c) Biotoptyp/Pflanzenformation in einem mitteleuropäisch einmalig großen Bestand

National bedeutsam a) Biotoptyp/Pflanzenformation bundesweit einmalig b) Biotoptyp/Pflanzenformation in optimaler Ausprägung bzw. Schwerpunktvorkommen im bundesdeutschen Gesamtareal c) Biotoptyp/Pflanzenformation in einem bundesweit einmalig großen Bestand 332 Beispiele im Kartierungsgebiet

- Mesophiler Buchenwald - Kalk-Buchenwald - Eichen-Hainbuchenwald - Bodensaurer thermophiler Eichenwald - Schwarzerlenbrüche - Karpatenbirkenwälder - Edellaubholzreiche Schlucht-, Schatthang- und Blockschuttwälder - Salzwiesen - Halbtrockenrasen auch im Komplex ab 100 ha - Borstgrasrasen - Felsfluren mit Blaugras-Rasen - Schuttfluren mit Blaugras - Hochmoore

Landesweit bedeutsam a) Biotoptyp/Pflanzenformation landesweit einmalig b) Biotoptyp/Pflanzenformation in optimaler Ausprägung bzw. Schwerpunktvorkommen im hessischen Gesamtareal c) Biotoptyp/Pflanzenformation in einem hessenweit einmalig großen Bestand

Beispiele im Kartierungsgebiet:

- Bodensaurer Buchenwald - Hartholzauwald - Erlen-Eschen-Bachrinnenwald - Felsgebüsche mit Felsenbirne - Sukzessionsstadien auf Bergsturz-Blockschutthalden - Quellgebiete (Kalk) - naturnahe Bachläufe/kleine Flüsse - naturnahe Flüsse/Flußabschnitte - Altarme, Altwasser - Schilfröhrichte - Großseggenriede - Saure Kleinseggenriede - Basische Kleinseggenriede - Salzhaltige Uferrohböden - Nährstoffarme Feuchtwiesen - Weiden - Frischwiesen extensiv genutzt - Frischwiesen intensiv genutzt (nur: Geranio-Trisetetum) - Mager- und Halbtrockenrasen auf Kalkstandorten (Zechstein) - Mager- und Halbtrockenrasen auf Kalkstandorten (Muschelkalk) - Mager- und Halbtrockenrasen auf sonstigen basenreichen Böden (z. B. Basalt) - Moorkomplexe

333 2. Biotopkomplexe

International bedeutsam a) Typische mitteleuropäische Kulturlandschaft in optimaler Ausprägung oder größter Ausdehnung b) „Natürliches Biotopverbundsystem" trockener bzw. feuchter Standorte in mitteleuropäisch optimaler Ausprägung oder größter Ausdehnung c) Fließgewässer und Aue in mitteleuropäisch optimaler Ausprägung

National bedeutsam a) Typische Mittelgebirgs-Kulturlandschaft in bundesweit optimaler Ausprägung oder größter Ausdehnung b) Verzahnung natürlicher und naturnaher Biotope zu großflächigen, reichstrukturierten Komplexen

Beispiele im Kartierungsgebiet:

- Naturnahe Waldkomplexe - Hoch- und Niedermoorkomplexe - extensiv genutzte Kulturlandschaft mit großen Anteilen naturnaher und natürlicher Biotope, z. B. „Rhönkomplex" (s. u.)

Landesweit bedeutsam a) Großflächiges Mosaik aus naturnahen Biotopen und extensivgenutzten Flächen in landes- weit optimaler Ausbildung oder größter Ausdehnung b) Naturnahe Zonation entlang von Standortgradienten in optimaler Ausprägung oder großer Ausdehnung

Beispiele im Kartierungsgebiet: - Bachquellgebiete - Wiesentäler - Verlandungsbereiche - Magerweiden im Verbund mit Hecken, Steinriegeln etc. - Extensivgrünland im Verbund mit Extensivweiden, Extensiväckern, Hecken etc.

Den Vorranggebieten wurden sog. „Defiziträume" gegenübergestellt (vgl. PLACHTER 1987). Hierbei handelt es sich um Landschaftsabschnitte mit deutlich ungenügender Ausstattung an wertvollen Biotopen oder Lebensräumen, denen regulierende Funktionen zukommen (z. B. Hecken),In der Regel sind dies ausgeräumte Agrarlandschaften und naturferne Forste.ln Defi- ziträumen ist unverzüglich eine Verbesserung der Naturausstattung in die Wege zu leiten.

Generell wurde ferner festgelegt, daß sich das Vorhandensein und/oder die Ausprägung bestimmter Habitate und der Nachweis besonders bedrohter Arten (Weißstorch, Schwarz- storch, Birkhuhn, Wanderfalke u. a. m.) wertsteigernd auswirken kann. 334 5. Durchführung der Kartierung

5.1 Vorbereitende Arbeiten

5.1.1 Sichtung von Literatur und vorhandenem Datenmaterial

Ab Anfang Mai 1990 wurde das bei den zuständigen unteren und oberen Naturschutz- und Forstbehörden und weiteren Institutionen vorliegende Daten-, Luftbild- und Kartenmaterial gesichtet und ausgewertet. Neben der Berücksichtigung von mündlichen Mitteilungen loka- ler Gebietskenner wurden u. a. die Ergebnisse der „Kartierung schutzwürdiger Biotope in Hessen (1978 -1980)", der „Amphibienkartierung Hessen (1985 -1989)" sowie der „Waldbio- topkartierung Hessen" (s. Abschn. 4.1.2) - soweit zugänglich bzw. vorhanden - in die vorlie- gende Arbeit eingearbeitet.

5.1.2 Erarbeitung der Erhebungsbögen und Überarbeitung des Biotoptypenschlüssels

Vor Aufnahme der Geländearbeiten war die Entwicklung geeigneter, reproduzierbarer und repräsentativer Erfassungsmethoden in Zusammenarbeit von Kartiererteam, dem Fachgebiet „Naturschutz" der Universität Marburg und der HGON e.V. notwendig (vgl. Abschn. 4.).

Im einzelnen handelte es sich um:

- Überarbeitung des vom Auftraggeber vorgegebenen Biotoptypenschlüssels (s. Anhang) - EDV-verwertbarer Erfassungsbogen für Biotoptypen und Artbeobachtungen (s. Anhang) - EDV-verwertbarer Erfassungsbogen für Biotopkomplexe (s. Anhang) - Beschreibungsbogen für Biotoptypen und Biotopkomplexe (s. Anhang) Vom Auftraggeber wurde der Entwurf eines Biotoptypenschlüssels (in Anlehnung an NATUREG) vorgegeben. Die Überarbeitung erfolgte, ebenso wie die Erarbeitung der Erhe- bungsbögen, unter erheblichem Zeitdruck, da die Geländearbeiten faktisch keinen weiteren Aufschub duldeten. Der Biotoptypenschlüssel erwies sich bei der Arbeit als teilweise zu undifferenziert, insbeson- dere für die Kategorien: Grünland, Ruderalfluren, Buchenwald, in anderen Fällen (Bereich „Gewässer") zu stark differenziert. Weiterhin ergaben sich durch Überschneidung einiger Biotoptypen Mehrfachnennungen (z. B. Hochstauden/Brachen, Ufergehölzsaum/naturnaher Bachlauf). Eine Überarbeitung und Ergänzung des Biotoptypenschlüssels ist angezeigt.

Gleiches gilt für die erstellten Erhebungsbögen, die vor weiterer Verwendung überarbeitet werden sollten. Da Biotopkomplexe und Biotoptypen gleichrangig nebeneinander kartiert werden können, sollten die entsprechenden Bögen auch gleichartig ausgeführt sein. So fehlt z. 8. auf dem Biotoptypenbogen ein Feld zur Begründung der Schutzwürdigkeit, auf dem Biotopkomplexbogen fehlen Felder zur Artenerhebung, zur Angabe von Geologie etc. und zur Angabe der festgestellten Biotoptypen.

Die Ergänzung der Erfassungsbögen durch einen „Beschreibungsbogen", der eine freie verbale Beschreibung und Bewertung des jeweiligen Gebietes zuließ, hat sich in der Auswer- tungsphase als sehr sachdienlich, im Sinne eines „Nachschlagewerkes", erwiesen. Eine direkte EDV-Verwertbarkeit ist jedoch in der derzeitigen Form noch nicht gegeben. Die inhaltlichen Mängel des Biotoptypenschlüssels und der Erhebungsbögen sind primär auf die starren Vorgaben hinsichtlich einer EDV-Verwertbarkeit und auf die akute Zeitnot, die das Gesamtprojekt nachteilig beeinflußte, zurückzuführen. 335 5.2 Geländeerhebung

5.2.1 Biotoptypen- und Biotopkomplexkartierung Nach Auswertung des zur Verfügung stehenden Datenmaterials, der Luftbilder sowie der geologischen und topographischen Karten (1:25.000) wurden Biotoptypen und Biotopkom- plexe im Gelände kartiert. Die Beschreibung der Biotope erfolgte nach dem Biotoptypen- schlüssel sowie an Hand charakteristischer und bemerkenswerter Artvorkommen. Arealbe- schreibungen, Besonderheiten und weitere Informationen, die auf den Gebietsbögen nicht einzutragen waren, wurden auf dem gesonderten Beschreibungsbogen festgehalten. In typischer Abfolge aneinander grenzende oder in unmittelbarer Nähe liegende wertvolle Biotope konnten zu Biotopkomplexen zusammengefaßt werden, für die jeweils ein eigener Erhebungsbogen ausgefüllt wurde. Sofern Biotopkomplexe nicht durch zugehörige Biotop- typen charakterisiert waren, wurde ebenfalls ein ergänzender Beschreibungsbogen beige- fügt. Angesichts des engen zeitlichen Rahmens mußte der Schwerpunkt der Geländearbeit zwangsläufig in der Erfassung und Abgrenzung von Biotopkomplexen und Biotopen liegen. Bei den in der Regel einmaligen Begehungen war eine flächendeckende und systematische Artkartierung nicht durchführbar. Die Arterfassung erfolgte demgemäß überwiegend durch Auswertung der vorhandenen Unterlagen und der mündlichen Mitteilungen von regionalen Gebietskennern und Spezialisten. Im Verlaufe der Kartierungsarbeiten stellte es sich als sinnvoll heraus, Biotopkomplexe auch ohne zugehörige Biotoperfassung zu beschreiben. Dies erfolgte überwiegend bei sehr groß- flächigen Waldstandorten (z. B. Kalk-Buchenwälder im Werra-Meißner-Kreis) oder bei Gebieten, in denen die Biotopstrukturen in ihrer Gesamtheit als besonders erhaltenswürdig einzustufen waren, sowie bei sehr heterogenen Biotopkomplexen. Auf Grund der fortgeschrittenen Vegetationsperiode, des z.T. zu undifferenzierten Kartie- rungsschlüssels und wegen in der Regel sehr kleinräumigen Ausbildung wurden die folgenden Biotoptypen nicht repräsentativ erfaßt: Waldgesellschaften auf Buntsandstein; Quellbereiche, Grünland, Ruderalfluren, Brachen, Ackerbegleitflora, Biotope im besiedelten Bereich. Für zukünftige Kartierungen wäre es dienlich, die Vegetationsperiode vollständig für die Geländearbeit nutzen zu können. Zur rechtzeitigen Beendigung der jeweils unverzichtbaren Vorarbeiten (ca. drei Monate) ist eine wesentlich frühere Auftragserteilung notwendig.

5.3.2 Limnologisch-fischereibiologische Untersuchungen Auf der Grundlage der terrestrischen Kartierungsergebnisse wurde eine erste Abgrenzung potentiell schutzwürdiger Flächen vorgenommen. Soweit Fließgewässer hiervon betroffen waren, wurden daraufhin insgesamt 55 Probestellen für eine ergänzende limnologisch/fisch- ökologische Untersuchung im Rahmen der hier vorliegenden Kartierung festgelegt, um im Sinne einer Beweissicherung weitere Argumente für mögliche Unterschutzstellungen zu erhalten. Ein weiteres Anliegen war die Abschätzung von Entwicklungsmöglichkeiten und die Formulierung von Sanierungsmaßnahmen zur Aufwertung der aquatischen Lebensräume. Im Rahmen der „Limnologisch-fischereibiologischen Untersuchungen im Hessischen Grenz- gebiet zu Thüringen" (SCHWEVERS & ADAM,1990) wurde an ausgewählten Probestellen zunächst eine detaillierte Erfassung der Gewässerstrukturen vorgenommen. Darüber hinaus erfolgte eine Erfassung der benthalen Invertebratenfauna und eine Bestimmung der Gewäs- 336 sergüte. Als Endglied der aquatischen Nahrungskette hat die Fischfauna eine herausragende Bio-Indikator-Funktion. Aus diesem Grunde wurden auch Elektrobefischungen durchgeführt. Eine synoptische Bewertung der verschiedenen Untersuchungsaspekte ermöglicht schließ- lich differenzierte Aussagen über Schutzwürdigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten der einzelnen Gewässerstrecken.

5.3 Auswertung der Kartierung

5.3.1 Überarbeitung des Bewertungsrahmens Der theoretische Bewertungsrahmen wurde vom Fachgebiet Naturschutz entwickelt (siehe Abschn. 4.2). Die generellen Zuordnungen der vorkommenden Biotoptypen und Biotopkomplexe zu den Wertigkeitsstufen des Bewertungsrahmens (Beispiele im Kartierungsgebiet, Abschn. 4.2) wurden vom Kartiererteam gemeinsam mit dem Fachgebiet „Naturschutz" vorgenommen. Die zur Einwertung benötigten Referenzgrößen, wie z. B. Bewertung der Ausprägung, Bewertung der Flächengröße eines Biotops, Bewertung von Standortgradienten, wurden mit Hilfe aufge- führter Literaturangaben, Kartierungserfahrung und intensivem Austausch der Mitarbeiter untereinander vereinbart.

5.3.2 Bewertung der Kartierungsergebnisse In der Bewertung der einzelnen kartierten Gebiete fanden die in Abschn. 4.2 dargestellten Kriterien ihre Anwendung. Von den Kartierern wurden einzelne Biotope in und außerhalb von Biotopkomplexen in ihrer Wertigkeit eingestuft nach ihrer - generellen Wertung als Biotoptyp - ihrer Individuellen Bewertung (Ausprägung, Größe, Vorkommen besonders gefährdeter Arten, Häufung von Rote-Liste-Arten, Reichtum an Sonderstrukturen etc). Den Biotopkomplexen wurden ebenfalls ihre jeweiligen Wertigkeitsstufen zugeordnet in einer Zusammenschau sämtlicher wertprägender Faktoren und Biotope. Maßgebend waren hierbei neben oben genannten Kriterien vor allem typische Abfolgen und Verzahnungen von Biotopen und Habitaten. Nachweise der folgenden besonders gefährdeten Arten: - Cypripedium calceolus (Frauenschuh) - Lyrurus tetrix (Birkhuhn) - Bubo bubo (Uhu) - Falco peregrinus (Wanderfalke) - Ciconia nigra (Schwarzstorch) wurden für den allgemeinen Gebrauch unzugänglich gemacht, fanden aber natürlich bei der Bewertung der kartierten Gebiete entsprechende Berücksichtigung. Die abschließende Beurteilung berücksichtigte sowohl die Bewertungsvorschläge der Kartierer als auch die in einigen Fällen abweichende Bewertung durch das Fachgebiet „Naturschutz".

5.3.3 EDV Während der Kartierungszeit stand eine einsatzbereite Datenbanksoftware nicht zur Ver- fügung. Die erst Ende September 1990 bereitgestellte Testversion (CUMBITOP) mußte in Eigenregie den Erfordernissen einer computergestützten fachlichen Auswertung angepaßt werden. 337 GEISA

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Abb. 2: Ausschnitt aus TK 50 Nr. 5324 Hünfeld mit Abgrenzungen der Biotope und Biotopkomplexe

Legende Waldfläche

Biotop

Biotopkomplex

NSG-Fläche

Auszug aus der Zeichenerklärung Schutzobjekte LSG-Fläche

Landes-, Landkreisgrenze °Nr Naturdenkmal, Bestand Grenze Biotopkartierung 1990 Naturdenkmal, geplant 1H1 Defizitraum Waldgebietsgrenze O Nr Geschützter Landschaftsbestandteil, Bestand Autobahn Nr Projekt/Marhohme Geschützter Landschaftsbestandteil, geplant Grenzstreifenkortierung '90 Haupt- und Nebenstraßen Yen Hessen - Thüringen Befestigte Fahrwege Naturschutzgebiet, Bestand VN, Naturschutzgebiet, einstweilig sichergestellt Auftraggeber. Vollspurige Bahnlinie Hess. Ministerium für Landwirtschal VpNr Naturschutzgebiet, geplant Grenze Naturräuml. GI. Hessen (HLfU 1974) Forsten und Naturschutz Fließgewässer Landschaftsschutzgebiet, Bestand TK - 50 Kloth 4/1b Weiher, See a 11, Landschaftsschutzgebiet, einstweilig sichergestellt 5324 HÜNFELD vtIr Landschaftsschutzgebiet, geplant Ortsnomen, Symbole Datum aüstab: Grenze Biosphärenreservat Hohe Rhön JUNI 91 1: 75.000 HONFELD Stadt, bebaute Fläche 0 Sonst. Symbole, Flächensignaturen Diediehrung und Kartenbearbeitung 0 Burghaun Gemeinde Nr ARBEITSGEMEINSCHAFT Biotop, Kartierung 1990 dreP LANOSCHAFTSOKOLOÜE derotwwww, Stadt- oder Nr 00.-01411.11,..1. Biotopkomplex, Kartierung 1990 0 ELKENBACHSTR. 2 .91061.1%, Gemeindeteil ,Nr OO Defizitraum, Kartierung 1990 0- 6000 FRANKFURT/MAIN 1

e11•1•1/ Weiler, Hof %Am 059 /49 78 Cl

338 Eine kombinierte Auswertung der Kartierungsdaten sowie der raumbezogenen Daten (graphische Auswertung) ist mit dem vorliegenden Programm CUMBITOP nicht möglich.

Die notwendige kartographische Darstellung der Ergebnisse wurde über ein zusätzliches Zeichenprogramm ausgeführt. Eine integrierte Lösung zur beliebigen Verknüpfung und Auswertung aller erhobenen Daten ist zukünftig anzustreben.

5.3.4 Kartographische Darstellung der kartierten Objekte Die Abgrenzung der kartierten Biotoptypen und Biotopkomplexe erfolgte im Gelände auf topographischen Karten im Maßstab 1:25.000. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgte im Maßstab 1: 50.000. Aus Gründen einer wesentlich besseren Übersichtlichkeit sowie mit Blick auf spätere Verwendungsmöglichkeiten und eine vereinfachte Reprod uzierbarkeitwurden die Kartengrundlagen und die Kartierungsergebnisse digitalisiert und ausgeplottet (Abb. 2).

6. Kartierungsergebnisse

6.1 Biotope und Biotop-Komplexe Im Verlauf des Sommers 1990 wurden im hessisch-thüringischen Grenzstreifen 739 Objekte als Einzelbiotope und Komplexe, denen wiederum Biotope zugeordnet sein können, erfaßt und beschrieben. Eine Bilanz der Kartierung auf dem Stand der Daten vom 18.2.1991 geben Abb. 3 und Tabelle 3 wieder.

Tabelle 3: Anzahl der kartierten Objekte im Grenzstreifen

Landkreise Komplexe Biotope in Einzelbiotope Gesamtzahl Komplexen (100%) Anzahl Prozent Anzahl Prozent Anzahl Prozent

Werra-Meißner 134 75,3% 10 5,6 0/0 34 19,1% 178 Hersfeld- 88 29,3 0/0 145 48,3 0/0 67 22,3% 300 Rotenburg Fulda 52 19,9 0/0 129 49,4% 80 30,6% 261

Grenzstreifen 274 37,1% 284 38,4% 181 24,5% 739 gesamt

Im Werra-Meißner-Kreis wurden auf Grund der naturräumlichen Ausstattung, der Größe des Kartierungsgebietes und aus zeitlichen Gründen überwiegend Biotopkomplexe ausge- wiesen. In den Landkreisen Hersfeld-Rotenburg und Fulda konnten auf Grund der hier zahl- reich vorhandenen Literatur verstärkt auch wertvolle Einzelbiotope aufgenommen werden.

6.2 Vorranggebiete

Die bestehenden Flächen (Biotoptypen und Biotopkomplexe) stellen in ihrer Gesamtheit Vorrangflächen für den Naturschutz im Sinne von KAULE (1986) dar. Auf die Ausweisung und kartenmäßige Darstellung von komplexübergreifenden, großflächigen Vorranggebiete wurde zunächst verzichtet. 339 • • • I" • • • • • •

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Landkreis Hersfeld- Rotenburg • • ,•• ••• • • "i": • • ;:.t • • .# t• :v" • • • 1. •

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Abb. 3: Lage der kartierten Flächen (Komplexe und Einzelbiotope) im Grenzbereich

340 5.3 Defiziträume

Die digitalisierten Karten weisen 43 „Defiziträume" auf, also Flächen, die aus Naturschutzsicht weniger wertvoll und als vordringlich entwicklungsbedürftig einzustufen sind (vgl. Kap. 4.2). Sie wurden von den Kartierern nach folgenden Kriterien abgegrenzt: - ausgeräumte Ackerlandschaften mit geringem Grünlandanteil, wenige bis keine Hecken- züge; örtlich mit teilweise begradigten Gewässern ohne Gehölzsaum. - junge Nadelholzkulturen - Nadelwälder ohne Unterbewuchs - Kali-Berge Die Darstellung der Defiziträume hat nach Auskunft der Kartierer vermutlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

6.4 Artenerfassung Im Rahmen der Grenzstreifenkartierung wurden auf den Artenerfassungsbögen 3054 Art- angaben gemacht. Weitere Artangaben wurden auch auf den Beschreibungsbögen niederge- legt, fanden jedoch aus EDV-technischen Gründen keinen Eingang in die Statistik. Auf die Flora entfielen dabei 2018, auf die Fauna 1036 Angaben (Stand der Daten vom 26. Februar 1991). Insgesamt konnten durch die Erhebungen der Kartierer, Daten der Verbände und örtlichen Spezialisten 839 Arten, darunter 574 Pflanzen- und 265 Tierarten, für das Kartie- rungsgebiet belegt werden. Zu 342 von 465 Biotopen, d. h. in 73,5 %, wurden überhaupt Arten auf dem Erfassungsbogen angegeben.

Die Fauna wurde außer in Teilen des Landkreises Hersfeld-Rotenburg aus vorhandener Lite- ratur und mündlichen Mitteilungen erfaßt (ECKSTEIN et al. 1990).

6.5 Gefährdung der Lebensräume im Grenzstreifen Sowohl der Komplex- als auch der Biotoperfassungsbogen weisen zehn Textfelder zur An- gabe von Gefährdungen auf. Vorgegeben sind neun potentielle Gefährdungsursachen und ein Feld „Sonstiges". Der Auswertung folgend, sind 317 von 455 Komplexen und Einzelbiotopen, das sind 69,6 0/0, durch einen oder mehrere Faktoren gefährdet. Die Angaben zur Gefährdung konnten sich natürlich nur auf die den Kartierern unmittelbar erkennbaren bzw. bekannt gewordenen Eingriffe beziehen. In Abb. 4 ist die Gefährdung der Komplexe und Biotope bezogen auf den gesamten Grenzstreifen und die drei Landkreise aufgeführt.

Die als Hauptgefährdungsursache aufgeführte Landwirtschaft ist im Textfeld vielfältig diffe- renziert worden. Im Werra-Meißner-Kreis und im Landkreis Hersfeld-Rotenburg gefährdet v. a. „Eutrophierung" die kartierten Flächen. „Drainage" und bestehende „intensive Nutzung" folgen an zweiter und dritter Stelle im Werra-Meißner-Kreis, während im Kreis Hersfeld- Rotenburg „Intensivierung", „Umbruch" und die „Rodung von Gehölzen" nacheinander rangieren. Im Landkreis Fulda sind die Flächen vorrangig durch eine „Intensivierung der Land- wirtschaft" und „Überbeweidung" gefährdet.

Der Forst beeinträchtigt kartierte Flächen zumeist durch bestehende und geplante Auffor- stungen mit Fichten, Kiefern und weiteren standortfremden Gehölzen. Abtrieb, vorzeitiger Umtrieb, der Einsatz von schwerem Gerät und Wegebau spielen als Gefährdungsursachen eine eher untergeordnete Rolle. 341 180

160

140

120

_C▪ 100

< 80

60

40

20

0 10

Gesamt in ESW ffl HEF FD

1 = Landwirtschaft 5 = Fischerei 8 = Deponie 2 = Forstwirtschaft 6 = Bebauung 9 = Material- 3 = Jagd 7 = Freizeit/ entnahme 4 = Wasserbau Erholung 10 = Sonstiges

Abb. 4: Gefährdung der Komplexe und Einzelbiotope im gesamten Grenzstreifen und in den Landkreisen.

Unter „Sonstigen Gefährdungen" werden in 57 von 131 Angaben „Verbuschung, Sukzession oder Verbrachung" genannt. Bereits bestehender Straßenverkehr bzw. die Planung von Straßen rangiert an zweiter Stelle (28 Angaben). Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg stellt der Bau einer Erdgasleitung für neun Flächen eine erhebliche Gefährdung dar.

7. Vergleichende Bewertung der Ergebnisse

Aus der Bilanzierung der vergleichenden Bewertung (s. Abschn. 5.3.2) ergibt sich, daß über 20% der kartierten Komplexe und Einzelbiotope die Einstufung „national" bzw. „landesweit bedeutsam" erreichten. Die übrigen sind zumindest als „regional" bzw. „lokal bedeutsam" einzustufen (s. Tabelle 4, Abb. 5). 342

128

30 Landkreis 10 Werra—Meißner

Landkreis Herfeld— Ro‘nburg

95

Landkreis 28 Fulda

Abb. 5: Anteile national und landesweit bedeutsamer Biotope und Biotopkomplexe in den Landkreisen (schwarz = national bedeutsam, schraffiert = landesweit bedeutsam) 343 Tabelle 4: Bilanzierung der vergleichenden Bewertung (bezogen auf Biotopkomplexe und Einzelbiotope ohne Berücksichtigung der Einzelbiotope in Biotopkomplexen)

Anzahl der national bedeutsame landesweit bedeutsame Landkreis kartierten Flächen Flächen Objekte Anzahl Prozent Anzahl Prozent

Werra-Meißner 168 10 6,0 30 17,9

Hersfeld- 155 1 0,6 13 8,4 Rotenburg

Fulda 132 9 6,8 28 21,2

Grenzstreifen 455 20 4,4 71 15,6

7.1 National bedeutsame Lebensräume im Grenzstreifen

20 Komplexe, das sind 4,4% der kartierten Flächen, wurden bei der vergleichenden Bewer- tung der Komplexe und Einzelbiotope im Grenzstreifen als „national bedeutsam" eingestuft. Sie werden in Tabelle 5 nach Landkreisen und TK 50 Kartenblättern geordnet aufgelistet.

Tabelle 5: National bedeutsame Lebensräume im Grenzstreifen Landkreis Werra-Meißner

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

4724 K 256 Badenstein bei Bischhausen

4726 K 502 Meinhard und angrenzender Waldkomplex K 509 Waldkomplex Schwengelb. bis Nesselkopf K 510 Heutal

4926 K 001 Schieferstein - Heldrastein Waldkomplex K 009 Eichenberg östlich Frieda K 254 Waldkomplex zwischen Konstein/Plesse und Mühlenberg K 255 Gatterbach -Talgrund östl. NSG Plesse K 256 Gatterbachtal - Aue zwischen Kalkhof und NSG Plesse K 751 Kielforst östlich Herleshausen

Landkreis Hersfeld-Rotenburg

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

5124 K 829 Auenverbund Werratal

344 Landkreis Fulda

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

5326 K 503 Dadenberg und Engels-Berg

5524 K 251 Fuchsküppel und Weiherberg K 252 Schafstein K 261 Königstein K 751 Großer und Kleiner Nallenberg K 757 Südlich des Roten Moores K 758 Eube und Hinkelshäuptchen

5526 K 001 Westhang des Querenbergs K 502 Oberstes Ulstertal

Zehn Komplexe von nationaler Bedeutung liegen im Werra-Meißner-Kreis. Es handelt sich dabei um ausgedehnte, orchideenreiche Kalkbuchenwälder, örtlich mit Eibenvorkommen und Blaugrasrasen, Quellbereiche und naturnahe Bachläufe mit Kalksinterterassen sowie einem Eichen-Hainbuchenwald auf einem trockenwarmen Extremstandort. Als wertbestimmendes Kriterium stand die „Verzahnung natürlicher und naturnaher Biotope zu großflächigen reich- strukturierten Komplexen" 1) neben dem großen Anteil von „optimal ausgeprägten Biotop- typen" bzw. „Pflanzenformationen" im Vordergrund.

Im Landkreis Hersfeld-Rotenburg wurde der „Auenverbund Werratal" als national bedeutsam eingestuft. Das großflächige Vorkommen von Salzwiesen („national bedeutsam”) und das zahlreiche Vorkommen gefährdeter Tier- und Pflanzenarten neben mehreren „optimal ausge- prägten", landesweit bedeutsamen Biotopen bzw. Pflanzenformationen wie naturnahe Fluß- abschnitte, Schilfröhrichte und Großseggenriede bedingen die Aufwertung des ansonsten landesweit bedeutsamen Komplexes.

Der Landkreis Fulda weist neun national bedeutsame Komplexe auf. In der Mehrzahl handelt es sich bei den derart bewerteten Flächen um den sogenannten „Rhön-Komplex", der in typischer Abfolge Kuppen mit naturnahen Buchen-, Edellaubholz- und Feuchtwäldern, Berg- hänge mit extensiv genutzten Grünländern und Magerrasen, z.T. versteinte Weiden, Quellbe- reiche mit Kleinseggenrasen und naturnahe Bachläufe umfaßt. Diese „typische Mittelgebirgs- Kulturlandschaft" liegt in bundesweit optimaler Ausprägung vor, eine „Verzahnung natürlicher und naturnaher Biotope zu großflächigen, reichstrukturierten Komplexen" ist beispielhaft gegeben. Das letzte Kriterium trifft auch auf einen ausgedehnten naturnahen Buchen- und Edellaubholzwald-Komplex und einen großflächigen Komplex aus Feuchtgrünländern, Seggenbeständen und Erlen- und Karpatenbirken-Wäldern zu.

Sämtliche als national bedeutsam bewerteten Komplexe stellen naturraumtypische, groß- flächige Lebensräume dar. Eine einstweilige Sicherstellung als Naturschutzgebiet (soweit nicht zwischenzeitlich erfolgt) ist umgehend erforderlich, ein detailliertes präzisierendes Schutzwürdigkeitsgutachten sollte baldmöglichst erstellt werden.

') Das jeweilige wertbestimmende Kriterium wird im folgenden in Anführungszeichen gesetzt. 345

7.2 Landesweit bedeutsame Lebensräume im Grenzstreifen

71 Komplexe und Biotope, das sind 15,6% der kartierten Flächen, wurden bei der verglei- chenden Bewertung der Komplexe und Einzelbiotope im Grenzstreifen als „landeswei bedeutsam" eingestuft. Sie werden in Tabelle 6 nach Landkreisen und TK-50-Kartenblätterr geordnet aufgelistet.

Tabelle 6: Landesweit bedeutsame Lebensräume im Grenzstreifen

Landkreis Werra-Meißner

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

4524 K 501 Kreideberg bei Ellerode

4724 K 007 Kalk-Buchenwald am Großen Mittelberg K 008 Kalk-Magerrasen westlich Ellingerode K 009 Pfaffenberg südl. Ellingerode K 010 Kalk-Magerrasen Auf der Warte K 014 Komplex zwischen Kleinalmerode, Roßbach und Ellingerode K 764 Dohlsbach und Talhänge südl. Orferode K 770 Heckengelände am Schieferberg, Dornberg K 774 Großer Hain westlich von Bad Sooden-Allendorf

4924 K 261 Schweinsbach-Tal zwischen Eltmannshausen und Gut Mönchshof K 265 Kleiner und Großer Steinberg, Dachslöcher westl. Wichmannshausen K 853 Holstein südöstl. Weißenborn K 858 Kiefern-Wachholder-Hain südwestl. Breitau K 859 Kiefern-Wachholder-Hain am Heiligenberg westl. Breitau K 861 Rotquelle östl. Breitau K 864 Waldkomplex westl. Heiligenberg bei Breitau K 865 Waldkomplex südwestl. Breitau K 866 Petersberg südwestl. Breitau K 867 Waldkomplex südöstl. Holstein K 868 Talkomplex westl. Breitau K 869 Stein und Heiligenberg westl. Breitau K 872 Magerrasen-Komplex am Donnershag

4926 K 002 Schlierbachswald K 006 Glockenberg östl. Datterode K 252 Werraaue bei Heldra K 501 Ringgau - Hochfläche K 502 Renda-Graben K 503 Waldkomplex Hasenkopf bis Johannishecke K 504 Werraaue von Herleshausen K 506 Boyneburg, Erbberg, Stein

346 Landkreis Hersfeld-Rotenburg

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

4924 K 754 Truppenübungsgelände bei Weißenhasel K 755 Steinbruch von Kalk-Buchenwald bei Mönchhosbach

5124 K 251 Heckengebiet nördl. Ronshausen K 626 Solzbachtal K 753 Landecker K 754 Grünland/Gehölzkomplex östl. Landecker B 266 Kalkmagerrasen Weltschlüssel B 662 Salzautrittstelle am Fuß des Rotebergs

5126 K 126 Werra-Aue zwischen Neustadt, Obersuhl und Berka K 501 Hohlwege zwischen Steinberg und K 502 Steinberg und Hohlwege von Heringen

5324 K 255 Streuobst-Gehölz-Komplex nördl. Mansbach K 256 Schwärzelsberg/Langeberg/Grasburg

347 Landkreis Fulda

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

5324 K 252 Soisberg K 502 Um Weinberg bei Hünfeld K 503 Landkrankenhauswald und Ulmenstein K 751 Habelberg, Kothen-Berg, Seeles-Berg K 753 Magerrasenkomplex westl. Oberaschenbach K 754 Kapellenberg bei Mittelaschenbach K 755 Ulsteraue von Auramühle bis Grenze Thüringen K 756 zwischen Alter Berg und Box-Berg

5326 K 502 um Kleinfischbach B 501 Wolfsgraben

5524 K 253 Bornberg K 254 Milseburg und Umgebung K 260 Tannenfels K 262 Südosthang Ehrenberg K 752 Simmelsberg K 754 Kesselstein und Schwarzenacker K 755 Feldbachtal K 760 Pferdskopf K 761 Wasserkuppe und Fuldaquelle K 762 Mathesberg B 260 Am Nordhang Ehrenberg B 264 Nordöstl. Reulbach

5526 K 002 Buchschirmberg und Battenstein K 003 Auersberg K 004 Ulsteraue vom Ritterhof bis zur Auramühle K 501 Steinkopf K 504 Heuwiesenwasser B 005 Waldwiese Vordere Rhön

Von 30 landesweit bedeutsamen Komplexen des Werra-Meißner-Kreises sind über 50% orchideenreiche Kalk-Buchenwälder, örtlich mit Eichen-Hainbuchenwald, Eibenvorkommen, Blaugrasrasen und angrenzenden Magerrasen-Gehölz-Komplexen. Sechs solcherWaldkom- plexe wurden zusammen mit Kiefernwald-Magerrasen-Komplexen, einem Quellbereich und einem Talraum als landesweit bedeutsam eingestuft, da sie gegenüber den national bedeut- samen nicht in bundesweit optimaler Ausprägung und/oder in geringerer Ausdehnung vorge- funden wurden. Ebenso wie bei drei weiteren als landesweit bedeutsam eingestuften Talräumen mit naturnahem Bachlauf, extensiv genutzten bzw. brachliegenden Feuchtwiesen und angrenzenden Hangwäldern oder Kalkmagerrasen stand bei der Bewertung die „natur- nahe Zonation entlang von Standortgradienten in optimaler Ausprägung bzw.großer Ausdeh- nung" im Vordergrund. Mehrere benachbarte Kalkmagerrasen-Komplexe und ein ausge- dehnter, bodensaurer Buchenwald weisen jeweils einen „Biotoptyp in optimaler Ausprägung" auf. Ein „großflächiges Mosaik aus naturnahen Biotopen und extensiv genutzten Flächen in optimaler Ausbildung" stellen ein Hecken-Grünlandkomplex und ein Grabenbruchsystem dar. 348 m Landkreis Hersfeld-Rotenburg überwiegen bei den 13 landesweit bedeutsamen Lebens- -äumen solche, die ein „großflächiges Mosaik aus naturnahen Biotopen und extensiv genutzten Flächen in optimaler Ausprägung" bilden. Dazu gehören fünf Hecken-Streuobst- rirünland-Komplexe, - zwei davon im unmittelbaren ehemaligen Grenzbereich - und drei ‹alkbuchenwald-Kalkmagerrasen-Grünland-Gehölz-Komplexe. Ausgedehnte örtlich orchi- leenreiche Kalkmagerrasen sowie eine Salzwiese sind als „Biotoptypen in optimaler Aus- prägung" einzustufen. Die „naturnahe Zonation entlang von Standortgradienten in optimaler Ausprägung bzw. großer Ausdehnung" stellt das wertbestimmende Kriterium für einen natur- nahen Bachlauf und einen großflächigen Auenabschnitt dar. 28 Gebiete des Landkreises Fulda sind von landesweiter Bedeutung. Dem oben beschrie- jenen „Rhön-Komplex" sind 14 Flächen zuzuordnen. Weiteren sechs Flächen fehlt zwar der Naldanteil, ansonsten sind aber auch sie als „großflächiges Mosaik aus naturnahen Biotopen und extensiv genutzten Flächen in optimaler Ausprägung" zu beschreiben. Das Kriterium ,naturnahe Zonation entlang von Standortgradienten in optimaler Ausprägung bzw. großer Ausdehnung" trifft auf mehrere Flächen mit naturnahem, mesophilen Buchenwald in geolo- gisch bedingter Vielfalt und einige als landesweit bedeutsam bewertete Talräume zu.„Biotop- typen in optimaler Ausprägung" bilden einige Kalkmagerrasen-Komplexe und Flächen mit naturnahen Feuchtwäldern.

Sämtliche als landesweit bedeutsam bewertete Komplexe stellen naturraumtypische, teils großflächige Lebensräume dar. Eine einstweilige Sicherstellung als Naturschutzgebiet (sofern noch nicht erfolgt) ist umgehend erforderlich, ein detailliertes präzisiertes Schutzwürd igkeits- gutachten sollte baldmöglichst erstellt werden.

7.3 Regional bedeutsame Lebensräume im Grenzstreifen

Aufgrund der Datenlage erreichen die übrigen kartierten Lebensräume des Grenzstreifens bislang keine höhere Wertstufe als „regional" bzw.„ lokal bedeutsam".Anhand einiger Hinweise in den Beschreibungsbögen und von Vorschlägen der Kartierer sollte jedoch für weitere, in nachfolgender Tabelle (Tab. 7) aufgeführte Komplexe und Biotope dieser Kategorie ein präzi- sierendes Gutachten angefertigt werden, um die Schutzwürdigkeit gegebenenfalls zu bestä- tigen.

349

Tabelle 7: Zu begutachtende regional bedeutsame Lebensräume

Landkreis Werra-Meißner

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

4524 K 502 Hübenberg bei Hübenthal K 751 Niederwald und Trockenhang am Röneberg

4724 K 002 Epberg bei Gertenbach K 003 Ringwall Burgberg bei Ermschwerd K 006 Krumbach und Wilhelmshäuser Bach K 011 Berksbach und Mittelbach bei Roßbach K 012 Heckenlandschaft und Trockenrasen am Mittelberg K 251 Kalk-Buchenwald bei Neuseesen K 252 Bachtälchen am Fuß der Ruine Haustein K 254 Flachs-Bach K 502 Gelsterbach und Bahndamm bei der Erbsmühle K 503 Talgrund zwischen Uengsterode und dem Querenberg K 504 Heckengebiet bei Uengsterrode K 753 Kupferbach Quelle bis Mündung in die Berka K 757 Oberlauf des Hollenbach K 759 Hielöcher nordwestlich Frankershausen K 760 Heckengelände nördlich Frankershausen K 767 Hoher Ahrenberg nördlich Bad Sooden-Allendorf K 771 Waldkomplex Hasselkuppe, Gelsterburg, lberg, Dachskopf K 773 Hämmelsberg westllich Kammerbach B 009 Kalkacker am NSG Heegen

4726 K 508 Werra-Prallhang östlich Bad Sooden-Allendorf

4924 K 263 Weingraben südöstlich Weidenhausen K 264 Heu-Berg nördlich Wichmannshausen K 851 Dolinengelände östlich Berneburg K 870 Waldkomplex östlich Sontra K 872 Magerrasenkomplex nördlich Donnershag

4926 K 008 Weinberg nördlich Reichensachsen K 507 Ottilien-Berg südlich Ulfen K 510 Eichenberg südlich Rittmannshausen K 511 Talaue Feuchtwiese Lüderbach K 512 Mischwald südlich Breitau

350 Landkreis Hersfeld-Rotenburg

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

4924 K 752 Hersfelder Grund K 753 Westliches Nebental vom Hersfelder Grund

5124 K 252 Ulfe Tal K 376 Wald am Strüffel und am Salzlackenrück K 377 Stubbachtal bei Roßdorf K 752 Motzbach K 827 Limmesberg und Herfabach bei Wölfershausen K 888 Stöckig/Ruppershöhe bei Ransbach B 837 Kalksumpf von Motzfeld

5324 K 378 Ulstersack bei Mansbach

351 Landkreis Fulda

TK 50 Nummer Komplexe/Biotope Nr. Name

5324 K 001 Wiesen-Gehölz-Komplex Ringberg K 002 Lichtberg K 003 Rückers-Berg Appelsberg K 005 Wiesels-Berg K 251 Am Steiger K 254 Kalk-Magerrasen zwischen Soisdorf und Lehnchen B 755 Schwarzehauk B 756 Gickershauk B 767 Kalk-Magerrasen bei Mittelaschenbach B 771 Magerrasen westlich Kattehauk B 775 Wald bei Haselstein B 778 Oders-Berg

5326 K 501 Staufelsberg

5524 K 255 Schackenberg K 256 Harbachstein K 759 Fuldatal zwischen Obernhausen und Gersfeld B 257 Am Osthang des Ehrenbergs B 258 Waldbereich des Nord-Ehrenberges B 270 Hohlstein B 271 Östlich Bubenbader Stein B 273 Waldbereich am Nordhang des Winterberges B 274 Waldbereich am Mauerscheller Wasser/Nüst B 275 Waldbereich im Pfuhlwald B 278 Hessenliede B 287 Küppel nördlich Hessenliede

5526 B 003 Basaltblockhalde südlich des Geheges B 004 Waldbereich des Geheges B 008 Eiskaute B 009 Eiskaute B 012 Osthang Ehrenberg

Von 72 auf ihre Schutzwürdigkeit zu überprüfenden Flächen liegen 32 im Werra-Meißner- Kreis,10 im Landkreis Hersfeld-Rotenburg und 30 im Landkreis Fulda. Naturnahe Wälder übel Kalk, Basalt und Buntsandstein, naturnah zonierte Talräume, Grünland-Magerrasen-Gehölz- Komplexe und Kalkmagerrasen finden sich ebenso darunter wie Kalksümpfe, Kalkäcker Blockhalden und Kiefernwald-Magerrasen-Komplexe. Im Gegensatz zu den national unc landesweit bedeutsamen Flächen, die in erster Linie naturraumtypische Lebensräume in groß- flächiger, vollständiger Ausprägung repräsentieren, sind die hier benannten kleinflächiges ausgebildet oder stellen Sonderstandorte dar. Eine Ausweisung zum Naturschutzgebiet wirc empfohlen.

352 B. Zusammenfassung

Nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten hat sich die Situation im ehemaligen „Zonenrandgebiet" grundlegend verändert. Die Bedeutung der grenznahen Gebiete rückte aus der Sicht des Naturschutzes und der Landschaftspflege in den Mittelpunkt des Interesses.

Bereits seit langem war bekannt, daß die zu beiden Seiten der innerdeutschen Grenze anschließenden Landschaftsräume, vor allem aber auch der eigentliche Grenzbereich aus der Sicht des Naturschutzes hochwertige Gebiete in großer Zahl beherbergen. Infolge der poli- tischen Veränderungen ist zu erwarten, daß sich ein ganz wesentlicher Nutzungsdruck auf diese Flächen im Grenzgebiet einstellen wird. Aus diesem Grunde wurde im Sommer 1990 im Auftrage des hessischen Ministeriums für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz im hessisch-thüringischen Grenzbereich eine umfangreiche Kartierung (über 200.000 ha) zur Abgrenzung besonders schutzwürdiger Gebiete durchgeführt. Ziel der Untersuchung war es, in einem ca 10 km breiten Streifen entlang der Grenze zwischen Hessen und Thüringen in den Landkreisen Werra-Meißner, Hersfeld-Rotenburg und Fulda „Vorranggebiete für den Naturschutz" und „Defiziträume" zu erheben und somit die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegenüber den Eingriffsdisziplinen und anderen Interessengruppen in diesem sensiblen Raum wahren zu können. Die „Grenzland- kartierung" stellte weiterhin einen Probelauf zu der in Planung befindlichen hessischen Arten- und Biotopkartierung dar und diente insofern der Erprobung von Kartierungsmethoden, Bewertungsrahmen und Datenbank-Software. Eine den vorgegebenen Zielen angepaßte Kartierungsmethode wurde entwickelt. Anhand eines überarbeiteten Biotoptypenschlüssels sind schutzwürdige Biotope kartiert und zu groß- räumigen Biotopkomplexen zusammengefaßt worden, diese wurden als Vorranggebiete für den Naturschutz erfaßt und bewertet. Intensivst genutzte Gebiete wurden als „Defiziträume" kartiert. Auf Grundlage des neu erarbeiteten Kartierungskonzeptes wurden im Sommer 1990, in einem Zeitraum von nur 14 Wochen, im hessisch-thüringischen Grenzbereich 274 Biotopkomplexe und 465 Biotope in 455 Flächen erfaßt, beschrieben und kartenmäßig im Maßstab 1 : 50.000 dargestellt. 839 Tier- und Pflanzenarten sind im Rahmen der Kartierung belegt worden. Hinzu kommt die Ausweisung von 43 Defiziträumen. Zur Auswertung der Kartierungsergebnisse wurde ein mehrstufiger Bewertungsrahmen entwickelt. Die vergleichende Bewertung der Ergebnisse stuft 20 Komplexe als national bedeutsam und 71 Komplexe und Biotope als landesweit bedeutsam ein. Für diese naturraum- typischen, meist großflächigen Lebensräume wird die umgehende einstweilige Sicherstellung als Naturschutzgebiet vorgeschlagen. Weitere 50 Komplexe und 22 Biotope, die zumindest regional bedeutsam sind, sollten eben- falls umgehend detailliert begutachtet und unter Schutz gestellt werden. Schnelles Handeln erscheint angezeigt, da in ca 70% der kartierten wertvollen Biotope/ Komplexe einer oder mehrere Gefährdungsfaktoren akut beobachtet wurden. Anhand der vorliegenden Ergebnisse wird deutlich, daß die Grenzstreifenkartierung den zwei an sie gestellten Anforderungsschwerpunkten - Probelauf für das hessische Arten- und Biotopschutzprogramm (HAB) - Grundlage für konkretes Verwaltungshandeln der Naturschutzbehörden gerecht wurde. 353 Für die weitere Entwicklung eines HAB sollten die dargestellten Ergebnisse, Erfahrungen unc Verbesserungsvorschläge berücksichtigt werden. Insbesondere ist eine EDV-Konfiguratior anzustreben, die zumindest die Verknüpfung von Daten aus Biotop- und Artenkartierunger ebenso ermöglicht wie deren raumbezogene Aufbereitung.

Die erarbeiteten Kartierungsmethoden sowie der Bewertungsrahmen können als erprobte Grundlagen zur Weiterverwendung herangezogen werden.

Die realisierte Konzeption erwies sich bei der großräumigen Inventarisierung von Vorrang- flächen für den Naturschutz und deren Bewertung, insbesondere unter dem Blickwinkel eines Aufwand-Nutzen-Analyse als erfolgreich, liefert sie doch in hinreichender Schärfe relatix schnell Grundlagen für den hoheitlichen Vollzug, die Sicherstellung von Schutzgebieten Fakten für raumplanerisches Handeln und den Vertragsnaturschutz. Vorangegangener Artikel stellt die überarbeitete Fassung des „Abschlußberichts zur Biotop- kartierung im hessisch-thüringischen Grenzbereichs", März 1991, dar. Dieser entstand ir Zusammenarbeit von Hessischer Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. (HGON) Fachgebiet „Naturschutz" der Universität Marburg - Prof. Dr. H. PLACHTER und Mitarbeiter sowie B. ACHTERHOLT, B. ADAM, U. DEICHMANN, R. ECKSTEIN, M. HERMANN Dr. R. KUBAT, C. NECKERMANN, W. NEU und Dr. U. SCHWEVERS. Besonderer Dank gebührt den zahlreichen Gebietskennern und ehrenamtlichen Naturschüt- zern, ohne deren freundliche Überlassung ihrer Beobachtungsdaten die Kartierung nicht ir dieser Form hätte zustandekommen können.

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3OHN, U., Bonn.

)RACHENFELS, 0.v., Niedersächsisches Landesverwaltungsamt - Fachbehörde für Natur- schutz.

3ÖRNER, M., Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle, AG Jena.

I ELMECKE, K., Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle, AG Jena. -I I EKEL, W., Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz Halle, AG Jena

EISSENWEBER, F., Coburg. ✓OWINKEL, K., Biologische Arbeitsgemeinschaft Grüne Grenze Eichsfeld, Göttingen.

11. Anhang

)er Anhang beinhaltet folgende Unterlagen:

I .) Erfassungsbogen für Biotoptypen 3.) Erfassungsbogen für Arterhebung

3.) Erfassungsbogen für Biotop-Komplexe

1..) Beschreibungsbogen 5.) Biotoptypenschlüssel

Anschrift der Verfasser: 3ARBARA FISELI US, Spessartstraße 53, 6483 Bad Soden-Salmünster =RIEDRICH KÜHN EL, Albert-Bossler-Straße 2a, 6300 Gießen.

359 Biotopkartierung Grenzstreifen Hessen/Thüringen BIOTOPTYPEN

Biotop-Nr.: zu Komplex:

H Erstkartierung H Folgekartierung Datum:

Bearbeiter: Quelle:

Objektbezeichnung: TK50 Nr.: Naturraum Nr.: Landkreis: Gemeinde(n): Kennz.:

Gemarkung: I Koord. RW: HW: Unschärfe (m):

Geologie/Boden: Trophie: Wasserhaushalt: Exposition: Höhe (min): Höhe (max):

Biotoptyp: Nr.: Sonderstrukturen im Biotop (Habitate): Nr.: / Nr.: Nr.: / Nr.:

Schutzstatus: Schutzvorschlag: Gefährdungen: [] Landwirtschaft: [] Forstwirtschaft: [] Jagd: [] Wasserbau: [] Fischerei: [] Bebauung: [] Freizeit/Erholung: [] Deponien: [] Mat. Entnahme: [] Sonstiges:

Bemerkungen:

360 40 Bemerkungen (zB. engerer Fundort, Habitat)

Fauna/I-lora

39

Artbestimmung durch:

38 Bestands- Artmäch- tigkeit

Schätzung/

37 Nachweis- typ

36

Entwickl.-

stadium

Fauna

35

Brutpaare Individuen

Status Status oder:

Anzahl

Brutpaare

oder: 34 Anzahl (zB: 4 BP)

Individuen -

-

33 (Tag, Monat, Datum

Jahr)

i-auiia, ......

32 Art )99f. Unterart) Biotopkartierung Grenzstreifen Hessen/Thüringen BIOTOPKOMPLEXE

Komplex Nr.: Datum: Objektbezeichnung: Bearbeiter:

TK50 Nr.: / / Naturraum Nr.: / Landkreis: Gemeinde(n): Kennz.: / Koord. RW: NW: Unschärfe (m):

Nr. d. Einzelbiotope:

Schutzwürdigkeit:

Bemerkungen:

Gefährdungen: [] Landwirtschaft: [] Forstwirtschaft: [] Jagd: [] Wasserbau: [] Fischerei: [] Bebauung: [] Freizeit/Erholung: [] Deponien: [] Mat. Entnahme: [] Sonstiges:

362 Biotopkartierung Grenzstreifen Hessen/Thüringen

Biotop-Nr.: / Komplex-Nr.:

Bearbeiter/in:

Beschreibung und Bewertung des Biotops/ des Biotopkomplexes:

363 Anlage 5: Biotoptypenschlüssel Hessen - verwendet in der Grenzbereichskartierung 1991

01.000 Wald 02.300 nasse 01.100 Laubwald 02.900 Sonstige: 01.110 Buchenwald 01.111 bodensaurer- 03.000 Streuobst und sonstige 01.112 mesophiler- Baumbestände 01.113 Kalk- 03.100 Streuobst 01.114 Buchenmischwald 03.200 Obstplantage (forstlich überformt) 03.300 Baumschule 01.119 Sonstige: 03.900 Sonstige:

01.120 Eichenwald 04.000 Einzelbäume und Baumgruppen 01.121 Eichen-Hainbuchenwald 04.100 Einzelbaum 01.122 Eichenmischwälder 04.200 Baumgruppe (forstlich überformt) 04.300 Allee 01.123 bodensaurer, thermophiler 04.400 Ufergehölzsaum Eichenwald 04.500 Kopfweiden 01.129 Sonstige: 04.600 Feldgehölz (Baumhecken) 04.900 Sonstige: 01.130 wassergeprägter Laubwald 01.131 Hartholzaue 05.000 Gewässer, Ufer, Sümpfe 01.132 Weiden-Weichholzaue 05.100 Quellgebiete 01.133 Erlen-Eschen-Bachrinnenwald 05.200 Fließgewässer 01.134 Schwarzerlenbrüche 05.210 natürliche Bachläufe, 01.135 Birkenbrüche kleine Flüsse 01.139 Sonstige: 05.220 naturnahe Flüsse/Flußabschnitte 05.230 Altarme, Altwasser 01.140 Schlucht- Blockschutt-Laubwald 05.240 Gräben 01.141 Edellaubholzreiche Schlucht-, 05.250 begradigte und ausgebaute Schatthang- und Blockschuttwälder Bäche 05.260 Kanäle und ausgebaute Fluß- 01.150 Pionierwald abschnitte 05.290 Sonstige: 01.190 Sonstige Laubwälder 05.300 Stillgewässer 01.200 Nadelwald 05.310 Seen >5 m tief, >1 ha 01.210 Kiefernwald 05.311 oligo-mesotroph 01.211 Sandkieferwald 05.312 eutroph 01.219 Sonstige: 05.319 Sonstige:

01.220 Fichten 05.320 Flachseen, Weiher <5 m tief, >1 hz 01.230 Lärchen 05.330 Kleingewässer <1 ha 01.290 Sonstige Nadelwälder 05.331 ausdauernde- 05.332 temporäre- 01.900 Sonstige Wälder 05.333 Moorgewässer 05.339 Sonstige: 02.000 Gebüsche, Hecken, Säume 02.100 trockene bis frische, saure- 05.340 Künstliche Stillgewässer 02.200 trockene bis frische basenreiche- 05.341 Stauseen, 364

Aus postalischen Gründen können die Preise für die besprochenen Bücher nicht bei den Besprechungen aufgeführt werden. Aus diesem Grunde werden die Preise an dieser Stelle nachgetragen:

D. AICHELE (1991): Was blüht denn da? DM 28,-

D. AICHELE & SCHWEGLER (1991): Unsere Gräser... DM 49,80

D.BANG & P. DAHLSTRÖM (1986): Tierspuren DM 19,80

R. BERNDT& G. BUSCHE (1991): Vogelwelt Schleswig-Holsteins. Entenvögel I DM 45,- E.BEZZEL, P. BARTHEL, -I. H. BERGMANN & HELB (1991): Ornithologen-Kalender '92 DM 14,80

N. DIERL&W. RING (1988): Insekten DM 39,80

\. FREDE (1991): Rote Listen für den Landkreis Waldeck-Frankenberg DM 24,50

3. GENSBOL&W. THIEDE (1991): Greifvögel DM 68,-

\. HARRIS, _.TUCKER &K.VINICOMBE (1991): Vogelbestimmung für Fortgeschrittene DM 49,90

J. HECKER (1989): Bäume und Sträucher DM 26,-

E. JEDICKE (1990): Biotopverbund DM 78,-

5.P. KOSLLER (1991): Wald im Süden Frankfurts DM 25,-

A. LOHMANN & V. EISENREICH (1991): Die Natur im Jahreslauf DM 19,80

5. MATZ& D. WEBER (1983): Amphibien und Reptilien DM 39,90

4.&F. MELDE (1991): Die Singdrossel DM 24,80

3. MUUS & DAHLSTRÖM (1990): Südwasserfische Europas DM 39,80 laturschutz und Landschafts- Zeitschrift für angewandte Ökologie. lanung Jahresabonnement: DM120,-

NOVAK & F. SEVERA (1991): Der Kosmos Schmetterlingsführer DM 34,- i. SINGER & H. DILLER (1983): Sängertiere DM 24,-

WESTPHAL (1991): Botulismus bei Vögeln DM 29,80 Bezugsbedingungen: Die ersten Jahrgänge „Vogel und Umwelt" (auch Einzelhefte) können noch nachg. werden. Bezug durch Staatl. Vogelschutzwarte für Hessen, Rhld.-Pfalz und Saa Steinauer Straße 44, 6000 Frankfurt am Main 61. Preis: 1980 -1984: DM 5,-/ Heft ab ' DM 7,- / Heft +Versandkosten.

Die Beauftragten der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz Saarland erhalten diese Zeitschrift über ihre Kreis- bzw. Gemeindeverwaltungen.

Mitglieder des Landesverbandes Hessen e.V. im Nabrschutzbund Deutschland • bitte ihre Bestellung an Frau Hildegard Ey, Scharfensteiner Straße 17, 6200 Wiesbaden, die Mitglieder der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V. an Klaus Ferner, Südliche Ringstraße 195, 6070 Langen. Der Schriftentausch erfolgt durch die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheini: Pfalz und Saarland, Steinauer Straße 44, 6000 Frankfurt am Main - Fechenheim. Der Bezugspreis beläuft sich z. Z. bei drei Heften jährlich auf DM 25,- inkl. Vers:: kosten. Nach Erhalt der Rechnung bitten wir den Gegenwert prompt auf das angelte:i Postgirokonto zu überweisen.