Debattenbeiträge Zu Politik, Wirtschaft, Gesellschaft & Kultur
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Debattenbeiträge zu 3 – innen heraus ISRAEL ein Blick von Politik, Wirtschaft, ISRAEL Gesellschaft & Kultur Gesellschaft & Kultur Wirtschaft, zu Politik, Debattenbeiträge ein Blick von innen ISBN 978-3-948250-18-8 heraus 3 ISRAEL ein Blick von innen heraus 3 Debattenbeiträge zu Politik, Wirtschaft, Gesellschaft & Kultur Inhalt Zur Einführung 5 I Hegemonie IV Ökonomie Hin zur linken Hegemonie in Israel 9 Gewerkschaften in Israel: 73 Dani Filc die Geschichte der Haifa Chemicals Ziv Adaki In der Mitte angekommen: Israels radikale Rechte 15 Ran Yosef Cohen Die doppelte Instrumentalisierung 81 ausländischer Pfeger*innen in Israel Idit Lebovitch-Shaked II Land V Perspektiven Wem gehört das Land? 31 Landbesitz und Ungleichheit in Israel Gadi Algazi Süd-Tel Aviv – Hinterhof einer Hightechstadt 91 Tsafrir Cohen & Einat Podjarny Westbank: das System der Landnahme 39 Dror Etkes „Es kann sein, dass wir verlieren, aber es lohnt 99 sich zu kämpfen.“ Dov Khenin im Gespräch Aufnahmekomitees als Mittel zur 49 Netta Ahituv Aufrechterhaltung der Segregation Fadi Shbita Die Bühne als ethische Anstalt: 105 Interview mit Theaterregisseurin Ofra Henig Tali Konas III Waffen Die Rosa-Luxemburg-Stiftung in Israel: 110 eine dreifache Funktion Waffenexporte: das Geschäft mit dem Krieg 57 Unsere Partner vor Ort: eine Auswahl 112 Sahar Vardi Glossar 116 Schusswaffen in Israel: Realität, Politik 65 und feministische Kritik Impressum 120 Rela Mazali & Meisa Irshaid Zur Einführung Mit einem dritten Reader dieser Art, einer Auswahl von Texten von unserer Webseite, möchten wir einer interes- sierten deutschsprachigen Öffentlichkeit erneut einen Ein- blick in die Verfasstheit der israelischen Gesellschaft und in innerisraelische Diskurse ermöglichen: in ungerechte Verhältnisse und in erfolgreiche und weniger erfolgreiche Kämpfe um eine bessere Welt. Natürlich sind wir als Rosa-Luxemburg-Stiftung bewusst parteiisch, doch es ist uns ein Anliegen, unterschiedli- che Perspektiven aufzuzeigen. Folglich fnden sich in al- len unseren Veröffentlichungen linksliberale und linksradi- kale, zionistische, postzionistische und nicht zionistische Standpunkte sowie gewerkschaftsnahe und akademische Stimmen nebeneinander. Die zur Sprache kommenden Positionen entsprechen deshalb nicht unbedingt denen der Rosa-Luxemburg-Stiftung, dafür können Sie auf die- sen Seiten eine wachsende Zahl israelischer Autor*innen kennenlernen, die die Pluralität des progressiven Israels widerspiegeln. Die letzten eineinhalb Jahre waren geprägt von drei auf- einanderfolgenden Wahlgängen, über die wir auf unserer Webseite www.rosalux.org.il eingehend berichtet haben, sowie von der Corona-Krise. Diese nutzte Premierminister Benjamin Netanjahu im Frühjahr 2020, um eine neue Koa- lition mit seinem Rivalen BennY Gantz zu schmieden. Zwar ist diese Allianz durch die Beteiligung von Gantz‘ Bündnis Blau-Weiß und die Arbeiterpartei stärker in Israels Mitte verankert als die Vorgängerregierung. Doch nicht nur die vorerst auf Eis gelegten Bestrebungen, Teile des Westjord- anlands völkerrechtswidrig zu annektieren, zeigen, dass sie einem rechtsnationalistischen Diskurs verhaftet bleibt. Wie es Israels radikaler Rechter in den vergangenen Jahren erfolgreich gelang, ihre Weltsicht in der Mitte der Gesellschaft zu verankern, beschreibt der ehemalige Ge- schäftsführer der israelischen Ärzte für Menschenrech- te, Ran Cohen. In seinem Beitrag zeichnet er den Prozess nach, durch den Israels Rechtsextreme den Mainstream erobern konnten. Er identifziert die Akteure und fragt nach ihren Zielen und Strategien ebenso wie nach der Verstri- ckung staatlicher Institutionen in ihren Aufstieg. In einem weiteren Beitrag fragt der Politikwissenschaftler Dani Filc, wie die israelische Linke – dem Beispiel der israelischen Rechten folgend, die Gramscis Strategie des Kampfs um Hegemonie verinnerlicht hat – ein hegemoniales Projekt vorantreiben kann, in dessen Zentrum Demokratie, sozio- ökonomische und politische Gleichheit und ein Ende der Besatzung der Palästinensergebiete stehen. Nicht nur in Israel kann von einer rechten Hegemo- nie gesprochen werden, sondern in unterschiedlichen Staaten weltweit. Eine Folge hiervon ist der Aufstieg Do- nald Trumps zum Präsidenten der USA, dessen Allianz mit Israels Premier Netanjahu den „Deal des Jahrhun- derts“ gebar. Dieser hat zum Ziel, die gegenwärtigen 5 Mechanismen zur Entrechtung der unter Besatzung le- einen Mikrokosmos der Kämpfe, die für Israel richtungs- benden Palästinenser*innen zum international beglaubig- weisend sind, über die Teilung einer Stadt und Spaltung ten Dauerzustand machen. Zwar erscheint eine Umset- einer Gesellschaft, über einen Ankunftsort für Gefüch- zung des Deals zur Zeit unwahrscheinlich, doch knüpft er tete und Migrant*innen, Abschottungspolitik, systemati- an die bisherige Praxis der israelischen Regierungen an, sche Diskriminierung und das progressive Potenzial des mithilfe von Landplanung Palästinenser*innen in dicht be- Hinterhofs Tel Avivs. völkerte Enklaven zu drängen. Der Forscher und Aktivist Eine der wenigen Personen des öffentlichen Lebens in Dror Etkes zeichnet in seinem Beitrag den andauernden Israel, die sich mit all den angeschnittenen Themen be- Prozess der Enteignung palästinensischen Lands zuguns- fasst, ist der ehemalige Knesset-Angeordnete Dov Khe- ten israelischer Siedler*innen nach. Solche Prozesse wir- nin. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat die Erstellung einer ken nicht nur auf besetztem Gebiet, sondern auch in Isra- Dokumentation über diesen sehr besonderen Menschen el selbst. Während der Historiker Gadi Algazi sich mit der unterstützt. Zwölf Jahre lang begleitete Dokumentarflmer historischen Genese der Verteilung der Landressourcen Barak Heymann diese linke Symbolfgur von der sozialis- zugunsten der jüdischen Mehrheit beschäftigt, zeigt der tischen Chadasch/al-Dschabha. Das Ergebnis ist der Film Aktivist Fadi Shbita anhand der israelischen Institution der „Genosse Dov“, dessen Premiere in Israel mit Khenins Ab- (Siedlungs-)Aufnahmekomitees, wie auch heute noch die schied von der Knesset zusammenfel. palästinensische Minderheit im Land eine strukturelle Un- Schließlich führten wir ein Gespräch mit der Theater- gleichbehandlung erfährt. regisseurin Ofra Henig über politische Kunst, Feminis- Es gibt keinen anderen Weg, eine Besatzung durch- und mus und Machtverhältnisse. Henig ist eine selten inte- umzusetzen, als mit Macht und Gewalt. Die zentrale Rol- gre Künstlerin, die mit jüdischen und palästinensischen le des Militärs in Israel spiegelt sich vielleicht am besten Schauspieler*innen zu hoch politischen Themen zusam- im Erfolg des Landes beim Export von Waffen und Militär- menarbeitet und dabei echte jüdisch-arabische Partner- technologien wider. Dieser, so Aktivistin Sahar Vardi, er- schaft auf Augenhöhe vorlebt – und diese nie missbraucht, folgt ohne Regulierung und Transparenz und führt zu gra- um hieraus politisches Kapital zu schlagen, sondern die vierenden Folgen für Menschenrechte im Ausland, aber Kooperation als natürliches Ergebnis des Lebens in einem auch im Inland. Was Waffen im Inland tatsächlich anrich- Land wie Israel versteht. ten, beschreiben die Aktivistinnen und Forscherinnen Rela Wer auf den Geschmack gekommen ist, ist herzlich ein- Mazali und Meisa Irshaid: Die wachsende Verfügbarkeit le- geladen, unsere Webseite www.rosalux.org.il zu besuchen. galer und illegaler Waffen und die fehlende Durchsetzung Dort behandeln wir viele Themen, die hier zu kurz kommen, von Recht und Ordnung führen zu einer enormen Zunah- seien es soziale Kämpfe oder Israels Platz im und als Teil me von organisierter Kriminalität, Schießereien und inner- des Nahen Ostens. Dazu bieten wir weitere Formate wie familiärer Gewalt. Gesellschaftsreportagen oder feuilletonistische Beiträge. Der vierte Teil dieses Readers befasst sich mit dem Wan- Die Webseite wird fortwährend aktualisiert und ist spezi- del, den der Begriff der Arbeit in den vergangenen Jahr- ell für Leser*innen konzipiert, die keine Expert*innen sind. zehnten durchlaufen hat. Darin formuliert die Publizistin Dort fnden Sie ebenfalls ein ausführliches Glossar, Quel- Ziv Adaki eine linke Kritik an dem Versuch, die israelische lenangaben und weiterführende Lektüreempfehlungen, Arbeiterschaft in einer Institution zu vereinen. Anhand der die diese Publikation ergänzen. Wir freuen uns übrigens Geschichte des Werks von Haifa Chemicals wird so der auf Ihr Feedback, etwa über Facebook oder per E-Mail. Niedergang des legendären israelischen Gewerkschafts- Schließlich möchten wir uns bei folgenden Personen dachverbands der Histadrut und der vielversprechende bedanken: Bei Ursula Wokoeck Wollin, die nicht nur aus Aufstieg einer alternativen Gewerkschaft beschrieben. dem Hebräischen übersetzte, sondern die Texte mit An- Jene neoliberalen Globalisierungs- und Privatisierungs- merkungen und Erklärungen für die deutschsprachigen prozesse, die den Niedergang der Histadrut beschleunig- Leser*innen ergänzt hat; bei Daniel Ziethen, der eine vi- ten, zogen in Israel und weltweit tiefgreifende Veränderun- suelle Sprache für unsere Webseite entwickelt hat, unse- gen der Arbeitswelt nach sich – die durch die weltweite re Arbeit engagiert begleitet und zusammen mit Schro- Corona-Pandemie weiter beschleunigt werden. Dass nicht- eter & Berger für die sehr besondere Gestaltung dieser jüdische Migrant*innen seit den 1990er Jahren ihren Weg Veröffentlichungsreihe verantwortlich zeichnet; bei un- auf den israelischen Arbeitsmarkt fnden, ist eine Folge serem Berliner Berater Yossi Bartal; beim großartigen hiervon.