ORFF SCHULWERK INFORMATIONEN

Elementare Komposition Elemental Composition

Sommer 2012 86 Die ORFF-SCHULWERK INFORMATIONEN finden Sie auf der Website des Orff-Schulwerk Forums Salzburg unter folgender Adresse:

ORFF-SCHULWERK INFORMATIONEN is available on the website of the Orff-Schulwerk Forum Salzburg at the following address:

www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org [email protected] Orff-Schulwerk Informationen

Herausgegeben von Universität Mozarteum Salzburg, Carl-Orff-Institut für Elementare Musik- und Tanzpädagogik Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg Homepage: www.orffinstitut.at Telefon +43-(0)662-61 98-61 00 Telefax +43-(0)662-61 98-61 09 und Orff-Schulwerk Forum Salzburg Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg E-Mail: [email protected] Homepage: www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org

Redaktion Barbara Haselbach

Redaktionelle Assistenz Esther Bacher

Übersetzungen Barbara Haselbach, Margaret Murray, Miriam Samuelson, Shirley Salmon

Layout und Korrektur Esther Bacher, Micaela Grüner, Barbara Haselbach

Fotos René Heckmann, Chris Rögl, Peter Strauß, Sepp Wörgötter und privat

Satz Werbegrafik Mühlbacher, A-5082 Grödig

Druck OrtmannTeam GmbH, D-83404 Ainring

Diese Publikation wird Orff-Schulwerk Forum Salzburg ermöglicht durch Universität Mozarteum, Salzburg Carl-Orff-Institut der Universität Mozarteum Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ in Österreich MUSIK + TANZ + ERZIEHUNG: Orff-Schulwerk Gesellschaft Deutschland Schweizer Orff-Schulwerk Gesellschaft Studio 49 – Musikinstrumentenbau Gräfelfing

Nr. 86 Sommer 2012 Alle Rechte vorbehalten – Nachdruck und Übersetzung nur nach Rücksprache mit der Redaktion

1 INHALT / CONTENT Barbara Haselbach Editorial/Editorial ...... 4

THEMENSCHWERPUNKT: ELEMENTARE KOMPOSITION MAIN THEME: ELEMENTAL COMPOSITION Wolfgang Hartmann Musik erfinden – Grundsätzliche Überlegungen zum Komponieren mit Kindern ...... 7 Inventing – basic considerations concerning composing with children . 9 Linda Locke Composition with Year 6 students in a primary school ...... 10 Komponieren mit Schülern der 6. Klasse einer Grundschule in Neuseeland . . 15 Klaus Feßmann „Componere“ in Zeiten von GarageBand ...... 16 “Componere” in times of GarageBand ...... 20 Thomas Hauschka Improvisieren und Komponieren auf den Spuren Wilhelm Kellers ...... 21 Wilhelm Keller’s way of improvising and composing ...... 25 Verschiedene Autoren Ausgewählte und kommentierte Literatur zum Thema ...... 26 Selected and annotated Literature on the theme ...... 28

AUSDER PRAXIS / FROM PRACTICAL WORK James Harding Put together by chance: three composition projects from the classroom . . . . . 30 Gestaltungen unter Zufallsaspekten: drei Kompositionsprojekte in der Schule . 34 Ulrike E. Jungmair Vom Sprachspiel aus der Bewegung zum Elementaren Klangsatz ...... 35 From word-games from movement to Elemental composition ...... 39 Christoph Maubach Elemental music making: out of movement – for dance ...... 40 Elementares Komponieren: aus der Bewegung zum Tanz ...... 43 Ines Mainz Komponieren mit Kindern im Instrumentalunterricht ...... 45 Composing with children within instrumental lessons ...... 48 Rainer Kotzian Was du kannst, mache ich anders! ...... 49 What you can do, I do differently! ...... 52

WIRSTELLENVOR …/ WEPRESENT … Georg Angerer/ -Volksschule Traunwalchen ...... 54 Christiane Mikulik/ Carl Orff Primary School Traunwalchen ...... 59 Reinhold Wirsching

AUSALLER WELT / FROM AROUNDTHE Argentinien News from the Argentine Orff-Schulwerk Association (Dina Poch-Grätzer) . . . 61 Activities of Carl Orff Canada (Cathy Bayley) ...... 62 Deutschland Die Orff-Schulwerk-Gesellschaft Deutschland feiert ihren 50. Geburtstag (Micaela Grüner) ...... 63 Finland Looking back on JaSeSoi ry‘s activities in 2011 (Harri Sandborg) ...... 64 Iran How can Iranian music and Orff-Schulwerk come together? (Mastaneh Hakimi, Nastaran Kimiavi, Mani Bayat) ...... 64 Österreich Kompositionswettbewerb der Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ . . 68 Composition competition organized by the Austrian Orff-Schulwerk Association (Rainer Kotzian) ...... 69

2 Kreativkompanie xthesis ausgezeichnet mit dem „junge ohren preis“ 2011 . . 70 Kreativkompanie xthesis honoured with the “junge ohren preis” 2011 ...... 71 (Carolina Fink)

AUSDEM CARL ORFF-INSTITUT / FROMTHE CARL ORFF INSTITUTE Manuela Widmer Internationales Orff-Schulwerk Symposion 2011 „50 Jahre Orff-Institut“ . . . . 72 International Orff-Schulwerk Symposium 2011 “50 Years Orff Institute” . . . . 73 Barbara Haselbach Ausstellung „50 Jahre Orff-Institut“ auf Welttournee ...... 74 Exhibition “50 Years Orff Institute” on a world journey ...... 75 Barbara Haselbach Im Gespräch mit Univ. Prof. Sonja Stibi, der neuen Leiterin des Carl Orff-Instituts ...... 76 An interview with Univ. Prof. Sonja Stibi, the new director of the Carl Orff Institute ...... 78 Thomas Rösch In memoriam Dr. Werner Thomas (1910–2011) ...... 81 In memoriam Dr. Werner Thomas (1910–2011) ...... 82 Kordula Möser Tournee 2011 der Performancegruppe „Das Collectif“ ...... 84 The performing group Das Collectif on tour 2011 ...... 85 Ruth Burmann Arts without limits. Ein interkulturelles Erasmus-Intensivprogramm mit Musik, Tanz und Theater ...... 86 Susanne Rebholz / Künstlerische Zusammenarbeit in verschiedenen Bühnenproduktionen Doris Valtiner-Pühringer mit anderen Abteilungen der Universität ...... 88 Alexander Mildner Leipzig – Eine Winterakademie. Kooperation zwischen Carl Orff-Institut, Universität Mozarteum, Salzburg, und der Hochschule für Musik und Theater, Leipzig ...... 90 Shirley Salmon Fachtagung: 15 Jahre Schwerpunkt „Musik und Tanz in Sozialer Arbeit und Inklusiver Pädagogik“ am Carl Orff-Institut ...... 91

AUSDEM ORFF-SCHULWERK FORUM / FROMTHE ORFF SCHULWERK FORUM Barbara Haselbach Tagung des Orff-Schulwerk Forums 2011, Vorausschau 2012 ...... 92 Convent of the Orff Schulwerk Forum 2011, preview 2012 ...... 93

PUBLIKATIONEN / PUBLICATIONS Barbara Haselbach Studientexte zu Theorie und Praxis des Orff-Schulwerks, Bd. 1 (Hrsg.) Charlotte Fröhlich) ...... 95 Barbara Haselbach / 5o Jahre Orff-Institut 1961 – 2011. ORFF-SCHULWERK Micaela Grüner (Hrsg.) INFORMATIONEN Nr. 85 – Sonderheft(Elias Betz) ...... 96 Micaela Grüner Orff-Instrumente und wie man sie spielt (Werner Beidinger) ...... 98 Sofía López-Ibor Blue is the Sea (Shirley Salmon) ...... 99 Ruth Schneidewind Die Wirklichkeit des elementaren Musizierens (Micaela Grüner) ...... 100 Isabel Weinbruch Das musikalische Denken und Schaffen Carl Orffs (Anna Maria Kalcher) . . . 102

KURSE / COURSES ...... 104

ADRESSENDER MITARBEITERINNENUND SPONSORENDIESER AUSGABE / ADDRESSESOF CO-AUTHORSAND SPONSORSOFTHIS ISSUE ...... 105

3 fach die Frage nach dem Stellenwert der Elemen- taren Komposition im Unterricht gestellt. Das Forum wurde gebeten, neben anderen „Hausaufgaben“ auch die Auseinandersetzung mit dieser Thematik in die Hand zu nehmen. Eine Arbeitsgruppe äußerte den Wunsch, es solle eine mehrsprachige Sammlung möglichst zahlreicher Werke, die sich mit diesem Aspekt befassen, erstellt werden. Andere Kollegen schlugen vor, wir sollten eine internationale Studie zu Editorial diesem Thema durchführen.

Wir haben über die Möglichkeiten nachgedacht und zunächst einen anderen Weg gewählt, nämlich eine Ausgabe der Zeitschrift ORFF-SCHULWERK INFORMA- TIONEN zum Schwerpunkt „Elementare Komposition“ zu gestalten, in dem das Thema von unterschiedlichen Standpunkten und für verschiedene Zielgruppen dar- gestellt wird, um so unsere Leser und Lehrerkollegen wieder einmal auf die vielseitigen Möglichkeiten der Einbeziehung von Elementarer Komposition in den Barbara Haselbach Unterricht hinzuweisen.

Liebe Leserinnen und Leser, Die Beiträge reichen von aleatorischen Kompositio- liebe Kolleginnen und Kollegen! nen im Schulunterricht an der San Francisco School (HARDING), einem neuseeländischen Modell, das manchmal entwickeln sich Ereignisse ganz anders als einen Orchestermusiker als Kompositionslehrer für geplant … Schülerbeiträge zu einer Schulproduktion einlädt RFF CHULWERK Ich hatte mich im Sonderheft der O -S (LOCKE), vom Komponieren als Unterrichtsprinzip im NFORMATIONEN I (OSI 85) „50 Jahre Orff-Institut“ als Instrumentalunterricht (MAINZ) bis zu Kompositio- Redakteurin dieser Zeitschrift von Ihnen verabschie- nen Jugendlicher auf ihren Handys (KOTZIAN). Von det. Doch die Frage der Nachfolge gestaltete sich we- Beispielen, die mit Kursteilnehmern musikalische sentlich schwieriger als vorausgesehen und ist bis Formen aus der Bewegung (MAUBACH) bzw. aus der jetzt nicht vollständig geklärt. Für die nächsten Hefte Sprache (JUNGMAIR) erarbeiten bis zu umfassenden haben wir jeweils einen Co-Editor um Mitarbeit ge- thematischen Zusammenhängen, die im Komposi- beten. tionsunterricht am Carl Orff-Institut angeboten wer- den (FESSMANN) und einer Reflexion über das in den So liegt also die Verantwortung für diese Ausgabe im- 50er-Jahren revolutionäre „Handbuch der Tonsatz- mer noch in meinen Händen, und ich möchte Ihnen lehre“ von Wilhelm Keller, dem ersten Lehrer für Ele- erzählen, wie es zum Thema dieser Nummer kam. mentare Komposition am Orff-Institut (HAUSCHKA).

Im Juli 2011 fand in Salzburg die alljährliche Tagung Wir haben vorgeschlagen, auch die Berichte „Aus al- des Orff-Schulwerk Forums (Zentrum des internatio- ler Welt“ weitgehend am Thema der Elementaren nalen Netzwerks aller Orff-Schulwerk-Gesellschaften Komposition zu orientieren. Die Beiträge aus Öster- und der angegliederten Institutionen) statt, zu welcher reich und aus Iran sind dieser Anregung gefolgt. Delegierte aller Gesellschaften und der angeglieder- ten Institutionen eingeladen waren, um gemeinsam Wir hoffen, dass Ihnen die Vielzahl und Unterschied- über aktuelle, uns alle betreffende Themen und Fra- lichkeit der Artikel zu diesem Thema eine Fülle von gen zu diskutieren. In den Gesprächen wurde mehr- Anregungen bringen wird.

4 Besonderer Dank an Margareth Murray, die das Er- scheinen dieser Ausgabe durch ihre Übersetzungs- hilfe in letzte Minute möglich gemacht hat.

Themen der nächsten Nummern (Arbeitstitel): Winter 2012: Bericht über die Tagung des Orff- Schulwerk Forums 2012 zum Thema: Das Orff-Schulwerk und das Hu- mane, das Künstlerische und das Schulische Editorial (Redaktion: Barbara Haselbach und Mica Grüner) Dear Readers and Colleagues Sommer 2013: Das Lied in der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik Sometimes things turn out quite differently from the (Redaktion: Werner Beidinger und way one planned them … Barbara Haselbach) In the special issue of ORFF-SCHULWERK INFORMATIO- NEN (OSI 85) “50Years Orff-Institute” I said goodbye Winter 2013: Bericht über die Fachtagung zum to you as editor of this journal. But the question of a Thema 15 Jahre Studienschwerpunkt successor proved much more difficult than I had an- „Musik und Tanz in Sozialer Arbeit ticipated and is still not entirely settled. For each of und Inklusiver Pädagogik“ am Carl the next issues we have asked someone to act as Co- Orff-Institut Editor. (Redaktion: Barbara Haselbach und Shirley Salmon) Therefore the responsibility for this issue is still in my hands and I would like to tell you how we came to de- Wir wünschen Ihnen eine anregende und inspirie- cide upon its theme. rende Lektüre Ihre In July 2011 the Annual Meeting of the Orff-Schulw- Barbara Haselbach erk Forum (Centre for the International Network of all Orff-Schulwerk Associations and Affiliated Insti- tutions), to which delegates from all these Associa- Die einzelnen Beiträge stellen die individuellen Er- tions and Institutions were invited, took place in fahrungen und Ansichten der Autoren und Autorinnen Salzburg. They met to discuss current topics and dar und sind nicht unbedingt auch die offizielle Mei- points of question that concern us all. In the course nung des Carl Orff-Instituts oder des Orff-Schulwerk of the discussions several questions were posed as to Forums. the status of Elemental Composition in the classroom. In addition to other “homework” tasks the Forum was asked to take the exposition of this subject in hand. One working group expressed the wish that there should be made available a polyglot collection of as great a number of works related to this aspect as pos- sible. Other colleagues suggested we should carry out an international study on this theme. We have considered the possibilities and have first chosen a different way, that is, to devote an issue of the journal ORFF-SCHULWERK INFORMATIONEN to

5 “Elemental Composition” as a focal point, presented Working titles for themes of the next issues: in such a way that the theme is viewed from different Winter 2012: Report on the 2012 Meeting of the points of view and for different target groups, so that Orff-Schulwerk Forum on the theme: we can point our readers and colleagues once more to The humanistic, artistic and scholas- the many-sided possibilities for including elemental tic elements of Orff-Schulwerk composition in class teaching. (Editor: Barbara Haselbach and The contributions range from aleatoric compositions Mica Grüner) from the teaching at the San Francisco School (HARDING); to a New Zealand model in which a school Summer 2013: The Song in Elemental Music and invited an orchestral musician to mentor children’s Dance Pedagogy compositions for a school production (LOCKE); from (Editors: Barbara Haselbach and composing as a teaching principle in the instrumen- Werner Beidinger) tal lesson (MAINZ) to the compositions of young peo- Winter 2013: Report on the Faculty Meeting on the ple on their mobiles (KOTZIAN). From examples of mu- subject of 15 years of major studies sical forms made by course participants out of move- of “Music and dance in social work ment (MAUBACH) or out of speech (JUNGMAIR) to the and inclusive Pedagogy” at the Carl comprehensive thematic associations offered in com- Orff Institute position lessons at the Orff Institute (FESSMANN) and (Editors: Barbara Haselbach and a reflection on the 50 years of the revolutionary Shirley Salmon) “Handbook of Composition” by Wilhelm Keller, the first teacher of composition at the Orff Institute We wish you some stimulating and inspiring reading, (HAUSCHKA). yours We have also suggested that the reports “from around Barbara Haselbach the world” should be oriented towards elemental composition. The contributions from Austria and Iran have followed this impetus. The individual contributions represent the personal experiences and points of view of our authors, which We hope that the multiplicity and variety of the arti- are not necessarily those of the Carl Orff Institute or cles on this theme will provide a wealth of stimuli. the Orff-Schulwerk Forum.

Special thanks to Margareth Murray who helped with translations at the last minute.

6 flüssig. Aber wir sollten diesen Wandel nicht zu radi- kal sehen, denn – ob wir es gut finden oder nicht – Artikel zum noch immer wird unsere Musikpädagogik – und da vor allem die Instrumentalpädagogik – noch stärker Themenschwerpunkt vom Werkverständnis des 19. Jahrhunderts beein- flusst („Große Meister für kleine Hände“) als wir glauben. Selbstverständlich gibt es auch Instrumen- Articles related to talpädagogen, die das Verdienst haben, das Image des Komponisten und seiner außergewöhnlichen Tätig- the Theme keit aus dem Götterhimmel zur Erde gebracht zu ha- ben. Peter Heilbut, der Kinder zum Komponieren an- „Musik erfinden“ – Grundsätz- geleitet hat, soll stellvertretend für diese aufge- schlossenen Instrumentalpädagogen genannt werden. liche Überlegungen zum Kompo- Auch im Rahmen des Orff-Schulwerks war man vom nieren mit Kindern Anfang an um diese Bipolarität aus Improvisation und Komposition bemüht: Bereits in der ersten Sen- dereihe des „Orffschen Schulwerks“, dessen Aus- strahlung im September 1948 im damaligen „Radio München“ begann, wurden den Kindern neben den Spielformen zur Improvisation auch Anregungen zum Gestalten und Niederschreiben eigener kleiner Kom- positionen gegeben. Mag dahinter auch in erster Linie der didaktische Zweck der Verschriftlichung der ei- genen, improvisatorisch-experimentell erfahrenen Musik gesehen worden sein, so wird dies eben auch dem Wunsch gerecht, mit dem Tonmaterial etwas zu Wolfgang Hartmann schaffen, was über das spontane Musizieren hinaus- „Improvisation“ und „Komposition“ erscheinen in reicht und „Werkcharakter“ besitzt. Bezug auf den musikalischen Schaffensprozess wie So ist es durchaus verständlich, dass in den ORFF- zwei komplementäre Begriffe, zwei gegensätzliche SCHULWERK INFORMATIONEN (OSI) das Komponieren Vorgangsweisen. Während sich erstere „ereignet“ und der Kinder wiederholt thematisiert wurde. Auszugs- dabei Leichtigkeit, auch Flüchtigkeit und Unverbind- weise seien Ernst Wieblitz‘ „Komponieren mit Selbst- lichkeit versprüht und den Vorgang des Musizierens bauinstrumenten“ in OSI 40 (Winter 1987) genannt, selbst in das Zentrum stellt, verknüpfen wir das Kom- ebenso Ulrike Jungmairs „‚Komponieren wir was ...‘ ponieren mit sorgfältiger Planung und Konstruktion, – Erfahrungen aus den Neigungsgruppen ‚Elementa- geprägt vom Willen, etwas Beständiges zu schaffen, res Musizieren‘“ in OSI 56 (Sommer 1996) und Leo- zumindest etwas, das eine Zeit über den reinen Musi- nardo Riveiro Holgados „Vom Instrumentenbau zur ziervorgang hinausreicht. Damit verbunden scheint Elementaren Komposition – Prinzipien und Funda- intellektuelle Arbeit und Fachwissen und als Mittel mente“ in OSI 77 (Sommer 2007). Ganz selbstver- der Sicherung die Verschriftlichung von Klang. ständlich wird dabei auch der vermeintliche Antago- Nun könnte man diese Vorstellungen von Komponie- nismus zwischen Improvisation und Komposition ren als antiquiert abtun, schließlich haben moderne aufgelöst, wenn Wieblitz die Notwendigkeit der Im- Technologien dem Vorgang der „Klangkreation“ völ- provisation für die Komposition u. a. damit begrün- lig neue Dimensionen und Arbeitsmöglichkeiten er- det, dass dadurch „der Brunnen der inneren Bilder schlossen, um eine musikalische Gestalt darzustellen und Vorstellungen gefüllt [wird], aus denen dann ge- und aufzuführen. Partitur oder andere schriftliche Fi- schöpft und ausgewählt wird, wenn eine bestimmte xierungen als Koordinationsorgan werden dabei über- Idee gestaltet werden soll“.

7 Um dem Wesen und Bedeutung der Elementaren werk gibt es auch noch die Gestaltungsformen, die Komposition näher zu kommen, gilt es vorab, einige sich an grafischen Darstellungen orientieren. Hierzu Fragen zu klären: hat Wilhelm Keller mit seinen Bänden der „Ludi Mu- – Was bedeutet „Elementares Komponieren“? sici“ bahnbrechende Arbeit geleistet. – Was können und was wollen (!) Kinder eigentlich Abgesehen von diesen Möglichkeiten hat mich komponieren? während meiner gesamten beruflichen Laufbahn die – Wie sieht die Hilfe aus, die Lehrer bei diesem Tun Frage bewegt, welche Musik Kinder eigentlich s e l - geben können, ohne den kreativen Prozess zu sehr ber machen (im Sinne von Gestalten, nicht allein zu dominieren? im Improvisieren). Es geht um ein Musikmachen, bei – Welche musikalische „Sprache“ verwenden wir? dem Erwachsene, d. h. Lehrer, überhaupt nicht ein- greifen. Ich denke dabei an den Vergleich mit den Was bedeutet „Elementares Komponieren“? Möglichkeiten, die Kinder im bildnerischen Gestal- Es bietet sich an, hierzu Orff selbst zu befragen. Er ten haben. Auch da ist eine gestalterische Beschäfti- beschreibt in seinem häufig zitiertem Wort über Ele- gung ohne fremde Mithilfe möglich. Können (und mentare Musik diese als „immer mit Bewegung, Tanz wollen) Kinder eine eigene Musik machen, die ohne und Sprache verbunden, sie ist eine Musik, die man Vorgaben ganz aus ihnen selbst kommt?2 Um dieser selbst tun muss, in die man nicht als Hörer, sondern Frage nachzugehen, habe ich in meinen Kinderstun- als Mitspieler einbezogen ist. Sie ist vorgeistig, kennt den in Abständen versucht – alleine oder zusammen keine große Form, keine Architektonik, sie bringt mit hospitierenden Studenten – zu beobachten, was kleine Reihenformen, Ostinati und kleine Rondofor- Kinder tun, wenn man sie mit den Instrumenten al- men. Elementare Musik ist erdnah, naturhaft, körper- leine lässt. Das heißt es lagen im Raum die Instru- lich, für jeden erlernbar und erlebbar, dem Kind mente und „die Stunde hatte noch nicht begonnen …“ gemäß“.1 Verstehen wir also hier Elementares Kom- Nach einer kurzen Experimentierphase, bei der die ponieren als ein Gestalten von Musik, das Kinder un- Kinder die Instrumente ausprobierten und auch ter der behutsamen Anleitung eines Lehrers oder auch tauschten (nicht immer konfliktfrei!), nahmen sie selbständig ausführen können. Beispiele aus den meist musikalischen Kontakt miteinander auf. Dann Schulwerkbänden oder ähnlichen Sammlungen kön- folgten interessante Gestaltungsvorschläge wie: „Ich nen hierzu natürlich als Vorbild dienen. spiele zuerst einmal hinauf (mit dem Xylofon), dann Es sollte ein musikalisches Ergebnis sein, mit dem spielst du etwas (Triangel), und dann spiele ich wie- sich die Kinder identifizieren können, eine Musik, die der hinunter.“ Dies wurde dann ausgeführt, wieder- sie verstehen und die sie als „ihre eigene Musik“ auf- holt, u. U. wurden Instrumente getauscht oder ge- fassen können. Dadurch wird auch das Einstudieren wechselt. Da wurden keine Terzgänge gesucht, da anders erlebt: Es wird zu einem Vertrautmachen und ging es nicht um „Schönklang“, sondern man fand nicht zu einem formalen Vorgang des Auswendigler- meist Strukturen, die für alle verstehbar waren. nens. Ob dann die Komposition durch Niederschrift, Manchmal war es mir möglich, nach solchen Beob- durch eine elektronische Aufzeichnung oder durch achtungsphasen zu den Kindern zu gehen, und diese das Gedächtnis eine bleibende Qualität erhält, wird gewonnenen Formen in unsere Arbeit einzubauen zur Nebensache. oder gar daraus ein längeres Stück zu entwickeln. Wenn man nach solchen Erlebnissen bei Orff nach- Was können und was wollen (!) Kinder eigentlich liest, dann kommen einem die folgenden Sätze durch- komponieren? aus nicht idealistisch überhöht vor: „Die Musikan- Die Modelle des Orff-Schulwerks geben Beispiele, weisung beim Kind beginnt nicht in der Musikstunde, wie Kinder mit kleinen Reihen- und Rondoformen die Spielstunde ist der Ausgangspunkt. Man soll nicht und Ostinati gestalten können, die führende Hand des an die Musik heranführen, die Musik soll sich ein- Lehrers vorausgesetzt. So kann dann aus der „Musik stellen. Das Wichtigste ist, das Kind aus sich selbst für Kinder“ eine „Musik der Kinder“ werden. Neben heraus spielen zu lassen und alles Störende fern zu diesen modellhaften Beispielen aus dem Orff-Schul- halten ...“3

8 Wie sieht die Hilfe aus, die Lehrer bei diesem sicht und Ergebnis, zwischen „richtig“ und „falsch“ Tun geben können, ohne den kreativen Prozess klarer in Erscheinung tritt als dies bei freien Klängen zu sehr zu dominieren? der Fall ist. Dieses Spiel mit Klängen und freimetri- Schon der vorausgehende Abschnitt hat hierzu Stel- schen Sequenzen, das sich an Programmen orientie- lung bezogen. Beispielhaft und stellvertretend für ren kann, an szenischen Abläufen oder grafischen andere Veröffentlichungen finden sich im zuvor an- Notationsformen, schafft somit einen nötigen Gegen- geführten Artikel Jungmairs (OSI 56) unterrichtliche pol. Obwohl hierbei mehr Freiheit geboten ist, kön- Vorgangsweisen, wie sich die Prozesse des kollekti- nen dabei selbstverständlich auch qualitative Unter- ven Komponierens mit Kindern steuern lassen. Be- schiede in der Ausführung wahrgenommen und ge- hutsam werden hierbei Kinder zu ihrer Musik geführt. gebenenfalls korrigiert werden. Allerdings gelten Es werden ihnen Optionen geboten, aus denen sie hierfür andere Kriterien, als dies bei der rhythmisch auswählen können. und skalenmäßig gebundenen Musik der Fall ist. Wichtig ist die innere Einstellung, ebenso die materi- Eines darf man wohl mit Sicherheit annehmen: Kin- albezogene Vorbereitung des Lehrers. So wie Orff der, die selbst komponieren, oder wenigstens aktiv in und Keetman im Schulwerk lediglich zeigen wollen, diesen Vorgang des „Musikerfindens“ eingebunden wie Ergebnisse sein könnten, so sollte auch der Leh- sind, werden auch die Musik, die andere geschaffen rer im Kopf Konzepte bereit haben, aber n i c h t mit haben, bewusster und mit anderen Ohren hören. dem Vorsatz, diese unbedingt genau umzusetzen, denn dadurch würde aus dem Vorsatz der Kreativität Wolfgang Hartmann, Prof. eine rein manipulative Steuerung. Die Ideen des Leh- Vormals Lehrer an “Orff-Modellschulen“ in Mün- rers sind so etwas wie eine „stille Reserve“, falls die chen, Leiter der Musikschule Klagenfurt, zehn Jahre Kinder Hilfe brauchen. Sollte dieser seine Vorschläge Leiter der Abteilung Instrumental- und Gesangs- jedoch zu sehr bewerben, wären die Kinder sehr pädagogik am Kärntner Landeskonservatorium, Lehr- schnell bereit, ihre eigene Entscheidungs- und tätigkeit an den Musikuniversitäten Wien und Salz- Führungsfunktion an den Lehrer abzugeben, sie sind burg (Orff-Institut). Schulfunkprogramme beim es ja aus vielen anderen Unterrichtssituationen und Bayerischen Rundfunk. Seit 2007 Professor für Mu- anderen Fächern gewohnt ... Es wird also sehr auf die sikalische Früherziehung am Centro Superior de Mú- Autokontrolle des Lehrers ankommen. sica del País Vasco MUSIKENE in San Sebastián- Donostia, Spanien und pädagogischer Berater der Welche musikalische „Sprache“ verwenden wir? Fundación Barenboim-Said in Sevilla. Gastprofessor Bezüglich der Klangsprache, die für die Kreationen an den Konservatorien Peking und Shanghai. der Kinder zur Verfügung steht, gibt es – vereinfacht ausgedrückt – zwei unterschiedliche Formen: die tra- ditionelle metrisch und skalenmä ig gebundene Mu- sik oder das Spiel mit freien Klängenβ (inkl. Misch- formen aus beiden). 1 Carl Orff: Das Schulwerk – Rückblick und Ausblick, in Barbara Trotz aller Erweiterung der Klangmöglichkeiten in Haselbach (Hg.): Studientexte zu Theorie und Praxis des Orff- unserer Zeit ist die Tonsprache, die den festen Para- Schulwerks. Bd. 1, Mainz 2011, S. 135 ff. metern der (chromatisch skalierten) Tonhöhe und 2 Siehe dazu: einer pulsierenden Zeitstrukturierung unterliegt, auch – Wolfgang Hartmann: „… dürfen wir heute wieder etwas erfin- den“. Kreative Möglichkeiten im Musikunterricht, in: Musik und heute noch der Standard. Dies gilt sowohl für die tra- Bildung, Heft 12, Dezember 1984 ditionelle „Kunstmusik“, ebenso für Volksmusik und – Wolfgang Hartmann: Kreative Spielräume – Musik der Kinder, Pop. Es ist somit verständlich und auch richtig, dass in Franz Niermann (Hrsg.): Elementare musikalische Bildung – wir uns im schulischen Rahmen dieser traditionellen Grundfragen, Praxisreflexionen, Unterrichtsbeispiele, Wien Ausdrucksmittel bedienen, auch wenn durch die Ab- 1997 3 Carl Orff: Gedanken über Musik mit Kindern und Laien, 1931/32, solutheit der Parameter bei der Ausführung die Dis- in Michael Kugler (Hrsg.): Elementarer Tanz – Elementare Musik. krepanz zwischen Wollen und Können, zwischen Ab- Die Günther-Schule München 1924 bis 1944, Mainz 2002

9 Summary Composition with Year 6 students “Inventing music” – basic considerations concer- ning composing with children in a New Zealand primary Certainly ‘improvisation‘ has a more prominent role school in Orff-Schulwerk than ‘composition’. But even in the first series of Schulwerk radio programs the students A collaboration between a teacher- were encouraged to write down their own little pieces researcher, her students, a professional which they developed in the class room (and sent them musician and a university based to the radio station). Improvisation and composition researcher can be seen as two complementary forms of creating music which are themselves mutually inspiring. The article focuses on some basic questions about “composing with children”: – What does “Elemental Composing” mean? – What are children able to compose, but also what do they want (!) to compose? – What help can the teacher give to this activity with- out dominating this creative process too much? – What “musical language” can children use? Linda Locke Wolfgang Hartmann, Prof. The teacher-researcher Former teacher at “Orff Schools” in , princi- I am a Pakeha1 New Zealand music teacher with a pal of the music school in Klagenfurt, Austria; for long-term interest and commitment to applying and ten years head of the Department of Instrumental adapting Orff-Schulwerk principles and processes to Pedagogy at the Carinthian State Conservatory in the contexts within which I teach. I am currently em- Klagenfurt, lecturer at the Universities of Music in barked upon a doctoral research programme, the fo- Vienna and Salzburg (Orff Institute); author of edu- cus of which is “A critical analysis of the Orff ap- cational programmes for the Bavarian broadcasting proach in the New Zealand context”. However, at the company. Since 2007 professor for Early Childhood time of the aforementioned collaborative project I was at the Centro Superior de Música teaching full-time as a music specialist at Henderson del País Vasco MUSIKENE in San Sebastián-Donos- Valley Primary School, in West Auckland. tia, Spain and pedagogic counselling at the Fun- dación Barenboim-Said in Sevilla. Guest professor at The professional musician the conservatories of Beijing and Shanghai. Brent Grapes, principal trumpet player with the Auck- land Philharmonic (APO), was appointed to the school as mentor under the orchestra’s Part- nership with Schools scheme. The APO set up its part- nership scheme in order to facilitate the ability of schools to access the orchestra’s education pro- gramme and to build connections with schools in a range of ways. Brent, an Australian, graduated from the Julliard School in NewYork and, having previously worked in a Manhattan school composition project, had a real interest in working with the composition project that will be described here. Although Brent had no previ-

10 ous background in Orff-Schulwerk, he was able to in the Year 6 school group were invited to take account of the students’ previous musical expe- collaboratively compose and perform pieces to be in- riences, particularly with respect to improvisation in corporated in the 2010 major school production, the elemental style. “Mokoroa: Guardian of the Valley”. In this produc- tion, the four senior classes in the school worked with The researcher their teachers to devise eight linked episodes, which Professor Terry Locke, based at the University of collectively told the story of the Waitakere Ranges3 Waikato, has, over the last decade, supported the in- and Henderson Valley over time. clusion of workshops and academic study related to The compositional brief offered participating students the Orff approach within both graduate and post- constrained possibilities for their musical creativity graduate degree structures at his institution. Although by asking them to compose a prologue to the show, his field of expertise is primarily English language which would establish a mood and accompany a education, he has a deep commitment to Arts Educa- choreographed movement piece inspired by the Maori tion. He is eager to support the development of a re- creation myth – the separation of the sky god, Rangi, search culture around the practice of Orff-Schulwerk from his beloved earth, Papatuanuku, through the in New Zealand. concerted efforts of their offspring4. Brent (the APO mentor) and I worked together over a The school context series of five 2-hour sessions to collaboratively refine, Henderson Valley Primary School, located on the flesh out and modify “in process” activities which fringe of Auckland city, is a state-funded primary would school with a roll of approximately 300 students. In • provide initial experiences, which introduced the the New Zealand context, the school is atypical in musical material upon which the composition would having had a specialist music programme for the last be based; couple of decades, where all students attend one • provoke and stimulate compositional thought in the hour-long music class each week and, as well, have students; the option to participate in a variety of performance- • establish a process for the sharing of ideas; oriented musical ensembles. From time to time stu- • enable evaluation of each session and establish a dents also have the opportunity to participate in spe- subsequent direction as a way of shaping ideas to cial projects at the initiative of the music teacher and form the final product. in collaboration with the class teachers. Henderson A number of specific learning intentions guided the Valley is also atypical in its environmental education teaching and learning process student participants programme, which in 2010 earned the school a were involved in: “Green/Gold” award from the Enviroschools Foun- • students will be able to work as a collaborative en- dation2. semble to create music through improvisation, com- At the time of the project, I had worked in the school position and performance; for nine years as a music specialist, during which time • students will use narrative as a stimulus for musi- I had developed a comprehensive music programme cal composition; for all students, that drew upon Orff-Schulwerk prin- • students will improvise compose and perform a ciples and practices. Improvisation is integrated into melody and accompaniment in the Dorian mode, the music programme at Henderson Valley from the which works to express the purpose, mood or style beginning and the composition project was seen as a of a particular piece of music; natural extension of this. • students will collaborate to use a range of ideas to create a coherent piece of music suitable for the be- The composition project ginning of the school show; Fourteen Year 6 students who had achieved an ele- • students will be able and willing to develop criteria mentary level of proficiency in recorder playing (in- of evaluation and to use these to reflect on, revise cluding basic musical literacy skills) and who played and refine their compositions.

11 After the initial motivational sessions, students were a focus on texture, the focus was on rhythm patterns directed to work in groups of 3 or 4 on barred instru- and how they might be sequenced and/or layered. ments or recorders for melodic improvisation in the With a focus on dynamics, the focus was on volume Dorian mode. They were asked to work towards set- and accent, and how these might be sequenced and tling as a group on some melodic ideas (fragments or combined. A number of students suggested that they more extended ideas) that could be shared with the had become more aware of the importance of contrast larger group. Members of the group could provide as an aspect of composition. From the mentor’s per- simple tonic or bordun accompaniments, if they so spective, the project was successful in developing core wished. A cyclic process of coming together as group, skills such as melody, rhythm and modal harmony. He sharing and reflecting on ideas followed which was also mentioned instances of students learning quite in turn followed by a period of synthesis of ideas. Stu- specific skills through the experimental process. How- dents introduced ideas for untuned percussion ac- ever, while seeing the commitment to the Dorian mode companiments and the use of the putatara (conch as productive, he also saw it as limiting student learn- shell) to signal the beginning. I notated the group ing in certain ways. composition on Sibelius and this score was viewed and adjusted according to suggestions from the What specific compositional skills are developed group. We then agreed that the piece was ready for re- by selectedYear 6 students in the course of their hearsal and eventually for performance at the school engagement in a learning process designed to show5. enable them to fulfil a compositional brief? The findings suggested that a number of activities and The research process experiences contributed to this group producing a The researchers were interested in aspects of the com- piece of music they were all proud of and which a position project that appeared to develop student’s number of them performed. The observation data sug- compositional skills and motivation and how the men- gested that students were enabled to take on a vari- tor might exercise his role in the composition project ety of compositional roles: explorer/improviser, alongside the music teacher. A range of data were demonstrator, improver and assigner (of participants analysed: classroom observations, e-mails, question- to particular instruments). In each of these, they will- naires, and one-on-one and focus group interviews. ingly assumed agency. On the basis of this analysis, Five research questions were set at the commence- however, it was the teacher and mentor whose deci- ment of the project and the findings are discussed in sion-making around synthesis appeared to dominate. the paragraphs that follow in relationship to each of An emergence of “lead” composers who began to these questions.6 take major responsibility for the melodic contour of a section of the composition also became evident, What specific compositional skills did these with other students taking on such roles as improvis- 10-year-old pupils develop in the course of the ing accompaniments. The mentor also noticed that project? students tended to opt for different composing roles, The rating scale responses suggest that a majority of with some focused on melody and others focused on students felt that they had learnt more about melody structure. These divisions impacted on what specific and rhythm. In reflecting on the process of composi- students learned. tion, half the class referred to the importance of ex- The findings indicated a high degree of power-shar- perimentation, of exploring options before settling on ing between teacher, mentor and pupils. The process a particular outcome. of synthesis can occur at a range of levels. At the mi- In various questionnaire responses, a significant cro level, it can refer to decisions around layering, number of students described composition as involv- such as decisions around the use of an or a ing a dual process of selection and arrangement. The particular tonal contrast. While the research findings focus of this process varied. With a focus on melody, suggested that I had the final say on the overall shape the focus was on selecting and arranging notes. With of the final product in terms, for example, of the or-

12 dering of the various components produced by stu- pose music as a result of the project. There are a num- dents in their groups, students learned a great deal ber of possible reasons for the tepid response of the by their being given responsibility for decision-mak- other seven: they may have experienced having their ing around synthesis at the micro-level. contribution marginalised; or they may not have been Of the eleven students who attempted to pinpoint what active in the composition process to begin with; or helped them in their learning, six mentioned listening they may have been active in a non-melodic aspect of of various kinds: listening to the creation narrative it- composition and not seen this as composition. self, listening to others (opinions and musical exper- iments), and to the musical models Brent exposed What role might a professional orchestral them to. Four students highlighted the process of ex- musician as mentor play in facilitating the perimentation as a key activity in facilitating their engagement of selectedYear 6 students in a compositions. Interestingly, five students appeared compositional process? lukewarm or negative in their rating of the narrative The observation analysis showed the mentor assum- as helpful in the process of composition. ing a range of pedagogical and composition roles. Exploration and experimentation were a key feature Brent designed activities, played a major role in ini- of this project’s pedagogy. So was collaborative learn- tiating activities and giving feedback, engaged in ex- ing. Most focus group participants commented on the position and facilitated talk. His major role in the value of having partners in the compositional process, compositional process was synthesizer (at a macro- because it allowed one to “spark off” the contribu- level), but he was also prepared to be an improviser tion of the other. The collaborative aspect of the pro- and assigner. In the one session that was closely ject allowed for the pooling of ideas and more op- analysed, Brent’s involvement was multi-faceted. Ini- portunities for synthesis. It also posed challenges, tially, Brent envisaged himself as having an “expert” arising from the size of the group, the potential for role, but found himself more actively involved in the conflict and the risks of having one’s contribution composition process than he had anticipated marginalised. (“guide” rather than “assistant”). While Brent was actively involved, he was also at pains to ensure that What learning activities or experiences appeared he did not disempower the pupils in his guiding role. to contribute to the motivation and enjoyment? Overall, the pupils viewed the involvement of the men- There is no doubt that the composition brief operated tor as a benefit, because of the expertise and experi- as a powerful source of extrinsic motivation (Collins ence he offered and his contribution of ideas. In this & Amabile, 1999). Despite reservations about aspects respect, they echoed the sentiments of the older sam- of the collaborative process, the students were hugely ple of students in Burnard and Swann’s (2010) re- proud of their product, as the rating scale data search. There was no contradiction between how they showed. One student commented: “That everyone has experienced his input and how he himself viewed his different ideas and when we put them together and lis- contribution. ten to each other we can make an amazing piece.”The sense of wonder here stems from a deep appreciation How might a classroom music teacher and a of the way each pupil was able to make a contribu- professional orchestral musician as mentor tion to the whole, and that the whole was better for its complement each other in terms of their respective collaborative creation. Most students enjoyed work- roles in facilitating the achievement of project ing in partnership with others. It was the item that learning intentions? ranked most highly in the rating scale. A large ma- None of the tensions between teachers and artists jority of students indicated that they enjoyed success mentioned in the research review were evident in this as a composer during the project and a number of re- project. My role as music specialist and teacher mu- marks in the findings suggested that students found sician and Brent’s interest in pedagogy established a the compositional process intrinsically motivating.Yet foundation of mutual respect. Significantly, pupils of- only seven students appeared to be motivated to com- ten linked us in their comments, suggesting that we

13 were viewed as a unified team. As the observation making that was authentic and, as it transpired, data analysis showed, both teacher and mentor deeply satisfying. tended to share both pedagogical and compositional roles almost interchangeably, even though I had a ma- ACKNOWLEDGEMENTS jor role in producing “Mokoroa: Guardian of the Val- Brent Grapes and the Auckland Philharmonic ley” and made final decisions about the final shape of Orchestra for their enthusiasm and commitment to the musical prologue as product. fostering music learning for children and youth in Brent changed the way he saw himself as comple- New Zealand menting me as teacher. Rather than supplementing my knowledge, he saw himself as reinforcing it. By doing Terry Locke for his commitment to high quality re- so, he was acknowledging my expertise and ways in search and support of teachers’interest in Orff-Schul- which this had already established a number of skills werk in New Zealand and understandings he could draw on in working with these pupils. Within the classroom, he saw himself as REFERENCES having what he called an “assistant to the teacher” Burnard, P.& Swann, M. (2010): Pupil perceptions of learning with role, effectively fulfilling a similar role to the teacher. artists: A new order of experience? Thinking Skills and Crea- tivity, 5(2), pp. 70–82 Beyond the classroom, he saw himself as a kind of Collins, M. & Amabile, T. (1999): Motivation and creativity, in R. project consultant, someone with whom I could en- Sternberg (Ed.): Handbook of creativity, pp. 297–312, Cam- gage in acts of reflection (as evidenced by the e-mail bridge, UK data). Locke, M. & Locke, T. (2011): Introducing a mentor into a children’s composition project: Reflections on a process. Thinking Skills and Creativity, 7(1), pp. 8–20 Conclusion In the project we have reported on here, a group of primary-aged pupils, with help from a teacher and Linda Locke mentor, produced and in most cases performed a pro- Since the 1990s Linda Locke has been teaching mu- logue to a major school production. All felt a sense of sic to children in both school and out-of-school set- pride in the product and all learned something from tings. In 1996 and 1997 she undertook levels courses the process. As the data indicated, what was learned in Orff-Schulwerk at Eastman School of Music, was not uniform, either in type or learning or degree. Rochester, NewYork. She was a founding member and An enterprise of this kind is always compromised and for several years coordinator of ONZA (Orff New constrained, and on reflection, we can see that these Zealand Aotearoa). Recently she has pursued action constraints have both costs and benefits. The focus on research related to improvisation and composition in the Dorian mode afforded certain skill developments classroom settings. and not others. Involving a mentor brought a number of benefits to the project, but also meant accepting time constraints determined by the demands of Brent’s orchestra. Opting to make a compositional opportu- nity available to fourteen pupils, posed challenges to the facilitation of the collaborative process and there were probably casualties of this. The overall time con- 1 Maori term for New Zealanders of European descent (Ed.) straint meant that there was less time for the estab- 2 see http://www.enviroschools.org.nz/ lishment of some of the foundational compositional 3 a range of coastal hills to the west of Auckland with a rich bicul- skills Brent alluded to, but the time constraint also tural and multicultural history and a high conservation value meant a high degree of urgency and focus in bringing 4 see Bishop, G. (2009): Counting the stars, New Zealand 5 for performance of piece in school show see the project to completion. Finally, the brief itself im- http://www.youtube.com/watch?v=UD4qQIv_ONI posed a set of constraints, but in having to work with 6 for a more detailed discussion of the findings, see Locke, M. & these constraints, the pupils were engaging in music- Locke T., 2012

14 Zusammenfassung praktische Tätigkeiten unterstützen, die eine tragbare Zukunft schaffen sollen. Mokoroa, ein taniwha, eine Komponieren mit Schülern der 6. Klasse einer mythische Gestalt der Gegend, spielt eine tragende Grundschule in Neuseeland Rolle in dem Stück; er beschützt die schönen Gebiete Der Artikel berichtet über ein Kompositionsprojekt, Waitakeres, und gemeinsam mit den Kindern der durchgeführt an einer Schule, an welcher seit mehre- Henderson Valley Schule sorgt er dafür, dass sie auch ren Jahren ein am Orff-Schulwerk inspiriertes „Mu- für zukünftige Generationen ein taonga, eine Kost- sik- und Bewegungsprogramm“ stattfindet. Im Zen- barkeit bleiben. trum steht ein handlungsorientiertes Forschungspro- Eine Gruppe von Schülern arbeitete über sechs Un- jekt kleineren Ausmaßes, das die Zusammenarbeit terrichtseinheiten daran, ein Musikstück in dorischer von drei Fachkräften mit Hingabe und Interesse an Tonart für Blockflöten und Schlagwerkensemble zu Musikerziehung und einer Gruppe von Schülern einer komponieren, das auch einige „fremde“ Instrumente staatlichen Grundschule beinhaltete. enthielt (Bambusstöcke, Steine und putatara [Mu- Die Mitarbeit entstand auf Seiten der Schüler aus ih- schelhorn], ein traditionelles Maori-Instrument). Das rer Bereitschaft und ihrem Interesse für Komposition Stück, das dabei entstand, wurde in die Aufführung und auf Seiten der Musiklehrerin, des Orchester- integriert und von einem Tanz, den die Schüler ge- musikers und des begleitenden Wissenschaftlers aus staltet hatten, begleitet. Es wurde aber auch unab- deren gemeinsamen Interessen sowohl am Prozess hängig von diesem Kontext bei anderen Gelegenhei- kreativen Gestaltens von Musik wie auch am Prozess ten mehrmals aufgeführt. der Reflexion des Geschehens. Die Schüler führten voller Stolz ihr Stück auf und be- Das Projekt war eine Zusammenarbeit in Bezug dar- richteten bereitwillig ihre Gedanken und Gefühle auf, wie die Mitarbeiter ihr sich ergänzendes Fach- über das Kompositionsprojekt und das, was sie glaub- wissen einbrachten. Das Projekt wurde initiiert von ten dabei gelernt zu haben. Diese Aussagen ergaben, einem Universitätsprofessor, der Interesse an der dass das Gelernte weder in der Art des Lernens noch musikpädagogischen Forschungsarbeit seiner Frau in seinem Ausmaß uniform wahrgenommen worden (der Musiklehrerin) entwickelte. Durch die Einladung war. Eine Unternehmung dieser Art ist immer einge- an Brent Grapes, Trompeter beim Auckland Philhar- engt und begrenzt, und diese Einschränkungen haben monischen Orchester und Musikmentor, wurde die sowohl Vor- als auch Nachteile. So erforderte der Fo- Sachkompetenz erweitert und die Arbeitsverbindung kus auf die dorische Skala bestimmte Fähigkeiten. bereichert. Auch die Schüler wurden zu einer ge- Die Einbeziehung eines Mentors brachte bestimmte meinsamen Zusammenarbeit mit Lehrerin und Men- Unterstützungen für das Projekt mit sich, aber auch tor eingeladen, welche ihre pädagogischen und musi- Zeitprobleme durch Brents Verpflichtungen beim Or- kalischen Kompetenzen für die Kompositionsneu- chester. Eine Gelegenheit zum Komponieren für 14 linge zu Verfügung stellten. Schüler möglich zu machen, bringt Herausforderun- Der Kompositionsauftrag bestand darin, einen Prolog gen für die Ermöglichung einer Zusammenarbeit mit für die alle zwei Jahre stattfindende Schulaufführung sich; vermutlich gab es dadurch auch Verluste. Die zu schreiben, der diesmal der Schöpfungsmythos der allgemeine Zeitknappheit brachte es mit sich, dass Maori zu Grunde lag. Das Stück „Mokoroa: Wächter weniger Zeit für das Erlernen einiger grundlegender des Tales“ beruht auf der Geschichte des Henderson Kompositionstechniken zur Verfügung stand, aber die Valleys in WestAuckland (wo sich eben diese Schule zeitliche Begrenzung brachte auch einen zwingenden befindet), einem seit der Pionierzeit geschichtsträch- Druck mit sich, das Projekt zu Ende zu bringen. tigen Gebiet, in dem Siedler aus verschiedenen Tei- Schließlich war die Aufgabenstellung an sich mit len der Welt für sich und ihre Familien annehmbare einer Reihe von einschränkenden Bedingungen ver- Lebensbedingungen schufen. Die Aufführung bezog bunden, – aber durch diese Begrenzungen waren die auch Elemente des Programms der Umwelterziehung Schüler zu einem authentischen und – wie man spä- der Schule mit ein, das sich auf schülerorientierte Ak- ter hörte – auch sehr befriedigenden musikalischen tivitäten zentriert, die Bewusstsein erwecken und Gestalten motiviert.

15 Linda Locke Componere in Zeiten von unterrichtet seit den 1990er-Jahren Musik für Kinder sowohl in Schulen als auch im außerschulischen GarageBand Bereich. 1996 und 1997 belegte sie Level Courses an der Eastman School of Music, Rochester / NewYork. Seitdem ist sie aktives Mitglied der Orff-Schulwerk Gesellschaft Neuseelands ONZA (Orff New Zealand Aotearoa). In letzter Zeit beschäftigt sie sich vor allem mit angewandter Forschung in Bezug auf Improvisation und Komposition im Klassenunter- richt.

Klaus Feßmann Das eigene Sujet ist den Komponisten in den letzten Jahren etwas aus der Hand genommen worden. Die Komposition, das Komponieren auf einer breiten Ba- sis findet inzwischen auf der technischen, technolo- gischen Ebene statt. Auch wird es mit diesem altehr- würdigen Begriff häufig nicht mehr bezeichnet, viel- mehr finden sich heute Lehrstühle und Stellen mit Bezeichnungen wie Sound-Design und ähnlichem. Handwerk und Ästhetik werden durch die elektroni- schen Medien geprägt, ein „sound art“-geprägter Komponist kommt heute mit dem Notebook statt den Noten auf die Bühne. Nicht nur die Musik, auch das Hören bis hin zu den neurologischen Strukturen so- wohl der Hörer als auch der Produzenten verändern sich unter diesen Einflüssen. Da wird es merkwürdig bis anachronistisch, von Ostinato oder Bordun zu re- den, wenn dies heute Pattern oder Modul heißt. Und ob es beim Kontrapunkt ausreicht, weiterhin die alten Systeme 1:1, 1:2 ... zu lehren, nachdem dies gar kein Pendant weder im Denken noch im Hören hat, ist zu- mindest einmal fragwürdig im wahrsten Sinn des Wortes. Besonders wenn der Kontrapunkt als Mate- rial nicht mehr primär Töne enthält, sondern sounds, space, colours und weitere Mediendefinitionen, die in den Computerfachbüchern nachzulesen sind. Innerhalb meines Nominalfaches Studium Generale Musik und Elementare Komposition am Carl Orff- Institut für Elementare Musik- und Tanzpädagogik der Universität Mozarteum Salzburg vermittle ich eine ART des künstlerischen Denkens, welche über spezielle, entwickelte Formen verschiedener Aufga- benstellungen ein breites Spektrum kreativer Impulse

16 ausbreitet. Diese Impulse haben immer mit voraus- werden können, dass 2-Dimensionalität keinen Sinn gesetztem und zu erwerbendem Wissen, vorausge- mehr vermitteln kann, auf keinen Erkennungssinn im setztem und zu erwerbendem Können, vorausgesetz- Gegenüber mehr stößt, verlangt dringende, längst ten und zu erwerbenden Fertigkeiten zu tun. Erfah- überfällige Lösungen. Dies aber immer unter der Vor- rungsgemäß scheitern viele Komponierende im aussetzung, es gibt Menschen, die der Überzeugung Abendland daran, ihre Ideen und Vorstellungen, ihre sind, dass es sinnvoll ist, diese Musik auch weiterhin Klänge und Töne, ihre innerlich gehörte Musik auf ir- zu hören. gendeine Art von Papier, Notenblatt oder dergleichen zu bringen. Und diese Anzahl steigt in den letzten Das ist ein Aspekt des Phänomens Notation, der Jahren überproportional an. Für den Klang ein Zei- andere ist die aktuelle Entstehung von Musik, die chen finden, welches sinnvoll erscheint, ergo in wel- nicht mehr das geschriebene Pendant als Gegenüber, chem man beim Sehen den Klang wieder hört, ist als Produkt der Kreativität hat, sondern ausschließ- mehr als ein immanentes Thema. Nach unseren Er- lich die festgehaltenen Klänge, die Musik, die sounds. fahrungen scheitern die meisten zu lehrenden Musi- Aktuelle Kompositionsprogramme haben dies längst ker an diesem Vorgang, da sie sich in der inzwischen realisiert, nur über die Konsequenzen wurde bisher als äußerst primitiven empfundenen Form und Re- wenig nachgedacht. duktion von Musik auf die fünf Notenlinien nicht Wir lassen dieses Problem hier an diesem Punkt ste- mehr wiederfinden. hen, halten den Fakt fest, dass das Erfinden von Mu- sik zu einem ganz wesentlichen Teil am schriftlichen Ausgehend von diesen Tatsachen wird in den von uns Festhalten scheitert und damit dieselbe verhindert entwickelten Aufgaben primär musikalisches Mate- wird. rial in Form von Noten vorgegeben, wodurch das er- ste Erfindungs- und Entscheidungsproblem schon Ein Beispiel für unsere Arbeit und unsere ART der wegfällt bzw. der Vorgang entschärft wird. Auch wird Aufgabenstellung ist die zweite Aufgabe aus einem von Beginn an Notation in der Lehre problematisiert Zyklus diverser, sehr unterschiedlicher Aufgaben. bis hin zur Aufgabe, eine Partitur zu entwerfen, die Diese zweite Aufgabe verwendet ein Musikstück aus ausschließlich aus dem Material besteht, in welchem der Musikgeschichte als Beispiel, Ausgangspunkt und der Studierende den Klang wahrnimmt, den er für Material. Der Begriff Kyrie definiert den Titel der sich hört. Der asiatisch immer bedachte Zusammen- Aufgabe und umreißt auch schon das Sujet. Kirche, hang zwischen Klang und Materialität, zugegebener- speziell die katholische Kirche, die Messe, der kirch- maßen auf einer anderen Ebene, erfährt hier eine neue liche Raum, der Duft des Weihrauchs, die Klänge der und durchaus funktionierende Bedeutung. Die Angst Orgel, all das sind Begriffe, hinter denen sich Ge- zu nehmen vor den fünf Notenlinien, dies ist immer schichten, Wissen, und Gefühle verbergen, die für alle der Weg, der Musik näher zu kommen, um musikali- Altersstufen Erfahrungen öffnen. Damit ist der erste sche Kreativität zu ermöglichen. Und je mehr die ehe- Bereich abgesteckt und kann eruiert werden. Singen, maligen Kinder, Jugendlichen und nun Studierenden hören, fühlen, Erinnerung an Erfahrenes, neu oder mit den neuen Technologien aufgewachsen sind und wieder Erleben, all das ist hier Thema. Musik als Teil die Mehrdimensionalität, das Selbstverständliche der des Lebens und Erfahrens, um das geht es hier. Wich- Verknüpfung der Sinne ihr Leben, ihre Vorstellung, tig ist, am Gestus dieser Erfahrung zu arbeiten, der ihr Denken prägte, umso weniger findet sich diese unmittelbar wahrnehmbaren Gestik dieser Musik, die Musik in den fünf Linien wieder. Es nützt auch nicht, Resonanz der Räume, das Gefühl für Höhe, Größe in so zu tun, als wären diese Linien in der Lage, eine allen Dimensionen. Kultur zu konservieren, die sich längst verändert hat. In einer Messe kann man ohne Gesangbuch, ohne das Das Schriftbild hinkt der musikalischen Entwicklung Notierte mitsingen. Dort, wo es nicht ganz stimmt, schon seit Anton von Webern massiv hinterher. Die kann man ja leiser singen oder nur zuhören. So be- diskutierte Prognose, dass Mozartsche Partituren in, ginnt man sich einzuhören. Und kann dies alles, dar- sagen wir einmal 30-50 Jahren nicht mehr gelesen aufhin, lehrend zum Begriff bringen:

17 syllabisch / melismatisch ist aufgrund des Vorwissens oder/und welches zu er- Takt / Puls / Metrum werben ist, wo Lücken zu füllen sind. „Sie können das Dirigat / Notat / Zeichen Kyrie rhythmisieren“ zeigt, dass es in der Aufzeich- Wort / Klang / Ton ... nung von Hildegard von Bingen keine hierarchische Ordnung von betont und unbetont gibt. Alles ist in der Je nachdem, welche Altersgruppe, welche Schule, Folge der Töne gleichberechtigt, der Atem bestimmt welche Zielgruppe hier gemeint ist, kann man dies fo- den Ablauf, damit Anfang und Ende eines Abschnitts. kussiert darauf ausrichten. Die Bedeutung von rhythmischen Ordnungen über den 4/4-Takt hinaus, der übrigens in der Praxis ohne In unserer Darstellung verbleiben wir mit dieser The- Nachzudenken zu 95% verwendet wird, kann hier matik im universitären Ausbildungsbereich. Die Auf- ausführlich erarbeitet werden. Folgende Punkte wer- gaben sind für alle Altersgruppen getrennt umzuar- den exemplarisch angeführt: beiten, ein Vorgang, der der generellen Aufgabenstel- • Rhythmus als Phänomen der Musica mundana lung nicht widerspricht. Die in der Aufgabe ange- • Rhythmus als Weltenbau- & -ablaufprinzip: Tag, führten Vorgaben dienen dazu, diese ausführlich zu Woche, Jahreszeit, Jahr erarbeiten. Im vorliegenden Fall ist es die Gattung • Rhythmus als anthropologisches Phänomen Messe mit dem Ordinarium und dem Proprium Mis- • Begriffsklärung: Puls, Metrum, Rhythmus sae, der sinnfällige Ablauf einer katholischen Mess- • Rhythmus als Bewegung feier. • Rhythmus / Zeitordnung in verschiedenen Musik- Konkret bedeutet dies: Arten: Jazz / Rock, Pop / Klassik / Neue Musik / • Christentum: Kirchengeschichte, Messe, Bedeu- Rap / Experimentelle Musik tung, Aufbau, Struktur, Ritus, Wissenserwerb, Er- • Rhythmus .... fahrungserwerb • Fokussierung auf Kyrie, historische Beispiele bis zum Film „Easy Rider“, Notation alter Handschrif- ten, Bibliotheken der großen Klöster • …

Der zweite Teil der Vorgabe beschäftigt sich mit einer Person, Hildegard von Bingen. Eine ihrer Kyrie-Kom- positionen dient hier als Beispiel. Zu erarbeitende Die erste kompositorische Arbeit ist damit definiert: Themen sind: die Einführung unterschiedlicher Tonlängen in die • Hildegard von Bingen Metrum-freie Musik der Vorlage, das Überdenken • Mystik, weitere Mystikerinnen und Experimentieren mit einer zuvor möglichst ver- • Lebenslauf, Lebenswerk innerlichten Musik (auswendig wie inwendig). Kom- • Historische, phänomenologische Bedeutung position und Improvisation sind im Arbeitsprozess • Wissens-, Erfahrungserwerb (z. B. Reise nach immer gleichwertig zu bedenken. Es geht immer Bingen ) darum, das in der Komposition später Festgelegte zu versuchen zu erproben und eine ganze Reihe von Der dritte Teil der Aufgabe beschäftigt sich mit dem Möglichkeiten auszuprobieren. Umgehen mit der vorgegebenen Musik auf der Basis der erworbenen Fähigkeiten und des erworbenen Wis- Ähnliches trifft nun für alle anderen Punkte zu: Eine sens. Es handelt sich hier nicht um Vorschriften, son- Harmonisierung des Kyrie kann mit allen denkbaren dern um eine Auswahl von Möglichkeiten, die, nach Materialien geschehen. Sie kann tonal sein, wie eine einiger Übung in dieser Vorgehensweise, selbständig Ballade mit Gitarrenbegleitung verstanden werden, erweiterbar ist. Alle Aufgaben sind „Kann“-Aufga- als ein Song wie bei Elton John, sie kann wie eine ben. Sie implizieren ein „Können“, welches machbar Jazzballade ertönen mit der dazugehörenden Harmo-

18 nik, sie kann wie bei John Cage klingen, sie kann wie Kompositionstechniken, die existieren, die Imitation, eine Verdi-Arie tönen, sie kann wie ein Bachsches die Nachahmung. Ein Phänomen, welches im Zuge Rezitativ verstanden werden, sie kann wie ein Kin- von Plagiatsdiskussionen, Cover-Versions etc. jedem derlied tönen. Auch können in diesem Zusammen- vertraut ist. Und wenn man sich nur sein Bild mor- hang das Melisma textiert, Teile daraus wiederholt, gens im Spiegel anschaut und an den altchinesischen Teile weggelassen werden. Die Liste der Möglichkei- Mythos denkt, der einem vom Spiegelzauber erzählt, ten gehört zur Lehre dazu, ist eines der Ziele dieser der die Wesen hinter dem Spiegel dazu verdammt hat, Methode. Durch die ART der Aufgabenstellung wird alle Bewegungen der Menschen vor dem Spiegel eine Kultur der Fragestellung entwickelt, die die exakt nachzuahmen, wird einem die Bedeutung der Sinne öffnet, die Kreativität die Fähigkeiten der ein- Imitation bewusst. Der Canon ist eine der Formen, die zelnen Schüler/Studenten erst selbst entdecken hilft. leicht zu erlernen ist; anhand kleiner Sequenzen aus Die Altersstufe, die zu lehren ist, ist, wie schon ange- dem vorliegenden Kyrie gelingt dies spielerisch sehr deutet, nahezu beliebig, nur die Modifizierungen der gut. Es kann die Strenge der verschiedenen Einsatz- Fragestellungen sind je nach Alter durchzuführen. abstände geübt werden, es kann die Freiheit der Im- Konkrete, detaillierte pädagogische Konzepte mit provisation mit solch einer Technik gespielt werden. Stundenverlauftabellen sind immer aus solchen Kon- Umkehrung, Spiegelung, Vergrößerung, Verkleine- zepten zu fokussieren. Die Konzepte an sich müssen rung, Krebs, all diese Kompositionstechniken können frei von solchen Denkweisen sein. hier im Singen, im Musizieren gelehrt und gelernt werden. Canon und Imitation steht für eine meta-hi- storische Verfahrensweise, die auf viele Gebiete an- gewandt in allen möglichen Lebenszusammenhängen getestet und erprobt werden kann.

Nach der Imitatio verweist die nächste Aufgabe auf die Repetition, die Wiederholung. Innerhalb der Aus- bildung vermitteln wir drei Kompositionstechniken, die die Studierenden zu erlernen haben: • Die Imitation, • Die Variation, • Die Repetition.

Mit diesen drei Grundtechniken können die Formen des Elementaren Komponierens geleistet werden und dies in vielfältiger ART und Weise z. B. historisch, phänomenologisch, strukturell. Die Technik des Wie- derholens, als Repetitio in der Figurenlehre beschrie- ben, ist ein, gerade gegenüber der Sprache besonders anderes Phänomen, da die Semantik in der Musik durch die Wiederholung sich steigert und verändert, während dies in der Sprache sich ins Gegenteil wen- det. Ein Witz fünf Mal hintereinander erzählt, macht den Erzähler zum “Dummen August“, ein Thema in einer Fuge 14 Mal wiederholt in der adäquaten Tech- nik den Komponisten gegebenenfalls zum Meister. Dies ist zu erleben und zu vermitteln. Der dritte und vierte Punkt betrifft die kompositori- Das musikalisch-integrale Denken arbeitet daran, die sche Technik des Canons und damit eine der ältesten verschiedenen kulturellen Einflüsse aus unterschied-

19 lichen Kulturen, die heute präsent sind, zu bearbeiten. sionaler Schreibweisen? Der Musik adäquat, die ent- Aus den Wiederholungsstrategien afrikanischer und steht? asiatischer Kulturen entwickelte sich im Amerika „Yes“, würde John Cage nach einigen Minuten Nach- Ende der 60er-Jahre die in Europa so genannte Mini- denkens sagen, mit einem Lächeln, welches ich nie- mal Music. Dies ist nur ein Begriff von vielen ande- mals vergessen werde. ren, der diese Musik bezeichnet. Minimal, Repeta- Die Notenbeispiele entstammen den Arbeiten von Ju- tion, Meditation, Pattern usw. Music sind alles Be- dith Fellner, Studierende am Carl Orff-Institut. zeichnungen, die für diese ART von Musik stehen, die auf der Wiederholung zumeist kleiner Motive basiert. Klaus Feßmann: Über mich Hieraus entstanden eine ganze Reihe von weiter- Ich, Klaus Feßmann, bin seit Beginn meines Daseins führenden Kompositionstechniken wie phasing, ce- hier auf dieser Welt ein Handwerker, einer, der mit lular counterpoint, additive process, und Namen wie seinen Händen die Musik bewegt. Musik steht im Steve Reich, Terry Riley und Phil Glass stehen für Mittelpunkt des Denkens, Fühlens und Lebens. Auf diese Techniken. Es liegen Partituren vor, die teilweise der Suche nach einem Zeichen für die Klänge geriet nur Anweisungshefte sind, teilweise ist die Musik bis ich in die Bildende Kunst, der KlangStein eröffnete auf die letzte Note konkret ausgeschrieben. Die ver- die Bildhauerei. Das Band, das alles zusammenhält schiedenen Techniken können leicht improvisiert wer- ist der hohe Grad von dogmatisch unabhängiger Spi- den, andere wie die „phasing“-Technik verlangen ein ritualität und die Klaviermusik Mozarts. Oder wie intensives Üben. Minimal Music hat sich als mehr als Hölderlin sagt: Im Arme der Götter wuchs ich groß. eine Mode erwiesen, sie wurde zu einer ART des mu- sikalischen Denkens, als Teil der globalen kulturellen Summary Erfahrungen. In der Lehre kann dies, historisch for- schend, zurückverfolgt werden, Obertongesang wäre “Componere” in times of GarageBand ein Thema, das man hier anschließen kann, die Be- In the above article, Klaus Feßmann describes the deutung des Repetitionsbegriffs in der Geschichte process for learning principles of Elemental compo- verschiedener Kulturen ein weiteres, die Auswirkun- sition. He starts with a description of the situation for gen musikalischer Wiederholungen auf den Hörer composing in general and arrives at the actual posi- kann medizinisch untersucht werden, etc. tion of going to the concrete task of arranging a Kyrie Erneut ist die Kreativität angesprochen, entwickelt by Hildegard von Bingen. Eventually he comes to the sich durch diese Aufgabenstellung ein weites Feld core of Elemental composition: learning the compo- möglicher Erfahrungen. Hier enden in dieser vorlie- sitional techniques of repetition, imitation and varia- genden Aufgabe die vorgegebenen Aufgabenstellun- tion. For non-professional learners, it is immediately gen. Es wird angeregt, selbst weitere Fragen zu ent- understood. Students can learn this from examples of wickeln, sich sein eigenes Profil schaffen, selbst wei- the traditions of repetition (Music as “magic” = rep- ter zu denken und eine eigene Aufgabe in diesem Stil etition), the Baroque times (imitation) and the Vien- zu entwerfen. Auch unter dem Aspekt der Imitation, nese Classical era (variation). der Variation oder der Repetition. Wichtig ist, dies zu definieren und sich zu entscheiden. Komponieren Klaus Feßmann: About myself heißt für uns, Entscheidungen zu treffen. Im Grunde From the very beginning I, Klaus Feßmann, have been nicht mehr. Auch in Zeiten von GarageBand. a craftsman, someone who moves music with his own Und wenn wir das Aufschreiben verloren haben soll- hands. Music is the centre of my thinking, feeling and ten, wird eine bedeutende Epoche der Kultur zu Ende living. Searching for a symbol for sounds I ap- sein. Oder ist sie das schon? Und welche Konse- proached the fine arts; the sounding-stone opened quenzen ziehen wir daraus? Überlassen wir die Kon- sculpture to me. What binds all these together is the servierung der neu entstandenen Musik den CDs, die high degree of dogmatic, independent spirituality and ihre Daten in knapp zwei Jahrzehnten verloren haben? Mozart’s music for piano. Or as Hölderlin puts it: I Oder arbeiten wir an der Entwicklung mehrdimen- grew up in the arms of the gods.

20 Orff-Schulwerk.“3 So erscheint aus heutiger Sicht der Improvisieren und Komponieren zweite Band leichter zugänglich, in vielen Punkten auf den Spuren Wilhelm Kellers weitsichtig disponiert und reich an Anregungen für das Gebiet der „Elementaren Komposition“. Keines- wegs selbstverständlich für einen Komponisten der Hindemith-Generation ist die von Keller vertretende Ansicht, dass dem Komponieren praktische Übungen (mit Instrument und Stimme) vorausgehen sollten: „Notenpapier und Bleistift sind Requisiten zweiter Ordnung und kommen erst in zweiter Linie zum Ein- satz.“4 Ein Komponieren, das nicht von Schreib- übungen, sondern vom Ausprobieren und Improvi- sieren ausgeht, entspricht eher dem heutigen Stand der Musikpädagogik, als jenem vor einem halben Jahrhundert. Thomas Hauschka Dabei kommt es in der Praxis der „Elementaren Kom- Wilhelm Keller hat von 1962 bis zu seiner Emeritie- position“ freilich darauf an, geeignete Aufgabenstel- rung im Jahre 1981 am Orff-Institut Tonsatz unter- lungen zu finden, die aus der improvisatorischen Ge- richtet und 1973 das „Institut für Musikalische So- staltung zur Komposition führen. Dies soll im Fol- zial- und Heilpädagogik“ gegründet. Sein zweibändi- genden, von Anregungen Kellers ausgehend, für ein ges „Handbuch der Tonsatzlehre“1 entstand aus einer begrenztes Aufgabengebiet präzisiert werden: die me- kritischen Sichtung von Literatur zur „Allgemeinen lodische Gestaltung elementarer Formen. Musiklehre“, welche seiner Ansicht nach „das Satz- gefüge der abendländischen, ja der klassisch-roman- Doch zunächst ein Blick auf die Zielgruppen, an die tischen Musik phänomenologisch unrichtig und wi- sich Elementares Komponieren in der Berufspraxis derspruchsvoll“2 beschreibe. Anders als Paul Hinde- von Absolventinnen und Absolventen des Orff-Insti- mith, der sein musiktheoretisches System auf Beob- tutes überwiegend richtet: In sozial- und integra- achtungen akustischer Phänomene (Partialtonreihe, tionspädagogischen Einrichtungen, Musikschulen, Differenztöne) gründet, geht Wilhelm Keller von mu- Kindergärten und allgemeinbildenden Schulen, sikalischen Hörerfahrungen aus. Der erste Band sei- außerschulischen Bildungseinrichtungen, freizeit- nes Werkes, „Tonsatzanalytik“, wendet sich vom Be- pädagogischen Institutionen etc. kann Komponieren griffsrepertoire der Musiktheorie ab und führt zahl- nicht als praktisches Zusammenführen vorab erwor- reiche, von Keller neu definierte Begriffe und Zei- bener Kenntnisse aus den Bereichen Harmonielehre chen ein, was – rückblickend – die Verbreitung seines und Kontrapunkt zu verstehen sein, deren Dualität musiktheoretischen Systems erschwert und behindert Wilhelm Keller mit seiner Tonsatzlehre ausdrücklich hat. Zwei Beispiele: Seine Begriffsschöpfung „Pho- aufheben wollte, sondern eher als Möglichkeit, ele- nalintegration“ konnte das gängige „Mehrstimmig- mentare musikalische Gestaltungsmittel in eigen- keit“ ebenso wenig ersetzen, wie sich seine Neudefi- schöpferischer Tätigkeit, im Produzieren und Repro- nition des Begriffes „Dominante“ als „Erste Elemen- duzieren, unmittelbar erfahrbar zu machen. Auf dem tare Teiltonfeldverwandtschaft“ durchgesetzt hat. freien Feld der kreativen Gestaltung sind gerade für Der zweite Band „Tonsatztechnik“ versteht sich als Gruppenteilnehmer mit wenig Vorerfahrungen iso- Lehrbuch und zeigt Keller als fundierten Praktiker lierte Aufgabenstellungen zu Rhythmus und Melodie und Komponisten, der stilistische Einflüsse seines leichter zu handhaben, als solche zu den komplexe- Lehrers Johann Nepomuk David und von Paul Hin- ren Phänomenen des Zusammenklangs. Schlagwerk- demith integriert hat. „Einen anderen, vor allem für Kompositionen und Sprechstücke (auch mit Body die Entwicklung der Satztechnik entscheidenden Im- Percussion) vermögen die satztechnischen und form- puls empfing ich aus meiner Beschäftigung mit dem gestalterischen Möglichkeiten des mehrstimmigen

21 Musizierens bewusst zu machen; in Ostinato- (oder menten ist nur möglich, wenn Improvisation sich im- „Pattern-“) Kompositionen, instrumentalen Ensem- mer wieder auf bereits Erklungenes rückbezieht, also blesätzen (Tanzsätze, Sätze zur Bewegungsbeglei- nicht nur als nach vorne gerichteter Prozess verstan- tung), Liedern und Chorsätzen kann an die Ausei- den wird. Soll der Brückenschlag in das klanglich nandersetzung mit den Phänomenen der Mehrstim- Vergangene für den Zuhörer wahrnehmbar und nach- migkeit herangeführt werden. vollziehbar werden, ist – mit Wilhelm Keller – Melodische Improvisation erfreut sich heute in der grundsätzlich motivische Konzentration zu empfeh- Musikpädagogik in verschiedenen Zusammenhängen len: „Die alte, auch heute noch geschätzte Komponi- zunehmender Beliebtheit und wird häufig als eher stentugend, mit wenig Motiven viel zu sagen, kann kleingliedrig organisiertes Spiel praktiziert, das for- nicht oft genug gepredigt werden und nicht früh ge- mal entweder auf der „call-and-response“-Technik, nug geübt werden.“5 Da sich nicht jede motivische oder auf relativ kurzen, ostinaten Akkordfolgen Konstellation für eine formale Ausarbeitung eignet, (Turnarounds, Blues-Schema) aufbaut. Diesen melo- sollten der eigentlichen Improvisation, die bis zu disch „zu erfüllenden“ Formmustern stehen konträr einem gewissen Grad wiederholbar werden soll, um quasi grenzenlose Improvisationen gegenüber, die als schließlich in eine Komposition zu münden, vorbe- freies, selbsterfahrungs-orientiertes Spiel häufig reitende „Sub-Improvisationen“ zum Zweck der formlos bleiben und unwiederholbar verklingen. Materialerkundung vorausgehen, deren Teilergebnisse schriftlich fixiert und damit nachvollziehbar gemacht Ohne einer dieser beiden Improvisationsarten die Exi- werden. Verschiedene, auch für den Gruppenunter- stenzberechtigung abzusprechen, möchte ich im Fol- richt geeignete Aufgabenstellungen dienen genden mit Wilhelm Keller für ein Improvisieren plä- • der Motivfindung (Motive verschiedener Länge, ein dieren, das als bewusstes Auffassen, Erspüren, Er- bis vier Takte; Ausgangspunkt können beispiels- hören und Bedenken von wiederholbaren Elementen weise Rhythmuskarten sein), (Motiven) ausgeht, die als überschaubares musikali- • der Erprobung verschiedener Motivverarbeitungs- sches Material bewusster Gestaltung zugeführt wer- techniken (Wiederholung, Sequenz, Variation etc.), den sollen. Die gesamte formale Gestaltung liegt da- • der Einbindung von motivischem Material in neu- bei in den Händen und in der Vorstellung des Impro- traleres Füll- oder Bindematerial (z. B. Pausen, Ska- visierenden. len, Zerlegungen etc.) sowie Das Ziel soll sein, „Elementare Form“ zu gestalten, • der Findung von Möglichkeiten zur Gliederung me- also beispielsweise eine Barform, einen Gegenbar, lodischer Verläufe, mit Zäsuren und Schlüssen ver- eine Liedform (Reprisenform) oder eine Reihungs- schiedener Ausprägung. form (Rondo). Keller verwendet den Begriff der Eine einfache Begleitung dient hauptsächlich dazu, „durchhörbaren Form“, und zwar im Sinne einer den metrischen Puls aufrecht zu erhalten; sie kann „Durchhörbarkeit bis auf den Grund des verwendeten vom kleinen Schlagwerk realisiert werden, aber auch Materials, welche Voraussetzung für die Spontanwir- als Ostinato auf einem Melodieinstrument gestaltet kung auf den Hörer ist“. Als Beispiele für „durchhör- werden. Offene, von Keller als „personant“ bezeich- bare Kleinformen“ nennt er (in einem späteren, un- nete Klänge (Intervalle: Quart, Quint, Terz, Sext)6 veröffentlichten Skriptum zur Elementaren Kompo- eignen sich gut als Improvisationshintergrund. Eine sition) die Formen der Folklore (Lieder und Tänze), zu eindeutige harmonische Festlegung des Ostinato jene von Rituellen Gesängen, die Formbildungen in (beispielsweise durch Einbeziehung des Leittones, Béla Bartóks „Mikrokosmos“ (I–III) und „Für Kin- oder besonders vieler Töne der Skala) schränkt die der“, sowie die Lieder, Spiel- und Tanzstücke im Orff- Entfaltungsmöglichkeiten der melodischen Improvi- Schulwerk. sation ein. An einem der vier genannten Arbeitsbereiche soll die Bei einer auf Formbildung gerichteten Improvisation Gestaltungsaufgabe im Folgenden näher präzisiert ist die Arbeit mit dem musikalischen Gedächtnis in- werden: an der Motivfindung. tegraler Bestandteil. Die Wiederkehr von Formele- Vor die Aufgabe gestellt, ein musikalisches Motiv zu

22 finden, neigen Laien nicht selten dazu, möglichst viel Melodiebildung in Erscheinung tritt, oder ob ihr Vor- Material (verschiedene Töne, rhythmische Elemente) kommen hinausgeschoben oder gar „verschwiegen“ in diesen musikalischen Baustein packen zu wollen. wird. Der Eindruck von „Stabilität“ oder „Labilität“ Leicht kann man sich jedoch anhand einiger populä- kann aufgrund der einfachen Untersuchung der rer Musikstücke vergegenwärtigen, dass Wiederho- Grundtonlage auch von Laien (mit Notenlese-Kennt- lungen und Entsprechungen (von Tönen, Pausen, Ton- nissen) nachvollzogen werden. In der Musikliteratur gruppen) schon innerhalb eines Motivs üblich sind, ja muss man nicht weit suchen, um Beispiele zu finden, die Prägnanz sogar erhöhen können, wie beispiels- welche diese Beobachtungen unterstreichen; man ver- weise die Anfänge von „Für Elise“, der „Kleinen gleiche z. B. im Bereich der sinfonischen Musik den Nachtmusik“, „An der schönen blauen Donau“, oder Anfang des Finalsatzes von Beethovens V. Sinfonie des bekannten Latin-Standards „The Girl of Ipanema“ mit dem Violinthema im Schlusssatz von Mendels- zeigen. sohns e-moll Violinkonzert. Besonderes Augenmerk richtet Keller auf die Lage Im Bereich der rhythmischen Gestaltung von Moti- der Töne im „tonalen Feld“, dessen „melische Achse“ ven, die in der Improvisation erschlossen werden soll, sich aus der Lage des Grundtons ergibt: Seine Be- ist – mit Wilhelm Keller – eine ähnlich grundsätzliche griffe „Oberspannung“, „Unterspannung“ und „Mit- Erwägung wie im Melodischen angebracht: telspannung“ beschreiben das Verhältnis der gewähl- „Schwer“, „statisch“ – oder „leicht“, „vorantreibend“ ten Tonhöhen zu dieser Achse. Keller geht davon aus, – entstehen hier unter anderem aus der Spannung dass wir bei gleichzeitig gespielten Intervalltönen „in bzw. den Abweichungen zwischen dem erklingenden der Simultanintegration die Gleichgewichtslage auf Rhythmus und dem „Zählzeitwert“ als Folge gleicher Grund der Grundtonlage als wichtiges Merkmal der rhythmischer Einheiten (dem gängigen Begriff Me- Zweiklänge annehmen müssen.“7 Er kommt zu dem trum verwandt). Wesentlich ist, ob der „Zählzeitwert“ Ergebnis: „Tiefliegender Grundton bedeutet also sta- als Folge gleicher rhythmischer Einheiten selbst prä- bile, hochliegende labile Lage.“8 Kellers Begriffe sent ist, so dass der Rhythmus – wie im Marsch – mit „Oberspannung“ und „Unterspannung“ lassen sich an dem Metrum (teilweise oder ganz) identisch wird zwei rhythmisch gleichen Motiven von zwei Takten (Beispiel C), oder ob sich die Zählzeit eher indirekt Länge demonstrieren; das mit g’ beginnende Motiv A aus längeren oder kürzeren rhythmischen Werten er- bewegt sich in der oberen Hälfte des „tonalen Feldes“ schließen lässt (Beispiel D). In diesem Fall ist für den zwischen c’ und c” und wirkt schwereloser als das Charakter des Rhythmus ausschlaggebend, ob und in zweite, mit c’ beginnende Motiv B, das sich, vom welcher Weise längere oder kürzere Notenwerte – be- Grundton ausgehend, überwiegend in der unteren zogen auf die Zählzeit – vorherrschen (Untertei- Hälfte desselben Tonraumes entfaltet bzw. stärker an lungswerte oder Multiplikationswerte). ihn gebunden erscheint. In beiden Beispielen kommt der Grundton c nur einmal vor.

Keller verwendet für die Aufeinanderfolge gleicher Es ist also für den Charakter eines Motivs wichtig, ob Notenwerte den anderweitig schon vorbesetzten Be- die „melische Achse“ von Anbeginn erkennbar ist, griff „Schwebung“, während er die halbierende Un- wie ausgeprägt sie als melodisches Zentrum in der terteilung eines Notenwertes (z. B. die Folge Viertel

23 – Achtel) als „Raffung“, die verlangsamende Ver- Seine Ausführungen zum einstimmigen Satz münden dopplung des Notenwertes (Folge Viertel – Halbe- schließlich in die Formulierung von sechs Elementa- note) als „Dehnung“ bezeichnet. Die Dynamik bzw. ren Satzarten, die – je nachdem, wie die Komponen- Statik eines rhythmischen Motivs hängt von der Frage ten Rhythmus, Melodie und (melodie-immanente) ab, ob sich die rhythmischen Gestalten eher (abtak- Harmonik zusammentreten und gewichtet sind – von tig) vom Taktschwerpunkt weg, oder (auftaktig) auf ihm als „Rhythmische Melie“, „Harmonische Melie“, den Taktschwerpunkt hin orientieren. „Melische Rhythmie“, „Harmonische Rhythmie“, Für Improvisationsversuche zur Motivfindung mag „Rhythmische Harmonie“ und „Melische Harmonie“ zunächst ausreichend sein, die Beobachtungen darauf typisiert werden. Notierte Beispiele – vorwiegend aus zu konzentrieren, ob im Rhythmus die Zählzeitwerte dem Bereich der Musikethnologie – dienen zur De- als rhythmische Ereignisse präsent (oder ausgespart) monstration der unterschiedlichen Typen, deren erst- sind, ob und in welchem Maße abweichende Noten- genannten, die nur wenige Tonhöhenveränderung zei- werte (kleinere Notenwerte oder x-fache Notenwerte) gende „Rhythmische Melie“, man beispielsweise mit in Bezug auf den Zählzeitwert vorkommen, und ob Begriffen wie „deklamatorisch, rezitierend“ um- sich die rhythmischen Ereignisse eher ab- oder auf- schreiben könnte. taktig hinsichtlich des Taktschwerpunktes (bzw. der Taktschwerpunkte) verhalten. Auch wenn man Kellers Ausführungen nicht im Ein- Die genannten Kriterien zur Beschreibung der rhyth- zelnen folgt bzw. abseits seiner Typenlehre eigene mischen und melodischen Konstruktion einstimmiger Aufgabenstellungen formuliert, so bleibt seine Motive könnten sicherlich durch viele weitere ergänzt Grundsätzlichkeit anregend und die Methodik inter- werden, denen sich auch Keller zugewendet hat, da essant: Überlegungen stehen am Anfang, danach wird hier bislang nichts über Tonmaterial, Bewegungs- dem Spielerischen freier Lauf gelassen. In einem richtungen, vokalen oder instrumentalen Charakter Skriptum äußerte Keller, man könne „die Musik als usw. gesagt worden ist. Generell entsprechen Kellers einen zum Spiel gewordenen Ernstfall der Schaller- Überlegungen zu Melodik und Rhythmik ganz und zeugung und -anwendung betrachten“. Bezeichnend gar seiner gründlichen, beim „Phänomen“ ansetzen- und sympathisch, dass er nicht formulierte: „[...] als den Beobachtungs- und Beschreibungsweise. ein zum Ernstfall gewordenes Spiel!“ Sicherlich bleibt es immer in gewissem Maße dem Geschick und der pädagogischen Begabung Thomas Hauschka eines/einer Lehrenden überlassen, die Entfaltung studierte in München und Salzburg Musikpädagogik einer melodischen Improvisation zu kommentieren und Klavierkammermusik. 1986 Promotion zum Dr. und zu lenken, auf die Gestaltung von Spannungsbö- phil. Er unterrichtet als Lehrer an der Abteilung für gen hinzuarbeiten, mit Keller anzuregen, „Tonfolge- Tasteninstrumente und am Carl Orff-Institut der Uni- funktionen höherer Ordnung: Sekundgänge und Bö- versität Mozarteum in Salzburg, und ist als Heraus- gen höherer Ordnung“9 zu gestalten, Möglichkeiten geber musikalischer Werke (Orff, Gluck), als Musik- der Schlussbildung auszuprobieren, die Spannungs- wissenschaftler, Pianist, Komponist und Arrangeur qualität von Schlusstönen zu beobachten, Möglich- für das Ensemble Salonieri tätig. keiten zu erörtern und zu üben, wie Formteile von- einander abgesetzt, miteinander verbunden, unter- 1 Wilhelm Keller: Handbuch der Tonsatzlehre, 2 Bände, Bd. I: Ton- schiedlich gestaltet werden können, unter anderem satzanalytik (365 S.), Bd. II: Tonsatztechnik (400 S.), Regensburg 1957/59 auch durch Veränderungen in der Begleitung. Ein Kri- 2 Bd. I, S. 9 terium dafür, ob die Form gelungen und überzeugend 3 Bd. I, S. 5 ist, wird schließlich sein, ob sie von nicht informier- 4 Bd. II, S. 32 ten Zuhörern so empfunden und erkannt wird. Kel- 5 Bd. II, S. 42 6 Bd. II, S. 208 lers Anregung, von einfachen Elementen auszugehen, 7 Bd. II, S. 148 sollte in jedem Fall zu überschaubaren Formen 8 ibid. führen. 9 Bd. II, S. 29

24 Summary derstanding that working with musical memory comes Wilhelm Keller’s way of improvising and before the fixing in notation of understandable mate- composing rial. Keller gives informative suggestions as to how the character of a simple theme can be influenced and Wilhelm Keller’s two-volume “Handbook on Teach- changed through consideration of its fundamental ing Composition” was published in Regensburg in musical elements (“melodic axis”, “presence of the 1957/59. In the first volume he lays the foundation of beat”, phrases starting with up-beat or down-beat). a musical aural experience of the basic phenomeno- Finally Keller leads up to the forming of six different logy of music, which introduces a new repertoire of types of melodies and settings in which the rhythmic, terminology for describing basic musical phenomena. melodic and harmonic components come together in The second volume is thought of as a textbook and varied balance and reciprocal dependence, for ex- shows Keller as a sound practician and composer ample as a rhythmic or harmonically oriented type of who has combined, among others, stylistic influences melody. Keller finds musical equivalents and exam- from his teacher Johann Nepomuk David, but also ples for the six types mainly in pre-baroque music and those of Carl Orff and Paul Hindemith. Keller is of in the field of ethnomusicology, that is, not in those the opinion that practical exercises rather than theo- musical fields where major/minor tonality is predomi- retical musical tasks should precede composing, that nant. trying out and improvising with instrument and voice should stand at the beginning of the composing Thomas Hauschka process. This corresponds more to the present situa- tion of music pedagogy than to that of half a century studied Music Education and Piano Chamber Music ago. It should be interesting and stimulating for com- in Munich and Salzburg. Acquired D. Phil in 1986. posers, and for music teachers who teach composi- He teaches in the Keyboard Department and at the tion, to adapt and actualize quite a few of Keller’s for- Carl Orff Institute of the Mozarteum University in mulations for the respective target group in social and Salzburg, he works as musicologist, as editor of integrative pedagogical institutions, music schools, musical works (Orff, Gluck), and also as pianist, kindergartens and general schools, out of school composer and arranger for the Salonieri Ensemble. training institutions and leisure education institutions, in order to impart insights into elemental musical cre- ative material through individual creative activity. Since for participants in a group with limited previous knowledge, exercises and tasks in the realms of rhythm and melody are more easily accessible than composing for several parts, the melodic creative ap- proach, starting from improvisation, presents itself as a way of creating elemental forms (aab, abb, aba, and rondo form). Keller recommends starting with easily understandable material that can first be explored in improvisation and then partly fixed in written nota- tion so that it is made comprehensible to each partic- ipant. A rhythmic or melodic theme, supported by a simple ostinato-based accompaniment that estab- lishes the metre, can form the starting point for com- positional work that takes into account all important creative forms (working with main themes, integra- tion of non-thematic material, musical phrasing and cadences, creating forms) and that promotes the un-

25 Danuser, Hermann / Katzenberger, Ausgewählte und kommentierte Günther (Hrsg.) (1993): Literatur zum Thema „Elementare Vom Einfall zum Kunstwerk. Der Kompositions- prozess in der Musik des 20. Jahrhunderts Komposition“ (Publikationen der Hochschule für Musik und Thea- Selected and annotated literature ter Hannover 4) on the theme “Elemental Compo- Laaber-Verlag, Hannover, ISBN 978-3-89007-258-6 sition” Auf manchmal durchaus heitere Weise wird hier das künstlerische Genie entzaubert und der musikalische Hier stellen Autoren der Artikel zum Themenschwer- Schaffensprozess sehr differenziert betrachtet. (IM) punkt sowie der Rubrik „Aus der Praxis“ ihre Lieb- lingsbücher zum Thema vor: Harnoncourt, Nikolaus (2010): Authors of the main articles and of the column “From Die Macht der Musik practical work” are introducing some of their in Florian Lauermann (Hrsg.): Musikerfahrung – Mu- favourite books to the present theme: sikinterpretation. Reflexionen zum Wesen von Musik Die graue Edition, Baden-Baden, James Harding (JH) ISBN 978-3-906336-55-8 Wolfgang Hartmann (WH) Thomas Hauschka (TH) Für alle, denen die Musik so am Herzen liegt wie mir. Rainer Kotzian (RK) (IM) Linda Locke (LL) Ines Mainz (IM) Hartmann, Wolfgang / Nykrin, Rudolf / Regner, Christoph Maubach (CM) Hermann (Hrsg.) (ab 1998): Reihe: Musik und Tanz für Kinder – Wir lernen ein Instrument PUBLIKATIONEN IN DEUTSCHER SPRACHE (Klavier, Geige, Blockflöte, Querflöte, Schlagzeug) Bullerjahn, Claudia / Graebsch, Barbara / Schott Verlag, Mainz Liewald, Helga (2003): Komponieren mit Kindern und Jugendlichen. Ein In all diesen Instrumentalschulen finden sich vielfäl- Überblick zu pädagogischen Konzepten und För- tige Anregungen und Beispiele zum Improvisieren dermaßnahmen und Komponieren mit Kindern. (IM) In: „Üben und Musizieren“ 6, S. 48–55 Schott Verlag, Mainz Heilbut, Peter: Komponierbuch für junge Klavierspieler Zusätzlich zu Ideen und Wegweisern für Komposition Otto Heinrich Noetzel Verlag, Wilhelmshaven im Musikunterricht leuchtet dieser Artikel ganz wich- ISMN M-2045-3445-6 tige Grundvoraussetzungen aus. Was ist musikalische und Komposition im Kontext der Musikerziehung? Kann Kinder komponieren für Kinder 1 Komposition überhaupt gelehrt und gelernt werden? Musikverlage Hug & Co., Zürich Ist es eine Domäne von wenigen, die besonders be- ISMN M-2028-0905-1 gabt sind, oder trägt jeder Mensch kompositorische Fähigkeiten in sich? Was ist eigentlich Komposition, Peter Heilbuts Anliegen war es, die traditionelle Form wie steht sie in Beziehung zur Kreativität? Die Auto- des (ausschließlich) literaturorientierten Klavierun- ren bringen auch eine reiche Palette von relevanter Li- terrichts aufzubrechen. Obwohl (oder gerade weil!?) teratur mit in die Diskussion, die dem Leser des Ar- er andere Wege geht, als dies im Orff-Schulwerk vor- tikels nicht nur Ideen vermittelt, sondern auch zur geschlagen wird, lohnt es sich, seinen methodischen weiteren Lektüre anregt. (CM) und didaktischen Ansatz kennenzulernen. (WH)

26 Henze, Hans Werner (1998): Paynter, John / Aston, Peter (1972): Komponieren in der Schule. Notizen aus einer Klang und Ausdruck. Modelle einer schöpferi- Werkstatt schen Schulmusikpraxis Schott Verlag, Mainz, 192 S., rote reihe 51, Universal Edition, Wien ISBN 978-3-79570-352-3 ISBN 3-7024-003-6

„Jeder Mensch, der sich mit Musik beschäftigt, sollte In 36 Modellen zeigen die beiden Autoren schöpferi- eigentlich auch komponieren können“, lautet ein sche Zugänge zu Grundphänomenen der Musik. Im Credo des renommierten deutschen Komponisten Vordergrund steht die musikalische Erfahrung, musi- Hans Werner Henze. Im Sommer 1997 leitete er beim kalisch-theoretisches Wissen wird hauptsächlich als Schleswig-Holstein-Festival einen Kompositions- Resultat kompositorischen Handelns gesehen, nicht workshop, an dem neun Musiklehrer teilnahmen, die als Voraussetzung dazu. Beindruckende Ideen für mu- im Tagungsbericht ihre Sicht auf Henzes Anregungen sikalisches Komponieren werden z. B. zu Themen wie wiedergeben: Von einem Gedicht ausgehend, ohne sti- „Musik und Wort“, „Musik und Bild“, „Wie Melodie listische Vorgaben, versucht Henze ihnen nicht „bei- zustande kommt“, „Musik und Bewegung“, „Stille“, zubringen“, wie „man“ komponiert, sondern geht je- „Musik und Zufall“, „Wie Harmonie zustande weils von dem aus, was die zur Komposition ermu- kommt“ u. v. m. vorgestellt. (RK) tigten Teilnehmer selbst mitbrachten. Obwohl diese Anregungen nicht unmittelbar auf „Elementares Schönberg, Arnold (1979): Komponieren“ übertragbar sind, auf keiner „Me- thode“ basieren, regen die Berichte der Teilnehmer, Grundlagen der musikalischen Komposition. Ein- allesamt keine Profi-Komponisten, zur Reflexion dar- führung in die Lehre der erweiterten Tonalität über an, wie Laien und Schulkinder von ihren musi- Rudi Stephan (Hrsg.), Universal Edition, Wien, ISBN kalischen Vorerfahrungen ausgehend lernen können, 978-3-702-40136-8 ihre Vorstellungen so zu präzisieren, dass komposito- rische Arbeit möglich wird. (TH) Arnold Schönberg war auch ein großartiger Lehrer für Musiktheorie. Er hat es unter anderem in diesem Buch geschafft, eine Anleitung zur Konstruktion de la Motte, Diether (1996): eines 8-taktigen Themas darzustellen, die gleichzei- Wege zum Komponieren. Ermutigung und Hilfe- tig grundlegende ästhetische Betrachtungen integriert stellung und in den Kosmos musikalischen Komponierens Bärenreiter, Kassel, ISBN 3-7618-1290-6 wunderbar einführt. (IM)

Diether de la Motte beschreibt Wege zum selbständi- Schwabe, Matthias (1992): gen, phantasievollen Komponieren, ohne Stress und starren Regeln. Laut Buchumschlag ein „Schnupper- Musik spielend erfinden: Improvisieren in der kurs für Schüler, Studenten, Lehrer und erwachsene Gruppe für Anfänger und Fortgeschrittene Laien“ mit ca. 300 Aufgaben, vom einstimmigen Lied Bärenreiter Verlag, Kassel, ISBN 978-3-761-81040-8 mit nur wenig Tonmaterial bis zum Komponieren eines kleinen Musiktheaterstücks – eine „Ermutigung Matthias Schwabe hat hiermit ein besonders lesens- und Hilfestellung“. Allein das Buch zu lesen ist ein wertes Werk für Improvisation in der Gruppe ge- Genuss, der Autor schreibt locker, inspirierend, fra- schaffen. Unterschiedlichste Spiele und Spielregeln gend, motivierend. Das Ausprobieren der Ideen macht für das Erfinden von Klängen, Rhythmen und Melo- Spaß und regt dazu an, sich intensiver mit der Mate- dien sind in 8 Kapiteln themenzentriert geordnet und rie zu beschäftigen. Ein Buch für Laien ist es jedoch bieten hervorragende Anregungen auch für Elemen- nur bedingt, da immer wieder auf vorausgesetztes Ba- tares Komponieren in der Gruppe als direktes Resul- siswissen in Theorie zurückgegriffen wird. (RK) tat musikalischer Improvisation. (RK)

27 PUBLIKATIONEN IN DEUTSCHER UND ENGLISCHER spielen kann, kann komponieren. In diesen beiden SPRACHE /PUBLICATIONS IN GERMAN AND ENGLISH Standardwerken für Elementare Komposition werden Kompositionsideen für Klangfarbe, Melodie, Har- Cage, John (1961): monie, Form, Arrangement für unterschiedliche mu- Silence sikalische Genres vorgestellt. Empfohlen werden in English language: Wesleyan University Press, ASIN beide Bücher für die Arbeit mit Schülern im Alter von B000JUSOS6 11 bis 18 Jahren – bei flexibler Handhabung und Übersetzung ins Deutsche von Ernst Jandl, Suhr- kompetenter Interpretation sind allerdings auch Ideen kamp, Berlin 20076, ISBN 978-3-518-22193-8 für jüngere Kinder erkenn- und durchführbar. (RK) The lectures and articles collected in this book are still quite provocative, and they stimulate me to think Dollof, Lorrie-Anne (1993): deeply about music and composition. Cage’s icono- Das Schulwerk – a foundation for the cognitive, mu- clastic humour is balanced by his serious champi- sical, and artistic development of children oning of the value of creating music. I share his in- Canadian Music Education Research Centre, Uni- terest in chance processes, and there are many arti- versity of Toronto, ISBN 978-1-895-57002-1 cles in this book that suggest ideas for working with Es handelt sich hierbei um einen Monograph aus der chance in composition. (JH) Reihe Research Perspectives in Music Education, ver- öffentlicht vom Canadian Music Education Research PUBLICATIONS IN ENGLISH Centre der University of Toronto. Die University of Burnard, Pamela / Swann, Mandy (2010): Toronto hat eine wichtige historische Rolle in der Ent- Pupil perceptions of learning with artists:A new or- wicklung des Schulwerks auf dem nordamerikani- der of experience? schen Kontinent. Die Autorin schafft Verbindungen zwischen erziehungswissenschaftlichen Theorien und In: Thinking Skills and Creativity, 5(2), pp. 70–82 pädagogischer Praxis und leuchtet Musik- und Be- This is a useful article, which reports findings from a wegungspraxis unter diesen Gesichtspunkten auch study in which pupils between 11 and 19 reflect on kritisch aus. their experience of learning with a visiting composer Die Autorin wird im Januar 2013 bei der Internatio- and three professional musicians. All had participated nalen Orff-Schulwerk Konferenz in Hamilton, Neu- in a series of workshops which extended over an 18- seeland als Gastprofessorin mit dabei sein: month period in which visiting artists facilitated a se- http://www.tuituia.ac.nz. (CM) ries of ‘creative days’at a range of off-site settings, including two residential weekends, where partici- Kaschub, Michele / Smith, Janice (2009): pating pupils were engaged in collaboratively creat- Minds on Music: Composition for Creative and Crit- ing and performing newly composed pieces. (LL) ical Thinking Plymouth, UK: Rowmann & Littlefield Education, Cole, Bruce: ISBN 978-1607091943 The Composer’s Handbook (1996) Schott educational publications, London, Der umfangreiche Text von Michele Kaschub und Ja- ISBN 978-0-946-53580-4 nice Smith bietet Lehrern und Studenten Einblicke in and die pädagogische Vermittlung von Komposition im The Pop Composer’s Handbook (2006) Klassenzimmer an. In diesem Text werden Arbeits- ideen mit kritischem Einblick in die kompositorische Schott educational publications, London, Praxis gegeben. Die Autoren dazu: „Komposition ISBN 978-1-902-45560-0 muss mit einer Idee beginnen, einer Emotion, die für Bruce Cole verfolgt ein simples aber umso überzeu- den Komponisten eine Bedeutung hat und zum genderes Prinzip: Jeder, der einen Stift halten kann, Wunsch, sich klanglich auszudrücken, führt.“ Das kann malen. Jeder, der singen oder ein Instrument Buch bietet eine solide Grundlage für die Planung

28 und Umsetzung von Kompositionsunterricht in Kin- cator describes lessons in which he provokes students dergarten und Schule. (CM) to analyze musical experience in terms of the ele- ments of timbre, dynamic, rhythm, pitch, and tempo. Locke, Millie / Locke, Terry (2011): Although written 3 decades ago, this book still seems Introducing a mentor into a children’s composition quite bold to me. I enjoy the passion with which project: Reflections on a process Schafer challenges the thinking of his students and am in: Thinking Skills and Creativity, 7(1), pp. 8–20 inspired by his conviction that all students should be invited into the creation of music. (JH) This article reports on a case study where a profes- sional musician was assigned to a primary school as mentor in a project where 14 primary-aged children, with their teacher’s direction, were involved in the composition of a piece of music that would act as pro- logue to the school’s major production. A range of data were analyzed: classroom observations, emails, questionnaires, and one-on-one and focus-group in- terviews. Findings suggested that the involvement of the mentor was well received by the pupils and that the mentor and teacher complemented one another in their enactment of both pedagogical and composi- tional roles. (LL)

Paynter, John (2000): Making progress with composing in: British Journal of Music Education, 17 (1), pp. 5–31 John Paynter (1931–2010), dessen Arbeiten auch nach Jahrzehnten weiterhin einen immensen Einfluss im Bereich der Musikpädagogik haben, bringt auch in diesem Artikel ermutigende und weiterführende Gedanken zum Thema Komposition im Klassenzim- mer. Kritikern gegenüber hält Paynter hier vor, dass es sich dort wo Mängel zu sehen sind um Unsicher- heitsanzeichen handelt, wie Schülerinnen und Schülern mit Komposition zu helfen ist. Er deutet auf ein Dilemma hin, welches den Mangel an Wertschät- zung von Kreativität im Musikunterricht darstellt. (CM)

Schafer, Raymond Murray (1976): Creative Music Education: A Handbook for the Modern Music Teacher Schirmer Books ISBN 978-0-028-72330-3 In the first part of this book “The Composer in the Classroom,”the Canadian composer and music edu-

29 terns will appear. Just as the child has an innate propensity to perceive pattern in the world around her, so does she have an instinct to create pattern and meaning with the materials at hand. In three projects described below, I have found ways to put musical materials into the students’ hands through chance processes. In each example, students receive elements and then are challenged to find a way to put them to- Aus der Praxis gether into a musical creation. Why use chance? While many of the following pro- From Practical Work jects could work without the chance element (e. g. with either students or teacher being able to choose their materials freely) the use of chance carries some Put together by chance: advantages. Chance processes bring in the element of play, making the whole assignment seem more like a three composition projects from game and less like a chore. Chance brings a special the classroom equality and fairness to each project (think of draw- ing straws to decide who goes first), relieving the teacher of the obligation of choosing materials for each student. Chance processes are often liberating, combining elements in an original and stimulating way, where “free choice” might have resulted in much more predictable outcomes. Chance processes allow the student to focus not on the materials themselves, but the manner in which they are put together: their composition. Project I James Harding Nursery rhyme composition with musical instruc- tions (7th grade) Introduction As our 7th grade theme is composition and art music, Composition is, at it’s most elemental, a very natural we often start the year off with this assignment as a activity for children. The word composition comes way to review some of the vocabulary of the art form. from the Latin roots “com” (together) and “ponere” The students each receive a one-page glossary enti- (to put). Children delight in putting things together tled “some basic experiences in music.” I like to di- (and in taking things apart!).Give a child an assort- vide the main parameters into six categories, and then ment of coloured buttons, and soon forms and pat- think of six examples for each:

Dynamic Tempo Pitch Crescendo Accelerando Descending pitch Diminuendo Ralentando Ascending pitch Subito forte Subito presto Glissando Subito piano Subito lento With a drone Sforzando Con fermata Parallel melodic lines Solo/Tutti Caesura (long silence) Saltando (high to low)

30 Rhythm Timbre Form Swing feel Son nasal ABA Hip hop Bocca chiusa (hum) Canon 3/4 (waltz or minuet) Mechanical (robotic) Call and response 2/4 March Changing timbre With an introduction With rests Body percussion With a coda Aleatoric (with no steady beat) Lip tremolo (underwater) With echo

Reviewing terms: Before I give the composition as- choosing something that is a chant without a famous signment, we go over all the terms mentioned in the melody (because they may be asked to create their glossary, so that all the students will recognize the own melody). possible ingredients of their composition. I ask the Once a group has chosen their primary material, I in- students to work in a small group to think of a spoken vite them to draw three musical instructions. These material that will become the basis of their creation. are the same terms from the glossary, cut into strips I suggest choosing something familiar, that everyone and placed into six coloured baskets (one basket each in the group knows or can learn easily and quickly: a for dynamic, rhythm, tempo, timbre, pitch and form. nursery rhyme, a counting rhyme, a jump-rope rhyme, They must draw one instruction each from three of the a proverb, a tongue-twister or a riddle. I suggest six baskets. Here’s a potential result:

Rhyme Instruction 1 Instruction 2 Instruction 3

“Jack be Nimble, Form: ABA Rhythm: With rests Tempo: Ralentando Jack be quick Jack jump over the candlestick

The group now has to find a way to perform “Jack be three elements at the same time, or throughout the en- Nimble,”incorporating the three musical instructions tire piece. Here’s the score of the kind of piece that which they have received through chance. I remind might result: the students that they do not have to incorporate all

Jack be nimble

31 To encourage careful listening from the audience, I The “flick” might be the light, feathery flapping of ask the groups to keep their instructions hidden from short tentacles for feeding. view, so that when they perform the other groups can I encourage each group to imagine sound for their play the game of guessing the musical ingredients in creature’s movements, or to leave silence if they pre- the composition. fer. I have found that this simple activity often yields de- When the groups are ready to present, I use the at- lightful results. Some keys to success that I've discov- mospheric music of Holst’s“Neptune, the Mystic” to ered through experience: set the stage for the performance of each creature. 1) Insist that each group decide upon their musical As in the nursery rhyme composition, the chance material (rhyme, etc.) before they receive their musi- process provides a good opportunity to lay out the cal instructions. elements of movement, and to highlight their organi- 2) Only allow three instructions per group. This is zation. Before inviting the groups to roll the dice, I re- quite enough musical input for the compositional view the Laban efforts and the parameters of energy, process! duration and space: Project 2 Alien life form (5th grade) Life has been discovered on other planets! Living be- ings, never before seen on earth! Some of them mi- croscopic, some of them large, some plants, some an- imals, some beautiful, some dangerous, all fascinat- ing! Students work in a group to create a movement piece that shows a new, extraterrestrial life form. Each group receives two movement “ingredients” through the chance process of rolling two dice decorated with Laban effort-shapes:

Laban diagram

Drawing attention to the parameters and the organi- zation of the elemental gestures allows me to coach the students towards greater expressive contrast in their movement performance. In this assignment, since I have divided the gestures into “strong” and “light” I encourage the students to bring out the con- trast between the energy of “strong” and “light” ges- tures. I could also imagine dividing the gestures into “long” vs. “short” or “direct” vs. “indirect,” with Laban dice similar success. For instance, one group might receive the combina- Project 3 tion “flick” and “press.”These movement ideas might alternate in the presentation of their extra-terrestrial, Hypnotizing music or they might be present simultaneously. Perhaps the I have enjoyed experimenting with the use of chance “press” movement is the slow extension of a limb, or to create melodies, but have often found the results the direct movement of the whole creature forward. not particularly musical or satisfying to the students.

32 Not so with this next project, which was inspired by a Expressive sequence: The next assignment is to newly published card game called “Spot It.” In this choose an order of all four tones to best express the simple and ingenious deck of cards, each card shows romantic statement “But I love you!”. I emphasize 8 images, and each card has one and only one image that there is no right answer, but to look for a in common with any other card in the deck. I spent an sequence of the four pitches where the word “love” entire plane ride trying to figure out the mathematics can me emphasized. of this system. I never figured it out entirely, but I did get inspired to apply a similar system to creating tone rows for composition.

Bars in a bag: I place bars C, D, E, F, F#, G, A, Bb, B and high C into a bag. Students take turns drawing out notes to match each number. The first note drawn becomes number 1, the second num- ber 2 and so on. A possible outcome is shown below:

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. For the group which received D F Bb and A, some so- lutions might be: DF Bb AGC- C- F# EB low high

Four tone cards: With the scale degrees assigned to numbers, students then received their tone rows by drawing one of the cards (pictured to the right) and assembling the corresponding tones. These cards I created in the pattern of the “Spot It” game, where each card has only one number in common with any other card. I found that this introductory step helps students find an expressive sequence of their pitches that isn’t just up the scale or down the scale. It doesn’t matter so much to me which solution they find, but it’s impor- tant that they try out several sequences and have some reason they can explain for why the sequence they choose works best. I then invite them to set up their four bars in order on the instrument (see example below).

Cards Let’s say one group receives the card with 1,2,3,4 which corresponds to D F Bb and A. Tone row

33 Hypnotizing music: With tones chosen and an order dents. In the first two projects, the meaningful orga- of pitches selected, I ask each group to compose hyp- nization of the elements of music and dance leads not notic music using their four tones. In discussing the only to interesting compositional results, but to qualities which make music hypnotic, I identify some greater understanding of the parameters of music and parameters: movement. In the third example, the relationships be- • repeating patterns tween the sets of numbers on the cards guarantees in- • perpetual motion teresting tonal relationships between the student com- • cumulative/subtrac- positions. The tasks of creating an expressive se- tive form quence of four notes (“But I Love you”) and creating (adding and taking music with a hypnotic quality both help to draw out away ostinati) the ingenuity of the students as they work to put to- • fade in / fade out – gether the pitches which they received through gradual dynamic chance. I also review some techniques for working with a tone-row: James Harding • retrograde: playing the sequence backwards Music pedagogue and composer, teacher at the San • augmentation/diminution: Have some instruments Francisco School, lecturer at the California State in the ensemble playing the tone row twice as slow, University, L.A., guest teacher at the Carl Orff Insti- or twice as fast. tute (Special Course and summer courses). Founding member of the group Xephyr. Publications in various A possible result for the group with D F Bb and A: specialist journals.

I have been pleased with the results of this assign- Zusammenfassung ment. Having groups work with four-tone sets that are Gestaltungen unter Zufallsaspekten: drei Kom- almost mutually exclusive results in a very refreshing positionsprojekte in der Schule tonal contrast between any two groups. This means Der Artikel beschreibt drei Projekte, in denen Schüler that putting two or more group’s compositions in se- der San Francisco School durch Aufgabenstellungen, quence, such as ABA or ABACA results in very inter- die durch Zufallsbedingungen zustande kommen, zu esting-sounding larger compositions. With a recent eigenständigen Kompositionen in Musik und Tanz an- 5th grade class, I recorded each group’s “Hypnotic geregt werden. Music” and then created a large sequence incorpo- Im ersten Beispiel wählen sie aufs Geratewohl drei rating excerpts of all of them. We then created a move- musikalische Aufgaben und wenden sie an einem be- ment composition where each group came alive in kannten Text an. movement in response to hearing their own music – In der zweiten Aufgabe würfeln sie mit zwei großen very fun! Würfeln und erhalten zwei Instruktionen, die sie zu einer Bewegungssequenz entwickeln sollen. Reviewing all three projects, it is clear to me that each Im dritten Modell schließlich erhalten die Schüler is an interaction between chance, organization of pa- durch einen Zufallsprozess vier Töne. Aus dieser Ton- rameters by the teacher and the ingenuity of the stu- reihe gestalten sie eine „hypnotische Musik“.

34 Warum Zufallsprozesse? • Zufallsprozesse bringen ein spielerisches Element Vom Sprachspiel aus der Bewe- mit ein, welches den Arbeitsvorgang mehr zu einem gung zum Elementaren Klangsatz Vergnügen als zu einer Pflichtübung werden lässt. • Zufallsprozesse befreien, indem sie Elemente auf eine originelle und stimulierende Weise verbinden, wo die sogenannte „freie Wahl“ meist viel eher vor- hersehbare Ergebnisse bringen würde. • Zufallsprozesse erlauben den Schülern, sich nicht auf das Material selbst zu konzentrieren, sondern viel mehr auf die Art und Weise in der dieses Mate- rial zusammengesetzt wird (zusammensetzen = componere, Zusammensetzung = C(K)omposition). Außer dem Zufallsprozess bedarf jedes Projekt einer wohldurchdachten Organisation durch den Lehrer um Ulrike E. Jungmair interessante Ergebnisse zu ermöglichen. „Im Spiel aus der Bewegung“ beginnend, soll ein Im ersten Fall werden die Aufgaben durch die musi- Nonsensvers entstehen, dessen sprachlich-rhythmi- kalischen Parameter Rhythmus, Tempo, Dynamik, sche Struktur die Grundlage für die Gestaltung eines Klanghöhe, Klangfarbe und Form bestimmt. Auf Stückes mit Body Percussion bildet. In der Gestaltung diese Weise können die Kinder mit drei Kriterien ar- werden Prinzipien des Elementaren Klangsatzes an- beiten, die sich gegenseitig nicht widersprechen. gewandt. Eine Erweiterung zu einer größeren Form Im zweiten Projekt werden gestische Aktionswörter mit improvisierten Zwischenteilen wird angebahnt. (nach der Effort-Lehre Rudolf von Labans) auf zwei Das hier vorgestellte Thema habe ich vielfach mit Er- große Würfel geschrieben, auf einen die kraftvollen wachsenen, jedoch auch mit älteren Kindern durch- Gesten, auf den anderen die zarteren. Zwei Aufgaben gespielt und erprobt. werden erwürfelt und ergeben in der tänzerischen Komposition auf jeden Fall interessante Kontraste. Didaktische Vorüberlegungen Im dritten Projekt garantiert das numerische System In kreativen, jedoch pädagogisch angeleiteten Pro- zur Gestaltung von Tonreihen, dass die entstehenden zessen – egal ob mit Erwachsenen oder Kindern – er- Kompositionen sich deutlich voneinander unterschei- scheint es notwendig, die Teilnehmer über Ziele und den. „Richtungen“ eines Themas zu informieren, sie da- mit in die Lage zu versetzen, ihre kreativen Beiträge James Harding einordnen zu können, sie zu überprüfen. Sicher ist es Musikpädagoge und Komponist, Lehrer an der San nicht notwendig, das gesamte Thema offen zu legen, Francisco School, USA. Lehrbeauftragter an der Ca- doch erscheint es unerlässlich einen Rahmen zu lifornia State University L.A., Gastdozent am Carl- schaffen, innerhalb dessen sich das Thema spielend Orff-Institut (Special Course und Sommerkurse), in- entwickeln kann. Rahmen und Grenzen erlauben die ternationale Kurstätigkeit. Gründungsmitglied der Freiheit im Spiel, in diesem Fall auf Kommunikation Gruppe Xephyr. Veröffentlichung diverser Artikel in und Dialog ausgerichtetes Spiel mit Sprache. Ohne Fachzeitschriften. Grenzen und ohne Information über die Intentionen des Leiters / der Leiterin bleiben die Teilnehmer in Abhängigkeit, seinen/ihren Aktionen und Reaktionen, an denen sie sich dann zu orientieren suchen. Rich- tungslosigkeit führt zu mangelnder Spielfreiheit und Abhängigkeit. Kreative Arbeit ist dann nur einge- schränkt möglich. Das Thema fußt auf der Einheit von Sprache, Musik

35 und Bewegung als anthropologische Gegebenheit, ih- nehmung, erste rhythmische Echoaufgaben mit rer gemeinsamen Wurzel des je individuellen Rhyth- Klanggesten. Dynamische Varianten unterstützen da- mus, sowie der Fähigkeit mit anderen zu kommuni- bei die Konzentration, machen aufmerksam für die zieren und in Resonanz zu schwingen; daher auch die Stille, schaffen Aufmerksamkeit und eine entspre- Fähigkeit mit anderen zu musizieren, zu tanzen. chende Hörhaltung. Meine (intentional gerichteten) rhythmischen Motive Elementare Kreativität beginne ich mit zweitaktigen Phrasen (2er-Takte). Eine Basis für unser Mensch-Sein ist auch die pro- Klatschrhythmen1 im Wechsel mit anderen Körper- duktive Fähigkeit, die Fähigkeit, Dinge neu oder auch instrumenten, Sprachsilben sowie rhythmische Be- wiederholend hervorzubringen. Zusammen mit der wegungsmotive bringen die Teilnehmer in Fluss. Es Fähigkeit zu Spontaneität stellt sie die Verbindung zu ist wie ein Sich-Einspielen auf einem In- individuellen Formen musikalischen, instrumentalen, strument; über das Imitieren hinaus finden die Teil- sprachlichen, tänzerischen Ausdrucks dar. nehmer auch Anschluss an eigene Rhythmus- Viele Theorien fußen auf der Annahme, dass der muster. Dabei ist es unerlässlich, dass die rhythmi- menschliche Organismus nur auf stimuli der äußeren schen Phrasen ohne Verzögerung aufeinander folgen. Welt reagiere. Natürlich lernen wir durch Imitation, 2. Vorübungen und Hinführung zum Thema natürlich möchten Menschen mit ihrer Umwelt in Allmählich verlängere ich die Phrasen, verdopple sie, Einklang sein. Aber nur P a s s u n g alleine ist nicht verlängere sie immer weiter, bis die Teilnehmer schließ- genug, das eigene Potential zu verwirklichen. lich nicht mehr in der Lage sind, zu imitieren. In Übereinstimmung mit wissenschaftlichen For- Ein kurzer Moment der Ratlosigkeit in der Gruppe, was schungen auf vielen Gebieten sind es gerade die „In- nun? Manche Teilnehmer lachen über die entstandene stabilen Situationen“, Phasen des Ungleichgewichts Leere –eine instabile Situation –,siekön- (nicht zu verwechseln mit sozialer Unsicherheit), die nen sich meist über diese Entwicklung lustig machen, ein so genanntes S u c h v e r h a l t e n auslösen, uns durchschauen die Absicht und finden eine Lösung wie nach neuen Lösungen suchen lassen. Sie führen zu diese Situation gerettet werden kann. Einzelne Aktivität, Spontaneität und zu Kreativität. Erst in in- springen ein und beginnen selbst ihre Nonsensworte zu stabilen Situationen kommt der Mensch i n B e w e - produzieren, richten sie an ein Gegenüber; immer mehr gung, findet er Anschluss an seinen Rhythmus, Impulse kommen jetzt von den Teilnehmern, werden in seine eigenste Aktivität, Baustein seines künstleri- das b e a b s i c h t i g t e Durcheinander geworfen. Die schen Ausdrucks. Teilnehmer nehmen sprechend, fragend Kontakt mitein- Verlaufsprotokoll ander auf. Sie greifen im Dialog Silben auf, verdeutli- chen sie, fragen, geben sie bestätigend, lachend wieder. Nach einigen einführenden Worten zur neuen The- Die Teilnehmer beginnen, sich in dieser neuen Sprache meneinheit werden die Teilnehmer aufmerksam ge- zu unterhalten, sie tun es lebhaft – so als hätte man ein macht, dass die Verwendung der Muttersprache in Ventil geöffnet –, eben weil die Barrieren wegfallen: dieser Einheit für einen begrenzten Zeitraum nicht paralinguistische, nonverbale Merkmale der Sprache un- zulässig ist – also kein Russisch, kein Spanisch, kein terstützen jetzt die Verständigung. Spielerisch üben sich Englisch, kein Türkisch und auch kein Italienisch. die Teilnehmer im Gespräch und erarbeiten im Spiel ihr 1. Vorbereitende Übungen variantenreiches rhythmisch-melodisches Material. Sie Sie dienen der Kontaktaufnahme, der Wahrnehmung erfinden Silben, wiederholen Vokale und Konsonanten, der Gruppe und des Raumes. Der Leiter/die Leiterin kombinieren sie im Gespräch. Ausdrucksstark spielen haben erst einmal die Chance mit aktivierenden sie mit Tonhöhen, verschiedenen Abfolgen von Sprach- Übungen sich selbst und auch der Gruppe Zeit zu ge- melodien, Lautstärkegraden, Betonungen, Sprechtempo, ben, sich auf ein neues Thema einzustellen. So nütze spielen mit den prosodischen Merkmalen der Sprache; ich allgemein diese Zeit für erste Angebote zur Imi- sie verändern Tonfall, Timbre und Klangfarbe etc. Viel- tation: Abklopfen und Aktivierung der Meridiane, fach werden die Gespräche heftig gestikulierend ge- ausatmen, auch Ohren reiben zur intensiveren Wahr- führt, eben a u s der Bewegung heraus.

36 Bald finden sich kleine Gruppen zusammen, sie wie- 3.1. Übephase derholen Motive, fügen sie zusammen, neue Ideen Was einzelne Kleingruppen gefunden und erarbeitet fließen ein, werden aufgegriffen oder verworfen, wer- haben muss nun allen Teilnehmern verfügbar gemacht den durch Bewegungsmotive verbunden oder ver- werden. Jede Gruppe zeigt ihr Motiv vor, alle anderen deutlicht, manchmal wechseln Tutti und Soli, oft führt imitieren. Dabei geht es nun um absolute Genauig- dieses Experimentieren auch zu melodischen Moti- keit: Wie sind die Sprachsilben präzise zu sprechen? ven, die im Spiel scheinbar wie von selbst Wie waren Bewegungsmotive und Ausdruck? Beginnt entstehen, aufgegriffen und wiederholt werden.2 das Motiv auftaktig oder volltaktig, sind einzelne Mo- Ohne die Spielsituation wesentlich zu unterbrechen, tive als Triolen oder Achtelbewegungen zu sprechen? werden die Teilnehmer in den bereits entstandenen Nach und nach erschließen sich rhythmische Struk- Kleingruppen angesprochen (oder werden in kleine turen, die Teilnehmer übernehmen nun alle Motive; Gruppen geteilt) und erhalten – je nach Situation hin sie werden sprachlich und dynamisch mit den beglei- und wieder auch nonverbal vermittelt – die Aufgabe, tenden Bewegungsmotiven verdeutlicht.4 jeweils ein kleines wiederholbares Motiv zu finden: Es Oft müssen einzelne Motive im Hinblick auf eine ist eigentlich nur ein Aufgreifen dessen, was die mei- überschaubare rhythmische Form und Phrasenbildung sten Teilnehmer von sich aus bereits begonnen haben. auch verkürzt werden, wobei solche Entscheidungen Eine neuerliche – jetzt auf ein Ergebnis gerichtete – immer von der ganzen Gruppe getroffen werden. Experimentierphase setzt ein, die Teilnehmer wählen Nicht immer lassen sich auch alle Sprachformen in aus dem bereits erworbenen Material aus, verwerfen, den Vers einbauen; dann ist jedoch darauf zu achten, kombinieren neu, vereinbaren schließlich eine klei- dass diese Motive entweder als Einleitung oder Be- nes Motiv. Eine Vorstellung der einzelnen Gruppen- gleitung das Gesamtergebnis bereichern. lösungen schließt diese Phase ab. Wann immer möglich werden auch die von den Teil- Auch wenn der Schwerpunkt dieser Art des Zugan- nehmern gefundenen Bewegungsformen, einfache ges zu Musik auf das Ergebnis Nonsensvers Schritte und Raumformen in die Gesamtgestaltung gerichtet ist und das Produkt schließlich in eine mu- aufgenommen, damit das ursprünglich aus der Bewe- sikalische Gestaltung mündet, darf nicht vergessen gung Kommende auch in der Endgestaltung mit der werden, dass im Spiel mit der Sprache die gefunde- Bewegung verbunden bleibt. nen Nonsenssilben für die Spieler k o n k r e t e Be- Gemeinsam wird nun der entstandene Nonsensvers deutung hatten, sie meinen etwas: drücken Zustim- gesprochen, wiederholt, der Gesamtablauf muss in mung, freudige Übereinstimmung, Kritik oder Zorn Fluss kommen. aus. Von daher speisen sich Ausdruck und Dynamik 3.2. Instrumentierung – Body Percussion des Gemeinten, „resultiert der gestische und Gemeinsam wird nach einer Lösung für das Übertra- i m a g i n a t i v e Charakter dieses Musizierens.“3 gen der Sprachrhythmen auf Körperinstrumente ge- 3. Gestaltung sucht: klatschen, chest, patschen, stampfen ...; wobei Wie kann man nun die vielen Beiträge zu einem ge- die organische Bewegungsrichtung, In-Fluss-Kommen meinsames Ergebnis führen? Wie können die Teiler- und Im-Fluss-Bleiben, wichtigstes Kriterium bleibt. gebnisse der Kleingruppen zusammengebaut werden 3.3. Aufbau des Elementaren Klangsatzes und zwar so, dass sich alle Teilnehmer mit ihren Der gefundene Vers wird unter Bedachtnahme rhyth- Beiträgen im Gesamtergebnis wiederfinden? mischer Genauigkeit und entsprechender Dynamik Ich versuche dies über das Dirigieren und fordere die mehrmals wiederholt und gefestigt. einzelnen Gruppen auf, meinen Einsätzen zu folgen. Zum Aufbau des Elementaren Klangsatzes werden Nun bin ich als Leiterin am Experimentieren. Ich ver- Fundament- und Gerüstbildungen5 – Ostinato und ak- suche, die einzelnen Motive der Gruppen dirigierend zentuierende Begleitungen – hinzugefügt: aneinanderzufügen, versuche verschiedene Kombi- • Die Leiterin übernimmt die Hauptstimme – instru- nationen und Reihenfolgen aus, wiederhole oder ver- mentierter Rhythmus (Body Percussion) des Non- kürze einzelne Motive bis sie sich in der Folge sozu- sensverses, die Gruppe findet klangliche Akzente sagen f l ü s s i g aneinanderreihen lassen. für die Pausen als akzentuierende Begleitstimme.

37 • Als nächster Schritt wird ein einfacher Ostinato hin- auf äußere und innere Bedingtheiten in der Gruppe zugefügt (durchlaufende Achtelbewegungen werden sind im pädagogischen Prozess oft unterschätzte mit Akzenten gepatscht). Da die aus der Sprache ab- Faktoren; doch gerade sie bestimmen die Fähigkeit geleiteten Rhythmen oft ziemlich schwierig und der Gruppenmitglieder, sich im Augenblick spon- komplex sind, ist es hilfreicher, für Ostinati über- tan äußern zu können. sichtliche und einfache Rhythmen zu wählen, um • „Präsenz“ des Lehrers, absolutes Gewärtig-Sein, für die Struktur übersichtlich zu halten das Hier und Jetzt – „Gegenwärtigkeit“ – auch beim • Die einzelnen Stimmen werden auf Gruppen über- Gefühl nur begrenzt Zeit zu haben –, sind für jeden tragen: Versrhythmus, akzentuierende Begleitung Unterricht unabdingbar. Wachsame Verfügbarkeit und Ostinato. auf Seiten des Lehrers für das, was im Augenblick In einer Übephase zur sicheren Aneignung der drei an Nicht-Planbarem, Unerwartetem geschieht und Instrumentalstimmen können die Stimmen wechseln, die Fähigkeit, mit einem vielseitigen Methodenre- nach je zwei Durchgängen übernimmt jede Gruppe pertoire darauf zu reagieren sind für kreativen Un- im Uhrzeigersinn eine der drei Stimmen. Auf diese terricht im Sinne des Orff-Schulwerks unabdingbare Weise üben alle Teilnehmer jede Stimme. pädagogische Voraussetzungen. • In den so genannten Vorbereitenden Übungen sehe Instrumentierung mit Kleinem Schlagwerk ich die Möglichkeit des In-Fluss-Kommens, damit Es empfiehlt sich, für jede Stimme eine Instrumen- Teilnehmer Anschluss an ihre innere Bewegung, tenart zu wählen, z. B. Fellinstrumente mit verschie- ihren inneren Rhythmus aufbauen können, der sie denen – den Sprachklängen nachempfundenen – An- dann befähigt aus sich heraus kreativ tätig zu werden. schlagarten, Rasseln oder Schlagstäbe für den Osti- • So genannte Vorübungen stehen in enger Beziehung nato, verschiedene Effektinstrumente für die akzen- zum Thema, dienen dem Aufbereiten und Bereit- tuierenden Begleitungen. stellen von Gestaltungsmaterial. • Angeleitete Übungen im Wechsel mit freien Spiel- Notation des Ergebnisses formen in der Gruppe, Üben, Explorieren, Selek- Gemeinsam – je nach Vorkenntnissen auch in Einzel- tieren und Wiederholen, eigenes Gestalten in der arbeit – wird versucht, das Ergebnis zu notieren. Für Gruppe, Vorstellen von Ergebnissen, Aufgreifen die Teilnehmer meist eine höchst reizvolle Aufgabe von Motiven, zur Form fügen – kurz: Begründeter festzustellen, dass das im Spiel Gefundene, das aus vielfältiger Wechsel in den Vermittlungsformen der Bewegung Produzierte oft schwierig zu notieren macht Unterricht abwechslungsreich und lebendig. ist. Was in der Bewegung so einfach erschien, erweist • Die gemeinsame oder individuelle Notation des Er- sich in der Notation oft als kompliziert. Meist stellt gebnisses rundet den Prozess ab, für die Komposi- das Zurückgehen auf gewählte Aktivitäten – Body tion und vor allem das Durchdenken auf kognitiver Percussion-Ausführungen oder Bewegungsmuster, Ebene eine absolut notwendige Konsequenz. Ostinati oder Akzentuierungen eine Strukturhilfe dar. • Die gemeinsame Reflexion, die Analyse von Pro- zessen, der Austausch von Erfahrungen sind zur tie- Erweiterungen feren Durchdringung und zum Verständnis der Ar- Der erarbeitete instrumentale Elementare Klangsatz beitsweisen notwendige Aspekte. kann zu einem Rondo erweitert werden, dessen Cou- plets improvisierend instrumental gestaltet werden Ulrike E. Jungmair, Dr. können. Die Übertragung des Rhythmus auf Stab- Seit 33 Jahren Lehrende am Orff-Institut, Universität spiele wäre sicher für alle Teilnehmer ein logischer Mozarteum Salzburg, derzeit auch Lehrauftrag für Schritt in die melodische Improvisation. Orff-Schulwerk und Language Training an der Freien Universität Bozen. Vizepräsidentin der Gesellschaft Resümee aus gehaltenen Stunden zum Thema „Förderer des Orff-Schulwerks in Österreich“ (Öster- • Die „Vorbereitung“ der Gruppe im Hinblick auf reichische Orff-Schulwerk-Gesellschaft). Internatio- Kontakt, Aufbau von Vertrauen und sozialer Ge- nale Kurs- und Vortragstätigkeit. Zahlreiche Veröf- borgenheit, die Konzentration des Gruppenleiters fentlichungen.

38 LITERATUR pulses come from the participants and are thrown into Ulrike E. Jungmair: Das Elementare. Zur Musik- und Bewegungser- the intentional confusion. The participants come into ziehung im Sinne Carl Orffs, Mainz 2004 (1992) Ulrike E. Jungmair: „Komponieren wir was ...“ Erfahrungen aus den contact with each other through speech – asking. They Neigungsgruppen „Elementares Musizieren“, in: ORFF-SCHUL- take up syllables in dialogue, make them clear, ask, de- WERK INFORMATIONEN Nr. 56, S. 17 termine, confirm and laugh again. The participants be- Carl Orff: in Michael Kugler (Hrsg): Elementarer Tanz – Elementare gin to communicate using this new language and they Musik. Die Günther Schule 1924 bis 1944, Mainz 2002 do it in lively way – as if one had opened a valve. Werner Thomas: MUSICA POETICA. Gestalt und Funktion des Orff-Schulwerks, Tutzing 1977 Paralinguistic, nonverbal characteristics of language support understanding. The participants invent syl- lables, repeat vowels and consonants and combine 1 Beispiele dazu finden sich in Fülle in Orff-Schulwerk. Musik für Kinder, Band 1, S. 71 them in discussion. They play with pitches expressively, 2 Vgl. dazu Werner Thomas: MUSICA POETICA, Tutzing 1977. different sequences in the speech melody, dynamics, „Der Sprechende spürt bis ins Körperliche hinein, wie die Spra- accents, tempo and play with the prosodic elements of che sich in Tönen als ontologische Ganzheit von Klang und Sinn language; they change the inflection, timbre and verwirklicht. An Stelle rationaler Fremdinterpretation tritt persön- acoustic colour, etc. The conversations are frequently lich zu leistende Integration.“ (S. 169) 3 vgl. dazu Werner Thomas 1977, S. 61 held with fierce gesticulations, stemming from the 4 Dazu Werner Thomas, 1977: „Rhythmus ist hier vom Gestisch- movement. Tänzerischen oder vom Sprachlich-Imaginativen bestimmt, (...)“ Soon small groups are formed, they repeat the motifs, (S. 92) combine then, new ideas emerge and are taken up or 5 siehe dazu Werner Thomas 1977, S. 95 ff. rejected and are connected or illustrated through Summary movement motifs. How can a joint product develop from the many con- From word-games from movement to Elemental tributions? – I try to join together single motifs by con- composition ducting. I try different combinations and sequences, re- A nonsense rhyme whose speech and rhythmical struc- peat or shorten individual motifs until I can join them ture serves as the basis for creating a piece of body together fluently. Whenever possible the movement percussion should be developed “playfully from the forms found by the participants – simple steps and movement”. Here the principles of Elemental compo- paths – are included in the total form so that the orig- sition are used. inal developing from movement is also evident in the The topic is based on the unity of speech, music and final form. The nonsense rhyme that has been found is movement as an anthropological given condition. In first played using body percussion and then on per- accordance with scientific research it is exactly the cussion instruments. If possible a type of instrument “unstable situations”, phases of imbalance (not to be should be chosen for each voice e. g. drums played in confused with social uncertainty) that initiate the so- different ways to imitate the speech sounds. Rattles or called searching behaviour, that allows us to look for claves for the ostinato and various effect-instruments new solutions. They lead to activity, spontaneity and for accented accompaniment. creativity. Together – according to previous knowledge in indi- The work starts with intentionally directed rhythmical vidual work – we try to notate the product. The experi- motifs in 2 bar phrases. Clapped rhythms, speech syl- enced activities can be a help in finding the structure. lables as well rhythmical movement motifs get the par- ticipants going, rhythmical phrases follow each other without delay. The phrases are lengthened continually Ulrike E. Jungmair, Dr. until the participants are finally no longer able to im- Has taught at the Orff Institute, Mozarteum Univer- itate them. Then suddenly a feeling of helplessness sity, Salzburg for 33 years. She also teaches Orff- arises in the group – some participants laugh about the Schulwerk and Language Training at the Freie Uni- resulting vacuum – an unstable situation. As a result versität Bozen, serves as vice-president of the Aus- creative solutions develop from the group, individual trian Orff-Schulwerk Association, and has given nu- participants begin to produce nonsense words them- merous international courses and lectures. Various selves, saying them to a partner; more and more im- publications.

39 topic lies in the varying connotations, which the no- Elemental music making: out of tion ‘composing with children’ offers. This text links movement – for dance some characteristica of an Orff-Schulwerk way of cre- ating music composition with some theoretical un- derpinnings. Significant for the Orff approach is the connection be- tween music, dance movement and speech for music composition. It is a core aspect of this educational praxis; for instance, dance movement can give rise to music, poetry or text may evoke dance, and in turn this may again inspire musical creation. Fine art, photography and film can also be sources for musi- cal composition. Carl Orff’s educational ideas are in accord with the main body of his artistic work, which Christoph Maubach aims at the Gesamtkunstwerk (total art work). The Much has been written about composition with chil- collocation of expressions and the all-encompassing dren. Literature associated with this theme offers a pedagogical process unfolding from this “… brings wide range of topics and many practical ideas for the essential structure of the musical object into a re- composition in the classroom. The acceptance of com- lationship that corresponds to the motivation, the position in the classroom has generated much music level of understanding and the maturity of the person education research about this topic. The seminal concerned” (Regner as cited in Shamrock, 1995, works by JOHN PAYNTER (1970, 1982, 1992, 2000) and p. 8). The development of children’s creative abilities others confirm that music composition provides es- is the focus, whereby playful exploration, improvisa- sential pathways to musical understanding. PAYNTER tion and composition are some of the outcomes. (2000) proposes that all children are able to create Some music educators appreciate the role of dance music and thus develop musical thinking. BULLERJAHN, movement in conjunction with music learning. And GRAEBSCH and LIEWALD (2003) provide an overview of there is some evidence that music education research praxis oriented pedagogical concepts for composition begins to recognize movement occurrences as part of with children. BARRETT’S (1996) research offers in- music experience. In their recent book “Minds on Mu- sights into processes of children’s compositions and sic” KASCHUB and SMITH (2009) devote a chapter their aesthetic decision making. The works by KRATUS to bodily foundations of musical experience and un- (1989) and WIGGINS (1994) also look at processes in derstanding. The authors refer to musical principles children’s compositional works. correlating to body movements. Concepts such as ten- The literature provides a variety of viewpoints on sion and release, action and stillness, unity and vari- compositional processes, product and aesthetic value ety and stability and instability form part of their dis- of composition, composition as a means to develop cussion. They also denote the role of a feeling based musical understanding, and composition as part of ways of knowing: discovery learning. Such reflections shine a light on “Consciousness of music arises after the brain the creative processes in children’s composition mak- has processed the information it receives from ing and enable their teachers to develop well in- the body. This order of operations suggests formed planning for child-centred and process ori- that the body plays a significant but underap- ented action. Margaret Barrett has summarised the preciated role in the construction of musical role of composition in music education and suggests knowing” (p. 14). that composition to promote musical thinking and un- And later in a reference to DAMASIO’S (1999) work derstanding is currently its prevalent role in music on body and emotion they state: education. “The body executes a set of ongoing opera- However, one of the challenges with approaching this tions to observe and control biological stasis.

40 A portion of the brain is devoted to monito- The following activities work well in a space, which ring these operations and reporting, ‘Every- provides plenty of room for participants to explore thing is the same,’over and over. However dance movements, either by themselves or in small things change. can detect these groups. It will be useful to set up one area of the room changes because they occur against the bio- with musical instruments and sound sources to pro- static backdrop that remains stable. … The vide movement accompaniment and one area for the background that exists in both function dance activities. However the music makers ought to and music allows people to notice changes be able to see and observe the dancers easily. that occur in other places. Any change in the status quo signals instability and snaps the Thinking and feeling: Sensitizing activities brain to attention …” (p. 18). • Find a quiet position for yourself in the dance space Feeling based way of knowing, the idea of thinking- and close your eyes. as-feeling contrasts a perception of body and mind as • Listen to “Cité de la Musique” (the first 100 se- dichotomies, and rather sees feelings as cognitive conds). representations of on-going body states (REGELSKI, • The music may be listened to several times. 1998). The awakening of the senses, development of • How many instruments do you hear? body awareness and nurturing of acute listening abil- • How do the melodic patterns move in this music? ities contribute to heightened perception and con- • As you listen again chose to listen to one instrument sciousness. The development of sensitivity through lis- in particular. tening and feeling with all senses forms the beginning • Follow the contour of the melody of one instrument and sets the tenor for Orff approach experiences. Sen- with one hand. sitisation is the starting point for musical creation, for • Repeat, but now begin to use hand and arm and up- improvisation and elemental composition. The edu- per body. cational and artistic origins of elemental music – • (The activities can receive extra stimulus through placing body movement at the centre of the reflections the use of objects such as paper balls, balloons or are presented in a recent article article by BETH ANN textile objects.) HEPBURN (2012) published in the Journal “The Orff Echo” (American Orff-Schulwerk Association). In the following example dance movement forms the departure point for composing music.

Music out of movement – a practical example The recording “Cité de la Musique” by Dino Saluzzi, first published in 1996 by ECM and also available as MP3 file online provides a lot of clarity in its musical lines. There are three instruments recorded, bando- neon, guitar and double bass. This is an emotionally engaging piece and begins with a mysterious quiet- ness, which draws the listener in. There are other mu- sic recordings with similar qualities. For instance “Music for telephone and rubber band” by the Pen- guin Café Orchestra or the recordings by the Gidon Kremer CD (1996) “From my home” with music by composers from the Baltic states such as by Latvian composer Peteris- Vasks, or Arvo Pärt from Estonia. For some of these pieces it is possible to find music examples on the Internet. Participants use paper balls in their movement creation.

41 Dance movements, memory and parameters • Now group two performs their arranged and • Eyes wide open: Walk freely in the room to this music. practiced musical piece without the dance move- • Walk freely, observe your surroundings and memo- ment. rize four different objects. By now participants remember motifs, phrases, dy- • Music fades out: Stop and tell us about the four ob- namic variations, textures and form of their dance jects that you remember. and music creations. A natural progression is the de- • To the same music: Walk freely, begin to make eye velopment of visual representation of this composed contact with others. music. Here is an example of a graphic score: • Walk freely and stop in your own time exploring stillness in movement. • Explore and experiment with larger movements and smaller movements. • Explore other movements using different levels and narrow and large shapes. Memory practice and exploration of vocal accompaniments • Walk freely and perform your movements again, The first 100 seconds of “Cité de la Musique”. without recorded music! Creative variations can include a Solo dancer who • Repeat this and create your own vocal movement begins to move with only one as accompaniment, using sibilants such as hissing, or accompaniment. It is quite feasible to arrange a struc- hushing. ture that involves the music and dance compositions • Try your own vocal accompaniment also with plo- in various ways, for instance: sives, vowels, voiced and unvoiced vocal sounds. A: Group dance and music accompaniment Creating accompaniments with varying B: Solo dance and solo music accompaniment sound sources C: Music composition without dance • Begin work in two groups now: A: Group dance and music accompaniment • Members of group o n e perform the dance move- D: Group dance without music accompaniment ments they recall from their previous practice. A: Group dance and music accompaniment • Members of group two observe these dance movements and develop musical accompaniments The strong relationship between music and dance in to the dance. composition combined with the effort to place sens- • Hand percussion instruments and/or other sounds ing and feeling into the centre of the creative process sources can be used: tambours, cymbals, claves, gives this approach a particular essence. Starting shakers, but also found sounds such as pebbles, pa- points for the compositional journey here are the per, cardboard, plastic bottles or other recyclables. senses and the building of strong relationships be- tween the participants. Composition can be created From improvisation to composition in many different ways by applying rules and working • The two groups begin to act together now: Group from models using intuition and spontaneity at the one performs the dance movements; group two same time. A recent edition of the Journal “The Orff performs musical accompaniments to the move- Echo” (2012) provides an array of other most inviting ments. deliberations about elemental music making. Some- • This task is refined through repeated practice; the times elemental composition is seen as an effort ar- dance and the music develop into an arranged form. rived at through the use of musical templates; how • The two groups work again together, but now with a much it may be constrained by the very models which significant difference: Group o n e performs their the Schulwerk provides, and how much it may arise dance movements without accompaniment. through other sources of creativity such as dance

42 movement, visual art, photography, poetry or other Waikato University in New Zealand as well as a active stimuli is worth more reflection and deliberation. member of the New Zealand Orff Schulwerk Associa- tion (ONZA). Christoph Maubach is a versatile mu- REFERENCES sician who has played in many different ensembles. Barrett, M. (1996): Children’s aesthetic decision-making: an analy- sis of children’s musical discourse as composers. International Journal of music education 28, pp. 37–62 Bullerjahn,C., Graebsch, B. & Liewald, H. (2003): Komponieren mit Zusammenfassung Kindern und Jugendlichen, in: Üben und Musizieren, 6, 2003, pp. Elementares Komponieren: aus der Bewegung 48–55 zum Tanz Damasio, A. (1999): The Feeling of What Happens: Body, Emotion and the Making of Consciousness, London Der Artikel beschreibt zunächst verschiedene musik- Dollof, L. (2005): Elementary Music education: Building Cultures pädagogische Sichtweisen zumeist englischsprachi- and Practices, in D. Elliott (Ed.): Praxial Music Education, pp. 281– 296, Oxford ger Autoren zum Thema Komposition in der Schule. Dollof, L. (1993): Das Schulwerk: a foundation for the cognitive, mu- Die grundlegenden Arbeiten von John PAYNTER sical, and artistic development of children, Toronto (1970, 1982, 1992, 2000) und anderer Musikerzie- Glover, J. (2000): Children Composing 4–1, London hern bestätigen, dass Komposition wesentliche Wege Hepburn, B.A. (2012): Elemental Origins: The Günther Schule in the zum Verständnis von Musik und ihren Strukturen bie- Context of the German Body Culture, in: The Orff Echo, Winter 2012, 12–15, Vol. 44, No. 2. Cleveland, Ohio: AOSA tet. PAYNTER (2000) ist der Meinung, dass alle Kin- Kaschub, M. & Smith, J. (2009): Minds on Music. Composition for der durch das eigene Komponieren musikalisches Creative and Critical Thinking. Plymouth, UK Denken entwickeln können. BULLERJAHN,GRAEBSCH Kratus, J. (1989): Relationships among children’s music audiation und LIEWALD (2003) geben einen Überblick über pra- and their compositional processes and products. Journal of Re- search in Music Education, 42.2, pp. 115–30 xisorientierte pädagogische Konzepte für das Kom- Paynter, J. & Aston, P.(1970): Sound and Silence, Cambridge ponieren mit Jugendlichen. Die erziehungswissen- Paynter, J. (1982): Music in the Secondary School Curriculum, Cam- schaftlichen Arbeiten von BARRETT (1996) zeigen auf, bridge dass die Förderung musikalischen Denkens und Ver- Paynter, J. (1992): Sound and Structure, Cambridge Paynter, J. (2000): Making progress with composing. British Journal stehens derzeit eine vorherrschende Rolle in der Mu- of Music Education, 17 (1), pp. 5–31 sikerziehung spielt. Auch KRATUS (1989) und WIG- Orff, C. (1978): Carl Orff. The Schulwerk / His Life and Works, New GINS 1994) stellen den Wert von Komposition als Weg York zum Musikverständnis dar. Regelski, T. (1998): The Aristotelian bases of praxis for music and music education as praxis. Philopshy of Music education Review, Diese Untersuchungen zum Thema helfen Lehrern, 1 (Spring), pp. 22–59 Komposition in ihrem Unterricht prozessorientiert Shamrock, M. (1995): Orff Schulwerk. Brief History, description, and und kindzentriert durchzuführen. Eine besondere issues in global dispersal. Cleveland, Ohio: AOSA Aufgabe beim Zugang zum Thema Elementare Kom- Wiggins, J. (1994): Children’s strategies for solving compositional position liegt in den unterschiedlichen Konnotatio- problems with peers Journal of Research in Music Education 42.3, pp. 232–52 nen, die der Begriff „Komponieren mit Kindern“ her- vorruft. Audio recordings Dieser Artikel stellt Charakteristika, wie sie im Orff- Saluzzi, D. (1996): Cité ce la Musique, Munich, Kremer, G., Deutsche Kammerphilharmonie & Vadim Archarov-Pi- Schulwerk beim Komponieren mit Kindern verwen- ano (1996): From my home, Berlin, Germany det werden, mit theoretischen Grundlagen in Verbin- Jeffes, S. (1981): Penguin Café Orchestra Music for telephone and dung: Maßgeblich für den Ansatz von Carl Orff ist die rubber band (original recording remastered in 2008), New York Verbindung von Musik, Tanz/Bewegung und Sprache für das Komponieren. Ein zentraler Aspekt dieser Christoph Maubach pädagogischen Praxis ist z. B. die Entwicklung von Is a graduate of the Orff Institute. For many years he Musik aus Bewegung/Tanz oder die Vertonung von has taught Music and Dance Education in Texten. Diese wiederum kann zur Inspiration für tän- as lecturer at the Australian Catholic University. He zerische Gestaltung werden, woraus eine visuelle was a member of the national Orff-Schulwerk Associ- Darstellung entstehen kann, die eventuell zu einer ation of Australia and is now Senior Lecturer at the musikalischen Aktion zurückführt. Auch Bildende

43 Kunst, Fotografie und Film können Quellen für mu- durch zeitweilige Betonung verschiedener Para- sikalische Komposition sein. Carl Orffs pädagogische meter Ideen stehen im Einklang mit seiner künstlerischen • Bewegungsgedächtnis und Erfindung von Arbeit, die auf das Gesamtkunstwerk zielt. Die wech- stimmlicher Begleitung selweise gegenseitige Beeinflussung der Ausdrucks- Unter Verwendung stimmloser und stimmhafter medien und der pädagogische Prozess welcher die Konsonanten (Zisch-, Reibe- und Explosivlauten) Entfaltung von persönlichem Ausdruck fördert, wie auch von Vokalen werden die improvisierten „... bringt die wesentliche Struktur des musi- Bewegungssequenzen begleitet kalischen Objekts in eine Beziehung, die der • Begleitung mit unterschiedlichen Motivation und der Ebene des Verständnisses Klangerzeugern und der Reife der betroffenen Person ent- Mit unkonventionellen Materialien, aber auch mit spricht.“ (REGNER in SHAMROCK, 1995, S. 8). Perkussionsinstrumenten jeglicher Art sowie Stab- Wissenschaftliche Untersuchungen im Bereich der spielen, wobei jeweils eine Gruppe begleitet und Musikpädagogik sehen Bewegung als Teil des Musik- eine andere sich bewegt Erlebens an. In ihrem kürzlich erschienenen Buch • Von der Improvisation zur Komposition “Minds on Music” widmen KASCHUB und SMITH Aus mehrmaliger Wiederholung entsteht langsam (2009) ein Kapitel den körperlichen Grundlagen von eine fixierte Form, aus der – in unterschiedlicher musikalischer Erfahrung und Verständnis. Die Auto- Folge und Besetzung ausgeführt – ein längerer for- ren verweisen auf musikalische Prinzipien in Korre- maler Ablauf entwickelt wird. Zum Beispiel: lation zu Körperbewegungen. Sie beschreiben auch A: Tanz (Gruppe 1) und musikalische Begleitung die Funktion des „Fühlen als Wissen“. Ebenso ver- (Gruppe 2) steht auch REGELSKI (1998) Gefühle als kognitive B: Solistischer Tanz und solistische musikalische Repräsentationen des körperlichen Befindens. Begleitung Sinnesschulung sowie Entwicklung von Körperbe- C: Musikalische Komposition (Gruppe 2) ohne wusstsein und Hörfähigkeit führen zu vertiefter und Tanz verschärfter Wahrnehmung und klarem Bewusstsein. A: Tanz und musikalische Begleitung, Gruppen 1 Sensibilisierung ist der Ausgangspunkt für Improvi- und 2 sation und Elementares Komponieren und eine der D: Tanz ohne musikalische Begleitung, Gruppe 1 Grundlagen des Ansatzes von Orff. Zur elementaren A: Tanz und musikalische Begleitung, Gruppen 1 Musik mit Blickwinkel auf Körper und Bewegung ist und 2 vor kurzem in einer Ausgabe der Zeitschrift „Orff • Notation Echo“ der Amerikanischen Orff-Schulwerk Gesell- Einen letzten Schritt kann die Notation sowohl der schaft ein Artikel von Beth Ann HEPBURN (2012) musikalischen Begleitung (Elementare Komposi- erschienen. Dieser und andere dort veröffentlichte Ar- tion) wie auch der Bewegung (Elementare Choreo- tikel bieten weitere interessante Reflektionen zum graphie) darstellen. Thema Elementares Musizieren an. Im folgenden Beispiel bildet die Tanz-Bewegung den Christoph Maubach Ausgangspunkt für das Komponieren. Studium am Orff-Institut, seit 1980 als Lehrer für Musik- und Bewegungserziehung in Australien tätig, Musik aus der Bewegung – ein Praxisbeispiel Hochschullehrer und Leiter von Seminaren für Orff- • Denken und Fühlen Schulwerk an der Australian Catholic University in Sensibilisierungsaufgaben in Bezug auf eine vorge- Melbourne, lange Zeit aktives Mitglied der austra- gebene Musik und deren sensible Umsetzung in Be- lischen Orff-Schulwerk Gesellschaft. Zurzeit Senior wegung Lecturer an der Waikato University in Neuseeland • Tanz-Bewegungen, Gedächtnis und Parameter und aktiver Mitarbeiter in der dortigen Orff-Schul- Schulung der räumlichen und bewegungsmäßigen werk Gesellschaft (ONZA). Musiker und Chorleiter Erinnerung, Finden von Varianten in der Bewegung in verschiedenen Ensembles.

44 die Instrumental- und Spieltechnik, das Ausschöpfen Komponieren mit Kindern im der klanglichen Möglichkeiten der Instrumente führte Instrumentalunterricht in letzter Konsequenz zur Separierung des Musiker- berufes in Interpreten und Komponisten. Ganz im ro- mantischen Geist wurde auch der künstlerische Schaffensprozess mystifiziert und geheimnisvoll ver- klärt. Dadurch richtete sich der Fokus der Instrumen- talausbildung immer mehr auf die Entwicklung der virtuosen Spieltechnik, und eine Fülle von Etüden und Übungsliteratur entstand. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts führte dann die voranschreitende Verwissenschaftlichung zu einem schon fast religiös anmutenden Fortschrittsglauben, der physikalische Gesetzmäßigkeiten auf den menschlichen „Spielap- Ines Mainz parat“ übertrug um ihn zu optimieren. Im Kontrast Als Kind hatte mich meine Großmutter zum Klavier- dazu blieb der Geniekult um die schöpferische Bega- unterricht geschickt, weil ich zu Hause immer Musik bung auch im 20. Jahrhundert erhalten. Der großen komponierte, kleine Spielstücke und vor allem Lie- Fülle von Instrumentalschulen steht kaum eine der. An der Musikschule waren die Lehrer begeistert „Kompositionsschule“ gegenüber. Und auch die mu- von meinen kreativen Versuchen; neben dem Kla- sikpädagogischen Ansätze, die sich gegen das Vir- vierunterricht hatte ich schon nach kurzer Zeit Ein- tuosentum gestellt haben, entwickelten wenige kon- zelunterricht in Musiktheorie. Aber Komponieren struktive Ausbildungsalternativen. Stattdessen wurde konnte mir niemand beibringen. An der Musikhoch- sogar das musiktheoretische Handwerk verdammt. schule hatte ich dann ein Jahr lang Kompositionsun- Verständlich allerdings, wenn man den Tonsatzunter- terricht, den ich wieder abgebrochen habe. Für mich richt im Korsett starrer Regeln betrachtet, der hatte dieser Unterricht damals etwas ausgeprägt ma- Schülern an Musikschulen und Hochschulen den Zu- thematisches, und die mir so vermittelte Sprache der gang zur Musik eher verstellt als eröffnet. Musik war nicht meine eigene. Aber diese eigenen Er- Heute hat Instrumentalunterricht nicht mehr aus- fahrungen waren für mich immer Ausgangspunkt schließlich die Entwicklung des Virtuosen zum Ziel, meines Nachdenkens über das Musiklernen und das sonder das Erlernen eines Instrumentes wird als Mit- Komponieren. tel zur Kultivierung des Menschen angesehen. Auch Jede Zeit entwickelt ihre eigenen ästhetischen An- der Kompositionsbegriff bezieht sich nicht mehr nur sprüche an die Musik und die Musiker. Noch zu Zei- auf das „opus perfectum“, sondern allgemein auf das ten Johann Sebastian Bachs war es üblich, die musi- Erfinden und Notieren von Musik. kalische Ausbildung als Vermittlung und Entwicklung Komponieren ist ein ganz entscheidendes musikali- eines universellen Handwerks zu betrachten. Dazu sches Lernfeld, welches den ganzen Kosmos von Mu- gehörte das Erlernen mehrerer Instrumente, das Sin- sik erfasst und zudem im Schaffensprozess bei den gen, der Tonsatz, das Improvisieren, Komponieren meisten Schülern ein unglaubliches Glücksgefühl ent- und Dirigieren. Produktion und Reproduktion von stehen lässt. Komponieren erfüllt im Instrumentalun- Musik bildeten eine Einheit, die der Künstler zu ver- terricht unterschiedliche Funktionen: wirklichen hatte. In der Öffentlichkeit wurden ja auch nur Gegenwartswerke präsentiert, die Auseinander- 1. Komponieren ist eine Form der musikalischen Be- setzung mit der Musikgeschichte der Vergangenheit gabung. Und Begabung kann bekanntlich nur in fand in der kompositorischen, satztechnischen Aus- der aktiven Tätigkeit entdeckt werden. bildung statt. Erst in der Romantik wurde ein Prozess 2. Komponieren ist in besonderer Weise motivierend. eingeleitet, der unsere Musikausbildung bis heute Wenn beispielsweise alle Schüler in einem Vor- prägt. Die akrobatisch anmutenden Anforderungen an tragsabend nur interpretieren, haben insbesondere

45 die auf diesem Gebiet Begabten ein Erfolgserleb- Dass eine derartig vertiefte Auseinandersetzung mit nis. Kreative Kinder und Jugendliche schöpfen Musik auch die selbständige Interpretation beein- aber ihre Motivation aus dem Komponieren oder flusst, versteht sich von selbst. Denn schließlich soll auch Improvisieren und sollten sich auch damit der Lehrer nicht vorgeben, wie die Musik gespielt präsentieren. werden soll, sondern dem Schüler helfen, seine ei- 3. Komponieren verstärkt das Musikverstehen. Ge- genen, begründeten Vorstellungen zu verwirklichen. rade im Anfangsunterricht kann man dies mit der gespielten Literatur verbinden und somit auch 4. Komponieren ist auch eine Entdeckungsreise in die einen komplexen Lernprozess initiieren. Gestaltungsmöglichkeiten des musikalischen Ma- Als Beispiel soll hier einmal die Erarbeitung der terials. ersten 8 Takte eines barocken Menuetts von Jean Baptiste Lully (1632–1687) dargestellt werden. Exkurs: Geistertreffen So kann schon im Anfangsunterricht eine komplexe Exkurs: Menuett Geschichte, beispielsweise das Geistertreffen in einem Spukschloss in ganz unterschiedliche Erfin- dungen von Musik münden: Zuerst schwebt ein (Abb. erste 8 Takte – Menuett aus der Oper „Persée“ Luftgeist herein, er fliegt nicht einfach nur so von Lully) herum, sondern hat immer eine genau festgelegte Flugbahn, im Klavierunterricht kann dies mit dem Ein Menuett ist bekanntlich ein Tanz mit einem Streichen von Schlägeln über die Klaviersaiten rea- Grundschritt von 6 Zählzeiten. Das grundlegende lisiert werden, im Geigenunterricht mit unter- Tanzmotiv geht also über zwei Takte, in diesem Fall schiedlichen Glissandi, die dann entsprechend gra- ebenso das Motiv in der Musik. Auf Takt 3 und 4 fisch notiert werden. Vielleicht erscheint als näch- erfolgt die Fortsetzung. Bis auf eine kleine Verän- stes ein Poltergeist, der immer nach ganz bestimm- derung im Schluss wird dann alles in den Takten 5- ten rhythmischen Mustern poltert. Luft- und 8 wiederholt, bildet also von der Form her eine ty- Poltergeist treffen sich. Das kontrastierende musi- pische Periode. Gestaltet man die Choreografie so, kalische Material (Rhythmus und Klangflächen) dass sich die Form darin spiegelt, haben die Schüler, wird jetzt miteinander in Bezug gebracht. Mögli- die über den Tanz zur Musik geführt werden, diese cherweise erscheint auch noch ein dritter Geist, der nicht nur erfahren, sondern auch sofort verstanden, immer seine Lieblingsmelodie singt. Wie mag die ehe sie überhaupt an das Instrument gehen. Sie wer- klingen? Kinder haben viel Musik in sich, sie muss den nun nicht nur einzelne Töne spielen, sondern in einfach nur hervor geholt werden. der Sprache der Musik denken. In Folge kann auch So kann sich aus einer Improvisation durchaus eine die Harmonisierung, die ja hier nur aus Tonika und komplexe Komposition entwickeln. Das Notieren Dominante besteht, eine Rolle spielen. Das gesamte von Musik, ein wesentliches Kriterium einer Kom- Menuett hat schlussendlich die Form A-A-B und ist position, muss sich nicht auf die traditionelle No- innerhalb der Oper an ein Rondo geknüpft. tenschrift begrenzen. Grafische Notation, aber auch Wenn die Schüler nun das Menuett selbst gespielt verbale Beschreibungen oder integrierte Tonauf- haben, können sie auch selbständig ein eigenes Me- nahmen können das so entwickelte Musikstück wie- nuett komponieren. Auf dieses Weise steigen sie derholbar machen. Ein Kind erlebt somit zweierlei: derart vertieft in diese Technik ein, dass sich auch Es kann sich über die Musik ausdrücken und es ver- schon instrumentale Anfänger zu regelrechten Ex- steht, dass Struktur und Form wesentliche Gestal- perten für Menuette entwickeln. Wenn dann zu tungselemente sind. einem späteren Zeitpunkt wieder ein Menuett ge- spielt wird, erlebt man häufig, dass die Komposi- 5. Schließlich ist Komponieren auch ein wichtiges tion durchaus kritisch betrachtet wird, sozusagen Moment in der Auseinandersetzung mit der Welt von Kenner zu Kenner! und deshalb gerade im Jugendalter ein wesentli-

46 cher Aspekt bei der Identitätsfindung, der Suche schläge für die Weiterentwicklung der Komposition nach dem Lebenssinn und der Entwicklung von unterbreitet, um die Aufmerksamkeit in unter- Lebensvorstellungen und Perspektiven. Das be- schiedliche Richtungen zu lenken. Dafür gibt es deutet auch, dass neben dem Musizieren die gei- keine methodisch patentierten Rezepte, da jede stige Auseinandersetzung mit der Musik eine große Komposition eine ganz eigene Dynamik in der Ent- Rolle spielt: die Analyse der gespielten Komposi- wicklung entfaltet. Wenn man sich aber darauf ein- tion, die Entstehungsgeschichte, die Biografie des lässt, kann es für den Lehrenden eine spannende Er- Komponisten und auch das Hören von Musik, um fahrung sein. Und was wäre so schlimm daran, den Horizont des eigenen Instrumentes zu über- wenn man seinem Schüler sagen müsste, dass man schreiten. Die philosophische Auseinandersetzung vielleicht selbst erst noch einmal darüber nachden- mit Kunst kann das selbständige Suchen nach Dar- ken möchte und nicht immer alle Probleme sofort stellungs- und Ausdrucksmöglichkeiten, das Ex- lösen kann? perimentieren mit dem musikalischen Material be- reichern und eröffnet zudem neue Horizonte des Komponieren ist somit ein wesentlicher Baustein im Hörens und damit gleichzeitig des Musikverste- Prozess des Musiklernens und bietet vor allem die hens. Möglichkeit einen ästhetischen Anspruch zu ent- wickeln. Das erscheint mir in der Gegenwart beson- Exkurs: „The Unanswered Question“ von ders wichtig. Gerade im deutschsprachigen Raum Charles E. Ives gibt es zum Glück immer noch eine Fülle von Or- Nehmen wir als Beispiel „The Unanswered Que- chestern, Theatern, Festivals und Konzerten. Aber stion“ von Charles E. Ives. Hier hat der Komponist nichts hat ein Anrecht auf ewigen Bestand. Ästheti- das philosophische Programm gleich mitgeliefert. schen Anspruch kann man nicht verordnen und ein- Die Streicher, die sich immer leise, langsam und mit fordern, er muss sich entwickeln, entwickeln aus mu- weit auseinandergezogenen Tönen bewegen, ver- sikalischen Kompetenzen heraus. Auch große Kunst- körpern nach Ives das „Schweigen der Druiden“, werke entstehen nur dann, wenn eine Gesellschaft die weder wissen, sehen noch hören. Eine einzelne diese haben will. Und Gesellschaft braucht Kunst, um Trompete wiederholt sieben Mal in Abständen im- sich zu definieren und weiter zu entwickeln. Die Er- mer das gleiche Motiv, die „ewige Frage nach der fahrung, dass gerade die Musik uns eine ganz andere Existenz“. Die Holzbläser suchen eine Antwort dar- Welt erschließen kann, für die Sprache allein nicht auf. Die Komposition ist relativ leicht nachzuvoll- ausreicht, ist eine Erkenntnis, die sie so wertvoll ziehen und ein sehr gutes Beispiel für die Verbin- macht. „Wenn unsere Kinder diese Sprache nicht dung von Musik und Philosophie. Sie kann als Vor- mehr lernen, geht sie wohl für immer verloren – man bild für eine eigene Komposition zum Thema „Fluss kann sie nicht mehr aktivieren, wenn man zu spät ein- des Lebens“ dienen. Gerade die Adoleszenz ist eine sieht, dass man leichtfertig, blind das Beste wegge- Zeit des Suchens und der Auseinendersetzung mit worfen hat, dass uns Menschen geschenkt wurde dem eigenen Leben. Oft reden die Jugendlichen (…).“ Und weiters beschreibt Harnoncourt den Men- nicht gern darüber, entsprechende Gefühle zu zei- schen ohne Musik folgendermaßen: „Er verlernt, zu gen ist ihnen oft peinlich. Da kann Musik auch ein spielen und zu geigen, er vergisst das Gottesgeschenk transformierendes Medium sein, um seine eigenen der Kunst (…) und am Ende sitzt er zwischen seinen Gedanken auszudrücken. Auch die in diesem Fall Computern, weiß wie es auf dem Mars und im Innern notwendige Beschäftigung mit Instrumenten, wel- eines Atoms aussieht – aber er ist kein Mensch che man vielleicht nicht selbst spielt, erweitern die mehr.“2 musikalischen Vorstellungen. Wichtig ist, dass der Lehrer in den Prozess nur dann eingreift, wenn sein Rat vom Schüler für die Entwicklung der Kompo- 1+2 Harnoncourt, Nikolaus: Die Macht der Musik, in Florian sition auch wirklich gefragt ist. Entscheidend ist Lauermann (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit der Prof. Dr. Alfred Schmid-Stiftung, Zug, Schweiz: Musikerfahrung, Baden- ebenfalls, dass der Lehrer immer mehrere Vor- Baden 2010, S. 59

47 Ines Mainz, Prof. Dr. ghost hums its favourite melody. Notating such a com- Studium Klavier und Musiktheorie an der Hochschule position can be achieved in many different ways: für Musik und Theater (HMT) „Felix Mendelssohn graphically, verbally or by means of traditional nota- Bartholdy“ Leipzig, Assistenz und Lehrtätigkeit am tion. In the long run, composing is always an indi- Orff-Institut der Universität Mozarteum Salzburg, vidual discussion with the world. Especially in ado- 1997 Promotion, Professur für Musikpädagogik an lescence this field of learning can enrich and give der Hochschule für Musik Nürnberg/Augsburg flight to ones self-identification and discussions about (2000), seit 2001 an der HMT in Leipzig. Zahlreiche his or her ideas of life. Veröffentlichungen u. a. zu den Schwerpunkten In- In addition the teacher can introduce literature dur- strumental- und Konzertpädagogik. ing a lesson that goes beyond the relationship to ones own instrument like “The Unanswered Question” by Charles E. Ives. Composing offers above all, the pos- sibility to develop an independently aesthetic claim. Summary For the perspective of music in the future, it is impor- Composing with children within tant that we as instrumental teachers develop not only instrumental lessons professional musicians but also the recipients of mu- Composing is a central musical field of learning that sic who have the right to hear music and go to con- leads in a special way to an intensive experience as certs. well as an understanding for music. Independently from whether the children who are playing a style cur- Ines Mainz, Prof. Dr. rently in their lessons understand it or go about us- Studied piano and music theory at the Hochschule für ing the musical material freely and with exploration, Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ the creative discussion leads frequently to an “Aha ef- in Leipzig, Germany, was an assistant and taught at fect”. Students of any age recognize musical connec- the Orff Institute, Mozarteum University, Salzburg. tions in a special way which in turn can draw the con- Received her doctorate in 1997, was professor for mu- sequences for their listening and aesthetic claim to sic pedagogy at the Hochschule für Musik in Nurem- music. At the same time they are themselves experi- berg/Augsburg, and, since 2001 at the Hochschule für encing all phases of a creative process in the best case Musik und Theater in Leipzig. Many publications re- an experience of Flow. levant to themes of instrumental and concert peda- Composing can be introduced into instrumental gogy. lessons in many different ways, for instance intensi- fying the literature being played in order to achieve a special technique. The student could invent a minuet that hasn’t been played before. In order to compose such a piece, one must of course know and under- stand the form and harmonic development. When a minuet has been self-composed, each new minuet will be seen completely differently. The “composer” at the same time, becomes a “colleague” of the student who in turn looks at the composition from the perspective of an “expert”. Composing can also develop on the basis of handling experimental musical material on the given instru- ment. A story like a “meeting of ghosts” can motivate the imagination to a musical form in which for exam- ple, a sylph completes a specific path in the air, a noisy poltergeist uses a specific rhythm and a further

48 satz zur Improvisation) ausgearbeitete und in Noten- Was du kannst, schrift fixierte Musikwerk als Endprodukt eines viel- mache ich anders! schichtigen kreativen Vorgangs des Urhebers (Kom- ponisten), das durch Interpreten zum Klingen ge- Ein Jugendlicher auf der technischen bracht wird. Die Komposition, das originale Musik- Überholspur werk, ist das Ergebnis von musikalischem Einfall (künstlerischer Inspiration) und dessen handwerkli- cher Ausarbeitung auf der Grundlage von Melodie-, Harmonie- und Formenlehre, Satztechnik, Instru- mentation usw. Sie ist überall und uneingeschränkt – entsprechende Qualität der Musiker vorausgesetzt – nach der Partitur bzw. Stimme reproduzierbar.“1 Diese eher nur für einen Komponisten verständliche Beschreibung unterstreicht für einen Laien das Mei- nungsbild aus dem ersten Absatz dieses Artikels: Komposition ist hochkompliziert und nicht für jeden Rainer Kotzian gedacht. Aber erfüllten denn meine eigenen Kompo- sitionen die beschriebenen Kriterien? Und wie konnte Kürzlich tauschten mein Neffe und ich uns ausführ- ich meinem Neffen nun letztendlich die Arbeit eines lich über „Komposition“ aus. Er hatte bei mir zu Komponisten erklären? Hause eine Kursausschreibung entdeckt, in der ich Am besten anhand eines konkreten Beispiels. mich u. a. als „Komponist“ vorstellte. Bis dahin hatte Kompositionsschwerpunkt Rhythmus er zwar gewusst, dass ich mich beruflich mit Musik beschäftige – als Lehrer, als Musiker –, aber als Kom- Ich stellte ihm also mein neuestes „Werk“ vor, ein ponist?! Ist nicht der Komponist der Inbegriff des rea- Stück für Body Percussion solo, dessen musikalisches litätsfernen Eigenbrötlers, der nur in seiner Kunst Material hauptsächlich auf einem einzigen aber stän- lebt? Ist ein Komponist nicht jemand, dem größter dig variierenden und immer komplexer werdenden Respekt gebührt, weil er den direkten Draht zu der Grundrhythmus basiert. hohen Kunst Musik hat, weil er auf der Suche nach seiner individuellen Kunstsprache immer auf Ent- deckungsreise nach neuen Klängen, Melodien, Har- Abb. 1 monien und Rhythmen ist, womöglich auch noch in Kombination mit einem politischen Statement, das In den handgeschriebenen Noten zeigte ich ihm das gut versteckt in einem „molto adagio“ mit einer Me- zweitaktige Hauptmotiv und erläuterte, wie ich vari- lodie aus Tönen der Ganztonleiter lauert? Das passte ierend vorgegangen war. Ich hatte Klänge ergänzt, doch alles nicht zu seinem Onkel, der gerne Zeit mit weggelassen, verdoppelt, neu kombiniert, durch an- ihm verbrachte und auf der PlayStation „Guitar Hero“ dere Klangfarben ersetzt usw. oder „SingStar“ spielte! Am Ende meiner Ausführungen, nachdem ich meine Vorgehensweise beim Komponieren bis ins kleinste Was tut ein Komponist also wirklich? Detail zerpflückt und wieder neu „zusammengesetzt“ Er komponiert Musik. Aber wie? hatte, war sein Kommentar erstaunlich trocken: „Ich kann das auch, nur so aufschreiben wie du kann ich es Die direkte Ableitung aus dem Lateinischen hilft nur nicht.“ Er zeigte mir daraufhin ein Programm auf sei- bedingt weiter: componere = zusammensetzen. Ein nem Mobiltelefon, eine „Groovebox“, mit der er mein Komponist ist also ein Zusammensetzer. Der Brock- Stück sofort „nachbauen“ wollte. Gesagt getan. Mit haus beschreibt detaillierter: „Komposition (lateinisch einer unglaublichen, kaum nachvollziehbaren Ge- compositio = Zusammengesetztes), das (im Gegen- schwindigkeit tippte er auf seinem Handy herum,

49 hielt mir das Gerät ein paar Mal vor die Nase und for- dem bei Computern angewandten dualen Zahlensy- derte mich dabei auf, einen Körperklang nach dem stem vergleichbar, das wie in allen elektrischen oder anderen einzeln zu spielen. Dann folgte wieder einige elektronischen Systemen nur zwei Zustände kennt: Minuten lang wildes Tippen auf dem Touchscreen. „an“ und „aus“ oder „1“ und „0“. Aus der Kombina- Nach kurzer Zeit bat mich mein Neffe zuzuhören, ob tion der beiden Zustände entstehen ganz einfache und das der Rhythmus sei, den ich in meinem Stück ver- ganz komplexe Formen. Wie in der Musik. wendet hatte. Ich konnte nur verblüfft nicken, denn Wie einfach die Idee, aber wie komplex das Ergebnis was ich hörte, waren meine eigenen Körperklänge in sein kann, möchte ich an einem kleinen Beispiel er- dem Rhythmus gespielt, den ich in meinem Stück ver- läutern. Als Ausgangspunkt dient ein kurzer Aus- wendet hatte – zwar in einem anderen Tempo und dy- schnitt aus einem „rhythmischen Rondo“ von Gunild namisch unausgewogen aber ansonsten perfekt. Er Keetman:4 zeigte mir stolz den Bildschirm seines Handys, der – neben einigen unterschiedlichen Schaltflächen – hauptsächlich folgendes Bild zeigte2: Abb. 3

Alle Töne werden vorerst geklatscht. Als erster Schritt Abb. 2 im Entscheidungsprozess wird ein beliebiger, z. B. der erste Ton, durch eine andere Klangfarbe ersetzt In Sekundenschnelle erstellte er daraufhin originelle (z. B. durch Händewischen). In der Darstellungsform Variationen, die ich – wollte ich sie live realisieren – der Handysoftware sieht das so aus: zuerst einmal gut üben müsste. Vergleicht man nun die beiden bildlichen Darstellun- gen des Grundrhythmus, wird offensichtlich, dass je- der Parameter in der Musik auf unterschiedliche Art Abb. 4 und Weise betrachtet werden kann: Mit zwei weiteren veränderten Tönen so: 1. In Bezug auf Abb. 1 beschreibt das Riemann-Le- xikon Rhythmus als „eigenständig zeitliches, im je- weiligen Gesamtphänomen integriertes Ordnungs- Abb. 5 und Gestaltungsprinzip. Im Begriff der Ordnung ist dabei das Moment der Regelmäßigkeit (Gleich- In der Folge werden immer mehr Töne durch andere förmigkeit, Bezug zu einem festen Zeitmaß), im Klangfarben ersetzt. Übertragen auf eine Djembe Begriff der Gestaltung das Moment der Sponta- sieht ein mögliches, komplexes Ergebnis so aus: neität enthalten (Gruppierung, Gliederung, Ab- wechslung).“3 2. Mit Blick auf Abb. 2 könnte man provokant sim- plifiziert den Begriff jedoch auch so definieren: Abb. 6 RHYTHMUS ENTSTEHT DURCH DAS WECH- SELSPIEL VON TON UND PAUSE. Der zweite Schritt bringt nun Kontrast durch das Er- Diese Beschreibung ist selbstverständlich unwissen- setzen von einzelnen Tönen durch Pausen: schaftlich und unvollständig, und dennoch macht sie auf beeindruckende Art und Weise bewusst, dass Kompositionen aufgrund eines einfachen Entschei- dungsprozesses entstehen. Welchen Ton oder Klang Abb. 7 will ich? Wie lange soll er dauern? Und wann soll der nächste Ton erklingen? Im dritten Schritt werden die gefundenen Bausteine Rhythmus entsteht durch das Wechselspiel von Ton verdoppelt, kombiniert und noch einmal leicht vari- und Pause: Dieses Kompositionsprinzip ist auch mit iert in eine Form gebracht:

50 deren Reihenfolge (V – IV – I – I, also D – C – G – G) gebildet wird. Letzteres ergibt die Akkordfolge von „Sweet Home Alabama“. Mit einem einzigen Akkordgriff können durch Ver- Abb. 8 schieben am Griffbrett also nicht nur unzählige Songs bereits in einem frühen Lernstadium begleitet werden, Eine „klassische“ AABA’-Form. Ob diese Ideen in sondern von Anfang an auch eigene Akkordverbin- traditioneller Weise notiert, im Kopf entwickelt und dungen und somit eigene Songs erfunden werden. festgehalten oder mit einer „Smartphone-App“ pro- Mein Neffe konnte selbstverständlich auch dafür eine duziert und gespeichert werden, ist dabei nebensäch- geeignete Software präsentieren. In einem sogenann- lich. ten „Jamstudio“ kann man stilistisch unterschiedlich nicht nur eine Gitarre jeden Akkord spielen lassen, Kompositionsschwerpunkt Melodie dies wird von einer ganzen Band erledigt!5 Zu diesem Zeitpunkt genügt ein kurzer Hinweis dar- auf, dass für die Komposition von Melodien ähnlich verfahren werden kann. Wiederum handelt es sich um einen Entscheidungsprozess, in dem festgelegt wird, wann welche Töne wie lange zu spielen sind. Ob das nun in traditioneller Notation oder in einer Punkt- Strich-Notation wie bei SingStar aufgeschrieben wird, beeinflusst das Endergebnis nicht. Zum Vergleich:

Abb. 9

Abb. 11 Fazit Abb. 10 Ich kann von meinem Neffen viel lernen, was einen spontanen, intuitiven Umgang mit Musik betrifft. Ich Eine andere Möglichkeit für intuitives Komponieren komponiere Melodien, mein Neffe “macht“ Klingel- ergibt sich im Anfangsunterricht auf der E-Gitarre. töne. Ich schreibe grafische Partituren, er “macht“ Gleich in den ersten Wochen lernt man – neben er- Klangcollagen aus seinem Fundus an Aufnahmen, stem Melodiespiel – das wichtigste Spielmaterial der den er durch gezieltes Einsetzen der Sprachmemo- E-Gitarre überhaupt, sogenannte „Powerchords“. Das funktion seines Handys permanent erweitert. Ich er- sind Akkorde, die nur aus Grundton und Quint beste- finde, spiele und notiere Rhythmen, er baut in Gara- hen, also tongeschlechtsneutral sind. Die Harmonik geBand Techno-, House-, 2Stepgrooves. Ich wende in Rock-/Popmusik ist in der Regel einfach: Oft rei- mein Harmonielehrewissen an, um Songs zu schrei- chen wenige Akkorde für ein Stück aus. Stimm- ben, er verwendet ein Songwriting-Tool, das ihm Ak- führungsregeln gibt es kaum: Was gefällt, ist auch er- korde vorspielt und diese nach Gehör und Geschmack laubt. Dazu muss man nichts über Harmonielehre beliebig kombinieren lässt. Ich schreibe Musik für oder Kadenzen wissen, z. B. ob es sich am Ende einer Kindertheater, er produziert Filmmusik zu Kurzvi- Kadenz um einen „authentischen“ oder einen „plaga- deos, die er gemeinsam mit seinen Freunden gemacht len“ Schluss handelt. Der Geschmack entscheidet, ob hat. Ich habe Musik studiert, er braucht keine Noten- eine Akkordverbindung gemäß der Hauptkadenz (I – schrift. Ich vertraue auf mein Theoriewissen und IV – V – I, also z. B. G – C – D – G) oder in einer an- meine Erfahrung, er kommt gut mit dem Wechselspiel

51 von Versuch und Irrtum und mit ausgedehnten Expe- Summary rimentierphasen zurecht. What you can do, I do differently! Und doch verbindet uns ein für beide gültiger Begriff: Beide sind wir KOMPONISTEN. Und beide sind wir Composing is usually associated with knowledge stets auf der Suche nach neuen Ideen und Möglich- about music theory, harmony and counterpoint. Com- keiten. posers are composing compositions. A composer is usually seen as someone who is a musical specialist Rainer Kotzian, Prof. busy with a discipline that only few people can work in or understand. The Latin word “componere” Studium Musik- und Tanzpädagogik am Orff-Institut means “put together”. But is it right to reduce such a der Universität Mozarteum in Salzburg (Magisterab- complex phenomenon to one word or sentence? And schluss). Weitere Studien in Jazz-Gitarre und Song- still, how can the act of composing be explained to a writing. Lehrte am Orff-Institut von 2001 bis 2010, young person? zudem von 1998 bis 2008 Musikschullehrer für Gi- tarre, E-Gitarre und Rockband. Seit 2010 Professor Perhaps with an example … für Elementare Musikpädagogik an der Hochschule für Musik Nürnberg. Darüber hinaus: Schulbuchau- Focus on rhythm tor, Tonproduzent, Arrangeur und Komponist, Refe- One of my pieces for solo body percussion is basically rent bei Fortbildungskursen im In- und Ausland. composed out of one single rhythm (cp. fig. 1), con- stantly varying and getting more and more complex: body sounds are added, removed, doubled, recom- bined, substituted and so on. The idea is very simple and can be imitated by everybody who is able to move and make decisions. And actually this idea is also used regularly similarly in smartphone applications. Nowadays phones can be used on the one hand as recording machine in order to create and modify sounds, on the other hand as an arrangement and composition tool in order to put these sounds into an order. The only big difference to the traditional way of composing is the kind of notation (cp. fig. 2)! Com- paring the two different illustrations of the basic rhythm makes obvious, that all parameters in music can be defined in different ways, either in a very com- plex, complete and scientific correct way, or in a provocative, simple way. In the case of rhythm: RHYTHM RESULTS FROM THE INTERPLAY OF SOUND AND REST. This definition is of course nei- ther scientific nor complete, but it illustrates impres- sively that composing bases on simple decisions. Which tone or sound do I want? How long should it sound? And when should the next tone start? How simple the idea but how complex the result can 1 Brockhaus in 15 Bänden, 2002 be, is illustrated in a small example. Starting point is 2 Die Darstellung ist hier vereinfacht nachgebaut. an extract of a rhythmic rondo by 3 Riemann-Musik-Lexikon, 1959–1975 (cp. fig. 3). First all tones are clapped. Then any tone, 4 Rhythmisches Rondospiel 1 in: Orff-Schulwerk – Musik für Kin- der, Bd. 1, Mainz 1950, S. 85 e. g. the first, is substituted with another sound colour, 5 vgl. www.jamstudio.com, 11.03.12 e. g. wiping hands (cp. fig. 4 and 5). Then more and

52 more tones are substituted with different sound Rainer Kotzian, Prof. colours. This idea can be transferred to instruments Studied Music and Dance Education at the Orff In- (e. g. a djembe) and can even become very complex stitute, Mozarteum University in Salzburg (Master of (cp. fig. 6). In order to find a contrasting pattern, se- Arts). Further studies in Jazz Guitar and Songwrit- lected tones can be substituted with rests (cp. fig. 7). ing. He taught at the Orff Institute from 2001 to 2010, Finally the patterns are doubled, combined and was teacher for guitar, electric guitar and rock band slightly varied (cp. fig. 8). The result is a “classic” at a music school from 1998 to 2008. Since 2010 Pro- AABA’ form – no difference if written down in tradi- fessor for Elemental Music Pedagogy in Nuremberg, tional notation or if produced with a smartphone app. Germany. Author for school books, producer and Focus on melody composer; teaches at courses here and abroad. Melodies can be created in a similar way. Again only a few decisions need to be made: “When will I play which tone and how long will it sound?” The result is again not dependent on the kind of notation – in tra- ditional notation or in a dot-dash notation as used in SingStar (cp. fig. 9 and 10). Focus on harmony Composing harmony on a guitar is really simple if us- ing power chords (chords that only consist of root and fifth). Harmony in rock and pop music is generally simple – often songs only need a few chords, and they only follow one harmonic rule: the composer decides the chord order by taste. Whether a chord progression is I – IV – V – I (e. g. G – C – D – G), or V – IV – I – I (D – C – G – G, like “Sweet Home Alabama”), makes no difference. By sliding one single guitar chord over the fretboard not only a lot of songs can be learned easily but also songs with new chord pro- gressions can be created. And again there is a soft- ware application, which provides the same compos- ing idea: Jamstudio (but in this case the chords are not only played by a guitar, they are played by a whole band in user-definable styles and sounds, cp. fig. 11)! Conclusion Young people are showing us a lot of possibilities how to compose music in a spontaneous and intuitive way. They create ringtones, soundscapes and groove music in GarageBand, songs in Jamstudio, they make music for their own films which they recorded with smart- phones – without knowing how to notate music, with- out knowledge about music theory. And though we should call them composers.

53 chen. Die Genehmigung dieser zusätzlichen Musik- stunden war aber an Bedingungen gebunden: Der Sachaufwandsträger, in unserem Fall die Ge- meinde Traunwalchen, musste die Schule mit den nötigen Räumen und einem Orff-Instrumentarium ausstatten, und dieser zusätzliche Unterricht sollte Wir stellen vor … von Lehrern erteilt werden, die ein Fortbildungsstu- dium, wenn möglich am Orff-Institut in Salzburg, ab- solviert hatten. Dazu wurden vom Freistaat jedes Jahr We present … zwei Lehrerinnen für ein zweijähriges Studium am Orff-Institut in Salzburg freigestellt, die sich ver- Carl Orff-Volksschule pflichten mussten, nach Rückkehr in den Schuldienst für Klassen mit erweitertem Musikunterricht zur Ver- Traunwalchen fügung zu stehen. Solche Lehrer standen in Traunwalchen damals noch nicht zur Verfügung. Da half der Zufall weiter: Franz Jaksch, designierter Leiter der gemeindlichen Mu- sikschule, absolvierte zu der Zeit ein Zusatzstudium am Orff-Institut. Dort lernte er in Manfred Hausotter und Georg Angerer zwei Volksschullehrer kennen, die vom Kultusministerium zu einem zweijährigen Wei- terbildungsstudium am Orff-Institut delegiert waren. Diese konnte er davon überzeugen, dass für sie nach Abschluss des Studiums die Volksschule in Traun- walchen ein idealer Einsatzort sein würde. Dadurch Christiane Makulik, Georg Angerer, waren die Bedingungen zur Errichtung der Modell- Reinhold Wirsching klassen mit erweitertem Musikunterricht erfüllt. Die Schule hatte zu der Zeit ca. 15 Klassen mit mehr Es war einmal … als 300 Schülern. In jeder Klasse wurden zu den ob- eine Dorfschule, in der das Fach Musik bei Lehrern, ligatorischen zwei Musikstunden weitere drei bis vier Kindern und Eltern einen hohen Stellenwert in- Stunden Musik nach der für diese Modellklassen neu nehatte. Durch das Betreiben musikbegeisterter Leh- geschaffenen Stundentafel entweder im Klassenver- rer, allen voran Hans Lauber, konnten Gemeinderat band oder in kleineren, auch Klassen übergreifenden und Bürgermeister der damals noch selbständigen Kursen unterrichtet. So wurden der Schule damals zu- Gemeinde Traunwalchen dazu bewegt werden, neben sätzlich bis zu 50 Lehrerwochenstunden vom Staat- der Volksschule (VS) eine Musikschule zu gründen. lichen Schulamt zugewiesen. Um alle Stunden halten So entstand im Ort Traunwalchen die erste kommu- zu können, wurden auch zeitweise nebenberufliche nale Sing- und Musikschule im Landkreis Traunstein, Lehrkräfte eingesetzt, die ebenfalls am Orff-Institut welche von der Bevölkerung interessiert angenom- ein Weiterbildungsstudium absolviert hatten. Mehrere men und begeistert mitgetragen wurde. Kollegen aus der Schule ließen sich in den folgenden Als dann im Jahre 1966 vom Bayerischen Kultusmi- Jahren für das zweijährige B-Studium am Orff-Insti- nisterium die Anregung ausging, an einer Volksschule tut begeistern. in jedem Schulamtsbereich Klassen mit erweitertem In enger Zusammenarbeit mit der örtlichen Musik- Musikunterricht zu errichten, bewarb sich die VS schule setzte man sich weiterführende fachliche Traunwalchen um diese neue Position. Auslöser dafür Schwerpunkte: Volksmusik, Streicher und Orchester war wohl die Forderung Carl Orffs, den Schulkindern blieben in der Musikschule, während im Kursunter- jeden Tag eine Unterrichtsstunde Musik zu ermögli- richt der Volksschule besonderer Wert auf den

54 Schulchor und eine eigene Bläserausbildung gelegt wurde. Die Auswirkungen davon sind heute im Dorf- leben noch spürbar: In diesem Ort mit weniger als 2000 Einwohnern gibt es drei Chöre und zwei Blas- kapellen! Obwohl es nicht allein Sinn und Zweck des Musikunterrichts in der Volksschule sein kann, „So- listen“ herauszubilden, ist es dennoch sehr erstaun- lich, dass so manche Schüler nach dem Schulab- schluss Musik oder Musikpädagogik als Beruf ge- wählt haben und auf diesen Gebeten sehr erfolgreich sind. In den besten Jahren unterrichteten bis zu acht Carl Orff und Gunild Keetman: Die Weihnachsgeschichte, Hirtenszene „Orffianer“ an der Schule, also Lehrkräfte, die viele ihrer Kenntnisse für einen zeitgemäßen Musik- und Bewegungsunterricht durch ein Studium am Orff-In- stitut in Salzburg erworben hatten. Dies machte uns in der bayerischen Schullandschaft einmalig. Die Schule war im Ort „verwurzelt“, Gemeinderat und Bürgermeister unterstützten und förderten den Mu- sikunterricht. Von den Eltern wurde die musikalische Zusatzaufgabe insofern mitgetragen als sie den Ent- schluss fassten, dass in ausnahmslos jeder Klasse er- weiterter Musikunterricht angeboten werden sollte. Schul- und Vereinsleben am Ort erfuhren durch das musikalische Profil des Curriculums neue Impulse, und die gesamte Arbeit der Schule genoss in der Öf- fentlichkeit große Anerkennung. Die Leistungen der Schüler konnten sich sehen lassen: Beim „Qualifizierenden Abschluss“ lag der Noten- schnitt der Schulabgänger immer über dem landes- Carl Orff und Gunild Keetman: Die Weihnachsgeschichte, weiten Durchschnitt. Dies ist nicht nur der guten Un- der Zug der Heiligen Drei Könige terrichtsarbeit der Lehrer und dem Fleiß der Schüler zuzuschreiben, sondern auch dem durch die Musik fokussierten Bildungsansatz. In einer seiner Reden sagte der damalige Fraktionsvorsitzende der CSU (Christlich-Soziale Union) im bayerischen Landtag, Alois Glück: „Im Fußball spielt unser Dorf in den un- teren Klassen, aber im Bereich der Musikerziehung sind wir in der Weltliga!“ Klingendes Zeugnis dafür waren neben zahlreichen Schulaufführungen die größeren künstlerischen Pro- jekte wie die wiederholten Inszenierungen der „Car- mina Burana“, des Weihnachts- und Osterspiels oder des Hexentanzes zum 100. Geburtstag von Carl Orff. Der Stier Ferdinand Neben diesen Werkinterpretationen war die „Bauern- hochzeit“ im Rahmen der Eröffnung des Internatio- Traunwalchen stattfand, eine neue und besondere nalen Orff-Schulwerk Symposions 1995, welche in Herausforderung für Schüler und Lehrer.

55 mentaren immer wieder die bemerkenswerte Zusam- menarbeit von Volksschule, Musikschule, Vereinen und örtlichen Kulturträgern heraus. Auf seine Initia- tive und durch seine Mitwirkung wurde mit dem 26.07.1990 eine „Stätte zur Pflege der Musikdidaktik im Sinne von Carl Orff“ geschaffen und durch das Kultusministerium autorisiert, folgende Aufgaben- schwerpunkte zu verfolgen: • Erarbeitung von Unterrichtsmodellen und Arbeits- hilfen in Musik- und Bewegungserziehung • Mithilfe bei der Ausbildung von Studierenden und bei der Lehrerfortbildung • Zusammenarbeit mit dem Orff-Institut der Univer- sität Mozarteum in Salzburg und der Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen

Die Bauernhochzeit Das szenische Spiel, die Musik und die tänzerischen Elemente waren diesmal ausschließlich aus Ideen der Mitwirkenden entstanden und somit ein originäres Traunwalchener Stück im Gewand bayerischen Brauchtums. Die Namensgebung Ein besonderer Höhepunkt im musikalischen Leben Lehrerfortbildung mit Doug Goodkin der Schule war die Namensgebung. Zum Festakt im Die damit verbundenen Aufgaben und Ziele verfol- Jahre 1979 kam Carl Orff selbst an die Schule und gen wir noch immer mit Nachdruck und geben unsere freute sich mit uns an der Begeisterung und dem Kön- Erfahrungen und Erkenntnisse in entsprechenden nen unserer singenden, tanzenden und musizierenden Fortbildungen an möglichst viele Kollegen und Kol- Kinder. Die Gemeinde ehrte ihn und bot ihm die Eh- leginnen weiter. In all den Jahren haben inzwischen renbürgerwürde an, die er sichtlich erfreut annahm. mehrere tausend Musikpädagogen aus dem In- und Auch Hermann Regner, ein wichtiger Förderer und Ausland den Weg zu Kursen, Seminaren und Sympo- Mentor der Schule, stellte in seinen Reden und Kom- sien an der Carl Orff-Volksschule gefunden, weil hier das Fachprofil für Musikerziehung, wie es das Kul- tusministeriums formuliert, mit Leben erfüllt wird: „Musik ist ein wichtiger Bestandteil der kindlichen Lebenswelt und der menschlichen Kultur. Die jedem Kind eigene Ansprechbarkeit und Begeisterung für Musik kann sich gerade im Kindesalter beim Singen, Musizieren und Musikhören weiterentwickeln. Des- halb kommt der musikalischen Förderung aller Kin- der in der Grundschule eine bedeutende Aufgabe zu.“ Wenn es um Bildung geht, regiert trotz aller gegen- Carl Orff besucht die Schule teiligen politischen Beteuerungen aber oftmals der

56 Rotstift. Zuallererst sind von solchen Kürzungen die auch, dass solche „eigene“ Musik gleichberechtigt sogenannten „musischen“ Fächer betroffen. Diese mit der vorgegebenen sein kann. Entwicklung macht leider auch vor den Mauern und Auch das Erfinden, Bauen und Spielen von Instru- Zäunen Traunwalchens nicht halt. So wurde die Zu- menten hat sich dabei als pädagogisch und künstle- teilung der zusätzlichen Unterrichtsstunden für Musik risch wertvoll erwiesen. Die Zusammenarbeit mit den immer mehr gekürzt und es war und ist in jedem Kunst- und Werklehrerinnen, allen voran Brigitte Die- Schuljahr ein zähes Ringen um jede Stunde – trotz der ner, gehört deshalb zu den prägenden Erfahrungen an geleisteten Arbeit, der nachhaltigen Wirkung und der dieser Schule. konsequenten Weiterentwicklung der pädagogischen und künstlerischen Ideen von Carl Orff. Künstlerische Projekte In den Jahren der „Modellschule“ wurden uns die Auf dem Wege dieser prozesshaften Arbeitsweise ent- Stunden in der Regel großzügig zugeteilt. So konnte stehen von Zeit zu Zeit aber auch größere künstleri- auch Instrumental- und Ensemblespiel über das ele- sche Projekte. Beispielhaft sei hier der Beitrag der mentare Instrumentarium hinaus angeboten werden, Carl-Orff-Schule Traunwalchen zum Musikschul- wurden Fächer übergreifende und Klassen verbin- kongress 1999 in München genannt, wo SchülerIn- dende Projekte realisiert. Bis zum Schuljahr 2009/10 nen mit Selbstbauinstrumenten und eigens ent- ging die Schülerzahl auf Grund der demografischen wickelten Gestaltungen zu Sprachmodellen aus dem Entwicklung und der politischen Entscheidung, die Orff-Schulwerk einen Vortrag zum Thema „Musiker- Hauptschüler abzuziehen, allerdings so weit zurück, ziehung als schöpferischer Prozess“ verlebendigt ha- dass im Schuljahr 2011/12 nur noch rund 100 Schü- ben. lerInnen in vier Grundschulklassen unsere Schule be- Ein zweites Beispiel für „Vom Erlebnis zum Ergeb- suchen. Die Versorgung mit Wochenstunden für den nis“ ist ein halbjähriges Musik- und Tanztheater-Pro- erweiterten Musikunterricht ist mittlerweile so aus- jekt mit einer vierten Klasse, das im Juli 2002 zur gedünnt, dass die Klassen nur mehr mit e i n e r zu- vielbeachteten Aufführung kam. Ein Team aus den in sätzlichen Stunde versorgt werden können. der Klasse unterrichtenden Musiklehrern, der Kunst- Nur durch das große Engagement der verbliebenen Fachlehrkräfte gelingt es auch heute noch, Auf- führungen zu realisieren, die aus der üblichen „Schul- landschaft“ herausragen und den Namen der Schule dadurch würdig zu vertreten. Unsere Schüler sehen sich im Unterricht häufig durch den von Orff formulierten Primat des eigenen Findens und Erfindens herausgefordert. So entstehen kleine Stücke, in denen die gestalterischen Ideen nicht nur Beiwerk und Dekoration sind. Die Einfälle der Kinder sind vielmehr substantiell für das Entstehen dieser Miniaturen. Miteinander-Spielen und Voneinander- Lernen stehen im Mittelpunkt, dadurch ergeben sich Spielräume für Interaktionen, die vor allem auch die sozialen Kompetenzen fördern. Oft bleibt das Improvisieren, das Erfinden eigener Musik für viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene mangels Anregung eine fremde Welt. An unserer Schule erfahren die Kinder, dass sie durchaus in der Lage sind, eine Melodie, eine Begleitung, auch einen Text oder eine Bewegungsform selbst zu erfinden und allein oder in der Gruppe zu gestalten. Sie erleben Das Vollmond-Orchester

57 wurde erst 4 Wochen vor Aufführung festgelegt! In der letzten Woche vor der öffentlichen Vorstellung hat die Klasse dann jeden Tag nur noch am Projekt gear- beitet, anderer Unterricht fand nicht mehr statt. Da- mit waren Musik, Sprache, Tanz als Ausdrucksmittel und Medien der „Ich-und-Wir“-Erfahrung endgültig herausgetreten aus dem engen Dasein eines 45- minütigen Unterrichts. Sie waren zum Brennpunkt geworden, in dem sich für Schüler und Lehrer die Er- fahrung von lebendigem Lernen gebündelt hat und der – einem Energiefeld gleich – noch lange Zeit po- sitive Wirkungen für alle Beteiligten ausstrahlte. Das Vollmond-Orchester Diese Erkenntnis reicht über die musikalisch-darstel- lerischen Lernziele weit hinaus, denn es werden in erzieherin und der Klassenleiterin hatte sich zur solchen Arbeitsprozessen anerkanntermaßen auch Aufgabe gemacht, gemeinsam mit den Schülern ein verhaltensorientierte Impulse berücksichtigt und Bilderbuch zu gestalten. Um nicht in die Gefahr zu wirksam, die sich unter anderem auf die Sprachkom- geraten, einen der Klassiker der für ein musiktheatra- petenz und die Selbständigkeit, die Kooperations- und lisches Projekt geeigneten Bücher erneut zu themati- Kommunikationsfähigkeit sowie die Fähigkeit zu Kri- sieren, sollte ein weitgehend unbekannter Stoff tik und Einsicht bei Schülern richten. Grundlage der Gestaltung sein. Die Wahl fiel auf Einen ähnlich intensiven Prozess haben wir im Jahre „Das Vollmondorchester“ von Jens Rasmuss. 2006 mit „Follow the drinking gourd“ erlebt. Das In diesem fantasievollen Bilderbuch geht es um ein gleichnamige Bilderbuch war die Grundlage eines nicht ganz gewöhnliches Orchester, was man an den halbjährigen Projekts im Sinne eines elementaren eigenwilligen Instrumenten und den noch eigenwilli- Musik- und Tanztheaters, das sehr erfolgreich unter geren Namen der Musiker erkennt. In unserem Pro- anderem beim Internationalen Orff-Schulwerk Sym- jekt haben sich die Kinder entsprechend eigene Na- posion 2006 am Orff-Institut in Salzburg und im Cen- men gegeben: Bellinda Berimbao, Dany Darbuca tro Didattico Musicale in Rom aufgeführt wurde. oder etwa Felicia Flötissimo. Im Jahr 2010 war „Ferdinand, der Stier“ unsere Und sie haben die namengebenden Instrumente natür- Grundlage für eine künstlerische Erarbeitung mit den lich auch selbst gebaut. Zum Teil im Vormittagsun- Mitteln von Musik, Sprache und Tanz und unser Bei- terricht, zum Teil nachmittags mit den Eltern. Nach trag zum Gründungsjubiläum der Stadt Traunreut. Für Monaten der Vorbereitung konnte „Das Vollmondor- die Aufführung im neu eröffneten Kulturzentrum chester“ dann seinem Publikum zeigen, wie klangvoll wurden die Ideen der SchülerInnen der 4. Klasse zu es zu spielen versteht. Wie die Musik dabei für und dieser bedenkenswerten Geschichte von Margot und mit den Schülern entwickelt wurde, wie die ganze Reinhold Wirsching in der oben beschriebenen Weise Szene durch Schattenspiel, Tanz, Pantomime und initiiert und strukturiert. In Verbindung mit der cho- Theater lebendig wurde, kann hier nicht ausführlich reografischen Erfahrung, dem kompositorischen An- beschrieben werden. Ein ganz zentrales pädagogi- spruch und der pädagogischen Handschrift der bei- sches Anliegen der beteiligten Lehrerinnen und Leh- den Lehrer wurde daraus eine vielbeachtete Inszenie- rer sei aber noch erwähnt: rung. Alle Schüler haben im Laufe der Erarbeitung an al- Vor dem Hintergrund der Tatsache, des es sich bei all len Prozessen aktiv und umfassend teilnehmen kön- diesen Aufführungen um längerfristige Klassenpro- nen, d. h. sie haben jeden gestalterischen Impuls jekte handelt, in die jedes Kind einbezogen ist, wird selbst erleben und ausprobieren dürfen. Ein jeder hat verständlich, dass Musik an der Carl Orff-Volks- alle Texte, Lieder und Tanzformen kennen gelernt, schule nicht mehr nur Fachgegenstand, sondern ein denn die Verteilung der Rollen, auch die der Solisten, „Lebensfach“ geworden ist.

58 Ausblick Summary Vor dem Hintergrund des Gesagten eröffnet der Blick Carl Orff Volksschule [Primary School] in die Zukunft der Schule manche Chancen und zahl- Traunwalchen reiche Grenzen. When in 1966 the Bavarian Ministry of Culture issued Die zunehmende Anforderung der Kultusministerien the recommendation that classes with increased mu- gegenüber den allgemein bildenden Schulen, sich ein sic teaching should be established, the Traunwalchen deutliches und ausgewiesenes Profil zu geben, ist eine Volksschule enrolled in this new project. The cause for Stärkung unseres Anliegens, weil es den Sondersta- this was the demand issued by Carl Orff that school tus der Schulen mit erweitertem Musikunterricht – children should be allowed to have a music lesson gewollt oder ungewollt – legitimiert. Es macht aber every day. Manfred Hausotter and Georg Angerer auch dringend notwendig, die Bedeckung der gestell- were the first two primary school teachers to take ten Anforderungen durch entsprechende Zusatzstun- over the classes with extra music lessons. den zu gewährleisten, um die erprobten Strukturen zu At the time there were about 15 classes with over 300 überprüfen, Modelle, Methoden und Inhalte zu hin- children in the school. In addition to the obligatory terfragen und unter dem Gesichtspunkt veränderter 2 music lessons a week, a further 3 to 4 lessons were Lebensumstände unserer Kinder zu adaptieren. given, either within the class framework or children Wenn die Orff-Schulen Kindern und Jugendlichen from different classes were taught together in smaller helfen wollen, in einer offenen, mobilen und inter- groups. In close collaboration with the local music kulturellen Welt zu leben und trotzdem ihre geistige school a continuing professional focus was estab- und kulturelle Identität zu bewahren, braucht es lished. The outcome of this is still to be felt in village pädagogische Konzepte, die in größeren Zusammen- life: with less than 2000 inhabitants our village has 3 hängen denken und über die einzelne Unterrichts- and 2 wind bands! In their final qualifying ex- stunde hinausreichen. amination school leavers always had higher marks Diese konzeptionelle Arbeit zu leisten ist angesichts than the average for Bavaria. This is not only due to der derzeit gegebenen Bedingungen und der Bean- the good work of the teachers and the industry of the spruchung im Schulalltag für das Team eine große pupils, but also to the music-focussed education. Herausforderung. Evidence of this in sound, in addition to numerous school performances, were the large artistic projects Christiane Makulik, such as the repeated performances of “Carmina Bu- seit 2005 Rektorin, fühlt sich dem Erbe und dem Auf- rana”, of the Christmas and Easter plays or the trag an dieser besonderen Schule sehr verpflichtet. Witches’ Dance for the year of Orff’s 100th birthday. In addition to the interpretation of these works was Georg Angerer the “Bauernhochzeit” [Peasant wedding] performed Vorgänger im Amt und nach wie vor Ansprechpartner as part of the 1995 International Orff-Schulwerk Sym- und Mentor für Schulleitung und KollegInnen, hat die posium. This was a new challenge for pupils and Entwicklung der Schule maßgeblich beeinflusst und teaching staff. The dramatic elements, the music and das Profil geprägt. dance elements all came this time exclusively from the ideas of the participants, thus producing an original Reinhold Wirsching Traunwalchen piece in the garb of Bavarian custom. Fachlehrer für den Erweiterten Musikunterricht, Ideen- und Informationsgeber in Sachen Musikdi- During the celebrations in 1979 attached to being daktik und -methodik, Bindeglied zu allen „Orff“-In- given the special name, Carl Orff visited the school stitutionen. and shared with us his delight in the enthusiasm and ability of our singing, dancing and music-making children. The municipality honoured him and offered to make him freeman of the village which he accepted with visible pleasure.

59 On the initiative and through the participation of Her- Salzburg in 2006; “Ferdinand the Bull” in 2010, and mann Regner, an important promoter and mentor, a others. “Place for the Practice of Music Education Accord- If the Carl Orff Schools wish to help children and ing to the Ideas of Carl Orff” was established on young people to live in an open, flexible and inter- 26.07.1990 and through the Ministry for Culture was cultural world and nevertheless to maintain their authorised to set in motion an emphasis on the fol- spiritual and cultural identity, then educational con- lowing objectives: cepts that include thinking in wider interrelationships • The working out of model lessons and educational and beyond the individual lesson are needed. This aids in Music and Movement Education conceptual way of working in the present conditions • Assistance with the training of students and further and demands of everyday life in school is a big chal- education of teachers lenge to the team of teachers concerned. • Collaboration with the Orff Institute of the Mozar- teum University in Salzburg and the Academy for Christiane Makulik the Further Education of Teachers in Dillingen has been the principal since 2005; she feels very com- mitted to the heritage of the school and to the duties In all these years several thousand music teachers of her position. from at home and abroad have found their way to the Carl Orff Primary School as visitors or as participa- Georg Angerer, tors in courses, seminars and symposia, for it is here precursive director of the school and still the contact that they will find the professional profile for music and mentor for the running of the school and the col- education as the Ministry of Culture describes it: leagues involved. He imprinted the profile of the “filled with life”. school and has decisively influenced its development. On account of demographic development and politi- cal decisions up to the school year 2009/10 the older Reinhold Wirsching, children have been withdrawn to such an extent that specialist teacher for the extended music teaching, in 2011/12 only 100 pupils remain in the school’s four provides information and ideas on the subject of classes. In the meantime the provision of weekly ex- music didactics and methods, and a connecting link tended music lessons has been so reduced that the to all “Orff” institutions. classes now have only o n e extra lesson. Only through the considerable engagement of the re- maining professional teachers, Reinhold Wirsching and his wife Margot, is it still possible to put on ex- cellent performances and thus to be worthy of the school’s name. The invention, building and playing of instruments has proved particularly to be both educationally and artistically valuable. Especially the co-operation with Brigitte Diener, the art and craft teacher, belongs to the most formative experiences of our pupils.

Artistic projects On the way to a style of teaching that emphasises process various large scale performances occur from time to time such as: “The Full Moon Orchestra” as a contribution to the School Music Congress in Mu- nich in 1999; “Follow the Drinking Gourd” as a con- tribution to the Orff-Schulwerk Symposium in

60 – Instrumental practice, mainly for beginners – Performance of “Music for Children” repertoire – Dances of the world – Renaissance dances – Argentine folk dances – Creative movement Aus aller Welt – Body percussion – Recorder for beginners and advance students – Improvisation and creation with non conventional From around the World instruments, based on the fact that in many public schools no instruments are available – Music games for the kindergarten Argentinien – Music activities for primary school – Improvisation and integration of arts News from the – Taiko (Japanese Drums) Argentine Orff-Schul- A three days intensive course during 2011 winter hol- werk Association idays (morning and afternoon), brought teachers from The Argentine Off-Schulwerk Association (Asociación different parts of the country to a program divided in Orff-Schulwerk Argentina, AAOrff), founded in 2009 two levels according to previous experiences. is fully committed to continue the visionary insight of Level I: Guillermo Graetzer, who, in 1958 introduced in Movement – Recorder for beginners – Introduction to Buenos Aires, Argentina, Orff-Schulwerk among chil- Orff-Schulwerk dren students in the private musical institution Col- Level II: legium Musicum of Buenos Aires. Argentine folk music in school – The Recorder in Orff- Even before the Argentine Association was founded, Schulwerk – Argentine folk dances – Instrumental en- several international courses were organized by the semble – Tales, comics and musical novels Collegium Musicum and the Pestalozzi Cultural Asso- The Association while growing slowly but steadily is ciation. Since 2002 many teachers were the beneficia- mainly concerned to fulfil as many gaps as possible ries of those courses given by outstanding representa- for teachers to improve their practices. For this school tive members of the Orff-Schulwerk community such as year, starting on 1st of March, and ending by mid De- Verena Maschat (2002, 2004, 2008), Sofía López-Ibor cember, several projects are planned. (2006, 2012), Doug Goodkin (2009) James Harding • Seven monthly workshops (2010) and Barbara Haselbach (2012). • An intensive 3 days Winter course (July) In time, several of the teacher-students participants • An editorial project (the first one for the Associa- decided to extend their training outside Argentina, by tion), related to compile, in different volumes, attending summer courses in San Francisco (USA) arrangements for children and young people en- and Spain. In turn, several were ready to coordinate sembles of traditional and popular Argentine music, by themselves workshops and courses in Buenos Aires using Orff instruments. All the scores have been pre- as well as in different provinces. pared by teachers in charge of children and youth Once the Argentine Association was founded, and ensembles. aware of the lack of information concerning anything • Spanish translations of relevant bibliography ex- related to the Orff-Schulwerk among music teachers, tremely necessary in Latin America we decided to include permanent and regular monthly • Extending the range of courses to more provinces workshops, 7 per year. In the last three years, 21 en- • Summer international courses in Argentina (Febru- counters allowed teachers to experience different ap- ary) proaches covering a wide range of practical experi- Dina Poch-Grätzer ences such as: President of AAOrff

61 sembles. It is a truly exciting time to connect with new Canada and old friends and reaffirm one’s commitment to Orff-Schulwerk and quality music education. Carl Activities of Carl Orff Canada Orff Canada is very proud that Maestro Bramwell Carl Orff Canada is the national umbrella organiza- Tovey, musical director of the Vancouver Symphony tion of a community of vibrant music educators ded- Orchestra, has accepted our invitation to become one icated to active music education based around the of our Honorary Patrons and will give the keynote teachings of Carl Orff and Gunild Keetman. Approx- speech at the conference. imately 1000 educators belong to Carl Orff Canada Research grants through a network of eleven local chapters situated Carl Orff Canada also supports research into quality across our vast country. music programs and best practices in music educa- Teacher training courses tion through the Carolyn McMillan Research Grant. Carl Orff Canada, through its affiliated local chap- This grant of $ 500 is available annually to encourage ters, offers Introductory, Level I, II, III and Post Level research relating to the application and study of Orff- III courses each summer at various venues across the Schulwerk in Canada. country. These courses must go through an endorse- Carl Orff Canada journal: “Ostinato” ment procedure in order to be recognized by Carl Orff This is a tri-annual publication of Carl Orff Canada Canada. In Canada, a teacher becomes an Orff Spe- which is distributed to all members. The editor, cialist after successfully completing an endorsed Catherine West, works with an editorial board to ex- Level III course. plore such themes as “Canadian Music” and “Teach- Post Level III courses are offered in a number of sub- ing for Diversity”. jects relating to the Orff-Schulwerk. This year, Doug National leadership summit Goodkin will be presenting “Orff to Jazz” in Toronto. Carl Orff Canada is very pleased to have been invited Scholarships for Levels courses are offered at both the to participate in an ongoing national discussion re- national and local level. garding music education in Canada instigated by the The guidelines for Introductory, Level I, II and III Canadian Music Educators Association. This summit, Levels Courses have been revised. These guidelines which seeks to assimilate what is occurring in music will take effect as of January 2013. education across Canada, gives participants the op- Local professional development portunity to discover and discuss best practices Each chapter of Carl Orff Canada offers a number of across our diverse nation. workshops for its local members throughout the year. Meeting of the Orff-Schulwerk Forum, July 2011 This year the workshops have addressed such topics In July 2011 the current Carl Orff Canada president, as recorder playing, choral techniques, movement, Cathy Bayley, was honoured to represent Canada at curricular integration and First Nation music, to the convention of the Orff-Schulwerk Forum (annual name just a few. meeting of delegates from the 45 international Orff- Carl Orff Canada national conference Schulwerk associations) as well as at the Interna- th Every two years Carl Orff Canada presents a national tional Orff-Schulwerk Symposium celebrating the 50 conference. Different local chapters across the coun- anniversary of the Carl Orff Institute in Salzburg. This try take on this onerous, but rewarding, professional was an opportunity to make connections with music development opportunity. The 2012 national confer- educators dedicated to Orff-Schulwerk from around ence, re:Play 2012, will be in Vancouver, British Co- the world. Hopefully these connections will continue lumbia in April. This conference will see 300 music in the near and far future as we all strive to promote teachers from across Canada, the United States and the outstanding music education philosophy of Carl abroad come together to experience 3 days of work- Orff and Gunild Keetman and endeavour to develop shops from world renowned Orff clinicians, perfor- the best music education for children around the mances from children’s groups from across Canada, world. Cathy Bayley and performances by local professional musical en- President of Carl Orff Canada

62 Mit einem kleinen Festakt, künstlerischen Präsenta- Deutschland tionen und kurzen Workshop-Angeboten wird der runde Geburtstag begangen werden. Zudem ist ein Die Orff-Schulwerk-Gesellschaft Spaziergang durch München auf den Spuren Carl Deutschland feiert ihren 50. Geburts- Orffs geplant. Die Veranstaltung soll ein Fest der Be- tag gegnung sein mit der Möglichkeit, sich in unge- Bereits 1962 wurde die Orff-Schulwerk-Gesellschaft zwungener Atmosphäre mit vielen der erfahrenen Do- Deutschland e.V.ins Leben gerufen, nur ein Jahr nach zentInnen und mit Kollegen und Kolleginnen austau- der Gründung des Orff-Instituts in Salzburg und der schen zu können. Aktuelle Informationen zu der Fest- Gesellschaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ in veranstaltung in München finden Sie demnächst auf Österreich. Seither ist die Gesellschaft hauptsächlich unserer Homepage www.orff-schulwerk.de. mit vielfältigen Angeboten in der Fort- und Weiter- bildung für Pädagogen und Therapeuten sowie inter- Plakat zum Jubiläumsjahr essierte Laien bundesweit und regional aktiv. Die Orff-Schulwerk-Gesellschaft (OSG) fungiert als Anlässlich des runden Geburtstages hat die OSG Fachverband für Elementare Musik- und Tanz- Deutschland ein neues Plakat aufgelegt, um mit pädagogik in Deutschland. Jährlich werden bis zu 20 „frischem Blick“ auf die Intentionen und Aktivitäten Fortbildungen über die Geschäftsstelle in München- des Vereins aufmerksam zu machen und natürlich Gräfelfing organisiert. auch neue Mitglieder zu werben. Damit dieses Plakat 2012 feiert die deutsche OSG nun ihren 50. Geburts- an vielen Orten und Einrichtungen sichtbar wird, tag und lädt zum Mitfeiern ein. Für das Jubiläumsjahr kann es kostenlos bei Ella Marksteiner in der Ge- hat sich der Verein Einiges einfallen lassen. schäftsstelle angefordert werden (orff-schulwerk@ Auftakt bildete der „Orff-Schulwerk-Oster-Jubi- t-online.de). läumskurs“, der traditionell wieder in der Karwoche Micaela Grüner stattfand und sich nicht nur an erfahrene Teilnehme- rInnen sondern besonders auch an Interessierte wandte, die einen ersten Kontakt zur Gesellschaft suchen. Dementsprechend lautete das Kurs-Motto „Musik und Tanz entdecken, erleben, gestalten … für Einsteiger und Langzeit-Infizierte“ (KursdozentInnen waren Wer- ner Beidinger, Christa Coogan, Ulrike Jungmair und Insuk Lee). Dieser wie alle weiteren 17 Kurse des Jah- res werden mit einer Jubiläums-Kursaktion begleitet: Jedes Mitglied der OSG, das ein neues Mitglied für den Verein wirbt, erhält eine einmalige Ermäßigung in Höhe von 50% auf die reguläre Kursgebühr. Festtage im November Ganz offiziell wird das Jubiläum im November in München gefeiert. 50 Jahre Orff-Schulwerk-Gesellschaft Deutschland Herzliche Einladung an alle Mitglieder, Freunde und Interessierte 16. und 17. November 2012 Orff-Zentrum München, Kaulbachstraße 16

63 Perkiö. For many years we have tried to find new Finland teachers for our existing courses who could follow the existing faculty. The emphasis has been on different Looking back on JaSeSoi ry’s methods for teaching adults, gaining experience, hav- activities in 2011 ing personal discussions with Soili Perkiö and shar- In Finland we have had a lot of activities; traditional ing ideas with the group of about ten people. There and annual events along with new ideas and an inno- was peer teaching and exploring how to find one’s vative exploring spirit. Our courses have enjoyed own role as a teacher, feeling comfortable and secure much success: The Rhythm Seminar, Orff Level enough to continue in this field. Courses with the Closing Seminar, Active Music Lis- The group planned a series of music education tening, World Village, Let’s Play together and the an- lessons alone or with a partner. The process was un- nual meeting. The positive results are both qualitative dertaken with the cooperation of an institute that had and quantitative based on the feedback we always asked for workshops in music education. In addition collect from the students. in 2012, there will be two students from the “Teach We are very happy that the global economical de- the Teachers” group working with level courses pression has not influenced our work negatively. The teachers supporting them, teaching with them and effect has even been contrary. Maybe it has given us having discussions with them. We have also thought more strength and courage to stand up for what we so about offering a JaSeSoi scholarship which is still in strongly believe. It gives us even more trust and faith the planning stages. We are also considering interna- to the importance of the work we are eager to do even tional students in this project. though there may have been some doubts. We have an interesting collaborative project going on International teachers in our courses for 2011–2012 with Special Music Centre Resonaari, which is work- have been James Harding (USA), Lenka Pospíšilová ing with children and adults with special needs. (Czech Republic), Ciro Paduano (Italy) and the visit- We would like to send all our associates all over the ing group in the World Village – Zambian Vocal Col- world our best greetings and all the positive strength lection, which by the way had much success in Fin- needed to fulfil your mission in your own countries. land after our course. They travelled and sang all over May the warmest winds blow and the best colours fill Finland for several months. your sky with strength, good ideas and enthusiasm The board of directors of JaSeSoi increased to the (and money!). maximum of 12 members at the beginning of 2012. Harri Sandborg That is very good not only because there is a lot to do, President of JaSeSoi ry but also because it is important to keep a good bal- ance between the new and eager members of the PS. Honorary Member of JaSeSoi ry, Mrs. Inkeri board and the more experienced. The board meets 5 Simola-Isaksson passed away on 11th of March, 2012. times a year officially and unofficially now and then. We remember her as a beloved friend and mentor International contacts have been lively. We had rep- nationally and internationally. Dona eam pacem. resentatives at the international meeting of the Orff- Schulwerk Forum and the Symposium in Salzburg in the summer 2011. Our representatives participated the AOSA National Conference in Pittsburgh giving a Iran complimentary World Village Wild Card to AOSA who How can Iranian music and reciprocated by giving one to us! In the year 2011 JaSeSoi ry had 239 members and 6 Orff-Schulwerk come together? honorary members. JaSeSoi Journal was published Preparing a performance for the twice and the membership fee was 35 Euros. Symposium 2011 Something new has to be mentioned: a pilot project This article is about an experiment and the final per- “Teaching teachers” under the leadership of Soili formance of its result by the “Persian Collage En-

64 Persian Collage Ensemble semble” during the International Orff-Schulwerk be used in a proper way to maintain their authentic- Symposium “50 years Orff Institute”, Salzburg 2011. ity and to avoid the combination of just playing Iran- ian music with Orff instruments or vice versa. There- This ensemble was formed of Mastaneh Hakimi (Di- fore, some of the modal pieces in Dorian, Phrygian rector and Santoor player, BA in Music at Tehran and Aeolian modes were chosen from the Orff-Schul- Azad University, graduate from the “Special Course werk Volumes, which were similar to some of the Per- 2008–2009”, Orff Institute, Mozarteum University, sian modes, apart from the quarter-tone intervals in Salzburg), Nastaran Kimiavi (Tar and Bass Tar the Persian scales. player, Music diploma in Tar at Tehran Music Con- The primary target was to rearrange music from Orff- servatory, BA in Music at Tehran Azad University, Schulwerk and Iranian music for the instruments in graduate from the “Special Course 2006–2007”, Orff the ensemble. The arrangements were altered to be Institute) and Mani Bayat (Naqqâl, Ney and Bass Tar technically suitable for the instruments. Another issue player, BA in Music Composition and Computer was to consider the timbre of the different types of in- Sound Design at Surrey University, England), who in struments, so that they would not sound unpleasant Iran collected all the themes and created the main together. Of importance were also the use of different structure of the performance. types of ostinati as well as improvised sections in Other members who were in Austria at the time, were singing parts and on the instruments, which are other Mandana Farsani (Tombak and Orff instruments common characteristics of these two musical entities. player, graduate from the “Special Course 2008– During the rehearsals in Iran, the software samplers 2009”, Orff Institute), Sina Shaari (Oud and Daf of Orff instruments and percussions were used, which player, studying Guitar “Konzertfach” at Kunstuni- was helpful to create and explore different music versität Graz, Austria), Farzan Farnia (Percussion arrangements. After experimenting with different am- and Orff instruments player, graduate from the “Spe- biences and coming to a decision for the final version, cial Course 2010–2011”) and Hanieh Niroo (Per- the music parts were recorded. cussion and Orff instruments player, graduate from Meanwhile, a vanishing form of story-telling in Iran, “Elemental Music and Movement Education” at the called “Naqqâli”, was chosen for integrating with mu- Orff Institute). sic. In this form, “Naqqâl” (the story-teller) narrates For the reason of the Orff-Schulwerk Symposium, it and sings by impersonating all the characters of epic was decided not to play just Iranian music, but inte- stories and myths of the ancient Persia. He usually grate and merge Orff-Schulwerk and Iranian classi- uses a “Pardeh” (an illustrated curtain depicting key cal music ideas. The approach was to find the com- scenes of the story) to familiarise the audience with mon factors in these two types of music, which could the story setting and to improvise over it.

65 The history of Iranian story-telling goes back to the Achaemenid Persian Empire, and it was one of the most elaborated forms of entertainment for the gen- eral public and royal families. The traditions of “Naqqâli” performances were changed through the years and the story-tellers started to perform in the coffeehouses and public sites during the Safavi and Qajar eras. Customarily the subjects of stories were mostly about champions, kings and queens, demons, animals, folk tales of different eras and sometimes to recite gov- ernmental news in the middle of the stories. The role Painting of the story – “Pardeh” of the instruments was not very significant, and only percussion instruments were accompanying the story- The performance begins with “Naqqâl” telling the telling. story: But in this performance, music and story were equally supporting each other. This fusion of Iranian and Kai Kaus (the king) failed with his army on the ex- Orff-Schulwerk music had a great potential for ac- pedition to Mâzandarân (an area in north of Iran) companying and characterising performances such and is captured by the Deevs (demons). Rostam, as “Naqqâli” and made them more attractive for the the Persian hero and main character of the story, audience. has to face “Haft Khân” (the seven labours), to lib- When all the musical parts of the story were decided erate them. and set, the recording as well as the score were sent The speech, singing and instrumental improvisation to the group members who were in Austria to practise in “Dashti”, a Persian mode that is very similar to for themselves. This was essential and helped us to Phrygian with one quarter-tone “Koron”1, are ac- save time during the rehearsals. companying the scene; and the adapted and trans- The actual rehearsals took place in Salzburg only a posed version of “Pfeifermärsche”2 is accompanying few days before the Symposium, when all the mem- the beginning of his journey with the arrangement of bers of the group finally met .The improvisation parts Iranian and Orff instruments. as well as the connection between story-telling and the music could only be developed in the presence of Stage 1: Rakhsh (Rostam’s horse) kills a lion while all of us. Since everyone had rehearsed his or her Rostam is asleep. parts on the recorded music previously, the progress The idea of horse steps and their fighting is being per- was very fast and smooth. cussively played on different instruments to create an The performance and structure of the story ambience of this struggle. and its musical ideas Stage 2: Rostam passes through desert without The story of this performance was “Haft-khân-e Ros- water, until he reaches a water spring. tam” (Seven labours of Rostam) from the book “Shâh- Performing with everybody whispering some verses nâmeh”, written by Hakim Abu’l-Qâsim Ferdowsi of this stage with more expression on the “s”, “sh” (940–1020 CE). Mastaneh drew the “Pardeh” for this and “ch” sounds. The purpose of this scene is to cre- story, which was at the background of the stage dur- ate the ambience of desert and the melancholy of be- ing the performance, and “Naqqâl” used it to help the ing thirsty. audience to follow the story. Stage 3: Rostam is sleeping when a dragon attacks him. He defeats the dragon and carries on his journey.

66 The transposed first part of the melody of “Xy- The “Naqqâl” narrates and sings the story of this part lophonstücke”3 is continuously played by one Glock- with an unmeasured improvisation on the irregular enspiel and then other Iranian instruments enter one rhythmic instrumental accompaniment in 5/4. It is a by one over that melody, playing different Iranian os- very common form in the Iranian classical music to tinati in “Shour”, another Persian mode which is sim- sing arrhythmically over the complex rhythmic osti- ilar to Aeolian, but with an “A-Koron” (shown be- nati. low); all those ostinati sound harmoniously together. Rostam returns from the battle to celebrate their victory with the king and his army. The final piece is a vocal Iranian folk song called “Ourâmân”, which is about happiness and joy that suits the ending of this story. The arrangement was adapted for Iranian and Orff instruments, both taking part in melody and ostinato sections and accompa- Xylophonstücke nying the vocal parts. While this music continues, the “Naqqâl” starts nar- Conclusion rating the next stages: Our aim was to experience this type of fusion through Stage 4: Rostam defeats a beautiful witch, an ex- the process of using Iranian and Orff-Schulwerk mu- ample of temptation, which could lead him to a sic, and to consider most of the Orff-Schulwerk ideas wrong path. which are supporting a cultural heritage like “Naqqâli”, adapting traditional music to Orff-Schul- Stage 5: Rostam conquers the Mâzandarâni cham- werk and integrating speech (narration) and improvi- pion Aulâd who helps him to find the king. sation. It leads to our composition in a “Châhâr-Mezrâb”4 After the performance, the feedback we heard from form, using the Iranian ostinati from the previous the audience, gave us the impression that we have song in “Shour” mode. In this part only Iranian in- reached our goal. Many of them said that this type of struments play with the accompaniment of percussion fusion was not a conventional one that one might have instruments. expected and that it created a very pleasant ambience and different timbre, which was also harmoniously at- Stage 6: Aulâd champion leads Rostam to Arzhang tractive. Deev’s place, which is also the prison place of Kai Kaus and his army. He kills Arzhang Deev and lib- Mastaneh Hakimi, Nastaran Kimiavi, Mani Bayat erates Kai Kaus.

Stage 7: Rostam leaves the king and proceeds to win the battle over the huge Deev-e Sepid (the White Demon). 1 Koron: This symbol is just used in Iranian music and lowers a tone by a quarter step. In this part the whole atmosphere of the music mod- 2 Orff, Carl and Keetman, Gunild: Music for Children, Volume IV, ulates to another Iranian mode “Esfehân”, which is Mainz 1954, p. 34 similar to the harmonic minor scale with one quar- 3 Orff, Carl and Keetman, Gunild: Music for Children, Volume IV, ter-tone. Mainz 1954, p. 7, #4 4 “Châhâr-Mezrâb” is a common rhythmic instrumental form in Iranian music. It is mostly played in 6/8 or 6/16 with a fast tempo. In this Châhâr-Mezrâb, all the instruments play the tutti phrase to start the song and then each Iranian instrument plays a rhythmic solo improvisation with a return to the tutti phrase for the next person’s improvisation. Esfehân mode

67 Die Gewinnerbeiträge im Jahr 2010 wurden in einem Österreich zweiten Heft mit dem Titel „Klangelsurium und Tan- zelschatz, Band 2“ publiziert und wiederum als Weih- Kompositionswettbewerb der Gesell- nachtsgabe an alle Mitglieder versandt. Als 1. Preis schaft „Förderer des Orff-Schulwerks“ wurde wieder eine Prämie von 300,– EUR (gespen- Die österreichische Gesellschaft „Förderer des Orff- det von der Carl Orff-Stiftung) vergeben, weitere Schulwerks“ ist seit ihrer Gründung inhaltlich, örtlich wertvolle und interessante Sachpreise wurden aber- und personell eng mit dem Carl Orff-Institut der Uni- mals von Studio 49, dem Schott Verlag und von der versität Mozarteum Salzburg verbunden. Am Carl- Carl Orff-Stiftung zur Verfügung gestellt. Orff-Institut ist das Fach „Elementare Komposition“ Im Jubiläumsjahr 2011 stellten sich die Mitglieder der ein zentrales Unterrichtsfach – sowohl in den Bache- Jury des Wettbewerbs mit Kompositionen und Arran- lor- und Masterstudiengängen als auch in den beiden gements vor, die in der Jubiläumsbroschüre „50 Jahre Universitätslehrgängen „Elementare Musik- und Be- Gesellschaft ‚Förderer des Orff-Schulwerks’“ veröf- wegungspädagogik“ und „Advanced Studies in Music fentlicht wurden. and Dance Education – Orff-Schulwerk“, Special Restbestände von „Klangelsurium und Tanzelschatz“ Course. Der Themenbereich wird auch als Work- (Bd. 1 & 2) können zum Selbstkostenpreis von 4,– shopangebot in internationalen und nationalen Som- EUR pro Stück, Restbestände von der Jubiläumsbro- merkursen bzw. Wochenendfortbildungen mit großem schüre zum Preis von 6,– EUR pro Stück (zuzüglich Interesse angenommen. Versandkosten) unter [email protected] angefordert Als Unterrichtsfach für Kinder in Schulen, Musik- werden. schulen und anderen pädagogischen Einrichtungen ist Rainer Kotzian „Elementare Komposition“ nicht existent, und den- Geschäftsführer noch ist es in Fächern wie „Elementare Musikpraxis“, „Musikalische Früherziehung und Grundausbildung“ zentraler Arbeitsinhalt – sofern sich das jeweilige Lehrangebot an den Grundprinzipien des Orff-Schul- werks bzw. der Elementaren Musik- und Tanz- pädagogik orientiert. Ein spezielles Angebot der Gesellschaft fand in den Jahren 2009 und 2010 statt: Erstmals in der Ge- schichte der Orff-Schulwerk-Gesellschaft Österreich wurde ein Kompositionswettbewerb veranstaltet. Ge- sucht wurden selbst komponierte (Kinder-)Lieder, Kanons, Sprechstücke, Ensemblestücke für Orff-In- strumentarium, Stücke für Body Percussion und/oder Tänze. Die eingesandten Beiträge wurden von einer Jury bewertet und prämiert. 20 Beiträge der Gewinnerinnen und Gewinner aus über 50 Beiträgen wurden in einem Heft mit dem Ti- tel „Klangelsurium und Tanzelschatz, Band 1“ publi- ziert und als Jahresgabe an alle Mitglieder versandt. Der 1. Preis war eine Prämie von 300,– EUR (ge- spendet von der Carl Orff-Stiftung), weitere wertvolle und interessante Sachpreise wurden von Studio 49, dem Schott Verlag, dem Ivo Haas Lehrmittelversand und Verlag sowie von der Carl Orff-Stiftung zur Ver- fügung gestellt.

68 Composition competition organized by the Austrian Orff-Schulwerk Association Since its founding, the Austrian Orff-Schulwerk Asso- ciation “Förderer des Orff-Schulwerks” has been per- sonally connected with and located at the Carl Orff Institute of the Mozarteum University, Salzburg. At the Carl Orff Institute a central subject area is Ele- mental Composition in all courses of study from the bachelor’s to the master’s program as well as in the “Advanced Studies in Music and Dance Education – Orff-Schulwerk”, Special Course. This theme area is also accepted with great interest when it is offered in workshops, in international summer courses and weekend courses of study. Elemental Composition does not exist as a subject for children in schools, music schools and other peda- gogical institutions. It appears however in the areas of Elemental Music Practice and Early Music Edu- cation and Fundamental Training when the teaching is oriented on the basic principles of Orff-Schulwerk or Elemental Music and Dance Pedagogy. We started a new project in 2009 and continued it in 2010. For the first time in the history of the Orff- Schulwerk Association a composition contest was held. We looked for children’s songs, canons, speech pieces, and ensemble pieces for Orff Instrumentar- ium, pieces for body percussion and/or dances com- posed by members of the Association. The works pre- sented were evaluated by a jury and awarded a prize. 20 contributions of the winners were published by the Association in a book called “Klangelsurium und Tanzelschatz”, Volume I (roughly: a treasure trove of sound and dance) and sent to all members as its an- nual present. The first prize was EUR 300.– donated by the Carl Orff Foundation. Further valuable and in- teresting prizes were made available from Studio 49, the Schott publishers, the Ivo Haas Teaching materi- als Company as well as the Carl Orff Foundation. The winning contributions from 2010 were published Years Orff-Schulwerk Association). in Volume II of “Klangelsurium und Tanzelschatz” Extra copies of “Klangelsurium und Tanzelschatz” and also sent to all members. Prizes were again (Vol. I and II) are available at EUR 4.– per book. awarded as stated above. Copies of the anniversary brochure are also available In the anniversary year 2011 the members of the jury at EUR 6.– per piece (plus mailing costs) from presented compositions and arrangements that were [email protected]. published in the anniversary brochure “50 Jahre Rainer Kotzian Gesellschaft ‘Förderer des Orff-Schulwerks’” (50 Executive Director

69 Kreativkompanie xthesis ausgezeichnet staltung mit dem neuen „YEAH!“ Young EARopean mit dem „junge ohren preis“ 2011 Award im Schloss Osnabrück geehrt. „Die verlorenen Schritte“, ein Tanz- und Finaljury Klangtheater für Kinder ab 6 Jahren, wurde mit Catherine Milliken, Komponistin/Musikvermittlerin dem renommierten deutschen Preis für Musikver- Irena Müller-Brozovic, Musikvermittlerin mittlung ausgezeichnet. Christian Schruff, Moderator und Hörfunk-Journalist Carolina Fink und Andreas Paragioudakis gründeten Prof. Dr. Joachim Thalmann, Hochschule für Musik 2004 gemeinsam die Kreativkompagnie xthesis. Mit Detmold ihrem Stück „Die verlorenen Schritte“, das in Ko- Christoph Thoma, Intendant der Grazer Spielstätten operation mit dem Theater Kosmos entstand, entführ- Mitwirkende an der Produktion ten sie die Kinder und ihre erwachsenen Begleitper- sonen in die Welt der jungen Jasmina. Gesamtkonzeption/Regie: xthesis Carolina Fink und Was braucht eine zarte Pflanze, um wachsen zu kön- Andreas Paragioudakis nen? Natürlich Wasser! Und was braucht das zarte- Dramaturgie: Brigitte Jagg ste, das ein menschliches Wesen besitzt – die Phanta- Choreographie: Carolina Fink sie, um sich entfalten zu können? Vorgefertigte Spiel- Text: Daniela Egger zeuge und elektronische Berieselung? Ähm, nein, das Musik/Figurenspiel: Andreas Paragioudakis, Robert war’s nicht – das erfahren die Zuschauer des Tanz- Bernhard theaters für Kinder in diesem Stück. Jasmina, die Tanz: Carolina Fink, Christine Gruber, Angelika Hauptfigur, geht auf eine Reise in die Zauberwelt und Wolf, Carla Schuler sie nimmt das Publikum mit, denn „Die verlorenen Erzählung: Tahereh Fink Schritte“ ist ein interaktives Stück, bei dem Jung und Darstellendes Spiel: Shirin Fink Alt gefordert sind, Jasminas mutige Reise zu einem Licht: Arndt Rössler guten Ende zu bringen. Wird Jasmina es schaffen, das Figuren/Objekte: xthesis Wasser für sich selbst und ihre Pflanze mitzunehmen, Kostüme: Evelyne Fricker zurück in ihre eigene Welt? Bühnenbild: Siegfried Fink / xthesis Am Ende des Stückes halten die Zuschauer Blumen Herzliche Gratulation dem Ensemble und seinen in den Händen und befinden sich in einem Erlebnis- Leitern! raum voll von Klangskulpturen und Lichtgängen, die Die Redaktion dazu einladen, sich selbst auf die Reise zu machen. Ein zauberhaftes, poetisches Stück, das an die Macht von Kreativität und Phantasie erinnert, die wir Men- schen ebenso dringend brauchen wie Wasser zum Trinken.

Best Practice Preis Das 2007 gegründete „netzwerk junge ohren“ ver- netzt Akteure aus Musik, Bildung, Kulturpolitik und -wirtschaft im deutschsprachigen Raum. Jährlich ver- gibt das Netzwerk einen Preis in vier Kategorien. Die Produktion „Die verlorenen Schritte“ erhielt den Preis in der Kategorie „Best Practice – Konzertformat“ als das innovativste Beispiel, das sich an Kinder und Ju- gendliche als Publikum richtet. Der Preis ist mit einem Geldbetrag ausgestattet – die Gewinner wur- den am 19. November in einer gemeinsamen Veran-

70 Kreativkompanie xthesis honoured ativity and imagination that we need as desperately with the “junge ohren preis” as drinking water. [Young Ears Prize] 2011 “Die verlorenen Schritte” [The Lost Steps], a dance “Best Practice” Prize and sound theatre for children 6 years and older, was “netzwerk junge ohren” [network for young ears] was distinguished with the well-known German prize in founded in 2007 and brings actors together from the the medium of music. fields of music, education, cultural/educational poli- Carolina Fink and Andreas Paragioudakis, both grad- cies and economics in German speaking areas. Each uates of the Orff Institute, founded the Kreativkom- year the jury awards a prize in four categories to panie xthesis. In the work The Lost Steps in coopera- composers, music animators, radio and TV modera- tion with the Theatre Kosmos in Bregenz, Austria, the tors, university professors and artistic directors. The children and their adult companions are abducted production The Lost Steps won the prize in the cate- into the world of young Jasmina. gory “Best Practice – in a Concert Format” for the What does a delicate plant need in order to grow? Wa- most innovative staging addressed to an audience of ter, of course! And what does a person need in order children and young people. From the jury’s statement: to unfold the most delicate possession a being has – “A sensually appealing concert format filled with the imagination? Ready-made toys and an electronic magic that seizes upon different art forms and binds sprinkler? them equally with each other. Calmness and slowing Ahem, no. That was what the audience experienced in down stand next to an ordinary dash of humour and this dance theatre piece for children and adults. Jas- together build the requirements for the development mina, the main character, goes on a trip into the world of a space for the imagination. A well developed dra- of magic and takes the audience with her. The Lost maturgy and a high degree of participation rounded Steps is an interactive work in which young and old out the project.” are called upon to bring Jasmina’s journey to a happy The prize was combined with a monetary award. end. Will Jasmina be able to bring water for herself The winners were honoured in a shared event with the and her plants back into her own world? new YEAH! Young EARopean Award in Schloss At the end of the piece, the audience held bouquets in Osnabrück. their hands and found themselves in a room of expe- Carolina Fink riences full of sound sculptures and paths of light that invited them to take the journey themselves. A magi- Congratulations to the ensemble and its directors! cal, poetic piece that reminds us of the powers of cre- The editor

71 stituts immer nahe gestanden sind, in dialogischer Form zu einer großen Breite von Themen angeboten. Aus dem Die Inhalte machten deutlich, dass die Elementare Musik- und Tanzpädagogik sich in vielen künstle- Carl Orff-Institut risch-pädagogischen und sozialpädagogischen Berei- chen unserer heutigen Gesellschaft mitverantwortlich fühlt und nachhaltige Angebote entwickelt hat. From the In den Mittagspausen sowie an den Abenden konnten die Symposionsteilnehmerinnen und -teilnehmer un- Carl Orff Institute terschiedlichste künstlerische Aufführungen besu- chen. Gruppen mit Kindern, Jugendlichen und Er- Internationales Orff-Schulwerk wachsenen aus Österreich, Deutschland, Frankreich, dem Iran, Neuseeland und den USA begeisterten die Symposion 2011 Zuschauerinnen und Zuschauer ebenso wie die pro- „50 Jahre Orff-Institut“ fessionelle Darbietung von Prüfungsstudien durch Studierende des Orff-Instituts am Eröffnungsabend, Vom 7. bis 10. Juli 2011 fand an der Universität Mo- die Aufführung der bairischen Komödie „Astutuli“ zarteum Salzburg, sowohl in den Räumlichkeiten des von Carl Orff, das Tanzstück „Shadows: A piece on Orff-Instituts am Frohnburgweg als auch in jenen des time“ der griechischen Gruppe „Aeoria“ und die Per- Zentralgebäudes am Mirabellplatz, das 8. Interna- formance „Stomping la luna“ der Gruppe „Das tionale Orff-Schulwerk Symposion anlässlich des Collectif & Irina Pauls“ des Orff-Instituts. Das an- 50-jährigen Bestehens des Orff-Instituts statt. schließende Fest, veranstaltet von der österreichi- Rund 600 Interessierte aus 49 Ländern aller fünf Kon- schen Orff-Schulwerk-Gesellschaft, führte viele Men- tinente nahmen teil und konnten sich davon überzeu- schen beim Tanzen und im Gespräch zusammen, gen, dass das Orff-Institut, im Jahre 1961 von Carl wofür in den Tagen des Symposions leider oftmals Orff als Seminar und Zentralstelle für das Orff-Schul- einfach nicht genügend Zeit blieb. werk gegründet, eine bemerkenswerte Entwicklung Dem Symposion voraus ging die große, sehr gut be- vorzuweisen hat. Als Referentinnen der Hauptvor- suchte Tagung des Orff-Schulwerk-Forums (OSF); träge konnten drei Frauen gewonnen werden, die auf Barbara Haselbach, Vorsitzende des OSF,konnte viele sehr unterschiedliche Weise zum fachlich wie Delegierte der weltweiten Orff-Schulwerk-Gesell- menschlich guten Ruf des heutigen Carl Orff-Instituts schaften begrüßen und zu fruchtbaren Diskussionen für Elementare Musik- und Tanzpädagogik beigetra- und Austausch anregen. Im Anschluss an das Sym- gen haben: Barbara Haselbach – von Anbeginn an da- posion fand – in guter Tradition – ein übervoller eng- bei – sprach über Aspekte von Bewegung und Tanz lischsprachiger Sommerkurs unter der Leitung von im Rahmen der Ausbildung am Orff-Institut, Manu- Reinhold Wirsching statt. ela Widmer – bereits als Kind ab 1962 in Verbindung Die fantastische Ausstellung „50 Jahre Orff-Institut“ zum Institut – stellte die Ergebnisse ihrer Studie zur (Konzeption: Barbara Haselbach und Micaela Grü- spezifischen Pädagogik des Orff-Instituts vor und ner) war in diesem Jubiläumsjahr von Mai bis August Shirley Salmon – seit 1984 verantwortlich für den Be- im Foyer der Universität Mozarteum für Einheimi- reich „Musik und Tanz in der Sozialen Arbeit und In- sche wie Gäste stets präsent und ging anschließend tegrativen Pädagogik“ – legte Zeugnis ab über die auf „Weltreise“. 1. Station war bereits im November große Bedeutung und hohe Qualität, die dieser Stu- 2011 die USA anlässlich der Tagung der American dienschwerpunkt in den vergangenen Jahren gewon- Orff-Schulwerk Association in Pittsburgh war. nen hat. Eine Vielzahl von Workshops, Präsentatio- Über das Symposion wird es eine Dokumentation ge- nen und Referaten wurde von Absolventinnen und ben. Die Broschüre mit den drei Hauptvorträgen sowie Absolventen unterschiedlicher Studiengänge des mit einem detaillierten Überblick über das gesamte Orff-Instituts und von Gästen, die der Arbeit des In- Programm mit beiliegender DVD, die den Jubiläums-

72 film „Kaleidoskop der Sinne“, einen Film über das socio-pedagogical areas of contemporary society and Symposion sowie eine umfangreiche Dia-Show aller has contributed to lasting developments. Veranstaltungen enthalten wird, kann aus technischen During the noon and evening breaks, the symposium Gründen leider erst Ende 2012 / Anfang 2013 erschei- participants could visit various artistic performances. nen. Wir bitten dafür um Verständnis. Allen Teilneh- Groups of children and young people from Austria, merinnen und Teilnehmern die als Vollzahler am ge- Germany, , Iran, New Zealand and the USA in- samten Symposion teilgenommen haben wird die Do- spired their audiences along with the professional kumentation sogleich nach Fertigstellung per Post zu- presentations of final examination works of Orff In- gehen. Darüber hinaus sind Bestellungen über das stitute students, a performance of the comedy “Astu- Carl-Orff-Institut (www.orffinstitut.at) möglich. tuli” by Carl Orff, the dance piece “Shadows: A piece Manuela Widmer on time” by Aeoria from Greece and “Stomping la luna” with ‚Das Collectif & Irina Pauls’from the Orff Institute. The concluding celebration, sponsored by International Orff-Schulwerk the Austrian Orff-Schulwerk Association, brought Symposium 2011 people together for dancing and talking – for which there was never enough time during the daily sched- “50 Years Orff Institute” ule of the symposium. From the 7th to 10th of July 2011, the 8th International During the days before the symposium, there was a Orff-Schulwerk Symposium took place at the Mozart- well attended conference of the Orff-Schulwerk Fo- eum University Salzburg, both at the Orff Institute as rum. Barbara Haselbach, chair of the organization, well as at the main building on Mirabellplatz cele- greeted many delegates from the world’s Orff-Schul- brating the 50th anniversary of the Orff Institute. werk Associations and stimulated them to fruitful dis- About 600 people from 49 countries attended and cussions and exchanges. Following the symposium could be convinced that the Orff Institute, founded in there was the traditional filled to capacity summer 1961 by Carl Orff as the Seminar and Centre for the course for English speaking people under the direc- Orff-Schulwerk, showed proof of a remarkable devel- tion of Reinhold Wirsching. opment. Three women – who professionally and hu- The fantastic exhibit “50Years Orff Institute” (concept manely contributed to the good reputation the Carl Barbara Haselbach and Micaela Grüner) was on dis- Orff Institute for Elemental Music and Dance Peda- play from May to August in the foyer of the Mozarteum gogy has today – presented the keynote speeches for university for the people of Salzburg as well as guests plenary sessions: Barbara Haselbach who was there of the symposium. It was eventually made available for when it all began, spoke about the aspects of move- sending around the world. The first station was in Pitts- ment and dance within the framework of education at burgh, USA for the annual conference of the American the Orff Institute; Manuela Widmer, who had contact Orff-Schulwerk Association. with the Institute since she was a child in 1962, pre- There will be a documentation of the Symposium. It sented the results of her doctoral thesis about the spe- will include the three main addresses as well as a de- cific pedagogy at the Orff Institute; Shirley Salmon – tailed overview of the whole program with an en- responsible for the area of Music and Dance in So- closed DVD, the jubilee film about the symposium, cial and Integrative Pedagogy since 1984 – brought “Kaleidoscope of the Senses” and an extensive slide witness to the important meaning and high quality show of all events. Because of technical reasons it will this major study has won over the past years. Gradu- be available only by the end of 2012 or beginning of ates from the different courses at the Orff Institute and 2013. Please be patient. All participants who paid the guests who have kept in close contact, presented full fee for the whole symposium will receive a copy workshops and lectures over a broad range of themes. by post when the time comes. In addition it will be The contents of the symposium made it clear that possible to order a copy through the Carl Orff Insti- Elemental Music and Dance Education has found a tute at www.orffinstitut.at. responsible role in many artistic pedagogical and Manuela Widmer

73 nen auf 12 großen Stellwänden und mehreren Wand- Ausstellung „50 Jahre tafeln geben 7 Videostationen Einblick in die histori- Orff-Institut“ auf Welttournee sche wie auch aktuelle Arbeit des Instituts und seiner Menschen. Die Ausstellung „50 Jahre Orff-Institut“ (Konzeption: Im Anschluss an die Präsentation in Salzburg geht die Barbara Haselbach und Micaela Grüner, Design: Ausstellung nun um die Welt: Anne Schmidt, Videodokumente: Coloman Kallós) • Die erste Station war bereits im November 2011 die war im Jubiläumsjahr 2011 des Car Orff-Instituts im „National Conference“ der AOSA (American Orff- Foyer der Universität Mozarteum für Salzburger Be- Schulwerk Association) in Pittsburgh/Pennsylvania, sucher, für Gäste des 8. Internationalen Orff-Schul- USA; werk Symposions wie auch für Teilnehmer der Som- • von Amerika ging sie nach Australien zur „17th merakademie der Universität von Mai bis August prä- Biannual National Conference“ der ANCOS (Aus- sent. tralian National Council of Orff Schulwerk), die im Das Konzept umfasst in konzentrierter, textlich wie Januar in Perth, Australien stattfand; auch visuell aufbereiteter Form eine Darstellung des • zurück nach Europa übernahm sie die italienische Carl Orff-Instituts, seiner Geschichte (von den Vor- Orff-Schulwerk-Gesellschaft im Mai und zeigte sie läufern in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhun- bei einem Symposion in Turin; derts bis heute), seiner Inhalte und Ausbildungs- • von dort flog sie dann eilends nach Finnland, um ge- strukturen (durch die fünf Jahrzehnte seines Beste- rade noch rechtzeitig zu einer Großveranstaltung hens), seiner Publikationen sowie seiner Zusammen- der finnischen Orff-Schulwerk-Gesellschaft einge- arbeit mit dem Orff-Schulwerk Forum Salzburg richtet zu werden; (Zentrum des internationalen Netzwerks aller Orff- • Japan wird Ausschnitte im Sommer 2012 zeigen Schulwerk-Gesellschaften rund um die Welt). Neben und den zweisprachigen (Deutsch/Englisch) Informatio- • Neuseeland übernimmt die gesamte Ausstellung zur

74 ersten „National Conference“ der ONZA (Orff New Zealand Aotearoa) in Zusammenarbeit mit Exhibition “50 Years (MENZA) Music Education New Zealand im Ja- Orff Institute” on a world journey nuar 2013 in Hamilton. Weitere Stationen sind im Gespräch, Termine müssen In 2011, the year of the Carl Orff Institute’s anniver- jedoch frühzeitig mit dem Orff-Schulwerk Forum ab- sary, the exhibition “50 Years Orff Institute” (con- gesprochen werden. Der Versand erfolgt in vier rela- ception: Barbara Haselbach and Micaela Grüner, de- tiv schmalen Paketen, die ausstellende Institution fi- sign: Anne Schmidt, video documents: Coloman nanziert den Transport zur nächsten Station. Ihre Auf- Kallós), was placed in the foyer of the Mozarteum gabe besteht vorwiegend darin, für die Übernahme University in Salzburg from May to August for der Ausstellung geeignete Räumlichkeiten und einen Salzburg visitors, for guests of the 8th International interessanten Anlass zu finden. Es ist auch durchaus Orff-Schulwerk Symposium and for participants in the denkbar, Partner wie die deutsche oder österreichi- University Summer Academy. sche Botschaft, das Goethe Institut oder pädagogische The concept comprises a presentation of the Carl Orff Fakultäten von Universitäten (wie es etwa mit der Institute, its history (from the forerunners in the twen- Waikato University in Hamilton, Neuseeland gelang) ties of the previous century up till today), its content als Veranstaltungspartner und/oder -orte zu gewinnen. and training structures (through the five decades of Flyer in deutscher oder englischer Sprache sind – so- its existence), its publications as well as its collabo- lange der Vorrate reicht – beim Orff-Schulwerk Fo- ration with the Orff-Schulwerk Forum Salzburg (Cen- rum Salzburg (OSF) erhältlich. Ein umfangreicher tre for the International Network of all Orff-Schulw- zweisprachiger Ausstellungskatalog (Deutsch/Eng- erk Associations round the world), executed in a con- lisch) liegt als Sonderausgabe der ORFF-SCHULWERK centrated textual and visually prepared form. As well INFORMATIONEN (Nr. 85) vor und kann um einen as the bi-lingual (German/English) information on Druckkostenbeitrag beim OSF bestellt werden: twelve large triangular stands and several wall- www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org boards, the 7 video-stations give insight into the his- torical as well as the current work of the Institute and Barbara Haselbach its people.

75 Subsequent to the Salzburg presentation the Exhibi- tion is now travelling round the world: • The first stop occurred in Pittsburgh, Pennsylvania at the AOSA (American Orff-Schulwerk Association) National Conference in November 2011. • From America it went to Australia to the “17th Biannual National Conference” of ANCOS (Aus- tralian National Council of Orff-Schulwerk) in Perth, Western Australia in January. • Coming back to Europe the Italian Orff-Schulwerk Association took charge of it and showed it in May at a Symposium in Turin. • From there it flew post-haste to Finland to be set up in time for a big event of the Finnish Orff-Schulwerk Association. Im Gespräch mit Univ. Prof. Mag. • Japan will show extracts from it in Summer 2012, Sonja Stibi, der neuen Leiterin and • New Zealand takes over the whole Exhibition for the des Carl Orff-Instituts First “National Conference” of ONZA (Orff New Zealand Aotearoa) in collaboration with MENZA Barbara Haselbach: Liebe Sonja, zum Erschei- (Music Education New Zealand) in Hamilton in nungsdatum dieser 86. Ausgabe der ORFF-SCHULWERK January 2013. INFORMATIONEN wirst Du nun schon zwei Semester Further stopping places are under discussion. Dead- lang das Carl-Orff-Institut geleitet haben. Höchste lines should be discussed very much in advance with Zeit, Dich allen Lesern auf diese Weise vorzustellen. the Orff-Schulwerk Forum. The shipment consists of four relatively small packages, the Society receiving Sonja Stibi: Einige kennen mich vielleicht noch aus the Exhibition only has to pay for the freight costs to meiner Studienzeit am Orff-Institut vor nun über 10 the next destination. The remaining task in setting up Jahren. Damit die anderen LeserInnen ein bisschen the Exhibition will be the finding of an adequate über mich erfahren, möchte ich hier einen kurzen space for it and a suitable and interesting occasion. It Überblick über meine beruflichen Stationen der letz- is worth considering institutions such as the German ten Jahre geben: or Austrian Embassy, the Goethe Institute or the Ed- • Bereits während des Studiums habe ich begonnen, ucational Faculty of a University (as happened with Elementare Musikpädagogik mit verschiedenen the Waikato University in Hamilton, New Zealand) as Fächern an der Hochschule für Musik Augsburg zu possible partners. unterrichten. Flyers in German or English are available – as long • Nach Abschluss meines Studiums wurde ich dann as the supply lasts – from the Orff-Schulwerk Forum ebendort wissenschaftliche Mitarbeiterin für Mu- Salzburg (OSF). A comprehensive bi-lingual (Ger- sikpädagogik und habe dort vor allem Allgemeine man/English) Exhibition Catalogue is available as the Musikpädagogik, Einführung in die Instrumental- Special Edition of the ORFF-SCHULWERK INFORMATIO- didaktik, Wissenschaftliches Arbeiten und Diplo- NEN (No. 85) and can be ordered for only the printing mandenseminare sowie spezielle Themen der Mu- and mailing costs from OSF: sikpädagogik unterrichtet. www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org • Parallel dazu habe ich als Lehrbeauftragte an der Barbara Haselbach Universität Augsburg Musik- und Bewegungserzie- hung für Musikpädagogikstudierende und Studie- rende des Lehramtes Grundschule mit Drittelfach Sport unterrichtet und nebenbei im Tanzstudio Do-

76 wntown Modern Dance für Erwachsene gegeben. Form bislang an keiner Ausbildungsinstitution erle- • Hinzu kamen diverse Lehrtätigkeiten im Rahmen ben und habe ich im Zuge meiner Lehrtätigkeiten im von Workshops und Lehrerfortbildungen in unter- Bereich EMP immer wieder vermisst. schiedlichen Ländern, von Polen über die Slowakei Die vor nun fast zwei Jahren ausgeschriebene Pro- bis in die Türkei und nach Palästina. fessur kam ja über Dich, Barbara, an mich nach Me- • Außerdem habe ich an der Universität Augsburg ein xiko, mitten im ersten Karenzjahr mit meinem zwei- Doktoratsstudium durchgeführt; die Dissertation ist ten Sohn Jakob. Räumlich und auch gedanklich durch jedoch noch nicht beendet. Karenz und Auslandsaufenthalt so weit weg von Be- • Weitere Stationen meiner Lehrtätigkeit waren Mu- ruf und Institut hat es mich dann einfach gereizt, “es sik- und Bewegungserziehung an der Technischen zu probieren“. Universität München, im Lehramtsstudiengang Schon immer hatte ich insgeheim den Wunsch, ein- Grundschule mit Drittelfach Sport sowie am Lehr- mal als Lehrende wieder ans Institut zurückkehren zu gang „Tanzkunst in die Schule“, München. können, auch wenn ich nach Ende des Studiums erst • Bis zur Geburt meines zweiten Sohnes war ich an einmal eine längere „Orff-Pause“ eingelegt habe. Eine der Anton Bruckner Privatuniversität in Linz als wichtige Zeit, um meinen eigenen Weg zu finden. Universitätslehrerin für Elementare Musikpädago- Darüber hinaus waren die besondere Atmosphäre des gik (EMP) tätig. Orff-Instituts, die Offenheit, Neugier und Kreativität • Während meiner zwei Jahre in Mexiko von 2009- der Studierenden und nicht zuletzt das schöne Salz- 2011 habe ich ein Tanzprojekt anlässlich der 100- burg, das während der sechs Jahre Studium zu einer Jahr-Feier des Colegio Humboldt in Puebla mit me- zweiten Heimat geworden ist, weitere Gründe, dieses xikanischen Schülerinnen durchgeführt. Angebot anzunehmen. • Mein Mann (Gymnasiallehrer für Deutsch, Ge- Verantwortung und Leitung für dieses Institut über- schichte und Ethik) und ich haben zwei Kinder: Va- nehmen zu dürfen, empfinde ich als eine große Ehre, lentin und Jakob, viereinhalb und zweieinhalb Jahre eine enorme Herausforderung, aber auch als eine alt. Chance. Es ist eine spannende und fordernde Auf- gabe, neue Impulse zu setzen: vor dem Hintergrund BH: Zunächst die kollegiale Frage: Was hat Dich der Tradition – mit dieser im Herzen, in den Händen, zehn Jahre nach Deinem Magisterabschluss wieder Ohren und Beinen – aber mit dem Blick nach vorne. an das Institut, an dem Du Deine Ausbildung gemacht hast, zurückgezogen und wie fühlt es sich an, nun BH: Als Erstes wartete die große Aufgabe auf Dich, Verantwortung und Leitung für diese Institution zu die Menschen am Institut selbst, in der ganzen Abtei- übernehmen? lung für Musikpädagogik und in den Gremien der Universität kennenzulernen, Dich im administrativen SSt: Bereits als Studierende habe ich das Orff-Insti- Bereich zu orientieren und nicht zuletzt Deine Lehr- tut als eine besondere Oase erlebt, in der es Raum gab und Forschungstätigkeit der neuen Situation anzu- für künstlerische Prozesse, ein offenes Experimen- passen. Ein “Monsterjob“ für jeden, umso mehr für tierfeld, in dem man sich ausprobieren und erleben eine junge Mutter von zwei kleinen Söhnen. Wie hast durfte. Insbesondere der zu jener Zeit durch die sehr Du dieses “Fuß-Fassen“ bewältigen können? verschiedenen Lehrerpersönlichkeiten möglich ge- wordene (und damals durchaus umstrittene) vielfäl- SSt: Ich bin immer noch dabei, denn das wirkliche tige Zugang zu ganz unterschiedlichen Formen und “Fuß-Fassen“ ist eine längerfristige Angelegenheit, Ansätzen musikalisch-tänzerischer Arbeit haben mich die – so habe ich in den vergangen Jahren durch inspiriert und vielfältige Blickwinkel und Hörweisen meine vielen Ortswechsel von Salzburg nach Augs- geöffnet. burg, von Linz nach Puebla, Mexiko erfahren dürfen Diese Offenheit und Experimentierfreudigkeit wie – nach wenigen Monaten längst noch nicht abge- auch die besondere Verbindung von Tanz und Musik, schlossen ist. die dem Orff-Institut eigen ist, konnte ich in dieser Hinsichtlich des “Monsterjobs“ braucht es gerade mit

77 Familie und noch sehr kleinen Kindern eine ziemlich tragen und inspiriert wird vom gegenseitigen Aus- “durchgetaktete“ Organisation, sehr strukturierte Ta- tausch über Inhalte, Ziele und Vermittlungsformen. gesabläufe und Rhythmen und gute Absprachen mit So wünsche ich mir auch ein Haus, das sich auch in- meinem Mann. nerhalb der Universität Mozarteum noch mehr ver- Schwierig wird es dann, wenn ein “Rädchen“ nicht netzt, sich austauscht und – orientiert an seinem ex- funktioniert, ein Kind krank wird, sich das Bein bricht perimentierfreudigen, visionären Gründer – neue … aber zum Glück hat ein “Orffler“ ja die Improvi- Wege zu gehen wagt; das bei aller Öffnung jedoch sation im Blut … den Kerngedanken Carl Orffs einer Elementaren Mu- Zum anderen ist es gerade die Familie, meine Kinder, sik- und Tanzpädagogik nicht aus den Augen verliert. mein Mann, die meinen Job mittragen, stützen und Konkret schwebt mir eine stärkere Vernetzung des In- mir auch immer wieder zu Zentrierung auf Wesentli- stituts mit österreichischen Kunst-/Musikuniversitä- ches, zu Distanz verhelfen und einen anderen Blick ten und deutschen Musikhochschulen im Bereich auf Dinge in Gang setzen. EMP vor. Daneben gilt es, die Theoriebildung des Fa- Das berufliche “Fuß-Fassen“ betreffend möchte ich ches und seine Weiterentwicklung voranzutreiben und an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle das Fach Elementare Musik- und Tanzpädagogik auch Kolleginnen und Kollegen aussprechen, die mir den verstärkt unter wissenschaftlich-theoretischen Aspek- Einstieg erleichtert haben, mir mit Rat und Tat zur ten zu betrachten. Seite stehen und die dafür gesorgt haben, dass ich Eine letzte Vision wäre noch der Ausbau der For- einen guten Start hatte. schung am Institut, aber das ist vorerst noch Zu- kunftsmusik. BH: Du hast Dich nun weitgehend mit dem Alltag einer Institutsleitung vertraut gemacht und “das Schiff BH: Ich möchte Dir in meinem eigenen wie auch im fährt seinen Kurs“. Aus der Erfahrung meiner eige- Namen des Kollegiums und der Studierenden unse- nen acht Jahre Institutsleitung denke ich, dass Du jetzt ren Dank für Dein hohes Engagement und das erfolg- langsam den Blick heben kannst und Deine eigenen reiche Jahr aussprechen. Möge es für uns alle zusam- Gedanken und Vorstellungen verwirklichen möchtest. men gut weitergehen! Was sind nun Deine Visionen von einem Orff-Institut des 21. Jahrhunderts? Welche Ideen liegen Dir am Toitoitoi und herzlichen Dank für das Gespräch! Herzen, und wie sind sie mit der Tradition – im be- sten Sinne des Wortes – zu verbinden, der das Institut seine Existenz und seine internationale Anerkennung An interview with Univ. Prof. verdankt? Mag. Sonja Stibi, the new direc- SSt: Meine Vision ist ein kreativ-künstlerisch- tor of the Carl Orff Institute pädagogisches Zusammenwirken aller Lehrenden im Sinne der Sache, also des Faches, wie auch im Dien- Barbara Haselbach: Dear Sonja, when the 86th is- ste der Studierenden – soweit möglich jenseits per- sue of Orff-Schulwerk Informationen appears, you sönlicher Vorlieben, Abneigungen, Animositäten. will already have directed the Carl Orff Institute for Ich wünsche mir ein Institut, das sich aufmacht – im two semesters. It’s high time we introduce you to our wörtlichen wie im übertragenen Sinne – Neues zu readers. entdecken, auch Neues im Alten und das sich als ein innovatives Haus versteht, in welchem die Vielfalt der Sonja Stibi: Perhaps some of the readers still know Inhalte, Methoden und Konzepte zu Hause ist. Viel- me from my time as a student at the Orff Institute, now falt verstehe ich dabei nicht als bloßes Nebeneinander over ten years ago. So that the others may know more verschiedener Konzepte, sondern eher im inklusiven about me, I would like to give you a short overview of Sinne: zusammenwirkend, einander einschließend my professional positions for the last years. und voneinander profitierend. Eine Vielfalt, die ge- • During my studies I had already begun to teach Ele-

78 mental Music Pedagogy with different subjects at SSt: As a student I had already experienced the Orff the Music University in Augsburg. Institute as a special oasis in which there was room • After completing my studies in Salzburg I was an for artistic processes, an open field for experiment- academic colleague in Augsburg for Music Peda- ing in which one could try things out and experience gogy and above all General Pedagogy in Instru- them personally. Especially at that time, through the mental Didactics, scholarly work and seminars for very diverse and controversial teaching personnel, diploma candidates and taught special themes in there were a variety of approaches to different forms Music Pedagogy. and starting points for working with music and dance • Along with that I was an assistant lecturer at the which inspired me and opened a lot of new perspec- University of Augsburg where I taught Music and tives and ways of listening. This openness and delight Movement Education for Music Pedagogy students in experimentation and also the special connection and students for the teaching degree in primary between dance and music, which is unique to the Orff schools with a third subject of sports, and in addi- Institute, was something I had not experienced at any tion at the dance studio Downtown where I taught other institution in this form and always missed it dur- Modern Dance for adults. ing the course of my teaching jobs in the area of Ele- • A variety of teaching jobs came along within the mental Music Pedagogy. framework of workshops and teacher development The information about the job opening came from courses in totally different countries from Poland to you, Barbara, to Mexico in the middle of my maternity Slovakia, from Turkey to Palestine. leave after the birth of my second son, Jakob. Spa- tially and also thoughtfully during this maternity • Furthermore I completed a doctoral study program leave and being in a foreign country so far away from at the University of Augsburg – the final degree my profession and institution, it had simply tempted however has not yet been conferred. me to “have a go at it”. I had always had a secret • Further stations of my teaching career were: Music wish as a student to return to the Institute – even when and Movement Education at The Technische Uni- I had established a long “Orff pause” at the end of versität München, likewise for students of the teach- my studies. It was an important time for me to find my ing degree in primary schools with sports and stu- own way. Above all there was the special atmosphere dents for the course “Tanzkunst in die Schule” [The of the Orff Institute, the openness, the curiosity and Art of Dance in Schools]. creativity of the students and also lovely Salzburg that • Finally, before my second son was born, I was during my six years as a student had become a second teaching at the Anton Bruckner Private University home to me – all these were further reasons for me to in Linz as a university teacher for Elemental Music accept this offer. Pedagogy. I feel it is a great honour to be allowed to take over • During my two years in Mexico from 2009-2011, I the responsibility and direction of this institute and conducted a dance project with Mexican students also an enormous challenge but also an opportunity. on the occasion of the 100th anniversary of the Cole- It is an exciting and furthering task to set up new im- gio Humboldt in Puebla. pulses on the background of tradition – with these in • My husband is a teacher for German, History and heart and hand, ears and limbs – and with looking Ethics in a secondary school. We have two children: forward. Valentin and Jakob, 4 and a half and 2 and a half years old. BH: To begin with there is first of all the great task awaiting you – getting to know the people at the In- BH: And now “from colleague to colleague”: What stitute themselves, the whole department for Music drew you back ten years later after your masters de- Pedagogy and those on the board of the university. gree to the institute at which you received your edu- You will also have to orient yourself to an adminis- cation, and what does it feel like to take on the re- trative field and also to adapt your teaching and re- sponsibility and direction for this institution? search into the new situation. A monstrous job for

79 anybody, not to mention a young mother with two lit- different concepts next to each other but rather in an tle boys. How have you managed to cope with all of inclusive sense: working together, including each this? other and profiting from each other. A variety that is sustained and inspired by mutual exchanges about the SSt: I am still working on this because really coping content, goals and means of transmission. is a long-term affair. In the last years I have been able I also wish for a house that is integrated more within to experience this through my moving from Salzburg the Mozarteum University, that exchanges and, ori- to Augsburg, to Linz and to Puebla, Mexico – and it ented on joyful experimenting with a visionary basis, hasn’t ended yet. risks finding new ways; and with all that is open Referring to the “monstrous job” it needs just as with never loses sight of the central thought of Carl Orff a family, a rather thoroughly planned organization, a about Elemental Music and Dance. highly structured daily schedule and rhythm and a Concretely I envision integrating the institute with good understanding with my husband. Austrian art and music universities and with German It will be difficult if some little wheel doesn’t function, music universities in the fields of Elemental Music a child is sick, breaks a leg …. happily an “Orffler” Pedagogy. Along with this to drive forward a theoret- has improvisation in her blood … ical building up of the field and its further develop- On the other hand it is exactly the family, my children, ment and to examine the subject of Elemental Music my husband who carry the responsibility for this job and Dance Pedagogy strengthened by scientific and with me, who support me and help me to direct my at- theoretical aspects. tention to what is essential, to distance myself and to My last vision would be to build up more research at look at things from another angle. the Institute, but right now that is only a dream of the Concerning gaining a professional hold on things: I future. would like to express a hearty thanks to all my col- leagues who made my “entrance” easier, who gave BH: I would like to thank you personally and in the me advice and concrete help and who took care to see name of the colleagues and students for your high that I had a good start. dedication and for a successful year. May it continue to go on well for all of us. BH: By now you are familiar with the daily routines of directing an institute and “the ship is on course”. Good luck and many thanks for this interview! From my own experience of eight years as director of this institute, I think you would like to slowly raise your view and realize your own thoughts and ideas. What are your visions for an Orff Institute in the 21st century? What ideas are important to you and how can they be coupled with the tradition – in the best sense of the word – that the Institute owes to its exis- tence and international recognition?

SSt: My vision is that of a creative-artistic-pedago- gical cooperative effect with all teachers according to the subject area in the service of the students and as far as possible beyond personal likes and dislikes and animosity. I wish for an institute that opens itself lit- erally and figuratively to discover something new – even in what is old – that stands as an innovative house in which the variety of contents, methods and concepts feel at home. By variety I don’t mean simply

80 der damaligen Akademie für Musik und darstellende In memoriam Dr. Werner Thomas Kunst „Mozarteum“ in Salzburg. 1975–1988 leitete (1910–2011) er Kurse in der Schule für Menschen mit Behinderung „Lebenshilfe“ in Reinach/Aargau, Schweiz. Als Mit- glied gehörte Werner Thomas der Akademie Amris- wil/Thurgau, Schweiz, Sektion Musiktherapie, sowie dem Kuratorium der Carl Orff-Stiftung an. Außerdem war er als Referent der Deutschen Orff-Schulwerk- Gesellschaft und der Internationalen Gesellschaft für Polyästhetische Erziehung, Salzburg tätig. Im April 2000 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen, 2010 wurde er als erster Preisträger überhaupt mit dem Carl Orff-Preis ausgezeichnet. Seine Hauptar- beitsgebiete waren neben Carl Orff das zeitgenössi- © Peter Strauß, sche Musiktheater und Franz Schubert. München Dr. Werner Thomas lebt nicht mehr. Der langjährige Zu Leben und Werk von Carl Orff veröffentlichte enge Mitarbeiter und Freund von Carl Orff, der Ne- Werner Thomas zahlreiche Bücher, Aufsätze, Lexi- stor der Orff-Forschung, der hochgebildete Musikhi- konartikel, Rezensionen u. a. Aus der nur schwer zu storiker und Altphilologe, der überzeugte Humanist, überschauenden Fülle an Publikationen seien hervor- der Lehrer, Autor und Musiker starb am 10. Novem- gehoben: die Mitarbeit an der achtbändigen Doku- ber 2011 nach einem arbeitsreichen, erfüllten Leben mentation „Carl Orff und sein Werk“, Tutzing im Alter von 101 Jahren in Heidelberg. 1975–1983; die „Jahrbücher des Orff-Instituts 1962–1968“; „Musica Poetica. Gestalt und Funktion Werner Thomas wurde am 27. April 1910 in Watten- des Orff-Schulwerks“, Tutzing 1977; die Kommentare heim/Rheinpfalz geboren. Nach Schule und Abitur zur Schallplattenserie „Musica Poetica – Orff-Schul- studierte er ab 1930 in Heidelberg und München Mu- werk“, 1963–1975; „Das Rad der Fortuna. Ausge- sikwissenschaft, Klassische Philologie, Germanistik wählte Aufsätze zu Werk und Wirkung Carl Orffs“, und Geschichte und promovierte 1937 mit einer Ar- Mainz 1990; „Orffs Märchenstücke: – Die beit über die Jenseitsmythen Platons. 1941 zum Kluge“, Mainz 1994; „Dem unbekannten Gott. Ein Kriegsdienst eingezogen, kam er nach Russland, dann nicht ausgeführtes Chorwerk von Carl Orff“, Mainz an die „Westfront“, geriet in amerikanische Gefan- 1997; „Carl Orff. Ein biographischer Essay“, in: „Die genschaft und kehrte im August 1945 nach Heidel- großen Deutschen unserer Epoche“, hrsg. von Lothar berg zurück. Gall, Berlin 1985; „Schubert-Studien“, Frankfurt u. Bereits ab 1935 als Lehrer tätig, war Werner Thomas a. 1990; „Carl Orff: De temporum fine comoedia – 1953–1974 Direktor des Theodor Heuss-Gymnasi- Perspektiven einer neuen Werkbegegnung“, München ums in Ludwigshafen und leitete dort bis 1984 den 2010. Arbeitskreis „Lebendige Antike“. 1951 begegnete er Carl Orff und wurde bald zu dessen wichtigstem Ver- Als einer der Begründer der Orff-Forschung hat Wer- trauten und Weggefährten. Zwischen 1950 und 1973 ner Thomas zu beinahe allen Werken von Carl Orff fungierte Werner Thomas am Gymnasium in Lud- Grundlegendes und nach wie vor Gültiges publiziert; wigshafen als Organisator und musikalischer Leiter und setzte damit Maßstäbe. Wie kaum einem zweiten von Studioaufführungen mehrerer Bühnenwerke von war es ihm in seiner Eigenschaft als Musiker, Lehrer Carl Orff sowie multimedialer Musiktheater-Impro- und Wissenschaftler gegeben, sowohl das pädagogi- visationen. Daneben war er 1959–1963 Lehrbeauf- sche wie auch das künstlerische Werk Orffs gleicher- tragter für Musikwissenschaft an der Universität Hei- maßen geistig zu durchdringen und deren gemein- delberg und 1965–1970 Gastdozent am Orff-Institut same Wurzel, die Einheit von Sprache, Musik und

81 Bewegung als verbindendes Element zwischen den Pädagogik sowie seiner Interpretationen des künstle- beiden Bereichen zu erkennen und nachvollziehbar rischen Werks von Carl Orff bleibt für die gegenwär- herauszuarbeiten. Voraussetzung dafür war eine in tige wie auch für kommende Generationen eine wert- weiten Teilen gleiche geistige Physiognomie, die sich volle Herausforderung. im deckungsgleichen Interesse an Musik, Theater, Sprache und Literatur, griechischer und römischer In dankbarer Erinnerung Antike, bildender Kunst, dem reichen Erbe der abend- Barbara Haselbach ländischen Kulturgeschichte sowie den außereuro- im Namen von Kollegen und Studierenden päischen Kulturen Afrikas, Asiens, Indiens und Indo- nesiens offenbarte. Dies führte zu einem tiefen Ein- fühlungsvermögen in Orffs unkonventionelle pädago- gische Vorstellungen wie auch in seine farbigen, In memoriam Dr. Werner Thomas vielfältigen Theaterwelten. Werner Thomas erkannte die Antike und das Christentum, den allgemeingülti- (1910–2011) gen und zeitlosen Mythos, die bilderreiche, rhythmi- sierte Sprache, die Aussagekraft und Aussagemacht Dr. Werner Thomas is no longer alive. The close col- macht der sprachlichen und realen Bilder als Funda- league and friend of Carl Orff for many years, the mente des Schaffens von Carl Orff. Das „Schulwerk“ Nestor of Orff research, the highly educated music konnte er so auf seine geistesgeschichtlichen Grund- historian and philologist, the committed humanist, lagen zurückführen und dessen Theorie auf entschei- teacher, author and musician, died at the age of 101 dende Weise inhaltlich vertiefen; seine Ausführungen in Heidelberg on November 10, 2011 after a rich and dazu wurden in zahlreichen Gesprächen mit Orff er- fulfilled life of work. arbeitet und gelten damit als autorisiert. Werner Thomas was born on April 27, 1910 in Wat- Diejenigen, die Werner Thomas persönlich kennen- tenheim/Rheinpfalz, Germany. After his early school- lernen durften, bewunderten sein immenses Wissen ing and high school graduation, from 1930 he stud- und sein bis zuletzt untrügliches Gedächtnis, seine ied Musicology, Classical Philology, German Philol- Offenheit für andere Meinungen, seine wissenschaft- ogy and History in Heidelberg and Munich. He re- liche Genauigkeit, seine charakteristische Sprache ceived his D. Phil. in 1937 with a paper on Plato’s und seine Kunst des Formulierens, seine Begeiste- myths about the next world. In 1941 he was called rungsfähigkeit, seinen Humor und seine tiefe, warme upon to serve in the war, landed up in Russia, then at und herzliche Menschlichkeit. the “western front”, he became an American prisoner Dr. Werner Thomas lebt nicht mehr – seine Schriften, and returned to Heidelberg in August 1945. seine Gedanken jedoch bleiben und wirken fort. Having been a teacher since 1935 he became direc- tor of the Theodor Heuss Gymnasium in Lud- Dr. Thomas Rösch wigshafen from 1953–1974. There he also directed Leiter des Orff Zentrums München the study group “Living Antiquity” until 1984. In 1951 he met Carl Orff and soon became his most im- portant confidant and companion. Between 1950 and Obwohl Dr. Werner Thomas nur wenige Jahre als 1973 at the Gymnasium in Heidelberg Werner Gastdozent und Mitherausgeber der Jahrbücher am Thomas organized and conducted many of Orff’s Orff-Institut mitgearbeitet hat, sind für uns alle, Stu- stage works for studio performances as well as multi- dierende wie Lehrende, die wir das Glück hatten, media music theatre improvisations. He was also a seine Vorlesungen mitzuerleben, die Überzeugungs- faculty member for musicology at the University of kraft seiner Begeisterung, seines tiefen Wissens und Heidelberg from 1959–1963, and was a guest lec- die Schönheit und Klarheit seiner Sprache unverges- turer at the Orff Institute of the “Mozarteum” Aca- slich. demy of Music and in Salzburg from 1965– Das Studium seiner Werke und Gedanken über 1970. From 1975–1988 he directed courses in the

82 school for disabled people “Lebenshilfe” in equally intelligent physiognomy which manifested it- Reinach/Aargau, Switzerland. Werner Thomas was an self in an equal interest in music, theatre, speech and active member of the Academy Amriswil/Thurgau, literature, ancient Greece and Rome, the fine arts, the Switzerland (department of ), and of the rich inheritance of western cultural history as well as board of trustees of the Carl Orff Foundation. In ad- the non-European cultures of Africa, Asia, India and dition he was a consultant for the German Orff-Schul- Indonesia. This led to an intense, congenial empathy werk Association and the International Society for with Orff’s unconventional pedagogical ideas and Polyaesthetic Education in Salzburg. In April 2000 he also in his colourful and diverse theatre world. was awarded the Federal Cross of Merit and in 2010 Werner Thomas recognized antiquity and Christian- was awarded the Carl Orff Prize – the first ever to win ity, the generally valid and timeless legends, the rhyth- this award. His main areas of work in addition to Carl mic speech so full of imagery, the expressiveness and Orff were Contemporary Music Theatre and Franz strength of spoken and actual images as foundations Schubert. for the creativity of Carl Orff. He could lead back to the scholarly beginnings of “The Schulwerk” and in- Werner Thomas published numerous books, articles, tensify the theory of its contents in decisive ways; his encyclopaedic articles, miscellany and reviews explanations in this area were worked out with Orff among other works about the life and work of Carl in many discussions and are therefore fully autho- Orff. The abundance of his publications makes it dif- rized. ficult to summarize. Highlighted are: his collabora- Those who had the privilege of knowing Werner tion on the eight volume Documentation, “Carl Orff Thomas personally were astounded by his sheer stu- and his Works”, Tutzing, 1975–1983; the “Year-Books pendous knowledge and his accurate memory up to of the Orff Institute 1962–1968”; “Music Poetica. the end, his openness for other opinions, his acade- Form and function of Orff Schulwerk”, Tutzing, 1977; mic precision, his characteristic way of speaking and commentary to the series of recordings “Musica Po- the art of its formulation, his ability for enthusiasm, etica – Orff Schulwerk” 1963–1975; “The Wheel of his humour and his deeply warm and affectionate hu- Fortune" – selected articles about the work and in- manity. fluence of Carl Orff”, Mainz 1990; “Orff’sFairytales: Dr. Werner Thomas is no longer alive. His writings The Moon, The Clever Woman”, Mainz 1994; “To the and thoughts remain and will have a wide influence. Unknown God – a choral composition by Carl Orff that was never performed”, Mainz 1997; “Carl Orff. Dr. Thomas Rösch A biographical Essay”, in “Die großen Deutschen un- Director of the Orff Centre, Munich serer Epoche” [The Great Germans of our Epoch], edited by Lothar Gall, Berlin 1985; “Schubert Stud- ies”, Frankfurt and others 1990; “Carl Orff: De tem- Although Dr. Werner Thomas had only worked for a porum fine comoedia – Perspectives on encountering few years as a guest lecturer and co-editor of theYear- a new work”, Munich, 2010. Books at the Orff Institute, for all of us, students and teachers, who were fortunate enough to experience As one of the founders of Orff research Werner his lectures, there remains the unforgettable convic- Thomas published fundamental and always valid ma- tion of his enthusiasm, the deep wisdom he transmit- terial about practically all of Carl Orff’s works; he set ted and the clarity and beauty of the way he spoke. the standard. Given his qualities as musician, peda- An examination of his thoughts about pedagogy along gogue and scholar, he was fitted as hardly any other with his interpretations of the artistic works of Carl to penetrate equally and intelligently both the peda- Orff will remain a worthy challenge for the present gogical and artistic works of Orff. He recognised and and future generations of students. elaborated comprehensibly on their common roots, with the idea of the unity of speech, music and move- In Gratitude! ment as a binding element between the two fields. The Barbara Haselbach prerequisite for this was for the most part their shared in the name of many colleagues and students

83 blikum unterschiedlichste Programme. „Stomping La Tournee 2011der Performance- Luna“ wurde an zwei ausverkauften Abenden mit gruppe „Das Collectif“ großem Erfolg gezeigt und brachte sogar die Fächer der Besucher trotz extremer Hitze im Saal bei be- Die Performacegruppe „Das Collectif“ wurde 2007 stimmten Szenen zum Stillstand. „The idiosyncratic gegründet und besteht aus Lehrerinnen und Studie- nature of Das Collectif is what enables the ensemble renden des Carl Orff-Instituts sowie freischaffenden to stand out from existing contemporary dance com- Tänzerinnen. Künstlerische Produktionen, in denen panies“ (The Sunday Times, 17. Juli 2011). Eine Ein- die Verbindung von Musik, Sprache und Tanz sichtbar ladung bei der österreichischen Botschafterin auf und hörbar wird, bilden das Repertoire der Gruppe. Malta ließ den Aufenthalt ausklingen. Die Arbeit mit der Gastchoreographin Irina Pauls Vom 8. bis 19. November 2011 tourte die Performan- fand zum ersten Mal im Jahr 2009 mit ihrem Stück cegruppe in den USA und in Kanada. Die erste der „(eine) zeit- atemlang“ statt und weckte große Begei- drei Aufführungen fand im Rahmen der National sterung. So kam es bereits im Jahr 2011 zu einer neu- Conference der AOSA (American Orff Schulwerk As- erlichen Zusammenarbeit mit Irina Pauls, die zu dem sociation) in Pittsburgh/Pennsylvania statt. Die aktuellen Stück „Stomping La Luna“, inspiriert von Gruppe reiste für die zweite Aufführung zur IUP (In- Carl Orffs Oper „Der Mond“ führte. Nach einer er- diana University of Pennsylvania) und anschließend folgreichen Premiere am 9. Juli 2011 im Rahmen des nach Montreal, Kanada zum musikpädagogischen Internationalen Symposions „50 Jahre Orff-Institut“ Kongress FAMEQ, um dort die Tournee mit einer am Mozarteum in Salzburg folgten weitere Auf- dritten Aufführung zu beenden. Die sehr positiven führungen im Ausland. Rückmeldungen nach den Aufführungen unter ande- Am 19. und 20. Juli 2011 gastierte „Das Collectif“ rem von der österreichischen Vizebotschafterin in mit „Stomping La Luna“ beim Malta Arts Festival in Montreal, der Konsulin, der Präsidentin der AOSA Valletta, welches als eines der führenden Festivals Eu- und dem ebenfalls anwesenden musikalischen Leiter ropas gilt. Künstler und Künstlerinnen aus verschie- der Carl Orff Festspiele in Andechs lassen auf eine er- denen Kunstformen (Tanz, Musik, Theater, Malerei folgreiche Tournee schließen. An allen Aufführungs- etc.), u. a. das Kronos Quartet, präsentierten dem Pu- orten wurden von drei Mitgliedern der Gruppe (Su-

© Chris Rögl

84 sanne Rebholz, Rahel Imbach und Kordula Möser) © Chris Rögl sowie der Choreographin des Stückes Irina Pauls the- menspezifische Workshops angeboten und von zahl- reichen Teilnehmern (Mitglieder der AOSA Confe- rence, Studenten der Abteilung für Musik der IUP so- wie von Musikpädagogen aus der Region Quebecs) besucht und positiv aufgenommen. Für das Jahr 2012 stehen weitere Aufführungen von „Stomping La Luna“ auf dem Plan, unter anderem in Leipzig und Dresden. Kordula Möser formances took place at the National Conference of the American Orff Schulwerk Association (AOSA) in The performing group Pittsburgh, Pennsylvania. For the second perfor- Das Collectif on tour 2011 mance the group travelled to the Indiana University of Pennsylvania (IUP) and then to Montreal, Canada to Das Collectif was founded in 2007 and consists of the FAMEQ congress for music pedagogues where the teachers and students of the Carl Orff Institute as well third and final performance ended the tour. as freelance dancers. Artistic productions in which the Some very positive feedback after the performances unity of music, speech and dance is audible and visible, came from the Austrian vice Ambassador in Montreal, build the repertoire of the group. Working with a guest the consul, the president of AOSA and the music di- choreographer, Irina Pauls, took place for the first time rector of the Carl Orff Festival in Andechs who also in 2009 with her piece “(eine) zeit- atemlang” and was guest at the conference. At all of the places where awakened a lot of enthusiasm. In 2011 there was an- there were performances, members of the group (Su- other collaboration with Irina Pauls that led to the new sanne Rebholz, Rahel Imbach and Kordula Möser) as piece “Stomping La Luna” inspired by Carl Orff’s well as the choreographer of the work, Irina Pauls of- opera “Der Mond”. After a successful premiere on July fered workshops with specific themes. These were at- 9, 2011 at the International Symposium “50 Years Off tended by many participants (members of AOSA, stu- Institute” at the Mozarteum in Salzburg, there followed dents from the music department at IUP as well as further performances abroad. music pedagogues from Quebec) and found positive Das Collectif made a guest appearance with “Stomp- acceptance. ing La Luna” on the 19th and 20th of July at the Malta In 2012 further performances of “Stomping La Luna” Arts Festival in Valletta which ranks among the best will be given in Leipzig and Dresden. festivals of Europe. Artists in different areas (dance, Kordula Möser music, theatre, painting, etc.) presented different works and pieces. © Chris Rögl “Stomping La Luna” was presented on two sold-out evenings with great success and even brought the cooling fans in the audience to a halt during some scenes in spite of the extreme heat in the concert hall. “The idiosyncratic nature of Das Collectif is what en- ables the ensemble to stand out from existing con- temporary dance companies” (The Sunday Times July 17, 2011). The visit ended with an invitation from the Austrian Ambassador in Malta. The performing group travelled to the USA from the 8th to the 19th of November 2011. The first of three per-

85 und thematisch gebundenen künstlerischen Pro- Arts without limits gramms. Neben Elementen verschiedener musikali- Ein interkulturelles Erasmus- scher Stilrichtungen beinhaltete die Produktion Beiträge aus den Bereichen Theater, Tanz und Litera- Intensivprogramm mit Musik, tur. Basis des Konzepts war die Komposition „Bilder Tanz und Theater einer Ausstellung“ für Klavier solo des russischen Komponisten Modest Mussorgsky (1839–1881), in Der Mix welcher er einige Bilder seines verstorbenen Freun- Initiiert von Prof. Helmut Rocholl (Universität Hil- des Viktor Hartmanns vertont hat. Im Lauf der Jahr- desheim) fand im Sommer 2011 erstmals ein Eras- zehnte entstanden mehr als 250 Bearbeitungen für mus-Intensivprogramm über drei Wochen auf der In- verschiedenste Instrumente und Gruppierungen in un- sel Bozcaada, Türkei statt. Beteiligt waren neben dem terschiedlichsten musikalischen Stilrichtungen. Carl Orff-Institut der Universität Mozarteum Salz- Die mitwirkenden Studierenden hatten die Aufgabe, burg noch fünf weitere Universitäten aus Çanakkale, die “Bilder“ musikalisch, theatralisch und tänzerisch Ankara, Hannover, Hildesheim und Brünn. Jede Uni- in Szene zu setzen. Konkret bedeutete dies: versität war mit jeweils zehn Studierenden und einer 1) Es wurden einige musikalische Bearbeitungen zu- Lehrkraft vertreten. sammengeführt und durch enge Verflechtung mit- einander zu einer neuen Einheit zu verbunden. Zur Das Konzept Erweiterung des musikalischen und interkulturel- Das Projekt beinhaltete die gemeinschaftliche – kon- len Spektrums wurden von den MusikerInnen zeptionelle sowie künstlerische – Erarbeitung und ab- auch neue Arrangements erarbeitet, etwa für Chor schließende Aufführung eines spartenübergreifenden oder für traditionelle türkische Instrumente.

86 2) Die ursprünglich zugrunde liegenden Bilder wur- grund der großen Hitze zu minimalen Verletzungen den in Form von bewegten Bildern durch Studie- kam. rende des Carl Orff-Instituts neu entwickelt und Teilnehmende Studierende des Carl Orff-Instituts be- tänzerisch umgesetzt. schrieben den Werdegang bis zur Aufführung in der 3) Ebenso wurden die Bilder als theatralischen Se- Nachbetrachtung u. a. wie folgt: „Es waren nicht viele quenzen inszeniert. Vorinformationen da, so haben wir dann alles ,just in Daraus entwickelte sich schließlich eine Performance, time‘ entwickelt“. Gefühlsmäßig wären sie sehr weit die Musik, Tanz und Theater vor der Kulisse der an- in die „Bilder eingetaucht, dennoch war über weite tiken Burg von Bozcaada verband und ein großes be- Strecken nicht klar, wohin alles führen würde“, zu geistertes Publikum fand. chaotisch wurden die Entstehungsphase und vor al- lem die Verknüpfung der drei Elemente (Musik, Tanz, Flair und Kultur Theater) empfunden. Nicht umsonst wollten Stu- Das Ambiente war malerisch. Der Reiz der Insel, das dierende dem Projekt Titel wie „Chaotische Bilder besondere Flair eines kleinen Hafenortes, ein schöner des Mussorgsky“ oder auch „In letzter Sekunde“ Strand in erreichbarer Nähe und viele interessante, geben. begabte und sympathische KollegInnen machten si- Dennoch: In Anbetracht des Ergebnisses ist die Kom- cherlich einen wesentlichen Teil des großen Engage- bination unterschiedlicher musikalischer, tänzerischer ments bei den Beteiligten aus. Sprachbarrieren und und szenischer Elemente für „die Zuschauenden, die fehlende Dolmetscher erforderten kreative Verständi- es nicht gewohnt sind, klassische Musik zu hören, ein gungsmöglichkeiten. Bezüglich der interkulturellen guter Zugang: Komik, klassische und moderne Mu- Zusammenarbeit merkten Studierende an: „Die Zu- sik im Wechsel hat die Rezeption sicher vereinfacht.“ sammenarbeit war sehr gut und spannend, wir haben Problematisch war sicherlich der Umstand, dass die gelernt, uns mit Händen und Füßen zu verständigen, Musik erst während der Probenarbeiten entstanden und dass man nicht strikt nach Zeitschema vorgehen ist. Somit bestand für mich als Choreographin die be- muss ...“ Für klare Absprachen wären jedoch bessere sondere Herausforderung, ohne Musik zu proben, da Englischkenntnisse sicherlich von Vorteil gewesen. die endgültige Version der neuen Arrangements, Be- arbeitungen und Interpretationen erst bei der Haupt- Der Weg probe (eineinhalb Tage vor der Aufführung) fertig ge- Der Weg zum Ergebnis gestaltete sich, insbesondere stellt und damit für uns erstmals zu hören waren. Da durch die Entscheidung der Projektleitung, die The- wir auf die endgültige Version der Musik natürlich matik prozessorientiert zu bearbeiten, als steinig. Pas- nicht warten konnten und um überhaupt arbeiten zu send auch der Name „Bozcaada“ – er bedeutet auf können, habe ich zu der Originalversion des Stücks türkisch die „Stein-Insel“ oder „steinige Insel“. (Alfred Brendl) auch eine Interpretation des Ensem- Bereits die Anreise dauerte ca. zehn Stunden länger bles Amarcord Wien verwendet und die Stücke im als angekündigt und erstreckte sich über zwei Tage Wesentlichen durchkonzipiert und unter engagierter (Flug und Busfahrt mit Übernachtung). Eine Überra- Beteiligung der Studierenden choreographiert. Stu- schung bot die Besichtigung der Proberäumlichkei- dierende dazu: „Ich habe die Aufführung als sehr ten. Die Freude, das Theater der Insel für die Tanz- stimmig empfunden. Schade war, dass wir nicht mehr proben zur Verfügung gestellt zu bekommen, wurde Zeit für genaueres Ausarbeiten hatten, die Aufführung nach Betrachtung der Lokalität entschieden ge- im Tanz nicht mehr perfektionieren konnten.“ Umso dämpft, da wir auf dem unversiegelten Bretterboden erfreulicher ist es für mich, dass eine vielschichtige keinen Tanzteppich vorfanden und daher –- ständig Choreographie entstanden ist, die einerseits auf die auf der Hut vor Schiefern – versuchen mussten, Bo- Musik adaptierbar war, andererseits auch die Kulisse densequenzen möglichst auszusparen. Der Auf- der Burg einbezog (da z. B. auch auf Mauern getanzt führungsort, die Burgruine bot ein besonderes Am- wurde) und mit theatralischen Elementen verbunden biente, aber auch hier gestaltete sich der Naturboden werden konnte – und das ohne eine dezidierte Ge- als herausfordernd, so dass es neben Erschöpfung auf- samtregie!

87 Ehrlich: Nach der Hauptprobe wäre ich gerne einfach in den Erdboden versunken: Die Generalprobe löste Künstlerische Zusammenarbeit in das Bedürfnis aus, die Zusammenarbeit mit der Thea- verschiedenen Bühnenproduktio- terpädagogin und den MusikerInnen nun richtig zu beginnen und mindestens noch eine Woche fortzuset- nen mit anderen Abteilungen der zen. Universität Ich bin nicht versunken. Und die Aufführung kam. Und war ein Erfolg. In den vergangenen Jahren kam es verstärkt zur künstlerischen Zusammenarbeit des Carl Orff-Insti- Resümee tuts mit anderen Abteilungen der Universität, in der Dieses Projekt erforderte von den Studierenden auf die besonderen Fähigkeiten der Studierenden des ungewohnte Art und Weise, sich auf den Spielort und Carl Orff-Instituts gefragt waren. So konnten Studie- die Musik einzulassen, mit Personen unterschiedli- rende in den Opernproduktionen „Dido und Aeneas“, cher kultureller Hintergründe zusammenzuarbeiten „Die Zauberflöte“, „Orpheus und Eurydike“ sowie und – zwar im chaotischen, aber letztlich doch noch „Idomeneo“ (Regie: Eike Gramss) als Bewe- ergebnisorientierten Prozess – eine Aufführung vor gungschor mitwirken. Es ist für alle Beteiligten eine der wunderschönen Kulisse der Burgruine Bozcaada erfolgreiche und befruchtende Zusammenarbeit, wo- zustande zu bringen. In Anbetracht des lohnenden Fi- bei es auch mal sein kann, dass Studentinnen eine nales wird erkennbar, wie engagiert die Tänzerinnen Nacht lang den Bühnen- und Kostümbildnerinnen des carl Orff-Instituts gearbeitet haben. Als Lehrende helfen, noch Federn oder sonstige Dinge an die Ko- waren von mir viele organisatorische Belange im Vor- stüme zu nähen und sich so neben künstlerischem feld zu klären. Vor Ort war es eine besondere Her- Austausch auch neue Begegnungen ergeben und ausforderung, mit den räumlichen und zeitlichen Ge- Freundschaften entwickeln. gebenheiten organisatorisch fertig zu werden. Auch die Hitze machte schwer zu schaffen. Im Nachhinein „“ von Carl Orff betrachtet war das Projekt doch noch gewinnbrin- Im Herbst des vergangenen Jahres fragte mich Frau gend. Trotzdem oder gerade weil es auf der „steini- Mag. Steinkogler-Wurzinger (Lehrende an der Uni- gen Insel“ stattgefunden hat! versität Mozarteum), ob ich im Rahmen meines Un- Eine Fortsetzung zu einem neuen Thema gibt es die- terrichtes die Hexenszene aus der „Bernauerin“ erar- sen Sommer in der Würzburger Residenz in Deutsch- beiten könnte. Sie selbst hatte als junge Studentin er- land. Viele der Studierenden haben sich wieder ange- lebt, wie Carl Orff eben jene Szene rezitierte; eine für meldet. sie unvergessliche Erinnerung. Nun wolle sie als Bei- Wir sind schon gespannt. trag zum Jubiläumsjahr „50 Jahre Orff-Institut“ die Ruth Burmann „Bernauerin“ aufführen. Da ich damals eine sehr engagierte Gruppe von Stu- dienanfängerinnen unterrichte, fragte ich, ob es wohl anstatt fünf männlich besetzten Hexen (so von Orff vorgesehen) auch 14 weibliche sein könnten. Frau Steinkogler-Wurzinger sagte zu, und so hatte das Se- mester Bakk1 die Gelegenheit, diese faszinierende Szene, in der sowohl Bewegung, Sprache, Rhythmus und dramatische Aktion gefordert werden, schon in ihrem 1. Semester einstudieren und aufführen zu dür- fen. Sie meisterten die Aufgabe mit vollem Einsatz bravourös und ernteten viel Applaus. Auch an den Perkussionsinstrumenten saßen Studie- rende des Instituts (Leitung: Mari Honda); alle prä-

88 © Sepp Wörgötter sentierten sich künstlerisch von ihrer besten Seite. 2012 als szenische Darstellung mit Tanz, Gesang und Uns allen machte dieses vernetzte Arbeiten viel Bühnenbild auf der modernen Bühnen des Gymnasi- Freude. ums St. Ursula. Susanne Rebholz Konzept und Regieanweisungen Josef Wallnigs ga- ben klare Vorstellungen für die Auswahl der Mitwir- kenden und ihre Gruppierungen: „Der Traum“ von Michael Haydn Die großen „Traumbilder“ („[...] es wälzet eine große Eine Produktion des Mozart-Opern Instituts in Zu- Kugel hervor, aus welcher, da sie zerspringt, der Tod sammenarbeit mit dem Gymnasium St. Ursula und heraus steigt [...]“) sollten von Schülerinnen des dem Carl-Orff-Institut Gymnasiums St. Ursula dargestellt, die Gesangspar- tien von StudentInnen des Mozart-Opern Instituts ge- Aufgrund früherer Zusammenarbeit in seinen Opern- sungen, die Musik von einem Streichensemble (Bel- produktionen mit Studierenden des Carl Orff-Instituts monte Quartett) des Mozarteums gespielt und Ein- (Leitung: Susanne Rebholz), wusste Univ.Prof. Dr. zelrollen (Skarmutz, Pirot etc.) von „Orff-Studentin- Josef Wallnig (Leiter des Mozart-Opern Instituts der nen“ getanzt werden. Daraus ergaben sich klare Universität Mozarteum) um die künstlerische Band- Rahmenbedingungen zur Erarbeitung. breite unserer Studenten und die sowohl pädagogi- Die zwei Kontaktpersonen und Musiklehrer des schen als auch künstlerischen Fähigkeiten der Leh- Gymnasiums, Oliver Kraft und Gunther Schmid, mit renden des Carl Orff-Instituts. denen Josef Wallnig bereits im Vorfeld in Kontakt ge- Im Sommersemester 2011 trat er mit der Bitte um treten war, erklärten sich bereit, Probenarbeiten und eine tänzerische Umsetzung der Pantomime „Der musikalische Erarbeitung in ihren Unterrichtsstunden Traum“ von Michael Haydn an uns heran. Auf die- für die 6. und 7. Schulstufe zu übernehmen. Ich sem Weg ist dieses reizvolle, verträumte, teilweise ab- wählte in einem „Casting“ im Gymnasium elf sech- surde, irrationale, bildhafte und anregende Stück und zehn- und siebzehnjährige Schülerinnen und im Orff- somit auch der Auftrag der choreographischen Ge- Institut fünf Studentinnen aus. Die drei Sänger und staltung an mich gekommen. Sängerinnen waren vorgegeben. „Der Traum“ (ursprünglich 1767 von P. Florian Im Jänner begannen die Proben im Gymnasium; dort Reichssiegel als Pantomime in Salzburg mit einem gab ich in regelmäßigen Abständen „Workshops“, in Studententheater aufgeführt) zeigt sich nun im April denen wir die einzelnen Szenen erarbeiteten.

89 Zunächst habe ich mit Orff-Studentinnen und Sän- gern getrennt geprobt, seit März kamen alle zu Ge- Leipzig – eine Winterakademie. samtproben zusammen. Kooperation zwischen Carl Orff- Diese Proben waren äußerst intensiv und für die un- terschiedlichen Gruppen ziemlich aufregend. Die Institut, Universität Mozarteum Schülerinnen beobachteten die SängerInnen mit Salzburg und Hochschule für großen Augen, die Studentinnen des Carl Orff-Insti- tuts „saugten“ den gesamten Probenablauf auf usw. Musik und Theater, Leipzig Es entstanden unglaublich witzige Probensituationen, Ein ganz normaler entschleunigter Semesterferien- in denen die Schülerinnen als “bewegte“ Schafe um tag im Hochschulgebäude am Dittrichring. Ganz nor- die Sänger kreisten, oder alle vermischt zum Ab- mal? Da gibt es Stimmengewirr und Trommeln, ein schlusstanz wild durch den Saal fegten. riesiges Schuh-Agglomerat vor den Bewegungsräu- Aufgrund der zahlreichen sehr bildhaften und kon- men und Hinweisschilder an den Treppenaufgängen trastreichen Szenen habe ich gleich zu Beginn Ragna … Am 20. und 21. Januar findet hier die erste Win- Heiny um Bühnenausstattung und Kostümen gebeten. terakademie des Masterstudiengangs „Elementare Josef Wallnig war davon begeistert, und so entstand Musik- und Tanzpädagogik“ (EMTP) der HMT Leip- eine Umsetzung, welche in ihrer Art und Weise für zig statt – in Kooperation mit dem Carl Orff-Institut alle sicherlich neu und einzigartig war, Menschlich- der Universität Mozarteum Salzburg! Dieses ge- keit versprühte und mir sehr viel Freude machte. meinsame Projekt beschreibt die Fortsetzung und Wir sahen der Premiere mit Vorfreude und Spannung Intensivierung der im Sommer 2011 mit einer Ex- entgegen und freuten uns über den Erfolg. kursion begonnenen Kooperation zwischen den ge- Doris Valtiner-Pühringer nannten Hochschulen. Das unterstreicht auch Gast- geberin, Frau Prof. Johanna Metz bei der offiziellen Begrüßung stolz und hebt die Gemeinsamkeiten und Bezugspunkte beider Institutionen hervor. Ebenso wird von Seiten der Hochschulleitungen die vertiefte Zusammenarbeit mit großem Interesse verfolgt, un- terstützt und in den jeweiligen Grußworten gewür- digt: Prorektor Prof. Kürschner heißt alle Teilnehme- rInnen im Namen des Leipziger Rektorats willkom- men und eine Dozentin aus Salzburg überbringt eine Grußbotschaft der leider erkrankten Orff-Instituts- Leiterin Univ. Prof. Sonja Stibi. Rund 50 neugierige und sehr aufgeschlossene TeilnehmerInnen sind ge- kommen: ehemalige und aktuell Studierende bzw. Lehrende der HMT, Interessierte aus umliegenden Musikschulen, Kultureinrichtungen oder aus der „freien Szene“, Studierende, KünstlerInnen und PädagogInnen von anderen Hochschulen. Sie alle er- halten in den folgenden eineinhalb Tagen in ver- schiedenen Veranstaltungen, die von Leipziger und Salzburger DozentInnen angeboten werden und teil- weise parallel stattfinden, Einblicke in die Facetten und Wirkungsmöglichkeiten der EMTP (DozentInnen sind Prof. Dr. Regina Pauls, Prof. Dr. Ines Mainz, Irina Pauls, Prof. Johanna Metz, Mag. Susanne Reb- holz, Prof. Rainer Kotzian, Peter Kuhnsch, Alexander

90 sistraße. Nach einer kurzen Einführung können hier alle TeilnehmerInnen – und das in großen Scharen er- schienene interessierte Publikum – eine phantasie- volle stimmlich-rhythmische Tanzperformance erle- ben, wo viele der in den Workshops/Vorträgen ver- mittelten Elemente der EMTP erneut entdeckt wer- den können und auf hohem künstlerischen Niveau nun auf einer „Bühne“ zusammenkommen. Fast will man angesichts des nicht enden wollenden energischen Applauses meinen, die Semesterferien seien schon zu Ende. Aber gejubelt werden darf ja glücklicherweise auch außerhalb der Vorlesungs- zeiten ... Mildner). Das Workshopangebot ist vielfältig und Alexander Mildner reicht von Bewegungsgestaltung und Bewegungsthe- rapie über Tanzimprovisation und Komposition bis hin zu Perkussion und Schauspiel. Stets steht hier frei FACHTAGUNG nach dem Grundsatz „Tango ergo sum“ – berühren und berührt werden – der Mensch in seiner Ganzheit 15 Jahre Studienschwerpunkt im Mittelpunkt – mit all den Facetten individueller „Musik und Tanz in Sozialer Anknüpfungspunkte und körperlich-stimmlich-musi- scher Ausdrucksmöglichkeiten. Und eben dies als we- Arbeit und Inklusiver Pädagogik“ sentlicher Bestandteil des EMTP-Studiums soll hier am Carl Orff-Institut auch vermittelt werden. In heiterer, offener Atmos- phäre gibt es viele Möglichkeiten, sich auszuprobie- Um dieses Jubiläum zu feiern, veranstaltet das Team ren und auszutauschen, zu improvisieren und ganz des Studienschwerpunkts „Musik und Tanz in Sozia- „im Spiel“ das eine oder andere zu lernen. Zu den ler Arbeit und Inklusiver Pädagogik“ (MTSI) vom Workshops kommen sowohl Diskussionen und Vor- 19. – 21. April 2013 eine Fachtagung am Carl Orff- träge mit aktueller Bezugnahme zur Bildungsland- Institut. schaft, z. B. das sächsische Pilotprojekt „EMP in der Eingeladen sind alle, die in diesem Bereich tätigt sind, Kindertagesstätte“, als auch Informationsveranstal- insbesondere die MTSI-AbsolventInnen. tungen zum hiesigen EMTP-Studium und zum aktu- Inhalt: Vorträge, Workshops, Posterpräsentationen ellen Berufsbild hinzu. Und so mischt sich zu der Se- von GastreferentInnen, Lehrenden und AbsolventIn- mesterpausenklangkulisse während dieser winteraka- nen des Schwerpunkts MTSI am Carl Orff-Institut. demischen Zeit nun auch vergnügtes Stufensteigen, Die Tagung soll einen Einblick in die Entwicklungen plauschiges Gekicher, Tonfetzengesumm und inter- geben, aber auch dem Austausch und der Vernetzung essiertes Blättern am Bücherstand. Dieser wird von dienen. den Studierenden des EMTP-Masterstudiengangs be- Kontakt: [email protected] treut, die sich emsig sowohl um den reibungslosen Ablauf der Winterakademie als auch liebevoll um die Bedürfnisse der Workshop-TeilnehmerInnen küm- mern. Den krönenden Höhepunkt der Winterakade- mie bildet für alle der abschließende Besuch der Tanzperformance „Stomping La Luna“ (Choreogra- phie Irina Pauls, nach Carl Orffs Oper „Der Mond“) mit der Performancegruppe „Das Collectif“ des Carl Orff-Instituts im Großen Saal der HMT in der Gras-

91 1. Wissenschaftliche Begleitung schulischer Orff- Schulwerk Praxis (Carolee Stewart) Aus dem 2. Weltmusik und Authentizität (Sofía López-Ibor) 3. Das unterschiedliche Verständnis von Bewe- Orff-Schulwerk Forum gung/Tanz in Orff-Schulwerk Gesellschaften (Barbara Haselbach) From the 4. Alle machen „Orff“! – Machen alle „Orff“? (Wolfgang Hartmann) Orff-Schulwerk Forum 5. Orff-Schulwerk Forum und internationale Kurs- arbeit/Referentenausbildung (Verena Maschat) Das Orff-Schulwerk Forum Salzburg (OSF) – Zen- 6. Lehrerausbildung und Lehrerfortbildung bzw. trum des internationalen Netzwerks aller Orff-Schul- Aufbaukurse. Präsenz des Orff-Schulwerks in werk-Gesellschaften (OSG) und angegliederten In- Schulen (Ulrike E. Jungmair) stitutionen (AI) – bemüht sich unter anderem um den 7. Originalliteratur und die Einbeziehung von neu- intensiven Austausch von Erfahrungen, Entwicklun- eren bzw. eigenen Materialien (Christoph Mau- gen und Projekten, die in vielen Ländern auf dem Ge- bach) biet der Elementaren Musik- und Tanzpädagogik im Sinne Carl Orffs und Gunild Keetmans gemacht wer- 8. Unterstützt die Förderung der eigenen Kreativität den. Aus diesem Grund lädt das OSF einmal jährlich in der Orff-Schulwerk Pädagogik das Verständnis Delegierte aller internationalen Gesellschaften und für Zeitgenössische Kunst? (Polo Vallejo) Institutionen zu einer mehrtägigen Tagung nach Salz- 9. Zur Arbeit in den Teams der Orff-Schulwerk-Ge- burg ein. Gemeinsam werden dort verschiedenste sellschaften: Evaluation, Mitarbeitertraining, Fi- Themenbereiche eingehend diskutiert, Probleme erör- nanzierung (Verena Maschat) tert, Lösungsstrategien ausgetauscht und Programme 10. Neue Medien und Orff-Schulwerk (James Har- für die Zukunft überlegt. ding) Auf Grund der Herausgabe des Sonderheftes zum 50. 11. Gespräch mit der Carl Orff-Stiftung (Ute Her- Geburtstag des Orff-Instituts konnte im letzten Jahr mann) nicht über die Forumstagung 2011 berichtet werden. Aus den Diskussionen entstanden Pläne und Arbeits- Wir holen dies in einer Kurzfassung an dieser Stelle aufträge, die zum Teil mit der Bitte um Verwirkli- nach und fügen das Programm der diesjährigen Ta- chung an das Orff-Schulwerk Forum gestellt, zum Teil gung an. aber auch von den jeweiligen Delegierten ihren eige- Tagung des Orff-Schulwerk Forums 2011 nen Organisationen anvertraut wurden. Einige der Aufträge konnten bereits umgesetzt werden, andere Die Tagung fand vom 4.–6. Juli im Vorfeld des Inter- brauchen noch mehr Zeit oder neuerliche Überlegun- nationalen Orff-Schulwerk Symposions „50 Jahre gen. Orff-Institut“ in den Räumen des Carl Orff-Instituts statt. 85 Vertreter der mehr als 45 internationalen Ge- Im Anschluss an die Tagung fand eine Sitzung der sellschaften und Institutionen ließen eine multikultu- Redakteure der Newsletter, Zeitschriften und Maga- relle und vielsprachige Atmosphäre entstehen. zine der verschiedenen Orff-Schulwerk-Gesellschaf- Als Tagungssprache wurde Englisch (z. T. mit Über- ten statt, in welcher sowohl gemeinsame als auch län- setzungen) gewählt. Die Delegierten entschieden sich derspezifische Fragen und Probleme diskutiert wur- für einige der 11 zur Auswahl stehenden Themen und den. diskutierten und berieten unter der kompetenten Lei- Tagung des Orff-Schulwerk Forums 2012 tung namhafter Orff-Schulwerk Dozenten in Arbeits- gruppen die folgenden Themen. Die Ergebnisse wur- Hauptthema der Tagung dieses Jahres, die vom 5.–8. den jeweils am Tagesende in einem Plenum vorge- Juli 2012 in den Räumen des Carl Orff-Instituts in stellt. Salzburg stattfindet, ist die Rückbesinnung auf und

92 zeitgemäße Interpretation von drei Schwerpunkten tionen sinnvoll erreichen und dort wirksam werden des Orff-Schulwerks, die von Orff ausdrücklich for- können. muliert worden sind: Wir berichten über die Ergebnisse der Tagung in der nächsten Nummer. das Orff-Schulwerk und das Humane, Barbara Haselbach das Orff-Schulwerk und das Künstlerische und das Orff-Schulwerk und das Schulische. Wolfgang Hartmann wird in seinem Eröffnungsvor- The Orff-Schulwerk Forum Salzburg (OSF) – Centre trag am 5. Juli das Feld „sondieren“, der weitere for the International network of all Orff-Schulwerk Abend, verbunden mit einem kleinen Empfang der Associations (OSA) and Affiliated Institutions (AI) – Carl Orff-Stiftung, bietet Möglichkeiten zu persönli- is concerned, amongst other things, with the intensive chem Kennenlernen und Wiederbegegnungen. Der exchange of experiences, developments and projects darauf folgende Freitag steht ganz der Diskussion der that are being carried out in many countries in the großen Themen zur Verfügung. Kurzreferate von area of Elemental Music and Dance Pedagogy ac- Shirley Salmon und Verena Maschat (das Humane), cording to the principles of Carl Orff and Gunild Barbara Haselbach und Rainer Kotzian (das Künstle- Keetman. For this reason, once a year, the OSF in- rische) und Rodrigo Fernández (das Schulische) lei- vites delegates from all international associations and ten die Berichte und Diskussionen ein, fordern aber institutions to Salzburg for a meeting of several days. auch zu Fragen nach den bestmöglichen Verwirkli- The most varied subjects are discussed in depth, prob- chungsmöglichkeiten von Orffs Forderungen heraus. lems are examined and strategies for solving them are Kleingruppenarbeiten zu speziellen Bereichen sollen exchanged, while future programmes are considered. die Bearbeitung verschiedener Aspekte ermöglichen. Because of the production of the special book for the Am Samstag berichtet James Harding über die Aus- Orff Institute’s 50th birthday it was not possible to give wertung seines Fragebogens zum Thema „Neue Me- a report on the 2011 Forum Meeting. We are making dien“ und die sich daraus ergebenden Konsequenzen up for this by giving an abbreviated version here to und stellt eine Reihe von Vorschlägen zur Diskussion. which we are adding the programme for this year’s Ulrike E. Jungmair und Andrea Ostertag leiten die Meeting. Diskussionen über das Multiplikatoren-Training und die Vorbereitung für eine Tagung zu diesem Thema, Meeting of the Orff-Schulwerk Forum in 2011 die das OSF für die nächste Zeit plant. Andrea San- The meeting took place on 4 – 6 July in the rooms of giorgio und Barbara Schock stellen das Thema der an- the Carl Orff-Institute, just before the International gegliederten Institutionen (Modellschulen und -kin- Orff-Schulwerk Symposium “50Years Orff Institute”. dergärten, Fortbildungsinstitutionen etc.) in den Mit- The 85 representatives from more than 45 interna- telpunkt. tional associations and institutions created a multi- Am Samstag, dem 7. Juli, findet am Nachmittag die cultural and multi-lingual atmosphere. English was offizielle Jahrestagung des Orff-Schulwerk Forums, chosen (sometimes with translations) as the language inklusive Neuwahl des Vorstandes, statt. Im An- of the meeting. Choosing from the following 11 schluss daran bieten die Studierenden des Orff-Insti- themes the delegates signed up for some discussion tuts ein Programm mit einer Auswahl ihrer Abschluss- groups under the competent leadership of noteworthy studien an. Orff-Schulwerk lecturers. Am Sonntagvormittag spricht Polo Vallejo (Kuratori- The results were presented at the end of each day in umsmitglied der Carl Orff-Stiftung) über „Orff- a plenary session. Schulwerk Landscapes“, und im Abschlussgespräch 1. Scientific Research of Orff-Schulwerk practice diskutieren Barbara Haselbach und Wolfgang Hart- (Carolee Stewart) mann mit den Teilnehmern darüber, wie die Überle- 2. World Music and authenticity (Sofía López-Ibor) gungen und Entscheidungen der Tagung die interna- 3. Understanding of Movement/Dance in Orff- tionalen Gesellschaften und angegliederten Institu- Schulwerk (Barbara Haselbach)

93 4. Everybody “does” Orff – Does everybody “do” Friday is entirely given to discussion of the main Orff? (Wolfgang Hartmann) themes. Short lectures by Shirley Salmon and Verena 5. Orff-Schulwerk Forum and international course Maschat (humanistic), Barbara Haselbach and work/training of instructors (Verena Maschat) Rainer Kotzian (artistic) and Rodrigo Fernández 6. Teacher training and advanced courses in Orff- (scholastic) introduce the reports and discussions but Schulwerk (Ulrike E. Jungmair) also provoke questions on the best way of realising 7. The original Schulwerk literature and the inclu- Orff’s demands. Small group discussions concerning sion of newer materials (Christoph Maubach) certain areas should enable the working out of vari- 8. Does the promotion of creativity in Orff-Schul- ous aspects werk Pedagogy support the understanding of con- On Saturday James Harding reports on the evalua- temporary art forms? (Polo Vallejo) tion of his questionnaire on the theme “New Media” 9. Teamwork of Orff-Schulwerk Associations: evalu- and its results, and offers a set of proposals for dis- ation, staff training, financing (Verena Maschat) cussion. Ulrike E. Jungmair and Andrea Ostertag 10. The New Media and Orff-Schulwerk (James lead discussions on the training of instructors for Harding) Level Courses and the preparation for a meeting on 11. Discussion with the Carl Orff Foundation (Ute this subject which the OSF is planning for the near Hermann) future. Andrea Sangiorgio and Barbara Schock place Some of the plans and undertakings arising out of the the associated institutions (Model Schools and discussion were assigned to the Orff-Schulwerk Fo- Kindergartens, Further Education Institutes (named rum for realisation, while others were assigned by the after Orff)) centre stage. delegates to their own organisations. Some of the un- The Annual General Meeting, which includes the dertakings could be settled at once while others reelection of Officers, takes place in the afternoon of needed more time or further deliberation. Saturday, 7 July. Following that, the Orff Institute’s students offer a programme including a selection of Immediately following the Forum Meeting there was their final study pieces. a Meeting of Editors of Newsletters, Periodicals, On Sunday morning Polo Vallejo (Committee member Magazines of the various Orff-Schulwerk Associa- of the Carl Orff Foundation) talks about “Orff-Schul- tions, at which both general and individual questions werk Landscapes” and in the final discourse Barbara and problems were discussed. Haselbach, Wolfgang Hartmann and the participants discuss how the deliberations and decisions of the Meeting of the Orff-Schulwerk Forum in 2012 Meeting of the International Associations and Asso- This year the meeting takes place on 5–8 July, 2012 ciated Institutions can be meaningfully achieved and in the rooms at the Carl Orff Institute in Salzburg. exercise their effect in the various countries. The main theme of this meeting will be to return to We report on the outcomes of the meeting in the next and consider three main elements contained in Orff- issue. Schulwerk that were emphatically formulated by Orff, Barbara Haselbach and to find an up-to-date interpretation of them. The humanistic elements of Orff-Schulwerk The artistic elements of Orff-Schulwerk The scholastic elements of Orff-Schulwerk In his opening address on Thursday, 5 July, Wolfgang Hartmann will “explore” the ground. That evening there is a small reception given by the Carl Orff Foun- dation at which there will be the opportunity of get- ting to know new people and renewing acquaintance with others.

94 diese mit weiterführenden, vertiefenden Gedanken ehemaliger Leitungspersönlichkeiten des Orff-Insti- tuts, wie Wilhelm Keller, Hermann Regner, Barbara Haselbach und Rudolf Nykrin. Mit Werner Thomas und Ulrike E. Jungmair kommen weitere herausra- gende und prägende Persönlichkeiten zu Wort. Be- Publikationen sonders hervorzuheben ist das kulturwissenschaftlich brillante Vorwort von Michael Kugler. Die Studientextesammlung zeigt einerseits auf, wie Publications zeitlos der aus den Künsten geborene Ansatz ist. Andererseits lässt sich durch die chronologische An- Barbara Haselbach (Hrsg.): ordnung der Beiträge erkennen, dass das Orff-Schul- Studientexte zu Theorie und Praxis des Orff- werk im Laufe gesellschaftlicher Veränderungen im- Schulwerks. mer wieder anders reflektiert wird. Schwerpunktver- Band 1: Basistexte aus den Jahren 1932-2010 änderungen können eintreten, die auch dahin führen, Schriftenreihe des Orff-Schulwerk Forums Salzburg, dass ursprünglich Vorhandenes, aber nicht besonders Deutsch/Englisch, 347 Seiten Hervorgehobenes plötzlich Brisanz und Gewicht er- Schott, Mainz 2011, ISBN 978-3-7957-0756-9, hält. So war der Zugang zur „primitiven“ Musik zwar www.schott-musik.de ein prägender Gedanke der Günther-Schule, dass al- Mit „Basistexte aus den Jahren 1932–2010“ legt der lerdings auf dieser Basis unterschiedliche Veröffent- Schott Verlag mit Barbara Haselbach als Herausge- lichungen und Arbeitsweisen in kulturspezifischer berin einen ersten von drei geplanten Bänden zum Orff-Schulwerk vor. Es ist Barbara Haselbachs An- liegen, das Orff-Schulwerk allen, die „es sowohl in seinem historischen Kern“ als auch in seinen Verän- derungen während der letzten 50 Jahre kennen lernen wollen, nahezubringen und durch die weitgehend chronologisch geordneten Texte Einblick und Inspi- ration zu vermitteln. Beim ersten Anblick fällt auf, dass das Buch zwei- sprachig gestaltet ist, wie dies bereits von der Sym- posionsdokumentation „Im Dialog“ bekannt ist. Hier ist eine Konvention im Entstehen, die auf kluge Weise dazu beitragen wird, den internationalen Gedanken- austausch zu pflegen. Die Sammlung beginnt mit Gunild Keetmans Bericht, der uns als „Gelebte Geschichte der Günther-Schule und des Orff-Schulwerks“ die Tür öffnet. So werden wir auf den Diskurs über sieben Jahrzehnte vorberei- tet. Diese gelebte Geschichte begegnet uns später aus einer zweiten Perspektive mit dem 1963 geschriebe- nen Aufsatz von Carl Orff über sein Schulwerk. Wir finden in den Studientexten die zwar oft zitier- ten, aber selten in ihrem ganzen Umfang bekannten Grundlagentexte von Carl Orff, Gunild Keetman und Dorothee Günther, welche zum Teil noch an der Günther-Schule verfasst worden sind. Verbunden sind

95 Ausprägung entstehen würden, war damals gar nicht der lebendiger Kulturen hineinwachsen und durch die im Blickfeld. Gerade dieses aber bereichert uns heute sie ihre Alltagsrepertoire vergrößern (D. Günther auf dem Hintergrund verschiedener Migrationsbewe- 1962), „das rhythmische Erklingen der Sprache auf gungen. dem Atemstrom“ (W.Thomas 1969), Tanz „nicht als Auch das Gegenteil ist der Fall: Ursprünglich Vor- technisch […] genormte Stilrichtung“ sondern „als handenes kann aus dem Fokus verschwinden. Dies spielerische und/oder gestaltete Form von Bewegung, zeigt Barbara Haselbach in ihrem Beitrag zur Tanzer- welche über die Alltagsfunktion hinausgeht“ (B. ziehung auf. Es fehlen choreographische Veröffent- Haselbach 2010). lichungen – es entstand auch durch die Rundfunkse- Die Studientexte lassen sich aber auch als ein ge- rie „Musik für Kinder“ durch das Medium selbst der schichtlicher Beleg dafür lesen, wieweit das Konzept Eindruck, als wäre der Tanz nur eine bereichernde von Kreativität sich wandelnd aktuell geblieben ist Zugabe zum Schulwerk. Es scheint, dass die Gefahr oder als Belege einer lebendigen Auseinandersetzung dieser Sicht heute noch viele MusikpädagogInnen mit Schulmusik, beginnend bei der Singbewegung prägt. und vorläufig endend bei fertig komponierten Rock- Reich ist die Zahl der Gedankenstränge, die sich not- musicals. wendigerweise durch ein komplexes Werk hindurch- Diese Textsammlung sollte in keiner Bibliothek von ziehen, das sich den zeitlichen Veränderungen nicht Lehrenden und Studierenden fehlen, die eine ernst- verschließt. Nehmen wir die Thematik Motivation, so hafte Auseinandersetzung mit dem Orff-Schulwerk lesen wir bei Gunild Keetman „Das Erregendste war durch eine motivierende Lektüre vertiefen möchten. in meiner Ausbildungszeit, dass Orff, immer auf der Geplant sind noch zwei weitere Bände, deren erster Suche nach neuen Klängen und überquellend von (Bd. 2) sich der Erschließung neuer Zielgruppen Ideen, ständig neuartige Instrumente zum Ausprobie- und deren vorläufig letzter sich der Ausprägung des ren heranschleppte und uns damit stets andere, mit Orff-Schulwerk Konzeptes in verschiedenen Ländern großer Begeisterung aufgenommene Aufgaben (Bd. 3) widmen wird. Man darf gespannt sein. Wären stellte“. Jahre später arbeitet Wilhelm Keller die zen- sie nur schon erschienen! trale Bedeutung des Spiels heraus, des Spiels am In- Charlotte Fröhlich strument wie auch des Spiels als ein Miteinander von Menschen … und dessen Wirkungskraft auf das un- 50 Jahre Orff-Institut 1961 – 2011 mittelbar Entstehende in der Musik. Wir finden den ORFF-SCHULWERK-INFORMATIONEN Nr. 85 – Gedanken wieder im Aufsatz von Hermann Regner, Sonderheft über Orffs pädagogische Ideen, wenn er Orffs Aus- Hrsg.: Barbara Haselbach und Micaela Grüner sage aufgreift: „[…] immer will das Schulwerk […] 354 Seiten, Salzburg 2011, Anregungen zum selbständigen Weitergestalten ge- www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org ben“. Wir erkennen einen vorläufigen Abschluss die- http://shop.uni-mozarteum.at ses Gedankenstrangs in Ulrike E. Jungmairs Aufsatz, der in der Konfrontation des Orff-Schulwerks, ja der Eine faszinierende Zeit-Reise erlebte ich beim inten- Pädagogik überhaupt mit künstlichen Intelligenzen siven Studium der Jubiläumsausgabe der ORFF- erkennt, dass es „das Phänomen der fantasietragen- SCHULWERK-INFORMATIONEN, die Texte und den Identifikation ist“ durch welches Elementare Mu- Bildmaterial der großen Ausstellung zum 50. Ge- sik- und Bewegungserziehung ihre Aktualität wohl burtstag des Orff-Instituts dokumentiert und durch kaum verlieren kann. vertiefende Artikel erweitert. Eine Zeit-Reise derge- Die sich wandelnde, aber immer differenzierte Sicht- stalt, dass in dieser sorgsam zusammengestellten Pu- weise auf die Wechselwirkung von Musik und Bewe- blikation wesentliche Aspekte zur Geschichte des gung und Sprache sei hier in ihrem geschichtlichen Orff-Schulwerks zusammengetragen wurden, von den Verlauf nur anhand von Stichworten kurz skizziert: Anfängen der Günther-Schule, die Existenz eines „Das bewegungsentstammende Instrumentarium“ Kammertanzensembles (!), über frühe Kurstätigkei- (C. Orff 1932), „Brauchbewegungen“, in welche Kin- ten, wegweisende Hörfunkproduktionen des Bayri-

96 • Stolz darauf, „Mutterhaus“ zu sein für eine Viel- zahl gut ausgebildeter Absolventen, die mit Freude und Tatendrang ausströmten, um in ihren je eige- nen Ländern oder Berufsfeldern ihren Platz zu su- chen (und diesen auch meistens fanden), die be- seelt von der nach wie vor bestechenden Idee, Mu- sik und Tanz und Sprache als sich durchdringende künstlerische Kraft zu sehen dies in ihrem Umfeld lebendig werden ließen. • Stolz auch, eine universelle, visionäre Idee ent- bunden und eine Utopie zum Leben erweckt zu ha- ben, die Anstifter-Charakter besitzt und sich in der lebendigen Aktivität immer wieder erneuert und weiter entwickelt, gleich an welchem Fleck der Erde. Neben der historischen Einbettung, der Vorge- schichte, nimmt die Darstellung des Orff-Instituts – im Wandel der Zeiten – den ihm gebührenden Platz ein. Der Versuch, die Leitlinien und Charakteristika, die Besonderheiten dieser Institution zu extrahieren, ist gelungen. Man bekommt einen hervorragenden Überblick über die große Bandbreite der unter- schiedlichen Lehrpraxisangebote und deren Gewich- schen Rundfunks und vieles mehr als vorbereitende tung als zentrales Element oder wie es in den einlei- Wege zum Orff-Institut, bis hin zur Gründung und tenden Worten zur Lehrpraxis bezeichnet wird, als nunmehr 50-jährigen Geschichte desselben, die eine „Kristallisationspunkt des Studiums“. Nicht zu über- bewegte, ja bewegende ist! sehen ist, was an Energie und kräftezehrendem Ein- Zeit-Reise auch, weil bei der Lektüre fast uner- satz in vom Gesetzgeber verordneten Studienplanre- schöpfliche Bilder, Klänge, Gerüche, Gesprächsfet- formen eingeflossen ist und welche Auswirkungen zen, Kernsätze, Augenblicke, ... aus der eigenen Bio- diese Veränderungen auf das Studienangebot hatten. graphie wieder lebendig wurden und sich mit dem Einschränkungen auf der einen Seite eröffneten Raum dort Dargestellten auf eigentümliche und eindrückli- für grenzüberschreitende künstlerische und künstle- che Weise verbanden. risch-pädagogische Projekte auf der anderen Seite. Anlässlich eines 50-jährigen Jubiläums hat man in er- Insgesamt ergibt sich ein umfassendes und kaleido- ster Linie Grund stolz zu sein und zu feiern. Dies skopartiges Bild von der Vielseitigkeit und Viel- wurde gebührend beim 7. Internationalen Orff-Schul- schichtigkeit der im Orff-Institut angebotenen Lehre, werk-Symposion 2011 in Salzburg getan: sowohl in der Theoriebildung wie in der eng ver- • Stolz auf prall gefüllte Jahre, genährt vom Eifer knüpften künstlerisch-pädagogischen und heil- und der Begeisterung in pionierhafter Weise neue pädagogischen Praxis. Zusammenhänge, neue Arbeitsfelder, Netzwerke, Sie zeugt von großem Gestaltungswillen und kraft- neue Inhalte und Positionen, kurz: neue Räume zu vollem Einsatz und suggeriert Vitalität. Die ungebro- entdecken. Und so wurde sichtbar, dass das Neue chene Bedeutung des Orff-Instituts in seiner interna- sehr häufig in unmittelbarem Zusammenhang mit tionalen Dimension, welche sich in der großen Nach- Altem, Gewachsenem, Überliefertem und im Kul- frage an internationalen Kursen und Lehrgängen turellen Gedächtnis noch lebendig Verhaftetem zeigt, steht in Diskrepanz zur unbefriedigenden per- stand und steht. sonellen Entwicklung am Haus, der Streichung des

97 Fortbildungsstudiengangs (B-Studium) und der ins- vorhandene Lücke im Bereich der Elementaren Mu- gesamt sinkenden Studierendenzahlen. sikerziehung schließt. Zwar kennen wir bereits zahl- Letztere sind wohl auch auf attraktive, innovative und reiche Unterrichtswerke und Materialsammlungen, ernstzunehmende Studienstandorte im deutschspra- welche Hinweise zum Umgang mit den sogenannten chigen Raum zurückzuführen, an denen Musik im „Orff-Instrumenten“ anbieten, dabei jedoch häufig elementaren Sinne – meist in genau jener untrennba- den Anspruch auf Vollständigkeit und Korrektheit ren Verbindung mit Bewegung/Tanz und Sprache – vermissen lassen. Es ist die Mischung aus geschicht- gelehrt wird. Diese Orte ehren das Mutterhaus – trotz lichem Hintergrund, Aspekten der Handhabung und ihrer je eigenen Profile – partizipieren sie doch an den Spielweisen sowie den abschließenden Praxisanre- gleichen Quellen! gungen, welche bei diesem übersichtlich und nutzer- Ich habe auf dieser Zeit-Reise in vielen Artikeln Spu- freundlich gestalteten Buch vom ersten Moment an ren gefunden, die das Besondere, das Einzigartige Freude bereitet. Dabei kann es sowohl in der Aus- und darstellen, die das Orff-Institut ausmachen. Wenig Weiterbildung als auch im Berufsalltag einer Musik- habe ich entdeckt, wie man kreativ und konstruktiv schullehrkraft, einer ambitionierten Erzieherin oder mit kritischen Fragen umgeht und einen solchen Dis- auch einer fachfremd unterrichtenden Musiklehrerin kurs führt. Es fehlen die Stimmen derer, die durch (um nur einige Beispiele zu nennen) eine gewinn- Perturbation Aufbrüche gewagt haben, um sich wan- bringende Hilfestellung bedeuten. delnden Zeiten zu stellen. Im Einleitungskapitel geht es um die Definition des Instrumentariums, um Herkunft und Ursprungsländer „Lebendig bleiben heißt: Sich wandeln, wandeln mit sowie um das Orff-Schulwerk als Kontext stiftende der Zeit und durch die Zeit“. Konzeption. Vor dem Hintergrund ein Praxishand- Dieser visionäre Satz Carl Orffs ist Ansporn und Ver- buch sein zu wollen sind diese Themenbereiche in der pflichtung zugleich. gebotenen Kürze dargestellt und brauchen für eine in- Mögen diejenigen, die mit dem reichhaltigen Erbe des Orff-Instituts betraut sind, das rechte Maß finden zwischen Aufbruch und Kontinuität, Exkurs und Dis- kurs, in jener suchenden Offenheit, die das Einmalige aus der Verbindung von Musik, Sprache und Bewe- gung immer wieder aufs Neue entstehen lässt. Ich gratuliere den Schöpfern und Initiatoren dieser umfassenden Publikation und wünsche, dass die Aus- stellung an vielen Orten des Erdkreises gezeigt wer- den kann und die Reise durch die Zeit noch lange währen wird. Elias Betz

Micaela Grüner: Orff-Instrumente und wie man sie spielt. Ein Handbuch für junge, alte, kleine und große Hände 128 Seiten inkl. CD Schott, Mainz 2011, ISBN 978-3-7957-0746-0, www.schott-musik.de

Na endlich! Mit „Orff-Instrumente und wie man sie spielt“ hat uns Micaela Grüner ein Handbuch für die pädagogische Praxis bereitgestellt, das eine lange Zeit

98 tensive Auseinandersetzung begleitende Literatur. Hinweise dazu kann man den Quellenangaben und Literaturhinweisen entnehmen. Herzstück der Publikation ist sicherlich der zweite Abschnitt, welcher eine ausführliche Dokumentation von Bildern, Namen, Spieltechniken und Pflegehin- weisen darstellt. Neben den Stabspielen differenziert die Autorin hier zwischen Fell- und Schlagwerkin- strumenten und rundet das Kapitel mit Hinweisen zu „erweiterten Orff-Instrumenten“ ab. Diese häufig aus der Latin-Percussion stammenden Instrumente haben wir in der Vergangenheit gerne zur Erweiterung des Klangspektrums in unsere Instrumentenkammern aufgenommen. Einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist vielleicht das Fehlen der körpereigenen Instru- mente, da Klanggesten ja häufig auch als methodi- sche Dienstleister für den Umgang mit den „greifba- ren“ Orff-Instrumenten herangezogen werden. Jenen Zeitschriften und Fastfood-Publikationen, die uns heutzutage „body percussion“ gerne als d e n Fak- tor einer zeitgemäßen Musikpraxis verkaufen wollen, muss immer wieder vor Augen geführt werden, dass dieses rhythmusorientierte Ausdrucksmedium seine Sofía López-Ibor: pädagogischen Wurzeln bereits im Orff-Schulwerk Blue is the Sea: Music, Dance & Visual Arts und im Kontext der Orff-Instrumente hatte. 242 pages Die abschließenden Praxisbeispiele beinhalten tra- The Pentatonic Press Integrated Learning Series, dierte wie modernere Materialien und sind sowohl in- San Francisco 2011, ISBN 978-0977371235 haltlich als auch methodisch sorgfältig und verant- www.midpointtrade.com wortungsvoll präsentiert. Zeichnungen, Grafiken, This is a unique book that impresses in the breadth, Layout und Notensatz ergänzen sich zu einem runden depth and presentation of the work. Readers will be Ganzen und sorgen für Übersichtlichkeit. Für die Ar- moved and inspired by the quality of the activities as beit an meiner Hochschule habe ich das Buch bereits well as the joy seen in the photos of children involved in Seminarstärke bestellt und hoffe, dass viele in a multitude of activities. The range of songs, Akademien und Fachschulen ähnlich agieren. „Orff- rhymes, games, poems, paintings and, most impor- Instrumente und wie man sie spielt“ ist ein rundum tantly, the creativity and vibrancy of the children’s gelungenes und uneingeschränkt empfehlenswertes movement, dance, art work and poetry will be mar- Buch, zu dem man die Autorin wie die künftige velled at each time. These are beautifully presented Leserschaft gleichermaßen beglückwünschen kann. and are central to this book in transmitting not only the ideas of the author but also in reminding us how Werner Beidinger much creative potential may be lying dormant and can be awakened in children when we believe it is there and learn how to stimulate it and release it. This book is divided into 4 areas: • Music, movement and art • Graphic notation • Connecting image to music, art and poetry • Music listening and the visual arts.

99 There are a total of 25 themes ranging from dancing an intriguing book is the sense that no one but the au- dolls, pictograms and limericks to dots and lines, thor could have written it. […] this book carries the Miró, Matisse and the planets. Lesson examples are unmistakable stamp of the character, dedication and for children of pre-school age till the end of middle yes, genius of its author.”This book is a true treasure school but can be adapted for use with many age- trove which will delight and inspire all those involved groups. Activities embrace areas such as singing, mu- in education and especially music and dance educa- sic listening, drama, games, art projects, percussion, tion. art appreciation, Orff ensemble and movement and Shirley Salmon are intended to develop intuition, observing skills, sensorial experiences and inner growth. The activi- ties are presented thematically and not sequentially Ruth Schneidewind: and should be thought of as resources for enriching Die Wirklichkeit des Elementaren Musizierens the reader’s teaching. 198 Seiten mit diversen Grafiken The author reminds us that ideas, suggestions, exer- Reihe zeitpunkt musik, Reichert Verlag, Wiesbaden cises and open experiments in the book should, as 2011, ISBN 978-3-89500-809-2, Carl Orff suggests, serve as starting points for the www.reichert-verlag.de teacher’s own investigations. The author encourages the reader not only to reproduce ideas but to re-cre- Ruth Schneidewind, vielen sicherlich bekannt durch ate them, to organize the lesson according to the par- ihre Liederbücher und seit vielen Jahren als Leiterin ticular situation, adapt as necessary for the particu- des Fachbereichs Elementare Musikpädagogik an der lar age group, look for other materials to create a new Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, theme, lead composition and choreography projects beschreibt die „Wirklichkeit des Elementaren Musi- based on new materials and to bring one’s own per- zierens“ wie sie an dieser Institution seit vielen Jah- sonality to the projects. In her preface Sofía López- ren in Forschung und Lehre von ihr entwickelt und Ibor tells us of the most important lessons that she learned from children: observe how the children are thinking and what they are thinking, watch how they react, accept their response and try their ideas. “Once you understand that children indeed have interesting, and often, brilliant ideas, your teaching will change” (p. 3). She reminds us of the importance of docu- menting learning processes by observing and listen- ing to students as they work. This book addresses Orff practitioners, art specialists as well as general classroom teachers. The reader will not only find imaginative themes, songs, rhymes, pic- tures and sculptures but also pedagogical ideas for teaching music and visual arts, movement exploration and improvisation exercises, suggestions for illus- trating texts and songs, scores, tips for observing art as well as examples of children’s work and suggested children’s books at the end of each theme. A detailed bibliography can be found at the end of the book cov- ering pedagogy, music and dance, children’s rhymes and poetry, art and reference as well as suggested mu- sic and dance CDs. In his foreword Doug Goodkin writes: “The mark of

100 praktiziert wird. Grundlage dieses Buches bildet ihre der ergänzenden ‚Wirkungsfaktoren‘ beinhaltet“. Dissertation aus dem Jahre 2009. Schneidewinds Un- Diese Wirkungsfaktoren, die das Wesen des Elemen- tersuchungen sind geleitet von der Frage, was Ele- taren Musizierens qualitativ erfassen und gemeinsam mentares Musizieren ist und woran es als eigenstän- wirken müssen, sind: bedingungslos, eigenständig, dige und gültige Musizierform erkennbar ist. gemeinsam, empfänglich und stimmig. Besonders der Neben der theoretischen und konzeptionellen Fun- Faktor Stimmigkeit erweist sich als besonderes Güte- dierung des Themas gibt es viele konkrete Anregun- kriterium von Elementarem Musizieren. All diese gen für die Unterrichtspraxis (auch wenn diese für Wirkungsfaktoren werden in eigenen Kapiteln be- mich im allgemeinen Fließtext zu sehr „verlaufen“; schrieben, verschiedene Aspekte werden ausgelotet eine deutlichere Kennzeichnung im Layout hätte den und diskutiert. Diese Vielschichtigkeit – manches Lesern sicherlich geholfen). Das Buch erweist sich wiederholt sich auch – und das Diskursangebot schei- somit als praxisnah. Die Autorin entwirft ein umfas- nen Schneidewind besonders wichtig zu sein. sendes Konzept des Elementaren Musizierens und „Vier der fünf Kapitel werden von einem Beispiel des verdeutlicht, dass es hierbei nicht um ein pädagogi- Elementaren Musizierens eröffnet. […] Sie sollen sches Verfahren, sondern generell um d i e künstle- eindringlich darstellen, was anschließend zu dem je- rische Praxisform der Elementaren Musikpädagogik weiligen Wirkungsfaktor entwickelt und dargelegt handelt (so wie z. B. das Klavierspiel als Praxis der wird. Der Beobachtungsfokus wechselt: Beim Bei- Klavierpädagogik). Das Buch versucht dies phäno- spiel ‚Linienimprovisation‘ (Kapitel 3) wird die Idee menologisch zu erfassen. für unterschiedliche Gruppen (Kinder verschiedenen Zentrales Anliegen ist das Musikmachen selbst: also Alters, Erwachsene) und aus der Sicht der Leiterin be- musizieren um zu musizieren und das unabhängig da- schreiben. Die ‚Papiermusik‘ (Kapitel 4) und ‚Einan- von, wer daran teilnimmt. Elementares Musizieren ist der‘ (Kapitel 5) werden als zwei unterschiedliche „eine Kunst, die kein Ziel außer der lustvollen Ausei- ‚Ich‘-Sichtweisen von Teilnehmerinnen (an Erwach- nandersetzung mit sich selbst und der Welt im unmit- senengruppen) einfühlend konstruiert. Die ‚Wande- telbaren Musizierprozess“ kennt (S. 57). Zugleich rung‘ (Kapitel 7) wird aus der ‚Ich‘-Sichtweise der geht es Schneidewind um die Etablierung des Ele- Leiterin beschreiben. Nur im Kapitel 6 ‚Das musika- mentaren Musizierens als eigenständige, zweckfreie, lische Füllhorn‘ gibt es statt einer Stundenbeschrei- künstlerische Musizierform, in Art und Zielsetzung – bung eine persönliche Beispielliste von unterschied- und dazu dient auch der Begriff „elementar“ – klar lichsten Musikstücken und Liedern, die in meinem abgegrenzt zu anderen (herkömmlichen) Musizier- Unterricht für Elementares Musizieren verwendet formen. wurden.“ Eine Auflistung, die neugierig machen Das handlich, mit ansprechendem Cover gestaltete dürfte. Sie lädt ein zum Neu- und/oder Wiederentde- Buch ist in sieben Kapiteln gegliedert. Die Autorin cken von Materialien, die vielleicht im eigenen Regal selbst erläutert den Aufbau (S. 33f.): „Nach einem schlummern. persönlich gehaltenem Vorwort, das den eigenen Ent- Ruth Schneidewind hat bewusst viele Beispiele mit wicklungsweg und Zugang zum Elementaren Musi- Erwachsenen gewählt und diese Gruppe ins Zentrum zieren skizziert, beschreibt das Kapitel ‚Kontext‘ die gestellt „um demonstrativ aus der Nische ‚nur für Einbettung in das Umfeld dieser Arbeit. Zunächst ist Kinder‘ herauszutreten und sowohl einen nicht kind- das die Entsorgung des Ballastes, der sich mit den Be- bezogenen Zugang zum Elementaren Musizieren als deutungen des Begriffs ‚elementar‘ angehäuft hat und auch einen Anfangsunterricht in einem nicht her- gleichzeitig ergibt sich hier eine Skizze zum Feld der kömmlichen Sinn“ zu zeigen. Ein Ansatz der nach- Elementaren Musikpädagogik.“ Nachfolgend stellt vollziehbar und sympathisch wirkt. So berichtet bei- sie die Forschungsmethode sowie den Forschungs- spielsweise eine erwachsene Teilnehmerin von ihren prozess dar. Diesem Prozess entsprechend folgt „das Unterrichtseindrücken: „Elementares Musizieren Kapitel der Synthese zum Phänomen als Herzstück, kann man nur schwer verstehen, wenn man es nicht das die Darstellung des herausgefundenen Wesens- selbst ausprobiert hat.“ (S. 100) Wie wahr! Und das kerns des Elementaren Musizierens, den fünf einan- ist auch die Crux jedes Buches, das sich mit tempo-

101 rären künstlerischen Gruppenprozessen beschäftigt, Pablo Picasso oder „Der Blaue Reiter“ in der Bilden- auch wenn diese noch so mitreißend beschrieben wer- den Kunst. Den theoretischen Unterbau erhielt Orff den. von Curt Sachs, einem der wichtigsten Vertreter der Aber: Das vorliegende Buch gibt ausreichend Gele- vergleichenden Musikwissenschaft. Sachs war es genheit, sich eine Vorstellung vom Elementaren Mu- auch, der Orff wertvolle Impulse für das geeignete In- sizieren als Phänomen, Musizierform und Unter- strumentarium einer elementaren, stark bewegungso- richtsangebot zu schaffen. Die Autorin beschreibt ein- rientierten Musik gab. dringlich, was das Elementare Musizieren wirklich In einem weiteren Schritt kristallisiert Weinbuch ausmacht und welche Möglichkeiten es schafft, vo- ethno-musikalische Charakteristika der Elementaren raussetzungslos Zugang zu seinen eigenen Quellen zu Musik heraus und sucht nach einer ethnologischen finden, immer auch im pädagogischen Spannungsfeld und anthropologischen Fundierung der Einheit von von „Leiten und Lassen“ und dem Bewusstsein des Musik, Bewegung und Sprache. Dabei berücksichtigt „Problems des Gelingens“. sie Fragen zum afrikanischen Musikdenken oder die Bedeutung von Trommel und Flöte als älteste Musik- Ruth Schneidwinds veröffentlichte Quintessenz ihrer instrumente ebenso wie die Rolle der Improvisation 25-jährigen Erfahrungen aus Forschung und Praxis und elementare Formen der Mehrstimmigkeit im mu- habe ich mit großem Interesse gelesen und möchte es sikgeschichtlichen Kontext. Lehrenden und Studierenden im Bereich Elementare Ein weiterer Schwerpunkt gilt der Untersuchung zum Musik- und Tanzpädagogik empfehlen, weil es das Einsatz und der Verwendung von Musikinstrumenten Wesen des Elementaren Musizierens einfühlsam be- außereuropäischen Ursprungs in Orffs Bühnenwerk, schreibt und seine Bedeutung mit vielen guten Argu- wobei der Fokus hier auf dem Spätwerk liegt. Im An- menten belegt. Micaela Grüner

Isabel Weinbuch: Das musikalische Denken und Schaffen Carl Orffs. Ethnologische und interkulturelle Perspektiven 428 Seiten Schott, Mainz 2010, ISBN 978-3-7957-0723-1, www.schott-musik.de

Isabel Weinbuch verfolgt mit ihrer im Fachbereich Ethnologie verfassten Arbeit das Ziel, zum Verständ- nis von Carl Orffs Werk beizutragen. Ihr Interesse gilt Orffs Musik, seinen Instrumenten und Themenstof- fen. Die Analyse bezieht sich sowohl auf die Ele- mentare Musik als auch auf Orffs Bühnenwerk. Um sich dieser Vielschichtigkeit zu nähern, wählt Weinbuch einen interdisziplinären Zugang und zeigt einen kompetenten Umgang mit den gewählten For- schungsmethoden. Auf der Suche nach außereuropäischen Einfluss- größen stellt Weinbuch fest, dass diese bereits im zeit- genössischen Umfeld Orffs zu finden sind. Vorbilder wie Mary Wigman und Claude Debussy bildeten ebenso die Grundlage für sein weiteres Schaffen wie

102 hang gibt Weinbuch einen Überblick über die von Mit Weinbuch zeichnet sich Carl Orffs Kunst durch Orff verwendeten und z. T. in seinem Besitz befind- „Universalität und Transkulturalität“ (S. 240) aus. lichen Instrumente außereuropäischen Ursprungs. Seine Elementare Musik sieht sie als „wahren Träger Auch wenn Weinbuch mit dieser Auflistung keinen völkerverständigungsfördernder Prozesse und sozia- Anspruch auf Vollständigkeit erhebt und die Auswahl ler Integration“ (S. 337). Sie postuliert, dass Orffs nach der Relevanz der Instrumente für Orffs Büh- Kunst „sowohl in der Elementaren Musik als auch in nenwerk vornimmt, so ist dieser Katalog samt farbi- den Bühnenwerken eine globale, universale Dimen- gen Abbildungen sehr wertvoll, zumal neben detail- sion, die die Integration inter- und fremdkultureller, lierten Beschreibungen und Informationen zur geo- das ‚menschliche Sein’ mitbestimmender Stilmerk- graphischen Verbreitung auch festgehalten ist, in wel- male gedanklicher oder musikalischer Art einsch- chen Werken Orff die jeweiligen Instrumente ließt“ aufweist (S. 339). einsetzte. Die als Dissertation an der Ludwig-Maximilians-Uni- In ihrem letzten großen Kapitel widmet sich Wein- versität München eingereichte und für den Verlag buch Carl Orffs als „Welttheater“ bezeichnetem Büh- überarbeitete 428 Seiten umfassende Publikation er- nenwerk und der Untersuchung der thematischen Mo- öffnet neue Perspektiven über das Schaffen Carl tive aus kulturanthropologischer Perspektive. Orff Orffs. Weinbuch gelingt es, Orffs Auseinandersetzung greift die von Hofmannsthal Anfang des 20. Jahr- mit musikethnologischen Problemen und außereu- hunderts wieder belebte Tradition des Welttheaters ropäischen Kulturen sehr differenziert darzustellen auf „und stellt sie zugleich in Verbindung zum Ge- und dabei die geistige Größe Orffs zu unterstreichen. dankengut außereuropäischen Kulturen und damit in Möge diese gelungene und lesenswerte Publikation einen wirklich weltweiten Kontext“ (Weinbuch 2010, dazu beitragen, Carl Orff in seinem Facettenreichtum S. 236). Orff versucht in seinem Welttheater das Da- zu begreifen und wertzuschätzen. sein des Menschen in der Welt, den vom Schicksal ge- leiteten Menschen auf der Erde darzustellen. Er wählt Anna Maria Kalcher dafür zeitlose Stoffe wie alte Mythen und Märchen oder Stoffe aus verschiedenen Kulturbereichen. In der Analyse weltliterarischer und außereuropäischer The- men zeigt Weinbuch beispielsweise auf, wie Orff das weit verbreitete Weltmärchen von der Klugen Frau im kulturellen Vergleich studierte und welchen Nieder- schlag seine Auseinandersetzung auf seine künstleri- sche Interpretation hatte. Hier wird deutlich, dass Orff das Märchen in einen „weltumspannenden Kontext“ (S. 246) stellt und mehrere Charakterzüge von afri- kanischen, vor allem kabylischen Märchen in sich vereint. Den Ursprung des Märchens vermutete Orff im Orient, so dass mitunter Parallelen zwischen der „Klugen“ und den „Erzählungen aus 1001 Nacht“ zu finden sind. Neben der „Klugen“ fokussiert Wein- buch kulturanthropologische Aspekte in den Werken „Gisei, das Opfer“, „“ und „De temporum fine comodia“. Weinbuch verdeutlicht, welch großen Beitrag Orff, in- spiriert durch afrikanische, japanische, orientalische Literatur sowie durch die intensive Auseinanderset- zung mit Märchen und Mythen für ein universales Kulturverständnis geleistet hat.

103 Orff-Schulwerk Kurse Orff-Schulwerk Courses

Lieber Leserinnen und Leser, auf der Website www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org finden Sie eine ständig aktualisierte Liste von natio- nalen und internationalen Kursen aus den Ländern Österreich, Deutschland und der Schweiz sowie Ankündigungen zu internationalen Kursen, Kongres- sen und Symposien aus aller Welt. Die Redaktion

Dear readers, Please find the updated list of national and interna- tional courses of the Austrian, German and Swiss Orff-Schulwerk Associations as well as announce- ments of international symposia, conferences and congresses on our website: www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org

The editor

104 Adressen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser Ausgabe Addresses of Authors and Co-Authors of this Issue Angerer, Georg c/o Carl Orff-Volksschule Traunwalchen, Schulstraße 7, D-83374 Traun- walchen, Deutschland E-Mail: [email protected] Bacher, Esther Pruntruterstraße 37, CH-4053 Basel, Switzerland Mag. phil. E-Mail: [email protected] Bayat, Mani B-21-4 Tehran Tower, Hormozan St., Shahrake Gharb, Tehran, BA 1466693548, Iran E-Mail: [email protected] Bayley, Cathy 5475 Grove Ave, Delta, BC, V4K 2A6, Canada M.Ed E-Mail: [email protected] Beidinger,Werner Gutenbergstraße 60, D-14467 Potsdam, Deutschland Univ.Prof. E-Mail: [email protected] Betz, Elias Albert-Mays-Str. 11a, D-69115 Heidelberg, Deutschland Prof. E-Mail: [email protected] Burmann, Ruth c/o Carl-Orff-Institut, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich Fink, Carolina Feldeggstraße 4, A-6922 Wolfurt, Austria Mag. art. E-Mail: [email protected] Fröhlich, Charlotte Pädagogische Hochschule FHNW, CH-4410 Liestal, Schweiz Dr. E-Mail: [email protected] Feßmann, Klaus c/o Carl-Orff-Institut, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich Univ. Prof. Grüner, Micaela Friedrich-Ebert-Allee 4, D-83435 Bad Reichenhall, Deutschland Mag. art. E-Mail: [email protected] Hakimi, Mastaneh NO:67, 21th Ally, Sarrafha St, Saadatabad, 1998858857 Tehran, Iran BM E-Mail : [email protected] Hartmann, Wolfgang Dr. Antero de la Mata 35 Ático A, E-28300 Aranjuez, Spanien Prof. E-Mail: [email protected] Haselbach, Barbara Gfalls 5d, A-5061 Elsbethen, Österreich Univ. Prof. em. E-Mail: [email protected] Harding, James 4900 Manila Ave, Oakland, California 94609, USA E-Mail: [email protected] Hauschka, Thomas Untersbergstraße 213, A-5412 Puch, Österreich Dr. phil. E-Mail: [email protected] Jungmair, Ulrike E. Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich Prof. Dr. phil. E-Mail: [email protected] Kalcher,Anna Maria c/o Universität Mozarteum Salzburg, Mirabellplatz 1, A-5020 Salzburg Dr. phil. E-Mail: [email protected] Kimiavi, Nastaran B-21-4 Tehran Tower, Hormozan St., Shahrake Gharb, Tehran, BA 1466693548, Iran E-Mail: [email protected]

105 Kotzian, Rainer Keßlerplatz 13a, D-90489 Nürnberg, Deutschland Prof. Mag. E-Mail: [email protected] Locke, Linda 39 First Avenue, Kingsland, Auckland, New Zealand M.Ed. E-Mail: [email protected] López-Ibor, Sofía 1200 Fulton St, San Francisco, CA 94117, USA C. Alsasua n 7, E-28023 Madrid, Spain E-Mail: [email protected] Mainz, Ines Dorfstr.40, D-04435 Schkeuditz / OT Wolteritz, Deutschland Prof. Dr. E-Mail: [email protected] Makulik, Christiane c/o Carl Orff-Volksschule Traunwalchen, Schulstraße 7, D-83374 Traunwalchen, Deutschland E-Mail: [email protected] Maubach, Christoph Waikato University FOE Private Bag 3105, Hamilton 3240, New Zealand E-Mail: [email protected] Mildner,Alexander c/O Hochschule für Musik und Theater Leipzig, Grassistraße 8, D-04107 Leipzig, Deutschland E-Mail: [email protected] Möser, Kordula Aigner Straße 9A/104, A-5020 Salzburg, Österreich MA E-Mail: [email protected] Murray, Margaret 7 Rothesay Avenue, Richmond, Surrey, TW10 5EB, E-Mail: [email protected] Poch-Grätzer, Dina Silvio Ruggieri 2742, Piso 6, CP 1425 Buenos Aires, Argentina MA E-Mail: [email protected] Rebholz, Susanne Panoramaweg 705, A-5412 Puch, Östereich MSc E-Mail: [email protected] Rösch, Thomas c/O Orff-Zentrum München, Staatsinstitut für Forschung und Dr. phil. Dokumentation, Kaulbachstraße 16, D-80539 München E-Mail: [email protected] Salmon, Shirley Floraweg 1, A-8071 Grambach, Österreich MA, Mag. phil. E-Mail: [email protected] Samuelson, Miriam Fischbachstraße 5, A-5020 Salzburg, Österreich E-Mail: [email protected] Sandborg, Harri Kukkeenkylntie 10, FI-63700 Ähtäri, Finland B.Pd. E-Mail: [email protected] Stibi, Sonja c/o Carl-Orff-Institut, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich Univ. Prof. E-Mail: [email protected] Valtiner-Pühringer, Doris Rifer Hauptstraße 29a, A-5400 Hallein, Österreich Mag. art. E-Mail: [email protected] Widmer, Manuela Salzburger Schützenweg 6, A-5400 Hallein-Neualm, Österreich Dr. phil., Mag. E-Mail: [email protected] Wirsching, Reinhold c/o Carl Orff-Volksschule Traunwalchen, Schulstraße 7, D-83374 Traunwalchen, Deutschland E-Mail: [email protected]

106 Adressen der Sponsoren und Herausgeber / Addresses of the Sponsors and Editors Orff-Schulwerk Forum Salzburg, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich, E-Mail: [email protected], Homepage: www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org Carl-Orff-Institut, Institut für Musik- und Tanzpädagogik, Universität Mozarteum Salzburg, Frohnburgweg 55, A-5020 Salzburg, Österreich, E-Mail: [email protected], Homepage: www.orffinstitut.at Universität Mozarteum Salzburg, Mirabellplatz 1, A-5020 Salzburg, Österreich, Homepage: www.moz.ac.at Studio 49, Musikinstrumentenbau GmbH, Lochhamer Schlag 2, D-82166 Gräfelfing, Deutschland, E-Mail: [email protected], Homepage: www.studio49.de

107 108 ORFF-SCHULWERK INFORMATIONEN Themenschwerpunkte der letzten Ausgaben Main themes of the last issues

OSI 85 50 Jahre Orff-Institut 50 Years Orff Institute OSI 84 Musik- und Tanztheater mit Kindern Music and Dance Theatre with Children OSI 83 Improvisation / Improvisation OSI 82 Tanzen und Darstellen – Gestalten mit Bewegung Dancing and Presenting – Creating with Movement OSI 81 Musik und Bewegung/Tanz in Sozialer Arbeit und Inklusiver Pädagogik Music and Movement/Dance in Social Work and Inclusive Pedagogy OSI 80 Musik- und Tanzgeschichte in Aktion Music and Dance History in Action OSI 79 25 Special Course / 25 Special Courses OSI 78 Sagen und Singen – Gestalten mit der Stimme Singing and Saying – Creating with Voice

Die Ausgaben 1–84 sind nachzulesen unter The issues 1–84 are to be downloaded from http://www.orff-schulwerk-forum-salzburg.org