Rechtsprobleme der Vermittlung von professionellen Fußballspielern - dargestellt am Fall Albert Vallci

Diplomarbeit

zur Erlangung des Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften an der Rechtswissenschaftliches Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

Eingereicht bei:

Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Reissner Institut für Arbeitsrecht und Sozialrecht

von Klemens Hofmann-Wellenhof Graz, Februar 2021

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei all jenen Menschen bedanken, die mich während des gesamten Studiums unterstützt haben. Ganz besonders möchte ich meinen lieben Eltern für ihre Unterstützung und ihre beispiellose Geduld danken. Mein Dank gilt auch meiner Tante und meinen Geschwistern, insbesondere Antonia, Benedikt und Jakob sowie meinem Freund und Kollegen Marius. Außerdem möchte ich mich bei Herrn Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Reissner für die freundliche und hilfreiche Betreuung der Diplomarbeit bedanken. Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS IV ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS V 1 EINLEITUNG 1

1.1 ARBEITSPROGRAMM 3 2 SPIELERVERMITTLER – PHÄNOMEN UND RECHTLICHE EINORDNUNG 4

2.1 DIE BEDEUTUNG DER SPIELERVERMITTLER IM MODERNEN FUßBALL 4 2.2 BEGRIFFSDEFINITION UND ABGRENZUNG ZU VERWANDTEN BEGRIFFEN 7 2.3 RECHTLICHE EINORDNUNG 9 2.3.1 Das Lizenzierungssystem für Spielervermittler 9 2.3.2 FIFA-Reglement 2015 – aktuelle Rechtslage 14 2.3.3 Kompetenzverteilung zwischen der FIFA und den Nationalverbänden 16 2.3.4 Reaktionen, Würdigung und Ausblick 17 2.3.5 Die nationalen Regelungen des ÖFB 21 3 DIE STELLUNG DES SPIELERVERMITTLERS IN DER ÖSTERREICHISCHEN RECHTSORDNUNG 33

3.1 ANWENDBARKEIT DES ARBEITSMARKTFÖRDERUNGSGESETZES 33 3.2 ANWENDBARKEIT DER GEWERBEORDNUNG 35 3.3 ANWENDBARKEIT DES MAKLERGESETZES 37 3.4 ANWENDBARKEIT DES HANDELSVERTRETERGESETZES 38 4 DER SPIELERVERMITTLUNGSVERTRAG 41

4.1 DIE RECHTSNATUR DES SPIELERVERMITTLUNGSVERTRAGS 41 4.1.1 Elemente des freien Dienstvertrags 41 4.1.2 Elemente des Werkvertrags 42 4.1.3 Elemente des Geschäftsbesorgungs- und Bevollmächtigungsvertrags 43 4.1.4 Der Spielervermittlervertrag als gemischter Vertrag 43 5 DAS VALLCI-URTEIL 45

5.1 WERDEGANG 45 5.2 DIE PROZESSPARTEIEN 46 5.3 SACHVERHALTSDARSTELLUNG 46 5.4 STREITPUNKTE 47 5.4.1 Exklusivität des Vermittlungsvertrags 47 5.4.2 Rechnungslegung und Zahlung 48 5.4.3 Schiedsklausel 48 5.5 DAS URTEIL DES LGZ GRAZ 48 5.6 DIE RECHTLICHE BEURTEILUNG DES LGZ GRAZ 49 5.6.1 Rechtliche Beurteilung zur Zuständigkeit 49 5.6.2 Rechtliche Beurteilung des Alleinvermittlungsauftrags im Spielervermittlungsvertrag 52 5.6.3 Rechtliche Beurteilung der Stufenklage 59 5.7 FAZIT ZUM VALLCI-URTEIL 59 6 KONKLUSION 62 7 LITERATURVERZEICHNIS 64

IV

Abkürzungsverzeichnis

ABGB Allgemeines bürgerliches FN Fußnote Gesetzbuch GewO Gewerbeordnung Abs Absatz GmbH Gesellschaft mit beschränkter AMFG Arbeitsmarktförderungsgesetz Haftung AMS Arbeitsmarktservice Hrsg Herausgeber Art Artikel, Artikel HVertrG Handelsvertretergesetz ASKÖ Arbeitsgemeinschaft für Sport und idF in der Fassung Körperkultur in Österreich iSd im Sinne des ASVÖ Allgemeiner Sportverband iVm in Verbindung mit Österreichs KG Kommanditgesellschaft AVG Arbeitsvermittlungsgesetz KSV Kapfenberger Sportvereinigung BGBl Bundesgesetzblatt LGZ Landesgericht für Zivilrechtssachen BT-Drs Bundestagsdrucksache lit litera bzw beziehungsweise MaklerG Maklergesetz CAF Confédération Africaine de Football Nr Nummer CONMEBOL Kontinentalverband der ÖFB Österreichischer Fußballbund nationalen Fußballverbände ÖFB-RAV ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Südamerikas Spielervermittlern DFB Deutscher Fußball Bund ÖFB-SvR Regulativ für die vom DFB-RfSV DFB-Reglement für Österreichischen Fußball-Bund Spielervermittler genehmigten Spielervermittler DFVV Deutsche Fußballspieler-Vermittler OG Offene Gesellschaft Vereinigung OGH Oberster Gerichtshof dSTPO deutsche Strafprozessordnung OLG Oberlandesgericht ECA European Club Association PR Public Relations EFAA European Football Agents rdb Rechtsdatenbank Association RIS Rechtsinformationssystem des Bundes EGZPO Zivilprozessordnung- RS Rechtssatz Einführungsgesetz Rz Randzahl, Randziffer EU Europäische Union SFV Schweizerischer Fussballverband EuG Gericht 1. Instanz der EU SGB Sozialgesetzbuch (Deutschland) EuGH 4, 12, Europäischer Gerichtshof SK Sportklub EWR Europäischer Wirtschaftsraum Slg Sammlung FC Fußballclub SpuRt Zeitschrift für Sport und Recht FIFA Fédération Internationale de SV Sportverein, Sportvereinigung Football Association UEFA Union of European Football FIFA-RAV FIFA Reglement zur Arbeit mit Associations Vermittlern UWG Gesetz gegen den unlauterern FIFA-SvR FIFA-Spielervermittler- Wettbewerb Reglement Vgl Vergleiche FIFPro Fédération Internationale des WM Weltmeisterschaft Associations de Footballeurs Z Ziffer Professionels ZPO Zivilprozessordnung

V

1 Einleitung Die Entwicklung, die der Sport in den letzten Jahrzehnten genommen hat, ist ebenso bemerkenswert wie faszinierend. An der Spitze der Weltsportarten steht – nach wie vor und unumstößlich – der Fußballsport. Eine Umfrage der FIFA1 aus dem Jahr 2006 hat ergeben, dass es weltweit etwa 264,5 Millionen aktive Fußballspieler2 gibt. Bei der letzten Weltmeisterschaft im Jahr 2018 sahen über 3,5 Milliarden Menschen (und somit die Hälfte der Weltbevölkerung!) mindestens eine Minute der Spiele im Fernsehen3, allein das WM-Finale zwischen Kroatien und Frankreich verfolgten 1,17 Milliarden live vor dem Bildschirm.

Diese exorbitant hohen Zahlen veranschaulichen, welchen Stellenwert der Fußball in der Gesellschaft eingenommen hat. Ob in der Schule im Turnsaal und auf dem Pausenhof, in der Berichterstattung der Massenmedien oder auf den öffentlichen Sportplätzen: „König Fußball“ ist omnipräsent. Er stellt mittlerweile ein wichtiges Instrument zur Integration dar und vermittelt jungen Menschen essenzielle Werte wie Solidarität und Toleranz.

Die immer weiter steigende Popularität hat allerdings dazu geführt, dass es im modernen Fußball mittlerweile in erster Linie ums Geschäft geht. Früher erfüllte ein Fußballverein den Zweck, dass sich seine Mitglieder körperlich betätigen, mit Gleichgesinnten ihrer Leidenschaft nachgehen und Sport betreiben konnten, heutzutage stellt der professionell geführte Fußballverein4 vielmehr ein Unternehmen dar, das auf einem immer weiter wachsenden Markt tätig ist, eine Vielzahl an Arbeitnehmern beschäftigt und schwindelerregende Summen erwirtschaftet.

Der gesamteuropäische Fußballmarkt verzeichnete in den letzten 15 Jahren einen stetig wachsenden Umsatz, in der Saison 2018/2019 belief sich der Gesamtumsatz des Profifußballs (ohne Transfererlöse!) auf knapp 29 Milliarden Euro5 (zirka 1% entfällt dabei auf die österreichische Bundesliga). Diese Summe setzt sich in erster Linie aus Einnahmen durch Werbung, mediale Verwertung, Sponsoring und Merchandising zusammen.6 Kritik an der

1 Der Fußball-Weltverband „Fédération Internationale de Football Association“ ist ein gemeinnütziger Verein nach Schweizer Recht mit Sitz in Zürich. 2 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36500/umfrage/fussballspieler-weltweit/ (5.2.2021). 3 https://de.fifa.com/worldcup/news/mehr-als-die-halfte-der-weltbevolkerung-verfolgte-die-fifa-fussball- weltmeisters (5.2.2021). 4 In weiterer Folge sind mit der Bezeichnung „Verein“ stets Fußballklubs gemeint. Unabhängig davon, ob sie ein Verein gemäß Vereinsgesetz 2002 sind oder eine andere Rechtsform (etwa die einer Aktiengesellschaft) haben. 5 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198723/umfrage/umsatz-des-europaeischen-fussballmarktes-seit- 2006/ (5.2.2021). 6 https://fussballwirtschaft.de/umsaetze-der-bundesliga (5.2.2021). 1

„Kommerzspirale“ kommt längst nicht nur mehr von Fußball-Romantikern, die den modernen Fußball als seelenlose Verkaufsplattform anprangern.

Insbesondere die Summen, die für Spielertransfers7 und -gehälter auf den Tisch gelegt werden, sorgen dafür, dass auch der fußballdesinteressierte Durchschnittsbürger mitbekommt, welche absurden Ausmaße der Sport mittlerweile angenommen hat. In den Medien ist täglich von Wechselgerüchten zu lesen, die kolportierten Ablösesummen8 und Spielergehälter werden regelmäßig mitgeliefert. Gerne werden die enormen Summen, die manche Fußballer verdienen, auch auf Euro pro Stunde/Minute aufgeteilt, damit sich der Leser ein Bild machen kann. So sorgte etwa ein Bericht9 der spanischen Tageszeitung „El Mundo“, wonach der sechsfache Weltfußballer Lionel Messi 210.000 Euro netto am Tag (!) verdienen soll, für viel Aufsehen auf der ganzen Welt.10

Im Jahr 2019 wurden weltweit über 18.000 Transfers11 abgewickelt, für die über 6 Milliarden12 Euro an Ablösesummen gezahlt wurden. Sowohl die Anzahl an Transfers als auch die Summe der Ablösezahlungen stiegen in den letzten 10 Jahren kontinuierlich.

Im Jahr 2013 hat der Transfer des Walisers Gareth Bale von Tottenham Hotspur zu Real Madrid die magische Schallmauer von 100 Millionen Euro durchbrochen, seither ist es keine Seltenheit mehr, dass dreistellige Millionenbeträge an Ablöse bezahlt werden. Die bisher höchste Ablösesumme überwies Paris Saint Germain im Jahr 2017 an den FC Barcelona: 222 Millionen Euro machten den Brasilianer Neymar Jr. zum teuersten Spieler aller Zeiten.13

Die irrwitzigen Summen, die bei den Transfergeschäften bezahlt werden, rufen die Spielervermittler auf den Plan. Ihre Aufgabe ist es, für den Spieler (und für sich selbst), das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Sie sorgen dafür, dass wechselwillige Spieler und Vereine, die auf der Suche nach Verstärkungen sind, zusammenfinden.

7 Darunter versteht man den Vereinswechsel eines Fußballers, der meist gegen Geld aus einem noch laufenden Vertrag herausgelöst wird. 8 Dies ist der Betrag, den ein Verein an einen anderen bezahlt, um einen Spieler aus einem Vertrag „herauszukaufen“. 9 https://www.elmundo.es/deportes/futbol/2021/01/31/60154779fdddfff4a78b461e.html (5.2.2021). 10 https://www.cbssports.com/soccer/news/lionel-messi-barcelona-contract-details-674-million-earnings-leaked- by-spanish-paper-in-bombshell-report/ (5.2.2021). 11 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/388716/umfrage/transfers-weltweiter-profifussball/ (5.2.2021). 12 https://de.statista.com/statistik/daten/studie/382052/umfrage/transfer-ausgaben-weltweit-profifussball/ (5.2.2021). 13 https://www.spiegel.de/fotostrecke/neymar-und-co-das-sind-die-teuersten-spieler-der-welt-fotostrecke- 150910.html (5.2.2021). 2

1.1 Arbeitsprogramm In dieser Arbeit setze ich mich mit Spielervermittlern von Profifußballern und den für sie in Österreich geltenden Regelungen auseinander. Eingangs wird der Spielervermittler genau beleuchtet, um ihn von ähnlichen Phänomenen abzugrenzen und in der österreichischen Rechtsordnung einzuordnen. Sowohl die Voraussetzungen für die Arbeit als Spielervermittler als auch drohende Sanktionen bei Verstößen gegen die für sie geltenden Regelungen werden dargestellt. Im Anschluss untersuche ich die aktuell geplanten Änderungen für die Regulierung der Spielervermittler, um einen Ausblick in die Zukunft der gesamten Branche zu geben. Abschließend wird ein aktuelles Urteil des LGZ Graz aufgearbeitet, das über einen Rechtsstreit zwischen zwei Spielervermittlern beziehungsweise einem Vermittler und einem Profifußballer entschieden hat.

Diese Arbeit behandelt ausschließlich die Spielervermittlung von Fußballern, die erlangten Erkenntnisse können jedoch ohne Weiteres auch auf die Spielervermittlung in anderen Sportarten übertragen werden.14

14 Limberger, Rechtsfragen der Sportlervermittlung, in Grundei/Karollus (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen des Fußballsports IV (2006) 113 (113). 3

2 Spielervermittler – Phänomen und rechtliche Einordnung 2.1 Die Bedeutung der Spielervermittler im modernen Fußball Die Berufsgruppe der Spielervermittler genießt im Fußball einen – gelinde ausgedrückt – zweifelhaften Ruf. Der durchschnittlich Fußballbegeisterte hat das Bild von grauen Eminenzen im Kopf, die aus dem Hintergrund die Fäden im Transferpoker ziehen und sich bei einem erfolgreichen Vereinswechsel „ihres“ Spielers eine „goldene Nase“ verdienen. Regelmäßig kommt es zu Fällen, die medial aufgebauscht werden und den Spielervermittler als skrupellosen Abzocker dastehen lassen, der einzig und allein darauf bedacht ist, seinen persönlichen Profit zu maximieren, anstatt sich um das Wohl des Spielers zu sorgen. Nicht selten werden besonders unschöne Worte mit Spielervermittlern in Verbindung gebracht: Geldgier15, Menschenhandel, und Sklaverei, um nur einige zu nennen. Dass im Jahr 2018 mit Dejan Veljkovic ausgerechnet ein Spielervermittler als Strippenzieher im weitreichenden belgischen Fußball-Skandal (bei dem es um illegale Absprachen, Geldwäsche und Spielmanipulationen im großen Stil ging) fungierte16, half wohl kaum, das Ansehen der Berufsgruppe zu verbessern.

Wenngleich es bereits in den 70er-Jahren vereinzelt Transfers gab, die mithilfe von Spielervermittlern zustande kamen, so sind diese jedenfalls eine Begleiterscheinung des modernen Fußballs. Ein Lizenzierungssystem für Spielervermittler wurde erstmals in den 1990er-Jahren von der FIFA eingeführt.17 Als der EuGH 1995 das in Fußballerkreisen allseits bekannte und vieldiskutierte Bosman-Urteil18 erließ, änderte sich dadurch auch die Dynamik im Fußballgeschäft. Die Entscheidung des EuGH erlegte den Vereinen ein Verbot auf, nach Vertragsende eines Spielers eine Ablösesummer vom aufnehmenden Verein zu verlangen. Die Vereine sind seither gezwungen den Vertrag entweder frühzeitig zu verlängern oder den Spieler trotz laufenden Vertrags – gegen eine Ablösesumme – an einen anderen Verein abzugeben. Dies führte in der Folge dazu, dass sich die Spielergehälter sukzessive erhöhten, die Laufzeit der Spielerverträge verlängert wurde und die Ablösesummen nach oben kletterten.19

15 FC Bayerns Aufsichtsratsmitglied und Ehrenpräsident Uli Hoeneß bezeichnete unlängst einen unliebsamen Spielervermittler des österreichischen Nationalspielers David Alaba als „geldgierigen Piranha“: https://www.derstandard.de/story/2000119968973/hoeness-alaba-berater-geldgieriger-piranha (5.2.2021). 16 https://rp-online.de/sport/fussball/international/fussballskandal-in-belgien-strippenzieher-dejan-veljkovic-will- aussagen_aid-34646863 (5.2.2021). 17 Scherrer, Die revidierte FIFA-Spielervermittler-Regelung, SpuRt 4/2001, 171. 18 EuGH 15.12.1995, C-415/93, Bosman, Slg 1995, I-04921. 19 Schroeder, Ablösesummen und Spielertransfer nach Bosman, in Büchele (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen im Fußballsport (2015), 1 (9ff). 4

Rückblickend kann festgestellt werden, dass das Bosman-Urteil20 die Verhandlungsposition der Fußballer gegenüber ihren Vereinen stärkte. Die Spieler sind nur mehr so lange an ihren Verein gebunden, solange der Vertrag läuft, danach können sie selbst entscheiden, ob und zu welchem Verein sie wechseln wollen. In den meisten Fällen findet ein Transfer zu dem Klub statt, der das lukrativste Angebot macht. Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, fasste es 2015 mit folgenden Worten zusammen: „Mit dem Urteil kam eine große Bewegung in Sachen Gehälter, Transferablösen, etc. Es war schön für die Spieler und schlecht für die Klubs.“21

Die Globalisierung durch Kommunikations- und Internettechnologie sowie die bereits angesprochene fortschreitende Kommerzialisierung des Fußballsports führten dazu, dass mehr und mehr Geld in den Fußballmarkt gespült wurde. Zusammen mit der Liberalisierung des Transfermarkts, die das Bosman-Urteil geschaffen hatte, tat sich ein neuer Wirtschaftszweig auf: die berufsmäßige Spielervermittlung.

Heutzutage ist es keine Ausnahme mehr, dass ein Transfer mit der Hilfe beziehungsweise aufgrund der Bemühungen eines Spielervermittlers zustande kommt. Bei einem Fünftel der weltweit knapp 18.000 vollzogenen Vereinswechsel im Jahr 2019 war ein Spielervermittler beteiligt.22 Insbesondere bei spektakulären Transfers von besonders gefragten Fußballern – den sogenannten „Transferbomben“ – ist in der Regel ein findiger Spielervermittler federführend. Der Einfluss der Vermittler auf das Fußball-Business geht so weit, dass eine große Zahl an vielversprechenden Nachwuchstalenten bereits in jungen Jahren einen Spielervermittler zur Seite gestellt bekommt.23 Dieser soll den Stars von morgen dabei helfen, bei Transfers und Vertragsverhandlungen nicht übervorteilt zu werden, den Schritt in den Profifußball zu bewerkstelligen und sich im Millionen-Geschäft zurechtzufinden.

Besonders einflussreiche und gut vernetzte Spielervermittler waren in der Vergangenheit gar dafür mitverantwortlich, dass ganze Fußballklubs den Besitzer wechselten. Pinhas „Pini“ Zahavi24 war federführend dafür, dass der russische Multimilliardär Roman Abramovich im Jahr 2003 den englischen Verein FC Chelsea kaufte. Seither zählen die „Blues“25 zu den besten

20 Der EuGH stellte mit dem Bosman-Urteil außerdem fest, dass Ausländerklauseln (Regelungen nationaler Sportverbände, die die Zahl der EU-Ausländer begrenzen) unzulässig sind. 21 https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-jean-marc-wer-herr-bosman-erschuettert-fussball-europa-dpa.urn- newsml-dpa-com-20090101-151213-99-306499 (5.2.2021). 22 Petschinka, Spielervermittler im Fokus, http://lawmeetssports.at/spielervermittler-im-fokus/ (5.2.2021). 23 Buschmann/Pfeil, Schattenmänner, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131578953.html (5.2.2021). 24 Der Israeli ist einer der bekanntesten, erfolgreichsten und berüchtigtsten Spielervermittler der Welt. Neben vielen Topstars gehört auch der Österreicher David Alaba zu seinen Klienten. 25 Dies ist der Spitzname des FC Chelsea. 5

Vereinen in England und Europa. Zahavi, der regelmäßig Spieler an die Londoner vermittelt, verdiente am FC Chelsea Provisionen im zweistelligen Millionenbereich.26

Im Jahr 2019 überwiesen die Vereine einem Bericht der FIFA27 zufolge 590 Millionen Euro an Vermittlungsgebühren an Spielervermittler: ein neuer Rekord.28 Insgesamt 80 Prozent dieser irrwitzigen Summe hatten die Klubs aus Europas Top-Ligen (England, Spanien, Italien, Deutschland und Frankreich) zu begleichen.29

Die Coronavirus-Pandemie hatte im Jahr 2020 (auch) die Fußball-Welt fest im Griff: Zahlreiche nationale und internationale Spitzenklubs sind durch die ausbleibenden Einnahmen aus dem Ticketverkauf finanziell nachhaltig angeschlagen und teilweise sogar in ihrer Existenz bedroht.30 Der Krise zum Trotz wurden im Vorjahr immerhin 411 Millionen an Spielervermittler bezahlt, was einem Rückgang von lediglich31 24 % entspricht.32

In Österreich wurden zwischen März 2019 und März 2020 für insgesamt 281 Transfers beziehungsweise Vertragsverlängerungen immerhin über 2,5 Millionen Euro an Spielervermittler bezahlt.33 Allein der heimische Serienmeister FC Red Bull Salzburg und der SK Rapid Wien zeichneten für mehr als die Hälfte dieser Gesamtsumme verantwortlich. Der Rest teilt sich einerseits auf die übrigen Klubs der beiden österreichischen Profi-Ligen auf, andererseits findet sich aber auch eine Vielzahl von Amateurvereinen in der vom ÖFB34 veröffentlichten Aufstellung.35 Dass sich mit dem KSV Röschitz selbst ein niederösterreichischer Sechstligist (!) eines Spielervermittlers bedient hat36, zeigt, dass diese

26https://web.archive.org/web/20160124074112/http://www.theguardian.com/sport/2006/nov/26/football.features (5.2.2021). 27 https://resources.fifa.com/image/upload/intermediaries-report-2019.pdf?cloudid=skxho7ouynkh1axpcu0a (5.2.2021). 28 https://www.derstandard.at/story/2000111874839/neuer-rekord-knapp-600-millionen-euro-provisionen-fuer- spielervermittler (5.2.2021). 29 https://resources.fifa.com/image/upload/intermediaries-report-2019.pdf?cloudid=skxho7ouynkh1axpcu0a (5.2.2021). 30 https://www.kicker.de/13_der_36_profiklubs_droht_insolvenz_noch_in_dieser_saison-773385/artikel (5.2.2021) 31 Wenn man sich vor Augen hält, dass die Ränge in den Fußballstadien seit bald einem Jahr verwaist sind. 32 FIFA-Vermittlerbericht 2020, 5. Abrufbar unter: https://resources.fifa.com/image/upload/intermediaries-in- international-transfers-2020.pdf?cloudid=evtcspxhxl9pqov1dfyz (5.2.2021). 33 https://www.oefb.at/oefb/Offenlegung-der-registrierten-Spielervermittlertransaktionen-15-Maerz-2019-15- Maerz-2020-.pdf (5.2.2021). 34 Der Österreichische Fußball-Bund (ÖFB) vereinigt als Fachverband die Fußball-Landesverbände in Österreich und ist seit 1905 FIFA-Mitglied. 35 https://www.oefb.at/oefb/Offenlegung-der-registrierten-Spielervermittlertransaktionen-15-Maerz-2019-15- Maerz-2020-.pdf (5.2.2021). 36 https://www.oefb.at/oefb/Offenlegung-der-registrierten-Spielervermittlertransaktionen-15-Maerz-2019-15- Maerz-2020-.pdf (5.2.2021). 6

Berufsgruppe auch in den Niederungen des Amateursports aktiv ist, und veranschaulicht welche Relevanz die Vermittler für den Fußballsport haben.

Die Provision eines Vermittlers für einen Spielertransfer beläuft sich offiziell auf 5 bis 15 Prozent des Jahresgehalts des Spielers. Es ist keine Seltenheit, dass die Spielervermittler aufgrund spezieller Klauseln oder komplizierter Vertrags-Konstrukte weitere Zahlungen erhalten.37

Weltweit sind aktuell über 14.000 Spielervermittler tätig, die sich auf 152 Länder und über 6000 Agenturen aufteilen.38 In Österreich wurden im Zeitraum zwischen März 2019 und März 2020 insgesamt 77 Spielervermittler registriert, die bei der Abwicklung von Transfers und Vertragsverlängerungen beteiligt waren.39 Mehr als die Hälfte der Vermittler gab an, dass sie schon vor dieser Tätigkeit im Fußballgeschäft beschäftigt waren. Viele sind Ex-Profis, Ex- Trainer, ehemalige Scouts, frühere Sportdirektoren und sogar Sportjournalisten.40 Sie alle machen sich die Kontakte und Netzwerke zunutze, die sie in ihrer Zeit als Aktive zu Vereinen und Spielern geknüpft beziehungsweise aufgebaut haben. Jene 46% der Spielervermittler, die über keine Vorerfahrung mit dem Profifußball verfügen, kommen aus dem Finanzsektor, dem Rechtswesen oder dem Marketingbereich.41

2.2 Begriffsdefinition und Abgrenzung zu verwandten Begriffen Neben dem Spielervermittler sind auch andere Personen im unmittelbaren Umfeld der Spieler und Vereine tätig, die ähnliche Aufgaben erfüllen. Vor allem die Begriffe „Spielerberater“ und „Spielervermittler“ werden oft vermischt und als Synonyme verwendet. Dass die Tätigkeiten des Spielervermittlers und -beraters oft von ein und derselben Person wahrgenommen werden und es keine übliche Ausbildung gibt42, verleitet freilich zu einer Vermengung der Begriffe. Es handelt sich jedoch um zwei unterschiedliche Berufe. Daher gilt es zwischen den Spielervermittlern, Spielerberatern/-managern und Spielerscouts eine möglichst klare Trennung vorzunehmen.

37 Buschmann/Pfeil, Schattenmänner, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131578953.html (5.2.2021). 38 https://www.transfermarkt.de/berater/spielerberateruebersicht/berater (5.2.2021). 39 Dies ergeht aus der vom ÖFB jährlich veröffentlichten Offenlegung der registrierten Spielervermittlertransaktionen, abrufbar unter https://www.oefb.at/oefb/Offenlegung-der-registrierten- Spielervermittlertransaktionen-15-Maerz-2019-15-Maerz-2020-.pdf. (5.2.2021). 40 Karger, Die Welt der Spielerberater (Teil 1) – Die Qualifikationen und Fertigkeiten eines typischen Spielerberaters, https://abseits.at/fusball-in-osterreich/die-welt-der-spielerberater-teil-1-die-qualifikationen-und- fertigkeiten-eines-typischen-spielerberaters/ (5.2.2021). 41 Karger, Spielerberater, https://abseits.at/fusball-in-osterreich/die-welt-der-spielerberater-teil-1-die- qualifikationen-und-fertigkeiten-eines-typischen-spielerberaters/ (5.2.2021). 42 Limberger, Sportlervermittlung 114. 7

Im § 1 des „ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittlern“43 findet sich im ersten Absatz folgende Definition: „Ein Spielervermittler ist eine natürliche oder juristische Person, die gegen Entgelt oder kostenlos Spieler und/oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Transfervereinbarung tätig wird.“44

Die primäre Aufgabe eines Spielervermittlers ist es also, durch die Suche und Sondierung von geeigneten potenziellen Vertragspartnern eine neue45 oder weitere46 Beschäftigung (Arbeit) zu vermitteln.47 Dabei muss es nicht zwingend zu einem Vertragsabschluss zwischen den Parteien kommen, da der Auftraggeber (Spieler oder Verein) letztlich darüber entscheidet, ob und mit wem er einen Vertrag abschließen will.48 Neben dem Zusammenführen der interessierten Vertragsparteien gehört die aktive Unterstützung des Spielers (im Sinne vom Ausverhandeln günstiger Konditionen) oder das Bereitstellen von Vertragsentwürfen ebenfalls zum Aufgabenbereich des Spielervermittlers.49 Eine weitergehende Beratung des Spielers durch den Vermittler, insbesondere rechtliche Beratung im Streitfall, wird von der reinen Vermittlungstätigkeit nicht erfasst.50

Die Aufgaben des Spielerberaters51 sind weiter gefasst als jene des reinen Spielervermittlers. Damit sich der Fußballer zur Gänze aufs Sportliche konzentrieren und seine Leistung überhaupt erst erbringen kann, übernimmt der Spielerberater die Besorgung der rechtlichen und wirtschaftlichen Geschäfte. Darunter fallen zum Beispiel: die Vermarktung des Spielers, die Suche nach Sponsoring-Partnern, die Vermögens- und Steuerberatung, die Hilfe bei der Wohnungssuche oder die Organisation und Durchführung von PR-Maßnahmen52. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zum reinen Spielervermittler besteht darin, dass der Spielerberater dem Sportler bei der langfristigen Karriereplanung und darüber hinaus auch bei der Planung der nachsportlichen Karriere hilft.53 Im Fall von Jungprofis kann auch die

43 Fortan als ÖFB-RAV bezeichnet. Dieses ist abrufbar unter: https://www.oefb.at/oefb/OeFB-Reglement-zur- Arbeit-mit-Spielervermittlern-gueltig-ab-1-Juli-2018-.pdf . 44 Diese (gelinde ausgedrückt) „holprige Formulierung“ findet sich tatsächlich wortwörtlich so im ÖFB-RAV wieder. 45 Im Fall eines Transfers zu einem neuen Verein. 46 Im Fall einer Vertragsverlängerung mit dem aktuellen Verein. 47 Jenny, Der Sportlervermittlungs- und der Sportlermanagementvertrag, in Scherrer (Hrsg), Sportlervermittlung und Sportlermanagement (2000) 21 (23). 48 Modl, Rechtliche Aspekte der Sportlervermittlung im schweizerischen Recht, in Scherrer (Hrsg), Sportlervermittlung und Sportlermanagement (2000) 41 (45). 49 Limberger, Sportlervermittlung 116. 50 Kleiner, Der Spielervertrag im Berufsfussball (2013) 54. 51 Auch „Spielermanager“ genannt. 52 Jenny, Sportlervermittlungsvertrag 26. 53 Jaufer, Recht im Sport (2011) 170. 8

Koordination der schulischen Ausbildung mit der Karriere ins Aufgabenfeld des Spielerberaters fallen. Neben all den Funktionen, die der Spielerberater übernimmt, ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass dieser oftmals auch die Transfer- und Vertragsangelegenheiten für den Spieler regelt. Insofern geht die Tätigkeit des Spielerberaters weiter als jene des reinen Spielervermittlers.54

Spielerscouts – auch Spielersichter, Talentesucher oder Spielerbeobachter genannt – sind dauerhaft Beschäftigte eines Fußballvereins. Sie reisen von Spiel zu Spiel und sind permanent auf der Suche nach vielversprechenden Talenten für ihren Arbeitgeber oder schauen einem Spieler, der in Zukunft verpflichtet werden soll, genau auf die Füße.55

Wegen der hohen laufenden Kosten haben nur die wirtschaftlich stärksten Vereine die Möglichkeit, eine eigene Scouting-Abteilung einzurichten, um eine umfassende Spielerbeobachtung auf globaler Ebene durchzuführen und sich somit beim Wettrennen um die Verpflichtung der vielversprechendsten Spieler in eine gute Position bringen. Die Existenzberechtigung der Spielervermittler lässt sich daraus ableiten, dass sich kleine Klubs nur wenige oder keine dauerhaft beschäftigten Scouts leisten können, stattdessen mehrere Spielervermittler mit der Suche nach geeigneten Fußballern beauftragen und nur jene finanziell entschädigen müssen, die eine erfolgreiche Vermittlung vorweisen können.56

2.3 Rechtliche Einordnung 2.3.1 Das Lizenzierungssystem für Spielervermittler Auch wenn sich die Gesetze und Regelungen, die auf Spielervermittler Anwendung finden, in Grenzen halten, so kann nicht (mehr) von einem „rechtsfreien Raum“ gesprochen werden. Schon in den 90er-Jahren hatte die FIFA erkannt, dass es Regeln bedurfte, um dem Wildwuchs im Spielervermittlergewerbe Einhalt zu gebieten.57 In weiterer Folge wurde von der FIFA ein Spielervermittler-Reglement eingeführt58, das teilweise scharf kritisiert und in weiterer Folge auch mehrfach abgeändert wurde. Obwohl das „FIFA-Spielervermittler-Reglement“ aus dem Jahre 1995 heute nicht mehr in Geltung ist, dieses aber für die Entwicklung der gesamten Branche und der heute gültigen Bestimmungen zur Regulierung eben jener wichtig ist, wird die Entstehungsgeschichte und Entwicklung des FIFA-Spielervermittler-Reglements überblicksweise dargestellt.

54 Limberger, Sportlervermittlung 118. 55 Limberger, Sportlervermittlung 118. 56 Limberger, Sportlervermittlung 118. 57 Limberger, Sportlervermittlung 119. 58 Scherrer, SpuRt 4/2001, 171. 9

Vorweg gilt es, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, inwieweit der FIFA die Befugnis zukommt, den Beteiligten verbindliche Regelungen aufzuerlegen: Einerseits verfügt die FIFA als private Körperschaft über keine Staatsgewalt und dementsprechend über keine hoheitlichen Befugnisse. Andererseits sind die Spielervermittler keine Mitglieder der FIFA59: Ihre Tätigkeit entfaltet sich im Bereich der Privatautonomie.

Ein nichtlizenzierter Vermittler konnte also mangels Unterwerfung unter die Satzungs- und Rechtsprechungsgewalt der Verbände, die erst durch entsprechende Lizenzerteilung begründet wurde, auch disziplinarisch nicht belangt werden. Allerdings stellte die Zusammenarbeit mit einem nichtlizenzierten Spielervermittler auf Seiten von Vereinen und Spielern ein sanktionierbares Verhalten dar, welches von der FIFA nach den Regelungen des Spielervermittlerreglements bestraft werden konnte.60

Da es sich bei den von der FIFA verabschiedeten Regularien lediglich um Verbandsvorschriften handelt, ist deren Rechtsverbindlichkeit beschränkt und erzeugt keine Allgemeinverbindlichkeit wie ein Gesetz.61

2.3.1.1 FIFA-Spielervermittler-Reglement 199562 Das FIFA-SvR 1995 wurde zu Beginn des Jahres 1995 eingeführt63 und erfasste die Vermittlung eines Fußballers durch einen Spielervermittler. Ziel der Regelungen war es, die festgestellten Missstände in der Spielervermittlerbranche einzudämmen sowie einheitliche und transparente Regelungen zu schaffen, die das Verhalten von Spielervermittlern, Spielern und Vereinen wechselseitig normieren sollten.64 Außerdem wurden mit der Einführung des FIFA- SvR 1995 die Spielervermittler als Teil des Fußballgeschehens anerkannt und die Profis vor dem Wildwuchs im Transfergeschäft geschützt.65 Fortan war eine FIFA-Lizenz für die Ausübung der Spielervermittlertätigkeit notwendig. Diese Lizenz wurde von der FIFA66 erteilt und war zeitlich nicht befristet.

59 FIFA-Mitglieder sind nur die Nationalverbände, derzeit 211 an der Zahl. 60 Kemmeries, Das FIFA-Spielervermittlerreglement - Entwicklungen, Causa Sport 2013, 98. 61 Stopper/Karlin, Spielertransfers und Spielervermittlung, in Stopper/Lentze (Hrsg), Handbuch Fußball-Recht2 (2018) 695 (730). 62 Fortan als FIFA-SvR 1995 bezeichnet. 63 In Kraft trat es am 1.1.1996. 64 Wachter, Die neue Spielervermittlerregelung der FIFA: Mehr Fort- als Rückschritt, Causa Sport 2014, 312 (313). 65 Wachter, Causa Sport 2014, 313. 66 Oder gegebenenfalls vom zuständigen Verband, sofern sich der Vermittler nur an nationalen Transfers beteiligte. 10

Unglücklicherweise war der Begriff des Spielervermittlers nicht definiert, sodass auch der Berater/Manager des Spielers unter den Begriff des „Spielervermittlers“ zu subsumieren war. Die Unschärfe in Bezug auf die Begrifflichkeiten sorgte dafür, dass sich findige Vermittler etwa bei einem internationalen Transfer sowohl vom Spieler als auch vom abgebenden und aufnehmenden Verein für ihre Leistungen (die nicht klar umschrieben worden waren) entschädigen ließen67, obwohl in Art 14 FIFA-SvR 1995 vorgeschrieben war, dass ein Spielervermittler nur die Interessen einer beteiligten Partei vertreten dürfe.

Das FIFA-SvR 1995 legte den Spielern und Vereinen ein Verbot auf, die Dienste eines nicht-lizenzierten Spielervermittlers in Anspruch zu nehmen. Ausgenommen waren nahe Angehörige68 des Spielers sowie Rechtsanwälte. Bei Zuwiderhandeln gegen dieses Verbot drohten den Spielern und Vereinen empfindliche Strafen; Spieler, die mit nicht-lizenzierten Vermittlern zusammenarbeiteten, konnten sogar für ein Jahr gesperrt und somit an der Ausübung ihres Berufs gehindert werden. Trotz dieser Sanktionen konnte eine erstaunliche Selbstverständlichkeit beobachtet werden, mit der sich Vermittler, Spieler und Vereine über klare Bestimmungen des FIFA-SvR 1995 hinwegsetzten.69

Voraussetzung für die Erteilung der Spielervermittler-Lizenz war die Absolvierung einer mündlichen Prüfung70 über Kenntnis der Bereiche Recht und Sport, außerdem mussten die Bewerber die Unvereinbarkeit mit gewissen Tätigkeiten beachten und bestimmte Leumundsvoraussetzungen erfüllen.71 Darüber hinaus forderte Art 9 FIFA-SvR 1995 als Voraussetzung eine gewährleistete Bankgarantie72 in Höhe von 200.000 Schweizer Franken73. Dieser Betrag sollte der FIFA dazu dienen, Schadenersatzansprüche eines Spielers oder Vereins gegen den Spielervermittler abzudecken.74 Diese Regelung rief besonders laute Kritik hervor und bildete den Anstoß zur späteren Änderung des FIFA-SvR 1995. Die Höhe der Bankgarantie machte es faktisch unmöglich für junge Vermittler und solche aus Entwicklungsländern, am Vermittlergeschäft teilzunehmen. Dies führte dazu, dass der afrikanische und südamerikanische Spielermarkt von den europäischen Spielervermittlern regelrecht ausgebeutet wurde.75

67 Scherrer, Die Spielervermittler-Regelung des Weltfussballverbandes (FIFA), in Scherrer (Hrsg), Sportlervermittlung und Sportlermanagement (2000) 93 (96). 68 Auch der Begriff des „nahen Angehörigen“ wurde im FIFA-Reglement nicht definiert. 69 Scherrer, Spielervermittler-Regelung 98. 70 Art 6,7 und 8 FIFA-SvR 1995. 71 Art 2,3 und 4 FIFA-SvR 1995. 72 Dies ist eine Form der Ausfallshaftung, die eine Bank gegenüber ihrem Kunden abgibt. Im Unterschied zur Bankbürgschaft besteht die Bankgarantie unabhängig von der zu sichernden Forderung. 73 Etwa 185.000 Euro. 74 Scherrer, Spielervermittler-Regelung 99. 75 Scherrer, Spielervermittler-Regelung 99. 11

Beschwerden nach dem FIFA-SvR 1995 konnten direkt an die FIFA gerichtet werden76, allerdings ging aus dem Reglement nicht hervor wer beschwerdelegitimiert war. Somit stand auch den Spielervermittlern die Möglichkeit offen, ihre Ansprüche, die sie gegen säumige Vereine hatten, mittels Beschwerde bei der FIFA geltend zu machen.77 Die Spielerstatut- Kommission wurde von der FIFA mit der Überwachung des FIFA-SvR 1995 betraut und fungierte als Entscheidungsorgan.78

2.3.1.2 FIFA-Spielervermittler-Reglement 2000 Als Reaktion auf die Kritik – selbst die Europäische Kommission hatte Bedenken aus wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten79 am FIFA-SvR 1995 geäußert – trat am 1.3.2001 eine überarbeitete Fassung des FIFA-SvR in Kraft.80 Diese Neufassung81 sollte die Akzeptanz der Spielervermittler verbessern und das Zusammenwirken der Vereine, Spieler und Vermittler transparenter gestalten.82 Nach Aussage des damaligen FIFA-Generalsekretärs wollte man außerdem den Bedürfnissen und Entwicklungen der Branche Rechnung tragen und eine EU- kompatible Lösung finden. Um dies zu gewährleisten wurden die nationalen Fußballverbände stärker eingebunden: Sowohl die Ausstellung der Spielervermittler-Lizenzen83 als auch die Erledigung von Streitigkeiten, die sich aus einem Vermittlungsgeschäft ergaben, wurden an die Nationalverbände delegiert84, wodurch sich die FIFA neben mehr Transparenz auch eine effizientere Durchsetzung der Regelungen erhoffte.85 In Abs 3 der Präambel des FIFA-SvR 2000 wurden die Nationalverbände dazu verpflichtet, bei Erlass des nationalen Reglements die nationale Gesetzgebung zu berücksichtigen.

Nur ein Jahr später wurde das FIFA-Reglement erneut adaptiert. Die wesentlichste Änderung war der Wegfall der bis dahin geforderten Bankgarantie. Stattdessen wurde nur mehr der Abschluss einer professionellen Haftpflichtversicherung gefordert.86 Eine weitere Neuerung war die Einführung einer weltweit einheitlichen, schriftlichen Multiple-Choice-

76 Art 9 FIFA-SvR. 77 Scherrer, Spielervermittler-Regelung 99. 78 Art 20 FIFA-SvR 1995. 79 Im Hinblick auf die erforderliche Bankgarantie und wegen des faktischen Berufsverbots für nicht lizenzierte Spielervermittler. 80 In EuG 26.01.2005, T-193/02, Piau/Kommission, Slg 2005, II-00209 entschied das EuG, dass das FIFA- Reglement 2000 nicht gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstieß. 2006 bestätigte der EuGH dieses Urteil (EuGH 23.2.2006, C-171/05 P, Laurent Piau gegen Kommission, Slg 2006, I-00037). 81 In weiterer Folge als FIFA-SvR 2000 bezeichnet. 82 Limberger, Sportlervermittlung 119. 83 Art 1,2 und 10 FIFA-SvR 2000. 84 Scherrer, Spielervermittler-Regelung 95ff; ders, SpuRt 4/2001, 171. 85 Wachter, Causa Sport 2014, 314. 86 Art 6 Abs 1 FIFA-SvR 2000. 12

Prüfung87, die sicherstellte, dass für alle Kandidaten dieselben Anforderungen sowie der gleiche Stoffumfang galten. Dadurch sollte eine bis dahin fehlende Chancengleichheit gewähren werden. Außerdem verpflichtete das novellierte FIFA-SvR 2000 die Nationalverbände dazu, eigene, verbandsinterne Spielervermittler-Reglements zu erstellen, die sich an den Richtlinien des FIFA-Reglements zu orientieren hatten.88 Das vom ÖFB erlassene „nationale“ Spielervermittler-Reglement deckte sich weitgehend mit dem FIFA-Regulativ, im Detail wird dieses Regelwerk unter 2.3.5 behandelt.

2.3.1.3 FIFA-Spielervermittler-Reglement 2008 Auch in den folgenden Jahren ging die Suche nach Lösungsansätzen, um die Professionalität der Spielervermittler und die Transparenz ihrer Tätigkeit zu steigern, weiter. Diese Bestrebungen mündeten in einer erneut überarbeiteten Version des FIFA-SvR, das am 1. Jänner 2008 in Kraft trat.89 Das FIFA-SvR 2008 wies ein benutzerfreundlicheres Layout und eine klare Struktur mit zehn Kapiteln und drei Anhängen auf.90 Darüber hinaus fand sich erstmals eine Legaldefinition für Spielervermittler im Kapitel „Definitionen“. Demnach ist ein Spielervermittler „eine natürliche Person, die gegen Entgelt Spieler bei einem Verein vorstellt, um Arbeitsverträge auszuhandeln oder neu zu verhandeln, oder die im Hinblick auf den Abschluss eines Transfervertrags zwei Vereine einander vorstellt, und zwar jeweils unter Einhaltung der in diesem Reglement niedergelegten Bestimmungen.“

Eine wesentliche Neuerung war die Beschränkung der Laufzeit der Lizenzen auf fünf Jahre91 und ein Überprüfungsverfahren durch die nationalen Verbände.92 Diese Befristung in Kombination mit einer erneuten Prüfungsteilnahme nach fünf Jahren sollte eine kontinuierliche und professionelle Weiterbildung der Spielervermittler – insbesondere bezüglich einschlägiger Regelwerke sowie aktueller Gesetzgebung – fördern und sicherstellen.93 Nahe Angehörige und Rechtsanwälte durften nach wie vor auch ohne Lizenz als Spielervermittler auftreten.94

Auf nationaler Ebene existierte weiterhin parallel zu den FIFA-Bestimmungen ein Spielervermittlerreglement des ÖFB, in dem die wesentlichen Vorschriften über die

87 Anstelle des persönlichen Gesprächs. 88 Absatz 2 der Präambel des FIFA-SvR 2000. 89 Rain, Sportlermanagement, in Adolphsen/Nolte/Lehner/Gerlinger (Hrsg), Sportrecht in der Praxis (2011) Rz 402. 90 Vgl FIFA-Zirkular Nr. 1125 vom 19. Dezember 2007. 91 Art 17 Z1 FIFA-SvR 2008. 92 Art 16 FIFA-SvR 2008. 93 Vgl FIFA-Zirkular Nr. 1125 vom 19. Dezember 2007. 94 Art 4 FIFA-SvR 2008. 13

Lizenzerteilung95 zu finden waren, während die materiellrechtlichen Regelungen überwiegend dem FIFA-Reglement vorbehalten blieben.96 Die nationalen Spielervermittler-Reglements mussten von den jeweiligen Verbänden angepasst werden, um dem neu erlassenen FIFA- Reglement zu entsprechen.97

2.3.2 FIFA-Reglement 2015 – aktuelle Rechtslage Obwohl durch die Einführung des FIFA-SvR im Jahr 1995 und durch die Überarbeitungen in den Jahren 2000 bzw 2008 maßgebende Schritte zur Erreichung von Transparenz und Professionalität im Spielervermittlerwesen gesetzt wurden, war in der Praxis zu beobachten, dass das gewählte System den gewünschten Erfolg nicht erzielen konnte, sofern weiterhin weitreichende Ausnahmeregelungen bestehen bleiben würden: Die Tatsache, dass Eltern, Geschwister und Ehepartner der Spieler sowie Rechtsanwälte, die als Vertreter der Spieler oder eines Vereins fungierten, vom Lizenzerfordernis ausgenommen waren,98 hatte zur Folge, dass lediglich 25-30%99 der weltweiten Spielertransfers unter Mitwirkung lizenzierter Spielervermittler abgewickelt wurde.100 Darüber hinaus waren selbst Transfers, die mithilfe lizenzierter Spielervermittler getätigt wurden, oft intransparent und konnten nicht überprüft werden.101 Diese Umstände sowie die Tatsache, dass sich zwischen der Lizenzpflicht und den nationalen Rechtsordnungen Konflikte ergaben, waren der ausschlaggebende Antrieb für die Reformbestrebungen, die die FIFA in Zusammenarbeit mit der FIFPro102 und der ECA103 bereits ab 2009104 vorantrieb.

Mit der am 1. April 2015 in Kraft getretenen Neuregelung der Spielervermittlerbranche fand ein Paradigmenwechsel statt. Die als „Reglement zur Arbeit mit Vermittlern“105 bezeichnete Rechtsgrundlage hob das bis dahin geltende Erfordernis einer

95 Für die die nationalen Verbände zuständig waren. 96 Rain, Sportlermanagement Rz 404. 97 Art 40 Abs 2 FIFA-SvR 2008. 98 Siehe Art 4 Z 1 und 2 FIFA-SvR 2008. 99 Stopper/Karlin, Handbuch Fußball-Recht2 729. 100 Wachter, Causa Sport 2014, 315. 101 https://de.fifa.com/who-we-are/news/arbeit-mit-vermittlern-reform-des-fifa-spielervermittlersystems-2583549 (5.2.2021). 102 Die „Fédération Internationale des Associations de Footballeurs Professionnels“ (FIFPro) wurde 1965 gegründet und ist eine weltweit tätige Vertretung von Profifußballern und deren Interessen mit Sitz in den Niederlanden. Ihr gehören 63 nationale Spielervertretungen (inklusive der österreichischen „Vereinigung der Fußballer“) an. 103 Die European Club Association (ECA) ist eine selbstständige und unabhängige Interessenvertretung der europäischen Fußballvereine. Ihre Aufgabe besteht darin, den europäischen Fußball auf Vereinsebene zu fördern und zu schützen. 104 Am 59. FIFA-Kongress am 3. Juni 2009 wurde die 2015 in Kraft getretene Reform des Spielervermittlersystems bereits beschlossen. Vgl https://www.fifa.com/who-we-are/news/blatter-unity-the- family-1066025 (5.2.2021). 105 Fortan als FIFA-RAV 2015 abgekürzt. 14

Spielervermittlerlizenz auf und ersetzte diese durch eine Kombination aus Registrierung106 und Vermittlererklärung.107 Durch dieses System, das nicht mehr den Zugang zur Vermittler- Tätigkeit regelt, sondern einen Rechtsrahmen zur strengeren Kontrolle und Überwachung von Transfers bietet, erhoffte sich die FIFA mehr Transparenz.108 Die Spieler und/oder Vereine können somit die Vermittlerdienste einer beliebigen Partei in Anspruch nehmen, solange sich diese an höchste Standesregeln hält, gewisse Grundsätze befolgt und bestimmte Kriterien erfüllt.109

Die wichtigsten Punkte des FIFA-RAV 2015 sind:

• Spielervermittlerlizenzen: Mit dem Inkrafttreten des neuen Reglements zur Arbeit mit Vermittlern verloren die früher erteilten Spielervermittlerlizenzen jegliche Wirkung.110 Spieler und Vereine dürfen zwar für den Abschluss von Arbeitsverträgen und Transfervereinbarungen weiterhin einen Vermittler beiziehen, haben sich aber nicht mehr (wie nach dem FIFA-SvR 2008) bloß zu vergewissern, ob dieser eine Lizenz besitzt, sondern müssen mit angemessener Sorgfalt überprüfen, ob der Vermittler die Kriterien des FIFA-RAV 2015 erfüllt.111 • Transparenz: Die Spieler und/oder Vereine müssen dem jeweiligen Nationalverband die Vergütungen oder Zahlungen, die sie für Transaktionen an Vermittler leisten, vollständig offenlegen.112 Die Verbände sind verpflichtet, die Namen aller Vermittler, die sie registriert haben, sowie die einzelnen Transaktionen, an denen diese beteiligt waren, jeweils Ende März jeden Jahres zu veröffentlichen.113 • Interessenkonflikte: Die Parteien müssen mit zumutbaren Mitteln sicherstellen, dass keine Interessenskonflikte bestehen bzw etwaige Interessenskonflikte ordnungsgemäß offenlegen.114

106 Art 3 und 6 FIFA-RAV 2015. 107 Diese findet sich im Anhang des FIFA-RAV 2015: der Vermittler sichert zu, die geltenden Statuten und Reglements der FIFA und Mitgliedsverbände einzuhalten, einen tadellosen Leumund zu besitzen, die Offenlegungspflicht zu erfüllen etc. 108 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 729. 109 Gleichzeitig bestehen keine Ausnahmen mehr für Tätigkeiten von Angehörigen des Spielers sowie für Rechtsanwälte. 110 Art 11 FIFA-RAV 2015. 111 Der Spieler/Verein muss sicherstellen, dass kein Interessenkonflikt besteht und der Vermittler die Vermittlererklärung sowie den Vermittlungsvertrag unterzeichnet hat. 112 Art 6 Abs 1 FIFA-RAV 2015. 113 Art 6 Abs 3 FIFA-RAV 2015. 114 Atz 8 FIFA-RAV 2015. 15

• Schutz Minderjähriger: Wenn der betreffende Spieler minderjährig ist, dürfen keine Zahlungen an den Vermittler geleistet werden, auch wenn dieser den Arbeitsvertrag und/oder die Transfervereinbarung aushandelt.115 • Vermittlererklärung: Spielervermittler müssen eine sogenannte Vermittlererklärung („Intermediary Declaration“) unterzeichnen. Mit der Unterschrift wird bestätigt, sich weiterhin an die Satzungen der FIFA zu halten. Die Vermittlererklärungen für natürliche und juristische Personen finden sich im Anhang zum FIFA-RAV 2015. • Vermittlervertrag: Gemäß Art 5 FIFA-RAV 2015 müssen Vereine/Spieler im jeweiligen Vermittlervertrag Angaben zum Umfang der Dienste und zur Art des Rechtsverhältnisses zu ihrem Vermittler machen. Die grundlegenden Details (Namen der Parteien, Dauer des Rechtsverhältnisses, Vergütung des Vermittlers, Datum des Vertragsabschlusses etc) des Vertrags müssen schriftlich festgehalten werden. Bezüglich der Höhe der Provision der Spielervermittler wurden 3% des Bruttolohns des Spielers für die ganze Vertragsdauer bzw 3% der vereinbarten Transfersumme als Empfehlung an Spieler und Vereine festgelegt.116

2.3.3 Kompetenzverteilung zwischen der FIFA und den Nationalverbänden Das FIFA-RAV 2015 beinhaltet von der FIFA festgelegte Mindeststandards und - anforderungen, diese sind von jedem Mitgliedsverband auf nationaler Ebene einzuführen und durchzusetzen. Dabei steht es den Nationalverbänden frei, die Mindestanforderungen zu verschärfen oder auszuweiten.117 Das FIFA-RAV 2015 gibt die anzuwendenden Grundsätze und Rahmenbedingungen vor und ist insoweit zwingend.118

Die Detailregelungen119 im Zusammenhang mit der Arbeit mit Spielervermittlern sowie die Durchsetzung der zwingenden Regeln obliegen den Nationalverbänden. Sie sind darüber hinaus auch für die Kontrolle und Überwachung der involvierten Parteien zuständig und verhängen gegebenenfalls Sanktionen.120 Die Nationalverbände haben die Sanktionen gegen Vermittler zu veröffentlichen und der FIFA zu melden. Diese entscheidet in weiterer Folge darüber, ob die Gültigkeit der Sanktionen weltweit ausgedehnt wird.121

115 Art 7 Abs 8 FIFA-RAV 2015. 116 Art 7 Abs 3 FIFA-RAV 2015. 117 Art 1 Abs 3 FIFA-RAV 2015. 118 Art 1 Abs 2 FIFA-RAV 2015. 119 Art 1 Abs 2 FIFA-RAV 2015. 120 Im RAV ist keine Möglichkeit mehr vorgesehen, Streitigkeiten, die die Tätigkeit von Spielervermittlern betreffen, einer FIFA-Instanz zur Beurteilung vorzulegen. 121 Art 9 FIFA-RAV 2015. 16

Gemäß Art 10 FIFA-RAV 2015 überwacht die FIFA die Durchsetzung der festgelegten Mindeststandards durch die Verbände und kann angemessene Maßnahmen ergreifen, sollten die Pflichten der Nationalverbände nicht erfüllt werden.

Wie bereits oben erwähnt, fällt es auch in die Zuständigkeit der nationalen Fußballverbände, die Namen der Spielervermittler, die einzelnen Transaktionen, an denen Vermittler beteiligt sind, sowie die Gesamtsumme der Vergütungen, die die Spieler und Mitgliedsvereine an Vermittler geleistet haben, zu registrieren und jährlich zu veröffentlichen.122 Außerdem hat sich der Verband vor der Registrierung zu vergewissern, dass ein Vermittler über einen tadellosen Leumund verfügt. Im Fall von juristischen Personen – die seit dem Inkrafttreten des FIFA-RAV 2015 ebenfalls als Spielervermittler auftreten können – hat der Verband zu überprüfen, ob die Vertreter einen tadellosen Leumund aufweisen.123

2.3.4 Reaktionen, Würdigung und Ausblick Der vor über fünf Jahren von der FIFA eingeschlagene Weg, die Spielervermittlertätigkeit ohne Lizenz zu regeln, sorgte innerhalb der Branche für viel Aufsehen, Gesprächsstoff und unterschiedliche Meinungen.

Der Geschäftsführer der DFVV124 urteilte, als die FIFA das geplante FIFA-RAV 2015 erstmals publik machte, folgendermaßen: „Die FIFA hinterlässt völliges Chaos. Ich kann es doch – mit Verlaub – keinem Busfahrer oder Pizzabäcker überlassen, dass er Karrieren von Fußballspielern managt. Vielleicht sogar auch noch von Minderjährigen.“125 Dass ein großer Teil der Branche die Neuregelung nicht billigte, könnte auch darin gegründet sein, dass die FIFA bei der Ausarbeitung des FIFA-RAV 2015 die Spielervermittler mehr oder weniger ausschloss: Als die FIFA das FIFA-RAV 2015 erstmals der Öffentlichkeit vorstellte, wurde verlautbart, dass das neue Reglement „Ergebnis breiter Diskussionen und eines ausgedehnten und umfassenden Konsultationsverfahrens mit allen maßgebenden Mitgliedern der internationalen Fußballgemeinschaft“126 sei. Tatsächlich waren aber die Spielervermittler und deren Verbände am Verfahren nicht beteiligt127, woraus man schließen kann, dass die

122 Art 6 Abs 3 FIFA-RAV 2015. 123 Art 4 FIFA-RAV 2015. 124 Die Deutsche Fußballspieler-Vermittler Vereinigung e.V. (DFVV) ist die Interessenvertretung der deutschen Spielervermittler und wurde 2007 unter dem Dachverband der EFAA (European Football Agents Association) gegründet. Vgl https://www.dfvv.net/ (5.2.2021). 125 https://www.spiegel.de/sport/fussball/fifa-plant-abschaffung-von-lizenz-fuer-spielerberater-a-1000975.html (5.2.2021). 126 Vgl FIFA-Zirkular Nr. 1417 vom 30.4.2014. 127 Die FIFA lud die EFAA lediglich zur Diskussion über die Ergebnisse der Arbeitsgruppe ein und forderte sie auf, einen Kommentar zum RAV-Entwurf abzugeben. Vgl Wackerbeck, Das Aus der Spielervermittlerlizenz und das „Dritteigentum an Spielerrechten“ – Eine erste, kritische Bestandsaufnahme, SpuRt 2/2015 56 (58). 17

Spielervermittler von Seiten der FIFA seit jeher nicht als Mitglieder der Fußballgemeinschaft angesehen werden. Zumindest eine Beteiligung der lizenzierten Vermittler hätte erwartet werden können, waren diese doch bereit, sich im Wege der Lizenzierung den Regeln der FIFA zu unterwerfen und dadurch eine verbesserte Organisation, Qualitätskontrolle und Seriosität zu erwirken.128

Einen vollkommen konträren Standpunkt nahm der deutsche Rechtsanwalt Michael Becker ein, der unter anderem den ehemaligen Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Michael Ballack, während seiner aktiven Zeit beriet und vermittelte: "Die Bratwurst-Lizenz der Fifa ist nicht mehr wert als ein Freischwimmerzeugnis", meinte er schon 1999 im Nachrichtenmagazin „Spiegel“.129 „Die Sinnhaftigkeit der Spielervermittler-Lizenz erschließt sich mir schon seit Jahren nicht.“130, begrüßte er die spätere Entscheidung der FIFA, die Vermittlerlizenz abzuschaffen.

Worauf Becker anspielte, war die Tatsache, dass es während der Ära der Vermittlerlizenz wider das Verbot der Zusammenarbeit mit nicht-lizenzierten Spielervermittlern131 – trotz mehrerer tausend Verstöße132 – zu keinem einzigen (!) Disziplinarverfahren seitens der FIFA kam. Die Kontrollen und Sanktionen standen demnach offensichtlich in keinerlei Verhältnis zu den Ausmaßen und Auswüchsen der Spielervermittlung.133

Auch wenn die durch das FIFA-RAV 2015 veranlasste Aufhebung des Lizenzobligatoriums und der Sanktionsgewalt der FIFA eher auf Deregulierung und Liberalisierung als auf die beabsichtigte verstärkte Kontrolle schließen lässt, zeigt sich bei näherer Betrachtung, dass das Gegenteil der Fall ist. Durch die Einführung des (im Vergleich zum Lizenzierungssystem) gemäßigteren Registrierungsverfahren wurde eine wesentliche Schwachstelle der früheren Regelung ausgemerzt, da es mittlerweile keine Ausnahmen für Angehörige gibt. Es waren insbesondere diese Ausnahmen, die die frühere Regelung als unbefriedigend erscheinen ließen, weil sie dazu führten, dass das Reglement in vielen Fällen

128 Wackerbeck, SpuRt 2/2015, 58. 129 https://rp-online.de/sport/fussball/fifa-plant-abschaffung-der-lizenzpflicht_aid-12592199 (5.2.2021). 130 https://www.focus.de/sport/fussball/fifa-fifa-diskutiert-spielervermittler-lizenzpflicht_aid_565563.html (5.2.2021). 131 Gemäß Art 25 Abs 2 bzw 27 Abs 2 FIFA-SvR 2008 132 Expertenschätzungen zufolge fanden lediglich 25-30 % der Transfers unter Beiziehung eines lizenzierten Spielervermittlers statt. Vgl https://www.fifa.com/who-we-are/news/blatter-unity-the-family-1066025 (5.2.2021). 133 Wackerbeck, SpuRt 2/2015, 57. 18 nicht angewendet werden konnte.134 Eine absehbare und dennoch unerfreuliche Entwicklung, die das FIFA-RAV 2015 durch die Vorgabe von Mindeststandards bewirkte, war, dass international eine Art „Fleckerlteppich“ etablierte wurde, da sich einige Nationalverbände damit begnügten, die Mindesterfordernisse in eine nationale Regelung zu gießen, andere wiederum von der Möglichkeit Gebrauch machten, diese zu verschärfen (dies ist vor allem für die Beschränkung der Provisionshöhe relevant). Diese Uneinheitlichkeit kann für den Rechtsverkehr und die grenzüberschreitende Vermittlung von Fußballern eine Erschwernis darstellen.

Schon vorab war klar, dass das FIFA-RAV 2015 nur eine Verbesserung bewirken können würde, sofern die nationalen Verbände den ihnen erteilten Auftrag ernst nehmen und gewissenhaft ausführen würden. Neben der kritisierten Intransparenz und den Ausnahmen für Angehörige und Rechtsanwälte war – wie oben erwähnt – vor allem die mangelnde Sanktionierung von Geschäften unter Zuhilfenahme nicht-lizenzierter Spielervermittler ein Kritikpunkt am SvR 2008. Eine persönliche Anfrage135 bei der Rechtsabteilung des ÖFB hat ergeben, dass es auch nach der Umstellung der Überwachung durch die Nationalverbände zu keinem einzigen Fall eines Verfahrens oder einer Strafe für Spielervermittler, Vereine oder Spieler nach dem nationalen Regulativ kam. Der deutsche Verband136 erteilte diesbezüglich die Auskunft,137 dass es zwar „bereits mehrere Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das DFB-Reglement für Spielervermittlung“ gegeben habe, diese wurden allerdings „mit Einstellungen analog § 153138 beziehungsweise § 153a139 dSTPO140 abgeschlossen“. Sanktion durch das DFB- Sportgericht auf Grundlage des „DFB-Reglement für Spielervermittlung“ wurde demnach keine einzige verhängt. Bedauerlicherweise gab der Schweizer Nationalverband141 trotz mehrmaliger Anfrage in Bezug auf Verfahren und Strafen nach dem Schweizer Reglement keine Antwort.

Es kann festgehalten werden, dass zwar die in Art 6 FIFA-RAV 2015 geforderte Offenlegung und Veröffentlichung durch die Nationalverbände gut funktionieren. Die Namen der Vermittler sowie die einzelnen Transaktionen, an denen diese beteiligt waren, werden samt

134 Wachter, Causa Sport 2014, 318. 135 Die Anfrage wurde am 2.12.2020 gestellt und telefonisch von Mag. Baumgartner beantwortet. 136 DFB – Deutscher Fußball-Bund e. V. gegründet 1900. 137 Die Anfrage wurde am 4.12.2020 per E-Mail von der DFB-Pressestelle beantwortet. 138 Absehen von der Verfolgung bei Geringfügigkeit. 139 Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen. 140 Deutsche Strafprozessordnung BGBl I 1074/1987. 141 SFV – Schweizerischer Fussballverband, gegründet 1895. 19

Summe der geleisteten Zahlungen auf den Internet-Seiten veröffentlicht.142 Dies stärkt die Transparenz.

Allerdings kommt es – wie oben ausgeführt – in der Praxis auch nach wie vor nicht143 oder nur selten zu Disziplinarverfahren gegen Vermittler, Spieler oder Vereine, die gegen die (nationalen) Spielervermittlerreglements verstoßen; Sanktionen sind – zumindest im Österreich und Deutschland – noch überhaupt keine ausgesprochen worden. Daran hat auch die Tatsache, dass die Durchsetzung der zwingenden Regeln an die Nationalverbände abgegeben wurde,144 nichts geändert.

Dass das aktuell geltende FIFA-RAV 2015 noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, bzw sich die Lage in der Branche anders als erhofft entwickelt hat, musste sich auch die FIFA eingestehen. Als Reaktion auf die anhaltende Kritik am aktuellen Reglement plant der Weltverband abermals eine neue Regelung für Spielervermittler.145 Im November 2020 begann die dritte und abschließende Konsultationsrunde mit allen Beteiligten – neben Spielern, Vereinen, Ligen und Nationalverbänden werden diesmal auch Spielervermittler(-vereinigungen) in den Schaffungsprozess integriert. „Wir sind engagiert, einen Konsens und eine finale Vereinbarung zu erreichen“, meinte Emilio García Silvero, Direktor der Rechtsabteilung der FIFA.146 Seinen Angaben zufolge sollen die im Herbst begonnenen Gespräche bis maximal Februar 2021 dauern, danach sollen die neuen Regeln zwischen März und Juni vom FIFA-Rat147 verabschiedet und im September 2021 weltweit eingeführt werden. Die wesentlichsten geplanten Punkte sind:148

• die Wiedereinführung eines verpflichtenden Lizenzsystems. Die Lizenz kann mittels Teilnahme an einem Kurs erlangt werden. • die Einführung einer Obergrenze für Vermittler-Provisionen, „um übermäßige und missbräuchliche Praktiken zu vermeiden“. • die Beschränkung der Möglichkeit, mehrere Parteien gleichzeitig zu vertreten „um Interessenskonflikte zu vermeiden“.

142 Vgl https://www.oefb.at/oefb/Offenlegung-der-registrierten-Spielervermittlertransaktionen-15-Maerz-2019- 15-Maerz-2020-.pdf (5.2.2021). 143 Dies betrifft Österreich. 144 Siehe 2.3.4. 145 https://www.t-online.de/sport/fussball/id_88888838/fussball-weltverband-fifa-plant-verschaerfung-der- regeln-fuer-spielerberater.html (5.2.2021). 146 https://www.fifa.com/who-we-are/news/reform-proposals-concerning-football-agents-regulations (5.2.2021). 147 Nach dem Kongress ist der Rat das zweithöchste Entscheidungsorgan der FIFA. 148 https://www.fifa.com/who-we-are/news/reform-proposals-concerning-football-agents-regulations (5.2.2021). 20

• die Einführung des sogenannten „Clearing House“149, um mehr Transparenz zu gewährleisten. • Sämtliche Beteiligungen von Spielervermittlern bei Transfers sollen bekanntgegeben und veröffentlicht werden, um den Vollzug der neuen Regeln zu unterstützen und die Glaubwürdigkeit des Transfersystems zu fördern. • die Einführung eines effektiven „dispute resolution system“, um über Streitigkeiten zwischen Vermittlern, Spielern und Vereinen zu entscheiden.

„Das ist kein Projekt gegen die Berater, sondern für die Berater. Sie spielen eine wichtige Rolle im Fußballgeschäft“, heißt es vonseiten des Weltverbands. „Wir wollen ein System wieder installieren, das finanzielle Transparenz sicherstellt, und einen Standard an Grundversorgung einführen“, meint James Kitching, „FIFA-Director Football Regulatory“.150 An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die FIFA explizit darauf bedacht ist, die Neuregelung im Einklang mit den von den EU-Institutionen geäußerten Ansichten151 zu gestalten.

Die Zukunft wird zeigen, ob nach dem langwierigen Hin und Her in der Frage der Spielervermittler-Regulierung ein abermals überarbeitetes Reglement die Probleme lösen und die – ohne Zweifel nach wie vor bestehenden – Missstände in der Branche beseitigen kann. Immerhin darf man hoffen, dass alle Beteiligten aus den Erfahrungen der letzten 25 Jahre gelernt haben und gemeinsam endlich ein Reglement ausarbeiten, mit dem alle Seiten zufrieden sind.

2.3.5 Die nationalen Regelungen des ÖFB Bevor die nationalen Regelungen unter die Lupe genommen werden, muss die Frage erörtert werden, ob ein Sportverband überhaupt Bestimmungen für die Berufsgruppe der Spielervermittler erlassen darf.

In Österreich gibt es auf Bundes- und Landesebene Sportverbände, die entweder den Sport im Allgemeinen152 oder eine einzelne Sportart als Fachverband153 repräsentieren. Das sogenannte „Ein-Verband-Prinzip“ besagt, dass nur ein einzelner Verband sein Land im

149 Dieser Begriff kommt aus dem Finanz- und Bankwesen. Die FIFA will eine Stelle schaffen, die für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs zentral verantwortlich ist. 150 https://insidersport.com/2020/11/09/new-fifa-regulations-to-expose-agents-astronomical-earnings/ (5.2.2021). 151 Neben dem bereits in FN 80 erwähnten Fall Piau, der vor die Gerichte der EU gebracht wurde, wird das Thema der Spielervermittlung spätestens seit dem „Weißbuch Sport“ aus dem Jahr 2007 von der EU intensiv beobachtet und geprüft. Vgl 152 Die drei Sportdachverbände sind: ASVÖ, ASKÖ und Sportunion. 153 Für den Fußballsport ist dies der ÖFB. 21 jeweiligen internationalen Verband vertreten kann.154 In den FIFA-Statuten findet sich dieses Prinzip mit der Empfehlung an die nationalen Verbände, „alle maßgebenden Interessengruppen im Fußball in ihre eigene Struktur einzubinden“ in Artikel 11 wieder.

Ein Sportverband, der als Verein organisiert ist, muss in seiner Satzung die Rechtsbeziehungen zwischen ihm und seinen Mitgliedern155 regeln und seine eigene Organisation festlegen.156 Neben der Satzung, welche die ranghöchste Rechtsquelle des Vereins ist, können auch für den nach außen gerichteten Tätigkeitsbereich Regelungen erforderlich sein.157 Der ÖFB hat beispielsweise eine Rechtspflegeordnung, eine Trainerordnung, Regelungen über den Spielbetrieb und viele mehr erlassen.158

In Bezug auf die Spielervermittlung stellt sich die Frage, ob Bestimmungen eines Fachverbandes auf die Berufsgruppe der Vermittler Anwendung finden können, da die Spielervermittler eindeutig weder Mitglieder noch Angehörige des ÖFB sind.159 Es geht hier also einerseits um das Phänomen der sogenannten „mittelbaren Mitgliedschaft“ und andererseits um die Frage, inwiefern Nichtmitglieder den Regelungen eines Verbandes unterworfen werden können.

Durch eine mittelbare Mitgliedschaft werden Rechte und Pflichten einer Person gegenüber einem Verein oder Verband begründet, ohne, dass eine ordentliche Mitgliedschaft160 besteht. Im Fall der mittelbaren Mitgliedschaft muss sich das „mittelbare Mitglied“ durch eine besondere Rechtsgrundlage den Bestimmungen des Verbandes unterwerfen.161 Zwar fand sich in § 13 ÖFB-Spielervermittler-Reglement 2001 der Hinweis, dass lizenzierte Spielervermittler dazu verpflichtet sind, die „Reglemente der Nationalverbände, der Konföderationen162 und der FIFA zu beachten“. Allerdings kann eine solche Vorschrift erst dann für einen Spielervermittler Wirkung entfalten, wenn dieser vorab dem Reglement als Ganzes unterworfen ist. Das – mittlerweile außer Kraft getretene – Spielervermittler-Reglement des ÖFB verlangte von jeder natürlichen Person, die als Spielervermittler tätig werden wollte, ein schriftliches Ansuchen an

154 Limberger, Sportlervermittlung 129. 155 Vgl § 3 Abs 2 Z 5,6 VerG. 156 Vgl § 3 Abs 2 Z 7,8,9 VerG. 157 Limberger, Sportlervermittlung 129. 158 Alle abrufbar unter: https://www.oefb.at/oefb/Verband/Oesterreichischer-Fussball-Bund/Bestimmungen- Regulativ (5.2.2021). 159 Vgl § 4 Satzung des ÖFB. 160 Im Gegensatz zur mittelbaren Mitgliedschaft wird eine unmittelbare oder auch ordentliche Mitgliedschaft durch den Beitritt zu einem Verein begründet. Durch den Beitritt und der Annahme der Vereinssatzung wird ein Privatrechtsverhältnis zwischen dem Verein und dem Mitglied abgeschlossen. Vgl Limberger, Rechtsfragen 130. 161 Limberger, Sportlervermittlung 130. 162 Dies sind Zusammenschlüsse der Nationalverbände auf kontinentaler Ebene. Zum Beispiel UEFA (Europa), CAF (Afrika) oder CONMEBOL (Südamerika). 22 den ÖFB zu stellen.163 Mit der Antragstellung, der Lizenzprüfungsteilnahme, dem Abschluss der notwendigen Berufshaftplichtversicherung, dem Unterfertigen des Ehrenkodex und der Übernahme des Ausweises für den „vom ÖFB lizenzierten Spielervermittler“ konnte jedenfalls davon ausgegangen werden, dass sich ein Spielervermittler – zumindest konkludent – dem vom Nationalverband gesetzten Recht bezüglich Spielervermittler unterwarf.164

2007 wandte sich ein Spielervermittler mit einer Klage gegen den ÖFB an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien165. Er behauptete (unter anderem), dass er nicht dem Spielervermittler-Reglement des ÖFB unterliege, dieses deswegen für ihn rechtlich nicht bindend sei, und vertrat die Ansicht, dass die Einhaltung von Mindeststandards auf dem Fußballertransfermarkt eine „Grundaufgabe des Staates" und nicht eines „privatrechtlich konstituierten Vereins" sei. Der Fall durchlief den gesamten Instanzenzug, bis der OGH in seinem Urteil166 schließlich aussprach, dass sich der Kläger gegenüber dem ÖFB „vertraglich zur Einhaltung der Bestimmungen“ des Spielervermittler-Regulativs verpflichtet habe. Die Frage, inwiefern der oben beschriebene Bewerbungs- und Prüfungsprozess sowie die Annahme der Lizenz als „Vertrag“ angesehen werden konnte, wie dies der OGH offenbar tat, mag strittig sein. Jedenfalls war das ÖFB-Spielervermittler-Reglement qua „mittelbarer Mitgliedschaft“ für die heimischen Spielervertreter rechtlich bindend.

Die aktuelle Rechtslage diesbezüglich ist sogar noch eindeutiger: In der Vermittlererklärung, die vom beteiligten Vermittler bei jeder Vertragsverlängerung beziehungsweise jedem Transfer unterzeichnet werden muss167, findet sich folgender Passus: „Ich erkläre mich zudem damit einverstanden, im Zusammenhang mit der Ausübung meiner Tätigkeit als Spielervermittler an die Statuten und Reglemente der Verbände, Konföderationen und der FIFA gebunden zu sein.“168 Durch diese Selbstunterwerfung steht es außer Frage, dass die Spielervermittler an die vom ÖFB erlassenen Reglement gebunden sind und auch von den darin enthaltenen (Straf-)Bestimmungen betroffen werden.

163 Vgl § 2 Abs 2 ÖFB-Spielervermittler-Reglement. 164 Limberger, Sportlervermittlung 130. 165 LGZ Wien 56 Cg 61/05k-31. 166 OGH 6.11.2008, 6 Ob183/08t. 167 Die Vereine und Spieler haben dafür zu sorgen, dass diese vom Vermittler unterzeichnet wird, und müssen sie anschließend beim ÖFB einreichen. Diese Pflicht ist in § 2 Abs 2 ÖFB-RAV normiert. 168 Artikel 1 der „Vermittlererklärung für natürliche Personen gemäß FIFA-Vorgaben“. Diese befindet sich im Anhang zum ÖFB-RAV, im Internet abrufbar unter: https://www.oefb.at/oefb/Vermittlererklaerung-fuer- natuerliche-Personen-gemaess-FIFA-Vorgaben.pdf (5.2.2021). 23

2.3.5.1 Regulativ für die vom Österreichischen Fußball-Bund genehmigten Spielervermittler Am 8. Juni 2001 hatte der Bundesvorstand des ÖFB erstmals ein Reglement erlassen, das die Vermittlertätigkeit regelte. Das „Regulativ für die vom Österreichischen Fußball-Bund genehmigten Spielervermittler“169 stützte sich auf das FIFA-SVR 2000, welches die Nationalverbände dazu verpflichtete, ein nationales Regelwerk zum Thema Spielervermittlung zu erlassen. Wie oben ausgeführt,170 wurden im Zuge dieser Reform Kompetenzen, die bis dahin bei der FIFA lagen, an den ÖFB delegiert. Fortan waren die Nationalverbände für die Lizenzausstellung zuständig, den von der FIFA lizenzierten Spielervermittler gab es nicht mehr. Der Weltverband untersagte es gar, dass sich die Vermittler „FIFA-Agenten“ nannten oder das FIFA-Logo beispielsweise auf dem Geschäftspapier verwendeten.171 In den Übergangsbestimmungen war geregelt, dass Besitzer einer – per 1. September 2001 ungültigen – FIFA-Lizenz, diese rechtzeitig beim zuständigen Nationalverband eintauschen mussten, andernfalls musste die neu vorgesehene schriftliche Prüfung absolviert werden.

In der Präambel des ÖFB-SvR 2001 wurde auf das FIFA-SVR 2000 verweisen, soweit das nationale Regulativ keine besonderen Regeln enthielt. Insofern stellte das ÖFB-SvR 2001 eine lex specialis zum FIFA-SVR 2000 dar.

Da das ÖFB-SvR 2001 heute keine Gültigkeit mehr besitzt und es im Wesentlichen dem bereits oben beschriebenen FIFA-SVR 2000 gleicht, kann auf eine detaillierte Darstellung des Regelwerks verzichtet werden.

Als das für die nationale Regelung maßgebende FIFA-SvR 2008 überarbeitet wurde, musste folgerichtig auch das ÖFB-SvR 2001 angepasst werden. Die Lizenz wurde auf fünf Jahre beschränkt, die lizenzierten Spielervermittler mussten spätestens nach fünf Jahren erneut eine Prüfung ablegen.

2.3.5.2 ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittlern – aktuelle Rechtslage Das heute maßgebliche Regelwerk für österreichische Spielervermittler stützt sich wie bereits oben erwähnt auf das von der FIFA erlassene „Reglement zur Arbeit mit Vermittlern“.172 Das „ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittlern“173 trat am 1.4.2015 in Kraft und wurde

169 In weiterer Folge als ÖFB-SvR 2001 bezeichnet. 170 Siehe Kapitel 2.3.1. 171 Scherrer, SpuRt 4/2001, 171. 172 FIFA-RAV 2015. 173 In weiterer Folge als ÖFB-RAV bezeichnet. 24 zuletzt am 1. Juli 2018 geändert. Das ÖFB-RAV ist für die Umsetzung und zugleich für die Durchsetzung der vom Fußballweltverband festgelegten Mindeststandards zuständig.

Im § 1 ÖFB-RAV wird der Spielervermittler als „eine natürliche oder juristische Person, die gegen Entgelt oder kostenlos Spieler und/oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Transfervereinbarung tätig wird“ definiert. Außerdem wird klargestellt, dass die Bestimmungen des ÖFB-RAV sowohl für den Abschluss von Arbeitsverträgen als auch von Transfervereinbarungen maßgeblich sind.174

Unter dem Titel „Grundsätze“175 wird festgehalten, dass Spieler und Vereine die Dienste von Spielervermittlern in Anspruch nehmen dürfen, bei der Auswahl und Beauftragung von Vermittlern allerdings zu angemessener Sorgfalt verpflichtet sind. Dies hat zu bedeuten, dass der Spieler oder Verein dafür zu sorgen hat, dass der beauftragte Spielervermittler die Vermittlererklärung sowie den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vermittlungsvertrag unterschreibt. Darüber hinaus enthält § 2 Abs 4 ÖFB-RAV ein Verbot für gewisse Personen, die Spielervermittlertätigkeit auszuüben. Dies sind insbesondere Offizielle von Vereinen176 und Verbänden177, aber auch Teamoffizielle178 und nicht zuletzt andere Fußballer.179

Jeder Spielervermittler, der an einer Transaktion180 beteiligt ist, muss gemäß § 3 ÖFB- RAV registriert werden. Hierfür zuständig ist der ÖFB, der neben der Führung des Spielervermittlerregisters auch zur Veröffentlichung verpflichtet ist. Derselbe Spielervermittler muss jedes Mal registriert werden, wenn er an einer Transaktion beteiligt ist: Bei der Registrierung ist die im Anhang zum ÖFB-RAV enthaltene Vermittlererklärung zwingend zu verwenden (§ 3 Abs 2 ÖFB-RAV). Der Spieler hat dafür Sorge zu tragen, dass der Verein, mit dem er seinen Arbeitsvertrag abgeschlossen bzw neuverhandelt hat, beim für die Registrierung zuständigen Verband die Vermittlungserklärung und allfällige weitere verlangte Unterlagen vorlegt.181 Nimmt ein Verein die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch, so muss er beim

174 § 1 Abs 2 ÖFB-RAV. 175 § 2 ÖFB-RAV. 176 Etwa Trainer, Betreuer oder Ärzte. Vgl § 3 Abs 6 ÖFB-Rechtspflegeordnung. 177 Etwa (leitende) Funktionäre. Vgl § 3 Abs 6 ÖFB-Rechtspflegeordnung. 178 Hier werden auch Zeugwarte, Co-Trainer oder Physiotherapeuten erfasst. 179 Vgl § 3 Abs 8 ÖFB-Rechtspflegeordnung. 180 Abschluss eines Arbeitsvertrags oder einer Transfervereinbarung. 181 Vgl § 3 Abs 3 ÖFB-RAV und 25 für die Registrierung zuständigen Verband182 die Vermittlererklärung und allfällige weitere verlangte Unterlagen einreichen.183

Die Pflichten des für die Registrierung zuständigen Verbandes sind in § 4 ÖFB-RAV festgelegt: Der zuständige Verband muss sich davon überzeugen, dass der fragliche Spielervermittler einen tadellosen Leumund hat; für den Fall, dass eine juristische Person als Spielervermittler auftritt, müssen die Personen, die die juristische Person bei der maßgebenden Transaktion vertreten, einen tadellosen Leumund haben. Darüber hinaus hat der Verband sicherzustellen, dass der Spielervermittler bei der Ausübung seiner Tätigkeit in keinem Vertragsverhältnis zu Ligen, Verbänden, Konföderationen oder der FIFA steht, das zu einem möglichen Interessenkonflikt führen könnte. Sofern eine vom Vermittler ordnungsgemäß unterzeichnete Vermittlererklärung eingeholt wurde, gelten die Pflichten, die den Verband treffen, jedenfalls als erfüllt.184 Der Vermittlungsvertrag, der zwischen dem Spieler bzw Verein und dem Spielervermittler geschlossen wird, muss bei der Registrierung des Spielervermittlers bei dem für die Registrierung zuständigen Verband hinterlegt werden. Dieser hat den Vertrag auf Anfrage an den ÖFB weiterzuleiten.185

Der bereits erwähnte Vermittlungsvertrag hat anzugeben, in welchem Rechtsverhältnis der Spieler bzw Verein zu ihrem Spielervermittler steht: Im ÖFB-RAV explizit angeführt sind der Auftrag, die Beratung und die Arbeitsvermittlung, es kommen darüber hinaus jedoch auch andere Rechtsverhältnisse in Frage.186 Bevor der Spielervermittler seine Tätigkeit aufnehmen darf, müssen die Hauptpunkte des Rechtsverhältnisses schriftlich festgehalten werden. Außerdem muss der Vermittlungsvertrag gemäß § 5 Abs 2 ÖFB-RAV zumindest die Namen der Vertragsparteien, das Geburtsdatum des Spielers, den Umfang der Dienste, die Dauer des Rechtsverhältnisses, die dem Spielervermittler geschuldete Vergütung, die allgemeinen Zahlungsbedingungen, das Datum des Vertragsabschlusses, die Bestimmungen zur Vertragsbeendigung sowie die Unterschrift der Parteien beinhalten. Bei minderjährigen Spielern muss der Vermittlungsvertrag vom gesetzlichen Vertreter mitunterzeichnet werden.

Die Spieler bzw Vereine sind dazu verpflichtet, sämtliche Einzelheiten der vereinbarten Vergütungen und Zahlungen offenzulegen, die in jeglicher Form an den Spielervermittler geleistet werden. Hierzu müssen die Spieler bzw Vereine – mittels Vereinbarung mit dem

182 Dies sind entweder der jeweilige Landesverband oder die Österreichische Fußball-Bundesliga. 183 Vgl § 3 Abs 4 ÖFB-RAV. 184 Vgl § 4 Abs 4 ÖFB-RAV. 185 Vgl § 4 Abs 5 ÖFB-RAV. 186 Vgl § 5 Abs 1 ÖFB-RAV. 26

Vermittler – sicherstellen, dass für die Offenlegung keine Hindernisse bestehen.187 Außerdem müssen Vereine bzw Spieler sicherstellen, dass jede Transfervereinbarung bzw jeder Arbeitsvertrag, die bzw der über einen Spielervermittler abgeschlossen wird, den Namen und die Unterschrift dieses Spielervermittlers enthalten. In den einzureichenden Unterlagen muss ausdrücklich vermerkt sein, ob ein Spieler und/oder Verein bei seinen Verhandlungen die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch nimmt oder nicht.188

Gemäß § 6 Abs 3 ÖFB-RAV sind die Namen aller auf diese Weise registrierten Spielervermittler sowie die einzelnen Transaktionen, an denen sie beteiligt waren, vom ÖFB jeweils Ende März für die vergangenen 12 Monate zu veröffentlichen. Zusätzlich hat der ÖFB die Gesamthöhe der Vergütungen oder Zahlungen zu veröffentlichen, die seine registrierten Spieler189 und jeder seiner Mitgliedsvereine tatsächlich an Spielervermittler geleistet haben.190

Das über die gesamte Vertragsdauer zu bezahlende Bruttogrundgehalt des Spielers bildet die Berechnungsgrundlage für die Vergütung des Spielervermittlers, sofern dieser vom Spieler mit der Vertretung beauftragt wurde.191 Falls der Vermittler im Interesse des Vereins tätig wird, wird ein Pauschalbetrag geschuldet, auf den sich der Verein und der Spielervermittler vor Abschluss der Transaktion einigen müssen.192 Diese Differenzierung ist sinnvoll, da der vom Verein beauftragte Spielervermittler versuchen wird, dass das Spielergehalt möglichst niedrig ausfällt. Insofern wäre es sinnwidrig das „nach unten gedrückte“ Bruttogehalt als Berechnungsgrundlage für die Vermittlervergütung heranzuziehen.

Die Höhe der Zahlungen an die Spielervermittler bzw Maximalbeträge werden im ÖFB- RAV nicht zwingend geregelt. Vielmehr finden sich folgende Grenzwerte als „Empfehlung“ für Spieler und Vereine:

• Maximal 3 % des Bruttogrundgehalts193 des Spielers, sofern der Spielervermittler mit der Vertretung eines Spielers beauftragt ist.194

187 Vgl § 6 Abs 1 ÖFB-RAV. 188 Vgl § 6 Abs 2 ÖFB-RAV. 189 In der Praxis erfolgt die Bezahlung durch die Vereine und nicht durch die Spieler. 190 Die Veröffentlichung dieser Daten und Zahlen ist auf der ÖFB-Homepage unter https://www.oefb.at/oefb/Verband/Oesterreichischer-Fussball-Bund/Bestimmungen-Regulativ (5.2.2021) abrufbar. 191 Vgl § 7 Abs 1 ÖFB-RAV. 192 Vgl § 7 Abs 2 ÖFB-RAV. 193 Für die gesamte Dauer des maßgebenden Arbeitsvertrags. 194 Vgl § 7 Abs 3 lit a ÖFB-RAV. 27

• Maximal 3 % des Bruttogrundgehalts des Spielers, wenn der Spielervermittler vom Verein engagiert wird, um einen Arbeitsvertrag auszuhandeln.195 • Maximal 3% der Transferentschädigung196, für den Fall, dass ein Vermittler vom Verein beauftragt wird, eine Transfervereinbarung auszuhandeln.197

In der Praxis orientiert sich die Vermittlerprovision zwar am Bruttogehalt des Spielers, die 3-Prozent-Empfehlung im ÖFB-RAV ist allerdings nicht mehr als graue Theorie: Tatsächlich belaufen sich die Provisionen auf fünf bis fünfzehn Prozent.198

Im ÖFB-RAV findet sich ein Verbot für etwaige zusätzliche Vergütungen an Spielervermittler. Auf diese Weise sollen auch die in der Spielervermittlerbranche nicht unüblichen, aber unerwünschten Kickback-Zahlungen199 verhindert und der Möglichkeit des Erwerbs von Transferrechten200 durch Spielervermittler ein Riegel vorgeschoben werden.201

§ 7 Abs 5 ÖFB-RAV sieht vor, dass die Provisionszahlungen an den Vermittler von seinem Klienten zu leisten sind. Gängige Praxis ist es jedoch zu vereinbaren, dass der Verein den Provisionsbetrag vom (ersten) Spielergehalt abzieht und direkt an den Vermittler überweist.

Mit dem Verbot von Zahlungen an Vermittler im Zusammenhang mit einem Transfer oder dem Abschluss eines Arbeitsvertrags eines Minderjährigen202 wurde die entsprechende Bestimmung aus dem Reglement des Fußball-Weltverbandes Wort für Wort übernommen.203

Ein Spieler oder Verein, der beabsichtigt, die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch zu nehmen, muss sicherstellen, dass keinerlei Interessenskonflikt für eine der beteiligten Parteien (Spieler, Verein und Vermittler) besteht. Eine Transaktion kann trotz Vorliegen eines Interessenskonflikts stattfinden, sofern der Spielervermittler diesen schriftlich offenlegt und ihm vor Beginn der Verhandlungen von allen beteiligten Parteien eine ausdrückliche schriftliche Erlaubnis ausgestellt wird.204 Unter diesen strengen Voraussetzungen

195 Vgl § 7 Abs 3 lit b ÖFB-RAV. 196 Die im Zusammenhang mit dem maßgebenden Transfer des Spielers gezahlt wird. 197 Vgl § 7 Abs 3 lit c ÖFB-RAV. 198 Buschmann/Pfeil, Schattenmänner, https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-131578953.html (5.2.2021). 199 Darunter versteht man eine Art „verdeckte Provision“, die im Endeffekt eine Partei finanziert, ohne davon Kenntnis zu haben. Vgl https://www.it-business.de/was-ist-kickback-a-682979/ (5.2.2021). 200 Im Profifußball ist es gängige Praxis, dass sich der abgebende Verein einen Teil der „Transferrechte“ an einem vielversprechenden Spieler zurückbehält, sodass er bei einem Weiterverkauf einen Teil der Ablösesumme erhält. 201 Vgl § 7 Abs 4 und 6 ÖFB-RAV. 202 Vgl § 7 Abs 7 ÖFB-RAV. 203 Vgl Art 7 Z 8 FIFA-RAV 2015. 204 Vgl § 8 ÖFB-RAV. 28 ist es sogar möglich und erlaubt, dass eine Transaktion zustande kommt, bei der ein und derselbe Vermittler sowohl für den Spieler als auch für den Verein tätig wird.205

In § 9 ÖFB-RAV werden Personen, die gegen das Reglement verstoßen, Sanktionen angedroht. Konkrete Strafen finden sich im ÖFB-RAV jedoch nicht, vielmehr verweist dieses auf die ÖFB-Rechtspflegeordnung. Demnach können auf Antrag des „ÖFB-Komitees für Spielervermittler“ oder der Verbände (Österreichische Fußball-Bundesliga/Landesverbände) neben einer Ermahnung folgende Sanktionen verhängt werden:206

• Eine Pflichtspielsperre von 2 bis 8 Spielen und/oder eine Geldstrafe in der Höhe von 500€ bis 50.000€ für Spieler, die gegen die Bestimmungen ÖFB-RAV verstoßen. • Eine Transfersperre, ein Punkteabzug, ein Zwangsabstieg oder einer Geldstrafe in der Höhe von 1000€ bis 50.000€ für Vereine, die gegen die Bestimmungen des ÖFB-RAV verstoßen. • Eine Funktionssperre von 3 bis 24 Monaten für Offizielle, die gegen die Bestimmungen des ÖFB-RAV verstoßen. • Eine Geldstrafe in der Höhe von 1000€ bis 50.000€ oder eine Funktionssperre von 3 bis 24 Monaten für Spielervermittler, die gegen die Bestimmungen des ÖFB-RAV verstoßen.

Verstöße gegen das ÖFB-RAV verjähren nach fünf Jahren.207 Für die Verhängung von Strafen nach dem ÖFB-RAV sind die Kontrollausschüsse des jeweiligen Verbandes zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich:208

• Bei Sanktionen gegen einen Verein nach dessen Verbandszugehörigkeit. • Bei Sanktionen gegen Spieler nach deren Spielberechtigung bei einem Verein eines Verbandes. • Bei Sanktionen gegen Spielervermittler zunächst nach der Zugehörigkeit des Vereines, für den der Spielervermittler tätig geworden ist, danach nach der Vereinszugehörigkeit (Spielberechtigung) des Spielers, für den der Spielervermittler tätig geworden ist, und zuletzt nach dem Wohnsitz des Spielervermittlers.

205 Vgl § 8 Abs 3 ÖFB-RAV. 206 Vgl § 132 ÖFB-Rechtspflegeordnung. 207 Vgl § 132 Abs 5 ÖFB-Rechtspflegeordnung. 208 Vgl § 9 Abs 2 ÖFB-RAV. 29

Der ÖFB hat sämtliche Disziplinarsanktionen gegen Spielervermittler zu veröffentlichen und der FIFA zu melden. Der Weltverband entscheidet in weiterer Folge, ob die Gültigkeit der Sanktionen gemäß FIFA-Disziplinarreglement weltweit ausgedehnt wird.209 Wie bereits oben erwähnt (siehe 2.3.4), kam es jedoch seit Inkrafttreten des ÖFB-RAV zu keinem Disziplinarverfahren.

In den Anhängen zum ÖFB-RAV finden sich die Vermittlererklärungen (eine für natürliche Personen, eine für juristische Personen) gemäß FIFA-Vorgaben. Wie bereits erwähnt, muss bei jedem Transfer bzw bei jeder Vertragsverlängerung, an der ein Spielervermittler beteiligt ist, diese Vermittlererklärung unterzeichnet und dem für die Transaktion zuständigen Verband vorgelegt werden. Die Vermittlererklärung ist das wichtigste Beweismittel, um sämtliche Aktivitäten und Beteiligungen von Spielervermittlern zu erfassen und um somit elementar, Transparenz zu gewährleisten.

Im Vermittlererklärungs-Formular für natürliche Personen sind zunächst die persönlichen Daten210 des Spielervermittlers auszufüllen. Als Nächstes wird angegeben, ob es sich um einen Transfer oder eine Vertragsverlängerung handelt, wer der betroffene Spieler ist und – im Fall eines Transfers – der Name des aufnehmenden Vereins. Diese Daten sind notwendig, um die jeweilige Vermittlererklärung einer bestimmten Transaktion zuordnen zu können.

Der wichtigste Teil des Formulars ist die eigentliche Erklärung, in der der Spielervermittler verdeutlicht, dass er:

• bei der Vermittlung sämtliche zwingende Bestimmungen der nationalen und internationalen Gesetze211 befolgt und an die Statuten und Reglemente der Verbände, Konföderationen und der FIFA gebunden ist. • kein Amt als Offizieller212 innehat, ein solches in absehbarer Zukunft nicht innehaben wird und für ein solches Amt nicht verbandsrechtlich gesperrt ist. • bezeugt, einen tadellosen Leumund zu haben und weder für ein Finanzdelikt noch ein Schwerverbrechen strafrechtlich verurteilt worden zu sein. • in keinem Vertragsverhältnis mit Ligen, Verbänden, Konföderationen oder der FIFA steht.

209 Vgl § 9 Abs 3 ÖFB-RAV. 210 Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Nationalität, Adresse, Telefonnummer und E-Mail-Adresse. 211 Insbesondere diejenigen bezüglich Arbeitsvermittlung. Vgl Z 1 der Vermittlererklärung. 212 Trainer, Betreuer, Arzt, Physiotherapeut oder Zeugwart. 30

• keine Zahlungen annimmt, die ein Verein im Zusammenhang mit einem Transfer an einen anderen Verein leisten muss (zum Beispiel Transferentschädigung oder Ausbildungsentschädigung).213 • von keiner Partei eine Zahlung annimmt, wenn der betreffende Spieler minderjährig ist.214 • an keinen Wetten, Lotterien und Glücksspielen im Zusammenhang mit Fußballspielen teilnimmt und nicht an Gesellschaften oder Unternehmen beteiligt ist, die solche Geschäfte organisieren oder betreiben. • dem ÖFB gestattet, sich umfassende Informationen im Zusammenhang mit den Zahlungen, die der Spielervermittler erhält, zu beschaffen. Darüber hinaus gibt der Vermittler die Einwilligung, dass sich Ligen, Verbände und die FIFA alle Verträge und Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Spielervermittler beschaffen können, sofern es für deren Ermittlungen notwendig ist.215

Zusätzlich finden sich noch Einwilligungen des Vermittlers zur Aufbewahrung und Verarbeitung seiner Daten durch den ÖFB und zur Veröffentlichung sämtlicher gegen ihn verhängten Disziplinarsanktionen. Am Ende der Vermittlererklärung216 wird angegeben, wie hoch die Provision des Spielervermittlers ist und wer diese entrichtet.

Bei der Vermittlererklärung für juristische Personen217 werden der Name der Firma, die Firmenadresse218 und die Namen der zur Vertretung des Unternehmens ermächtigten Personen angegeben. Abgesehen von der Tatsache, dass die Vermittlererklärung „als rechtmäßiger Vertreter des Unternehmens“ unterzeichnet wird und sich die oben aufgezählten Punkte (auch) auf das Unternehmen beziehen, ist die Vermittlererklärung für juristische Personen ident mit jener für natürliche Personen und muss daher nicht näher behandelt werden.

2.3.5.3 Exkurs: Deutsche Regelung zu Spielervermittlern Gleichzeitig mit der ÖFB-RAV trat auch in Deutschland ein nationales Spielervermittler- Regelwerk in Kraft. Das vom DFB ausgearbeitete DFB-Reglement für Spielervermittlung219

213 Vgl § 7 Abs 4 ÖFB-RAV. 214 Vgl § 7 Abs 7 ÖFB-RAV. 215 Vgl § 6 Abs 1 ÖFB-RAV. 216 Vgl Z 13 des Vermittlererklärungsformulars. 217 Anhang 2 zum ÖFB-RAV. 218 Inklusive Telefonnummer, E-Mail-Adresse und Website. 219 Abrufbar unter: https://www.dfb.de/fileadmin/_dfbdam/155844- DFB_Reglement_f%C3%BCr_Spielervermittlung.pdf (5.2.2021), in weiterer Folge als DFB-RfSV bezeichnet. 31 trat am 1. April 2015 in Kraft. Das DFB-RfSV orientiert sich im Wesentlichen an den Bestimmungen des FIFA-RAV 2015220 und ähnelt somit auch stark dem österreichischen Regelwerk.

Bemerkenswert ist allerdings, dass unmittelbar nach Inkrafttreten des DFB-RfSV ein Rechtsstreit darüber ausbrach. Als Klägerin war die ROGON GmbH & Co.KG, eine der größten deutschen Spielervermittleragenturen221, der Meinung, dass die Bestimmungen des DFB-RfSV unzulässig in die Dienstleistungsfreiheit eingriffen und wettbewerbsbeschränkend wirkten, daher würde der DFB (beklagte Partei) seine marktbeherrschende Monopolstellung missbrauchen. In erster Instanz wurde der klagenden Partei teilweise rechtgegeben, mittels einstweiliger Verfügung wurde dem DFB untersagt gewisse Regelungen anzuwenden.222

Die zweite Instanz bestätigte das Urteil im Wesentlichen.223 Vereinfacht dargestellt224 enthält das DFB-RfSV sieben Einzelregelungen, die Anwendung von nicht weniger als drei dieser Regeln wurde dem DFB durch das OLG Frankfurt/Main untersagt.

Die Bestimmungen zur:

• Registrierungspflicht (§ 3 DFB-RfSV) • Vorlagepflicht eines erweiterten Führungszeugnisses (§ 2 Z 2 DFB-RfSV) • Pflicht der Offenlegung vereinbarter Vergütungen/Zahlungen (§ 6 DFB-RfSV) wurden als nicht vereinbar mit dem EU-Recht angesehen und mussten in der Folge vom DFB angepasst werden.225 Die Kernelemente des DFB-RfSV wurden jedoch größtenteils als mit dem EU-Kartellrecht vereinbar226 und wurden als notwendig und verhältnismäßig erachtet.227

Spannend in diesem Zusammenhang ist, dass die von der deutschen Rechtsprechung ausgehebelten Bestimmungen nach wie vor im FIFA-RAV 2015 – und somit in der einen oder anderen Form auch in den nationalen Spielervermittlerreglements – vorzufinden sind. Die österreichische Justiz musste sich bis dato nicht mit der Vereinbarkeit des ÖFB-RAV mit dem Unionsrecht befassen, die oben behandelten Bestimmungen228 sind also weiterhin in Kraft.

220 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 732. 221 https://www.transfermarkt.de/berater/beraterfirmenuebersicht/berater# (5.2.2021) 222 LG Frankfurt/Main, 29.04.2015 – 2-06 O 142/15. 223 OLG Frankfurt/Main, 2.2.2016 – 11 U 70/15, SpuRt 2016, 173ff. 224 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 732. 225 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 734. 226 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 732. 227 Wiemer, Sport und Kartellrecht, in Walzel/Römisch (Hrsg), Teamsport Management (2019) 69 (73). 228 Zum Beispiel jene, dass ein Pauschalbetrag vereinbart werden kann, wenn der Spielervermittler für einen Verein tätig wird. Vgl § 7 Abs 2 ÖFB-RAV. 32

3 Die Stellung des Spielervermittlers in der österreichischen Rechtsordnung Zusätzlich zu den speziellen verbandsrechtlichen Grundlagen der FIFA und des ÖFB sind auch andere Normen für die Spielervermittlertätigkeit relevant. In diesem Kapitel wird beleuchtet, inwiefern nationale Gesetze, nämlich das Arbeitsmarktförderungsgesetz, die Gewerbeordnung, das Maklergesetz, das Handelsvertretergesetz und das ABGB für die Vermittler von Relevanz sind.

3.1 Anwendbarkeit des Arbeitsmarktförderungsgesetzes229 Neben Bestimmungen zu wenigen anderen Bereichen230 enthält das AMFG vor allem Vorschriften im Zusammenhang mit der sogenannten Arbeitsvermittlung. Unter diesen Begriff fällt gemäß § 2 Abs 1 AMFG jede Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Arbeitsuchende mit Dienstgebern zur Begründung von Dienstverhältnissen zusammenzuführen, es sei denn, dass diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ausgeübt wird.231

Wie bei der selbst durchgeführten Suche nach einer Arbeit geht auch bei der Arbeitsvermittlung dem Abschluss eines Arbeitsvertrags ein Suchprozess zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus.232 Die Arbeitsvermittlung kann insofern als das Bemühen, zwei einander noch nicht kennende potenzielle Partner zum Zwecke eines Arbeitsvertragsabschlusses zusammenzuführen, charakterisiert werden.

Jede auf Arbeitsvermittlung gerichtete Tätigkeit, die den Vorschriften des AMFG widerspricht, ist untersagt233, Geldstrafen von 726 € bis 3600 € können verhängt werden.234 Inhaber einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung sind neben dem AMS235, den gesetzlichen Interessensvereinigungen und kollektivvertragsfähigen Berufsvereinigungen zur Arbeitsvermittlung berechtigt.236 Grundsätzlich ist die Arbeitsvermittlung von Inhabern einer Gewerbeberechtigung für die Arbeitssuchenden

229 In weiterer Folge mit AMFG abgekürzt. 230 Zum Beispiel arbeitsmarktpolitische Förderungsmaßnahmen, vgl Abschnitt IV AMFG. 231 Darüber hinaus fällt auch die Vermittlung von Heimarbeitern und Au-pair-Kräften ins Ausland unter den Begriff der Arbeitsvermittlung. Vgl § 2 Abs 1 AMFG. 232 Fuchs/Marhold/Friedrich, Europäisches Arbeitsrecht6 (2020), 179. 233 § 2 Abs 5 AMFG. 234 § 48 AMFG. 235 Das Arbeitsmarktservice erfüllt die Funktionen eines öffentlich-rechtlichen Arbeitsamts und vermittelt Arbeitskräfte auf offene Stellen. 236 § 4 Abs 1 AMFG. 33 unentgeltlich durchzuführen: ein etwaiges Vermittlungsentgelt darf also nur von Arbeitgebern, nicht aber von Arbeitnehmern verlangt werden.237

Allerdings besteht in Bezug auf Sportler (und Künstler) ein Sondertatbestand: Wenn der Arbeitsvertrag mit einem Sportler durch die Vermittlungstätigkeit zulässig zustande gekommen ist, darf ein Vermittlungsentgelt auch von diesem verlangt oder entgegengenommen werden.238 Dieses Entgelt muss in einem angemessenen Verhältnis zum Vermittlungsaufwand stehen und darf 10% des gesamten Bruttoarbeitsentgelts nicht übersteigen.239 Diese seit dem 1.1.2008 für Sportler geltende Bestimmung ist durchaus von praktischer Bedeutung, setzt sie doch eine prozentuelle Obergrenze für die Vermittlerprovision fest.

Dass der Kernbereich240 der Spielervermittlung – dazu zählen etwa die Kontaktaufnahme für Spieler oder Verein mit der jeweils anderen Seite, die Organisation des Besuchs von Testspielen und die Vermittlung von Probetrainings241 – im Bereich des Profifußballs unter den Begriff der Arbeitsvermittlung fällt, ist in der heutigen Lehre242 unbestritten. Auch aus dem einzigen OGH-Urteil243, das sich mit dem Zusammenhang zwischen Spielervermittlern und dem AMFG befasst, ist abzuleiten, dass die zwingenden Bestimmungen des AMFG (nur244) dann zur Anwendung kommen, wenn der österreichische Arbeitsmarkt von der Vermittlungstätigkeit beeinflusst wird.

Auch sogenannte „Vorvermittlungstätigkeiten“, die regelmäßig von den Spielervermittlern erbracht werden, können dem Zweck der Arbeitsvermittlung dienen.245 Darunter versteht man eine Tätigkeit, welche das Stadium des Zusammenführens der potenziellen Arbeitsvertragsparteien noch nicht erreicht hat. Vorvermittlungstätigkeiten sind etwa Gespräche mit dem aktuellen Verein des Spielers, die das Ziel verfolgen, die Ablösemodalitäten „auszuloten“ oder auszuhandeln. Auch das Erstellen von „Bewerbungsunterlagen“ oder Präsentationsmappen und das Erforschen von Spielstärken und

237 § 5 Abs 1 AMFG. 238 Dies steht im Einklang mit § 7 Abs 5 ÖFB-RAV, wonach sämtliche Zahlungen an den Spielervermittler von dessen Klienten zu leisten sind. Vgl 2.4.3. 239 § 5 Abs 3 AMFG. 240 Reisinger, Rechtsgrundlagen der Spielervermittlung im österreichischen Recht, Causa Sport 2010, 42. 241 Limberger, Sportlervermittlung 135. 242 Reissner, Sport als Arbeit (2008), 9; Holzer/Reissner, Einführung in das österreichische Sportrecht3 (2013) 45ff; Gruber, Sport und Arbeitsrecht, in Haunschmidt (Hrsg), Sport und Recht in Österreich (2006) 49. 243 OGH 6.4.1995, 6 Ob 669/94, ZfRV 1995/39. 244 Im Sachverhalt wurde von einem österreichischen Spielervermittler ein ausländischer Spieler vom Ausland (Russland) ins Ausland (Deutschland) vermittelt. Insofern war auf den konkreten Sachverhalt das AMFG nicht anwendbar. Allerdings ließ der OGH unmissverständlich erkennen, dass im Fall eines „nationalen“ Vermittlungsvorgangs das AMFG sehr wohl anzuwenden ist. 245 Limberger, Sportlervermittlung 135. 34

-schwächen des Spielers sowie das Sondieren möglicher Vertragspartner fallen unter die Kategorie „Vorvermittlungstätigkeit“.246

Betreuungs- oder Serviceleistungen, die über die Vermittlung des Fußballers hinausgehen – zu denken wäre etwa an das Aushandeln des Arbeitsvertrags für einen Spieler247 – sind nicht als Arbeitsvermittlung zu qualifizieren.248

Im FIFA-RAV 2015249 sowie im ÖFB-RAV und auch in den angehängten Vermittlererklärungen wird darauf hingewiesen, dass zwingende Bestimmungen der anwendbaren nationalen und internationalen Gesetze, „insbesondere diejenigen bezüglich Arbeitsvermittlung“250, zu befolgen und einzuhalten sind. Gemeint sind die oben erläuterten Normen des AMFG, insofern kann unbestritten wiederholt werden, dass die „reine Vermittlung“ von Fußballern durch Spielervermittler den Bestimmungen des AMFG unterliegt.251

3.2 Anwendbarkeit der Gewerbeordnung252 Die Gewerbeordnung253 enthält die wichtigsten berufs- und unternehmensrechtlichen Regelungen in Österreich und gilt für alle gewerbsmäßig ausgeübten Tätigkeiten, sofern diese nicht gesetzlich verboten oder von der GewO ausdrücklich ausgenommen254 sind.255 Sofern sie also gewerbsmäßig – das bedeutet selbstständig256, regelmäßig257 und mit Ertragsabsicht258 – ausgeübt wird, fällt auch die Spielervermittlertätigkeit in den Geltungsbereich der GewO. Bevor die Arbeit aufgenommen werden darf, muss das Gewerbe bei der Behörde angemeldet werden.259 Die Behörde stellt daraufhin die Gewerbeberechtigung aus und nimmt eine Eintragung im Gewerbe-Register260 vor.

246 Reisinger, Causa Sport 2010, 42. 247 Im Regelfall geschieht dies durch den Sportlerberater oder -manager. 248 Limberger, Sportlervermittlung 135. 249 Vgl Art 1 Abs 2 FIFA-RAV 2015. 250 Vgl Anhänge 1,2 ÖFB-RAV. 251 Limberger, Sportlervermittlung 135. 252 Gewerbeordnung 1994 BGBl 1994/194. 253 In weiterer Folge als GewO abgekürzt. 254 Gem § 2 GewO: zum Beispiel Land- und Forstwirtschaft, Bergbau, selbstständige Berufe. 255 § 1 Abs 1 GewO. 256 Auf eigene Rechnung und Gefahr. Vgl § 1 Abs 3 GewO. 257 Vgl § 1 Abs 4 GewO. 258 Vgl § 1 Abs 5 GewO. 259 Vgl § 339 GewO. 260 Gewerbeinformationssystem Austria – GISA. Vgl § 365 GewO. 35

Die GewO teilt die Gewerbe hinsichtlich der Antrittsvoraussetzungen in zwei261 Gruppen ein:

• reglementierte Gewerbe: diese werden in § 94 GewO taxativ aufgezählt und dürfen nur mit einem Befähigungsnachweis262 ausgeübt werden. • Freie Gewerbe: das sind all jene gewerblichen Tätigkeiten, die nicht ausdrücklich als reglementiertes Gewerbe263 angeführt sind. Für sie ist kein Befähigungsnachweis zu erbringen (§ 5 Abs 2 GewO), eine Gewerbeberechtigung ist trotzdem erforderlich.264

Sowohl zur Ausübung eines reglementierten als auch eines freien Gewerbes müssen die allgemeinen Gewerbeausübungsvoraussetzungen vorliegen. Dies sind:

• Handlungsfähigkeit (8ff GewO): Natürliche Personen erlangen diese grundsätzlich mit vollendetem 18. Lebensjahr. Juristische Personen sowie eingetragene Personengesellschaften können zwar Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer bestellt haben (§ 9 Abs 1 GewO). • Natürliche Personen müssen über die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsbürgerschaft eines EU/EWR-Mitgliedsstaats verfügen. Juristische Personen müssen ihren Sitz oder eine Niederlassung in Österreich haben.265 • Das Nichtvorliegen von Ausschließungsgründen gemäß § 13 GewO. Darunter fallen etwa Verurteilungen wegen strafbaren Handlungen oder Finanzvergehen.

Die von den Spielervermittlern ausgeübten Tätigkeiten stellen, wie bereits weiter oben ausgeführt, eine Arbeitsvermittlung dar. Bis vor einigen Jahren handelte es sich bei der Arbeitsvermittlung um ein reglementiertes Gewerbe.266 Daher schuf der ÖFB in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftskammer Wien im Jahr 2005 die Möglichkeit, die Gewerbeberechtigung „Arbeitsvermittlung eingeschränkt auf die Vermittlung von Dienstverträgen von unselbstständigen Sportlern“ zu erlangen. Dazu wurde ein zweitägiger Lehrgang mit anschließender Prüfung angeboten. Bei positivem Abschluss fungierte dieser Kurs als Befähigungsnachweis und man konnte die Gewerbeberechtigung „Arbeitsvermittlung

261 Die Gruppe der Teilgewerbe kann in diesem Kontext außer Acht gelassen werden. 262 Dies ist der Nachweis, dass beim Gewerbetreibenden die fachlichen und kaufmännischen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen vorliegen, um die dem betreffenden Gewerbe eigentümlichen Tätigkeiten selbstständig ausüben zu können. Beispielsweise die Meister-Prüfung, Schul-Zeugnisse, oder der Studienabschluss. Vgl § 16 Abs 2 GewO. 263 Oder Teilgewerbe gemäß § 31 Abs 2 GewO. 264 Vgl § 339 GewO. 265 § 14 GewO. 266 Vgl § 94 Z 1 GewO idF BGBl 1 155/2015. 36 eingeschränkt auf die Vermittlung von unselbstständigen Sportlern“ beantragen und so die Vermittlertätigkeit gesetzeskonform ausüben.267

Mit dem 17.10.2017268 wurde die Arbeitsvermittlung von der Liste der reglementierten Gewerbe gestrichen und stellt heute ein freies Gewerbe dar. Somit ist für die Tätigkeit als Spielervermittler kein Befähigungsnachweis zu erbringen, es sind lediglich die allgemeinen Gewerbeausübungsvoraussetzungen zu erfüllen, um das Gewerbe anzumelden. Der mit BGBl 1 94/2017 eingeführte § 151a GewO orientiert sich in seiner Definition der Arbeitsvermittlung stark an jener des § 2 AMFG und verweist auch darauf, dass das Gewerbe der Arbeitsvermittlung nur unter Einhaltung der Vorschriften des AMFG zulässig ist.269

3.3 Anwendbarkeit des Maklergesetzes270 Die Legaldefinition des Maklers findet sich in § 1 Maklergesetz:271 Demnach ist Makler, „wer auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung (Maklervertrag) für einen Auftraggeber Geschäfte mit einem Dritten vermittelt, ohne ständig damit betraut zu sein.“ Die Tatbestandsmerkmale272 des Maklerbegriffs müssen alle kumulativ erfüllt sein.273

Durch die Definition des Maklers in § 1 MaklerG wird gleichzeitig eine Abgrenzung für den Geltungsbereich des MaklerG geschaffen: Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind all jene Rechtsverhältnisse, die auf anderer als vertraglicher Basis beruhen.274 Die (private) Arbeitsvermittlung, die sondergesetzlich im AMFG geregelt ist, beruht nicht auf einem Vertrag und unterliegt somit nicht dem MaklerG.275

Obwohl die Tätigkeit eines Spielervermittlers in der Realität viele Ähnlichkeiten mit der eines Maklers besitzt276 und der Spielervermittler nach herrschenden Meinungen in Deutschland277 sowie der Schweiz278 als Makler eingestuft werden, scheidet in Österreich bei Rechtsfragen der „reinen Spielervermittlung“ die Anwendung des MaklerG aus.279

267 Limberger, Sportlervermittlung 138. 268 https://www.wko.at/branchen/w/gewerbe-handwerk/gewerbliche- dienstleister/arbeitsvermittler/Arbeitsvermittlung-freies-Gewerbe.html (5.2.2021). 269 § 151a Abs 4 GewO. 270 Maklergesetz BGBl 1996/262. 271 In weiterer Folge als MaklerG bezeichnet. 272 Privatrechtliche Vereinbarung, Auftraggeber, Geschäft, Vermittlung und nicht ständige Betrauung. 273 Kriegner, Der Immobilienmakler – Pflichten und vertragliche Haftung (2006) 23. 274 Fromherz, Kommentar zum MaklerG (1997) § 1 Rz 1. 275 Fromherz § 1 Rz 2. 276 Reisinger, Die Rechtsstellung des Spielervermittlers im Berufssport (2009) 114ff. 277 Rain, Sportlermanagement Rz 397. 278 Modl, Rechtliche Aspekte 50f. 279 Limberger, Sportlervermittlung 145; dieselbe, Sportlervermittlung: Erste Analyse aus der Sicht des österreichischen Rechts, SpuRt 2004, 139 (143). 37

3.4 Anwendbarkeit des Handelsvertretergesetzes280 Gemäß § 1 Handelsvertretergesetz281 ist Handelsvertreter, „wer von einem anderen (im folgenden „Unternehmer“ genannt) mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften, ausgenommen über unbewegliche Sachen, in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt“.

„Ständig“ mit der Vermittlung und dem Abschluss betraut zu sein bedeutet nicht, dass das Handelsvertreterverhältnis langfristig oder gar auf unbestimmte Zeit eingegangen werden muss. Entscheidend ist, dass das Vertragsverhältnis auf eine unbestimmte Vielzahl von Abschlüssen ausgelegt sein muss und es sich somit um ein Dauerschuldverhältnis handelt.282

§ 1 HVertrG bestimmt, dass Handelsvertreter (nur) für Unternehmer tätig werden (können). Allerdings findet sich im HVertrG keine Definition des Unternehmers, weshalb eine Orientierung am Unternehmensbegriff des § 1 Abs 2 Konsumentenschutzgesetz283 angemessen erscheint.284 Demnach ist ein Unternehmen jede auf Dauer angelegte Organisation selbstständiger wirtschaftlicher Tätigkeit, auch wenn diese nicht auf Gewinn gerichtet ist.

Das HVertrG kann also gemäß § 1 HVertrG auf die Spielervermittlertätigkeit nur dann Anwendung finden, wenn dem Auftraggeber die Unternehmereigenschaft zukommt. In der Lehre285 ist es unbestritten, dass Berufsfußballer, solange sie in einem Arbeitsverhältnis tätig sind, als Arbeitnehmer anzusehen sind und insofern keinesfalls Unternehmer im Sinne des HVertrG sein können. Insofern kann die Anwendung des HVertrG ausgeschlossen werden, sofern der Spielervermittler für den Spieler tätig wird.286

Anders verhält es sich allerdings in jenen Fällen, in denen ein Fußballverein einen Spielervermittler mit der Vermittlung betraut. Die österreichischen Profifußballvereine287 stellen Unternehmen mit einer beträchtlichen wirtschaftlichen Betätigung dar288, die über eine große Zahl an Mitgliedern und einen organisatorischen Apparat verfügen, um wirtschaftlich werthafte Leistungen gegen Entgelt auf dem Markt anzubieten. Sofern also ein

280 Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der selbständigen Handelsvertreter BGBl 1993/88. 281 In weiterer Folge als HVertrG abgekürzt. 282 Nocker, Kommentar zum Handelsvertretergesetz (2008) § 1 Rz 112. 283 Konsumentenschutzgesetz BGBl I 1979/140. 284 Limberger, SpuRt 2004, 143. 285 Reissner, Sport als Arbeit (2008) 9ff. 286 Limberger, Sportlervermittlung 145; dieselbe, SpuRt 2004, 143. 287 Trotz ihres hohen Umsatzvolumens sind die meisten Bundesligavereine nach wie vor als Vereine iSd § 1 Abs 1 Vereinsgesetz 2002 organisiert. 288 Prammer, Das Vereinsgesetz 2002 und seine Auswirkungen auf die professionellen österreichischen Fußballklubs, in Karollus/Achatz/Jabornegg (Hrsg), Aktuelle Rechtsfragen des Fußballsports III (2003) 11. 38

Spielervermittler von einem Verein beauftragt wird, der als Unternehmen zu qualifizieren ist, kommt das HVertrG zur Anwendung, sofern auch die übrigen Tatbestandsmerkmale des § 1 HVertrG erfüllt sind.289

Für den Bereich der Spielervermittlung sind besonders folgende Bestimmungen des HVertrG relevant:

• das Verbot der Annahme von Belohnungen290 • die Vergütung291 • den Ersatz der Auslagen292 • die Beendigung des Vertragsverhältnisses.293

Im Jahr 2000 gelangte ein Fall294 an den OGH, der sich mit der Frage einer Provisionszahlung an einen Spielervermittler beschäftigte: Der Vermittler wurde von einem Verein mit der Suche nach einem russischen Fußballer beauftragt. Der Spielervermittler konnte einen passenden Fußballer finden, in weiterer Folge entschied sich der Verein auch für diesen Spieler. Allerdings waren dem Verein die vom Spielervermittler genannte Transfersumme und Vermittlungsprovision in Höhe von 15 % der Transfersumme zu hoch, sodass der österreichische Verein direkt mit dem russischen Klub295 des Wunschspielers Kontakt aufnahm, um diesem ein eigenes Angebot zu unterbreiten. Schlussendlich kam der Transfer zustande, ohne den Spielervermittler einzuschalten.

Der Spielervermittler begehrte in weiterer Folge die Zahlung einer angemessenen Vermittlungsprovision und behauptete, dass diese bei 15 bis 20 % der Transfersumme liege. Der österreichische Verein bestritt, dass er den Vermittler beauftragt habe, und behauptete, dass abgesehen davon kein ortsüblicher Prozentsatz für derartige Provisionen bestehe.

Dass dem Spielervermittler eine Provision gebührte, wurde schon vom Erstgericht erkannt. Da eine Provisionsvereinbarung nicht zustande gekommen war, richtete sich die Provision „nach den für den betreffenden Geschäftszweig am Ort der Niederlassung des Maklers üblichen

289 Limberger, Sportlervermittlung 145. 290 Der Handelsvertreter (Spielervermittler) darf von einem Dritten, mit dem er ein Geschäft für den Unternehmer (Fußballverein) abschließt, keine Belohnung annehmen. Vgl § 7 HVertrG. 291 Vgl §§ 8 ff HVertrG. 292 Besondere Auslagen, die der Handelsvertreter (Spielervermittler) infolge des Auftrags des Unternehmers (Fußballverein) aufwenden musste, sind zu ersetzen. Vgl § 13 HVertrG. 293 Vgl §§ 20 ff HVertrG. 294 OGH 17.5.2000, 6 Ob 209/99z. 295 FK Dynamo Moskau. 39

Sätzen“.296 Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und ermittelte einen Prozentsatz von 15,1 %, der als angemessen iSd § 1152 ABGB qualifiziert wurde.297

Im Endergebnis erkannte auch der OGH, dass der Spielervermittler, indem er für einen Verein aufgetreten war, als Geschäftsvermittler298 zu qualifizieren war und die Vermittlungstätigkeit mangels Zustandekommens einer Vereinbarung gemäß § 11 Abs 1 iVm § 29 HVertrG BGBl 1921/348 abzugelten war.299 Die Revision wurde folgerichtig zurückgewiesen.300

296 Vgl § 10 HVertrG. 297 Limberger, Sportlervermittlung 147. 298 Im Sinne des § 29 HVertrG idF BGBl 1921/348. 299 Das HVertrG 1921 gilt weiterhin für „andere Geschäftsvermittler“ iSd § 29 HVertrG 1921. Vgl § 29 Abs 2 HVertrG idF 1993/88. 300 OGH 17.5.2000, 6 Ob 209/99z. 40

4 Der Spielervermittlungsvertrag Beim Spielervermittlungsvertrag als zweiseitigem Schuldvertrag handelt es sich um einen Innominatkontrakt sui generis.301 Die Rechte und Pflichten des Spielervermittlers ergeben sich aus den verbandsrechtlichen Bestimmungen des ÖFB-RAV bzw subsidiär aus dem AMFG und der GewO (siehe oben). Darüber hinaus können Rechte und Pflichten aus dem jeweiligen Vertrag abgeleitet werden.302

Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien werden unter 2.3.5 genauer beleuchtet, weshalb auf eine abermalige Darstellung an dieser Stelle verzichtet werden kann. Die Vermittlungstätigkeit und die dafür geschuldete Vergütung können jedenfalls als die Essentialia des Spielervermittlungsvertrags betrachtet werden.303

Der Spielervermittlungsvertrag erfordert die Schriftform.304 Vor Inkrafttreten des FIFA- RAV im Jahr 2015 war die Laufzeit auf höchstens zwei Jahre beschränkt und konnte durch eine neue schriftliche Vereinbarung um zwei weitere Jahre verlängert werden.305 Eine Beschränkung der Vertragslaufzeit findet sich in den aktuell gültigen Bestimmungen nicht. Außerdem enthielt das FIFA-SvR 2008 die Empfehlung an alle Spielervermittler den im Anhang zum FIFA-SvR 2008 befindlichen Standardvermittlungsvertrag zu verwenden.306 Der Standardvermittlungsvertrag, der damals auch ins nationale Spielervermittlungsreglement des ÖFB aufgenommen wurde, ist mittlerweile wieder Geschichte.

4.1 Die Rechtsnatur des Spielervermittlungsvertrags Der Spielervermittlungsvertrag wird zwischen dem Spielervermittler und dem Auftraggeber307 abgeschlossen und besteht aus Elementen des Dienst-, Werk- und Geschäftsbesorgungsvertrags.308 Der Auftrag des Vermittlers besteht darin, mögliche Vertragspartner zwecks Abschlusses eines Arbeitsverhältnisses zu suchen.309

4.1.1 Elemente des freien Dienstvertrags Auch wenn die geschuldeten Leistungen des freien Dienstvertrags jenen des Dienstvertrags iSd § 1151 Abs 1 HS 1 ABGB ähneln, besteht dennoch der wesentliche Unterschied darin, dass

301 Jenny, Sportlervermittlungsvertrag 27. 302 Völkl-Posch, Arbeitsvermittler – Personalberater, Headhunter, Arbeitskräfteüberlasser, in Völkl/Völkl, Beraterhaftung: Haftung und Haftungsvermeidung bei komplexen Dienstleistungen2 (2014) Rz 7/605. 303 Jenny, Sportlervermittlungsvertrag 27. 304 Vgl § 5 Abs 2 ÖFB-RAV bzw Art 5 Abs 2 FIFA-RAV 2015. 305 Art 19 Z 3 FIFA-SvR 2008. 306 Art 21 Z 2 FIFA-SvR 2008. 307 Entweder tritt ein Verein oder ein Fußballer selbst als Auftraggeber auf. 308Jaufer, Recht im Sport (2011) 168. 309 Jenny, Sportlervermittlungsvertrag 25. 41 der freie Dienstvertrag nicht von den für Dienstverträge typischen Merkmalen der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit geprägt ist.310 Charakteristisch für den freien Dienstvertrag ist die Verpflichtung zur Erbringung gattungsmäßig umschriebener Tätigkeiten, es wird also nicht die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs geschuldet: Vertragsinhalt ist kein „Werk“, sondern ein „Wirken“.311

Da bereits das AMFG vorsieht, dass die Vermittlung auf Freiwilligkeit beruht312 und somit weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer gezwungen werden können, das Vermittlungsergebnis anzunehmen, vertritt Völkl-Posch die Auffassung, dass ein Arbeitsvermittlungsvertrag313 eher einen freien Dienstvertrag als einen Werkvertrag darstellt.314

Ein weiteres Argument, das gegen einen Werk- und für einen freien Dienstvertrag spricht, ist, dass die Vermittlungsbereitschaft des Dienstgebers (=Spieler) nur schwer vom Vermittler (=Dienstnehmer) beeinflusst werden kann. Außerdem stellen sich beim Werkvertrag komplizierte Abgrenzungsfragen im Hinblick darauf, wer den Vertragsabschluss letztendlich vereitelt hat und ob tatsächlich eine hypothetische Vermittlungsmöglichkeit bestanden hätte.315

4.1.2 Elemente des Werkvertrags Beim Werkvertrag gemäß § 1151 Abs 1 ABGB schuldet der Werkunternehmer die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt. Anders als der freie Dienstnehmer schuldet der Werkunternehmer also einen bestimmten Erfolg und nicht bloß seine sachverständige Sorgfalt. Somit kann die Vornahme bestimmter, nur gattungsmäßig umschriebener Tätigkeiten316 nicht Gegenstand eines Werkvertrags sein.317

Doch auch ein Spielervermittlungsvertrag kann als Werkvertrag ausgestaltet sein. Wenn der Vermittlungsvertrag erfolgsbezogen auf die Herbeiführung eines Ergebnisses des Vermittlers abzielt, also die Vermittlung eines entsprechenden Spielers bzw Vereins geschuldet wird, gilt der Vertrag (nur) dann als erfüllt, wenn der Erfolg (Werkerstellung) eintritt. In diesem Fall trägt der Vermittler das Unternehmerrisiko.318

310 Völkl/Völkl, Beraterhaftung: Haftung und Haftungsvermeidung bei komplexen Dienstleistungen2 (2014) Rz 2/37. 311 Völkl/Völkl, Beraterhaftung2 Rz 2/144. 312 Vgl § 3 Z 1 AMFG. 313 Also auch der Spielervermittlungsvertrag. 314 Völkl-Posch, Arbeitsvermittler Rz 7/606. 315 Völkl-Posch, Arbeitsvermittler Rz 7/606. 316 Vgl Dienstvertrag. 317 Völkl/Völkl, Beraterhaftung2 Rz 2/72. 318 Völkl-Posch, Arbeitsvermittler Rz 7/605. 42

Ein Beispiel: Wird ein Spielervermittler von einem Verein beauftragt, bis zum Transferschluss319 einen Spieler mit bestimmten Eigenschaften – etwa einen Tormann mit internationaler Erfahrung – zu suchen und erfolgreich zu vermitteln, schuldet der Spielervermittler eine erfolgreiche Vermittlung, weswegen von einem Werkvertrag auszugehen wäre. Für den Fall, dass lediglich das bloße Bemühen, einen Tormann mit internationaler Erfahrung zu suchen und zu vermitteln, Vertragsinhalt ist, wäre der Spielervermittlungsvertrag als freier Dienstvertrag zu qualifizieren.

4.1.3 Elemente des Geschäftsbesorgungs- und Bevollmächtigungsvertrags Der in § 1002 ABGB erwähnte „Bevollmächtigungsvertrag“ ist als Kombination von Auftrag (=Geschäftsbesorgungsvertrag) und Vollmacht (=Bevollmächtigung) zu verstehen.320 Die Ermächtigung und der Auftrag regeln das Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Beauftragtem. Die Ermächtigung beinhaltet ein rechtliches Dürfen des Beauftragten, während der Auftrag eine vertragliche Verpflichtung enthält, Geschäfte für den Auftraggeber für dessen Rechnung zu besorgen.321

Die bloße Verrichtung zur Vornahme rein tatsächlicher Handlungen fällt nicht unter den Begriff der Geschäftsbesorgung, der Auftrag muss sich auf den Abschluss von Rechtsgeschäften und/oder zur Vornahme von sonstigen Rechtshandlungen für den Geschäftsherren beziehen.322

Da in der Spielervermittlerbranche die Verrichtung von Rechtshandlungen und der Abschluss von Rechtsgeschäften durch den Vermittler (=Beauftragter) üblich sind, sind gemäß § 1151 Abs 2 ABGB die Bestimmungen über den Geschäftsbesorgungsvertrag zu berücksichtigen.

4.1.4 Der Spielervermittlervertrag als gemischter Vertrag Wie bereits oben erwähnt und erläutert, stellt der Spielervermittlungsvertrag einen gemischten Vertrag dar, der aus dienst-, werk- und geschäftsbesorgungsvertraglichen Elementen bestehen kann. Insbesondere dann, wenn die Parteien den

319 Im Profifußball dürfen Spieler den Verein nur im Zeitraum der sogenannten „Transferfenster“ wechseln. Die FIFA verlangt die Einrichtung von genau zwei Wechselperioden pro Jahr: eine im Sommer zwischen den Spielzeiten und eine zu Beginn der Rückrunde. In großen Teilen Europas sind diese Transferfenster vom 1. Juli bis Ende August/Anfang September bzw vom 1. bis 31. Jänner geöffnet. Vgl https://www.tz.de/sport/fussball/transferfenster-ausland-sport-fussball-fristen-europa-asien-amerika- 13832194.html (5.2.2021). 320 Strasser in Rummel (Hrsg), ABGB3 § 1002 ABGB Rz 1 (Stand 5.2.2021, rdb.at). 321 Völkl/Völkl, Beraterhaftung2 Rz 2/2. 322 Strasser in Rummel, ABGB3 § 1002 ABGB Rz 40. 43

Spielervermittlungsvertrag erst im Laufe der Zeit spezifizieren, ist von einem Typenkombinationsvertrag323 aus dienst- und werkvertraglichen Elementen auszugehen.324

Ein Beispiel: Zunächst verpflichtet sich ein Spielervermittler einem Verein gegenüber einen bestimmten „Typ“ Fußballer zu suchen und zu vermitteln – etwa einen Mittelfeldregisseur, der Pässe in die Tiefe spielen kann und ein Spezialist für Standardsituationen ist. Dies geschieht im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses als freier Dienstnehmer. Im Anschluss an die Namhaftmachung der potenziellen Kandidaten trifft der Verein eine engere Auswahl an Spielern, die für ihn interessant sind. Eine daraufhin eingegangene vertragliche Verpflichtung des Vermittlers, einen dieser bestimmten Spieler zu vermitteln, stellt ein werkvertragliches Element dar.325

Da der Spielervermittler oftmals auch die rechtliche Vertretung des Spielers übernimmt, beispielsweise indem er die Vertragsverhandlungen führt, kann auch eine geschäftsbesorgungsvertragliche Komponente hinzukommen.326

323 OGH 19.10.1999 4 Ob 265/99w, ecolex 2000/39 (107). 324 Reisinger, Rechtsstellung des Spielervermittlers 303. 325 Völkl-Posch, Arbeitsvermittler Rz 7/605. 326 Jenny, Sportlervermittlungsvertrag 37. 44

5 Das Vallci-Urteil Hauptausschlaggebend für diese Arbeit war der Gerichtsprozess zwischen dem österreichischen Fußballprofi Albert Vallci und einer Spielervermittlungsagentur am LGZ Graz. Wie bereits erwähnt, ist es in Österreich nur äußerst selten dazugekommen, dass ein Rechtsstreit, an dem ein Spielervermittler beteiligt war, tatsächlich vor Gericht ausgetragen wurde. In der jüngeren Vergangenheit war dies, abgesehen von dem im Folgenden besprochenen Prozess, gar nie der Fall.

5.1 Werdegang Albert Vallci wurde am 2. Juli 1995 im weststeirischen Voitsberg geboren. Vallcis erster Verein war der FC Lankowitz, in dessen Jugendmannschaften er ab 2001 spielte. Schließlich wechselte Vallci im Jahr 2009 zur Kapfenberger Sportvereinigung (KSV), der Verein spielte zum damaligen Zeitpunkt in der Bundesliga, der höchsten heimischen Fußball-Liga. Nach mehreren Jahren, in denen Vallci in den Jugend- und Reservemannschaften327 der KSV spielte, folgte sein Debüt für die Profimannschaft in der zweiten Liga328 am 13. Mai 2014.

Nach einem Wechsel in die Regionalliga zum SV Lafnitz im Jänner 2015 folgte zur Saison 2016/2017 der Transfer zum SV Horn, der in die zweite Liga aufgestiegen war. Der SV Horn stieg allerdings postwendend als Tabellenletzter wieder ab, Vallci schloss sich daraufhin dem FC Wacker Innsbruck an. Mit dem Traditionsverein gelang Albert Vallci 2017/2018 als Meister der zweiten Liga der Aufstieg in die Bundesliga.329 Nach 16 Bundesligaeinsätzen für Wacker Innsbruck erfolgte im Jänner 2019 der Wechsel zum FC Red Bull Salzburg330: Dieser Transfer sorgte auch für den gegenständlichen Rechtsstreit.

Seither gilt der Abwehrspieler als Stammkraft beim Dominator des heimischen Fußballs, 2019 und 2020 holte Vallci mit dem FC Salzburg das Double.331 Vallcis kolportierter Marktwert liegt bei 2,5 Millionen €332, sein Vertrag in Salzburg läuft noch bis 30. Juni 2024.

327 Die zweite Kampfmannschaft spielte in der Regionalliga (dritthöchste Spielklasse), die dritte Kampfmannschaft in der Oberliga (fünfthöchste Spielklasse). 328 Damals noch etwas unglücklich als „Heute für Morgen“ Erste Liga bezeichnet. 329 https://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Vallci (5.2.2021). 330 https://www.transfermarkt.de/albert-vallci/profil/spieler/261935 (5.2.2021). 331 Als „Double“ wird der Gewinn der Bundesliga in Kombination mit dem ÖFB-Cup-Bewerb bezeichnet. 332 https://www.transfermarkt.de/albert-vallci/profil/spieler/261935 (5.2.2021). 45

Im Mai 2019 wurde Vallci zwar erstmals in den Kader der Nationalmannschaft einberufen, bis dato wartet der Abwehrspieler allerdings noch auf seinen ersten Einsatz für das ÖFB- Team333.

5.2 Die Prozessparteien Um die Sachverhaltsdarstellung und auch die weiterführende Behandlung des Falls zu vereinfachen, werden an dieser Stelle die am Gerichtsverfahren beteiligten Parteien aufgezählt und ihre rechtlichen Vertreter benannt. Sämtliche diesbezügliche Informationen konnten in den vergangenen Jahren der Berichterstattung in den Medien entnommen werden.334

Klagende Partei:

• Centerfield - Sports meets Business GmbH335 • Vertreten durch „Reif und Partner Rechtsanwälte OG“ • Geschäftsführer: Otmar Hackl

Erstbeklagte Partei:

• Albert Vallci (siehe oben) • Vertreten durch „Puttinger Vogl Rechtsanwälte GmbH“336

Zweitbeklagte Partei:

• DaKa GmbH • Vertreten durch „Summereder Aigner Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“337 • Geschäftsführer: Daniel Kastner338

5.3 Sachverhaltsdarstellung Die Centerfield-GmbH schloss am 18. April 2016 einen Beratungs- und Vermittlungsvertrag mit Albert Vallci. In weiterer Folge wickelte Centerfield die beiden – ablösefreien – Transfers von Albert Vallci zum SV Horn (Sommer 2016) bzw zum FC Wacker

333 Als Sohn eines kosovarischen Vaters wurde Vallci sowohl vom kosovarischen als auch vom albanischen Fußball-Verband kontaktiert, um ihn für ihr jeweiliges Nationalteam zu gewinnen. Vallci, der nur einen österreichischen Pass besitzt, hat diese Anfragen allerdings abgelehnt. Vgl https://www.heute.at/s/kosovo-und- albanien-wollen-salzburg-kicker-55988672 (5.2.2021). 334 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 335 In weiterer Folge als „Centerfield“ bezeichnet. 336 Mittlerweile als „Puttinger Vogl Rechtsanwälte OG“ im Firmenbuch eingetragen. 337 Mittlerweile hat diese Gesellschaft ihren Namen geändert und heißt „Summereder und Pichler Rechtsanwaltsgesellschaft mbH“ 338 Daniel Kastner ist seines Zeichens ehemaliger Fußballprofi, der unter anderem für Austria Salzburg, die SV Ried und den SV Grödig spielte. 46

Innsbruck (Sommer 2017) ab. Im Herbst 2018 hat es einige Gespräche zwischen Centerfield und an Vallci interessierten Vereinen gegeben; Darunter soll sich auch der FC Salzburg befunden haben. Der besonders lukrative Wechsel339 zu Salzburg – kolportiert wurde eine Ablösesumme in Höhe von 750.000 € – wurde letztlich allerdings von einer anderen Spielervermittlungsagentur eingefädelt: Der österreichische Spielervermittler Daniel Kastner340 erhielt von Vallci kurzfristig ein schriftliches Mandat, um den Transfer nach Salzburg umzusetzen.341

Centerfield-Geschäftsführer Hackl erklärte damals: „Wir hatten einen gültigen Vertrag und der Spieler hat wenige Tage vor dem Wechsel zu Red Bull Salzburg auch in der Tiroler Tageszeitung gesagt, dass wir seine Agentur sind, die alles handhabt. Obwohl wir auch noch eine Woche vor dem tatsächlichen Transfer mit Red Bull Salzburg in Kontakt waren, hat er dann Rogon ein schriftliches Mandat gegeben und den Transfer ohne uns durchgeführt und uns nur gesagt, Rogon hätte versichert, uns ins Boot zu holen.“342

Daniel Kastner meinte zur Causa, dass er Vallci im Vorfeld gefragt habe, ob er einen Berater habe. Vallci habe verneint und dies auch schriftlich bestätigt. „Somit habe ich ihn gefragt, ob ich Red Bull für ihn machen kann, auch das hat er mir schriftlich bestätigt. Also habe ich den Transfer abgewickelt", so der Geschäftsführer der DaKa GmbH.343

Diverse Versuche – sowohl persönliche als auch über Anwälte – eine außergerichtliche Einigung zu erzielen, blieben erfolglos. Letztlich wurde die Klage von Centerfield gegen Albert Vallci und die DaKa GmbH beim LGZ Graz eingereicht.

5.4 Streitpunkte 5.4.1 Exklusivität des Vermittlungsvertrags Die Centerfield GmbH berief sich auf einen bestehenden Exklusivvertrag mit Albert Vallci, in dem vereinbart wurde, dass die Beratungs- und Vermittlungsrechte exklusiv an Centerfield übertragen werden. Centerfield führte an, dass sich dieser Vertrag aufgrund erfolgreicher Vermittlung automatisch verlängerte und bis Sommer 2020 aufrecht sei.344 Diese

339 In dieser Transferphase versuchte übrigens auch der SK Sturm Graz Vallci zu verpflichten, zog allerdings den Kürzeren. 340 Der für die deutsche Spielervermittleragentur „ROGON GmbH & Co.KG“ (vgl Kapitel 2.4.4.) tätig wurde. 341 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/news/wechsel-nach-salzburg--transfer-klage-gegen-albert- vallci-/ (5.2.2021). 342 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/news/wechsel-nach-salzburg--transfer-klage-gegen-albert- vallci-/ (5.2.2021). 343 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/news/wechsel-nach-salzburg--transfer-klage-gegen-albert- vallci-/ (5.2.2021). 344 LGZ Graz 35 Cg 82/19g. 47

Rechtsauffassung in Bezug auf die Exklusivität wurde auch dem Klagebegehren zugrunde gelegt.

Centerfield war der Meinung, dass Vallci durch die Abwicklung des Transfers ohne deren Beteiligung den zwischen Centerfield und Vallci bestehenden Vertrag verletze, und verlangte von Vallci, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Im Vertrag345 findet sich unter Punkt 2 („Vergütung“) die Abmachung, dass Centerfield eine Provision in Höhe von 7 % des Jahresbruttogehalts, das dem Spieler „aufgrund der von Centerfield ausgehandelten oder neu verhandelten Arbeitsverträge“ gebührt, zusteht.

Centerfield führte in der Klage gegen die DaKa GmbH346 an, dass diese in Kenntnis des Exklusivvertrags zwischen Vallci und Centerfield war. Durch die Umgehung von Centerfield habe die DaKa GmbH am Vertragsbruch wissentlich mitgewirkt und sei daher ebenso schadenersatzpflichtig.

5.4.2 Rechnungslegung und Zahlung Centerfield reichte eine Stufenklage347 gegen die DaKa GmbH ein. Demnach begehrte Centerfield Auskunft über sämtliche Zahlungen, die die DaKa GmbH im Zusammenhang mit der Abwicklung des Transfers erhalten hatte. In weiterer Folge begehrte die klagende Partei den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Betrag in voller Höhe.

5.4.3 Schiedsklausel Die beklagten Parteien brachten vor, dass zwischen den Streitteilen die Zuständigkeit eines unparteiischen Schiedsgerichts vereinbart worden war, und wandten daher die Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte ein.

5.5 Das Urteil des LGZ Graz348 • Die Klage wurde in Bezug auf den Erstbeklagten (Albert Vallci) wegen Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte zurückgewiesen. Die klagende Partei (Centerfield) wurde dazu verurteilt, die Verfahrenskosten zu tragen. • Die Klage gegen den Zweitbeklagten (DaKa GmbH) wurde abgewiesen. Folglich musste die klagende Partei auch hier die Verfahrenskosten349 tragen.

345 Beilage ./E zu 35 Cg 82/19g. 346 Zu der Centerfield als andere Spielervermittlungsagentur in einem Wettbewerbsverhältnis steht. 347 Vgl Art 42 Zivilprozessordnung-Einführungsgesetz (EGZPO). 348 LGZ Graz 35 Cg 82/19g. 349 Diese beliefen sich insgesamt auf über 10.000 €. 48

5.6 Die rechtliche Beurteilung des LGZ Graz 5.6.1 Rechtliche Beurteilung zur Zuständigkeit Die beklagten Parteien erhoben den Einwand, dass die ordentlichen Gerichte nicht zuständig wären, da der Vermittlungsvertrag zwischen Vallci und Centerfield eine Schiedsklausel enthält, die den Rechtsweg über ordentliche Gerichte ausschließe. Diese Schiedsklausel lautet wie folgt:

„Die Parteien sind verpflichtet, sich bezüglich jeglicher Ansprüche der Zuständigkeit des Verbands oder der FIFA zu unterwerfen. Der Rechtsweg über die ordentlichen Gerichte ist ausgeschlossen, soweit er nicht ausdrücklich in den FIFA-Reglements vorgesehen ist.“350

Diese Formulierung ist Wort für Wort aus dem Standardvermittlungsvertrag der FIFA bzw des ÖFB übernommen.351 Das Problem hierbei ist, dass sich dieser Standardvermittlungsvertrag an jenen Reglements der FIFA bzw des ÖFB orientiert, die im Jahr 2015 ihre Gültigkeit verloren (siehe oben unter 2.3.2 bzw 2.3.5.2).

Die im Vertrag verwendete Schiedsklausel stellt insofern ein Relikt aus der Zeit des Spielervermittler-Lizenzierungssystems dar, als für Streitigkeiten aus Spielervermittlungsverträgen ohne Auslandsbezug die Schiedskammer des ÖFB zuständig war. Bei Vorliegen eines Auslandsbezugs wurde ein bei der FIFA eingerichtetes Schiedsgericht tätig.352

Mit der Schiedsklausel war die Zuständigkeit der Schiedskammer des ÖFB gemeint, so Centerfield-Geschäftsführer Hackl. Dieser stellte zunächst telefonisch und dann per E-Mail eine Anfrage an den ÖFB, inwieweit Streitigkeiten zwischen Spielervermittlern untereinander sowie Spielervermittlern gegenüber Fußballern der Entscheidungskompetenz „der ÖFB-/FIFA- Schiedsgerichte“ unterliegen. Der Generalsekretär des ÖFB (Thomas Hollerer) antwortete auf diese Anfrage wie folgt:

„Ich darf Dir mitteilen, dass es sich in der angeführten Angelegenheit um keine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis handelt, eine vereinsinterne Schlichtung nicht vorgesehen ist und daher der Weg zu den ordentlichen Gerichten offensteht.“353

350 Punkt 6, 2. Absatz der Beilage ./E zu 35 Cg 82/19g. 351 Vgl Anhang 3 zum FIFA-SvR 2008. 352 Art 30 FIFA-SvR 2008. 353 Beilage ./A zu 35 Cg 82/19g. 49

Die beklagten Parteien gründeten den Einwand der mangelnden Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte auf die Schiedsklausel im Vermittlungsvertrag (siehe oben). Da die zweitbeklagte Partei (DaKa GmbH) nicht Partei des gegenständlichen Vermittlungsvertrags wurde (dieser wurde ja zwischen Centerfield und Vallci geschlossen), konnte mit ihr schon von vornherein keine Zuständigkeitsvereinbarung (Schiedsklausel) zustande kommen. Daher wurde der Einwand der DaKa GmbH, die ordentlichen Gerichte seien in dieser Rechtssache354 unzuständig, verworfen.355

Komplizierter gestaltet sich die rechtliche Beurteilung der Schiedsklausel bezüglich des Erstbeklagten, Albert Vallci. § 584 Abs 1 ZPO regelt, dass das Gericht die Klage in einer Angelegenheit zurückzuweisen hat, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, sofern der Beklagte dies rechtzeitig rügt. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn das Gericht feststellt, dass die Schiedsvereinbarung nicht vorhanden oder undurchführbar ist. Ferner darf das Gericht die Klage nicht zurückweisen, wenn das Schiedsgericht seine Zuständigkeit verneint hat, weil keine Schiedsvereinbarung vorhanden oder die Schiedsvereinbarung undurchführbar ist.356

Das LGZ Graz hatte zunächst zu beurteilen, ob die Schiedsvereinbarung überhaupt ausreichend genug bestimmt ist. Für den Mindestinhalt einer Schiedsvereinbarung ist die Bezeichnung eines bestimmten Schiedsgerichts nicht erforderlich. Das Fehlen einer solchen Bezeichnung berührt die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung grundsätzlich nicht.357 Daher wurde auch die Formulierung, dass die Parteien verpflichtet seien, „sich bezüglich jeglicher Ansprüche der Zuständigkeit des Verbands oder der FIFA zu unterwerfen“358, vom Gericht als ausreichend bestimmt qualifiziert. Selbst wenn eine Schiedsvereinbarung auf eine nicht bestehende Schiedsgerichtsinstitution verweist, ist die Vereinbarung trotzdem wirksam, wenn sich durch Auslegung aus der Formulierung ein genau bestimmbares Schiedsgericht ableiten lässt.359

Das Gericht kam zum Schluss, dass aufgrund der Klausel bei Streitigkeiten ohne Auslandsbezug die „Schiedskammer des ÖFB“360 gemeint wäre und die Schiedsklausel somit jedenfalls wirksam sei. Eine solche „Schiedskammer“ wird weder im ÖFB-RAV noch in der

354 In Bezug auf die Klage von Centerfield gegen die DaKa Gmbh. 355 LGZ Graz 35 Cg 82/19g. 356 § 584 Abs 2 ZPO. 357 RIS-Justiz RS0044991. 358 Punkt 6, 2. Absatz der Beilage ./E zu 35 Cg 82/19g. 359 Hausmaninger in Fasching/Konecny3 IV/2 § 581 ZPO (Stand 1.10.2016, rdb.at). 360 Auf die auch Centerfield-Geschäftsführer Hackl verwies. 50

ÖFB-Rechtspflegeordnung erwähnt. Nichtsdestotrotz hat das LGZ Graz die Schiedsklausel als wirksam beurteilt und dementsprechend die Klage gegen Vallci zurückgewiesen.361

Die Tatsache, dass der ÖFB-Generalsekretär in seiner E-Mail an Centerfield- Geschäftsführer Hackl klarstellte, dass der „Weg zu den ordentlichen Gerichten offensteht“, gibt vor dem Hintergrund der Zurückweisung der Klage durch das LGZ Graz naturgemäß Rätsel auf. Daher fragte ich bei der Rechtsabteilung des ÖFB362 nach und bat um eine Erklärung. Der ÖFB erklärte – wie bereits am Anfang des Kapitels dargestellt –, dass es sich bei der Schiedsklausel363 um eine Vereinbarung handle, die sich an veralteten Regularien orientiert und nicht an das aktuell in Kraft stehende ÖFB-RAV angepasst wurde. Der Grund dafür, dass sich der ÖFB in der Auskunft an Hackl im Rechtsstreit zwischen Centerfield und Vallci für nicht zuständig erklärt hatte, ist, dass kein Zusammenhang mit dem Verbandsverhältnis besteht. Laut eigener Aussage fühlt sich der ÖFB nur für Verstöße gegen das ÖFB-RAV zuständig364, etwa im Zusammenhang mit der Offenlegung der vereinbarten Zahlungen an Vermittler (vgl § 6 ÖFB-RAV) oder Interessenskonflikten gemäß § 8 ÖFB-RAV. Allerdings handelt es sich laut ÖFB im Fall Vallci nicht um eine Streitigkeit, die im Zusammenhang mit dem ÖFB-RAV steht, sondern um einen „gewöhnlichen“ Schadenersatzanspruch aus dem Spielervermittlungsvertrag und somit um keine Angelegenheit aus dem Verbandsverhältnis.

Angesprochen auf die von Centerfield erwähnte „Schiedskammer“365 bestätigte mir die Rechtsabteilung, dass es beim ÖFB keine derart bezeichnete Schlichtungsstelle gibt. Für Streitigkeiten, die sich (direkt) aus dem ÖFB-RAV ergeben, sind gemäß § 9 ÖFB-RAV die Kontrollausschüsse des jeweiligen Landesverbandes zuständig (siehe Seite 27).

Auf die hypothetische Frage, wie der Fall verlaufen wäre, wenn sich Centerfield (trotz der Auskunft, dass der ÖFB den Fall nicht behandeln würde) mit einer Schiedsklage an den Kontrollausschuss gewandt hätte, versicherte mir die ÖFB-Rechtsabteilung, dass sich der

361 LGZ Graz 35 Cg 82/19g. 362 Die Auskunft wurde vom selben Mitarbeiter erteilt, der auch die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts vornahm und für die Rechtsansicht seitens des ÖFB verantwortlich ist, und stammt insofern „aus erster Hand“. 363 Punkt 6, 2. Absatz der Beilage ./E zu 35 Cg 82/19g. 364 Vgl auch Grundei, Außergerichtliche Streitbeilegung im Sport, in Marhold/Schneider (Hrsg), Österreichisches Sportrecht (2017) 237 (259). 365 Dieser Begriff findet sich auch mehrmals im Urteil des LG Graz wieder. 51

Kontrollausschuss für unzuständig erklärt hätte und somit (abermals) die ordentlichen Gerichte aktiv werden hätten müssen.366

Letztlich wurde aber, wie bereits dargestellt, direkt der Weg vor die ordentlichen Gerichte gewählt, weshalb die Schiedsklausel vom LGZ Graz schließlich als wirksam beurteilt und die Klage gegen Vallci wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen werden konnte.

5.6.2 Rechtliche Beurteilung des Alleinvermittlungsauftrags im Spielervermittlungsvertrag Abgesehen von den verfahrensrechtlichen Fragen in Bezug auf die Schiedsklausel und die damit in Verbindung stehende Möglichkeit, den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten, hatte sich das LGZ Graz auch mit der zwischen Vallci und Centerfield vertraglich vereinbarten Exklusivität der Vermittlung zu befassen (siehe 5.4.1).

Exklusivklauseln, mit denen sich ein Spieler dazu verpflichtet, „seine“ Vermittlungsrechte während der Vertragslaufzeit exklusiv einem Spielervermittler zu übertragen, stellen in der Praxis wohl eher die Regel als die Ausnahme dar. Eine Exklusivbindung anzustreben ist (vor allem) aus der Sicht des Vermittlers insofern sinnvoll, als dass diese die Gefahr bannt, dass der Vermittler Aufwendungen tätigt oder Vorleistungen erbringt, ohne am Ende dafür belohnt zu werden. Der Alleinvermittlungsauftrag verschafft dem Vermittler also eine bessere Marktposition unter Ausschluss der Konkurrenz durch andere Spielervermittler.367 Neben den Vermittlern selbst kann auch den Vereinen ein gewisses Interesse an Exklusivitätsvereinbarungen zugesprochen werden. Denn die Vertragsverhandlungen368 werden nicht direkt mit dem Spieler geführt, sondern finden (mittelbar) über dessen Spielervermittler369 statt. Gerade wenn die Verhandlungen über mehrere Wochen oder gar Monate andauern – und das ist im heutigen Profifußball keine Seltenheit mehr –, wird Zeit und Geld in die Anbahnung eines Vertragsverhältnisses mit einem Spieler investiert. Hinzu kommt regelmäßig ein gewisser Zeitdruck durch die begrenzten Transferfenster.370 Liegt kein Alleinvermittlungsauftrag vor, muss der Verein stehts befürchten, dass noch andere Berater des Spielers parallel mit anderen Vereinen verhandeln könnten und somit sämtliche Bemühungen umsonst wären, sollte sich der Spieler am Ende für ein anderes Angebot entscheiden.371

366 Vgl § 584 Abs 2 ZPO. 367 Reisinger, Rechtsstellung des Spielervermittlers 120. 368 Sowohl im Fall von Vertragsverlängerungen als auch vor einem Transfer zum Verein. 369 Oder Spielerberater. 370 Siehe FN 319. 371 Reifeltshammer, Spielervermittlungsverträge: Exklusivitätsvereinbarungen, https://lawmeetssports.at/exklusivitaetsvereinbarungen-in-spielervermittlungsvertraegen/ (5.2.2021). 52

Der Vertrag enthält unter der Überschrift „Exklusivität“ folgende Klausel: „Die Parteien vereinbaren, dass Beratungs- und Vermittlungsrechte exklusiv an Centerfield übertragen werden.“372 Die vermeintliche Verletzung dieser Exklusivitätsklausel stellt die Grundlage der Klage von Centerfield dar. Einerseits wirft die Spielervermittlungsagentur ihrem Klienten Vallci Vertragsbruch – in concreto die Verletzung der oben zitierten Klausel – vor, andererseits stützt sich die Klage gegen die DaKa GmbH auf deren wissentliches Mitwirken am Vertragsbruch: Dies stellt einen Rechtsbruch im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984373 (UWG) dar und führt zu einem Schadenersatzanspruch. Die alles entscheidende materiellrechtliche Frage ist demnach, ob der vereinbarte Alleinvermittlungsauftrag zulässig ist oder nicht.

In seiner rechtlichen Beurteilung nahm das Gericht auf den hier einschlägigen § 5 AMFG Bezug. Gemäß § 5 Abs 1 und 2 AMFG ist entgeltliche Arbeitsvermittlung für Sportler zwar zulässig, Alleinvermittlungsaufträge jedoch nur, soweit eine sachliche Rechtfertigung dafür besteht.374 Diese sachliche Rechtfertigung leitete Centerfield daraus ab, dass sie aufgrund des Spielervermittlungsvertrags auch unentgeltliche Beratungsleistungen erbracht habe. Das Gericht befand allerdings, dass sich aus dem Vertrag keine Beratungspflicht ergebe, und war der Ansicht, dass es sich bei Erbringung solcher Beratungsleistungen allenfalls um Nebenleistungen des Vermittlungsvertrags handelte. Darin erblickte das erkennende Gericht keine sachliche Rechtfertigung für einen Alleinvermittlungsauftrag im Sinne des § 5 Abs 4 AMFG. Im Ergebnis wurde die Vereinbarung der Exklusivität375 als unwirksam beurteilt, womit eine Verletzung derselben (als Grundlage für Schadenersatzansprüche) nicht möglich wäre.

„Ich bin überzeugt, dass nur wenigen Fußballspielern bewusst ist, dass in Österreich exklusive Vermittlungsvollmachten von Spielerberatern praktisch keine Gültigkeit haben – das heißt, die Vollmacht gilt schon, aber sie ist nicht exklusiv. Nach der Rechtslage sind praktisch alle Exklusivitätsklauseln von Spielervermittlern rechtsunwirksam“376, kommentierte Vallcis Anwalt Peter Vogl die Rechtsansicht des LGZ Graz. Zur sachlichen Rechtfertigung im Sinne des § 5 Abs 4 AMFG meinte er: „(…) Und zwar eine echte sachliche Rechtfertigung, nicht nur eine hohle Begründung. Es ist zu wenig zu behaupten, man habe den Spieler ja laufend beraten,

372 Punkt 3 Beilage ./E zu 35 Cg 82/19g. 373 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb BGBl 1984/448. 374 Vgl § 5 Abs 4 AMFG. 375 Der schriftlich geschlossene Vermittlungsvertrag bleibt aufrecht, nur die Exklusivität fällt weg. 376 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 53 etwa in Ernährungsfragen. Im Vertrag muss drinnenstehen, dass die Agentur auch gewisse Pflichten hat, nicht nur Rechte. Agenturen behalten sich oft das exklusive Recht vor, zu vermittlen und dafür eine Provision zu kassieren. Bestimmte Pflichten für sich selbst sind in Verträgen oft nicht ausreichend vorgesehen.“ Vallcis Anwalt – seines Zeichens Ehrenpräsident377 des Bundesligisten SV Ried und Kenner der Profifußballszene – fällt im Zusammenhang gar kein Beispiel für die besagte sachliche Rechtfertigung ein.378 Dass das Gericht die Exklusivität des Vermittlungsvertrags zwar bei der Abweisung der Klage gegen die DaKa GmbH verneinte, jedoch in Bezug auf Vallci die Klage (lediglich) wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen hat, spiele laut Vogl in der Bewertung keine entscheidende Rolle: Der Richter hat die Klage wegen einer Schiedsgerichtsvereinbarung aus formellen Gründen zurückgewiesen. Die entscheidende Passage im Urteil ist aber der Hinweis des Gerichts auf AMFG, Paragraph 5, Absatz 4, mit dem die Exklusivität der Vollmacht verneint wurde.“379

Susanne Aigner, die Anwältin der DaKa GmbH, bekräftigte die Aussagen von Vallcis Anwalt und kam zur gleichen Ansicht: „Albert Vallci hat vollkommen korrekt gehandelt, die drei Jahre alte Exklusivvollmacht war rechtsunwirksam. Er hat also zurecht auch einen anderen Berater bevollmächtigt. Er war Free Agent380!“ Im

Bezug auf die DaKa Gmbh analysierte Aigner richtigerweise: „Mit meiner Mandantin hatte Centerfield bekanntermaßen keinen Vertrag abgeschlossen. Centerfield hätte gegenüber meiner Mandantin daher nur dann einen Anspruch durchsetzen können, wenn ein wirksam zwischen Centerfield und Vallci abgeschlossener Alleinvermittlungsauftrag gebrochen worden wäre. Das Vorliegen eines solchen Alleinvermittlungsauftrages wurde vom Gericht verneint. Die Klagsabweisung gegen meine Mandantin wurde vor allem damit begründet, dass die Vereinbarung eines Alleinvermittlungsauftrages nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig ist. Eine solche sachliche Rechtfertigung liegt im konkreten Fall nicht vor. Dies insbesondere, da in der abgeschlossenen Vereinbarung keinerlei Verpflichtungen – zum Beispiel Beratungspflichten – von Centerfield enthalten waren. Centerfield bemühte sich, die sachliche

377 https://www.puttinger-vogl.at/rechtsanwalt-innviertel/rechtsanwaelte/mag-peter-vogl-mba/ (5.2.2021). 378 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 379 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 380 Dieser Begriff kommt aus dem (US-)Sport und bedeutet, dass ein Sportler keinen gültigen Vertrag mit einem Verein hat und somit zu einem Verein seiner Wahl wechseln darf. In Bezug auf den Sachverhalt ist gemeint, dass der Exklusivvertrag mit Vallcis Vermittlungsagentur unwirksam ist und sich der Fußballer daher frei an eine andere wenden darf. 54

Rechtfertigung damit zu begründen, dass tatsächlich diverse Beratungsleistungen für Vallci getätigt wurden. Solche freiwilligen Leistungen begründen aus Sicht des Gerichts allerdings keine sachliche Rechtfertigung. Für Spielervermittler bedeutet dies für den Abschluss von Alleinvermittlungsaufträgen, dass auch sie sich gegenüber dem Spieler zu diversen Leistungen verpflichten müssen. Sind - wie im gegenständlichen Fall - nur Pflichten des Spielers im Vertrag enthalten, ist eine Exklusivitätsklausel nicht wirksam.“381

Der Anwalt der klagenden Partei gab nach dem Urteil keine Stellungnahme ab. Centerfield Geschäftsführer Hackl meinte, dass das Urteil „aus unserer Sicht und auch aus Sicht des ÖFB nicht verständlich“ sei. Damit ist allerdings die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit382 gemeint, zur (Un-)Wirksamkeit von Alleinvermittlungsaufträgen vor dem Hintergrund des § 5 Abs 4 AMFG hat sich der Geschäftsführer der Klägerin nicht geäußert. Dass Centerfield keine Berufung gegen das Urteil, welches somit rechtkräftig wurde, einlegte, hatte lediglich wirtschaftliche Überlegungen, der Rechtsmittelverzicht geschah nicht, weil man sich nicht im Recht fühle: „Die Kosten und das finanzielle Risiko erhöhen sich bei einer Berufung noch einmal deutlich. Als kleineres Unternehmen konnten wir dieses einfach nicht mehr übernehmen.“383

Mögliche Rechtfertigungsgründe für einen Alleinvermittlungsauftrag im Sinne des § 5 Abs 4 AMFG sind nur schwer auszumachen. Der Umstand, dass sich384 bisher weder die österreichische Lehre noch die Rechtsprechung damit auseinandersetzte bzw auseinandersetzen musste, erschwert die Beurteilung, wann eine „sachliche Rechtfertigung“ vorliegt, die zur Zulässigkeit eines Alleinvermittlungsauftrags führt. Im Bereich der Spielervermittlung hat das LGZ Graz385 im Vallci-Fall ausgesprochen, dass schlichte Beratungsleistungen386 nicht ausreichend sind, um eine sachliche Rechtfertigung zu begründen. Ein Blick auf die Definition des Spielervermittlers (siehe 2.2) verdeutlicht, dass der begriffsbestimmenden Tätigkeit des Aushandelns eines Arbeitsvertrags ein Beratungselement immanent ist: Neben der eigentlichen Vermittlung geht es ganz offensichtlich auch um die beratende Unterstützung in einer konkreten Verhandlungs- und Entscheidungssituation.387 Somit werden Beratungsleistungen „sowieso“

381 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 382 Siehe oben unter 4.3.2.2. 383 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 384 Anders als beim Alleinvermittlungsauftrag nach dem MaklerG. 385 LGZ Graz 35 Cg 82/19g. 386 Bei denen es sich um Nebenleistungen des Vermittlungsvertrags handelt. 387 Reifeltshammer, Spielervermittlungsverträge, https://lawmeetssports.at/exklusivitaetsvereinbarungen-in- spielervermittlungsvertraegen/ (5.2.2021). 55 geschuldet und können – wie vom LGZ Graz richtig festgestellt – keine sachliche Rechtfertigung für einen Alleinvermittlungsauftrag darstellen.

Vielmehr müssten konkrete, über die Beratungsleistungen hinausgehende Pflichten des Vermittlers als Hauptleistungspflichten im Spielervermittlungsvertrag explizit vereinbart werden. Eine sachliche Rechtfertigung für Alleinvermittlungsaufträge könnte beispielsweise die Übernahme von Integrationsaufgaben für junge Spieler darstellen. Hier ist etwa an Sprachkurse und die interkulturelle Eingliederung zu denken, die vor allem Hürden für ausländische Talente darstellen können, die früh mit den enormen Schwierigkeiten eines Auslandstransfers konfrontiert sind. Der Spielervermittler könnte und sollte es als eine seiner388 Aufgaben sehen, die persönliche Entwicklung seines Klienten zu fördern.389 Tatsächlich gibt es mittlerweile auch Spielervermittlungsagenturen, die die Entwicklung und Förderung „ihrer“ Spieler in den Vordergrund stellen und die Vermittlungstätigkeit neben einem professionellen Vertragsmanagement lediglich als weitere notwendige Bestandteile ihres Leistungsportfolios verstehen.390

Der Grund dafür, dass die Exklusivitätsklausel überhaupt in den Vertrag aufgenommen wurde, dürfte wohl – wie auch bei der oben unter 5.6.1 behandelten Schiedsklausel – die mittlerweile391 veralteten Spielervermittlerreglements sein: Der von der FIFA und dem ÖFB empfohlene Standardvermittlungsvertrag enthielt unter Punkt 3 eine Regelung zur Exklusivität der Vermittlungsrechte: „Die Parteien vereinbaren, dass die Vermittlungsrechte wie folgt: exklusiv/nicht exklusiv392 an den Spielervermittler übertragen werden.“393 Die Vermutung liegt nahe, dass ein etabliertes Unternehmen394, das schon viele Jahre im Bereich der Spielervermittlung tätig ist, Vertragsmuster verwendet und sich somit eine „veraltete“ Klausel für Alleinvermittlungsaufträge (die ja über viele Jahre hinweg von der FIFA und dem ÖFB als unbedenklich angesehen wurde) in den Verträgen wiederfindet.

388 „erweiterten“. 389 Reifeltshammer, Spielervermittlungsverträge, https://lawmeetssports.at/exklusivitaetsvereinbarungen-in- spielervermittlungsvertraegen/ (5.2.2021). 390 Jäger, Die Unwirksamkeit von Exklusivitätsvereinbarungen in Spielervermittlungsverträgen, Causa Sport 2011, 257 (264). 391 Seit 1. April 2015. 392 Entsprechendes war anzukreuzen. 393 Anhang 3 zum FIFA- SvR 2008: „Standardvermittlungsvertrag“ Punkt 3. 394 Die Centerfield – Sports meets Business GmbH ist seit Jänner 2007 im Firmenbuch eingetragen. 56

5.6.2.1 Zulässigkeit von Exklusivitätsvereinbarungen im Ausland Anders als in Österreich, wo die Frage der Gültigkeit von Exklusivklauseln in Bezug auf Spielervermittlungsverträge erstmals im gegenständlichen Fall auftrat395, verrät ein Blick über die Grenze, dass in anderen Ländern bereits seit Längerem Klarheit in Bezug auf dieses Thema herrscht.

In Deutschland – wo die Regelungen und der Zugang zur Arbeitsvermittlung grundsätzlich ähnlich ausgestaltet sind wie in Österreich – setzt das öffentliche Arbeitsvermittlungsrecht rechtliche Grenzen, die lange Zeit vielfach unbekannt waren oder ignoriert wurden.396 § 297 Nr. 4 Sozialgesetzbuch III397 besagt, dass „Vereinbarungen, die sicherstellen sollen, dass ein Arbeitgeber oder eine Person, die eine Ausbildung oder Arbeit sucht, sich ausschließlich eines bestimmten Vermittlers bedient“, unwirksam sind.

Man könnte hinterfragen, ob diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut bedeuten soll, dass man sich nicht vertraglich auf nur „einen“ oder auf einen „bestimmten“ beschränken darf 398. Ein Blick in die zugehörige Bundesdrucksache399 schafft Klarheit: „Nummer 4 untersagt Exklusivverträge, die verhindern würden, dass der Ausbildungssuchende oder Arbeitssuchende den Vermittler wechselt oder zusätzlich einen weiteren Vermittler (…) in Anspruch nimmt.“400

Dieser Auffassung folgte auch das OLG Hamm im Jahr 2010.401 Ein Spielervermittler klagte einen Profifußballer mit dem er einen befristeten Spielervermittlungsvertrag abgeschlossen hatte, der eine Exklusivitätsvereinbarung enthielt, auf Schadenersatz wegen entgangener Provisionszahlungen. Wie schon das Gericht erster Instanz402 führte das Gericht mit Verweis auf § 297 Nr. 4 SGB III aus, dass kein Verstoß gegen die Exklusivklausel vorlag, da diese Klausel unwirksam sei. Die Klage wurde abgewiesen, was nicht sonderlich überraschend war, stellte dies doch nur eine konsequente Rechtsanwendung dar.

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass in Deutschland auch nach dieser Klarstellung durch die Rechtsprechung bis zur Abschaffung des FIFA-Reglements weiterhin ein Regelungswiderspruch zwischen staatlichem Recht und den Regelungen des Weltverbands

395 Und auch meiner Einschätzung nach nicht abschließend geklärt wurde, da es sich lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt, gegen das nicht berufen wurde. 396 Rain, Sportlermanagement Rz 402. 397 SGB BGBl I 1997/594. 398 Stopper/Karlin, Fußball-Recht2 728. 399 Alle Vorlagen, die im deutschen Bundestag verhandelt werden, erscheinen als sogenannte Drucksache. Sie können etwa mit erläuternden Bemerkungen verglichen werden. 400 BT-Drs. 14/8546, S. 7f. 401 OLG Hamm 8.1.2010, 12 U 124/09, Causa Sport 2011, 257. 402 LG Bochum AZ: 8 O 511/08. 57 vorlag, sah der FIFA-Standardvermittlungsvertrag doch eindeutig die Möglichkeit vor, auf Exklusivität zu optieren.

Auch in der Schweiz werden Profi-Fußballer als Arbeitnehmer vom Arbeitsvermittlungsrecht gegen nachteilige Vertragskonstellationen geschützt. Im Jahr 2016 urteilte das LG Köln – das in einem Rechtsstreit zwischen einer Schweizer Spielervermittleragentur und einem deutschen Spieler Schweizer Recht anzuwenden hatte403 – dass ein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih404 zur Nichtigkeit der entsprechenden Regelung führen könne.405

Gemäß Art 2 Abs 1 AVG ist ein Vermittler, „wer regelmässig406 und gegen Entgelt im Inland Arbeit vermittelt, indem er Stellensuchende und Arbeitgeber zum Abschluss von Arbeitsverträgen zusammenführt“. Zur Ausübung der regelmäßigen und entgeltlichen Arbeitsvermittlung ist eine Betriebsbewilligung des kantonalen Arbeitsamtes erforderlich. Wer regelmäßig Arbeit ins oder aus dem Ausland vermittelt – was bei Spielervermittlern in der Regel der Fall ist –, benötigt zusätzlich zur kantonalen Betriebsbewilligung eine Bewilligung des Staatssekretärs für Wirtschaft.407

In Bezug auf Exklusivitätsverträge ist Art 8 Abs 2 lit a Schweizer AVG von Relevanz: Diese Gesetzesnorm regelt den Vermittlungsvertrag und erklärt in ihrem zweiten Absatz Vereinbarungen für nichtig, die den Stellensuchenden (=Fußballprofi) daran hindern, sich an einen anderen Vermittler zu wenden.

Das SFV-Reglement zur Arbeit mit Vermittlern408 enthält einen Muster- Vermittlungsvertrag409, der die Möglichkeit vorsieht, Exklusivität zu vereinbaren.410 Da diese Option in offenem Widerspruch zur Regelung des Schweizer AVG steht, empfahl das Staatssekretariat für Wirtschaft in seinen Weisungen, im Fall der Vereinbarung von Exklusivität den Standardvermittlungsvertrag um ein „jederzeitiges, frist- und vorbehaltsloses

403 Der gesamte Vertrag wurde von den Parteien dem Schweizer Recht unterstellt, weswegen das deutsche Gericht Schweizer Recht anzuwenden hatte. 404 Bundesgesetzes über die Arbeitsvermittlung und den Personalverleih 823.11, in weiterer Folge als Schweizer AVG bezeichnet. 405 LG Köln 9.6.2016, 20 O 195/13, Causa Sport 2016, 359. 406 In der Schweizer Rechtschreibung findet sich kein scharfes S. 407 Art 2 Abs 3 Schweizer AVG. 408 Das Pendant zum ÖFB-RAV ist abrufbar unter: https://www.football.ch/de/Portaldata/1/Resources/dokumente/Reglement_SFV_Arbeit_mit_Vermittlern_D_201 50411.pdf (5.2.2021). 409 Siehe Anhang 1 des SFV-Reglements zur Arbeit mit Vermittlern. 410 Art 3 Muster-Vermittlungsvertrag des SFV-Reglements zur Arbeit mit Vermittlern. 58

Kündigungsrecht“ zu ergänzen, sodass die Exklusivitätsklausel den Vermittler nur mehr vor einem parallelen Tätigwerden eines konkurrierenden Vermittlers schützt.411

5.6.3 Rechtliche Beurteilung der Stufenklage Die von Centerfield gegen die DaKa GmbH eingebrachte Stufenklage (siehe oben unter 5.4.2) nach Art 42 Zivilprozessordnung-Einführungsgesetz412 schafft keinen eigenen Anspruch auf Rechnungslegung, sondern setzt vielmehr eine entsprechende zivilrechtliche Verpflichtung des Beklagten voraus413. Dieser Anspruch auf Rechnungslegung steht dann zu, wenn der Kläger ein bestimmtes Leistungsklagebegehren gegen einen ihm materiell-rechtlich zur Auskunftserteilung Verpflichteten414 nur mit erheblichen Schwierigkeiten erheben kann. Sofern dem Verpflichteten die Auskunft nach redlicher Verkehrsübung zumutbar ist und eine ausdrückliche gesetzliche Rechnungslegungspflicht415 besteht416, lässt die Rechtsprechung in Ausnahmefällen die Stufenklage auch bei Fehlen einer Vertragsbeziehung zu.

Im vorliegenden Fall besteht zwischen Centerfield und der zweitbeklagten Partei (DaKa GmbH) kein Vertragsverhältnis.417 Da das UWG keine Rechnungslegungs- oder Auskunftspflicht vorsieht (und auch die weiteren Voraussetzungen zur Erhebung einer Stufenklage nicht vorliegen), ist es Sache der klagenden Partei, den Schaden zu beziffern, der ihr durch den behaupteten Vertragsbruch des Erstbeklagten Albert Vallci entstanden ist. Daher entschied das LGZ Graz, dass Centerfield keinen Anspruch auf Rechnungslegung gegenüber der DaKa GmbH habe. Da dem Manifestationsbegehren nicht stattgegeben wurde, war in der Folge auch das unbestimmte Leistungsbegehren abzuweisen.418

5.7 Fazit zum Vallci-Urteil Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass einige wichtige Erkenntnisse für die Spielervermittlertätigkeit aus dem Fall Albert Vallci gewonnen werden können.

Die Frage bezüglich der Versagung des ordentlichen Rechtsweges wird wohl weiterhin offenbleiben bzw nicht abschließend geklärt werden können, da es sich bei der Entscheidung

411 Schmidt-Kessel/Kramme, Unliebsame Folgen mangelhafter Fussballspieler-Vermittlungsverträge, Causa Sport 2016, 271 (276). 412 In weiterer Folge als EGZPO bezeichnet. 413 RIS-Justiz RS0034986. 414 So hat etwa ein Makler die Möglichkeit eine Stufenklage einzureichen, wenn der Auftraggeber die Provision nicht abrechnet und der Makler somit gar nicht weiß, wie hoch diese ist. 415 So eine findet sich etwa in § 87 Abs 4 Urheberrechtsgesetz. 416 RIS-Justiz RS0117020. 417 Dies war auch der Grund, warum der Einwand der DaKa GmbH, es liege eine Schiedsvereinbarung vor, vom Gericht verworfen wurde. Vgl 4.3.2.2. 418 RIS-Justiz RS0035113. 59 des LGZ Graz lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt und die klagende Partei kein Rechtsmittel erhoben hatte. Allerdings liegt meiner Einschätzung nach auf der Hand, dass sich ein angerufenes Schiedsgericht des ÖFB bei einem ähnlich gelagerten Fall – nämlich bei einer Streitigkeit, die den Spielervermittlungsvertrag und nicht das ÖFB-RAV betrifft – für unzuständig erklären und somit das Bestreiten des ordentlichen Rechtsweges ermöglichen wird.

Die Klägerin behauptet in ihrer Stellungnahme zwar, dass der Rechtsmittelverzicht nicht deswegen erfolgt, weil man sich juristisch nicht im Recht fühle, und Centerfield- Geschäftsführer Hackl meint, dass es kein inhaltliches Urteil gegeben habe, sondern nur eine Zurückweisung wegen Unzuständigkeit419. In Wahrheit hat das Gericht allerdings sehr wohl auch ein inhaltliches gefällt, nämlich in Bezug auf die Klage gegen die DaKa GmbH.

Mit der rechtlichen Beurteilung der Exklusivitätsklausel, die der Abweisung der Klage gegen die zweitbeklagte DaKa GmbH zugrunde liegt, hat erstmals in Österreich ein staatliches Gericht ausgesprochen, dass es im Sportvermittlungsgeschäft keine Exklusivität gibt, es sei denn es liegt eine konkrete sachliche Rechtfertigung vor. Auch wenn das Gericht seine Zuständigkeit in Bezug auf die Klage gegen Vallci nicht verneint hätte, wäre das Ergebnis dasselbe gewesen: Alleinvermittlungsaufträge sind gemäß § 5 Abs 4 AMFG mangels sachlicher Rechtfertigung unwirksam. Dass dieses Verbot einer Exklusivitätsvereinbarung ausgerechnet aus einem Sozialgesetz abgeleitet wird, das der „Arbeitsförderung“ dient, mag den interessierten Beobachter des Profifußballs womöglich überraschen, stellt sich die Frage der Exklusivität doch im Zusammenhang mit einem finanziell lukrativen Wechsel, der keinen klassischen Fall der Förderung von Arbeitschancen darstellt.420

Die Tatsache, dass die Exklusivitätsklausel im Spielervermittlungsvertrag zwischen Centerfield und Vallci als unwirksam qualifiziert wurde, darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass zwischen den Parteien (nach wie vor) gültig vereinbart werden kann, dass die Spielervermittlung exklusiv stattfindet.421 Der Spieler und der Vermittler können im Sinne der Privatautonomie ein Exklusivitätsverhältnis begründen, sofern dies ihren beiderseitigen Interessen entspricht. Solche Exklusivitätsverhältnisse können nicht nur für den Spielervermittler und die Vereine wünschenswert sein422, auch die Spieler könnten bei einer exklusiven Vertragskonstellation stärker auf Leistungen und Aktivitäten des Vermittlers

419 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 420 Reifeltshammer, Spielervermittlungsverträge, https://lawmeetssports.at/exklusivitaetsvereinbarungen-in- spielervermittlungsvertraegen/ (5.2.2021). 421 Sofern eine sachliche Rechtfertigung im Sinne des § Abs 4 AMFG gegeben ist. 422 Siehe 4.3.2.3.1. 60 pochen und somit in weiterer Folge die Qualität von deren Dienstleistungen auf Dauer erhöhen.423 Darüber hinaus stellt eine Exklusivitätsvereinbarung zwischen Vermittler und Spieler sicher, dass nicht zugleich ein weiterer Vermittler mit einem anderen Verein Verhandlungen führt. Somit gewährleistet die Exklusivvereinbarung, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen dem interessierten Verein und dem Spielervermittler entstehen kann, das im besten Fall im Abschluss eines (neuen) Vertrags mündet. Auf diese Weise profitiert der Spieler sogar von der Exklusivitätsklausel.424

Inwiefern das Urteil im Fall Albert Vallci die heimische Spielervermittler-Branche beeinflussen wird, wird sich noch zeigen. In jedem Fall sollten sich alle in Österreich tätigen Spielervermittler den Rat von Rechtsanwältin Aigner zu Herzen nehmen. "Für Spielervermittler bedeutet dies für den Abschluss von Alleinvermittlungsaufträgen, dass auch sie sich gegenüber dem Spieler zu diversen Leistungen verpflichten müssen. Sind - wie im gegenständlichen Fall - nur Pflichten des Spielers im Vertrag enthalten, ist eine Exklusivitätsklausel nicht wirksam"425, kommentierte sie das Urteil des LGZ Graz. Daher empfiehlt sie allen Vermittlern, ihre Vertragsmuster auf die rechtliche Zulässigkeit überprüfen zu lassen. Insbesondere pauschalierte Exklusivitätsklauseln ohne vertraglich festgelegte Pflichten426 auf Seiten des Spielervermittlers sollten somit der Vergangenheit angehören.

423 Reifeltshammer, Spielervermittlungsverträge, https://lawmeetssports.at/exklusivitaetsvereinbarungen-in- spielervermittlungsvertraegen/ (5.2.2021). 424 Lampmann, Sportrecht im Fußball: Die Zusammenarbeit mit Spielervermittlern/Spielerberatern, https://www.lhr-law.de/magazin/sportrecht/die-zusammenarbeit-mit-spielervermittlern-spielerberatern/ (5.2.2021). 425 https://www.laola1.at/de/red/fussball/bundesliga/hintergrund/transfer-streit-um-rbs-kicker-albert-vallci--so- lautet-das-urteil/ (5.2.2021). 426 Die über die ohnehin bestehenden Hauptleistungspflichten des Vertrags hinausgehen. 61

6 Konklusion Durch die fortschreitende Globalisierung und die damit einhergehenden Kommerzialisierung hat der Fußballsport mit Beginn des 21. Jahrhunderts ein finanzielles Ausmaß erreicht, das genauso verrückt wie weltfremd ist. Der österreichische Nationalspieler Philipp Lienhart427 brachte es kürzlich – angesprochen auf die horrenden Ablösesummen und Spielergehälter – auf den Punkt: „Ganz ehrlich: Das ist absurd. In Europa wechselt ein Spieler für 200 Millionen Euro den Klub, auf der anderen Seite der Erde verhungern täglich Menschen. Das ist niemandem mehr zu vermitteln - gerade nicht den Fans.“428

Die losgetretene Lawine an aberwitzigen Summen, die in den Fußballsport gepumpt werden, scheint längst nicht mehr aufzuhalten. Viele Experten und Liebhaber des runden Leders erwarteten bzw erhofften sich durch die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie, die selbstverständlich auch vor der Fußballwelt nicht haltmachte, eine Abkehr vom vorherrschenden Trend, immer mehr Geld zu investieren. Ein „Neustart“ mit angemessenen429 Gehältern und Ablösesummen scheint allerdings in weiter Ferne.

Genauso wie das „Milliarden-Business Fußball“ Investoren aus aller Welt anlockt430, versuchen auch Spielervermittler vom Boom im Profifußball zu profitieren. Ohne professionelle Hilfe bei Transferanbahnungen oder Vertragsverhandlungen wären (insbesondere junge und unerfahrene) Spieler überfordert und würden wohl in der Regel übervorteilt werden. Insofern tragen die Vermittler dazu bei, dass ein beträchtlicher Teil der Unsummen, die in der Fußballwelt zirkulieren, bei den Hauptakteuren – nämlich den Fußballern – landet. Mit dem erfreulichen Nebeneffekt, dass sie Provisionen in Millionenhöhe erwirtschaften können.

Im Vorjahr fanden fast 15 % der weltweiten Transfers unter Beiziehung eines Vermittlers seitens der Spieler statt, knapp 8 % der Vereine, die einen neuen Spieler verpflichteten, bedienten sich eines Vermittlers. Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf sämtliche Profi- Transfers auf der ganzen Welt. Wenn man die Zahlen isoliert betrachtet, wird augenscheinlich, welche Bedeutung die Vermittler vor allem in den europäischen Ligen spielen: In England und

427 Lienhart spielt aktuell für den deutschen Bundesligisten SC Freiburg. 428 https://www.t-online.de/sport/fussball/id_89415688/kritik-am-profifussball-freiburgs-lienhart-zu-abloesen- und-gehaelter-das-ist-absurd-.html (5.2.2021). 429 Bzw „angemesseneren“. 430 In der englischen Premier League sind neben den bekannten Top-Vereinen auch die „kleineren Fische“ mitunter fest in der Hand von ausländischen Investoren aus den USA, China, Saudi-Arabien, Italien, Ägypten oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. 62

Deutschland wirkten bei jeweils einem Drittel der Transfers Vermittler auf Spielerseite mit, in Norwegen kamen gar über 43 % der Transfers mit deren Hilfe zustande.431

Genauso wie Vermittler benötigt werden, um die spektakulären Millionen-Deals abzuwickeln, müssen allerdings auch klare Regeln für die Spielervermittlertätigkeit gelten. Die Tatsache, dass die Spielervermittler-Reglements der FIFA und der nationalen Verbände in so kurzer Zeit derart oft geändert wurden, legt nahe, dass bis dato noch keine für alle Seiten zufriedenstellende Lösung gefunden werden konnte. Im Rahmen der dritten Konsultationsrunde zur Überarbeitung des FIFA-RAV432 gestand die FIFA ein, dass es ein Fehler war, die Spielervermittlerlizenz abzuschaffen und die Branche zu deregulieren.433 Es bleibt zu hoffen, dass sich die Vertreter der Spieler, der Vereine, der Verbände und der Spielervermittler auf ein Reglement einigen können, das faire Bedingungen für alle Parteien und Transparenz am Transfermarkt gewährleistet und somit für längere Zeit Bestand hat.

Insbesondere die Obergrenzen für Vermittlerprovisionen434 und die Wiedereinführung der verpflichteten Spielervermittlerlizenz (auch für Familienmitglieder des Spielers) werden eine neue Dynamik in die Branche bringen und dieser hoffentlich zu mehr Vertrauen, Ansehen und Seriosität verhelfen.

Mit Blick auf den Vallci-Fall darf man gespannt sein, inwiefern bzw ob die neue Spielervermittlerregelung die Probleme der Schiedsgerichtsbarkeit und der Exklusivitätsvereinbarung regeln wird.

431 https://resources.fifa.com/image/upload/intermediaries-in-international-transfers- 2020.pdf?cloudid=evtcspxhxl9pqov1dfyz (5.2.2021). 432 Siehe 2.3.5. 433 https://www.bbc.com/sport/football/54834219 (5.2.2021) 434 Diese sollen mit 3 % des Bruttogehalts des vermittelten Spielers bzw sofern der Vermittler für einen Verein tätig wird mit 10 % der bezahlten Transfersumme begrenzt sein. 63

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