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MEDIUM2016 MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 1 Titel „“ Autoren , Bastian Obermayer, Vanessa Helmut Schmidt Journalistenpreis Wormer Erschienen in „Süddeutsche Zeitung“ Datum 4. April 2016 Link 1. Platz 2016 http://panamapapers.sueddeutsche.de

Nächtelang in den Daten he- rumzuhängen: Das macht na- türlich süchtig. Ich kann nur für mich sprechen, aber ich bin die Sucht bis heute nicht so richtig losgeworden. BASTIAN OBERMAYER

INTERVIEW SEITE 4

FREDERIK OBERMAIER, geboren 1984 in Eggenfelden. 2003 bis 2010 BASTIAN OBERMAYER, geboren 1977 in Rosenheim. 1998 bis 2005 VANESSA WORMER, geboren 1987 in Bruchsal. 2007 bis 2012 Studium Studium der Journalistik (Diplom) und Politikwissenschaft (Magister) Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Amerikanistik in der Geschichte und Germanistik an der Universität Mannheim. 2008 bis in Eichstätt und Bogotá. 2010 bis 2012 Volontariat bei der „Süddeut- München. 2002 bis 2003 Besuch der Deutschen Journalistenschule in 2010 studienbegleitende Journalistenausbildung am Institut zur Förde- schen Zeitung“. 2012 bis 2013 Pauschalist in den Ressorts Investiga- München. 2003 bis 2005 freier Reporter. 2005 bis 2012 Redakteur rung publizistischen Nachwuchses (ifp) in München. 2012 bis 2013 tive Recherche und Außenpolitik der „Süddeutschen Zeitung“. Seit beim SZ-Magazin. Seit 2012 Redakteur Investigative Recherche der Volontariat bei der „Heilbronner Stimme“. 2014 bis 2015 Redakteurin 2013 Redakteur im Ressort Investigative Recherche der „Süddeut- „Süddeutschen Zeitung“, seit 2015 stellvertretender Ressortleiter. Ressort Online bei der „Heilbronner Stimme“. Frühjahr 2015 Rudolf schen Zeitung“. Augstein Data Fellow bei Correctiv in Berlin. Sommer 2015 Lede Pro- gram in Data Journalism an der Columbia University in New York. Seit September 2015 Datenjournalistin bei der „Süddeutschen Zeitung“, Ressorts Investigative Recherche und Entwicklungsredaktion.

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 2 Titel „Panama Papers“ Autoren Frederik Obermaier, Bastian Helmut Schmidt Journalistenpreis Obermayer, Vanessa Wormer Veröffentlicht in„Süddeutsche 1. Platz 2016 Zeitung“ Datum 4. April 2016

INTERVIEW SEITE 4

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 3 Titel „Panama Papers“ Autoren Bastian Obermayer, Frederik Helmut Schmidt Journalistenpreis Obermaier, Vanessa Wormer Veröffentlicht in„Süddeutsche 1. Platz 2016 Zeitung“ Datum 4. April 2016 Wie oft kommt es vor, dass man in den Panama Papers einen Namen findet und den dann nicht veröffentlichen darf, Herr Obermayer, Frau Wormer und Herr Obermaier?

INTERVIEW MATTHIAS THIELE VANESSA WORMER: Als dann auch noch BASTIAN OBERMAYER: FREDERIK OBERMAIER: VANESSA WORMER: um kurz vor 20 Uhr „Journalisten sollen den Staat „Wir haben seitens der Politik „Es gab einige Kollegen, die uns kontrollieren, nicht mit seinen nach den Panama Papers große für verrückt erklärt haben …“ über die Panama Papers twitterte, wur- Behörden gemeinsame Sache Worte gehört. Wenn man mit FOTO DANIEL HOFER Herr Obermayer, Sie erwische ich gera- de es im Newsroom sehr hektisch, weil machen.“ Fahndern spricht, hört man, wie de im Sabbatical. Im Rahmen des wir eigentlich noch gar nicht offiziell FOTO STEPHANIE FÜSSENICH überlastet sie sind.“ Knight-Wallace-Fellowship sind Sie für online waren. Snowden hatte unser FOTO JAKOB BERR, SZ ein Jahr an der . Leak geleakt. Und spätestens ab dann War das schon länger geplant oder war war klar: Die Panama Papers werden nach der Panama-Papers-Geschichte weltweit Schlagzeilen machen. einfach eine Auszeit nötig? OBERMAIER: Man darf aber auch INTERVIEW Offshore-Industrie zu blicken. BASTIAN OBERMAYER: Das Sabbatical Das heißt, Ihre Artikel lagen zu diesem nicht übersehen, dass bei der SZ Auch wenn immer die Rede ist von hatte mit den Panama Papers insofern Zeitpunkt allesamt schon im Stehsatz am Ende ein Riesenteam an dem Steueroasen: Den Nutzern von an- zu tun, als dass meine Frau und ich im und Sie konnten sich zurücklehnen? Projekt gearbeitet hat: Neben dem onymen Briefkastenfirmen geht es Januar gemerkt haben, wie sehr dieses OBERMAYER: Das wäre schön gewesen … Kernteam aus dem Investigativressort nicht zwangsläufig darum, Geld vor der Ding unser Leben diktiert, mit viel zu Nein, ganz fertig waren an diesem Sonn- waren das unsere Digital-Kollegen, un- Steuer zu verstecken. Es geht in vielen viel Arbeit. Wir haben etwas gebraucht, tagabend nur die Texte für den nächsten sere Juristen, Layouter, Grafiker, die Fällen auch darum, kriminelles Handeln worauf wir uns freuen konnten, ein Tag, eine Acht-Seiten-Beilage. Die acht Außenpolitikredaktion, die Wirtschaft aller Art zu verschleiern und Sanktionen Licht am Ende des Panama-Tunnels so- Seiten für den Dienstag waren noch nicht und etliche Auslandskorrespondenten. zu umgehen. zusagen. Also beschlossen wir, eine durch, und noch weniger die vier für den Das war wirklich eine tolle Truppe, die Zeitlang ins Ausland zu gehen. Die Zu- Mittwoch und den Rest der Serie, die am sich in der Schlussphase so einige Näch- Was waren John Does Bedingungen? Hat sage für das Fellowship kam dann eine Ende rund vier Wochen durchlief. te um die Ohren geschlagen hat. er Geld verlangt? Woche vor der Veröffentlichung der OBERMAYER: Nein, weder hat Panama Papers. Haben Sie einen Überblick, wie viele Ich glaube, wir müssen noch einmal Geld verlangt noch irgendeinen Einfluss Zeilen Sie insgesamt im Zusammenhang zum Anfang der ganzen Geschichte zu- darüber, was wir wann und wie veröf-

Und Sie, Frau Wormer, Herr Obermaier? mit den Panama Papers in der „Süddeut- rückkehren. Sie haben das schon oft fentlichen. In seinem Manifest erklärt Was war Ihr Licht am Ende des Panama- schen Zeitung“ geschrieben haben? erzählt, Herr Obermayer, aber alles be- er, dass er – oder sie – auch andere gro- Tunnels? WORMER: Die Kollegen aus dem Archiv gann mit einer anonymen Nachricht ße internationale Medien kontaktiert FREDERIK OBERMAIER: Das war der Tag, haben gezählt, dass bislang etwa 250 von einem gewissen John Doe … hatte, wahrscheinlich vor uns, und auch an dem wir die Panama Papers veröf- Panama-Papers-Artikel in der SZ er- OBERMAYER: Eigentlich war es ein Wikileaks – ohne Erfolg. Also kamen wir fentlichten und wir endlich mit Freun- schienen sind. Das sind einige Tausend furchtbarer Tag. Meine ganze Familie zum Zug. den und der Familie über unsere Re- Zeilen. Ich muss gestehen: Dass es so viel war magenkrank, die Kinder haben sich cherchen reden konnten. ist, hat mich auch überrascht. ständig übergeben und meine Frau lag Sie haben dann immer mehr Material ebenfalls flach. Dann kam diese erste erhalten, das Sie auf seine Echtheit hin Nachricht: Hello. This is John Doe. Are überprüfen konnten, schließlich wur- you interested in data? Ich war sehr in- den Ihnen 2,6 Terabyte Daten zuge- JURY-STATEMENT ULRICH WICKERT teressiert, und wollte der Quelle das spielt: 11,5 Millionen E-Mails, Briefe, Gefühl geben, der richtige Adressat zu Faxnachrichten, Gründungsurkunden,

ULRICH WICKERT, JURY-VORSITZENDER, JOURNALIST UND BUCHAUTOR, ÜBER DIE „PANA- sein – musste gleichzeitig aber auch La- Kreditverträge, Rechnungen und Bank- MA PAPERS“ VON FREDERIK OBERMAIER, BASTIAN OBERMAYER UND VANESSA WORMER: ken wechseln, Tee kochen und Zwie- auszüge als PDF-, Text- sowie Bildda- back bringen. Das war nicht so, wie man teien aus den Jahren 1977 bis 2016. Wie Manche Branchen klingen ack Fonseca brachte ein ser Papiere als brisant zu sich das vorstellt, aber so war es nun ging es weiter? harmloser, als sie tatsäch- gigantisches Datenleak das bezeichnen, wäre die Un- mal. Und wenig später kamen tatsäch- OBERMAIER: Es war eigentlich recht lich sind. Wer es nicht bes- Schweigekartell zur Implo- tertreibung des Jahres. Die lich die ersten Daten an, und dann wur- früh klar, dass wir das Material nicht ser weiß, denkt bei einem sion. Denn: Ein Whistle­ Panama Papers zeigen, wie de es mehr und immer noch mehr. Das alleine auswerten können. Das hätte Offshore-Dienstleister blower spielte der „Süd- Staatschefs, Diktatoren und war dann der Moment, als ich Frederik Jahre gedauert und selbst dann hätten vielleicht an Urlaub an fer- deutschen Zeitung“ sage Sportstars weltweit ihr Ver- angerufen habe und gesagt habe: Lass wir nur an der Oberfläche kratzen kön- nen Stränden. Zumal dann, und schreibe 2,6 Terabyte­ mögen mithilfe von Brief- uns mal treffen … nen. Es war einfach zu viel. Außerdem wenn dieser Dienstleister Daten aus der Kanzlei zu – kastenfirmen verschleiern. fanden wir in den Dokumenten ja auch noch dazu seinen Sitz in bestehend aus 11,5 Millio- Immer wieder tauchen dar- Und Sie, Herr Obermaier, waren skep- Spuren in alle möglichen Länder, etwa Panama hat. nen Dokumenten zu mehr in auch die heimlichen Mil- tisch? Oder was hat die Daten glaub- nach Russland, Island und Argentinien. Tatsächlich geht es in den als 214.000 Briefkastenfir- lionengeschäfte des Putin- würdig gemacht? Wir brauchten internationale Partner. meisten Fällen aber um men. Zirkels auf. OBERMAIER: Anfangs war ich skeptisch, Die SZ hatte schon bei Offshore-Leaks, Steuerhinterziehung, um Die Kollegen Frederik Ober- Für diese investigative ja. Gleichzeitig war ich angefixt. Denn Swiss-Leaks und Lux-Leaks erfolgreich Geldwäsche und den maier, Bastian Obermayer Leistung, die viel Detailar- die Daten des John Doe stammten von mit der Investigativjournalistenverei- Bruch von UN-Sanktionen. und Vanessa Wormer lie- beit, Hartnäckigkeit und – und auf diese pana- nigung ICIJ zusammengearbeitet, bei Und zwar in ganz großem ßen sich von diesen gigan- einen langen Atem erfor- maische Anwaltskanzlei sind wir schon der Bastian und ich auch Mitglied sind. Stil. Wohl nur die wenigs- tischen Mengen nicht ab- derte, hat die Jury Frederik früher, bei ganz anderen Recherchen, Es lag also irgendwie auf der Hand, dass ten hatten vor der Veröf- schrecken, sondern gingen Obermaier, Bastian Ober- gestoßen. Damals haben wir aber nur dieses Leak, das bei uns ankam, auch fentlichung der Panama der Panama-Connection mayer und Vanessa Wor- gesehen, dass Briefkastenfirmen, die uns ein ICIJ-Projekt werden könnte. Gerard Papers schon von der An- auf den Grund. Sie organi- mer den ersten Rang des interessierten, von Mossack Fonseca ge- Ryle, der Direktor des ICIJ, kam dann waltskanzlei Mossack sierten die Recherche ge- Helmut Schmidt-Journa- gründet wurden. Das war es dann aber nach Deutschland, um sich die Daten Fonseca gehört. Wie auch, meinsam mit dem Interna- listen-Preises 2016 zuer- auch. Wir konnten nicht herausfinden, anzuschauen, und war sofort begeistert. denn Diskretion und Ge- tionalen Konsortium für kannt. Das Team „Investi- wer der wahre Eigentümer dieser Firmen Das ICIJ-Datenteam baute dann eine heimniskrämerei gehören Investigative Journalisten. gative Recherche“ der SZ war. Denn genau das ist ja der Sinn der technische Infrastruktur auf, die es allen in dieser Branche zum Ge- Am Ende berichteten rund erhält diese Auszeichnung meisten Briefkastenfirmen: Verschleie- Partnern ermöglichte, in den Daten zu schäftsmodell. 100 Medien aus aller Welt übrigens schon zum drit- rung. Die Daten des John Doe haben uns suchen – wie bei einer Google-Suche. Doch das funktioniert nicht crossmedial über die Pana- ten Mal. Allein das ist die Eigentumsverhältnisse aber plötzlich immer. Im Fall von Moss- ma Papers. Den Inhalt die- schon preiswürdig. offengelegt. Vielmehr noch: Sie haben Ich nehme an, zu diesem Zeitpunkt sind uns erlaubt, in den Maschinenraum der Sie zum Team gestoßen, Frau Wormer.

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 4 Helmut Schmidt Journalistenpreis 1. Platz 2016

Sie waren im Frühjahr 2015 Rudolf Aug- einen Staatschef, mal einen Sanktions- öffentlichung der Panama Papers re- tenmaterial hoffen. Wie wurde dieses stein Data Fellow bei Correctiv in Berlin brecher und so weiter. Das macht na- agiert? Angebot bislang angenommen? und besuchten im Sommer 2015 das türlich süchtig. Ich kann nur für mich OBERMAIER: Sicherlich könnten die Be- OBERMAYER: Die SZ wäre auch ohne Lede Program in Data Journalism an der sprechen, aber ich bin die Sucht bis hörden mehr tun. Fakt ist, dass sie chro- den Rechercheverbund tagelang in der Columbia University in New York. Wie heute nicht so richtig losgeworden. nisch überlastet sind. Wir haben seitens „Tagesschau“ erwähnt worden, wie sie haben Sie von dem Leak erfahren? der Politik nach den Panama Papers – auch im „Spiegel“, der „New York WORMER: Bastian hat mich kontaktiert. Und wie oft kommt es vor, dass man ei- wie eigentlich nach jedem größeren Times“ oder dem „New Yorker“ er- Es war alles sehr geheimnisvoll und er nen Namen findet und man denkt: „Ach, Steueroasen-Leak – große Worte ge- wähnt wurde – weil die Daten nun mal konnte am Telefon nicht sehr viel sagen, da schau an …“, und dann recherchiert hört, von wegen man müsse was tun hier gelandet sind. Und ja: Unsere in- außer dass es ein großes Projekt gibt und man weiter und konfrontiert und am gegen das Offshore-Treiben. Wenn man vestigative Arbeit hat hoffentlich gute dass sie eine Datenjournalistin brau- Ende stellt sich heraus: Es gibt eine Er- dann aber mit Fahndern spricht, hört Werbung für die SZ gemacht, dafür chen. Das hat mich neugierig gemacht. klärung, keine sehr gute, aber namentlich man, wie überlastet sie sind und wie viel schämen wir uns auch nicht. Wir wollen Ich habe also zugesagt und wurde in das nennen können wir den jetzt nicht mehr? mehr Stellen sie bräuchten, um ver- ja mehr Zeitungen und Online-Abos Projekt eingeweiht. Wir haben in der OBERMAYER: Leider passiert das nicht nünftig arbeiten zu können. Angesichts verkaufen, um überleben zu können. Redaktion dann erst mal technisch so selten. Wir hatten einen sehr bekann- dessen ist es immerhin ein Anfang, dass Es haben sich einige Kollegen von an- nachgerüstet und spezielle Rechner an- ten deutschen Multimillionär, der seit eine Sondereinheit der nordrhein-west- deren Medien gemeldet, wir sind im geschafft, die nie mit dem Internet ver- 26 Jahren eine seltsame Konstruktion fälischen Finanzverwaltung die im In- Austausch, es ist aber nicht ganz ein- bunden waren und es bis heute nicht besitzt, da sind die Britischen Jung- ternet verfügbaren Daten zu den Pana- fach. In den meisten dieser Fälle sehen sind. Wir arbeiteten monatelang in ei- ferninseln involviert und Liechtenstein ma Papers zentral ausgewertet hat und wir die Hürde des öffentlichen Interes- nem speziellen Rechercheraum und und so weiter, und wir saßen mit seinem anderen Bundesländern zur Verfügung ses nicht genommen. haben nur noch verschlüsselt kommu- Steuerberater zusammen, der uns alles gestellt hat. Soweit wir hören, wurden niziert. Es gab da einige Kollegen, die erklären sollte. Die Erklärung war dann: daraufhin in mehreren Bundesländern Schämen sollen Sie sich ja auch nicht. uns für verrückt erklärt haben … Eine Offshore-Firma sei nie genutzt Ermittlungen aufgenommen. Was mich Im Gegenteil: Sie werden ja für Ihre Ar- worden, die andere kaum und die drit- allerdings schon wundert, ist die Tatsa- beit gerade mit zahlreichen Preisen be- Wer, außer Ihnen dreien, wusste noch, te nur, um das Ferienhaus zu halten. Das che, dass wir bislang nichts gehört ha- dacht – und das zu Recht. Und die Aus- woran Sie arbeiten? kann man jetzt glauben oder nicht, aber ben von Ermittlungen wegen mutmaß- wertung der Daten dauert an. Erst Mit- OBERMAYER: Bis in den Herbst hinein solange wir kein Indiz auf eine strafba- licher Sanktionsbrüche durch Mossack te Oktober hat der „Guardian“ über die waren das im Grunde nur eine Handvoll re Handlung sehen, kann man den Na- Fonseca. Ansatzpunkte gäbe es genug – Panama-Papers-Verwicklungen eines Leute, nämlich die Chefredaktion, unser men nicht nennen. Leider waren in den immerhin hat einer der Eigentümer der prominenten Brexit-Unterstützers be- damaliger Ressortleiter Hans Leyende- Daten keinerlei Bankbelege, und da wir Kanzlei offenbar immer noch einen richtet. Erwarten Sie weitere Enthül- cker, und ein oder zwei leitende Redak- schlecht in seiner Steuererklärung deutschen Pass und viele belastende lungen oder sind die großen Geschich- teure. Und dann hatten wir im Septem- nachsehen konnten, ob die Firmen ge- Dokumente sind längst veröffentlicht. ten geschrieben? ber ein Treffen in München, in der Re- meldet waren, mussten wir den Fall WORMER: Noch immer wühlen sich daktion, da kamen mehr als 100 Inves- weglegen. Oder vielleicht eher: auf Wie- Über Personalmangel und Überbelas- weltweit Dutzende Journalisten durch tigativjournalisten aus der ganzen dervorlage. Falls wir mal Material be- tung klagen mittlerweile auch viele Kol- die Panama Papers, alle paar Tage wird Welt – und wir konnten unseren SZ- kommen, das dazu passt. legen in den Verlagshäusern und Sen- dazu eine Geschichte veröffentlicht. Oft Kollegen nicht sagen, was da los ist. deanstalten. Ihr Haus verfügt mit der geschieht dies freilich in Ländern, die Zumal manche sehr offensichtlich von Die Steuerfahndung könnte in seiner Süddeutsche TV GmbH über eine eigene unsere Leserschaft – vorsichtig gesagt – weit her kamen, die indische Kollegin Steuererklärung nachschauen. Warum Fernsehproduktion. Gibt es dort eben- nicht so sehr im Fokus hat, zum Beispiel

war auch traditionell angezogen … Das geben Sie solche Hinweise nicht an die falls zu wenig Personal oder warum ar- Malta oder die Mongolei. Bei der „Süd- war schon sehr seltsam, wenn wir im Behörden weiter? beiten Sie im Falle der Panama Papers deutschen Zeitung“ lag unser Augen- Lift angesprochen wurden, wer diese OBERMAIER: Wir sind Journalisten und mit den öffentlich-rechtlich finanzier- merk zwischenzeitlich auf anderen Da- Leute sind, und wir nur ausweichend nicht der verlängerte Arm von Staats- ten Rundfunkanstalten NDR und WDR ten, die uns eine Quelle zugespielt hat: antworten konnten. Ich glaube, im anwaltschaft oder Steuerfahndung. Die zusammen? den Bahamas-Leaks. Unsere Recher- Nachhinein haben alle erst verstanden, Behörden haben bei entsprechendem OBERMAYER: Wir arbeiten im Rahmen chen dazu haben wir Ende September – dass das nicht nur „irgendein Work- Verdacht genug Möglichkeiten, Unter- des Rechercheverbundes schon seit auch diesmal mit dem ICIJ – veröffent- shop“ war. lagen bei Betroffenen zu beschlagnah- Anfang 2014 eng mit NDR und WDR licht. Jetzt geht es für uns wieder mit men. Sie können Durchsuchungen ver- zusammen, insofern ist das weder et- den Panama Papers weiter. Wir gehen Sie saßen also von Sommer 2015 an mo- anlassen oder Rechtshilfeersuchen an was Neues noch hat es etwas mit Süd- derzeit etlichen Spuren nach, mal se- natelang vor dem Rechner, empfingen andere Staaten stellen. Und was die deutsche TV zu tun. Und weil wir oft hen, wo sie uns hinführen. zwischendurch seltsame Gäste und wa- Panama Papers angeht, gibt es da in mei- den Vorwurf hören, NDR/WDR würde ren die wundersamen drei aus der Be- nen Augen genügend Verdachtsmomen- mit öffentlichen Geldern die SZ sub- senkammer. Sie hatten einen kleinen, te – zumal wir zu vielen unserer Artikel ventionieren: In diesem Fall haben wir DAS INTERVIEW WURDE AUF WUNSCH DER PREISTRÄGER PER E-MAIL GEFÜHRT, WEIL SIE SICH IN bewachten Raum, den Datensatz und die entsprechenden Originaldokumen- sozusagen dem öffentlich-rechtlichen VERSCHIEDENEN ZEITZONEN BEFINDEN. eine Suchoberfläche. Wie sind Sie vor- te veröffentlicht haben. Rundfunk einen erheblichen geldwer- gegangen? Haben Sie Namen eingege- WORMER: Es wäre auch grundsätzlich ten Vorteil geschenkt, nämlich den ben, von denen Sie sich etwas verspra- ein falsches Signal an andere Whistle­ Zugang zu diesen Daten, tolle Quoten chen? Schautafeln mit Verbindungen blower, wenn wir Dokumente weiter- damit und die Gelegenheit zur Profi- gemalt? Oder gab es eine Systematik? geben – und dadurch vielleicht unsere lierung. Der NDR hat mit seiner Pana- WORMER: Man kann sich monatelang Quelle in Gefahr bringen. Bei der Men- ma-Papers-Berichterstattung gerade in diesen Daten verlieren und einfach ge der Panama Papers können wir nie den Deutschen Radiopreis gewonnen, nach Namen suchen, die einen interes- ausschließen, dass sich irgendwo Hin- aber ich habe noch niemanden sagen sieren. Man würde auch oft genug etwas weise auf John Doe finden. gehört, wir würden den NDR subven- finden. Aber natürlich haben wir bald tionieren … versucht, unsere Suche zu strukturie- Wenn der Staat allein auf eigene Ermitt- ren und die geleakten Dokumente mit lungen angewiesen wäre, säße Klaus Die „Recherchen von NDR, WDR und anderen Datensätzen abzugleichen – Zumwinkel heute vermutlich als Vor- Süddeutscher Zeitung“ wurden tage- mit den wichtigsten Politikern, Unter- sitzender im Aufsichtsrat der Deutschen lang vor einem Millionenpublikum in nehmern, Sportlern, Funktionären Post AG. Und wer weiß, ob Uli Hoeneß der „Tagesschau“ erwähnt – es gibt si- oder mit sanktionierten Personen und jemals erwischt worden wäre, wenn er cher teurere Werbemaßnahmen. Und Firmen. Dadurch haben wir Hunderte sich nicht selbst angezeigt hätte. Anders dass die „Süddeutsche Zeitung“ durch interessante Spuren gefunden. Aber die gefragt: Gibt es für Sie eine moralische die Kooperation einen Wettbewerbsvor- eigentliche Recherche beginnt dann ja Grenze, bei deren Übertretung Sie mit teil gegenüber anderen Redaktionen erst: Wer steckt wirklich hinter dem dem Staat kooperieren würden? hat, werden Sie sicher nicht bestreiten. Namen? Was steht in den Unterlagen OBERMAYER: Natürlich gibt es die, bei Es war aber auch nicht als Vorwurf ge- und E-Mails? Was nicht? Und was kön- Mordverdacht etwa oder ähnlichen Fäl- meint – vielmehr als Feststellung, dass nen wir noch abseits der Dokumente len, aber das müssen Extremfälle sein die Ressourcen eines mittelständischen rausfinden? und bleiben. Wir als Journalisten sind Verlagshauses offenbar nicht ausrei- OBERMAYER: Gleichzeitig hält dieses (auch) dafür da, den Staat zu kontrol- chen, das Deutschland betreffende Ma- Solange wir kein Indiz auf strukturierte Vorgehen niemanden da- lieren, nicht, um mit staatlichen Behör- terial multimedial auszuwerten. Sie von ab, nächtelang in den Daten her- den gemeinsame Sache zu machen. hatten im April auch angekündigt, An- eine strafbare Handlung umzuhängen, wie ein Kollege aus der fragen externer Journalisten zu beant- sehen, kann man den Schweiz es nannte. Und in jeder einzel- Haben denn die deutschen Behörden worten, die auf Übereinstimmungen für Namen nicht nennen. nen Nacht fanden wir Geschichten, mal aus Ihrer Sicht angemessen auf die Ver- einzelne Personen oder Firmen im Da- BASTIAN OBERMAYER

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 5 Titel Serie „VW-Affäre“Autoren Kayhan Özgenc, Jan C. Helmut Schmidt Journalistenpreis Wehmeyer Veröffentlicht in Bild am Sonntag Datum seit 2. Platz 2016 September 2015 fortdauernd

KAYHAN ÖZGENC, Jahrgang 1946, ist seit 2011 Investigativ-Chef bei „Bild am Sonn- tag“. Zuvor leitete er beim „Focus“ das Investigativressort, war dort Leiter der Parlamentsredaktion und des Hamburg- Büros. Er ist verheiratet und hat eine Toch- ter (16). 2006 Henri-Nannen-Preis für die „beste investigative Leistung“ für seine Berichterstattung über „Die VW-Affäre“ im „Focus“. INTERVIEW SEITE 7 JAN C. WEHMEYER, Jahrgang 1980, Stu- dium an der Deutschen Sporthochschule Köln mit Abschluss Diplom-Sportwissen- schaftler, Volontariat / Axel-Springer-Aka- demie, Stationen bei „Bild“ Berlin-Branden- burg (ab 2012 Chefreporter), „Bild“ Bund Reporterpool/Investigativ, seit 11/2014 „Bild am Sonntag“ Investigation.

VW ist der größte Konzern dieses Landes und hat eine sehr bewegte Geschichte. Es gab ein Fehlverhal- ten mit dramatischen Folgen und das wollen wir offenlegen. KAYHAN ÖZGENC

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 6 Titel Serie „VW-Affäre“Autoren Kayhan Özgenc, Jan C. Helmut Schmidt Journalistenpreis Wehmeyer Veröffentlicht in Bild am Sonntag Datum seit 2. Platz 2016 September 2015 fortdauernd Aus welchem Bereich kamen Ihre Informanten, Herr Özgenc und Herr Wehmeyer?

INTERVIEW ANNETTE WALTER Welche Quellen verwendeten Sie für den ersten Bericht? ÖZGENC: Wir hatten bereits gute Quel- Können Sie sich noch an den 18. Sep- len bei VW und haben sie gefragt, was tember 2015 erinnern, als die VW-Ge- da los sei. Wir haben mit den Aufsichts- schichte begann? räten und der Kommunikationsabtei- KAYHAN ÖZGENC: Natürlich. Es war ein lung in Hintergrundgesprächen gespro- Freitagabend, und die US-Umweltbe- chen. Alle waren damals alarmiert. hörde EPA gab die Meldung heraus, dass WEHMEYER: Dann haben wir schnell VW mit einer illegalen Software seine geprüft, welche VW-Leute in die Affäre Abgaswerte manipuliert habe. Es ging involviert sein könnten, und haben ver- KAYHAN ÖZGENC: JAN C. WEHMEYER: „Aufsichtsräte, Manager, Ju­risten und natürlich „Zu Beginn war es ein Wettrennen um die besten dabei um eine angedrohte Strafe von bis sucht, mit ihnen in Kontakt zu treten. Ingenieure. Die größte Herausforderung bestand Quellen. In dieser Zeit muss man es schaffen, zu 18 Milliarden US-Dollar. Das war eine darin, sie zum Sprechen zu bringen.“ Vertrauen­ aufzubauen.“ Riesenüberraschung. Wir hatten ein Aus welchem Bereich kamen Ihre Infor- FOTO NIELS STARNICK/„BILD AM SONNTAG“ FOTO NIELS STARNICK/„BILD AM SONNTAG“ paar Monate zuvor über den Macht- manten? kampf zwischen Martin Winterkorn und ÖZGENC: Aufsichtsräte, Manager, Ju- Ferdinand Piëch berichtet. risten und natürlich Ingenieure. Die größte Herausforderung bestand darin, wahrscheinlich. Wir haben sehr viel Zeit Mal grundsätzlich: Wie viele Informan- War Ihnen das Ausmaß des Skandals sie zum Sprechen zu bringen. Entschei- investiert, um Vertrauen aufzubauen ten haben Sie in Ihrem Netzwerk? sofort klar? dend war, dass wir in den ersten und sie doch zu überzeugen, mit WEHMEYER: Es gibt wenige beständig JAN C. WEHMEYER: Nicht in dieser Di- Wochen viel Zeit investiert haben, uns zu sprechen. Erschwerend gute Informanten. Einige von ihnen mension. Wir haben eine schnelle, um mit diesen Informanten zu INTERVIEW kam hinzu, dass Techniker ja kei- können aber bei fast jedem Thema wei- durchaus große Geschichte für Sonntag, reden. Von dieser Phase profitie- ne Kommunikationstalente sind terhelfen, weil sie Schlüsselpositionen 20. September, gemacht, während es ren wir heute noch. und wenig Erfahrung mit Medien haben. Dazu zählen bestimmte Juristen, die anderen Sonntagszeitungen erst besitzen. Berater, Beamte und Politiker. klein brachten. Die Woche darauf war Von wie vielen Personen sprechen wir? WEHMEYER: Zu Beginn war es wohl ein ÖZGENC: Ich kenne nicht alle von Jan total turbulent: Die Anzahl der betrof- WEHMEYER: Es war nur eine über- Wettrennen um die besten Quellen. In Wehmeyers Informanten bei VW. fenen Fahrzeuge stieg auf elf Millionen, schaubare Menge, etwa zehn. dieser Zeit muss man es schaffen, Ver- Winterkorn trat zurück, Matthias Mül- ÖZGENC: Einige sind schnell beurlaubt trauen aufzubauen. Die Informanten Warum tauschen Sie diese Information ler wurde am 25. September neuer Vor- worden, einige hatten kein Interesse, müssen überzeugt davon sein, dass die nicht aus?

standsvorsitzender. Da wurde das Aus- mit uns zu reden, da sie weiter von VW Zusammenarbeit mit der BamS kein Ri- WEHMEYER: Wenn ein Informant sagt, maß natürlich klar. Wir wussten in bezahlt werden. Wenn es einen Ver- siko ist und ihre Identität stets vertrau- dass er nur mit mir sprechen möchte, dieser Woche, dass wir uns Monate in- dacht gab, wurden diese Mitarbeiter lich bleibt. Wir haben schnell eine gute respektiere ich diese Entscheidung na- tensiv damit beschäftigen werden. Aber freigestellt. Sie bekommen bis heute Basis geschaffen. türlich. wir haben nicht damit gerechnet, dass aber weiterhin ihr Gehalt. Da ist der ÖZGENC: Die Techniker sind eine ver- ÖZGENC: Unser Vorteil bei der VW- die Affäre bis heute so ein großes Thema Schritt, brisante Interna über den eige- schworene Gemeinschaft. Es ist wich- Affäre war, dass wir unterschiedliche ist. nen Arbeitgeber zu erzählen, eher un- tig, dass einer sagt, die Jungs von der Informanten hatten. Jan konnte eine BamS sind in Ordnung, du kannst ihnen Information von mir bei seinen Leuten vertrauen. Die Treffen waren entspre- gegenchecken. Und umgekehrt. chend vertraulich. WEHMEYER: Das war vor allem wichtig, als es um die Verifizierung der Echtheit JURY-STATEMENT HANS LEYENDECKER Wo fanden sie statt? von Dokumenten ging. WEHMEYER: Am Telefon gewinnt man nichts. Wir haben uns mit ihnen an ver- Wie unterscheiden sich Informanten CATHERINA HESS CATHERINA HANS LEYENDECKER, LEITER DES INVESTIGATIVRESSORTS DER „SÜDDEUTSCHEN ZEI- schiedenen Orten getroffen, etwa auf voneinander? TUNG“, ÜBER „VW-DIESELGATE“ VON KAYHAN ÖZGENC UND JAN C. WEHMEYER: FOTO: Autobahnraststätten. Und zwar meis- WEHMEYER: Es gibt Informanten, die tens bei Magdeburg, auf halber Strecke nur zur Verfügung stehen, um Infos zu Eine sogenannte Ad-hoc- Rest-Anstand besitzen, Doch nicht nur das. Die zwischen Wolfsburg und Berlin. Wir verifizieren, nach dem Motto: „Ich sage Meldung des Volkswagen- um zumindest jetzt alle Kollegen Özgenc und Weh- haben während der Recherche einige dir nur, ob es stimmt, ich sage dir aber Konzerns löste am Karten auf den Tisch zu meyer enthüllten – beina- Raststätten in der Gegend kennenge- nichts darüber hinaus.“ Dann gibt es die 22. September 2015 ein legen und völlige Transpa- he ganz nebenbei – haar- lernt. Sorte Informant, die sagt, schau doch Beben aus. Es erschütterte renz zu schaffen. Ein reui- sträubende Interna aus der mal näher unter dem Stichwort XY nicht nur den Börsenkurs ges Geständnis wirkt sich Konzernspitze. Dass man Welche Motivation treibt Ihre Infor- nach, ich kann euch aber nichts geben, des Unternehmens, son- nicht nur vor Gericht straf- zum Beispiel schon mal manten an? weil ich da selbst nicht rankomme. Und dern vor allem das Ver- mildernd aus. Doch die eine hundert Kilometer ÖZGENC: Das ist natürlich die zentrale dann gibt es den Premium-Informan- trauen der Menschen in Wahrheit kam nur scheib- weite Strecke mit dem Frage. Bei jeder investigativen Recherche ten, wenn man so will, der auf den Un- eine Ikone der deutschen chenweise ans Licht. VW-Privatjet zurücklegt. geht es darum: Ist es Rache, Geld, Eifer- terlagen sitzt. Allerdings kommt es da Wirtschaft. Kunden, die Transparenz schafften Oder dass die Vorstände sucht oder der Wunsch, die Wahrheit ans auch vor, das wir nur ausgewählte Do- schon jahrelang dieser nicht die verantwortlichen üppig versorgt werden, Licht zu bringen? Bei unseren VW-Infor- kumente erhalten. Wenn wir also nur Marke die Treue halten, Vorstände, sondern Kolle- während die Mitarbeiter manten war die Wahrheitsfindung der die dritte Seite eines zwölfseitigen Be- waren mit einem Mal ver- gen wie Kayhan Özgenc um ihre Jobs bangen. entscheidende Punkt. richtes bekommen, fragen wir uns na- unsichert, Händler wuss- und Jan C. Wehmeyer, die Dabei beließen es die Kol- Denn die VW-Führung ging ja schnell türlich, warum? ten nicht mehr so recht, in der „Bild am Sonntag“ legen aber nicht. Ihren mit der Parole raus, dass der Vorstand was sie ihren irritierten über Wochen hinweg mit Lesern lieferten sie viel- von nichts wusste und eine überschau- Informanten blieben aber nicht Ihre Kunden sagen sollten, und neuen Enthüllungen über mehr konkreten Nutzwert, bare Truppe von kleinen Ingenieuren einzige Quelle, als sich die Affäre im die Mitarbeiterinnen und den VW-Skandal das gan- etwa in dem Stück „30 federführend gewesen sei. Frühjahr 2016 weiter zuspitzte. Wes- Mitarbeiter des Konzerns ze Ausmaß dieser Affäre Fragen und Antworten Dies richtigzustellen war die Motivati- halb? spürten, dass der Automo- offenkundig machten. Bis zum VW-Skandal“. Kayan on für einige Ingenieure, uns Infos zu ÖZGENC: Der Durchbruch kam für uns bilhersteller mit Vollgas in ins Detail recherchiert und Özgenc und Jan C. Weh- geben. Sie wollten verdeutlichen, dass mit den internen Dokumenten, die ein seine bisher folgen- mit Dokumenten belegt, meyer haben in monate- die Geschichte der Konzernführung Vorstandsmitglied nach dem anderen schwerste Krise raste. erfuhren wir dank dieser langer Detailarbeit ent- nicht stimmt, nämlich, dass sie für alles belasteten. Was erwarten wir in einer Kollegen, wer, wann und hüllt, was die Verantwort- verantwortlich wären. Sie wollten kund- WEHMEYER: Wir mussten in den ersten solchen Situation? Wir er- vor allem was im Vorstand lichen lieber vertuscht tun, dass sie wissen, wie es war, während Monaten ja ohne Papier auskommen. warten, dass die Verant- wusste, aber bis zur letz- hätten. Das hätte auch Vorstände wie Winterkorn jede Kenntnis Die ersten Berichte basierten auf Erzäh- wortlichen Mumm und ten Minute verheimlichte. Helmut Schmidt gefallen. bestritten. lungen von Aufsichtsratssitzungen, auf mündlichen Aussagen, die wir gegen-

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 7 Titel Serie „VW-Affäre“Autoren Kayhan Özgenc, Jan C. Helmut Schmidt Journalistenpreis Wehmeyer Veröffentlicht in Bild am Sonntag Datum seit 2. Platz 2016 September 2015 fortdauernd recherchiert hatten. Durch das wach- Mitarbeiter am Fließband fürchten, dass legen gut sind. Aber bei der VW-Affäre viel Ahnung. Da kennt sich Jan deutlich sende Vertrauen zu den Quellen konn- sie ihre Jobs verlieren, und die Chefeta- machen SZ-Kollegen wie Klaus Ott und besser aus. Aber mich interessieren und ten wir nach und nach Dokumente ge streitet, wie viel Geld sie sich auszah- Thomas Fromm die Geschichten, vom faszinieren Machtkämpfe. Bei VW sind zunächst anschauen und schließlich len. Das hat fatale Signale in das Unter- NDR und WDR habe ich da nicht so vie- die mächtigen Familien Piëch und Por- mitnehmen. nehmen gesendet. VW ist ein Konzern, le tolle Geschichten mitbekommen. sche, die starken Arbeitnehmervertre- Es steigerte die Qualität unserer Be- der jahrelang größenwahnsinnig agier- ter und das Land Niedersachsen invol- richterstattung, als wir unseren Lesern te. Bei Daimler und BMW bekommen Sehen Sie die SZ als Hauptkonkurrent? viert. Man hat heute selten so starke Vermerke in den VW-Akten zeigen die Vorstände und Top-Manager weni- ÖZGENC: Ja, und zwar mehr als den Charaktere. Außerdem finde ich Wirt- konnten. ger. Wolfsburg ist eine eigene Welt. Die „Spiegel“ bei investigativen Geschich- schaft interessanter als Politik. In der ÖZGENC: Die internen Papiere haben haben es echt krachen lassen. Der Kon- ten. Als ich bei „Focus“ gearbeitet habe, Politik läuft vieles offener ab. Es ist span- gezeigt, dass es zeitweise Überlegungen zern besitzt zehn Firmenjets. Mit denen war es ein toller Wettbewerb, gegen den nend, Wirtschaft aus dieser Schlüssel- gab, alle Fahrzeuge zu kaufen und aus dürfen die Vorstände laut ihren Verträ- „Spiegel“ anzutreten. „Focus“ hat sich lochperspektive zu beobachten. Zwi- den USA zu exportieren: So erfuhren gen am Wochenende nach Hause flie- mittlerweile von der investigativen Re- schen 2009 und 2015 habe ich über VW wir detailliert, was im Innenleben von gen. Das gibt es in keinem anderen deut- cherche weitgehend verabschiedet. Der übrigens überhaupt nicht mehr berich- VW ablief. schen Unternehmen. „Spiegel“ hat – die Berichterstattung tet. Es lief ja bei ihnen auch, sie legten WEHMEYER: Auch bei dem wahnsinni- über Korruption und Bestechung bei der hervorragende Jahre hin und hatten Welchen Umfang hatten die Dokumen- gen Jahresgehalt von Winterkorn gab es Vergabe der Fußball-WM 2006 mal aus- Rekordumsätze. te? vorher schon eine Riesendiskussion. genommen – an Qualität verloren. Sie WEHMEYER: Das waren keine Panama Interessant ist dabei, dass die VW-Füh- beschäftigen sich offenbar zu sehr mit Dachten Sie, das Thema ist durch? Papers von einigen Terabyte, sondern rung nicht erkannte, welche Brisanz in Innenpolitik, also mit sich selbst. Bei der ÖZGENC: Ja, zeitweise war da nichts etwa 100 bis 150 Blatt Papier. der Boni-Debatte steckt. Ich denke, im VW-Affäre ist vom „Spiegel“ nicht viel mehr zu holen. Ich bin nicht der Typ, der ÖZGENC: Kurz danach tauchten Kläger­ Unternehmen hat sie mehr Schaden gekommen. SZ und „Handelsblatt“ wa- gern über glänzende Konzernbilanzen anwälte auf. angerichtet als Dieselgate. ren deutlich besser. berichtet. Mit VW habe ich mich erst WEHMEYER: Da gab es durchaus wieder im Frühjahr 2015 anlässlich des dubiose Gestalten. Die hatten ein Wie haben Sie sich bei Ihren Ge- Wie liefen Ihre VW-Geschichten inter- Machtkampfes zwischen Piëch und Win- Interesse daran, in den Besitz die- INTERVIEW schichten abgesichert? national? terkorn befasst. Da war aber der „Spie- ser Dokumente zu kommen. Da- WEHMEYER: Wir haben eine ex- WEHMEYER: Die Journalisten von „New gel“ vorn. mals hatte VW noch gar nichts zellente Rechtsabteilung. York Times“, „Wall Street Journal“ und veröffentlicht. ÖZGENC: Gerade in der ersten Phase, in „Financial Times“ waren sehr an unse- Was macht investigative Recherchen in ÖZGENC: Von Mitte Februar bis Mitte der alles über mündliche Aussagen von ren Informationen interessiert. Das hat der Wirtschaftsberichterstattung gene- März haben wir mehrere große Ge- Informanten lief, war es ganz wichtig, uns natürlich gefreut. rell schwierig? schichten auf Basis dieser Dokumente dass wir die Rückendeckung der Chef- ÖZGENC: Die VW-Affäre ist ein großes WEHMEYER: Es existiert eine viel grö- gemacht. VW geriet dadurch so unter redaktion hatten und dass sie sagen, wir Thema in Amerika und wir haben natür- ßere Abschottung als in der Politik. Das Druck, dass sie sehr umfangreiche Stel- machen das groß. Man muss ja auch lich beobachtet, als es dort aufgegriffen macht es so schwierig, an interne Pa- lungnahmen veröffentlichen mussten. bedenken, dass VW für die meisten Me- wird. Aber es gibt bei den renommierten piere zu gelangen. Die Deutsche Bank WEHMEYER: In Presseerklärungen wur- dien in Deutschland der größte Werbe- US-Medien einen anderen Kodex: Die hat etliche Affären am Hals, bedeutende de zwar die Echtheit der Dokumente partner ist. Kollegen dürfen über interne Dokumen- Dokumente habe ich aber dazu nicht bestätigt. Aber darüber hinaus kam WEHMEYER: Es gab eine Firma in dieser te nur berichten, wenn sie diese auch gelesen. Es ist sehr schwer, an so etwas nicht viel. Es war die berühmte Salami- Zeit, die aufgrund kritischer Berichte zu persönlich gesehen haben. Deshalb ha- ranzukommen. Das macht den Reiz aus. taktik: VW gab nur das zu, was vorher einem ganz anderen Thema Anzeigen ben wir uns als Erstes mit dem tollen Zum Abschluss noch eine Frage zu veröffentlicht wurde. gekündigt hat. Das hat unsere Chefre- Kollegen von der „New York Times“, Jack Ihrer persönlichen Motivation: Was daktion natürlich registriert, dass so Ewing, getroffen und ihm Einblick in die treibt Sie an bei einer Geschichte wie Wie bewerten Sie das Vorgehen der Un- etwas passieren könnte. Dennoch hat vertraulichen Unterlagen gewährt. Die VW? ternehmenskommunikation? unsere Chefredaktion bei VW gesagt: Kooperation lief sehr professionell. Für ÖZGENC: Unsere Motivation ist es, die- ÖZGENC: Ich will mich gar nicht über Davon lassen wir uns nicht beeindru- uns war es dann natürlich ein Ritter- se Affäre aufzuarbeiten. VW ist der diese Abteilung beschweren. Die freuen cken, wir wollen die besten Geschichten schlag, die Geschichte, die auf unseren größte Konzern dieses Landes und hat sich natürlich nicht, wenn wir Freitag- machen. Informationen beruhte, in der „New eine sehr bewegte Geschichte. Es gab abend anrufen und sagen, wir haben da ÖZGENC: Wir können natürlich eine York Times“ zu lesen. Danach folgten ein Fehlverhalten mit dramatischen Fol- was rausgefunden, und eine Stellung- VW-Geschichte nicht neben eine VW- unter anderem „Wall Street Journal“ und gen und das wollen wir offenlegen. Wir nahme fordern. Aber wir sind im Ge- Anzeige stellen. Als die Entschuldi- „Financial Times“. Jetzt haben wir gera- hatten von Anfang an die These, dass die spräch mit ihnen, ganz professionell. gungsanzeige von VW erschien, bedurf- de eine Anfrage von der US-Produkti- Wahrheit nur scheibchenweise ans Licht Wir haben ja auch kürzlich ein großes te es den Mut der Chefredaktion, in onsfirma erhalten, die für Netflix eine kommt. Das trifft auch ein. Unser Ziel Interview mit Vorstandschef Müller ge- einer Ausgabe auf Seite drei die Ent- große Dokumentation über die VW-Af- ist es nicht, VW an die Wand zu nageln. macht. schuldigung von VW abzudrucken und färe macht. Es bleibt also spannend. Auch wenn das einige in Wolfsburg glau- zwei Seiten weiter unseren Bericht. Bei WEHMEYER: Wir haben natürlich keine ben. Gab es Versäumnisse? vielen Zeitungen und Magazinen ist der Dokumente herausgegeben. WEHMEYER: Ich bezweifle, dass es klug Einfluss der Anzeigenabteilung viel grö- war, sich so früh darauf festzulegen, ßer. Für uns war entscheidend, dass wir Sondern? dass Vorstände nicht involviert waren. glaubwürdig sind. WEHMEYER: Wir haben nur Einsicht Angesichts der Datenmenge, die derzeit gewährt. Dabei gab es eine lustige Anek­ von Ermittlern ausgewertet wird, kam Herr Özgenc, Sie haben sich einen klei- dote mit einem britischen Kollegen. dieses Statement doch sehr früh. Wir nen Seitenhieb gegen den Recherchever- Ich habe mich mit ihm am Berliner haben Müller im letzten Interview unter bund von SZ, NDR und WDR erlaubt. Am Hauptbahnhof getroffen, er kam gerade anderem gefragt, wann er von der Ab- 9. Juni twitterten Sie: „Lese gerade Vor- aus Hongkong. Ich hatte mein Kind hin- gasaffäre erfahren habe. Er selbst sagte, ab vom Rechercheverbund @SZ, @NDR ten auf dem Rücksitz und wollte zu ei- er wüsste es, würde es uns aber nicht und @WDR. Die Geschichte kenne ich nem Familientreffen an die Nordsee. Ich sagen. Der Grund: Wenn er etwa sagen doch aus der@BildamSonntag.“ Was hat- dachte, das dauert 20 Minuten. Es ging würde, er habe es im September 2015 te es damit auf sich? um einen Vermerk Winterkorns, als er erfahren und es taucht eine Mail von ÖZGENC: Erst mal eine grundsätzliche zum ersten Mal mit der Betrugsaffäre 2012 mit einem Querverweis auf, dass Vorbemerkung: Wir freuen uns über konfrontiert wurde. Der Kollege konn- er früher davon wusste, kommt er in die jede Redaktion, die viel für Recherche te aber kein Deutsch. Deshalb haben wir Bredouille. macht. Es gibt genügend Zeitungen, die alles nach und nach übersetzt. Wir saßen ihr Blatt nur mit Agentur-Material voll- schließlich zwei Stunden im Auto. Aber Am 29. Mai erschien dann eine Ge- knallen. Es fehlen Zeitungen, die lang uns sind diese Kontakte aufgrund der schichte mit dem Titel „Bestbezahlter an einem Thema dranbleiben können. internationalen Tragweite der Affäre Mini-Jobber aller Zeiten“ über den Ex- Wir ärgern uns nur, wenn die Kollegen sehr wichtig. Vorstand Bernd Pischetsrieder, der in vom Rechercheverbund eine Vorabmel- fünf Jahren rund 50 Millionen Euro für dung auf süddeutsche.de groß fahren, Herr Özgenc, Sie bekamen bereits 2006 ein bis zwei Arbeitstage im Monat be- es dann auf allen ARD-Radio- und Fern- den Henri-Nannen-Preis für die „Beste Es gibt Informanten, die kam. Wie war die Leserresonanz? sehkanälen läuft und dadurch ein so investigative Leistung“ für die Bericht- nur zur Verfügung stehen, ÖZGENC: Das war schon eine Empö- großer Druck entsteht, dass die Zeitun- erstattung zur VW-Korruptionsaffäre, rungsgeschichte, auch wenn man knapp gen bei dpa anrufen, ob sie nicht auch damals noch beim „Focus“. Ist der Kon- um Infos zu verifizieren, an der Neiddebatte vorbeischrammt. mal eine Meldung machen können. Das zern Ihr Lebensthema? nach dem Motto: „Ich sage Aber die Flanke hat VW selbst aufge- ist Wettbewerbsverzerrung und das ist ÖZGENC: Ich muss mal an dieser Stelle dir nur, ob es stimmt.“ macht. Sie gaben kein gutes Bild ab: Die nicht gut. Keine Frage, dass die SZ-Kol- einräumen: Von Autos habe ich nicht so JAN C. WEHMEYER

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 8 Titel Serie „Mein erster Laden“ Autorin Miriam Opresnik Veröffentlicht in Helmut Schmidt Journalistenpreis „Hamburger Abendblatt“ Datum Oktober 2015 bis Juli 2016 Link: 3. Platz 2016 http://tinyurl.com/Abendblatt-Serie

INTERVIEW SEITE 10 MIRIAM OPRESNIK, geboren 14. Juli 1974 in Kamp-Lintfort. Oktober 1994 bis Mai 2001 Studium an der Universität Hamburg (Sport, Deutsch und Pädagogik). Mai 2001 bis November 2002 Volontariat bei den „Harburger Anzeigen Wenn wir Gründern nicht die und Nachrichten“, Hamburg. November 2002 bis Juni 2004 freie Mitarbeiterin bei den „Harburger Anzeigen und Nach- Möglichkeit geben, zu scheitern, richten“. Dezember 2002 bis Oktober 2005 freie Mitarbeiterin beim „Hamburger Abendblatt“. Oktober 2005 bis März 2007 Redakteurin beim „Hamburger Abendblatt“. April 2007 bis September 2013 (mit Elternzeit-Unterbrechung) Chefre- wird niemand mehr den Mut porterin beim „Hamburger Abendblatt“. Seit September 2013 Chefreporterin beim „Hamburger Abendblatt“ (Wirtschaft). haben, sich selbstständig zu Preise: Herbert Quandt Medien-Preis 2016, Ernst-Schneider-Preis 2015, EU-Journalistenpreis „Für Vielfalt. Gegen Diskri- minierung“ 2009, Theodor-Wolff-Preis2008 , Auszeichnung Journalistinnenbund Nachwuchspreis, Auszeichnung Axel- machen – und Tausende von guten Springer-Preis, Medienpreis Theodor Springmann Stiftung2007 , Serienpreis Robert Bosch Stiftung 2006, Journalisten- preis Unionhilfswerk 2006, World Vision Journalistenpreis 2006 „Zukunft für Kinder“, Andere Zeiten Preis 2005. Ideen werden nicht umgesetzt. MIRIAM OPRESNIK

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 9 Titel Serie „Mein erster Laden“ Autorin Miriam Opresnik Veröffentlicht in Helmut Schmidt Journalistenpreis „Hamburger Abendblatt“ Datum Oktober 2015 bis Juli 2016 Link: 3. Platz 2016 http://tinyurl.com/Abendblatt-Serie

Sie wollten die Gründerin ein Jahr lang Waren Sie auch mal in begleiten. Doch so lange hat sich das „Grete Schulz“ nicht gehalten. Wann Versuchung, Jennifer Hinze wussten Sie, dass es schiefgeht? Dass wusste ich tatsächlich auch erst, Ratschläge zu erteilen, als der Unternehmensberater bei ihr war. Ich hatte zwar in den Wochen zu- Frau Opresnik? vor das Gefühl, dass es wirklich schlecht läuft und etwas passieren muss – dass es so dramatisch ist, war mir aber bis zuletzt auch nicht klar. INTERVIEW KATY WALTHER Was hat Sie an dieser Geschichte besonders interessiert? INTERVIEW Haben Sie heute noch Kontakt zu Die Herausforderung, etwas All- Frau Hinze und wie geht es ihr? Knapp 20.000 Menschen haben sich tägliches wie ein Café so besonders Ja, auf jeden Fall! Jennifer ist in den 2014 in Hamburg selbstständig gemacht. zu erzählen, dass das Interesse des Le- letzten Monaten zu einer Freundin ge- MIRIAM OPRESNIK: Wie sind Sie auf die Geschichte von Jen- sers geweckt wird. Wichtig war es mir, worden, mit der ich gefiebert, gebangt „Jennifer ist in den letzten Monaten zu einer Freundin geworden, mit der ich gefiebert, gebangt nifer Hinze aufmerksam geworden? ein Unternehmen über den Menschen und gelitten habe. Es war schnell klar, und gelitten habe. Es war schnell klar, dass wir im MIRIAM OPRESNIK: Mein Chef Oliver dahinter zu erzählen – und „zum Leben dass wir im Kontakt bleiben – auch Kontakt bleiben – auch wenn die Serie einmal zu Schade, Leiter des Wirtschaftsressorts, zu erwecken“. wenn die Serie einmal zu Ende ist. Jen- Ende ist.“ FOTO ANDRE TRIMPOP hatte die Idee, einen Gründer mehrere nifer Hinze geht es „großartig“, um es Monate lang bei seiner Existenzgründung War Jennifer Hinze gleich bereit mitzu- mal mit ihren eigenen Worten zu sagen. zu begleiten. Ziel war es, nicht nur wie machen oder mussten Sie Überzeu- Sie hat nach dem Ende ihres Ladens die sonst meistens üblich punktuell über gungsarbeit leisten? Leitung eines Cafés übertragen bekom- nicht zu verwenden. Dass ich mich da- Gründungen zu berichten, sondern ei- Jennifer war sofort einverstanden, hat men, mit dessen Gewinn soziale Pro- ran gehalten habe, hat für mich nichts nen langfristigen Prozess auch langfristig jedoch einmal Rücksprache mit ihrem jekte in einem Hamburger Stadtteil fi- mit Zensur zu tun. Sondern mit gegen- abzubilden. Über die Handelskammer, Gründungscoach gehalten, ob er Pro­ nanziert werden. In dieser Aufgabe geht seitigem Respekt. die regelmäßig Coachings veranstaltet, bleme sieht. Ich glaube, ihr war von Jennifer total auf. habe ich Kontakt zu Gründern bekom- Anfang an klar, dass das eine Win-win- Wie waren die Rückmeldungen der Le- men. Jennifer Hinze war eine von circa Situation ist und sie ungemein davon Man darf es kaum laut aussprechen, aber ser zur Serie? zehn Jungunternehmern, die Interesse profitiert, wenn regelmäßig über ihren für Ihre Serie war es fast besser, dass Leider ist es ja erfahrungsgemäß so, hatten, sich vom Abendblatt begleiten Laden berichtet wird. vieles so schief gegangen ist, oder? dass sich primär die Leser melden, die zu lassen, und uns ihr Geschäftskonzept Das habe ich immer wieder gehört und Kritik üben wollen. So war das auch in eingereicht haben. Wir haben uns letzt- Gab es eine thematische Konzeption für ich würde es schrecklich finden, wenn diesem Fall. Wir haben immer wieder endlich für Jennifer Hinze entschieden, die Geschichte oder sind Sie nach dem es wirklich so wäre. Ich glaube, ent- Zuschriften von Menschen bekommen, weil ihre Geschäftsidee von einem vega- Motto vorgegangen, mal schauen, was scheidend waren nicht die vielen die sich darüber aufgeregt haben, dass nen Feinkostgeschäft mit angeschlosse- kommt? Schwierigkeiten, sondern der tiefe Ein- für ihrer Meinung nach „planlose“ nem Café am besten zu unserem Serien- Für die ersten Folgen hatte ich tatsäch- blick, den Jennifer uns in alle Abläufe Gründer wie Jennifer „Steuergelder ver- konzept passte. Ausschlaggebend für die lich ein Konzept. Es hat sich jedoch gewährt hat, sowie ihr schonungslos schwendet werden“ (Zitat). Zum Glück

Entscheidung war die Einbindung unse- schnell herausgestellt, dass meistens bei offener Umgang mit den Zahlen. Dass gab es aber auch einige positive Rück- rer Leser. Das heißt: Wir wollten dem den Treffen ganz andere Probleme und jemand seine Umsätze, Kosten, Gewin- meldungen, die Jennifer bewundert und Leser die Möglichkeit geben, selbst in den Themen im Mittelpunkt standen, als ich ne und Probleme so offen darlegt, habe ihr Mut gemacht haben. Besonders ge- Laden zu gehen, von dem sie über Mo- mir das ein paar Tage vorher im Büro ich noch nie erlebt. rührt hatte mich der Brief einer alten nate in der Zeitung lesen würden. Daher am Schreibtisch ausgemalt hatte. Daher Dame, die Jennifer finanziell unterstüt- kamen App-Entwickler, die ihr Unter- habe ich mich sehr schnell von meinem Im Text steht, dass offenbar viele Leser zen wollte. Derlei Empathie-Bekundun- nehmen von zu Hause aus führen, für uns Serien-Entwurf getrennt und habe ins Geschäft gegangen sind, um Jennifer gen haben mich für die Kommentare auf zum Beispiel nicht infrage. spontan agiert. Hinze Ratschläge zu erteilen. Waren Sie Facebook entschädigt, die einfach auch mal in Versuchung? schrecklich waren. Nein, wirklich niemals! Das hätte ich mir nie angemaßt. Schließlich war Jen- In den Facebook-Kommentaren wird JURY-STATEMENT CLAUDIA SCHICK nifer die Frau der Zahlen – und ich die immer wieder auf den Stil und die Spra- Schreiberin. Die Rollen waren von An- che eingegangen. Manche mögen es, CLAUDIA SCHICK, JOURNALISTIN, MODERATORIN BEIM HESSISCHEN RUNDFUNK, fang an klar verteilt. Auch jetzt, nach andere gar nicht. Woran liegt es, dass ÜBER MIRIAM OPRESNIKS SERIE „MEIN ERSTER LADEN“: Ende des Projektes, würde ich mir nie das Gründertagebuch so polarisiert? erlauben, eine Analyse oder Bewertung Ich wünschte, ich hätte darauf eine ihres Vorgehens abzugeben. Antwort! Ich war oft geschockt, mit „Ich denke nicht an den herumschlagen? Welche nicht traurig: die Gründe- welcher Abneigung, ja fast Aggression Worst Case. Gedanken wie Fußangeln drohen den rin. Sie denkt nicht daran, Frau Hinze war doch wegen ihrer gro- einige Menschen auf die Serie und auf diese klauen mir Energie, Weg zum Erfolg jäh zu was sie verloren, sondern ßen Offenheit ein Glücksfall für Ihre meinen Schreibstil reagiert haben. Ich die ich für andere Sachen stoppen? daran, was sie gewonnen Geschichte. Gab es irgendwelche Ver- habe mir das bis zum Schluss sehr zu brauche.“ Mit dieser Ein- Miriam Opresnik wollte es hat. Sie hat einen Traum abredungen zur Zusammenarbeit? Herzen genommen. Mit Kritik kann ich stellung startete die Ham- wissen – und ist den Weg gelebt und Erfahrungen Ja, jemand wie Jennifer ist ein absolu- gut umgehen, aber nicht mit derlei Be- burger Ex-Bankerin Jenni- von Jennifer Hinze mitge- gesammelt. Vielleicht sind tes Geschenk für jeden Journalisten. Das schimpfungen. Besonders schrecklich fer Hinze ins Abenteuer gangen. In ihrer mehrteili- Erfahrungen ohnehin das war wahrscheinlich auch einer der fand ich es, mit welcher Häme Jennifers ihrer beruflichen Selbst- gen Serie im „Hamburger einzig beständige Vermö- Gründe, warum ich mich bei der Aus- Geschäftsaufgabe im Internet regelrecht ständigkeit. Sie kündigte Abendblatt“ berichtete sie gen, weil man sie nur ver- wahl eines Gründers für sie entschieden „gefeiert“ wurde. Ich kann wirklich ihren gutbezahlten Job und spannend und empathisch schenken, aber nicht ver- habe. Weil wir uns auf Anhieb gut ver- nicht nachvollziehen, wie Menschen gründete in Hamburg ein über die ersten Monate der lieren kann. Und sie sogar standen und vertraut haben. Das war sich über das Unglück eines anderen so veganes Feinkostgeschäft Jungunternehmerin. Mi- dann noch behält, wenn dann auch eine der Verabredungen, die freuen können!!! mit angeschlossenem Café. riam Opresnik verknüpfte man sie verschenkt. wir getroffen haben: dass wir immer „Donnerwetter“, sagen da das kurze Leben eines klei- Ein Mitglied unserer Jury offen zueinander sind und uns vertrau- Im Text finden sich immer wieder auch die meisten von uns. nen Ladens, die Euphorie reagierte spontan auf die- en können. Dass ich nichts schreibe, statistische Angaben, Zahlen und Fak- „Donnerwetter, da hat und die Rückschläge sehr se Serie: Die müsse doch was sie nicht möchte. Dass ich nichts ten (Zahl der Gründungen, Zuschuss- aber eine Mut.“ Und wir eng mit der Gründerin Jen- einen Preis bekommen, verwende, was sie vielleicht gesagt möglichkeiten usw.). Wo recherchiert sind uns rasch einig, dass nifer Hinze. In ihren um- sagte er. Alle anderen hat – nachher aber problematisch fin- man diese Sachen (Recherchetipps)? eine dynamische Wirt- fangreichen Stücken er- wollten zunächst diskutie- det. Ich weiß, dass dies ein kritischer Ich hatte großes Glück, eine tolle An- schaft solchen Gründer- zählte uns die Autorin Ge- ren. Am Ende kamen sie Punkt ist. Weil bei derlei Absprachen sprechpartnerin bei der Kreditanstalt geist braucht. schichten vom Abenteuer aber zum gleichen Ergeb- schnell die Befürchtung aufkommt, dass für Wiederaufbau zu haben, die mir sehr Das war es aber dann. Was Selbstständigkeit. nis: Miriam Opresnik ge- man sich als Journalist vorschreiben gutes Zahlen- und Hintergrundmateri- geschieht in den Monaten Sie tat das so intensiv, bührt der Helmut Schmidt lässt, was man schreiben darf. Diese al geliefert und gute Denkanstöße gege- nach der Existenzgrün- dass viele Leser traurig Journalistenpreis. Ihr – Bedenken kann ich aber nicht bestäti- ben hat. Außerdem habe ich viele Ge- dung? Mit welchen Proble- waren, als die Existenz- und auch der Redaktion, gen. Jennifer hat in keinster Weise auf spräche mit der Handelskammer, dem men muss sich eine Grün- gründung schließlich die solche aufwendigen den Text eingewirkt. Sie hat lediglich Einzelhandelsverband in Hamburg, dem derin oder ein Gründer scheiterte. Nur eine war Arbeiten ermöglicht. bei ein oder zwei sehr intimen Details Hotel- und Gaststättenverband sowie aus ihrem Privatleben gebeten, diese dem Statistikamt geführt. Wichtig war

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 10 Titel Serie „Mein erster Laden“ Autorin Miriam Opresnik Veröffentlicht in Helmut Schmidt Journalistenpreis „Hamburger Abendblatt“ Datum Oktober 2015 bis Juli 2016 Link: 3. Platz 2016 http://tinyurl.com/Abendblatt-Serie es mir außerdem, auch andere Gastro- Ich hoffe es! Wirklich! Wenn wir Grün- Die Erkenntnis, dass es im Leben nicht tige Zusammenarbeit näher kennenzu- nomen aus ihrem Alltag erzählen zu dern nicht die Möglichkeit geben, zu darum geht, ob man Erfolg hat oder lernen, als es bei einem einmaligen Tref- lassen, um Parallelen, aber auch Unter- scheitern, wird niemand mehr den Mut scheitert. Sondern wie man damit um- fen möglich ist, und so eine viel diffe- schiede herauszuarbeiten. haben, sich selbstständig zu machen – geht. Mir persönlich hätte es in ihrer renziertere und persönlichere Ge- und Tausende von guten Ideen werden Situation wahrscheinlich den Boden schichte schreiben zu können. Was ich mich mehr als einmal gefragt nicht umgesetzt. Gerade aus diesem unter den Füßen weggezogen (Geschäft habe: Unternehmensberater Grimm hat Grund gibt es ja auch den Gründerkredit dicht, Traum geplatzt, 80.000 Euro Welche Serie wollen Sie unbedingt noch die Fehler in der Kalkulation gleich ge- beziehungsweise das Startergeld der Kre- Schulden). Jennifer aber nicht. Sie hat mal machen? funden. Warum beraten die Banken ditanstalt für Wiederaufbau. Die äußeren mir gezeigt, dass es nicht darum geht, Ich habe vor ein paar Jahren eine neun- Gründungswillige nicht besser? Umstände sind also gegeben – jetzt müs- was sie verloren hat – sondern was sie te Hauptschulklasse in ihrem letzten Das frage ich mich auch! In Jennifers sen wir nur noch lernen, toleranter zu in der Zeit alles gewonnen hat. Schuljahr und bei der Suche nach einem Fall muss man aber sagen, dass sie einen sein und umzudenken. Wir müssen ler- Ausbildungsplatz begleitet. Davon wür- brillanten Businessplan vorgelegt hat, nen, dass Scheitern kein Makel ist, son- Sie haben für die Serie den Quandt Me- de ich gerne mal eine Art Fortsetzung vieles dann aber einfach nicht so ge- dern eine Chance. Und wir sollten als dien-Preis und den Helmut-Schmidt- machen, in der die Jugendlichen in der kommen ist, wie vorher kalkuliert wur- Erstes aufhören, von Scheitern zu spre- Preis bekommen, waren für den Medi- Arbeitswelt angekommen sind. Mal gu- de. Ein Beispiel: Bevor Jennifer den La- chen. Weil das Wort an sich schon nega- enpreis Mittelstand nominiert. Warum cken, was mein Chef von der Idee hält. den übernahm, hat sie einen Morgen tiv besetzt ist. zieht die Geschichte so? lang die vorbeigehenden Passanten ge- Ich glaube, dafür gibt es zwei wesent- zählt. Es waren knapp 200, die auf dem Frau Hinze hatte einen veganen Fein- liche Punkte. Erstens, weil eine derart Weg zur U-Bahn an dem Laden vorbei- kostladen mit Café geplant. Würden Sie langfristig angelegte und auserzählte Ich war oft geschockt, mit gekommen sind. Sie hatte daraufhin selbst den Sprung wagen und mit wel- Serie für Tageszeitungen eher unge- welcher Aggression einige kalkuliert, wie viele von denen morgens cher Geschäftsidee? wöhnlich ist, da es im täglichen Geschäft Menschen auf die Serie wohl in den Laden kommen und sich Nein, nicht freiwillig, höchstens aus für derartige Projekte meistens keine reagiert haben. einen Coffee to go oder ein Sandwich einer Not heraus. Ich habe großen Res- personellen Ressourcen gibt. Zweitens, MIRIAM OPRESNIK mitnehmen. Leider hat sich dann in der pekt vor allen Selbstständigen und weil wir die Geschichte dank der Offen- Praxis jedoch herausgestellt, dass die weiß, wie hart die meisten arbeiten heit von Jennifer Hinze so nah und dicht vorbeilaufenden Passanten tatsächlich müssen. Meine Mutter hatte eine Steu- erzählen konnten, wie es selten gelingt. vorbeilaufen – weil sie zur Arbeit wol- erberaterkanzlei und ich habe mich sehr Das hat die meisten Leser fasziniert und len. In den Laden sind dann eher Gäste früh dagegen entschieden, ihre Nach- in den Bann gezogen. gekommen, die in Ruhe bei Jennifer folge anzutreten und die Kanzlei zu frühstücken wollten. Das waren zwar übernehmen. Das lag nicht nur daran, Ihr Markenzeichen sind Serien. Gerade viele, sie konnten aber nicht das mage- dass mich der Beruf nicht gereizt hat. läuft „Ich werde grün“ zum Thema Öko- re To-Go-Geschäft ausgleichen, das Sondern dass ich mir nicht vorstellen logie und Umweltschutz. Was fasziniert zwar einkalkuliert war, aber nicht ein- konnte, ein eigenes Unternehmen zu Sie an Mehrteilern? getreten ist. führen – und diese große Verantwor- Die Möglichkeit, tiefer in ein Thema tung zu tragen. einzusteigen. Entwicklungen und Ver- Deutschland hat noch keine Kultur des änderungen mitzuerleben – und nicht Scheiterns entwickelt wie beispielswei- Was haben Sie persönlich aus der Zeit nur punktuell zu berichten. Die Chance, se Amerika. Wird sich das ändern? mit Frau Hinze mitgenommen? einen Protagonisten durch die langfris-

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 11 Alle Gewinner Helmut Schmidt Journalistenpreis

PREISTRÄGER, GÄSTE UND PREISSTIFTER BEI DER PREISVERLEIHUNG DES HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREISES 2015: (v. l.) Roland Boekhout, Jonas Rest, Peer Steinbrück, Hans Werner Kilz, Eva Roth, Katharina Henrich, Martin Schulz, Felix Rohrbeck, Carolyn Braun, Christian Salewski und Marcus Pfeil. FOTO FRITZ PHILIPP

Kunden des Telematik-Unternehmens Com- 2. PREIS: Silke Gronwald und Rolf-Herbert 1996 road nach und deckt einen der größten Be- 2007 Peters ... für „Hilfe, Rabatt!“ im „Stern“. Erster Preisträger war Bernd Wittkowski trugsskandale am Neuen Markt auf: „Börse 1. PREIS: Gabor Steingart … für die 3. PREIS: Christian Esser und Lutz (heute Mitglied der Chefredaktion der online“ 6/2002 und 13/2002. „Spiegel“-Titelgeschichte „Weltkrieg um Ackermann ... für „Mister Karstadt – Der „Börsen-Zeitung“). In der „Frankfurter 2. PREIS: Wolfgang Reuter … für „Die Schlacht Wohlstand“. rätselhafte Nicolas Berggruen“ im ZDF. Rundschau“ hatte er die Vor- und Nach- der Spekulanten“, „Der Spiegel“ 34/2001. 2. PREIS: Reto U. Schneider … für „Preis- teile der elektronischen Geldkarte erklärt. 3. PREIS: Ursel Sieber und Mathew D. kampf in der Bückzone“ in „NZZ-Folio“. Rose ... für ihren TV-Beitrag „Pleiten ohne 2. PREIS: Robert von Heusinger, offener 2013 Ende – Die Bankgesellschaft Berlin“ für Brief an den „Lieben Staat“ in der „Zeit“. 1. PREIS: Bastian Brinkmann, Christoph Giesen, 1997 SFB-„Kontraste“. 3. PREIS: wird nicht verliehen. Frederik Obermaier und Bastian Obermayer Egon Wachtendorf beschäftigt sich in von der „Süddeutschen Zeitung“ … für ihre mehreren Artikeln für das Magazin „DM“ Offshore-Leaks-Enthüllungen in der SZ. mit den Möglichkeiten der privaten Al- 2003 2008 2. PREIS: Diana Löbl und Peter Onneken, tersvorsorge. 1. PREIS: Hauke Reimer von der „Wirt- 1. PREIS: Nikola Sellmair ... für ihre „Stern“- Hessischer Rundfunk, … für die ARD- schaftswoche“ ... für seinen Beitrag „Der Beiträge „Das kurze Leben von Ferkel 0146“ Reportage „Ausgeliefert! Leiharbeiter bei Zerstörer“ (Februar 2003) über den Hedge- und „Bioäpfel vom Ende der Welt“. Amazon“. 1998 fonds-Manager Florian Homm und dessen 2. PREIS: Michaela Schiessl, Beat Balzli, 3. PREIS: Fabian Gartmann … für „Die Ranga Yogeshwar … für seinen Beitrag zweifelhafte Doppelrolle als Fondsmanager Steffen Winter… für ihren „Spiegel“-Beitrag Abzocker – Wie Aktiengesellschaften „Die Börse – einfach erklärt“ in der WDR- und Initiator von Researchstudien. „Casino Provincial“. von Berufsklägern geschädigt werden“, Sendereihe „Quarks & Co.“. 2. PREIS: Christian Buchholz … für „Einmali- 3. PREIS: Michael Scheuch und Britta Buch- „Handelsblatt“. ger Fall in Deutschland“, manager-maga- holz ... für ihre ZDF-Doku „Die Macht der Ma- 3. PREIS: Annina Reimann … für „Willst du zin.de, Mai 2003. nager“. ein Konto?“, „Wirtschaftswoche“.

3. PREIS: Roland Stimpel … für „Betonblase“,­ 3. PREIS: Henrik Müller und Wolfgang Hirn 1999 „DMEuro“, Oktober 2002. ... für ihren „Manager Magazin“-Beitrag 2014 Stefan Loipfinger, freier Journalist (www. „Auf der Kippe“. 1. PREIS: Bastian Obermayer und Uwe Ritzer, fondstelegramm.de), … fürTexte über die „Süddeutsche Zeitung“, … für „Abgefahren“ mangelnde Transparenz offener Fonds. 2004 zu den Manipulationen bei der ADAC-Wahl 1. PREIS: Das „Stern“-Autorenteam Frank 2009 zum „Lieblingsauto der Deutschen“. Donovitz, Joachim Reuter und Karin Spitra 1. PREIS: Alexander Neubacher … für 2. PREIS: Marc Bauder ... für seinen Arte- 2000 … für die fünfteilige crossmediale Serie „Das den „Spiegel“-Beitrag „Das Tollhaus“. Film „Masters of the Universe“ über die TV: Elke Brandstätter, freie Journalistin, 1x1 des Geldes“. Sie erklären darin unter den 2. PREIS: Kersten Sebastian Schüßler … für größenwahnsinnige Parallelwelt der ... für ihren WDR-Filmbeitrag über Aus- Aspekten Konto, Schulden, Versicherungen, seine Arte-Reportage „Verbranntes Geld“. Investmentbanker. landsüberweisungen. Finanzen, Sparen und Immobilien den rich- 3. PREIS: Marc Brost und Wolfgang Uchatius, 3. PREIS: Stefan Aust und Thomas Ammann, PRINT: Dietmar Palan vom „Manager Magazin“ tigen Umgang mit Banken und Versiche- „Zeit“, … für „Ein Laufrad für Deutschland“. Agenda Media, ... für ihre Dokumentation „Der … für den Artikel „Wer einmal lügt“, in dem es rungen. Im „Stern“ und bei Stern Online ab geplünderte Staat“ (Koproduktion von NDR/ um Überbewertungen am Neuen Markt geht. 30. Oktober 2003. Arte) über Millionenverluste von Steuergeldern RADIO: wird nicht verliehen. 2. PREIS: Thomas Öchsner... für „Ein Bund 2010 durch öffentlich-private Partnerschaften. ONLINE: Das Team der frauenfinanzseite.de fürs Leben“, „Süddeutsche Zeitung“, 20. De- 1. PREIS: Hans Leyendecker, Klaus Ott und … für seine Website, die Einsteigerinnen und zember 2003. Nicolas Richter ... für ihre Artikelserie zur Versierte schnell und kompakt über erfolgrei- 3. PREIS: Ulrich Wolf, „Das große Rendite- BayernLB, Start: „Abenteuer in den Alpen“, 2015 che Anlage und gezielte Vorsorge informiert. Dilemma“, „Sächsische Zeitung“, 20. März „Süddeutsche Zeitung“, 9./10. Januar 1. PREIS: Jonas Rest und Eva Roth … für 2004. 2010. ihre in der „Berliner Zeitung“ erschienene 2. PREIS: Joachim Vollenschier ... für „Hühner Serie „Ausgelagert ins Netz“ über ein 2001 für Afrika – Vom Unsinn des globalen „digitales Proletariat“ im Internet. TV: Olaf Kumpfert … für seinen Beitrag 2005 Handels“, Arte/NDR, 2009. 2. PREIS: Katharina Henrich und Martin „Stichprobe Überweisung“ für das ZDF- 1. PREIS: Klaus Martens … für seinen TV-Bei- 3. PREIS: Susanne Meunier und Beate- Schulz … für „Rentner unerwünscht“ in Wirtschaftsmagazin „Wiso“ über den trag „Bankgeheimnisse“ im WDR in der Do- Kathrin Bextermöller ... für „Selten nach „Finanztest“ über die Schwierigkeiten leichtfertigen Umgang von Banken mit den ku-Reihe „Die Story“, 15. August­ 2005. Wunsch“, „Finanztest“ 7/2010. älterer Menschen mit ihren Überweisungsaufträgen. 2. PREIS: Stefan Schmid … für „Billig abge- Riesterverträgen. PRINT: Stefanie Heise … für „Vorsicht, Falle“ in speist. Über die Ohnmacht der Aktionäre“, 3. PREIS: Felix Rohrbeck, Marcus Pfeil, der „Wirtschaftswoche“ – über die Eigenin- Deutschlandradio, 26. September 2004. 2011 Christian Salewski und Carolyn Braun … teressen, die Bankanalysten bei Aktienemp- 3. PREIS: wird nicht verliehen. 1. PREIS: Ulric Papendick und Thomas für ihr „Zeit“-Dossier „Auf der Jagd nach fehlungen im Auftrag ihrer Banken verfolgen. Katzensteiner, „Manager Magazin“, ... für dem Schrott“ über die Reise eines alten RADIO: Bettina Weitz, Bayerischer Rund- „Kasino Fatal“ – über die Auslagerung von Fernsehapparates auf eine Mülldeponie in funk, … für ihren Beitrag „Grünanlagen – 2006 Kreditrisiken an „Schattenbanken“. Afrika. ein Streifzug durch die Welt ethischer und 1. PREIS: Hubert Seipel, WDR, … für „Und du 2. PREIS: Marcus Rohwetter ... für „Liebe ökologischer Grünanlagen“ für Bayern 2 bist raus. Wie Investoren die Traditionsfirma Halsabschneider“ in der „Zeit“. über ökologische Geldanlagen. Grohe auspressen …“. 3. PREIS: Thomas Tuma und Martin U. Müller 2016 ONLINE: Christoph Öfele … für die Website 2. PREIS: Nadine Oberhuber, „Börse online“, ... für „Weltreligion Shoppen“ im „Spiegel“. 1. PREIS: Frederik Obermaier, Bastian anlageschutzarchiv.de der Schutzgemein- … für ihren „Zeit“-Beitrag „Risiko des lan- 3. PREIS: Katharina Adami und Jutta Obermayer und Vanessa Wormer … für schaft der Kleinaktionäre e. V. gen Lebens“ über Rentenversicherer, die Himmel-Fricke ... für „Rückschau: Riester- Enthüllungen der „Panama Papers“ in der mit der statistischen Lebenserwartung Rente“ im Bayerischen Rundfunk. „Süddeutschen Zeitung“ (SZ). tricksen. 2. PREIS: Kayhan Özgenc und Jan C. 2002 3. PREIS: Thomas Leif, SWR, … für seinen Wehmeyer … für ihre Serie „VW-Affäre“ in 1. PREIS: Renate Daum vom Anlegermagazin Film „Gelesen, gelacht, gelocht. Vom Irrsinn 2012 der „Bild am Sonntag“ (BamS). „Börse online“ … für ihre Artikel „Navigation der Berater-Republik“. 1. PREIS: Klaus Stern ... für seinen Film 3. PREIS: Miriam Opresnik … für ihre Serie ins Nirgendwo“ und „Außer Kontrolle“. Darin „Versicherungsvertreter – Die erstaunliche „Mein erster Laden“ im „Hamburger spürt sie den Luftbuchungen und virtuellen Karriere des Mehmet Göker“ in der ARD. Abendblatt“.

MEDIUM MAGAZIN BEST OF HELMUT SCHMIDT JOURNALISTENPREIS 2016 12