Programmheft Forum Neuer Musik 2019
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Postmigrantische Visionen Forum neuer Musik 2019 Deutschlandfunk Kunst-Station Sankt Peter 5.– 6. April 2019 „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Artikel 3 (3) Forum neuer Musik 2019 Postmigrantische Visionen Deutschlandfunk Kunst-Station Sankt Peter 5.– 6. April 2019 Gefördert durch 3 Postmigrantische Visionen Migration und Integration sind heute Vokabeln mit politi- schem Sprengstoff. Sie lassen sich instrumentalisieren, sie stehen für ein immenses Aufgabenfeld. Zugleich sind Migra- tion und Integrationsarbeit Alltag, sie prägen unsere Gesell- schaft. Deutschland verändert sich, wird kulturell vielfältiger. Das Grundgesetz, wird es gelebt, gibt den Rahmen dafür. In unserer zeitgenössischen Kunstform Musik sind Internatio- nalität und Vielfalt Grundvoraussetzung wie Qualitätsbeweis. Mit seinen Ausbildungsstätten, seinen Festivals, Ensembles und Fördermöglichkeiten ist Deutschland ein international führender Ort für die neue Musik. Komponierende verschie- denster Länder, Kulturen, Religionen, Generationen haben sich hier niedergelassen und tragen mit ihrer Vielheit ent- scheidend zur Substanz unserer heutigen Musikszene bei. In neun Wort- und Musikbeiträgen bezieht das ‚Forum neuer Musik 2019‘ beiderlei aufeinander – Überlegungen der Migra- tionsforschung und die Diversität der neuen Musik zwischen Hamburg und München, Berlin und Köln. Unser Festival ist selbst Ausdruck erfolgreicher Pluralität. In den 20 Jahren seines Bestehens war und ist es ein Förderer junger Komponierender aus aller Welt sowie ein Diskussions- ort global bedeutender Fragen. Die Jubiläumsausgabe ist für uns Anlass, um Rückschau zu halten auf das eigene Tun. Das ‚Forum‘ ist heute eine diskursive Veranstaltungsform. Wir führen den Austausch aber nicht nur innerhalb der Welt der Musik, sondern in Bezug auf gesellschaftliche Themen von Relevanz. Seien Sie herzlich willkommen dazu! Unser Team ‚Forum 2019‘ ist für Sie am Start. Ich danke unseren Veran- staltungspartnern und Förderern – allen, die zum Gelingen unseres Festivals beitragen. 4 Veranstaltungsübersicht Fr., 5. 4. 2019 Ist ‚Integration‘ ein Konzept von gestern? S. 6 17.00 Uhr ‚Streitkultur‘ mit Prof. Dr. Naika Foroutan Deutschlandfunk und Dr. Lale Akgün Foyer Gesprächsleitung: Dr. Christiane Florin, Dlf Fr., 5. 4. 2019 Neue Ideen für die ‚Vielheitsgesellschaft‘ S. 8 18.00 Uhr Lecture mit Dr. Mark Terkessidis Deutschlandfunk Foyer Fr., 5. 4. 2019 ‚Ihr sollt die Wahrheit erben‘ S. 10 19.30 Uhr von Hermann Keller Deutschlandfunk Constance Ricard – Stimme, Violoncello Kammermusiksaal Fr., 5. 4. 2019 Die zu erzählen haben S. 14 20.30 Uhr Werke von Jamilia Jazylbekova, Farzia Fallah, Deutschlandfunk Eres Holz, Zeynep Gedizlioğlu, Samir Odeh-Tamimi Kammermusiksaal Ensemble Aventure Während der Festivaltage werden im Foyer des Deutsch- landfunks Fotos und Materialien aus 20 Jahren ‚Forum neuer Musik‘ gezeigt. Dazu kommt eine Präsentation der ‚Edition Zeitgenössische Musik‘ des Deutschen Musikrats. 5 Sa., 6. 4. 2019 ‚Bleibt in mir und ich in euch‘ S. 26 13.00 Uhr Werke von Isang Yun und Younghi Pagh-Paan Kunst-Station Sankt Peter Dominik Susteck – Orgel Michael Pattmann – Schlagwerk Sa., 6. 4. 2019 20 Jahre ‚Forum’ als Beitrag zu 17.00 Uhr Integration und Pluralität S. 34 Deutschlandfunk Lecture mit Frank Kämpfer, Dlf Foyer Sa., 6. 4. 2019 Bikulturell leben und arbeiten S. 36 18.00 Uhr Gespräch mit Violeta Dinescu, Farzia Fallah, Deutschlandfunk Eres Holz, David Smeyers Foyer Sa., 6. 4. 2019 Navigating a slippery Path S. 38 19.30 Uhr Werke von Annesley Black, Adriana Hölszky, Deutschlandfunk Samir Odeh-Tamimi u. a. Kammermusiksaal ensemble 20/21 Musikalische Leitung: David Smeyers Sa., 6. 4. 2019 Breaking the Wall S. 46 20.30 Uhr Werke von Lisa Streich, Annesley Black, Deutschlandfunk Ying Wang, Gordon Kampe, Oxana Omelchuk Kammermusiksaal Ensemble LUX:NM Alle Konzerte werden aufgezeichnet und zeitversetzt vom Deutschlandfunk ausgestrahlt. 6 Streitkultur 1 Freitag, Ist ‚Integration‘ ein Konzept von gestern? 5. 4. 2019, 17.00 Deutschlandfunk Foyer Dr. Lale Akgün, SPD-Politikerin (Köln) Prof. Dr. Naika Foroutan, Migrationsforscherin (Berlin) Moderation Dr. Christiane Florin, Deutschlandfunk Sendetermin Deutschlandfunk 6. 4. 2019, 17.05 Uhr Streitkultur Streitkultur 7 Ist ‚Integration‘ ein Konzept von gestern? Streitkultur Dr. Lale Akgün Migranten müssen sich integrieren, findet Lale Akgün: (*1953, Istanbul) SPD-Politikerin. „Als Rheinländerin bin ich häufig in den Niederlanden Studium Medizin, Völkerkunde, zu Besuch. Die Sprache ist sich in vielem ähnlich, auch Psychologie in Marburg. 1987 Promotion Uni Köln. 1997 – 2002 die Lebensweise scheint ähnlich zu sein, aber sie ist Leiterin Landeszentrum für Zu- keineswegs gleich. Sollte ich irgendwann in die Nieder- wan derung NRW. 2002 – 09 MdB. 2006 – 09 Sprecherin der Arbeits- lande ziehen, müsste ich mich integrieren. Ich müsste gruppe Migration/Integration. die Sprache erlernen, ich müsste mich mit den gesell- 2013 – 17 Leiterin Kompetenzstelle schaftlichen Verhältnissen vertraut machen, und letztlich für nachhaltige faire Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen müsste ich mich zu einem gewissen Grad an die Lebens- NRW. Seit 2017 Senior Researcher art der Niederländer anpassen. Integration ist eine Leis- HS Bonn-Rhein-Sieg. tung, die immer wieder neu erbracht werden muss.“ Prof. Dr. Naika Foroutan Auch die Mehrheitsgesellschaft muss sich verändern, (*1971, Boppard) Migrationsforsche- argumentiert Naika Foroutan: „Es lohnt sich darüber rin. Studium Politik- und Islamwiss. nachzudenken, ob Integration als Konzept nicht ausge- in Köln. 2004 Pro mo tion in Göttin- gen. 2008 – 13 Co-Leitung des For- weitet werden sollte?! Wenn mit diesem politischen Tool schungs projekts HEYMAT. Seit 2012 nur Migranten und ihre Nachkommen angesprochen Co-Head des BMBF-geförder ten Projekts CODISP. 2015 HUB-Lehr- werden, dann geht das an den Bedarfen vieler Menschen stuhl. Vorstandsmitglied d. Deut- vorbei. Integration meint die gleichberechtigte Teilhabe schen Migrations rates. Seit 2018 aller an zentralen gesellschaftlichen Gütern und Ressour- Direktorin des Berliner Instituts für Empirische Integration und Migra- cen. In diesem Sinne braucht es eine Integration für alle! tionsforschung. Und nicht für wenige.“ 8 Lecture 2 Freitag, Neue Ideen für die ‚Vielheitsgesellschaft‘ 5. 4. 2019, 18.00 Uhr Deutschlandfunk Foyer Dr. Mark Terkessidis Migrationsforscher, Berlin Lecture 9 Neue Ideen für die ‚Vielheitsgesellschaft‘ Von Dr. Mark Terkessidis Lecture Dr. Mark Terkessidis Mark Terkessidis: „Die Fluchtbewegungen der letzten (*1966) Journalist, Autor und Zeit mögen ungewöhnlich erscheinen, tatsächlich aber Migrationsforscher. Psychologiestu- sind heute Migration, Mobiltät und Vielfalt der Normal- dium in Köln, Promotion in Mainz zum Thema Rassismus. Moderierte fall. Aber sind wir auch darauf vorbereitet? Müsste die 2003 – 11 im WDR ‚Funkhaus Euro- Vielheit nicht schon längst zur DNA der demokratischen pa‘. Jury- und Kuratorentätigkeit. Seit 2013 Mitglied der Akademie Gesellschaften gehören? Wenn bei den unter-Sechs- der Künste der Welt. Aktuelle Pu- jährigen in deutschen Städten die Kinder mit Migrations- blikationen: ‚Interkultur‘ (ES, 2010) hintergrund in der Mehrheit sind, klingt die Rede von der ‚Kollaboration‘ (ES, 2015) ‚Nach der Flucht‘ (Reclam 2017). Integration antiquiert. Die Perspektive muss sich in der postmigrantischen Gesellschaft umkehren: Nicht die angeblichen Defizite der anderen sind das Thema, sondern die Frage, ob die Institutionen, Organisationen und Einrichtungen fit sind für die reale und faktische Vielheit unserer Gesellschaft. Vor allem in Kitas und Grundschulen gibt es sehr viel Veränderung. Und dennoch sind Vorstellungen vom Normkind weiterhin so verbreitet, dass die Bildungsein- richtungen alle paar Jahre über zu viele Quereinsteiger klagen müssen. Wie wären Schulen, in denen jedes Kind als Quereinsteiger betrachtet wird? In denen Sprach- erwerb an sich inklusiv organisiert wird? In denen die Problemkinder auch als Kinder gesehen werden, die über Ressourcen verfügen – in punkto Polyglottie, Technik- affinität oder ästhetischer Arbeit? In denen die Vielheit als Anlass genutzt wird, um Zusammenarbeit einzuüben, als eine der entscheidenden Qualitäten der postmigran- tischen Gesellschaft?“ 10 Konzert 3 Freitag, ‚Ihr sollt die Wahrheit erben‘ 5. 4. 2019, 19.30 Uhr Deutschlandfunk Hermann Keller Kammermusiksaal Ihr sollt die Wahrheit erben (2015) nach dem gleichnamigen Buch von Anita Lasker-Wallfisch Constance Ricard – Stimme, Violoncello Sendetermin Deutschlandfunk 28. 4. 2019, 21.05 Uhr Konzertdokument der Woche Konzert 11 Musik als Mittel zum Überleben Hermann Keller komponiert Anita Lasker-Wallfisch Von Egbert Hiller Constance Ricard In der DDR zählte Hermann Keller (1945 – 2018) zu den (*1985, Paris) Violoncellistin. Stu- profiliertesten Vertretern der ostdeutschen Avantgarde dium am Conservatoire supérieur – als Komponist, Pianist und Free-Jazz-Pionier. Kritische de Paris bei Marc Coppey, Paul Meyer und Eric Le Sage sowie in Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Bedingun- Leipzig bei Peter Bruns. 2008/09 gen war für ihn unabdingbar, auch im wieder vereinigten Solo-Cellistin des Internationa- len Orchesterinstituts Attergau. Deutschland. Konsequent ging er einen eigenen