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MAI.14 Indie EINSCHLAUFEN Betrifft: Das Unbehagen in der Unabhängigkeit Impressum Nº 04.14 DER MUSIKZEITUNG LOOP 17. JAHRGANG Der Kartonschuber ist alles andere als schmuck. fremde Hilfe dorthin geschafft hat, darf sich Er ist aus grober Pappe gezimmert und bereits guten Gewissens auf die Schulter seiner Wahl P.S./LOOP Verlag ziemlich abgegriffen. Doch ich weiss genau, wo klopfen. Postfach, 8026 Zürich er steht, und ziehe ihn aus dem Regal hervor. Bei «Indie» geht es nicht (nur) um ein Genre, Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 Die dünne Staubschicht, die sich auf ihm ange- sondern in erster Linie um selbst geschaffene www.loopzeitung.ch sammelt hat, ist schnell weggepustet. Dann wird Strukturen, die dann ideal sind, wenn in ihnen der Deckel gehoben, und zum Vorschein kommt ein erfülltes, von kreativen Synergien befeuertes Verlag, Layout: Thierry Frochaux ein ganzes Konvolut von Zetteln, auf denen in Arbeiten möglich ist. Hier setzt man auf Hand- [email protected] allmählich vergilbender Schrift unzählige Sinn- schlag statt Vertragswerk, auf Jugendfreunde, sprüche, Momentnotizen und Durchhalteparo- statt auf Juristen, auf Ästhetik ohne Blick auf Administration, Inserate: Manfred Müller len vermerkt sind. Ein buntes Sammelsurium den Aktienkurs. So zumindest sieht es die The- [email protected] von Kritzeleien auf den Rückseiten diverser orie im Idealfall vor. In der Praxis bedeutet das gesammelter Handzettel, Kassenbelegen, Kriegs- Modell Indie viel Arbeit zu kargem Lohn und – Redaktion: Philippe Amrein (amp), erklärungen, Garantiescheinen und Not-To-Do- in der gegenwärtigen Variante – endlose Stunden Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe Listen. Online-Frickelei. [email protected] Worum es dabei immer geht: Unabhängigkeit. Die wahren Enthusiasten machen freilich unbe- Oder eben darum, «independent» zu sein. Das irrt einfach weiter. Wie Christof Ellinghaus vom Mitarbeit: Reto Aschwanden (ash), beginnt beim vermeintlichen Kurt-Cobain- Berliner Traditionslabel City Slang, der in einem Yves Baer (yba) Thomas Bohnet (tb), Statement «Major is a whore», zieht sich durch Interview erklärte: «In gewisse Länder wie Itali- Pascal Cames (cam), Harald Fette, Chrigel Fisch, das Motto des leider verblichenen Hamburger en oder Österreich liefern wir die neuen Alben Christian Gasser, Michael Gasser (mig), Labels XXS («Corporate country still sucks») gerade mal noch in zweistelligen Stückzah- Hanspeter Künzler (hpk), Tony Lauber (tl), und gipfelt in den ehrlichen Worten, mit denen len aus. Platten verkaufen ist heutzutage wohl Mathias Menzl (men), Sam Mumenthaler, Howe Gelb einst seine eigene kleine Plattenfirma grundsätzlich eine blöde Idee.» Doch wenn die Philipp Niederberger, Linus Volkmann Ow Om beschrieb: «It’s an artist run mess of a Enthusiasten zwischendurch mal wieder in eine label.» Krise geraten, holen sie die Kartonschuber aus Druck: NZZ Print, Schlieren Aus all diesen Zeilen spricht das nach wie vor ihren Regalen. Dort stossen sie womöglich auch ungebrochene Bedürfnis, auf eigenen Beinen zu auf eine CD mit einem programmatischen Titel, Das nächste LOOP erscheint am 29.5.2014 gehen. In alle möglichen Richtungen, versteht den man auch dem eigenen Tun zugrunde legen Redaktions-/Anzeigenschluss: 22.5.2014 sich. Denn ob nun der cowboyeske Sonnenun- möchte: «Epic From Now On». Es ist das erste tergang, das selbstverwaltete Milch-und-Honig- Major-Album der Indie-Band Built To Spill. Titelbild: Nirvana Land oder schlicht der Abgrund – wer es ohne Guido Ventura Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] IM ZEICHEN DER AMEISE vergleichbar», sagte der 30-Jährige in einem Inter- view. Und dies musste sich ändern. Koplow zügelte das Label von der Bay Area nach Los Angeles und ent- deckte gemeinsam mit den Anticon-Teilhabern Künst- ler wie Ryan Lott, der als Son Lux sinfonische Com- puterpoptracks produziert, oder den LoFi-Synthie- Mann Tobacco, der mit seinen Veröffentlichungen an Becks «Mellow Gold» gemahnt. HIMMEL UND HÖLLE 2010 verliess der ewig-mi- litante Rapper Sole – das politische Gewissen von Anticon – nicht ohne Ne- bengeräusche das Kollektiv, kaufte seinen Back-Katalog und veröffentlicht seither seine Tracks über die eigene Website. Trotz des gewich- tigen Weggangs von Sole ist Anticon gegenwärtig immer noch eine der ers- ten Adressen, wenn es um clouddead lohnenswerte Fortschrei- bungen der Underground- titelte, das ab dem ersten Release namens «Hip-Hop Music Rapgeschichte geht. Dafür Seit 16 Jahren veröffentlicht das Kol- for the Advanced Listener» die Rapmusik ausweitete. 1999 stehen etwa der MC Seren- folgte eine weitere Schau der Underground-HipHop-Ko- geti, der neben seinen Solo- lektiv Anticon «Hip-Hop Music for the operative: «Music for the Advancement of Hip-Hop» hiess werken gemeinsam mit Son dieser abermals programmatisch betitelte Sampler, der For- Lux und dem Engelssänger Advanced Listener» – und zählt noch mationen wie Deep Puddle Dynamics und MCs wie den Sufjan Stevens als Sisyphus Kanadier Buck 65 präsentierte. Klassische Hip-Hop-Beats einen maximalen Pop-An- immer zu den aufregendsten Untergrund- und freie Reime bestimmten diese frühen LoFi-Tracks des satz pflegt – und mit der Kollektivs, das schliesslich in Oakland ansässig wurde. In Hörerschaft Himmel und Popzellen. Kalifornien trafen die Gründungsmitglieder auf das gleich- Hölle spielt. gesinnte Label Mush Records, das viele der Anticon-Platten Derweil erproben die Um die Jahrtausendwende erschienen drei bleiche Buben mitveröffentlichte. Nach und nach entwickelten die Teilha- Young Fathers aus Edin- aus dem Untergrund in der Poplandschaft. Why?, Doseone ber ein transatlantisches Netzwerk – dank Kooperationen burgh eine nach allen Seiten und Odd Nosdam lauteten die Künstlernamen der Drei, mit den europäischen Labels Big Dada und Lex Records offene HipHop-Spielart, die als Clouddead Niemandslandsounds und absurde Raps – das noch immer fortlebt. die rabiate Raps, direkte zusammendachten. Schleppende Beats, vernebelte Ambi- Beats, Gospelgesänge, Pop- ent-Collagen, obskure Samples, nervöse Heliumstimmen: GRÜSSE NACH WEILHEIM Refrains und die letzten Diese Kombinationen wirkten fremd und ungehört, und Clubsounds zu kompakten das Trio bastelte emsig Singles, die auf einer CD kompi- Immer wieder entstanden im Anticon-Umfeld aufregende Songs verbastelt. Ihr Debüt liert wurden. Es folgte eine abenteuerliche Session bei John Rapmutanten und Pophybride: Yoni Wolf funktionierte «Dead», das im Frühjahr Peel und das Album «Ten», auf dem die drei musikalischen sein Alias Why? zur Band um, die mehr mit psychedeli- erschienen ist, knüpft an Stuntmänner im «Pop Song» scheu fragen: «Elvis, what schem Pop und Antifolk als mit Rap zu tun hat. Subtle, die die furchtlose Label-Tradi- happened?» Ja, was war passiert? sechsköpfige Band, in der Doseone mit seiner Nasal-Stim- tionslinie an und stösst in Die verfeindeten East- und West-Coast-Schwergewichte me Verwirrung stiftet, spannt seit 2005 im Projekt 13 & nicht kartografierte Gebiete Notorious B.I.G. und Tupac Shakur waren tot, A Tribe God mit The Notwist zusammen. Zwei Platten entstanden vor. Und diese Musik fühlt Called Quest aufgelöst und Underground-Labels wie Stones so, während Jel – ein weiteres Ur-Anticon-Mitglied – die sich so abenteuerlich an Throw noch überaus jung. So gründeten 1998 Kunstschul- Weilheimer auf der aktuellen Tournee begleitet hat. wie die Musik aus den An- Dropouts aus dem mittleren Westen, Möchtegern-Rap- Allein, das Kollektiv exisitiert in der Urform nicht mehr: ticon-Gründerzeiten – als Mogule aus dem Nordosten und kalifornische Nomaden 2006 übernahm der ehemalige Anticon-Praktikant Shaun die drei Clouddead-Buben das Kollektiv Anticon. Unter den acht Gründern fanden Koplow die Geschicke – und legte den Fokus weg vom ihre grossartigen Spuren in sich alle drei Clouddead-Mitglieder sowie Tim Holland ali- Kollektiv und hin auf die Label-Identität. «Die Presse be- der Poplandschaft hinter- as Sole, die gleichzeitig auch als gleichberechtige Teilhaber handelte Anticon einfach wie jede andere HipHop-Posse: liessen. amteten. Eine Ameise diente als Logo für «America’s Most Die Musik von Why? wurde etwa mit dem Werk von Sole Benedikt Sartorius Avantgarde Cut-Up-Collective», wie das Magazin «Juice» verglichen, dabei sind diese nicht im Ansatz miteinander www.anticon.com SZENE Atlantis_Vorschlag_01:Atlantis_64x64 06.12.13 12:05 Seite 1 30 Years 30 30 Jahre 30 www.atlantisrecords.ch De Blaui Dino Bsuech in Nr. 30 Aquariopolis Neuer Standort: ATLANTIS RECORDS Steinenbachgässlein 34, CH-4051 Basel Tel. 061 271 23 63, [email protected] Mehr als 10’000 CDs, LPs, Singles Kindergeschichten • Importe-/Raritäten-Suchservice • Ankauf von LPs, CDs, DVDs, Singles u. Sammlungen www.gschichtefritz.ch Rock, Metal, Hardrock, Gothic, 60’s, Psychedelic, Pop, Blues, Reggae, Jazz, Rock n’Roll, World .de .de DAS COMIC MAGAZIN strapazin erscheint strapazin —— —— / vierteljährlich Schnupperabo: .ch 3 für 2! chf 25.00 euro 20.00 (Nur Neuabonnenten) strapazin DAS COMIC MAI 2014 EAT THE RICH 20 FILME ÜBER DEN KAPITALISMUS für ! auf dem Kanzleiareal, Tel. 044 242 04 11, www.xenix.ch DAS ENDE DER WELT seits vom Mainstream existierte, zum Sprung in den Main- ihr Leader inkognito nach Als die Punks das Land regierten und stream verhalfen. Paris absetzte. Es entstand die absurde Situation, dass noch ganz England von Toast und weis- HASS AUF MARGARET THATCHER Künstler, die bei einem