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MAI.14

Indie EINSCHLAUFEN Betrifft: Das Unbehagen in der Unabhängigkeit Impressum Nº 04.14 DER MUSIKZEITUNG LOOP 17. JAHRGANG Der Kartonschuber ist alles andere als schmuck. fremde Hilfe dorthin geschafft hat, darf sich Er ist aus grober Pappe gezimmert und bereits guten Gewissens auf die Schulter seiner Wahl P.S./LOOP Verlag ziemlich abgegriffen. Doch ich weiss genau, wo klopfen. Postfach, 8026 Zürich er steht, und ziehe ihn aus dem Regal hervor. Bei «Indie» geht es nicht (nur) um ein Genre, Tel. 044 240 44 25, Fax. …27 Die dünne Staubschicht, die sich auf ihm ange- sondern in erster Linie um selbst geschaffene www.loopzeitung.ch sammelt hat, ist schnell weggepustet. Dann wird Strukturen, die dann ideal sind, wenn in ihnen der Deckel gehoben, und zum Vorschein kommt ein erfülltes, von kreativen Synergien befeuertes Verlag, Layout: Thierry Frochaux ein ganzes Konvolut von Zetteln, auf denen in Arbeiten möglich ist. Hier setzt man auf Hand- [email protected] allmählich vergilbender Schrift unzählige Sinn- schlag statt Vertragswerk, auf Jugendfreunde, sprüche, Momentnotizen und Durchhalteparo- statt auf Juristen, auf Ästhetik ohne Blick auf Administration, Inserate: Manfred Müller len vermerkt sind. Ein buntes Sammelsurium den Aktienkurs. So zumindest sieht es die The- [email protected] von Kritzeleien auf den Rückseiten diverser orie im Idealfall vor. In der Praxis bedeutet das gesammelter Handzettel, Kassenbelegen, Kriegs- Modell Indie viel Arbeit zu kargem Lohn und – Redaktion: Philippe Amrein (amp), erklärungen, Garantiescheinen und Not-To-Do- in der gegenwärtigen Variante – endlose Stunden Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe Listen. Online-Frickelei. [email protected] Worum es dabei immer geht: Unabhängigkeit. Die wahren Enthusiasten machen freilich unbe- Oder eben darum, «independent» zu sein. Das irrt einfach weiter. Wie Christof Ellinghaus vom Mitarbeit: Reto Aschwanden (ash), beginnt beim vermeintlichen Kurt-Cobain- Berliner Traditionslabel City Slang, der in einem Yves Baer (yba) Thomas Bohnet (tb), Statement «Major is a whore», zieht sich durch Interview erklärte: «In gewisse Länder wie Itali- Pascal Cames (cam), Harald Fette, Chrigel Fisch, das Motto des leider verblichenen Hamburger en oder Österreich liefern wir die neuen Alben Christian Gasser, Michael Gasser (mig), Labels XXS («Corporate country still sucks») gerade mal noch in zweistelligen Stückzah- Hanspeter Künzler (hpk), Tony Lauber (tl), und gipfelt in den ehrlichen Worten, mit denen len aus. Platten verkaufen ist heutzutage wohl Mathias Menzl (men), Sam Mumenthaler, Howe Gelb einst seine eigene kleine Plattenfirma grundsätzlich eine blöde Idee.» Doch wenn die Philipp Niederberger, Linus Volkmann Ow Om beschrieb: «It’s an artist run mess of a Enthusiasten zwischendurch mal wieder in eine label.» Krise geraten, holen sie die Kartonschuber aus Druck: NZZ Print, Schlieren Aus all diesen Zeilen spricht das nach wie vor ihren Regalen. Dort stossen sie womöglich auch ungebrochene Bedürfnis, auf eigenen Beinen zu auf eine CD mit einem programmatischen Titel, Das nächste LOOP erscheint am 29.5.2014 gehen. In alle möglichen Richtungen, versteht den man auch dem eigenen Tun zugrunde legen Redaktions-/Anzeigenschluss: 22.5.2014 sich. Denn ob nun der cowboyeske Sonnenun- möchte: «Epic From Now On». Es ist das erste tergang, das selbstverwaltete Milch-und-Honig- Major-Album der Indie-Band Built To Spill. Titelbild: Nirvana Land oder schlicht der Abgrund – wer es ohne Guido Ventura

Ich will ein Abo: (Adresse) 10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 33 Franken (in der Schweiz). LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected] IM ZEICHEN DER AMEISE vergleichbar», sagte der 30-Jährige in einem Inter- view. Und dies musste sich ändern. Koplow zügelte das Label von der Bay Area nach Los Angeles und ent- deckte gemeinsam mit den -Teilhabern Künst- ler wie Ryan Lott, der als Son Lux sinfonische Com- puterpoptracks produziert, oder den LoFi-Synthie- Mann , der mit seinen Veröffentlichungen an Becks «Mellow Gold» gemahnt. HIMMEL UND HÖLLE

2010 verliess der ewig-mi- litante Rapper – das politische Gewissen von Anticon – nicht ohne Ne- bengeräusche das Kollektiv, kaufte seinen Back-Katalog und veröffentlicht seither seine Tracks über die eigene Website. Trotz des gewich- tigen Weggangs von Sole ist Anticon gegenwärtig immer noch eine der ers- ten Adressen, wenn es um lohnenswerte Fortschrei- bungen der Underground- titelte, das ab dem ersten Release namens «Hip-Hop Music Rapgeschichte geht. Dafür Seit 16 Jahren veröffentlicht das Kol- for the Advanced Listener» die Rapmusik ausweitete. 1999 stehen etwa der MC Seren- folgte eine weitere Schau der Underground-HipHop-Ko- geti, der neben seinen Solo- lektiv Anticon «Hip-Hop Music for the operative: «Music for the Advancement of Hip-Hop» hiess werken gemeinsam mit Son dieser abermals programmatisch betitelte Sampler, der For- Lux und dem Engelssänger Advanced Listener» – und zählt noch mationen wie und MCs wie den als Kanadier präsentierte. Klassische Hip-Hop-Beats einen maximalen Pop-An- immer zu den aufregendsten Untergrund- und freie Reime bestimmten diese frühen LoFi-Tracks des satz pflegt – und mit der Kollektivs, das schliesslich in Oakland ansässig wurde. In Hörerschaft Himmel und Popzellen. Kalifornien trafen die Gründungsmitglieder auf das gleich- Hölle spielt. gesinnte Label , das viele der Anticon-Platten Derweil erproben die Um die Jahrtausendwende erschienen drei bleiche Buben mitveröffentlichte. Nach und nach entwickelten die Teilha- Young Fathers aus Edin- aus dem Untergrund in der Poplandschaft. Why?, ber ein transatlantisches Netzwerk – dank Kooperationen burgh eine nach allen Seiten und lauteten die Künstlernamen der Drei, mit den europäischen Labels Big Dada und offene HipHop-Spielart, die als Clouddead Niemandslandsounds und absurde Raps – das noch immer fortlebt. die rabiate Raps, direkte zusammendachten. Schleppende Beats, vernebelte Ambi- Beats, Gospelgesänge, Pop- ent-Collagen, obskure Samples, nervöse Heliumstimmen: GRÜSSE NACH WEILHEIM Refrains und die letzten Diese Kombinationen wirkten fremd und ungehört, und Clubsounds zu kompakten das Trio bastelte emsig Singles, die auf einer CD kompi- Immer wieder entstanden im Anticon-Umfeld aufregende Songs verbastelt. Ihr Debüt liert wurden. Es folgte eine abenteuerliche Session bei John Rapmutanten und Pophybride: funktionierte «Dead», das im Frühjahr Peel und das Album «Ten», auf dem die drei musikalischen sein Why? zur Band um, die mehr mit psychedeli- erschienen ist, knüpft an Stuntmänner im «Pop Song» scheu fragen: «Elvis, what schem Pop und Antifolk als mit Rap zu tun hat. Subtle, die die furchtlose Label-Tradi- happened?» Ja, was war passiert? sechsköpfige Band, in der Doseone mit seiner Nasal-Stim- tionslinie an und stösst in Die verfeindeten East- und West-Coast-Schwergewichte me Verwirrung stiftet, spannt seit 2005 im Projekt 13 & nicht kartografierte Gebiete Notorious B.I.G. und Tupac Shakur waren tot, A Tribe God mit zusammen. Zwei Platten entstanden vor. Und diese Musik fühlt Called Quest aufgelöst und Underground-Labels wie Stones so, während – ein weiteres Ur-Anticon-Mitglied – die sich so abenteuerlich an Throw noch überaus jung. So gründeten 1998 Kunstschul- Weilheimer auf der aktuellen Tournee begleitet hat. wie die Musik aus den An- Dropouts aus dem mittleren Westen, Möchtegern-Rap- Allein, das Kollektiv exisitiert in der Urform nicht mehr: ticon-Gründerzeiten – als Mogule aus dem Nordosten und kalifornische Nomaden 2006 übernahm der ehemalige Anticon-Praktikant Shaun die drei Clouddead-Buben das Kollektiv Anticon. Unter den acht Gründern fanden Koplow die Geschicke – und legte den Fokus weg vom ihre grossartigen Spuren in sich alle drei Clouddead-Mitglieder sowie Tim Holland ali- Kollektiv und hin auf die Label-Identität. «Die Presse be- der Poplandschaft hinter- as Sole, die gleichzeitig auch als gleichberechtige Teilhaber handelte Anticon einfach wie jede andere HipHop-Posse: liessen. amteten. Eine Ameise diente als Logo für «America’s Most Die Musik von Why? wurde etwa mit dem Werk von Sole Benedikt Sartorius Avantgarde Cut-Up-Collective», wie das Magazin «Juice» verglichen, dabei sind diese nicht im Ansatz miteinander www.anticon.com SZENE

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www.atlantisrecords.ch De Blaui Dino Bsuech in Nr. 30 Aquariopolis Neuer Standort: ATLANTIS RECORDS Steinenbachgässlein 34, CH-4051 Basel Tel. 061 271 23 63, [email protected] Mehr als 10’000 CDs, LPs, Singles Kindergeschichten • Importe-/Raritäten-Suchservice • Ankauf von LPs, CDs, DVDs, Singles u. Sammlungen www.gschichtefritz.ch Rock, Metal, Hardrock, Gothic, 60’s, Psychedelic, Pop, Blues, Reggae, Jazz, Rock n’Roll, World .de .de

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DAS COMIC MAI 2014 EAT THE RICH 20 FILME ÜBER DEN KAPITALISMUS

für ! auf dem Kanzleiareal, Tel. 044 242 04 11, www.xenix.ch DAS ENDE DER WELT seits vom Mainstream existierte, zum Sprung in den Main- ihr Leader inkognito nach Als die Punks das Land regierten und stream verhalfen. Paris absetzte. Es entstand die absurde Situation, dass noch ganz England von Toast und weis- HASS AUF MARGARET THATCHER Künstler, die bei einem Ma- jor unterschrieben hatten, sen Böhnchen lebte, waren Indie-Labels Dann kamen die Punks. Eigentlich taten sie ja das gleiche weite Teile ihrer Interviews wie ihre Vorgänger: Weil ihre Musik niemand sonst verlegen mit Hasstiraden auf ihre mehr als nur ein Geschäftsmodell – sie wollte, taten sie es selber. Allerdings wurden diese Labels Brötchengeber füllten, um selten von Musikfans mit Geschäftsnase gestartet, eher von ihre ramponierte Glaubwür- waren eine Religion. Musikanten und ihren FreundInnen. Es ging diesen nicht digkeit zu retten. Endlos die darum, ihre Singles in den Hitparaden unterzubringen, es Debatten und Anfeindungen Die Grenzen hätten klarer nicht markiert sein können: Wer reichte schon, wenn sie in den Shops zu finden waren, wo auf den Leserbriefseiten der wegen der Musik im Musikgeschäft war, stand bei einem sich Gleichgesinnte trafen. Musikpresse gegen Bands, Indie-Label unter Vertrag, wer wegen des Zasters musizier- Nun waren dies in England politisch bewegte Zeiten. Die die mit ihrer Unterschrift te, gehörte einem Major. Wer Indie-Platten auflegte, war ein Labour Partei hatte an Einfluss und Respekt verloren, die beim Major «sell-out» be- Musikfan, wer Major-Produkte hörte ein Konsument. Die Konservativen unter Margaret Thatcher waren am Ruder. trieben hätten (und darum Musikfans verachteten die Konsumenten, die Konsumenten Für sie war die politische Linke und alles, was nach Protest in den nächsten Parlaments- wussten nicht einmal, dass es die Musikfans überhaupt gab. roch, ein Dorn im Auge. Derweil die britischen Ur-Punks wahlen womöglich für Mar- Unter dem Strich galt: Wer bei einem Major unter Vertrag vor allem den Status Quo aufzumischen trachteten, wurde garet Thatcher stimmten!). stand, verdiente viel Geld, oder auch nicht, und wer bei ei- die Szene auf dem Weg vom Punk zur New Wave mäch- Die Entdeckung eines Mit- nem Indie-Label daheim war, verdiente auch viel Geld, oder tig politisiert. Wie eh und je erschien «alternative» Musik telweges machte die Sache eben nicht. bei den Indie-Labels – und so galt der Vertrag bei einem nur noch komplizierter: Der Dass die interessanteste Musik zumeist auf dem Mist der In- Indie-Label plötzlich als Emblem für politisch engagiertes, in punkto Coolheit ziemlich die-Szene gedeiht, ist ein historisches Faktum und lässt sich kritisches Denken und für den Hass auf Margaret Thatcher. unantastbare Rough-Trade- leicht erklären. Welt- oder wenigstens USA-umspannende Gründer Geoff Travis wie Konzerne können nur deswegen auf so breiter Ebene wir- UNTERSCHREIBEN BEIM KLASSENFEIND auch Creation-Gründer ken, weil sie über eine gewaltige Infrastruktur verfügen, die Alan McGee und einige finanziert und von langer Hand geplant sein will – die al- Rough Trade, Stiff, Creation, Deptford Fun City und zu andere gründeten weitere lerdings auch schwerfällig operiert und langsam auf Trends diesem Zeitpunkt auch noch A&M und Virgin: Wer hier Labels – Blanco y Negro im reagiert. Indie-Labels hingegen werden oft als Steckenpferd unterschrieb, sicherte sich die Unterstützung des «New Mu- Fall von Travis, Elevation gestartet, müssen zumindest am Anfang nicht unbedingt sical Express». Wer vom Indie zum Major umstieg, musste im Fall von McGee –, die sie Profit abwerfen, sie arbeiten mit kleinen Auflagen, stützen sich auf herbe Kritik gefasst machen. Ein Beispiel sind die sich von einem Major finan- sich auf die lokale Szene, brauchen keine grosse Infrastruk- Redskins, eine aus Mitgliedern der Socialist Workers Party zieren liessen. Was wieder- tur: Sie sind wendig und können nullkommaplötzlich auf bestehende Combo, die Motown-Grooves mit Punk und Po- um die Majors auf die Idee den geringsten Trendwechsel eingehen. lit-Texten verband, und bei einem Major unterschrieb, weil brachte, selber «alternative» So war das in den USA mit Rhythm & Blues, Rock’n’Roll, man – wohl zurecht – vermutete, der Musikstil passe zu kei- Labels zu starten, die sie als Soul, HipHop und Hardcore-Punk. So war es auch in Eng- nem existierenden Indie. Die Band wurde aus den Reihen der Indies tarnten. Und das war land in den Sixties mit Island, Chrysalis, Dandelion, Head, eigenen Partei, ganz zu schweigen vom «NME», dermassen dann wirklich das Ende der Charisma oder auch Immediate – Labels, die Musik, die ab- hart angegriffen, dass sie sich nach einer LP auflöste und sich Welt. Hanspeter Künzler margaret thatcher kurt cobain WAS WAR, WAS BLEIBT den Musik. Eine komplexe Sendung, und doch flimmert im Am 5. April 1994 hat sich Kurt Cobain das Hintergrund ständig MTV, und wiederholt streue ich einen Nirvana-Song ins Programm. Leben genommen. Doch auch wenn der Am nächsten Morgen werde ich früh geweckt. Die Tageszei- tung «Der Bund» will einen Nachruf. Während des ganzen Nirvana-Gründer seit 20 Jahren tot ist – Wochenendes klingelt das Telefon, ich werde um Nachrufe und Statements gebeten. Ich schreibe ungern Nachrufe, und vergessen ist er nicht. Fünf Erinnerungen. die Nachrufe über Kurt Cobain sind besonders schmerzlich. Sie kommen viel zu früh. Ein paar Tage später erreicht mich der handgeschriebene Brief eines Jugendlichen; Cobains Ein Toter im Radiostudio Selbstmord hat ihn sichtlich tief erschüttert, und er bedankt 21:55: Wenige Minuten vor dem Beginn einer 3-stündigen sich für meinen Text. Das ist einer der wenigen Leser-/Hö- «Sounds! Surprise»-Sendung über den 10. Geburtstag des rerbriefe, den ich aufbewahrt habe. Comic-Magazins «Strapazin» sitze ich mit dessen Mither- Christian Gasser ausgeber David Basler im DRS3-Studio und treffe die letz- ten Vorbereitungen. Plötzlich blinkt die rote Lampe – ein Anruf auf der nur Mitarbeitern bekannten Telefonnummer. Man vergisst das nicht Am anderen Ende ein aufgeregter François Mürner, Mode- Echt, schon wieder Record Store Day? Der Tag, an dem Jan rator der Morgensendung: «Kurt Cobain ist tot.» Delay so tut, als wäre eine limitierte 7” von seinem neuen Ich: «???» «Rock»-Album die hammerhärteste Sache der Welt? Oder FM: «Er hat sich umgebracht.» die Rolling Stones mit limitierter 7” die Coolen markieren? Ich: «???» Mann, dazu muss ich wirklich nicht in den Plattenladen. Bei Ich stelle den Fernseher an, MTV, damals war das Internet Promo-Aktionen für dicke Bands sag ich immer Njet! Ich ein verschlafener Dorfplatz. brauch keine unveröffentlichten Songs von Bruce Springs- Gerüchte über den Tod Cobains machen die Runde, gesi- teen, die am RSD erscheinen. Ich brauch ja nicht mal die cherte Informationen über die genauen Todesumstände gibt veröffentlichten. es noch nicht. Nevermind! Das Leben ist kein müder Blick zurück. Das 22:00: Ich schalte das Abendjournal auf und lasse meinen Leben ist keine 7inch. Singles hab ich meistens gekauft, verdutzten Gast allein im Studio, rase ins Sounds!-Büro, weil grad kein Geld für die LP da war. – Ostersonntag, 3. zupfe «Bleach», «Nevermind» und «In Uteri» aus dem Re- April 94, das unfassbare Soundgarden-Konzert in der Ro- gal. ten Fabrik Zürich. Der Jesus-Christ-Pose gewordene Chris 22:07: Ich beginne die Sendung etwas atemlos mit «Smells Cornell. Man vergisst das nicht. Auch, weil es auf der Tour Like Teen Spirit» und der traurigen Neuigkeit. «Superunknown» als Doppelalbum auf blauem Vinyl gab. Die Sendung über «Strapazin» habe ich monatelang vor- Heute ist es durchsichtig gespielt. Egal. Ich war ja da, ali- bereitet. Aussagen vieler Grössen der internationalen Co- ve in the Superunknown! Hätte ich in jener Nacht geahnt, micwelt sind zu hören, gestaltete O-Ton-Collagen stehen dass zwei Tage später Kurt Cobain sein Leben lässt, hätte zwischen dem Gespräch mit David Basler und der passen- ich die Soundgarden-LP in den verfickten schwarzen Züri- See geschmissen. Am Samstag danach (9. April) hänge ich man lieber auf eine Agenturmeldung zurückgreifen? Auf im Bamyasi-Plattenladen in Basel ab. Ein Typ nuschelt mir keinen Fall, schliesslich war ich im Thema Grunge gut drin, hämisch über die Schulter: «Hast’ schon gehört vom Kurt- und der freie Schreiber brauchte das Geld. Einen Nachruf li?» – Blödes Nerd-Arschloch. Damals gab es eine Menge auf Cobain hatte ich zwar nicht in der Schublade – obwohl Nerds, Machos und Bessermenschen, die Nirvana gehasst man ja fast damit rechnen konnte. Grunge hatte mich al- haben. G-e-h-a-s-s-t! Die meisten aus blödem Neid oder lerdings schon – obwohl ich 1988/1989, als das Genre auf- aus bourgeoiser Hochnäsigkeit. Ich habe Nirvana geliebt: kam, eigentlich schon zu alt dafür war – gepackt. Ende 88 wüstes Glück, Working Class, Punkrock. Aber – am 19. hatte ich das erste Mal Mudhoney in Berlin live gesehen, ein Februar 94 war ich nicht, wie 7000 andere, in die Eishal- halbes Jahr später diese Band auch interviewt und für die le nach Neuchâtel zum einzigen CH-Konzert gefahren. Ich DRS-3-Sendung «Sounds» an einem Grunge-Special mitge- hatte schon Abschied genommen, war aus dem Drama aus- arbeitet. 1989 waren dann auch gleich die grossen Bands in gestiegen. Schweizer Konzertsälen zu sehen. In der Roten Fabrik ga- 15. April, eine Woche nach dem Schock, spielen Killdozer in ben sich die Grunge-Protagonisten die Klinke in die Hand: der Kaserne Basel. Vor dem Konzert rede ich backstage mit Zuerst Soundgarden, gegen Ende des Jahres Mudhoney und Michael Gerald (voc, bs) über den Tod von Kurt Cobain. dazwischen spielten vor rund 200 Leuten im kleinen Saal Michael sagt etwas Tröstendes, mit seiner tiefen, ruhigen Tad und Nirvana ein Doppelprogramm. Damals dachten Stimme. Dann geht er auf die Bühne, steigt aufs Podest, wir Grunge-Fans übrigens noch: Wenn es eine Band schafft, und Killdozer stimmen «Smells Like Teen Spirit» an. In der gross zu werden, dann Mudhoney. Nicht Nirvana,die auch zeitlos langsamen, brachialen Art, die Killdozer zu einer der nicht schlecht waren, aber... liebsten Band jener Zeit gemacht haben. Man vergisst das Das änderte sich dann im Herbst 1991, als «Nevermind» nicht. Es setzt keinen Staub an. Denn es gibt Unmenschli- rauskam und «Smells Like Teen Spirit» zum Überhit wurde. cheres als den Tod. Am Vorabend der Veröffentlichung sah ich Nirvana noch Chrigel Fisch einmal live. Beim «Monsters of Spex»-Festival in Köln. Nicht als Headliner, sondern nur unter «ferner liefen» im glanzvollen Programm mit Sonic Youth, Dinosaur Jr, Bob «Here we are entertainers» Mould und anderen. Im Frühsommer 1994 sass ich in der Badewanne und las ei- Den Cobain-Nachruf hab ich übrigens gerade wieder mal nen späten Nachruf auf Kurt Cobain. Da zuckte ich zusam- gesucht, leider nicht mehr gefunden. Er muss in irgendeinem men, wie vom Blitz getroffen. «Here we are now entertain Ordner meiner gesammelten Artikel sein. 1994 war die Vor- us», las ich ein Zitat aus dem Nirvana-Song «Smells Like Internet-Zeit. Heute könnte man leicht auf die elektronische Teen Spirit». Und fühlte mich schlagartig mies. Zwei Mona- Datenbank zurückgreifen. te vorher hatte ich eine Besprechung zum Nirvana-Konzert Thomas Bohnet am 19. Februar 1994 in den Neuenburger Patinoires Du Littoral geschrieben. Eigentlich blieben mir Nirvana fremd, so wie es die meisten Grunge-Bands waren: Zu lange Haa- Ein Schnaps auf Kurt re, zu harter Sound, zu viel Selbstreflexion. Aber als junger Die Nachricht kam wie alle schlechten Nachrichten zu jener Musikkritiker wollte ich mir die Chance nicht entgehen las- Zeit – übers Radio. Der Sprecher erzählte völlig ungerührt sen, die Band der Stunde zu besprechen. Vom Konzert ist davon, dass Kurt Cobain, der Sänger der Rockband Nirva- mir heute kaum mehr etwas in Erinnerung, ausser, dass es in na, tot aufgefunden worden sei. Ich sass am Küchentisch der Halle laut und kalt war, und dass die Headbanger sich und dachte einen ersten Gedanken: «Der hat das genau das Hirn in die Hose schüttelten. richtig gemacht. Respekt.» Es war nicht die Trauer um den Dennoch schrieb ich eine einigermassen wohlwollende Kri- Tod eines geschätzten Musikers, sondern das Wissen um tik. Leider hatte ich einige Fakten durcheinandergebracht, dessen damit besiegelte Unsterblichkeit, die mich in diesem was prompt ein paar harsche Leserbriefe auslöste. Als das kurzen Moment umtrieb. Die ganze Hysterie, die auf MTV überstanden war, erreichte mich die Nachricht vom Selbst- mitbefeuert wurde, blendete ich für ein paar Tage einfach mord Cobains. Ich war sprachlos. Auch darum, weil ich aus. Erst am darauffolgenden Samstagnachmittag gab es so mich an die Schlussworte in meinem Artikel erinnerte: «Es etwas wie eine Trauerfeier im kleinen Kreis. Meine Band- ist 1994, Nirvana sind reich, und Kurt Cobain behauptet kollegen und ich standen im Zimmer unseres Bassisten und in einem neuen Songtext: ‹Jetzt bin ich alt und gelangweilt.› tranken einen Schnaps auf Kurt. Ob wir das nun zugeben Wer den Auftritt in Neuenburg gesehen hat, weiss, dass das mochten oder nicht, so hatte er unsere jugendliche Gefühls- nicht sein Ernst sein kann.» welt doch entscheidend mitgeprägt, und Nirvana galt die Offenbar war es Kurt entgegen meiner Ferndiagnose doch Hochachtung vieler junger Bands, die zu jener Zeit ihr mu- Ernst gewesen. Und nun der finale Akt in der Badewanne. sikalisches Handwerk erlernten. Einerseits für das brillante Auf der Rückfahrt vom Konzert hatte ich meinen Kollegen Riff von «Smells Like Teen Spirit», andererseits aber auch Pesche Schranz, der seit langem als Kulturförderer in der für den Schlagzeugeinsatz bei diesem Song, an dem sämt- Stadt Bern tätig ist, nach einer Titelidee für die Nirvana- liche Schlagzeuger unserer Generation nahezu verzweifelt Besprechung gefragt. «Schreib doch: ‹Here we are, entertain sind. us›, meinte er. Mir schien das eine gute Idee zu sein, um mei- In den folgenden Monaten setze sich das künftige Erinnern ne These, dass Kurt und seine Seattle-Rocker sich mit ihrem an Kurt Cobain erst so richtig zusammen. Ich entdeckte den Superstar-Status angefreundet hatten, zu übertiteln. Und so ursprünglich als Hidden Track veröffentlichten Song «Sap- übersetzte ich das, was ich von Pesche phonetisch mitbe- py», und im Sommer jenes Jahres reiste ich erstmals in die kommen hatte – «Here we are entertainers» – , pflichtbe- USA, wo ich mich in einem Supermarkt irgendwo ausser- wusst auf deutsch: «Hier sind wir – Entertainer» lautete der halb von St. Louis, Missouri, in der Abteilung für Körper- Titel für meine erste Nirvana-Besprechung. pflegeprodukte wiederfand. Im Regal vor mir: «Teen Spi- Gut, dass es auch die letzte war. rit». Ich musste grinsen, als ich die Deostifte aufgereiht vor Sam Mumenthaler mir sah. Und ich musste noch einmal grinsen, als ich Mo- nate später eine Gruppe von Adoleszenten an einem SBB- Provinzbahnhof herumstehen sah. Sie waren leicht ange- Wo ist der Nachruf? schickert, skandierten aber eine herrliche Abwandlung des Der Tod von Kurt Cobain bedeutete für mich erstmal Ar- berühmtesten Nirvana-Refrains: «Here we are now / at the beit. Kaum machte die Nachricht die Runde, rief mich der station». Diese Verbindung von Profundem und Profanem Kulturredaktor der lokalen Tageszeitung in Konstanz an. hätte wohl auch Cobain ein Grinsen ins Gesicht gezaubert. Ich könne doch sicherlich rasch einen Nachruf schreiben, Ich hätte es sehr gerne gesehen. der gleich ins Blatt für den nächsten Tag soll – oder solle Philippe Amrein DIE SCHEIBE LEBT Dank dem CD-Brenner war die Compact Disc die Kassette der frühen Nullerjahre. Doch spätestens mit dem iPod verloren die Silberlinge ihren Status. Ist die CD deshalb tot? Mitnichten, wie unsere Nachforschungen beweisen.

Die Musikindustrie steckt in der Krise: Immer weniger CDs werden verkauft. Nur noch 4,07 Millionen CDs waren es 2013 in der Schweiz, gegenüber 19,6 Millionen im Jahr 2000. Das freut die Brockenhäuser, ärgert aber die Platten- firmen. Erstaunlicherweise hängt der alarmierende Zerfall der CD-Verkaufszahlen mit dem Aufkommen von MP3- Playern und Smartphones zusammen, und Experten ken- nen den Grund: Eine CD passt einfach nicht in einen iPod rein. Geht nicht, da lag von Anfang an ein Konstruktions- fehler vor. Dieser ist vergleichbar mit einer Vinyl-LP, die der verzweifelte Musikliebhaber ins Kassettengerät zu schieben versucht: Die Tonqualität ist wirklich sehr schlecht. Ist die CD nun also tot, fragen sich viele Musikfans und Bosse der Plattenfirmen? Nein! Denn die Ergebnisse sind beeindruckend: Dem drohenden Ende der CD kann sehr wohl begegnet werden, mit Phantasie, Geschick und neuen Marktideen. Abwehr von extraterrestrischen Strahlen Gerade im Osten der Bundesrepublik Deutschland, wo die Bürgerinnen und Bürger traditionellerweise wenig zu tun haben, betätigen sich immer mehr Menschen in der Ab- wehr von extraterrestrischen Strahlungen. Eine CD von Ivan Rebroff, Mia Aegerter oder Plüsch eignet sich sehr gut gegen Strahlenverseuchung aus dem Weltall oder aus Neu- schwabenland. Einfach an ein abgemanteltes Stromkabel anschliessen, auf den Balkon raustreten und los gehts! Wohnen in energiesparenden CD-Häusern Viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs werden nicht aus ausgedienten Björk-, Heino-, Toten-Hosen- und Patent- schenke des letzten Jahres mehr einfach entsorgt, sondern dienen weiter als wertvolle Ochsner-CDs problemlos in die Landschaft gelegt werden. sinnvoll rezykliert werden Baustoffe. Ob PET-Flaschen, Holzpaletten oder eben CDs: können. Basteln ist der Kein Werkstoff ist nutzlos. Und schon gar nicht CDs, nur Die CD als Schmuck und Schutz des Gartens jungen Mutter ja praktisch weil die Musik darauf scheisse ist. Bereits sind in Öko-Ge- Welche Hobby-Gärtnerin kennt das nicht: Immer nur Grün mit der Muttermilch wei- nossenschaften in Kalifornien und im Tessin Häuser mit im Garten ist langweilig. Und Taubenscheisse auf dem lie- tergegeben worden, und so CD-Dächern im Einsatz. Der Vorteil: Der Baustoff ist bil- bevoll gehegten Blattwerk ist fast so ein grosses Ärgernis wundert es nicht, dass die lig, sieht schön aus und ist selbst für Spinnen, Schlangen wie eine verpasste Yoga-Stunde. Für beide Probleme ist die junge Mutter das kreative und Salamander aufgrund der glatten CD-Oberfläche nur CD die ideale Lösung: Die bunten Scheiben baumeln im Gestalten von nützlichen schwer zugänglich. Und: Die CDs reflektieren das Sonnen- Astwerk der Obstbäume und lockern als farbige Tupfer das und schönen Alltagsgegen- licht ins Innere des CD-Hauses und heizen es so gratis auf! Grün auf. Und die im Sonnenlicht reflektierenden Silberlin- ständen auch ihren Kindern ge vertreiben die scheissenden Tauben. Wunderbar! weitergeben will. CD-Land-Art: Der neue Trend aus Island Für das Aufhängen der CDs im hohen Geäst holt sich die Gerade die farbenfrohen Island hat sich wiederholt als innovatives Musikland erwie- fachkundige Gärtnerin natürlich die helfende Hand des Weihnachtskrippen, Ker- sen. Ob Björk, GusGus oder Múm: Das sympathische In- Mannes oder des Nachbarn. Männer sind auch im Garten zen, Schneeflocken oder selvolk überrascht den Kontinentaleuropäer immer wieder gefügige Werkzeuge – und machen es gern! Engel bereiten Onkeln, mit quirliger Elfen-Musik, wo er selber nicht drauf gekom- Mit dem garteneigenen Pflanzenwerk und etwas Leim lässt Omas und Tanten grosse men wäre, weil er eben nicht in Island wohnt. Die Schweiz sich auch eine lustige Spiellandschaft für die Monsterfigu- Freude und lehren die bas- ist ja auch ein seltsames Land, aber Musik aus der Schweiz ren im Kinderzimmer schaffen. Und aus leeren, transpa- telnden Töchtern, sorgsam weiss die Isländer nicht zu überraschen und so kennt in renten CD-Hüllen entsteht mit ein wenig Geschick gar ein mit den Ressourcen unse- Island zum Beispiel niemand Mia Aegerter oder Plüsch. Treibhaus für zarte Pflänzelein. Schnell wird klar: Der Nut- rer Erde umzugehen und Ausserdem verwenden die Isländerinnen und Isländer Mu- zen der CD im Garten wird noch komplett unterschätzt! trotzdem grossen Spass zu sik-CDs neuerdings nicht mehr als Beschallung bei Arbeit, haben. Tanz, Trinken und Sex, sondern erfinden gerade die soge- Kein Fest ohne CD-Weihnachtsschmuck Den Weihnachtsbaum mit nannte Land Art völlig neu. Da sich in Island die Milch- Das Fest der Liebe steht praktisch schon vor der Tür – CDs schmücken – eine gute wirtschaft nicht lohnt, können grossflächige Kunstwerke höchste Zeit, sich Gedanken zu machen, wie die CD-Ge- Idee. Doch es gibt schlechte Beispiele, wenn etwa der Problem? Wo ist das Prob- die Ohren. Wir lassen uns nicht für dumm verkaufen, liebe Vater die CDs seiner Ju- lem?! Mit der CD als Alles- grüne und grüngefärbte Spesenabzocker und Lobbyisten gend an den Baum hängt. schneiderin geht das ratz- der Recycling-Industrie! Wir wissen, wo die Mafia überall Denn das Weihnachtsfest fatz, und das Spiel kann ihre Finger drin hat... verlangt nach Stille und ruhig angepfiffen werden. Einkehr. Eine Fugazi-CD Die CD als Helferin im Verkehr ohne jegliche schmückende Die CD bringt Licht ins Dunkel Langfinger gibt es nicht nur in der Politik und im organi- Gestaltung ist ganz sicher Die Möglichkeiten des CD- sierten Verbrechen, sondern auch im ganz gewöhnlichen fehl am Platz. Einsatzes im Alltag sind Alltag. Vandalen, Betrunkene, frei reisende Verbrecherban- Eine sehr gelungene Ei- nahezu unbegrenzt – und den: schnell ist ein Tankdeckel abgebrochen, schnell das genkreation habe ich im wenn die CD schon dem Velolicht zertrümmert aus Frust oder Bösartigkeit. Abhil- Vorgarten eines Einfami- Tod geweiht ist, kann sie fe? Kein Problem. Die CD. Dies nur zwei weitere Beispiele lienhauses in der Agglo- doch noch lange ein Licht und Beweise, warum die CD noch längst nicht tot ist. meration der Aargauer verströmen. Zum Beispiel Gemeinde Sch. entdeckt. als Deckenlampe. Oder als Die Uhr tickt Dutzende CDs sind hier zu schicke Tischlampe, die Die Uhr tickt, vor allem für die CD. 1980, als es die CD einem aufs Wesentliche re- auch im Club für die richti- noch nicht gab, wurden auch in der Schweiz Vinyl-LPs und duzierten Weihnachtsbaum ge Atmosphäre sorgt. Musikkassetten verkauft. 7,8 Millionen LPs und 2,7 Mil- zusammengefügt worden. lionen Kassetten. Dazu 3 Millionen Singles. Emil, Kliby & Völlig dem Gestalter über- Betrug! CD-Recycling-Container Caroline und Trio Eugster. 13,5 Millionen waren das total, lassen ist es, ob er die CD- Natürlich: Das Recycling- jedoch: in den goldenen Neunzigern (1989–2002) wurden Innen oder -Aussenseite Geschäft ist ein Milliar- jedes Jahr mehr als 20 Millionen Tonträger verkauft. Die den staunenden Blicken den-Ding, doch anstatt die lukrativste Ära der Plattenindustrie, vorab der Major-La- der erwartungsfrohen Kin- einst geliebte Musik einem bels. Die Brockenhäuser sind voll mit Musik aus der Ver- der am Weihnachtsabend seelenlosen Sammelcon- gangenheit, und die Zukunft wird auf Datenträger verzich- präsentieren soll. Beides tainer zum Schreddern zu ten. Auch auf die arme CD. Aber: Die vielen hier gezeigten scheint möglich – ein un- übergeben, möge man sich Beispiele sollten uns Mut machen. Phantasie, Geschick und schlagbarer Vorteil der CD. doch bitte etwas kreati- neue Marktideen sind gefragt im Umgang mit der CD. Es Das soll ihr ein MP3-File ver anstellen. Politikerin- nützt zwar nichts, eine CD auf der schönen Blumenwiese erst einmal nachmachen! nen und Politiker können in die Luft zu werfen und zu hoffen, sie werde in irgend- Doch das Tüpfelchen auf so zwar ihr grünes Image welchen Speicher-Clouds von Leuten mitgehört werden. dem «i»: Dieser CD-Weih- aufpolieren, dem echten Aber: Wenn Urban Gardening boomt, warum nicht auch nachtsbaum lässt sich auch Musikfan aber zerreist das das kreative CD-Recyling? Die CD ist noch lange nicht tot! nächstes Jahr wieder auf- Schreddern das Herz und Chrigel Fisch stellen – und übernächstes, und ... Da geht der Seufzer der Erleichterung durch den heimischen Tannen- wald! Praktisch für Fitness Etwas viel ist hier von der kreativen Frau als CD- Rezykliererin die Rede ge- wesen. Natürlich bietet die CD auch dem Mann zahl- reiche Einsatzmöglichkei- ten in seinen bevorzugten Bereichen. Bestechend sind die schön designten Han- teln aus CD-Gewichten, die auf ein Stahlrohr aufgezo- gen werden. Das Gewicht lässt sich so variabel gestal- ten. Mit einem Hantelsatz lassen sich Dutzende CDs wiederverwerten! Schneller Einsatz in der Küche Wer kennt das Problem nicht: Der Pizza-Service hat wieder einmal vergessen, die XXL-Lieferung in prak- tische Teile zu schneiden. Natürlich wäre es kein Pro- blem, das Küchenmesser zur Hilfe zu nehmen – aber das steckt gerade in der Ge- schirrwaschmaschine und: Das Champions-League- Spiel beginnt in zwei Mi- nuten im TV, und die fünf Jungs in der Sofalandschaft haben einen Bärenhunger. SZENE

Inserat im LOOP vom Mai 2014 IG Rote Fabrik Sonntag 4.Mai 19Uhr19 Seestrasee 395 GIIGESTUBETE 8038 Zürich Montag 12.Mai 20Uhr20 JOSEPHINE FOSTER + SIR RICHARD BISHOP Tel. 044 485 58 58 Dienstag 13.Mai 20Uhr20 Fax. 044 485 58 59 Di. 29.4.14 Ziegel oh Lac 21:00 Ziischtigmusig DEAN WAREHAM Samstag 17.Mai 18Uhr18 SAN FERMIN 6. LAUTER FESTIVAL Gengahr Sonntag 18.Mai 20Uhr20 OLDSEED Fr. 2.5.14 Clubraum 21:00 Dienstag 20.Mai 20Uhr20 Woo-Hah! MICAH P. HINSON Samstag 24.Mai nach dem CL Final RAPSODY & 9TH WONDER LA MINOR Dj K-Rim Einziges Konzert in der Schweiz Sonntag 25.Mai 20Uhr20 So 20.00 BOB LOG III Di. 13.5.14 Ziegel oh Lac 21:00 25.5.14 Kaufleuten Zürich Montag 26.Mai 20Uhr20 Ziischtigmusig THE GREAT CRUSADES WALLIS BIRD www.kaufleuten.ch www.ticketcorner.ch www.allblues.ch Gessner-Allee 11 - 8001 Zurigo Isola Support INFO + TICKETS AUF: www.ellokal.ch

Do. 15.5.14 Aktionshalle 20:30 Woo-Hah! ANNE MULDROW, DUDLEY PERKINS, OH NO & DJ ROMES

Do. 22.5.14 - 25.5.14 Aktionshalle 20:00 Fabrikjazz TAKTLOS 14 Do. 22.5. SUN RA ARKESTRA CONDUCTED BY MARSHALL ALLEN Fr. 23.5.14 BARRY GUY NEW ORCHESTRA Sa. 24.5.14 WINTSCHWEBERWOLFARTH // SYLVIE COURVOISIER & MARK FELDMANN // SELVHENTER So. 25.5.14 RAGINI TRIO // KAZANCHIS+1

Fr. 23.5.14 Clubraum 20:30 JackSoul MICHAEL FRANTI & SPEARHEAD DJ Buzz

Di. 27.5.14 Ziegel oh Lac 21:00 Ziischtigmusig WOVENHAND CHRISTINE OWMAN

Mi. 28.5.14 Aktionshalle 21:00 Enter The Dancehall BUSY SIGNAL Boss Hi-Fi

Fr. 30.5.14 Aktionshalle 21:00 Enter The Dancehall ETANA & DAWN PENN Lukee Lava & Boss Hi-Fi

Vorverkauf:www.starticket.ch

LOOP-Abo 10 Ausgaben für 33 Franken. Abotalon Seite zwei. FEIERN AM FLUSS Zehn Jahre Ikarus Records – Teil zwei: Zu Besuch beim Jubiläumskonzert im Zürcher Provitreff.

Man kommt immer so, wie man dann später auch wieder zu gehen gedenkt. Unauffällig, locker und mit einem ge- wissen Glitzern in den Augen. So schreibt es die Etikette vor, und an die halte ich mich natürlich, als ich am späten Samstagabend Richtung Provitreff schlendere. Das Zür- cher Indie-Label Ikarus lädt aus Anlass seines zehnjähri- gen Bestehens zum Konzertabend, also begibt man sich als Lokalreporter vor Ort. Der Abend ist lau, die Stimmung ist gelockert, und dazu passen auch die paar Kids, die vor dem Eingang das tun, was dem gepflegten Kodex der Szene entspricht: Draussen sitzen und mitgebrachtes Dosenbier trinken. Ich nicke ihnen leise zu, betrete das Gebäude und gelange zur Kasse, wo man mir («Plus 1 auf der Gästelis- te!») einen Stempel aufs Handgelenk drückt. Ich bin also drin – und stehe erst einmal etwas unschlüssig herum. In der einen Ecke ist ein Merchandise-Stand aufge- baut, an dem sich sämtliche verfügbaren Veröffentlichun- gen des Labels erstehen lassen, in der anderen Ecke steht die Bar, der zentrale Anlaufpunkt. Ein Theken-Team aus sympathischen Freiwilligen bedient, das Bier kostet vier Franken. Und mit der Flasche in der Hand trete ich durch den Hinterausgang ins Freie, wo der Fluss vorbeizieht. Zeit für eine Zigarette, obwohl drinnen Borderline Symphony bereits ihr Konzert eröffnet haben. Man verfolgt es mit schlechtem Gewissen von der wunderbaren Flussterrasse aus und denkt an Slim Dunlaps «Ballad of the Opening Band». Bei der zweiten Band stehe ich dann allerdings mitten im schwarz gestrichenen Raum, von dessen Decke eine kleine Discokugel hängt. Auf der Bühne stehen die drei Musiker von Duara, die mit ihrem instrumentalen Math-Rock ein- mal mehr begeistern. Die Stücke zerfallen in Strukturen und Muster, brachiale Passagen wechseln sich mit kontemplati- ven ab, der Bassist spielt sitzend (die hohe Souled-Ameri- can-Schule!), und die Rhythmen sind vertrackt. Dennoch gibt es ein paar Unentwegte, die dazu zu tanzen versuchen. Umbaupause, Zeit für eine weitere Zigarette. Draussen in der Dämmerung treffe ich dann auch Rolle, den Betreiber der Mars-Bar, in der sich die Künstler des Ikaurs-Umfelds jeweils zu treffen pflegen. Sein Aufkreuzen sei Ehrensache, erklärt er. Doch für längere Gespräche – beispielsweise über die Ramones – bleibt keine Zeit, denn drinnen beginnt das Konzert von Yuri Member. Ihre Musik ist quirlig und griffig, sie ist geprägt von dieser Lockerheit, wie man sie vom Ipanema-Punk her kennt, einer leider wieder etwas in Vergessenheit geratenen Indie-Spielart. Und dann sitzt man schon wieder draussen am Fluss, wäh- rend Kid Ikarus im Rampenlicht stehen. Während ganz viele weitere Biere über die Theke gehen. Während am Merchandise-Tisch gefachsimpelt wird, die Labelbetreiber einen Geburtstagskuchen anschneiden und ihr Jubiläum mit Sekt begiessen. Der Berichterstatter prostet ihnen im Geiste zu, zieht sich seine Jacke an und verschwindet genau so, wie er gekommen ist. Philippe Amrein

Weitere Jubiläumskonzerte: 9.5., Kraftfeld, Winterthur (The Circle Brothers, Perfect Disaster Boy, DAVV), 17..5., Klubi, Zürich (ENO, Duara), 23.5., Sedel, Luzern (Yakari, DAVV, Dans La Tente) DER INDIE-EHRENPREIS King Cobra ist der letzte Punk der Welt. Unerschütterlich, enthusiastisch und fertig. Ob nun der Katechismus der Autonomen Jugendzentren oder die geilsten Fussgängerzonen-Saufslots – der Chaostage-Veteran kennt sie alle.

Martina Kix linus volkmann King Cobra war dunkel. Videotext und auch kein W-LAN. Wo sollte King Cobra bloss Geehrten sicher- in seinen Wor- Nein, man musste es genauer hin mit seinem Hass auf die Umstände und seinem nagelneuen heitshalber im- ten spürte. sagen, auf King Cobras Ge- MacBook? mer noch ande- Nach weiteren sicht lag eine beleibte Katze. Die anderen im Haus hatten eher Pflastersteine, Rotwein und re. Populärere. Unstimmigkei- Er schlug seine Augen in ihr Schorf, um sich auszudrücken. Dennoch neidete niemand Damit Jugendli- ten wurde King Fell auf. Haare, Haare. King Cobra seinen Hightech-Tand. Schliesslich war das hier che oder Schlä- Cobra dann in «Runter von meinen Augen, das letzte besetzte Haus auf Erden. Schliesslich war das hier fer nicht gleich den Abend ent- Adelheid!» Autonomen-Utopia, der stolze Rest von allem, was hätte sein ausgeschlossen lassen. Die Katze gehorchte und können: waren von die- Zeit, noch in liess sich ungelenk in die Kis- Die ganz neue Gesellschaft, hochverdichtete Streetfighterin- sem grandiosen eine Salattasche sen neben dem King fallen. nen, wunderschöne Theoriezauberer, es ging um Gönnen und Neuanfang, den zu schauen. Der fühlte sich schwach. Ekstase. Plus auch noch dabei: super Tiere. Leider aber stank die Gala mit dem Lob der Dann aber ab zur Hanns- Vermutlich hatte er die ganze und schimmelte es in dem Haus ohne Strom. Stromsperre. Der Alten begründete. Martin-Schleyer. Nacht nicht oder kaum geat- Staat wollte natürlich diese letzte Parzelle, die andeutete, dass King Cobras extra für den Davor stand Pauli (in Klam- met. Adelheid guckte schuld- er selbst doch gar nicht so «toll» und universell war, austrock- Anlass erstellter Schnurrbart mern George Clooney), die bewusst auf ihren bläulichen nen, kaputt redigieren, ersticken, mit Ordnungsgeldern, Dun- juckte. drahtige Liebesmaschine (in Betreuer. Der mittlerweile ein kelheit und Krätze überziehen. «Blablabla... mmmmh, Klammern Fahrkartenauto- paar Rumpfbeugen machte. So hatten dann auch viele der erwähnten Supertiere Abschied mmmh, freue ich mich, mat). Obwohl... Bewegung, Trai- gehalten. Ade zur guten Nacht. Verpasst hatte den Absprung den wichtigsten Vertreter «Yo, Planänderung. Die Fa- ning waren ja auch immer so lediglich Adelheid die Katze – und auch bei den Aktivistinnen Deutschlands auf Erden schos vom Laden haben die das Letzte. und Champs drohte der Schnitt zwischen Zauberern und Al- begrüssen zu können, den Gala rausgeschmissen. Nur Dem pfeilschnellen Strahl koholikern langsam zu kippen. grauhaarigen epochalen weil ich auf der Gästeliste des Wasserwerfers entkom- King Cobra ging in ein alternatives Café mit freiem W-LAN, Plattenmogul der Subkultur: stehen hatte, alle Schleyer- men zu können... Wie viele der Laden war mittlerweile nur ein Geheimtipp mehr für Wer- Alfred Hilsberg (in Klam- söhne haben Hausverbot.» Jahre müsste man an sich ber und Agenturtypen. Die guten Ciabattas! Zu VoKü-Zeiten mern Mario Barth, Detlef King Cobra war sofort mit- schrauben, um diesen oh- gab es hier bloss Eintopf. Und jetzt diese Vielfalt… Aber das D Soost)! Mmh, Pause für empört. Typisch Ba-Wü! nehin zutiefst unsportlichen hatten Chumbawamba trotzdem nicht im Kopf, als sie damals Applaus. Danke und so... «Und ausserdem wäre keine Wettlauf letztlich dennoch sangen: «Give the fascist man a gunshot». Früher, damals, Und des Weiteren eine un- Karte im Vorverkauf über zu verlieren? damals, immer alles damals, selbst Attac war schon wieder überschaubare Popkultur- Ticketmaster weggegangen. Dann schon besser in Wür- damals. legende, einst auch bei der Vorverkauf, Vorverkauf? Bin de, in Zeitlupe und völlig Nichts konnte die Verhältnisse stürzen, gefühlt wurde alles Gruppe Malaria, heissen ich bei der Deutschen Bank, chancenlos vor aufgeputsch- bloss immer elender. King Cobra schrieb ein paar Kommen- wir herzlich willkommen: oder was? Wir machen das ter Staatsgewalt mit Helm tare auf die Status-Updates seiner Facebookfreunde. Weil er Gudrun Gut (in Klammern jedenfalls jetzt hier!» und Lanzen fliehen. Denn, so viel und so wortreich kommentierte, hatten ihn die meisten Sandra Maischberger, Det- Pauli zeigte scheinbar will- hey, wenn es King Cobra allerdings verborgen oder gelöscht. Und das im Egal-Paradies lef D Soost), sowie den Pin- kürlich auf eine Parklücke. bei der Revolution um Här- Internet, das musste man erstmal schaffen. up-Boy der Depression, der Und ergänzte: «Alle zu Eh- te, Physis und Schnelligkeit Auf den Eintrag einer Bekannten «mir is schlecht nie wieder Bestimmer von Düsterpunk, renden haben eh abgesagt.» gegangen wäre, hätte er ja wodka-O!!!» verfasste er ein mehrseitiges Pamphlet gegen die hier kommt Junge von EA80 «Bestimmt Termine», ver- gleich auf Seiten der Bullen Piratenpartei und Coca Cola. Dann hatte er alles leer im Netz. (in Klammern Ferfried von mutete King Cobra. Kannte mitmachen können. Hohenzollern), und so wei- er ja von sich selbst. Immer, Und überhaupt «Revoluti- ••• ter!» immer passte alles gerade on» – davon sprach doch Obwohl... Unter der Kategorie «Nachrichten» fand King King Cobra freute sich. Diese nicht. ausser King Cobra heute kei- Cobra eine. Irre! Gleich mal lesen! wunderbare Gala! Was war «Zumindest Paris Hilton ist ner mehr. Ausser vielleicht Sie stammte von seinem Freund Pauli. Pauli, der sich seinerzeit Pauli, als er in seiner Höhle da», sagte Pauli, während Media-Markt-Kampagnen nach Italien abgesetzt hatte und von da an in unterirdischen unter Genua mit Wurzeln jene King bereits freundlich – oder Westerwelle, wenn es Höhlen mit einem Biber zusammenlebte. Kannte man ja. und einem Biber Petting die Hand schüttelte und et- darum ging, sozial Schwa- Jetzt, so las er, war Pauli zurückgekehrt und wollte eine Gala machte, denn da bloss Tolles was entschuldigend guckte. che als Dämmmaterial beim veranstalten – in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stutt- eingefallen? «Na, machen wir es nächs- Wohnungsbau einzusetzen. gart. Eine Gala, auf der der Preis für Independent- und Punk- Und wer wohl seine, also tes Jahr eben gleich nicht in Ach, fuck! Selbst Agitation Honoratioren verliehen werden würde. Kings, Kategorie gewinnen der Schleyer-Halle und lieber gegen Elektromarktmultis «Sowas mit Paris Hilton und Lindsay Lohan, wie sie dem Ab- würde? Er starrte auf den an einem Montag. Da muss und vernarbte liberale Super- wärts-Sänger einen grossen Pokal mit Edelsteinen servieren. roten Umschlag, der diese doch einfach wer Zeit ha- schurken konnte man sich Nee, King, Quatsch, das ist schon wieder viel zu männermäs- Information enthielt, gleich- ben.» Pauli strich Paris eine heute sparen. Konnte man sig. Also eher so was, wo sich der Sänger der Band Heiter bis sam aber auch gesiegelt war. Haarsträhne aus der Stirn. sich alles komplett sparen. Wolkig für seine sexuellen Eskapaden in der Punkszene ent- King Cobra leckte ein biss- Vermutlich würden beide Interessierte keinen. schuldigt – mit einem grossen Pokal mit Edelsteinen. Haupt- chen dran. heute Nacht noch miteinan- Wo war die Katze? Ihr haari- sache Pokal!» «Ja, du bist ein guter Um- der schlafen wollen. ges Gesicht voller Liebe und King Cobra bestellte sich noch einen Karamell-Macchiato, schlag!» Wow! angetrocknetem Sheba ver- der Durchbruch der Indies und Punks schien nun doch noch Er liess ihn zu. «Eigentlich doch noch eine sprach Linderung. anzustehen. Stichwort: Gala, Stichwort: Wunderwaffe. Die In Stuttgart wurde King Super-Gala!», resümierte Adelheid, die Katze, guckte Strahlkraft der eigenen Szene könnte endlich wie eine Epide- Cobra dann wieder viel kon- King Cobra. freundlich und wedelte mit mie übers Land fegen. Güter würden bald nach Bedürfnissen trolliert und von der Polizei Und nächstes Jahr, nächstes dem Schwanz. Durfte sie und nicht mehr nach Leistungen verteilt. Christian Lindner aufgehalten. Jahr würde es noch besser! etwa wieder auf King Cob- würde so kotzen! Wenn die bloss ahnen könn- Zieht Euch warm an, un- ras Augen schlafen? King Cobra biss in den der Kaffeespezialität beigelegten Keks. ten, dass sie bald in Freiheit menschliche Verhältnisse. Euer King Cobra winkte ab. leben müssten, dachte er, als Reich stürzt auch noch ein. Mist!, dachte die Katze. ••• einer von ihnen zum wieder- Auf der Bahnfahrt nach Stuttgart paar Monate später rekapi- holten Mal in Cobras Aus- Linus Volkmann ••• tuliere King Cobra die Laudatio, die es abends zu halten galt. weis spuckte. Linus Volkmann spielte bei der Band Draussen war es bereits hell, Pauli hatte ihn zum Schirmherren der Kategorie «Lebens- Der King deutete im Gegen- Bum Khan Cha Youth und ist stv. irgendein Wochentag spiel- werk» gemacht und dort standen nur die geilsten und krasses- zug an, ihm demnächst mal Chefredaktor des Musikmagazins te sich ab. Welcher, wusste ten Veteranen der Szene an. den Meniskus zu entglasen. «Intro». Der Text stammt aus dem King Cobra nicht. Hier im Also geil für ihn, Adelheid und Pauli und noch so paar Über- Der Bulle schluckte, als er Band «Lies die Biber», der soeben im besetzten Haus gab es keinen lebende. Daher setzte er in Klammern zu den Namen der Cobras Gala-Überzeugung Ventil-Verlag erschienen ist. SZENE

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SUppORT: DEATH MEcHANISM ITA LOTRIfy cH cOMANIAc cH

Inserat Coroner.indd 2 15.04.2014 17:29:20 EINE LIEBESGESCHICHTE VON DOMINIK LOCHER TEMPO GIRL MIT FLORENTINE KRAFFT UND JOSÉ BARROS AB

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SPECIAL SCREENING 38. SCHWEIZER JUGENDFILMTAGE 2014

OFFICIAL SELECTION INT. ST TROPEZ FILM FESTIVAL 2014

OFFICIAL SELECTION 3. INT. MADRID FILM FESTIVAL WWW.TEMPOGIRL.COM 2014 DIE NEUEN PLATTEN Sound Surprisen Ich freue mich auf jeden Grund, in dieser Kolumne über die äthiopische Musik der Sechziger- und Siebzigerjahre zu schwärmen – der neuste Anlass ist ein verblüffender Samp- ler aus dem Hause Trikont, «Beyond Addis. Contempora- ry Jazz & Funk Inspired By Ethiopian Sounds From The 70‘s». Dazu aber etwas später – und zunächst ein bisschen Ben Watt Dieter Meier Magnetband Geschichte: Hendra Out of Chaos Mixtake Vol. I Als Haile Selassies Regime in den Sechzigerjahren an Biss (Caroline/Universal) (Staatsakt) (Reposit.records) verlor und die Repression nachliess, entwickelte sich in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba eine lebendige Mu- Wurde auch Zeit, könnte Boris Blank war vor zwei Wenn sich Jazzer Magnet- sikszene: Die Brassbands der Armee und der kaiserlichen man sagen. Für den Musi- Jahren bei Dieter Meiers band nennen, spricht das Garde liessen sich von Jazz, Funk, Soul und Pop inspirie- ker (EBTG), Labelmacher Live-Premiere von «Out of Bände. Zum einen erinnert ren und rührten diese Einflüsse auf einer soliden Grundla- und DJ Ben Watt stand Chaos» im Zürcher Kauf- der Name an nächtliche ge äthiopischer Rhythmen, Harmonien und Melodien zu das Soloalbum nicht ganz leuten Ehrengast. Niemand Radiosendungen, BASF einer frenetischen, aber immer schwerblütigen Tanzmusik oben auf der To-do-Liste. wusste, worauf man sich und Bandsalat. Zur Retro- zusammen, deren rohe Kraft und melodische Schönheit 30 Jahre nach seinem De- einliess, damals performte Assoziation kommen noch bis heute unwiderstehlich sind. Die Grooves knirschten, büt als Solist wirft er jetzt der Entertainer Meier den die magnetischen Kräfte, als klebte Wüstensand im Getriebe, die Bläser schmetter- zehn neue Songs in den Elder Artist, der Rezitie- je nach Polung anziehend ten laut und ekstatisch, die elektrischen Orgeln jaulten, Ring. Er muss nichts mehr ren und Croonen kann. oder abstossend. Für Jazz was das Zeug hielt, traditionelle Instrumente wurden von beweisen, er hat ja schon Jazzig wars, was Meier ein schönes Bild. Ungefähr Gitarren-WahWahs unterfüttert, und die Sänger, nun, die den Club gerockt und ein bot. «Hoffentlich folgt ein so läuft es in diesem Septett Sänger heulen ihre Euphorie und ihren Blues in den Wüs- paar Songs für die Ewigkeit Album», schrieb ich nach aus Basel im Dreiländereck tenhimmel. Die Musik aus dem «Swinging Addis» der geschrieben. Sehr unaufge- dem Konzert in meinem ab. Kopf der Formation Sechziger- und Siebzigerjahre wirkt vertraut, problemlos regt – fast schon schüchtern Blog. Seither sind zwei Jah- ist Schlagzeuger Frederik identifiziert man ihre Einzelteile, und doch klingt sie auf – sind die neuen Lieder, al- re ins Land gegangen. Mei- Heisler, sein Gegen- und eine sehr angenehme, sehr wunderbare Art fremd und exo- len voran das melancholi- er-ohne-Elektronik zog mit Mitspieler ist der Beatbo- tisch. Indes, diese goldene Zeit der gesellschaftlichen und sche «Hendra», kornisch «Out of Chaos» durch die xer Julian Knörzer, hier kulturellen Öffnung fand 1977 mit der Errichtung einer für «Zuhause». Was fehlt, Welt, Boris-mit-Elektronik verantwortlich für ein paar sozialistischen Militärdiktatur ein Ende. ist EBTG-Partnerin Tracey verzauberte Anfang 2014 schräge Sachen. Die Asso- Der Ethiojazz jedoch lebte weiter, er fand seinen Weg Thorn, die für einige, nicht Malias Album «Conver- ziation Mixtape lässt auf zu uns und nistete sich in immer mehr Gehörgängen ein alle, Songs doch die Ide- gence». Dieter Meier ging die Vielfalt schliessen. Zu – nicht zuletzt dank des Soundtracks von Jim Jarmuschs alstimme wäre. Ben Watt mit seiner Band im Herbst recht. Beim überfallartigen «Broken Flowers» (2005) und der grossartigen Sammlung fehlt als Sänger das gewisse 2013 ins Studio. Das Al- «Spital Groove» treffen «Ethiopiques» des französischen Labels Buda Musique. Extra, seine Melancholie bum hat dort gegenüber sich Old-Skool-Funk, Hip- Ein unumgängliches Monument ist die göttliche Stimme ist matt. Vielleicht setzt er dem Konzert noch einen Hop und Smooth-Jazz, mit Mahmoud Ahmeds. Ein anderes Monument, Mulatu As- deswegen auf eingängiges Gelbstich verpasst bekom- schnarrenden Posaunen, tatké, ist der Versenkung entstiegen und hat zwei betören- Material wie «Nathani- men, denn Meier bleibt tapsendem Bass und feins- de neue Alben veröffentlicht. el»? Der Song ist hübsch, Meier, auch mit Musikern, ter Jazzgitarre. Gleich im Der Ethiojazz zog aber noch weitere Kreise: Er wurde in leider fährt er zu sehr auf die im Jazz zuhause sind. nächsten Song «Interlude» den letzten zehn, fünfzehn Jahren von westlichen Gruppen Autopilot. Das gleiche gilt Doch Meiers Geschichten hört man einen «Entwick- und Orchestern aufgegriffen und weitergesponnen, so etwa auch für das etwas span- über die Nachtgestalten, lungsjazz», wo aus Klavier- vom Imperial Tiger Orchestra aus Genf. Diese Szene stellt nendere «Forget», immer- die dem Mitternachtsblues tupfern ein Thema entsteht. «Beyond Addis. Contemporary Jazz & Funk Inspired By hin ein schönes Spielfeld frönen, gefallen. «Out of Das Schlagzeug mischt sich Ethiopian Sounds From The 70‘s» vor: Vierzehn Bands aus für Bernard Butler. An Chaos» klingt frisch und ein, wird fest und fester, Europa, den USA, Australien und Lateinamerika, die sich Ben Watts Seite ist der Ex- etwas aus der Zeit gefallen, und die zu Beginn fahrig den verschleppten Grooves und schwerblütigen Melodi- Suede-Gitarrist Segen und ganz so, wie Bonvivant- gespielte Posaune gewinnt en, den schmetternden Bläsern und jaulenden Orgelklän- Fluch. Mal spielt er lässig, Meier sich mit Seidenhals- mehr und mehr an Kontur. gen des Ethiojazz verschrieben haben. Das gelingt Bands dann wieder überambitio- tuch gibt. Reminiszenzen Ja, und dann taucht wie wie Zafarik aus Brooklyn, Les Frères Smith aus Paris, den niert, als wollte er ein neu- an Arno, Leonard Cohen eine Jugendliebe diese klit- Transgressors aus und Bogotà auf verblüffend es Rock-Duo installieren. und Tom Waits sind zu fin- zekleine Melodie wieder hohem Niveau, respektvoll und gleichzeitig neue Elemen- Halb so gut wie erwartet, den. Das Ende von Yello auf und verdreht den Musi- te in diese äthiopische Fusionsmusik einbringend. Das ist ist Ben Watt immer noch ist es nicht, im Herbst soll kern den Kopf. Ein anderer wunderbar, denn es gibt kaum etwas Wunderbareres als besser, als vieles, was ein das neue Album folgen. Song («JBIM!») erwischt die Musik, die die Clubs im Swinging Addis zwischen zwei Comeback wagt. Welcome Und wenn nicht, hat Boris die Thermik des 70er-Jahre Diktaturen zum Kochen brachte, ob im Original oder in back! Blank versprochen, an Die- Space-Jazz und fliegt dem der Kopie. ter Meiers 80. Geburtstag knarzenden Jazz alter Schu- cam. mit ihm aufzutreten. le einfach so davon. Hier ist Christian Gasser was los. yba. cam. DIE NEUEN PLATTEN Georg Kreisler Der Film «Georg Kreisler gibt es gar nicht» von Dominik Wessely ist eine Annäherung an Georg Kreisler und war schon mal auf Arte zu sehen. Aber wer sitzt schon im rich- tigen Moment vor der Glotze und kann sich dann auch noch alles merken, was da so läuft? Die Veröffentlichung der Dokumentation auf DVD kommt da gerade recht. In Wien geboren, beschrieb Kreisler seine Kindheit als Orchestre Cloud «streng». Die musikalische Ausbildung war verknüpft mit Tout Puissant Everyday Robots Nothings Klavier- und Geigenunterricht sowie Musiktheorie. Kurz Marcel (XL Records/MV) Here and Nowhere vor der «Reichskristallnacht» 1938 entkamen die jüdischen Duchamp Else Kreislers den Nazis und wanderten nach Hollywood aus. Rotorotor Ein an die gemah- (Carpark Records/MV) «Hitler machte meinem 16-stündigen Arbeitstag ein Ende», (Moi J’Connais Records) nendes Lachen eröffnet sagte Kreisler später einmal. Nun aber gab er Klavierstun- «Everyday Robots», dann Wer die DIY-Lo-Fi-Punk- den, arrangierte Filmmusik. Den 17-Jährigen wollte Arnold Nomen est omen: gran- stimmen ein verträumtes Band aus Cleveland schon Schönberg, ebenso nach Hollywood ausgewandert, in seine dioser Name, grandioses Klavier und eine quiet- kennt, dem wird bei «Here Klasse aufnehmen. Mit 19 dirigierte er Opern und musi- Album! Für die Aufnah- schende Geige ein. In we- and Nowhere Else» vor al- kalische Revuen. Aber 1942 wurde Kreisler zur amerika- men seines dritten Wurfes nigen Takten hat Damon lem eines auffallen: Die Ge- nischen Armee eingezogen. Bevor er als Dolmetscher zum ging das Genfer Sextett Albarn sein gesamtes Mu- schwindigkeit. Die Songs Einsatz kam, wurde sein Musical aufgeführt. Fortan tourte nach Bristol ins Studio von sikspektrum abgesteckt. sind dermassen hochtak- er mit einer Truppe von Lager zu Lager. Nach dem Krieg Ali Chant und heuerte als Der Titeltrack erinnert an tig, dass einem schwindlig erst Hollywood, dann der Versuch eines Neubeginns in Produzenten John Parish jede seiner Bands: Blur, Go- wird. Vor allem die Schlag- New York mit Kabarett und komischen Monologen. Was an. Die letzten Arbeitgeber rillaz, The Good, The Bad zeugarbeit sticht dabei her- in den USA nicht gelang, funktionierte später in Europa, in von Chant waren Gruff and The Queen, auch Mali vor. Schnell, tight und sehr Wien, Berlin, Basel, Salzburg. Rhys, Perfume Genius und Music ist noch zu hören. tonangebend. Das mag Kreisler hat auch Opern komponiert, Musicals, Kam- Euros Childs. Parish an- Und was macht einer, der auch daran liegen, dass mermusik. Aber eben auch die politischen Lieder voll mit dererseits ist vor allem für während zwei Jahrzehn- Frontmann Dylan Baldi schwarzem Humor. «Ich verstehe nicht, wie man ein Lied seine Arbeit mit PJ Harvey ten zu drei der wichtigs- das Quartett zu einem Trio übers Taubenvergiften im Kopf behalten kann und mich bekannt. Zudem pflegen ten Bands gehört hat? Er schrumpfen liess und dabei noch 50 Jahre danach damit identifiziert», meinte Kreis- die Duchamps offenbar sinniert übers Altwerden: eine Gitarre gestrichen hat. ler, der 2011 verstarb. Auch wenn es in Wien nicht mehr Verbindungen zu den Dog «Alltagsroboter werden alt, Der Durchschlagskraft auf die Taubenplage von damals gibt – die meisten Lieder sind Faced Hermans, und ver- ihre Lippen werden kalt.» Platte hat das zum Glück zeitlos, heute noch aktuell. legt werden sie vom Label, In Interviews bekennt er, keinen Abbruch getan. Die Regisseur Wessely mischt Zitate, Dokumentaraufnahmen das Mama Rosin gestartet dass ihn der Heroinkon- Songs kommen straight auf und Fragmente aus Liedern Kreislers mit Aussagen von haben. Vom Geist her ge- sum produktiv gemacht den Punkt, die Gitarren Konstantin Wecker, Eva Menasse, Kreislers Witwe Barbara mahnt ihre eigene Musik hatte. Und singt darüber sind schnodderig gespielt Kreisler-Peters oder Daniel Kehlmann. Letzterer bezeichnet ganz an die Bristol-Szene in «You and Me»: «Tin und hart wie Stahl und Kreisler als «grossen surrealistischen Dichter – auf einer der Achtziger: Rip, Rig & foil and a lighter, the ship die Melodien und Refrains Stufe mit Heinrich Heine». Panic, Pop Group, Pigbag across five days on, two schlagen auf Anhieb jede – anarchistische Ausgelas- days off.» Das Soloalbum- DSDS-Nummer. Nicht die Harald Fette senheit gepaart mit vor- rezept nach Überbands ist Vorgängerplatte «Attack trefflichen Jazz-Riffs und bekannt: ähnlich LoFi wie On Memory», die vom «Georg Kreisler gibt es gar nicht» – Ein Film von Dominik Wessely (Arthaus) Einflüssen aus aller Welt «McCartney» und beken- Lo-Fi-Produzenten-Doyen von Nigeria bis Jamaika. nend wie Lennons «Plastic Steve Albini produziert Eine durchwegs organi- Ono Band» (beide 1970) wurde, sondern «Here and sche Instrumentierung, zu scheint Damon Albarn sein Nowhere Else», bei dem der unter vielem anderen Publikum auf eine Karriere Orchestral-Indie-Produzent Geige, Spielzeugflöte, Ma- als Solomusiker einzustel- John Congleton an den rimba, Posaune, Xalam, len. Im Gegensatz zu den Reglern sass, kickt mehr Schlagzeug und Gitarren- beiden englischen Übervä- Arsch. feedback gehören, eröff- tern folgt Albarn dem zeit- net ein endloses Panorama genössischen Rezept von men. von Möglichkeiten. Dabei und legt mit dümpelt die Combo nicht «Everyday Robots» das dilettantisch von Idee zu bisher definitive Damon- Idee, sondern verschweisst Albarn-Album vor, das die alles zu einem eigenwilligen Grosstaten seiner übrigen Wunderland, durch das Liz Bands als Spielereien abtut. Moscarola uns mit ihrem lakonisch mädchenhaften yba. Gesang führt wie eine mo- derne Alice.

hpk. DIE NEUEN PLATTEN Isnt Nits «Die Nits werden bis heute unterschätzt», sagt Radiomann Eric Facon und lässt seine Überzeugung durchblicken, dass die Band mindestens weltberühmt wäre, käme sie aus Eng- land statt Holland. 2014 feiern die Nits um Sänger Henk Hofstede ihr 40-jähriges Bestehen, was Facon – zusammen mit dem Kulturschaffenden Beda Senn und dem Berner Gi- Roddy Frame Tiny Ruins Bubi Eifach tarristen/Produzenten Oli Hartung – zum Anlass für ein Seven Dials Brightly Painted One Album #1 Cover-Projekt genommen hat. Das Ergebnis ist eine auf (AED/Rough Trade) (Bella Union/MV) (Sound Service) drei CDs und 51 Songs verteilte Huldigung. Ganz so feiss war das Vorhaben allerdings nicht geplant, wie Facon zu- Als der Schotte Anfang der Hinter dem kuriosen Bubi Rufeners formidab- gibt: «Doch es wollten so viele gute Leute mittun, dass das Achtziger als Kopf der fa- Namen Tiny Ruins ver- les Album «Ono Sessions» Ganze einfach immer grösser wurde.» mosen Gitarren-Pop-Band birgt sich die singende von 2007 hätte mehr als die In der Tat: Das Line-up, das vom Singer/Songwriter Baum Aztec Camera aufgetaucht Songschreiberin Hollie schnöde Nichtklassierung bis hin zur Rockbruderschaft The Weyers reicht, beein- ist, war der schmale Bur- Fullbrook aus Neusee- in den Schweizer Charts druckt. Hank Shizzoe versetzt «House of Jacob» hin zum sche grade mal 17 Jahre alt. land. Geboren wurde sie verdient. Sein neues, «Al- tragischen Americana, das Trio Vera Kappeler, Nadja Nun ist Roddy Frame auch in England, in Bristol, wo bum #1», stieg auf Rang Zela und Fiona Daniel unterwirft «Three Sisters» dem schon 50 geworden, und ihre Mutter in einer offen- 10 in die Schweizer Charts Mountain-Folk, und Büne Huber unterzieht «Home Be- nach achtjähriger Pause be- bar folkig angehauchten ein, in den iTunes Charts fore Dark» einer Mundart- und Melancholie-Behandlung. glückt uns der Songwriter Band Autoharp und Gitar- gar auf der Nummer 3. Vor Fein. Dass bei einer derart grossen Anzahl Tracks auch ei- aus Glasgow mit einer hüb- re spielte. Zehn Jahre alt zwei Jahren, als das neue nige schwächeln, versteht sich beinahe von selbst. So füh- schen neuen Platte. war sie, als man ans andere Boob-Album «Popeye» am ren Wolfman, deren Debüt «Unified» vor kurzem noch zu Wie Edwyn Collins von Ende der Welt zog – dort- Start war, erkrankte Bubi überzeugen wusste, ihre Version von «Two Skaters» ins Orange Juice gehörte hin, wo sich Split Enz und Rufener, ein Tumor an den musikalische Nirgendwo. Schlimmeres leisten Die Grossen Frame damals mit zu den Straightjacket Fits gute Stimmbändern zwang ihn Ferien, die «Tutti Ragazzi» jeden Charme abknöpfen und Begründern des Postcard- Nacht sagen. Vielleicht ist zu zwei Jahren Schweigen. das 80er-Jahre-Stück in eine Billigausgabe von Depeche Sounds, benannt nach dem durch diese Entwurzelung, Waren die «Ono Sessions» Mode verwandeln und ans Schlagerfestival von Sam Remo gleichnamigen Indielabel. verbunden mit dem Zwang seine Rückkehr zur Rock- verfrachten. Collins ist ebenfalls noch einer Neuorientierung, musik, ist «Album #1» sein Dennoch: «Isnt Nits» ist eine Schatztruhe, die grossen Pop (oder: wieder) aktiv, wie der fernwehhafte Nebel echtes Comebackalbum. (Heidi Happy), knorrigen Chanson (Christian Brantschen) Frame – und das ist gut so. zu erklären, der über Hol- Und wie: Rock und Blues und selbst Kammer-Jazz (Nadja Stoller & Hans Feigenwin- Zwar mögen Tracks wie lies Liedern ebenso zu lie- und ein paar illustre Gäste ter) enthält. Eine Musikreise, bei der sich die Landschaften das an die Smiths erinnern- gen scheint wie über ihrer wie Greis machen bei Bubi konstant verändern: mal feingeistig, mal rumpelnd, mal de «Postcard» mit seinen Stimme, die hinter diesem Eifach mit. Als Backup die- umtost. Das bereitet fast durchwegs Freude. Nicht zuletzt Chören und der feinen Nebelschleier, so vermu- nen Gere Stäuble an den beweisen die 51 Songs die Vielseitigkeit und stilistische Gitarrenarbeit, das schun- tet man, klar wäre wie Drums, Oli Hartung an der Wandlungsfähigkeit ihrer niederländischen Erschaffer. Die kelnde «White Pony» oder Gletscherwasser. «Brightly Gitarre und Ere Gerber am Hommage macht denn auch Lust, die Fassungen der Nits das lüpfige «English Gar- Painted One» ist ihr zwei- Bass. Aufgenommen mit wieder hervorzukramen – was ja ganz im Sinne der Initian- den» mit Mundharmonika tes Album, begleitet wird Oli Bösch im Studio von ten von «Isnt Nits» sein dürfte. anno 2014 nicht mehr un- sie von einem Bassisten Züri West, lässt sich Bubis bedingt «state of the art» und einem Perkussionisten, Freundschaft mit Kuno Michael Gasser sein – wunderschön sind sie dazu kommen dezente Blä- Lauener nicht verheimli- allemal. Gut abgehangenen ser-, Piano- und Streicher- chen. Manch eine Zeile Various Artists: «Isnt Nits» (Faze Records) Old-school-Gitarrenpop Tupfer. Mit Hollies Liedern trägt Lauener’sche Züge Live: 3. Mai, Schauspielhaus, Zürich. Eine Konzert-Hommage an die Nits mag man das nennen – und verhält es sich ein bisschen («Hätt i doch zwöi Härze i das meine ich überhaupt so wie mit tausend Men- minere Bruscht, i würd dir nicht despektierlich. Im Ge- schen, die aussehen wie eis schänke»). Der angriffi- genteil. Wem Lloyd Cole, tausend andere, und in die ge Bubi von «A House Is a Edwyn Collins und Aztec man sich, man weiss nicht House» und «Flatsplasher Camera vertraut sind, der recht, warum oder warum Blues» ist auch auf «Album besorge sich «Seven Dials». nicht, verliebt oder eben #1» da: «We das nid längt, nicht. Aus persönlicher de friss doch Gäud!», är- tb. Sicht ist die Gefahr, dass gert er sich. Überhaupt ich mich in Hollies melo- geht ihm der komplizier- disch eher gewöhnlichen te Scheiss auf den Sack: Lieder verliebe, gering. Da Stattdessen wurden die 11 halte ich mich lieber an eine Songs in vier Tagen einge- Bridget St. John oder eine spielt. Das Resultat macht Shelagh McDonald. Lust auf mehr – nicht nur in Bern. hpk. yba. SZENE

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Do 15.5. DJ Soul Rabbi und DJ Doublechin Fr 16.5. Sha’s Feckel DJ Hansueli Tischhauser Sa 17.5. Troika Trash High Heels Breaker DJs Disco Ste, Der alte B. und das Mehr Fr 23.5. Sleaford Mods Bit-Tuner & Göldin Sa 24.5. «GUTE» DJs Carola Pisaturo, Marco Trinkler Ata, Selim & Armin Mi 28.5. «What A Bam Bam» Poison Dart ls. Real Rock Sound Fr 30.5. Open List Poetry Slam «Tanzbar»-Afterparty Sa 31.5. Clash-Cover-Night Moderation: Olifr M. Guz, DJ Nancy

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Baumgartenstr. 19 Postfach 1583 CH-8200 Schaffhausen Musik im Briefkasten www.loopzeitung.ch DIE NEUEN PLATTEN

Afghan Whigs Pixies Gallon Drunk Candie Hank Horse Thief Do To The Beast Indie Cindy The Soul of the Hour Demons Fear in Bliss (Sub Pop/Irascible) (PIAS/MV) (Clouds Hill) (Shitkatapult) (Bella Union/MV)

Vor 20 Jahren waren die Knappe zwanzig Jahre Gallon Drunk entstiegen Hinter Candie Hank ver- Schon wieder eine Band, Afghan Whigs die Band für nach ihrem vierten Long- in den späten Achtzigern birgt sich der Wahl-Kreuz- deren Musik als «psyche- Leute, die auch in Zeiten player, «Trompe le Mon- einem Sumpf, in dem sich berger Patric Catani, ein delic » gepriesen des Grunge nicht auf «Lar- de» (1991) kreisten die Ge- schon die Birthday Party elektronischer Soundwi- wird. Wie das klingt? Vom ger than life»-Songs (und danken der Pixies erstmals gesuhlt hatte. Die Band zard, der schon im zarten Gesang her etwas schwach- Rock mit Soul) verzichten wieder um ein neues Stu- spielte in besetzten Häu- Alter von 16 Jahren Songs brüstig britisch, dahinter wollten. Der Hang zur dioalbum. Gute vier wei- sern mit Blues-Trümmern, produziert und unter an- ein schwelgerischer Sound- grossen Geste prägte nach tere Jahre später liegt die- und nach dem Einstieg derem Remixes für die nebel, die Stimmung fiebrig dem Split auch Sänger Greg ses endlich vor, sein Titel: von Saxophonist Terry rheinländischen Mouse bis besinnlich, die Texte Dullis Nachfolgebands The «Indie Cindy». Das Werk Edwards driftete die De- On Mars angefertigt hat. von Frontmann Cameron Twilight Singers und The kommt ohne Kim Deal konstruktion zuweilen fast Seit 1995 lebt der Mann Neal mal aussagestark, mal Gutter Twins. Die Refor- aus, die sich im vergange- bis in Free-Jazz-Gefilde. in Berlin und produziert metaphorisch. Die in Okla- mation kam schleichend. nen Juni dazu entschied, Allerdings gab es stets auch eigenartige Electro-Tracks homa City ansässige Band Vor zwei Jahren erschienen die Formation endgültig zu eine freundlichere Seite, die für Wohnzimmer und hat sich seit ihrem Debüt ein paar Singles, darunter verlassen. Und das blosse vor gut zehn Jahren auf Club, gerne auch mal recht («Go Deep, Go Wild», die grossartige Interpre- sechs Tage, nachdem man «Fire Music» mit Funk, durchgeknallte. 2011) gesteigert und ihren tation von Frank Oceans sich an die Arbeiten zu neu- Soul und Gospelgesang «Groucho Running» hiess kruden Sound gestrafft, «Love Crimes», dann gab en Liedern gemacht hatte. auf Albumlänge erblühte. 2006 ein Album, das mit mit Fokus aufs Songwri- man Konzerte, wobei je- Als Nachfolgerin heuer- Seither wurden die Pausen einer kruden Mischung ting. Und Horse Thief sind nes an der Bad Bonn Kilbi ten die Pixies die Bassistin länger, Sänger James John- erfreute. In Anlehnung an dabei, ihre eigene Identi- das Publikum erschreckend Kim Shattuck (Muffs) an, ston spielte Gitarre bei den diese Platte mag man den tät zu finden. Zwischen kalt liess. Nun ein neuer nur um diese wenig später Bad Seeds, und man gab Mann den Groucho Marx schimmernden Kleinoden Longplayer, und der zeigt wieder zu feuern. Allen die Backing-Band für Lydia des Electro nennen, was wie «Human Geographer» die Band als Update ihrer Turbulenzen zum Trotz hat Lunch. Nach der Rückkehr er mit dem neuen Album mit seinen aufgelösten Ak- selbst mit ein paar richtig die Formation um Sänger mit «The Road Gets Dar- «Demons» unterstreicht. korden und dem sehnsüch- guten Songs. Etwa «Mata- Black Francis kaum von ker From Here» vor zwei Wo «Transylvanian Voo- tigen «Let Go» kreieren moros» mit zickigem Funk- ihrer Dynamik verloren. Jahren kommt nun schon doo» genau danach klingt sie farbige Stimmungen, Bass und Arabesken von Wie eh und je wechselt wieder neues Material. Und – inklusive rumänischem sie lassen die Songs atmen Gitarre und Geige, zu de- man die Akkorde an mög- das hat es in sich. Split- (?) Gesang –, erinnert das und agieren zurückhaltend. nen Dulli ungeahnte Ton- lichst unerwarteter Stelle. ternde Riffs, malmende hübsche «Elevator Life» Alex Colemans Gitarren- höhen ersingt; «Algiers», Ein Spiel, das immer noch Rhythmen und ausuferndes an die alten Arbeiten der spiel tendiert zum Minima- ein Spaghetti-Western zwi- seine Wirkung zeitigt, wie Sägen, aber auch zerschos- NDW-Legende Der Plan. listischen, ist aber grossen schen R.E.M. und Lee Haz- Songs der Marke «Mag- sene Balladen und zärtlich Eine japanische Sängerin Gesten nicht abgeneigt. Ein lewood und das flackernde dalena 318» oder «Greens gestreichelte Schrammen. fährt Candie Hank bei Song wie «I Don’t Mind» «The Lottery», das sich in and Blues» nahelegen. Als Trotz tendenziell langen «Swimming Rabbit» auf, zeigt, wie gut sich die einem typischen Dulli-Dra- innovativ kann man die Stücken steht der Song während «The Fox» film- Band in Szene setzt: Cre- ma-Chorus entlädt. Origin- Pixies vielleicht nicht mehr im Zentrum, und Gallon musikartig erklingt und scendo mit glockenhellem algitarrist Rick McCollum bezeichnen, doch sie bieten Drunk spielen ungebän- «What Is Your Name» aus- Gitarrenton, stürmischem ist nicht mit von der Partie, weiterhin feinen Alterna- digt, aber fokussiert. Es ist gesprochen groovt. Schlagzeug, dröhnenden dafür gibts ein Grossauf- tive-Rock voller bellender eine seltene Freude, wenn Insgesamt scheint mir das Akkorden und Neils bild- gebot von Gastgitarristen, Gitarren und gefälliger eine Krawallband über neue Werk wesentlich zu- starker Sprache («Outside die für einen mastigen Pop-Melodien. Drummer 25 Jahre nach ihrer Grün- gänglicher zu sein als frü- the building, I can hear the Sound sorgen. Aber wenn David Lovering erklärt, die dung nicht stehengeblieben here Arbeiten des 37-Jäh- screaming children, crying jemand Stadionrock mit Pixies seien «sehr zufrie- oder altersmilde klingt, rigen. Exzellentes, dabei to their mother, about this Geschmack zu spielen ver- den» mit der Platte. Wir sondern die alte Intensität vielseitiges und humorvol- fire in their head / it’s called steht, dann die guten alten eigentlich auch. in neue (und grosse) For- les Electro-Pop-Album. the revolution»), dem Ref- Afghan Whigs. men bringt. Ein Prost auf rain, zum verträumten Mit- mig. Gallon Drunk. tb. telteil bis zum Finale. ash. ash. tl. DIE NEUEN PLATTEN London Hotline Diesmal habe ich den Record Store Day leider verpasst. Es war ja auch ein blöder Tag, der Samstag, eingeklemmt zwi- schen Karfreitag und Ostern. Und ich muss zugeben, schon letztes Jahr fand ich das Ereignis eher unerträglich, jeden- falls in meinem Lieblingsshop, dem Rough Trade West. Das Gedränge war schlimmer als das Gehacke, wenn eine Mannschaft versucht, Lionel Messi am Durchdribbeln zu Wilko Johnson Mark Berube SOHN hindern. An ein Schmökern ist unter solchen Umständen Roger Daltrey Russian Dolls Tremors nicht zu denken, und erst recht nicht an ein freundliches Ge- Going Back Home (Two Gentlemen/Irascible) (4AD/MV) spräch mit den GesinnungsgenossInnen hinter der Theke. (Chess/Universal) Trotzdem, natürlich ist der Event eine gute Sache, denn er Auf den Covers seiner ers- Auch mal was: Christo- bringt unseren Lieblingsmusikanten, -Labels und –Läden Was für eine Paarung: Wil- ten vier Alben gibts Bilder pher Taylor alias SOHN ein paar zusätzliche Groschen in die Tasche. Nach bloss ko Johnson, Ex-Gitarrist von alten Nähmaschinen ist gebürtiger Engländer, sieben Jahren hat sich der «RSD» zum Indie-Pendant des der britischen Pubrock- oder Zeichnungen von aufgewachsen in London, Fussball-Cup-Finals gemausert. Und wer es nicht partout Institution Dr. Feelgood, Ruderbooten, aber keinen eigentlich kein schlechtes auf die paar ganz exklusiven Raritäten abgesehen hat, er- und Rocklegende Roger Mark Berube. Auf «Russi- Pflaster für einen Songwri- hält die meisten anderen «special RSD releases» in den glei- Daltrey (The Who). 2010 an Dolls», der neuen Plat- ter und Electro-Produzen- chen Läden auch Wochen später noch zum gleichen Nicht- trafen sich beide bei einer te, ist erstmals der Kana- ten. Taylor residiert jedoch Sammler-Preis serviert. Preisverleihung. Sie kamen dier selbst zu sehen, doch seit 2010 in Wien. Und von Nun hat sich aber ein erboster Paul Weller zu Wort gemel- ins Gespräch und entdeck- er ist halb verdeckt und dort aus sorgt er seither det: «Dies ist eine Message an die Fans, welche die neue ten gemeinsame musika- schaut derart schüchtern, für Aufsehen – vor allem Single nicht am Record Store Day kaufen konnten und/ lische Vorlieben. Wie The dass man denkt: Er wurde als Remix-Artist und mit oder einen Haufen Geld zahlten, um ein Exemplar über Who ein Jahrzehnt davor dazu genötigt. Der Singer/ eigenen Songs auf seiner Ebay zu erstehen». Offenbar tauchte die spezielle RSD- waren auch Dr. Feelgood Songwriter ist weniger Soundcloud-Page. SOHN Ausgabe von Wellers Single «Brand New Toy/Landslide» vom kraftvollen Sound von Folkie denn Vertreter fol- lässt sich musikalisch ir- schon am Tag vorher zu inflationären Preisen im Internet Johnny Kidd & The Pirates knaher Pop-Sensibilitäten. gendwo zwischen James auf. «Das ist sehr schade, denn ich bin ein grosser Sup- beeinflusst. Deren Gitar- Zusammen mit der Cel- Blake, The Weeknd und porter von unabhängigen Plattenläden, aber die Tatsache, rist Mick Green lieferte die listin Kristina Koropecki, dem, was man gemeinhin dass geldgierige Grauhändler einen schnellen Batzen auf Blaupause für Wilkos Stak- die auch die Akkordzither als «Hipster R&B» be- dem Rücken von echten Fans machen, ist widerlich und kato-Stil. Im Januar 2013 bedient, fertigt er getrage- zeichnet, einordnen. Den widerspricht dem Geist des RSD auf der ganzen Linie.» Die wurde bei Johnson Krebs ne Lieder und erweist sich Wahl-Wiener als Nach- Botschaft von Weller endet mit dem Aufruf, sich nicht auf diagnostiziert. Ihm blieben als die Ruhe selbst. Beru- zügler dieser Bewegung zu die Angebote auf Ebay einzulassen und dadurch noch die noch Monate. Er entschied be singt leicht distanziert, sehen wäre indes verfehlt. Kräfte zu unterstützen, die den RSD-Geist ruinierten. sich gegen eine Chemothe- fast sprechend und wie ein Bereits ab 2006 machte Der Zorn von Paul Weller ist verständlich. Aber seine Wor- rapie und ging auf Tournee. Mensch, der mit sich selbst er mit Trouble Over To- te werfen auch Fragen auf: Wie kam es zum Beispiel dazu, Und mit Daltrey ins Studio. im Reinen ist. In «Confes- kyo – damals noch unter dass seine Spezial-Singles schon vor dem grossen Tag im Mit dabei: Wilkos versierte sions to a Streetlight», das der Affiche Alternative Internet auftauchten? Doch wohl nur deswegen, weil Teile Liveband (Blockheads-Bas- mit Marsch-Rhythmen, Rock – Bekanntschaft mit der Indie-Lebensmittelkette den Ehrenkodex kurz vergas- sist Norman Watt-Roy und schwelgerischen Harmo- Indietronic. Die Band ge- sen, um für sich selber einen grösseren Teil des Kuchens Drummer Dylan Howe), nien und einem Sound à noss in Österreich Kultsta- abzuschneiden. Es sei denn, der Grauhandel habe einen dazu Keyboarder Mick la Chris Isaak angerichtet tus. 2012 beendete Taylor direkten Draht zu den Vinyl-Presswerken, die für sie unter Talbot (ex-Style-Council, wird, gesteht Berube, er Trouble Over Tokyo und dem Ladentisch ein paar Hundert Exemplare mehr herstel- Dexy’s). «Going Back habe «lange lange Ferien» konzentrierte sich voll und len, als es offiziell auf dem Bestellformular der Plattenlabels Home» enthält elf Songs, genommen. Wohl nicht, ganz auf sein Soloprojekt. steht. Und weiter: Der RSD soll ja die Existenz von Indie- alle aus Wilkos Feder, mit um sich am Strand zu ver- Zurecht, denn «Tremors» Läden schützen – aber was ist mit den armen Würstchen, einer Ausnahme – Bob tun, sondern um sich wei- ist ein perfektes zeitgenös- die irgendwo im Hinterland sitzen, wo es längst keine Plat- Dylans «Can You Please ter in Einklang zu bringen. sischen Pop-Album gewor- tenläden mehr gibt? Crawl Out Your Window». Und zu meditieren. «Ethi- den. Alternierend zwischen Wie gesagt, ich habe den eigentlichen RSD verpasst. Und Mit viel Herzblut singt sich opia» oder «Carnival» (Hipster)-R&B, Indietro- mir persönlich ist es eigentlich egal. Denn ich gehöre nicht Daltrey durch diese Tour sind rhythmisch komplex, nic, Electro, Synthie-Pop zu den Musikfans, die partout «alles» haben müssen. Für de force. Wir hören Covers integrieren Elemente aus und Minimal Techno, kre- mich ist der RSD schlicht ein besonderer Tag, an dem ganz der Solid-Senders-Tracks Jazz und südafrikanischer denzt Taylor Hooks und viele ganz tolle Platten erscheinen, die dank des besonderen «Everybody’s Carrying Musik und lassen selbst Melodien, die sich im Ohr Release-Dates eine Publicity geniessen, die ihnen an einem a Gun» und «Ice on the Klassik-Einflüsse zu. Ein festsetzen, ohne dabei zu anderen Tag im Jahr nie zukommen würde. So bin ich denn Motorway», die Feelgood- Werk, das sich an seinem nervigen Ohrwürmern zu höchst zuversichtlich, meine Wunschplatten in den nächs- Hämmer «All Through the Eklektizismus labt und von mutieren. ten Wochen im Laden abholen zu können, ohne einen über- City» und «Keep it Out of gelassener Schönheit ist. rissenen Preis hinblättern zu müssen. Sight». Die Abschiedstour, men. sie läuft vorderhand noch mig. Hanspeter Künzler bis Juli.

tl. DIE NEUEN PLATTEN 45 Prince Seit 25 Jahren gibt es das Pit’s, eine kleine Konzert-Bar in Kortrijk, die in Sardinenbelegung gerade mal 80 Leute fasst und wo pro Monat rund zehn Konzerte stattfinden. Eine Band, die sich Garage-Punk auf die Fahne schreibt und noch nie auf dieser Bühne in Belgien gespielt hat? Unmög- lich. Von The Mummies, New Bomb Turks, Hunches, Dead Woven Hand The String Jimbo Mathus Moon bis zu Magnetix oder Destruction Unit – alle sind sie Refractury Obducate Cheese & the Tri-State schon dort aufgetreten. Zum Jubiläum ist nun eine Single (Glitterhouse/Irascible) Incident Coalition erschienen mit vier Songs über das Pit’s, performt von gern Song In My Head Dark Night gesehenen Stammgästen. Die englischen Jimi Ben Band mit (Loud & Proud Records) of the Soul «Happy Birthday to the Pit’s» (P-Trash/Squoodge), die nie- erfindet sich neu. Auf dem (Fat Possum) derländischen Live-Pleasers The Anomalys mit dem harten zehnten Album von Woven Vor zehn Jahren wars, als Pubrocker «Drinkin’ at the Pit’s», Australiens Digger & The Hand kleidet er seine Songs Freund Martin, Theres und James «Jimbo» Mathus Pussycats mit «Truth About You» und Kanadas Wacko- in Ambient und Two-Step ich über den Brünig nach beschränkte sich nie auf Billy Bloodshot Bill mit «The Pit’s». Das beste ist jedoch die und rappt über Crystal Interlaken fuhren, um uns ein einzelnes Genre. Sein beiligende Sonderausgabe des hauseigenen Fanzines «High Meth und die Freuden des The String Cheese Incident neues Album hat nichts mit Heels Slut» mit Konzertfotos und Anekdoten. Cunnilingus. Wers glaubt, reinzuziehen, eine amerika- Swing-Revival-Jazz am Hut Das Sound 8 Orchestra entführt Zuhörer in eine Zeit, als wird selig. Edwards Werke nische Jamband auf kurzem (Mathus war Mitglied der Hotels noch mit dem Werbespruch «Mit Sicht auf Auto- kommen so zuverlässig wie Europatrip. Im historischen Squirrel Nut Zippers), auch bahn» begeistern konnten. Ein computerähnlicher Schlag- Ostern: Mal früher, mal Theatersaal hatten sich zir- den Abstecher in die Roots- zeuger legt den Teppich, über welchen der Schweizer später, aber Botschaft und ka 300 Fans eingefunden, Music der South Memphis Wahlberliner Matthias Wyder seine Klanglandschaften mit Aufführung sind wieder- alle aus den Staaten mit- String Band lässt «Dark Korg-MS-Keyboards, Heimorgel, Hawaii- und Jaguar-Gi- kehrend. Doch so, wie die gereist. Das Konzert war Night of the Soul» verges- tarre, Laptop oder dem eindrücklichen Sekretärinnen-Syn- Karfreitagsprozession ums toll. Soviel zum Phänomen sen. Es ist ein Werk, das thesizer Stylophone legt. Bei Konzerten sorgen ausgesuchte Kolosseum je nach Witte- der US-Jambands mit ihrer bis zum Schluss zu fesseln Super-8-Filme für Lacher, Stauner und die passende 70er- rung im einen Jahr stür- verschworenen Fangemein- vermag. Zwölf Songs und Atmosphäre. Zurück in den eigenen vier Wänden erinnert mischer, im nächsten dann de. Nach längerer Kreativ- 36 Minuten lang. Der mit der Easy Listening von «Casio Sound» (Langusta) seiner kontemplativer wirkt, so pause legt die sechsköpfige whiskeygetränkter Stim- Instrumentierung entsprechend an die 80er oder neueren klingen Woven Hand mal Band aus Boulder, Colora- me vorgetragene Titelsong Elektro, wobei die zahlreichen Effekte vor allem «Johnny’s mehr nach Folk, dann wie- do, ein neues Studioalbum weist die Richtung: Selbstre- Theme» nochmals tief orange-braun einfärben. der rockiger. Zuletzt baute vor. Produziert hat Jerry flexion, verpackt in beherzt Das La-Louisianne-Label aus Lafayette, Louisiana, ver- Edwards mit erneuerter Harrison (Talking Heads). gespielten Rock zwischen öffentlicht hauptsächlich Cajun-Musik. Doch mit Clif- Band auf «The Laughing SCI klingen, als ob Phish, Southern-Country und fieb- ton-Chernier-Gitarrist Little Buck Sinegal als Bandleader Stalk» brachiale Gitarren- Béla Fleck and The Fleck- rigen Roadhouse-Hymnen. schenkte man in den 60ern der Welt auch einige der aller- wände, und anscheinend tones mit Return to Fore- Der mit Robert Earl Reed besten Soul-Songs. Das Instrumental «Cat’s Back» kommt hält die Freude am Krach ver jammen würden. Das geschriebene «White An- natürlich nicht an ihren Hit «Cat Scream» heran. Doch an. Auch auf «Refractury Credo ist stilistische Of- gel» erlebt ein stürmisches «Don‘t Make Me Cry» (Tramp) ist eine unsterbliche Hym- Obducate» langen Woven fenheit, viel Spielfreude, et- Remake. Southern-Rock ne mit himmlischem Bläsersatz und James Alexander als Hand meist entschlossen was Bluegrass, etwas Jazz, inspirierter « Sänger, der mit seiner Stimme Herzen zerspringen lässt. in die Saiten und fabrizie- softe Rockmusik. Die zehn Trash». Verzerrte Elekt- ren eine Art schamanischen Songs zeugen von der Kre- rogitarre lässt «Burn the Philipp Niederberger Hardrock. Die Songs han- ativität einer Band, die seit Ships» wie ein Outtake von deln von «Salome», «King zwei Dekaden zusammen Neil Young & Crazy Hor- David» und dem «Good spielt. «Colorado Bluebird se klingen. «Shine Like a Sheperd», Letzterer ganz Sky» (mit der Zac Brown Diamond», eine feine, an famos komponiert und Band) hebt die Stimmung den jungen Van Morrison mit einem Gitarrenarran- mit flockigem Bluegrass, erinnernde Nummer, ist gement versehen, das auch «Betray the Dark» und ein Liebesbrief an Mathus’ The Cult in ihrer Blütezeit «Let’s Go Outside» verei- Frau. In «Writing Spider» zur Ehre gereicht hätte. An- nen eingängige Melodien sucht Jimbo nach Antwor- sonsten nichts neues, aber mit schwebenden Key- ten im Glauben. Weder die die Karfreitagsprozession board- und Gitarrensoli. relativ simplen, direkten ums Kolosseum ist ja auch Mit dem Titelstück nimmt Songtexte, noch die Mu- jedes Jahr wieder ein Spek- die Band endgültig Fahrt sik klingen kalkuliert. Eine takel. auf. Ab und an wirds etwas Handvoll Studio-Demos fad, doch das tut dem Ver- hat der Musiker in ihrer ash. gnügen, einer begnadeten ursprünglichen Form be- Jamband zu lauschen, kei- lassen, darunter Perlen wie nen Abbruch. «Tallahatchie» und «Casey Caught the Cannonball». tl. tl. NACHTSCHICHT

Steinwurf mit Georgia Anne Muldrow Nachdenken mit Dean Wareham

Es geht also um schwergewichtige Tonträger. «Our vinyl weighs a ton», Wenn es zur Leistungsausweiskontrolle geht, kann Dean Wareham ganz verkündet die Website des Labels Stones Throw. Das Motto stammt vom locker bleiben. Denn mit Galaxie 500 und Luna hat der Mann in seiner fast nahezu gleichnamigen 1999er-Album von Firmengründer Peanut Butter drei Jahrzehnte umspannenden Karriere gleich zwei äusserst einflussreiche Wolf. Eine Auswahl seiner besten Künstler schickt der Boss nun auf Tour- Bands gegründet. Erstere schufen mit minimalistischen Mitteln einen knap- nee, und dabei kommt man um ein wenig Namedropping nicht herum. pen, fast schon mythisch verklärten Katalog von nach wie vor bewegenden Da wäre also etwa DJ Romes, zusammen mit Madlib & Wildchild wa- Songs, derweil Letztere in den Neunzigern mit cleverem, von leiser Melan- ren die drei als Lootpack aktiv, bevor sie auf Solopfade einbogen. Mad- cholie durchwehtem Gitarrenpop und heimlichen Hymnen wie «Slash Your libs Bruder Oh No wiederum, der eigentlich Michael Jackson heisst, ist Tires», «Chinatown» oder «Math Whiz» eigentlich einen grösseren Durch- nebenbei noch beim Duo Gangrene aktiv und war als Mitkomponist am bruch verdient hätten. Seit dem Ende von Luna ist Wareham mit seiner Soundtrack zum Millionenseller-Game «Grand Theft Auto V» beteiligt. Ehefrau Britta Phillips als Duo unterwegs, wenn er nicht gerade als Sound- Doch da ist noch mehr, denn das Aufgebot wird komplettiert durch das track-Komponist tätig ist. Und soeben hat er – nach der letztjährigen EP musizierende Paar Georgia Anne Muldrow und Dudley Perkins. Während «Emancipated Hearts» – sein erstes, selbstbetiteltes Soloalbum veröffent- die Songwriterin und Multiinstrumentalistin mit ihren Solowerken immer licht. Darauf vernehmen wir neben wunderschön dahinperlenden Gitarren wieder für Aufhorchen gesorgt hat, betätigt sich ihre bessere Hälfte unter und ein wenig Schummer-Electronica auch wieder diese unvergleichlich dem Zweitnamen Declaime auch erfolgreich als Rapper . Gemeinsam mit markige Sanftheit, mit der sich der 50-Jährige durch sein nachdenkliches Frau Muldrow hat er überdies das Projekt SomeOthaShip aus der Taufe Repertoire singt. Das Album gehört gekauft – und zwar am Merchandise- gehoben. In welchen Konfigurationen die vier Künstler an diesem Abend Tisch vor Ort. Respekt, wem Respekt gebührt. (amp) zu hören sind, lässt sich vorab nicht klar bestimmen. Klar ist hingegen, dass bei Stones Throw nicht nur das Vinyl schwer ist, sondern eigentlich 13.5., El Lokal, Zürich; 14.5., Palace, St. Gallen alles schwer in Ordnung. (amp)

9.5., Reitschule, Bern; 15.5., Rote Fabrik, Zürich Reisen mit dem Sun Ra Arkestra

1982 veröffentlichte das Sun Ra Arkestra den Song «Nuclear War». Es ist ein entspannter Protest-Pianojazz-Track, der lässig die drohende Apo- Tanzen mit den Future Islands kalypse aufgreift, und in dem der Bandleader Sun Ra rezitiert: «It’s a mo- therfucker/ Don’t you know/ If they push that button/ You ass gotta go». Sechs Jahre lang veröffentlichten die Future Islands auf dem widerspens- Dieses Stück kann Zugang bieten in die Welt des Sun Ra, der am 22. Mai tigen Label Thrill Jockey aus ihre Platten. Drei Alben entstan- 2014 seinen hundertsten Geburtstag hätte feiern können. Geboren in Bir- den so, voller euphorischer Trennungsliedern, die im Untergrund auf einer mingham, Alabama, als Herman Poole Blount, erfand der Pianist seine rumpligen Synthie-Wave ritten, während Samuel T. Herring seine theatra- Mythologie und sein Leben ab den späten Dreissigerjahren. Im Zentrum lischen Bühnenstimmen ausprobierte. Nun, im Jahr 2014, ist vieles anders. seines Afrofuturismus: der Saturn – sein Heimatplanet –, die Sonne, die Ihre neue Platte «Singles» ist auf 4AD erschienen, und seit dem aufsehener- Sünden und Verbrechen des weissen «Earth Man» und sein Orchester, regenden Auftritt in der «Late Show» von David Letterman steht die Band welches das Weltall mit ausserweltlichen Uniformen und toll arrangierten aus Baltimore im gleissenden Rampenlicht. Denn hier war ein charisma- Kosmos-Jazzungetümen bereiste. Sun Ra hat den Planeten Erde 1993 ver- tischer Sänger zu betrachten, der mit verbindlichem Blick und grotesken lassen, doch das Arkestra, nun geleitet vom Saxofonisten Marshall Allen, Tänzen sein Publikum in den Bann zieht – oder auch abstösst. Und natür- ist noch immer da – und taucht pünktlich zum hundertsten Geburtstag in lich hilft es auch, dass die Sounds glätter und hymnischer als in der Ver- der Roten Fabrik auf. An diesem Tag wird auch gleich die Duo-Aufnahme gangenheit arrangiert sind. Von «Ausverkauf» kann aber dennoch keine «Two Stars in the Universe» von Marshall Allen und Kash Killion – einem Rede sein, denn die Songs geben der seelenvoll japsenden, widerspenstigen weiteren Arkestra-Mitglied – getauft , welches die beiden Sun-Ra-Sammler Stimme des ewigen Underdogs Herring alle nötigen Räume, die dieser auch Armin Büttner und Hubi Horst auf dem eigens gegründeten Label Little auszufüllen vermag. (bs) Rocket in streng limitierter Vinyl-Auflage veröffentlichen. (bs)

21.5., Palace, St. Gallen; 22.5., Südpol, Luzern 22.5., Rote Fabrik, Zürich NACHTSCHICHT

Dokumentieren mit Michael Franti Wundertüten an der Bad Bonn Kilbi

Er ist schon eine beeindruckende Persönlichkeit, dieser Michael Franti. Da- Queens of the Stone Age, My Bloody Valentine, Flaming Lips, Grizzly Bear, von zeugen nur schon seine Frühwerke, die vor seiner mittlerweile seit 20 Sonic Youth oder Hot Chip: Es ist schon fast zur Regel geworden, dass Jahren bestehenden Band Spearhead entstanden. Etwa der Track «Televisi- die Bad Bonn Kilbi Jahr für Jahr grosse und grössere Namen affichieren on, the Drug of the Nation» seines Projekts Disposable Heroes of Hiphop- konnte. Doch in diesem Jahr wird ein wenig zurückgeschraubt und an die risy. Operierte er damals noch im HipHop-Kontext, so löste er sich davon Wundertütenjahre der Vorvergangenheit angeknüpft. «Es ist ein guter Mo- kontinuierlich – wenn auch nie komplett. Doch der Poet und Protestsän- ment, um ein wenig zurückzufahren», sagte denn auch Festivalchef Daniel ger verbreitet seine Inhalte über diverse Genres hinweg, ob nun Reggae, «Duex» Fontana bei der Programmpräsentation im Düdinger Bad Bonn, Rock, Schrammelfolk oder Do-it-yourself-Electronica. Er war Mitte der dem Lokal mit dem weiten Parkplatz, auf dem die Kilbi bereits zum 24. Nullerjahre im Irak unterwegs, um den Schrecken des Krieges später im Mal beherbergt ist. So tragen die Sensationen geheimere Namen als in den Film «I Know I’m Not Alone» zu dokumentieren. Und er hat, wie vor ihm vergangenen drei Jahren, allen voran die kultisch verehrten Neutral Milk Johnny Cash, für die Insassen des Folsom Prison gesungen. Der Kalifornier Hotel (Bild oben) um den enigmatischen Jeff Mangum. Die Band, die 1998 singt aber nicht nur für Kriegsopfer und Häftlinge, sondern für alle von mit dem Anne-Frank-Liedzyklus «In the Aeroplane Over the Sea» einen Systemen geknickten Menschen. Allerdings nicht plakativ-moralisierend, Meilenstein der Indie-Pop-Geschichte veröffentlichte, wurde von Fontana sondern mit den Mitteln des guten Geschmacks. Das demonstriert Franti bereits vor fünf Jahren angefragt – doch das Okay für das einzige Schwei- auch auf seinem aktuellen Album «All People», auf dem er mit reduzierten zer Konzert sei erst jetzt eingetroffen. Kaum geheim sind auch die schotti- Slogans und Innerlichkeitsberichten zum Nachdenken anregt. schen Sturköpfe von Mogwai, die Garagen-Krawallbrüder der Black Lips, Seit mittlerweile 14 Jahren ist Michael Franti übrigens ohne Schuhe un- die wertvollen und distanzierten Wild Beasts und die Konsens-Band des terwegs. Nur dort, wo es wirklich sein muss, etwa an Bord von Passagier- vergangenen Jahres, Jagwar Ma. flugzeugen oder in Restaurants, trägt er gelegentlich Flip-Flops. Der Mann Abseits dieser Namen finden sich beispielsweise der LoFi-Pionier R. Stevie geht seinen Weg – barfuss und unbeirrt. (amp) Moore – ohne den Ariel Pink und andere Konsorten nicht möglich wäre –, der brasilianische Devendra-Banhart-Begleiter Rodrigo Amarante, das Ein- 23.5., Rote Fabrik, Zürich Mann-Anticon-Orchester Son Lux, der schwedische Afro-Mummenschanz von Goat, die kolumbianischen Meridian Brothers, der Tuareg-Blues von Brummen mit EMA Bombino und das japanische Krautrockfrauentrio Nisennenmondai, das punktgenauen Techno in Gitarren-Bass-Schlagzeug-Besetzung spielt. Na- «Past Life Martyred Saints» hiess das Album, mit dem EMA alias Erika M. türlich gibts auch Songs – allen voran von der ehemaligen Bonnie ‚Prince‘ Anderson vor drei Jahren für Aufhorchen sorgte. Eine Marter waren die Billy-Begleiterin Angel Olsen (Bild unten), die mit ihrem tollen Album Songs nicht, ein bisschen Nerven brauchte der auf Störgeräuschen gebaute «Burn Your Fire For No Witness» ins Senslerland anreist –, weitere grosse Songwriter-Elektrorock aber schon. Das neue Album «The Future’s Void» Indie-Geschichten von den Merge-Gründern Superchunk und Einheimi- blickt im Titel nun voraus und dabei gleich wieder in den Abgrund. Ent- sches von Beat-Mans The Monsters und den Basler Noisemeistern Mir. sprechend rauschen und brummen die Second-Hand-Synthies und -Amps Einer darf in diesem einmal mehr phänomenalen Band-Reigen selbstver- auch diesmal, allerdings wendet sich die Amerikanerin doch zaghaft der ständlich nicht fehlen: Es ist der legendäre Bad-Bonn-Kilbi-Rausschmeis- memorablen Melodie zu. Der Opener «Satellites» versteckt den Ohrwurm ser DJ Fett mit seinen knusprigen alten Soul-Singles, zu denen gemäss zwar noch hinter fiesem Fiepen. Aber schon das folgende «So Blonde» dem DJ «gerade die hartgesottensten Noise-Musikanten und die schwarz klingt fast freundlich mit einer harmonischen Gitarre-Harmoniegesang- belatzten Metal-Fans» am allerliebsten tanzen. (bs) Kombination, die vor 20 Jahren auch den Breeders oder Hole hätte ein- fallen können. Später tauchen Songs wie «Cthulu» und «Neuromancer» 29.5. – 31.5., Bad Bonn, Düdingen, www.badbonn.ch nicht nur textlich in verstörende Sphären zwischen okkulter Fantasy und digitaler Dystopie. Trotzdem bleibt EMA auf mysteriöse Weise zugäng- lich und wirkt inmitten des schrägen Gedöns nicht wie ein schräger Freak, sondern wie ein im Eigenbau verkabelter Popstar. Fürs Konzert heisst das: Bühnenkante ja, Anfassen nein. (ash)

28. 5., Bogen F, Zürich SZENE SZENE SZENE SZENE SZENE          

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